„Sind §§ 31, 32 Hochschulrahmengesetz in der Fassung des Siebten HRG-Änderungsgesetzes vom 28. August 2004 (BGBl. I S. 2298) sowie die Vorschriften zur Ratifizierung und Umsetzung des Staatsvertrages über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung –
Baden-Württemberg: § 1 Gesetz zu dem Staatsvertrag über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung vom 10. November 2009 (GBl. S. 663); §§ 1, 2, 2a Gesetz über die Zulassung zum Hochschulstudium in Baden-Württemberg, zuletzt geändert durch Gesetz vom 10. Juli 2012 (GBl. S. 457),
Bayern: Zustimmungsgesetz zum Staatsvertrag über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung vom 22. April 2009 (GVBl. S. 186); Art. 7, 11 Gesetz über die Hochschulzulassung in Bayern, zuletzt geändert durch Gesetz vom 7. Mai 2013 (GVBl. S. 252),
Berlin: § 1 Gesetz zu dem Staatsvertrag über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung vom 29. Oktober 2008 (GVBl. S. 310); §§ 8, 11 Berliner Hochschulzulassungsgesetz, zuletzt geändert durch Gesetz vom 26. Juni 2013 (GVBl. S. 198),
Brandenburg: § 1 Gesetz zu dem Staatsvertrag vom 5. Juni 2008 über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung vom 3. Dezember 2008 (GVBl. I S. 310),
Bremen: Art. 1 Gesetz zu dem Staatsvertrag über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung vom 16. Dezember 2008 (BremGBl. 2009, S. 15); §§ 3, 7 Bremisches Hochschulzulassungsgesetz, zuletzt geändert durch Gesetz vom 13. Dezember 2011 (BremGBl. 2012, S. 24),
Hamburg: Art. 1, 3, 4 Gesetz zum Staatsvertrag über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung vom 17. Februar 2009 (HmbGVBl. 2009, S. 36), zuletzt geändert durch Gesetz vom 6. März 2012 (HmbGVBl. S. 132),
Hessen: §§ 1, 4, 7 Gesetz zum Staatsvertrag über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung, zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. November 2011 (GVBl. I S. 679),
Mecklenburg-Vorpommern: Art. 1 Gesetz zum Staatsvertrag über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung sowie zur Änderung des Hochschulzulassungsgesetzes vom 11. März 2010 (GVBl. M-V, S. 164); §§ 4 und 6 Gesetz über die Zulassung zum Hochschulstudium in Mecklenburg-Vorpommern, zuletzt geändert durch Gesetz vom 16. Dezember 2010 (GVBl. M-V, S. 730, 758),
Niedersachsen: Ziffer (1) Gesetz zum Staatsvertrag über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung vom 17. Februar 2010; §§ 8, 9 Niedersächsisches Hochschulzulassungsgesetz, zuletzt geändert durch Gesetz vom 11. Dezember 2013 (Nds.GBl. S. 287),
Nordrhein-Westfalen: § 1 Gesetz zur Ratifizierung des Staatsvertrages über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung vom 18. November 2008 (GVBl. NRW S. 710); §§ 2, 6 Hochschulzulassungsgesetz NRW, zuletzt geändert durch Gesetz vom 1. März 2011 (GVBl. NRW S. 165),
Rheinland-Pfalz: §§ 1, 4 Gesetz zu dem Staatsvertrag über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung, zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. Dezember 2011 (GVBl. S. 455),
Saarland: §§ 1, 3, 4 Gesetz Nr. 1666 zur Ratifizierung des Staatsvertrages über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung vom 9. Dezember 2008 (ABl. S. 331),
Sachsen: Art. 1 Gesetz zum Staatsvertrag über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung vom 16. April 2009 (SächsGVBl. S. 155); §§ 1, 3 Sächsisches Hochschulzulassungsgesetz, zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. Oktober 2012 (SächsGVBl. S. 568),
Sachsen-Anhalt: §§ 1 (Ratifizierung), 3a und 12 Hochschulzulassungsgesetz Sachsen-Anhalt, zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. Dezember 2011 (GVBl. LSA S. 876),
Schleswig-Holstein: Art. 1 Gesetz zur Zustimmung zum Staatsvertrag über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung vom 27. Juni 2008 (GVBl. S. 304), §§ 1, 3, 4 Zustimmungs- und Ausführungsgesetz zu dem Staatsvertrag über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung, zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. Juni 2009 (GVBl. S. 331),
Thüringen: § 1 Thüringer Gesetz zu dem Staatsvertrag über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung vom 16. Dezember 2008 (GVBl. S. 20), §§ 9, 11 Thüringer Hochschulzulassungsgesetz, zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. Mai 2011 (GVBl. S. 87) –
mit dem Grundgesetz vereinbar, soweit sie für den Studiengang Humanmedizin ein Vergabeverfahren vorsehen, bei dem nach Abzug einiger Vorabquoten 20% der Studienplätze allein nach dem Grad der Qualifikation (unter Bildung von Länderquoten), 60% der Studienplätze maßgeblich nach dem Grad der Qualifikation (ohne Bildung von Länderquoten) und 20% der Studienplätze nach Wartezeit (ohne Beschränkung auf Bewerbungssemester) vergeben werden und bei dem die für eine Zulassung in der Wartezeitquote erforderliche Anzahl an Wartesemestern regelmäßig die Dauer eines normalen Studiums übersteigt?“
2. Das Verfahren wird bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausgesetzt.
1
Gründe:
2
Übersicht:
3
4
I. Sachverhalt des Ausgangsverfahrens
5
II. System der Studienplatzvergabe
6
7
1. Historische Entwicklung des Vergabeverfahrens
8
2. Rechtsquellen des Vergabeverfahrens
9
3. Ablauf des Vergabeverfahrens
10
a) Die Vorabquoten
11
b) Die Abiturbestenquote
12
c) Die Wartezeitquote
13
d) Das Auswahlverfahren der Hochschulen
14
15
III. Vorlageerwägungen
16
17
1. Verfassungswidrigkeit der in Rede stehenden Vorschriften
18
a) Verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab
19
aa) Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
20
bb) Das Recht des Bewerbers auf sachgerechte Auswahl
21
b) Vereinbarkeit des Vergaberechts mit dem Maßstab
22
aa) Verzicht auf Landesquoten beim Auswahlverfahren der Hochschulen (AdH)
23
bb) Gleichbehandlung von langjährig Wartenden und Gelegenheitsbewerbern in der Wartezeitquote
24
cc) Überbetonung der Abiturnote im Gesamtsystem
25
26
2. Keine Möglichkeit der verfassungskonformen Auslegung
27
3. Entscheidungserheblichkeit
28
a) Ergebnis bei Verfassungsmäßigkeit der Vorschriften
29
b) Ergebnis bei Verfassungswidrigkeit der Vorschriften
30
31
4. Prozessuales
32
5. Klarstellungen im Anschluss an den Beschluss des Bundes- verfassungsgerichts vom 6. September 2012 (1 BvL 13/12)
33
I. Sachverhalt des Ausgangsverfahrens
34
Der Kläger begehrt die Zulassung zum Studium der Humanmedizin.
35
Er wurde im Juli 1989 geboren und erwarb im Juli 2008 in Q. sein Abitur mit der Note 2,0. Sodann absolvierte er seinen Zivildienst beim „Blutspendedienst Q. “. Anschließend nahm er eine Ausbildung zum Physiotherapeuten auf, die er im Februar 2012 abschloss. In diesem Beruf ist der Kläger heute tätig. Im Mai 2012 unterzog er sich dem Test für medizinische Studiengänge (TMS) und erreichte einen (überdurchschnittlichen) Testwert von 107, entsprechend einem Notenäquivalent von 1,6.
36
Am 29. Mai 2013 bewarb der Kläger sich (zum wiederholten Male) bei der Beklagten um die Zulassung zum Studium der Humanmedizin im ersten Fachsemester zum Wintersemester 2013/14. Er beantragte die Beteiligung an der Auswahl in allen Auswahlhauptquoten, wobei er für das Auswahlverfahren der Hochschulen die Studienorte Leipzig, Jena, Halle-Wittenberg, Erlangen-Nürnberg, Regensburg und Würzburg wählte. Sonderanträge stellte er nicht. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Bewerbungsakte des Klägers (Beiakte 1) Bezug genommen.
37
Mit Bescheid vom 14. August 2013 lehnte die Beklagte den Zulassungsantrag des Klägers mit der Begründung ab, er habe mit einer Durchschnittsnote von 2,0 und mit zehn Wartehalbjahren die maßgeblichen Auswahlgrenzen verfehlt. Die Auswahlgrenze in der Abiturbestenquote habe für Bewerber mit Hochschulzugangsberechtigung aus Sachsen bei 1,0 gelegen. Die Auswahlgrenze in der Wartezeitquote habe bei zwölf Wartehalbjahren gelegen. Auch im „Auswahlverfahren der Hochschulen“ erhielt der Kläger Ablehnungsbescheide.
38
Der Kläger hat am 10. September 2013 die vorliegende Klage erhoben, zu deren Begründung er ausführt: Er habe seit seinem Abitur im Jahre 2008 das Ziel verfolgt, Medizin zu studieren. Das Ansteigen der Auswahlgrenze bei der Wartezeit auf inzwischen sechs bis sieben Jahre sei nicht vorhersehbar gewesen. Das geltende Vergaberecht sei mit den Vorgaben des Grundgesetzes nicht vereinbar. Selbst Bewerber mit überdurchschnittlichen Abiturnoten wie er hätten inzwischen nur noch über die Wartezeitquote Aussichten auf einen Studienplatz. Die derzeit erforderliche Wartezeit sei indes nicht zumutbar, da sie die Dauer eines normalen Studiums übersteige. Auch behandele das System tatsächlich Wartende und Gelegenheitsbewerber gleich und verstoße damit gegen das Gebot sachgerechter Differenzierung. Dasselbe gelte für den Verzicht auf Landesquoten beim Auswahlverfahren der Hochschulen. Aus den genannten verfassungsrechtlichen Gründen bestehe ein verfassungsunmittelbarer Anspruch auf Zulassung zum Studium. Das Negieren eines solchen Anspruchs verhindere im Übrigen einen effektiven Rechtsschutz. Denn eine Klage zu erheben, die nur über den Weg einer Vorlage an das Bundesverfassungsgericht und – anschließend – einer Korrektur durch den Gesetzgeber zum Erfolg führen könne, sei schon aus zeitlichen Gründen unattraktiv.
39
Der Kläger hat ferner eingehend dargelegt, dass er im Auswahlverfahren der Hochschulen zum Wintersemester 2013/14 – ex post betrachtet – allenfalls bei einer von 35 Hochschulen eine minimale Zulassungschance gehabt hätte und warum er diese Hochschule nicht bei seinen Ortswünschen entsprechend benannt habe. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 3. März 2014 (Bl. 61 der GA) Bezug genommen.
40
Der Kläger beantragt,
41
die Beklagte unter Aufhebung ihres Ablehnungsbescheides vom 14. August 2013 zu verpflichten, ihn nach den Sach- und Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2013/14 zum Studium der Humanmedizin zuzulassen.
42
Die Beklagte beantragt,
43
die Klage abzuweisen.
44
Sie erklärt, sie halte das bestehende Auswahlsystem für verfassungsgemäß. Gegen die vom Bundesverfassungsgericht postulierte Forderung nach einem chancenoffenen Auswahlverfahren werde nicht verstoßen. Man dürfe die entsprechenden Rechtsprechungsgrundsätze nicht umdeuten in einen jedem Bewerber zustehenden Anspruch auf möglichst unverzügliche Aufnahme des Studiums. Ein solcher Anspruch sei im Übrigen wegen der begrenzten Kapazität gar nicht einzulösen. Schon das Bundesverfassungsgericht habe betont, dass die Zulassung zum Studium nicht garantiert werden müsse. Über die Wartezeitquote werde immerhin bewirkt, dass jeder Abiturient mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Studienplatz erhalte, wenn auch unter Umständen nach langer Wartezeit. Die Zeit könne er nutzen, um seine Studienwahl – etwa durch die Absolvierung einer einschlägigen Berufsausbildung – zu hinterfragen. Eine Wartezeit von mehr als zwei bis drei Jahren habe zudem den positiven Effekt, dass die in die entsprechende Ausbildung investierten Mittel nicht ohne Nutzen für die Allgemeinheit aufgewendet würden, da der Bewerber zunächst einige Zeit im Beruf arbeite. Die Möglichkeit, bei unvertretbar hohen Auswahlgrenzen ein modifiziertes Vergabeverfahren anzuwenden, habe der Gesetzgeber mit Blick auf die zusätzliche Zulassungschance im Auswahlverfahren der Hochschulen im Jahre 2004 bewusst abgeschafft.
45
Zum Wintersemester 2013/14 habe für diejenigen Bewerber, die alle im Auswahlverfahren der Hochschulen berücksichtigten Zusatzkriterien mit optimalem Ergebnis erfüllten, immerhin an 15 von 35 Hochschulen auch mit einer Durchschnittsnote von 2,0 oder schwächer die Möglichkeit einer Zulassung bestanden. Dass auch für Bewerber mit noch schwächeren Abiturnoten eine sofortige oder zumindest zeitnahe Zulassung erforderlich sei, erscheine nicht zwingend.
46
Es lägen im Übrigen keine unzumutbar langen Wartezeiten vor. Denn die Wartezeit werde je nach Bewerber unterschiedlich empfunden. Eine Unzumutbarkeit könne sich insoweit allenfalls aufgrund individueller Umstände ergeben, nicht aber generell und allein aufgrund der Überschreitung einer bestimmten Zahl von Wartesemestern. Dass gerade die Dauer eines normalen Studiums die Grenze der Zumutbarkeit ausmachen soll, sei nicht begründbar. Der Anspruch auf Zulassung zum Studium stehe zudem unter dem Vorbehalt des Möglichen. Da ein Medizinstudienplatz mit 170.000,- bis 180.000,- € extrem kostenaufwändig sei, sei eine entsprechend lange Wartezeit nicht unangemessen.
47
Im Übrigen habe sich seit den siebziger Jahren die hochschulrechtliche Perspektive verschoben. Die veränderte Hochschullandschaft mit stärker variierenden Studiengängen und -schwerpunkten erfordere eine mehr auf die jeweilige Hochschule zugeschnittene und von dieser beeinflusste Auswahl der Studierenden, zu deren Rechtfertigung die Hochschule sich auch auf Art. 5 Abs. 3 GG berufen könne. Auch das Studienangebot habe sich inzwischen verändert. So würden zahlreiche Studiengänge angeboten, die dem Medizinstudium verwandt seien; der Bewerber habe insoweit also Ausweichmöglichkeiten. Zudem habe der Gesetzgeber bewusst das Leistungsprinzip in den Vordergrund gestellt und damit einen verfassungsrechtlich relevanten Wandel herbeigeführt. Schließlich habe sich die Situation seit den maßgeblichen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts insoweit geändert als heute die Prognosekraft der Abiturnote für den Studienerfolg außer Frage stehe.
48
Auch der Gleichheitssatz werde durch die Betonung des Leistungsprinzips und das starke Gewicht der Abiturnote im Auswahlverfahren nicht verletzt. In Betracht komme insoweit allenfalls eine Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem; in diesem Falle gingen die Vorgaben des Gleichheitsgebotes indes nicht über die Forderung nach einer willkürfreien Vergabe hinaus. Dass die Abiturnoten zwischen den Ländern nicht uneingeschränkt vergleichbar seien, führe nicht zur Verfassungswidrigkeit des Systems. Der Gesetzgeber strebe eine entsprechende Harmonisierung beim Abitur selbst an; ein Ausgleich über das System der Studienplatzvergabe sei hingegen nicht gewollt und im Übrigen faktisch auch gar nicht möglich. Schließlich seien die Unterschiede zwischen den Ländern in den letzten Jahrzehnten bereits zurückgegangen.
49
Die Kammer hatte mit Beschlüssen vom 26. April 2012 bereits drei vergleichbare Verfahren (6z K 3656/11, 6z K 3659/11 und 6z K 3695/11) gemäß Art. 100 Abs. 1 Grundgesetz dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt. Diese Vorlagen sind mit Beschlüssen vom 6. September 2012 (1 BvL 13/12) und vom 18. Oktober 2012 (1 BvL 14/12 und 1 BvL 15/12) als unzulässig verworfen worden. Ein weiterer Vorlagebeschluss der Kammer vom 19. März 2013 (6z K 4171/12) ist beim Bundesverfassungsgericht anhängig (1 BvL 5/13).
50
Zum Sommersemester 2014 hat der Kläger erneut keinen Studienplatz erhalten. Die Auswahlgrenze lag nunmehr (wieder) bei 13 Wartehalbjahren. Unter den Bewerbern mit 13 Wartehalbjahren konnten dabei lediglich diejenigen mit mindestens der Abiturnote 2,3 zugelassen werden.
51
Nach dem derzeitigen Stand der Auswahlgrenzen erscheint es denkbar, dass der Kläger zum Wintersemester 2014/15 – mit zwölf Halbjahren Wartezeit – oder zum Sommersemester 2015 – mit dreizehn Halbjahren Wartezeit – einen Studienplatz erhält. Bezieht man indes den Umstand mit ein, dass sich die Auswahlgrenze bei der Wartezeitquote, namentlich beim Hilfskriterium, in den letzten Jahren stets verschärft hat, wird der Kläger in den von der Beklagten verwalteten Auswahlquoten möglicherweise auch erst zum Wintersemester 2015/16 – mit vierzehn Halbjahren Wartezeit – oder später einen Medizinstudienplatz erhalten können.
52
II. System der Studienplatzvergabe
53
Die Erstsemester-Studienplätze des Studiengangs Humanmedizin werden teilweise von der Beklagten vergeben. Als Funktionsnachfolgerin der Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) vergibt die Beklagte die Studienplätze der sog. „Vorabquoten“ sowie die Studienplätze der „Abiturbestenquote“ und der „Wartezeitquote“ (jeweils rund 20% der nach Abzug der Vorabquoten verbleibenden Studienplätze). Die übrigen Studienplätze (rund 60% der nach Abzug der Vorabquoten verbleibenden Studienplätze) werden von den Hochschulen selbst vergeben, die sich dabei allerdings in erheblichem Umfang der Beklagten als Verwaltungshelferin bedienen.
54
1. Historische Entwicklung des Vergabeverfahrens
55
Das zentrale Vergabeverfahren, in dem derzeit die Studienplätze der Studiengänge Humanmedizin, Zahnmedizin und Tiermedizin sowie Pharmazie vergeben werden, wurde im Laufe der Zeit mehrfach grundlegenden Änderungen unterzogen. So wurden die Studienplätze nach der Errichtung der ZVS im Mai 1973 zunächst vor allem nach dem Grad der Qualifikation der Bewerber (GdQ), d. h. im Regelfall nach der Abiturnote, und nach Wartezeit vergeben. Nachdem sich die Auswahlgrenzen im Laufe der siebziger Jahre massiv verschärft hatten, wurde diese Verteilung zunächst durch eine Übergangsregelung abgelöst, bei welcher unter anderem ein „leistungsgesteuertes Losverfahren“ zum Einsatz kam. Ab dem Wintersemester 1986/87 wurde als wesentliches Auswahlkriterium der Test für medizinische Studiengänge (TMS) herangezogen, der jedoch Ende der neunziger Jahre (vorläufig) abgeschafft wurde.
56
Auf der Grundlage des Vierten Gesetzes zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes vom 20. August 1998 und des Vergabestaatsvertrages der Länder vom 24. Juni 1999 wurde zum Wintersemester 2000/01 ein neues Vergabesystem eingeführt. Nunmehr wurden die Studienplätze nur noch zu einem Teil von der ZVS verteilt; die übrigen Plätze wurden im „Auswahlverfahren der Hochschulen“ (AdH) von diesen selbst vergeben. Dabei legten die Hochschulen unterschiedliche Auswahlkriterien an; (auch) im Auswahlverfahren der Hochschulen spielte indes, wie im Staatsvertrag vorgesehen, stets der Grad der Qualifikation (Abiturnote) eine wesentliche Rolle.
57
Die Zusammensetzung der Hauptquoten änderte sich in den Folgejahren mehrfach. Waren ab dem Wintersemester 2000/01 noch 80% der nach Abzug der Vorabquoten verbleibenden Studienplätze von der ZVS (55% GdQ, 25% Wartezeitquote) und 20% im Auswahlverfahren der Hochschulen vergeben worden, so änderte sich die Zusammensetzung zum Wintersemester 2002/03 auf 76% von der ZVS zu verteilende Studienplätze (51% GdQ, 25% Wartezeit) und 24% der Studienplätze für das Auswahlverfahren der Hochschulen. Zum Wintersemester 2005/06 wurde das Verfahren abermals geändert: Die Zusammensetzung der Quoten lag nunmehr bei 40% von der ZVS zu verteilende Studienplätze (20% GdQ, 20% Wartezeit) und 60% für das Auswahlverfahren der Hochschulen. Eine zusätzliche Verschiebung zugunsten der Hochschulauswahl wurde zugleich dadurch herbeigeführt, dass in den beiden von der ZVS verwalteten Hauptquoten das Nachrückverfahren abgeschafft wurde mit der Folge, dass Studienplätze, die nach einer ersten Vergabe in der „Abiturbestenquote“ oder in der Wartezeitquote unbesetzt blieben, ebenfalls im Auswahlverfahren der Hochschulen vergeben wurden.
58
Erstmals zum Wintersemester 2010/11 übernahm die durch Staatsvertrag der Länder vom 5. Juni 2008 neu gegründete Beklagte die Funktion der ZVS, ohne dass sich beim Verteilungsverfahren selbst wesentliche Änderungen ergeben hätten.
59
Vgl. zu den mit der Gründung der Beklagten verbundenen Rechtsfragen OVG NRW, Beschluss vom 21. Dezember 2010 - 13 B 1482/10 -, DVBl. 2011, 303 ff.
60
Das zentrale Vergabeverfahren ist somit in den letzten zwölf Jahren einerseits durch eine zunehmende Bedeutung der Auswahl durch die Hochschulen, andererseits durch eine schrittweise Verringerung des Anteils der Zulassungen nach dem Kriterium Wartezeit gekennzeichnet. Parallel dazu hat sich das Verhältnis zwischen der Zahl der Medizinstudienplätze und der Zahl der Bewerber um einen Medizinstudienplatz kontinuierlich verschlechtert, wie die folgende Tabelle zeigt:
61
Vergabeverfahren
Erstsemester-Studienplätze
Bewerber für das Semester
Studienplätze im Studienjahr (WS + SS)
Wintersemester 1999/2000
Sommersemester 2000
Wintersemester 2000/2001
Sommersemester 2001
Wintersemester 2001/2002
Sommersemester 2002
Wintersemester 2002/2003
Sommersemester 2003
Wintersemester 2003/2004
Sommersemester 2004
Wintersemester 2004/2005
Sommersemester 2005
Wintersemester 2005/2006
Sommersemester 2006
Wintersemester 2006/2007
Sommersemester 2007
Wintersemester 2007/2008
Sommersemester 2008
Wintersemester 2008/2009
Sommersemester 2009
Wintersemester 2009/2010
Sommersemester 2010
Wintersemester 2010/2011
Sommersemester 2011
Wintersemester 2011/2012
Sommersemester 2012
Wintersemester 2012/2013
Sommersemester 2013
Wintersemester 2013/14
7.614
2.960
7.791
2.821
8.126
2.455
8.311
2.230
8.332
1.531
8.450
1.529
8.413
1.541
8.492
1.555
8.377
1.530
8.447
1.494
8.566
1.536
8.634
1.524
8.819
1.636
9.023
1.673
9.068
20.843
10.914
19.871
9.627
19.720
9.656
23.659
12.736
28.707
15.669
33.935
15.149
37.376
13.922
33.575
12.769
35.053
13.073
35.403
12.764
37.347
16.329
40.419
17.632
44.043
17.651
42.708
18.022
44.337
10.574
10.612
10.581
10.541
9.863
9.979
9.954
10.047
9.907
9.941
10.102
10.158
10.455
10.696
62
Der Tabelle lässt sich entnehmen, dass die Zahl der im Studienjahr insgesamt zu verteilenden Medizinstudienplätze zwischen 1999/2000 (10.574 Studienplätze) und 2012/2013 (10.696 Studienplätze) annähernd konstant geblieben ist. Die Zahl der Bewerber um einen Studienplatz ist hingegen zwischen 1999 und 2013 – bezogen auf das Wintersemester – von 20.843 auf 44.337, also um 112,7% angewachsen. Bezogen auf das Studienjahr ist die Zahl der Bewerber von 31.757 (Studienjahr 1999/2000) auf 60.730 (Studienjahr 2012/13), also um 91,2% angestiegen.
63
Auch für die Zukunft geht die Kultusverwaltung von hohen Studienanfängerzahlen aus. Nach der derzeitigen Prognose für die Jahre 2012 bis 2025 hat die Zahl der Studienanfänger im Jahre 2013 mit 489.200 Studienanfängern einen vorläufigen Höchststand erreicht und wird nunmehr kontinuierlich sinken. Sie sinkt allerdings mit einer geringen Rate, weil zurückgehende Geburtenzahlen durch höhere Übergangsquoten auf das Gymnasium und die Gesamtschule teilweise aufgefangen werden. Die Studienanfängerzahl wird sich daher selbst im Jahre 2025 noch auf dem Niveau des Jahres 2009 bewegen (vgl. zu den Einzelheiten die „Vorausberechnung der Studienanfängerzahlen 2012-2025 - Fortschreibung - (Stand 24.01.2012)“, abrufbar auf der Homepage des Sekretariats der Kultusministerkonferenz: www.kmk.org).
64
2. Rechtsquellen des Vergabeverfahrens
65
Die Medizinstudienplatzvergabe ist in einer Reihe von Rechtsvorschriften unterschiedlichen Charakters geregelt:
66
Auf der Ebene des Bundesrechts finden sich die einschlägigen Regelungen in den §§ 27 ff. Hochschulrahmengesetz (HRG) in der Fassung des Siebten HRG-Änderungsgesetzes vom 28. August 2004 (BGBl. I S. 2298). Dabei ist das Auswahlverfahren selbst insbesondere in den §§ 31, 32 HRG normiert.
67
Vgl. zur 7. HRG-Novelle nur Koch, Regelungen der Länder zum Hochschulzugang nach der Novelle des Hochschulzulassungsrechts im HRG, RdJB 2005, 374 ff.
68
Auf Länderebene sind die entsprechenden Regelungen in dem Staatsvertrag über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung vom 5. Juni 2008 (im Folgenden: Staatsvertrag 2008) enthalten, der mittels der im Beschlusstenor genannten Landesgesetze in allen Bundesländern ratifiziert worden ist und damit die Qualität einfachen Landesrechts erlangt hat. In seinem Art. 10 werden die Regelungen des § 32 Abs. 3 HRG betreffend die Hauptquoten und die Einzelheiten des „Auswahlverfahrens der Hochschulen“ größtenteils wortgleich übernommen.
69
Eine Reihe von Ländern hat über die bloße Ratifizierung des Staatsvertrages hinaus formellgesetzliche Vorschriften über die Hochschulzulassung (auch) in den dem zentralen Vergabeverfahren unterworfenen Studiengängen geschaffen. Diese Vorschriften, die zum Teil die Regelungen des Staatsvertrages 2008 wiederholen, zum Teil aber auch weitergehende Vorgaben – namentlich über die in den Auswahlsatzungen der Hochschulen gebotenen Regelungen – enthalten, ergänzen das Gesamtsystem und sind daher im Tenor des vorliegenden Beschlusses mit aufgeführt.
70
Zur Konkretisierung der im Staatsvertrag 2008 vorgesehenen Vergaberegelungen und zur näheren Bestimmung des Verwaltungsverfahrens haben die Länder auf der Grundlage des Art. 12 Staatsvertrag 2008 Rechtsverordnungen erlassen, die entsprechend der Vorgabe des Art. 12 Abs. 2 Staatsvertrag 2008 weitgehend übereinstimmen. Eine den übereinstimmenden Bestand enthaltende Fassung der „Vergabeverordnung“ ist auf der Homepage der Beklagten (www.hochschulstart.de) abrufbar. Wenn im vorliegenden Beschluss von „der Vergabeverordnung“ die Rede ist, sind die insoweit übereinstimmenden Rechtsverordnungen der Bundesländer gemeint.
71
Die einzelnen Hochschulen schließlich, die den Studiengang Medizin anbieten, haben jeweils eine Satzung oder Ordnung erlassen, in der die in ihrem Auswahlverfahren (AdH) angewandten Verfahrensregelungen und Auswahlkriterien festgelegt sind.
72
3. Ablauf des Vergabeverfahrens
73
Das heutige Vergabeverfahren ist durch eine Dreiteilung gekennzeichnet. Zu unterscheiden sind die von der Beklagten zu vergebenden „Vorabquoten“, die von der Beklagten zu vergebenden Hauptquoten („Abiturbestenquote“ und „Wartezeitquote“) sowie die von den einzelnen Hochschulen zu vergebende Hauptquote („Auswahlverfahren der Hochschulen“). Einen Überblick bietet das folgende Schaubild:
74
75
Vorabquoten gemäߧ 6 Abs. 1 + 2 VergabeVO
76
(Vergabe durch die SfH,Bescheide: Februar/August)
77
78
79
Hauptquoten gemäß
80
§ 6 Abs. 3 + 5 VergabeVO(Vergabe durch die SfH
81
Bescheide: Februar/August)
82
83
84
Hauptquote gemäß
85
§ 6 Abs. 4 VergabeVO,(Vergabe durch die Hochschulen,
86
Bescheide: März-April/September-Oktober)
87
a) Die Vorabquoten
88
Bei den in § 32 Abs. 2 HRG, Art. 9 Staatsvertrag 2008 und § 6 Abs. 1 und 2 i. V. m. §§ 15 bis 17 Vergabeverordnung geregelten Vorabquoten kann unterschieden werden zwischen denjenigen Quoten, die für die jeweils betroffene Personengruppe einen eigenständigen, von dem sonstigen System abgekoppelten Zugang regeln (nicht gleichgestellte Ausländer, Sanitätsoffizier-Anwärter der Bundeswehr, Zweitstudiumsbewerber, Bewerber mit besonderer Hochschulzugangsberechtigung), und der Härtefallquote, die eine zusätzlich zu den übrigen Auswahlquoten bestehende, bevorzugte Zulassungsmöglichkeit für die betroffenen Bewerber schafft. Die Angehörigen der zuerst genannten Personengruppen sind von der Vergabe in allen übrigen Quoten ausgeschlossen (Art. 9 Abs. 7 Staatsvertrag 2008), während die „Härtefallbewerber“ sich zugleich auch in den Hauptquoten bewerben können.
89
Die Summe der in den Vorabquoten vergebenen Studienplätze ist in § 32 Abs. 2 S. 1 HRG auf „bis zu drei Zehntel“ und in Art. 9 Abs. 1 S. 1 Staatsvertrag 2008 auf „bis zu zwei Zehntel“ limitiert. Durch die Vergabeverordnung sind die Vorabquoten – wie aus dem obigen Schaubild zu ersehen – noch weiter begrenzt, nämlich auf insgesamt rund 12,5% (§ 6 Abs. 1 und 2 Vergabeverordnung). Tatsächlich haben sich zum Wintersemester 2013/14 insgesamt 1.046 Studierende eingeschrieben, die über eine der Vorabquoten zugelassen worden sind. Dies entspricht ca. 11,5% der insgesamt zu vergebenden Studienplätze. Davon entfallen 468 Plätze auf die Ausländerquote, 214 Plätze auf die Bundeswehrquote, 312 Plätze auf die Zweitstudiumsquote und 52 Plätze auf die Härtefallquote (vgl. die Aufstellung der Beklagten, Bl. 76 der GA).
90
b) Die Abiturbestenquote
91
Ein Fünftel der nach Abzug der Vorabquoten verbliebenen Studienplätze wird gemäß § 32 Abs. 3 Nr. 1 HRG, Art. 10 Abs. 1 Nr. 1 Staatsvertrag 2008 und § 6 Abs. 3 i. V. m. §§ 11 bis 13 Vergabeverordnung nach dem „Grad der Qualifikation“ vergeben. Da die Qualifikation für das Hochschulstudium in der Regel durch das Abitur erworben wird, wird für diese Auswahlquote im Allgemeinen (und auch in der Vergabeverordnung) der Begriff „Abiturbestenquote“ verwendet.
92
Die Rangfolge der Bewerber bestimmt sich in dieser Quote nach der Durchschnittsnote des zum Hochschulstudium berechtigenden Abschlusses. Die Bestimmung der Durchschnittsnote kann bei Schulabschlüssen, die kein gewöhnliches, in Deutschland erworbenes Abitur sind, im Einzelfall Probleme bereiten, die nach den Vorgaben in § 11 Abs. 3 i. V. m. Anlage 2 Vergabeverordnung zu lösen sind. Im Übrigen werden Bewerber, die nachweisen, dass sie aus in der eigenen Person liegenden, nicht selbst zu vertretenden Gründen daran gehindert waren, eine bessere Durchschnittsnote zu erreichen, gemäß Art. 9 Abs. 3 S. 2 Staatsvertrag 2008, § 11 Abs. 5 Vergabeverordnung auf Antrag mit der besseren Durchschnittsnote berücksichtigt (sog. „Nachteilsausgleich“). Der Nachweis der hypothetischen „besseren Durchschnittsnote“ kann dabei naturgemäß erhebliche Schwierigkeiten bereiten.
93
Vgl. zum Nachteilsausgleich bei der Abiturnote aus jüngerer Zeit OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Juni 2013 - 13 B 424/13 -, juris (Hochbegabung) und vom 17. Dezember 2012 - 13 B 1396/12 -, juris (Leistungssport); VG Gelsenkirchen, Beschlüsse vom 8. Oktober 2013 - 6z L 1251/13 -, juris (familiäre Probleme), vom 30. September 2013 - 6z L 1229/13 -, juris (Leistungssport), vom 22. März 2013 - 6z L 187/13 - (Hochbegabung), vom 22. Oktober 2012 - 6z L 1113/12 -, juris (psych. Erkrankung) und vom 5. Juni 2012 - 6z L 287/12 -, juris (berufl. Belastung), sowie Gerichtsbescheid vom 3. Dezember 2012 - 6z 4271/12 -, juris (Tod eines Elternteils); Rechtsprechung anderer Gerichte existiert aufgrund der Zuständigkeitskonzentration des § 52 Nr. 3 S. 4, 5 VwGO nicht.
94
§ 32 Abs. 3 Nr. 1 HRG und Art. 10 Abs. 1 S 1 Nr. 1 Staatsvertrag 2008 sehen vor, dass für die Auswahl in der Abiturbestenquote einzelne Landesquoten gebildet werden, „solange die Vergleichbarkeit im Verhältnis der Länder untereinander nicht gewährleistet ist“. Diese Vorgabe umsetzend regeln die §§ 12 und 13 Vergabeverordnung die Bildung von Landesquoten und die Zuordnung der einzelnen Studienbewerber zu den Landesquoten. Auf der Grundlage dieser Regelungen wird die Gesamtzahl der in der Abiturbestenquote zu vergebenden Studienplätze von der Beklagten in 16 einzelne Kontingente aufgeteilt, wobei der Bewerberanteil und die Bevölkerungsaltersstruktur der Bundesländer – ergänzt um einen „Stadtstaatenzuschlag“ – maßgeblich sind. Bei der Vergabe dieser Studienplätze konkurriert der einzelne Bewerber dann nur mit den Mitbewerbern, die das Abitur in demselben Bundesland erworben haben, um einen Studienplatz der entsprechenden Landesquote. Mit den Bewerbern aus anderen Bundesländern muss er sich wegen des von den Gesetz- und Verordnungsgebern aller Regelungsebenen angenommenen Fehlens der Vergleichbarkeit der Abiturnoten nicht messen. Studierwillige, die ihre Hochschulzugangsberechtigung im Ausland erworben haben, werden gemäß § 13 Abs. 2 S. 2 VergabeVO einer Landesquote zugelost, wobei die Loswahrscheinlichkeit von den Bevölkerungsanteilen der verschiedenen Bundesländer abhängt.
95
Die für eine Zulassung in der Abiturbestenquote erforderliche Mindestnote („Auswahlgrenze“) ist in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen, was vor allem auf die Verschlechterung des Verhältnisses zwischen der Studienplatzzahl und der Bewerberzahl zurückzuführen sein dürfte. lag die Auswahlgrenze im Auswahlverfahren für das Wintersemester 1999/2000 noch bei – je nach Landesquote – 1,6 bis 2,2, so war für die Zulassung zum Wintersemester 2013/14 eine Abiturdurchschnittsnote von 1,0 (zwölf Bundesländer), 1,1 (drei Bundesländer) oder 1,2 (ein Bundesland) erforderlich. Eine schwächere Durchschnittsnote als 1,5 hat seit dem Zulassungsverfahren zum Wintersemester 2006/07 nicht mehr zu einer Zulassung in der Abiturbestenquote geführt (Ausnahme: Sommersemester 2007 und 2008 – Auswahlgrenze für Abiturienten aus Schleswig-Holstein jeweils 1,6). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die von der Beklagten übersandte Übersicht (Beiakte 2, Antwort zu Frage b) sowie auf die nachfolgende Tabelle verwiesen:
96
Vergabeverfahren
AuswahlgrenzeAbiturbestenquote(je nach Landesquote)
Wintersemester 1999/2000
Sommersemester 2000
Wintersemester 2000/2001
Sommersemester 2001
Wintersemester 2001/2002
Sommersemester 2002
Wintersemester 2002/2003
Sommersemester 2003
Wintersemester 2003/2004
Sommersemester 2004
Wintersemester 2004/2005
Sommersemester 2005
Wintersemester 2005/2006
Sommersemester 2006
Wintersemester 2006/2007
Sommersemester 2007
Wintersemester 2007/2008
Sommersemester 2008
Wintersemester 2008/2009
Sommersemester 2009
Wintersemester 2009/2010
Sommersemester 2010
Wintersemester 2010/2011
Sommersemester 2011
Wintersemester 2011/2012
Sommersemester 2012
Wintersemester 2012/2013
Sommersemester 2013
Wintersemester 2013/14
Sommersemester 2014
1,6 - 2,2
2,0 - 2,5
1,6 - 2,4
2,1 - 2,6
1,6 - 2,4
2,0 - 3,3
1,6 - 2,1
1,8 - 2,4
1,5 - 2,1
1,6 - 2,1
1,4 - 2,0
1,6 - 2,0
1,1 - 1,5
1,1 - 1,7
1,0 - 1,4
1,0 - 1,6
1,0 - 1,3
1,2 - 1,6
1,0 - 1,3
1,2 - 1,5
1,0 - 1,2
1,0 - 1,5
1,0 - 1,2
1,0 - 1,3
1,0 - 1,2
1,1 - 1,4
1,0 - 1,2
1,0 - 1,4
1,0 - 1,2
1,0 - 1,3
97
Zur Einordnung der vorstehend aufgezeigten Auswahlgrenzen bedarf es eines Blicks auf die Abiturergebnisse: Die mittlere Abiturnote der erfolgreichen Abiturienten bewegte sich in den letzten Jahren im Bereich von 2,5. Dabei lagen das Bundesland mit der besten mittleren Abiturnote und das Bundesland mit der schwächsten mittleren Abiturnote jeweils um rund 0,35 bis 0,45 Punkte auseinander. Das Land mit der besten mittleren Abiturnote war stets der Freistaat Thüringen mit Notenmitteln von 2,33 in den Jahren 2006 und 2007, 2,32 im Jahre 2008, 2,30 in den Jahren 2009 und 2010, 2,20 im Jahre 2011 und 2,19 im Jahre 2012. Das Land mit der schwächsten mittleren Abiturnote war zumeist das Land Niedersachsen mit mittleren Abiturnoten von 2,71 in den Jahren 2006 und 2007, 2,69 im Jahre 2008, 2,65 in den Jahren 2009 und 2012 und 2,62 im Jahre 2010. Die für eine Auswahl in der Abiturbestenquote zum Wintersemester 2013/14 erforderliche Abiturnote (je nach Landesquote 1,0, 1,1 oder 1,2) erreichten unter den (erfolgreichen) Abiturienten des Jahrgangs 2012 zwischen ca. 0,95% (Niedersachsen) und ca. 3,0% (Thüringen). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vom ständigen Sekretariat der Kultusministerkonferenz übersandten Aufstellungen (Beiakte 4) und die folgende Tabelle Bezug genommen:
98
Mittlere Abiturnote
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
Baden-Württemberg
2,33
2,38
2,40
2,40
2,39
2,44
2,44
2,41
Bayern
2,43
2,43
2,43
2,41
2,42
2,40
2,37
2,35
Berlin
2,71
2,68
2,57
2,54
2,51
2,48
2,45
2,40
Brandenburg
2,46
2,48
2,47
2,42
2,39
2,40
2,38
2,33
Bremen
2,51
2,49
2,47
2,45
2,45
2,45
2,47
2,45
Hamburg
2,55
2,57
2,56
2,53
2,50
2,49
2,49
2,46
Hessen
2,46
2,49
2,47
2,46
2,45
2,44
2,43
2,43
Mecklenburg-Vorp.
2,41
2,40
2,40
2,37
2,35
2,43
2,42
2,43
Niedersachsen
2,72
2,71
2,71
2,69
2,65
2,62
2,59
2,65
Nordrhein-Westfalen
2,67
2,66
2,64
2,63
2,59
2,56
2,54
2,51
Rheinland-Pfalz
2,58
2,63
2,63
2,62
2,61
2,60
2,60
2,58
Saarland
2,52
2,51
2,51
2,50
2,49
2,46
2,44
2,45
Sachsen
2,45
2,44
2,46
2,44
2,48
2,45
2,43
2,39
Sachsen-Anhalt
2,36
2,41
2,46
2,53
2,52
2,52
2,48
2,42
Schleswig-Holstein
2,63
2,63
2,62
2,60
2,58
2,60
2,52
2,52
Thüringen
2,30
2,33
2,33
2,32
2,30
2,30
2,20
2,19
Mittlere Notealler Länder
2,51
2,52
2,51
2,49
2,48
2,48
2,45
2,44
99
c) Die Wartezeitquote
100
Ein Fünftel der nach Abzug der Vorabquoten verbliebenen Studienplätze wird gemäß § 32 Abs. 3 Nr. 2 HRG, Art. 10 Abs. 1 Nr. 2 Staatsvertrag 2008 und § 6 Abs. 5 i. V. m. § 14 Vergabeverordnung nach der Dauer der seit dem Erwerb der Qualifikation für den gewählten Studiengang verstrichenen Zeit vergeben. Jede der genannten Normen spricht in diesem Zusammenhang von „Wartezeit“. Dieser Begriff ist allerdings irreführend. Denn die Rangfolge der Bewerber wird in dieser Quote allein durch die Zeitspanne bestimmt, die zwischen dem Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung und der konkreten Bewerbung liegt. Ob der Bewerber in diesem Zeitraum durchgehend auf die Aufnahme eines Medizinstudiums hingelebt, also im eigentlichen Sinne auf einen Studienplatz „gewartet“ hat, oder ob ihm erst kurz vor der Bewerbung bei der Beklagten die Idee eines solchen Studiums gekommen ist, spielt bei der Bestimmung seiner „Wartezeit“ keine Rolle. Insbesondere zählen als Wartehalbjahre nicht etwa nur solche Halbjahre, in denen der Bewerber sich bei der Beklagten um einen Medizinstudienplatz beworben hat. Ein Bewerber, dem 20 oder 30 Jahre nach dem Erwerb des Abiturs – etwa aufgrund von Unzufriedenheit mit seinem bisherigen Beruf – der Gedanke kommt, sich für ein Medizinstudium zu bewerben, hat somit, sofern es sich nicht um ein Zweitstudium handelt (Art. 9 Abs. 7 Staatsvertrag 2008), aufgrund der Vielzahl der seit dem Erwerb der Hochschulreife vergangenen Halbjahre hervorragende Chancen auf sofortige Zulassung in der „Wartezeitquote“, obwohl er zu keinem Zeitpunkt auf eine Zulassung „gewartet“ hat.
101
Bei der Ermittlung der genauen „Wartezeit“ eines Bewerbers zählt grundsätzlich jedes seit dem Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung verstrichene volle Halbjahr, wobei als Halbjahre insoweit die Zeiträume vom 1. April bis zum 30. September (Sommersemester) und vom 1. Oktober bis zum 31. März (Wintersemester) gelten. Zeiten eines Studiums an einer deutschen Hochschule („Parkstudium“) werden gemäß § 32 Abs. 3 Nr. 2 HRG; Art. 10 Abs. 1 Nr. 2 Staatsvertrag 2008 und § 14 Abs. 6 Vergabeverordnung von der Summe der verstrichenen Halbjahre abgezogen.
102
Bewerber, die nachweisen, dass sie aus in der eigenen Person liegenden, nicht selbst zu vertretenden Gründen daran gehindert waren, die Hochschulzugangsberechtigung zu einem früheren Zeitpunkt zu erwerben, werden gemäß Art. 9 Abs. 3 S. 2 Staatsvertrag 2008, § 14 Abs. 3 Vergabeverordnung auf Antrag mit dem früheren Zeitpunkt berücksichtigt, erhalten also zusätzliche fiktive „Wartezeit“ (sog. „Nachteilsausgleich“). Der Nachweis des hypothetischen „früheren Zeitpunkts“ kann auch hier Schwierigkeiten bereiten.
103
Vgl. zum Nachteilsausgleich bei der Wartezeit aus jüngerer Zeit OVG NRW, Beschlüsse vom 17. Dezember 2012 - 13 B 1327/12 -, n. v. (Spätaussiedlerin), und vom 3. Juni 2011 - 13 B 514/11 -, juris (ADS-Erkrankung); VG Gelsenkirchen, Beschlüsse vom 18. Oktober 2013 - 6z L 1210/13 -, juris (Schulabbruch wegen Geburt), vom 8. April 2013 - 6z L 326/13 - (ADS-Erkrankung), vom 22. Oktober 2012 - 6z L 1113/12 -, juris (psych. Erkrankung), vom 5. Juni 2012 - 6z L 287/12 -, juris (DDR-Unrecht), und vom 12. April 2012 - 6z L 304/12 -, juris (rechtswidrige Schulnoten); Rechtsprechung anderer Gerichte existiert aufgrund der Zuständigkeitskonzentration des § 52 Nr. 3 S. 4, 5 VwGO nicht.
104
§ 14 Vergabeverordnung enthält überdies in den Absätzen 4 und 5 eine Übergangsregelung für Bewerber, die zu einem früheren Zeitpunkt und vor Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung bestimmte berufsqualifizierende Abschlüsse erworben haben im Vertrauen auf die seinerzeit geltenden Regelungen des Vergaberechts, die derartige Berufsausbildungen durch Gewährung zusätzlicher „Wartezeit“ bonierten.
105
Auch hinsichtlich der Wartezeitquote hat sich die Auswahlgrenze in den vergangenen Jahren kontinuierlich verschärft. Die Auswahlgrenze wird insoweit in erster Linie durch die für eine Zulassung mindestens erforderliche Zahl an Wartehalbjahren bestimmt. Da allerdings regelmäßig eine Vielzahl von Bewerbern die entsprechende Anzahl an Halbjahren vorzuweisen hat, ist auch das für die Auswahl zwischen den Bewerbern mit identischer, die Auswahlgrenze erreichender Wartezeit maßgebliche Hilfskriterium von erheblicher Bedeutung. Dies ist gemäß § 32 Abs. 4 HRG, Art. 10 Abs. 2 Staatsvertrag 2008 und § 18 Abs. 1 S. 2 Vergabeverordnung regelmäßig die Abiturnote. Weitere Einzelheiten sind der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen:
106
Vergabeverfahren
ZulassungenWartezeit
EinschreibungenWartezeit(absolut / Anteil an der Ge-samtzahl der Plätze in %)
Die Tabelle zeigt, dass die Zahl der Zulassungen in der Wartezeitquote zwischen dem Wintersemester 1999/2000 und dem Wintersemester 2013/14 von 3.783 auf 1.997, also um 47,2% zurückgegangen ist, was in erster Linie auf die oben beschriebene mehrfache Reduzierung des für die Wartezeitquote zur Verfügung stehenden Anteils an Studienplätzen zurückzuführen ist. Erkennbar ist auch, dass die Zahl der Einschreibungen in der Wartezeitquote stets deutlich hinter der (eine „Überbuchung“ beinhaltenden) Zahl der Zulassungen zurückgeblieben ist, ein Teil der ausgewählten Bewerber die Zulassung also nicht angenommen hat. Der in der Tabelle ausgewiesene Anteil der Einschreibungen aus der Wartezeitquote bleibt im Übrigen jeweils hinter dem nominell zur Verfügung stehenden Anteil zurück (für das Wintersemester 2013/14 zum Beispiel 18,4% bei einer Wartezeithauptquote von 20%). Dies beruht aber in erster Linie darauf, dass sich die prozentuale Angabe auf die Gesamtzahl der Studienplätze einschließlich der Vorabquotenplätze bezieht. In Bezug auf die in den drei Hauptquoten, also nach Abzug der Vorabquoten zu vergebenden Studienplätze wird der vorgesehene Anteil von 20% wohl näherungsweise erreicht.
108
Die für eine Zulassung in dieser Quote erforderliche Wartezeit („Auswahlgrenze“) ist seit 1999 kontinuierlich von vier auf dreizehn (Sommersemester) bzw. zwölf (Wintersemester) Halbjahre angewachsen. Dabei bekam allerdings stets nicht jeder Bewerber, der die entsprechende Anzahl von Wartehalbjahren aufwies, einen Studienplatz. Unter den Bewerbern mit der erforderlichen Anzahl musste vielmehr eine Auswahl getroffen werden, bei der – wie bereits aufgezeigt – die Abiturnote Auswahlkriterium war. So bekamen zum Wintersemester 2013/14 nur diejenigen Bewerber mit zwölf Wartehalbjahren einen Studienplatz, die mindestens die Durchschnittsnote 2,2 hatten. Zum Wintersemester 2012/13 hatte diese Auswahlgrenze beim nachrangigen Kriterium noch bei 2,5, zum Wintersemester 2011/12 bei 2,7, zum Wintersemester 2010/11 bei 3,5 gelegen. Diese Verschärfung bei dem in der Wartezeitquote anzuwendenden nachrangigen Auswahlkriterium hatte nach den Angaben der Beklagten zur Folge, dass im Auswahlverfahren zum Wintersemester 2011/12 511 Bewerber, im Auswahlverfahren zum Wintersemester 2012/13 bereits 858 Bewerber, im Auswahlverfahren zum Wintersemester 2013/14 1.144 Bewerber keinen Studienplatz erhalten konnten, obwohl sie eine Wartezeit von zwölf Halbjahren vorzuweisen hatten. Weitere 167 Bewerber hatten zum Wintersemester 2013/14 ebenfalls eine Wartezeit von zwölf oder mehr Halbjahren, wurden aber deshalb nicht zugelassen, weil sie sich in der Wartezeitquote nicht für alle Studienorte beworben hatten und an den von ihnen gewünschten Studienorten an der Ortsverteilung gescheitert sind.
109
Vgl. zu derartigen Konstellationen aus jüngerer Zeit OVG NRW, Beschluss vom 11. Juni 2012 - 13 B 557/12 -, juris (Ablehnung trotz 21 Wartehalbjahren); VG Gelsenkirchen, Beschlüsse vom 4. Oktober 2013 - 6z L 1013/13 -, juris (Ablehnung trotz 14 Wartehalbjahren) und vom 18. Oktober 2012 - 6z L 1129/12 -, juris (Ablehnung trotz 14 Wartehalbjahren), sowie Gerichtsbescheid vom 31. August 2012 - 6z L 1144/12 -, juris (Ablehnung trotz 21 Wartehalbjahren); Rechtsprechung anderer Gerichte existiert aufgrund der Zuständigkeitskonzentration des § 52 Nr. 3 S. 4 und 5 VwGO nicht.
110
d) Das Auswahlverfahren der Hochschulen
111
Der überwiegende Teil, nämlich 60% der nach Abzug der Vorabquoten verbliebenen Studienplätze wird inzwischen in dem in § 32 Abs. 3 Nr. 3 HRG, Art. 10 Abs. 1 Nr. 3 Staatsvertrag 2008 und § 6 Abs. 4 i. V. m. § 10 Vergabeverordnung geregelten „Auswahlverfahren der Hochschulen“ (AdH) durch diese selbst vergeben. Die Hochschulen dürfen die Einzelheiten der Bewerberauswahl insoweit selbst festlegen. Dabei können sie „insbesondere“ eines oder mehrere der in den genannten Vorschriften des Hochschulrahmengesetzes und des Staatsvertrages aufgezählten Kriterien verwenden. Es handelt sich um die Auswahlkriterien
112
113
Grad der Qualifikation (also im Wesentlichen Abiturnote),
114
gewichtete Einzelnoten der Qualifikation (also des Abiturzeugnisses),
115
Ergebnis eines fachspezifischen Studierfähigkeitstests,
116
vorhandene Berufsausbildung oder Berufserfahrung,
117
Auswahlgespräch.
118
Dem Grad der Qualifikation muss dabei allerdings stets „ein maßgeblicher Einfluss“ gegeben werden (§ 32 Abs. 1 Nr. 3 HRG, Art. 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Staatsvertrag 2008). Landesquoten werden hier trotz des von den Gesetzgebern – wie oben aufgezeigt – angenommenen Mangels an Vergleichbarkeit der Abiturnoten nicht gebildet; die Bewerber aus verschiedenen Bundesländern konkurrieren vielmehr unmittelbar miteinander.
119
Die einzelnen Länder haben den Hochschulen zum Teil nähere Vorgaben zur Ausgestaltung des hochschuleigenen Auswahlverfahrens gemacht. So muss in einigen Ländern neben dem Grad der Qualifikation mindestens ein weiteres Auswahlkriterium zur Anwendung kommen (§§ 2a, 6 Hochschulzulassungsgesetz Baden-Württemberg, Art. 7, 5 Gesetz über die Hochschulzulassung in Bayern, § 8 Abs. 3 Berliner Hochschulzulassungsgesetz, § 4 Abs. 3 Hessisches Gesetz zum Vergabestaatsvertrag; § 4 Abs. 3 Hochschulzulassungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern, § 8 i.V.m. § 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Niedersächsisches Hochschulzulassungsgesetz; § 11 Thüringer Hochschulzulassungsgesetz). Vereinzelt werden weitere bei der Hochschulauswahl verwendbare Kriterien festgelegt, wie z.B. das „Motivationsschreiben“ (§§ 2a, 6 Hochschulzulassungsgesetz Baden-Württemberg, Art. 3 Hamburgisches Zustimmungsgesetz zum Vergabestaatsvertrag i.V.m. § 5 Abs. 2 Hamburgisches Hochschulzulassungsgesetz). Andere Landesgesetze legen demgegenüber fest, dass die im Staatsvertrag 2008 beispielhaft („insbesondere“) aufgezählten Kriterien abschließend sind (z. B. § 3a Hochschulzulassungsgesetz Sachsen-Anhalt). Teilweise ist im Landesrecht auch geregelt, unter welchen Umständen die Vorgabe des Hochschulrahmengesetzes und des Staatsvertrages, dass dem Grad der Qualifikation (Note) ein „maßgeblicher Einfluss“ zukommen muss, als erfüllt anzusehen ist, nämlich wenn er das „relativ stärkste Gewicht“ hat (§ 4 Abs. 3 S. 3 Hochschulzulassungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern, § 3 Abs. 1 Sächsisches Hochschulzulassungsgesetz). Andere Gesetze schließlich beschränken sich auf die Feststellung, dass die Hochschulen ihr Auswahlverfahren durch Satzung (§ 3 Hochschulzulassungsgesetz Nordrhein-Westfalen, § 4 rheinland-pfälzisches Gesetz zum Vergabestaatsvertrag) bzw. Ordnung (§ 4 Saarländisches Gesetz zum Vergabestaatsvertrag) regeln.
120
§ 32 Abs. 3 Nr. 3 HRG und Art. 10 Abs. 1 Nr. 3 Staatsvertrag 2008 gestatten den Hochschulen ausdrücklich, die Zahl der Teilnehmer an dem jeweiligen hochschuleigenen Auswahlverfahren zu beschränken, also eine Vorauswahl durchzuführen. Als Auswahlkriterien im Rahmen der Vorauswahl kommen nach den genannten Vorschriften die oben genannten Kriterien (mit Ausnahme des Auswahlgesprächs) und/oder ein Abstellen auf den Grad der Ortspräferenz in Betracht. Tatsächlich führen derzeit rund zwei Drittel der Hochschulen eine entsprechende Vorauswahl durch, wobei sie zumeist auf das Auswahlkriterium Durchschnittsnote, das Auswahlkriterium Ortspräferenz oder eine Verbindung dieser beiden Kriterien abstellen.
121
Eine weitere Beschränkung der Bewerbungsmöglichkeiten in der AdH-Quote wird dadurch bewirkt, dass der einzelne Bewerber sich maximal an sechs Hochschulen für eine Teilnahme am Auswahlverfahren der Hochschulen bewerben darf (Art. 8 Abs. 1 S. 2 Staatsvertrag 2008, § 3 Abs. 3 S. 4 Vergabeverordnung). Dies bedeutet umgekehrt, dass der Bewerber sich an 29 von 35 Hochschulen, die den Studiengang Medizin derzeit anbieten, nicht im hochschuleigenen Auswahlverfahren bewerben kann und damit etwa die Hälfte der in den Hauptquoten insgesamt zu verteilenden Studienplätze für ihn von vornherein unerreichbar ist. Es unterscheidet das Auswahlverfahren der Hochschulen gravierend von den beiden anderen Hauptquoten, bei denen zwar ebenfalls maximal sechs Ortswünsche angegeben werden dürfen, der Bewerber aber im Falle seiner Auswahl auch einer anderen Hochschule zugewiesen werden kann, so dass er sich letztlich bundesweit bewirbt.
122
Die Ausgestaltung des hochschuleigenen Auswahlverfahrens variiert naturgemäß von Hochschule zu Hochschule. Die Beklagte hat die verschiedenen Auswahlverfahren und die sich dabei ergebenden (zum Teil nur theoretischen) Auswahlgrenzen in der Anlage zu d) ihres Schriftsatzes vom 30. Januar 2014 wie folgt beschrieben:
123
„Theoretische Zulassungschancen im Auswahlverfahren der Hochschulen (AdH) zum Wintersemester 2013/14
124
Die unten aufgeführten Ergebnisse beruhen auf der tatsächlichen Auswahlgrenze der jeweiligen Universität auf Grundlage des letzten durchgeführten Verfahrensschrittes. Unter der Annahme, dass die übrigen Auswahlkriterien optimal erfüllt wurden, ist die „theoretisch schwächste Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung“, die noch zu einer Zulassung geführt hätte, für die einzelnen Universitäten dargestellt. Für Universitäten, die die Durchschnittsnote als alleiniges Auswahlkriterium zu Grunde legen, ist die tatsächliche Durchschnittsnote, die zur Zulassung geführt hat, genannt.
125
An der UniversitätAachenwird die Teilnahme am Auswahlverfahren auf Bewerber, die diese Universität an erster bis dritter Ortspräferenz genannt haben, begrenzt. Die Rangliste wird ausschließlich nach der Durchschnittsnote gebildet. Ein Bewerber mit einer Durchschnittsnote von1,3hat an der Universität Aachen einen Studienplatz erhalten.
126
An derCharité – Universitätsmedizin Berlinwerden Bewerber, die diese Universität in erster Ortspräferenz genannt haben, bis zu einer Durchschnittsnote von 2,3 vorausgewählt.
127
Bei der von der Universität vorgenommenen Ranglistenbildung wird neben der Durchschnittsnote ein fachspezifischer Studierfähigkeitstest berücksichtigt. Als Studierfähigkeitstest wird das von der Universität Hamburg entwickelte Testverfahren (HAM-Nat) eingesetzt. Die Teilnehmerzahl am HAM-Nat ist an der Charité – Universitätsmedizin Berlin auf 850 Personen begrenzt, sodass Bewerber bis zu einer Durchschnittsnote von 1,6 eingeladen wurden.
128
Durch die Begrenzung der Bewerberanzahl am HAM-Nat, hätte bei optimalen Auswahlkriterien maximal eine Durchschnittsnote von1,6zu einer Zulassung an der Charité – Universitätsmedizin Berlin führen können.
129
Die Rangliste an der UniversitätBochumwird nach der Durchschnittsnote gebildet. Die Durchschnittsnote wird durch die Teilnahme am Test für Medizinische Studiengänge (TMS) verbessert, sofern das Testergebnis besser als die Durchschnittsnote ist. Hierbei wird die Verbesserung anhand der Formel berechnet: Durchschnittsnote x 0,51 + TMS-Ergebnis x 0,49.
130
Ein Bewerber mit einer Durchschnittsnote von1,5und einem optimalen TMS-Ergebnis von 1,0 hätte an der Universität Bochum einen Studienplatz erhalten können.
131
An der UniversitätBonnwird die Rangliste ausschließlich nach der Durchschnittsnote gebildet. Ein Bewerber mit einer Durchschnittsnote von1,3hat an der Universität Bonn einen Studienplatz erhalten.
132
An der UniversitätDresdenwerden von den Bewerbern, die die Universität Dresden in erster Ortspräferenz genannt haben, 900 Bewerber aufgrund der Durchschnittsnote vorausgewählt.
133
Das Kriterium für die Auswahl ist eine Punktzahl, ermittelt durch die Durchschnittsnote und Einzelfachnoten, Berufsausbildung bzw. -tätigkeit, Praktika und Dienste. Aufgrund dieser Punktzahl erfolgt eine Einladung zum Auswahlgespräch.
134
Die entsprechende Rangplatzbildung wird aufgrund der Auswahlkriterien von der Universität selbst vorgenommen.
135
Durch die Begrenzung der Bewerberanzahl konnten Bewerber bis zu einer Durchschnittsnote von 1,9 vorausgewählt werden. Somit hätte bei optimalen Auswahlkriterien maximal eine Durchschnittsnote von1,9zu einer Zulassung an der Universität Dresden führen können.
136
An der UniversitätDuisburg-Essenwerden von den Bewerbern, die diese Universität in erster Ortspräferenz genannt haben, 350 Bewerber aufgrund der Durchschnittsnote vorausgewählt. Als Auswahlkriterium wird die Durchschnittsnote in Verbindung mit Auswahlgesprächen zu Grunde gelegt.
137
Die entsprechende Rangplatzbildung wird aufgrund der Auswahlgespräche von der Universität selbst vorgenommen.
138
Durch die Begrenzung der Bewerberanzahl in der Vorauswahl konnten Bewerber bis zu einer Durchschnittsnote von 1,5 am Auswahlverfahren teilnehmen. Somit hätte bei einem optimalen Auswahlgespräch maximal eine Durchschnittsnote von1,5zu einer Zulassung an der Universität Duisburg-Essen führen können.
139
Die Rangliste an der UniversitätDüsseldorfwird ausschließlich nach der Durchschnittsnote gebildet. Ein Bewerber mit einer Durchschnittsnote von1,3hat an der Universität Düsseldorf einen Studienplatz erhalten.
140
Die Studienplätze werden an der UniversitätErlangen-Nürnbergnach der Durchschnittsnote, einer Berufsausbildung und dem Ergebnis des TMS-Testes vergeben.
141
Die Rangliste wird zunächst nach der Durchschnittsnote gebildet.
142
Bei Vorliegen einer abgeschlossenen Berufsausbildung wird ein Bonus von 0,1 auf die Durchschnittsnote gewährt. Anerkannte Ausbildungsberufe sind: Altenpfleger, Anästhesie-technischer Assistent, Arzthelfer, Biologielaborant, Biologisch-technischer Assistent, Biotechnologischer Assistent, Chemielaborant, Chemisch-technischer Assistent, Diätassistent, Ergotherapeut, Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger, Gesundheits- und Krankenpfleger, Gymnastiklehrer, Hebamme/Entbindungspfleger, Heilerziehungspfleger, HNO-Audiologieassistent, Logopäde, Masseur und medizinischer Bademeister, Medizinischer Dokumentar, Medizinischer Dokumentationsassistent, Medizinischer Fachangestellter, Medizinlaborant, Medizinisch-technischer Assistent – Funktionsdiagnostik, Medizinisch-technischer Laboratoriumsassistent, Medizinisch-technischer Radiologieassistent, Medizinischer Sektions- und Präparationsassistent, Motopäde, Operationstechnischer Angestellter, Operationstechnischer Assistent, Orthoptist, Pharmazeutisch-technischer Assistent, Physikalisch-technischer Assistent, Physiklaborant, Physiotherapeut, Rettungsassistent, Veterinärmedizinisch-technischer Assistent und Zytologieassistent.
143
Das Ergebnis des TMS-Testes geht folgendermaßen in die Berechnung ein:
144
Für die besten 10 % der Absolventen erfolgt eine Verbesserung der Durchschnittsnote um 0,8; für Absolventen, die schlechter als 10 % bis einschließlich 20 % sind, erfolgt eine Verbesserung der Durchschnittsnote um 0,6; für Absolventen, die schlechter als 20 % bis einschließlich 30 % sind, erfolgt eine Verbesserung der Durchschnittsnote um 0,4; für Absolventen, die schlechter als 30 % bis einschließlich 40 % sind, erfolgt eine Verbesserung der Durchschnittsnote um 0,2; bei einem Testergebnis schlechter als 40 % findet keine Verbesserung statt.
145
Aufgrund der Bonierung einer Berufsausbildung von 0,1 und des TMS-Ergebnisses von höchstens 0,8 ergibt sich ein maximaler Gesamtbonus von 0,9. Ein Bewerber mit einer Durchschnittsnote von2,0hätte somit an der Universität Erlangen-Nürnberg unter Berücksichtigung dieses maximalen Gesamtbonuswertes einen Studienplatz erhalten können.
146
An der UniversitätFrankfurtwerden Bewerber, die die Universität Frankfurt in erster Ortspräferenz genannt haben, bis zu einer Durchschnittsnote von 2,0 vorausgewählt.
147
Die Rangliste für das Auswahlverfahren wird nach Punkten erstellt. Diese Punkte werden wie folgt vergeben: Für die Durchschnittsnote 1,0 werden 450 Punkte gutgeschrieben; für jede darüber liegende Zehntelnote werden hiervon 15 Punkte abgezogen. Enthält die Hochschulzugangsberechtigung Leistungspunkte oder Noten für schriftliche Abschlussprüfungen in den Fächern Mathematik, Physik, Biologie, Chemie, Geschichte oder einer Fremdsprache, werden Leistungspunkte mit dem Faktor 3 multipliziert, wenn mindestens 10 Punkte ausgewiesen werden. Werden statt Leistungspunkten Noten ausgewiesen, werden diese Noten entsprechend umgerechnet. Die Punktegutschriften werden jedoch nur für die zwei besten Prüfungen gewährt.
148
Zusätzlich werden für die Ableistung eines Krankenpflegedienstes pro Monat 10 Punkte gutgeschrieben. Hierfür können maximal 30 Punkte gutgeschrieben werden.
149
Die insgesamt gutgeschriebenen Punkte werden addiert und die daraus resultierende Summe bestimmt die Rangposition. Die entsprechende Rangplatzbildung wird aufgrund der oben beschriebenen Auswahlkriterien von der Universität selbst vorgenommen.
150
Anhand der Angaben, die die Universität zur Verfügung gestellt hat, haben Bewerber mit einer Durchschnittsnote von1,6eine Zulassung an der Universität Frankfurt erhalten.
151
An der UniversitätFreiburgwerden Bewerber, die die Universität Freiburg in erster und zweiter Ortspräferenz genannt haben, vorausgewählt.
152
Die Rangliste wird anhand der Durchschnittsnote, einer Berufsausbildung bzw. -tätigkeit, eines Jugend-/Bundesfreiwilligendienstes, eines freiwilligen Wehrdienstes, der Teilnahme an Wettbewerben und dem Ergebnis des TMS-Testes gebildet.
153
Bei Vorliegen einer abgeschlossenen Berufsausbildung und gegebenenfalls einer anschließenden Berufstätigkeit in einem medizinischen Ausbildungsberuf verbessert sich die Durchschnittsnote um 0,1 pro Halbjahr nachgewiesener Ausbildungsdauer, jedoch höchstens um insgesamt 0,5. Anerkannte Berufe sind: Agrartechnischer Assistent, Altenpfleger, Augenoptiker, Biologie-Laborant, Biologisch-technischer Assistent, Chemielaborant, Chemisch-technischer Assistent, Chirurgiemechaniker, Diätassistent, Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger, Gesundheits- und Krankenpfleger, Hebamme/ Entbindungspfleger, Ergotherapeut, Logopäde, Masseur und medizinischer Bademeister, Medizinischer Dokumentar, Medizinischer Fachangestellter, Medizinisch-technischer Assistent – Funktionsdiagnostik, Medizinisch-technischer Laboratoriumsassistent, Medizinisch-technischer Radiologieassistent, Motopäde, Pharmazeutisch-technischer Assistent, Operationstechnischer Assistent, Orthopädiemechaniker und Bandagist, Orthopädieschuhmacher, Physikalisch-technischer Assistent, Physiotherapeut und Rettungsassistent.
154
Für die Ableistung eines Jugend-/Bundesfreiwilligendienstes oder freiwilligen Wehrdienstes mit einer Dauer von 9 Monaten wird ein Bonus von 0,1 und für die Dauer von 18 Monaten ein Bonus von 0,2 auf die Durchschnittsnote angerechnet.
155
Für einen ersten bis dritten Preis in einem naturwissenschaftlichen Wettbewerb auf Landes- oder Bundesebene (z.B. „Jugend forscht“) oder einem vergleichbaren europäischen Wettbewerb verbessert sich die Durchschnittsnote um 0,2.
156
Das Ergebnis des TMS-Testes geht folgendermaßen in die Berechnung ein: Gehört das Ergebnis zu den 10% besten Ergebnissen des Jahrgangs, verbessert sich die Durchschnittsnote um 0,5. Liegt das Ergebnis über 10% bis 30% der besten Ergebnisse des Jahrgangs, verbessert sich die Durchschnittsnote um 0,3.
157
Insgesamt ist die Verbesserung der Durchschnittsnote jedoch auf einen maximalen Bonus von 1,0 begrenzt.
158
Die entsprechende Rangplatzbildung wird aufgrund der oben beschriebenen Auswahlkriterien von der Universität selbst vorgenommen.
159
Ein Bewerber mit einer Durchschnittsnote von2,2hätte unter Berücksichtigung dieser maximalen Verbesserung an der Universität Freiburg einen Studienplatz erhalten können.
160
Die UniversitätGießenführt eine Vorauswahl bis zu einer maximalen Durchschnittsnote von 2,3 durch.
161
Die Bewerber werden aufgrund der Durchschnittsnote in Verbindung mit der Gewichtung einzelner Fächer bzw. einer abgeschlossenen Berufsausbildung ausgewählt.
162
94 Prozent der Studienplätze werden nach der Durchschnittsnote und einer Gewichtung der Noten in den Fächern Mathematik, Physik, Chemie und Biologie vergeben. Hierbei werden die Noten aus den Grund- oder Leistungskursen der letzten zwei Schuljahre sowie aus der Abiturprüfung berücksichtigt.
163
Zunächst wird die Durchschnittsnote in eine Punktzahl umgerechnet. Die Note 1,0 entspricht 525 Punkten, die Note 4,0 entspricht 375 Punkten. Der Unterschied je Notenzehntel entspricht 5 Punkten.
164
Zudem werden die jeweiligen Punkte in den Fächern Mathematik, Biologie, Chemie, Physik addiert. Die Punktesummen der einzelnen Fächer werden mit dem Faktor 0,5 multipliziert und zu einer Summe addiert. Für die Bildung der Rangliste werden die jeweils erzielten Punktwerte der zwei Kriterien Durchschnittsnote und Fächernoten zusammen addiert.
165
Die übrigen 6 Prozent der Studienplätze werden an Bewerber vergeben, die zusätzlich eine der folgenden, abgeschlossenen Berufsausbildungen nachweisen können: Krankenpflegeausbildung, Altenpflegeausbildung, Rettungsassistent, Hebamme, Ergotherapeut, Logopäde, Orthoptist, Physiotherapeut, Medizinisch-Technischer Assistent (MTA), Medizinisch-Technischer Radiologieassistent (MTRA), Medizinisch-Technischer Laboratoriumsassistent (MTLA), Medizinisch- technischer Assistent für Funktionsdiagnostik (MTAF), Veterinärmedizinisch-Technischer Assistent (VMTA), Radiologisch-Technischer Assistent (RTA), Biologisch-Technischer Assistent (BTA), Chemisch-Technischer Assistent (CTA), Pharmazeutisch-Technischer Assistent (PTA), Operationstechnischer Assistent (OTA), Biologielaborant, Chemielaborant, Anästhesie-Technischer Assistent, Diätassistent.
166
Die entsprechende Rangplatzbildung wird von der Universität selbst vorgenommen.
167
Durch die Begrenzung der Durchschnittsnote in der Vorauswahl können Bewerber bis zu einer Durchschnittsnote von 2,3 am Auswahlverfahren teilnehmen. Unter dieser Voraussetzung hätte auch bei optimalen Auswahlkriterien maximal eine Durchschnittsnote von2,3zur Zulassung an der Universität Gießen führen können.
168
Die Studienplätze an der UniversitätGöttingenwerden unter den Bewerbern, die diese Universität in erster Ortspräferenz genannt haben, vergeben. Bereits innerhalb der Vorauswahl wird neben der Durchschnittsnote eine abgeschlossene Berufsausbildung in bestimmten medizinnahen Berufen berücksichtigt.
169
Durch eine der folgenden Berufsausbildungen wird die Durchschnittsnote in der Vorauswahl um 0,3 verbessert: Gesundheits- und Krankenpfleger bzw. Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger, Altenpfleger, Hebamme/Entbindungspfleger, Medizinischer Fachangestellter, Medizinisch-technischer Laboratoriumsassistent, Medizinisch-technischer Radiologieassistent, Medizinisch-technischer Assistent für Funktionsdiagnostik, Physiotherapeut, Logopäde, Ergotherapeut, Operations-technischer Assistent, Rettungsassistent.
170
Nach Abschluss der Vorauswahl erfolgt die Ranglistenbildung anhand der Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung und dem Ergebnis von Auswahlgesprächen. Zu den Auswahlgesprächen werden dreimal so viele Bewerber eingeladen, wie Studienplätze zur Verfügung stehen. In die Bewertung fließen zu 51% die Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung und zu 49% die Ergebnisse der Auswahlgespräche ein.
171
Die entsprechende Rangplatzbildung wird aufgrund der oben genannten Auswahlkriterien von der Universität selbst vorgenommen.
172
Bei optimaler Erfüllung der neben der Durchschnittsnote zu berücksichtigenden Auswahlkriterien hätten Bewerber anhand der Angaben, die die Universität zur Verfügung gestellt hat, mit einer Durchschnittsnote von1,9einen Studienplatz an der Universität Göttingen erhalten können.
173
An der UniversitätGreifswaldwerden Bewerber, die die Universität Greifswald in erster Ortspräferenz genannt haben, bis zu einer Durchschnittsnote von 2,5 vorausgewählt.
174
Die Rangliste wird zu zwanzig Prozent nach der Durchschnittsnote und der entsprechenden Belegung (Leistungskurs/Grundkurs) der für den Studiengang relevanten Fächer in der Oberstufe und berufspraktischen Erfahrungen sowie zu achtzig Prozent nach dem Ergebnis von Auswahlgesprächen gebildet.
175
Die entsprechende Rangplatzbildung wird aufgrund der Auswahlkriterien von der Universität selbst vorgenommen.
176
Bei optimaler Erfüllung der neben der Durchschnittsnote zu berücksichtigenden Auswahlkriterien hätten Bewerber mit einer Durchschnittsnote von2,5einen Studienplatz an der Universität Greifswald erhalten können.
177
Die UniversitätHalle-Wittenbergführt anhand der ersten bis dritten Ortspräferenz eine Vorauswahl durch.
178
Der Ranglistenplatz im Auswahlverfahren bestimmt sich nach der Durchschnittsnote in Kombination mit dem TMS-Ergebnis und einer Berufsausbildung.
179
Sofern ein TMS-Ergebnis vorliegt, das besser als die Durchschnittsnote ist, wird eine neue gewichtete Durchschnittsnote gebildet. Hierbei werden die Durchschnittsnote zu 51 % und das TMS-Ergebnis zu 49 % berücksichtigt.
180
Wird eine abgeschlossene Berufsausbildung nachgewiesen, verbessert sich die Durchschnittsnote bzw. bei Vorliegen eines TMS-Ergebnisses die gewichtete Durchschnittsnote zusätzlich um 0,1. Die folgenden Ausbildungsberufe werden berücksichtigt: Altenpfleger, Arzthelfer, Atem-, Sprech- und Stimmlehrer, Augenoptiker (staatl. gepr.), Ergotherapeut, Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger, Gesundheits- und Krankenpfleger, Hebamme/Entbindungspfleger, Logopäde, Medizinisch-technischer Assistent - Funktionsdiagnostik, Medizinisch-technischer Laboratoriumsassistent, Medizinisch-technischer Radiologieassistent, Physiotherapeut und Rettungsassistent.
181
Ein Bewerber mit einer Durchschnittsnote von1,9und einem optimalen TMS-Ergebnis von 1,0 sowie dem Nachweis einer relevanten Berufsausbildung hätte an der Universität Halle-Wittenberg einen Studienplatz erhalten können.
182
An der UniversitätHamburgwerden Bewerber, die die Universität Hamburg in erster Ortspräferenz genannt haben, vorausgewählt.
183
Die Auswahl basiert neben der Durchschnittsnote auf einem von der Universität selbst entwickelten Testverfahren, dem Hamburger Auswahlverfahren für medizinische Studiengänge – Naturwissenschaftsteil (HAM-Nat) und Auswahlgespräche im Rahmen von Interviews (HAM-Int).
184
Zunächst werden aufgrund der Punktsumme aus Durchschnittsnote und HAM-Nat Zulassungen erteilt.
185
Die Universität wählt hierzu 1200 Bewerber nach Durchschnittsnote aus und lädt sie zum HAM-Nat ein. Die Durchschnittsnote wird anhand einer linearen Skala mit 60 Punkten (Note 1,0) bis 0 Punkte (Note 4,0) bewertet. Das Ergebnis des HAM-Nat wird mit bis zu 59 Punkten bewertet.
186
Danach werden aufgrund der aus Durchschnittsnote, HAM-Nat und Auswahlgespräch bestehenden Punktsumme weitere Zulassungen erteilt. Die Universität wählt hierzu unter den oben aufgeführten Teilnehmern des HAM-Nat die 200 rangnächsten Personen aus und lädt sie zum Auswahlgespräch (HAM-Int) ein. Die Durchschnittsnote und das Ergebnis des HAM-Nat werden mit bis zu 60 bzw. 59 Punkten bewertet. Für das Auswahlgespräch werden maximal 59 Punkte vergeben.
187
Die entsprechende Rangplatzbildung wird aufgrund der oben beschriebenen Auswahlkriterien von der Universität selbst vorgenommen.
188
Durch die Begrenzung der Teilnehmeranzahl können Bewerber bis zu einer Durchschnittsnote von 1,9 am HAM-Nat teilnehmen. Bei optimaler Erfüllung der neben der Durchschnittsnote zu berücksichtigenden Auswahlkriterien hätten Bewerber anhand der Angaben, die die Universität zur Verfügung gestellt hat, mit einer Durchschnittsnote von1,9einen Studienplatz an der Universität Hamburg erhalten können.
189
An der UniversitätHannoverwerden innerhalb der ersten Ortspräferenz anhand der Durchschnittsnote dreimal so viel Bewerber vorausgewählt wie Studienplätze vorhanden sind.
190
Das Auswahlverfahren orientiert sich an den Kriterien Durchschnittsnote und Auswahlgespräch. Die entsprechende Rangplatzbildung wird von der Universität selbst vorgenommen.
191
Durch die Begrenzung der Teilnehmeranzahl in der Vorauswahl können Bewerber bis zu einer Durchschnittsnote von 1,6 am Auswahlgespräch teilnehmen. Unter dieser Voraussetzung hätte auch bei einem optimalen Auswahlgespräch maximal eine Durchschnittsnote von1,6zur Zulassung an der Universität Hannover führen können.
192
An der UniversitätHeidelbergwerden Bewerber, die die Universität Heidelberg in erster Ortspräferenz genannt haben, vorausgewählt.
193
Die Rangplatzbildung ergibt sich aus einer Punktzahl. Diese wird aus der Durchschnittsnote in Form der erreichten Abiturpunktzahl, dem TMS-Test, einer abgeschlossenen Berufsausbildung in einem einschlägigen medizinnahen Ausbildungsberuf oder einer einschlägigen Berufstätigkeit, außerschulischen Leistungen sowie der Ableistung freiwilliger Dienste ermittelt.
194
Es werden beispielsweise die folgenden einschlägigen Berufsausbildungen bzw. Berufstätigkeiten berücksichtigt: Krankenpflegeausbildungen, Altenpflegeausbildungen, Rettungsassistent, Hebamme, Ergotherapeut, Logopäde, Orthoptist, Motopäde, Physiotherapeut, Biologielaborant, Chemielaborant, Medizinisch-Technische(r) Assistent/in (MTA), Medizinisch-Technische(r) Radiologieassistent/in (MTRA), Medizinisch-Technische(r) Laboratoriumsassistent/in (MTLA), Medizinisch-Technische(r) Assistent/in für Funktionsdiagnostik (MTAF), Veterinärmedizinisch-Technische(r) Assistent/in (VMTA), Radiologisch-Technische(r) Assistent/in (RTA), Chemisch-Technische(r) Assistent/in (CTA), Biologisch-Technische(r) Assistent/in (BTA), Pharmazeutisch-Technische(r) Assistent/in (PTA), Operationstechnische(r) Assistent/in (OTA) und Anästhesietechnische(r) Assistent/in (ATA).
195
Als außerschulische Leistungen werden z.B. Preise beim Bundeswettbewerb Mathematik bzw. Informatik; Auswahlwettbewerbe zur Internationalen Biologie-Olympiade, Internationalen Chemie-Olympiade, Internationalen Physik-Olympiade; Mathematikolympiade; „Jugend forscht“ (Arbeitswelt, Biologie, Chemie, Geo- und Raumwissenschaft, Mathematik/Informatik/Physik/Technik) anerkannt.
196
Zu den Freiwilligendiensten gehören beispielsweise das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ), der Entwicklungspolitische Freiwilligendienst des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung („weltwärts“) oder der Bundesfreiwilligendienst.
197
Die entsprechende Rangplatzbildung wird aufgrund der oben genannten Auswahlkriterien von der Universität selbst vorgenommen.
198
Bei optimaler Erfüllung der zu berücksichtigenden Auswahlkriterien hätten Bewerber anhand der Angaben, die die Universität zur Verfügung gestellt hat, mit einer Durchschnittsnote von3,8einen Studienplatz an der Universität Heidelberg erhalten können.
199
Die Studienplätze an der UniversitätHeidelberg/Mannheimwerden unter den Bewerbern, die die Universität in erster und zweiter Ortspräferenz genannt haben vergeben.
200
Aus der Durchschnittsnote in Form der erreichten Abiturpunktzahl, dem TMS-Test, einer abgeschlossene Berufsausbildung in einem einschlägigen medizinnahen Ausbildungsberuf bzw. einer einschlägigen Berufstätigkeit, außerschulischen Leistungen und herausragender sportlicher Leistung sowie der Ableistung freiwilliger Dienste wird eine Gesamtpunktzahl ermittelt. Anhand dieser Punktzahl wird die entsprechende Rangplatzbildung vorgenommen.
201
Es werden beispielsweise die folgenden einschlägigen Berufsausbildungen bzw. Berufstätigkeiten berücksichtigt: Krankenpflegeausbildungen, Altenpflegeausbildungen, Arzthelfer/in, Rettungsassistent, Hebamme, Ergotherapeut, Logopäde, Orthoptist, Motopäde, Physiotherapeut, Biologielaborant, Chemielaborant, Medizinische/r Dokumentar/in, Medizinisch-Technische(r) Assistent/in (MTA), Medizinisch-Technische(r) Radiologieassistent/in (MTRA), Medizinisch-Technische(r) Laboratoriumsassistent/in (MTLA), Medizinisch-Technische(r) Assistent/in für Funktionsdiagnostik (MTAF), Veterinärmedizinisch-Technische(r) Assistent/in (VMTA), Radiologisch-Technische(r) Assistent/in (RTA), Chemisch-Technische(r) Assistent/in (CTA), Biologisch-Technische(r) Assistent/in (BTA), Pharmazeutisch-Technische(r) Assistent/in (PTA), Operationstechnische(r) Assistent/in (OTA) und Anästhesietechnische(r) Assistent/in (ATA).
202
Als außerschulische Leistungen werden z.B. Preise beim Bundeswettbewerb Mathematik bzw. Informatik; Auswahlwettbewerbe zur Internationalen Biologie-Olympiade, zur Internationalen Chemie-Olympiade, zur Internationalen Physik-Olympiade; Mathematikolympiade; „Jugend forscht“ (Arbeitswelt, Biologie, Chemie, Geo- und Raumwissenschaft Mathematik/Informatik/ Physik/Technik) und „Jugend musiziert“ anerkannt.
203
Zudem wird als herausragende sportliche Leistung die aktive Mitgliedschaft in der Nationalmannschaft einer olympischen Disziplin boniert.
204
Zu den Freiwilligendiensten gehören beispielsweise das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ), der Entwicklungspolitische Freiwilligendienst des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung („weltwärts“) oder der Bundesfreiwilligendienst.
205
Die entsprechende Rangplatzbildung wird aufgrund der oben genannten Auswahlkriterien von der Universität selbst vorgenommen.
206
Bei optimaler Erfüllung der zu berücksichtigenden Auswahlkriterien hätten Bewerber anhand der Angaben, die die Universität zur Verfügung gestellt hat, mit einer Durchschnittsnote von4,0einen Studienplatz an der Universität Heidelberg/Mannheim erhalten können.
207
Für die UniversitätJenaerfolgt die Vorauswahl sortiert nach Durchschnittsnote unter den Bewerbern, die die Universität in erster und zweiter Ortspräferenz genannt haben. Die Zahl der Teilnehmer ist hierbei auf das Sechsfache der zur Verfügung stehenden Studienplätze beschränkt.
208
Bei der Ranglistenbildung werden neben der Durchschnittsnote in Form der erreichten Gesamtpunktzahl abgeschlossene Berufsausbildungen und bestimmte Einzelnoten der Hochschulzugangsberechtigung zu Grunde gelegt.
209
Die Rangliste bestimmt sich zunächst nach der Gesamtpunktzahl der Durchschnittsnote.
210
Diese Punktzahl kann aufgrund folgender abgeschlossener Berufsausbildungen um je 30 Punkte verbessert werden: Gesundheits- und Krankenpfleger, Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger, Rettungsassistent, Hebamme/Entbindungspfleger, Arzthelfer, Physiotherapeut, Ergotherapeut, Logopäde, Motopäde, Rettungssanitäter, Heilpraktiker, Altenpfleger, Diätassistent, Orthoptist, Medizinisch-technischer Assistent – Funktionsdiagnostik, Medizinischer Fachangestellter, Medizinisch-technischer Assistent – Laboratoriumsdiagnostik, Medizinisch-technischer Assistent – Radiologieassistent, Operationstechnischer Assistent sowie Orthopädiemechaniker und Bandagist.
211
Darüber hinaus können Einzelnoten der Hochschulzugangsberechtigung der letzten vier Halbjahre und die Abiturprüfung in den Fächern Mathematik und Deutsch zu Verbesserungen führen, wobei Unterschiede zwischen Fächern mit erhöhtem Anforderungsniveau und sonstigen Fächern bestehen.
212
Hierzu werden die jeweiligen Punkte in den Fächern Mathematik und Deutsch addiert. Die Summe wird bei Fächern mit erhöhtem Anforderungsniveau bzw. doppelt gewichteten Fächern durch 2,5, bei allen übrigen Fächerarten durch 5,0 geteilt.
213
Für die Bildung der Rangliste werden die jeweils erzielten Punktwerte der Gesamtpunktzahl der Durchschnittsnote, der Berufsausbildungen und der Fächernoten zusammen addiert.
214
Durch die Begrenzung der Bewerberanzahl in der Vorauswahl können Bewerber bis zu einer Durchschnittsnote von 1,5 vorausgewählt werden. Somit hätte bei optimalen Auswahlkriterien maximal eine Durchschnittsnote von1,5zu einer Zulassung an der Universität Jena führen können.
215
Bei der Ranglistenbildung an der UniversitätKielwerden die Durchschnittsnote und bestimmte Einzelnoten der Hochschulzugangsberechtigung zu Grunde gelegt.
216
Die Durchschnittsnote verbessert sich einmalig um einen Bonus von 0,5, wenn für das letzte Jahr oder als Prüfungsfachnote in der Abiturprüfung in einem der Fächer Deutsch, Mathematik, Englisch, Biologie, Chemie, Physik, Latein oder Altgriechisch 15 Punkte nachgewiesen werden und dieses Fach zwei Jahre belegt wird.
217
Aufgrund einer Bonierung der Einzelnoten ergibt sich ein maximaler Gesamtbonus von 0,5. Ein Bewerber mit einer Durchschnittsnote von1,4hätte somit an der Universität Kiel unter Berücksichtigung dieses maximalen Gesamtbonuswertes einen Studienplatz erhalten können.
218
An der UniversitätKölnwird die Rangliste ausschließlich nach der Durchschnittsnote gebildet. Ein Bewerber mit einer Durchschnittsnote von1,2hat einen Studienplatz an der Universität Köln erhalten.
219
Die UniversitätLeipzigführt anhand der ersten Ortspräferenz eine Vorauswahl durch.
220
Das Auswahlverfahren orientiert sich an den Kriterien Durchschnittsnote, TMS-Ergebnis und einer Berufsausbildung.
221
Es werden zwei Ranglisten gebildet. Auf der ersten Rangliste werden die Durchschnittsnote und das TMS-Ergebnis berücksichtigt. Die Durchschnittsnote kann durch das TMS-Ergebnis aufgrund folgender Formel verbessert werden: Durchschnittsnote x 0,60 + TMS-Ergebnis x 0,40.
222
Auf der zweiten Rangliste werden nur Bewerber berücksichtigt, die eine der folgenden Ausbildungsberufe abgeschlossen haben: Altenpfleger, Anästhesietechnischer Assistent, Arzthelfer, Ergotherapeut, Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger (auch Kinderkrankenpfleger/-schwester), Gesundheits- und Krankenpfleger (auch Krankenpfleger/-schwester), Hebamme/Entbindungspfleger, HNO-Audiologieassistent, Logopäde, Medizinischer Fachangestellter, Medizinisch-technischer Assistent für Funktionsdiagnostik, Medizinisch-technischer Laboratoriumsassistent, Medizinisch-technischer Radiologieassistent, Motopäde, Operationstechnischer Angestellter, Operationstechnischer Assistent, Orthoptist, Physiotherapeut, Rettungsassistent oder Zahnmedizinischer Fachangestellter. Die Rangfolge der Bewerber bestimmt sich ausschließlich nach der Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung.
223
Über die erste Rangliste hätten Bewerber mit einer Durchschnittsnote von1,5und dem optimalen TMS-Ergebnis von 1,0 an der Universität Leipzig einen Studienplatz erhalten können. Über die zweite Rangliste hätten Bewerber mit einer Durchschnittsnote von1,7und der entsprechenden Berufsausbildung einen Studienplatz erhalten können.
224
Die Studienplätze an der UniversitätLübeckwerden unter den Bewerbern, die diese Universität in erster Ortspräferenz genannt haben, vergeben.
225
Die Studienplätze werden anhand von Auswahlgesprächen vergeben. Hierbei werden doppelt so viele Bewerber eingeladen, wie Studienplätze zur Verfügung stehen. Für die Einladung zum Auswahlgespräch wird eine Rangliste aus Durchschnittsnote, abgeschlossener Berufsausbildung in einem medizinischen Ausbildungsberuf und dem Ergebnis eines TMS-Testes gebildet.
226
Die Durchschnittsnote wird um 0,4 verbessert, wenn das TMS-Ergebnis mindestens 2,5 beträgt.
227
Darüber hinaus verbessert sich die Durchschnittsnote zusätzlich um 0,4, wenn eine der folgenden abgeschlossenen Berufsausbildungen vorliegt: Altenpfleger, Anästhesie-technischer Assistent, Arzthelfer, Biologielaborant, Biologisch-technischer Assistent, Chemikant, Chemielaborant, Chemisch-technischer Assistent, Chirurgiemechaniker, Ergotherapeut, Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger, Gesundheits- und Krankenpfleger, Hebamme/Entbindungspfleger, Heilpraktiker, HNO-Audiologieassistent, Logopäde, Medizinischer Fachangestellter, Medizinisch-technischer Assistent – Funktionsdiagnostik, Medizinisch-technischer Laboratoriumsassistent, Medizinisch-technischer Radiologieassistent, Operationstechnischer Angestellter, Operationstechnischer Assistent, Orthopädiemechaniker und Bandagist, Pharmakant, Pharmazeutisch-technischer Assistent, Physikalisch-technischer Assistent, Physiklaborant, Physiotherapeut, Rettungsassistent, Sozialassistent, Sozialhelfer, Zahnmedizinischer Fachangestellter, Zahntechniker bzw. Zytologieassistent.
228
Aufgrund einer Bonierung des TMS-Ergebnisses von 0,4 und einer Berufsausbildung von 0,4 ergibt sich ein maximaler Gesamtbonus von 0,8. Unter Berücksichtigung dieses maximalen Gesamtbonuswertes hätte ein Bewerber mit einer Durchschnittsnote von1,9an der Universität Lübeck einen Studienplatz erhalten.
229
Für die UniversitätMagdeburgerfolgt die Vorauswahl sortiert nach Durchschnittsnote unter den Bewerbern, die die Universität in erster Ortspräferenz genannt haben. Zudem ist die Vorauswahl auf 700 Bewerber begrenzt.
230
Bei der Ranglistenbildung wird neben der Durchschnittsnote ein Studierfähigkeitstest berücksichtigt. Als Studierfähigkeitstest wird an der Universität Magdeburg das von der Universität Hamburg entwickelte Testverfahren (HAM-Nat) eingesetzt.
231
Zunächst werden die ersten 25 Plätze in der Rangfolge der Durchschnittsnote vergeben. Die weiteren Rangplätze werden nach der Durchschnittsnote in Verbindung mit dem Ergebnis des HAM-Nat vergeben. Dazu wird die Durchschnittsnote anhand einer linearen Skala in eine Punktzahl von 60 (bei Note 1,0) bis 0 (bei Note 4,0) umgerechnet. Für das Testergebnis des HAM-Nat werden bis zu 59 Punkte vergeben. Die daraus resultierende Rangliste wird nach der Summe der beiden Punktzahlen ermittelt. Höhere Punktzahlen bedeuten einen bessere Rangplatzeinordnung.
232
Aufgrund der oben genannten Auswahlkriterien wird die entsprechende Rangplatzbildung von der Universität selbst vorgenommen.
233
Durch die Begrenzung der Bewerberanzahl im Vorauswahlverfahren können Bewerber bis zu einer Durchschnittsnote von 2,0 am Auswahlverfahren teilnehmen. Somit hätte bei optimalen Auswahlkriterien maximal eine Durchschnittsnote von2,0zu einer Zulassung an der Universität Magdeburg führen können.
234
An der UniversitätMainzerfolgt die Vorauswahl unter den Bewerbern, die diese Universität in erster bis dritter Ortspräferenz genannt haben.
235
Die Rangliste wird aufgrund der Kriterien Durchschnittsnote, TMS-Ergebnis und Berufsausbildung gebildet.
236
Neben der Durchschnittsnote wird ein eventuell vorhandenes TMS-Ergebnis im Verhältnis 51:49 gewichtet. Liegt kein TMS-Ergebnis vor, wird nur die Durchschnittsnote berücksichtigt.
237
Zudem wird für eine abgeschlossene Ausbildung in einem der nachfolgend aufgeführten Fachberufe des öffentlichen Gesundheitswesens ein Bonus von 0,4 auf die Durchschnittsnote bzw., bei Vorliegen eines TMS-Ergebnisses, auf die gewichtete Durchschnittsnote gewährt.
238
Folgende Berufsausbildungen werden boniert: Altenpfleger, Arzthelfer, Diätassistent, Ergotherapeut, Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger, Gesundheits- und Krankenpfleger, Hebamme/Entbindungspfleger, Krankenschwester/-pfleger, Logopäde, Masseur sowie medizinischer Bademeister, Medizinischer Fachangestellter, Medizinisch-technischer Laborassistent, Medizinisch-technischer Radiologieassistent, Medizinisch-technischer Assistent für Funktionsdiagnostik, Operationstechnischer Assistent, Orthoptist, Pharmazeutisch-technischer Assistent, Physiotherapeut, Podologe, Rettungsassistent, Veterinärmedizinisch-technischer Assistent, Zahnarzthelfer, zahnmedizinischer Fachangestellter.
239
Ein Bewerber mit einer Durchschnittsnote von2,1und dem optimalen TMS-Ergebnis von 1,0 sowie einer entsprechenden Berufsausbildung hätte an der Universität Mainz einen Studienplatz erhalten können.
240
An der UniversitätMarburgwird die Rangliste ausschließlich nach der Durchschnittsnote gebildet. Ein Bewerber mit einer Durchschnittsnote von1,4hat einen Studienplatz an der Universität Marburg erhalten.
241
Die Ranglistenbildung an der UniversitätMünchenbasiert auf den Kriterien Durchschnittsnote, TMS-Ergebnis oder Berufsausbildung. Hierbei kann die Durchschnittsnote durch ein TMS-Ergebnis oder durch eine der unten aufgeführten abgeschlossenen Berufsausbildungen verbessert werden.
242
Das Ergebnis des TMS-Tests geht folgendermaßen in die Berechnung ein: Ein TMS-Prozentrangwert ab 90% führt zu einer Verbesserung der Durchschnittsnote um 0,8. Ein Prozentrangwert von 80-89% führt zu einer Verbesserung von 0,6. Ein Prozentrangwert von 70-79% verbessert die Durchschnittsnote um 0,4; ein Prozentrangwert von 60-69% um 0,2.
243
Für folgende Berufsausbildungen wird ein Bonus von 0,3 auf die Durchschnittsnote gewährt: Altenpfleger, Arzthelfer, Anästhesiepfleger, Biologielaborant, Biologisch-technischer Assistent, Biotechnologischer Assistent, Chemielaborant, Chemisch-technischer Assistent, Diätassistent, Ergotherapeut, Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger, Gesundheits- und Krankenpfleger, Gymnastiklehrer, Hebamme/Entbindungspfleger, Heilerziehungspfleger, HNO-Audiologieassistent, Logopäde, Masseur und Medizinischer Bademeister, Medizinischer Dokumentar, Medizinischer Dokumentationsassistent, Medizinlaborant, Medizinisch-technischer Assistent – Funktionsdiagnostik, Medizinisch-technischer Laboratoriumsassistent, Medizinisch-technischer Radiologieassistent, Medizinischer Sektions- und Präparationsassistent, Motopäde, Operations-technischer Angestellter, Operationstechnischer Assistent, Orthoptist, Pharmazeutisch-technischer Assistent, Physikalisch-technischer Assistent, Physiklaborant, Physiotherapeut, Rettungsassistent, Veterinärmedizinisch-technischer Assistent oder Zytologieassistent.
244
Die Durchschnittsnote wird jedoch nur durch eines der beiden Zusatzkriterien verbessert. Sollte sowohl ein TMS- Ergebnis als auch eine Berufsausbildung vorliegen, wird automatisch das günstigere Kriterium berücksichtigt. Kann keines der beiden Zusatzkriterien nachgewiesen werden, ist die Durchschnittsnote das einzige Auswahlkriterium.
245
Aufgrund des optimalen TMS-Ergebnisses ergibt sich ein maximaler Gesamtbonus von 0,8. Unter Berücksichtigung dieses maximalen Bonuswertes hätte ein Bewerber mit einer Durchschnittsnote von2,0an der Universität München einen Studienplatz erhalten können.
246
Für die UniversitätMünstererfolgt die Vorauswahl unter den Bewerbern, die diese Universität in erster Ortspräferenz genannt haben.
247
Die Rangplatzbildung wird anhand der Durchschnittsnote und eines universitätsspezifischen Studierfähigkeitstest von der Universität selbst vorgenommen. Hierzu lädt die Universität anhand der Punktzahl der Hochschulzugangsberechtigung ca. doppelt so viele Bewerber ein, wie Studienplätze zur Verfügung stehen.
248
Ein Bewerber mit einer Durchschnittsnote von1,2und einem optimalen Ergebnis im Studierfähigkeitstest hätte an der Universität Münster einen Studienplatz erhalten.
249
Die Studienplätze an der UniversitätOldenburgwerden unter den Bewerbern, die die Universität in erster Ortspräferenz genannt haben, vergeben. Bereits innerhalb der Vorauswahl werden neben der Durchschnittsnote, das TMS-Ergebnis und eine abgeschlossene Berufsausbildung in bestimmten medizinnahen Berufen berücksichtigt.
250
Durch ein TMS-Ergebnis, das besser als die Durchschnittsnote ist, kann die Durchschnittsnote in der Vorauswahl verbessert werden. In diesem Fall werden die Durchschnittsnote mit 51% und das TMS-Ergebnis mit 49 % gewichtet und auf die erste Nachkommastelle gerundet.
251
Die Durchschnittsnote bzw., bei Vorliegen eines TMS-Ergebnisses, die gewichtete Durchschnittsnote kann ebenfalls in der Vorauswahl durch eine erfolgreich abgeschlossene Berufsausbildung in den nachfolgend aufgeführten medizinnahen Berufen um 0,5 verbessert werden. Die medizinnahen Berufsausbildungen sind: Altenpfleger, Anästhesietechnischer Assistent, Arzthelfer, Atem-, Sprech- und Stimmlehrer, Biologisch-technischer Assistent, Biologielaborant, Biotechnologischer Assistent, Chemielaborant, Chemisch-technischer Assistent, Diätassistent, Ergotherapeut, Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger, Gesundheits- und Krankenpfleger, Hebamme/Entbindungspfleger, Heilerziehungspfleger, HNO-Audiologieassistent, Krankenschwester/-pfleger, Logopäde, Medizinlaborant, Medizinisch-technischer Assistent – Funktionsdiagnostik, Medizinisch-technischer Laboratoriumsassistent, Medizinisch-technischer Radiologieassistent, Medizinischer Fachangestellter, Medizinischer Sektions- und Präparationsassistent, Operationstechnischer Angestellter, Operationstechnischer Assistent (DKG), Orthoptist, Pharmakant, Pharmazeutisch-technischer Assistent, Physikalisch-technischer Assistent, Physiotherapeut, Rettungsassistent und Veterinärmedizinisch-technischer Assistent.
252
Nach Abschluss der Vorauswahl erfolgt die Ranglistenbildung anhand der Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung und des Ergebnisses von Auswahlgesprächen. Zu den Auswahlgesprächen werden dreimal so viele Bewerber eingeladen, wie Studienplätze zur Verfügung stehen. In die Bewertung fließen zu 51% die Durchschnittsnote und zu 49% die Ergebnisse der Auswahlgespräche ein.
253
Die entsprechende Rangplatzbildung wird aufgrund der oben genannten Auswahlkriterien von der Universität selbst vorgenommen.
254
Bei optimaler Erfüllung der neben der Durchschnittsnote zu berücksichtigenden Auswahlkriterien hätten Bewerber anhand der Angaben, die die Universität zur Verfügung gestellt hat, mit einer Durchschnittsnote von2,7einen Studienplatz an der Universität Oldenburg erhalten können.
255
An der UniversitätRegensburgwerden die Bewerber anhand der Durchschnittsnote, einer studienfachbezogenen Berufsausbildung, des TMS-Testergebnisses, Preisen bei bildungsbezogenen Wettbewerben auf nationaler Ebene, eines abgeleisteten Dienstes und herausragender sportlicher Leistungen ausgewählt.
256
Die Berufsausbildungen Gesundheits- und Krankenpfleger, Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger, Medizinischer Fachangestellter, Altenpfleger, Hebamme/Entbindungspfleger, Technischer Assistent in der Medizin (gemäß MTA-Gesetz), Physiotherapeut, Logopäde und Ergotherapeut werden mit 0,1 boniert.
257
Das TMS-Ergebnis verbessert die Durchschnittsnote wie folgt: 0,8 bei einem Prozentrang von 90 und höher; 0,6 bei einem Prozentrang von 80 bis ausschließlich 90; 0,4 bei einem Prozentrang von 70 bis ausschließlich 80; 0,2 bei einem Prozentrang von 60 bis ausschließlich 70; liegt der Prozentrang unter 60 wird kein Bonus gewährt.
258
Für einen Preis in einem bildungsbezogenen Wettbewerb auf nationaler Ebene wird ein Bonus von 0,1 gewährt. Preise im Sinne dieser Regelung sind: Bundeswettbewerb Mathematik, Informatik oder Fremdsprachen, Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“, Auswahlwettbewerbe zur Internat. Biologie-, Chemie-, Informatik-, Mathematik-, Physik-Olympiade und „Jugend forscht“.
259
Darüber hinaus verbessert ein abgeleisteter Dienst die Durchschnittsnote um 0,1. Dienste im Sinne dieser Regelung sind z.B. folgende: Bundesfreiwilligendienst nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz, Jugendfreiwilligendienst nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz (JFDG), insb. Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ), Wehr- oder Ersatzdienst; Entwicklungsdienst nach dem Entwicklungshelfer-Gesetz (EhfG).
260
Für herausragende sportliche Leistungen, die durch die aktuelle Mitgliedschaft in einem auf Bundesebene gebildeten A-, B- oder C-Kader eines Bundesfachverbands des Deutschen Olympischen Sportbunds nachgewiesen werden, wird ein Bonus von 0,1 Punkten gewährt.
261
Der maximale Gesamtbonus von 1,2 setzt sich aus der Bonierung der Berufsausbildung von 0,1, einem optimalen TMS-Ergebnis von 0,8, eines Preises in einem bildungsbezogenen Wettbewerb von 0,1 sowie eines Dienstes von 0,1 und einer Bonierung für herausragende sportliche Leistungen von 0,1 zusammen. Ein Bewerber mit einer Durchschnittsnote von2,2hätte unter Berücksichtigung dieses maximalen Gesamtbonuswertes an der Universität Regensburg einen Studienplatz erhalten können.
262
An der UniversitätRostockwerden Bewerber, die die Universität in erster Ortspräferenz genannt haben, bis zu einer Durchschnittsnote von 2,3 vorausgewählt.
263
Die Rangplatzeinordnung erfolgt aufgrund der Durchschnittsnote, bestimmter Einzelnoten der Hochschulzugangsberechtigung und Auswahlgesprächen.
264
Zunächst wird eine Rangfolge, die sich zu 60 Prozent aus der Durchschnittsnote und zu 40 Prozent aus studienfachbezogenen Kriterien der letzten vier Halbjahre in den Fächern Mathematik, Deutsch, Physik, Chemie und Biologie zusammensetzt, gebildet. Danach werden entsprechend dieser Rangfolge 60 Prozent der Studienplätze direkt vergeben. Die verbleibenden Studienplätze werden durch Auswahlgespräche vergeben.
265
Die entsprechende Rangplatzbildung wird aufgrund der oben genannten Auswahlkriterien von der Universität selbst vorgenommen.
266
Bei optimaler Erfüllung der neben der Durchschnittsnote zu berücksichtigenden Auswahlkriterien hätten Bewerber anhand der Angaben, die die Universität zur Verfügung gestellt hat, mit einer Durchschnittsnote von2,0einen Studienplatz an der Universität Rostock erhalten können.
267
An der Universität desSaarlandeswird die Rangliste ausschließlich nach der Durchschnittsnote gebildet. Ein Bewerber mit einer Durchschnittsnote von1,4hat einen Studienplatz an der Universität des Saarlandes erhalten.
268
Die Studienplätze an der UniversitätTübingenwerden unter den Bewerbern, die die Universität in erster Ortspräferenz bis zu einer Durchschnittsnote von 2,5 genannt haben, vergeben.
269
Die Rangliste wird anhand der Durchschnittsnote, dem Ergebnis des TMS-Testes, einer Berufsausbildung bzw. -tätigkeit, eines Jugend-/Bundesfreiwilligendienstes und der Teilnahme an Wettbewerben gebildet.
270
Die besten 10 Prozent der Teilnehmer am TMS erhalten einen Bonus von 0,6, die folgenden 20 Prozent einen Bonus von 0,4 und für die danach folgenden 20 Prozent gibt es einen Bonus von 0,2 auf die Durchschnittsnote. Liegt das TMS-Ergebnis unter diesen genannten Werten, so wird für den Test kein Bonus gewährt.
271
Zudem kann die Durchschnittsnote für je sechs Monate einer Berufsausbildung/Berufstätigkeit um 0,1 verbessert werden. Zu den relevanten Berufsausbildungen/Berufstätigkeiten zählen z.B. Altenpflegeausbildungen, Arzthelfer, Ergotherapeut, Hebamme/Entbindungspfleger, Krankenpflegeausbildungen, Logopäde, Medizinisch-technische Assistenzberufe (MTA, RTA, CTA, BTA, PTA, OTA), Physiotherapeut, Rettungsassistent, Zahnarzthelfer und Zahntechniker. Hierbei wird jedoch der maximal erreichbare Bonus auf 0,5 begrenzt.
272
Für die Ableistung eines Jugend-/Bundesfreiwilligendienstes von sechs Monaten wird ein Bonus von 0,1 gewährt. Für mindestens 11 Monate der Ableistung kann ein maximaler Bonus von 0,2 berücksichtigt werden.
273
Für den 1. – 3. Preis in einem medizinstudiennahen Bereich auf deutscher Landes- oder Bundesebene (z. B. „Jugend forscht“) oder ein vergleichbarer Wettbewerbserfolg im Inland, der EU oder im europäischen Ausland, der ab der gymnasialen Oberstufe erreicht wurde, wird ein Bonus von 0,4 berücksichtigt.
274
Insgesamt ist die Verbesserung der Durchschnittsnote auf einen maximalen Bonus von 1,1 begrenzt.
275
Die entsprechende Rangplatzbildung wird aufgrund der oben beschriebenen Auswahlkriterien von der Universität selbst vorgenommen.
276
Ein Bewerber hätte mit einer Durchschnittsnote von2,0unter Berücksichtigung des von der Universität auf 1,1 festgelegten maximalen Bonuswertes an der Universität Tübingen einen Studienplatz erhalten können.
277
An der UniversitätUlmwerden Bewerber bis zu einer Durchschnittsnote von 2,5 vorausgewählt.
278
Die Durchschnittsnote, eine Berufsausbildung bzw. -tätigkeit, besondere Leistungen im Rahmen von Vorbildungen, praktischen Tätigkeiten sowie außerschulischen Leistungen und Qualifikationen, die über die Eignung für den Studiengang besonderen Aufschluss geben, und das TMS-Ergebnis bilden die Auswahlkriterien.
279
Zuerst werden 50 Prozent der Studienplätze nach Durchschnittsnote, Berufsausbildung bzw. Berufstätigkeit und den besonderen Leistungen vergeben.
280
Die Auswahlnote wird aus der Durchschnittsnote und einem Bonus von 0,3 für eine medizinische, abgeschlossene Berufsausbildung ermittelt. Hierbei handelt es sich um folgende einschlägige Ausbildungsberufe: Altenpfleger, Anästhesie-technischer Assistent, Arzthelfer, Biologielaborant, Biologisch-technischer Assistent, Biologisch-technologischer Assistent, Chirurgisch-technischer Assistent, Diätassistent, Ergotherapeut; Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger, Gesundheits- und Krankenpfleger, Gesundheits- und Krankenpflegehelfer, Gesundheits- und Krankenpflege-Assistent, Gymnastiklehrer (staatl. geprüft), Hebamme/ Entbindungspfleger, Heilerziehungspfleger, HNO-Audiologieassistent, Logopäde, Masseur und medizinischer Bademeister, Medizinischer Dokumentationsassistent, Medizinischer Dokumentar, Medizinischer Fachangestellter, Medizinisch-technischer Assistent – Funktionsdiagnostik, Medizinisch-technischer Laboratoriumsassistent, Medizinisch-technischer Radiologieassistent, Medizinischer Sektions- und Präparationsassistent, Medizinlaborant, Motopäde, Musiktherapeut, Operationstechnischer Angestellter, Operationstechnischer Assistent, Orthoptist, Pharmazeutisch-technischer Assistent, Physiotherapeut, Podologe, Präparationstechnischer Assistent – Medizin, Rettungsassistent, Sozialassistent – Bereich Pflege, Sozialbetreuer/Sozialpfleger, Veterinärmedizinisch-technischer Assistent und Zytologieassistent.
281
Im Übrigen wird ein Bonus von 0,2 für eine medizinische Berufstätigkeit von mindestens zwei Jahren gewährt. Für eine oder mehrere Vorbildungen, praktische Tätigkeiten und außerschulische Leistungen sowie Qualifikationen, die über die Eignung für diesen Studiengang besonderen Aufschluss geben, wird ein Bonus von 0,1 gewährt.
282
Insgesamt ist die Verbesserung der Durchschnittsnote auf einen maximalen Bonus von 0,3 begrenzt.
283
Die übrigen 50 Prozent der Studienplätze werden nach der Durchschnittsnote und dem Ergebnis des TMS-Testes vergeben. Das TMS-Ergebnis wird hierbei anhand folgender Formel berücksichtigt: Durchschnittsnote x 0,51 + TMS-Ergebnis x 0,49.
284
Die Bewerber werden aufgrund ihrer Kriterien auf zwei Ranglisten geführt. Über die erste Rangliste hätten Bewerber aufgrund der Bonierung beruflicher Qualifikationen von maximal 0,3 mit einer Durchschnittsnote von1,5an der Universität Ulm zugelassen werden können. Über die zweite Rangliste wäre eine Zulassung nur mit einem Nachweis des TMS-Ergebnisses möglich gewesen. Ein Bewerber mit einer Durchschnittsnote von2,1und dem optimalen TMS-Ergebnis von 1,0 hätte an der Universität Ulm einen Studienplatz erhalten können.
285
An der UniversitätWürzburgwird die Rangliste anhand der Durchschnittsnote, einer abgeschlossenen Berufsausbildung in einem einschlägigen Beruf, des TMS-Ergebnisses, eines Bundes-/Landessieges im Wettbewerb „Jugend forscht“ und eines abgeleisteten Dienstes gebildet.
286
Die Durchschnittsnote wird bei einer abgeschlossenen Berufsausbildung als Krankenschwester/-pfleger, Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger, Gesundheits- und Krankenpfleger, Rettungsassistent, Hebamme/Entbindungspfleger, Physiotherapeut, Ergotherapeut, Medizinischer Fachangestellter (früher Arzthelfer), Masseur und medizinischer Bademeister, Medizinisch-technischer Laboratoriumsassistent (MTLA), Medizinisch-technischer Radiologieassistent (MTRA), Medizinisch-Technischer Assistent – Funktionsdiagnostik, Operationstechnischer Assistent, Anästhesietechnischer Assistent um 0,2 verbessert werden.
287
Das TMS-Ergebnis verbessert die Durchschnittsnote wie folgt: 0,6 bei einem Prozentrang von 96 und höher; 0,5 bei einem Prozentrang von 92 bis ausschließlich 96; 0,4 bei einem Prozentrang von 88 bis ausschließlich 92; 0,3 bei einem Prozentrang von 84 bis ausschließlich 88; 0,2 bei einem Prozentrang von 80 bis ausschließlich 84 und 0,1 bei einem Prozentrang von 76 bis ausschließlich 80.
288
Ein auf Bundes- oder Landesebene erreichter 1. bis 3. Platz im Wettbewerb „Jugend forscht“ verbessert die Durchschnittsnote um 0,2.
289
Darüber hinaus verbessert ein abgeleisteter Dienst gem. § 19 Abs. 1 Satz 1 der Hochschulzulassungsverordnung die Durchschnittsnote um 0,1.
290
Insgesamt kann ein maximaler Bonus von 1,0 geltend gemacht werden.
291
Ein Bewerber mit einer Durchschnittsnote von2,2hätte unter Berücksichtigung dieses maximalen Gesamtbonuswertes an der Universität Würzburg einen Studienplatz erhalten können.“
292
In der nachfolgenden Tabelle sind die vorstehenden Informationen über die verschiedenen Auswahlverfahren einschließlich der von der Beklagten ermittelten „theoretisch schwächsten Durchschnittsnote“ noch einmal zusammengefasst. Zudem enthält die Tabelle Angaben über die tatsächliche (ungewichtete) Abiturnote des in dieser Hinsicht jeweils schwächsten Bewerbers in den Vergabeverfahren zum Wintersemester 2011/12, zum Wintersemester 2012/13 und zum Wintersemester 2013/14. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die von der Beklagten übersandten Übersichten verwiesen (Beiakte 2, Antworten zu Fragen c) und d), sowie Beiakte 3).
Die vorstehende Tabelle veranschaulicht noch einmal, dass die Studienbewerber hinsichtlich der Beteiligung an den Auswahlverfahren der Hochschulen von vornherein stark eingeschränkt sind. Abgesehen davon, dass jeder Bewerber sich – wie oben aufgezeigt – ohnehin maximal an sechs der Hochschulen im hochschuleigenen Auswahlverfahren bewerben darf, ist eine Vielzahl von Wahlkombinationen schon dadurch ausgeschlossen, dass knapp zwei Drittel der Hochschulen nur Bewerber an ihrem Auswahlverfahren beteiligen, welche die betreffende Hochschule mit der Ortspräferenz 1 (16 Hochschulen) bzw. 1 oder 2 (drei Hochschulen) bzw. 1, 2 oder 3 (drei Hochschulen) benannt haben.
296
Zu konstatieren ist im Übrigen, wenn man die nicht in die Tabelle aufgenommenen früheren Vergabeergebnisse einbezieht (Beiakte 2, Antwort zu Frage d), sowie Beiakte 3), auch beim „Auswahlverfahren der Hochschulen“ eine kontinuierliche Verschärfung der Anforderungen an die auch in dieser Auswahlhauptquote sehr bedeutsame Abiturnote. So lag etwa die (ungewichtete) Abiturnote des schwächsten erfolgreichen Bewerbers für eine Zulassung an der Charité Universitätsmedizin Berlin im Sommersemester 2008 noch bei 2,0. In den Auswahlverfahren zum Wintersemester 2011/12 und zum Wintersemester 2012/13 war hier eine Durchschnittsnote von 1,3, im Auswahlverfahren zum Wintersemester 2013/14 (nach Änderung der Auswahlkriterien) eine Durchschnittsnote von 1,6 erforderlich. Die Westfälische Wilhelms-Universität Münster hatte im Auswahlverfahren der Hochschulen zum Wintersemester 2001/02 noch Bewerber mit Durchschnittsnoten von bis zu 2,0 zugelassen; zum Wintersemester 2011/12 wurden im Münsteraner Auswahlverfahren ausschließlich Bewerber mit der Durchschnittsnote 1,0 zugelassen (zum Wintersemester 2012/13 bis zur Note 1,2, zum Wintersemester 2013/14 bis zur Note 1,1).
297
Eine Abiturnote von 2,1 oder schwächer führte de facto (bei Erfüllung weiterer besonderer Auswahlkriterien) zum Wintersemester 2011/12 nur noch im Auswahlverfahren der Hochschulen in Greifswald (2,4), Heidelberg (2,3), Heidelberg-Mannheim (2,2), Mainz (2,4) und Rostock (2,1) und damit an fünf von 34 Hochschulen zu einer Zulassung. Jede dieser fünf Hochschulen nahm eine an die Ortspräferenz geknüpfte Vorauswahl vor. Eine Zulassung mit der Durchschnittsnote 2,5 (oder schwächer) war im Auswahlverfahren der Hochschulen zum Wintersemester 2011/12 nicht zu verzeichnen.
298
Zum Wintersemester 2012/13 führte eine schwächere Durchschnittsnote als 2,0 in Freiburg (2,1), Greifswald (2,2), Heidelberg (2,3), Heidelberg-Mannheim (2,3), Magdeburg (2,6), Mainz (2,5) und Oldenburg (2,6), also an sieben von 35 Hochschulen, noch (in Verbindung mit weiteren Kriterien) zu einer Zulassung. Eine schwächere Abiturnote als 2,6 reichte an keiner Hochschule für die Zulassung aus.
299
In den hochschuleigenen Auswahlverfahren zum Wintersemester 2013/14 schließlich hat eine schwächere Durchschnittsnote als 2,0 in Freiburg (2,1), Gießen (2,1), Greifswald (2,3), Heidelberg (2,2), Heidelberg-Mannheim (2,4) und Ulm (2,1) – also an sechs von 35 Hochschulen – noch (in Verbindung mit weiteren Kriterien) zu einer Zulassung geführt. Eine schwächere Abiturnote als 2,4 hat zum Wintersemester 2013/14 an keiner Hochschule für die Zulassung ausgereicht.
300
Die Auswahlgrenzen in den Vergabeverfahren zum Sommersemester haben sich in den letzten Jahren in vergleichbarer Größenordnung bewegt.
301
II. Vorlageerwägungen
302
Die Kammer sieht sich gemäß Art. 100 Abs. 1 GG, § 80 Abs. 1 BVerfGG zur Vorlage an das Bundesverfassungsgericht verpflichtet, weil sie die im Tenor genannten Vorschriften für teilweise verfassungswidrig hält (dazu nachfolgend 1.), eine verfassungskonforme Auslegung nicht möglich ist (dazu nachfolgend 2.) und die Entscheidung über das Klageverfahren von der Gültigkeit dieser Vorschriften abhängt (dazu nachfolgend 3.). Auch die sonstigen prozessualen Voraussetzungen einer Vorlage sind gegeben (dazu nachfolgend 4.). Die Einwände in dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. September 2012 - 1 BvL 13/12 - meint die Kammer ausgeräumt zu haben (dazu nachfolgend 5.).
303
1. Verfassungswidrigkeit der in Rede stehenden Vorschriften
304
Die Vorschriften des Bundes und der Länder, welche die Zulassung zum Medizinstudium regeln, sind nach Auffassung der Kammer mit dem Grundgesetz nicht vereinbar, soweit sie für diesen Studiengang ein Vergabeverfahren vorsehen, bei dem (nach Abzug der Vorabquoten) 80% der Studienplätze allein oder überwiegend nach der Abiturnote (teilweise ohne Bildung von Landesquoten) und 20% der Studienplätze nach – inzwischen häufig mehr als sechsjähriger – Wartezeit (ohne Beschränkung auf Bewerbungssemester) vergeben werden.
305
a) Verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab
306
Bei der Bestimmung des verfassungsrechtlichen Rahmens für die Studienplatzvergabe sind in erster Linie die Grundrechte des Art. 12 Abs. 1 und des Art. 3 GG heranzuziehen. Gemäß Art. 12 Abs. 1 GG haben alle Deutschen das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Art. 3 GG enthält den allgemeinen Gleichheitssatz sowie eine Reihe spezieller Ausprägungen dieses Grundsatzes.
307
aa) Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
308
Vor dem Hintergrund der ihm zukommenden „Aufgabe, das Verfassungsrecht zu bewahren, zu entwickeln und fortzubilden und insbesondere die verschiedenen Funktionen einer Grundrechtsnorm zu erschließen“,
309
BVerfG, Urteil vom 24. September 2003 - 2 BvR 1436/02 -, BVerfGE 108, 282 (295),
310
und angesichts der die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und Behörden erfassenden Bindungswirkung des Tenors und der tragenden Gründe seiner Entscheidungen (§ 31 Abs. 1 BVerfGG) muss die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts den Ausgangspunkt der verfassungsrechtlichen Prüfung darstellen. Die Kerngedanken der Rechtsprechung zum Hochschulzugang, die ihren Ausgangspunkt in der Entscheidung „Numerus clausus I“ von Juli 1972 hat,
311
BVerfG, Urteil vom 18. Juli 1972 - 1 BvL 32/70 u.a. -, BVerfGE 33, 303 ff.; vgl. dazu nur Häberle, Das Bundesverfassungsgericht im Leistungsstaat, DÖV 1972, 729 ff.; von Mutius, Grundrechte als Teilhaberechte – Zu den verfassungsrechtlichen Aspekten des „numerus clausus“, VerwArch. 64 (1973), 183 ff.; Menger, Zu ungelösten Rechtsproblemen des Hochschulzugangs nach der Numerus-clausus-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, VerwArch. 67 (1976), 419 ff.; Salzwedel, Verfassungsrechtiche Fragen des Hochschulzugangs, WissR 1978, Beiheft 6, S. 235 ff.,
312
hat das Bundesverfassungsgericht selbst wie folgt beschrieben:
313
„In materiellrechtlicher Hinsicht folgt schon aus den bisherigen Erwägungen, dass an absolute Zulassungsbeschränkungen strenge Anforderungen zu stellen sind. Nach der sogenannten Stufentheorie des Bundesverfassungsgerichts […] ist die Regelungsbefugnis gemäß Art. 12 Abs. 1 GG um so enger begrenzt, je mehr sie auch die Freiheit der Berufswahl berührt. Da von der Wahl der Ausbildung zugleich die Wahl des späteren Berufes abhängt und da ein auf der Erschöpfung der Ausbildungskapazität beruhender absoluter numerus clausus für eine bestimmte Fachrichtung einer objektiven Zulassungsvoraussetzung im Sinne der Stufentheorie […] gleichkommt, ist eine Anordnung schon nach den zu Art. 12 Abs. 1 GG entwickelten allgemeinen Grundsätzen nur zur Abwehr nachweisbarer oder höchstwahrscheinlicher schwerer Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut und nur unter strikter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zulässig, wobei die bedenklichen Nebenfolgen - Abwanderung in andere Fächer und Übergreifen auf das Ausland - nicht außer acht gelassen werden dürfen. Vom am Gleichheitssatz orientierten Gedanken des Teilhaberechts her gesehen ergeben sich eher noch strengere Anforderungen, da Zulassungsbeschränkungen der in Rede stehenden Art Verteilung von Lebenschancen bedeuten können. Im einzelnen ist ein absoluter numerus clausus für Studienanfänger nach dem Stand der bisherigen Erfahrungen nur verfassungsmäßig, wenn er
314
(1.) in den Grenzen des unbedingt Erforderlichen unter erschöpfender Nutzung der vorhandenen, mit öffentlichen Mitteln geschaffenen Ausbildungskapazitäten angeordnet wird […] und wenn
315
(2.) Auswahl und Verteilung nach sachgerechten Kriterien mit einer Chance für jeden an sich hochschulreifen Bewerber und unter möglichster Berücksichtigung der individuellen Wahl des Ausbildungsortes erfolgen […].“
316
BVerfG, Urteil vom 18. Juli 1972 - 1 BvL 32/70 u.a. -, BVerfGE 33, 303, 337 f. („Numerus clausus I“).
317
In ähnlicher Weise werden auch in der rund fünf Jahre später ergangenen Entscheidung „Numerus clausus II“ die verfassungsrechtlichen Maßstäbe zusammengefasst:
318
„Aus dem in Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) gewährleisteten Recht auf freie Wahl des Berufs und der Ausbildungsstätte in Verbindung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz und dem Sozialstaatsprinzip folgt ein verfassungsmäßig gewährleistetes Recht des die subjektiven Zulassungsvoraussetzungen erfüllenden ("hochschulreifen") Staatsbürgers auf Zulassung zum Hochschulstudium seiner Wahl. Dieses Recht steht unter dem Vorbehalt des Möglichen im Sinne dessen, was der Einzelne vernünftigerweise von der Gesellschaft beanspruchen kann; es ist auf gesetzlicher Grundlage regelbar und – unter der Voraussetzung erschöpfender Nutzung aller Ausbildungskapazitäten, die verfassungsrechtlich vorrangig vor Maßnahmen der Bewerberauswahl ist – einschränkbar. Werden infolge eines Bewerberüberhanges Zulassungsbeschränkungen und eine Auswahl zwischen den Bewerbern unerlässlich, darf bei den notwendigen Regelungen und Entscheidungen nicht außer acht bleiben, dass jede Auswahl zwischen hochschulreifen Bewerbern eine Ungleichbehandlung prinzipiell Gleichberechtigter in der Verteilung von Lebenschancen darstellt und dass sich ein absoluter Numerus Clausus, der zum Ausschluss eines erheblichen Teils hochschulreifer Bewerber vom Studium ihrer Wahl führt, am Rande des verfassungsrechtlich Hinnehmbaren bewegt. Bei Zulassungsbeschränkungen haben sich daher die Verantwortlichen in steter Orientierung am Gerechtigkeitsgedanken um eine auch für die Benachteiligten zumutbare Auswahl nach sachgerechten Kriterien mit einer Chance für jeden Zulassungsberechtigten zu bemühen.“
319
BVerfG, Urteil vom 8. Februar 1977 - 1 BvF 1/76 u.a. -, BVerfGE 43, 291, 313 f. („Numerus clausus II“); zu diesem Urteil auch Hammer/Nagel, Die Öffnung der Hochschulen als Verfassungsproblem, NJW 1977, 1257 ff.
320
In einer Reihe weiterer Entscheidungen, die im Zeitraum zwischen 1974 und 1992 ergangen sind, hat das Bundesverfassungsgericht seine Rechtsprechung weiter ausgeformt, wobei zumeist der Aspekt der erschöpfenden Ausnutzung der Ausbildungskapazität im Vordergrund stand.
321
Beschluss vom 3. April 1974 - 1 BvR 282/73 -, BVerfGE 37, 104 (Bonus/Malus-Regelung), Beschluss vom 7. Mai 1974 - 2 BvL 17/73 -, BVerfGE 37, 191 (Gerichtszuständigkeit), Beschluss vom 9. April 1975 - 1 BvR 344/73 -, BVerfGE 39, 258 (Kapazitätsausnutzung), Beschluss vom 9. April 1975 - 1 BvR 344/74 u.a. -, BVerfGE 39, 276 (Kapazitätsausnutzung/Rechtsschutz), Beschluss vom 6. November 1975 - 1 BvR 358/75 -, BVerfGE 40, 352 (Kapazitätsausnutzung), Urteil vom 7. April 1976 - 2 BvH 1/75 -, BVerfGE 42, 103 (Staatsvertrag), Urteil vom 13. Oktober 1976 - 1 BvR 135/75 -, BVerfGE 43, 34 (Quereinstieg), Urteil vom 13. Oktober 1976 - 1 BvR 92/76 u.a. -, BVerfGE 43, 47 (Altparker), Urteil vom 8. Februar 1977 - 1 BvF 1/76 u.a. -, BVerfGE 43, 291 (Numerus clausus II), Beschluss vom 22. Juni 1977 - 1 BvL 23/75 -, BVerfGE 45, 393 (Parallelstudium), Beschluss vom 3. Juni 1980 - 1 BvR 967/78 -, BVerfGE 54, 173 (Kapazität/Lehrdeputat), Beschluss vom 3. November 1981 - 1 BvR 632/80 u.a.-, BVerfGE 59, 1 (Altwarter), Beschluss vom 21. Oktober 1981 - 1 BvR 802/78 u.a. -, BVerfGE 59, 172 (Teilstudienplatz), Beschluss vom 3. November 1981 - 1 BvR 900/78 -, BVerfGE 62, 117 (Zweitstudium), Beschluss vom 8. Februar 1984 - 1 BvR 580/83 -, BVerfGE 66, 155 (Kapazitätsreduzierung), Beschluss vom 22. Oktober 1991 - 1 BvR 393/85 -, BVerfGE 85, 36 (Kapazitätsberechnung), Beschluss vom 9. März 1992 - 1 BvR 413/85 -, juris (Kapazität/Kontrolldichte).
322
In den letzten zwanzig Jahren hat das Bundesverfassungsgericht sich – soweit ersichtlich – nur noch sporadisch mit Fragen der Hochschulzulassung beschäftigt und dies fast durchweg in Form von Kammer- und Nichtannahmeentscheidungen.
323
Vgl. Kammerbeschluss vom 10. März 1999 - 1 BvL 27/97 -, NVwZ-RR 1999, 481 (Neuordnung Berliner Hochschulmedizin), Nichtannahmebeschluss vom 18. Februar 2002 - 1 BvR 13/02 -, juris (neues Vergabeverfahren I), Kammerbeschluss vom 31. März 2004 - 1 BvR 356/04 -, juris (Kapazität/Eilrechtsschutz), Nichtannahmebeschluss vom 21. Juli 2005 - 1 BvR 584/05 -, juris (Kapazität/Rechtsschutz), Kammerbeschluss vom 6. September 2012 - 1 BvL 13/12 -, NVwZ 2013, 61 ff. (neues Vergabeverfahren II).
324
Eine Ausnahme stellt insoweit allerdings der Senatsbeschluss vom 8. Mai 2013 - 1 BvL 1/08 - dar, in welchem das Bundesverfassungsgericht an die Rechtsprechung in seinen Entscheidungen zum Numerus clausus explizit anknüpft und die zur Überprüfung vorgelegten Normen des Bremischen Studienkontengesetzes an deren Vorgaben misst.
325
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Mai 2013 - 1 BvL 1/08 - (Bremisches Studienkontengesetz), NJW 2013, 2498 ff.
326
Nach der in den zitierten Entscheidungen entwickelten Rechtsprechung folgt aus Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip ein Teilhaberecht des die subjektiven Voraussetzungen erfüllenden Bewerbers auf Zulassung zum Hochschulstudium seiner Wahl. Ein absoluter Numerus clausus für Studienanfänger ist als gravierender Eingriff in die Berufs- und Ausbildungsfreiheit zu werten. Verfassungsmäßig ist er nur, wenn er in den Grenzen des unbedingt Erforderlichen unter erschöpfender Nutzung der vorhandenen, mit öffentlichen Mitteln geschaffenen Ausbildungskapazitäten angeordnet wird und wenn Auswahl und Verteilung nach sachgerechten Kriterien mit einer Chance für jeden an sich hochschulreifen Bewerber erfolgen. Bei der gebotenen Strukturierung dieser Grundrechtswirkungen lassen sich drei Fragenkreise unterscheiden:
327
(1) Ob und inwieweit das Grundrecht Züge eines „originären“ bzw. „absoluten“ Teilhaberechts trägt und dem Bewerber damit etwa auch einen Anspruch auf Ausbau oder Erhaltung von Studienplatzkapazitäten verschafft, wird seit der Entscheidung „Numerus clausus I“, in welcher eine solche Komponente erwogen worden ist, kontrovers diskutiert. Weitgehende Einigkeit besteht indessen darüber, dass ein entsprechender Anspruch allenfalls bei evidenter Verletzung des (möglicherweise gegebenen) Verfassungsauftrags zur Schaffung und Erhaltung ausreichender Studienplatzkapazitäten bestehen könnte, worauf auch das Bundesverfassungsgericht selbst in einer späteren Entscheidung noch einmal hingewiesen hat.
328
BVerfG, Beschluss vom 10. März 1999 - 1 BvL 27/97 -, NVwZ-RR 1999, 481; vgl. zur Diskussion nur Kämmerer, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), GG, Kommentar, 6. Aufl. 2012, Art. 12 Rdnr. 36 f., 39; Scholz, in: Maunz/Dürig/Herzog/ Scholz, GG, Kommentar, Stand 5/2013, Art. 12 Rdnr. 71, 443 ff.; Wieland, in: Dreier (Hrsg.), GG, Kommentar, 3. Aufl. 2013, Art. 12 Rdnr. 167 f.; Breuer, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HdbStR, Bd. VIII, 3. Aufl. 2010, § 170 Rdnr. 105 ff.; Jarass, in Merten/Papier (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd. II, 2006, § 38 Rdnr. 26; Deutsch, in: Erbguth u.a. (Hrsg.), Planung, Festschrift für W. Hoppe, 2000, S. 813 ff.; Sturm, Studienplatzabbau an staatlichen Hochschulen, Zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Schließung von Studiengängen, Fakultäten und Hochschulen sowie an die Verminderung von Ausbildungskapazität in Nc-Fächern, 2012, passim; siehe auch BVerwG, Urteil vom 29. April 2009 - 6 C 16.08 -, BVerwGE 134, 1 (8): kein Anspruch auf Kostenfreiheit.
329
Eine solche evidente Verletzung ist derzeit – nicht zuletzt wegen der gerade bei der Schaffung von Medizinstudienplätzen anfallenden erheblichen Kosten – weder für die Kammer ersichtlich, noch wird sie von dem Kläger ernsthaft reklamiert. Der Frage eines etwaigen verfassungskräftigen Auftrags zur Schaffung weiterer Studienplätze ist daher hier nicht weiter nachzugehen.
330
(2) Ebenfalls ohne Bedeutung für das vorliegende Verfahren ist das aus dem Grundrecht folgende Gebot erschöpfender Kapazitätsausnutzung.
331
Vgl. zum Kapazitätsrecht nur (aus jüngerer Zeit) BVerwG, Urteil vom 23. März 2011 - 6 CN 3.10 -, BVerwGE 139, 210; VerfGH Berlin, Urteil vom 15. Januar 2014 - 109/13 -, DVBl. 2014, 375 ff.; Brehm/Zimmerling, Hochschulkapazitätsrecht, 2011/ 2013; dies., Die Entwicklung des Hochschulzulassungsrechts seit 1996, NVwZ 2008, 1303 ff.; dies., Rechtsstaatliche Aspekte des Kapazitätsprozesses, DÖV 2009, 239 ff.; Schemmer, Überbuchung und Schaffung weiterer Studienplatzkapazitäten, DVBl. 2011, 1338 ff.; Maier, Zur überobligatorischen Vergabe von Studienplätzen durch staatliche Hochschulen, DVBl. 2012, 615 ff.; Winter, Studienplatzvergabe und Kapazitätsermittlung, WissR 2013, 241 ff.; kritisch zum Kapazitätserschöpfungsgebot Steinberg/Müller, Art.12 GG, Numerus Clausus und die neue Hochschule, NVwZ 2006, 1113 ff.; Ackermann, Das heutige Kapazitätsrecht – Bremse der Weiterentwicklung der Hochschulen?, RdJB 2007, 354 ff.
332
Denn das vorliegende Klageverfahren ist auf eine Zulassung innerhalb der festgesetzten Kapazität gerichtet. Die mangelhafte Ausschöpfung der Kapazität kann in einem Verfahren gegen die Beklagte im Übrigen auch nicht gerügt werden, weil diese an die von der Hochschule und der Kultusverwaltung des jeweiligen Bundeslandes festgesetzte Zulassungszahl gebunden ist.
333
(3) Neben den vorgenannten Aspekten der Schaffung und Erhaltung sowie der vollständigen Ausnutzung von Studienplatzkapazitäten nimmt das Bundesverfassungsgericht einen Anspruch auf gleichberechtigte Teilhabe an den staatlich geschaffenen Ausbildungskapazitäten an. Auch diesem „derivativen“ bzw. „relativen“ Teilhaberecht kommt insbesondere dann Bedeutung zu, wenn wegen eines Bewerberüberhangs nicht alle Interessenten einen Studienplatz erhalten können, so dass sich ein „absoluter Numerus clausus“ ergibt. In diesem Fall können zwar naturgemäß nicht alle Bewerber ihre Zulassung erzwingen. Jeder Bewerber, der die Zulassungsvoraussetzungen erfüllt, hat aber das Recht auf eine zumutbare Auswahl nach sachgerechten Kriterien mit einer Chance für jeden Zulassungsberechtigten.
334
So BVerfG, Urteile vom 18. Juli 1972 - 1 BvL 32/70 u.a. -, BVerfGE 33, 303 (338), vom 8. Februar 1977 - 1 BvF 1/76 u.a. -, BVerfGE 43, 291 (314), und vom 3. November 1981 - 1 BvR 632/80 u.a. -, BVerfGE 59, 1 (31).
335
Allein dieses derivative Teilhaberecht auf sachgerechte Auswahl innerhalb der vorhandenen Studienplatzkapazität ist für das vorliegende Verfahren von Bedeutung. Ihm wird daher im nachfolgenden Abschnitt (unter bb) näher nachzugehen sein.
336
(4) Dass die vorstehend skizzierten Grundsätze der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung auch heute noch Ausgangspunkt der verfassungsrechtlichen Prüfung sind, ist nach Einschätzung der Kammer praktisch einhellige Meinung, und zwar sowohl in der fachgerichtlichen Rechtsprechung,
337
vgl. nur (aus jüngerer Zeit) BVerwG, Urteile vom 29. April 2009 - 6 C 16.08 -, BVerwGE 134, 1 (7 f.), und vom 23. März 2011 - 6 CN 3.10 -, BVerwGE 139, 210 (220 ff.); BayVerfGH, Entscheidung vom 4. Mai 2007 - Vf.9-VII-06 -, juris (Rn. 64 ff.); VerfGH Berlin, Beschluss vom 20. Dezember 2011 - 28/11 u.a. -, DVBl. 2012, 235 ff., und Urteil vom 15. Januar 2014 - 109/13 -, DVBl. 2014, 375 (376); BayVGH, Beschlüsse vom 21. September 2011 - 7 CE 11.10660 -, juris, und vom 2. Februar 2012 - 7 CE 11.3019 -, juris; VGH Baden-Württ., Beschluss vom 12. Juni 2009 - NC 9 S 1329/09 -, NVwZ-RR 2009, 884 f.; OVG NRW, Beschlüsse vom 8. November 2011 - 13 B 1212/11 -, NJW 2012, 1096 ff., und vom 1. Februar 2012 - 13 A 2214/11 -, juris; OVG Saarl., Beschluss vom 18. September 2009 - 2 B 431/09 -, juris, und Urteil vom 2. Februar 2012 - 2 C 300/11 -, juris; VG Saarlouis, Beschluss vom 11. November 2013 - 1 L 1867/13 -, juris,
338
als auch in der Kommentar- und sonstigen Literatur,
339
vgl. etwa Scholz, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Kommentar, Stand: 5/2013, Art. 12 Rdnr. 453 ff.; Kämmerer, in: v. Münch/Kunig, GG, Kommentar, 6. Aufl. 2012, Art. 12 Rdnr. 36 f.; Mann, in: Sachs (Hrsg.), GG, Kommentar, 6. Aufl. 2011, Rdnr. 160 ff.; Wieland, in: Dreier (Hrsg.), GG, Kommentar, 3. Aufl. 2013, Art. 12 Rdnr. 162 f.; Hömig, in: ders. (Hrsg.): GG, Kommentar, 10. Aufl. 2013, Art. 12 Rdnr. 21; Nolte, in: Stern/Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2010, Art. 12 Rdnr. 68 ff.; Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein (Hrsg.), GG, Kommentar, 12. Aufl. 2011, Art. 12 Rdnr. 35; Breuer, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HdbStR, Bd. VIII, 3. Aufl. 2010, § 170 Rdnr. 105 ff.; Schneider, in: Merten/Papier (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd. V, 2013, § 113 Rdnr. 125; Reich, HRG, Kommentar, 11. Aufl. 2012, § 27 Rdnr. 1 und § 32 Rdnr. 10 ff.; Lindner, in: Hartmer/Detmer (Hrsg.), Hochschulrecht, 2. Aufl. 2010, Kap. XI Rdnr. 105 (einschl. Fußn. 209), 111; Bahro/Berlin, Das Hochschulzulassungsrecht in der BRD, 4. Aufl. 2003, Einl. S. 32, 37 ff. und Art. 14 StV Rdnr. 1; Pautsch/Dillenburger, Kompendium zum Hochschul- und Wissenschaftsrecht, 2011, Rdnr. 81 ff.; Möller, Rahmenbedingungen der Hochschulzulassung, Verfassungs- und europarechtliche Vorgaben für die Einführung weiterer Zulassungskriterien im Hochschulzulassungsrecht, 2001, S. 89 ff.; Wollenschläger, Verteilungsverfahren, Die staatliche Verteilung knapper Güter: verfassungs- und unionsrechtlicher Rahmen, Verfahren im Fachrecht, bereichsspezifische verwaltungsrechtliche Typen- und Systembildung, 2010, S. 334 ff.; Sturm, Studienplatzabbau an staatlichen Hochschulen, 2012, S. 186 ff., 235 ff.; Forsthoff, Die Auswahl bei der Hochschulzulassung, DÖV 1984, 331; Hauck, Neues Recht zur Studienplatzvergabe, NVwZ 1986, 348 ff.; Hauck-Scholz/Brauhardt, Verfassungsrechtliche Aspekte des neuen Studienplatzvergaberechts, WissR 2008, 307 ff.; Winter, Studienplatzvergabe und Kapazitätsermittlung, WissR 2013, 241 ff.; im Ansatz wohl auch Hailbronner, Verfassungsrechtliche Fragen des Hochschulzugangs, WissR 1996, 1 ff.; ders., Hochschulzugang, zentrale Studienplatzvergabe und Hochschulauswahlverfahren, WissR 2002, 209 ff.
340
Auch das Bundesverfassungsgericht selbst hat im Übrigen noch in den oben zitierten Beschlüssen vom 18. Februar 2002 (1 BvR 13/02), vom 21. Juli 2005 (1 BvR 584/05) und vom 6. September 2012 (1 BvL 13/12) auf seine ständige Rechtsprechung zum Numerus clausus Bezug genommen. Dem erstgenannten Beschluss lag bereits ein Verfahren zugrunde, in dem die Verfassungswidrigkeit des neuen Auswahlsystems, bei dem ein Teil der Studienplätze von den Hochschulen vergeben wird und insbesondere die Wartezeitquote entsprechend verringert ist, geltend gemacht worden war. Das Bundesverfassungsgericht nahm die Verfassungsbeschwerde wegen fehlender Erschöpfung des Rechtswegs nicht zur Entscheidung an und führte aus:
341
„Es muss daher im Hauptsacheverfahren vorab geklärt werden, ob die […] festgelegte Wartezeitquote von 25 vom Hundert als zu gering anzusehen ist. Hierbei werden die Verwaltungsgerichte die bekannten verfassungsrechtlichen Vorgaben (vgl. BVerfGE 33, 303; 43, 291; 59, 1) zu beachten haben.“
342
In dem Beschluss vom 6. September 2012 (1 BvL 13/12) schließlich erklärt das Bundesverfassungsgericht erneut, es sei
343
„im Anschluss an die einschlägige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts [davon auszugehen], dass die Bewerberauswahl nach objektiv sachgerechten und individuell zumutbaren Kriterien (BVerfGE 33, 303, 338; 43, 291, 316 f.) zu erfolgen [habe], weil es sich hierbei um eine objektive Zulassungsschranke bei der Ausbildungs- und Berufswahl im Sinne von Art. 12 Abs. 1 GG [handele]“.
344
bb) Das Recht des Bewerbers auf sachgerechte Auswahl
345
Die für den vorliegenden Fall maßgebliche verfassungskräftige Forderung, dass die Verteilung der Studienplätze nach „objektiv sachgerechten und individuell zumutbaren“ Kriterien erfolgen muss, folgt – wie bereits mehrfach angesprochen – vor allem aus dem Zusammenwirken des Freiheitsrechts des Art. 12 Abs. 1 GG und des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG.
346
(1) Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistet das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts,
347
grundlegend BVerfG, Urteil vom 11. Juni 1958 - 1 BvR 596/56 -, BVerfGE 7, 377 (402),
348
enthält die Bestimmung ein einheitliches Grundrecht der Berufsfreiheit, von dem sich das Recht auf freie Wahl der Ausbildungsstätte unterscheiden lässt. Ausbildungsstätte in diesem Sinne ist eine Einrichtung, die ein Bewerber besucht haben muss, um nach Ablegung der nur über diese Einrichtung erreichbaren Prüfungen Berufe ergreifen oder öffentliche Ämter bekleiden zu können, welche die durch die Prüfungen erlangte Qualifikation voraussetzen,
349
vgl. BVerwG, Urteil vom 23. September 1992 - 6 C 2.91 -, BVerwGE 59, 24 (32), mit weiteren Nachweisen,
350
und somit (in Bezug auf den Beruf des Arztes) auch die Hochschule. Die Grundrechtswirkungen erschöpfen sich (auch) bei dem Grundrecht der Berufs- und Ausbildungsfreiheit nicht auf die Dimension eines Abwehrrechts gegen staatliche Eingriffe. Denn die freie Wahl der Ausbildungsstätte zielt ihrer Natur nach auf freien Zugang zu den entsprechenden Einrichtungen. Das Freiheitsrecht wäre ohne die tatsächliche Möglichkeit, es in Anspruch nehmen zu können, wertlos. Deshalb ergibt sich, wenn der Staat Ausbildungseinrichtungen schafft, jedenfalls dann ein Recht auf Zugang zu diesen Einrichtungen, wenn der Staat ein rechtliches oder faktisches Ausbildungsmonopol für sich in Anspruch nimmt und die Beteiligung an staatlichen Leistungen daher Voraussetzung für die Grundrechtsverwirklichung ist.
351
Vgl. BVerfG, Urteil vom 18. Juli 1972 - 1 BvL 32/70 u.a. -, BVerfGE 33, 303 (329 ff.); Hömig, in: ders., Grundgesetz, Kommentar, 10. Aufl. 2013, Art. 12 Rdnr. 10; Gaier, Verfassungsrecht – Fesseln und Freiheiten für das (Kartell-) Vergaberecht, NZBau 2008, 289 (291); Wollenschläger, Verteilungsverfahren, 2010, S. 46 ff. und 354 mit weiteren Nachweisen; siehe auch – in anderem Kontext – BVerfG, Beschlüsse vom 1. Juli 2002 - 1 BvR 152/02 -, NJW 2002, 3090 (Vergabe von Notarstellen), vom 15. August 2002 - 1 BvR 1790/00 -, NJW 2002, 3691 (Teilhabeanspruch des Marktbeschickers), und vom 3. August 2004 - 1 BvR 135/00 u.a. -, NJW 2004, 2725 (Insolvenzverwalterbestellung).
352
Folgt somit aus Art. 12 Abs. 1 GG nicht nur ein Abwehranspruch gegen staatliche Eingriffe sondern auch ein Anspruch auf Teilhabe an staatlich geschaffenen Ausbildungskapazitäten, so stellt sich die zahlenmäßige Begrenzung der Studienplätze, also der Numerus clausus, als Grundrechtseingriff dar. Bei der Prüfung der Rechtfertigung dieses Eingriffs ist die in ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts angewandte „Stufenlehre“ heranzuziehen. Demnach sind die Anforderungen an die Rechtfertigung eines Eingriffs in Art. 12 Abs. 1 GG, namentlich an seine Verhältnismäßigkeit, desto strikter, je mehr er die Berufswahl im Gegensatz zur bloßen Berufsausübung betrifft. Die strengsten Voraussetzungen für einen Grundrechtseingriff bestehen im Falle einer „objektiven Berufszugangsschranke“, also bei Berufszugangsbedingungen, die mit der persönlichen Qualifikation des Berufs- bzw. Ausbildungsanwärters nichts zu tun haben und von diesem nicht beeinflusst werden können. Derartige Einschränkungen sind nur dann mit dem Verfassungsrecht zu vereinbaren, wenn sie zur Abwehr nachweisbarer und höchstwahrscheinlicher Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut erforderlich sind.
353
Vgl. BVerfG, Urteil vom 11. Juni 1958 - 1 BvR 596/56 -, BVerfGE 7, 377 (406); aus neuerer Zeit etwa Beschlüsse vom 4. Februar 2010 - 1 BvR 2918/09 -, NVwZ-RR 2011, 385, und vom 8. Juni 2010 - 1 BvR 2011/07 -, BVerfGE 126, 112 (140 ff.), mit weiteren Nachweisen.
354
Gemessen an diesen Maßstäben stellt zunächst der Numerus clausus selbst, also die Beschränkung der Studienplatzzahl, einen gravierenden Grundrechtseingriff dar. Denn der Zugang zur Ausbildungsstätte und damit auch zu dem durch die Approbationsordnung an den erfolgreichen Abschluss eines Medizinstudiums gebundenen Beruf des Arztes wird von vornherein auf einen Teil der Bewerber eingegrenzt, ohne dass die vom Studium ausgeschlossenen Bewerber, die ebenfalls über die allgemeine Hochschulreife verfügen, also nach ihrer individuellen Qualifikation grundsätzlich für das Studium in Betracht kommen, daran etwas ändern könnten. Die Kapazitätsknappheit und die daraus folgende Begrenzung der Studierendenzahl beruht auf Umständen, die nicht im Risiko- und Einflussbereich des einzelnen Bewerbers liegen. Obwohl es sich somit um einen Grundrechtseingriff in der besonders gravierenden Form einer „objektiven Zulassungsschranke“ handelt, wird die Verfassungsmäßigkeit des Numerus clausus selbst praktisch nicht (mehr) bestritten. Denn die Beschränkung der Studierendenzahl ist zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit von Forschung und Lehre – mittelbar also zur Gewährleistung eines hohen Niveaus in der medizinischen Forschung und in der ärztlichen Versorgung – und damit zur Wahrung überragend wichtiger Gemeinschaftsgüter unerlässlich.
355
Neben der Begrenzung der Studienplatzzahl selbst bedarf allerdings auch die Verteilung der vorhandenen Studienplätze der Rechtfertigung vor Art. 12 Abs. 1 GG. Denn wenn jeder („hochschulreife“) Bewerber einen grundrechtlichen Anspruch auf Zugang zum Hochschulstudium hat, so stellen sich die im Verteilungsverfahren angewandten Auswahlkriterien aus Sicht des einzelnen Bewerbers als Anspruchsgrenzen dar; die Ablehnungsentscheidung der für die Vergabe der Studienplätze zuständigen Stelle bedeutet für ihn eine Versagung des Teilhabeanspruchs.
356
Vgl. Wollenschläger, Verteilungsverfahren, 2010, S. 74 f.; Burgi, Die Bedeutung der Freiheitsgrundrechte für staatliche Verteilungsentscheidungen, WiVerw 2007, 173 (176 f.).
357
Auch die bei der Hochschulzulassung angewandten Auswahlkriterien müssen sich daher – insbesondere im Hinblick auf ihre Verhältnismäßigkeit – an dem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG messen lassen. Soweit das in Rede stehende Kriterium eine unabhängig vom Bewerberfeld wirksame, also absolute Mindestvoraussetzung für die Auswahl statuiert, wie etwa bei der Vorgabe einer bestimmten Mindestabiturnote im Auswahlverfahren der Hochschulen (z. B. Universität Frankfurt/Main: Vorauswahl bis zur Abiturnote 2,0), ließe sich dieses Kriterium allein an Art. 12 Abs. 1 GG messen. Da es sich bei der Vergabeentscheidung indes vor allem um eine Auswahl zwischen mehreren mit der Hochschulreife versehenen, also grundsätzlich zum Studium berechtigten und qualifizierten Bewerbern handelt, so dass die Auswahlkriterien im Wesentlichen eine relative Ausschlusswirkung erzeugen, entfaltet Art. 12 Abs. 1 GG seine Wirkung bei der Prüfung des Auswahlverfahrens im Zusammenwirken mit den Gleichheitssätzen des Art. 3 GG.
358
(2) Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können. Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Anforderungen an den die Ungleichbehandlung tragenden Sachgrund ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten, auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können. Dabei ergeben sich aus dem Gleichheitssatz umso engere Grenzen für den Gesetzgeber, je stärker sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann. Zudem verschärfen sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen, je weniger die Betroffenen in der Lage sind, durch ihr Verhalten die Verwirklichung der Kriterien zu beeinflussen, nach denen unterschieden wird.
359
Vgl. BVerfG, Urteil vom 19. Februar 2013 - 1 BvL 1/11, 1 BvR 3247/09 -, NJW 2013, 847 (851 f.); Beschlüsse vom 15. Januar 2014 - 1 BvR 1656/09 -, juris, vom 7. Mai 2013 - 2 BvR 909/06 u. a. -, NJW 2013, 2257, vom 8. Mai 2013 - 1 BvL 1/08 -, NJW 2013, 2498, vom 7. Februar 2012 - 1 BvL 14/07 -, BVerfGE 130, 240 (254), vom 21. Juni 2011 - 1 BvR 2035/07 -, BVerfGE 129, 49 (68 f.), und vom 21. Juli 2010 - 1 BvR 611/07 u.a. -, BVerfGE 126, 400 (416 ff.), jeweils mit weiteren Nachweisen; zusammenfassend jetzt Britz, Der allgemeine Gleichheitssatz in der Rechtsprechung des BVerfG, NJW 2014, 246 ff.
360
Der allgemeine Gleichheitssatz bindet die öffentliche Hand auch bei der Festlegung von Verteilungskriterien und -verfahren und verleiht dem Einzelnen einen Anspruch auf chancengleiche Berücksichtigung bei der Verteilungsentscheidung. Es handelt sich insoweit nicht um eine Besonderheit der Studienplatzvergabe. Wann immer der Staat begrenzte Ressourcen zu vergeben hat und nur einen Teil der Interessenten zu befriedigen vermag, ist von Verfassung wegen eine Differenzierung nach angemessenen sachlichen Kriterien mit einer fairen Chance für jeden Bewerber erforderlich. Beispiele für derartige Entscheidungen sind die Vergabe von Konzessionen (etwa im Personenbeförderungsrecht), die Vergabe von Frequenzen im Rundfunk- und Telekommunikationsrecht, die Zulassung zu öffentlichen Einrichtungen (etwa zu einer kommunalen Stadthalle, zu einer Messe oder zu einem Jahrmarkt) und die Vergabe öffentlicher Aufträge oder Ämter.
361
Vgl. etwa BVerfG, Beschlüsse vom 23. Mai 2006 - 1 BvR 2530/04 -, BVerGE 116, 1 ff. (Auswahl des Insolvenzverwalters), vom 13. Juni 2006 - 1 BvR 1160/03 -, BVerfGE 116, 135 ff. (Vergabe öffentlicher Aufträge), und vom 11. Oktober 2010 - 1 BvR 1425/10 -, NVwZ 2011, 113 (Linienverkehrsgenehmigung); zu den beiden ersten Entscheidungen auch Gaier, Verfassungsrecht – Fesseln und Freiheiten für das (Kartell-) Vergaberecht, NZBau 2008, 289 ff.; zum Gesamtkomplex Wollenschläger, Verteilungsverfahren, 2010; Malaviya, Verteilungsentscheidungen und Verteilungsverfahren, Zur staatlichen Güterverteilung in Konkurrenzsituationen, 2009; Burgi, Die künftige Bedeutung der Freiheitsgrundrechte für staatliche Verteilungsentscheidungen, WiVerw 2007, 173 ff.
362
Auch für den Anspruch des Studienbewerbers auf eine „zumutbare Auswahl nach sachgerechten Kriterien mit einer Chance für jeden Hochschulzugangsberechtigten“ ist vor diesem Hintergrund allgemein anerkannt, dass er vor allem aus dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG erwächst und durch diesen geprägt wird.
363
Vgl. etwa VGH Baden-Württ., Beschluss vom 24. Januar 2012 - 9 S 3310/11 -, juris; Wieland, in: Dreier (Hrsg.), GG, Kommentar, 3. Aufl. 2013, Art. 12 Rdnr. 163; Ruffert, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), GG, Kommentar, 2009, Art. 12 Rdnr. 25; Scholz, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Kommentar, Stand: 5/2013, Art. 12 Rdnr. 156; Murswiek, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HdbStR, Bd. IX, 3. Aufl. 2011, § 192 Rdnr. 85; Manssen, in: v. Mangold/Klein/Stark, GG, Kommentar, 5. Aufl. 2005, Art. 12 I Rdnr. 18; Sturm, Studienplatzabbau an staatlichen Hochschulen, 2012, S. 211; Möller, Rahmenbedingungen der Hochschulzulassung, 2001, S. 91 ff., 131 ff.; Ossenbühl, Die Interpretation der Grundrechte in der Rechtsprechung des BVerfG, NJW 1976, 2100 (2104); Salzwedel, Verfassungsrechtliche Fragen des Hochschulzugangs, WissR 1978, Beiheft 6, S. 235 (242); Wollenschläger, Verteilungsverfahren, 2010, S. 72 ff., 354 ff.; siehe auch Malaviya, Verteilungsentscheidungen und Verteilungsverfahren, 2009, S. 217 ff.
364
Soweit es in dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. September 2012 - 1 BvL 13/12 - (unter Punkt II. 2. B)) heißt, „die Bewerberauswahl [habe] nach objektiv sachgerechten und individuell zumutbaren Kriterien (BVerfGE 33, 303, 338; 43, 291, 316 f.) zu erfolgen, weil es sich hierbei um eine objektive Zulassungsschranke bei der Ausbildungs- und Berufswahl im Sinne von Art. 12 Abs. 1 GG [handele]“, dürfte darin keine Abkehr von der auf die Kombination von Freiheitsrecht und Gleichheitssatz gestützten Numerus-clausus-Rechtsprechung zu erblicken sein, da der Beschluss im Übrigen durchgehend auf diese Rechtsprechung rekurriert. In seinem Beschluss vom 8. Mai 2013 - 1 BvL 1/08 - betreffend das Bremische Studienkontengesetz legt der Erste Senat seiner Prüfung denn auch ausdrücklich den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zugrunde und betont, vorliegend ergebe sich ein strengerer Rechtfertigungsmaßstab aus dem Teilhaberecht des Art. 12 Abs. 1 GG für den besonderen Sachbereich des Hochschulzugangs (Randnummer 56 f. der Entscheidung).
365
In der Literatur klingt zum Teil an, dass es in Bezug auf die Auswahl der Bewerber einer Heranziehung des Freiheitsrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG gar nicht bedürfe, weil sich die verfassungsrechtlichen Determinanten insoweit allein aus dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ergäben.
366
So z. B. Murswiek, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HdbStR, Bd. IX, 3. Aufl. 2011, § 192 Rdnr. 85.
367
Vor dem Hintergrund der Annahme eines stufenlos variierenden Rechtfertigungsmaßstabs bei Eingriffen in das Grundrecht des Art. 3 Abs. 1 GG ist die Bedeutung der zusätzlichen Heranziehung von Art. 12 Abs. 1 GG allerdings offensichtlich: Handelt es sich nämlich bei dem Numerus clausus um eine objektive Berufszulassungsschranke, also um einen besonders gravierenden Eingriff in ein Freiheitsrecht, so beschränken sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG an das Auswahlverfahren nicht – wie etwa bei der Vergabe öffentlicher Aufträge – auf ein bloßes Willkürverbot. Die einzelnen Verteilungskriterien und auch die Gesamtheit des Vergabesystems müssen sich vielmehr in differenzierter Weise am Maßstab des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes messen lassen. Der Zusammenhang mit der erheblichen Einschränkung eines Freiheitsrechts verengt also den im Einflussbereich des Gleichheitssatzes regelmäßig verbleibenden Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers: die Rechtfertigungslast bei zugangsrelevanten Ungleichbehandlungen und ebenso diejenige bei undifferenzierten Gleichbehandlungen wächst, der Maßstab der verfassungsrechtlichen Kontrolle wird strenger.
368
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Mai 2013 - 1 BvL 1/08 -, Rz. 57; Wollenschläger, Verteilungsverfahren, 2010, S. 73 und 355; Gaier, Verfassungsrecht - Fesseln und Freiheiten für das (Kartell-)Vergaberecht, NZBau 2008, 289 (291).
369
(3) Über die beiden vorgenannten Grundrechte hinaus wird in der Numerus-clausus-Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts als Rechtsgrundlage des Teilhabeanspruchs stets das Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG mit zitiert. Allerdings beschränkt sich die Wirkung dieses Strukturprinzips auf die generelle Verpflichtung des Staates, für eine gerechte Sozialordnung zu sorgen. Wie er diesen Gestaltungsauftrag erfüllt, ist regelmäßig in weitem Umfang dem Gesetzgeber überlassen; konkrete Forderungen können dem Sozialstaatsprinzip nur im Ausnahmefall entnommen werden.
370
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Juni 2004 - 2 BvL 5/00 -, BVerfGE 110, 412 (445 f.), und Urteil vom 9. Februar 2010 - 1 BvL 1/09 -, BVerfGE 125, 175 (222 ff.).
371
Dementsprechend dürfte bei der Gestaltung des Studienplatzvergabesystems zwar eine gewisse Sensibilität für die soziale Selektivität einzelner Auswahlkriterien – wie etwa der Wartezeit – geboten sein. Insgesamt erscheint der Beitrag des Sozialstaatsprinzips zu dem Teilhaberecht des Studienbewerbers indessen eher gering.
372
Vgl. auch Felix, Sozialstaatliche Aspekte der Studierendenauswahl und der Einführung von Studiengebühren, in: Fehling u.a. (Hrsg.), Hochschulen zwischen Gleichheitsidee und Elitestreben, 2005, S. 107 ff.
373
(4) Das aus dem Zusammenwirken der vorgenannten Grundrechtsbestimmungen folgende Teilhaberecht der Studienbewerber führt zu verfassungskräftigen Anforderungen an die Studienplatzvergabe auf verschiedenen Ebenen:
374
Der gravierende Eingriff in die in Rede stehenden Grundrechte hat zunächst zur Folge, dass das Vergabesystem und die Auswahlkriterien – entsprechend der „Wesentlichkeitsformel“ – grundsätzlich durch den Gesetzgeber selbst geregelt werden müssen, also nicht (vollständig) der untergesetzlichen Normierung überlassen bleiben dürfen.
375
Vgl. BVerfG, Urteil vom 18. Juli 1972 - 1 BvL 32/70 u.a. -, BVerfGE 33, 303 (341 ff.), Beschlüsse vom 27. Januar 1976 - 1 BvR 2325/73 -, BVerfGE 41, 251 (265 f.), und vom 22. Juni 1977 - 1 BvL 23/75 -, BVerfGE 45, 393 (399); VGH Baden-Württ., Urteil vom 29. Oktober 2009 - 9 S 1611/09 -, juris (Rdnr. 29); Möller, Rahmenbedingungen der Hochschulzulassung, 2001, S.101 ff.; Wollenschläger, Verteilungsverfahren, S. 358 f.; Burgi, Die künftige Bedeutung der Freiheitsgrundrechte für staatliche Verteilungsentscheidungen, WiVerw 2007, 173 (177).
376
Des Weiteren ergeben sich gewisse Anforderungen an das Bewerbungs- und Verteilungsverfahren. Wegen seiner Bedeutung für die Grundrechtsverwirklichung muss das Verfahren in den wesentlichen Zügen geregelt sein und geordnet und transparent ablaufen.
377
Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 11. Oktober 2010 - 1 BvR 1425/10 -, NVwZ 2011, 113 (114), vom 18. Dezember 2007 - 1 BvR 2177/07 -, juris, und vom 3. August 2004 - 1 BvR 135/00 u.a. -, NJW 2004, 2725; Wollenschläger, Verteilungsverfahren, 2010, S. 358.
378
Erforderlich ist dabei zudem ein länderübergreifendes System. Denn die landesrechtlichen Regelungen im Bereich des Hochschulwesens haben eine spezifische gesamtstaatliche Dimension, die besondere Rücksichtnahme der Länder untereinander verlangt und einseitige Begünstigungen der Angehörigen eines Landes nur unter gesteigerten Anforderungen an ihre Rechtfertigung zulässt. Das Teilhaberecht der Studienbewerber gebietet daher ein „bundesweit zusammenhängendes Hochschulangebot gleicher Zugangskonditionen“.
379
So jetzt noch einmal explizit BVerfG, Beschluss vom 8. Mai 2013 - 1 BvL 1/08 - (Bremisches Studienkontengesetz), NJW 2013, 2498 (2501 f.).
380
Die bei der Auswahl zwischen den Bewerbern anzulegenden Vergabekriterien selbst sind nicht verfassungsrechtlich determiniert, insoweit kommt dem Gesetzgeber vielmehr ein erheblicher Gestaltungsspielraum zu.
Dieser Gestaltungsspielraum ist aber von Verfassung wegen begrenzt. Zu beachten sind zunächst die (allein) aus Art. 3 GG resultierenden Mindestanforderungen. Demnach muss die Vergabe willkür- und diskriminierungsfrei erfolgen; die zuvor aufgestellten Vergabekriterien müssen bei der Auswahl der Bewerber konsequent zugrunde gelegt werden. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Anforderungen an eine willkürfreie Vergabe auch in anderem Kontext mehrfach dahingehend zusammengefasst, dass der Bewerber bei der Vergabe eine „faire Chance“ erhalten muss.
383
Vgl. BVerfG, BVerfG, Beschlüsse vom 11. Oktober 2010 - 1 BvR 1425/10 -, NVwZ 2011, 113 (114), und vom 13. Juni 2006 - 1 BvR 1160/03 -, BVerfGE 116, 135 (153 f.); siehe auch Wollenschläger, Verteilungsverfahren, S. 72; Burgi, WiVerw 2007, 173 (178); Gaier, Verfassungsrecht - Fesseln und Freiheiten für das (Kartell-)Vergaberecht, NZBau 2008, 289 (290 f.).
384
Aufgrund des Zusammenwirkens mit Art. 12 Abs. 1 GG besteht im vorliegenden Zusammenhang indes ein über das Willkürverbot hinausgehendes „Gebot der Sachgerechtigkeit“. Die angewandten Verteilungskriterien müssen gemessen an dem Zweck, die für das Studium in besonderer Weise geeigneten Studienanfänger herauszufiltern, zielführend sein. Zugleich dürfen sie sich jedenfalls für diejenigen Bewerber, die für ein Medizinstudium nicht von vornherein ungeeignet sind, nicht als unangemessene Beschränkung ihrer Chancen darstellen. Als sachgerecht hat das Bundesverfassungsgericht dabei namentlich eine Kombination von Leistungs-, Eignungs- und sozialen Kriterien angesehen. Dabei ist der prinzipielle Ausschluss ganzer Gruppen geeigneter Bewerber durch starre und durch eigenes Zutun nicht mehr korrigierbare Grenzziehungen mit unvertretbar hohen Schwellen zu vermeiden.
385
Vgl. BVerfG, Urteile vom 18. Juli 1972 - 1 BvL 32/70 u.a. -, BVerfGE 33, 303 (337 f.), und vom 8. Februar 1977 - 1 BvF 1/76 u.a. -, BVerfGE 43, 291 (316 f.); Kämmerer, in: v. Münch/Kunig (Hrsg.), GG, Kommentar, 6. Aufl. 2012, Art. 12 Rdnr. 37; Hömig, in ders. (Hrsg.), GG, Kommentar, 10. Aufl. 2013, Art. 12 Rdnr. 21.
386
Von Beginn an hat das Bundesverfassungsgericht dabei zu Recht hervorgehoben, dass die Mehrgleisigkeit der Auswahl im Hinblick auf ein für viele Bewerber chancenoffenes Auswahlsystem zielführend sein, die Chancenoffenheit des Gesamtsystems also durch eine sachgerechte Kombination verschiedener Auswahlkriterien hergestellt werden könne. Schließe ein Auswahlkriterium eine wesentliche Gruppe von Bewerbern von vornherein von der Zulassung zum Studium aus, bedürfe es eines Ausgleichs in Form (zumindest) eines anderen Kriteriums, das die Chancenoffenheit insgesamt gewährleiste. So sei eine Auswahl der Bewerber, die bevorzugt nach dem durch die Durchschnittsnote des Schulabschlusses bestimmten Grad der Eignung vorgenommen werde, so lange verfassungsrechtlich vertretbar, wie durch eine kumulative Anwendung des Leistungs- und des Wartezeitprinzips die nachteiligen Auswirkungen dieser Auswahlkriterien einigermaßen ausgeglichen würden, was unter anderem zur Bedingung habe, dass die Anforderungen an Durchschnittsnoten und Wartezeiten ein erträgliches Maß nicht überschritten.
387
Vgl. BVerfG, Urteile vom 18. Juli 1972 - 1 BvL 32/70 u.a. -, BVerfGE 33, 303 (348 ff.), und vom 8. Februar 1977 - 1 BvF 1/76 u.a. -, BVerfGE 43, 291 (317); siehe auch Scholz, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Kommentar, Stand: 5/2013, Art. 12 Rdnr. 476; Mahrenholz, in: Avenarius u.a. (Hrsg.), Festschrift für Erwin Stein, 1983, S. 199 ff.; Forsthoff, Die Auswahl bei der Hochschulzulassung, DÖV 1984, 331 (336 f.); Salzwedel, Verfassungsrechtliche Fragen des Hochschulzugangs, WissR 1978, Beiheft 6, S. 235 (242).
388
(5) Die bisherigen Ausführungen zu dem Teilhaberecht auf Hochschulzugang konzentrieren sich im Wesentlichen auf eine Betrachtung des Verhältnisses des Studienbewerbers zu den für die Verteilung der Studienplätze verantwortlichen staatlichen Institutionen und zu seinen Mitbewerbern. Die verfassungsrechtliche Beurteilung der Vergabekriterien ist allerdings nicht auf diese Rechtsbeziehungen beschränkt. In Bezug auf die Numerus-clausus-Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist vielfach angemerkt worden, dass von den Regelungen der Hochschulzulassung auch andere Grundrechtsträger betroffen seien, deren Rechte denen der Studienbewerber teilweise zuwider liefen, nämlich vor allem die Hochschulen selbst und die an ihnen Lehrenden und Forschenden.
389
Vgl. nur Heinig, Der Sozialstaat im Dienst der Freiheit, Zur Formel vom sozialen Staat in Art. 20 Abs. 1 GG, 2008, S. 401 (Fn. 292); Sturm, Studienplatzabbau an staatlichen Hochschulen, 2012, S. 214 ff.; Steinberg/Müller, Art. 12, Numerus Clausus und die neue Hochschule, NVwZ 2006, 1113 (1118 f.); Nettesheim, Grund und Grenzen der Wissenschaftsfreiheit, DVBl. 2005, 1072 (1076 f.); Salzwedel, Zur Bedeutung der Numerus-clausus-Entscheidung des BVerfG für die Grundrechtsentwicklung in der BRD, WissR 1978, Beiheft 6, S. 235 (243 ff.).
390
Dieser Hinweis trifft zu. Oben ist bereits darauf hingewiesen worden, dass die Beschränkung der Studienplatzzahl als objektive Zulassungsschranke vor allem deshalb gerechtfertigt ist, weil sie der Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit von Forschung und Lehre dient. Dieser Rechtfertigung verleihen die – insoweit teilweise mit dem Teilhaberecht der Studienbewerber kollidierenden – Grundrechte der Hochschule und ihres wissenschaftlichen Personals, also namentlich das sowohl der Hochschule selbst als auch den Forschenden und Lehrenden zustehende Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) zusätzliches Gewicht. In erster Linie dürften die Rechte der genannten Grundrechtsträger allerdings bei der – vorliegend nicht in Rede stehenden – Frage zum Tragen kommen, ob und in welchem Umfang die Studienplatzzahl begrenzt werden darf, ob also ein Numerus clausus überhaupt zulässig ist und inwieweit die Aufnahmekapazität einer Hochschule zu Lasten der Qualität von Forschung und Lehre ausgenutzt werden muss.
391
Vgl. dazu nur Sächsisches OVG, Beschluss vom 25. Juli 2013 - NC 2 B 399.12 -, juris, und VG Freiburg, Urteil vom 20. Juni 2013 - NC 6 LK 2355/10 -, juris.
392
Aber auch bei der Auswahl unter den Studienbewerbern kommt den genannten Grundrechten der Hochschulen und ihres Personals, namentlich der Wissenschaftsfreiheit, Bedeutung zu. Aufgrund der mit diesem Grundrecht verbundenen Gewährleistungspflicht muss der Staat für funktionsfähige Institutionen eines freien Wissenschaftsbetriebs sorgen und durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherstellen, dass das individuelle Grundrecht der freien wissenschaftlichen Betätigung so weit unangetastet bleibt, wie das unter Berücksichtigung der anderen legitimen Aufgaben der Wissenschaftseinrichtungen und der Grundrechte der verschiedenen Beteiligten möglich ist. Dem einzelnen Träger des Grundrechts des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG erwächst aus dieser Wertentscheidung ein Recht auf solche staatlichen Maßnahmen auch organisatorischer Art, die zum Schutz seines grundrechtlich gesicherten Freiheitsraums unerlässlich sind, weil sie ihm freie wissenschaftliche Betätigung überhaupt erst ermöglichen.
393
Vgl. zu alldem BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 2004- 1 BvR 911/00 -, BVerfGE 111, 333 (353 f.), mit weiteren Nachweisen, sowie Sturm, Studienplatzabbau an staatlichen Hochschulen, 2012, S. 51 ff.
394
Dem Interesse der Hochschulen und der einzelnen Lehrenden, die Gestaltung ihres Lehrangebots selbst zu bestimmen und die für die entsprechenden Studiengänge geeigneten Bewerber selbst auszuwählen bzw. die Kriterien für ihre Auswahl vorzugeben, kommt vor diesem Hintergrund durchaus verfassungsrechtliches Gewicht zu, wenngleich das Teilhaberecht des Studienbewerbers durch die kollidierenden Grundrechtspositionen der Hochschule und ihres wissenschaftlichen Personals nicht grundsätzlich in Frage gestellt wird.
395
Vgl. Krausnick, Staat und Hochschule im Gewährleistungsstaat, 2012, S. 145 ff.; Felix, in: Fehling u.a. (Hrsg.), Hochschulen zwischen Gleichheitsidee und Elitestreben, 2005, S. 107 (113 f.).
396
b) Vereinbarkeit des Vergaberechts mit dem aufgezeigten Maßstab
397
Mit dem dargelegten verfassungsrechtlichen Maßstab steht das geltende Recht der Studienplatzvergabe in mehrfacher Hinsicht nicht in Einklang. Zwei wesentliche Einzelheiten – nämlich der Verzicht auf Landesquoten auch in den ausschließlich an der Abiturnote ausgerichteten Auswahlverfahren der Hochschulen und die undifferenzierte Gleichbehandlung aller Bewerber in der Wartezeitquote – verletzen bereits für sich genommen das aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 3 GG resultierende Teilhaberecht (dazu nachfolgend unter aa) und bb)). Darüber hinaus wird dieses Recht durch das Zusammenwirken der verschiedenen Hauptquoten insoweit verletzt, als die massive Betonung der Abiturnote nicht hinreichend durch entsprechende Zugangsalternativen kompensiert wird (dazu nachfolgend unter cc)).
398
aa) Verzicht auf Landesquoten beim Auswahlverfahren der Hochschulen (AdH)
399
Ein erheblicher Teil der Medizinstudienplätze wird derzeit, wie oben (unter II. 3.) bereits aufgezeigt, ausschließlich anhand des Vergabekriteriums „Grad der Qualifikation“, also im Wesentlichen nach der Abiturnote der Bewerber vergeben. Es handelt sich dabei einerseits um die in der Abiturbestenquote vergebenen Studienplätze (20% der nach Abzug der Vorabquoten verbliebenen Studienplätze), andererseits um die Studienplätze, die im hochschuleigenen Auswahlverfahren (AdH) von denjenigen Hochschulen vergeben werden, die sich für eine Vergabe allein anhand der (ungewichteten) Abiturnote entschieden haben. Zum Wintersemester 2013/14 waren dies sechs von 35 Hochschulen (Aachen, Bonn, Düsseldorf, Köln, Marburg und Saarbrücken); diese sechs Hochschulen hatten knapp 19% der insgesamt 9.068 Medizinstudienplätze zu vergeben (vgl. die Aufstellung der Beklagten, Bl. 129 der Gerichtsakte). Bei allen anderen Hochschulen wird die Abiturnote im hochschuleigenen Auswahlverfahren um mindestens ein weiteres Auswahlkriterium ergänzt, verliert also in mehr oder weniger großem Umfang an Bedeutung, wenngleich die Abiturnote entsprechend den gesetzlichen Vorgaben für das Auswahlverfahren der Hochschulen immer „maßgebliches Gewicht“ behält.
400
Die Heranziehung der Abiturnote als alleiniges oder maßgebliches Auswahlkriterium begegnet, wie unten näher erläutert wird (unter cc), nicht von vornherein verfassungsrechtlichen Bedenken, da die Abiturnote ein valider Indikator für die Studieneignung des in Rede stehenden Bewerbers ist. Problematisch ist die Heranziehung der Abiturnote allerdings wegen der nicht uneingeschränkt gegebenen Vergleichbarkeit der Noten untereinander. Besonders augenfällig ist dabei der Mangel an Vergleichbarkeit zwischen den Bundesländern, weil dieser Mangel von den Gesetzgebern auf Bundes- und Länderebene selbst postuliert wird. § 32 Abs. 3 Nr. 1 HRG und Art. 10 Abs. 1 S 1 Nr. 1 Staatsvertrag 2008 sehen nämlich, wie oben (unter II. 3. b)) bereits aufgezeigt, vor, dass für die Auswahl in der Abiturbestenquote einzelne Landesquoten gebildet werden, „solange die Vergleichbarkeit im Verhältnis der Länder untereinander nicht gewährleistet ist“. Diese Vorgabe umsetzend regeln die §§ 12 und 13 Vergabeverordnung für die Verteilung in der Abiturbestenquote die Bildung von Landesquoten und die Zuordnung der einzelnen Studienbewerber zu diesen Teilquoten. Auf der Grundlage dieser Regelungen wird die Gesamtzahl der in dieser Auswahlquote zu vergebenden Studienplätze von der Beklagten in 16 einzelne Kontingente aufgeteilt. Bei der Vergabe dieser Studienplätze konkurriert der einzelne Bewerber dann nur mit den Mitbewerbern, die das Abitur in demselben Bundesland erworben haben, um einen Studienplatz der entsprechenden Landesquote. Mit den Bewerbern, die in anderen Bundesländern das Abitur erworben haben, muss er sich wegen des von den Gesetz- und Verordnungsgebern aller Regelungsebenen angenommenen Fehlens der Vergleichbarkeit der Abiturnoten nicht messen.
401
Die diesen Regelungen zugrunde liegende Prämisse, dass das Abiturnotenniveau der Länder uneinheitlich ist, dass also Schüler mit derselben Qualifikation je nach Bundesland unterschiedliche Noten erzielen, hält die Kammer für zutreffend. Ihre Richtigkeit lässt sich schon an der oben (unter II. 3.b) am Ende) abgedruckten Tabelle ersehen, die die mittleren Abiturnoten der vergangenen Jahre enthält. Ihr lässt sich nicht nur entnehmen, dass es für jedes Land ein typisches und (erstaunlich) konstantes Notenniveau zu geben scheint; die Tabelle zeigt vielmehr auch, dass etwa die Abiturienten des Freistaats Thüringen in den Jahren 2005 bis 2012 durchgehend eine im Mittel um rund 0,35 bis 0,45 Punkte bessere Abiturnote erzielt haben als diejenigen des Landes Niedersachsen. Dies dürfte auf Unterschiede im Schulsystem und im allgemeinen Benotungsniveau zurückzuführen sein. Dass die Thüringer Abiturienten hingegen generell erheblich qualifizierter sind als diejenigen aus Niedersachsen und insoweit regelmäßig auch eine signifikant unterschiedliche Studieneignung beider Gruppen anzunehmen ist, ist für die Kammer nicht ersichtlich und von der Beklagten auch nicht behauptet worden. Die Ergebnisse der in den vergangenen Jahren durchgeführten – meist die Unter- und Mittelstufe betreffenden – Untersuchungen deuten jedenfalls nicht darauf hin, dass die im Mittel besten Schüler stets aus Thüringen stammen und die mit dem schwächsten Niveau Schulen in Niedersachen oder Rheinland-Pfalz besuchen. So lagen beispielsweise bei der Studie PISA-E 2000 die Mathematikleistungen der Schüler aus den drei genannten Ländern auf vergleichbarem Niveau. Konkrete Untersuchungen zu den Unterschieden im Benotungsniveau der Länder, namentlich in Bezug auf die Oberstufe und das Abitur, gibt es zwar kaum. Hervorzuheben ist allerdings die von den Erziehungswissenschaftlern Trautwein, Lüdtke, Nagy und Neumann vorgelegte Studie zu eben diesem Fragenkreis.
402
Vgl. Neumann/Nagy/Trautwein/Lüdtke, Vergleichbarkeit von Abiturleistungen, Leistungs- und Bewertungsunterschiede zwischen Hamburger und Baden-Württemberger Abiturienten und die Rolle zentraler Abiturprüfungen, Zeitschrift für Erziehungswissenschaft 2009, 691 ff., mit weiteren Nachweisen, auch zu früheren Untersuchungen.
403
Die Studie untersucht am Beispiel der Mathematik- und Englischleistungen vorhandene Leistungsunterschiede zwischen Baden-Württemberger und Hamburger Abiturienten daraufhin, ob und in welchem Ausmaß sich diese Leistungsunterschiede auch in den Noten des Abiturzeugnisses widerspiegeln. Für das Fach Mathematik kommt sie zu dem Ergebnis, dass die Hamburger Abiturienten bei vergleichbaren Leistungen signifikant bessere Noten erzielen, was die Verfasser der Studie jedenfalls zum Teil auf Referenzgruppeneffekte bei der Notenvergabe zurückführen. Das aus den aufgezeigten Benotungsunterschieden resultierende Defizit an Verteilungsgerechtigkeit bei der an die Abiturnote anknüpfenden Studienplatzvergabe wird in der Studie deutlich herausgearbeitet.
404
Legt man die nach alledem plausible Annahme der Gesetzgeber, dass Bewerber desselben Leistungsniveaus in unterschiedlichen Bundesländern unterschiedliche Abiturnoten erzielen, zugrunde, so stellt sich die Heranziehung der Abiturnote als Auswahlkriterium ohne Bildung von Landesquoten, wie sie im Auswahlverfahren der Hochschulen (AdH) praktiziert wird, als eine Ungleichbehandlung verschiedener Personengruppen, nämlich der Bewerbergruppen aus den verschiedenen Bundesländern, dar. Der Bewerber aus dem einen Bundesland muss, um dieselbe Zulassungschance zu haben, unter Umständen eine bessere Leistung erbringen als der Bewerber aus einem anderen Bundesland. Diese Ungleichbehandlung ist zudem – gemessen an der oben skizzierten Rechtsprechung zum allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG – besonders gravierend, weil sie auf einem Umstand fußt, den der einzelne Bewerber nicht zu beeinflussen vermag: welches Notenniveau in „seinem“ Bundesland üblich ist, entzieht sich der Einflusssphäre des Schülers. Handelt es sich demnach um eine Ungleichbehandlung von Personengruppen, die bei der Verwirklichung eines Freiheitsrechts, nämlich der Berufs- und Ausbildungsfreiheit, relevant wird und die von dem einzelnen Bewerber nicht individuell beeinflusst werden kann, so bedarf die Heranziehung dieses Vergabekriteriums in besonderem Maße der Rechtfertigung. Sie muss zur Wahrung eines überragend wichtigen Gemeinschaftsgutes unerlässlich sein.
405
Das Gemeinschaftsgut, dem der Numerus clausus und das Auswahlverfahren dienen, ist – wie oben (unter III. 1. a) bb)) aufgezeigt – die Funktionsfähigkeit von Forschung und Lehre an den Hochschulen. Geht man mit dem Gesetzgeber davon aus, dass es der Funktionsfähigkeit von Forschung und Lehre dient, wenn die einzelne Hochschule selbst über die Auswahl der Studierenden entscheidet und berücksichtigt man zudem, dass durch diese autonome Entscheidung auch verfassungskräftige Rechte der Hochschulen und ihres wissenschaftlichen Personals verwirklicht werden, so erscheint eine Heranziehung des Auswahlkriteriums „Abiturnote ohne Bildung von Landesquoten“ unter Umständen (denen unten unter cc) noch näher nachzugehen sein wird) vertretbar, wenn der Verzicht auf Landesquoten im hochschuleigenen Auswahlverfahren unvermeidbar ist. Letzteres behauptet die Beklagte, wenn sie ausführt, dass die Bildung von Landesquoten in den Auswahlverfahren der Hochschulen auf erhebliche Schwierigkeiten stößt, weil „die hiermit verbundenen Rundungs- und Verteilungsprobleme […] organisatorisch nicht abzubilden“ seien. Die Kammer hat sich dies in dem bereits im März 2013 vorgelegten Verfahren 6z K 4171/12 näher erläutern lassen (vgl. den dortigen Schriftsatz der Beklagten vom 18. März 2013, Bl. 145 ff. der GA) und kann die Notwendigkeit eines Verzichts auf Landesquoten im Auswahlverfahren der Hochschulen grundsätzlich nachvollziehen. Die Zahl der von der einzelnen Hochschule im hochschuleigenen Auswahlverfahren zu vergebenden Plätze ist zumeist so beschränkt, dass eine Bildung von Landesquoten, die den Bevölkerungs- und Bewerberanteil der einzelnen Bundesländer widerspiegelt, vielfach nicht möglich sein wird. Schwierigkeiten bei der Ortsverteilung zwischen den Hochschulen kommen hinzu.
406
Vgl. zum Verzicht auf Landesquoten im AdH auch BayVGH, Beschlüsse vom 23. März 2006 - 7 CE 06.10164 u.a. -, juris.
407
Etwas anderes gilt aber, wenn die Hochschule in ihrem Auswahlverfahren ausschließlich das Vergabekriterium Abiturnote anwendet. In diesem Falle lassen sich die von der Beklagten aufgezeigten „Rundungs- und Verteilungsprobleme“ unschwer vermeiden, nämlich dadurch, dass die Hochschule auf eine Vergabe von Studienplätzen im Auswahlverfahren der Hochschulen verzichtet und die in Rede stehenden Studienplätze von der Beklagten in der Abiturbestenquote (mit) vergeben lässt. Es ergäbe sich dann das von der Hochschule gewünschte Ergebnis – insgesamt 80% der nach Abzug der Vorabquoten vorhandenen Studienplätze dieser Hochschule werden nach der Abiturnote vergeben –, ohne dass auf die Bildung von Landesquoten verzichtet werden müsste. Durchgreifende praktische oder rechnerische Gründe, die einer solchen Lösung entgegenstünden, sind nicht ersichtlich.
408
Als einziger Aspekt, der einer solchen „Rückgabe“ der für das Auswahlverfahren der Hochschulen bestimmten Plätze an die Beklagte entgegen stehen könnte, verbleibt das in den Gesetzesnovellen der jüngeren Vergangenheit stets betonte Bestreben der Hochschulen, ihre Studienplätze selbst vergeben zu dürfen und dem zentralen Verfahren der Beklagten zu entziehen. Hochschulautonomie ist jedoch kein Selbstzweck. Wenn durch eine Vergabe im zentralen Verfahren das von der Hochschule gewünschte Ergebnis – Verteilung von 80% der Studienplätze an die Abiturbesten – herbeigeführt werden kann, ohne dass die aufgezeigte Ungleichbehandlung der Abiturienten verschiedener Länder zum Tragen kommt, hält die Kammer einen Verzicht auf diese nahe liegende Lösung für nicht rechtfertigungsfähig; er verstößt gegen das verfassungskräftige Teilhaberecht der Bewerber.
409
Das geltende Recht steht einer solchen Lösung indes entgegen, weil § 32 Abs. 3 Nr. 3 HRG und Art. 10 Abs. 1 S 1 Nr. 3 Staatsvertrag 2008 eindeutig vorgeben, dass die in Rede stehenden Studienplätze (60%) von den Hochschulen und nicht in der Abiturbestenquote vergeben werden. Ein Verzicht auf die Durchführung des hochschuleigenen Auswahlverfahrens verstieße gegen diese klare Vorgabe. Von dem Verdikt der Verfassungswidrigkeit sind somit nicht etwa nur die Auswahlsatzungen der betreffenden Hochschulen erfasst, sondern auch die ihnen zugrunde liegenden bundes- und landesgesetzlichen Vorschriften.
410
Der Einwand der Beklagten schließlich, die Unterschiede im Notenniveau seien Konsequenz des föderalistischen Staatsaufbaus und als solche hinzunehmen,
411
vgl. zu diesem Problemkreis auch Boysen, in: von Münch/ Kunig, GG, Kommentar, 6. Aufl. 2012, Art. 3 Rdnr. 70 ff.; Kisker, Grundrechtsschutz gegen bundesstaatliche Vielfalt?, in: Püttner (Hrsg.), Festschrift für Otto Bachof, 1984, S. 47 ff.,
412
verfängt nicht. Dass die Anforderungen und das Bewertungsniveau in den verschiedenen Bundesländern identisch sind, dürfte zwar wünschenswert sein und wird einfachgesetzlich seit langem eingefordert (§ 32 Abs. 3 Nr. 1 S. 3 HRG, Art. 10 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 Staatsvertrag 2008). Die Kammer meint aber durchaus nicht, dass Notenunterschiede zwischen den Bundesländern aus verfassungsrechtlichen Gründen zwingend abzubauen seien. Sie ist lediglich der Überzeugung, dass auf das vorhandene und bewährte Instrument, mit dem etwaige Bewertungsunterschiede zwischen den Bundesländern bei der bundesweiten Studienplatzvergabe ausgeblendet werden können, nicht ohne triftigen Grund verzichtet werden darf.
413
Dies dürfte letztlich auch der Überlegung des Bundesverfassungsgerichts in seiner Entscheidung vom 8. Mai 2013 - 1 BvL 1/08 - entsprechen, dass „landesrechtliche Regelungen im Bereich des Hochschulwesens eine spezifische gesamtstaatliche Dimension [hätten], die besondere Rücksichtnahme der Länder untereinander“ verlange und „einseitige Begünstigungen der Angehörigen eines Landes nur unter gesteigerten Anforderungen an ihre Rechtfertigung“ zulasse (Randnummer 63 der Entscheidung).
414
BVerfG, Beschluss vom 8. Mai 2013 - 1 BvL 1/08 - (Bremisches Studienkontengesetz), NJW 2013, 2498 (2501 f.).
415
bb) Gleichbehandlung von langjährig Wartenden und Gelegenheitsbewerbern in der Wartezeitquote
416
Einen zweiten Verfassungsverstoß birgt die Ausgestaltung der Verteilung von Studienplätzen in der Wartezeitquote. Oben (unter II. 3. c)) ist bereits dargelegt worden, dass als Wartezeit gemäß § 32 Abs. 3 Nr. 2 HRG und Art. 10 Abs. 1 Nr. 2 Staatsvertrag 2008 schlicht die seit dem Erwerb der Qualifikation für den gewählten Studiengang verstrichene Zeit maßgeblich ist, ohne dass danach differenziert wird, ob der Bewerber während dieser Zeit auf die Aufnahme eines Medizinstudiums „hingelebt“, also im eigentlichen Sinne auf einen Studienplatz „gewartet“ hat, oder ob ihm erst kurz vor der Bewerbung um einen Medizinstudienplatz der Gedanke an die Aufnahme eines solchen Studiums gekommen ist. Es werden hier also zwei Gruppen von Bewerbern gleichbehandelt, deren Bewerbung einen sehr unterschiedlichen Hintergrund hat:
417
Auf der einen Seite findet sich der „klassische“ Wartezeitbewerber, der bereits nach dem Erwerb der Hochschulreife ein Medizinstudium ins Auge fasst, ohne die für eine Zulassung in der Abiturbestenquote oder in den hochschuleigenen Auswahlverfahren erforderliche Abiturnote erzielt zu haben. Dieser Bewerber wird sich regelmäßig um einen medizinnahen Ausbildungsplatz bemühen, um seine Chancen im Auswahlverfahren der Hochschulen zu verbessern und berufspraktische Erfahrungen zu sammeln, die ihm in seinem späteren Beruf als Arzt zugute kommen werden. Da die Berufstätigkeit, etwa als Krankenpfleger, Rettungsassistent oder Labortechniker, für ihn nur einen Zwischenschritt zum Medizinstudium bedeutet, empfindet er jedes zusätzliche Wartehalbjahr als verlorene Zeit, die ihn von der Verwirklichung seines Berufswunsches trennt.
418
Auf der anderen Seite findet sich der Bewerber, der erst längere Zeit (unter Umständen Jahrzehnte) nach dem Erwerb des Abiturs den Entschluss fasst sich um einen Medizinstudienplatz zu bewerben, zum Beispiel aufgrund von Unzufriedenheit mit seinem bisherigen Beruf oder wegen des Verlusts seines Arbeitsplatzes. Aufgrund der Vielzahl der seit dem Erwerb der Hochschulreife vergangenen Halbjahre hat dieser Bewerber (sofern es sich nicht um ein Zweitstudium handelt, was ihn von der Vergabe in der Wartezeitquote ausschließen würde) hervorragende Chancen auf sofortige Zulassung zum Medizinstudium in der Wartezeitquote, obwohl er zu keinem Zeitpunkt auf eine Zulassung „gewartet“ hat.
419
Die somit zu konstatierende Gleichbehandlung zweier sehr unterschiedlicher Bewerbergruppen wirkt sich für die Angehörigen der ersten Gruppe entschieden nachteilig aus. Denn es liegt auf der Hand, dass sich die Wartezeit für die Angehörigen der ersten Gruppe von Bewerbern durch die Zulassung der regelmäßig bereits über eine höhere Zahl von „Wartehalbjahren“ verfügenden Angehörigen der zweiten Gruppe erhöht. Um die sofortige Zulassung der „Gelegenheitsbewerber“ zu ermöglichen, wird also die Verlängerung der Wartezeit der „echten Warter“ in Kauf genommen. Der Gesetzgeber mag sich insoweit vor dem Hintergrund der Numerus-clausus-Rechtsprechung an der Überlegung orientiert haben, dass die Wartezeitquote eine voraussetzungslose Ausweichquote für den in den beiden anderen Hauptquoten chancenlosen „Rest“ des Bewerberfeldes sein soll und dass deshalb eine Differenzierung zwischen verschiedenen „Wartern“ nicht angezeigt ist. Allerdings ist inzwischen, wie oben (unter II.3.b) und c)) bereits angedeutet worden ist und unten noch näher zu belegen sein wird, die deutliche Mehrzahl der Abiturienten ohne realistische Zulassungschance in den beiden übrigen Hauptquoten, ihr bleibt allein die Zulassungsmöglichkeit in der Wartezeitquote. Vor diesem Hintergrund hält die Kammer es für zwingend geboten, die aufgezeigte Gleichbehandlung wesentlich ungleicher Bewerbergruppen nach Möglichkeit zu vermeiden. Denn auch hier gilt, dass es sich um einen qualifizierten Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG handelt, weil die nähere Ausgestaltung einer objektiven Berufszulassungsschranke in Rede steht und weil es sich bei der Wartezeit um ein Kriterium handelt, das der einzelne Bewerber nicht individuell zu beeinflussen vermag.
420
Vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 3. November 1981 - 1 BvR 632/80 u.a. -, BVerfGE 59, 1 (30 ff.), wo sich ähnliche Überlegungen in Bezug auf die undifferenzierte „Altwarter“-Regelung des Staatsvertrages 1979 finden.
421
Ein Mittel, das eine entsprechende Differenzierung ermöglichen würde, wäre die Verengung des Begriffs der Wartezeit. Würde man als Wartezeit nicht pauschal die seit dem Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung verstrichene Zeit ansehen, sondern lediglich solche Halbjahre berücksichtigen, in denen sich der Bewerber um eine Zulassung zum Medizinstudium beworben hat („Bewerbungssemester“), so wäre gewährleistet, dass lediglich Zeiten, in denen der Bewerber die Absicht eines Medizinstudiums verfolgt hat, also „echte Wartezeiten“, Anrechnung finden. Die Beschränkung auf „Bewerbungssemester“ ist dem Hochschulzulassungsrecht durchaus nicht fremd; in der Vergangenheit haben zeitweise entsprechende Regelungen bestanden, z.B. bei der im Jahre 2004 außer Kraft getretenen Vorschrift zum „Besonderen Auswahlverfahren“ (§ 33 Abs. 2 HRG alte Fassung).
422
Hinreichend gewichtige Gründe dafür, von einer Begrenzung auf Bewerbungssemester abzusehen, sind nicht ersichtlich. Zwar würde die Erfassung und Speicherung zusätzlicher, allein zum Zwecke des Ansammelns von Wartezeit abgegebener Bewerbungen einen gewissen Verwaltungsaufwand bedeuten. Angesichts der Möglichkeiten der elektronischen Datenverarbeitung erscheint dieser Zusatzaufwand indessen überschaubar, zumal die betroffenen Bewerber teilweise bereits heute entsprechende – aussichtslose – Zulassungsanträge stellen. Dem Nachteil eines zusätzlichen Verwaltungsaufwands stehen im Übrigen erkennbare Vorteile einer auf Bewerbungssemester beschränkten Wartezeitzulassung entgegen. Diese Vorteile beschränken sich nicht auf einen Zugewinn an Verteilungsgerechtigkeit. Würde die Zulassung in der Wartezeitquote auf diejenigen Bewerber konzentriert, die sich jahrelang konsequent um einen Medizinstudienplatz bemüht haben, so dürfte vermutlich auch die von den Hochschulen mitunter beklagte höhere Studienabbruch- und Misserfolgsquote der über das Kriterium Wartezeit ausgewählten Bewerber sinken. Denn Bewerber, die sich über einen längeren Zeitraum hinweg immer wieder konsequent um einen Medizinstudienplatz beworben haben, haben nicht nur eine hohe Motivation für die Aufnahme dieses Studiums unter Beweis gestellt, sondern sie werden sich in der Wartezeit typischerweise (zumindest auch) mit studienvorbereitenden Tätigkeiten beschäftigt haben, sei es, dass sie vorläufig eine medizinnahe Berufsausbildung und Beschäftigung aufgenommen, sei es, dass sie ihr Wissen um medizinische Inhalte anderweitig ausgebaut haben. Gegenüber den „Gelegenheitsbewerbern“ dürften die Aussichten eines erfolgreichen Abschlusses des Medizinstudiums daher regelmäßig erhöht sein. Ein Vorteil des Abstellens auf „Bewerbungssemester“ liegt im Übrigen sowohl für die Bewerber als auch für die mit Fragen des Hochschulzugangs befassten Stellen der Kultusverwaltung darin, dass die Entwicklung der Auswahlgrenze in der Wartezeitquote einigermaßen vorhersehbar wird. Zählen in der Wartezeitquote nämlich nur Bewerbungssemester, lässt sich anhand der angesammelten Halbjahre ungefähr absehen, wie sich die Auswahlgrenze in Zukunft entwickeln wird, wann für den einzelnen Bewerber also eine Zulassung möglich sein wird. Solange hingegen in jedem Semester Gelegenheitsbewerber hinzustoßen und die Bewerber, die bereits Wartezeit angesammelt haben, „überholen“, lässt sich die Entwicklung der Wartezeitquote letztlich kaum voraussagen.
423
Der Einwand der Beklagten, dass man eine Beschränkung auf Bewerbungssemester aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht ohne Weiteres einführen könne, da die Bewerber bislang darauf hätten vertrauen können, dass wiederholte Bewerbungen für das Ansammeln von Wartezeit nicht erforderlich sind, trifft zu. Diese Überlegung hindert den Gesetzgeber allerdings nicht daran, eine entsprechende Regelung mit Wirkung für die Zukunft einzuführen, also vorzugeben, dass zukünftige Halbjahre nur noch im Falle einer Bewerbung bei der Beklagten als Wartehalbjahre zählen. Die Kammer hält eine solche Änderung aufgrund der verfassungskräftigen Forderung nach der Anwendung sachgerechter und hinreichend differenzierter Auswahlkriterien für geboten. Ob der Gesetzgeber im Rahmen des ihm zustehenden Gestaltungsspielraums auch andere Differenzierungen innerhalb der Gruppe der Wartezeitbewerber wählen könnte, braucht vorliegend nicht erörtert zu werden. Ein Verzicht auf jegliche Differenzierung verletzt jedenfalls das verfassungskräftige Teilhaberecht der Bewerber.
424
cc) Überbetonung der Abiturnote im Gesamtsystem
425
Abgesehen von den beiden vorstehend erörterten Details sieht die Kammer einen Verfassungsverstoß auch und vor allem darin, dass die Verteilung der Studienplätze in den Hauptquoten in übermäßiger Weise auf das Vergabekriterium Abiturnote konzentriert ist, ohne dass dies – beispielsweise durch die Möglichkeit der Wartezeitzulassung – hinreichend kompensiert würde.
426
Die Kammer hat gegen keines der derzeit in den drei Hauptquoten angewandten Vergabekriterien (Gesamtnote der Hochschulzugangsberechtigung, Einzelnoten der Hochschulzugangsberechtigung, Eignungstest, Auswahlgespräch, einschlägige Berufsausbildung oder -erfahrung, Absolvierung eines freiwilligen Dienstes, Erfolg bei Forschungswettbewerben und Wartezeit) grundsätzliche Bedenken. Festzustellen ist jedoch, dass die Auswahl sowohl in der „Abiturbestenquote“ als auch im „Auswahlverfahren der Hochschulen“ derart auf das Kriterium „Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung“ zugespitzt ist, dass trotz der Vielfalt an Auswahlkriterien eine sehr große Gruppe potentieller Bewerber de facto von vornherein von jeglicher Zulassungschance ausgeschlossen ist (dazu nachfolgend (1)). Dies führt nach Auffassung der Kammer zwar nicht per se zur Verfassungswidrigkeit des Auswahlsystems, aber zur Notwendigkeit eines Korrektivs, das für eine größere Zahl von Bewerbern die Chancenoffenheit wahrt (dazu nachfolgend (2)). Dieses Korrektiv kann in dem derzeitigen Vergabesystem nur die Wartezeitquote sein, die ihre Funktion als verfassungsmäßig gebotener Ausgleich aber wegen unzumutbar langer Wartezeiten inzwischen nicht mehr erfüllt (dazu nachfolgend (3)).
427
(1) Nicht nur in der eigentlichen Abiturbestenquote, sondern auch in der dem „Auswahlverfahren der Hochschulen“ vorbehaltenen Auswahlquote kommt der Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung, also im Regelfall der Abiturnote, überragende Bedeutung zu, welche einen großen Teil der Bewerber von vornherein von jeglicher Zulassungschance in diesen beiden Hauptquoten ausschließt.
428
In der von der Beklagten verwalteten eigentlichen Abiturbestenquote werden inzwischen allerdings nur noch 20% der (nach Abzug der Vorabquoten verbliebenen) Studienplätze vergeben. Die Auswahlgrenze in dieser Auswahlquote hat sich, wie oben (unter II. 3. b)) bereits aufgezeigt, in den letzten fünfzehn Jahren massiv verschärft. Zum Wintersemester 2013/14 war für eine Zulassung zum Medizinstudium in der Abiturbestenquote – je nach Landesquote – eine Abiturdurchschnittsnote von 1,0 (zwölf Bundesländer), 1,1 (drei Bundesländer) oder 1,2 (ein Bundesland) erforderlich. Zum Sommersemester 2014 lag die Auswahlgrenze bei 1,0 (ein Bundesland), 1,1 (neun Bundesländer), 1,2 (vier Bundesländer) oder 1,3 (zwei Bundesländer). Da der Anteil der Abiturienten mit Noten zwischen 1,0 und 1,2 in der Regel bei unter 5% eines Jahrgangs liegt (vgl. die Aufstellungen des Sekretariats der KMK zu den Abiturnoten der Jahre 2005 bis 2012, Beiakte 4), haben die meisten Abiturienten in dieser Auswahlhauptquote keinerlei Zulassungschance.
429
Auch im „Auswahlverfahren der Hochschulen“, in dem inzwischen 60% – aufgrund der ein Nachrückverfahren in der Abiturbesten- und der Wartezeitquote ausschließenden Regelung des Art. 10 Abs. 4 Staatsvertrag 2008, § 6 Abs. 6 S. 2 VergabeVO de facto wohl mehr als 60% – der (nach Abzug der Vorabquoten verbliebenen) Studienplätze vergeben werden, spielt die Durchschnittsnote indes eine überragende Rolle. So schließen 14 von 35 Hochschulen (Berlin, Dresden, Duisburg/Essen, Frankfurt am Main, Gießen, Göttingen, Greifswald, Hannover, Jena, Magdeburg, Oldenburg, Rostock, Tübingen, Ulm) schon im Rahmen einer vollständig oder teilweise an der Abiturnote orientierten Vorauswahl Bewerber von ihrem Auswahlverfahren aus. Im eigentlichen Auswahlverfahren ist an sechs (anderen!) Hochschulen die ungewichtete Abiturnote alleiniges Auswahlkriterium (Aachen, Bonn, Düsseldorf, Köln, Marburg und Saarbrücken). An einer weiteren Hochschule (Kiel) wird ebenfalls allein anhand des Zeugnisses der Hochschulzugangsberechtigung ausgewählt, allerdings unter besonderer Gewichtung der Noten in bestimmten studienspezifischen Fächern. An den übrigen Hochschulen treten weitere Auswahlkriterien neben die Abiturnote, wie etwa eine einschlägige Berufsausbildung, das Ergebnis eines Auswahlgesprächs oder dasjenige eines Eignungstests. Auch bei diesen Hochschulen steht die Abiturnote indessen jeweils stark im Vordergrund. Dies entspricht der gesetzlichen Forderung an die Hochschulen, dem „Grad der Qualifikation“ bei der Ausgestaltung ihres Auswahlverfahrens „maßgeblichen Einfluss“ zu geben (§ 32 Abs. 3 S. 2 HRG; Art. 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Staatsvertrag 2008). Vor dem Hintergrund dieser Vorgabe ist die Möglichkeit, den Rangplatz durch weitere Kriterien zu verbessern, teilweise eher gering mit der Folge, dass die Abiturnote nach wie vor das zentrale Zulassungskriterium darstellt. Hochschulen, die – wie in den Bewerbungsverfahren zum Wintersemester 2011/12 (München) und zum Wintersemester 2012/13 (Regensburg) – nur eine minimale Korrektur der Abiturnote um maximal 0,1 Punkte einräumen, sind zum Wintersemester 2013/14 allerdings nicht mehr zu finden.
430
All dies führt de facto dazu, dass auch im Auswahlverfahren der Hochschulen fast ausschließlich Bewerber mit sehr guten Abiturnoten zum Zuge kommen. So lagen die Auswahlgrenzen bei den sechs Hochschulen, die in ihrem Auswahlverfahren allein nach der Abiturnote auswählen, zum Wintersemester 2013/14 je nach Hochschule bei 1,2 (Köln), 1,3 (Aachen, Bonn, Düsseldorf, Köln) oder 1,4 (Marburg, Saarbrücken). In diesem Bereich lag im Übrigen auch die Abiturnote des in dieser Hinsicht jeweils schwächsten ausgewählten Bewerbers an drei weiteren Hochschulen (Bochum, Kiel, Münster). An insgesamt 20 Hochschulen lag die Abiturnote des schwächsten ausgewählten Bewerbers zwischen 1,5 und 2,0. Eine schwächere Durchschnittsnote als 2,0 hat lediglich an sechs von 35 Hochschulen (bei Erfüllung weiterer Auswahlkriterien) zu einer Zulassung geführt, nämlich in Freiburg (2,1), Gießen (2,1), Greifswald (2,3), Heidelberg (2,2), Heidelberg/Mannheim (2,4) und Ulm (2,5). Eine Zulassung mit der Durchschnittsnote 2,6 (oder schwächer) kam im Auswahlverfahren der Hochschulen zum Wintersemester 2013/14 an keiner Hochschule vor. Zum Wintersemester 2011/12 und zum Wintersemester 2012/13 hatten die Vergabeergebnisse des Auswahlverfahrens der Hochschulen in ähnlicher Größenordnung gelegen (vgl. die Angaben in der Tabelle unter II. 3. d)).
431
Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die durchschnittliche Abiturnote in den Jahren 2005 bis 2012 stets je nach Bundesland zwischen etwa 2,25 (Thüringen) und etwa 2,65 (Niedersachsen) lag und dabei rund die Hälfte aller erfolgreichen Abiturienten in Deutschland eine Abiturnote von 2,5 oder schwächer erzielte (Aufstellungen des Sekretariats der KMK, Beiakte 4), ist zu konstatieren, dass die Möglichkeit, mit einer durchschnittlichen Abiturnote einen Medizinstudienplatz zu erhalten, auch im Auswahlverfahren der Hochschulen faktisch kaum gegeben ist. Dass vielmehr - im Gegenteil - eine weit überdurchschnittliche Abiturnote notwendig ist, um realistische Zulassungschancen zu haben, lässt sich am Beispiel der Abiturergebnisse der Jahre 2009 bis 2012 in Nordrhein-Westfalen aufzeigen: Abiturnoten zwischen 1,0 und 1,4 erzielten hier rund 7 bis 8% der (erfolgreichen) Abiturienten. Abiturnoten zwischen 1,0 und 2,0 erzielten rund 23 bis 25% der (erfolgreichen) Abiturienten. Abiturnoten zwischen 1,0 und 2,5 schließlich erzielten knapp 50% der (erfolgreichen) Abiturienten (alle Angaben nach der zitierten Aufstellung der KMK, Beiakte 4). Nach den oben wiedergegebenen Vergabeergebnissen zum Wintersemester 2013/14 hätte demnach gut die Hälfte der nordrhein-westfälischen Abiturienten auch im Auswahlverfahren der Hochschulen keine Zulassung erhalten. Weitere rund 25% der nordrhein-westfälischen Abiturienten, nämlich diejenigen mit Abiturnoten zwischen 2,1 und 2,5, hätten in dieser Quote zum Wintersemester 2013/14 allenfalls eine Chance an den sechs oben genannten Hochschulen mit Auswahlgrenzen jenseits von 2,0 gehabt.
432
Die Beklagte hat im vorliegenden Verfahren darauf aufmerksam gemacht, dass sich zwar de facto die vorgenannten Auswahlgrenzen ergeben hätten, dass aber theoretisch auch eine schwächere Abiturnote zur Zulassung ausgereicht hätte, wenn der betreffende Bewerber die jeweiligen Zusatzkriterien mit optimalem Ergebnis erfüllte (vgl. die unter II. 3. d) wiedergegebene Schilderung der einzelnen Auswahlverfahren sowie die Angaben in der besagten Tabelle). Auch in Bezug auf diese „theoretischen Auswahlgrenzen“ ist allerdings zu konstatieren, dass an der Mehrzahl der Hochschulen nur mit einem deutlich überdurchschnittlichen Abitur die Zulassung zum Studium möglich war. Selbst die „theoretische Auswahlgrenze“ lag nämlich zum Wintersemester 2013/14 bei 25 von 35 Hochschulen im Bereich zwischen 1,0 und 2,0. Lediglich in Greifswald (theoretische Auswahlgrenze 2,5), Heidelberg (theoretische Auswahlgrenze 3,8) und Heidelberg-Mannheim (theoretische Auswahlgrenze 4,0) war auch mit einem durchschnittlichen oder unterdurchschnittlichen Abitur eine Zulassung denkbar, wenn der Bewerber die Zusatzkriterien optimal erfüllte. Dass die Zulassungsmöglichkeit im Auswahlverfahren dieser drei Hochschulen nicht ausreichte, um der Vielzahl von Abiturienten mit durchschnittlichen Noten eine ernsthafte Chance zu verschaffen, zeigt sich bereits daran, dass die genannten drei Hochschulen im hochschuleigenen Auswahlverfahren insgesamt nur rund 380 Plätze zu verteilen hatten (vgl. die Angaben der Beklagten, Bl. 129 der Gerichtsakte, die um ca. 10% für die Vorabquoten und sodann nochmals um ca. 40% für die beiden anderen Hauptquoten zu reduzieren sind).
433
Bei der Einschätzung der Chancen des einzelnen Bewerbers ist zudem zu berücksichtigen, dass jeder Bewerber sich maximal an sechs Hochschulen im hochschuleigenen Auswahlverfahren bewerben darf. Dabei gerade die wenigen Hochschulen auszuwählen, die im anstehenden Vergabeverfahren auch Bewerbern ohne Spitzenabitur eine Zulassungschance bieten, ist schwer zu realisieren. Selbst wenn ein Bewerber bei seiner Auswahl – etwa aufgrund früherer Vergabeergebnisse – ahnt, dass er bei den genannten sechs Hochschulen mit Auswahlgrenzen (zum Wintersemester 2013/14) jenseits von 2,0 am ehesten eine Zulassungschance hat, kann er zudem nicht an der Auswahl an allen sechs Hochschulen teilnehmen. Denn jede der in Rede stehenden Hochschulen führt ein Vorauswahlverfahren durch. Dabei schließen vier der sechs Hochschulen solche Bewerber aus, die ihren Studienort nicht mit erster (Greifswald, Heidelberg) bzw. erster oder zweiter Ortspräferenz (Freiburg, Heidelberg-Mannheim) benennen. Damit konnte der in Rede stehende Bewerber mit einer schwächeren Abiturnote als 2,0 sich maximal an zwei dieser vier Hochschulen bewerben. Die anderen beiden Hochschulen mit Auswahlgrenzen jenseits von 2,0 (Gießen und Ulm) stellen bei der Vorauswahl allein auf die Abiturnote ab und lassen Teilnehmer bis zur Abiturnote 2,3 (Gießen) bzw. 2,5 (Ulm) zu ihrem Auswahlverfahren zu; für einen Interessenten mit Abitur ab 2,4 (Gießen) bzw. 2,6 (Ulm) ist die Bewerbung daher von vornherein aussichtslos. Die Kammer verkennt nicht, dass gerade durch die rigorose Beschränkung der Wahlmöglichkeiten überhaupt erst eine Zulassung ohne Spitzennote in einzelnen hochschuleigenen Auswahlverfahren möglich wird; könnten sich alle Bewerber mit sehr guten Abiturnoten an allen Hochschulen bewerben, so ergäben sich zwangsläufig noch schärfere Auswahlgrenzen. Dies ändert aber nichts daran, dass es aufgrund der massiven Beschränkung der Wahlkombinationen für einen Bewerber ohne Spitzennote wenig wahrscheinlich ist, gerade die Hochschule, deren Auswahlgrenze er erreicht, auszuwählen. Dies gilt umso mehr, als diejenigen Hochschulen mit weniger strenger Auswahlgrenze im nachfolgenden Bewerbungsverfahren naturgemäß besonders gefragt sein werden mit der Folge, dass sich die Auswahlgrenze hier regelmäßig verschärft. So hatten die drei Hochschulen, die zum Wintersemester 2012/13 Bewerber bis zu einer (tatsächlichen) Abiturnote von 2,5 (Mainz) bzw. 2,6 (Magdeburg, Oldenburg) aufgenommen hatten, zum Wintersemester 2013/14 faktische Auswahlgrenzen von 2,0 (Mainz, Magdeburg) bzw. 1,9 (Oldenburg) im Auswahlverfahren der Hochschulen. Sich an dem Vergabeergebnis des Vorjahres zu orientieren, hilft dem Bewerber also nicht unbedingt weiter.
434
Seine Zulassungschance zu verwirklichen, ist für einen Bewerber aus der Gruppe der durchschnittlichen Abiturienten, selbst wenn er die an der jeweiligen Hochschule gefragten Zusatzkriterien erfüllt, nach alledem in erster Linie Glückssache.
435
Vgl. zu diesen Folgen der Verfahrensvorschriften im AdH auch Hauck-Scholz/Brauhardt, Verfassungsrechtliche Aspekte des neuen Studienplatzvergaberechts, WissR 2008, 307 (314 f.): „… führt zu einer massiven Einschränkung der Zulassungschancen für den Studienbewerber“; Selbmann/ Kiebs, Rechtsprobleme des neuen Auswahlverfahrens der Hochschule, DÖV 2006, 816 (818), und Selbmann, „Verwirrende Vielfalt“ oder wie das Recht auf die freie Wahl eines Studienplatzes ausgehebelt wird, NVwZ 2012, 1373 (1375): „Das AdH nimmt somit Züge eines Lotteriespiels an, …“.
436
Sich den Bonus für das Auswahlverfahren der einzelnen Hochschule – etwa durch die Absolvierung einer Berufsausbildung zum Krankenpfleger, Laborassistenten etc. – zu „verdienen“, verlangt unter diesen Umständen von Bewerbern ohne Spitzennote ein sehr hohes Maß an Motivation, Einsatzbereitschaft und Zuversicht.
437
Die Beschränkungen bei der Bewerbung führen auch dazu, dass die von der Beklagten aufgezeigten „theoretischen Zulassungsmöglichkeiten“ für Bewerber mit durchschnittlicher Abiturnote in der Regel Theorie bleiben werden. Wenn ein Bewerber mit der Abiturnote 2,9 beispielsweise zum Wintersemester 2012/13 die entsprechende Zulassungschance an der Universität Magdeburg („theoretische Auswahlgrenze“ 2,9) nutzen wollte, dann musste er sich entscheiden, in seinem Zulassungsantrag die Universität Magdeburg mit der „wertvollen“ Ortspräferenz 1 zu versehen und damit auf eine Vielzahl von anderen „Zulassungschancen“ zu verzichten, zugleich aber darauf vertrauen, dass er bei dem im Magdeburger Auswahlverfahren angewandten Studieneignungstest erfolgreicher abschneidet als alle Bewerber, deren Abiturnote besser ist als seine eigene. Angesichts dieser Überlegungen wird er auf die Wahl des Studienortes Magdeburg in der Regel verzichtet haben, selbst wenn die Frage, wo er das Studium absolviert, für ihn – wie für die meisten Bewerber ohne Spitzennote – von untergeordneter Bedeutung ist. Ähnliches gilt für die Bewerbung an den Hochschulen in Heidelberg und Heidelberg-Mannheim zum Wintersemester 2013/14. Als Bewerber mit durchschnittlichem oder schwächerem Abitur gerade diese Hochschulen mit den Ortspräferenzen 1 und 2 zu versehen, drängte sich nicht gerade auf.
438
Die vorstehend aufgezeigten rechtlichen, statistischen und rechnerischen Zusammenhänge sind im Übrigen durchaus nicht nur abstrakter Natur. Die beschließende Kammer, die in jedem Jahr über eine Vielzahl von Klagen und Anträgen auf Zulassung zum Studium innerhalb der festgesetzten Kapazität zu entscheiden hat, hat es inzwischen regelmäßig auch mit Studienbewerbern zu tun, die trotz guter Abiturnoten keinen Studienplatz erhalten haben. So sind beispielsweise die Antragstellerinnen der zum Sommersemester 2012 anhängig gemachten Eilverfahren 6z L 317/12 und 6z L 420/12 jeweils mit der Abiturnote 1,8 im Vergabeverfahren gescheitert, obwohl sie sich in allen Hauptquoten und für eine große Zahl von Studienorten beworben hatten. Die Klägerin des Verfahrens 6z K 4182/12 hat zum Wintersemester 2012/13 mit der Abiturnote 1,5 an der Vergabe in allen Auswahlhauptquoten und mit der größtmöglichen Zahl an Ortswünschen teilgenommen, ohne eine Zulassung zu erhalten. Ebenfalls erfolglos war in diesem Auswahlverfahren die Antragstellerin des Verfahrens 6z L 313/13, die sich mit der Abiturnote 1,7 beworben hatte. Im Auswahlverfahren zum Wintersemester 2013/14 hat sich beispielsweise die Antragstellerin des Verfahrens 6z L 1229/13 mit der Abiturnote 1,2 erfolglos beworben – allerdings ausschließlich für einen Studienplatz an der TU Dresden.
439
Vgl. die Beschlüsse der Kammer vom 27. April 2012 - 6z L 317/12 -, vom 23. April 2012 - 6z L 420/12 -, juris, vom 27. März 2013 - 6z L 313/13 -, juris, und vom 30. September 2013 - 6z L 1229/13, juris, und den Gerichtsbescheid der Kammer vom 28. November 2012 - 6z K 4182/12 -, juris.
440
Auch der Kläger selbst hat die Überlegungen, die bei der Auswahl der Hochschulen für seine Bewerbung eine Rolle gespielt haben, im Übrigen in seinem Schriftsatz vom 3. März 2014 (Bl. 61 ff. der Gerichtsakte) anschaulich dargestellt.
441
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass rund drei Viertel der erfolgreichen Abiturienten nach den Vergabeergebnissen des Wintersemesters 2013/14 selbst mit Zusatzkriterien einzelner Auswahlverfahren nur eine äußerst eingeschränkte Zulassungschance im Auswahlverfahren der Hochschulen und – erst recht – in der Abiturbestenquote hatten; rund die Hälfte der Abiturienten hatte in diesen beiden Hauptquoten praktisch gar keine Chance. Die überragende Bedeutung, welche der Abiturnote bei der Auswahl zukommt, ist jedenfalls nicht zu übersehen. Das Auswahlsystem lässt sich überspitzt dahingehend beschreiben, dass „die Abiturnotenquote faktisch fast 80% beträgt“.
442
So Breuer, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HdbStR, Bd. VIII, 3. Aufl. 2010, § 170 Rdnr. 110; nahezu wortgleich Brehm/Zimmerling, Die Entwicklung des Hochschulzulassungsrechts seit 1996, NVwZ 2008, 1303 (1304); s. auch Müller, Warten auf Godot – Das BVerfG und die Wartezeit, NVwZ 2013, 35 (36 f.).
443
Dabei handelt es sich auch nicht etwa um ein in zeitlicher Hinsicht punktuelles Phänomen, das allein zum Wintersemester 2013/14 aufgetreten ist. Die Auswahlgrenzen im Vergabeverfahren zu den Wintersemestern 2011/12 und 2012/13 sowie zu den Sommersemestern 2011, 2012 und 2013 sind denen des streitgegenständlichen Wintersemesters vergleichbar gewesen. Insgesamt zeigt sich, wenn man die Auswahlgrenzen der letzten fünfzehn Jahre betrachtet (siehe oben unter II. 3. a) bis c)), eine kontinuierliche Entwicklung hin zu dem jetzigen Zustand. Sofern die Prognose der Kultusministerkonferenz hinsichtlich der Studienanfängerzahlen bis 2025 zutrifft, ist auch nicht mit einer wesentlichen Entspannung in überschaubarer Zukunft zu rechnen. Denn wenn selbst im Jahre 2025 die Zahl der Studienanfänger noch in etwa diejenige des Jahres 2009 erreicht – so die Prognose (siehe oben unter II. 1.) –, dann ist auf absehbare Zeit ein Sinken der Auswahlgrenzen nicht zu erwarten.
444
Vgl. zu den entsprechenden Prognosen und ihrer Validität auch Dohmen, Studienanfängerzahlen – Ein Rückblick auf die KMK-Prognosen der letzten 20 Jahre, Forschung & Lehre 2014, 28 f.
445
(2) Erweist sich die Abiturnote demnach in zwei der drei Hauptquoten als das zentrale Auswahlkriterium, das einen erheblichen Teil der Bewerber de facto von der Studienzulassung ausschließt, so stellt sich die Frage, ob dies der verfassungskräftigen Forderung nach einer sachgerechten und fairen Auswahl (siehe oben unter III. 1.bb)) entspricht. Denn insoweit ergibt sich das schon in der Numerus-clausus-Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts herausgestellte Problem einer Ungleichbehandlung grundsätzlich gleichberechtigter, nämlich mit der Allgemeinen Hochschulreife versehener Bewerber, die vor allem dann, wenn der Unterschied zwischen dem Bewerber mit Zulassungschance und dem Bewerber ohne Zulassungschance auf wenige Zehntelpunkte bei der Abiturnote beschränkt ist, nach sachlichen Gründen von hinreichender Tragfähigkeit verlangt. Die Kammer ist der Auffassung, dass sich zwar gute Gründe für eine starke Betonung der Abiturnote bei der Auswahl der Studienanfänger finden lassen, es sich also grundsätzlich um ein sachgerechtes Verteilungskriterium handelt (dazu nachfolgend (a)), dass die mit diesem Auswahlkriterium verbundenen Probleme, namentlich die Ungleichbehandlung unter Umständen gleich qualifizierter Bewerber, aber nach einem Korrektiv verlangen, das die Chancenoffenheit für eine größere Zahl von Bewerbern wahrt und die Ungleichbehandlung abschwächt; die entsprechende Forderung der Numerus-clausus-Rechtsprechung hält die Kammer nach wie vor für richtig (dazu nachfolgend (b) und (c)).
446
(a) Für eine Heranziehung der Abiturnote als Auswahlkriterium sprechen zunächst Gründe der Verwaltungspraktikabilität. Die Abiturnoten lassen sich in dem unter erheblichem Zeitdruck und mit einer Vielzahl von Bewerbern stattfindenden Auswahlverfahren einfach und zuverlässig feststellen. Wenn einige Hochschulen in ihren hochschuleigenen Auswahlverfahren auf eine individuelle Eignungsfeststellung der Bewerber verzichten und ihre Studienanfänger allein anhand der Abiturnote auswählen, dürfte der Umstand, dass eine solche Auswahl den geringsten Verwaltungs- und Personalaufwand bedeutet, dabei eine nicht unerhebliche Rolle spielen.
447
Für eine Auswahl (auch) anhand der Abiturnote lässt sich aber vor allem anführen, dass diese unter den verschiedenen Auswahlkriterien am ehesten einen Schluss auf den voraussichtlichen Studienerfolg des Bewerbers zulässt. Die Eignung der Abiturnote als valider Indikator für einen Studienerfolg wird in der Bildungs- und Wissenschaftsforschung heute kaum noch in Abrede gestellt. Insbesondere das hohe Aggregationsniveau der Abiturnote, das sowohl Fachwissen und kognitive Leistungen wie auch nicht-kognitive und motivationale Fähigkeiten spiegelt, wird in diesem Zusammenhang als Begründung angeführt.
448
Vgl. nur Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Reform des Hochschulzugangs, Drs. 5920/04 vom 30. Januar 2004, S. 26 f. und 44; Neumann/Nagy/Trautwein/Lüdtke, Vergleichbarkeit von Abiturleistungen, Zeitschrift für Erziehungswissenschaft 2009, S. 691 (711); Haug, Politische und rechtliche Aspekte zu Studiengebühren und Studierendenauswahl, in: Fehling u.a. (Hrsg.), Hochschulen zwischen Gleichheitsidee und Elitestreben, 2005, S. 87 (94); sowie eingehend Gentsch, Richtig ausgewählt? Eine Evaluation neuer Verfahren der Studierendenauswahl in den Fächern Medizin und Pharmazie an der Goethe-Universität, Berlin 2009, mit weiteren Nachweisen zum Meinungsstand.
449
Zum Teil wird allerdings bezweifelt, dass der „Studienerfolg“ – also Dauer, Bestehensquote und Abschlussnoten des Studiums, die in einer gewissen Korrelation zu den Abiturnoten der Studierenden stehen – alleiniger Maßstab für die auf den Beruf des Arztes hinführende Auswahlentscheidung sein sollte bzw. darf.
450
Kritisch etwa Mahrenholz, in: Avenarius u. a. (Hrsg.), Festschrift für Erwin Stein, 1983, S. 203 ff.; vgl. zu alternativen Maßstäben auch Gentsch, a.a.O., S. 25 ff.
451
Die Kammer ist indes der Auffassung, dass sich mit der Validität der Abiturnote als Indikator für den Studienerfolg durchaus die Heranziehung dieses Auswahlkriteriums als „sachgerecht“ begründen lässt. Denn gerade bei der Bereitstellung von Medizinstudienplätzen, die – wie die Beklagte zu Recht hervorhebt – für den Staat einen massiven Kostenaufwand bedeutet, erscheint es vertretbar, der Frage, ob der Bewerber das Studium voraussichtlich erfolgreich und in überschaubarer Zeit beenden wird, wesentliche Bedeutung bei der Vergabe der Studienplätze beizumessen.
452
Zudem vermittelt Art. 5 Abs. 3 GG den Hochschulen grundsätzlich ein Recht auf „akademische Selbstverwaltung“ (siehe dazu oben unter III. 1. b) (5)). Dass die Hochschulen das Auswahlkriterium „Durchschnittsnote“ offenbar zum Teil bevorzugen, vermittelt diesem Kriterium daher, wie die Beklagte zutreffend anführt, in gewissem Umfang zusätzliche Rechtfertigung. Die Kraft dieses Arguments ist freilich begrenzt, weil eine starke Betonung des Kriteriums „Durchschnittsnote“ gesetzlich vorgegeben ist und weil die neueren Steuerungsmodelle – leistungsorientierte Mittelzuwendungen, Zielvereinbarungen etc. – die Finanzierung der einzelnen Hochschule zum Teil gerade von der Studiendauer sowie den Abschlussquoten und -noten abhängig machen, so dass das Kriterium „Durchschnittsnote“, das gerade zu diesen Parametern in einer Beziehung steht, sich den Hochschulen unabhängig von ihrer akademischen Vorliebe aufdrängen dürfte.
453
Für die Abiturnote als Auswahlkriterium spricht schließlich, dass auch alle anderen Auswahlkriterien für sich allein genommen wohl mindestens ebenso großen Einwänden in Bezug auf ihre Validität, Objektivität und/oder Zuverlässigkeit ausgesetzt sind.
454
Vgl. auch dazu Gentsch, a.a.O., mit weiteren Nachweisen.
455
Dass die Durchschnittsnote ein grundsätzlich sachgerechtes und zulässiges Auswahlkriterium ist, entspricht im Übrigen auch der ganz überwiegenden Auffassung in der hochschulzulassungsrechtlichen Rechtsprechung und Literatur.
456
Vgl. nur BayVGH, Beschlüsse vom 23. März 2006 - 7 CE 06.10164 u.a. -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 7. März 2006 - 13 B 174/06 -, juris; Scholz, in: Maunz/Dürig/Herzog/ Scholz, GG, Kommentar, Stand: 5/2013, Art. 12 Rdnr. 465 f.; Kämmerer, in: v. Münch/Kunig (Hrsg.), GG, Kommentar, 6. Aufl. 2012, Art. 12 Rdnr. 37; Selbmann/Kiebs, Rechtsprobleme des neuen Auswahlverfahrens der Hochschule, DÖV 2006, 816 (817); krit. Hailbronner, Verfassungsrechtliche Fragen des Hochschulzugangs, WissR 1996, 1 (24 f.).
457
Auch die beschließende Kammer hat es in der Vergangenheit für vertretbar gehalten, dem ganz wesentlich an die Durchschnittsnote anknüpfenden Leistungsprinzip bei der Vergabe der Studienplätze einen Vorrang einzuräumen, wie es bei den derzeitigen Hauptquoten im Ergebnis geschieht. Die Kammer hat die seit dem Wintersemester 2000/01, also seit der Einführung des „Auswahlverfahrens der Hochschulen“ angewandten Zulassungsregelungen einschließlich der Quotenaufteilung lange Zeit ebenso wenig beanstandet wie andere damit befasste Verwaltungsgerichte.
458
Vgl. nur VG Gelsenkirchen, Urteil vom 27. Mai 2003 - 6 K 4839/02 -, Gerichtsbescheid vom 15. Mai 2006 - 6 K 3036/05 -, Urteil vom 12. Dezember 2008 - 6 K 4872/08 - und Beschluss vom 7. Oktober 2010 - 6 L 917/10 -, juris.
459
(b) Trotz alledem bleibt die Abiturnote aber vor dem Hintergrund der vor allem durch den allgemeinen Gleichheitssatz vermittelten Forderung nach einer sachgerechten und fairen Auswahlentscheidung ein problematisches Auswahlkriterium. Denn es besteht weitgehend Einigkeit, dass Abiturnoten, obwohl sie im Allgemeinen eine valide Voraussage über den Studienerfolg ermöglichen, für die Einschätzung der Qualifikation des einzelnen Bewerbers nur bedingt zuverlässig und dass sie untereinander nur eingeschränkt vergleichbar sind.
460
Dass schon die Vergleichbarkeit zwischen den Ländern nicht gegeben ist, ist oben bereits aufgezeigt worden (unter III. 1. b) aa)). Während die Unterschiede zwischen den Ländern bei der Abiturbestenquote durch Landesquoten ausgeglichen werden, wird im Auswahlverfahren der Hochschulen nicht nach Landesquoten verteilt, die Bewerber konkurrieren vielmehr insgesamt miteinander. Die Beklagte hat (namentlich in dem bereits im Vorjahr vorgelegten Verfahren 6z K 4171/12) nachvollziehbar aufgezeigt, dass die Bildung von Landesquoten in den Auswahlverfahren der Hochschulen auf erhebliche Schwierigkeiten stößt, weil „die hiermit verbundenen Rundungs- und Verteilungsprobleme […] organisatorisch nicht abzubilden“ seien. Dies ändert aber nichts daran, dass die überragende Bedeutung, welche der Abiturnote im Auswahlverfahren der Hochschulen zukommt, aus Sicht des Gleichheitssatzes prekär ist, wenn Abiturienten unterschiedlicher Herkunft unmittelbar mit einander konkurrieren. Dass es bei der Abiturbestenquote wegen der fehlenden Vergleichbarkeit der Schulsysteme und des Abiturnotenniveaus verschiedener Länder geboten sein soll Landesquoten zu bilden, während im Auswahlverfahren der Hochschulen alle Bewerber unmittelbar miteinander konkurrieren, lässt sich aus Sicht der Kammer schwerlich begründen und stellt vor dem Hintergrund der Forderung nach einem objektiv sachgerechten Auswahlverfahren ein erhebliches Problem dar, das sich wiederum anhand der genannten Zahlen illustrieren lässt: Während ein durchschnittlicher Abiturient der Jahrgänge 2005 bis 2012 aus Thüringen im Vergabeverfahren zum Wintersemester 2013/14 eine (geringfügige) Zulassungschance hatte, war ein durchschnittlicher Abiturient derselben Jahrgänge aus Niedersachsen von einer Zulassungschance praktisch ausgeschlossen, ohne dass sich eine größere Studieneignung des Thüringer Bewerbers feststellen ließe. Sofern die Verteilung im Auswahlverfahren ausschließlich anhand der Abiturnoten erfolgt, hält die Kammer diese Ungleichbehandlung aus Sicht des Gleichheitssatzes für nicht tolerierbar, da sie sich relativ problemlos beseitigen lässt (siehe oben unter III. 1. b) aa)). Soweit die Abiturnote hingegen in Kombination mit anderen Vorauswahl- oder Auswahlkriterien zur Anwendung gelangt und die Ungleichbehandlung aus den von der Beklagten genannten Gründen nicht beseitigt werden kann, stellt sich die Frage ihrer Rechtfertigung.
461
Das Problem der Vergleichbarkeit von Abiturnoten besteht indessen nicht allein zwischen den Ländern. Es entspricht vielmehr praktisch einhelliger Ansicht und im Übrigen auch der allgemeinen Lebenserfahrung, dass Abiturnoten wegen der Divergenzen des Schulniveaus und der schulischen Notengebung sowie wegen der „persönlichen, sozialen und situativen Bedingtheiten schulischer Leistungen“ (Breuer) nur eingeschränkt miteinander vergleichbar sind. So kann das Abiturergebnis etwa von der Schulform, von der Benotungskultur der jeweiligen Lehrerschaft und von dem Leistungsniveau der Mitschüler („Referenzgruppeneffekt“) abhängen. Auch die in der Oberstufe angebotenen und gewählten Kurse und Lehrkräfte spielen regelmäßig eine erhebliche Rolle. Relevant für die Gesamtnote ist ferner, ob die Begabungen und Interessen eines Schülers sich auf einzelne Bereiche – beispielsweise auf die Naturwissenschaften – konzentrieren oder er bereits zu Schulzeiten ein breites Spektrum von Wissensfeldern abzudecken vermag. Die persönliche Reife des Schülers bei Eintritt in die Oberstufe dürfte ebenfalls nicht zu vernachlässigende Bedeutung haben und lässt zudem die Frage der Vergleichbarkeit von Abiturienten des zwölfjährigen und solchen des dreizehnjährigen Schulsystems aufscheinen. Auch in zeitlicher Hinsicht sind Abiturnoten wohl nicht unbegrenzt vergleichbar. Denn das Notenniveau scheint sich im Laufe der Zeit kontinuierlich zu besseren Abiturnoten hin zu verschieben, wie sich ansatzweise wohl sogar anhand der Aufstellungen über die Abiturnoten 2005 bis 2012 (Beiakte 4) ersehen lässt.
462
Vgl. zu alledem nur Breuer, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HdbStR, Bd. VIII, 3. Aufl. 2010, § 170 Rdnr. 111; Reich, HRG, Kommentar, 11. Aufl. 2012, § 32 Rdnr. 11; Pautsch/ Dillenburger, Kompendium zum Hochschul- und Wissenschaftsrecht, 2011, Rdnr. 103 f.; Hauck-Scholz/Brauhardt, Verfassungsrechtliche Aspekte des neuen Studienplatzvergaberechts, WissR 2008, 307 (329 f.); Haug, Politische und rechtliche Aspekte zu Studiengebühren und Studierendenauswahl, in: Fehling u.a. (Hrsg.), Hochschulen zwischen Gleichheitsidee und Elitestreben, 2005, S. 87 (94 f.); Brüheim/Sievers/Westermann, Nicht allein die Abiturnote, Forschung & Lehre 2012, 912 ff.; ebenso Gentsch, a.a.O., die trotz grundsätzlicher Befürwortung von fehlender Objektivität und Zuverlässigkeit des Auswahlkriteriums Abiturnote spricht (S. 37 ff. mit weiteren Nachweisen); siehe auch VG München, (auf Beschwerden geänderte) Beschlüsse vom 19. Dezember 2005 - M 3 E L 05.20578 u.a. -, juris.
463
Auch der Wissenschaftsrat, das hochschul- und wissenschaftspolitische Beratungsgremium der Bundesregierung und der Länderregierungen, hat im Jahre 2004 auf diese Probleme hingewiesen und erklärt, er halte die Praxis, einen erheblichen Teil der Studienplätze nach der Durchschnittsnote des Schulabschlusses zu vergeben, für „bedenklich“, weil „zur Genüge bekannt“ sei, dass gleiche Notenniveaus nicht auf eine tatsächliche Gleichheit der zugrunde liegenden Leistungen und Qualifikationsniveaus schließen ließen, sondern dass „teilweise erhebliche Differenzen zwischen einzelnen Bundesländern und auch zwischen einzelnen Schulen und sogar Klassen derselben Bundesländer feststellbar“ seien; diese Differenzen würden sich „auf absehbare Zeit auch nicht ausgleichen lassen“. Die Mathematisierung der Noten im Rahmen der Studienplatzvergabe erwecke zwar den Anschein einer großen Messgenauigkeit mit Blick auf Leistungsunterschiede, dürfte jedoch in der Realität kaum Bestand haben.
464
Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Reform des Hochschulzugangs, Drs. 5920/04 vom 30. Januar 2004, S. 28 ff., abrufbar auf www.wissenschaftsrat.de; in Bezug genommen auch in Bundestags-Drucksache 15/3475, S. 6.
465
Ähnlich hat sich unlängst auch der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz, Professor Hippler, geäußert und erklärt: „Wir glauben, wir könnten Noten bundesweit vergleichen. Aber dazu ist unser Schulsystem viel zu heterogen“.
466
So Hippler gegenüber dem Magazin „Focus“ (Nr. 22/2013); wiedergegeben auch in Forschung & Lehre 2013, 525.
467
Auf viele dieser Bedenken hat das Bundesverfassungsgericht bereits in seiner Numerus-clausus-Rechtsprechung hingewiesen und überdies auch auf die negativen Folgen aufmerksam gemacht, die eine Verabsolutierung der Abiturnoten bei der Studienzulassung auf das Verhalten von Schülern, Eltern und Lehrern und auf die Funktionsfähigkeit der Schule als einer Bildungseinrichtung, die nicht allein eine Auswahl unter den Studienbewerbern ermöglichen soll, sondern einer größeren Zahl von Bildungs- und Erziehungszielen verpflichtet ist (vgl z. B. die Aufzählung in Art. 1 f. Bayerisches Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen; § 2 Schulgesetz NRW), hat.
468
Vgl. BVerfG, Urteil vom 18. Juli 1972 - 1 BvL 32/70 u.a. -, BVerfGE 33, 303 (350); Beschluss vom 3. April 1974 - 1 BvR 282/73 -, BVerfGE 37, 104 (114 ff.); eindringlich zu den zuletzt genannten Aspekten Mahrenholz, in: Avenarius u.a. (Hrsg.), Festschrift für Erwin Stein, 1983, S. 203 ff.
469
Die aufgezeigten Bedenken gegen das Kriterium „Durchschnittsnote“ lassen sich entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht mit einem Hinweis auf die veränderte Hochschullandschaft bzw. auf ein gewandeltes Rechts- und Verfassungsverständnis im Bereich des Hochschulrechts ausräumen. Im Schrifttum findet sich allerdings in der Tat der Hinweis, dass es vor dem Hintergrund von gestärkter Hochschulautonomie, Flexibilisierung, Wettbewerb und geforderter Schwerpunktbildung heute nicht mehr um ein Recht auf Zuteilung eines Studienplatzes in einem einheitlichen Hochschulsystem gehe, sondern um die Chance, nach gleicher Eignung und Befähigung einen bestimmten Studiengang an der gewünschten Hochschule in einem differenzierten Hochschulsystem absolvieren zu können. Chancengleichheit und Offenheit des Ausbildungsangebots seien durch die Möglichkeit, sich für jeden Studiengang nach den individuellen Fähigkeiten und Voraussetzungen bewerben zu können, tendenziell besser gewährleistet. Nicht jeder erfolgreiche Abiturient sei eben – wie das Bundesverfassungsgericht in seiner Numerus clausus-Rechtsprechung angenommen habe – in der Weise „hochschulreif“, dass er für jeden Studiengang an jeder Hochschule geeignet sei.
470
Vgl. Hailbronner, Hochschulzugang, zentrale Studienplatzvergabe und Hochschulauswahlverfahren, WissR 2002, 209 ff.; Steinberg/Müller, Art. 12, Numerus Clausus und die neue Hochschule, NVwZ 2006, 1113 ff.; s. dazu auch Sturm, Studienplatzabbau an staatlichen Hochschulen, 2012, S. 235 ff.
471
Nach Auffassung der Kammer lassen sich diese Überlegungen indes im vorliegenden Zusammenhang nicht fruchtbar machen. Zwar ließe sich mit ihnen möglicherweise ein Auswahlsystem rechtfertigen, in dem eine noch größere Bandbreite an Auswahlkriterien verwendet wird und in dem tatsächlich die einzelne Hochschule über die Eignung eines Bewerbers und die Kriterien zu ihrer Ermittlung entscheidet. Die Bedenken gegen ein Auswahlsystem, das eben nicht vorrangig von differenzierten Eignungskriterien geprägt ist, sondern in erster Linie von einer (den Hochschulen gesetzlich vorgegebenen) Zuspitzung auf die Abiturnote und damit auf ein Auswahlkriterium, das wegen mangelnder Zuverlässigkeit und Vergleichbarkeit in sich problematisch ist, lassen sich mit einem Hinweis auf den „Paradigmenwechsel“ bei der Hochschul- und Bildungspolitik jedoch nicht ausräumen.
472
Auch die Frage, ob jeder Abiturient für jeden Studiengang per se geeignet ist, lässt sich durchaus diskutieren. Insoweit mag man in der Tat hinterfragen können, ob alle Abiturienten eine realistische Chance auf Zulassung zu jedem Studium haben müssen. Dass aber drei Viertel der Abiturienten für das Medizinstudium von vornherein ungeeignet sein sollen, lässt sich aus Sicht der Kammer nicht ernsthaft annehmen.
473
Ähnliches gilt im Übrigen für die Einschätzung, der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum „Numerus clausus“ lägen ein „zeitbedingtes Grundrechtsverständnis“ und eine „zeitgeistige Dogmatik“ zugrunde, die heute überholt seien.
474
So Steinberg/Müller, Art. 12, Numerus Clausus und die neue Hochschule, NVwZ 2006, 1113; ähnlich Ackermann, Das heutige Kapazitätsrecht, RdJB 2007, 354 (360 f.).
475
Man mag diese These in Bezug auf den vom Bundesverfassungsgericht erwogenen Verfassungsauftrag zur Erweiterung der Studienplatzkapazität (oben III. 1. a) aa) (1)) und auch in Bezug auf die angenommene Pflicht zu einer vollständigen Kapazitätsausschöpfung (oben III. 1. a) aa) (2)) diskutieren können. Die verfassungskräftige, vor allem auch aus dem Gleichheitssatz resultierende Forderung jedoch, die vorhandenen Studienplätze nach sachgerechten Kriterien zu vergeben und die Zuspitzung auf ein einziges, seinerseits nicht uneingeschränkt zuverlässiges und gerechtes Auswahlkriterium zu vermeiden, lässt sich aus Sicht der Kammer nicht durch den Hinweis auf ein verändertes Verfassungsverständnis oder einen gewandelten Zeitgeist relativieren.
476
(c) Die vorstehend erläuterte Feststellung, dass die Fixierung der Studienplatzvergabe auf die Abiturnote der verfassungskräftigen Forderung nach einer fairen Auswahl anhand sachgerechter Kriterien letztlich nicht entspricht, weil – jedenfalls im Grenzbereich – regelmäßig gleich qualifizierte Bewerber ungleich behandelt werden, legt den Schluss auf die Verfassungswidrigkeit der Auswahl in den beiden erörterten Hauptquoten nahe. Ein solcher Befund ließe jedoch außer Acht, dass ein alternatives Auswahlkriterium, das eine ebenso valide Prognose des Studienerfolgs ermöglicht, die in Rede stehende Ungleichbehandlung aber vermeidet, wohl nicht existiert. Jedes denkbare Verteilungskriterium begegnet, wie bereits angedeutet, hinsichtlich seiner Validität, Objektivität und/oder Zuverlässigkeit mindestens ebenso großen Bedenken wie die Abiturnote. Als Ausweg aus diesem Dilemma hält die Kammer den bereits in den Numerus-clausus-Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts postulierten Weg eines mehrgleisigen Auswahlverfahrens, bei dem die Defizite des einen Auswahlkriteriums durch die Vorteile eines anderen Kriteriums kompensiert werden und umgekehrt, nach wie vor für überzeugend und verfassungsrechtlich zwingend. In der Entscheidung „Numerus clausus I“ heißt es dazu:
477
„[Es wäre] jedenfalls bei der derzeitigen Regelung der Hochschulreife nicht gerechtfertigt, die Zulassung ausschließlich nach dem auf Abiturnoten fußenden Leistungsprinzip vorzunehmen. Dieses kann sich bei der Auswahlentscheidung chancenerhöhend auswirken, indem beispielsweise die Zulassungsquote nach dem Leistungsprinzip höher bemessen wird, als nach dem Jahrgangsprinzip […]. Eine ausnahmslose Anwendung des Leistungsprinzips würde aber bei Erschöpfung der Gesamtkapazität chancenausschließend wirken, nämlich dazu führen, dass ein Teil der hochschulreifen Bewerber von vornherein und auf Dauer vom Studium ihrer Wahl ausgeschlossen bliebe. Ein solches Ergebnis, bei dem die Zulassung oder Ablehnung von einem auf mehrere Stellen hinter dem Komma berechneten und je nach Bewerberzahl und Ausbildungskapazität schwankenden Notendurchschnitt abhängen würde, bezeichnet die Westdeutsche Rektorenkonferenz […] zu Recht als offensichtlich unsachlich.“
478
So BVerfG, Urteil vom 18. Juli 1972 - 1 BvL 32/70 u.a. -, BVerfGE 33, 303 (350); vgl. zur Tauglichkeit der Abiturnote als Auswahlkriterium auch Beschluss vom 3. April 1974 - 1 BvR 282/73 -, BVerfGE 37, 104 ff. („Bonus/Malus“).
479
In seinem Urteil vom 8. Februar 1977 („Numerus Clausus II“) hat das Bundesverfassungsgericht an diese Überlegungen angeknüpft und festgestellt:
480
„Bei der Würdigung des gegenwärtigen Auswahlsystems wurde es als sachgerecht beurteilt, die Auswahl bevorzugt nach dem Grad der Eignung vorzunehmen. Als bislang praktisch unvermeidlich wurde es dabei bezeichnet, den Grad der Eignung nach der Durchschnittsnote des Schulabschlusses zu bestimmen. Doch wurde mit zunehmender Deutlichkeit auf die damit verbundenen Bedenken hingewiesen und demgemäß die Anwendung der derzeitigen Auswahlkriterien als "problematisch" gewertet […]. Trotz dieser Bedenken war eine verfassungsrechtliche Billigung solange vertretbar, wie durch eine kumulative Anwendung des Leistungsprinzips und des Wartezeitprinzips die nachteiligen Auswirkungen verschiedener Auswahlkriterien einigermaßen ausgeglichen wurden und zudem die Zahl der zulassungsbeschränkten Studiengänge noch gering war. Denn bei einer Kumulation wirkt die notenabhängige Anwendung des Leistungsprinzips nicht chancenausschließend sondern lediglich chancenerhöhend in dem Sinne, dass von der Leistungsliste zwar die sofortige Zulassung ohne zeitliche Verzögerung abhängt, dass jedoch die zunächst abgewiesenen Bewerber über die Wartezeit eine Zulassungschance behalten. Diese Wirkung hat aber zur Bedingung, dass die Anforderungen an Durchschnittsnoten und Wartezeit ein erträgliches Maß nicht überschreiten; bei höheren Grenzwerten setzt das Funktionieren eines solchen Systems […] zumindest eine Tendenz zum Abbau von Zulassungsbeschränkungen als vorübergehender Mangelerscheinung voraus, von der das Numerus Clausus-Urteil aufgrund der damaligen Angaben noch ausgehen konnte […]. Unter diesen Voraussetzungen erfüllt ein solches System weitgehend die Forderung nach Chancenoffenheit, da es praktisch allen Bewerbern eine hohe Zulassungschance lässt. Demgemäß genügt bei vertretbaren Grenzwerten eine durch eine Härteklausel ergänzte Auswahl nach Durchschnittsnoten und Wartezeit nach wie vor den verfassungsrechtlichen Anforderungen, namentlich dann, wenn sie durch die in § 32 Abs. 3 HRG vorgesehenen Modifizierungen (Gewichtung von Leistungen, die über die Eignung besonderen Aufschluss geben; Gleichbehandlung geringfügig abweichender Qualifikationsgrade; rangverbessernde Berücksichtigung beruflicher Tätigkeiten und Ausbildungen) verbessert wird. […]“
481
So BVerfG, Urteil vom 8. Februar 1977 - 1 BvF 1/76 u.a. -, BVerfGE 43, 291 (317 ff.).
482
Der Senat sah die Wartezeitquote seinerzeit also als einen bei hohem Bewerberüberhang und demzufolge strengen Auswahlgrenzen notwendigen Ausgleich zu der übrigen, am Leistungsprinzip orientierten Auswahl an. Gerade die Mehrgleisigkeit des Auswahlsystems wurde unter diesen Umständen als im Hinblick auf ein für viele Bewerber chancenoffenes Auswahlsystem zielführend angesehen. Auch in Rechtsprechung und Literatur wird unter Bezugnahme auf diese Überlegungen des Bundesverfassungsgerichts darauf hingewiesen, dass es auf die Chancenoffenheit des Gesamtsystems ankomme, die gerade durch eine sachgerechte Kombination verschiedener Auswahlkriterien hergestellt werden könne. Schließe ein Auswahlkriterium eine wesentliche Gruppe von Bewerbern von vornherein von der Zulassung aus, so bedürfe es eines Ausgleichs in Form (zumindest) eines anderen Kriteriums, das die Chancenoffenheit insgesamt zu gewährleisten vermag.
483
Vgl. etwa BayVerfGH, Entscheidung vom 4. Mai 2007 - Vf. 9-VII-06 -, juris; VGH Baden-Württ., Beschluss vom 12. Juni 2009 - NC 9 S 1329/09 -, NVwZ-RR 2009, 884 f.; Scholz, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Kommentar, Stand: 5/2013, Art. 12 Rdnr. 476; Mann, in: Sachs (Hrsg.), GG, Kommentar, 6. Aufl. 2011, Art. 12 Rdnr. 173; Hömig, in ders. (Hrsg.), GG, Kommentar, 10. Aufl. 2013, Art. 12 Rdnr. 21; Mahrenholz, in: Avenarius u.a. (Hrsg.), Festschrift für Erwin Stein, 1983, S. 199 ff.; Forsthoff, Die Auswahl bei der Hochschulzulassung, DÖV 1984, 331 (334 ff.); Hailbronner, Hochschulzugang, zentrale Studienplatzvergabe und Hochschulauswahlverfahren, WissR 2002, 209 (212 f.); Hauck-Scholz/Brauhardt, Verfassungsrechtliche Aspekte des neuen Studienplatzvergaberechts, WissR 2008, 306 (320 f.); Wollenschläger, Verteilungsverfahren, 2010, S. 358.
484
In konsequenter Fortführung dieser Überlegungen sind die Verwaltungsgerichte bei der Einführung und sukzessiven Stärkung des „Auswahlverfahrens der Hochschulen“ als dritter Hauptquote davon ausgegangen, dass die Auswahlsatzung einer einzelnen Hochschule oder auch die Auswahlregelungen der Hochschulen eines einzelnen Bundeslandes nicht – etwa wegen der Verengung auf die Abiturnote als einziges Auswahlkriterium – verfassungswidrig sind, solange die Chancenoffenheit des Gesamtsystems durch die anderen Hauptquoten, aber auch die Auswahlsatzungen anderer Hochschulen gewährleistet ist. Insoweit wird eine bundesweite und alle Verteilungsquoten einschließende Gesamtbetrachtung des Verteilungssystems für erforderlich gehalten.
485
Vgl. nur BayVGH, Beschlüsse vom 23. März 2006 - 7 CE 06.10164 u.a. -, juris; HessVGH, Beschluss vom 22. März 2006 - 8 MM 3780/05.W5 u.a. -, juris; VG Berlin, Gerichtsbescheid vom 24. Juni 2008 - 3 A 758/07 -, juris; VG Frankfurt/Main, Beschluss vom 3. März 2006 - 3 FM 2887/05.W -, juris (Rdnr. 27); VG Köln, Beschluss vom 9. Februar 2006 - 6 L 1791/05 -, n.v.; VG Münster, Beschluss vom 20. Januar 2006 - 9 L 1071/05 -, juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 27. Mai 2003 - 6z K 4720/02 -, juris; VG Saarlouis, Beschluss vom 11. November 2013 - 1 L 1867/13 -, juris.
486
Dabei ist festzustellen, dass die Einführung des Auswahlverfahrens der Hochschulen als dritter Hauptquote und die damit wegen der in gewissem Umfang autonomen Entscheidung der Hochschulen verbundene Vielfalt der in das Gesamtsystem integrierten Auswahlkriterien der Forderung nach einer Mehrgleisigkeit des Auswahlsystems grundsätzlich entgegenkommt, also aus verfassungsrechtlicher Sicht im Prinzip positiv zu bewerten ist. Denn je mehr verschiedene Auswahlkriterien angewandt werden, desto größer wird die Bandbreite der Bewerber, die über das eine oder andere Kriterium eine Chance haben. Zugunsten des geltenden, um das „Auswahlverfahren der Hochschulen“ erweiterten Vergabesystems insgesamt lässt sich auch anführen, dass es starre Grenzziehungen vermeidet. Denn anders als bei dem der Entscheidung „Numerus clausus II“ zugrunde liegenden, nur aus Abiturbestenquote und Wartezeitquote bestehenden System, lässt sich heute in der Tat keine klare Grenze feststellen. Vielmehr ergeben sich je nach dem, in welchen Quoten und für welche Hochschulen sich ein Bewerber bewirbt und welche Zusatzkriterien er erfüllt, unterschiedliche Grenzen. Die wichtige Funktion, die dem Auswahlverfahren der Hochschulen insoweit im Hinblick auf die Chancenoffenheit des Gesamtsystems zukommt, war im Übrigen auch dem Gesetzgeber der Siebten HRG-Novelle bewusst, wie sich aus der folgenden Passage der Gesetzesmaterialien ersehen lässt:
487
„Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts reicht eine Vergabe der Studienplätze allein nach den auf Bundesebene angewandten Kriterien Abiturdurchschnittsnote und Wartezeit bei sehr großem Bewerberüberhang nicht aus. In diesen Fällen käme es zu Grenznoten im 1er-Bereich und zu Wartezeiten, die länger sind als die Regelstudienzeit des betreffenden Studiengangs. Bewerber mit 2er-Abitur, die sich derartig lange Wartezeiten nicht leisten können, wären damit dauerhaft von dem betreffenden Studiengang ausgeschlossen. […] Ein Verzicht auf das Besondere Auswahlverfahren ist daher nur möglich, wenn die für Fälle eines großen Bewerberüberhangs notwendige Chancenvermehrung in dem neuen Auswahlverfahren nach § 32 HRG erfolgt. Dies geschieht zum einen durch die Anwendung des obligatorischen Auswahlkriteriums Durchschnittsnote für den größten Teil der Studienplätze auf der Hochschulebene. Dadurch haben Bewerber ohne 1er-Abitur und lange Wartezeit die Chance, durch die Wahl eines weniger nachgefragten Standortes ihre Zulassungschancen zu verbessern, da die Grenznoten für die Bewerberauswahl dort deutlich günstiger sein werden als an den überdurchschnittlich nachgefragten Standorten. Zum anderen werden die Hochschulen die ihnen im Rahmen des Hochschulauswahlverfahrens gebotenen Möglichkeiten, neben Abiturdurchschnittsnote und Wartezeit weitere Auswahlkriterien anwenden zu können, in weit größerem Maße nutzen als dies bisher der Fall war. Zudem haben die Landesgesetzgeber die Möglichkeit, hier erforderliche Vorgaben zur Gewährleistung hinreichender Bewerbungschancen zu treffen.“
488
Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung, Bundestags-Drucks. 15/3475 vom 30. Juni 2004, Seite 8; s. auch Hailbronner, Hochschulzugang, zentrale Studienplatzvergabe und Hochschulauswahlverfahren, WissR 2002, 209 (211).
489
Der in der Vielfalt an Auswahlkriterien liegende Vorteil des „Auswahlverfahrens der Hochschulen“ wird indessen zu einem nicht unerheblichen Teil bereits durch die Detailregelungen für die Bewerbung in dieser Quote entwertet. Kann der Bewerber sich nämlich im „Auswahlverfahren der Hochschulen“ von vornherein nur bei maximal sechs Hochschulen bewerben und ist zudem die Zahl der denkbaren Wahlkombinationen wegen der massiven Beschränkung, denen die Bewerbung insbesondere über das Vorauswahlkriterium „Ortspräferenz“ unterliegt, stark reduziert (siehe oben), so stellt sich die Vielfalt der Auswahlkriterien für den Bewerber als ein eher theoretischer Vorteil dar, von dem er realiter nur bedingt zu profitieren vermag. Vor allem aber ändern auch die differenzierten Zusatzkriterien des Auswahlverfahrens der Hochschulen – wie oben eingehend dargelegt – nichts daran, dass eine sehr große Gruppe von Bewerbern allein wegen der hohen Anforderungen an die Durchschnittsnote auch in dieser Hauptquote de facto ohne realistische Zulassungschance bleibt. Die in der zitierten Beschlussempfehlung geäußerte Erwartung des Ausschusses, im „Auswahlverfahren der Hochschulen“ würden auch Abiturienten mit „2er-Abitur“ zum Zuge kommen, entspricht nur noch bedingt den Tatsachen. Eine solch massive Konzentration auf das Auswahlkriterium „Durchschnittsnote“ erfordert – wie bereits mehrfach dargelegt – ein Korrektiv, das für eine größere Zahl von Bewerbern die Chancenoffenheit wahrt.
490
(d) Nach Auffassung der Kammer bleibt es nach alledem dabei, dass sich durch die Erkenntnisse über einen Zusammenhang zwischen Abiturnote und „Studienerfolg“ und vor dem Hintergrund des Rechts der Hochschulen auf „akademische Selbstverwaltung“ zwar durchaus eine teilweise und sogar eine überwiegende Orientierung der Studienplatzvergabe an der Durchschnittsnote rechtfertigen lässt, vor allem weil auch alle anderen Auswahlkriterien – für sich allein genommen – Einwänden in Bezug auf ihre Validität, Objektivität und/oder Zuverlässigkeit ausgesetzt sind. Wegen der dargelegten Defizite in Bezug auf die Chancengleichheit hält die Kammer aber die Forderung des Bundesverfassungsgerichts nach einem mehrgleisigen Auswahlsystem, in dem die Nachteile des Kriteriums „Durchschnittsnote“ durch ein anderes Auswahlkriterium, das einer größeren Zahl von Abiturienten eine realistische Zulassungschance verschafft, ausgeglichen werden, nach wie vor für aktuell und geltendes (Verfassungs-) Recht.
491
(3) Nach Lage der Dinge kann im derzeitigen Auswahlsystem nur die Auswahlmöglichkeit in der Wartezeitquote die Funktion eines solchen Korrektivs erfüllen. Allerdings müssen die Anforderungen an die Wartezeit sich auf ein noch zumutbares Maß beschränken; nur in diesem Fall vermag die Auswahlmöglichkeit in der Wartezeitquote die bedenkliche Zuspitzung auf die Durchschnittsnote in den anderen Hauptquoten auszugleichen. Nach Auffassung der Kammer ist die Grenze der Zumutbarkeit inzwischen überschritten, weil die erforderliche Wartezeit regelmäßig die Dauer eines normalen Studiums übersteigt und in Zukunft aller Voraussicht nach noch weiter anwachsen wird.
492
Dass die für eine Zulassung erforderliche Zahl an Wartesemestern auf ein zumutbares Maß begrenzt sein muss, wenn die Wartezeitquote die Funktion eines verfassungsmäßig gebotenen Ausgleichs erfüllen soll, liegt auf der Hand und entspricht im Übrigen auch der Numerus-clausus-Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Denn die Wartezeitquote muss dann – wie dargelegt – einer größeren Zahl von Abiturienten eine realistische Zulassungschance verschaffen. Dazu kann es nicht ausreichen, dass für Bewerber ohne Spitzennote „irgendwann“, also möglicherweise erst nach Jahrzehnten eine Zulassung möglich ist. Der Hinweis der Beklagten auf die Aussage des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, der zufolge eine Grundrechtsverletzung erst dann anzunehmen sei, wenn sich die Benachteiligung nicht mehr ausgleichen ließe und der Studienbewerber endgültig keinen Studienplatz erhielte,
493
OVG NRW, Beschluss vom 8. November 2011 - 13 B 1212/11 -, NJW 2012, 1096 (1097); kritisch zum zugehörigen „Hängebeschluss“ Mengden, ZJS 2011, 566 (569),
494
geht fehl. Denn das Oberverwaltungsgericht dürfte hier nicht gemeint haben, dass die Wartezeitquote unabhängig von der Entwicklung der Auswahlgrenzen die Chancenoffenheit des Gesamtsystems in hinreichender Weise herstellt. Die genannte Passage dient vielmehr der Begründung der Annahme, dass der einzelne Studienbewerber auch bei höheren Auswahlgrenzen regelmäßig keinen aus dem Verfassungsrecht ableitbaren unmittelbaren Zulassungsanspruch hat. Dass auch aus Sicht des Oberverwaltungsgerichts die Wartezeitquote ihre Funktion als Korrektiv verlieren kann, wenn die Auswahlgrenze zu stark ansteigt, lässt sich etwa an der Feststellung des Senats in derselben Entscheidung ersehen, ob die Auswahlgrenzen, die sich in der Wartezeitquote zum Wintersemester 2011/12 für das Medizinstudium ergeben hätten, „zu einer verfassungsrechtlich unzulässigen Minimierung der Zulassungschancen“ führten, sei „ungewiss“.
495
Erneut ist in diesem Zusammenhang im Übrigen auf die Feststellung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 2002 hinzuweisen, es werde zu überprüfen sein, „ob die festgelegte Wartezeitquote von [damals] 25 vom Hundert als zu gering anzusehen“ sei. Auch diese Passage impliziert, dass die Wartezeitquote nur unter bestimmten Bedingungen geeignet ist, die Verfassungsmäßigkeit des Gesamtsystems herzustellen.
496
Beschluss vom 18. Februar 2002 - 1 BvR 13/02 -, juris.
497
So unzweifelhaft die Forderung nach einer „Zumutbarkeit“ der Wartezeit nach alledem ist, so schwierig ist es, die Grenze des Zumutbaren zu bestimmen. Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, auf die Frage, welche Dauer der Wartezeit bei Studiengängen mit einem absoluten Numerus clausus noch als zumutbar und verfassungsrechtlich hinnehmbar angesehen werden könne, gebe es „keine eindeutige Antwort“,
498
OVG NRW, Beschlüsse vom 16. Juni 2011 - 13 C 45/11 -, juris, und vom 8. November 2011 - 13 B 1212/11 -, NJW 2012, 1096 (1097),
499
teilt insoweit auch die beschließende Kammer. Objektive Maßstäbe, anhand derer sich eine zwingende Grenze zwischen der noch zumutbaren und der nicht mehr zumutbaren Wartezeit exakt bestimmen ließe, sind nicht ersichtlich. Allerdings muss es, wie vorstehend aufgezeigt, eine solche Grenze geben, wenn die Funktion der Wartezeitquote als chancenwahrendes Korrektiv bei sehr hohen Grenzwerten nicht mehr als erfüllt angesehen werden kann.
500
Die Kammer orientiert sich auch bei dieser Frage an der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung und geht davon aus, dass die Funktion der Wartezeitquote, einer größeren Zahl von Abiturienten eine realistische Zulassungschance zu verschaffen, jedenfalls dann nicht mehr erfüllt ist, wenn die Wartezeit regelmäßig die Dauer eines normalen Studiums übersteigt. Auch diese Grenze ist zwar nicht zwingend begründbar, die Kammer hält sie aber für plausibel und sachgerecht. Insoweit ist zunächst nochmals daran zu erinnern, dass es nicht etwa darum geht, Bewerbern, deren fehlende Studieneignung mehr oder weniger feststeht, eine „letzte Chance“ zu verschaffen. Verfassungskräftig ist vielmehr die Notwendigkeit, vor dem Hintergrund insbesondere des Gleichheitssatzes einen Ausgleich dafür zu schaffen, dass der eine Bewerber (mit deutlich überdurchschnittlicher Abiturnote) zum Studium zugelassen werden kann, während der andere Bewerber (auch derjenige mit schon leicht überdurchschnittlicher Abiturnote) selbst mit Zusatzkriterien keine Zulassung erhält, ohne dass die Geeignetheit des einen und die Ungeeignetheit des anderen Bewerbers – jedenfalls im Grenzbereich – durch ein hinreichend zuverlässiges Kriterium eindeutig festzustellen wäre. Insofern stellt sich die Frage, welche Wartezeit einer solchen Ungleichbehandlung angemessen ist und welche Wartezeit der zweite Bewerber regelmäßig hinzunehmen bereit und in der Lage ist. Die Kammer hält die Dauer eines normalen Studiums insoweit für die äußerste Grenze.
501
Das Bundesverfassungsgericht hat zu dieser Frage ausgeführt:
502
„Die genannten tatsächlichen Voraussetzungen sind in den harten Numerus-clausus-Fächern […] nicht mehr gegeben. Hier hängt die Zulassung von ständig gestiegenen Anforderungen ab und erfordert inzwischen Durchschnittsnoten bis zu 1,7 und Wartezeiten bis zu sechs Jahren (bei Bewerbern mit ungünstigeren Durchschnittsnoten jeweils ein Jahr länger). Auch bei diesen Fächern mag es zwar nicht ungerecht sein, dass Bewerber mit sehr guten Noten und langen Wartezeiten eine Zulassung erhalten. Für die Vielzahl der Abgewiesenen hingegen, unter denen sich zahlreiche Bewerber befinden, die für den angestrebten Beruf mindestens ebenso und mitunter sogar besser geeignet sind als die Zugelassenen, ist es weder sachgerecht noch zumutbar, wenn auf der Schnittstelle zwischen 1,7 und 1,8 darüber entschieden werden soll, wer sofort studieren kann oder aber bis zu sieben Jahren auf eine Zulassung zum Studium seiner Wahl warten muss.
503
Führt eine steigende Überfüllung zu überhöhten Leistungsanforderungen und unzumutbaren Wartezeiten, dann haben diese quantitativen Veränderungen zugleich eine qualitative Auswirkung. Überlange Wartezeiten, deren Dauer der Einzelne durch eigenes Zutun nicht beeinflussen kann und die sogar die Zeit eines normalen Studiums erreichen oder übersteigen, können namentlich von Bewerbern aus sozial schwächeren Kreisen nicht durchgehalten werden und verlieren für diese ihre chancenausgleichende Funktion. Für einen großen Teil der nach der Leistungsliste abgewiesenen Bewerber - das sind gegenwärtig beim Medizinstudium nahezu 90% - bestimmt daher die Dauer der Wartezeit nicht mehr allein darüber, wann sie das angestrebte Studium aufnehmen können, sondern ob ihnen das überhaupt noch möglich ist, wobei durch die Einbeziehung weiterer Fächer in den Numerus Clausus zugleich die Ausweichmöglichkeiten schwinden. Zudem verschieben lange Wartezeiten die endgültige Berufsentscheidung in einer sowohl persönlich wie pädagogisch und volkswirtschaftlich unvertretbaren Weise in eine höhere Altersstufe und belasten die ohnehin begrenzten Ausbildungskapazitäten in und außerhalb der Hochschule doppelt, wobei die bisherige Nutzung der Wartezeit durch ein diese Zeit milderndes Parkstudium den Numerus Clausus auf Nachbarfächer zum Nachteil anderer unmittelbar interessierter Bewerber überwälzt. Soweit die chancenausgleichende Funktion der Wartezeit entfällt, verwandelt sich zugleich die zunächst nur chancenerhöhend gedachte Auswahl nach Durchschnittsnoten aus einer bloßen sofortigen Zulassung zu einer endgültigen chancenausschließenden Selektionsentscheidung. Für eine solche definitive Entscheidung über die Verteilung von Lebenschancen sind aber überhohe Durchschnittsnoten schon deshalb ungeeignet, weil ihr Prognosewert für Studienerfolg und Berufserfolg ungesichert ist und weil sie wegen der Subjektivität der Notengebung und der Gleichbehandlung ganz verschiedenartiger Hochschulzugangsberechtigungen nicht vergleichbar sind. Davon abgesehen stünden sie als Zulassungsvoraussetzungen außer Verhältnis zu den Erfordernissen des angestrebten Berufs. Zahlreichen geeigneten Bewerbern - selbst solchen mit guten Noten oder besonderen fachspezifischen Begabungen - lassen sie nicht einmal die Chance, ihre Zulassungsaussichten durch eigenes studienbezogenes und berufsbezogenes Zutun zu verbessern. Hinzu kommen schädliche Nebenwirkungen dieses Zulassungssystems, die bei der verfassungsrechtlichen Gesamtwürdigung nicht außer acht bleiben dürfen. Nicht nur kann es Spitzenschüler dazu verleiten, entgegen ihren Neigungen und Fähigkeiten verknappte Prestigefächer mit guten Verdienstaussichten vorzuziehen; vor allem übt der Funktionswandel der Schulnoten in ausschlaggebende Elemente der Studienzulassung - entgegen den in den Länderverfassungen normierten Erziehungszielen - schädliche Einflüsse auf Schülerverhalten und Schülermentalität sowie auf das gesamte Schulsystem aus […].“
504
So BVerfG, Urteil vom 8. Februar 1977 - 1 BvF 1/76 u.a. -, BVerfGE 43, 291 (319 ff.) - “Numerus clausus II“.
505
Auf diese Grundsätze haben verschiedene Gerichte in den vergangenen Jahren im Zusammenhang mit der Entwicklung der Auswahlgrenzen rekurriert und sind davon ausgegangen, dass die Wartezeitzulassung ihre chancenwahrende Funktion erfüllt, solange sie unterhalb der in der Entscheidung „Numerus clausus II“ für unzumutbar gehaltenen Dauer von sechs bis sieben Jahren bzw. unterhalb der Regelstudienzeit bleibt.
506
Vgl. etwa BayVerfGH, Entscheidung vom 4. Mai 2007 - Vf.9-VII-06 -, juris (dort Rdnr. 64); BayVGH, Beschlüsse vom 21. und 23. März 2006 - 7 CE 06.10164 u.a -, juris (dort Rdnr. 26 ff.); OVG Saarl., Beschluss vom 27. Januar 2009 - 3 B 454/08 -, NVwZ-RR 2009, 418; Nieders. OVG, Beschluss vom 22. August 2013 - 2 NB 394/12 -, juris; VG Gießen, Beschluss vom 12. Februar 2007 - 3 GM 3979/06.W6 -, juris; VG Köln, Beschluss vom 9. Februar 2006 - 6 L 1727/05 -, n.v.; VG Saarlouis, Beschluss vom 11. November 2013 - 1 L 1867/13 -, juris; in der Tendenz auch OVG NRW, Beschlüsse vom 16. Juni 2011 - 13 C 45/11 u. a. -, juris, und vom 8. November 2011 - 13 B 1212/11 -, NJW 2012, 1096 ff.; siehe auch Müller, Warten auf Godot – Das BVerfG und die Wartezeit, NVwZ 2013, 35 (35 f.).
507
Die beschließende Kammer hat sich in der Vergangenheit ebenfalls an dieser Einschätzung orientiert und das Auswahlsystem insgesamt für verfassungsgemäß gehalten, solange die Auswahlgrenze in der Wartezeitquote die Dauer eines normalen Studiums nicht überschritt.
508
Vgl. aus der Rechtsprechung der Kammer: Urteil vom 27. Mai 2003 - 6 K 4839/02 -, Gerichtsbescheid vom 15. Mai 2006 - 6 K 3036/05 -, Urteil vom 12. Dezember 2008 - 6 K 4872/08 - und Beschluss vom 7. Oktober 2010 - 6 L 917/10 -, juris; letzterer mit dem Hinweis, die Kammer halte die Entwicklung der Wartezeit für sehr problematisch.
509
Auch in der Literatur werden im Übrigen auf der Grundlage der Entscheidung „Numerus clausus II“ allenfalls Wartezeiten von vier oder fünf Jahren für verfassungsrechtlich vertretbar gehalten.
Inzwischen ist, nachdem die Auswahlgrenze hinsichtlich aller medizinischer Studiengänge in den vergangenen Jahren kontinuierlich angestiegen ist, in Bezug auf die Wartezeitquote ein Zustand erreicht, der demjenigen, welcher der Entscheidung „Numerus clausus II“ im Jahre 1977 zugrunde lag, mehr oder weniger gleich kommt. Die erforderliche Wartezeit für einen Humanmedizinstudienplatz beläuft sich seit dem Vergabeverfahren zum Sommersemester 2010 durchgehend auf mindestens sechs Jahre. Innerhalb der Gruppe der Bewerber mit zwölf Halbjahren Wartezeit kamen überdies lediglich diejenigen zum Zuge, die eine gewisse Mindest-Abiturnote vorzuweisen hatten. In den Vergabeverfahren zu den Sommersemestern 2011, 2012, 2013 und 2014 waren sogar stets mindestens 13 Halbjahre erforderlich, wobei auch diese Wartezeit nur einem Teil der Bewerber zur Zulassung verhalf. Eine erhebliche Zahl von Bewerbern kann inzwischen regelmäßig erst nach sieben Jahren Wartezeit einen Studienplatz erhalten. Verschärfend kommt hinzu, dass die Wartezeiten in den vergangenen Jahren kontinuierlich angestiegen sind. Ein Bewerber, der vor sieben Jahren seine Hochschulzugangsberechtigung erworben hat, hat sich in seiner Lebensplanung also nicht auf eine Wartezeit von sieben Jahren einstellen können. Vor sieben Jahren, also im Jahre 2007, betrug z. B. die Wartezeit für einen Humanmedizinstudienplatz noch vier Jahre. Die auf eine Zulassung in der Wartezeitquote Wartenden mussten also in den vergangenen Jahren beobachten, wie ihnen die Auswahlgrenze in der Wartezeitquote regelmäßig „enteilt“.
512
Anschaulich zu den tatsächlichen Folgen für den einzelnen Bewerber: Schlüter, „Ein Platz muss kommen“, in: Süddeutsche Zeitung Nr. 251 vom 31. Oktober 2011, S. 33.
513
Auch für die Zukunft muss angesichts der Entwicklung in den vergangenen zwölf Jahren und der Prognose über Studienanfängerzahlen bis 2025 – siehe dazu bereits oben unter II.1. und III.1. b) cc) – mit weiter steigenden Wartezeiten gerechnet werden, zumal beispielsweise der besonders starke Abiturjahrgang 2013 selbst die heutige Auswahlgrenze von sieben Jahren erst im Jahre 2020 erreichen wird.
514
Mancher Punkt innerhalb der oben wiedergegebenen Argumentation der Entscheidung „Numerus clausus II“ mag heute in anderem Licht erscheinen als im Entscheidungsjahr (1977). Dass die Überlegungen des Bundesverfassungsgerichts insgesamt nicht mehr tragfähig wären, lässt sich aus Sicht der Kammer aber nicht feststellen:
515
Die vom Ersten Senat seinerzeit hervorgehobene Gefahr einer sozialen Selektion etwa dürfte im Jahre 1977 nicht wahrscheinlicher gewesen sein als heute. Die Arbeitslosenquoten der siebziger Jahre lagen unter denen der Gegenwart. Dass es einem Bewerber heute eher möglich ist, einen Arbeitsplatz zu erlangen, um während der Wartezeit seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können, ist vor diesem Hintergrund wenig wahrscheinlich. Die soziale Selektion dürfte aber auch darin zu erblicken sein, dass es einem finanziell besser ausgestatteten Abiturienten leichter möglich ist, die Wartezeit (auch) mit Auslandsaufenthalten und studienvorbereitenden Kursen sinnvoll zu nutzen. Nur den mit entsprechenden Geldmitteln ausgestatteten Studienbewerbern dürfte ferner der inzwischen nicht mehr seltene Weg offen stehen, das Medizinstudium teilweise oder auch vollständig an einer studiengebührenpflichtigen Hochschule im In- oder Ausland zu absolvieren, etwa an der deutschsprachigen Semmelweis-Universität in Budapest gegen Studiengebühren von (laut Angaben unter http://www.semmelweis-medizinstudium.org) derzeit 5.900,- bis 6.700,- € pro Semester.
516
Vgl. dazu auch Brehm, Medizinstudium im Ausland: Eine Alternative zur Wartezeit, Deutsches Ärzteblatt 2013, Heft 41, Seite 54.
517
Die Möglichkeit schließlich, die Zulassungschancen durch Klagen und Anträge auf Zulassung außerhalb der festgesetzten Kapazität zu vergrößern, dürfte ebenfalls von den finanziellen Mitteln des Studieninteressierten abhängen, zumal sich die Hochschulen in derartigen Verfahren in zunehmendem Maße durch Rechtsanwälte vertreten lassen.
518
Dass es „pädagogisch und volkswirtschaftlich“ von Nachteil ist, wenn das Einstiegsalter in das Studium und damit auch das spätere Einstiegsalter in den Beruf für die Wartezeitbewerber immer weiter erhöht wird, dürfte heute wie damals gelten. Im bildungspolitischen Diskurs der Gegenwart wird jedenfalls stets auf die Bedeutung hingewiesen, welche einem möglichst frühzeitigen Studienabschluss gerade in Bezug auf den Berufseinstieg und nicht zuletzt mit Blick auf Absolventen anderer europäischer Länder zukomme. Bahro/Berlin sprechen unter Hinweis auf die grundlegenden Änderungen auf dem Arbeitsmarkt schon bei Wartezeiten von drei Jahren von selektiven Wirkungen bei der Realisierung von Studienabsichten.
519
Vgl. Bahro/Berlin, Das Hochschulzulassungsrecht in der BRD, 4. Aufl. 2003, Art. 13 StV Rdnr. 15.
520
Das vom Bundesverfassungsgericht des Weiteren angeführte Argument, durch das Park- oder Ausweichstudium langjähriger „Warter“ würden zusätzlich Hochschulkapazitäten gebunden, greift heute zwar nicht mehr ohne Weiteres, weil Halbjahre, in denen der Bewerber an einer deutschen Hochschule eingeschrieben ist, nicht als Wartehalbjahre gelten (Art. 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Staatsvertrag 2008, § 14 Abs. 6 VergabeVO). Großes Gewicht dürfte dieses Argument indes schon im Jahre 1977 nicht gehabt haben, weil eine entsprechende, ein Park- und Ausweichstudium ausschließende Regelung zum Zeitpunkt der Entscheidung „Numerus clausus II“ bereits im novellierten Hochschulrahmengesetz enthalten war, die Problematik also eine auslaufende war. Die parallele Problematik, dass die wartenden Bewerber in Ausbildungsberufe drängen und damit die vorhandenen Ausbildungskapazitäten außerhalb der Hochschulen belasten, dürfte angesichts des Auslaufens der Möglichkeit eines Parkstudiums heute eher noch stärker bestehen. Auch die oben bereits zitierte Beschlussempfehlung des Ausschusses im Rahmen der Siebten HRG-Novelle spricht in diesem Zusammenhang von einer „Doppelbelastung des Ausbildungssystems“.
521
Bundestags-Drucksache 15/3475 vom 30. Juni 2004, S. 12.
522
Zu berücksichtigen ist ferner, dass nach dem Urteil „Numerus clausus II“ bei hohen Auswahlgrenzen „zumindest eine Tendenz zum Abbau von Zulassungsbeschränkungen als vorübergehender Mangelerscheinung“ erforderlich sein soll. Insoweit ist nochmals darauf hinzuweisen, dass es sich bei dem in den letzten Jahren zu verzeichnenden Anstieg der Wartezeit nicht etwa um ein durch die aktuellen Entwicklungen hervorgerufenes, erkennbar vorübergehendes Phänomen handelt. Die Folgen der „doppelten Abiturjahrgänge“ und der Wehrpflichtabschaffung werden sich auf die Dauer der Wartezeit jedenfalls erst auswirken, wenn die davon konkret betroffenen Bewerber mit ihrer Wartezeit in den Bereich der Auswahlgrenze gelangen. Eine Tendenz zum Abbau des somit nicht nur vorübergehenden Engpasses vermag die Kammer nur bedingt zu erkennen. Zwar wurden und werden im Rahmen der Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Hochschulen (v. a. „Hochschulpakt 2020“) in anerkennenswerter Weise die Voraussetzungen für die Bereitstellung zusätzlicher Studienplätze geschaffen. Konkrete Bemühungen, gerade dem Problem des Studienplatzmangels im Fach Medizin und der steigenden Wartezeiten zu begegnen, sind aber wohl nur begrenzt vorhanden. Das Konzept des Hochschulpakts 2020 etwa scheint die Medizinstudiengänge zunächst eher ausgeklammert zu haben. Denn im Gegensatz zu den sog. MINT-Fächern wird das Studienfach Medizin in den Verwaltungsvereinbarungen zum Hochschulpakt 2020 nicht erwähnt. Zudem deutet die vereinbarte pauschale Kostenerstattung für die Schaffung zusätzlicher Studienplätze, die von Kosten eines Studiums in Höhe von 22.000,- € (erste Programmphase) bzw. 26.000,- € (zweite Programmphase) ausgeht, darauf hin, dass das Medizinstudium ausgeklammert bleiben sollte.
523
So auch CHE-Arbeitspapier Nr. 118 „Zwei Jahre Hochschulpakt 2020 (1. Phase) – eine Halbzeitbilanz“ (April 2009), S. 102, abrufbar auf www.che.de.
524
Inzwischen sind zwar die Bemühungen in gewissem Umfang auch auf das Medizinstudium ausgeweitet worden. So sollen zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen zwischen 2011 und 2015 insgesamt 935 zusätzliche Medizinstudienplätze geschaffen und dabei auch mit Mitteln aus dem Hochschulpakt finanziert werden.
525
So die entsprechende Pressemitteilung des Ministeriums für Innovation, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 5. Mai 2011.
526
Mit diesen Studienplätzen soll aber – ausweislich der entsprechenden Verlautbarungen der Wissenschaftsverwaltung – in erster Linie die zusätzliche Nachfrage befriedigt werden, die sich wegen doppelter Abiturjahrgänge und anderer Umstände ergibt. Dass mit den geplanten Maßnahmen auch der bereits seit Jahren bestehende Engpass, welcher sich in der kontinuierlich ansteigenden Auswahlgrenze der Wartezeitquote manifestiert, verringert werden wird, erscheint hingegen fraglich, wenngleich ein gewisser Teil der zusätzlichen Studienplätze natürlich in der Wartezeitquote wird vergeben werden können. Ein Anspruch auf Schaffung zusätzlicher (kostenaufwändiger) Medizinstudienplatzkapazitäten dürfte zwar, wie oben bereits ausgeführt (unter III. 1. a) aa) (1)), nach wie vor nicht bestehen. Denn auch der grundrechtliche Anspruch ist auf dasjenige beschränkt, was der Einzelne (vor dem Hintergrund überschuldeter öffentlicher Haushalte) berechtigterweise von der Gesellschaft erwarten kann. Aus Sicht der Numerus clausus-Rechtsprechung bleibt aber zu konstatieren, dass eine Tendenz zum nachhaltigen Abbau von Studienbeschränkungen als vorübergehender Mangelerscheinung derzeit nur bedingt erkennbar ist und dass deshalb der chancenausgleichenden Funktion des Auswahlsystems weiterhin besonderer Wert beizumessen ist.
527
Soweit die Beklagte darauf hinweist, dass – anders als im Zeitpunkt der Numerus clausus-Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts – heute eine Vielzahl von medizinischen und medizinnahen Studiengängen angeboten werde, vermag dies im vorliegenden Zusammenhang kaum zu überzeugen. Abgesehen davon, dass auch diese Studiengänge häufig zulassungsbeschränkt sind,
528
vgl. zur Zunahme (örtlicher) Zulassungsbeschränkungen Maier, Zur überobligatorischen Vergabe von Studienplätzen durch staatliche Hochschulen, DVBl. 2012, 615 (616),
529
geht es bei dem grundgesetzlichen Teilhaberecht um die Zulassung zu dem von dem Bewerber gewählten Studium, also vorliegend dem der Humanmedizin. Vor allem aber ist Bezugspunkt aller Überlegungen, wie das Bundesverfassungsgericht verdeutlicht hat, das Recht der freien Berufswahl. Insoweit kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass – infolge der vom Gesetzgeber in Form der Approbationsvorschriften gesetzten Zugangsschranke – nur das Medizinstudium zum Beruf des Arztes führt und dass zwischen diesem Beruf und allen anderen medizinischen und medizinnahen Berufen ein ganz erheblicher Unterschied besteht, der sich gerade auch in der sehr hohen Bewerberzahl für das Medizinstudium niederschlägt.
530
Wenn man – mit dem Bundesverfassungsgericht – die Grenze des Erträglichen dann erreicht sieht, wenn die Wartezeit „die Zeit eines normalen Studiums erreicht oder überschreitet“, so muss man im Übrigen konstatieren, dass die Dauer eines normalen Studiums in den vergangenen Jahrzehnten abgenommen haben dürfte. So ist ausweislich der im Internet-Angebot des Bundesministeriums für Bildung und Forschung abrufbaren Zahlen die durchschnittliche Studiendauer – bei Einbeziehung aller Universitäts- und Fachhochschulstudiengänge – allein zwischen 1997 und 2012 von 12,5 Hochschulsemester (10,9 Fachsemester) auf 10,5 Hochschulsemester (8,2 Fachsemester) gesunken.
531
Vgl. die Tabelle 2.5.80 „Studiendauer bei bestandener Prüfung nach Prüfungsgruppen und Geschlecht“, abrufbar unter www.datenportal.bmbf.de.
532
Auch dies spricht dafür, dass die Grenze des im Sinne der Verfassungsrechtsprechung Erträglichen heute jedenfalls nicht höher anzusiedeln ist als in der Entscheidung „Numerus clausus II“. Die Kammer neigt im Übrigen in diesem Zusammenhang zu der Auffassung, dass es eher nicht sachgerecht sein dürfte, sich hinsichtlich der Grenze der zumutbaren Wartezeit an der Regelstudienzeit des jeweils betroffenen Studiengangs zu orientieren. Dass dem Bewerber um einen Studienplatz der Humanmedizin (Regelstudienzeit gemäß Approbationsordnung sechs Jahre und drei Monate) eine längere Wartezeit zugemutet werden kann als etwa dem Bewerber um einen Tier- oder Zahnmedizinstudienplatz (Regelstudienzeit gemäß Approbationsordnungen jeweils fünf Jahre und sechs Monate), dürfte sich nämlich kaum begründen lassen. Erheblich für die vorliegende Entscheidung ist dies allerdings nicht, weil mit der in Rede stehenden Mindestwartezeit von dreizehn und mehr Semestern die Regelstudienzeit aller medizinischen Studiengänge übertroffen wird. Festzuhalten bleibt, dass die Dauer eines „normalen“, also durchschnittlichen Studiums bei einer Wartezeit von sechs bis sieben Jahren deutlich überschritten ist.
533
Soweit das Bundesverfassungsgericht für die verfassungsrechtliche Bewertung auch darauf abgestellt hat, ob der Bewerber die Wartezeit „durch eigenes Zutun beeinflussen“ kann, ist festzustellen, dass dies inzwischen nicht mehr der Fall ist. Die von dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in diesem Zusammenhang genannten Möglichkeiten des § 14 Abs. 3 und 4 VergabeVO,
534
vgl. Beschlüsse vom 11. Januar 2001 - 13 B 1727/00 -, n.v., vom 7. März 2006 - 13 B 174/06 -, juris, und vom 3. März 2009 - 13 B 80/09 -, juris; kritisch zur erstgenannten Entscheidung Bahro/Berlin, Das Hochschulzulassungsrecht in der BRD, 4. Aufl. 2003, Art. 13 Rdnr. 14 f.,
535
lassen sich nach Auffassung der Kammer insoweit wohl kaum heranziehen. Die Verkürzung der Wartezeit durch Nachteilsausgleich gemäß § 14 Abs. 3 VergabeVO steht nur demjenigen Studienbewerber offen, der aufgrund von „nicht selbst zu vertretenden Gründen“ daran gehindert gewesen ist, die Hochschulzugangsberechtigung zu einem früheren Zeitpunkt zu erwerben. Durch „eigenes Zutun“ kann ein Studienbewerber die Voraussetzungen für diesen Nachteilsausgleich also gerade nicht schaffen. Die in § 14 Abs. 4 VergabeVO enthaltene Privilegierung des zweiten Bildungsweges betrifft nur eine bestimmte Gruppe von Studienbewerbern, nicht aber den Regelfall desjenigen, der seine Hochschulzugangsberechtigung unmittelbar erworben hat. Im Übrigen handelt es sich um auslaufendes Recht; von der Privilegierung profitieren nur noch solche Bewerber, die die Hochschulzugangsberechtigung vor dem 16. Juli 2007 erworben haben. Die früher vorhandene Möglichkeit, die Wartezeit durch Erwerb eines berufsqualifizierenden Abschlusses nach Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung zu verkürzen, ist bereits vor einigen Jahren ausgelaufen. Insgesamt sind Möglichkeiten, die Wartezeit durch eigenes Zutun zu verkürzen, nicht mehr erkennbar.
536
Überhaupt ist das Verhalten des einzelnen Bewerbers in der Wartezeitquote inzwischen irrelevant geworden, was die Bedenken hinsichtlich der sachgerechten Gestaltung der Wartezeitauswahl als chancenwahrendes Korrektiv verstärkt. Insbesondere zählen nicht nur solche Halbjahre, in denen sich der Bewerber für einen Studienplatz beworben hat („Bewerbungssemester“), als Wartehalbjahre, sondern jedes Halbjahr, das seit dem Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung vergangen ist (Art. 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Staatsvertrag 2008). Durch die dadurch ermöglichte Zulassung von Gelegenheitsbewerbern – unter Umständen vorgerückten Alters – wird die Wartezeit der langjährig Wartenden weiter erhöht (ausführlich dazu oben unter III. 1. b) bb)).
537
Der Einschätzung, dass eine Wartezeit von mehr als sechs Jahren die Grenze des Zumutbaren überschreitet, lässt sich schließlich – entgegen der Auffassung der Beklagten – auch nicht der Hinweis des Bundesverfassungsgerichts entgegenhalten, seine Grundsätze über das Recht eines jeden hochschulreifen Bewerbers auf Zulassung zum Studium seien nicht so zu verstehen, dass jedem Bewerber eine Zulassung zum Studium „garantiert“ werden müsse, die Einräumung von Chancen schließe „schon begrifflich das Risiko eines Fehlschlags ein“.
538
So BVerfG, Urteil vom 8. Februar 1977 - 1 BvF 1/76 u.a. -, BVerfGE 43, 291 (316), und Beschluss vom 3. November 1981 - 1 BvR 632/80 -, BVerfGE 59, 1 (25).
539
Denn im Kontext der oben (unter III. 1. a)) beschriebenen Grundsätze der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung kann diese Klarstellung nur dahin verstanden werden, dass nicht jeder Bewerber eine sofortige Zulassung verlangen kann. Möglicherweise hat das Bundesverfassungsgericht auch andeuten wollen, dass es Bewerber gibt, denen trotz allgemeiner Hochschulreife keine zumutbare Zulassungschance offen stehen muss. Überdies lassen sich die in Rede stehenden Passagen der Verfassungsrechtsprechung wohl auch als Argument gegen die Annahme eines verfassungsunmittelbaren Zulassungsanspruchs (dazu näher unten III. 3. b) (1)) heranziehen.
540
So OVG NRW, Beschlüsse vom 8. November 2011 - 13 B 1212/11 u.a. -, NJW 2012, 1096, vom 1. Februar 2012 - 13 A 2214/11 - und vom 11. Dezember 2012 - 13 A 1589/12 - (nicht rechtskräftig), alle juris.
541
Dass aber rund drei Viertel der potentiellen Bewerber in zwei der Auswahlhauptquoten praktisch ohne Auswahlchance sind und in der dritten Hauptquote erst nach mehr als sechs Jahren und unter Umständen zwölf oder mehr „Fehlschlägen“ die Möglichkeit einer Studienzulassung in Reichweite gerät, kann nach Auffassung der Kammer mit den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Grundsätzen nicht in Einklang gebracht werden.
542
Insgesamt ist die Kammer der Auffassung, dass die Wartezeitquote ihre Funktion als Korrektiv, das einer größeren Zahl von Abiturienten eine zumutbare Zulassungschance verschafft, inzwischen nicht mehr erfüllt und deshalb das Auswahlsystem insgesamt das aus Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Gleichheitssatz und dem Sozialstaatsprinzip abgeleitete derivative Teilhaberecht der Bewerber verletzt.
543
2. Keine Möglichkeit der verfassungskonformen Auslegung und der Beschränkung auf das untergesetzliche Regelwerk
544
Die Verfassungsverstöße können auch nicht durch eine verfassungskonforme Auslegung der betreffenden Vorschriften vermieden (dazu nachfolgend a)) oder durch eine Beschränkung auf das untergesetzliche Regelwerk eingegrenzt (dazu nachfolgend b)) werden.
545
a) Zwar geht die verfassungskonforme Auslegung im Interesse der Normerhaltung der Nichtigerklärung und auch der Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG grundsätzlich vor. Die Möglichkeit, eine Vorschrift verfassungskonform auszulegen, findet ihre Grenze jedoch dort, wo sie mit dem Wortlaut der Norm und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzes in Widerspruch treten würde. Im Wege der verfassungskonformen Auslegung darf einem nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Gesetz nicht eine entgegengesetzte Bedeutung verliehen, der normative Gehalt der auszulegenden Vorschrift nicht grundlegend neu bestimmt und das gesetzgeberische Ziel nicht in einem wesentlichen Punkt verfehlt werden. Dies gebietet schon der gebotene Respekt vor dem demokratisch legitimierten Gesetzgeber. Die verfassungskonforme Auslegung darf mit anderen Worten also nicht zu einer „Gesetzeskorrektur“ führen.
546
Vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 26. April 1994 - 1 BvR 1299/89 -, BVerfGE 90, 263 (275); Urteil vom 4. Mai 2011 - 2 BvR 2333/08 -, BVerfGE 128, 326 (400), und Beschluss vom 27. März 2012 - 2 BvR 2258/09 -, BVerfGE 130, 372 (398), mit weiteren Nachweisen; Dollinger, in: Umbach/ Clemens/Dollinger (Hrsg.), BVerfGG, Kommentar, 2. Aufl. 2005, § 80 Rdnr. 55 f.; Benda/Klein, Verfassungsprozessrecht, 3. Aufl. 2012, Rdnr. 1411 ff.; Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, 6. Aufl. 2011, § 22 Rdnr. 763 ff.
547
Im vorliegenden Zusammenhang ist der Auslegungsspielraum des Gerichts im Übrigen besonders eingeschränkt. Wenn es nämlich wegen der Grundrechtswesentlichkeit der Studienplatzvergabe Aufgabe des Gesetzgebers ist, das Vergabeverfahren auf der formellgesetzlichen Ebene zu regeln (siehe oben unter III. 1. a) bb) (4)), so ist die Freiheit des Gerichts bei der Auslegung entsprechend begrenzt, weil sich kaum eine Regelung als ein vom Gesetzgeber nur beiläufig berührter Randaspekt verstehen lässt, der einer großzügigen Auslegung durch den Rechtsanwender zugänglich ist. Dies gilt umso mehr als es sich um ein Massenverfahren mit regelmäßig mehreren zehntausend Bewerbern handelt, bei dem jede Veränderung der Verteilungsparameter nicht nur einzelne Normadressaten berührt, sondern sich regelmäßig auf eine Vielzahl von Bewerbern auswirkt.
548
Auf der Hand liegt vor dem Hintergrund dieser Grundsätze, dass sich die Bestimmung der verschiedenen Auswahlhauptquoten und ihre prozentuale Zusammensetzung nicht im Wege verfassungskonformer Auslegung ändern lassen. Die Regelungen sind insoweit auf allen Ebenen eindeutig. Dies gilt namentlich für die Reduzierung der Wartezeitquote auf 20%, die eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers darstellt (siehe oben unter II. 1 und II. 3. c)). Dasselbe gilt für die – im vorliegenden Kontext bedeutsame – Bestimmung, dass (auch) im Auswahlverfahren der Hochschulen dem „Grad der Qualifikation“ ein maßgeblicher Einfluss zukommen muss; auch dies ist auf bundesgesetzlicher und staatsvertraglicher Ebene explizit festgeschrieben (siehe oben unter II. 3. d)). Die verfahrensmäßigen Erschwernisse, welche die Bewerbung des Studierwilligen von vornherein auf einen Teil der zu vergebenden Studienplätze beschränken, sind ebenfalls bereits auf der Ebene des formellen Bundes- und Landesrechts vorgesehen, indem den Hochschulen die Durchführung eines Vorauswahlverfahrens ausdrücklich freigestellt und auch die Anwendung des Vorauswahlkriteriums „Ortspräferenz“ gesetzlich gutgeheißen wird (siehe oben unter II. 3. d)).
549
(1) Angesichts dieser Überlegungen lässt sich der erste der oben aufgezeigten Verfassungsverstöße – Verzicht auf Landesquoten auch in einem allein auf die Abiturnote abstellenden hochschuleigenen Auswahlverfahren (siehe oben unter III. 1. b) aa)) – nicht durch eine verfassungskonforme Auslegung beheben.
550
Da eine Ausräumung der dargelegten Ungleichbehandlung der Abiturienten verschiedener Bundesländer durch die Bildung von auf das einzelne hochschuleigene Auswahlverfahren bezogenen Landesquoten aus tatsächlichen Gründen nicht möglich ist, wie die Beklagte nachvollziehbar dargelegt hat, ließe sich ein verfassungskonformes Ergebnis, wie oben aufgezeigt, vor allem dadurch herstellen, dass die entsprechenden Studienplätze von der Beklagten in der Abiturbestenquote (mit) vergeben werden. Dem steht indes die eindeutige Entscheidung des Gesetzgebers entgegen, dass 60% der Plätze von den Hochschulen selbst vergeben werden. Diese Entscheidung war Bestandteil der 7. Novelle des Hochschulrahmengesetzes und der anschließenden Neufassung des Vergabestaatsvertrages, deren zentrales Ziel gerade die Stärkung der Hochschulautonomie und die Zurückdrängung der zentralen Studienplatzvergabe war.
551
Ebenso wenig ist eine verfassungskonforme Auslegung der in Rede stehenden Vorschriften dahingehend möglich, dass die einzelne Hochschule in ihrem hochschuleigenen Auswahlverfahren stets mindestens zwei der in Betracht kommenden Kriterien zur Anwendung zu bringen hat. Abgesehen davon, dass durch eine solche Modifikation die Ungleichbehandlung verschiedener Bewerbergruppen im Auswahlverfahren zwar in ihrem Gewicht vermindert, aber nicht beseitigt würde, haben die Gesetzgeber in § 32 Abs. 3 Nr. 3 HRG und Art. 10 Abs. 1 Nr. 3 Staatsvertrag 2008 explizit bestimmt, dass die Studienplätze des hochschuleigenen Auswahlverfahrens (insbesondere) nach den fünf in Betracht kommenden Maßstäben oder „auf Grund einer Verbindung“ dieser Maßstäbe vergeben werden dürfen. Damit ist (im Umkehrschluss) ausdrücklich ein Recht der Hochschulen statuiert worden, nur eines der Kriterien anzuwenden, wobei angesichts der gesetzlichen Vorgabe, dem Grad der Qualifikation stets maßgebliches Gewicht beizumessen, ausschließlich dieses Kriterium als alleiniges Vergabekriterium in Betracht kommt.
552
(2) Auch das Problem der undifferenzierten Gleichbehandlung von langjährig Wartenden und Gelegenheitsbewerbern in der Wartezeitquote (siehe oben unter III. 1. b) bb)) entzieht sich einer Lösung durch verfassungskonforme Auslegung des Vergaberechts.
553
Denn wie oben bereits aufgezeigt wurde, haben die Gesetzgeber im Zuge der 7. HRG-Novelle und der anschließenden Novellierung des Vergabe-Staatsvertrags die bis dahin bei Erreichen unzumutbar hoher Auswahlgrenzen über das „Besondere Auswahlverfahren“ vorgesehene Beschränkung auf Bewerbungssemester (§ 33 Abs. 2 HRG alte Fassung) bewusst abgeschafft und einen allein auf die seit Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung verstrichene Zeit abstellenden Zulassungsmodus gewählt. Eine Auswahl nach Bewerbungssemestern in der Wartezeitquote wäre somit ebenfalls als eine die Grenzen verfassungskonformer Auslegung überschreitende Gesetzeskorrektur anzusehen, die dem Gericht ebenso wenig zusteht wie der Beklagten.
554
(3) Das Problem der übermäßigen, nicht (mehr) hinreichend durch die Zulassungschance in der Wartezeitquote kompensierten Betonung der Abiturnote bei der Studienplatzvergabe schließlich (siehe oben unter III. 1. b) cc)) lässt sich ebenfalls nicht durch eine verfassungskonforme Auslegung der gesetzlichen Vorgaben für die Vergabe der Hauptquotenstudienplätze lösen. Zwar erscheint es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass sich die verfassungsrechtliche Beurteilung ändern könnte, wenn alle Hochschulen in ihren hochschuleigenen Auswahlverfahren mehrere Kriterien anwendeten und damit das Gewicht der Abiturnote im Gesamtsystem verminderten. Dass die Hochschulen selbst über die Gestaltung ihrer Auswahlverfahren entscheiden dürfen und dabei gerade auch die Heranziehung nur eines einzigen Vergabekriteriums zulässig ist und dass die Abiturnote „maßgebliches Gewicht“ haben muss, entspricht indes – wie vorstehend bereits aufgezeigt – einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers, die sich nicht im Wege der verfassungskonformen Auslegung korrigieren lässt.
555
Denkbarer Aufhänger einer verfassungskonformen Auslegung wäre indes, wie auch das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 6. September 2012 (1 BvL 13/12) betont hat, die in § 32 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 HRG, Art. 9 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Staatsvertrag 2008 und § 6 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 15 VergabeVO vorgesehene Vorabquote für Härtefälle. Nach diesen Vorschriften ist von der Gesamtzahl der festgesetzten Zulassungszahlen ein gewisser Anteil für Fälle außergewöhnlicher Härte abzuziehen. Die Verfassungswidrigkeit des Vergabesystems ließe sich möglicherweise vermeiden, wenn diejenigen Studierwilligen, die unzumutbar lange auf einen Studienplatz gewartet haben, einen Studienplatz in der Härtefallquote erhalten könnten.
556
Vgl. zu einem solchen Ansatz BVerfG, Urteil vom 8. Februar 1977 - 1 BvF 1/76 u.a. -, BVerfGE 43, 291 (375 ff.); BVerwG, Beschluss vom 19. Mai 1983 - 7 B 224/81 -, NVwZ 1984, 587 ff.
557
Im Falle des Klägers dürfte eine Härtefallzulassung zwar bereits daran scheitern, dass dieser den gemäß § 15 VergabeVO erforderlichen Antrag nicht gestellt hat (näher zur Frage einer Härtefallzulassung des Klägers unten unter III. 3. a)). Zur Vermeidung der Verfassungswidrigkeit der in Rede stehenden Vorschriften würde es jedoch genügen, wenn die Möglichkeit einer Härtefallzulassung für die langjährig Wartenden bestünde.
558
Dies ist indessen nicht der Fall.
559
Die Studienplätze der Härtefallquote werden gemäß § 15 S. 1 VergabeVO auf Antrag an Bewerberinnen und Bewerber vergeben, für die es eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde, wenn sie für den genannten Studiengang keine Zulassung erhielten. Eine außergewöhnliche Härte liegt vor, wenn in der eigenen Person liegende besondere soziale oder familiäre Gründe die sofortige Aufnahme des Studiums oder einen sofortigen Studienortwechsel zwingend erfordern (Art. 9 Abs. 3 Staatsvertrag 2008, § 15 S. 2 VergabeVO). Die Rangfolge wird durch den Grad der außergewöhnlichen Härte bestimmt (§ 15 S. 3 VergabeVO).
560
Nach der Vergabepraxis der Beklagten und der Rechtsprechung der zuständigen Fachgerichte kann ein Härtefall etwa dann bejaht werden, wenn der Bewerber ernsthaft erkrankt ist und der voraussichtliche Verlauf der Krankheit die Absolvierung eines Medizinstudiums nur bei sofortiger Aufnahme des Studiums, nicht aber nach mehrjähriger Wartezeit realistisch erscheinen lässt. Da die Zulassung im Härtewege im derzeitigen Vergabesystem zwangsläufig zur Zurückweisung eines anderen, noch nicht zugelassenen Erstbewerbers führt (Art. 9 Abs. 2 S. 4 Staatsvertrag 2008, § 6 Abs. 6 S. 1 VergabeVO), ist eine strenge Betrachtungsweise geboten. Im Blick zu behalten ist dabei die Funktion der Härtefallregelung. Sie soll innerhalb des notwendigerweise schematisierten Massenverfahrens der Studienzulassung einen Ausgleich für besondere Einzelfälle schaffen und damit die Chancengleichheit wahren. Nach Möglichkeit soll niemand infolge wirtschaftlicher, gesundheitlicher, familiärer oder sonstiger Benachteiligungen an der Erreichung seines Berufsziels gehindert werden. Anderen Zwecken, zum Beispiel der Kompensation erlittener Schicksalsschläge oder der Therapie psychischer Erkrankungen, darf die Härtefallzulassung hingegen nicht dienen.
561
Vgl. nur OVG NRW, Beschlüsse vom 3. Mai 2010 - 13 B 469/10 - (Krankheit), vom 27. Mai 2011 - 13 B 523/11 - (Krankheit) und vom 2. Juli 2012 - 13 B 656/12, 13 B 649/12 - (Krankheit) und vom 14. Juni 2013 - 13 B 440/13 - (Krankheit), alle juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. Februar 2012 - 6z K 3820/11 - (Pflege der Großmutter); Gerichtsbescheide vom 20. Januar 2012 - 6z K 4242/11 - (Übernahme der elterlichen Praxis), vom 27. Juni 2012 - 6z K 1522/12 - (Krankheit) und vom 7. März 2013 - 6z K 4193/12 - (Minderjährigkeit); Beschlüsse vom 5. Juni 2012 - 6z L 287/12 - (politische Verfolgung), vom 8. Oktober 2012 - 6z L 1018/12 - (überlange Wartezeit), vom 12. Oktober 2012 - 6z L 1019/12 - (Krankheit), vom 22. Oktober 2012 - 6z L 1113/12 - (Krankheit), vom 27. März 2013 - 6z L 313/13 - (Krankheit), vom 30. September 2013 - 6z L 1208/13 - (Krankheit), vom 8. Oktober 2013 - 6z L 1251/13 - (familiäre Probleme), vom 18. Oktober 2013 - 6z L 1210/13 - (Schulabbruch wegen Schwangerschaft) und vom 18. Dezember 2013 - 6z L 1394/13 - (Krankheit); Rechtsprechung anderer Gerichte existiert aufgrund der Zuständigkeitskonzentration des § 52 Nr. 3 S. 4 und 5 VwGO nicht; s. auch Berlin, in: Bahro/Berlin, Das Hochschulzulassungsrecht in der Bundesrepublik Deutschland, Kommentar, 4. Auflage 2003, § 21 VergabeVO, Rdnr. 1; Reich, HRG, Kommentar, 11. Aufl. 2012, § 32 Rdnr. 4; Humborg, Die Vergabe von Studienplätzen durch die ZVS, DVBl. 1982, 469 (473 ff.) und DVBl. 1984, 545 (548 ff.).
562
Diese in Rechtsprechung und Literatur seit langem einhellig zugrunde gelegte Auslegungslinie lehnt sich nicht zuletzt an die Entscheidung „Numerus clausus II“ an, in der das Bundesverfassungsgericht ausgeführt hatte, dass „Härteklauseln im Lichte des Gleichheitssatzes nicht zuletzt die Funktion haben, innerhalb eines notwendig schematisierenden Auswahlsystems für Massenverfahren einen Ausgleich für die mit dem System selbst verbundenen Unbilligkeiten im Einzelfall zu schaffen“.
563
BVerfG, Urteil vom 8. Februar 1977 - 1 BvF 1/76 u. a. -, BVerfGE 43, 291 (378).
564
Bei Anlegung der vorgenannten Maßstäbe ist es nicht möglich, das Problem der überlangen Wartezeit – verfassungskonform – über die Härtefallregelung zu lösen. Zwar würde die Zulassung aller Studienplatzbewerber, welche die Grenze der zumutbaren Wartezeit erreicht, aber noch keinen Zulassungsanspruch in den Hauptquoten haben, als „Härtefälle“ die Wirksamkeit der Wartezeitzulassung als verfassungsrechtlich gebotenes Korrektiv eventuell wiederherstellen. Möglicherweise ließe sich auch vertreten, dass eine solche Anwendung der Härtefallregelung, wie in Art. 9 Abs. 3 Staatsvertrag 2008 verlangt, an „in der Person“ des Bewerbers liegende Umstände anknüpft, nämlich an die nicht zur Zulassung in den Hauptquoten ausreichende Abiturnote in Verbindung mit der überlangen Wartezeit des betreffenden Bewerbers.
565
Ablehnend allerdings insoweit Müller, Warten auf Godot – Das BVerfG und die Wartezeit, NVwZ 2013, 35 (37).
566
Ließe man alle langjährig Wartenden – beispielsweise mit dem Erreichen einer Wartezeit von sechs Jahren – in die Härtefallquote einrücken, so handelte es sich aber nicht mehr um eine Berücksichtigung des „außergewöhnlichen“ Einzelfalls, sondern um eine ihrerseits schematisierende, dauerhafte Änderung des Auswahlsystems. Konstituierend für eine entsprechende Zulassungsmöglichkeit wäre nämlich letztlich die Zugehörigkeit des einzelnen Studierwilligen zu der Gruppe von Bewerbern, welche die Auswahlgrenzen in den Hauptquoten seit langem verfehlen. Damit wäre der Charakter der Härtefallquote als einer Quote für besondere Einzelfälle, die sich im Massenverfahren der Studienzulassung nicht sachgerecht lösen lassen, verfehlt. Der Hinweis, dass die ZVS vor geraumer Zeit selbst einmal die Anwendung der Härtefallregelung auf „Altwarter“ praktiziert habe,
567
vgl. Müller, Warten auf Godot – Das BVerfG und die Wartezeit, NVwZ 2013, 35 (38); die entsprechende Vergabepraxis ist beschrieben in BVerfG, Beschluss vom 3. November 1981 - 1 BvR 632/80 u.a. -, BVerfGE 59, 1 (6 ff.), und bei Humborg, DVBl. 1982, 469 (469 und 475),
568
führt nicht weiter, denn es handelt sich um zwei entschieden unterschiedliche Konstellationen. Die Anwendung der Härtefallregelung auf Altwarter nach Inkrafttreten des Vergabestaatsvertrages 1978 diente tatsächlich dazu, innerhalb eines schematisierenden Massenverfahrens, nämlich des seinerzeit neu eingeführten Studienplatzvergabesystems, eine Berücksichtigung des Schicksals einzelner Bewerber zu ermöglichen, nämlich derjenigen Bewerber, die noch unter der Geltung des früheren Vergaberegimes Wartezeit angesammelt und auf eine Zulassung vertraut hatten. Dem entsprechend war die Zulassungsmöglichkeit auf Bewerber beschränkt, die vor dem 30. September 1978 ihre Hochschulzugangsberechtigung erworben hatten oder in dem bis zum Sommersemester 1980 angewandten Auswahlverfahren nach Wartezeit hätten ausgewählt werden können. Die Inanspruchnahme der Härtefallregelung diente in jenen Fällen also dazu, Härten abzumildern, die das neue Vergabeverfahren nicht umfassend berücksichtigte. Im Gegensatz zu diesem vorübergehenden, den Übergang auf das neue Vergabeverfahren abfedernden Einsatz der Härtefallvorschrift wäre vorliegend eine dauerhafte Anwendung der Härtefallregelung auf die langjährig Wartenden erforderlich, deren Zahl aller Voraussicht nach in den nächsten Jahren weiter ansteigen wird. Von einer Berücksichtigung von Einzelfällen kann insoweit nicht die Rede sein. Es würde letztlich im Wege der Normauslegung eine weitere Sonderquote geschaffen; eine solche Änderung des Auswahlsystems muss indessen dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben.
569
Die beschriebene Sonderquote hätte zudem einen erheblichen Umfang. Wollte man alle Bewerber, die mindestens sechs Jahre Wartezeit vorzuweisen haben, in der Wartezeitquote aber noch nicht zum Zuge kommen können, über die Härtefallquote zulassen, würde dies unter Zugrundelegung der Verhältnisse des Wintersemesters 2013/14 – wie sogleich näher erläutert werden wird – bedeuten, dass mindestens (1.311 + 262 =) 1.573 und damit mehr als siebzehn Prozent der Studienplätze an diese Bewerber zu vergeben wären. Zusammen mit der „eigentlichen Wartezeitquote“ ergäbe sich ein Umfang an „Wartezeitzulassungen“ von weit über 30%, wobei für die Zukunft von einer noch weiter steigenden Zahl auszugehen wäre. Dies liefe dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers zuwider. Denn die Novelle des Jahres 2006, in deren Rahmen die Wartezeitquote von 25% auf 20% reduziert worden ist, würde de facto umgekehrt. Dies überschreitet die Grenzen einer verfassungskonformen Auslegung.
570
Ebenso im Ergebnis Hillemann, Verfassungsmäßigkeit überlanger Wartezeiten – Anmerkung zur Entscheidung des BVerfG vom 6.9.2012, 1 BvL 13/12, HRZ 2013, 61 (66 f.).
571
Unabhängig von den vorstehenden Überlegungen scheitert eine Beseitigung des Verfassungsverstoßes durch verfassungskonforme Auslegung der Härtefallregelung aber auch an der zahlenmäßigen Limitierung der Härtefallplätze. Die Vergabeverordnung beschränkt den Anteil der Härtefallzulassungen auf maximal 2% (§ 6 Abs. 2 S. 1 VergabeVO). Das Hochschulrahmengesetz und der Staatsvertrag 2008 enthalten demgegenüber eine Vorgabe für die Gesamtzahl aller Vorabquotenplätze, die maximal 20% (so Art. 9 Abs. 1 Nr. 1 Staatsvertrag 2008) bzw. maximal 30% (so § 32 Abs. 2 HRG) betragen darf. Auch das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 6. September 2012 - 1 BvL 13/12 - darauf hingewiesen, dass die Härtefallquote zwar in der (untergesetzlichen) Vergabeverordnung auf 2% begrenzt sei, der Vergabestaatsvertrag 2008 aber eine Verteilung von bis zu 20% der Studienplätze in den Vorabquoten ermögliche. Insoweit gilt indes Folgendes:
572
Zum vorliegend streitgegenständlichen Wintersemester 2013/14 konnten im Studiengang Humanmedizin insgesamt 9.068 Plätze vergeben werden. Davon sind nach den Angaben der Beklagten (Bl. 76 der Gerichtsakte) 1.046 Plätze – 11,54% – in den Vorabquoten vergeben worden (Ausländer: 468, Bundeswehr: 214, Härte 52, Zweitstudium: 312). Hätte man über diese 1.046 Plätze hinaus alle Bewerber, die mit zwölf Halbjahren Wartezeit keinen Studienplatz erhalten haben, als Härtefälle zugelassen, wären weitere 1.311 Zulassungen hinzugekommen (so die Angabe der Beklagten, Bl. 77 der Gerichtsakte). Es wären also insgesamt (1.046 + 1.311 =) 2.357 Studienplätze in den Vorabquoten vergeben worden, was einem Anteil von rund 26% der Studienplätze entspricht. Dabei ist noch nicht berücksichtigt, dass durch eine Erweiterung der Vorabquotenzulassungen auf 26% zwangsläufig die Zahl der in den Hauptquoten zu vergebenden Studienplätze gesunken wäre; statt (9.068 - 1.046 =) 8.022 Plätzen hätten in den Hauptquoten nur noch (9.068 - 2.357 =) 6.711 Plätze vergeben werden können. Dadurch wäre auch die Zahl der in der Wartezeitquote verfügbaren Plätze (20% der nach Abzug der Vorabquoten verbleibenden Plätze) von 1.604 auf 1.342 gesunken. Es hätten also 262 weitere Bewerber mit zwölf oder mehr Halbjahren Wartezeit keine Zulassung in der Wartezeitquote erhalten. Auch sie hätten konsequenterweise in der Härtefallquote zugelassen werden müssen, wodurch die Zahl der in den Vorabquoten Zugelassenen auf (2.357 + 262 =) 2.619 und ihr Anteil an der Gesamtzahl auf rund 28,9% angestiegen wäre. Der Anteil der „Hauptquotenplätze“ einschließlich der in der Wartezeitquote zu vergebenden Plätze wäre dadurch abermals gesunken (und so weiter). Insgesamt wäre also jedenfalls die Limitierung der Vorabquoten auf zwei Zehntel in Art. 9 Abs. 1 des Vergabestaatsvertrags 2008 deutlich überschritten worden. Die formellgesetzliche Begrenzung auf maximal zwei Zehntel im Wege der „verfassungskonformen Auslegung“ zu ignorieren, hält die Kammer für nicht zulässig.
573
Vgl. auch VG Gelsenkirchen, Beschlüsse vom 28. März 2013 - 6 L 303/13 -, juris (für den Studiengang Zahnmedizin zum Sommersemester 2013), vom 8. Oktober 2013 - 6z L 1134/13 -, juris (für den Studiengang Zahnmedizin zum Wintersemester 2013/14), und vom 8. Oktober 2013 - 6z L 1106/13 - juris (für den Studiengang Humanmedizin zum Wintersemester 2013/14); letzterer bestätigt durch OVG NRW, Beschluss vom 28. November 2013 - 13 B 1287/13 -, n. v.
574
Eine verfassungskonforme Lösung, die sich der Härtefallregelung bedient, ohne die Begrenzung der Vorabquoten auf 20% zu überschreiten, ist nicht erkennbar. Sie ließe sich wohl nur erzielen, wenn man innerhalb der Gruppe der langjährig Wartenden differenzierte und bei einem Teil von ihnen eine noch längere Wartezeit für verfassungsrechtlich zumutbar hielte mit der Folge, dass die übrigen Bewerber vorrangig – innerhalb des 20%-Limits – als „Härtefälle“ zugelassen werden könnten. Die Kammer sieht jedoch keinen brauchbaren Ansatz für eine entsprechende Differenzierung:
575
Soweit die Beklagte meint, denjenigen Wartenden, die eine Berufsausbildung – zum Beispiel zum Krankenpfleger oder zum Rettungsassistenten – absolviert und einen den Lebensunterhalt vorläufig sichernden Arbeitsplatz erlangt haben, könne eine noch längere Wartezeit zugemutet werden als denjenigen, die auf einen Studienplatz warten, ohne einer Beschäftigung nachzugehen, vermag die Kammer ihr nicht zu folgen. Den Bewerbern der erstgenannten Gruppe würden bei einer solchen Differenzierung gerade die mit Blick auf ein späteres Medizinstudium sinnvollen Bemühungen zum Verhängnis, die im Auswahlverfahren der Hochschulen zu einer Verbesserung der Chancen führen. Die Abiturienten wären also gezwungen, sich bereits vor Aufnahme einer entsprechenden Ausbildung zu entscheiden, ob sie auf die Zulassungschance im hochschuleigenen Auswahlverfahren oder auf diejenige in der Wartezeitquote setzen, ohne die zukünftige Entwicklung der Auswahlgrenzen zu kennen. Diese Entscheidung ist nach Auffassung der Kammer weder zumutbar, noch wird sie dem Regelungsziel einer Auswahl besonders geeigneter Studienanfänger gerecht. Denn ein Teil der Bewerber würde von der Aufnahme einer sinnvollen, auf das Medizinstudium hinführenden Berufsausbildung geradezu abgeschreckt.
576
Auch die von den Prozessbevollmächtigten des Klägers des im Vorjahr vorgelegten Verfahrens 6z K 4171/12 postulierte umgekehrte Lösung, der zufolge gerade diejenigen Wartenden bevorzugt werden sollen, die sich durch das Absolvieren einer einschlägigen Berufsausbildung in besonderer Weise für die Aufnahme des Medizinstudiums qualifiziert haben, ist nach Auffassung der Kammer nicht zulässig. Denn der Gesetzgeber hat, wie oben aufgezeigt, die früher gegebene Möglichkeit, sich durch eine Berufsausbildung einen Bonus bei der Wartezeitzulassung zu verschaffen, bewusst abgeschafft und sich für eine voraussetzungslose Wartezeitzulassung entschieden. Diese Entscheidung würde durch eine entsprechende Differenzierung rückgängig gemacht und überschritte deshalb die Grenzen der verfassungskonformen Auslegung.
577
Am ehesten käme eine Differenzierung zwischen „echten Wartern“ und „Gelegenheitsbewerbern“ in Betracht, welche die Kammer – wie oben aufgezeigt (unter III. 1. b) bb)) – ohnehin für naheliegend hielte. Eine solche Differenzierung ist jedoch derzeit schon aus tatsächlichen Gründen nicht durchführbar. Da der Gesetzgeber eine Einschränkung der Wartezeitzulassung auf „Bewerbungssemester“ bewusst nicht mehr vorgenommen hat und die Wartenden sich infolge dieser Entscheidung in der Vergangenheit vielfach, solange sie noch nicht in den Bereich der Auswahlgrenze gerieten, nicht beworben haben, lassen sich die langjährig Wartenden nicht zuverlässig von den Gelegenheitsbewerbern unterscheiden.
578
b) Im Interesse der Geltungserhaltung gesetzlicher Vorschriften wäre es wohl auch geboten, die Verfassungswidrigkeit auf das untergesetzliche Recht, also die Vergabeverordnungen und/oder die Auswahlsatzungen der Hochschulen zu beschränken, wenn eine entsprechende Auslegung möglich wäre. Dies ist aber nicht der Fall.
579
Dies gilt zunächst für die Vergabeverordnungen. Hinsichtlich der Auswahlhauptquoten und ihrer Zusammensetzung ist hier praktisch nichts geregelt, was nicht bereits im Staatsvertrag 2008 und damit auf formellgesetzlicher Ebene festgeschrieben ist. Die Verordnungen regeln vielmehr lediglich Einzelheiten des (zentralen) Vergabeverfahrens, insbesondere solche des Verwaltungsverfahrens, selbständig. Auch soweit Inhalte des formellen Gesetzesrechts in den Vergabeverordnungen wiederholt werden, wie etwa die prozentualen Anteile der einzelnen Quoten, kann sich das Gericht nicht darauf beschränken, die Verordnung als verfassungswidrig zu verwerfen. Denn da es sich um lediglich wiederholende Regelungen handelt, muss die Beurteilung als verfassungswidrig zwangsläufig auf die gesetzliche Grundlage – hier also vor allem die Ratifizierungsgesetze zum Staatsvertrag 2008 und die Hochschulzulassungsgesetze der Länder – durchschlagen. In einem solchen Fall kann das Gericht sich nicht darauf beschränken, die streitentscheidenden untergesetzlichen Rechtsnormen unangewendet zu lassen. Erstreckt sich das Verdikt der Verfassungswidrigkeit zwangsläufig auf das übergeordnete formelle Gesetzesrecht, ist dieses für den Streit (mittelbar) entscheidungserheblich.
580
Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 14. Juli 1981 - 1 BvL 24/78 -, BVerfGE 58, 137 (143 f.), und vom 12. Februar 2003 - 2 BvL 3/00 -, BVerfGE 107, 218 (232); Hillgruber/Goos, Verfassungsprozessrecht, 3. Aufl. 2011, Rdnr. 584b.
581
Die Verfassungswidrigkeit des Auswahlsystems insgesamt beruht auch nicht etwa allein auf den Auswahlsatzungen der Hochschulen. Zwar könnten die Hochschulen den Verfassungsverstoß möglicherweise beseitigen, indem sie ihre Auswahlentscheidung weniger auf die Durchschnittsnote der Hochschulzulassungsberechtigung konzentrieren als dies heute der Fall ist. Die Kammer hat indes bereits aufgezeigt (unter anderem vorstehend unter III. 2. a)), dass den Hochschulen auf der formellgesetzlichen Ebene ausdrücklich und bewusst das Recht eingeräumt worden ist, die Auswahl sogar ausschließlich anhand des Verteilungskriteriums Abiturnote vorzunehmen und dass eine diese Entscheidung der Gesetzgeber negierende verfassungskonforme Auslegung der formellgesetzlichen Regelungen nicht zulässig ist. Die Kammer sieht vor diesem Hintergrund keine Veranlassung, an der Vereinbarkeit der einzelnen Auswahlsatzungen mit ihren formellgesetzlichen Rechtsgrundlagen zu zweifeln.
582
Zudem ist zu konstatieren, dass die Verfassungswidrigkeit niemals durch eine Auswahlsatzung allein hervorgerufen wird. Selbst die Auswahlsatzung der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, auf deren Grundlage zum Wintersemester 2011/12 ausschließlich Abiturienten mit der Abiturnote 1,0 ausgewählt worden sind, trägt zwar unzweifelhaft zum Problem der Überbetonung der Abiturnote bei, würde für sich genommen aber nicht zur Verfassungswidrigkeit des Auswahlsystems führen, wenn sich in ausreichender Zahl Hochschulen fänden, bei denen ein größerer Kreis von Bewerbern – zumindest bei Erfüllung weiterer Kriterien – eine Zulassungschance hätte. Um die Chancenoffenheit des Auswahlsystems insgesamt zu gewährleisten, hätten daher zumindest die Landesgesetzgeber in Erfüllung ihrer Verpflichtung, die für die Grundrechtsausübung wesentlichen Regelungen selbst zu treffen (siehe oben unter III. 1. a) bb) (4)), hinreichende Vorgaben machen müssen.
583
3. Entscheidungserheblichkeit
584
Auch die für eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG, § 80 Abs. 1 und 2 BVerfGG erforderliche Entscheidungserheblichkeit ist gegeben; die Verfassungsmäßigkeit der in Rede stehenden Vorschriften (dazu nachfolgend a)) und ihre Verfassungswidrigkeit (dazu nachfolgend b)) führen zu unterschiedlichen Ergebnissen.
585
a) Ergebnis bei Verfassungsmäßigkeit der Vorschriften
586
Hält man die in Rede stehenden Vorschriften für verfassungskonform und wendet sie auf den vorliegenden Sachverhalt an, so hat der Kläger keinen Anspruch auf Zulassung zum Studium; die Klage ist zulässig, aber unbegründet und daher abzuweisen.
587
Denn der Kläger erfüllt mit seiner Abiturnote (2,0) nicht die für eine Auswahl in der Abiturbestenquote (§§ 11 ff. VergabeVO) zum Wintersemester 2013/14 maßgebliche Auswahlgrenze. Diese lag für Bewerber mit in Sachsen erworbener Hochschulzugangsberechtigung bei 1,0. In der Wartezeitquote (§ 14 VergabeVO) erreicht der Kläger mit der von ihm bis zum Wintersemester 2013/14 angesammelten Wartezeit (zehn Halbjahre) ebenfalls nicht die Auswahlgrenze. Diese lag bei zwölf Wartehalbjahren.
588
Eine Zulassung auf der Grundlage der Härtefallregelung des § 15 VergabeVO scheidet ebenfalls aus. Dass allein die Zugehörigkeit zur Gruppe der Bewerber mit überlanger Wartezeit keine Härtefallzulassung gemäß § 15 VergabeVO rechtfertigt, ist oben (unter III. 2. a) (3)) ausführlich begründet worden. Individuelle Umstände, die den Kläger aus der genannten Gruppe hervorheben und eine Härtefallzulassung rechtfertigen, sind nicht erkennbar. Obwohl der Kläger den nach § 15 Vergabeverordnung erforderlichen Antrag auf Zulassung in der Härtefallquote gar nicht gestellt hat, hat die Kammer in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich nach etwaigen Besonderheiten im Lebenslauf des Klägers und nach seinen derzeitigen Lebensumständen gefragt. Anhaltspunkte für eine besondere Härte, die die Situation des Klägers von derjenigen anderer langjährig Wartender unterscheidet, sind dabei nicht zutage getreten. Dass der Kläger von Beginn an ein Medizinstudium im Auge gehabt, dass er ursprünglich mit einer deutlich kürzeren Wartezeit gerechnet und dass er gerade mit Blick auf das beabsichtigte Studium eine einschlägige Berufsausbildung absolviert hat, trifft nach Erfahrung der Kammer auf die Mehrzahl der Bewerber in der Gruppe der langjährig Wartenden zu. Die Kammer sieht hier – wie oben (unter III. 2. a) (3)) bereits dargelegt – keinen brauchbaren Ansatz für eine Unterscheidung zwischen denjenigen Bewerbern, die als Härtefälle zuzulassen sind, und den übrigen Bewerbern, die bei einer entsprechenden Differenzierung noch länger warten müssten als es derzeit der Fall ist. Gerade im Bereich der Massenverwaltung bedarf es im Übrigen klarer Differenzierungskriterien, die sich auf die Vielzahl von Bewerbern anwenden lassen.
589
Ob der Kläger im „Auswahlverfahren der Hochschulen“ hätte zugelassen werden müssen, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, da ein entsprechender Anspruch nicht gegen die Beklagte geltend gemacht werden kann. Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Behandlung der Bewerbung des Klägers durch die von ihm gewählten sechs Hochschulen sind für die Kammer jedenfalls nicht erkennbar.
590
b) Ergebnis bei Verfassungswidrigkeit der Vorschriften
591
Sind die im Beschlusstenor genannten Vorschriften nicht mit dem Grundgesetz vereinbar, so ergibt sich ein anderes Ergebnis.
592
(1) Dies liegt auf der Hand, wenn man, wie die Kammer in ihrem Beschluss vom 29. September 2011 (6 L 929/11), die Auffassung vertritt, dass sich, wenn ein absoluter Numerus clausus mit einem nicht hinreichend chancenoffenen Auswahlsystem verbunden ist, für denjenigen, der von einer unzumutbar langen Wartezeit betroffen ist, ein unmittelbarer, grundrechtlicher Anspruch auf Zulassung zu dem gewünschten Studium ergibt, weil das Recht auf freie Wahl des Berufs und der Ausbildungsstätte gegenüber einem solchen unzulässigen Eingriff unmittelbar zum Tragen kommen muss.
593
Ebenso auch VG München, (im Beschwerdeverfahren geänderte) Beschlüsse vom 19. Dezember 2005 - M 3 E L 05.20578 u.a. -, juris.
594
Der Verpflichtungsklage wäre dann stattzugeben (zur Frage des richtigen Klagegegners näher unten 4. a)).
595
Die Kammer hat sich allerdings inzwischen nach nochmaliger Überprüfung und nicht zuletzt zur Wahrung der Rechtseinheitlichkeit der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen angeschlossen, das einen unmittelbaren Zulassungsanspruch auch bei (teilweiser) Verfassungswidrigkeit des Vergabesystems verneint und erklärt hat, dass aus einem entsprechenden Verfassungsverstoß lediglich eine Pflicht des Gesetzgebers resultiere, das Auswahlsystem zu ändern.
596
OVG NRW, Beschlüsse vom 8. November 2011 - 13 B 1212/11 u.a. -, NJW 2012, 1096, vom 1. Februar 2012 - 13 A 2214/11 -, vom 11. Dezember 2012 - 13 A 1589/12 u.a.-, juris (Nichtzulassungsbeschwerde inzwischen zurückgewiesen durch BVerwG, Beschluss vom 4. Oktober 2013 - 6 B 12.13 u.a. -, juris), und vom 28. November 2013 - 13 B 1261/13 -, juris; ebenso BayVGH, Beschluss vom 21. September 2011 - 7 CE 11.10660 -, juris, der allerdings die Fragen des Hochschulausbaus und der Auswahl innerhalb der Kapazität nicht sauber trennt, sowie Nieders. OVG, Beschluss vom 22. August 2013 - 2 NB 394/12 -, juris, VG Sigmaringen, Beschluss vom 4. Februar 2011 - 6 K 2737/10 -, juris, VG Berlin, Beschluss vom 20. Dezember 2013 - 3 L 640.13 -, juris, und Mengden, Entscheidungsanmerkung [zu OVG NRW, Beschluss vom 6. Oktober 2011], ZJS 2011, 566 (570 f.).
597
Allerdings lassen sich für einen solchen verfassungsunmittelbaren Anspruch auf Zulassung durchaus Gründe anführen. Dass etwa der vom Bundesverfassungsgericht angenommene grundrechtliche Anspruch auf erschöpfende Kapazitätsausnutzung im Falle freigebliebener Kapazitäten zu einem Anspruch auf Zulassung zum Studium erstarkt, ist unbestritten. Eben dieser grundrechtliche Anspruch ist die materiell-rechtliche Grundlage des sog. Kapazitätsrechtsstreits, in welchem – mangels einfachgesetzlicher Rechtsgrundlage – unmittelbar aus dem verfassungskräftigen Teilhaberecht um die Zulassung zum Studium gestritten wird. In diesem Zusammenhang hat das Bundesverfassungsgericht im Übrigen mehrfach betont, dass zu den wesentlichen Bestandteilen eines verfassungsmäßigen Rechts gerade seine Durchsetzbarkeit gehört, was sich ebenfalls für einen Zulassungsanspruch ins Feld führen lässt.
598
Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 9. April 1975 - 1 BvR 344/74 -, BVerfGE 39, 276 ff., und vom 21. Oktober 1981 - 1 BvR 802/78 -, BVerfGE 59, 172 (215); s. auch VG München, Beschluss vom 19. Dezember 2005 - M 3 E L 05.20578 -, juris.
599
Insoweit ist die von dem Kläger des vorliegenden Verfahrens bereits in der Klageschrift vorgetragene Überlegung, dass ohne die Annahme eines gerichtlich durchsetzbaren verfassungsunmittelbaren Zulassungsanspruchs die Erlangung effektiven Rechtsschutzes in Konstellationen wie der vorliegenden kaum möglich sei, nicht von der Hand zu weisen und hat die Entscheidung der Kammer im September 2011, entsprechende einstweilige Anordnungen zu erlassen, mitbestimmt.
600
Dennoch sprechen vorliegend gewichtigere Gründe gegen einen verfassungsunmittelbaren Anspruch auf Zulassung zum Hochschulstudium. Während nämlich bei dem Anspruch auf erschöpfende Kapazitätsausnutzung der freiheitsrechtliche Charakter des Grundrechts im Vordergrund steht und sich ein Verstoß ohne Beeinträchtigung anderer zur Zulassung anstehender Bewerber verwirklichen lässt, geht es im vorliegenden Zusammenhang um die Frage einer sachgerechten Auswahl unter den Bewerbern innerhalb der Kapazität. Hier steht – wie oben dargelegt – die gleichheitsrechtliche Seite des Grundrechts stark im Vordergrund, und jede Entscheidung zu Gunsten eines Bewerbers wirkt sich zu Lasten eines anderen Bewerbers aus. Zudem ist die Entwicklung brauchbarer Alternativen angesichts der Komplexität der Problematik mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Aus diesen Gründen richtet sich die verfassungskräftige Pflicht, ein Auswahlsystem zu verwenden, das dem hochschulreifen Bewerber die faire Chance auf eine Zulassung verschafft, naturgemäß zunächst an den Gesetz- und den Verordnungsgeber. Diesen bleibt trotz der verschärften Anforderungen, die sich vorliegend aus dem Zusammenwirken des Gleichheitssatzes mit dem Freiheitsrecht des Art. 12 Abs. 1 GG ergeben, ein erheblicher Gestaltungsspielraum, in dessen Rahmen sie ein insgesamt sachgerechtes und hinreichend chancenoffenes Auswahlsystem zu entwickeln haben. Insofern dürfte die von der Kammer angenommene Verfassungswidrigkeit des derzeitigen Systems wohl in der Tat nur zu einer Verpflichtung des Gesetzgebers führen, entsprechende Korrekturen am Auswahlsystem vorzunehmen.
601
Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16. Juni 2011 - 13 C 45/11 u. a. -, juris (Rdnr. 20), und vom 8. November 2011 - 13 B 1212/11 u.a. -, NJW 2012, 1096.
602
Auch das Bundesverfassungsgericht hat im Übrigen im vorliegenden Kontext die Pflicht des Gesetzgebers betont, ein verfassungsmäßiges Auswahlsystem zu schaffen und zu erhalten, indem er die tatsächliche Entwicklung des Vergabeverfahrens beobachtet und das Verteilungsverfahren gegebenenfalls nachbessert.
603
Vgl. etwa BVerfG, Urteil vom 8. Februar 1977 - 1 BvF 1/76 u.a. -, BVerfGE 43, 291 (321); zur Nachbesserungspflicht auch BayVGH, Beschluss vom 23. März 2006 - 7 CE 06.10164 -, juris (Rdnr. 31); Möller, Rahmenbedingungen der Hochschulzulassung, 2001, S. 88 f.
604
Auch wenn der Gesetzgeber dieser Pflicht in der Vergangenheit nicht (hinreichend) nachgekommen ist, wie von der Kammer angenommen, ist es dem Gericht verwehrt, durch die Annahme eines unmittelbaren Zulassungsanspruchs eine Verschiebung zwischen den Bewerbergruppen herbeizuführen.
605
(2) Auch wenn man einen verfassungsunmittelbaren Zulassungsanspruch verneint und lediglich eine Verpflichtung des Gesetzgebers zur Korrektur des Auswahlsystems annimmt, ergibt sich jedoch im Falle der Verfassungswidrigkeit ein anderes Ergebnis als im Falle der Verfassungsmäßigkeit der in Rede stehenden Vorschriften. Muss der Gesetzgeber nämlich die Studienplatzvergabe zur Wahrung der Chancenoffenheit des Auswahlsystems neu regeln oder jedenfalls nachbessern, so hält die Aussetzung des Verfahrens zum Zwecke der Normenkontrolle gemäß Art. 100 Abs. 1 GG dem Kläger die Chance offen, eine für ihn günstigere Regelung durch den Gesetzgeber zu erreichen. Diese Konsequenz des Normenkontrollverfahrens genügt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, um eine Entscheidungserheblichkeit im Sinne von Art. 100 Abs. 1 GG, § 80 BVerfGG anzunehmen.
606
Vgl. nur BVerfG, Urteile vom 19. Oktober 1982 - 1 BvL 39/80 -, BVerfGE 61, 138 (146), und vom 27. Juni 1991 - 2 BvL 3/89 -, BVerfGE 84, 233 (237); Beschlüsse vom 10. Februar 1987 - 1 BvL 18/81 -, BVerfGE 74, 182 (195), vom 31. Januar 1996 - 2 BvL 39/93 u. a. -, BVerfGE 93, 386 (395), vom 8. Juni 2004 - 2 BvL 5/00 -, BVerfGE 110, 412 (429 f.), vom 17. April 2008 - 2 BvL 4/05 -, BVerfGE 121, 108 (115), vom 11. November 2008 - 1 BvL 3/05 u. a. -, BVerfGE 122, 151 (173); Hömig, in: ders., GG, Kommentar, 10. Aufl. 2013, Art. 100 Rdnr. 7; Lechner/Zuck, BVerfGG, Kommentar, 6. Aufl. 2011, § 80 Rdnr. 38; Müller-Terpitz, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein, GG, Kommentar, 11. Aufl. 2008, Art. 100 Rdnr. 21; Dollinger, in: Umbach/ Clemens/Dollinger (Hrsg.): BVerfGG, 2. Aufl. 2005, § 80 Rdnr. 66; Benda/Klein, Verfassungsprozessrecht, 3. Aufl. 2012, Rdnr. 843 ff.; Hillgruber/Goos, Verfassungsprozessrecht, 3. Aufl. 2011, Rdnr. 603.
607
Die Entscheidungserheblichkeit ist nach dieser Rechtsprechung bereits dann zu bejahen, wenn der Gesetzgeber den Verfassungsverstoß auf verschiedene Weise heilen kann und eine der dem Gesetzgeber möglichen Entscheidungsvarianten den – bis dahin weiter ausgesetzten – Prozess in Richtung einer für den betroffenen Grundrechtsträger günstigen Weise beeinflussen kann.
608
So BVerfG, Beschluss vom 17. April 2008 - 2 BvL 4/05 -, BVerfGE 121, 108 (115 f.); dem Obersatz nach noch etwas großzügiger BVerfG, Urteil vom 27. Juni 1991 - 2 BvL 3/89 -, BVerfGE 84, 233 (237).
609
Die vorgenannte Rechtsprechung ist vom Bundesverfassungsgericht in erster Linie für Gleichheitsverstöße entwickelt worden, genauer gesagt für gesetzliche Normen, die dem Kläger des Ausgangsverfahrens eine Leistung gleichheitswidrig vorenthalten. Hier besteht typischerweise das Problem, dass der Kläger bei Gültigkeit der Norm die Leistung nicht beanspruchen kann, dass aber auch bei Nichtigkeit bzw. Verfassungswidrigkeit der Norm eine gesetzliche Grundlage für die Leistung zu Gunsten des Klägers nicht besteht, so dass es an der Entscheidungserheblichkeit der Frage der Verfassungskonformität zu fehlen scheint. Das Bundesverfassungsgericht akzeptiert bei einer solchen Sachlage, dass das Instanzgericht das Verfahren aussetzt und vorlegt, um dem Kläger die Chance zu geben, von einer gesetzgeberischen „Reparatur“ zu profitieren.
Nach Auffassung der Kammer sind diese (überzeugenden) Grundsätze vorliegend heranzuziehen. Denn auch der Verstoß gegen das aus Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 GG resultierende derivative Teilhaberecht des hochschulreifen Bewerbers auf eine chancenoffene Auswahlentscheidung nach sachgerechten Kriterien ist, wie oben unter III. 1. a) bb) bereits näher dargelegt, vorrangig ein Gleichheitsverstoß und auch hier stellt sich, wie vorstehend unter III. 3. b) (1) aufgezeigt, das Problem, dass die Umsetzung des entsprechenden verfassungskräftigen Gebots dem Gesetzgeber obliegt. Der einzelne Studienbewerber hat daher keine Möglichkeit, die Zulassung durch eine verwaltungsgerichtliche Klage unmittelbar auf verfassungsrechtlicher Grundlage zu erzwingen. Will er die Überprüfung der Verfassungskonformität der Auswahlregelungen und damit mittelbar die Realisierung seines Teilhaberechts erreichen, bleibt ihm nur der Weg einer Klage auf Zulassung zum Studium – verbunden mit der Anregung, eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gemäß Art. 100 GG herbeizuführen.
612
Dass der Kläger des Ausgangsverfahrens von einer entsprechenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und einem daran anschließenden Tätigwerden des Gesetzgebers unter keinen Umständen profitieren würde, lässt sich nicht feststellen. Der Gesetzgeber hat zwar erkennbar verschiedene Entscheidungsvarianten, unter denen er zur Behebung des Verfassungsverstoßes wählen kann. Dass aber keine der denkbaren Änderungen dem Kläger eine verbesserte Chance auf Auswahl verschaffen würde, lässt sich nicht feststellen. Grundsätzlich vorstellbar wären z. B. eine generelle oder eine bei Überschreiten einer gewissen Auswahlgrenze eintretende Erhöhung des Anteils der in der Wartezeitquote zu verteilenden Studienplätze, eine Verpflichtung der Hochschulen, die Auswahlkriterien ihrer Auswahlsatzungen in einer Weise zu verändern, die mehr als einem Viertel der Abiturienten realistische Auswahlchancen bietet, und diverse andere Varianten, die an der einen oder anderen Auswahlquote ansetzen. Welche Auswahlkriterien und welche Kombination von Kriterien mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen vereinbar wären, hat die Kammer (derzeit) nicht zu entscheiden. Für den vorliegenden Zusammenhang genügt die Feststellung, dass beispielsweise eine Erhöhung der Wartezeitquote und die damit zwangsläufig verbundene Reduzierung der Auswahlgrenze in dieser Quote dem Kläger die Chance auf eine frühere Zulassung verschaffen würde.
613
Die Kammer verkennt nicht, dass es angesichts der fortgeschrittenen Wartezeit des Klägers denkbar ist, dass er in absehbarer Zeit ohnehin einen Studienplatz erhält und das Normenkontrollverfahren und ein etwaiges Gesetzgebungsverfahren bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen sein werden. Die Kammer hält sich aber nicht für berechtigt, mit Blick auf diese zeitlichen Erwägungen von einer Vorlage abzusehen, zumal sich letztlich weder der Zeitpunkt der Zulassung des Klägers nach dem bisherigen Recht noch der Ablauf des Normenkontroll- und eines möglichen Gesetzgebungsverfahrens zuverlässig prognostizieren lässt.
614
4. Prozessuales
615
a) Soweit die Beklagte angedeutet hat, sie sei für das Verfahren der „falsche Klagegegner“, vermag die Kammer ihr nicht zu folgen. Streitgegenstand des Verfahrens ist ein Anspruch auf Zulassung zum Studium der Humanmedizin innerhalb der festgesetzten Kapazität und innerhalb der von der Beklagten in eigenem Namen vergebenen Auswahlhauptquoten. Dieser Anspruch kann nur gegen die Beklagte bestehen, gegen welche die Klage folglich zu richten war und ist. Dass bei der für das Verfahren notwendigen Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit der die Studienplatzvergabe regelnden Vorschriften zwangsläufig auch das „Auswahlverfahren der Hochschulen“ mit in den Blick zu nehmen ist, weil sich nur bei einer Betrachtung des Gesamtsystems dessen Verfassungskonformität beurteilen lässt (siehe oben unter III. 1. b) cc) (2) (c)), ändert nichts daran, dass das Ausgangsverfahren (nur) gegen die Beklagte geführt werden kann.
616
Soweit das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in seinem ein Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes betreffenden Beschluss vom 8. November 2011 (13 B 1213/11) ausgeführt hat, dass der Antrag gegen die einzelne Hochschule hätte gerichtet werden müssen, beruht dies auf dem Umstand, dass das beschließende Gericht in jenem Eilverfahren dem Antragsteller einen Studienplatz vorläufig zugesprochen hatte, der eigentlich im Auswahlverfahren der Hochschulen vergeben worden wäre, und dass zum Zeitpunkt der (erstinstanzlichen) Eilentscheidung das Vergabeverfahren der Beklagten beendet war, das Auswahlverfahren der Hochschulen aber noch lief. Für diesen Fall mag man bezweifeln können, dass eine einstweilige Anordnung auf Zuteilung des Studienplatzes gerade gegen die Beklagte möglich ist, wenngleich die Kammer dies – einen verfassungsunmittelbaren Zulassungsanspruch unterstellt – im Interesse effektiver Rechtsschutzgewährung für geboten hielte. Auf das vorliegende Hauptsacheverfahren sind die Erwägungen des Oberverwaltungsgerichts jedenfalls nicht ansatzweise übertragbar. Denn hier steht nicht die (unmittelbare) Vergabe eines Studienplatzes aus der dem Auswahlverfahren der Hochschulen vorbehaltenen Quote im Raum, sondern entweder – bei Verfassungskonformität der Vorschriften – der Versuch der Realisierung eines Zulassungsanspruchs in einer der von der Beklagten verwalteten Auswahlquoten oder – bei Verfassungswidrigkeit – eine Verpflichtung des Gesetzgebers, das Gesamtsystem zu korrigieren. Ob dem Kläger nach einer entsprechenden Änderung ein Studienplatz aus einer von der Beklagten verwalteten Auswahlquote oder ein solcher aus dem Auswahlverfahren der Hochschulen zustehen könnte, lässt sich angesichts der Vielzahl denkbarer Gestaltungsmöglichkeiten des Gesetzgebers nicht prognostizieren.
617
b) Den Verfahrensbeteiligten ist in hinreichendem Umfang rechtliches Gehör zu der Vorlageentscheidung gewährt worden. Denn die Einleitung eines entsprechenden Zwischenverfahrens ist in der mündlichen Verhandlung ausführlich erörtert worden. Dass eine konkrete Normenkontrolle zu erwägen sein würde, war im Übrigen für alle Beteiligten erkennbar, weil im vorliegenden Verfahren unter anderem die Verfassungswidrigkeit des Vergaberechts geltend gemacht und eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht angeregt worden war und weil die Kammer bereits in mehreren Verfahren der Vorjahre entsprechende Vorlagebeschlüsse erlassen hatte (Beschlüsse vom 26. April 2012 - 6 K 3656/11, 6 K 3659/11 und 6 K 3695/11 - und vom 19. März 2013 - 6z K 4171/12 -).
618
c) Eine Beiladung der 35 Hochschulen, die den Studiengang Medizin anbieten, gemäß § 65 VwGO hat die Kammer nach Lage der Dinge nicht für geboten gehalten. Wie oben (unter III 2. b)) bereits ausgeführt worden ist, beruht die Annahme der Verfassungswidrigkeit nicht auf dem konkreten Inhalt einzelner Hochschulsatzungen über die Auswahl im jeweiligen „Auswahlverfahren der Hochschule“. Die Kammer hält vielmehr bereits die formellgesetzlichen Regelungen über die Studienplatzvergabe für verfassungsrechtlich defizitär. Dass eine etwaige Verwerfung der Vorschriften durch das Bundesverfassungsgericht und die dann anstehende Neuregelung die Hochschulen und ihre Mitglieder in ihren Rechten, etwa der Wissenschaftsfreiheit, tangieren würden, liegt auf der Hand. In ähnlicher Weise sind auch zahlreiche Studienbewerber (mittelbar) betroffen, deren Auswahlchancen sich in Zukunft verbessern oder verschlechtern könnten. Dies ändert aber nichts daran, dass es im vorliegenden Verfahren derzeit allein um die Verfassungsmäßigkeit des Gesamtsystems geht, über welche die grundgesetzlich vorgesehene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen ist. Auch zur weiteren Sachverhaltsaufklärung war eine Beteiligung der einzelnen Hochschulen nicht erforderlich.
619
5. Klarstellungen im Anschluss an den Beschluss des Bundesverfassungs- gerichts vom 6. September 2012 (1 BvL 13/12)
620
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 6. September 2012 (1 BvR 13/12) eine Reihe von Einwänden gegen den Vorlagebeschluss der Kammer vom 26. April 2012 (6 K 3659/11) erhoben und diesen für unzulässig erklärt. Die Kammer hat sich bemüht, diese Einwände bei der Abfassung des vorliegenden Beschlusses zu berücksichtigen. Einige Ergänzungen und Klarstellungen sind jedoch mit Blick auf den Beschluss vom 6. September 2012 angezeigt:
621
Soweit das Bundesverfassungsgericht im Zusammenhang mit der Frage der Härtefallregelung bemängelt, die Kammer habe nicht dargelegt, „wie die Literatur diese Vorschriften interpretiert“ (S. 10 des Beschlusses vom 6. September 2012), wird darauf hingewiesen, dass zum Hochschulzulassungsrecht, soweit es um die Vergabe innerhalb der festgesetzten Kapazität geht, außerordentlich wenig Literatur existiert. Ausführungen, die über eine Zusammenfassung und Erläuterung der Numerus-clausus-Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sowie der Rechtsprechung der wenigen mit dem zentralen Vergabeverfahren befassten Fachgerichte hinausgehen und – etwa zur Frage der Härtefallzulassung – weiterführende Überlegungen enthalten, sind kaum aufzufinden. Die vorhandene Literatur meint die Kammer vollständig ausgewertet zu haben.
622
Soweit das Bundesverfassungsgericht davon ausgeht, die beschließende Kammer habe die Verfassungswidrigkeit der in Rede stehenden Vorschriften auf die Annahme gestützt, „dass Bewerber mit schlechten Noten in diesem Auswahlverfahren [nämlich dem AdH] chancenlos seien“ (S. 11 des Beschlusses vom 6. September 2012), wird klargestellt, dass es der Kammer nicht nur und nicht einmal in erster Linie um die Bewerber mit „schlechten“ Noten geht, sondern vor allem um diejenigen mit Abiturnoten im leicht überdurchschnittlichen, durchschnittlichen und leicht unterdurchschnittlichen Bereich. Denn gerade in diesem Bereich, in dem das Gros der Abiturienten liegt, stellt die Abiturnote nach praktisch einhelliger Meinung kein uneingeschränkt zuverlässiges Differenzierungskriterium dar.
623
Soweit das Bundesverfassungsgericht einwendet, das Verwaltungsgericht habe nicht dargelegt, warum „auch Studierwillige mit deutlich schlechteren Noten als 1,7 oder 1,8 bei überfüllten Studiengängen binnen einer bestimmten Frist eine Chance auf Zuteilung eines Platzes haben müssen“ (S. 14 des Beschlusses vom 6. September 2012), wird klargestellt, dass die Kammer nicht die Auffassung vertritt, jeder Studierwillige müsse binnen einer bestimmten Frist eine Zulassung erhalten. Sie meint lediglich, dass die Ungerechtigkeiten, die sich durch die gegenwärtige, übermäßig auf die Abiturnote konzentrierte Auswahl einstellen, aus Sicht des Verfassungsrechts hingenommen werden können, wenn für die Benachteiligten eine realistische Alternative – beispielsweise in Form einer Wartezeitquote mit zumutbaren Auswahlgrenzen – besteht.
624
Soweit das Bundesverfassungsgericht in dem genannten Beschluss erklärt, die beschließende Kammer habe nicht hinreichend ausgeführt, gegen welche tragenden Grundsätze seiner Entscheidungen die zur Überprüfung gestellten Normen verstoßen sollen (S. 12 ff. des Beschlusses vom 6. September 2012), wird klargestellt, dass die Kammer selbstverständlich nicht der Auffassung ist, aus den tragenden Gründen der vorliegenden Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zum Numerus clausus lasse sich die Verfassungswidrigkeit des heutigen Vergabesystems unmittelbar ablesen. Dass das jetzige System der Studienplatzvergabe sich von demjenigen der siebziger Jahre gravierend unterscheidet, liegt auf der Hand. Die Kammer hat daher auf der Grundlage jener Entscheidungen, aber auch unter Einbeziehung der inzwischen zu verzeichnenden Sach- und Rechtsentwicklung einen verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab herausgearbeitet und misst das heutige Vergaberegime daran.
625
Soweit das Bundesverfassungsgericht feststellt, die Kammer habe „nicht plausibel erläutert, dass sich die Notengrenze von 2,4 aus den rechtlichen Vorgaben ergibt“ (S. 15 des Beschlusses vom 6. September 2012), wird klargestellt, dass sich bei der Verwendung relativer Auswahlkriterien niemals eine bestimmte Grenze aus den rechtlichen Vorgaben ergeben kann. Die Auswahlgrenze folgt vielmehr in jeder der Hauptquoten stets aus dem Niveau der konkreten Bewerber. Dass sich selbst für einen Studierwilligen, der die im hochschuleigenen Auswahlverfahren angelegten Zusatzkriterien mit optimalem Ergebnis vorweisen kann, de facto eine (regelmäßig enge) Auswahlgrenze bei der Abiturnote ergibt, lässt sich den von der Beklagten vorgelegten Angaben über die tatsächlichen und theoretischen „Auswahlgrenzen“ im Auswahlverfahren der Hochschulen (oben unter II. 3. d)) entnehmen.
626
Soweit das Bundesverfassungsgericht schließlich ausführt, es erschließe sich nicht, „weshalb die Abiturnote als Auswahlkriterium verfassungsrechtlich bedenklich und die Wartezeitquote vorzugswürdig sein sollte“ (S. 17 des Beschlusses vom 6. September 2012), wird klargestellt, dass die beschließende Kammer keineswegs die Ansicht vertritt, die Wartezeit sei als Vergabekriterium gegenüber der Abiturnote vorzugswürdig. Sie hält die Abiturnote vielmehr für ein sachgerechtes Kriterium, dem bei der Auswahl durchaus zentrale Bedeutung zukommen darf. Die Kammer ist allerdings der Auffassung, dass die Auswahl jedenfalls bei engen Auswahlgrenzen nicht allein anhand der Abiturnote erfolgen darf, sondern eine gewisse Mehrgleisigkeit der Vergabe angezeigt ist, die beispielsweise durch eine Wartezeitquote, aber wohl auch durch andere Gestaltungen des Auswahlsystems hergestellt werden kann.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Beschluss, 18. März 2014 - 6z K 4324/13
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Ni
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Fi
(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassu
Für die örtliche Zuständigkeit gilt folgendes:1.In Streitigkeiten, die sich auf unbewegliches Vermögen oder ein ortsgebundenes Recht oder Rechtsverhältnis beziehen, ist nur das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk das Vermögen oder
(1) Das Gericht kann, solange das Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen oder in höherer Instanz anhängig ist, von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren rechtliche Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen.
(2) Sind
(1) Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts binden die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und Behörden.
(2) In den Fällen des § 13 Nr. 6, 6a, 11, 12 und 14 hat die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Gese
(1) Sind die Voraussetzungen des Artikels 100 Abs. 1 des Grundgesetzes gegeben, so holen die Gerichte unmittelbar die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ein.
(2) Die Begründung muß angeben, inwiefern von der Gültigkeit der Rechtsvorschrift d
(1) Bei der Schätzung des Auftragswerts ist vom voraussichtlichen Gesamtwert der vorgesehenen Leistung ohne Umsatzsteuer auszugehen. Zudem sind etwaige Optionen oder Vertragsverlängerungen zu berücksichtigen. Sieht der öffentliche Auftraggeber Prämie
(1) Die Vergabe von öffentlichen Aufträgen erfolgt nach § 119 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen im offenen Verfahren, im nicht offenen Verfahren, im Verhandlungsverfahren, im wettbewerblichen Dialog oder in der Innovationspartnerschaft.
Die Bundesregierung kann mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften über die zu verwendenden elektronischen Mittel (Basisdienste für die elektronische Auftragsvergabe) sowie über die einzuhaltenden technischen Standards erlasse
(1) Bei einem offenen Verfahren fordert der öffentliche Auftraggeber eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmen öffentlich zur Abgabe von Angeboten auf. Jedes interessierte Unternehmen kann ein Angebot abgeben.
(2) Die Frist für den Eingang der An
(1) Organmitglieder oder Mitarbeiter des öffentlichen Auftraggebers oder eines im Namen des öffentlichen Auftraggebers handelnden Beschaffungsdienstleisters, bei denen ein Interessenkonflikt besteht, dürfen in einem Vergabeverfahren nicht mitwirken.
(1) Der öffentliche Auftraggeber legt das erforderliche Sicherheitsniveau für die elektronischen Mittel fest. Elektronische Mittel, die von dem öffentlichen Auftraggeber für den Empfang von Angeboten, Teilnahmeanträgen und Interessensbestätigungen so
(1) In Studiengängen, für die für mehrere Hochschulen Zulassungszahlen festgesetzt sind, können die Studienplätze von der von den Ländern errichteten Zentralstelle vergeben werden. In das Verfahren der Zentralstelle ist ein Studiengang zum frühestmög
(1) Elektronische Mittel und deren technische Merkmale müssen allgemein verfügbar, nichtdiskriminierend und mit allgemein verbreiteten Geräten und Programmen der Informations- und Kommunikationstechnologie kompatibel sein. Sie dürfen den Zugang von U
(1) In der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen zur Durchführung eines wettbewerblichen Dialogs beschreibt der öffentliche Auftraggeber seine Bedürfnisse und Anforderungen an die zu beschaffende Leistung. Gleichzeitig nennt und erläutert
(1) Der öffentliche Auftraggeber kann im Vergabeverfahren die Verwendung elektronischer Mittel, die nicht allgemein verfügbar sind (alternative elektronische Mittel), verlangen, wenn er1.Unternehmen während des gesamten Vergabeverfahrens unter einer
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils v
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 8. Oktober 2013 wird zurückgewiesen.Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 5
Tenor
1 Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.2 Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.3 Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.Grün
Tenor
§ 6 Satz 1 des Bremischen Studienkontengesetzes vom 18. Oktober 2005 - BremStKG - (Gesetzblatt der Freien Hansestadt Bremen
Seite 550) in Verbindung mit § 3 Absatz 1 und § 2 Absatz 1 Br
Tenor
§ 23 Sätze 2 und 3 Vergabeverordnung Stiftung (Saarland) vom 20. Februar 2011, Amtsblatt I, Seite 172, werden für unwirksam erklärt.Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner; außergerichtliche Kosten der Beigeladenen werden nicht ersta
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 18. November 2011 - 13 K 2984/11 - wird zurückgewiesen.Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.Der Streitwert für das Beschwerdever
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
1 Der Antragsteller begehrt die vorläufige Zulassung zum Studium der Humanmedizin innerhalb de
Tenor
Artikel 2 Satz 2 der Verordnung des Wissenschaftsministeriums zur Änderung der Vergabeverordnung ZVS vom 29. Juni 2009 (GBl. S. 309) wird für unwirksam erklärt, soweit darin die Geltung von § 24 Satz 2 und Satz 3 Vergabeverordnung Z
Tenor
Die Anträge werden zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens zu jeweils 1/5; außergerichtliche Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.
Der Streitwert wird au
Tenor
Die Beschwerde des Vollstreckungsgläubigers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 8. Juni 2009 - NC 6 K 919/09 - wird zurückgewiesen.
Der Vollstreckungsgläubiger trägt die Kosten des Beschwerd
Tenor
1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
2. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.
3. Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgeset
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.
2. Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.
1Gründe
2Der nach § 123 Abs. 1 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulä
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.
2. Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.
1Gründe
2Der Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anord
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.
1 Der nach § 123 Abs. 1 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässige Haup
(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassungsstreitigkeiten zuständigen Gerichtes des Landes, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. Dies gilt auch, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes durch Landesrecht oder um die Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit einem Bundesgesetze handelt.
(2) Ist in einem Rechtsstreite zweifelhaft, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (Artikel 25), so hat das Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.
(3) Will das Verfassungsgericht eines Landes bei der Auslegung des Grundgesetzes von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes oder des Verfassungsgerichtes eines anderen Landes abweichen, so hat das Verfassungsgericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.
(1) Sind die Voraussetzungen des Artikels 100 Abs. 1 des Grundgesetzes gegeben, so holen die Gerichte unmittelbar die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ein.
(2) Die Begründung muß angeben, inwiefern von der Gültigkeit der Rechtsvorschrift die Entscheidung des Gerichts abhängig ist und mit welcher übergeordneten Rechtsnorm sie unvereinbar ist. Die Akten sind beizufügen.
(3) Der Antrag des Gerichts ist unabhängig von der Rüge der Nichtigkeit der Rechtsvorschrift durch einen Prozeßbeteiligten.
Gegenstand der Vorlage ist die Verfassungsmäßigkeit der §§ 31, 32 des Hochschulrahmengesetzes in der Fassung vom 28. August
2004 (HRG - BGBl I S. 2298) sowie der landesrechtlichen Vorschriften, durch die der Staatsvertrag über die Errichtung einer
gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung vom 5. Juni 2008 (im Folgenden: Staatsvertrag 2008) ratifiziert und umgesetzt
wurde.
1. Die 1987 geborene Klägerin des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Klägerin) erwarb 2006 in Nordrhein-Westfalen ihr Abitur
mit einer Durchschnittsnote von 3,2. Danach absolvierte sie eine Ausbildung zur Medizinisch-technischen Laborassistentin.
Anschließend nahm sie eine entsprechende Berufstätigkeit auf. Zum Wintersemester 2011/12 bewarb sie sich zum wiederholten
Male bei der Beklagten des Ausgangsverfahrens, der Stiftung für Hochschulzulassung (im Folgenden: Beklagte), um die Zulassung
zum Studium der Humanmedizin im ersten Fachsemester. Sie beantragte sowohl die Beteiligung an der Auswahl in der Wartezeitquote
als auch im Auswahlverfahren der Hochschulen. Sonderanträge stellte sie nicht.
Mit Bescheid vom 12. August 2011 lehnte die Beklagte die Zulassung innerhalb der Wartezeitquote mit der Begründung ab, die
maßgebliche Auswahlgrenze von 12 Wartesemestern sei verfehlt worden. Auch im Auswahlverfahren der Hochschulen blieb die Klägerin
erfolglos. Sie erhob daraufhin Klage, mit der sie beantragte, die Beklagte unter Aufhebung des ablehnenden Bescheides zu verpflichten,
sie nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2011/12 zum Studium der Medizin entsprechend ihrem Antrag zuzulassen.
2. Das Verwaltungsgericht hat das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG die Frage
zur Entscheidung vorgelegt, ob die §§ 31, 32 HRG sowie die landesrechtlichen Vorschriften zur Ratifizierung und Umsetzung
des Staatsvertrages 2008 mit dem Grundgesetz vereinbar sind, soweit sie für den Studiengang Humanmedizin ein Vergabeverfahren
vorsehen, bei dem - nach Abzug einiger Vorabquoten - 20 % der Studienplätze allein nach dem Grad der Qualifikation, 60 % der
Studienplätze maßgeblich nach dem Grad der Qualifikation und 20 % der Studienplätze nach Wartezeit vergeben werden und bei
dem die für eine Zulassung in der Wartezeitquote erforderliche Anzahl an Wartesemestern regelmäßig die Dauer eines normalen
Studiums übersteigt.
Das vorlegende Gericht ist der Auffassung, die Regelungen verstießen gegen Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1
GG und dem Sozialstaatsprinzip.
a) Die Kammer sei der Überzeugung, dass das Zusammenspiel der beiden Hauptquoten "Abiturbestenquote" und "Auswahlverfahren
der Hochschulen" den Anforderungen an ein hinreichend chancenoffenes Gesamtsystem nicht (mehr) genüge und dass es eines Ausgleichs
bedürfe. Zwar komme die Einführung des "Auswahlverfahrens der Hochschulen" wegen der Vielfalt der Auswahlkriterien der Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichts, namentlich der Forderung nach einer Mehrgleisigkeit des Auswahlsystems, grundsätzlich entgegen
und sei aus verfassungsrechtlicher Sicht positiv zu bewerten; denn je mehr verschiedene Auswahlkriterien angewandt würden,
desto größer werde die Bandbreite der Bewerber, die über das eine oder andere Kriterium eine Chance hätten. Dieser Vorteil
werde jedoch durch die Detailregelungen für die Bewerbung in dieser Quote erheblich entwertet. Denn könne sich der Bewerber
im "Auswahlverfahren der Hochschulen" von vornherein nur bei maximal sechs Hochschulen bewerben und sei zudem die Zahl der
denkbaren Wahlkombinationen wegen der massiven Beschränkung, denen die Bewerbung insbesondere über das Vorauswahlkriterium
"Ortspräferenz" unterliege, stark reduziert, so stelle sich die Vielfalt der Auswahlkriterien für den Bewerber als ein eher
theoretischer Vorteil dar, von dem er tatsächlich nur bedingt profitieren könne. Eine große Gruppe von Bewerbern bleibe trotz
der Zusatzkriterien allein wegen der hohen Anforderungen an die Durchschnittsnote auch in dieser Hauptquote ohne Zulassungschance.
Allerdings sei die Kammer der Auffassung, "dass sich mit der Validität der Abiturnote als Indikator für den Studienerfolg
durchaus die Heranziehung dieses Auswahlkriteriums als sachgerecht begründen" lasse. Es sei aus Sicht der Kammer daher nicht
von vornherein zu beanstanden, wenn der Abiturnote bei der Hochschulzulassung ein überwiegendes Gewicht zukomme, etwa indem
die ganz oder teilweise an dieses Kriterium anknüpfenden Quoten deutlich mehr als 50 % der zu vergebenden Studienplätze umfassten.
Zugunsten des geltenden, um das "Auswahlverfahren der Hochschulen" erweiterten Vergabesystems insgesamt lasse sich im Übrigen
auch anführen, dass es starre Grenzziehungen vermeide.
Dennoch bleibe die Durchschnittsnote ein problematisches Auswahlkriterium, das nach einem Korrektiv verlange. Es bestehe weitgehend
Einigkeit, dass Abiturnoten für die Einschätzung der Qualifikation eines Bewerbers nur bedingt zuverlässig und sie untereinander
nur eingeschränkt vergleichbar seien. Schon die Vergleichbarkeit zwischen den Ländern sei nicht gegeben, wie die Unterschiede
bei den mittleren Abiturnoten in den verschiedenen Bundesländern zeigten. Anders als bei der Abiturbestenquote gebe es im
"Auswahlverfahren der Hochschulen" keine Länderquoten. Dieser Unterschied lasse sich aus Sicht der Kammer schwerlich begründen
und stelle vor dem Hintergrund der Forderung nach einem objektiv sachgerechten Auswahlkriterium ein erhebliches Problem dar.
Zudem seien Abiturnoten auch innerhalb der Länder wegen der Divergenzen des Schulniveaus und der schulischen Notengebung sowie
wegen sonstiger Gegebenheiten nur eingeschränkt miteinander vergleichbar. Auch durch den Hinweis auf ein verändertes Verfassungsverständnis
oder einen gewandelten Zeitgeist lasse sich die verfassungskräftige, vor allem aus dem Gleichheitssatz resultierende Forderung
nicht relativieren, dass die vorhandenen Studienplätze nach sachgerechten Kriterien zu vergeben seien und die Zuspitzung auf
ein einziges, seinerseits nicht restlos zuverlässiges und gerechtes Auswahlkriterium vermieden werden müsse.
Nach Lage der Dinge könne im derzeitigen Auswahlsystem nur die Auswahlmöglichkeit in der Wartezeitquote die Funktion des erforderlichen
Korrektivs erfüllen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müssten sich die Anforderungen an die Wartezeit
auf ein noch zumutbares Maß beschränken. Nur in diesem Fall könne die Auswahlmöglichkeit in der Wartezeitquote die Zuspitzung
auf die Durchschnittsnote in den anderen Hauptquoten ausgleichen. Nach Auffassung der Kammer sei die Grenze der Zumutbarkeit
inzwischen überschritten, weil die erforderliche Wartezeit regelmäßig die Dauer eines normalen Studiums von sechs bis sieben
Jahren übersteige und in Zukunft noch weiter anwachsen werde. Das Abstellen auf die Dauer eines normalen Studiums als verfassungsrechtliche
Grenze sei zwar nicht zwingend begründbar, die Kammer halte diese Grenze aber für plausibel und sachgerecht. Auch die übrigen
vom Bundesverfassungsgericht hierzu angestellten Überlegungen, wie die Gefahr einer sozialen Selektion und ein späteres Einstiegsalter
für den Beruf, seien weiterhin tragfähig.
Die langen Wartezeiten seien auch keine vorübergehende Mangelerscheinung. Konkrete Bemühungen, gerade dem Problem des Studienplatzmangels
im Fach Medizin und den steigenden Wartezeiten zu begegnen, seien nur begrenzt vorhanden. Soweit neue Medizinstudienplätze
geschaffen würden, diene dies dazu, die zusätzliche Nachfrage aufgrund der doppelten Abiturjahrgänge zu befriedigen, ohne
dass erkennbar sei, dass dem seit Jahren bestehenden Engpass entgegengewirkt werden solle. Allerdings bestehe wohl kein grundrechtlicher
Anspruch auf Schaffung neuer Medizinstudienplätze.
Der Verfassungsverstoß könne schließlich nicht durch eine verfassungskonforme Auslegung vermieden werden. Einer solchen Auslegung
stehe der eindeutige Wortlaut der entsprechenden Vorschriften entgegen. Auch die in § 32 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HRG, Art. 9 Abs.
1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Staatsvertrag 2008 enthaltene Härtefallregelung erlaube keine verfassungskonforme Interpretation, Studienbewerbern
mit unzumutbar langen Wartezeiten einen Anspruch auf Zulassung zu verschaffen. Die Vorschriften setzten eine außergewöhnliche
Härte voraus und erforderten damit, dass ein Bewerber im Einzelfall aufgrund seiner Lebensumstände durch die überlange Wartezeit
in besonderer Weise betroffen werde. Der bloße Umstand, dass ein Bewerber sechs oder noch mehr Jahre lang auf einen Studienplatz
gewartet habe, könne dagegen keine "Härte" im Sinne des Gesetzes darstellen, denn hierbei handele es sich nicht um ein in
der Person des Bewerbers liegendes, sondern ein allgemeines, in der Konsequenz des Auswahlsystems liegendes Problem. Weiter
sei die Härtefallregelung als Ausnahmebestimmung eng auszulegen und die diesbezügliche Quote eng - auf 2 % - begrenzt.
Halte man die Bestimmungen für verfassungskonform, habe die Klägerin keinen Anspruch auf Zulassung zum Medizinstudium. Mit
ihrer Abiturnote von 3,2 erreiche sie die Auswahlgrenze bei der Abiturbestenquote, die im Wintersemester 2011/12 für Bewerber
aus Nordrhein-Westfalen bei 1,1 gelegen habe, nicht. Auch in der Wartezeitquote genüge die von ihr angesammelte Wartezeit
von 10 Halbjahren nicht, um die Auswahlgrenze zu erreichen, die im Wintersemester 2011/12 bei 12 Halbjahren gelegen habe.
Individuelle Umstände, die einen Härtefall begründen könnten, seien weder vorgetragen noch ersichtlich. Ob die Klägerin im
"Auswahlverfahren der Hochschulen" hätte zugelassen werden müssen, sei nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, weil
ein entsprechender Anspruch nicht gegen die Beklagte geltend gemacht werden könne. Auch hier liege freilich auf der Hand,
dass die Klägerin die Auswahlgrenzen nicht erreichen könne.
Gehe man von der Verfassungswidrigkeit der Normen aus, halte die Aussetzung des Verfahrens zum Zwecke der Normenkontrolle
der Klägerin die Chance offen, eine für sie günstigere Regelung durch den Gesetzgeber zu erreichen.
1. Ein Gericht kann eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit gesetzlicher Vorschriften
nach Art. 100 Abs. 1 GG nur einholen, wenn es zuvor sowohl die Entscheidungserheblichkeit der Vorschriften als auch ihre Verfassungsmäßigkeit
sorgfältig geprüft hat (vgl. BVerfGE 86, 71 <76>).
a) Das vorlegende Gericht muss hierzu darlegen, inwiefern seine Entscheidung von der Gültigkeit der zur Prüfung gestellten
Normen abhängt. Dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG genügt ein Vorlagebeschluss nur dann, wenn die gerichtlichen
Ausführungen auch erkennen lassen, dass eine eingehende Prüfung vorgenommen wurde. Ein Vorlagebeschluss muss aus sich heraus,
ohne Beiziehung der Akten, verständlich sein und mit hinreichender Deutlichkeit erkennen lassen, dass das vorlegende Gericht
bei Gültigkeit der Regelung zu einem anderen Ergebnis käme als im Falle ihrer Ungültigkeit und wie es dieses Ergebnis begründen
würde (vgl. BVerfGE 74, 236 <242>). Die Entscheidungserheblichkeit der vorgelegten Rechtsfrage ist mithin eingehend darzulegen.
Dazu muss der Vorlagebeschluss den entscheidungserheblichen Sachverhalt und eine umfassende Darlegung der die rechtliche Würdigung
tragenden Erwägungen enthalten. Dabei verlangt § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG, dass sich das vorlegende Gericht eingehend mit
der einfachrechtlichen Rechtslage auseinandersetzt, die in Rechtsprechung und Literatur entwickelten Rechtsauffassungen berücksichtigt
(vgl. BVerfGE 47, 109 <114 f.>; 105, 61 <67>) und auf unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten eingeht (BVerfGE 97, 49 <60>;
105, 48 <56>).
b) Ferner muss das Gericht seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der Norm näher darlegen und deutlich machen, mit
welchem verfassungsrechtlichen Grundsatz die zur Prüfung gestellte Regelung seiner Ansicht nach nicht vereinbar ist. Auch
insoweit bedarf es einer Auseinandersetzung mit nahe liegenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten sowie einer eingehenden,
Rechtsprechung und Schrifttum einbeziehenden Darstellung der Rechtslage (vgl. BVerfGE 86, 71 <77>; 97, 49 <60>). Die Darlegungen
zur Verfassungswidrigkeit der zur Prüfung gestellten Normen müssen den verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab dabei nicht
nur benennen, sondern auch die für die Überzeugung des Gerichts maßgebenden Erwägungen nachvollziehbar darlegen. Insoweit
kann es auch erforderlich sein, die Gründe zu erörtern, die im Gesetzgebungsverfahren als für die gesetzgeberische Entscheidung
maßgebend genannt worden sind (vgl. BVerfGE 78, 201 <204>; 81, 275 <277>; 86, 71 <77 f.>). Rechtsprechung und Schrifttum sind
in die Argumentation einzubeziehen (vgl. BVerfGE 78, 165 <171 f.>; 89, 329 <337>).
2. Die Vorlage genügt diesen Anforderungen nicht. Das vorlegende Gericht hat mit seinen Ausführungen weder die Entscheidungserheblichkeit
der vorgelegten Rechtsfragen (hierzu a) noch die Verfassungswidrigkeit der vorgelegten Vorschriften (hierzu b) hinreichend
aufgezeigt.
a) Das Gericht legt zunächst nicht hinreichend dar, warum ein Anspruch der Klägerin auf Zulassung nicht aus den bestehenden
Vorschriften, nämlich der Härtefallregelung nach Art. 9 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Staatsvertrag 2008 in Verbindung mit § 1 Abs.
1 Satz 1 des Gesetzes zur Ratifizierung des Staatsvertrages über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung
vom 5. Juni 2008, § 15 der Verordnung über die Vergabe von Studienplätzen in Nordrhein-Westfalen (Vergabeverordnung NRW), abgeleitet werden kann.
aa) Nicht erkennbar ist bereits, dass sich das Gericht mit den zu dieser Härtefallklausel vertretenen Auffassungen in genügendem
Umfang auseinandersetzt. Für seine nur sehr knapp begründete Ansicht, die Klausel müsse eng ausgelegt werden, bezieht es sich
lediglich auf eigene Beschlüsse sowie zwei Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen. Dazu, wie die Literatur
diese Vorschriften interpretiert, enthält der Vorlagebeschluss keine Ausführungen.
Dass eine solche Auseinandersetzung mit den verschiedenen denkbaren Auslegungsmöglichkeiten hier entbehrlich wäre, weil schon
aus systematischen Gründen nur eine enge Deutung der Vorschrift in Betracht kommt, wird nicht nachvollziehbar erläutert. Das
Verwaltungsgericht führt insoweit nur aus, dass die Dauer der Wartezeit kein in der Person des Bewerbers liegendes, sondern
ein allgemeines, in der Konsequenz des Auswahlsystems liegendes Problem sei, weil es eine große Anzahl Wartender betreffe.
Eine solche Sichtweise ist freilich nicht zwingend. So kann man den Grund für die lange Wartezeit auch gerade in der unterdurchschnittlichen
Abiturnote des jeweiligen Bewerbers, also in einem individuellen Gesichtspunkt, sehen. Genauso wenig ist zu erkennen, wieso
es sich bei denjenigen, die selbst nach 12 Wartesemestern noch keine Zulassung erhalten haben, um eine "große Anzahl" handeln
soll. Nach den Daten, die das vorlegende Gericht nennt, gab es im Wintersemester 2011/12 im Studiengang Humanmedizin 511 abgewiesene
Bewerber mit einer derart langen Wartezeit. In diesem Semester hatten sich für dieses Fach allerdings 44.043 Personen beworben,
so dass lediglich ein Anteil von 1,16 % an der Gesamtgruppe mehr als 12 Semester warten musste. In Anbetracht der geringen
Zahl an Betroffenen erschließt sich auch nicht, weshalb die Begrenzung der Härtefallquote auf 2 % daran hindern könnte, langjährig
Wartenden auf diesem Wege einen Studienplatz zukommen zu lassen, wie das Verwaltungsgericht anscheinend meint. Hiervon abgesehen
ist auch nicht zu erkennen, dass sich die umfangmäßige Einschränkung der Quote aus einem formellen Gesetz und nicht bloß einer
untergesetzlichen Norm - nämlich § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VergabeVO NRW - ergibt, so dass unklar bleibt, warum das vorlegende
Gericht nicht selbst in der Lage war, die vermeintliche Hürde zu beseitigen.
Das Verwaltungsgericht durfte sich auch nicht damit begnügen, die fehlende Eignung einer großzügigeren Interpretation der
Härtefallregelung damit zu begründen, dass die nicht im Rahmen der Härtefallquote vergebenen Plätze der Wartezeitquote hinzugerechnet
werden (Art. 9 Abs. 2 Satz 4 Staatsvertrag 2008), sich bei einer umfassenderen Ausschöpfung der erstgenannten Quote die für
die letztgenannte Quote zur Verfügung stehenden Plätze also verringern. Vielmehr hätte das Gericht näher darlegen müssen,
wieso es nicht trotzdem möglich ist, mit einer Zulassung notenschwacher Bewerber mit besonders langer Wartezeit über die Härtefallklausel
einen aus seiner Sicht verfassungskonformen Zustand herzustellen. Denn auch wenn bei einem solchen Vorgehen Studierwillige
mit günstigeren Noten, die nicht über die Quote der Abiturbesten zugelassen werden können, möglicherweise innerhalb der Wartezeitquote
aufgrund der geringeren Platzanzahl erfolglos blieben, hätten diese Personen wegen ihrer Noten wiederum bessere Aussichten,
im Auswahlverfahren der Hochschulen einen Studienplatz zu erlangen. Gerade auf die Annahme, dass Bewerber mit schlechten Noten
in diesem Auswahlverfahren chancenlos seien und sich ihnen damit selbst auf diesem Wege keine Zulassungsmöglichkeit eröffne,
hatte das Verwaltungsgericht die vermeintliche Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Vorschriften maßgeblich gestützt.
bb) Hiervon abgesehen macht das Gericht nicht deutlich, unter welchen Voraussetzungen es das Bestehen eines Härtefalls bejaht
und warum hier, unter Zugrundelegung seiner eigenen - engen - Norminterpretation, die Annahme einer "außergewöhnlichen Härte"
ausscheidet. Es fehlt bereits an der Darlegung des angewandten rechtlichen Maßstabes. Die Kammer stellt nur fest, eine Härte
könne im Einzelfall angenommen werden, wenn der Bewerber aufgrund seiner Lebensumstände durch die überlange Wartezeit in besonderer
Weise getroffen werde. Bei welchen konkreten Konstellationen eine solche Situation anzunehmen ist, wird nicht aufgezeigt.
Darüber hinaus bleibt auch der Sachverhalt, auf dessen Grundlage das Gericht hier einen Härtefall verneint hat, unklar. Der
Vorlagebeschluss enthält insbesondere keine näheren Informationen zu den Lebensumständen der Klägerin, also ihrer familiären,
finanziellen oder sozialen Lage. Mitgeteilt wird lediglich, dass sie eine Ausbildung zur Medizinisch-technischen Laborassistentin
absolviert hat und in diesem Beruf arbeitet. Im Übrigen beschränkt sich die Kammer auf die pauschale Feststellung, für das
Vorliegen eines Härtefalls sei nichts vorgetragen oder ersichtlich. Dies genügt jedoch insbesondere bei einem Verfahren nicht,
in dem - wie im verwaltungsgerichtlichen Prozess - der Amtsermittlungsgrundsatz gilt (vgl. § 86 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung).
Das vorlegende Gericht legt schon nicht nachvollziehbar dar, mit welchem verfassungsrechtlichen Grundsatz die von ihm benannten
Vorschriften unvereinbar sein sollen. Zwar geht es, im Anschluss an die einschlägige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts,
zutreffend davon aus, dass die Bewerberauswahl nach objektiv sachgerechten und individuell zumutbaren Kriterien (BVerfGE 33,
303 <338>; 43, 291 <316 f.>) zu erfolgen hat, weil es sich hierbei um eine objektive Zulassungsschranke bei der Ausbildungs-
und Berufswahl im Sinne von Art. 12 Abs. 1 GG handelt. Aus den von ihm benannten Argumenten erschließt sich freilich nicht,
warum das derzeitige Auswahlsystem diese Anforderungen nicht erfüllt. Das vorlegende Gericht erklärt zunächst ausdrücklich,
es halte die einzelnen Auswahlkriterien für sich genommen für "sachgerecht". Im Hinblick auf das Auswahlverfahren der Hochschulen
wird dann kritisch angemerkt, dort komme der Abiturnote eine "überragende Bedeutung" zu. Dies führe allerdings nicht per se
zur Verfassungswidrigkeit des Auswahlsystems, erfordere aber ein verfassungsrechtliches Korrektiv, das die Chancenoffenheit
für eine größere Zahl von Bewerbern wahre. Ein solches Korrektiv könne nur die Wartezeitquote sein. Tragfähige Gründe für
seine Folgerungen führt das Gericht jedoch nicht an. Solche Gründe ergeben sich weder in nachvollziehbarer Weise aus den im
Vorlageschluss aufgeführten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts noch aus den sonstigen dort angestellten verfassungsrechtlichen
Erwägungen.
aa) Das Verwaltungsgericht zeigt in seinem Beschluss zunächst nicht verständlich auf, welche Grundsätze der Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichts es rechtfertigen sollen, das derzeitige Auswahlsystem als verfassungswidrig einzustufen. Insoweit
genügt es insbesondere nicht, umfangreiche Passagen aus verschiedenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu zitieren.
Den Darlegungsanforderungen genügt ein Gericht bei einer Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG vielmehr erst, wenn es dartut, welche
konkreten verfassungsrechtlichen Anforderungen es aus den genannten verfassungsgerichtlichen Entscheidungen ableitet.
(1) Hieran fehlt es. Das vorlegende Gericht beschränkt sich auf die Behauptung, das Bundesverfassungsgericht habe festgestellt,
die Ungleichbehandlung grundsätzlich gleichberechtigter, nämlich hochschulreifer Bewerber aufgrund "weniger Zehntelpunkte
bei der Abiturnote" könne "nicht ohne weiteres mit sachlichen Gründen von hinreichender Tragfähigkeit" gerechtfertigt werden
und es für "problematisch" gehalten, die Auswahlentscheidung stark auf ein einzelnes Auswahlkriterium wie das der Durchschnittsnote
zu konzentrieren. Diese pauschale Aussage ist als Grundlage für die verfassungsrechtliche Prüfung zu unspezifisch und lässt
schon nicht hinreichend erkennen, aus welchen konkreten Umständen die Verfassungswidrigkeit hergeleitet werden soll.
(2) Zudem haben die angeführten Entscheidungen nicht den vom Vorlagegericht angenommenen Inhalt. In dem zitierten Abschnitt
des Urteils des Ersten Senats vom 18. Juli 1972 (BVerfGE 33, 303 <350>) beschäftigt sich das Bundesverfassungsgericht nur
mit der (von ihm letztlich verneinten) Frage, ob es verfassungsrechtlich zulässig wäre, die Auswahl der Bewerber für ein zulassungsbeschränktes
Studium "ausschließlich" nach dem auf Abiturnoten fußenden Leistungsprinzip vorzunehmen. Die Frage, inwieweit es in einem
System wie dem Auswahlverfahren der Hochschulen, bei dem sich die Zulassung typischerweise nach mehreren Kriterien richtet,
zulässig ist, einem einzelnen Merkmal wie der Abiturnote ein überwiegendes Gewicht einzuräumen, wird überhaupt nicht erörtert.
(3) Genauso wenig ist erkennbar, dass die Entscheidung vom 8. Februar 1977 (BVerfGE 43, 291) rechtliche Vorgaben enthält,
aus denen eine mögliche Verfassungswidrigkeit des heutigen Auswahlsystems folgt. Das Verwaltungsgericht begründet vor allem
nicht, inwiefern die dortigen Überlegungen des Bundesverfassungsgerichts auf das nun geltende Auswahlsystem übertragbar sind.
Anders als das derzeitige war das damalige System noch von einer strikten Zweiteilung geprägt: Abgesehen von den im Rahmen
der Vorab- beziehungsweise Sonderquote zugelassenen Bewerbern gab es nur die Zulassung nach Leistung mit einem Anteil von
60 %, wobei grundsätzlich maßgebend die Abiturnote war, und die Zulassung nach Wartezeit mit einer Quote von 40 % (vgl. BVerfGE
43, 291 <299 ff., 317 ff.). Dies führte dazu, dass Bewerber, die keine deutlich überdurchschnittlichen Abiturnoten vorweisen
konnten, ausschließlich über die Wartezeitquote eine Chance auf Erhalt eines Studienplatzes hatten. Dabei erforderte die Zulassung
über die Note für den Studiengang Humanmedizin einen Mindestdurchschnitt von 1,7 und alle Bewerber mit ungünstigerer Note
mussten bis zu sechs Jahre warten (s. nur BVerfGE 43, 291 <303>). Als nicht sachgerecht und zumutbar erachtete es das Bundesverfassungsgericht
insoweit vor allem, dass "auf der Schnittstelle von 1,7 und 1,8 darüber entschieden werden soll, wer sofort studieren kann
oder aber bis zu sieben Jahren auf eine Zulassung zum Studium seiner Wahl warten muss" (BVerfGE 43, 291 <319>). Das Verwaltungsgericht
legt nicht dar, aus welchen tragenden Erwägungen des Urteils des Ersten Senats vom 8. Februar 1977 sich ergibt, dass auch
Studierwillige mit deutlich schlechteren Noten als 1,7 oder 1,8 bei überfüllten Studiengängen binnen einer bestimmten Frist
eine Chance auf Zuteilung eines Platzes haben müssen. Hiervon abgesehen führt das Gericht selbst aus, dass es aufgrund der
Ergänzung des Systems durch das Auswahlverfahren der Hochschulen eine starre Notengrenze nicht mehr gibt und damit auch Bewerber,
deren Noten nicht für eine Zulassung in der Abiturbestenquote ausreichen, noch eine Zulassungschance haben. Nach seinen Angaben
gab es im Wintersemester 2011/12 immerhin fünf Universitäten, bei denen auch Bewerber, die lediglich eine Durchschnittsnote
zwischen 2 und 3 aufwiesen, zugelassen wurden. Warum dies nicht reicht, um den verfassungsrechtlichen Erfordernissen gerecht
zu werden, wird mit dem Vorlagebeschluss nicht hinreichend deutlich gemacht.
(4) Im Übrigen genügt das vorlegende Gericht den Darlegungsanforderungen auch dann nicht, sofern man seinem Ansatz, es sei
verfassungswidrig, dass Bewerber mit einer Abiturnote von 2,5 oder schlechter auch im Auswahlverfahren der Hochschulen chancenlos
blieben, folgte. Es wird schon nicht plausibel erläutert, dass sich die Notengrenze von 2,4 aus den rechtlichen Vorgaben ergibt,
Bewerber mit einem schlechteren Notendurchschnitt also - ungeachtet ihres Abschneidens bei den weiteren Auswahlkriterien (wie
Test, Auswahlgespräch oder sonstigen Wettbewerben) - von vornherein chancenlos sind. Denkbar ist nämlich auch, dass Bewerber
mit einem schlechteren Abiturdurchschnitt als 2,4 im Auswahlverfahren der Hochschulen allein deswegen erfolglos geblieben
sind, weil sie auch im Rahmen der anderen Kriterien weniger günstige Ergebnisse erzielt haben als jene Konkurrenten, die eine
bessere Abiturdurchschnittsnote vorweisen konnten. Deswegen genügte es nicht, die Abiturnoten des jeweils schwächsten zugelassenen
Bewerbers mitzuteilen; das Gericht hätte vielmehr anhand der maßgeblichen rechtlichen Bestimmungen dartun müssen, dass bereits
aufgrund der gesetzlich festgelegten Gewichtung der Maßstäbe zueinander ab einer bestimmten Abiturnote eine Zulassung faktisch
ausschied.
Auch die hierfür notwendigen Ausführungen enthält der Vorlagebeschluss nicht. Das Verwaltungsgericht beschäftigt sich nur
pauschal mit den Normen, die die Auswahl und Gewichtung der einzelnen Maßstäbe determinieren. Es weist lediglich allgemein
auf die sowohl in Bundes- als auch Landesrecht (§ 32 Abs. 3 Satz 2 HRG, Art. 10 Abs. 1 Satz 2 Staatsvertrag 2008 i.V.m. den
jeweiligen Ratifizierungsgesetzen der Länder) enthaltene Regel hin, dass dem Grad der Qualifikation, also der Abiturnote,
bei der Auswahlentscheidung ein "maßgeblicher Einfluss" gegeben werden muss. Bereits die Frage, wann konkret ein solcher "maßgeblicher
Einfluss" in den verschiedenen denkbaren Konstellationen - also bei zwei, drei oder mehr Auswahlkriterien - vorliegt, und
ob die Universitäten diese rechtliche Vorgabe überhaupt ordnungsgemäß umgesetzt haben, wird nicht näher erörtert. Auch auf
die weiteren landesrechtlichen, teils sehr unterschiedlichen Bestimmungen, die Anzahl und Auswahl der anzuwendenden Auswahlmaßstäbe
behandeln, geht das Gericht nicht hinreichend ein.
(5) Schließlich lässt sich auf Basis des Vorlagebeschlusses selbst bei Heranziehung der einschlägigen Bestimmungen nicht beurteilen,
inwieweit die einzelnen Universitäten diese Normen zutreffend angewandt haben, ihre jeweiligen Auswahlverfahren also den rechtlichen
Erfordernissen entsprachen. Denn das Verwaltungsgericht benennt lediglich die von den einzelnen Universitäten bei der Bewerberauswahl
angewandten Maßstäbe, ohne (bis auf einen einzigen Fall) anzugeben, wie die Hochschulen diese Kriterien jeweils zueinander
gewichtet haben. Schon deswegen bieten die in dem Beschluss aufgeführten Daten keine hinreichende Grundlage, die einen Schluss
auf die mögliche Verfassungswidrigkeit des Gesamtsystems zulässt.
bb) Das Gericht legt des Weiteren auch nicht anhand eigenständiger, von der bisherigen bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung
unabhängiger Maßstäbe dar, dass die Abiturnote, unter Berücksichtigung ihrer Bedeutung, die ihr für das derzeitige Auswahlsystem
zukommt, kein den grundrechtlichen Anforderungen genügendes Auswahlkriterium ist. Die vorlegende Kammer bildet bereits keine
verständlichen verfassungsrechtlichen Maßstäbe, sondern beschränkt sich auf die Wiedergabe der für beziehungsweise gegen die
Anwendung der Abiturnote sprechenden Gesichtspunkte. Es wird noch nicht einmal deutlich, ob das Verwaltungsgericht den "Studienerfolg"
im Rahmen der Grundrechtsprüfung als ausreichenden Gesetzeszweck ansieht, um den Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG zu rechtfertigen.
Auch sonstige Ausführungen, insbesondere zum Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit der Beschränkung, fehlen. Soweit, wohl
im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG, der Mangel von Landesquoten im Auswahlverfahren der Hochschulen gerügt wird, setzt das Gericht
sich weder mit dem - von ihm selbst als nachvollziehbar bezeichneten - Argument der Beklagten, eine Bildung von Länderquoten
in diesem Verfahren sei organisatorisch kaum leistbar, auseinander, noch erörtert es, ob eine solche Quotenbildung überhaupt
grundrechtlich geboten ist, wenn die Abiturnote in der Regel nur ein Auswahlkriterium unter mehreren ist. Angesichts der gewählten,
wenig aussagekräftigen Formulierungen ("aus Sicht des Gleichheitssatzes prekär", "erhebliches Problem") ergibt sich aus den
gerichtlichen Darlegungen zudem nicht mit der notwendigen Klarheit, dass das Gericht selbst von der Verfassungswidrigkeit
der vorgelegten Bestimmungen überzeugt ist. Hinzu kommt, dass die Kammer sogar annimmt, dass sich "eine überwiegende Orientierung
an der Durchschnittsnote als Auswahlkriterium bei der Studienzulassung rechtfertigen" lasse. Für die weitere Folgerung, es
bedürfe dennoch eine Korrektivs in Form einer Erhöhung der Wartezeitquote, nennt das Gericht keine konkreten Argumente mehr,
sondern verweist ausschließlich pauschal auf Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Weshalb die Abiturnote als Auswahlkriterium
verfassungsrechtlich bedenklich und die Wartezeitquote vorzugswürdig sein sollte, erschließt sich auf Grundlage dieser Begründung
gerade nicht.
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
Gegenstand der Vorlage ist die Verfassungsmäßigkeit der §§ 31, 32 des Hochschulrahmengesetzes in der Fassung vom 28. August
2004 (HRG - BGBl I S. 2298) sowie der landesrechtlichen Vorschriften, durch die der Staatsvertrag über die Errichtung einer
gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung vom 5. Juni 2008 (im Folgenden: Staatsvertrag 2008) ratifiziert und umgesetzt
wurde.
1. Die 1987 geborene Klägerin des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Klägerin) erwarb 2006 in Nordrhein-Westfalen ihr Abitur
mit einer Durchschnittsnote von 3,2. Danach absolvierte sie eine Ausbildung zur Medizinisch-technischen Laborassistentin.
Anschließend nahm sie eine entsprechende Berufstätigkeit auf. Zum Wintersemester 2011/12 bewarb sie sich zum wiederholten
Male bei der Beklagten des Ausgangsverfahrens, der Stiftung für Hochschulzulassung (im Folgenden: Beklagte), um die Zulassung
zum Studium der Humanmedizin im ersten Fachsemester. Sie beantragte sowohl die Beteiligung an der Auswahl in der Wartezeitquote
als auch im Auswahlverfahren der Hochschulen. Sonderanträge stellte sie nicht.
Mit Bescheid vom 12. August 2011 lehnte die Beklagte die Zulassung innerhalb der Wartezeitquote mit der Begründung ab, die
maßgebliche Auswahlgrenze von 12 Wartesemestern sei verfehlt worden. Auch im Auswahlverfahren der Hochschulen blieb die Klägerin
erfolglos. Sie erhob daraufhin Klage, mit der sie beantragte, die Beklagte unter Aufhebung des ablehnenden Bescheides zu verpflichten,
sie nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2011/12 zum Studium der Medizin entsprechend ihrem Antrag zuzulassen.
2. Das Verwaltungsgericht hat das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG die Frage
zur Entscheidung vorgelegt, ob die §§ 31, 32 HRG sowie die landesrechtlichen Vorschriften zur Ratifizierung und Umsetzung
des Staatsvertrages 2008 mit dem Grundgesetz vereinbar sind, soweit sie für den Studiengang Humanmedizin ein Vergabeverfahren
vorsehen, bei dem - nach Abzug einiger Vorabquoten - 20 % der Studienplätze allein nach dem Grad der Qualifikation, 60 % der
Studienplätze maßgeblich nach dem Grad der Qualifikation und 20 % der Studienplätze nach Wartezeit vergeben werden und bei
dem die für eine Zulassung in der Wartezeitquote erforderliche Anzahl an Wartesemestern regelmäßig die Dauer eines normalen
Studiums übersteigt.
Das vorlegende Gericht ist der Auffassung, die Regelungen verstießen gegen Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1
GG und dem Sozialstaatsprinzip.
a) Die Kammer sei der Überzeugung, dass das Zusammenspiel der beiden Hauptquoten "Abiturbestenquote" und "Auswahlverfahren
der Hochschulen" den Anforderungen an ein hinreichend chancenoffenes Gesamtsystem nicht (mehr) genüge und dass es eines Ausgleichs
bedürfe. Zwar komme die Einführung des "Auswahlverfahrens der Hochschulen" wegen der Vielfalt der Auswahlkriterien der Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichts, namentlich der Forderung nach einer Mehrgleisigkeit des Auswahlsystems, grundsätzlich entgegen
und sei aus verfassungsrechtlicher Sicht positiv zu bewerten; denn je mehr verschiedene Auswahlkriterien angewandt würden,
desto größer werde die Bandbreite der Bewerber, die über das eine oder andere Kriterium eine Chance hätten. Dieser Vorteil
werde jedoch durch die Detailregelungen für die Bewerbung in dieser Quote erheblich entwertet. Denn könne sich der Bewerber
im "Auswahlverfahren der Hochschulen" von vornherein nur bei maximal sechs Hochschulen bewerben und sei zudem die Zahl der
denkbaren Wahlkombinationen wegen der massiven Beschränkung, denen die Bewerbung insbesondere über das Vorauswahlkriterium
"Ortspräferenz" unterliege, stark reduziert, so stelle sich die Vielfalt der Auswahlkriterien für den Bewerber als ein eher
theoretischer Vorteil dar, von dem er tatsächlich nur bedingt profitieren könne. Eine große Gruppe von Bewerbern bleibe trotz
der Zusatzkriterien allein wegen der hohen Anforderungen an die Durchschnittsnote auch in dieser Hauptquote ohne Zulassungschance.
Allerdings sei die Kammer der Auffassung, "dass sich mit der Validität der Abiturnote als Indikator für den Studienerfolg
durchaus die Heranziehung dieses Auswahlkriteriums als sachgerecht begründen" lasse. Es sei aus Sicht der Kammer daher nicht
von vornherein zu beanstanden, wenn der Abiturnote bei der Hochschulzulassung ein überwiegendes Gewicht zukomme, etwa indem
die ganz oder teilweise an dieses Kriterium anknüpfenden Quoten deutlich mehr als 50 % der zu vergebenden Studienplätze umfassten.
Zugunsten des geltenden, um das "Auswahlverfahren der Hochschulen" erweiterten Vergabesystems insgesamt lasse sich im Übrigen
auch anführen, dass es starre Grenzziehungen vermeide.
Dennoch bleibe die Durchschnittsnote ein problematisches Auswahlkriterium, das nach einem Korrektiv verlange. Es bestehe weitgehend
Einigkeit, dass Abiturnoten für die Einschätzung der Qualifikation eines Bewerbers nur bedingt zuverlässig und sie untereinander
nur eingeschränkt vergleichbar seien. Schon die Vergleichbarkeit zwischen den Ländern sei nicht gegeben, wie die Unterschiede
bei den mittleren Abiturnoten in den verschiedenen Bundesländern zeigten. Anders als bei der Abiturbestenquote gebe es im
"Auswahlverfahren der Hochschulen" keine Länderquoten. Dieser Unterschied lasse sich aus Sicht der Kammer schwerlich begründen
und stelle vor dem Hintergrund der Forderung nach einem objektiv sachgerechten Auswahlkriterium ein erhebliches Problem dar.
Zudem seien Abiturnoten auch innerhalb der Länder wegen der Divergenzen des Schulniveaus und der schulischen Notengebung sowie
wegen sonstiger Gegebenheiten nur eingeschränkt miteinander vergleichbar. Auch durch den Hinweis auf ein verändertes Verfassungsverständnis
oder einen gewandelten Zeitgeist lasse sich die verfassungskräftige, vor allem aus dem Gleichheitssatz resultierende Forderung
nicht relativieren, dass die vorhandenen Studienplätze nach sachgerechten Kriterien zu vergeben seien und die Zuspitzung auf
ein einziges, seinerseits nicht restlos zuverlässiges und gerechtes Auswahlkriterium vermieden werden müsse.
Nach Lage der Dinge könne im derzeitigen Auswahlsystem nur die Auswahlmöglichkeit in der Wartezeitquote die Funktion des erforderlichen
Korrektivs erfüllen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müssten sich die Anforderungen an die Wartezeit
auf ein noch zumutbares Maß beschränken. Nur in diesem Fall könne die Auswahlmöglichkeit in der Wartezeitquote die Zuspitzung
auf die Durchschnittsnote in den anderen Hauptquoten ausgleichen. Nach Auffassung der Kammer sei die Grenze der Zumutbarkeit
inzwischen überschritten, weil die erforderliche Wartezeit regelmäßig die Dauer eines normalen Studiums von sechs bis sieben
Jahren übersteige und in Zukunft noch weiter anwachsen werde. Das Abstellen auf die Dauer eines normalen Studiums als verfassungsrechtliche
Grenze sei zwar nicht zwingend begründbar, die Kammer halte diese Grenze aber für plausibel und sachgerecht. Auch die übrigen
vom Bundesverfassungsgericht hierzu angestellten Überlegungen, wie die Gefahr einer sozialen Selektion und ein späteres Einstiegsalter
für den Beruf, seien weiterhin tragfähig.
Die langen Wartezeiten seien auch keine vorübergehende Mangelerscheinung. Konkrete Bemühungen, gerade dem Problem des Studienplatzmangels
im Fach Medizin und den steigenden Wartezeiten zu begegnen, seien nur begrenzt vorhanden. Soweit neue Medizinstudienplätze
geschaffen würden, diene dies dazu, die zusätzliche Nachfrage aufgrund der doppelten Abiturjahrgänge zu befriedigen, ohne
dass erkennbar sei, dass dem seit Jahren bestehenden Engpass entgegengewirkt werden solle. Allerdings bestehe wohl kein grundrechtlicher
Anspruch auf Schaffung neuer Medizinstudienplätze.
Der Verfassungsverstoß könne schließlich nicht durch eine verfassungskonforme Auslegung vermieden werden. Einer solchen Auslegung
stehe der eindeutige Wortlaut der entsprechenden Vorschriften entgegen. Auch die in § 32 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HRG, Art. 9 Abs.
1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Staatsvertrag 2008 enthaltene Härtefallregelung erlaube keine verfassungskonforme Interpretation, Studienbewerbern
mit unzumutbar langen Wartezeiten einen Anspruch auf Zulassung zu verschaffen. Die Vorschriften setzten eine außergewöhnliche
Härte voraus und erforderten damit, dass ein Bewerber im Einzelfall aufgrund seiner Lebensumstände durch die überlange Wartezeit
in besonderer Weise betroffen werde. Der bloße Umstand, dass ein Bewerber sechs oder noch mehr Jahre lang auf einen Studienplatz
gewartet habe, könne dagegen keine "Härte" im Sinne des Gesetzes darstellen, denn hierbei handele es sich nicht um ein in
der Person des Bewerbers liegendes, sondern ein allgemeines, in der Konsequenz des Auswahlsystems liegendes Problem. Weiter
sei die Härtefallregelung als Ausnahmebestimmung eng auszulegen und die diesbezügliche Quote eng - auf 2 % - begrenzt.
Halte man die Bestimmungen für verfassungskonform, habe die Klägerin keinen Anspruch auf Zulassung zum Medizinstudium. Mit
ihrer Abiturnote von 3,2 erreiche sie die Auswahlgrenze bei der Abiturbestenquote, die im Wintersemester 2011/12 für Bewerber
aus Nordrhein-Westfalen bei 1,1 gelegen habe, nicht. Auch in der Wartezeitquote genüge die von ihr angesammelte Wartezeit
von 10 Halbjahren nicht, um die Auswahlgrenze zu erreichen, die im Wintersemester 2011/12 bei 12 Halbjahren gelegen habe.
Individuelle Umstände, die einen Härtefall begründen könnten, seien weder vorgetragen noch ersichtlich. Ob die Klägerin im
"Auswahlverfahren der Hochschulen" hätte zugelassen werden müssen, sei nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, weil
ein entsprechender Anspruch nicht gegen die Beklagte geltend gemacht werden könne. Auch hier liege freilich auf der Hand,
dass die Klägerin die Auswahlgrenzen nicht erreichen könne.
Gehe man von der Verfassungswidrigkeit der Normen aus, halte die Aussetzung des Verfahrens zum Zwecke der Normenkontrolle
der Klägerin die Chance offen, eine für sie günstigere Regelung durch den Gesetzgeber zu erreichen.
1. Ein Gericht kann eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit gesetzlicher Vorschriften
nach Art. 100 Abs. 1 GG nur einholen, wenn es zuvor sowohl die Entscheidungserheblichkeit der Vorschriften als auch ihre Verfassungsmäßigkeit
sorgfältig geprüft hat (vgl. BVerfGE 86, 71 <76>).
a) Das vorlegende Gericht muss hierzu darlegen, inwiefern seine Entscheidung von der Gültigkeit der zur Prüfung gestellten
Normen abhängt. Dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG genügt ein Vorlagebeschluss nur dann, wenn die gerichtlichen
Ausführungen auch erkennen lassen, dass eine eingehende Prüfung vorgenommen wurde. Ein Vorlagebeschluss muss aus sich heraus,
ohne Beiziehung der Akten, verständlich sein und mit hinreichender Deutlichkeit erkennen lassen, dass das vorlegende Gericht
bei Gültigkeit der Regelung zu einem anderen Ergebnis käme als im Falle ihrer Ungültigkeit und wie es dieses Ergebnis begründen
würde (vgl. BVerfGE 74, 236 <242>). Die Entscheidungserheblichkeit der vorgelegten Rechtsfrage ist mithin eingehend darzulegen.
Dazu muss der Vorlagebeschluss den entscheidungserheblichen Sachverhalt und eine umfassende Darlegung der die rechtliche Würdigung
tragenden Erwägungen enthalten. Dabei verlangt § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG, dass sich das vorlegende Gericht eingehend mit
der einfachrechtlichen Rechtslage auseinandersetzt, die in Rechtsprechung und Literatur entwickelten Rechtsauffassungen berücksichtigt
(vgl. BVerfGE 47, 109 <114 f.>; 105, 61 <67>) und auf unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten eingeht (BVerfGE 97, 49 <60>;
105, 48 <56>).
b) Ferner muss das Gericht seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der Norm näher darlegen und deutlich machen, mit
welchem verfassungsrechtlichen Grundsatz die zur Prüfung gestellte Regelung seiner Ansicht nach nicht vereinbar ist. Auch
insoweit bedarf es einer Auseinandersetzung mit nahe liegenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten sowie einer eingehenden,
Rechtsprechung und Schrifttum einbeziehenden Darstellung der Rechtslage (vgl. BVerfGE 86, 71 <77>; 97, 49 <60>). Die Darlegungen
zur Verfassungswidrigkeit der zur Prüfung gestellten Normen müssen den verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab dabei nicht
nur benennen, sondern auch die für die Überzeugung des Gerichts maßgebenden Erwägungen nachvollziehbar darlegen. Insoweit
kann es auch erforderlich sein, die Gründe zu erörtern, die im Gesetzgebungsverfahren als für die gesetzgeberische Entscheidung
maßgebend genannt worden sind (vgl. BVerfGE 78, 201 <204>; 81, 275 <277>; 86, 71 <77 f.>). Rechtsprechung und Schrifttum sind
in die Argumentation einzubeziehen (vgl. BVerfGE 78, 165 <171 f.>; 89, 329 <337>).
2. Die Vorlage genügt diesen Anforderungen nicht. Das vorlegende Gericht hat mit seinen Ausführungen weder die Entscheidungserheblichkeit
der vorgelegten Rechtsfragen (hierzu a) noch die Verfassungswidrigkeit der vorgelegten Vorschriften (hierzu b) hinreichend
aufgezeigt.
a) Das Gericht legt zunächst nicht hinreichend dar, warum ein Anspruch der Klägerin auf Zulassung nicht aus den bestehenden
Vorschriften, nämlich der Härtefallregelung nach Art. 9 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Staatsvertrag 2008 in Verbindung mit § 1 Abs.
1 Satz 1 des Gesetzes zur Ratifizierung des Staatsvertrages über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung
vom 5. Juni 2008, § 15 der Verordnung über die Vergabe von Studienplätzen in Nordrhein-Westfalen (Vergabeverordnung NRW), abgeleitet werden kann.
aa) Nicht erkennbar ist bereits, dass sich das Gericht mit den zu dieser Härtefallklausel vertretenen Auffassungen in genügendem
Umfang auseinandersetzt. Für seine nur sehr knapp begründete Ansicht, die Klausel müsse eng ausgelegt werden, bezieht es sich
lediglich auf eigene Beschlüsse sowie zwei Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen. Dazu, wie die Literatur
diese Vorschriften interpretiert, enthält der Vorlagebeschluss keine Ausführungen.
Dass eine solche Auseinandersetzung mit den verschiedenen denkbaren Auslegungsmöglichkeiten hier entbehrlich wäre, weil schon
aus systematischen Gründen nur eine enge Deutung der Vorschrift in Betracht kommt, wird nicht nachvollziehbar erläutert. Das
Verwaltungsgericht führt insoweit nur aus, dass die Dauer der Wartezeit kein in der Person des Bewerbers liegendes, sondern
ein allgemeines, in der Konsequenz des Auswahlsystems liegendes Problem sei, weil es eine große Anzahl Wartender betreffe.
Eine solche Sichtweise ist freilich nicht zwingend. So kann man den Grund für die lange Wartezeit auch gerade in der unterdurchschnittlichen
Abiturnote des jeweiligen Bewerbers, also in einem individuellen Gesichtspunkt, sehen. Genauso wenig ist zu erkennen, wieso
es sich bei denjenigen, die selbst nach 12 Wartesemestern noch keine Zulassung erhalten haben, um eine "große Anzahl" handeln
soll. Nach den Daten, die das vorlegende Gericht nennt, gab es im Wintersemester 2011/12 im Studiengang Humanmedizin 511 abgewiesene
Bewerber mit einer derart langen Wartezeit. In diesem Semester hatten sich für dieses Fach allerdings 44.043 Personen beworben,
so dass lediglich ein Anteil von 1,16 % an der Gesamtgruppe mehr als 12 Semester warten musste. In Anbetracht der geringen
Zahl an Betroffenen erschließt sich auch nicht, weshalb die Begrenzung der Härtefallquote auf 2 % daran hindern könnte, langjährig
Wartenden auf diesem Wege einen Studienplatz zukommen zu lassen, wie das Verwaltungsgericht anscheinend meint. Hiervon abgesehen
ist auch nicht zu erkennen, dass sich die umfangmäßige Einschränkung der Quote aus einem formellen Gesetz und nicht bloß einer
untergesetzlichen Norm - nämlich § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VergabeVO NRW - ergibt, so dass unklar bleibt, warum das vorlegende
Gericht nicht selbst in der Lage war, die vermeintliche Hürde zu beseitigen.
Das Verwaltungsgericht durfte sich auch nicht damit begnügen, die fehlende Eignung einer großzügigeren Interpretation der
Härtefallregelung damit zu begründen, dass die nicht im Rahmen der Härtefallquote vergebenen Plätze der Wartezeitquote hinzugerechnet
werden (Art. 9 Abs. 2 Satz 4 Staatsvertrag 2008), sich bei einer umfassenderen Ausschöpfung der erstgenannten Quote die für
die letztgenannte Quote zur Verfügung stehenden Plätze also verringern. Vielmehr hätte das Gericht näher darlegen müssen,
wieso es nicht trotzdem möglich ist, mit einer Zulassung notenschwacher Bewerber mit besonders langer Wartezeit über die Härtefallklausel
einen aus seiner Sicht verfassungskonformen Zustand herzustellen. Denn auch wenn bei einem solchen Vorgehen Studierwillige
mit günstigeren Noten, die nicht über die Quote der Abiturbesten zugelassen werden können, möglicherweise innerhalb der Wartezeitquote
aufgrund der geringeren Platzanzahl erfolglos blieben, hätten diese Personen wegen ihrer Noten wiederum bessere Aussichten,
im Auswahlverfahren der Hochschulen einen Studienplatz zu erlangen. Gerade auf die Annahme, dass Bewerber mit schlechten Noten
in diesem Auswahlverfahren chancenlos seien und sich ihnen damit selbst auf diesem Wege keine Zulassungsmöglichkeit eröffne,
hatte das Verwaltungsgericht die vermeintliche Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Vorschriften maßgeblich gestützt.
bb) Hiervon abgesehen macht das Gericht nicht deutlich, unter welchen Voraussetzungen es das Bestehen eines Härtefalls bejaht
und warum hier, unter Zugrundelegung seiner eigenen - engen - Norminterpretation, die Annahme einer "außergewöhnlichen Härte"
ausscheidet. Es fehlt bereits an der Darlegung des angewandten rechtlichen Maßstabes. Die Kammer stellt nur fest, eine Härte
könne im Einzelfall angenommen werden, wenn der Bewerber aufgrund seiner Lebensumstände durch die überlange Wartezeit in besonderer
Weise getroffen werde. Bei welchen konkreten Konstellationen eine solche Situation anzunehmen ist, wird nicht aufgezeigt.
Darüber hinaus bleibt auch der Sachverhalt, auf dessen Grundlage das Gericht hier einen Härtefall verneint hat, unklar. Der
Vorlagebeschluss enthält insbesondere keine näheren Informationen zu den Lebensumständen der Klägerin, also ihrer familiären,
finanziellen oder sozialen Lage. Mitgeteilt wird lediglich, dass sie eine Ausbildung zur Medizinisch-technischen Laborassistentin
absolviert hat und in diesem Beruf arbeitet. Im Übrigen beschränkt sich die Kammer auf die pauschale Feststellung, für das
Vorliegen eines Härtefalls sei nichts vorgetragen oder ersichtlich. Dies genügt jedoch insbesondere bei einem Verfahren nicht,
in dem - wie im verwaltungsgerichtlichen Prozess - der Amtsermittlungsgrundsatz gilt (vgl. § 86 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung).
Das vorlegende Gericht legt schon nicht nachvollziehbar dar, mit welchem verfassungsrechtlichen Grundsatz die von ihm benannten
Vorschriften unvereinbar sein sollen. Zwar geht es, im Anschluss an die einschlägige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts,
zutreffend davon aus, dass die Bewerberauswahl nach objektiv sachgerechten und individuell zumutbaren Kriterien (BVerfGE 33,
303 <338>; 43, 291 <316 f.>) zu erfolgen hat, weil es sich hierbei um eine objektive Zulassungsschranke bei der Ausbildungs-
und Berufswahl im Sinne von Art. 12 Abs. 1 GG handelt. Aus den von ihm benannten Argumenten erschließt sich freilich nicht,
warum das derzeitige Auswahlsystem diese Anforderungen nicht erfüllt. Das vorlegende Gericht erklärt zunächst ausdrücklich,
es halte die einzelnen Auswahlkriterien für sich genommen für "sachgerecht". Im Hinblick auf das Auswahlverfahren der Hochschulen
wird dann kritisch angemerkt, dort komme der Abiturnote eine "überragende Bedeutung" zu. Dies führe allerdings nicht per se
zur Verfassungswidrigkeit des Auswahlsystems, erfordere aber ein verfassungsrechtliches Korrektiv, das die Chancenoffenheit
für eine größere Zahl von Bewerbern wahre. Ein solches Korrektiv könne nur die Wartezeitquote sein. Tragfähige Gründe für
seine Folgerungen führt das Gericht jedoch nicht an. Solche Gründe ergeben sich weder in nachvollziehbarer Weise aus den im
Vorlageschluss aufgeführten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts noch aus den sonstigen dort angestellten verfassungsrechtlichen
Erwägungen.
aa) Das Verwaltungsgericht zeigt in seinem Beschluss zunächst nicht verständlich auf, welche Grundsätze der Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichts es rechtfertigen sollen, das derzeitige Auswahlsystem als verfassungswidrig einzustufen. Insoweit
genügt es insbesondere nicht, umfangreiche Passagen aus verschiedenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu zitieren.
Den Darlegungsanforderungen genügt ein Gericht bei einer Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG vielmehr erst, wenn es dartut, welche
konkreten verfassungsrechtlichen Anforderungen es aus den genannten verfassungsgerichtlichen Entscheidungen ableitet.
(1) Hieran fehlt es. Das vorlegende Gericht beschränkt sich auf die Behauptung, das Bundesverfassungsgericht habe festgestellt,
die Ungleichbehandlung grundsätzlich gleichberechtigter, nämlich hochschulreifer Bewerber aufgrund "weniger Zehntelpunkte
bei der Abiturnote" könne "nicht ohne weiteres mit sachlichen Gründen von hinreichender Tragfähigkeit" gerechtfertigt werden
und es für "problematisch" gehalten, die Auswahlentscheidung stark auf ein einzelnes Auswahlkriterium wie das der Durchschnittsnote
zu konzentrieren. Diese pauschale Aussage ist als Grundlage für die verfassungsrechtliche Prüfung zu unspezifisch und lässt
schon nicht hinreichend erkennen, aus welchen konkreten Umständen die Verfassungswidrigkeit hergeleitet werden soll.
(2) Zudem haben die angeführten Entscheidungen nicht den vom Vorlagegericht angenommenen Inhalt. In dem zitierten Abschnitt
des Urteils des Ersten Senats vom 18. Juli 1972 (BVerfGE 33, 303 <350>) beschäftigt sich das Bundesverfassungsgericht nur
mit der (von ihm letztlich verneinten) Frage, ob es verfassungsrechtlich zulässig wäre, die Auswahl der Bewerber für ein zulassungsbeschränktes
Studium "ausschließlich" nach dem auf Abiturnoten fußenden Leistungsprinzip vorzunehmen. Die Frage, inwieweit es in einem
System wie dem Auswahlverfahren der Hochschulen, bei dem sich die Zulassung typischerweise nach mehreren Kriterien richtet,
zulässig ist, einem einzelnen Merkmal wie der Abiturnote ein überwiegendes Gewicht einzuräumen, wird überhaupt nicht erörtert.
(3) Genauso wenig ist erkennbar, dass die Entscheidung vom 8. Februar 1977 (BVerfGE 43, 291) rechtliche Vorgaben enthält,
aus denen eine mögliche Verfassungswidrigkeit des heutigen Auswahlsystems folgt. Das Verwaltungsgericht begründet vor allem
nicht, inwiefern die dortigen Überlegungen des Bundesverfassungsgerichts auf das nun geltende Auswahlsystem übertragbar sind.
Anders als das derzeitige war das damalige System noch von einer strikten Zweiteilung geprägt: Abgesehen von den im Rahmen
der Vorab- beziehungsweise Sonderquote zugelassenen Bewerbern gab es nur die Zulassung nach Leistung mit einem Anteil von
60 %, wobei grundsätzlich maßgebend die Abiturnote war, und die Zulassung nach Wartezeit mit einer Quote von 40 % (vgl. BVerfGE
43, 291 <299 ff., 317 ff.). Dies führte dazu, dass Bewerber, die keine deutlich überdurchschnittlichen Abiturnoten vorweisen
konnten, ausschließlich über die Wartezeitquote eine Chance auf Erhalt eines Studienplatzes hatten. Dabei erforderte die Zulassung
über die Note für den Studiengang Humanmedizin einen Mindestdurchschnitt von 1,7 und alle Bewerber mit ungünstigerer Note
mussten bis zu sechs Jahre warten (s. nur BVerfGE 43, 291 <303>). Als nicht sachgerecht und zumutbar erachtete es das Bundesverfassungsgericht
insoweit vor allem, dass "auf der Schnittstelle von 1,7 und 1,8 darüber entschieden werden soll, wer sofort studieren kann
oder aber bis zu sieben Jahren auf eine Zulassung zum Studium seiner Wahl warten muss" (BVerfGE 43, 291 <319>). Das Verwaltungsgericht
legt nicht dar, aus welchen tragenden Erwägungen des Urteils des Ersten Senats vom 8. Februar 1977 sich ergibt, dass auch
Studierwillige mit deutlich schlechteren Noten als 1,7 oder 1,8 bei überfüllten Studiengängen binnen einer bestimmten Frist
eine Chance auf Zuteilung eines Platzes haben müssen. Hiervon abgesehen führt das Gericht selbst aus, dass es aufgrund der
Ergänzung des Systems durch das Auswahlverfahren der Hochschulen eine starre Notengrenze nicht mehr gibt und damit auch Bewerber,
deren Noten nicht für eine Zulassung in der Abiturbestenquote ausreichen, noch eine Zulassungschance haben. Nach seinen Angaben
gab es im Wintersemester 2011/12 immerhin fünf Universitäten, bei denen auch Bewerber, die lediglich eine Durchschnittsnote
zwischen 2 und 3 aufwiesen, zugelassen wurden. Warum dies nicht reicht, um den verfassungsrechtlichen Erfordernissen gerecht
zu werden, wird mit dem Vorlagebeschluss nicht hinreichend deutlich gemacht.
(4) Im Übrigen genügt das vorlegende Gericht den Darlegungsanforderungen auch dann nicht, sofern man seinem Ansatz, es sei
verfassungswidrig, dass Bewerber mit einer Abiturnote von 2,5 oder schlechter auch im Auswahlverfahren der Hochschulen chancenlos
blieben, folgte. Es wird schon nicht plausibel erläutert, dass sich die Notengrenze von 2,4 aus den rechtlichen Vorgaben ergibt,
Bewerber mit einem schlechteren Notendurchschnitt also - ungeachtet ihres Abschneidens bei den weiteren Auswahlkriterien (wie
Test, Auswahlgespräch oder sonstigen Wettbewerben) - von vornherein chancenlos sind. Denkbar ist nämlich auch, dass Bewerber
mit einem schlechteren Abiturdurchschnitt als 2,4 im Auswahlverfahren der Hochschulen allein deswegen erfolglos geblieben
sind, weil sie auch im Rahmen der anderen Kriterien weniger günstige Ergebnisse erzielt haben als jene Konkurrenten, die eine
bessere Abiturdurchschnittsnote vorweisen konnten. Deswegen genügte es nicht, die Abiturnoten des jeweils schwächsten zugelassenen
Bewerbers mitzuteilen; das Gericht hätte vielmehr anhand der maßgeblichen rechtlichen Bestimmungen dartun müssen, dass bereits
aufgrund der gesetzlich festgelegten Gewichtung der Maßstäbe zueinander ab einer bestimmten Abiturnote eine Zulassung faktisch
ausschied.
Auch die hierfür notwendigen Ausführungen enthält der Vorlagebeschluss nicht. Das Verwaltungsgericht beschäftigt sich nur
pauschal mit den Normen, die die Auswahl und Gewichtung der einzelnen Maßstäbe determinieren. Es weist lediglich allgemein
auf die sowohl in Bundes- als auch Landesrecht (§ 32 Abs. 3 Satz 2 HRG, Art. 10 Abs. 1 Satz 2 Staatsvertrag 2008 i.V.m. den
jeweiligen Ratifizierungsgesetzen der Länder) enthaltene Regel hin, dass dem Grad der Qualifikation, also der Abiturnote,
bei der Auswahlentscheidung ein "maßgeblicher Einfluss" gegeben werden muss. Bereits die Frage, wann konkret ein solcher "maßgeblicher
Einfluss" in den verschiedenen denkbaren Konstellationen - also bei zwei, drei oder mehr Auswahlkriterien - vorliegt, und
ob die Universitäten diese rechtliche Vorgabe überhaupt ordnungsgemäß umgesetzt haben, wird nicht näher erörtert. Auch auf
die weiteren landesrechtlichen, teils sehr unterschiedlichen Bestimmungen, die Anzahl und Auswahl der anzuwendenden Auswahlmaßstäbe
behandeln, geht das Gericht nicht hinreichend ein.
(5) Schließlich lässt sich auf Basis des Vorlagebeschlusses selbst bei Heranziehung der einschlägigen Bestimmungen nicht beurteilen,
inwieweit die einzelnen Universitäten diese Normen zutreffend angewandt haben, ihre jeweiligen Auswahlverfahren also den rechtlichen
Erfordernissen entsprachen. Denn das Verwaltungsgericht benennt lediglich die von den einzelnen Universitäten bei der Bewerberauswahl
angewandten Maßstäbe, ohne (bis auf einen einzigen Fall) anzugeben, wie die Hochschulen diese Kriterien jeweils zueinander
gewichtet haben. Schon deswegen bieten die in dem Beschluss aufgeführten Daten keine hinreichende Grundlage, die einen Schluss
auf die mögliche Verfassungswidrigkeit des Gesamtsystems zulässt.
bb) Das Gericht legt des Weiteren auch nicht anhand eigenständiger, von der bisherigen bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung
unabhängiger Maßstäbe dar, dass die Abiturnote, unter Berücksichtigung ihrer Bedeutung, die ihr für das derzeitige Auswahlsystem
zukommt, kein den grundrechtlichen Anforderungen genügendes Auswahlkriterium ist. Die vorlegende Kammer bildet bereits keine
verständlichen verfassungsrechtlichen Maßstäbe, sondern beschränkt sich auf die Wiedergabe der für beziehungsweise gegen die
Anwendung der Abiturnote sprechenden Gesichtspunkte. Es wird noch nicht einmal deutlich, ob das Verwaltungsgericht den "Studienerfolg"
im Rahmen der Grundrechtsprüfung als ausreichenden Gesetzeszweck ansieht, um den Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG zu rechtfertigen.
Auch sonstige Ausführungen, insbesondere zum Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit der Beschränkung, fehlen. Soweit, wohl
im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG, der Mangel von Landesquoten im Auswahlverfahren der Hochschulen gerügt wird, setzt das Gericht
sich weder mit dem - von ihm selbst als nachvollziehbar bezeichneten - Argument der Beklagten, eine Bildung von Länderquoten
in diesem Verfahren sei organisatorisch kaum leistbar, auseinander, noch erörtert es, ob eine solche Quotenbildung überhaupt
grundrechtlich geboten ist, wenn die Abiturnote in der Regel nur ein Auswahlkriterium unter mehreren ist. Angesichts der gewählten,
wenig aussagekräftigen Formulierungen ("aus Sicht des Gleichheitssatzes prekär", "erhebliches Problem") ergibt sich aus den
gerichtlichen Darlegungen zudem nicht mit der notwendigen Klarheit, dass das Gericht selbst von der Verfassungswidrigkeit
der vorgelegten Bestimmungen überzeugt ist. Hinzu kommt, dass die Kammer sogar annimmt, dass sich "eine überwiegende Orientierung
an der Durchschnittsnote als Auswahlkriterium bei der Studienzulassung rechtfertigen" lasse. Für die weitere Folgerung, es
bedürfe dennoch eine Korrektivs in Form einer Erhöhung der Wartezeitquote, nennt das Gericht keine konkreten Argumente mehr,
sondern verweist ausschließlich pauschal auf Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Weshalb die Abiturnote als Auswahlkriterium
verfassungsrechtlich bedenklich und die Wartezeitquote vorzugswürdig sein sollte, erschließt sich auf Grundlage dieser Begründung
gerade nicht.
(1) In Studiengängen, für die für mehrere Hochschulen Zulassungszahlen festgesetzt sind, können die Studienplätze von der von den Ländern errichteten Zentralstelle vergeben werden. In das Verfahren der Zentralstelle ist ein Studiengang zum frühestmöglichen Zeitpunkt einzubeziehen, wenn für ihn nach der Feststellung der Zentralstelle Zulassungszahlen für alle staatlichen Hochschulen festgesetzt sind und zu erwarten ist, daß die Zahl der Bewerber die Gesamtzahl der zur Verfügung stehenden Plätze übersteigt, soweit nicht wegen der Art der Zugangsvoraussetzungen oder der Auswahlmaßstäbe den Hochschulen die Entscheidung vorbehalten wird. In das Verfahren der Zentralstelle soll ein Studiengang einbezogen werden, wenn für ihn nach der Feststellung der Zentralstelle Zulassungszahlen für die Mehrzahl der staatlichen Hochschulen festgesetzt sind.
(2) (weggefallen)
(3) (weggefallen)
(4) Besteht an einer Hochschule für den ersten Teil eines Studiengangs eine höhere Ausbildungskapazität als für spätere Teile dieses Studiengangs, kann eine auf den ersten Teil des Studiengangs beschränkte Zuweisung und Einschreibung erfolgen, wenn gewährleistet ist, daß der Student sein Studium an anderen Hochschulen im Geltungsbereich dieses Gesetzes fortsetzen kann.
(1) Organmitglieder oder Mitarbeiter des öffentlichen Auftraggebers oder eines im Namen des öffentlichen Auftraggebers handelnden Beschaffungsdienstleisters, bei denen ein Interessenkonflikt besteht, dürfen in einem Vergabeverfahren nicht mitwirken.
(2) Ein Interessenkonflikt besteht für Personen, die an der Durchführung des Vergabeverfahrens beteiligt sind oder Einfluss auf den Ausgang eines Vergabeverfahrens nehmen können und die ein direktes oder indirektes finanzielles, wirtschaftliches oder persönliches Interesse haben, das ihre Unparteilichkeit und Unabhängigkeit im Rahmen des Vergabeverfahrens beeinträchtigen könnte.
(3) Es wird vermutet, dass ein Interessenkonflikt besteht, wenn die in Absatz 1 genannten Personen
1.
Bewerber oder Bieter sind,
2.
einen Bewerber oder Bieter beraten oder sonst unterstützen oder als gesetzliche Vertreter oder nur in dem Vergabeverfahren vertreten,
3.
beschäftigt oder tätig sind
a)
bei einem Bewerber oder Bieter gegen Entgelt oder bei ihm als Mitglied des Vorstandes, Aufsichtsrates oder gleichartigen Organs oder
b)
für ein in das Vergabeverfahren eingeschaltetes Unternehmen, wenn dieses Unternehmen zugleich geschäftliche Beziehungen zum öffentlichen Auftraggeber und zum Bewerber oder Bieter hat.
(4) Die Vermutung des Absatzes 3 gilt auch für Personen, deren Angehörige die Voraussetzungen nach Absatz 3 Nummer 1 bis 3 erfüllen. Angehörige sind der Verlobte, der Ehegatte, Lebenspartner, Verwandte und Verschwägerte gerader Linie, Geschwister, Kinder der Geschwister, Ehegatten und Lebenspartner der Geschwister und Geschwister der Ehegatten und Lebenspartner, Geschwister der Eltern sowie Pflegeeltern und Pflegekinder.
(1) Elektronische Mittel und deren technische Merkmale müssen allgemein verfügbar, nichtdiskriminierend und mit allgemein verbreiteten Geräten und Programmen der Informations- und Kommunikationstechnologie kompatibel sein. Sie dürfen den Zugang von Unternehmen zum Vergabeverfahren nicht einschränken. Der öffentliche Auftraggeber gewährleistet die barrierefreie Ausgestaltung der elektronischen Mittel nach den §§ 4, 12a und 12b des Behindertengleichstellungsgesetzes vom 27. April 2002 (BGBl. I S. 1467, 1468) in der jeweils geltenden Fassung.
(2) Der öffentliche Auftraggeber verwendet für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren ausschließlich solche elektronischen Mittel, die die Unversehrtheit, die Vertraulichkeit und die Echtheit der Daten gewährleisten.
(3) Der öffentliche Auftraggeber muss den Unternehmen alle notwendigen Informationen zur Verfügung stellen über
1.
die in einem Vergabeverfahren verwendeten elektronischen Mittel,
2.
die technischen Parameter zur Einreichung von Teilnahmeanträgen, Angeboten und Interessensbestätigungen mithilfe elektronischer Mittel und
3.
verwendete Verschlüsselungs- und Zeiterfassungsverfahren.
In Streitigkeiten, die sich auf unbewegliches Vermögen oder ein ortsgebundenes Recht oder Rechtsverhältnis beziehen, ist nur das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk das Vermögen oder der Ort liegt.
2.
Bei Anfechtungsklagen gegen den Verwaltungsakt einer Bundesbehörde oder einer bundesunmittelbaren Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesbehörde, die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung ihren Sitz hat, vorbehaltlich der Nummern 1 und 4. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen des Satzes 1. In Streitigkeiten nach dem Asylgesetz ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Ausländer nach dem Asylgesetz seinen Aufenthalt zu nehmen hat; ist eine örtliche Zuständigkeit danach nicht gegeben, bestimmt sie sich nach Nummer 3. Soweit ein Land, in dem der Ausländer seinen Aufenthalt zu nehmen hat, von der Möglichkeit nach § 83 Absatz 3 des Asylgesetzes Gebrauch gemacht hat, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, das nach dem Landesrecht für Streitigkeiten nach dem Asylgesetz betreffend den Herkunftsstaat des Ausländers zuständig ist. Für Klagen gegen den Bund auf Gebieten, die in die Zuständigkeit der diplomatischen und konsularischen Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland fallen, auf dem Gebiet der Visumangelegenheiten auch, wenn diese in die Zuständigkeit des Bundesamts für Auswärtige Angelegenheiten fallen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesregierung ihren Sitz hat.
3.
Bei allen anderen Anfechtungsklagen vorbehaltlich der Nummern 1 und 4 ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Verwaltungsakt erlassen wurde. Ist er von einer Behörde, deren Zuständigkeit sich auf mehrere Verwaltungsgerichtsbezirke erstreckt, oder von einer gemeinsamen Behörde mehrerer oder aller Länder erlassen, so ist das Verwaltungsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Beschwerte seinen Sitz oder Wohnsitz hat. Fehlt ein solcher innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, so bestimmt sich die Zuständigkeit nach Nummer 5. Bei Anfechtungsklagen gegen Verwaltungsakte einer von den Ländern mit der Vergabe von Studienplätzen beauftragten Behörde ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Behörde ihren Sitz hat. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen der Sätze 1, 2 und 4.
4.
Für alle Klagen aus einem gegenwärtigen oder früheren Beamten-, Richter-, Wehrpflicht-, Wehrdienst- oder Zivildienstverhältnis und für Streitigkeiten, die sich auf die Entstehung eines solchen Verhältnisses beziehen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Kläger oder Beklagte seinen dienstlichen Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Wohnsitz hat. Hat der Kläger oder Beklagte keinen dienstlichen Wohnsitz oder keinen Wohnsitz innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, die den ursprünglichen Verwaltungsakt erlassen hat, so ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk diese Behörde ihren Sitz hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für Klagen nach § 79 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen entsprechend.
5.
In allen anderen Fällen ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Sitz, Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthalt hat oder seinen letzten Wohnsitz oder Aufenthalt hatte.
(1) Der öffentliche Auftraggeber kann im Vergabeverfahren die Verwendung elektronischer Mittel, die nicht allgemein verfügbar sind (alternative elektronische Mittel), verlangen, wenn er
1.
Unternehmen während des gesamten Vergabeverfahrens unter einer Internetadresse einen unentgeltlichen, uneingeschränkten, vollständigen und direkten Zugang zu diesen alternativen elektronischen Mitteln gewährt und
2.
diese alternativen elektronischen Mittel selbst verwendet.
(2) Der öffentliche Auftraggeber kann im Rahmen der Vergabe von Bauleistungen und für Wettbewerbe die Nutzung elektronischer Mittel für die Bauwerksdatenmodellierung verlangen. Sofern die verlangten elektronischen Mittel für die Bauwerksdatenmodellierung nicht allgemein verfügbar sind, bietet der öffentliche Auftraggeber einen alternativen Zugang zu ihnen gemäß Absatz 1 an.
Die Bundesregierung kann mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften über die zu verwendenden elektronischen Mittel (Basisdienste für die elektronische Auftragsvergabe) sowie über die einzuhaltenden technischen Standards erlassen.
(1) Die Vergabe von öffentlichen Aufträgen erfolgt nach § 119 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen im offenen Verfahren, im nicht offenen Verfahren, im Verhandlungsverfahren, im wettbewerblichen Dialog oder in der Innovationspartnerschaft.
(2) Dem öffentlichen Auftraggeber stehen das offene Verfahren und das nicht offene Verfahren, das stets einen Teilnahmewettbewerb erfordert, nach seiner Wahl zur Verfügung. Die anderen Verfahrensarten stehen nur zur Verfügung, soweit dies durch gesetzliche Bestimmungen oder nach den Absätzen 3 und 4 gestattet ist.
(3) Der öffentliche Auftraggeber kann Aufträge im Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb oder im wettbewerblichen Dialog vergeben, wenn
1.
die Bedürfnisse des öffentlichen Auftraggebers nicht ohne die Anpassung bereits verfügbarer Lösungen erfüllt werden können,
2.
der Auftrag konzeptionelle oder innovative Lösungen umfasst,
3.
der Auftrag aufgrund konkreter Umstände, die mit der Art, der Komplexität oder dem rechtlichen oder finanziellen Rahmen oder den damit einhergehenden Risiken zusammenhängen, nicht ohne vorherige Verhandlungen vergeben werden kann,
4.
die Leistung, insbesondere ihre technischen Anforderungen, vom öffentlichen Auftraggeber nicht mit ausreichender Genauigkeit unter Verweis auf eine Norm, eine Europäische Technische Bewertung (ETA), eine gemeinsame technische Spezifikation oder technische Referenzen im Sinne der Anlage 1 Nummer 2 bis 5 beschrieben werden kann oder
5.
im Rahmen eines offenen oder nicht offenen Verfahrens keine ordnungsgemäßen oder nur unannehmbare Angebote eingereicht wurden; nicht ordnungsgemäß sind insbesondere Angebote, die nicht den Vergabeunterlagen entsprechen, nicht fristgerecht eingereicht wurden, nachweislich auf kollusiven Absprachen oder Korruption beruhen oder nach Einschätzung des öffentlichen Auftraggebers ungewöhnlich niedrig sind; unannehmbar sind insbesondere Angebote von Bietern, die nicht über die erforderlichen Qualifikationen verfügen, und Angebote, deren Preis die vor Einleitung des Vergabeverfahrens festgelegten und dokumentierten eingeplanten Haushaltsmittel des öffentlichen Auftraggebers übersteigt; der öffentliche Auftraggeber kann in diesen Fällen von einem Teilnahmewettbewerb absehen, wenn er in das Verhandlungsverfahren alle geeigneten Unternehmen einbezieht, die form- und fristgerechte Angebote abgegeben haben.
(4) Der öffentliche Auftraggeber kann Aufträge im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb vergeben,
1.
wenn in einem offenen oder einem nicht offenen Verfahren keine oder keine geeigneten Angebote oder keine geeigneten Teilnahmeanträge abgegeben worden sind, sofern die ursprünglichen Bedingungen des Auftrags nicht grundlegend geändert werden; ein Angebot gilt als ungeeignet, wenn es ohne Abänderung den in den Vergabeunterlagen genannten Bedürfnissen und Anforderungen des öffentlichen Auftraggebers offensichtlich nicht entsprechen kann; ein Teilnahmeantrag gilt als ungeeignet, wenn das Unternehmen aufgrund eines zwingenden oder fakultativen Ausschlussgrunds nach den §§ 123 und 124 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen auszuschließen ist oder ausgeschlossen werden kann oder wenn es die Eignungskriterien nicht erfüllt,
2.
wenn zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Abgabe von Angeboten der Auftrag nur von einem bestimmten Unternehmen erbracht oder bereitgestellt werden kann,
a)
weil ein einzigartiges Kunstwerk oder eine einzigartige künstlerische Leistung erschaffen oder erworben werden soll,
b)
weil aus technischen Gründen kein Wettbewerb vorhanden ist oder
c)
wegen des Schutzes von ausschließlichen Rechten, insbesondere von gewerblichen Schutzrechten,
3.
wenn äußerst dringliche, zwingende Gründe im Zusammenhang mit Ereignissen, die der betreffende öffentliche Auftraggeber nicht voraussehen konnte, es nicht zulassen, die Mindestfristen einzuhalten, die für das offene und das nicht offene Verfahren sowie für das Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb vorgeschrieben sind; die Umstände zur Begründung der äußersten Dringlichkeit dürfen dem öffentlichen Auftraggeber nicht zuzurechnen sein,
4.
wenn eine Lieferleistung beschafft werden soll, die ausschließlich zu Forschungs-, Versuchs-, Untersuchungs- oder Entwicklungszwecken hergestellt wurde; hiervon nicht umfasst ist die Serienfertigung zum Nachweis der Marktfähigkeit des Produkts oder zur Deckung der Forschungs- und Entwicklungskosten,
5.
wenn zusätzliche Lieferleistungen des ursprünglichen Auftragnehmers beschafft werden sollen, die entweder zur teilweisen Erneuerung oder Erweiterung bereits erbrachter Leistungen bestimmt sind, und ein Wechsel des Unternehmens dazu führen würde, dass der öffentliche Auftraggeber eine Leistung mit unterschiedlichen technischen Merkmalen kaufen müsste und dies eine technische Unvereinbarkeit oder unverhältnismäßige technische Schwierigkeiten bei Gebrauch und Wartung mit sich bringen würde; die Laufzeit dieser öffentlichen Aufträge darf in der Regel drei Jahre nicht überschreiten,
6.
wenn es sich um eine auf einer Warenbörse notierte und gekaufte Lieferleistung handelt,
7.
wenn Liefer- oder Dienstleistungen zu besonders günstigen Bedingungen bei Lieferanten, die ihre Geschäftstätigkeit endgültig einstellen, oder bei Insolvenzverwaltern oder Liquidatoren im Rahmen eines Insolvenz-, Vergleichs- oder Ausgleichsverfahrens oder eines in den Vorschriften eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union vorgesehenen gleichartigen Verfahrens erworben werden,
8.
wenn im Anschluss an einen Planungswettbewerb im Sinne des § 69 ein Dienstleistungsauftrag nach den Bedingungen dieses Wettbewerbs an den Gewinner oder an einen der Preisträger vergeben werden muss; im letzteren Fall müssen alle Preisträger des Wettbewerbs zur Teilnahme an den Verhandlungen aufgefordert werden, oder
9.
wenn eine Dienstleistung beschafft werden soll, die in der Wiederholung gleichartiger Leistungen besteht, die durch denselben öffentlichen Auftraggeber an das Unternehmen vergeben werden, das den ersten Auftrag erhalten hat, sofern sie einem Grundprojekt entsprechen und dieses Projekt Gegenstand des ersten Auftrags war, das im Rahmen eines Vergabeverfahrens mit Ausnahme eines Verhandlungsverfahrens ohne Teilnahmewettbewerb vergeben wurde; die Möglichkeit der Anwendung des Verhandlungsverfahrens muss bereits in der Auftragsbekanntmachung des ersten Vorhabens angegeben werden; darüber hinaus sind im Grundprojekt bereits der Umfang möglicher Dienstleistungen sowie die Bedingungen, unter denen sie vergeben werden, anzugeben; der für die nachfolgenden Dienstleistungen in Aussicht genommene Gesamtauftragswert wird vom öffentlichen Auftraggeber bei der Berechnung des Auftragswerts berücksichtigt; das Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb darf nur innerhalb von drei Jahren nach Abschluss des ersten Auftrags angewandt werden.
(5) Im Falle des Absatzes 4 Nummer 1 ist der Europäischen Kommission auf Anforderung ein Bericht vorzulegen.
(6) Die in Absatz 4 Nummer 2 Buchstabe b und c genannten Voraussetzungen für die Anwendung des Verhandlungsverfahrens ohne Teilnahmewettbewerb gelten nur dann, wenn es keine vernünftige Alternative oder Ersatzlösung gibt und der mangelnde Wettbewerb nicht das Ergebnis einer künstlichen Einschränkung der Auftragsvergabeparameter ist.
(1) Die Vergabe von öffentlichen Aufträgen erfolgt nach § 119 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen im offenen Verfahren, im nicht offenen Verfahren, im Verhandlungsverfahren, im wettbewerblichen Dialog oder in der Innovationspartnerschaft.
(2) Dem öffentlichen Auftraggeber stehen das offene Verfahren und das nicht offene Verfahren, das stets einen Teilnahmewettbewerb erfordert, nach seiner Wahl zur Verfügung. Die anderen Verfahrensarten stehen nur zur Verfügung, soweit dies durch gesetzliche Bestimmungen oder nach den Absätzen 3 und 4 gestattet ist.
(3) Der öffentliche Auftraggeber kann Aufträge im Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb oder im wettbewerblichen Dialog vergeben, wenn
1.
die Bedürfnisse des öffentlichen Auftraggebers nicht ohne die Anpassung bereits verfügbarer Lösungen erfüllt werden können,
2.
der Auftrag konzeptionelle oder innovative Lösungen umfasst,
3.
der Auftrag aufgrund konkreter Umstände, die mit der Art, der Komplexität oder dem rechtlichen oder finanziellen Rahmen oder den damit einhergehenden Risiken zusammenhängen, nicht ohne vorherige Verhandlungen vergeben werden kann,
4.
die Leistung, insbesondere ihre technischen Anforderungen, vom öffentlichen Auftraggeber nicht mit ausreichender Genauigkeit unter Verweis auf eine Norm, eine Europäische Technische Bewertung (ETA), eine gemeinsame technische Spezifikation oder technische Referenzen im Sinne der Anlage 1 Nummer 2 bis 5 beschrieben werden kann oder
5.
im Rahmen eines offenen oder nicht offenen Verfahrens keine ordnungsgemäßen oder nur unannehmbare Angebote eingereicht wurden; nicht ordnungsgemäß sind insbesondere Angebote, die nicht den Vergabeunterlagen entsprechen, nicht fristgerecht eingereicht wurden, nachweislich auf kollusiven Absprachen oder Korruption beruhen oder nach Einschätzung des öffentlichen Auftraggebers ungewöhnlich niedrig sind; unannehmbar sind insbesondere Angebote von Bietern, die nicht über die erforderlichen Qualifikationen verfügen, und Angebote, deren Preis die vor Einleitung des Vergabeverfahrens festgelegten und dokumentierten eingeplanten Haushaltsmittel des öffentlichen Auftraggebers übersteigt; der öffentliche Auftraggeber kann in diesen Fällen von einem Teilnahmewettbewerb absehen, wenn er in das Verhandlungsverfahren alle geeigneten Unternehmen einbezieht, die form- und fristgerechte Angebote abgegeben haben.
(4) Der öffentliche Auftraggeber kann Aufträge im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb vergeben,
1.
wenn in einem offenen oder einem nicht offenen Verfahren keine oder keine geeigneten Angebote oder keine geeigneten Teilnahmeanträge abgegeben worden sind, sofern die ursprünglichen Bedingungen des Auftrags nicht grundlegend geändert werden; ein Angebot gilt als ungeeignet, wenn es ohne Abänderung den in den Vergabeunterlagen genannten Bedürfnissen und Anforderungen des öffentlichen Auftraggebers offensichtlich nicht entsprechen kann; ein Teilnahmeantrag gilt als ungeeignet, wenn das Unternehmen aufgrund eines zwingenden oder fakultativen Ausschlussgrunds nach den §§ 123 und 124 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen auszuschließen ist oder ausgeschlossen werden kann oder wenn es die Eignungskriterien nicht erfüllt,
2.
wenn zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Abgabe von Angeboten der Auftrag nur von einem bestimmten Unternehmen erbracht oder bereitgestellt werden kann,
a)
weil ein einzigartiges Kunstwerk oder eine einzigartige künstlerische Leistung erschaffen oder erworben werden soll,
b)
weil aus technischen Gründen kein Wettbewerb vorhanden ist oder
c)
wegen des Schutzes von ausschließlichen Rechten, insbesondere von gewerblichen Schutzrechten,
3.
wenn äußerst dringliche, zwingende Gründe im Zusammenhang mit Ereignissen, die der betreffende öffentliche Auftraggeber nicht voraussehen konnte, es nicht zulassen, die Mindestfristen einzuhalten, die für das offene und das nicht offene Verfahren sowie für das Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb vorgeschrieben sind; die Umstände zur Begründung der äußersten Dringlichkeit dürfen dem öffentlichen Auftraggeber nicht zuzurechnen sein,
4.
wenn eine Lieferleistung beschafft werden soll, die ausschließlich zu Forschungs-, Versuchs-, Untersuchungs- oder Entwicklungszwecken hergestellt wurde; hiervon nicht umfasst ist die Serienfertigung zum Nachweis der Marktfähigkeit des Produkts oder zur Deckung der Forschungs- und Entwicklungskosten,
5.
wenn zusätzliche Lieferleistungen des ursprünglichen Auftragnehmers beschafft werden sollen, die entweder zur teilweisen Erneuerung oder Erweiterung bereits erbrachter Leistungen bestimmt sind, und ein Wechsel des Unternehmens dazu führen würde, dass der öffentliche Auftraggeber eine Leistung mit unterschiedlichen technischen Merkmalen kaufen müsste und dies eine technische Unvereinbarkeit oder unverhältnismäßige technische Schwierigkeiten bei Gebrauch und Wartung mit sich bringen würde; die Laufzeit dieser öffentlichen Aufträge darf in der Regel drei Jahre nicht überschreiten,
6.
wenn es sich um eine auf einer Warenbörse notierte und gekaufte Lieferleistung handelt,
7.
wenn Liefer- oder Dienstleistungen zu besonders günstigen Bedingungen bei Lieferanten, die ihre Geschäftstätigkeit endgültig einstellen, oder bei Insolvenzverwaltern oder Liquidatoren im Rahmen eines Insolvenz-, Vergleichs- oder Ausgleichsverfahrens oder eines in den Vorschriften eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union vorgesehenen gleichartigen Verfahrens erworben werden,
8.
wenn im Anschluss an einen Planungswettbewerb im Sinne des § 69 ein Dienstleistungsauftrag nach den Bedingungen dieses Wettbewerbs an den Gewinner oder an einen der Preisträger vergeben werden muss; im letzteren Fall müssen alle Preisträger des Wettbewerbs zur Teilnahme an den Verhandlungen aufgefordert werden, oder
9.
wenn eine Dienstleistung beschafft werden soll, die in der Wiederholung gleichartiger Leistungen besteht, die durch denselben öffentlichen Auftraggeber an das Unternehmen vergeben werden, das den ersten Auftrag erhalten hat, sofern sie einem Grundprojekt entsprechen und dieses Projekt Gegenstand des ersten Auftrags war, das im Rahmen eines Vergabeverfahrens mit Ausnahme eines Verhandlungsverfahrens ohne Teilnahmewettbewerb vergeben wurde; die Möglichkeit der Anwendung des Verhandlungsverfahrens muss bereits in der Auftragsbekanntmachung des ersten Vorhabens angegeben werden; darüber hinaus sind im Grundprojekt bereits der Umfang möglicher Dienstleistungen sowie die Bedingungen, unter denen sie vergeben werden, anzugeben; der für die nachfolgenden Dienstleistungen in Aussicht genommene Gesamtauftragswert wird vom öffentlichen Auftraggeber bei der Berechnung des Auftragswerts berücksichtigt; das Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb darf nur innerhalb von drei Jahren nach Abschluss des ersten Auftrags angewandt werden.
(5) Im Falle des Absatzes 4 Nummer 1 ist der Europäischen Kommission auf Anforderung ein Bericht vorzulegen.
(6) Die in Absatz 4 Nummer 2 Buchstabe b und c genannten Voraussetzungen für die Anwendung des Verhandlungsverfahrens ohne Teilnahmewettbewerb gelten nur dann, wenn es keine vernünftige Alternative oder Ersatzlösung gibt und der mangelnde Wettbewerb nicht das Ergebnis einer künstlichen Einschränkung der Auftragsvergabeparameter ist.
1 Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
2 Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3 Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.
Gründe:
1
Gründe:
2
1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist abzulehnen, weil die Rechtsverfolgung aus den nachfolgend dargelegten Gründen von Beginn an nicht die nach § 166 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg geboten hat.
3
2. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg. Die Antragstellerin hat nicht gemäß § 123 VwGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO glaubhaft gemacht, dass ihr ein Anspruch auf Zuteilung des begehrten Studienplatzes im Studiengang Humanmedizin nach den für das Wintersemester 2013/2014 maßgeblichen Regeln und tatsächlichen Verhältnissen zusteht.
4
Studienplätze im Studiengang Humanmedizin werden gemäß § 1 Satz 2 der Verordnung über die zentrale Vergabe von Studienplätzen durch die Stiftung für Hochschulzulassung – VergabeVO – in Verbindung mit ihrer Anlage 1 in einem zentralen Vergabeverfahren nach Maßgabe der §§ 6 ff. VergabeVO vergeben. Mit einer Durchschnittsnote ihrer Hochschulzugangsberechtigung von 2,0 und einer Wartezeit von lediglich zwei Halbjahren erfüllt die Antragstellerin nicht die für sie maßgeblichen Auswahlgrenzen. Diese lagen für die Auswahl in der Abiturbestenquote (§ 11 VergabeVO), in der sie sich im Übrigen nicht beworben hat, für Hochschulzugangsberechtigte aus C. bei einer Durchschnittsnote von 1,1. Für die Auswahl nach Wartezeit (§ 14 VergabeVO) waren mindestens zwölf Halbjahre erforderlich.
5
Dass die Antragsgegnerin der Bewerbung der Antragstellerin eine Wartezeit von lediglich zwei Halbjahren zugrunde gelegt hat, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Antragstellerin hat auf der Grundlage der bis zum Bewerbungsschluss (§ 3 Abs. 7 VergabeVO) vorgelegten und daher auch für das gerichtliche Verfahren allein maßgeblichen Unterlagen keinen Anspruch darauf, aufgrund ihres Sonderantrags „F“ auf Nachteilsausgleich mit einer verbesserten Wartezeit am Vergabeverfahren beteiligt zu werden. Die Antragstellerin hat einen Anspruch auf Nachteilsausgleich nach § 14 Abs. 3 VergabeVO nicht glaubhaft gemacht. Nach § 14 Abs. 3 VergabeVO wird ein Studienbewerber auf Antrag bei der Ermittlung der Wartezeit mit einem früheren Zeitpunkt des Erwerbs der Hochschulzugangsberechtigung berücksichtigt, wenn er nachweist, dass er aus in seiner eigenen Person liegenden, nicht selbst zu vertretenden Gründen daran gehindert war, die Hochschulzugangsberechtigung zu einem früheren Zeitpunkt zu erwerben. Bei der Auslegung dieses Tatbestandes ist zu berücksichtigen, dass der Wartezeit im Rahmen der Studienplatzverteilung eine bedeutende Funktion zukommt. Denn sie soll einen Ausgleich zu der Abiturnote schaffen, die im Verfahren zur Vergabe von Medizinstudienplätzen eine überragende Rolle spielt.
6
Vgl. Beschlüsse der Kammer vom 19. März 2013 – 6z K 4171/12 – und vom 26. April 2012 – 6z K 3656/11 –, jeweils www.nrwe.de und juris, sowie vom 22. März 2013 – 6z L 187/13 –, www.nrwe.de.
7
Angesichts der erheblichen Bewerberzahlen für das Studienfach Humanmedizin und der bestehenden hohen Auswahlgrenzen ist das Instrument des Nachteilsausgleichs im Lichte des in Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verankerten Gleichheitsgrundsatzes zu sehen. Vor diesem Hintergrund sind an den Nachweis eines entsprechenden Nachteils strenge Anforderungen zu stellen. Denn es gilt, das Recht auf Chancengleichheit nicht nur der Antragstellerin, sondern auch der anderen Bewerber im Blick zu behalten, an denen die Antragstellerin durch eine Verbesserung der Wartezeit sozusagen „vorbeiziehen“ würde. Daher bedarf es einer dezidierten Darlegung und Begründung, für welches Halbjahr und weshalb eine Verbesserung in Anspruch genommen werden soll. Dabei hat der Bewerber den Sachverhalt, der den auszugleichenden Nachteil begründet, hinreichend konkret – auch in zeitlicher Hinsicht – darzulegen sowie Unterlagen, die diese Umstände belegen, vorzulegen.
8
An einer solchen dezidierten Darlegung und dem entsprechenden Nachweis fehlt es hier. Die Antragstellerin hat zur Begründung ihres Antrags auf Nachteilsausgleich lediglich pauschal angegeben, sie habe am Ende der zwölften Jahrgangsstufe die Schule verlassen, da sie keine Betreuungsmöglichkeit für ihr erstes Kind gehabt habe. Sie habe ihre drei Kinder, von denen das jüngste im Sommer 2009 eingeschult worden sei, allein großgezogen. Der ganztägige Besuch eines Kollegs oder der Besuch einer Abendschule sei ihr währenddessen nicht möglich gewesen. Sobald es möglich gewesen sei, habe sie ihre schulische Ausbildung fortgesetzt.
9
Die Antragstellerin wäre indes gehalten gewesen, die Umstände ihres vorläufigen Schulabbruchs eingehend zu schildern und unter Vorlage geeigneter Belege ihre Lebensverhältnisse in dem gesamten Zeitraum zwischen dem Abbruch der Schulausbildung und deren Wiederaufnahme hinreichend konkret darzulegen, etwa durch den Vortrag, was sie in dem jeweiligen Halbjahr, für welches sie einen Nachteilsausgleich beansprucht, getan hat (ob sie zum Beispiel einer Erwerbstätigkeit nachgegangen ist) und wie sich das Verhältnis zu den Vätern ihrer Kinder jeweils gestaltete, insbesondere, ob und wann sie mit einem von ihnen zusammenlebt(e) und eine gemeinsame Betreuung der Kinder denkbar war.
10
Die Kammer war nicht gehalten, der erstmals im gerichtlichen Verfahren vorgebrachten Anregung der Antragstellerin, in die Akten des Jobcenters Q. und des Finanzamts Q1. C1. Einsicht zu nehmen, nachzukommen. Ungeachtet des Umstandes, dass diese Unterlagen möglicherweise geeignet wären, zu belegen, dass bzw. wann die Antragstellerin alleinerziehend ist bzw. war, können erst im Klage- oder Antragsverfahren eingereichte Unterlagen oder noch einzureichende Unterlagen im gerichtlichen Verfahren nicht berücksichtigt werden. Denn die für das Auswahl- und Verteilungsverfahren maßgeblichen Daten müssen in Bezug auf das Wintersemester spätestens bis zum 15. Juni vorliegen (§ 3 Abs. 7 Satz 2 VergabeVO). Die Vorschrift statuiert eine gesetzliche Ausschlussfrist, so dass die Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Antragsgegnerin über einen Zulassungsantrag auch vom Gericht ausschließlich anhand dessen zu prüfen ist, was innerhalb der Bewerbungs- bzw. Nachfrist des § 3 Abs. 2 und 7 VergabeVO bei der Antragsgegnerin vorgelegen hat. Dem Gericht ist es mithin verwehrt, im gerichtlichen Verfahren erstmals gestellte Anträge und/oder nachgereichte Belege zu berücksichtigen.
11
Vgl. VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 30. September 2013 – 6z L 1208/13 –, www.nrwe.de.
12
Ob die Antragstellerin einen Anspruch auf Verbesserung ihrer Durchschnittsnote im Wege des Nachteilsausgleichs nach § 11 Abs. 5 VergabeVO hat, kann vorliegend offen bleiben, da sich die Antragstellerin nicht in der Abiturbestenquote beworben hat und die Antragsgegnerin für die Vergabe der Studienplätze im Auswahlverfahren der Hochschulen nicht zuständig ist. Jedenfalls fehlt es hier an einer der Grundvoraussetzungen für die Anerkennung eines Nachteilsausgleichs, denn die Antragstellerin hat innerhalb der nach § 3 Abs. 7 VergabeVO maßgeblichen Ausschlussfrist kein Schulgutachten der Schule, an der sie ihre Hochschulzugangsberechtigung erworben hat, vorgelegt.
13
Die Antragstellerin hat auch keinen Anspruch auf Auswahl nach Härtegesichtspunkten (§ 15 VergabeVO) glaubhaft gemacht. Die Studienplätze der Härtefallquote werden an Bewerber vergeben, für die es eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde, wenn sie keine Zulassung erhielten. Eine außergewöhnliche Härte liegt gemäß § 15 Satz 2 VergabeVO vor, wenn in der eigenen Person liegende besondere soziale oder familiäre Gründe die sofortige Aufnahme des Studiums zwingend erfordern. Da die Zulassung im Härtefallwege nach dem System des § 6 VergabeVO zwangsläufig zur Zurückweisung eines anderen, noch nicht zugelassenen Erstbewerbers führt, ist eine strenge Betrachtungsweise geboten.
14
Vgl. nur OVG NRW, Beschlüsse vom 17. Mai 2010 – 13 B 504/10 –, juris, und vom 2. Juli 2012 – 13 B 656/12 –, juris; VG Gelsenkirchen, Beschlüsse vom 30. September 2013 ‑ 6z L 1208/13 - und vom 27. März 2013 – 6z L 313/13 –, juris; Berlin, in: Bahro/Berlin, Das Hochschulzulassungsrecht in der Bundesrepublik Deutschland, 4. Aufl. 2003, § 21 VergabeVO, Rdnr. 1.
15
Im Blick zu behalten ist überdies die Funktion der Härtefallregelung. Sie soll – wie schon der Wortlaut der Vorschrift zeigt – innerhalb des notwendigerweise schematisierten Massenverfahrens der Studienzulassung einen Ausgleich für besondere Einzelfälle schaffen, in denen die Anwendung der regulären Auswahlkriterien dem Gebot der Chancengleichheit nicht gerecht wird; nach Möglichkeit soll niemand infolge wirtschaftlicher, gesundheitlicher, familiärer oder sonstiger sozialer Benachteiligungen an der Erreichung seines Berufsziels gehindert werden. Anderen Zwecken ‑ etwa der Kompensation erlittener Schicksalsschläge oder erfahrenen Leids - darf die Härtefallzulassung hingegen nicht dienen.
16
Vgl. dazu nur OVG NRW, Beschluss vom 14. Juni 2013 ‑ 13 B 440/13 -, juris; VG Gelsenkirchen, Beschlüsse vom 27. März 2013 – 6z L 313/13 – und vom 30. November 2011 – 6 L 968/11 – mit weiteren Nachweisen; Berlin, in: Bahro/Berlin, Das Hochschulzulassungsrecht in der Bundesrepublik Deutschland, Kommentar, 4. Auflage 2003, § 21 VergabeVO, Rdnr. 1 ff.
17
Gemessen an diesen Überlegungen sind die Voraussetzungen für eine Zulassung nach § 15 VergabeVO vorliegend nicht dargetan. Die Antragsgegnerin hat nicht ansatzweise dargelegt, aus welchen Gründen ihr ein weiteres Zuwarten bis zu einer Zulassung zum Studium nicht zumutbar ist. Allein der Umstand, dass sie ihre Schullaufbahn erst mehr als zehn Jahre, nachdem sie nach eigenen Angaben die Schule nach der Jahrgangsstufe 12 abgebrochen hatte, fortgesetzt und erst nach weiteren zwei Jahren die Hochschulzugangsberechtigung erlangt hat, ist kein Umstand, der eine sofortige Zulassung zum Studium zwingend geboten erscheinen lässt. Gleiches gilt für das fortgeschrittene Alter der Antragstellerin im Vergleich zum durchschnittlichen Studienbewerber für das erste Fachsemester. Im Gegenteil ist ein fortgeschrittenes Alter für einen Studienbewerber charakteristisch, der seine Hochschulreife nach Beschreiten des Zweiten Bildungsweges erlangt hat und / oder eine gewisse Wartezeit bis zur Zulassung zum Studium durchlaufen hat. Dies hebt die Antragstellerin nicht aus dem Kreis der vorgenannten Hochschulzugangsberechtigten heraus. Ein besonderes Einzelschicksal vermag die Kammer vor diesem Hintergrund nicht zu erkennen.
18
Nachdem die Antragstellerin keinen Anspruch auf Zulassung zum Studium der Humanmedizin hat, war ihr Ortsantrag nicht zu bescheiden.
19
Aus den vorgenannten Gründen ist der sinngemäß hilfsweise gestellte Antrag,
20
festzustellen, dass die Bewerbung der Antragstellerin in künftigen Bewerbungsverfahren von der Antragsgegnerin mit einer Verbesserung der Wartezeit im Umfang einer vom Gericht festzulegenden Anzahl von Wartesemestern zu berücksichtigen ist,
21
ebenfalls keinen Erfolg, wobei die Frage der Zulässigkeit dieses Antrags dahingestellt bleiben kann.
22
Auch der weitere, sinngemäß hilfsweise – für den Fall der Erfolglosigkeit des Hauptantrags – gestellte Antrag, die Antragsgegnerin zu verpflichten,
23
die von der Antragstellerin eingereichten Unterlagen aufzuheben,
24
hat keinen Erfolg. Im wohlverstandenen Interesse der Antragstellerin legt die Kammer den Antrag dahingehend aus, dass von ihm die nunmehr mit der Bewerbung der Antragstellerin vom 14. Juni 2013 vorgelegten Unterlagen erfasst sein sollen, § 122 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 88 VwGO. Der so verstandene Antrag ist bereits mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Es ist nämlich nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin vor der Anrufung des Gerichts einen entsprechenden Antrag auf Aufbewahrung ihrer Unterlagen bei der Antragsgegnerin gestellt hat. Ein solcher Antrag bei der Behörde ist indes Voraussetzung für die Zulässigkeit des gerichtlichen Eilantrags. Anhaltspunkte dafür, dass die vorherige Antragstellung ausnahmsweise – etwa wegen ganz besonderer Eilbedürftigkeit – entbehrlich gewesen sein könnte, sind vorliegend nicht ersichtlich.
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 2 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 1 des Gerichtskostengesetzes und entspricht der Praxis des erkennenden Gerichts in Verfahren der vorliegenden Art.
In Streitigkeiten, die sich auf unbewegliches Vermögen oder ein ortsgebundenes Recht oder Rechtsverhältnis beziehen, ist nur das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk das Vermögen oder der Ort liegt.
2.
Bei Anfechtungsklagen gegen den Verwaltungsakt einer Bundesbehörde oder einer bundesunmittelbaren Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesbehörde, die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung ihren Sitz hat, vorbehaltlich der Nummern 1 und 4. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen des Satzes 1. In Streitigkeiten nach dem Asylgesetz ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Ausländer nach dem Asylgesetz seinen Aufenthalt zu nehmen hat; ist eine örtliche Zuständigkeit danach nicht gegeben, bestimmt sie sich nach Nummer 3. Soweit ein Land, in dem der Ausländer seinen Aufenthalt zu nehmen hat, von der Möglichkeit nach § 83 Absatz 3 des Asylgesetzes Gebrauch gemacht hat, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, das nach dem Landesrecht für Streitigkeiten nach dem Asylgesetz betreffend den Herkunftsstaat des Ausländers zuständig ist. Für Klagen gegen den Bund auf Gebieten, die in die Zuständigkeit der diplomatischen und konsularischen Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland fallen, auf dem Gebiet der Visumangelegenheiten auch, wenn diese in die Zuständigkeit des Bundesamts für Auswärtige Angelegenheiten fallen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesregierung ihren Sitz hat.
3.
Bei allen anderen Anfechtungsklagen vorbehaltlich der Nummern 1 und 4 ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Verwaltungsakt erlassen wurde. Ist er von einer Behörde, deren Zuständigkeit sich auf mehrere Verwaltungsgerichtsbezirke erstreckt, oder von einer gemeinsamen Behörde mehrerer oder aller Länder erlassen, so ist das Verwaltungsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Beschwerte seinen Sitz oder Wohnsitz hat. Fehlt ein solcher innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, so bestimmt sich die Zuständigkeit nach Nummer 5. Bei Anfechtungsklagen gegen Verwaltungsakte einer von den Ländern mit der Vergabe von Studienplätzen beauftragten Behörde ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Behörde ihren Sitz hat. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen der Sätze 1, 2 und 4.
4.
Für alle Klagen aus einem gegenwärtigen oder früheren Beamten-, Richter-, Wehrpflicht-, Wehrdienst- oder Zivildienstverhältnis und für Streitigkeiten, die sich auf die Entstehung eines solchen Verhältnisses beziehen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Kläger oder Beklagte seinen dienstlichen Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Wohnsitz hat. Hat der Kläger oder Beklagte keinen dienstlichen Wohnsitz oder keinen Wohnsitz innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, die den ursprünglichen Verwaltungsakt erlassen hat, so ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk diese Behörde ihren Sitz hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für Klagen nach § 79 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen entsprechend.
5.
In allen anderen Fällen ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Sitz, Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthalt hat oder seinen letzten Wohnsitz oder Aufenthalt hatte.
(1) Die Vergabe von öffentlichen Aufträgen erfolgt nach § 119 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen im offenen Verfahren, im nicht offenen Verfahren, im Verhandlungsverfahren, im wettbewerblichen Dialog oder in der Innovationspartnerschaft.
(2) Dem öffentlichen Auftraggeber stehen das offene Verfahren und das nicht offene Verfahren, das stets einen Teilnahmewettbewerb erfordert, nach seiner Wahl zur Verfügung. Die anderen Verfahrensarten stehen nur zur Verfügung, soweit dies durch gesetzliche Bestimmungen oder nach den Absätzen 3 und 4 gestattet ist.
(3) Der öffentliche Auftraggeber kann Aufträge im Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb oder im wettbewerblichen Dialog vergeben, wenn
1.
die Bedürfnisse des öffentlichen Auftraggebers nicht ohne die Anpassung bereits verfügbarer Lösungen erfüllt werden können,
2.
der Auftrag konzeptionelle oder innovative Lösungen umfasst,
3.
der Auftrag aufgrund konkreter Umstände, die mit der Art, der Komplexität oder dem rechtlichen oder finanziellen Rahmen oder den damit einhergehenden Risiken zusammenhängen, nicht ohne vorherige Verhandlungen vergeben werden kann,
4.
die Leistung, insbesondere ihre technischen Anforderungen, vom öffentlichen Auftraggeber nicht mit ausreichender Genauigkeit unter Verweis auf eine Norm, eine Europäische Technische Bewertung (ETA), eine gemeinsame technische Spezifikation oder technische Referenzen im Sinne der Anlage 1 Nummer 2 bis 5 beschrieben werden kann oder
5.
im Rahmen eines offenen oder nicht offenen Verfahrens keine ordnungsgemäßen oder nur unannehmbare Angebote eingereicht wurden; nicht ordnungsgemäß sind insbesondere Angebote, die nicht den Vergabeunterlagen entsprechen, nicht fristgerecht eingereicht wurden, nachweislich auf kollusiven Absprachen oder Korruption beruhen oder nach Einschätzung des öffentlichen Auftraggebers ungewöhnlich niedrig sind; unannehmbar sind insbesondere Angebote von Bietern, die nicht über die erforderlichen Qualifikationen verfügen, und Angebote, deren Preis die vor Einleitung des Vergabeverfahrens festgelegten und dokumentierten eingeplanten Haushaltsmittel des öffentlichen Auftraggebers übersteigt; der öffentliche Auftraggeber kann in diesen Fällen von einem Teilnahmewettbewerb absehen, wenn er in das Verhandlungsverfahren alle geeigneten Unternehmen einbezieht, die form- und fristgerechte Angebote abgegeben haben.
(4) Der öffentliche Auftraggeber kann Aufträge im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb vergeben,
1.
wenn in einem offenen oder einem nicht offenen Verfahren keine oder keine geeigneten Angebote oder keine geeigneten Teilnahmeanträge abgegeben worden sind, sofern die ursprünglichen Bedingungen des Auftrags nicht grundlegend geändert werden; ein Angebot gilt als ungeeignet, wenn es ohne Abänderung den in den Vergabeunterlagen genannten Bedürfnissen und Anforderungen des öffentlichen Auftraggebers offensichtlich nicht entsprechen kann; ein Teilnahmeantrag gilt als ungeeignet, wenn das Unternehmen aufgrund eines zwingenden oder fakultativen Ausschlussgrunds nach den §§ 123 und 124 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen auszuschließen ist oder ausgeschlossen werden kann oder wenn es die Eignungskriterien nicht erfüllt,
2.
wenn zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Abgabe von Angeboten der Auftrag nur von einem bestimmten Unternehmen erbracht oder bereitgestellt werden kann,
a)
weil ein einzigartiges Kunstwerk oder eine einzigartige künstlerische Leistung erschaffen oder erworben werden soll,
b)
weil aus technischen Gründen kein Wettbewerb vorhanden ist oder
c)
wegen des Schutzes von ausschließlichen Rechten, insbesondere von gewerblichen Schutzrechten,
3.
wenn äußerst dringliche, zwingende Gründe im Zusammenhang mit Ereignissen, die der betreffende öffentliche Auftraggeber nicht voraussehen konnte, es nicht zulassen, die Mindestfristen einzuhalten, die für das offene und das nicht offene Verfahren sowie für das Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb vorgeschrieben sind; die Umstände zur Begründung der äußersten Dringlichkeit dürfen dem öffentlichen Auftraggeber nicht zuzurechnen sein,
4.
wenn eine Lieferleistung beschafft werden soll, die ausschließlich zu Forschungs-, Versuchs-, Untersuchungs- oder Entwicklungszwecken hergestellt wurde; hiervon nicht umfasst ist die Serienfertigung zum Nachweis der Marktfähigkeit des Produkts oder zur Deckung der Forschungs- und Entwicklungskosten,
5.
wenn zusätzliche Lieferleistungen des ursprünglichen Auftragnehmers beschafft werden sollen, die entweder zur teilweisen Erneuerung oder Erweiterung bereits erbrachter Leistungen bestimmt sind, und ein Wechsel des Unternehmens dazu führen würde, dass der öffentliche Auftraggeber eine Leistung mit unterschiedlichen technischen Merkmalen kaufen müsste und dies eine technische Unvereinbarkeit oder unverhältnismäßige technische Schwierigkeiten bei Gebrauch und Wartung mit sich bringen würde; die Laufzeit dieser öffentlichen Aufträge darf in der Regel drei Jahre nicht überschreiten,
6.
wenn es sich um eine auf einer Warenbörse notierte und gekaufte Lieferleistung handelt,
7.
wenn Liefer- oder Dienstleistungen zu besonders günstigen Bedingungen bei Lieferanten, die ihre Geschäftstätigkeit endgültig einstellen, oder bei Insolvenzverwaltern oder Liquidatoren im Rahmen eines Insolvenz-, Vergleichs- oder Ausgleichsverfahrens oder eines in den Vorschriften eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union vorgesehenen gleichartigen Verfahrens erworben werden,
8.
wenn im Anschluss an einen Planungswettbewerb im Sinne des § 69 ein Dienstleistungsauftrag nach den Bedingungen dieses Wettbewerbs an den Gewinner oder an einen der Preisträger vergeben werden muss; im letzteren Fall müssen alle Preisträger des Wettbewerbs zur Teilnahme an den Verhandlungen aufgefordert werden, oder
9.
wenn eine Dienstleistung beschafft werden soll, die in der Wiederholung gleichartiger Leistungen besteht, die durch denselben öffentlichen Auftraggeber an das Unternehmen vergeben werden, das den ersten Auftrag erhalten hat, sofern sie einem Grundprojekt entsprechen und dieses Projekt Gegenstand des ersten Auftrags war, das im Rahmen eines Vergabeverfahrens mit Ausnahme eines Verhandlungsverfahrens ohne Teilnahmewettbewerb vergeben wurde; die Möglichkeit der Anwendung des Verhandlungsverfahrens muss bereits in der Auftragsbekanntmachung des ersten Vorhabens angegeben werden; darüber hinaus sind im Grundprojekt bereits der Umfang möglicher Dienstleistungen sowie die Bedingungen, unter denen sie vergeben werden, anzugeben; der für die nachfolgenden Dienstleistungen in Aussicht genommene Gesamtauftragswert wird vom öffentlichen Auftraggeber bei der Berechnung des Auftragswerts berücksichtigt; das Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb darf nur innerhalb von drei Jahren nach Abschluss des ersten Auftrags angewandt werden.
(5) Im Falle des Absatzes 4 Nummer 1 ist der Europäischen Kommission auf Anforderung ein Bericht vorzulegen.
(6) Die in Absatz 4 Nummer 2 Buchstabe b und c genannten Voraussetzungen für die Anwendung des Verhandlungsverfahrens ohne Teilnahmewettbewerb gelten nur dann, wenn es keine vernünftige Alternative oder Ersatzlösung gibt und der mangelnde Wettbewerb nicht das Ergebnis einer künstlichen Einschränkung der Auftragsvergabeparameter ist.
(1) In der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen zur Durchführung eines wettbewerblichen Dialogs beschreibt der öffentliche Auftraggeber seine Bedürfnisse und Anforderungen an die zu beschaffende Leistung. Gleichzeitig nennt und erläutert er die hierbei zugrunde gelegten Zuschlagskriterien und legt einen vorläufigen Zeitrahmen für den Dialog fest.
(2) Der öffentliche Auftraggeber fordert eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmen im Rahmen eines Teilnahmewettbewerbs öffentlich zur Abgabe von Teilnahmeanträgen auf. Jedes interessierte Unternehmen kann einen Teilnahmeantrag abgeben. Mit dem Teilnahmeantrag übermitteln die Unternehmen die vom öffentlichen Auftraggeber geforderten Informationen für die Prüfung ihrer Eignung.
(3) Die Frist für den Eingang der Teilnahmeanträge beträgt mindestens 30 Tage, gerechnet ab dem Tag nach der Absendung der Auftragsbekanntmachung.
(4) Nur diejenigen Unternehmen, die vom öffentlichen Auftraggeber nach Prüfung der übermittelten Informationen dazu aufgefordert werden, können am Dialog teilnehmen. Der öffentliche Auftraggeber kann die Zahl geeigneter Bewerber, die zur Teilnahme am Dialog aufgefordert werden, gemäß § 51 begrenzen.
(5) Der öffentliche Auftraggeber eröffnet mit den ausgewählten Unternehmen einen Dialog, in dem er ermittelt und festlegt, wie seine Bedürfnisse und Anforderungen am besten erfüllt werden können. Dabei kann er mit den ausgewählten Unternehmen alle Aspekte des Auftrags erörtern. Er sorgt dafür, dass alle Unternehmen bei dem Dialog gleichbehandelt werden, gibt Lösungsvorschläge oder vertrauliche Informationen eines Unternehmens nicht ohne dessen Zustimmung an die anderen Unternehmen weiter und verwendet diese nur im Rahmen des jeweiligen Vergabeverfahrens. Eine solche Zustimmung darf nicht allgemein, sondern nur in Bezug auf die beabsichtigte Mitteilung bestimmter Informationen erteilt werden.
(6) Der öffentliche Auftraggeber kann vorsehen, dass der Dialog in verschiedenen aufeinanderfolgenden Phasen geführt wird, sofern der öffentliche Auftraggeber darauf in der Auftragsbekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen hingewiesen hat. In jeder Dialogphase kann die Zahl der zu erörternden Lösungen anhand der vorgegebenen Zuschlagskriterien verringert werden. Der öffentliche Auftraggeber hat die Unternehmen zu informieren, wenn deren Lösungen nicht für die folgende Dialogphase vorgesehen sind. In der Schlussphase müssen noch so viele Lösungen vorliegen, dass der Wettbewerb gewährleistet ist, sofern ursprünglich eine ausreichende Anzahl von Lösungen oder geeigneten Bietern vorhanden war.
(7) Der öffentliche Auftraggeber schließt den Dialog ab, wenn er die Lösungen ermittelt hat, mit denen die Bedürfnisse und Anforderungen an die zu beschaffende Leistung befriedigt werden können. Die im Verfahren verbliebenen Teilnehmer sind hierüber zu informieren.
(8) Nach Abschluss des Dialogs fordert der öffentliche Auftraggeber die Unternehmen auf, auf der Grundlage der eingereichten und in der Dialogphase näher ausgeführten Lösungen ihr endgültiges Angebot vorzulegen. Die Angebote müssen alle Einzelheiten enthalten, die zur Ausführung des Projekts erforderlich sind. Der öffentliche Auftraggeber kann Klarstellungen und Ergänzungen zu diesen Angeboten verlangen. Diese Klarstellungen oder Ergänzungen dürfen nicht dazu führen, dass wesentliche Bestandteile des Angebots oder des öffentlichen Auftrags einschließlich der in der Auftragsbekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen festgelegten Bedürfnisse und Anforderungen grundlegend geändert werden, wenn dadurch der Wettbewerb verzerrt wird oder andere am Verfahren beteiligte Unternehmen diskriminiert werden.
(9) Der öffentliche Auftraggeber hat die Angebote anhand der in der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen festgelegten Zuschlagskriterien zu bewerten. Der öffentliche Auftraggeber kann mit dem Unternehmen, dessen Angebot als das wirtschaftlichste ermittelt wurde, mit dem Ziel Verhandlungen führen, im Angebot enthaltene finanzielle Zusagen oder andere Bedingungen zu bestätigen, die in den Auftragsbedingungen abschließend festgelegt werden. Dies darf nicht dazu führen, dass wesentliche Bestandteile des Angebots oder des öffentlichen Auftrags einschließlich der in der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen festgelegten Bedürfnisse und Anforderungen grundlegend geändert werden, der Wettbewerb verzerrt wird oder andere am Verfahren beteiligte Unternehmen diskriminiert werden.
(10) Der öffentliche Auftraggeber kann Prämien oder Zahlungen an die Teilnehmer am Dialog vorsehen.
In Streitigkeiten, die sich auf unbewegliches Vermögen oder ein ortsgebundenes Recht oder Rechtsverhältnis beziehen, ist nur das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk das Vermögen oder der Ort liegt.
2.
Bei Anfechtungsklagen gegen den Verwaltungsakt einer Bundesbehörde oder einer bundesunmittelbaren Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesbehörde, die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung ihren Sitz hat, vorbehaltlich der Nummern 1 und 4. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen des Satzes 1. In Streitigkeiten nach dem Asylgesetz ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Ausländer nach dem Asylgesetz seinen Aufenthalt zu nehmen hat; ist eine örtliche Zuständigkeit danach nicht gegeben, bestimmt sie sich nach Nummer 3. Soweit ein Land, in dem der Ausländer seinen Aufenthalt zu nehmen hat, von der Möglichkeit nach § 83 Absatz 3 des Asylgesetzes Gebrauch gemacht hat, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, das nach dem Landesrecht für Streitigkeiten nach dem Asylgesetz betreffend den Herkunftsstaat des Ausländers zuständig ist. Für Klagen gegen den Bund auf Gebieten, die in die Zuständigkeit der diplomatischen und konsularischen Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland fallen, auf dem Gebiet der Visumangelegenheiten auch, wenn diese in die Zuständigkeit des Bundesamts für Auswärtige Angelegenheiten fallen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesregierung ihren Sitz hat.
3.
Bei allen anderen Anfechtungsklagen vorbehaltlich der Nummern 1 und 4 ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Verwaltungsakt erlassen wurde. Ist er von einer Behörde, deren Zuständigkeit sich auf mehrere Verwaltungsgerichtsbezirke erstreckt, oder von einer gemeinsamen Behörde mehrerer oder aller Länder erlassen, so ist das Verwaltungsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Beschwerte seinen Sitz oder Wohnsitz hat. Fehlt ein solcher innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, so bestimmt sich die Zuständigkeit nach Nummer 5. Bei Anfechtungsklagen gegen Verwaltungsakte einer von den Ländern mit der Vergabe von Studienplätzen beauftragten Behörde ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Behörde ihren Sitz hat. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen der Sätze 1, 2 und 4.
4.
Für alle Klagen aus einem gegenwärtigen oder früheren Beamten-, Richter-, Wehrpflicht-, Wehrdienst- oder Zivildienstverhältnis und für Streitigkeiten, die sich auf die Entstehung eines solchen Verhältnisses beziehen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Kläger oder Beklagte seinen dienstlichen Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Wohnsitz hat. Hat der Kläger oder Beklagte keinen dienstlichen Wohnsitz oder keinen Wohnsitz innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, die den ursprünglichen Verwaltungsakt erlassen hat, so ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk diese Behörde ihren Sitz hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für Klagen nach § 79 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen entsprechend.
5.
In allen anderen Fällen ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Sitz, Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthalt hat oder seinen letzten Wohnsitz oder Aufenthalt hatte.
(1) Der öffentliche Auftraggeber legt das erforderliche Sicherheitsniveau für die elektronischen Mittel fest. Elektronische Mittel, die von dem öffentlichen Auftraggeber für den Empfang von Angeboten, Teilnahmeanträgen und Interessensbestätigungen sowie von Plänen und Entwürfen für Planungswettbewerbe verwendet werden, müssen gewährleisten, dass
1.
die Uhrzeit und der Tag des Datenempfangs genau zu bestimmen sind,
2.
kein vorfristiger Zugriff auf die empfangenen Daten möglich ist,
3.
der Termin für den erstmaligen Zugriff auf die empfangenen Daten nur von den Berechtigten festgelegt oder geändert werden kann,
4.
nur die Berechtigten Zugriff auf die empfangenen Daten oder auf einen Teil derselben haben,
5.
nur die Berechtigten nach dem festgesetzten Zeitpunkt Dritten Zugriff auf die empfangenen Daten oder auf einen Teil derselben einräumen dürfen,
6.
empfangene Daten nicht an Unberechtigte übermittelt werden und
7.
Verstöße oder versuchte Verstöße gegen die Anforderungen gemäß den Nummern 1 bis 6 eindeutig festgestellt werden können.
(2) Die elektronischen Mittel, die von dem öffentlichen Auftraggeber für den Empfang von Angeboten, Teilnahmeanträgen und Interessensbestätigungen sowie von Plänen und Entwürfen für Planungswettbewerbe genutzt werden, müssen über eine einheitliche Datenaustauschschnittstelle verfügen. Es sind die jeweils geltenden Interoperabilitäts- und Sicherheitsstandards der Informationstechnik gemäß § 3 Absatz 1 des Vertrags über die Errichtung des IT-Planungsrats und über die Grundlagen der Zusammenarbeit beim Einsatz der Informationstechnologie in den Verwaltungen von Bund und Ländern vom 1. April 2010 zu verwenden.
(1) Bei der Schätzung des Auftragswerts ist vom voraussichtlichen Gesamtwert der vorgesehenen Leistung ohne Umsatzsteuer auszugehen. Zudem sind etwaige Optionen oder Vertragsverlängerungen zu berücksichtigen. Sieht der öffentliche Auftraggeber Prämien oder Zahlungen an den Bewerber oder Bieter vor, sind auch diese zu berücksichtigen.
(2) Die Wahl der Methode zur Berechnung des geschätzten Auftragswerts darf nicht in der Absicht erfolgen, die Anwendung der Bestimmungen des Teils 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen oder dieser Verordnung zu umgehen. Eine Auftragsvergabe darf nicht so unterteilt werden, dass sie nicht in den Anwendungsbereich der Bestimmungen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen oder dieser Verordnung fällt, es sei denn, es liegen objektive Gründe dafür vor, etwa wenn eine eigenständige Organisationseinheit selbstständig für ihre Auftragsvergabe oder bestimmte Kategorien der Auftragsvergabe zuständig ist.
(3) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Schätzung des Auftragswerts ist der Tag, an dem die Auftragsbekanntmachung abgesendet wird oder das Vergabeverfahren auf sonstige Weise eingeleitet wird.
(4) Der Wert einer Rahmenvereinbarung oder eines dynamischen Beschaffungssystems wird auf der Grundlage des geschätzten Gesamtwertes aller Einzelaufträge berechnet, die während der gesamten Laufzeit einer Rahmenvereinbarung oder eines dynamischen Beschaffungssystems geplant sind.
(5) Der zu berücksichtigende Wert im Falle einer Innovationspartnerschaft entspricht dem geschätzten Gesamtwert der Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten, die während sämtlicher Phasen der geplanten Partnerschaft stattfinden sollen, sowie der Bau-, Liefer- oder Dienstleistungen, die zu entwickeln und am Ende der geplanten Partnerschaft zu beschaffen sind.
(6) Bei der Schätzung des Auftragswerts von Bauleistungen ist neben dem Auftragswert der Bauaufträge der geschätzte Gesamtwert aller Liefer- und Dienstleistungen zu berücksichtigen, die für die Ausführung der Bauleistungen erforderlich sind und vom öffentlichen Auftraggeber zur Verfügung gestellt werden. Die Möglichkeit des öffentlichen Auftraggebers, Aufträge für die Planung und die Ausführung von Bauleistungen entweder getrennt oder gemeinsam zu vergeben, bleibt unberührt.
(7) Kann das beabsichtigte Bauvorhaben oder die vorgesehene Erbringung einer Dienstleistung zu einem Auftrag führen, der in mehreren Losen vergeben wird, ist der geschätzte Gesamtwert aller Lose zugrunde zu legen. Erreicht oder überschreitet der geschätzte Gesamtwert den maßgeblichen Schwellenwert, gilt diese Verordnung für die Vergabe jedes Loses.
(8) Kann ein Vorhaben zum Zweck des Erwerbs gleichartiger Lieferungen zu einem Auftrag führen, der in mehreren Losen vergeben wird, ist der geschätzte Gesamtwert aller Lose zugrunde zu legen.
(9) Der öffentliche Auftraggeber kann bei der Vergabe einzelner Lose von Absatz 7 Satz 3 sowie Absatz 8 abweichen, wenn der geschätzte Nettowert des betreffenden Loses bei Liefer- und Dienstleistungen unter 80 000 Euro und bei Bauleistungen unter 1 Million Euro liegt und die Summe der Nettowerte dieser Lose 20 Prozent des Gesamtwertes aller Lose nicht übersteigt.
(10) Bei regelmäßig wiederkehrenden Aufträgen oder Daueraufträgen über Liefer- oder Dienstleistungen sowie bei Liefer- oder Dienstleistungsaufträgen, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums verlängert werden sollen, ist der Auftragswert zu schätzen
1.
auf der Grundlage des tatsächlichen Gesamtwerts entsprechender aufeinanderfolgender Aufträge aus dem vorangegangenen Haushaltsjahr oder Geschäftsjahr; dabei sind voraussichtliche Änderungen bei Mengen oder Kosten möglichst zu berücksichtigen, die während der zwölf Monate zu erwarten sind, die auf den ursprünglichen Auftrag folgen, oder
2.
auf der Grundlage des geschätzten Gesamtwerts aufeinanderfolgender Aufträge, die während der auf die erste Lieferung folgenden zwölf Monate oder während des auf die erste Lieferung folgenden Haushaltsjahres oder Geschäftsjahres, wenn dieses länger als zwölf Monate ist, vergeben werden.
(11) Bei Aufträgen über Liefer- oder Dienstleistungen, für die kein Gesamtpreis angegeben wird, ist Berechnungsgrundlage für den geschätzten Auftragswert
1.
bei zeitlich begrenzten Aufträgen mit einer Laufzeit von bis zu 48 Monaten der Gesamtwert für die Laufzeit dieser Aufträge, und
2.
bei Aufträgen mit unbestimmter Laufzeit oder mit einer Laufzeit von mehr als 48 Monaten der 48-fache Monatswert.
(12) Bei einem Planungswettbewerb nach § 69, der zu einem Dienstleistungsauftrag führen soll, ist der Wert des Dienstleistungsauftrags zu schätzen zuzüglich etwaiger Preisgelder und Zahlungen an die Teilnehmer. Bei allen übrigen Planungswettbewerben entspricht der Auftragswert der Summe der Preisgelder und Zahlungen an die Teilnehmer einschließlich des Werts des Dienstleistungsauftrags, der vergeben werden könnte, soweit der öffentliche Auftraggeber diese Vergabe in der Wettbewerbsbekanntmachung des Planungswettbewerbs nicht ausschließt.
(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassungsstreitigkeiten zuständigen Gerichtes des Landes, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. Dies gilt auch, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes durch Landesrecht oder um die Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit einem Bundesgesetze handelt.
(2) Ist in einem Rechtsstreite zweifelhaft, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (Artikel 25), so hat das Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.
(3) Will das Verfassungsgericht eines Landes bei der Auslegung des Grundgesetzes von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes oder des Verfassungsgerichtes eines anderen Landes abweichen, so hat das Verfassungsgericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.
(1) Sind die Voraussetzungen des Artikels 100 Abs. 1 des Grundgesetzes gegeben, so holen die Gerichte unmittelbar die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ein.
(2) Die Begründung muß angeben, inwiefern von der Gültigkeit der Rechtsvorschrift die Entscheidung des Gerichts abhängig ist und mit welcher übergeordneten Rechtsnorm sie unvereinbar ist. Die Akten sind beizufügen.
(3) Der Antrag des Gerichts ist unabhängig von der Rüge der Nichtigkeit der Rechtsvorschrift durch einen Prozeßbeteiligten.
Gegenstand der Vorlage ist die Verfassungsmäßigkeit der §§ 31, 32 des Hochschulrahmengesetzes in der Fassung vom 28. August
2004 (HRG - BGBl I S. 2298) sowie der landesrechtlichen Vorschriften, durch die der Staatsvertrag über die Errichtung einer
gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung vom 5. Juni 2008 (im Folgenden: Staatsvertrag 2008) ratifiziert und umgesetzt
wurde.
1. Die 1987 geborene Klägerin des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Klägerin) erwarb 2006 in Nordrhein-Westfalen ihr Abitur
mit einer Durchschnittsnote von 3,2. Danach absolvierte sie eine Ausbildung zur Medizinisch-technischen Laborassistentin.
Anschließend nahm sie eine entsprechende Berufstätigkeit auf. Zum Wintersemester 2011/12 bewarb sie sich zum wiederholten
Male bei der Beklagten des Ausgangsverfahrens, der Stiftung für Hochschulzulassung (im Folgenden: Beklagte), um die Zulassung
zum Studium der Humanmedizin im ersten Fachsemester. Sie beantragte sowohl die Beteiligung an der Auswahl in der Wartezeitquote
als auch im Auswahlverfahren der Hochschulen. Sonderanträge stellte sie nicht.
Mit Bescheid vom 12. August 2011 lehnte die Beklagte die Zulassung innerhalb der Wartezeitquote mit der Begründung ab, die
maßgebliche Auswahlgrenze von 12 Wartesemestern sei verfehlt worden. Auch im Auswahlverfahren der Hochschulen blieb die Klägerin
erfolglos. Sie erhob daraufhin Klage, mit der sie beantragte, die Beklagte unter Aufhebung des ablehnenden Bescheides zu verpflichten,
sie nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2011/12 zum Studium der Medizin entsprechend ihrem Antrag zuzulassen.
2. Das Verwaltungsgericht hat das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG die Frage
zur Entscheidung vorgelegt, ob die §§ 31, 32 HRG sowie die landesrechtlichen Vorschriften zur Ratifizierung und Umsetzung
des Staatsvertrages 2008 mit dem Grundgesetz vereinbar sind, soweit sie für den Studiengang Humanmedizin ein Vergabeverfahren
vorsehen, bei dem - nach Abzug einiger Vorabquoten - 20 % der Studienplätze allein nach dem Grad der Qualifikation, 60 % der
Studienplätze maßgeblich nach dem Grad der Qualifikation und 20 % der Studienplätze nach Wartezeit vergeben werden und bei
dem die für eine Zulassung in der Wartezeitquote erforderliche Anzahl an Wartesemestern regelmäßig die Dauer eines normalen
Studiums übersteigt.
Das vorlegende Gericht ist der Auffassung, die Regelungen verstießen gegen Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1
GG und dem Sozialstaatsprinzip.
a) Die Kammer sei der Überzeugung, dass das Zusammenspiel der beiden Hauptquoten "Abiturbestenquote" und "Auswahlverfahren
der Hochschulen" den Anforderungen an ein hinreichend chancenoffenes Gesamtsystem nicht (mehr) genüge und dass es eines Ausgleichs
bedürfe. Zwar komme die Einführung des "Auswahlverfahrens der Hochschulen" wegen der Vielfalt der Auswahlkriterien der Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichts, namentlich der Forderung nach einer Mehrgleisigkeit des Auswahlsystems, grundsätzlich entgegen
und sei aus verfassungsrechtlicher Sicht positiv zu bewerten; denn je mehr verschiedene Auswahlkriterien angewandt würden,
desto größer werde die Bandbreite der Bewerber, die über das eine oder andere Kriterium eine Chance hätten. Dieser Vorteil
werde jedoch durch die Detailregelungen für die Bewerbung in dieser Quote erheblich entwertet. Denn könne sich der Bewerber
im "Auswahlverfahren der Hochschulen" von vornherein nur bei maximal sechs Hochschulen bewerben und sei zudem die Zahl der
denkbaren Wahlkombinationen wegen der massiven Beschränkung, denen die Bewerbung insbesondere über das Vorauswahlkriterium
"Ortspräferenz" unterliege, stark reduziert, so stelle sich die Vielfalt der Auswahlkriterien für den Bewerber als ein eher
theoretischer Vorteil dar, von dem er tatsächlich nur bedingt profitieren könne. Eine große Gruppe von Bewerbern bleibe trotz
der Zusatzkriterien allein wegen der hohen Anforderungen an die Durchschnittsnote auch in dieser Hauptquote ohne Zulassungschance.
Allerdings sei die Kammer der Auffassung, "dass sich mit der Validität der Abiturnote als Indikator für den Studienerfolg
durchaus die Heranziehung dieses Auswahlkriteriums als sachgerecht begründen" lasse. Es sei aus Sicht der Kammer daher nicht
von vornherein zu beanstanden, wenn der Abiturnote bei der Hochschulzulassung ein überwiegendes Gewicht zukomme, etwa indem
die ganz oder teilweise an dieses Kriterium anknüpfenden Quoten deutlich mehr als 50 % der zu vergebenden Studienplätze umfassten.
Zugunsten des geltenden, um das "Auswahlverfahren der Hochschulen" erweiterten Vergabesystems insgesamt lasse sich im Übrigen
auch anführen, dass es starre Grenzziehungen vermeide.
Dennoch bleibe die Durchschnittsnote ein problematisches Auswahlkriterium, das nach einem Korrektiv verlange. Es bestehe weitgehend
Einigkeit, dass Abiturnoten für die Einschätzung der Qualifikation eines Bewerbers nur bedingt zuverlässig und sie untereinander
nur eingeschränkt vergleichbar seien. Schon die Vergleichbarkeit zwischen den Ländern sei nicht gegeben, wie die Unterschiede
bei den mittleren Abiturnoten in den verschiedenen Bundesländern zeigten. Anders als bei der Abiturbestenquote gebe es im
"Auswahlverfahren der Hochschulen" keine Länderquoten. Dieser Unterschied lasse sich aus Sicht der Kammer schwerlich begründen
und stelle vor dem Hintergrund der Forderung nach einem objektiv sachgerechten Auswahlkriterium ein erhebliches Problem dar.
Zudem seien Abiturnoten auch innerhalb der Länder wegen der Divergenzen des Schulniveaus und der schulischen Notengebung sowie
wegen sonstiger Gegebenheiten nur eingeschränkt miteinander vergleichbar. Auch durch den Hinweis auf ein verändertes Verfassungsverständnis
oder einen gewandelten Zeitgeist lasse sich die verfassungskräftige, vor allem aus dem Gleichheitssatz resultierende Forderung
nicht relativieren, dass die vorhandenen Studienplätze nach sachgerechten Kriterien zu vergeben seien und die Zuspitzung auf
ein einziges, seinerseits nicht restlos zuverlässiges und gerechtes Auswahlkriterium vermieden werden müsse.
Nach Lage der Dinge könne im derzeitigen Auswahlsystem nur die Auswahlmöglichkeit in der Wartezeitquote die Funktion des erforderlichen
Korrektivs erfüllen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müssten sich die Anforderungen an die Wartezeit
auf ein noch zumutbares Maß beschränken. Nur in diesem Fall könne die Auswahlmöglichkeit in der Wartezeitquote die Zuspitzung
auf die Durchschnittsnote in den anderen Hauptquoten ausgleichen. Nach Auffassung der Kammer sei die Grenze der Zumutbarkeit
inzwischen überschritten, weil die erforderliche Wartezeit regelmäßig die Dauer eines normalen Studiums von sechs bis sieben
Jahren übersteige und in Zukunft noch weiter anwachsen werde. Das Abstellen auf die Dauer eines normalen Studiums als verfassungsrechtliche
Grenze sei zwar nicht zwingend begründbar, die Kammer halte diese Grenze aber für plausibel und sachgerecht. Auch die übrigen
vom Bundesverfassungsgericht hierzu angestellten Überlegungen, wie die Gefahr einer sozialen Selektion und ein späteres Einstiegsalter
für den Beruf, seien weiterhin tragfähig.
Die langen Wartezeiten seien auch keine vorübergehende Mangelerscheinung. Konkrete Bemühungen, gerade dem Problem des Studienplatzmangels
im Fach Medizin und den steigenden Wartezeiten zu begegnen, seien nur begrenzt vorhanden. Soweit neue Medizinstudienplätze
geschaffen würden, diene dies dazu, die zusätzliche Nachfrage aufgrund der doppelten Abiturjahrgänge zu befriedigen, ohne
dass erkennbar sei, dass dem seit Jahren bestehenden Engpass entgegengewirkt werden solle. Allerdings bestehe wohl kein grundrechtlicher
Anspruch auf Schaffung neuer Medizinstudienplätze.
Der Verfassungsverstoß könne schließlich nicht durch eine verfassungskonforme Auslegung vermieden werden. Einer solchen Auslegung
stehe der eindeutige Wortlaut der entsprechenden Vorschriften entgegen. Auch die in § 32 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HRG, Art. 9 Abs.
1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Staatsvertrag 2008 enthaltene Härtefallregelung erlaube keine verfassungskonforme Interpretation, Studienbewerbern
mit unzumutbar langen Wartezeiten einen Anspruch auf Zulassung zu verschaffen. Die Vorschriften setzten eine außergewöhnliche
Härte voraus und erforderten damit, dass ein Bewerber im Einzelfall aufgrund seiner Lebensumstände durch die überlange Wartezeit
in besonderer Weise betroffen werde. Der bloße Umstand, dass ein Bewerber sechs oder noch mehr Jahre lang auf einen Studienplatz
gewartet habe, könne dagegen keine "Härte" im Sinne des Gesetzes darstellen, denn hierbei handele es sich nicht um ein in
der Person des Bewerbers liegendes, sondern ein allgemeines, in der Konsequenz des Auswahlsystems liegendes Problem. Weiter
sei die Härtefallregelung als Ausnahmebestimmung eng auszulegen und die diesbezügliche Quote eng - auf 2 % - begrenzt.
Halte man die Bestimmungen für verfassungskonform, habe die Klägerin keinen Anspruch auf Zulassung zum Medizinstudium. Mit
ihrer Abiturnote von 3,2 erreiche sie die Auswahlgrenze bei der Abiturbestenquote, die im Wintersemester 2011/12 für Bewerber
aus Nordrhein-Westfalen bei 1,1 gelegen habe, nicht. Auch in der Wartezeitquote genüge die von ihr angesammelte Wartezeit
von 10 Halbjahren nicht, um die Auswahlgrenze zu erreichen, die im Wintersemester 2011/12 bei 12 Halbjahren gelegen habe.
Individuelle Umstände, die einen Härtefall begründen könnten, seien weder vorgetragen noch ersichtlich. Ob die Klägerin im
"Auswahlverfahren der Hochschulen" hätte zugelassen werden müssen, sei nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, weil
ein entsprechender Anspruch nicht gegen die Beklagte geltend gemacht werden könne. Auch hier liege freilich auf der Hand,
dass die Klägerin die Auswahlgrenzen nicht erreichen könne.
Gehe man von der Verfassungswidrigkeit der Normen aus, halte die Aussetzung des Verfahrens zum Zwecke der Normenkontrolle
der Klägerin die Chance offen, eine für sie günstigere Regelung durch den Gesetzgeber zu erreichen.
1. Ein Gericht kann eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit gesetzlicher Vorschriften
nach Art. 100 Abs. 1 GG nur einholen, wenn es zuvor sowohl die Entscheidungserheblichkeit der Vorschriften als auch ihre Verfassungsmäßigkeit
sorgfältig geprüft hat (vgl. BVerfGE 86, 71 <76>).
a) Das vorlegende Gericht muss hierzu darlegen, inwiefern seine Entscheidung von der Gültigkeit der zur Prüfung gestellten
Normen abhängt. Dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG genügt ein Vorlagebeschluss nur dann, wenn die gerichtlichen
Ausführungen auch erkennen lassen, dass eine eingehende Prüfung vorgenommen wurde. Ein Vorlagebeschluss muss aus sich heraus,
ohne Beiziehung der Akten, verständlich sein und mit hinreichender Deutlichkeit erkennen lassen, dass das vorlegende Gericht
bei Gültigkeit der Regelung zu einem anderen Ergebnis käme als im Falle ihrer Ungültigkeit und wie es dieses Ergebnis begründen
würde (vgl. BVerfGE 74, 236 <242>). Die Entscheidungserheblichkeit der vorgelegten Rechtsfrage ist mithin eingehend darzulegen.
Dazu muss der Vorlagebeschluss den entscheidungserheblichen Sachverhalt und eine umfassende Darlegung der die rechtliche Würdigung
tragenden Erwägungen enthalten. Dabei verlangt § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG, dass sich das vorlegende Gericht eingehend mit
der einfachrechtlichen Rechtslage auseinandersetzt, die in Rechtsprechung und Literatur entwickelten Rechtsauffassungen berücksichtigt
(vgl. BVerfGE 47, 109 <114 f.>; 105, 61 <67>) und auf unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten eingeht (BVerfGE 97, 49 <60>;
105, 48 <56>).
b) Ferner muss das Gericht seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der Norm näher darlegen und deutlich machen, mit
welchem verfassungsrechtlichen Grundsatz die zur Prüfung gestellte Regelung seiner Ansicht nach nicht vereinbar ist. Auch
insoweit bedarf es einer Auseinandersetzung mit nahe liegenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten sowie einer eingehenden,
Rechtsprechung und Schrifttum einbeziehenden Darstellung der Rechtslage (vgl. BVerfGE 86, 71 <77>; 97, 49 <60>). Die Darlegungen
zur Verfassungswidrigkeit der zur Prüfung gestellten Normen müssen den verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab dabei nicht
nur benennen, sondern auch die für die Überzeugung des Gerichts maßgebenden Erwägungen nachvollziehbar darlegen. Insoweit
kann es auch erforderlich sein, die Gründe zu erörtern, die im Gesetzgebungsverfahren als für die gesetzgeberische Entscheidung
maßgebend genannt worden sind (vgl. BVerfGE 78, 201 <204>; 81, 275 <277>; 86, 71 <77 f.>). Rechtsprechung und Schrifttum sind
in die Argumentation einzubeziehen (vgl. BVerfGE 78, 165 <171 f.>; 89, 329 <337>).
2. Die Vorlage genügt diesen Anforderungen nicht. Das vorlegende Gericht hat mit seinen Ausführungen weder die Entscheidungserheblichkeit
der vorgelegten Rechtsfragen (hierzu a) noch die Verfassungswidrigkeit der vorgelegten Vorschriften (hierzu b) hinreichend
aufgezeigt.
a) Das Gericht legt zunächst nicht hinreichend dar, warum ein Anspruch der Klägerin auf Zulassung nicht aus den bestehenden
Vorschriften, nämlich der Härtefallregelung nach Art. 9 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Staatsvertrag 2008 in Verbindung mit § 1 Abs.
1 Satz 1 des Gesetzes zur Ratifizierung des Staatsvertrages über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung
vom 5. Juni 2008, § 15 der Verordnung über die Vergabe von Studienplätzen in Nordrhein-Westfalen (Vergabeverordnung NRW), abgeleitet werden kann.
aa) Nicht erkennbar ist bereits, dass sich das Gericht mit den zu dieser Härtefallklausel vertretenen Auffassungen in genügendem
Umfang auseinandersetzt. Für seine nur sehr knapp begründete Ansicht, die Klausel müsse eng ausgelegt werden, bezieht es sich
lediglich auf eigene Beschlüsse sowie zwei Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen. Dazu, wie die Literatur
diese Vorschriften interpretiert, enthält der Vorlagebeschluss keine Ausführungen.
Dass eine solche Auseinandersetzung mit den verschiedenen denkbaren Auslegungsmöglichkeiten hier entbehrlich wäre, weil schon
aus systematischen Gründen nur eine enge Deutung der Vorschrift in Betracht kommt, wird nicht nachvollziehbar erläutert. Das
Verwaltungsgericht führt insoweit nur aus, dass die Dauer der Wartezeit kein in der Person des Bewerbers liegendes, sondern
ein allgemeines, in der Konsequenz des Auswahlsystems liegendes Problem sei, weil es eine große Anzahl Wartender betreffe.
Eine solche Sichtweise ist freilich nicht zwingend. So kann man den Grund für die lange Wartezeit auch gerade in der unterdurchschnittlichen
Abiturnote des jeweiligen Bewerbers, also in einem individuellen Gesichtspunkt, sehen. Genauso wenig ist zu erkennen, wieso
es sich bei denjenigen, die selbst nach 12 Wartesemestern noch keine Zulassung erhalten haben, um eine "große Anzahl" handeln
soll. Nach den Daten, die das vorlegende Gericht nennt, gab es im Wintersemester 2011/12 im Studiengang Humanmedizin 511 abgewiesene
Bewerber mit einer derart langen Wartezeit. In diesem Semester hatten sich für dieses Fach allerdings 44.043 Personen beworben,
so dass lediglich ein Anteil von 1,16 % an der Gesamtgruppe mehr als 12 Semester warten musste. In Anbetracht der geringen
Zahl an Betroffenen erschließt sich auch nicht, weshalb die Begrenzung der Härtefallquote auf 2 % daran hindern könnte, langjährig
Wartenden auf diesem Wege einen Studienplatz zukommen zu lassen, wie das Verwaltungsgericht anscheinend meint. Hiervon abgesehen
ist auch nicht zu erkennen, dass sich die umfangmäßige Einschränkung der Quote aus einem formellen Gesetz und nicht bloß einer
untergesetzlichen Norm - nämlich § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VergabeVO NRW - ergibt, so dass unklar bleibt, warum das vorlegende
Gericht nicht selbst in der Lage war, die vermeintliche Hürde zu beseitigen.
Das Verwaltungsgericht durfte sich auch nicht damit begnügen, die fehlende Eignung einer großzügigeren Interpretation der
Härtefallregelung damit zu begründen, dass die nicht im Rahmen der Härtefallquote vergebenen Plätze der Wartezeitquote hinzugerechnet
werden (Art. 9 Abs. 2 Satz 4 Staatsvertrag 2008), sich bei einer umfassenderen Ausschöpfung der erstgenannten Quote die für
die letztgenannte Quote zur Verfügung stehenden Plätze also verringern. Vielmehr hätte das Gericht näher darlegen müssen,
wieso es nicht trotzdem möglich ist, mit einer Zulassung notenschwacher Bewerber mit besonders langer Wartezeit über die Härtefallklausel
einen aus seiner Sicht verfassungskonformen Zustand herzustellen. Denn auch wenn bei einem solchen Vorgehen Studierwillige
mit günstigeren Noten, die nicht über die Quote der Abiturbesten zugelassen werden können, möglicherweise innerhalb der Wartezeitquote
aufgrund der geringeren Platzanzahl erfolglos blieben, hätten diese Personen wegen ihrer Noten wiederum bessere Aussichten,
im Auswahlverfahren der Hochschulen einen Studienplatz zu erlangen. Gerade auf die Annahme, dass Bewerber mit schlechten Noten
in diesem Auswahlverfahren chancenlos seien und sich ihnen damit selbst auf diesem Wege keine Zulassungsmöglichkeit eröffne,
hatte das Verwaltungsgericht die vermeintliche Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Vorschriften maßgeblich gestützt.
bb) Hiervon abgesehen macht das Gericht nicht deutlich, unter welchen Voraussetzungen es das Bestehen eines Härtefalls bejaht
und warum hier, unter Zugrundelegung seiner eigenen - engen - Norminterpretation, die Annahme einer "außergewöhnlichen Härte"
ausscheidet. Es fehlt bereits an der Darlegung des angewandten rechtlichen Maßstabes. Die Kammer stellt nur fest, eine Härte
könne im Einzelfall angenommen werden, wenn der Bewerber aufgrund seiner Lebensumstände durch die überlange Wartezeit in besonderer
Weise getroffen werde. Bei welchen konkreten Konstellationen eine solche Situation anzunehmen ist, wird nicht aufgezeigt.
Darüber hinaus bleibt auch der Sachverhalt, auf dessen Grundlage das Gericht hier einen Härtefall verneint hat, unklar. Der
Vorlagebeschluss enthält insbesondere keine näheren Informationen zu den Lebensumständen der Klägerin, also ihrer familiären,
finanziellen oder sozialen Lage. Mitgeteilt wird lediglich, dass sie eine Ausbildung zur Medizinisch-technischen Laborassistentin
absolviert hat und in diesem Beruf arbeitet. Im Übrigen beschränkt sich die Kammer auf die pauschale Feststellung, für das
Vorliegen eines Härtefalls sei nichts vorgetragen oder ersichtlich. Dies genügt jedoch insbesondere bei einem Verfahren nicht,
in dem - wie im verwaltungsgerichtlichen Prozess - der Amtsermittlungsgrundsatz gilt (vgl. § 86 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung).
Das vorlegende Gericht legt schon nicht nachvollziehbar dar, mit welchem verfassungsrechtlichen Grundsatz die von ihm benannten
Vorschriften unvereinbar sein sollen. Zwar geht es, im Anschluss an die einschlägige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts,
zutreffend davon aus, dass die Bewerberauswahl nach objektiv sachgerechten und individuell zumutbaren Kriterien (BVerfGE 33,
303 <338>; 43, 291 <316 f.>) zu erfolgen hat, weil es sich hierbei um eine objektive Zulassungsschranke bei der Ausbildungs-
und Berufswahl im Sinne von Art. 12 Abs. 1 GG handelt. Aus den von ihm benannten Argumenten erschließt sich freilich nicht,
warum das derzeitige Auswahlsystem diese Anforderungen nicht erfüllt. Das vorlegende Gericht erklärt zunächst ausdrücklich,
es halte die einzelnen Auswahlkriterien für sich genommen für "sachgerecht". Im Hinblick auf das Auswahlverfahren der Hochschulen
wird dann kritisch angemerkt, dort komme der Abiturnote eine "überragende Bedeutung" zu. Dies führe allerdings nicht per se
zur Verfassungswidrigkeit des Auswahlsystems, erfordere aber ein verfassungsrechtliches Korrektiv, das die Chancenoffenheit
für eine größere Zahl von Bewerbern wahre. Ein solches Korrektiv könne nur die Wartezeitquote sein. Tragfähige Gründe für
seine Folgerungen führt das Gericht jedoch nicht an. Solche Gründe ergeben sich weder in nachvollziehbarer Weise aus den im
Vorlageschluss aufgeführten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts noch aus den sonstigen dort angestellten verfassungsrechtlichen
Erwägungen.
aa) Das Verwaltungsgericht zeigt in seinem Beschluss zunächst nicht verständlich auf, welche Grundsätze der Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichts es rechtfertigen sollen, das derzeitige Auswahlsystem als verfassungswidrig einzustufen. Insoweit
genügt es insbesondere nicht, umfangreiche Passagen aus verschiedenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu zitieren.
Den Darlegungsanforderungen genügt ein Gericht bei einer Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG vielmehr erst, wenn es dartut, welche
konkreten verfassungsrechtlichen Anforderungen es aus den genannten verfassungsgerichtlichen Entscheidungen ableitet.
(1) Hieran fehlt es. Das vorlegende Gericht beschränkt sich auf die Behauptung, das Bundesverfassungsgericht habe festgestellt,
die Ungleichbehandlung grundsätzlich gleichberechtigter, nämlich hochschulreifer Bewerber aufgrund "weniger Zehntelpunkte
bei der Abiturnote" könne "nicht ohne weiteres mit sachlichen Gründen von hinreichender Tragfähigkeit" gerechtfertigt werden
und es für "problematisch" gehalten, die Auswahlentscheidung stark auf ein einzelnes Auswahlkriterium wie das der Durchschnittsnote
zu konzentrieren. Diese pauschale Aussage ist als Grundlage für die verfassungsrechtliche Prüfung zu unspezifisch und lässt
schon nicht hinreichend erkennen, aus welchen konkreten Umständen die Verfassungswidrigkeit hergeleitet werden soll.
(2) Zudem haben die angeführten Entscheidungen nicht den vom Vorlagegericht angenommenen Inhalt. In dem zitierten Abschnitt
des Urteils des Ersten Senats vom 18. Juli 1972 (BVerfGE 33, 303 <350>) beschäftigt sich das Bundesverfassungsgericht nur
mit der (von ihm letztlich verneinten) Frage, ob es verfassungsrechtlich zulässig wäre, die Auswahl der Bewerber für ein zulassungsbeschränktes
Studium "ausschließlich" nach dem auf Abiturnoten fußenden Leistungsprinzip vorzunehmen. Die Frage, inwieweit es in einem
System wie dem Auswahlverfahren der Hochschulen, bei dem sich die Zulassung typischerweise nach mehreren Kriterien richtet,
zulässig ist, einem einzelnen Merkmal wie der Abiturnote ein überwiegendes Gewicht einzuräumen, wird überhaupt nicht erörtert.
(3) Genauso wenig ist erkennbar, dass die Entscheidung vom 8. Februar 1977 (BVerfGE 43, 291) rechtliche Vorgaben enthält,
aus denen eine mögliche Verfassungswidrigkeit des heutigen Auswahlsystems folgt. Das Verwaltungsgericht begründet vor allem
nicht, inwiefern die dortigen Überlegungen des Bundesverfassungsgerichts auf das nun geltende Auswahlsystem übertragbar sind.
Anders als das derzeitige war das damalige System noch von einer strikten Zweiteilung geprägt: Abgesehen von den im Rahmen
der Vorab- beziehungsweise Sonderquote zugelassenen Bewerbern gab es nur die Zulassung nach Leistung mit einem Anteil von
60 %, wobei grundsätzlich maßgebend die Abiturnote war, und die Zulassung nach Wartezeit mit einer Quote von 40 % (vgl. BVerfGE
43, 291 <299 ff., 317 ff.). Dies führte dazu, dass Bewerber, die keine deutlich überdurchschnittlichen Abiturnoten vorweisen
konnten, ausschließlich über die Wartezeitquote eine Chance auf Erhalt eines Studienplatzes hatten. Dabei erforderte die Zulassung
über die Note für den Studiengang Humanmedizin einen Mindestdurchschnitt von 1,7 und alle Bewerber mit ungünstigerer Note
mussten bis zu sechs Jahre warten (s. nur BVerfGE 43, 291 <303>). Als nicht sachgerecht und zumutbar erachtete es das Bundesverfassungsgericht
insoweit vor allem, dass "auf der Schnittstelle von 1,7 und 1,8 darüber entschieden werden soll, wer sofort studieren kann
oder aber bis zu sieben Jahren auf eine Zulassung zum Studium seiner Wahl warten muss" (BVerfGE 43, 291 <319>). Das Verwaltungsgericht
legt nicht dar, aus welchen tragenden Erwägungen des Urteils des Ersten Senats vom 8. Februar 1977 sich ergibt, dass auch
Studierwillige mit deutlich schlechteren Noten als 1,7 oder 1,8 bei überfüllten Studiengängen binnen einer bestimmten Frist
eine Chance auf Zuteilung eines Platzes haben müssen. Hiervon abgesehen führt das Gericht selbst aus, dass es aufgrund der
Ergänzung des Systems durch das Auswahlverfahren der Hochschulen eine starre Notengrenze nicht mehr gibt und damit auch Bewerber,
deren Noten nicht für eine Zulassung in der Abiturbestenquote ausreichen, noch eine Zulassungschance haben. Nach seinen Angaben
gab es im Wintersemester 2011/12 immerhin fünf Universitäten, bei denen auch Bewerber, die lediglich eine Durchschnittsnote
zwischen 2 und 3 aufwiesen, zugelassen wurden. Warum dies nicht reicht, um den verfassungsrechtlichen Erfordernissen gerecht
zu werden, wird mit dem Vorlagebeschluss nicht hinreichend deutlich gemacht.
(4) Im Übrigen genügt das vorlegende Gericht den Darlegungsanforderungen auch dann nicht, sofern man seinem Ansatz, es sei
verfassungswidrig, dass Bewerber mit einer Abiturnote von 2,5 oder schlechter auch im Auswahlverfahren der Hochschulen chancenlos
blieben, folgte. Es wird schon nicht plausibel erläutert, dass sich die Notengrenze von 2,4 aus den rechtlichen Vorgaben ergibt,
Bewerber mit einem schlechteren Notendurchschnitt also - ungeachtet ihres Abschneidens bei den weiteren Auswahlkriterien (wie
Test, Auswahlgespräch oder sonstigen Wettbewerben) - von vornherein chancenlos sind. Denkbar ist nämlich auch, dass Bewerber
mit einem schlechteren Abiturdurchschnitt als 2,4 im Auswahlverfahren der Hochschulen allein deswegen erfolglos geblieben
sind, weil sie auch im Rahmen der anderen Kriterien weniger günstige Ergebnisse erzielt haben als jene Konkurrenten, die eine
bessere Abiturdurchschnittsnote vorweisen konnten. Deswegen genügte es nicht, die Abiturnoten des jeweils schwächsten zugelassenen
Bewerbers mitzuteilen; das Gericht hätte vielmehr anhand der maßgeblichen rechtlichen Bestimmungen dartun müssen, dass bereits
aufgrund der gesetzlich festgelegten Gewichtung der Maßstäbe zueinander ab einer bestimmten Abiturnote eine Zulassung faktisch
ausschied.
Auch die hierfür notwendigen Ausführungen enthält der Vorlagebeschluss nicht. Das Verwaltungsgericht beschäftigt sich nur
pauschal mit den Normen, die die Auswahl und Gewichtung der einzelnen Maßstäbe determinieren. Es weist lediglich allgemein
auf die sowohl in Bundes- als auch Landesrecht (§ 32 Abs. 3 Satz 2 HRG, Art. 10 Abs. 1 Satz 2 Staatsvertrag 2008 i.V.m. den
jeweiligen Ratifizierungsgesetzen der Länder) enthaltene Regel hin, dass dem Grad der Qualifikation, also der Abiturnote,
bei der Auswahlentscheidung ein "maßgeblicher Einfluss" gegeben werden muss. Bereits die Frage, wann konkret ein solcher "maßgeblicher
Einfluss" in den verschiedenen denkbaren Konstellationen - also bei zwei, drei oder mehr Auswahlkriterien - vorliegt, und
ob die Universitäten diese rechtliche Vorgabe überhaupt ordnungsgemäß umgesetzt haben, wird nicht näher erörtert. Auch auf
die weiteren landesrechtlichen, teils sehr unterschiedlichen Bestimmungen, die Anzahl und Auswahl der anzuwendenden Auswahlmaßstäbe
behandeln, geht das Gericht nicht hinreichend ein.
(5) Schließlich lässt sich auf Basis des Vorlagebeschlusses selbst bei Heranziehung der einschlägigen Bestimmungen nicht beurteilen,
inwieweit die einzelnen Universitäten diese Normen zutreffend angewandt haben, ihre jeweiligen Auswahlverfahren also den rechtlichen
Erfordernissen entsprachen. Denn das Verwaltungsgericht benennt lediglich die von den einzelnen Universitäten bei der Bewerberauswahl
angewandten Maßstäbe, ohne (bis auf einen einzigen Fall) anzugeben, wie die Hochschulen diese Kriterien jeweils zueinander
gewichtet haben. Schon deswegen bieten die in dem Beschluss aufgeführten Daten keine hinreichende Grundlage, die einen Schluss
auf die mögliche Verfassungswidrigkeit des Gesamtsystems zulässt.
bb) Das Gericht legt des Weiteren auch nicht anhand eigenständiger, von der bisherigen bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung
unabhängiger Maßstäbe dar, dass die Abiturnote, unter Berücksichtigung ihrer Bedeutung, die ihr für das derzeitige Auswahlsystem
zukommt, kein den grundrechtlichen Anforderungen genügendes Auswahlkriterium ist. Die vorlegende Kammer bildet bereits keine
verständlichen verfassungsrechtlichen Maßstäbe, sondern beschränkt sich auf die Wiedergabe der für beziehungsweise gegen die
Anwendung der Abiturnote sprechenden Gesichtspunkte. Es wird noch nicht einmal deutlich, ob das Verwaltungsgericht den "Studienerfolg"
im Rahmen der Grundrechtsprüfung als ausreichenden Gesetzeszweck ansieht, um den Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG zu rechtfertigen.
Auch sonstige Ausführungen, insbesondere zum Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit der Beschränkung, fehlen. Soweit, wohl
im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG, der Mangel von Landesquoten im Auswahlverfahren der Hochschulen gerügt wird, setzt das Gericht
sich weder mit dem - von ihm selbst als nachvollziehbar bezeichneten - Argument der Beklagten, eine Bildung von Länderquoten
in diesem Verfahren sei organisatorisch kaum leistbar, auseinander, noch erörtert es, ob eine solche Quotenbildung überhaupt
grundrechtlich geboten ist, wenn die Abiturnote in der Regel nur ein Auswahlkriterium unter mehreren ist. Angesichts der gewählten,
wenig aussagekräftigen Formulierungen ("aus Sicht des Gleichheitssatzes prekär", "erhebliches Problem") ergibt sich aus den
gerichtlichen Darlegungen zudem nicht mit der notwendigen Klarheit, dass das Gericht selbst von der Verfassungswidrigkeit
der vorgelegten Bestimmungen überzeugt ist. Hinzu kommt, dass die Kammer sogar annimmt, dass sich "eine überwiegende Orientierung
an der Durchschnittsnote als Auswahlkriterium bei der Studienzulassung rechtfertigen" lasse. Für die weitere Folgerung, es
bedürfe dennoch eine Korrektivs in Form einer Erhöhung der Wartezeitquote, nennt das Gericht keine konkreten Argumente mehr,
sondern verweist ausschließlich pauschal auf Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Weshalb die Abiturnote als Auswahlkriterium
verfassungsrechtlich bedenklich und die Wartezeitquote vorzugswürdig sein sollte, erschließt sich auf Grundlage dieser Begründung
gerade nicht.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts binden die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und Behörden.
(2) In den Fällen des § 13 Nr. 6, 6a, 11, 12 und 14 hat die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Gesetzeskraft. Das gilt auch in den Fällen des § 13 Nr. 8a, wenn das Bundesverfassungsgericht ein Gesetz als mit dem Grundgesetz vereinbar oder unvereinbar oder für nichtig erklärt. Soweit ein Gesetz als mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht vereinbar oder unvereinbar oder für nichtig erklärt wird, ist die Entscheidungsformel durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz im Bundesgesetzblatt zu veröffentlichen. Entsprechendes gilt für die Entscheidungsformel in den Fällen des § 13 Nr. 12 und 14.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
§ 6 Satz 1 des Bremischen Studienkontengesetzes vom 18. Oktober 2005 - BremStKG - (Gesetzblatt der Freien Hansestadt Bremen
Seite 550) in Verbindung mit § 3 Absatz 1 und § 2 Absatz 1 BremStKG, soweit Studierende mit Wohnung außerhalb der Freien Hansestadt
Bremen vom dritten bis zum 14. Semester zu einer Studiengebühr in Höhe von 500 € pro Semester herangezogen wurden, ist mit
Artikel 12 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig.
Das konkrete Normenkontrollverfahren betrifft die Frage, ob eine landesrechtliche Regelung, nach der auswärtige Studierende anders als Studierende mit Wohnsitz oder - bei mehreren Wohnungen - Hauptwohnsitz im betreffenden Bundesland vom dritten bis zum 14. Semester zu einer allgemeinen Studiengebühr in Höhe von 500 € pro Semester herangezogen werden, gegen das Grundgesetz verstößt.
1. In Bremen galt zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt eine Studiengebührenregelung, die Studierenden ein Studienguthaben von 14 Semestern zubilligte und sie danach zu Gebühren heranzog. Dies betraf jedoch nur "Landeskinder" mit Wohnung oder, soweit mehrere Wohnungen bestehen, Hauptwohnung in Bremen; demgegenüber erhielten Auswärtige ein Studienguthaben von lediglich zwei Semestern, zahlten also ab dem dritten Semester Gebühren.
2. Nach § 109 Abs. 2 Satz 1 des Bremischen Hochschulgesetzes vom 11. Juli 2003 (BremHG; BremGBl S. 295) war das Studium bis zu einem ersten berufsqualifizierenden Abschluss, bei nicht weiterbildenden Studiengängen bis zu einem zweiten berufsqualifizierenden Abschluss nach Maßgabe des § 109a BremHG und des Bremischen Studienkontengesetzes vom 18. Oktober 2005 (BremStKG; BremGBl S. 550), das mit dem Wintersemester 2005/2006 in Kraft trat, gebührenfrei. Für einheimische Studierende garantierte der damalige § 2 Abs. 1 Satz 1 BremStKG ein gebührenfreies Studium von 14 Semestern. Demgegenüber begrenzte der Gesetzgeber das gebührenfreie Studium durch § 3 BremStKG, in Kraft vom 25. Oktober 2005 bis zum 30. Juni 2010, für auswärtige Studierende auf zwei Semester. § 6 BremStKG regelte die Erhebung von Gebühren in Höhe von 500 € pro Semester nach dem Verbrauch des Studienguthabens. Die dort vorgesehene Zahlungspflicht konnte allerdings auf Antrag aus sozialen oder hochschulpolitischen Gründen erlassen werden. Ein solcher Grund war die Pflege und Erziehung von Kindern von bis zu zwölf Jahren. Zudem verabschiedete der Gesetzgeber mit § 7 BremStKG eine Härtefallregelung. Auf Antrag konnten die Gebühren gestundet, ermäßigt oder ganz erlassen werden, wenn ihre Entrichtung zu einer unbilligen Härte führen würde, die der Gesetzgeber für Regelfälle definierte. Ein Regelfall war nach § 7 Nr. 1 BremStKG etwa eine Behinderung oder schwere Erkrankung, die eine Hauptwohnung außerhalb der Freien Hansestadt Bremen erforderte.
Die Studierenden erhalten mit der Einschreibung ein Studienkonto mit einem gebührenfreien Studienguthaben in Form von gebührenfreien Studiensemestern. Die Höhe des Studienguthabens, Art und Umfang der Berücksichtigung besonderer Lebens- und Studienumstände der Studierenden, die Gebührenhöhe nach Verbrauch des Studienguthabens und die Nutzung von nicht verbrauchten Studienguthaben werden durch gesondertes Gesetz bestimmt.
Studienkonten und Studienguthaben für Studierende mit Wohnung in der Freien Hansestadt Bremen
(1) Die Studierenden mit Wohnung oder, soweit mehrere Wohnungen bestehen, mit Hauptwohnung in der Freien Hansestadt Bremen erhalten mit der Einschreibung nach den §§ 34 oder 35 des Bremischen Hochschulgesetzes ein einmaliges Studienguthaben von 14 Semestern.
Studienkonten und Studienguthaben für Studierende mit Wohnung außerhalb der Freien Hansestadt Bremen
(1) Die Studierenden mit Wohnung oder, soweit mehrere Wohnungen bestehen, mit Hauptwohnung außerhalb der Freien Hansestadt Bremen erhalten mit der Einschreibung nach den §§ 34 oder 35 des Bremischen Hochschulgesetzes ein Studienkonto mit einem einmaligen Studienguthaben von zwei Semestern.
(2) Wird zu einem späteren Zeitpunkt ein Studienguthaben nach § 2 gewährt, erfolgt eine vollständige Anrechnung.
(3) Nach Vollendung des 55. Lebensjahres wird ein Studienguthaben nicht gewährt.
Von Studierenden, die ihr Studienguthaben nach den §§ 2 oder 3 verbraucht haben, ohne das Studium abzuschließen, oder ein Zweitstudium absolvieren, das nicht die Voraussetzungen des § 2 Absatz 4 erfüllt, erheben die Hochschulen Studiengebühren in Höhe von 500 € für jedes Semester. Auf Antrag werden hiervon ausgenommen:
1. Beurlaubte Studierende für die Dauer der Beurlaubung,
2. Studierende, die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhalten,
3. Doktoranden, soweit sie ausschließlich nach § 34 Abs. 3 Bremisches Hochschulgesetz immatrikuliert sind, und Meisterschüler sowie Studierende mit dem Ziel des Konzertexamens an der Hochschule für Künste,
4. Studierende, denen aufgrund überregionaler Abkommen ein gebührenfreies Studium zusteht,
5. Studierende, die bereits an einer anderen Hochschule zum Studium in einem gemeinsamen Studiengang eingeschrieben sind und dort Studiengebühren bezahlen,
6. Studierende, die während ihres Studiums mindestens ein Kind im Alter von bis zu zwölf Jahren pflegen und erziehen, für die Dauer von bis zu sechs Semestern,
7. Studierende, die während ihres Studiums als gewählte Vertreter in Organen der Hochschule, der Studierendenschaft oder des Studentenwerks mitwirken oder das Amt einer Frauen- oder Gleichstellungsbeauftragten wahrnehmen, für die Dauer von bis zu insgesamt zwei Semestern.
Die Studiengebühren können auf Antrag des Studierenden im Einzelfall gestundet, ermäßigt oder ganz erlassen werden, wenn die Entrichtung der Studiengebühren zu einer unbilligen Härte führen würde. Eine unbillige Härte liegt in der Regel insbesondere vor, wenn
1. eine Behinderung oder schwere Erkrankung Studienzeit verlängernde Auswirkungen hat oder die Begründung oder Beibehaltung der Wohnung oder, soweit mehrere Wohnungen bestehen, der Hauptwohnung außerhalb der Freien Hansestadt Bremen erfordert,
2. sich die Folgen als Opfer einer Straftat Studienzeit verlängernd auswirken, oder
3. eine wirtschaftliche Notlage während des Ablegens der Abschlussprüfungen aufgetreten ist.
In den Fällen der Nummern 2 und 3 kann eine Stundung, Ermäßigung oder ein Erlass von Studiengebühren nur erfolgen, wenn ein Studienguthaben nach § 2 verbraucht worden ist.
b) Das Land Bremen verfolgte mit diesen Regelungen ausweislich der Gesetzesbegründung (Bürgerschafts-Drucks 16/758, S. 5 f.) mehrere Zwecke: Sie dienten zunächst dazu, die Studierenden zu einem effizienten und zügigen Studium anzuhalten. Weiterhin zielten sie darauf, das Land Bremen in die finanzielle Lage zu versetzen, eine angemessene und wettbewerbsfähige Ausstattung der Hochschulen des Landes sowohl in personeller als auch in sachlicher Hinsicht zu gewährleisten. Dies könne im Wege der direkten Finanzierung durch die Studierenden per Studiengebühren bei einem Wohnsitz außerhalb Bremens geschehen oder über den Zuzug von Studierenden nach Bremen, da dies die Einnahmen des Landes im Rahmen des Länderfinanzausgleichs erhöhe. Die hochschulpolitische Zielsetzung werde dadurch unterstrichen, dass die über die Studiengebühren eingenommenen Mittel insbesondere zur Verbesserung der Lehre verwendet werden. Die Studiengebühren waren nach Auffassung der gesetzgebenden Körperschaft notwendig, um diese Ziele zu erreichen. Die melderechtlichen Bestimmungen verpflichteten nicht zum Erstwohnsitz am Studienort. In der Bevorzugung von Studierenden mit Wohnsitz in Bremen liege kein Eingriff in die freie Wahl der Ausbildungsstätte sowie in das Recht auf Freizügigkeit. Eine etwaige Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip sei gerechtfertigt, weil es sich nicht um eine willkürliche, sachlich nicht gerechtfertigte Schlechterstellung handele. Etwaige Härtefälle seien in gesetzlichen Ausnahmeregelungen berücksichtigt worden.
In der Einzelbegründung zu § 3 BremStKG (Bürgerschafts-Drucks 16/758, S. 7) geht der Gesetzgeber ebenfalls davon aus, dass eine Differenzierung zwischen Ansässigen und Auswärtigen hinsichtlich des Studienguthabens zulässig sei. Im Übrigen befinde sich der Studienwohnsitz bei einem ernsthaft betriebenen Studium sowieso am Studienort.
c) Im Jahr 2010 wurde durch Art. 13 Nr. 1 und 2 des Zweiten Hochschulreformgesetzes vom 22. Juni 2010 (BremGBl S. 375) die Landeskinderregelung des § 3 BremStKG aufgehoben und § 2 Abs. 1 Satz 1 BremStKG dem angepasst. Seit dem Wintersemester 2010/2011 erhalten alle Studierenden in Bremen mit der Einschreibung ein einmaliges Studienguthaben von 14 Semestern, das ein gebührenfreies Erststudium gewährleisten soll. Diese Gesetzesänderung sollte dem Umstand Rechnung tragen, dass das Verwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen das hier zur Entscheidung stehende Vorlageverfahren eingeleitet hatte und das Ergebnis der verfassungsrechtlichen Überprüfung abgewartet werden sollte (Bürgerschafts-Drucks 17/1309, S. 7).
d) Für die Finanzierung der staatlichen Hochschulen in Bremen ist der Wohnsitz der Studierenden seit 2007 von Bedeutung. Nach § 106 Abs. 2 Satz 3 BremHG in der Fassung des Hochschulreformgesetzes vom 27. Februar 2007 (BremGBl S. 157) erhalten die Hochschulen von den Einnahmen des Landes aus den Steuereinnahmen nach Länderfinanzausgleich 1.000 € jährlich für Studierende, die als Einheimische ein Studienguthaben in Anspruch nehmen.
1. Die Klägerinnen und der Kläger des Ausgangsverfahrens wehren sich gegen die Studiengebührenpflicht als auswärtige Studierende. Mit Gebührenbescheiden vom 16. Mai 2006 wurden sie für das Wintersemester 2006/2007 zur Zahlung einer Studiengebühr nach § 6 BremStKG in Höhe von 500 € aufgefordert, weil sie bereits nach einem Studium von zwei Semestern über kein Studienguthaben mehr verfügten, das ein gebührenfreies Studium ermöglichte. Die Universität Bremen wies ihre Widersprüche dagegen als unbegründet zurück und lehnte die Anträge auf Aussetzung der Vollziehung ab. Im nachfolgenden Klageverfahren ordnete das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Widersprüche und der Klagen an.
2. Sodann hat das Verwaltungsgericht das Verfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob § 6 Satz 1 BremStKG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 BremStKG, soweit danach auswärtige Studierende - anders als Studierende mit Wohnung beziehungsweise Hauptwohnsitz in Bremen - vom dritten bis zum 14. Semester zu einer Studiengebühr in Höhe von 500 € pro Semester herangezogen werden, gegen Art. 11 GG sowie gegen Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG verstoße.
Die Verfassungsmäßigkeit der zur Überprüfung vorgelegten Vorschriften sei entscheidungserheblich, da das Gericht bei Gültigkeit der Vorschriften anders entscheiden würde als im Falle ihrer Ungültigkeit. Wäre die Regelung in § 6 Satz 1 BremStKG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 BremStKG verfassungsgemäß, seien die zulässigen Anfechtungsklagen als unbegründet abzuweisen. Wäre die Heranziehung zur Zahlung von Studiengebühren für auswärtige Studierende hingegen verfassungswidrig, wären die Gebührenbescheide mangels erforderlicher Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig, und den Klagen müsste stattgegeben werden.
Es liege ein Verstoß gegen das Grundrecht auf Freizügigkeit aus Art. 11 Abs. 1 GG vor, der das Recht gewährleiste, an jedem Ort innerhalb des Bundesgebietes Aufenthalt und Wohnung zu nehmen. Zwar hindere die zur Überprüfung gestellte Regelung Studierende nicht unmittelbar an der freien Wahl ihres Wohnortes; gleichwohl werde aber an diese Wahl eine nachteilige Rechtsfolge geknüpft. Die Studiengebührenpflicht für auswärtige Studierende ziele auf eine Einschränkung der Freizügigkeit und sei nicht nur eine melderechtliche Formalität. Wollten Studierende von einem Studienguthaben nach § 2 BremStKG profitieren, seien sie gezwungen, ihre Wohnung und melderechtlich auch ihren Lebensmittelpunkt nach Bremen zu verlegen. Die vorgelegten Regelungen knüpften an die Ausübung des Grundrechts der Freizügigkeit auch einen - gemessen an den typisierten wirtschaftlichen Verhältnissen von Studierenden - wirtschaftlich spürbaren Nachteil. Sie stellten damit eine mittelbare, zielgerichtete Beeinträchtigung des Grundrechts der Freizügigkeit dar. Dieser Eingriff in das Grundrecht der Freizügigkeit sei nicht zu rechtfertigen, da keiner der in Art. 11 Abs. 2 GG genannten Fälle vorliege.
Die Regelung in § 6 Satz 1 BremStKG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 BremStKG verstoße auch gegen das in Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG gewährleistete Recht auf diskriminierungsfreien Hochschulzugang. Die drohende Exmatrikulation bei Nichtzahlung stelle einen Eingriff in die Ausbildungsfreiheit dar. Dieser Eingriff in Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG lasse sich verfassungsrechtlich nicht mit den vom Gesetzgeber verfolgten Zielen rechtfertigen. Soweit einheimische und auswärtige Studierende ungleich behandelt würden, verstießen die Studiengebührenregelungen des Bremischen Studienkontengesetzes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Landeskinderklausel sei weder mit der Einwohnerprivilegierung auf kommunaler Ebene noch mit der Erhebung von Gastschulbeiträgen von auswärtigen Schülern und Schülerinnen im Rahmen der Subventionierung von Privatschulen vergleichbar. Da die nach Art und Umfang gleiche Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung regelmäßig ohne Berücksichtigung persönlicher Eigenschaften der Nutzenden in den Grenzen der Praktikabilität und Wirtschaftlichkeit gleich hohe Gebühren auslöse, könne ferner niemand zu einer höheren Abgabe herangezogen werden, nur weil er oder sie nicht vor Ort wohne. Auch im Hinblick auf den Gebührenzweck der Kostendeckung sei kein Differenzierungsgrund ersichtlich. Soweit der Zweck darin liege, höhere Mittel aus dem Länderfinanzausgleich zu erhalten, fehle es an einem ausreichenden Zusammenhang zwischen dessen Zweck und dem Benutzungsverhältnis. Die Ausgleichszahlungen aus dem Finanzausgleich seien kein sachnahes Surrogat für Studiengebühren.
Eine verfassungskonforme Auslegung des § 6 Satz 1 BremStKG in Verbindung mit § 3 Abs. 1, § 2 Abs. 1 BremStKG komme nicht in Betracht. Sie scheitere daran, dass die ausdrückliche, in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommende Zielsetzung des Bremischen Studienkontengesetzes, Studierende zur Wohnsitznahme in Bremen zu bewegen, nicht so verstanden werden könne, dass damit lediglich oder vorrangig eine effektive Durchsetzung des Melderechts bezweckt werde.
Zu der Vorlage haben der Senat der Freien Hansestadt Bremen, die Niedersächsische Landesregierung, die Landesregierung Nordrhein-Westfalen, der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts, die Hochschulrektorenkonferenz, der Deutsche Hochschulverband, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, das Deutsche Studentenwerk, der Verband Hochschule und Wissenschaft im Deutschen Beamtenbund, der Freie Zusammenschluss von StudentInnenschaften e.V. und die Klägerinnen und der Kläger des Ausgangsverfahrens Stellung genommen.
Art. 11 Abs. 1 GG sei von den vorgelegten Regelungen nicht berührt. Das Bremische Studienkontengesetz sei auch mit Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip vereinbar. Der Gesetzgeber habe das daraus folgende Teilhaberecht im Kern - den Zugang zur Hochschule - nur unter den Vorbehalt des Möglichen als Folge der Knappheit der Haushaltsmittel gestellt. Die Gebührenpflicht sei nach den Vorgaben des Sozialstaatsprinzips ausgestaltet und verhältnismäßig, insbesondere zumutbar. Bremen verfolge das legitime Ziel, sich gegen eine finanzielle Überlastung seiner Hochschulen durch auswärtige Studierende zu schützen, indem auch von diesen ein finanzieller Beitrag zu den Kosten ihres Studiums verlangt werde. Studiengebühren in Höhe von 500 € pro Semester seien zumutbar (Hinweis auf BVerfGE 112, 226 <245>). Auf Antrag könnten Studierende zudem von der Gebührenpflicht ausgenommen werden; § 7 BremStKG ermögliche Stundung, Ermäßigung oder Erlass bei einer unbilligen Härte.
Die Regelungen in § 2 Abs. 1 und § 3 Abs. 1 BremStKG seien mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Sie behandelten Studierende mit Wohnung in Bremen in Bezug auf das ihnen eingeräumte Studienguthaben zwar anders als Studierende mit Wohnung außerhalb Bremens. Dies sei jedoch gerechtfertigt. Anders als bei der Zulassung zum Studium sei das Hochschulwesen in Deutschland nicht als ein zusammenhängendes System anzusehen, das im Interesse länderübergreifender Nutzung der Ausbildungskapazitäten grundsätzlich eine bundesweite Reglementierung erfordere. Vielmehr entsprächen unterschiedliche Regelungen der bundesstaatlichen Ordnung. Zudem sei die Differenzierung sachlich begründet. In Bremen sollten alle Studierenden zu den erforderlichen Finanzmitteln für die Bereithaltung der Ausbildungskapazität bei angemessener Qualität beitragen (Bürgerschafts-Drucks 16/758, S. 5). Studierende mit Wohnung in Bremen täten dies indirekt über den Länderfinanzausgleich; Auswärtige zahlten Studiengebühren.
Der Landesgesetzgeber dürfe bei der Belastung mit Abgaben für die Benutzung von Einrichtungen des Landes zwischen Personen mit Wohnsitz innerhalb und Personen mit Wohnsitz außerhalb des Landes unterscheiden. Die Regelung sei zudem mit der Rechtsprechung zur Zulässigkeit der Erhebung einer Zweitwohnungsteuer (BVerfGE 65, 325) vereinbar. Der Gesetzgeber könne auch entscheiden, welche über die Kostendeckung hinausgehenden Zwecke er mit einer Gebühr verfolge. Dazu gehörten Zwecke "einer begrenzten Verhaltenssteuerung". Es sei ein sachlicher Grund für differenzierte Abgaben, dass Auswärtige für eine Gebietskörperschaft keine Teilhabe an Steuern beziehungsweise Schlüsselzuweisungen bewirkten. Die Ausgleichszuweisungen aus der primären Steuerverteilung und aus dem Finanzausgleich seien ein sachnahes Surrogat für Studiengebühren.
2. Der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat mitgeteilt, dass er sich bislang zwar grundsätzlich zur Vereinbarkeit von Studienbeiträgen beziehungsweise Studiengebühren mit Art. 12 Abs. 1,Art. 3 Abs. 1 GG geäußert habe (BVerwGE 134, 1). Die Besonderheit einer an den Wohnsitz anknüpfenden Studienabgabe habe dort jedoch keine Rolle gespielt. Der Senat bezweifelt, dass die bremische Regelung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist.
3. Die Hochschulrektorenkonferenz macht sich hinsichtlich der Vereinbarkeit der vorgelegten Normen mit Art. 12 Abs. 1 GG die Ausführungen des vorlegenden Gerichts zu eigen. Mit der Erhebung eines Studienbeitrags in Höhe von 500 € pro Semester sei jedoch kein spürbarer wirtschaftlicher Nachteil im Sinne eines Eingriffs in Art. 11 GG verbunden.
4. Der Deutsche Hochschulverband hält § 6 Satz 1 BremStKG in Verbindung mit § 3 Abs. 1, § 2 Abs. 1 BremStKG für verfassungswidrig. Zwar stehe das Grundgesetz der bislang praktizierten Erhebung von Studienbeiträgen mit gesetzlich ausgestalteten Sicherungen wie in §§ 6 und 7 BremStKG, durch die insbesondere einkommensschwachen Bevölkerungsschichten ein gleichberechtigter Hochschulzugang ermöglicht wird, nicht entgegen. Doch sei die Landeskinderregelung ein nicht gerechtfertigter Eingriff in Art. 11 Abs. 1 GG. Studiengebühren in Höhe von 500 € für ein Semester seien ein wirtschaftlich spürbarer Nachteil. Schließlich stehe der primäre Gesetzeszweck der Einwohnergewinnung zur zusätzlichen Einnahmenerzielung nicht in unmittelbarem Zusammenhang zur Inanspruchnahme der Hochschulen Bremens.
5. Das Deutsche Studentenwerk, der Verband Hochschule und Wissenschaft im Deutschen Beamtenbund, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und der Freie Zusammenschluss von StudentInnenschaften e.V. folgen im Wesentlichen dem vorlegenden Gericht. Studiengebühren stellten die Chancengleichheit beim Hochschulzugang und im Studium in Frage und seien unsozial, insofern sie ein Studium von der finanziellen Leistungsfähigkeit der Einzelnen abhängig machten. Die bestehenden Ungleichheiten im Bildungssystem würden durch sie noch verstärkt. Die Länder seien der Forderung des Bundesverfassungsgerichts (Hinweis auf BVerfGE 112, 226) nach Sozialverträglichkeit von Studiengebühren nicht nachgekommen.
6. Die Klägerinnen und der Kläger des Ausgangsverfahrens halten die zur Prüfung gestellte Regelung für verfassungswidrig. Auch sie teilen im Wesentlichen die Auffassung des vorlegenden Gerichts. Die bremische Regelung sei mit Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip unvereinbar, da der Gesetzgeber seiner Regelungspflicht im Hinblick auf soziale Ausgleichsmaßnahmen zur Vermeidung faktischer Diskriminierung wegen der sozialen Herkunft Studierwilliger nicht nachkomme. Das Land Bremen sehe keine Darlehenslösung vor und habe Studierende nicht bereits dadurch ausreichend von der Erhebung von Studiengebühren befreit, indem es Empfänger von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz von der Studiengebührenpflicht ausgenommen habe. Allgemeine Studiengebühren seien darüber hinaus mit Art. 3 Abs. 1 und 2 GG sowie Art. 13 Abs. 1 und 2 des Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte vom 19. Dezember 1966 (IPwskR; in Kraft getreten am 3. Januar 1976, UNTS Bd. 993, S. 3, BGBl II S. 428) und Art. 2 des Ersten Zusatzprotokolls zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 20. März 1952 (ZP I EMRK; in Kraft getreten am 13. Februar 1957, ETS Nr. 9, BGBl II S. 226) in Verbindung mit Art. 14 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (EMRK; in Kraft getreten am 3. September 1953, ETS Nr. 5, BGBl II 1954 S. 14) unvereinbar.
§ 3 BremStKG in der Fassung der Bekanntmachung des Bremischen Studienkontengesetzes vom 18. Oktober 2005 (BremGBl S. 550) wurde zwar durch Art. 13 Nr. 2 des Zweiten Hochschulreformgesetzes vom 22. Juni 2010 (BremGBl S. 375) aufgehoben. Doch ist eine Vorlage im Rahmen des Art. 100 GG weiter zulässig, solange sich die Ausgangsverfahren mit dem Außerkrafttreten nicht erledigt haben (vgl. BVerfGE 16, 6 <15>; 29, 325 <326>; 47, 46 <64>). Eine Erledigung ist hier nicht eingetreten, denn die in den Ausgangsverfahren angegriffenen Bescheide stützen sich auf die vom Verwaltungsgericht vorgelegten Normen.
Die in Bremen ehemals geltende Regelung, nach der auswärtige Studierende - im Unterschied zu Studierenden mit Wohnung in der Freien Hansestadt Bremen - zur Zahlung von allgemeinen Studiengebühren in Höhe von 500 € vom dritten bis zum 14. Semester herangezogen wurden, ist mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Zwar ergibt sich aus der Verfassung kein grundsätzliches Verbot der Erhebung allgemeiner Studiengebühren, wenn diese tatsächlich den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine sozial zumutbare Ausgestaltung gerecht werden (I). Doch ist die Belastung allein auswärtiger Studierender mit solchen Gebühren verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen (II).
Die Erhebung von allgemeinen Studiengebühren ist im Ausgangspunkt mit dem Grundgesetz vereinbar, solange und soweit die Gebühren nicht prohibitiv wirken und sozial verträglich ausgestaltet sind.
1. Schafft der Staat mit öffentlichen Mitteln Studienangebote, so muss er den freien und gleichen Zugang zu ihnen gewährleisten (vgl. BVerfGE 85, 36 <53>). Aus Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip der Art. 20 Abs. 1,Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG ergibt sich für diejenigen, die dafür die subjektiven Zulassungsvoraussetzungen erfüllen, im Rahmen der vom Staat geschaffenen Ausbildungseinrichtungen ein Recht auf freien und gleichen Zugang zum Hochschulstudium ihrer Wahl (vgl. BVerfGE 85, 36 <53 f.>; grundlegend BVerfGE 33, 303 <331 f.>; vgl. auch BVerwGE 134, 1 <7 f.>).
a) Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistet das Recht, die Ausbildungsstätte frei zu wählen (BVerfGE 85, 36<53>). Dieses steht in engem Zusammenhang mit dem Recht der freien Berufswahl, da die Ausbildung in der Regel die Vorstufe einer Berufsaufnahme ist, beide also integrierende Bestandteile eines zusammengehörenden Lebensvorganges darstellen (vgl. BVerfGE 33, 303 <329 f.>, unter Hinweis auf BVerfGE 7, 377 <401, 406>). Der verfassungsrechtliche Grundrechtsschutz zielt dabei nicht nur auf die Abwehr von Eingriffen der öffentlichen Gewalt, sondern auch auf Teilhabe an staatlichen Leistungen (vgl. BVerfGE 33, 303 <330 f.>).
b) Aus diesem Teilhaberecht resultiert kein Anspruch auf Kostenfreiheit des Hochschulstudiums, doch dürfen Gebühren für ein Studium nicht prohibitiv wirken (aa) und müssen sozial verträglich ausgestaltet sein (bb).
Die Inanspruchnahme staatlicher Ressourcen durch einen eingeschränkten Nutzerkreis kann eine Abgabepflicht auslösen. Daher ist der Gesetzgeber nicht daran gehindert, bestimmte öffentliche Leistungen der Berufsausbildung, auch soweit diese bisher abgabenfrei waren, künftig nicht mehr kostenlos anzubieten (vgl. BVerwGE 134, 1 <8> m.w.N.).
aa) Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip verpflichten den Gesetzgeber jedoch, auch im Bereich des Hochschulzugangs für die Wahrung gleicher Bildungschancen zu sorgen (vgl. BVerfGE 112, 226 <245>); er muss Auswahl und Zugang nach sachgerechten, auch für die Benachteiligten zumutbaren Kriterien regeln (vgl. BVerfGE 43, 291 <345>). Der Gesetzgeber darf den Zugang zu staatlich geschaffenen Ausbildungseinrichtungen nicht prohibitiv gestalten. Gebühren dürfen keine unüberwindliche soziale Barriere vor dem Hochschulzugang errichten (vgl. BVerwGE 102, 142 <147>; 115, 32 <37>; 134, 1 <8, 14>; BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2010 - BVerwG 6 C 9.09 -, juris, Rn. 19, 25). Unzulässig ist eine Gebührenregelung, wenn sie ihrer Höhe nach in einem nicht mehr hinnehmbaren Maße abschreckende Wirkung entfaltet (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2010 - BVerwG 6 C 9.09 -, juris, Rn. 25).
bb) Das bedeutet nicht, dass Erschwernisse, die mit der Erhebung von Studienabgaben verbunden sind, vollständig durch soziale Begleitmaßnahmen kompensiert werden müssen (vgl. BVerwGE 134, 1 <14>). Die Verfassung gebietet nicht den Ausgleich jeglicher sozialen, insbesondere ökonomischen, Ungleichheit, die auch in der familiären, sozialen oder individuellen Herkunft der Ausbildungswilligen ihre Ursache haben kann (vgl. BVerwGE 134, 1 <14>). Der Gesetzgeber darf diese Umstände jedoch nicht völlig unberücksichtigt lassen, soweit sie zu ungleichen Ausbildungschancen führen. Er darf Studierwillige also beispielsweise nicht schlicht auf die Möglichkeit verweisen, für die Finanzierung eines Studiums marktübliche Kredite in Anspruch zu nehmen.
Verfassungsrechtlich geboten ist damit ein sozial verträgliches, also entweder ein grundsätzlich für alle finanziell tragbares oder aber ein um ein Ausbildungsförderungssystem ergänztes Ausbildungsangebot, das im Rahmen der staatlich geschaffenen Ausbildungskapazitäten allen entsprechend Qualifizierten ein Studium ermöglicht und den Zugang zum Studium insbesondere nicht von den Besitzverhältnissen der Eltern abhängig macht (vgl. BVerwGE 102, 142 <147>; 115, 32 <37>; 134, 1 <8>). Das Grundgesetz verbietet es, die nur begrenzt verfügbaren öffentlichen Mittel beim Hochschulzugang bevorzugt einem privilegierten Teil der Bevölkerung zu Gute kommen zu lassen (vgl. BVerfGE 33, 303 <334 f.>). Bei der Erhebung von Studiengebühren ist folglich den Belangen einkommensschwacher Bevölkerungskreise angemessen Rechnung zu tragen (vgl. BVerfGE 112, 226 <245>; BVerwGE 134, 1 <9 ff.>); entscheidend ist, wie schwer eine Gebührenlast unter den konkreten Bedingungen ihrer Ausgestaltung wiegt und ob sie im Ergebnis allen Betroffenen tatsächlich zumutbar ist. Der Gesetzgeber hat den Zugang zu Einrichtungen zur Ausübung grundrechtlicher Freiheit insgesamt so zu gestalten, dass die sozialen Gegensätze hinreichend ausgeglichen werden und soziale Durchlässigkeit gewährleistet wird (Rüfner, in: Bonner Kommentar, Bd. 1, Art. 3 Abs. 1 Rn. 63, Oktober 1992; s.a. Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl. 2012, Art. 20 Rn. 119; Robbers, in: Bonner Kommentar, Bd. 5, Art. 20 Abs. 1 Rn. 1412, April 2009). Das Sozialstaatsprinzip verlangt darüber hinaus eine Ausgestaltung der Studiengebühren, die angemessen Rücksicht auf Belastungen Studierender nimmt, die aufgrund persönlicher Lebensumstände oder gesellschaftlicher Benachteiligung in ihrer persönlichen und sozialen Entfaltung behindert sind (vgl. BVerfGE 45, 376 <387>). Das gilt für Menschen mit Behinderungen (Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG) ebenso wie für Studierende mit Kindern oder Pflegeverantwortung in der Familie (Art. 6 Abs. 1 und 2 GG).
Wie der Gesetzgeber dem Verfassungsgebot zur sozialen Ausgestaltung allgemeiner Studiengebühren im Einzelnen Rechnung trägt, ist in weitem Umfang seiner freien Gestaltung überlassen. Er kann die von der Verfassung geforderte Chancengleichheit insbesondere durch die Höhe von Studiengebühren, durch Stipendien, spezielle Studienkredite und durch Härtefall- und Ausnahmeregelungen zu wahren suchen. Das Bundesverwaltungsgericht hat ausgeführt (BVerwGE 134, 1 <19 ff.>; BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2010 - BVerwG 6 C 9.09 -, juris, Rn. 32), dass bei der entsprechenden Ausgestaltung von Studiengebühren die völkerrechtlichen Anforderungen zu beachten sind, hier aus Art. 10 Nr. 4 Buchstabe a der Europäischen Sozialcharta vom 18. Oktober 1961 (ESC; in Kraft getreten am 26. Februar 1965, ETS Nr. 35, BGBl II S. 1122), aus Art. 13 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 13 Abs. 2 Buchstabe c IPwskR (vgl. auch UN Committee on Economic, Social and Cultural Rights, The right to education (Art. 13), UN Doc. E/C.12/1999/10 vom 8. Dezember 1999, Z. 19 f. zu Art. 13 Abs. 2 Buchstabe c IPwskR) und aus Art. 2 ZP I EMRK in Verbindung mit Art. 14 EMRK. Dagegen ist von Verfassungs wegen nichts zu erinnern.
2. Nach diesen Maßgaben sind Studiengebühren im Umfang von 500 € je Semester bei Bereitstellung hinreichender sozialer Ausgleichsmaßnahmen nicht schon grundsätzlich verfassungsrechtlich ausgeschlossen.
a) Als Voraussetzung der Teilnahme am Studium beschränken Studiengebühren den grundrechtlichen Teilhabeanspruch. Diese Beschränkung stützt sich auf das legitime Ziel, eine ergänzende Einnahmequelle zur Finanzierung der Studienangebote zu schaffen, und ist hierfür auch geeignet und erforderlich.
b) Der Teilhabeanspruch wird durch Studiengebühren im hier in Rede stehenden Umfang nicht übermäßig beschränkt. Eine prohibitive Wirkung ist bei einer Studiengebühr in Höhe von 500 € derzeit nicht ersichtlich (vgl. BVerwGE 134, 1 <14>; BayVerfGH, Urteil vom 28. Mai 2009 - Vf. 4-VII-07 -, juris, Rn. 145). Eine Gebühr in Höhe von 500 € im Semester wirkt nicht abschreckend oder sonst von vornherein unangemessen.
Allerdings ist eine Gebühr in dieser Höhe keine vernachlässigbare Größe. Zwar mag eine solche Gebühr in Bezug auf die Gesamtkosten des Studiums geringfügig und kompetenzrechtlich von nachrangiger Bedeutung sein (vgl. BVerfGE 112, 226 <245>). Aus Sicht der Studierenden, deren Gesamtunterhaltsbedarf je nach Quelle mit zwischen circa 530 € und 812 € pro Monat angegeben wird (vgl. auch HIS, Heine/Quast, Studienentscheidung im Kontext der Studienfinanzierung, 2011, S. 26) ist auch dies als deutlich spürbar einzustufen (so für Baden-Württemberg auch BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2010 - BVerwG 6 C 9.09 -, juris, Rn. 21; Urteil vom 15. Dezember 2010 - BVerwG 6 C 10.09 -, juris, Rn. 21).
Dass Studiengebühren in dem hier in Frage stehenden Umfang eine abschreckende Wirkung begünstigen können, ist nicht ausgeschlossen. So gaben bei einer Befragung von 5.240 Schulabgängerinnen und -abgängern im Jahr 2006 in Nordrhein-Westfalen 2,4 % beziehungsweise 6,5 % der Studienberechtigten an, aufgrund von Studiengebühren auf ein Studium zu verzichten oder es zu verzögern (HIS, Stellungnahme zur öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie des Landes Nordrhein-Westfalen, 2010, S. 10); im bundesweiten Vergleich lag die Quote 2006 bei 3,6 % (HIS, Heine/Quast/Spangenberg, Studiengebühren aus der Sicht von Studienberechtigten, 2008, S. 15 f.) und im Jahr 2008 bei 5,3 % (HIS, Heine/Quast, Studienentscheidung im Kontext der Studienfinanzierung, 2011, S. 58).
Aus der nicht unerheblichen Belastung von Studierenden durch Studiengebühren in Höhe von 500 € je Semester folgt jedoch nicht ohne weiteres, dass diese angesichts der derzeitigen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit von Studierenden insgesamt prohibitiv wirkt. Eine "Gebührenflucht" aus Ländern mit in Länder ohne Studiengebühren ist nicht erkennbar. Nach der Einführung allgemeiner Studiengebühren sank die Wahrscheinlichkeit, im Heimatland ein Studium beginnen zu wollen, ausweislich der vorliegenden Studien in Gebührenländern lediglich um rund zwei Prozentpunkte (vgl. Deutsches Studentenwerk, Die wirtschaftliche und soziale Lage der Studierenden in der Bundesrepublik Deutschland 2009, 19. Sozialerhebung 2010, S. 63 f.; Dwenger/Storck/Wrohlich, Do Tuition Fees Affect the Mobility of University Applicants? Evidence from a Natural Experiment, Discussion Paper Nr. 926, 2009, S. 15 f.). Eine prohibitive Wirkung von Studiengebühren auf potentielle Studienanfängerinnen und -anfänger war 2008 nicht nachzuweisen, soweit Studierquoten und Studienanfängerzahlen von Ländern mit und ohne Gebühren miteinander verglichen werden (vgl. HIS, Heine/Quast/ Spangenberg, Studiengebühren aus Sicht von Studienberechtigten, 2008, S. 15).
c) Studiengebühren der hier in Rede stehenden Art bedürfen allerdings flankierender Maßnahmen, die soziale Verträglichkeit und damit den Anspruch auf einen möglichst chancengleichen Zugang zum Studium gewährleisten.
aa) Fehlen flankierende Maßnahmen, verstärken sich aufgrund unzureichender finanzieller Mittel und in Familien ohne akademischen Bildungsabschluss bestehende Nachteile beim Zugang zum Hochschulstudium und bei der Erlangung eines entsprechenden Abschlusses. Nach der 19. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks 2009 studierten 71 % der Kinder aus Familien, in denen ein akademischer Bildungsabschluss vorhanden war, dagegen nur 24 % der Kinder aus Familien ohne einen solchen Abschluss (Deutsches Studentenwerk, Die wirtschaftliche und soziale Lage der Studierenden in der Bundesrepublik Deutschland 2009, 19. Sozialerhebung 2010, S. 10 ff.; vgl. zur Entwicklung auch Vodafone Stiftung, Schindler, Aufstiegsangst? Eine Studie zur sozialen Ungleichheit im historischen Zeitverlauf, 2012). Bei der Entscheidung für oder gegen ein Hochschulstudium ist die finanzielle Belastung von erheblicher Bedeutung (vgl. Institut für Demoskopie Allensbach, Chancengerechtigkeit? Studienfinanzierung als wichtiger Faktor der Entscheidungsfindung für die Aufnahme bzw. den Abbruch eines Hochschulstudiums, 2009, S. 13). Bei der Studienentscheidung wächst die Unsicherheit, je weniger die Finanzierung des Studiums von den Eltern geleistet werden kann, was Kinder aus ökonomisch schwächeren Familien benachteiligt. Studierende, die von ihren Eltern finanziert werden, sehen ihr Studium weit häufiger als sicher finanziert an als jene, die einen Kredit in Anspruch nehmen müssen (vgl. HIS, Heine/Quast/Spangenberg, Studiengebühren aus der Sicht von Studienberechtigten, 2008, S. 17 f.).
bb) Eines der zentralen Mittel zur Gewährleistung einer sozialverträglichen Absicherung von Studiengebühren ist die Bereitstellung von angemessen ausgestalteten Studiendarlehen. Maßgeblich für eine angemessene Ausgestaltung kann hierfür insbesondere sein, dass diese erst nach dem Abschluss des Studiums zurückzuzahlen und je nach persönlicher Situation Stundung, Niederschlagung oder Erlass möglich sind (vgl. BVerwGE 134, 1 <10 ff.>). Daneben kommen auch weitere Mittel in Betracht wie Ausnahme-, Ermäßigungs- und Erlasstatbestände für sozial schwächere Personen, also auch zur Rücksichtnahme auf Belange einkommensschwacher Bevölkerungskreise (vgl. BVerfGE 112, 226 <245>). Schließlich wird der Gesetzgeber auch Maßnahmen in Blick auf besondere Familiensituationen und die besonderen Gleichbehandlungsgebote des Grundgesetzes in Erwägung zu ziehen haben.
3. Ob die Bremer Regelung der Studiengebühren den Anforderungen an eine soziale Ausgestaltung des chancengleichen Zugangs zu einem Hochschulstudium in jeder Hinsicht entspricht, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Die Erhebung von Studiengebühren, wie sie mit der Bremer Regelung ins Werk gesetzt wird, ist jedoch nicht von vornherein mit der Verfassung unvereinbar. Ihr Umfang wirkt als solcher nicht prohibitiv und ist von dem Anspruch getragen, den Zugang zum Studium sozial verträglich auszugestalten.
Die zur Prüfung gestellten Regelungen des § 6 Satz 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 1, § 2 Abs. 1 BremStKG, die auswärtige Studierende anders als Landeskinder behandeln, indem sie nach dem (Haupt-)Wohnsitz in Bremen unterscheiden und nur Auswärtigen ab dem dritten Semester eine Gebührenpflicht auferlegten, verstoßen gegen das Teilhaberecht aus Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG auf freien und gleichen Hochschulzugang in einem bundesweit zusammenhängenden System.
1. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfGE 98, 365 <385>; stRspr). Er gilt sowohl für ungleiche Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen (vgl. BVerfGE 79, 1 <17>; 126, 400 <416> m.w.N.).
Dabei gilt ein stufenloser am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (vgl. BVerfGE 75, 108 <157>; 93, 319 <348 f.>; 107, 27 <46>; 126, 400 <416>; 129, 49 <69> m.w.N.). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers ergibt sich unter anderem aus jeweils betroffenen Grundrechten (vgl. BVerfGE 88, 87 <96>). Hier folgt ein strengerer Rechtfertigungsmaßstab aus dem Teilhaberecht des Art. 12 Abs. 1 GG für den besonderen Sachbereich des Hochschulzugangs (vgl. BVerfGE 33, 303 <329 ff., 352 f.>).
Studierende, die an Hochschulen in Bremen studieren und in Bremen wohnen, und solche, die in Bremen studieren, aber außerhalb Bremens ihren Wohnsitz haben, befinden sich hinsichtlich der Ausbildung, für die in den vorgelegten Vorschriften Gebühren erhoben werden, in einer vergleichbaren Lage. Beide nehmen das Studienangebot Bremens in gleicher Weise in Anspruch. Werden nur auswärtige Studierende zwischen dem dritten und 14. Semester mit Gebühren belegt, ist dies eine an den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG zu messende Ungleichbehandlung.
a) Als Rechtfertigungsgrund kann nicht allein auf den Wohnsitz oder Hauptwohnsitz und den hieraus folgenden Zugehörigkeitsstatus zum Land Bremen als solchen verwiesen werden.
aa) Allerdings sind unterschiedliche Regelungen in verschiedenen Ländern und verschiedenen Gemeinden verfassungsrechtlich nicht nur möglich, sondern sogar gewollt. Die Ermöglichung von Vielfalt ist ein wesentliches Element des Bundesstaatsprinzips wie auch der kommunalen Selbstverwaltung. Der Gleichheitssatz ist daher nicht anwendbar, wenn es um eine Ungleichbehandlung durch Regelungen verschiedener Kompetenzträger geht (vgl. BVerfGE 10, 354 <371>; 93, 319 <351>). Innerhalb des eigenen Kompetenzbereichs ist der Landesgesetzgeber prinzipiell nicht gehindert, von der Gesetzgebung anderer Länder abweichende Regelungen zu treffen, auch wenn dadurch Landeskinder praktisch begünstigt oder auch belastet werden (vgl. BVerfGE 33, 303 <352>). Wenn insoweit in einigen Ländern Studiengebühren erhoben werden, in anderen dagegen nicht, ist dies aus Gleichheitsgesichtspunkten schon grundsätzlich nicht zu beanstanden (vgl. aus kompetenzrechtlicher Sicht BVerfGE 112, 226 <244 f.>). Anwendbar ist der Gleichheitssatz dagegen, soweit es wie hier um die Ungleichbehandlung von Landeskindern und anderen Personen in einer Landesregelung geht.
bb) Vorliegend scheidet eine Rechtfertigung der Ungleichbehandlung in bloßer Anknüpfung an den Wohnsitz aufgrund der Besonderheiten des geregelten Sachbereichs aus. Landesrechtliche Regelungen im Bereich des Hochschulwesens haben eine spezifische gesamtstaatliche Dimension, die besondere Rücksichtnahme der Länder untereinander verlangt. Fällt eine Materie in die Zuständigkeit des Landesgesetzgebers, greift aber der zu regelnde Lebenssachverhalt seiner Natur nach über Ländergrenzen hinaus und berührt wie hier das in allen Ländern gleichermaßen anerkannte Teilhaberecht auf freien und gleichen Hochschulzugang, dann sind einseitige Begünstigungen der Angehörigen eines Landes nur unter gesteigerten Anforderungen an ihre Rechtfertigung zulässig. Das Hochschulwesen ist ein solches bundesweit zusammenhängendes System, das zwar weithin in die Zuständigkeit des Landesgesetzgebers fällt, in dem aber nicht alle Studiengänge überall angeboten werden und eine Nutzung der Ausbildungskapazitäten über die Ländergrenzen hinweg erforderlich ist (vgl. BVerfGE 33, 303 <352>). Daher darf beim Zugang zum Studium nicht pauschal nach Ländern differenziert werden (vgl. BVerfGE 33, 303 <355 f.>; 37, 104 <119 f.>). Entsprechend hatte sich auch der Parlamentarische Rat ausdrücklich gegen Landeskinder-Privilegien beim Zugang zu universitären Studien ausgesprochen (Parlamentarischer Rat, StenBer. über die 44. Sitzung des Hauptausschusses vom 19. Januar 1949, S. 569 <575 f.>; zitiert bereits in BVerfGE 33, 303 <329>).
b) Tragfähige Sachgründe für die Rechtfertigung der differenzierenden bremischen Gebührenregelung, die mit der Hochschulausbildung in Zusammenhang stehen, sind vorliegend nicht ersichtlich. Die in der bremischen Regelung vorgenommene Gebührendifferenzierung ist nicht durch eine unterschiedliche Nutzung des Studienangebots gerechtfertigt (aa). Auch kann sich der Gesetzgeber zur Rechtfertigung nicht darauf berufen, mit der Regelung zur Wohnsitznahme in Bremen motivieren zu wollen, um so erhöhte Mittelzuweisungen im Rahmen des Länderfinanzausgleichs zu erlangen (bb): Die Gebühr lässt sich nicht mit dem Argument rechtfertigen, die aus dem Finanzausgleich dem Land zufließenden Zuweisungen enthielten einen Betrag zur Finanzierung der Ausbildung der Studierenden mit Wohnung in Bremen; deshalb dürften auswärtige Studierende landesgesetzlich verpflichtet werden, gleichfalls - statt über den Finanzausgleich durch Gebühren - ihren bremischen Studiengang finanziell mitzutragen. Das Gleiche gilt bei einer gezielten Zuweisung im Landeshaushaltsgesetz ausschließlich für Studierende mit Wohnung in Bremen.
aa) Die Gebührendifferenzierung dient nicht dem Ausgleich einer unterschiedlichen Inanspruchnahme des Studienangebots. Es ist nicht ersichtlich, dass Studierende mit (Haupt-)Wohnsitz außerhalb von Bremen Leistungen der bremischen Hochschulen in anderer Weise nutzten als Studierende mit (Haupt-)Wohnsitz in Bremen. Auswärtige Studierende verursachen weder höhere Kosten noch ziehen sie einen größeren Vorteil aus den von einer bremischen Hochschule angebotenen Leistungen. Der Wohnsitz, an den das Studienkontengesetz die Studiengebührenpflicht knüpft, hat keinen unmittelbaren Bezug zum Benutzungsverhältnis (so auch Kugler, Allgemeine Studiengebühren und die Grundrechte der Studierenden, 2009, S. 194).
bb) Auch das Ziel des Landes Bremen, durch finanziellen Druck Studierende zu einer Wohnsitznahme in Bremen zu veranlassen, damit das Land erhöhte Mittel im Rahmen des Finanzausgleichs erhält, trägt die Ungleichbehandlung nicht. Zwar sind die Länder und auch Gemeinden grundsätzlich nicht gehindert, Personen, die ihre Einrichtungen nutzen wollen, durch finanzielle Anreize oder finanziellen Druck zu veranlassen, auch ihren (Haupt-)Wohnsitz in das eigene Gebiet zu verlegen. So kann bei doppeltem Wohnsitz etwa auf das Melde- oder - in Form einer Zweitwohnungsteuer - auf das Steuerrecht zurückgegriffen werden. Für die Erhebung von Studiengebühren, die (auch) dazu dienen, zur Wohnsitznahme zu motivieren, um so zusätzliche Mittel aus dem Länderfinanzausgleich zu erlangen, fehlt es jedoch an dem im Bereich des Hochschulwesens erforderlichen Sachzusammenhang.
Das Land Bremen erhält zwar Ausgleichszuweisungen nach §§ 4 ff. Finanzausgleichsgesetz (FAG) und Bundesergänzungszuweisungen nach § 11 FAG aus dem Finanzausgleich. Sie dienen aber in der Regel der Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs des Landes (§§ 4 ff. und § 11 Abs. 1 und 2 FAG); die sonstigen Bundesergänzungszuweisungen nach § 11 Abs. 3 bis 4 FAG sind anderen Zwecken als der Hochschulfinanzierung gewidmet. Alle Zuweisungen fließen zudem in den Haushalt des Landes Bremen. Der bremische Haushaltsgesetzgeber entscheidet dann in eigener Verantwortung in seinem Budget über die Verwendung dieser Finanzmittel. Damit ist der Sachzusammenhang zwischen den Ausgleichszuweisungen des Finanzausgleichs und der Finanzierung der Hochschulen gelöst. Deswegen können auch keine bestimmten Beträge daraus allein den Studierenden mit Wohnung in Bremen zugeordnet werden; ebenso wenig kann ein Fehlbetrag den Studierenden ohne Wohnung in Bremen zugerechnet werden (vgl. auch BVerfGE 65, 325 <355 f.>). Eine Rechtfertigung der Studiengebühr für auswärtige Studierende vom dritten bis zum 14. Semester ist sachlich nicht möglich, denn es fehlt an einem hinreichenden Sachzusammenhang zwischen den Finanzausgleichsmitteln als allgemeinen Einnahmen des Landeshaushalts, der Verwendungsentscheidung des Landeshaushaltsgesetzgebers sowie der Studiengebühr für Auswärtige. Ein Versuch einer Rechtfertigung der Studiengebühr durch Zuordnung von Ausgleichszuweisungen zum Aufwand für Ausbildungsplätze bremischer Studierender würde außerdem zugleich den berechtigten Einwand hervorrufen, gerade diese Ausbildungsplätze seien von dritter Seite - nämlich den Geberländern des Finanzausgleichs - mitfinanziert worden; auf diese Weise würde das Land Bremen letztlich aus einer Zuwendung von außen eine Studiengebühr für auswärtige Studierende zu legitimieren versuchen.
Gleiches würde gelten, falls das bremische Landeshaushaltsgesetz selbst den Hochschulen Finanzmittel ausschließlich für die Finanzierung der Studierenden mit Wohnung in Bremen zuwiese, denn es besteht angesichts des bundesweiten Zusammenhangs des Hochschulsystems kein Sachgrund, auswärtige Studierende gezielt vom Studium fernzuhalten. Jedenfalls könnte eine derartige Vorschrift nicht dazu eingesetzt werden, den Aufwand für bremische Studierende als finanziert, den für auswärtige Studierende aber für ungedeckt zu betrachten, denn damit würde das Teilhabegrundrecht des Art. 12 GG, das ein bundesweit zusammenhängendes Hochschulangebot gleicher Zugangskonditionen verlangt (vgl. grundlegend dazu BVerfGE 33, 303 <329 ff.>), verkannt, indem das Land im Haushalt nur Ausgaben für Studierende mit Wohnung in Bremen vorsähe. In haushaltsrechtlicher Hinsicht würde es dann ein Hochschulangebot allein für bremische Studenten schaffen. Ob eine solche Vorschrift allein als Berechnungsmethode für die Gesamtaufwendungen der bremischen Hochschulen zulässig wäre, war vom Senat nicht zu entscheiden.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
Die Beschwerde des Vollstreckungsgläubigers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 8. Juni 2009 - NC 6 K 919/09 - wird zurückgewiesen.
Der Vollstreckungsgläubiger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
1
Die gemäß § 146 Abs. 1 VwGO zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht den vorbeugend gestellten Vollstreckungsantrag nach § 172 Satz 1 VwGO abgelehnt und der Vollstreckungsschuldnerin nicht untersagt, die im Senatsbeschluss vom 12.05.2009 (- NC 9 S 249/09 -) ausgesprochene Verpflichtung, bis zum 15.06.2009 eine an den Vergabekriterien der ZVS orientierte Rangliste der im Beschwerdeverfahren anhängigen Studienbewerber aufzustellen oder ein Losverfahren unter ihnen durchzuführen, dadurch zu erfüllen, dass alle Plätze allein nach dem Zulassungsnähequotienten der Abiturbestenquote vergeben werden. Der Senat weist die Beschwerde aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses zurück (vgl. § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen ist lediglich ergänzend auszuführen:
2
Durch Beschluss vom 12.05.2009 hat der erkennende Senat der Vollstreckungsschuldnerin im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung auferlegt, 23 weitere Studienbewerber vorläufig zum Teilstudium der Humanmedizin nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2008/2009 zuzulassen. Abweichend von der früheren Praxis und in Anknüpfung an die zum Wintersemester 2007/2008 vom Senat gegebenen Hinweise (vgl. Beschluss vom 13.06.2008 - NC 9 S 241/08 -) hat der Senat die Hochschule dabei nicht verpflichtet, die erst im gerichtlichen Verfahren aufgedeckten Studienplätze außerhalb der festgesetzten Kapazität durch Losentscheid zu vergeben. Für die Auswahl unter denjenigen Studienbewerbern, deren Anspruch noch im Beschwerdeverfahren anhängig ist, ist der Hochschule vielmehr aufgegeben worden, „bis zum 15.06.2009 eine an den Vergabekriterien der ZVS orientierte Rangliste aufzustellen oder ein Losverfahren durchzuführen“ (1.). Diesen Vorgaben entspricht die von der Vollstreckungsschuldnerin beabsichtigte Rangfolge auf Basis der Abiturdurchschnittsnote (2.), die mit einem „Zulassungsnähequotienten“ im Hinblick auf die Unterschiedlichkeit der Hochschulzugangsberechtigungen der einzelnen Bundesländer korrigiert wird (3.).
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1. Normative Vorgaben zu der Frage, wie und an wen Studienplätze zu vergeben sind, deren Vorhandensein erst in einem Rechtsstreit als Folge unzureichender Kapazitätsausnutzung nachgewiesen worden sind, bestehen nicht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.04.1975 - 1 BvR 344/73 -, BVerfGE 39, 258 [268]). Auch die Verordnung des Wissenschaftsministeriums über die zentrale Vergabe von Studienplätze vom 23.04.2006 (GBl. S. 114; zuletzt geändert durch Verordnung vom 19.05.2008, GBl. S. 164 - Vergabeverordnung ZVS -) regelt hinsichtlich der Vergabe von Studienplätzen außerhalb der festgesetzten Zulassungszahl nur Bewerbungsfristen. Nach Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann diese Regelungslücke sowohl durch eine analoge Anwendung der ZVS-Auswahlkriterien als auch durch eine Vergabe nach Losverfahren geschlossen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 08.02.1980 - 7 C 93/77 -, BVerwGE 60, 25; Urteil vom 15.12.1989 - 7 C 17/89 -, DVBl. 1990, 531).
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Dieser Maßgabe ist der erkennende Senat mit der Tenorfassung des Beschlusses vom 12.05.2009 gefolgt. Er hat dabei die Entscheidung über die Auswahl des Vergabekriteriums nicht selbst getroffen, sondern der Hochschule die Wahl belassen, welche der im Tenor benannten zulässigen Auswahlverfahren zur Anwendung kommen sollen. Mit der Formulierung, dass die Rangliste „an den Vergabekriterien der ZVS orientiert“ sein muss, ist dabei klargestellt, dass die Vollstreckungsschuldnerin nicht verpflichtet ist, das System der Vergabeverordnung ZVS unmittelbar und deckungsgleich zu übernehmen, insbesondere also auch nicht das dort normierte Verhältnis von Abiturbestenquote, Wartezeit und Hochschulauswahlverfahren. Vielmehr ist eine Rangliste auch dann an den Vergabekriterien der ZVS orientiert, wenn sie nur einer der geltenden und für das zentrale Vergabeverfahren normierten Auswahlregelungen entspricht (vgl. dazu ausdrücklich BVerwG, Urteil vom 08.02.1980 - 7 C 93/77 -, BVerwGE 60, 25 [32]). Eine exakte Nachzeichnung des ZVS-Vergabesystems mit dem dort geltenden Quotensystem ist daher im Tenor des zu vollstreckenden Beschlusses nicht vorgeschrieben.
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2. Der von der Vollstreckungsschuldnerin gewählte Maßstab der Abiturnote ist an den Vergabekriterien der ZVS orientiert, denn gemäß § 6 Abs. 3 Vergabeverordnung ZVS werden (nach Abzug der Quoten für ausländische Staatsangehörige, Härtefälle u.a.) 20 % der Studienplätze unmittelbar anhand der Abiturbestenquote vergeben. Die Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung erweist sich darüber hinaus auch als zentrales Kriterium der im Auswahlverfahren der Hochschulen vergebenen Studienplätze, deren Quote gemäß § 6 Abs. 4 Vergabeverordnung ZVS 60 % beträgt. Denn nach § 10 Abs. 4 Satz 3 Vergabeverordnung ZVS muss der Abiturnote dabei „ein maßgeblicher Einfluss gegeben werden“. Selbst bei den restlichen, nach § 6 Abs. 5 Vergabeverordnung ZVS nach Wartezeit zu vergebenden Studienplätzen wird im Falle der Ranggleichheit gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2 Vergabeverordnung ZVS auf die Abiturnote zurückgegriffen. Eine Rangfolge anhand der Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung ist daher nicht nur an den Vergabekriterien der ZVS „orientiert“, die Abiturnote ist vielmehr erkennbar der zentrale Maßstab im Verfahren der Studienplatzvergabe nach der Vergabeverordnung ZVS.
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Der Beschränkung auf die Abiturnote als Auswahlkriterium steht das Numerus-clausus-Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18.07.1972 (- 1 BvL 32/70 u.a. -, BVerfGE 33, 303) nicht entgegen. Zwar ist dort angesichts des fehlenden Nachweises einer hinreichenden Korrelation zwischen guten Schulergebnissen und Studienerfolg ausgesprochen worden, dass eine Zulassung ausschließlich nach dem auf Abiturnoten fußenden Leistungsprinzip nicht gerechtfertigt erscheine. Diese Erwägung kann auf die Vergabe der außerhalb der festgesetzten Kapazität zu vergebenden Studienplätze indes nicht übertragen werden. Denn die Einschätzung des Bundesverfassungsgerichts beruht auf der Annahme, dass ein ausschließlicher Rekurs auf die Abiturnote dazu führen würde, dass ein Teil der hochschulreifen Bewerber von vornherein und auf Dauer vom Studium ihrer Wahl ausgeschlossen bliebe (vgl. BVerfGE 33, 303 [350]). Dieses Ergebnis ist hinsichtlich der außerkapazitär vergebenen Reststudienplätze von vornherein nicht zu besorgen, weil durch die neben der Abiturbestenquote vergebenen Studienplätze im Vergabesystem der ZVS sichergestellt ist, dass auch Bewerbern mit schlechteren Abiturergebnissen eine Studienchance verbleibt. Die vom Bundesverfassungsgericht angestellten Erwägungen gegen eine alleinige Berücksichtigung der Abiturnote sind daher auf die regelmäßig nur wenige Studienplätze betreffende Zulassung von Studienplätzen außerhalb der festgesetzten Kapazität nicht übertragbar.
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Mit der von der Vollstreckungsschuldnerin beabsichtigten Erstellung einer Rangliste anhand der Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung wird die im Entscheidungsausspruch auferlegte Verpflichtung somit ordnungsgemäß erfüllt, sodass die Voraussetzungen für den Erlass einer Vollstreckungsanordnung nach § 172 Satz 1 VwGO nicht vorliegen (vgl. dazu auch Senatsbeschluss vom 14.09.1983 - 9 S 1924/83 -, VBlBW 1984, 150).
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3. Dies gilt gerade auch im Hinblick auf den von der Vollstreckungsschuldnerin in Aussicht genommenen „Zulassungsnähequotienten“.
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Eine Vergabe der Studienplätze allein anhand der Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung birgt die Schwierigkeit, dass die in den einzelnen Bundesländern vergebenen Abschlussnoten nicht unmittelbar miteinander verglichen werden können. Nach § 12 Abs. 2 Vergabeverordnung ZVS werden die zu vergebenden Studienplätze daher zunächst nach Landesquoten aufgeteilt, was im Ergebnis bewirkt, dass ein unmittelbarer Vergleich nur zwischen den jeweils in einem Bundesland erworbenen Hochschulzugangsberechtigungen stattfindet (vgl. § 13 Abs. 2 Vergabeverordnung ZVS). Dieses föderale Proporzsystem ist für die Vergabe außerkapazitärer Restkapazitäten angesichts der hier regelmäßig anzutreffenden geringen Studienplatzzahl regelmäßig nicht geeignet (vgl. auch § 12 Abs. 1 Vergabeverordnung ZVS). Das von der Vollstreckungsschuldnerin verfolgte Anliegen, ein anderes Verfahren zur Anwendung zu bringen, mit dem eine Vergleichbarkeit der in unterschiedlichen Bundesländern erworbenen Hochschulzugangsberechtigungen ermöglicht wird, ist daher legitim und sachgerecht.
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Der herangezogene „Zulassungsnähequotient“ ermittelt hierfür die Erfolgschance des jeweiligen Studienbewerbers in der jeweiligen Landesquote. Zur Berechnung wird auf den sogenannten „Grenzrang“ zurückgegriffen, also den Ranglistenplatz des letzten in der jeweiligen Landesquote ausgewählten Bewerbers. In Baden-Württemberg hatte der letzte ausgewählte Studienbewerber die Durchschnittsnote 1,0 und den als „Grenzrang“ bezeichneten Rangplatz der Ziffer 187. Der Antragsteller kam mit seiner Abiturnote von 2,6 dagegen auf den Rangplatz 3024. Mit der Relation des individuellen Rangplatzes zum Grenzrang in der Landesquote Baden-Württemberg ergibt sich daher ein „Zulassungsnähequotient“, dem sich entnehmen lässt, wie weit der Studienbewerber mit seiner Hochschulzugangsberechtigung von einer Zulassung anhand der Abiturbestenquote entfernt war (im Falle des Antragstellers also 3024 : 187 = 16,1711). Dieser relative und auf die Erfolgschancen in der jeweiligen Landesquote bezogene Wert kann nunmehr über die Grenzen des Bundeslands hinweg verglichen werden und ermöglicht damit eine Relation der Abiturnoten von Studienbewerbern aus unterschiedlichen Bundesländern.
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Bedenken hiergegen sind nicht ersichtlich. Die Bildung eines „Zulassungsnähequotienten“ entspricht dem mit der Bildung von Landesquoten auch in ZVS-Vergabeverfahren verfolgten Anliegen, eine Vergleichbarkeit der in unterschiedlichen Bundesländern erzielten Hochschulzugangsberechtigungen zu erreichen. Es stellt hierzu jedoch ein den Besonderheiten des außerkapazitären Vergabeverfahrens entsprechendes und praktikables System zur Verfügung, das an den Vergabekriterien der ZVS „orientiert“ ist.
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Der Senat hält es indes im Hinblick auf die zu gewährende Chancengleichheit für vorzugswürdig, die im gerichtlichen Verfahren nachträglich aufgedeckten Restkapazitäten nach denselben Auswahlkriterien zu vergeben, die für die ordnungsgemäß festgesetzten Studienplätze gelten (vgl. zur diesbezüglichen Entscheidungskompetenz des Senats auch BVerwG, Urteil vom 08.02.1980 - 7 C 93/77 -, BVerwGE 60, 25 [35]). Nur so kann ein Auseinanderfallen der Auswahlmaßstäbe für die Vergabe der in der Zulassungszahlenverordnung ausgewiesenen Studienplätze und der erst nachträglich aufgedeckten Studienplätze außerhalb der festgesetzten Kapazität vermieden werden, die der auch vom Bundesverfassungsgericht geforderten Verteilung aller freien Studienplätze unter Anwendung einheitlicher Auswahlkriterien (vgl. BVerfG, Urteil vom 18.07.1972 - 1 BvL 32/70 u.a. -, BVerfGE 33, 303 [357]) nicht entspricht und im Ergebnis dazu führt, dass die nachträglich festgestellten Studienplätze solchen Bewerbern zufallen, denen sie bei ordnungsgemäßer Kapazitätsfeststellung nicht zugestanden hätten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.04.1975 - 1 BvR 344/74 u.a. -, BVerfGE 39, 276 [296]; Beschluss vom 29.09.2008 - 1 BvR 1464/07 -). Dementsprechend hat auch die Vollstreckungsschuldnerin in der Antragserwiderung angedeutet, künftig eine Vergabe der „außerkapazitären“ Studienplätze nach dem Quotensystem der Vergabeverordnung ZVS vornehmen zu wollen.
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Hierfür ist indes erforderlich, dass sich - wie vorliegend auch durch fast alle Bewerber geschehen - der jeweilige Studienbewerber auch bei der ZVS im zentralen Vergabeverfahren um einen Studienplatz in dem betreffenden Studiengang beworben hat (vgl. dazu auch Hamburgisches OVG, Beschluss vom 23.04.2008 - 3 NC 216/07 -). Nur so können die zur Ranglistenerstellung erforderlichen Daten zeitnah bereitgestellt werden. Diese Verfahrensweise liegt im Übrigen auch deshalb nahe, weil das von einem Studienplatzbewerber verfolgte Ziel der Vergabe eines Studienplatzes im Studiengang Medizin vorrangig eine ordnungsgemäße Verfahrensbewerbung erfordert.
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4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Ein Streitwert muss nicht festgesetzt werden, weil für die Beschwerde gemäß Nr. 5502 des auf § 3 Abs. 2 GKG gestützten Kostenverzeichnisses eine vom Streitwert unabhängige Gerichtsgebühr anzusetzen ist.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens zu jeweils 1/5; außergerichtliche Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.
Der Streitwert wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
Gründe
Dem von den Antragstellern zu 1. bis 4. gestellten Antrag,
„dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 47 Abs. 6 VwGO zu untersagen, für den Studiengang Humanmedizin die Zulassungszahl 259 gemäß ZZVO vom 18.5.2009, Amtsbl. S. 814, anzuwenden“,
und dem von der im Verfahren verbliebenen Antragstellerin zu 5. - Antragstellerin zu 6. bis zur Abtrennung des unter der Geschäftsnummer 2 B 452/09 fortgeführten und eingestellten Verfahrens betreffend das Begehren der ursprünglichen Antragstellerin zu 5. - gestellten Antrag,
„dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 47 Abs. 6 VwGO zu untersagen, für den Studiengang Zahnmedizin die Zulassungszahl 24 gemäß ZZVO vom 18.5.2009, Amtsbl. S. 814, anzuwenden“,
kann nicht entsprochen werden.
Grundlage des Begehrens der Antragsteller, die mit ihrem am 13.8.2009 bei Gericht eingegangenen Normenkontrollantrag erstreben, die vorgenannte Zulassungszahlenverordnung hinsichtlich der für den Studiengang Humanmedizin auf 259 festgesetzten Zulassungszahl (Antragsteller zu 1. bis 4.) beziehungsweise hinsichtlich der für den Studiengang Zahnmedizin auf 24 festgesetzten Zulassungszahl (Antragstellerin zu 5.) für unwirksam (§ 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO) zu erklären, ist § 47 Abs. 6 VwGO. Danach kann das (Normenkontroll-)Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Die Aussetzung des Vollzugs einer Rechtsvorschrift auf dieser Grundlage ist, wie schon der Wortlaut des § 47 Abs. 6 VwGO zeigt, wegen des prinzipiellen Geltungsanspruchs der Norm und der regelmäßig weitreichenden Folgen auch ihrer nur vorläufigen Außerkraftsetzung nur unter besonders strengen Voraussetzungen möglich. Die Anforderungen gehen insoweit deutlich über diejenigen hinaus, die an den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zu stellen sind
vgl. OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 3.11.1989 - 2 Q 4/89 -, vom 6.7.1992 - 1 Q 1/92 -, DÖV 1992, 1019, und vom 16.9.2004 - 1 U 5/04 -.
Für die Beurteilung kommt es dabei abgesehen von den Fällen, in denen sich die Frage der Gültigkeit der zur Nachprüfung gestellten Norm bereits nach dem Ergebnis der im einstweiligen Anordnungsverfahren nur möglichen überschlägigen Beurteilung in der einen oder in der anderen Richtung eindeutig beantworten lässt, nicht auf eine Prognose des voraussichtlichen Ausgangs des in der Hauptsache betretenen Normenkontrollverfahrens an. Vielmehr ist die Entscheidung über den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO, da sich der Wortlaut dieser Regelung an die Bestimmung des § 32 BVerfGG anlehnt, unter Heranziehung derjenigen Grundsätze zu treffen, die für den Erlass einstweiliger Anordnungen durch das Bundesverfassungsgericht maßgeblich sind. Danach ist eine Abwägung der einander gegenüberstehenden Interessen vorzunehmen, bei der einerseits die Vor- und Nachteile in den Blick zu nehmen sind, die eintreten, wenn die Anordnung antragsgemäß ergeht, die angegriffene Norm sich indes im Normenkontrollverfahren als gültig erweist, und andererseits die Folgen zu berücksichtigen sind, die eintreten, wenn die Norm vollzogen wird, sich aber später ihre Ungültigkeit herausstellt. Dabei ist freilich hervorzuheben, dass die durch § 47 Abs. 6 VwGO eröffnete Möglichkeit des Erlasses einer einstweiligen Anordnung „zur Abwehr schwerer Nachteile“ nach der Rechtsprechung ungeachtet des prinzipiell objektiven Charakters des Normenkontrollverfahrens nach § 47 VwGO dem Individualrechtsschutz dient. Das bedeutet, dass ein „schwerer Nachteil“ nur aus einer negativen Betroffenheit eigener, d.h. Antragstellerinteressen, nicht aber aus der Beeinträchtigung sonstiger Belange oder gar von Drittinteressen hergeleitet werden kann
vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 16.9.2004 - 1 U 5/04 -, m.w.N..
Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe vermag der Senat vorliegend keine überwiegenden Außervollzugsetzungsinteressen der Antragsteller festzustellen.
Zunächst kann nach dem Ergebnis der im vorliegenden Eilrechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Beurteilung der Sach- und Rechtslage keine Rede davon sein, dass sich die Zulassungszahlenverordnung vom 18.5.2009 - im folgenden ZZVO 2009/2010 -, soweit sie die Zulassungszahlen im Wintersemester 2009/2010 im Studiengang Humanmedizin nicht höher als 259 und im Studiengang Zahnmedizin nicht höher als 24 festsetzt, aus den von den Antragstellern vorgebrachten Gründen im Normenkontrollverfahren offenkundig als rechtswidrig und damit als ungültig erweisen wird. Die Antragsteller machen im Wesentlichen geltend, die Wissenschaftsverwaltung habe mit den von ihnen beanstandeten Festlegungen der Zulassungszahlenverordnung 2009/2010 die Zahlen der im Wintersemester 2009/2010 verfügbaren Studienplätze in den Studiengängen Humanmedizin und Zahnmedizin an der Universität des Saarlandes rechtsfehlerhaft zu niedrig festgesetzt, da sie es unter Missachtung insbesondere der Gewährleistung des Art. 33 Abs. 3 Satz 1 Verf-SL, aber auch der Art. 3, 12 GG versäumt habe, die Verschlechterung der Chancen für saarländische Abiturienten des Jahres 2009, zum Wintersemester 2009/2010 an der Universität des Saarlandes in den Studiengängen Humanmedizin oder Zahnmedizin zugelassen zu werden, die sich daraus ergibt, dass im Saarland im Jahre 2009 der letzte Abschlussjahrgang des neunjährigen Gymnasiums - G 9 - mit dem ersten Abschlussjahrgang des achtjährigen Gymnasiums - G 8 - zusammentrifft und dementsprechend eine nahezu doppelt so große Zahl saarländischer Abiturienten wie in den Vor- und auch in den Folgejahren nach Studienplätzen auch in den genannten Studiengängen an der Universität des Saarlands nachfragt, durch Schaffung einer entsprechenden Zahl zusätzlicher Studienplätze in diesen Studiengängen zu verhindern. Dass die verfassungsrechtlichen Gewährleistungen, auf die sich die Antragsteller berufen, den von ihnen erhobenen Anspruch auf Einrichtung zusätzlicher Studienplätze in den in Rede stehenden Studiengängen begründen, ist nach dem Ergebnis der hier nur möglichen überschlägigen Prüfung der Sach- und Rechtslage zumindest keineswegs offenkundig.
Bundesverfassungsrechtlich ist jedenfalls davon auszugehen, dass die aus den Art. 3 und 12 GG sowie dem Sozialstaatsgebot abgeleitete Gewährleistung des Rechts des die subjektiven Zulassungsvoraussetzungen erfüllenden Studienplatzbewerbers auf Zulassung zu einem Hochschulstudium seiner Wahl an dem von ihm gewünschten Ausbildungsort mit Blick auf die Notwendigkeit der Finanzierung auch anderer wichtiger Gemeinwohlbelange und die zu respektierende Haushaltshoheit des Parlamentes prinzipiell unter dem Vorbehalt des „Möglichen“ beziehungsweise der vorhandenen Kapazität steht. Dementsprechend hat das Bundesverfassungsgericht
Urteil vom 18.7.1972 - 1 BvL 32/72 und 25/71 - E 33, 303, 338,
bei einer die Grenzen der Kapazität übersteigenden Nachfrage nach Studienplätzen die Verhängung eines absoluten Numerus Clausus für zulässig erachtet, wenn
1. er in den Grenzen des unbedingt Erforderlichen unter erschöpfender Ausnutzung der vorhandenen, mit öffentlichen Mitteln geschaffenen Ausbildungskapazität angeordnet wird,
2. Auswahl und Verteilung nach sachgerechten Kriterien mit einer Chance für jeden an sich hochschulreifen Bewerber und unter möglichster Berücksichtigung der individuellen Wahl des Ausbildungsortes erfolgen.
Obwohl die Gewährleistung des Art. 33 Abs. 3 Satz 1 Verf-SL, nach der der Zugang zum Hochschulstudium jedem offensteht, in der Literatur
siehe Dörr in Wendt/Rixecker, Verfassung des Saarlandes, 2009, Art. 33 Rdnr. 20,
über Art. 12 Abs. 1 GG hinausgehend als subjektives Recht auf Zugang zu den Hochschulen (bei Erfüllung der subjektiven Zugangsvoraussetzungen) verstanden wird, wird der daraus resultierende Zugangsanspruch ebenfalls prinzipiell durch die vorhandene Kapazität begrenzt. Denn auch insoweit ist die Befugnis des Haushaltsgesetzgebers zur Bestimmung des „Möglichen“ zu respektieren
vgl. Dörr, a.a.O., Art. 33 Rdnr. 23.
Freilich geht es den Antragstellern vorliegend, wie sie selbst hervorheben, nicht um eine etwaige Verpflichtung des Haushaltsgesetzgebers zur Bereitstellung von Mitteln zur Einrichtung zusätzlicher Human- und Zahnmedizinstudienplätze, um dem doppelten Abiturientenjahrgang 2009 Rechnung zu tragen, sondern um die Verwendung von der Wissenschaftsverwaltung zur Ausweisung zusätzlicher Studienplätze zur Verfügung stehender finanzieller Mittel. Ob die von den Antragstellern angeführten verfassungsrechtlichen Gewährleistungen, Abiturienten, die ein Human- oder Zahnmedizinstudium an der Universität des Saarlandes zum Wintersemester 2009/2010 aufnehmen wollen, einen Anspruch darauf vermitteln, dass zur Schaffung zusätzlicher Studienplätze bereitgestellte Finanzmittel mit Blick auf die durch den doppelten Abiturientenjahrgang 2009 ausgelöste zusätzliche Nachfrage (teilweise) zur Einrichtung zusätzlicher Studienplätze in den betreffenden Studiengängen verwendet werden, erscheint indes zumindest fraglich. Gesehen werden muss insoweit, dass die Interessen der an einem Human- oder Zahnmedizinstudium an der Universität des Saarlandes interessierten Abiturienten mit den Interessen derjenigen Abiturienten konkurrieren, die die Zulassung zu anderen Studiengängen an dieser Universität anstreben und deren Chancen sich durch die erhöhte Nachfrage infolge des doppelten Abiturientenjahrganges 2009 ohne Schaffung zusätzlicher Studienplätze jedenfalls in den Studiengängen, in denen ein Bewerberüberhang besteht, ebenfalls verschlechtern. In diesem Zusammenhang ist, da die zur Ausweisung neuer Studienplätze verfügbaren Mittel begrenzt sind und nur einmal ausgegeben werden können, mit Blick auf die deutlich höheren Aufwendungen für einen Humanmedizin- oder Zahnmedizinstudienplatz (nach Angaben des Antragsgegners: 52.000,-- EUR) verglichen mit einem sonstigen Studienplatz (22.000,-- EUR, vgl. Art. 1 § 1 der Verwaltungsvereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern über den Hochschulpakt 2020 vom 20.7.2007, Bundesanzeiger Nr. 171 vom 12.9.2007, S. 7480 - im Folgenden: Hochschulpakt 2020 -) zu berücksichtigen, dass die Schaffung eines zusätzlichen Medizin- oder Zahnmedizinstudienplatzes grob betrachtet den Verzicht auf zwei zusätzliche Studienplätze in anderen Studiengängen bedeutete. Im Hinblick auf diesen Ziel- beziehungsweise Interessenkonflikt könnte es demnach allenfalls um die Pflicht zur sachgerechten Verwendung der zur Schaffung zusätzlicher Studienplätze zur Verfügung gestellten Mittel durch die Wissenschaftsverwaltung beziehungsweise durch die Hochschulen gehen. Dass die insoweit getroffenen Entscheidungen unter Verstoß gegen verfassungsrechtliche Gewährleistungen insbesondere unter Verletzung des Rechts der Antragsteller und anderer an der Aufnahme eines Humanmedizin- oder Zahnmedizinstudiums an der Universität des Saarlandes interessierten Abiturienten aus Art. 33 Abs. 3 Satz 1 Verf-SL ergangen sind, liegt indes keineswegs auf der Hand. Soweit es sich bei den zur Ausweisung zusätzlicher Studienplätze zur Verfügung stehenden Mitteln um solche aus dem Hochschulpakt 2020 handelt, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass - was auch den Antragstellern bekannt ist - der Senat in seinem Beschluss vom 14.7.2009 - 2 B 301/09 - in Einklang mit der Rechtsprechung anderer Obergerichte einen Anspruch von Studienbewerbern darauf, dass Mittel des Hochschulpaktes 2020 zur Schaffung zusätzlicher Studienplätze in sogenannten „harten“ Numerus Clausus-Fächern wie unter anderem Humanmedizin oder Zahnmedizin verwendet werden, verneint hat. Dass im Saarland mit Blick auf die Gewährleistung des Art. 33 Abs. 3 Satz 1 Verf-SL, die - wie bereits angesprochen - ihre Grenze prinzipiell in der vorhandenen Kapazität findet, und die besonderen Gegebenheiten des doppelten Abiturientenjahrganges 2009 etwas anderes zu gelten hätte, kann nach dem Ergebnis überschlägiger Beurteilung nicht angenommen werden. Aber auch wenn zugunsten der Antragsteller einmal unterstellt wird, die letztgenannte Gewährleistung begründe eine auch ihnen gegenüber bestehende und einforderbare Pflicht zur sachgerechten Entscheidung über die Verwendung der - auch im Rahmen des Hochschulpaktes 2020 - zur Verfügung gestellten Mittel, sind insoweit zunächst die aus dieser Verwaltungsvereinbarung resultierenden Bindungen zu beachten, die u.a. die Verpflichtung zur Erhöhung des Anteils der Studienanfängerplätze an Fachhochschulen umfassen (Art. 1 § 1 Abs. 4 Hochschulpakt 2020). Die dementsprechende Verwendung von Mitteln aus dem Hochschulpakt 2020 zur Schaffung zusätzlicher Studienplätze an der Hochschule für Technik und Wirtschaft - HTW - dürfte demnach rechtlich nicht zu beanstanden sein. Abgesehen hiervon ist der Wissenschaftsverwaltung bei der Entscheidung darüber, in welchen Studiengängen zusätzliche Studienplätze zur Verfügung gestellt werden beziehungsweise welche Studiengänge neu eingerichtet werden, eine weite Einschätzungsprärogative zuzubilligen, die weitgehend der gerichtlichen Nachprüfung entzogen ist. Dass die Wissenschaftsverwaltung hiervon vorliegend in einer verfassungsrechtliche Gewährleistungen der Antragsteller verletzenden Weise Gebrauch gemacht hätte, ist im Hinblick auf die von dem Antragsgegner angeführte Erwägung, dass das Angebot an (teuren) Medizinstudienplätzen an der Universität des Saarlandes deutlich über das hinausgeht, was bezogen auf die Einwohnerzahl des Saarlandes nach dem auch dem Hochschulpakt 2020 zugrunde gelegten sogenannten „Königsteiner Schlüssel“ zu erwarten ist, und in Anbetracht des Umstandes, dass bei überschlägiger Auswertung der von dem Antragsgegner vorgelegten Aufstellungen über die Studiengänge, in denen zusätzliche Studienplätze zur Verfügung gestellt werden, und die Nachfrage nach diesen Studienplätzen alles dafür spricht, dass die zusätzlichen Studienplätze jedenfalls zum weitaus überwiegenden Teil in Studiengängen bereitgestellt werden, in denen ebenfalls eine hohe, das Angebot zum Teil beträchtlich übersteigende Nachfrage besteht, keineswegs offenkundig, sondern eher fernliegend. In diesem Zusammenhang kommt aller Voraussicht nach auch der Beantwortung der zwischen Antragstellern und Antragsgegner kontrovers erörterten Fragen, ob die Erhöhung der durch die Zulassungszahlenverordnung 2008/2009 für das Wintersemester 2008/2009 auf 234 festgesetzten Studienplätze im Studiengang Humanmedizin auf 259 für das Wintersemester 2009/2010 durch die angegriffene Regelung der Zulassungszahlenverordnung 2009/2010 allein darauf zurückzuführen ist, dass das Saarland die in zahlreichen anderen Bundesländern schon zuvor vorgenommene Anhebung des Lehrdeputats der Professoren von 8 LVS auf 9 LVS „verspätet“ nachvollzogen hat, oder - so der Antragsgegner - als Maßnahme zur Erhöhung des Studienplatzangebotes für den doppelten Abiturientenjahrgang des Jahres 2009 gewertet werden kann und ob die vorgenommene Erhöhung im Hinblick darauf zu relativieren ist, dass sich aufgrund geführter Kapazitätsprozesse betreffend das Wintersemester 2008/2009 - zum Teil aufgrund eines Vergleichs - eine 234 nicht unbeträchtlich überschreitende Zahl an Studienplätzen im Studiengang Humanmedizin ergeben hat, oder ob insoweit zu berücksichtigen ist, dass die Zahl 259 der angegriffenen Zulassungszahlenverordnung ebenfalls unter dem Vorbehalt der Überprüfung der Kapazitätsberechnung in bereits eingeleiteten oder zu erwartenden Kapazitätsprozessen steht, keine durchgreifende Bedeutung zu. In diesem Zusammenhang ist lediglich zu bemerken, dass jedenfalls bezogen auf die hier in Rede stehenden normativen Festsetzungen und im Übrigen wohl zeitlich vor Abschluss der Kapazitätsprozesse betreffend das Wintersemester 2008/2009 eine verglichen mit dem letztgenannten Wintersemester deutlich höhere Zahl an Studienplätzen im Wintersemester 2009/2010 jedenfalls für den Studiengang Humanmedizin festgesetzt ist. Der Grund für diese Erhöhung dürfte dabei sekundär sein, denn jedenfalls treffen die an einem Studium der Humanmedizin Interessierten auf ein höheres Angebot an Studienplätzen, auch wenn, was hier keineswegs verkannt werden soll, die Zahl der zusätzlichen Studienplätze den Nachfrageanstieg aufgrund des doppelten Abiturientenjahrganges nicht ausgleichen dürfte. Auf der anderen Seite liegt auf der Hand, dass, wie die Entwicklung im Studiengang Zahnmedizin zeigt, in dem das Studienplatzangebot zum Wintersemester 2009/2010 trotz gestiegener Nachfrage sogar deutlich hinter demjenigen des Wintersemesters 2008/2009 zurückbleibt, ein durch die Erhöhung der Lehrdeputate der Professoren gestiegenes Lehrangebot durch die „kapazitätsungünstige“ Entwicklung anderer Parameter der Kapazitätsberechnung - hier offenbar der Schwundquote - „überkompensiert“ werden kann. Ähnliches hätte im Übrigen auch bei einer Ausweitung des Lehrangebotes durch Schaffung zusätzlicher Stellen geschehen können. Das alles kann indes im Rahmen des vorliegenden Eilrechtsschutzverfahrens nicht weiter vertieft werden. Nach dem Ergebnis der hier nur möglichen überschlägigen Würdigung kann jedenfalls nicht im Sinne von Eindeutigkeit oder Offenkundigkeit angenommen werden, dass sich die angegriffenen Regelungen der Zulassungszahlenverordnung 2009/2010 aus den von den Antragstellern angeführten Gründen im Normenkontrollverfahren als ungültig herausstellen werden. Auch sonstige Rechtsfehler, die zum Erfolg der gestellten Normenkontrollanträge führen werden, liegen keineswegs auf der Hand. Nach dem derzeitigen Erkenntnisstand kann allenfalls zugunsten der Antragsteller von einem noch offenen Ausgang des Normenkontrollverfahrens ausgegangen werden.
Die in diesem Falle nach den eingangs dargelegten Grundsätzen vorzunehmende Interessenabwägung fällt indes zum Nachteil der Antragsteller aus. Der Senat geht davon aus, dass die vorläufige Außerkraftsetzung der angegriffenen Teile der Zulassungszahlenverordnung 2009/2010 zumindest für den Antragsgegner und die Beigeladene, aber auch für andere Studienbewerber, wenn auch nicht im Einzelnen abschätzbare, so doch weitreichende Folgen hätte. So wäre dem derzeit noch nicht abgeschlossenen Auswahlverfahren der Hochschule die Grundlage entzogen. Käme es zu einem Abbruch des Verfahrens, wären diejenigen Abiturienten nachteilig betroffen, die sich aufgrund der erzielten Durchschnittsnote berechtigte Hoffnungen darauf machen durften, spätestens im Nachrückverfahren einen Studienplatz zu erhalten. Geht man davon aus, dass die Antragsgegnerin mit Blick auf die Reichweite des im Raum stehenden Rechtsfehlers nicht gehindert wäre, jedenfalls die festgesetzten 259 Studienplätze nach den normierten rechtlichen Kriterien zu vergeben, da der mögliche Rechtsfehler und die vorläufige Außerkraftsetzung allenfalls die limitierende Wirkung der Festsetzung beträfe, wäre sie gleichwohl gehalten, auf die teilweise Außerkraftsetzung der Zulassungszahlenverordnung 2009/2010 zu reagieren und - gegebenenfalls im Umfang des von den Antragstellern angesprochenen Sicherheitszuschlages von 15 bis 20 % - zusätzliche Studienbewerber in nicht unbeträchtlicher Zahl - wohl nach der Reihenfolge, die sich im Auswahlverfahren der Hochschule ergeben hat - zuzulassen. Dies würde die Bereitstellung einer entsprechenden personellen Kapazität beziehungsweise entsprechender finanzieller Mittel zu einem Zeitpunkt erforderlich machen, zu dem die Dispositionen für das anstehende Studienjahr bereits weitgehend erfolgt sind. Insoweit unterscheidet sich die vorliegende Situation von derjenigen der sonstigen Kapazitätsprozesse, in denen sich die vom Gericht gegebenenfalls zusätzlich festgesetzten Studienplätze aus der vorhandenen Kapazität ergeben, ihre Besetzung mithin keine zusätzlichen Belastungen für die Hochschule mit sich bringt. Die erforderliche Umwidmung personeller und finanzieller Mittel könnte dabei unter Umständen auch zu Lasten anderer Studienplatzbewerber oder Studierender gehen. Sollte die Bereitstellung zusätzlicher personeller und finanzieller Mittel sei es durch Umwidmung, sei es über den Antragsgegner nicht kurzfristig möglich sein, muss davon ausgegangen werden, dass die Zulassung einer nicht unbeträchtlichen Zahl zusätzlicher Studienanfänger bei unverändertem Lehrangebot insbesondere bei den normativ begrenzten Kleingruppenveranstaltungen ebenfalls zu Lasten des Ausbildungsanspruches der übrigen Studienplatzbewerber beziehungsweise Studierenden ginge. Dem entsprechend ist ein gewichtiges Interesse insbesondere der Beigeladenen aber auch des Antragsgegners daran anzuerkennen, dass es vorläufig bei den in der Zulassungszahlenverordnung 2009/2010 festgesetzten Zulassungszahlen in den Studiengängen Humanmedizin und Zahnmedizin für das Wintersemester 2009/2010 verbleibt. Zumindest auf die Beigeladene aber auch andere Studienbewerber beziehungsweise Studierende käme im Falle der begehrten teilweisen Außerkraftsetzung der umstrittenen Zulassungszahlen eine Belastung zu, die allenfalls schwer zumutbar wäre, wenn sich im Normenkontrollverfahren die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Festlegungen herausstellen sollte. Auf der anderen Seite kann nicht angenommen werden, dass die vorläufige Außerkraftsetzung der Zulassungszahlenverordnung 2009/2010 in dem von den Antragstellern begehrten Umfang dazu führte, dass diese Antragsteller zum Wintersemester 2009/2010 an der Universität des Saarlandes einen Studienplatz im Studiengang Humanmedizin (Antragsteller zu 1. bis 4.) beziehungsweise Zahnmedizin (Antragstellerin zu 5.) erhielten. Die Antragsteller können nämlich nicht mit Erfolg geltend machen, die vorläufige Fortgeltung der von ihnen angegriffenen Festlegungen begründe deshalb für sie einen schwerwiegenden Nachteil, weil sie die Zuteilung eines Studienplatzes in dem gewünschten Studiengang an sie hindere, den sie andernfalls, d.h. bei einer aus ihrer Sicht rechtmäßigen Festlegung der Zulassungszahlen erhalten hätten. Das zeigt folgende Betrachtung: Die Antragsteller beanstanden, dass in der Zulassungszahlenverordnung 2009/2010 für das Wintersemester 2009/2010 in den Studiengängen Humanmedizin und Zahnmedizin nicht in dem Umfang zusätzliche Studienplätze festgesetzt werden, der erforderlich wäre, um die Verschlechterung der Zulassungschancen, die sich aufgrund der gestiegenen Nachfrage des doppelten Abiturientenjahrganges 2009 ergibt, auszugleichen. Das rechtfertigt eine vergleichende Betrachtung der Zulassungschancen, die die Antragsteller mit den von ihnen im Abitur erzielten Durchschnittsnoten in den vorangegangenen Jahren unter den Bedingungen eines „einfachen“ Abiturientenjahrganges gehabt hätten. In dieser Betrachtung zeigt sich, dass die Antragsteller mit den von ihnen erzielten Durchschnittsnoten weder im Wintersemester 2007/2008 noch im Wintersemester 2008/2009 zum Zuge gekommen wären. Im Wintersemester 2007/2008 lagen die Auswahlgrenzen im Hochschulauswahlverfahren bei der Universität des Saarlandes im Studiengang Humanmedizin bei 1,7 und im Studiengang Zahnmedizin bei 2,0; im Wintersemester 2008/2009 lagen diese Grenzen bei 1,8 (Humanmedizin) und 2,0 (Zahnmedizin)
vgl. die entsprechenden Daten über die Auswahlgrenzen unter www.zvs.de .
Die von den Antragstellern erzielten Durchschnittsnoten von 2,4 (Antragsteller zu 1.), 2,2 (Antragsteller zu 2.), 2,7 (Antragsteller zu 3.), 2,7 (Antragsteller zu 4.) und 2,5 (Antragstellerin zu 5.) liegen - zum Teil sogar sehr deutlich - über diesen Auswahlgrenzen. Wäre in der angegriffenen Zulassungszahlenverordnung 2009/2010 eine diese Auswahlgrenzen und damit die entsprechenden Zulassungschancen wahrende zusätzliche Zahl an Studienplätzen in den Studiengängen Humanmedizin und Zahnmedizin festgesetzt worden, hätten die Antragsteller nach Lage der Dinge keinen Studienplatz in den gewünschten Studiengängen erhalten. Das erlaubt letztlich den Schluss, dass die „Verschlechterung“ der Zulassungschancen infolge der höheren Nachfrage des doppelten Abiturientenjahrganges 2009 nicht als ursächlich dafür angesehen werden kann, dass die Antragsteller die von ihnen erstrebten Studienplätze nicht erhalten haben, da auch im Falle einer die früheren Zulassungschancen „einfacher“ Abiturientenjahrgänge wahrenden Ausweisung zusätzlicher Studienplätze für die Antragsteller kein anderes Ergebnis des Auswahlverfahrens zu erwarten wäre. Sollte es den Antragstellern ausgehend von der Annahme, im Falle der begehrten vorläufigen teilweisen Außerkraftsetzung der angegriffenen Regelungen der Zulassungszahlenverordnung 2009/2010 sei in den bereits eingeleiteten beziehungsweise zu erwartenden Kapazitätsprozessen eine im Umfang des von ihnen angesprochenen Sicherheitszuschlages erhöhte Zahl von Studienplätzen festzustellen und nach der Praxis der saarländischen Verwaltungsgerichte unter den Antragstellern der Kapazitätsprozesse zu verlosen, letztlich darum gehen, ihre Chancen in dieser Verlosung, in der die Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung keine Rolle spielt, zu erhöhen, so ist zu bemerken: Es ist zunächst keineswegs sicher, dass eine solche Annahme überhaupt zuträfe, denn wie bereits angesprochen, dürfte die Beigeladene auch die Möglichkeit haben, dem im Raum stehenden Rechtsverstoß vorsorglich durch eine Überbuchung zu begegnen und weitere Studienplätze nach der Rangfolge des Hochschulauswahlverfahrens, d.h. nach der Durchschnittsnote, zu vergeben. Zum anderen wäre die Erhöhung der Loschance, die im Übrigen auch ganz wesentlich durch die Zahl der Antragsteller in den Kapazitätsprozessen bestimmt wird, eine Folge des in der Rechtsprechung der saarländischen Verwaltungsgerichte gewählten Weges zur Verteilung festgestellter verschwiegener Studienplätze im gerichtlichen Verfahren, stellte sich für die Antragsteller jedoch nicht als Ausgleich von infolge des doppelten Abiturjahrganges verschlechterter Zulassungschancen dar. Denn wie bereits angesprochen, wären die Antragsteller nach Lage der Dinge auch dann nicht zum Zuge gekommen, wenn die Zahl der Studienplätze in den Studiengängen Humanmedizin und Zahnmedizin im Wintersemester 2009/2010 in einem Umfang erhöht worden wäre, dass die Auswahlgrenzen der Vorjahre unverändert geblieben wären. Wenn die Antragsteller nunmehr auf verbesserte Loschancen im Falle der von ihnen erstrebten teilweisen Außerkraftsetzung der Zulassungszahlenverordnung 2009/2010 abzielen sollten, ginge es ihnen letztlich um einen „Vorteil“, den sie bei einem - nach ihren Vorstellungen - rechtmäßigen Verhalten der Wissenschaftsverwaltung so nicht gehabt hätten. Das rechtfertigt es, die Belange der Antragsteller in der hier vorzunehmenden Abwägung geringer zu gewichten als die gegenläufigen Belange des Antragsgegners und der Beigeladenen. Letztlich würde die erstrebte teilweise Außerkraftsetzung der Zulassungszahlenverordnung 2009/2010 nicht der Abwehr eines (schweren) Nachteils dienen, den die Antragsteller gerade infolge der vorläufigen Weitergeltung der angegriffenen Regelungen zu erwarten hätten. Ihre Anordnungsanträge sind daher abzulehnen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52, 53 Abs. 3 Nr. 2, 63 GKG, wobei für jeden der Antragsteller ein Streitwert von 1.000,-- EUR auszubringen war, was zu dem festgesetzten Gesamtstreitwert von 5.000,-- EUR führt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner; außergerichtliche Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Antragsteller, die jeweils bereits erfolgreich ein Erststudium absolviert haben, erstreben die Zulassung zum Studium der Humanmedizin (Antragsteller zu 1, 3, 4 und 5) beziehungsweise Zahnmedizin (Antragstellerin zu 2) als sogenannte Zweitstudienbewerber. Zum Teil haben sie in ihren Bewerbungen bei der Stiftung für Hochschulzulassung die Beigeladene als gewünschte Hochschule beziehungsweise den Studienort B-Stadt/Homburg benannt (Antragsteller zu 3: Platz 6; Antragsteller zu 4: Platz 1). Die Antragsteller beabsichtigen für den Fall, dass es ihnen nicht gelingt, im zentralen Vergabeverfahren in der Quote der Zweitstudienbewerber einen Studienplatz in dem gewünschten Studiengang zu erhalten, unter Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes die Zulassung zum Medizin- beziehungsweise Zahnmedizinstudium an der Beigeladenen auf einem außerkapazitären Studienplatz zu erstreiten.
Mit der „Zweiten Verordnung zur Änderung der Verordnung über die zentrale Vergabe von Studienplätzen durch die Stiftung für Hochschulzulassung (VergabeVO Stiftung)“ vom 20.4.2011, Amtsbl. 2011 I vom 5.5.2011, S. 172, die in ihrem Art. 2 den Tag nach ihrer Verkündung als Zeitpunkt ihres Inkrafttretens bestimmt (6.5.2011), wurde in die Vergabeverordnung Stiftung SL vom 12.6.2010 (Amtsbl. 2010 I, S. 1160) in der Fassung der Ersten Änderungsverordnung vom 28.2.2011 (Amtsbl. 2011 I, S. 74) soweit hier wesentlich folgender neuer § 23 eingefügt:
„§ 23 Zulassung außerhalb der festgesetzten Zulassungszahlen
Ein Antrag, mit dem ein Anspruch auf Zulassung außerhalb der festgesetzten Zulassungszahl geltend gemacht wird, muss für das Sommersemester bis zum 15. April und für das Wintersemester bis zum 15. Oktober bei der Universität des Saarlandes eingegangen sein (Ausschlussfristen). Voraussetzung für die Zulassung außerhalb der festgesetzten Zulassungszahlen ist ferner ein Antrag auf Zulassung nach § 3 im zentralen Vergabeverfahren für den Studienort B-Stadt oder Homburg. Sind Zulassungen außerhalb der festgesetzten Kapazität auszusprechen, hat sich die Vergabe an den Vergabekriterien im zentralen Vergabeverfahren zu orientieren.“
Am 5.7.2011 haben die Antragsteller beim Oberverwaltungsgericht ein Normenkontrollverfahren eingeleitet. Zur Begründung ihrer Normenkontrollanträge führen die Antragsteller im Wesentlichen aus, die Bestimmungen des § 23 Sätze 2 und 3 VergabeVO Stiftung SL seien § 24 VergabeVO ZVS/Stiftung BW nachgebildet. Die baden-württembergische Regelung habe der VGH Mannheim dahin ausgelegt, dass im gerichtlichen Verfahren aufgedeckte Restkapazitäten, die nach den Kriterien des Vergabeverfahrens bei der Stiftung für Hochschulzulassung zu verteilen seien, nach den Kriterien des Auswahlverfahrens der Hochschulen zu vergeben seien, da es kein Nachrückverfahren im Rahmen der Abiturbesten- und der Wartezeitquote gebe, sondern in diesen Quoten nicht in Anspruch genommene Studienplätze der Quote des Auswahlverfahrens der Hochschulen zugeschlagen würden. Insoweit regelten die Bestimmungen des § 24 Sätze 2 und 3 VergabeVO ZVS/Stiftung BW ein besonderes Nachrückverfahren. Demzufolge sei für den geforderten Antrag auf Zulassung nach § 3 im zentralen Vergabeverfahren in dem betreffenden Studiengang für den betreffenden Studienort die Studienortangabe im Auswahlverfahren der Hochschulen maßgeblich. Das Bundesverwaltungsgericht habe diese Rechtsprechung gebilligt. Über eine hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde sei noch nicht entschieden. Die hier maßgeblichen Regelungen des § 23 Sätze 2 und 3 VergabeVO Stiftung SL verletzten sie als Zweitstudienbewerber in ihren Grundrechten aus Art. 3 Abs. 1, 12 Abs. 1, 19 Abs. 4 GG jeweils in Verbindung mit Verstößen gegen das Rechts- und Sozialstaatsprinzip. Würde, was freilich keineswegs zweifelsfrei sei, die in Rede stehende saarländische Regelung in gleicher Weise ausgelegt wie § 24 Sätze 2 und 3 VergabeVO ZVS/Stiftung BW durch den VGH Mannheim, so führte das im Ergebnis zu einem mit den Art. 3 Abs. 1, 12 Abs. 1 GG nicht zu vereinbarenden generellen Ausschluss von Zweitstudienbewerbern von der Vergabe außerkapazitärer Studienplätze. Zweitstudienbewerber könnten sich nämlich aufgrund ausdrücklicher Ausschlussregelungen nicht in den Quoten der Abiturbesten, der Altwarter und des Auswahlverfahrens der Hochschulen bewerben. Wenn man mit dem Bundesverwaltungsgericht davon ausgehe, dass außerkapazitäre Studienplätze nach den Ranglisten vergeben würden, die im Auswahlverfahren der betreffenden Hochschule erstellt würden, scheide eine Berücksichtigung von Zweitstudienbewerbern aus, da diese aus Rechtsgründen keine Möglichkeit hätten, auf diese Ranglisten zu gelangen. Abgesehen hiervon sei die Auslegung von § 24 Sätze 2 und 3 VergabeVO ZVS/Stiftung BW durch den VGH Mannheim mit dem Wortlaut dieser Norm nicht zu vereinbaren, da nach diesem eine Bewerbung für den betreffenden Studienort im zentralen Vergabeverfahren und eben nicht im davon zu unterscheidenden Auswahlverfahren der Hochschulen gefordert werde und auch die Vergabe aufgedeckter Studienplätze in Orientierung an den Kriterien des zentralen Vergabeverfahrens und nicht nach denjenigen des Auswahlverfahrens der Hochschulen angeordnet werde. Der VGH Mannheim habe aufgrund seiner Auslegung seiner Beurteilung letztlich eine Norm zugrunde gelegt, die der Verordnungsgeber gar nicht erlassen habe. Das Bundesverwaltungsgericht habe sich an diese Auslegung gebunden gesehen. Im Übrigen verstoße § 23 VergabeVO Stiftung SL ebenso wie § 24 VergabeVO ZVS/Stiftung BW gegen das Erfordernis einer hinreichenden gesetzlichen Ermächtigung, da die vom VGH Mannheim herangezogene Regelung des Art. 12 Abs. 1 Nr. 4 des Staatsvertrages über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung vom 5. Juni 2008 – im Folgenden: Staatsvertrag 2008 -, ratifiziert im Saarland durch Gesetz Nr. 1666 zur Ratifizierung des Staatsvertrages über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung vom 5. Juni 2008 (Amtsbl. 2009, 331), eine solche Ermächtigung für die Regelung der Vergabe auch außerkapazitärer Studienplätze nicht enthalte. Bisher sei es im Übrigen einhellige Auffassung gewesen, dass es Sache der Verwaltungsgerichte sei, die Art des Vergabeverfahrens bei aufgedeckten außerkapazitären Studienplätzen anzuordnen. Zudem verletze § 23 Sätze 2 und 3 VergabeVO Stiftung SL das durch Art. 12 Abs. 1 GG unter anderem gewährleistete Recht auf freie Wahl des Studienortes. Denn es sei nicht erkennbar, aus welchen Gründen bei Anträgen auf Zuweisung von Studienplätzen außerhalb der Kapazität eine Bindung an die Ortswahl im Verfahren betreffend die Vergabe von Studienplätzen innerhalb der Kapazität erforderlich sein sollte. Zudem werde, jedenfalls von den Alt-Abiturienten, für die die reguläre Bewerbungsfrist am 31.5. ablaufe, eine „taktische“ Entscheidung über die Ortswahl zu einem Zeitpunkt gefordert, zu dem die Bundesländer ihre Zulassungszahlenverordnungen noch nicht veröffentlicht hätten und daher die Zulassungschancen im innerkapazitären und im außerkapazitären Verfahren noch nicht beurteilt werden könnten. Eine Beschränkung auf die Ortswahl lasse sich insbesondere dann nicht rechtfertigen, wenn – wie in den medizinischen Studiengängen an der Beigeladenen - auch im Auswahlverfahren der Hochschulen lediglich eine Auswahl nach der Abiturnote erfolge. Verschärft werde die Situation, wenn – wie dies häufig der Fall sei – die Beteiligung am Auswahlverfahren einer Hochschule von ihrer Benennung an erster Stelle (erste Ortspräferenz) abhängig gemacht werde. Letztlich gehe es offenbar nur darum, die Möglichkeiten der Erhebung von Kapazitätsklagen einzuschränken.
Mittlerweile habe das OVG Magdeburg die weitgehend inhaltsgleiche Regelung in Sachsen-Anhalt wegen des mit Art. 25 Abs. 1 LVerf S-A nicht zu vereinbarenden Ausschlusses ausländischer Studienbewerber von der Kapazitätsklage für unwirksam erklärt. Die betreffende Verfassungsnorm entspreche weitgehend der Regelung in Art. 33 Abs. 3 Satz 1 LVerF SL. Auch unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt seien die angegriffenen Bestimmungen daher einer Nachprüfung im Normenkontrollverfahren zu unterziehen, da es insoweit auf eine Verletzung von Rechten der Antragsteller nicht ankomme. Im Übrigen sei eine Bewerbung im zentralen Vergabeverfahren absolut sinnlos, solang die Studienplätze im Auswahlverfahren der Hochschulen allein nach der Abiturnote vergeben würden.
Die Antragsteller beantragen,
§ 23 Sätze 2 und 3 VergabeVO-Stiftung vom 20.2.2011, Abl. S. 172, für unwirksam zu erklären.
Der Antragsgegner beantragt,
die Normenkontrollanträge zurückzuweisen.
Er nimmt zur Auslegung von § 23 Sätze 2 und 3 VergabeVO-Stiftung SL Bezug auf seinen Vortrag in dem Antragsverfahren 2 B 308/11 betreffend die vorläufige Außervollzugsetzung der angegriffenen Regelung. In jenem Verfahren hat er ausgeführt, es treffe zu, dass sich Zweitstudienbewerber im innerkapazitären Zulassungsverfahren nicht in der Abiturbesten-, der Wartezeit- und insbesondere nicht in der Quote des Auswahlverfahrens der Hochschulen bewerben könnten. Sie seien auf eine Bewerbung in einem eigenen Zugangsweg, die sogenannte Vorabquote, beschränkt. Weiter sei im Staatsvertrag geregelt, dass nicht in Anspruch genommene Studienplätze für Zweitstudienbewerber aus der Vorabquote nicht in einem gesonderten Nachrückverfahren vergeben würden, sondern der Quote des Auswahlverfahrens der Hochschulen zufielen und dort vergeben würden. Da Zweitstudienbewerber sich im Auswahlverfahren der Hochschulen nicht bewerben könnten, würden sie zugunsten von Erststudienbewerbern von der Vergabe dieser nicht in Anspruch genommenen Studienplätze ausgeschlossen. Die im Staatsvertrag getroffenen Regelungen zu Lasten der Zweistudienbewerber seien nach der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung auch verfassungsgemäß. Das zeige insbesondere die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 3.11.1982 – 1 BvR 900/78 -. Gemäß § 23 Satz 3 VergabeVO Stiftung SL habe sich die Vergabe nachträglich aufgedeckter Studienplätze an den Vergabekriterien im zentralen Vergabeverfahren zu orientieren. Das bedeute, dass die Vergabe in einer besonderen Form des innerkapazitär in entsprechender Weise durchzuführenden Nachrückverfahrens erfolge. Nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zur identischen baden-württembergischen Regelung habe der Landesgesetzgeber mit den Maßstäben des Auswahlverfahrens der Hochschulen den für die Verwirklichung der Chancengleichheit rechtssystematisch geeigneten Teil der Auswahlkriterien des innerkapazitären Vergabeverfahrens auf die Vergabe nachträglich aufgedeckter Studienplätze übertragen. Das Bundesverwaltungsgericht habe auch deutlich gemacht, dass ein vollständiger Gleichlauf von innerkapazitärem und außerkapazitärem Verfahren mit beträchtlichen Schwierigkeiten verbunden wäre. Da der größte Teil der Studienplätze innerkapazitär im Auswahlverfahren der Hochschulen vergeben werde, sei es angesichts des Anspruches der Studienbewerber auf Chancengleichheit gerechtfertigt, aufgedeckte Reststudienplätze entsprechend den Regeln des innerkapazitären Nachrückverfahrens zu vergeben, an dem die Zweitstudienbewerber nicht teilnähmen. Die Beigeladene wäre aber wegen der überschaubaren Anzahl von Studienplätzen im Saarland in den medizinischen Fächern nach eigenem Bekunden auch in der Lage, Zweitstudienplatzkläger bei der Vergabe der außerkapazitär aufgedeckten Studienplätze zu berücksichtigen für den Fall, das so viele Studienplätze aufgedeckt würden, dass sich bei der Bildung der Vorabquote rechnerisch ein oder mehrere Studienplätze für Zweitstudienbewerber ergäben. Die Beigeladene könne hierbei auf die von der Stiftung erstellten Ranglisten für Zweitstudienbewerber zurückgreifen. Voraussetzung für eine Zulassung außerhalb der festgesetzten Kapazität wäre allerdings auch für Zweitstudienbewerber, dass sie nach Maßgabe des § 23 Satz 2 VergabeVO Stiftung SL einen Antrag auf Zulassung nach § 3 im zentralen Vergabeverfahren für den Studienort B-Stadt beziehungsweise Homburg stellten. Auch bei der Bewerbung im Rahmen der Vorabquote seien gemäß § 3 Abs. 2 Satz 3 VergabeVO Stiftung SL die gewünschten Studienorte in einer Reihenfolge anzugeben.
In seiner Antragserwiderung im vorliegenden Normenkontrollverfahren macht der Antragsgegner ergänzend geltend, der saarländische Verordnungsgeber sei dem baden-württembergischen gefolgt, nachdem das Bundesverwaltungsgericht dessen Regelungen als mit Bundesrecht vereinbar bestätigt habe. Die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts beanspruchten daher auch für § 23 Sätze 2 und 3 VergabeVO Stiftung SL Geltung. Der saarländische Verordnungsgeber habe den Wortlaut von § 24 VergabeVO Stiftung BW mit Ausnahme des letzten Teilsatzes von Satz 3, dem kein Anwendungsbereich zukomme, übernommen. Rechtsgrundlage für die saarländische Regelung sei Art. 12 Abs. 1 Nr. 4 Staatsvertrag 2008. Hinsichtlich der Bestimmtheit der Norm sei mit dem Bundesverwaltungsgericht davon auszugehen, dass mit Bewerbungen für den betreffenden Studienort „im zentralen Vergabeverfahren“ im Wege verfassungskonformer Auslegung auf das Auswahlverfahren der Hochschule Bezug genommen werde. In diesem Verfahren werde dem Grundsatz der Chancengleichheit in möglichst großem Umfang Rechnung getragen. Eine vollständige Übernahme der Kriterien des innerkapazitären Vergabeverfahrens würde hingegen zu Schwierigkeiten führen. Im Übrigen könnten auch Zweitstudienbewerber in ihrer Bewerbung gewünschte Studienorte angeben.
Die Beigeladene hat sich im Normenkontrollverfahren nicht im Einzelnen geäußert und auch keinen Antrag gestellt.
Wegen des Sachverhaltes im Übrigen wird auf die Gerichtsakten 2 C 300/11 – 2 B 308/11 sowie 2 C 404/11 – 2 B 307/11 Bezug genommen. Er war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die Normenkontrollanträge der Antragsteller sind zulässig und begründet.
Die Antragsteller sind befugt, die von ihnen angegriffenen Regelungen der §§ 23 Sätze 2 und 3 VergabeVO Stiftung SL in der Fassung der Zweiten Verordnung zur Änderung der VergabeVO Stiftung vom 20.4.2011 (Amtsbl. 2011 I, S. 172) mit Normenkontrollanträgen zur gerichtlichen Nachprüfung zu stellen.
Sie sind sämtlich Inhaber von Hochschulzugangsberechtigungen, und ihnen vermittelt Art. 12 Abs. 1 GG bei Erfüllung der subjektiven Zulassungsvoraussetzungen prinzipiell ein Recht auf Zulassung zu einem Studium ihrer Wahl an einem von ihnen gewählten Studienort beziehungsweise haben sie in der – was die medizinischen Studiengänge anbelangt – durch ein weit hinter der Nachfrage zurückbleibendes Studienplatzangebot bestimmten Situation ein aus den Artikeln 3 Abs. 1, 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip abgeleitetes Recht auf Teilhabe an der Vergabe der verfügbaren Studienplätze. Dem steht nicht entgegen, dass sie bereits ein Hochschulstudium absolviert haben und sich als sogenannte Zweitstudienbewerber um Studienplätze in medizinischen Studiengängen bewerben. Denn es entspricht der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass der verfassungsrechtlich gewährleistete Anspruch auf Zulassung zum Studium der Wahl durch Absolvierung eines Erststudiums nicht verbraucht wird
Daran ändert auch der Umstand nichts, dass es das Bundesverfassungsgericht in der zitierten Entscheidung grundsätzlich gebilligt hat, wenn in zulassungsbeschränkten Studiengängen im Interesse von Erstbewerbern, die noch keinen berufsqualifizierten Abschluss erreicht haben, der Zugang von Bewerbern mit abgeschlossener Hochschulausbildung zum Zweitstudium selbst erheblich erschwert wird. Können sich danach auch Zweitstudienbewerber hinsichtlich des von ihnen erhobenen Anspruchs auf Zulassung zu einem weiteren Studium prinzipiell auf die Eingangs angeführten verfassungsrechtlichen Gewährleistungen berufen, so kann unter Zugrundelegung des hier maßgeblichen Maßstabes des § 47 Abs. 2 VwGO nicht von der Hand gewiesen werden, dass die Antragsteller durch § 23 Sätze 2 und 3 VergabeVO Stiftung SL, die die Teilnahme an der Vergabe von eventuell festgestellten außerkapazitären Studienplätzen einschränken und Zweitstudienbewerber unter Umständen sogar vollständig von der Vergabe solcher Studienplätze ausschließen, in ihren (Teilhabe-)Rechten verletzt werden.
Die danach bestehende Möglichkeit einer Verletzung von Rechten der Antragsteller impliziert bei den vorliegenden Gegebenheiten ein schützenswertes Interesse an der sachlichen Entscheidung über ihre Normenkontrollanträge. Die begehrte Feststellung der Unwirksamkeit von § 23 Sätze 2 und 3 VergabeVO Stiftung SL würde die Position der Antragsteller in den von ihnen beabsichtigten Kapazitätsprozessen mit der Beigeladenen offenkundig verbessern, da die Beteiligung an der Vergabe eventuell festgestellter außerkapazitärer Studienplätze nicht zusätzlich von der Erfüllung der Voraussetzungen von § 23 Satz 2 VergabeVO Stiftung SL abhinge und die Vergabe sich nicht nach dem in § 23 Satz 3 VergabeVO Stiftung SL vorgegebenen Vergabemodus – wie auch immer die Bestimmung auszulegen ist – richtete.
Dass die Antragsteller mit ihren am 5.7.2011 bei Gericht eingegangenen Normenkontrollanträgen die mit Bekanntmachung der angegriffenen Norm am 5.5.2011 in Lauf gesetzte Jahresfrist des § 47 Abs. 2 VwGO gewahrt haben, bedarf keiner näheren Erörterung.
Den Normenkontrollanträgen ist auch in der Sache zu entsprechen.
Die von den Antragstellern angegriffenen Regelungen in § 23 Sätze 2 und 3 VergabeVO Stiftung SL verstoßen, versteht man sie ausgehend von den Regelungsintentionen des Antragsgegners dahin, dass § 23 Satz 2 VergabeVO Stiftung SL die Beteiligung an der Vergabe außerkapazitärer Studienplätze davon abhängig macht, dass der Studienbewerber fristgerecht einen innerkapazitären Zulassungsantrag gestellt hat, in dem der Studienort B-Stadt/Homburg in der Quote des Auswahlverfahrens der Hochschule gewählt wurde, und § 23 Satz 3 VergabeVO Stiftung SL die Vergabe außerkapazitärer Studienplätze nach den Kriterien des Auswahlverfahrens der Hochschule vorschreibt, gegen das Gebot der Normenbestimmtheit und Normenklarheit. Dieses Gebot verlangt, dass normative Regelungen so gefasst sind, dass ihnen die Betroffenen die Rechtslage so klar entnehmen können, dass sie ihr Verhalten danach ausrichten können. Die Anforderungen an die Bestimmtheit erhöhen sich dabei mit der Intensität, mit der auf der Grundlage der betreffenden Regelung in grundrechtlich geschützte Bereiche eingegriffen werden darf. Nicht nur bei Eingriffen in die Freiheitssphäre des Einzelnen, sondern auch bei der Gewährung von Leistungen müssen die Normen in ihrem Inhalt entsprechend ihrer Zwecksetzung für die Betroffenen klar und nachvollziehbar sowie in ihrer Ausgestaltung widerspruchsfrei sein. Daraus folgt freilich nicht, dass eine Norm überhaupt keine Anwendungsprobleme aufwerfen darf. Dem Gebot der Normenbestimmtheit und Normenklarheit ist vielmehr auch dann Rechnung getragen, wenn sich mit Hilfe der herkömmlichen Auslegungsmethoden, insbesondere durch Heranziehung der Vorschriften des selben Gesetzes, durch Berücksichtigung des Normenzusammenhanges oder aufgrund einer gefestigten Rechtsprechung eine zuverlässige Grundlage für das Verständnis und die Anwendung der Norm gewinnen lässt
vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 3.6.1992 – 2 BvR 1041/88, 78/89 – E 86, 288, 311; Beschluss vom 27.11.1990 – 1 BvR 402/87 – E 83, 130, 145; Beschluss vom 26.7.2005 – 1 BvR 782/94, 957/96 – E 114, 1, 53.
Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe gelangt der Senat vorliegend zu dem Ergebnis, dass die in § 23 Sätze 2 und 3 VergabeVO Stiftung SL getroffenen Regelungen in der den Regelungsabsichten des Antragsgegners entsprechenden Auslegung das Gebot der Normenbestimmtheit und Normenklarheit verletzen. Die Bestimmung des § 23 Satz 2 VergabeVO Stiftung macht die Teilnahme an der Vergabe von außerkapazitären Studienplätzen davon abhängig, dass der Studienbewerber einen Antrag auf Zulassung nach § 3 im zentralen Vergabeverfahren für den Studienort B-Stadt oder Homburg gestellt hat. Nach § 23 Satz 3 VergabeVO Stiftung SL hat sich die Vergabe von außerkapazitären Studienplätzen an den Vergabekriterien im zentralen Vergabeverfahren zu orientieren. In Abs. 1 des in § 23 Satz 2 VergabeVO Stiftung SL in Bezug genommenen § 3 VergabeVO Stiftung SL ist geregelt, dass sich Zulassungsanträge zugleich auf die Teilnahme am zentralen Vergabeverfahren und auf die Teilnahme am Auswahlverfahren der Hochschule richten. Aus § 7 VergabeVO Stiftung SL – „Ablauf des zentralen Vergabeverfahrens“ – ergibt sich, dass im zentralen Vergabeverfahren die Studienplätze in der Abiturbestenquote (§ 7 Abs. 2 VergabeVO Stiftung SL) und „danach“ die Studienplätze in den Quoten nach § 6 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 5 VergabeVO Stiftung SL von der Stiftung für Hochschulzulassung vergeben werden (§ 7 Abs. 3 VergabeVO Stiftung). In § 6 Abs. 2 Satz 1 VergabeVO Stiftung SL sind die Quoten für Fälle außergewöhnlicher Härte (Nr. 1), für Bewerberinnen und Bewerber mit besonderer Hochschulzugangsberechtigung (Nr. 2) und für Zweitstudienbewerber (Nr. 3) festgelegt. Die Vorschrift des § 6 Abs. 5 VergabeVO Stiftung SL betrifft die sogenannte Wartezeitquote. Ferner bestimmt § 9 VergabeVO Stiftung SL, dass mit der Vergabe der Studienplätze nach § 7 Abs. 3 VergabeVO Stiftung SL das zentrale Vergabeverfahren abgeschlossen ist und Studienplätze in den von der Stiftung für Hochschulzulassung vergebenen Quoten, dienach Abschluss des Vergabeverfahrens noch verfügbar sind oder wieder verfügbar werden, im Auswahlverfahren der Hochschulen vergeben werden. Das Auswahlverfahren der Hochschulen ist dann (gesondert) in § 10 VergabeVO Stiftung SL geregelt.
Die Wahl von Studienorten ist begrenzt auf – jeweils – bis zu sechs in der Abiturbestenquote und im Auswahlverfahren der Hochschulen (§ 3 Abs. 3 Sätze 3 und 4 VergabeVO Stiftung SL) sowie – ohne diese zahlenmäßige Begrenzung – in den weiteren durch die Stiftung vergebenen Quoten (§ 3 Abs. 3 Satz 3 VergabeVO Stiftung SL), unter anderem in der Quote für Zweitstudienbewerber vorgesehen.
Ausgehend davon, dass § 3 Abs. 1 VergabeVO Stiftung SL, indem er festlegt, dass Zulassungsanträge sowohl für die Teilnahme am zentralen Vergabeverfahren als auch zugleich für die Teilnahme am Auswahlverfahren der Hochschulen gelten, zum Ausdruck bringt, dass es sich insoweit um zwei unterschiedliche Verfahren handelt, § 7 VergabeVO Stiftung SL aufführt, welche Studienplätze in welchen Quoten in welcher Reihenfolge im zentralen Vergabeverfahren vergeben werden, und nach § 9 VergabeVO Stiftung SL das zentrale Vergabeverfahren mit der Vergabe der Studienplätze nach § 7 Abs. 3 VergabeVO Stiftung SL abgeschlossen ist und etwaige noch verbliebene oder wieder frei gewordene Studienplätze dann in dem in § 10 VergabeVO Stiftung SL gesondert geregelten Auswahlverfahren der Hochschulen vergeben werden, ist der Schluss gerechtfertigt, dass die Vergabeverordnung Stiftung SL zwischen dem zentralen Vergabeverfahren einerseits und dem Auswahlverfahren der Hochschulen andererseits unterscheidet. Von daher drängt sich bei unbefangener Lektüre von § 23 Sätze 2 und 3 VergabeVO Stiftung SL unter Heranziehung der übrigen Bestimmungen der Vergabeverordnung Stiftung SL eine Auslegung der umstrittenen Regelung dahin auf, dass den Anforderungen von § 23 Satz 2 VergabeVO Stiftung SL dann Rechnung getragen ist, wenn ein Antrag auf innerkapazitäre Zulassung gestellt worden ist, bei dem in einer der Quoten, in denen die Studienplätze im zentralen Vergabeverfahren (§ 7 VergabeVO Stiftung SL) verteilt werden, als gewünschter Studienort B-Stadt/Homburg angegeben wird, und nach § 23 Satz 3 VergabeVO Stiftung SL außerkapazitäre Studienplätze in Orientierung an den Kriterien vergeben werden, nach denen die Studienplätze in den im zentralen Vergabeverfahren abgearbeiteten Quoten verteilt werden. Ein Anhaltspunkt dahin, dass die Studienortwahl (B-Stadt oder Homburg) in der Quote des Auswahlverfahrens der Hochschule ausreichend oder sogar allein maßgebend wäre, liefert der Wortlaut von § 23 Sätze 2 und 3 VergabeVO Stiftung selbst dann nicht, wenn zu seiner Auslegung die übrigen Bestimmungen der Vergabeverordnung Stiftung SL herangezogen werden. Diese auf den Wortlaut der umstrittenen Regelungen unter Heranziehung der übrigen Vorschriften der Vergabeverordnung Stiftung SL abstellende Auslegung entspricht jedoch nicht den Regelungsintentionen des Antragsgegners. Wie die „Entstehungsgeschichte“ von § 23 VergabeVO Stiftung SL zeigt, wollte der Antragsgegner offenbar die weitgehend wortgleichen Regelungen in § 24 VergabeVO ZVS/Stiftung BW übernehmen, nachdem der VGH Mannheim einen gegen diese Norm gerichtete Normenkontrollantrag abgelehnt
VGH Mannheim, Urteil vom 29.10.2009 – 9 S 1611/09 – zitiert nach Juris
und das Bundesverwaltungsgericht
Urteil vom 23.3.2011 – 6 CN 3/10 –
die gegen diese Entscheidung eingelegte Revision zurückgewiesen hat. Das ergibt sich zum einen aus dem Umstand, dass der saarländische Verordnungsgeber § 24 Sätze 2 und 3 VergabeVO ZVS/Stiftung BW bis auf den letzten Teilsatz des Satzes 3 dieser Vorschrift -„…, wenn die Hochschule für die Bewerber um diese Zulassungen entsprechende Ranglisten erstellt“ – und die Angabe des konkreten saarländischen Studienortes – B-Stadt oder Homburg – in Satz 2 in § 23 Sätze 2 und 3 VergabeVO Stiftung SL wörtlich übernommen und diese Regelungen unmittelbar im Anschluss an das Bekanntwerden des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.3.2011 erlassen hat.
Der VGH Mannheim hat indes das in § 24 Sätze 2 und 3 VergabeVO ZVS/Stiftung BW ebenfalls begründete Erfordernis eines Antrages auf Zulassung nach § 3 im zentralen Vergabeverfahren in dem betreffenden Studiengang für den betreffenden Studienort dahin ausgelegt, dass die Bewerbung für den betreffenden Studienort im Auswahlverfahren der Hochschulen (in der Quote des Auswahlverfahrens der Hochschule) erfolgen muss und die Vergabe von unter Umständen festgestellten außerkapazitären Studienplätzen in Orientierung an den Vergabekriterien im zentralen Vergabeverfahren sich nach den Kriterien des Auswahlverfahrens der betreffenden Hochschulen richtet
Das Bundesverwaltungsgericht ist in seinem Urteil vom 20.3.2011 zu dem Ergebnis gelangt, dass die baden-württembergischen Regelungen in der Auslegung, die sie durch den VGH Mannheim gefunden haben und an die es sich – wie es mehrfach hervorgehoben hat - gebunden gesehen hat, nicht gegen Bundesrecht verstoßen und hat ergänzend ausgeführt, dass der Landesverordnungsgeber in Anbetracht der Vorgaben aus Art. 15 Abs. 1 Nr. 6 Staatsvertrag 2006 (jetzt Art. 12 Abs. 1 Nr. 4 Staatsvertrag 2008), Art. 13 Abs. 4 Staatsvertrag 2006 (Art. 10 Abs. 4 Staatsvertrag 2008) und Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Staatsvertrag 2006 (Art. 10 Abs. 1 Nr. 3 Staatsvertrag 2008) auf die Übernahme der Maßstäbe der von den Hochschulen für die innerkapazitäre Studienplatzvergabe durchzuführenden Auswahlverfahren (§ 32 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 HRG) gesetzlich festgelegt sei
BVerwG, Urteil vom 23.3.2011 – 6 CN 3.10 – Rdnr. 22 und Rdnr. 18.
Hieran anknüpfend hat der Antragsgegner im vorliegenden Normenkontrollverfahren mit Schriftsatz vom 2.11.2011 klargestellt, dass der saarländische Verordnungsgeber mit § 23 VergabeVO Stiftung SL dem baden-württembergischen Verordnungsgeber gefolgt sei, nachdem das Bundesverwaltungsgericht die Entscheidung des VGH Mannheim zu § 24 Sätze 2 und 3 VergabeVO ZVS/Stiftung BW gebilligt habe; die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts zu den letztgenannten Regelungen würden auch für die saarländische Regelung Geltung beanspruchen.
Gemessen an dem vom Antragsgegner insoweit der Sache nach genannten Regelungsziel, in Übernahme der Auslegung von § 24 Satz 2 VergabeVO ZVS/Stiftung BW durch den VGH Mannheim auch im Saarland die Beteiligung eines Studienbewerbers an der Vergabe außerkapazitärer Studienplätze davon abhängig zu machen, dass er einen innerkapazitären Zulassungsantrag stellt, in dem der Studienort B-Stadt/Homburg in der Quote des Auswahlverfahrens der Hochschulen gewählt wird, und etwaige außerkapazitäre Studienplätze nach den Auswahlkriterien des Auswahlverfahrens der Hochschulen zu vergeben, tragen die Regelungen des § 23 Sätze 2 und 3 VergabeVO Stiftung SL der aus dem Gebot der Normenbestimmtheit und Normenklarheit abzuleitenden Forderung, dass eine Norm den Betroffenen in die Lage versetzen muss, klar zu erkennen, was von ihm verlangt wird, nicht hinreichend Rechnung. Ausgehend davon, dass § 23 Satz 2 VergabeVO Stiftung SL nach seinem Wortlaut die Wahl des Studienortes B-Stadt/Homburg im Rahmen eines innerkapazitären Zulassungsantrag „nach § 3 im zentralen Vergabeverfahren“ verlangt, - wie dargelegt – sowohl § 3 Abs. 1 VergabeVO Stiftung SL als auch die Bestimmungen der §§ 7, 9 und 10 VergabeVO Stiftung SL, also Bestimmungen der selben Verordnung, die zur Ermittlung des Normverständnisses heranzuziehen sind, zwischen dem zentralen Vergabeverfahren, in dem die Studienplätze in verschiedenen Quoten verteilt werden, einerseits und dem Auswahlverfahren der Hochschulen andererseits unterscheiden, geben die umstrittenen Regelungen selbst dem Studienbewerber gerade keinerlei Hinweis darauf, dass für die Teilhabe an der Vergabe außerkapazitärer Studienplätze eben nicht die Studienortwahl in einer der Quoten, in denen die Studienplätze im zentralen Vergabeverfahren verteilt werden, sondern - und zwar ausschließlich - die Studienortwahl in der Quote des Auswahlverfahrens der Hochschule maßgeblich ist beziehungsweise sein soll. Der Wortlaut der Norm ist insoweit geeignet, den Studienbewerber zu der nach Regelungsvorstellungen des saarländischen Verordnungsgebers unzutreffenden Annahme zu verleiten, mit der Wahl des Studienortes B-Stadt/Homburg in einer der Quoten, in denen die Studienplätze gemäß § 7 VergabeVO Stiftung SL im zentralen Vergabeverfahren verteilt werden, den Anforderungen des § 23 Satz 2 VergabeVO Stiftung SL Rechnung getragen zu haben. Insoweit unterscheiden sich die umstrittenen saarländischen Regelungen in ihrem Wortlaut von denjenigen, die der baden-württembergische Verordnungsgeber in § 24 Sätze 2 und 3 VergabeVO ZVS/Stiftung BW getroffen hat. Denn § 24 Satz 3 VergabeVO ZVS/Stiftung BW bestimmt zwar ebenso wie § 23 Satz 3 VergabeVO Stiftung SL, dass sich die Vergabe von außerkapazitären Studienplätzen an den Vergabekriterien im zentralen Vergabeverfahren zu orientieren hat, enthält aber den weiteren Teilsatz – „, wenn die Hochschule für die Bewerber um diese Zulassungen entsprechende Ranglisten erstellt“, der in der saarländischen Regelung fehlt. Zwar hat der VGH Mannheim insoweit ausgeführt, dass diesem Konditionalsatz kein Anwendungsbereich zukomme, da im Auswahlverfahren der Hochschulen stets Ranglisten erstellt würden (siehe auch § 10 Abs. 4 bis 7 VergabeVO Stiftung SL), und dies war dann wohl auch Anlass für den saarländischen Verordnungsgeber, von der Übernahme dieses Teilsatzes abzusehen. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der VGH Mannheim gerade in diesem Teilsatz
einen ganz wesentlichen Anhaltspunkt für seine Auslegung dahin gesehen hat, dass mit der Wahl des betreffenden Studienortes diejenige in der Quote des Auswahlverfahrens der Hochschulen gemeint ist. Der VGH Mannheim hat in diesem Zusammenhang ausgeführt:
„Nach Artikel 13 Abs. 4 des Staatsvertrags über die Vergabe von Studienplätzen vom 22.6.2006 und dem folgend § 9 Satz 2 VergabeVO ZVS werden nicht in Anspruch genommene Studienplätze, die von der ZVS nach dem Grad der Qualifikation und der Wartezeit zuzuweisen gewesen wären, von den Hochschulen nach dem Ergebnis ihres Auswahlverfahrens vergeben. Ein Nachrückverfahren für das zentral durch die ZVS durchgeführte Auswahlverfahren der Abiturbesten – und der Wartezeitquote findet folglich nicht statt; diese Plätze werden vielmehr dem Auswahlverfahren der Hochschulen zugeschlagen. Das Nachrückverfahren berücksichtigt somit das Quotensystem von 20:20:60 nicht, sondern bringt ausschließlich das Vergabesystem der jeweiligen Hochschule zur Anwendung. Im Auswahlverfahren der Hochschulen aber sind gemäß § 10 Abs. 9 VergabeVO ZVS „Ranglisten“ zu erstellen, auf die § 24 Satz 3 VergabeVO ZVS ersichtlich Bezug genommen hat. Unbeschadet des insoweit unklaren Vortrags des Antragsgegners im vorliegenden Gerichtsverfahren lässt der objektive Regelungsinhalt der Norm daher den Schluss zu, dass mit den in § 24 Satz 3 VergabeVO ZVS genannten Ranglisten diejenigen des Auswahlverfahrens der Hochschulen gemeint und benannt sind. Dieses Ergebnis wird durch den systematischen Bezug der in § 24 Satz 3 VergabeVO ZVS benannten Ranglisten auf die in Satz 2 angeordnete Bewerbung für den jeweiligen Studienort bestätigt. Denn das Erfordernis einer Bewerbung gerade am jeweiligen Studienort besteht nur für eine Vergabe auf der Grundlage der Ergebnisse des Hochschulauswahlverfahrens. Das Gesamtregelungssystem macht daher hinreichend deutlich, das mit der Bewerbung für den betreffenden Studienort diejenige für das Auswahlverfahren der Hochschulen in Bezug genommen ist und mit den entsprechenden Ranglisten somit die Ergebnisse des Hochschulauswahlverfahrens angesprochen sind. Nur die im Hochschulauswahlverfahren gewählten Studienorte werden im Übrigen auch im ZVS-Ablehnungsbescheid ausgewiesen. Die Ortsangaben in der Abiturbestenquote und nach Wartezeit können dagegen den Bescheiden nicht entnommen werden, so dass die Bezugnahme auf die für das Hochschulauswahlverfahren benannten Studienorte auch schon aus Praktikabilitätsgründen naheliegt. Dies gilt umso mehr, als die Ranglisten des Hochschulauswahlverfahrens ohnehin im Zentralen Vergabeverfahren erstellt werden müssen und die Bezugnahme hierauf damit eine zeitnahe Vergabe der „außerkapazitären“ Studienplätze erleichtert. Die in § 24 Satz 3 letzter Satzteil VergabeVO ZVS angelegte Alternativvariante ist damit indes ohne Anwendungsfall, denn entsprechende Ranglisten hat die Hochschule stets zu erstellen. Im Ergebnis werden damit „außerkapazitäre“ Studienplätze nach den selben Kriterien vergeben wie Nachrückplätze.“
wenn auch in einem etwas anderen Zusammenhang – die Verknüpfung angeführt, „die § 24 Satz 3 VergabeVO ZVS Stiftung/BW mit dem Auswahlverfahren der Hochschulen herstellt“. Weicht der Wortlaut der saarländischen Regelung danach in einem vom VGH Mannheim für die von ihm gefundene Auslegung durchaus bedeutsamen Punkt von dem Wortlaut der baden-württembergischen Regelung ab, so kann der saarländische Verordnungsgeber zur Ermittlung des Inhaltes von § 23 Sätze 2 und 3 VergabeVO Stiftung SL nicht mit Erfolg auf das Vorliegen einer gefestigten Rechtsprechung zur Auslegung entsprechender Bestimmungen verweisen. Ergänzend ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass auch in § 23 Sätze 2 und 3 VergabeVO Stiftung SL vergleichbaren Bestimmungen anderer Bundesländer - soweit ersichtlich - der Bezug zum Auswahlverfahren der Hochschulen teils in einer § 24 VergabeVO ZVS/Stiftung BW entsprechenden, teils in einer sogar noch deutlicheren Weise hergestellt wird. So verweist § 24 Satz 3 VergabeVO Stiftung MV auf die Vergabekriterien des § 4 Abs. 3 Satz 1 Hochschulzulassungsgesetz MV, die das Auswahlverfahren der Hochschulen betreffen, und enthält außerdem den Teilsatz –, „wenn die Hochschule für die Bewerber um diese Zulassung entsprechende Ranglisten erstellt“ -. Nach § 23 Abs. 2 Satz 2 VergabeVO Stiftung SA, erfolgt die Auswahl unter den Bewerberinnen und Bewerbern um außerkapazitäre Studienplätze „entsprechend der für den entsprechenden Studiengang im zentralen Vergabeverfahren für das Auswahlverfahren der Hochschule erstellten Rangliste“. Die Regelung des § 24 a Abs. 2 Satz 2 VergabeVO Stiftung Thüringen bestimmt, dass sich die Vergabe von außerkapazitären Studienplätzen an den Vergabekriterien des Auswahlverfahrens der Hochschulen für diesen Studiengang zu orientieren hat. Zwar mag sich gerade der Umstand, dass eine Reihe von anderen Bundesländern inhaltlich § 24 Sätze 2 und 3 VergabeVO ZVS/Stiftung BW entsprechende Regelungen getroffen hat, als Argument dafür anführen lassen, dass auch die vom saarländischen Verordnungsgeber erlassene Regelung trotz des abweichenden Wortlautes ebenfalls in diesem Sinne auszulegen ist und mag auch das Verständnis des Verfahrens zur Vergabe außerkapazitärer Studienplätze als Sonderfall des innerkapazitären Nachrückverfahrens in Verbindung mit den gesetzlichen Ermächtigungen der Art. 12 Abs. 1 Nr. 4 Staatsvertrag 2008 und Art. 9 Abs. 2 Satz 4, 10 Abs. 4 Staatsvertrag 2008 eine Auslegung dahin stützen, dass es im Anwendungsbereich von § 23 Satz 2 VergabeVO Stiftung SL auf die Studienortwahl im Auswahlverfahren der Hochschulen ankommt und die Vergabe außerkapazitärer Studienplätze gemäß § 23 Satz 3 VergabeVO Stiftung SL mangels erkennbarer anderweitiger gesetzlicher Ermächtigung bei verfassungskonformer Auslegung nach den Kriterien des Auswahlverfahrens der Hochschulen zu erfolgen hat. Das ändert freilich nichts daran, dass die in § 23 Sätze 2 und 3 VergabeVO Stiftung SL getroffenen Regelungen in ihrem Wortlaut nicht nur keinerlei Bezüge aufweisen, die einem betroffenen Studienbewerber einen Anhaltspunkt dahin vermitteln, dass gerade nicht die Studienortwahl in den Quoten des in der Norm ausdrücklich in Bezug genommenen zentralen Vergabeverfahrens, sondern diejenige in der Quote des Auswahlverfahrens der Hochschule (allein) maßgeblich ist und dass die Studienplatzvergabe nach diesen Kriterien erfolgt. Sie sind vielmehr, indem sie ihn auf das nach den §§ 3 Abs. 1, 7, 9 und 10 VergabeVO Stiftung SL vom Auswahlverfahren der Hochschulen zu unterscheidende zentrale Vergabeverfahren verweisen, in dessen Quote ebenfalls Studienorte zu wählen sind oder gewählt werden können, in einer Weise formuliert, die geeignet ist, einem Irrtum dahin Vorschub zu leisten, mit der Wahl des Studienortes B-Stadt/Homburg im innerkapazitären Zulassungsverfahren in einer der Quoten, in denen die Studienplätze im zentralen Vergabeverfahren vergeben werden, die Voraussetzungen §§ 23 Satz 2 VergabeVO Stiftung SL für eine Beteiligung an der Vergabe außerkapazitärer Studienplätze erfüllt zu haben.
Ist danach für einen betroffenen Studienbewerber nicht mit hinreichender Deutlichkeit erkennbar, welche Anforderungen § 23 Satz 2 VergabeVO Stiftung SL an ihn stellt, damit er an der Vergabe außerkapazitärer Studienplätze beteiligt wird, und lässt § 23 Satz 3 VergabeVO Stiftung SL nicht mit hinreichender Sicherheit erkennen, nach welchen Kriterien solche Studienplätze vergeben werden, so ist mit Blick auf die Regelungsvorstellungen des Antragsgegners dem Gebot der Normenbestimmtheit und Normenklarheit nicht hinreichend Rechnung getragen.
In diesem Zusammenhang ist freilich ergänzend zu bemerken, dass der Antragsgegner selbst keine eindeutige Haltung hinsichtlich des von ihm vertretenen Normenverständnisses eingenommen hat. Während er in dem Verfahren 2 B 307/11 die Wahl des Studienortes B-Stadt in der Abiturbestenquote nicht für ausreichend erachtet hatte, hat er in dem Verfahren 2 B 308/11 die Möglichkeit einer Vergabe außerkapazitärer Studienplätze an Zweitstudienbewerber, die den Studienort B-Stadt/Homburg (in ihrer Quote) gewählt haben, zumindest in den Raum gestellt. Zudem hat er in der Antragserwiderung im vorliegenden Normenkontrollverfahren eine Auslegung von § 24 Satz 3 VergabeVO Stiftung SL dahin vertreten, dass die Vergabe außerkapazitärer Studienplätze nach den Kriterien des Auswahlverfahrens der Hochschule zu erfolgen hat, während er in der Antragserwiderung des „ Parallelverfahrens“ 2 C 404/11 eine verfassungskonforme Auslegung dahin in den Raum gestellt hat, dass außerkapazitäre Studienplätze nach den gleichen Regelungen vergeben werden wie innerkapazitäre im zentralen Vergabeverfahren. Allerdings hat er dann in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass es ihm darum gegangen sei, eine § 24 Satz 2 und 3 VergabeVO ZVS/Stiftung BW inhaltsgleiche Regelung zu erlassen, er aber mit Blick auf vom Senat geäußerte Bedenken und die Einwände der Antragsteller auch andere in Betracht zu ziehende (verfassungskonforme) Auslegungen der umstrittenen Regelungen habe aufzeigen wollen.
Aber auch wenn man der Auffassung sein sollte, eine Auslegung von § 23 Sätze 2 und 3 VergabeVO Stiftung SL dahin, dass die Beteiligung an der Vergabe außerkapazitärer Studienplätze einen innerkapazitären Zulassungsantrag voraussetzt, in dem der Studienort B-Stadt/Homburg in der Quote des Auswahlverfahrens der Hochschulen genannt wird, und dass die Vergabe solcher Studienplätze dann nach den Kriterien des Auswahlverfahrens der Hochschulen erfolgt, sei – ausgehend von der „Entstehungsgeschichte“ der Regelungen und die Auslegung der jedenfalls vergleichbaren Bestimmungen des § 24 Sätze 2 und 3 VergabeVO ZVS/Stiftung BW durch den VGH Mannheim – mit dem Gebot der Normenbestimmtheit und Normenklarheit zu vereinbaren, läge ein die Unwirksamkeit der angegriffenen Bestimmungen bewirkender Verstoß gegen höherrangiges Recht vor. Denn diese Auslegung hätte zur Folge, dass Zweitstudienbewerber wie die Antragsteller keine Chance auf Zulassung zum Studium in einem medizinischen Studiengang an der Beigeladenen auf einem eventuell gerichtlich festgestellten außerkapazitären Studienplatz hätten. Sie sind nämlich durch die §§ 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 17 Abs. 1 VergabeVO Stiftung SL rechtlich gehindert, sich im Auswahlverfahren der Hochschule zu bewerben und im Rahmen dieser Bewerbung – wie von § 23 Satz 2 VergabeVO Stiftung SL verlangt – einen Studienort zu wählen, sondern auf eine Bewerbung im Rahmen der Vorabquote für Zweitstudienbewerber (§ 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VergabeVO Stiftung SL: 3 v.H. der Gesamtzahl der festgesetzten Zulassungszahlen) beschränkt. Dieser Ausschluss der Zweitstudienbewerber von der Vergabe außerkapazitärer Studienplätze ist mit dem verfassungsrechtlich durch die Art. 3 Abs. 1, 12 GG i.V.m. mit dem Sozialstaatsprinzip gewährleisteten Teilhaberecht auch der Zweitstudienbewerber an der Vergabe von Studienplätzen in zulassungsbeschränkten Studiengängen nicht zu vereinbaren. Es entspricht insoweit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass der verfassungsrechtlich gewährleistete Anspruch auf Zulassung zum Wunschstudium (bei Erfüllung der subjektiven Zulassungsvoraussetzungen) durch den Abschluss eines Erststudiums nicht verbraucht wird
Es trifft sicherlich zu, dass – worauf auch der Antragsgegner zu Recht hinweist – das Bundesverfassungsgericht in der zitierten Entscheidung weiter ausführt, dass es dem Gesetzgeber nicht verwehrt ist, im Interesse der Erstbewerber, die noch kein berufsqualifizierendes Hochschulstudium absolviert haben, den Zugang von Zweitstudienbewerbern mit bereits abgeschlossener Hochschulausbildung sogar erheblich zu erschweren. Der Gesetzgeber ist danach sogar nicht einmal gehalten, die Zulassungsregelungen in einer Weise auszugestalten, die sämtlichen Zweitstudienbewerbern eine Zulassungschance eröffnet. Zu berücksichtigen ist freilich, dass es die unterschiedlichsten Gruppen von Zweitstudienbewerbern gibt, die sich hinsichtlich der Gründe für den Wunsch nach Durchführung eines weiteren Studiums und der Bedeutung dieser Gründe unterscheiden. So hält es das Bundesverfassungsgericht in der zitierten Entscheidung für rechtmäßig, Zweitstudienbewerber, die ihr erstes Studium als sogenanntes Parkstudium absolviert haben, vom Zugang zum Medizinstudium als Zweitstudium auszuschließen. Gleiches gilt hinsichtlich solcher Zweitstudienbewerber, die durch den Wunsch nach einer beruflichen Veränderung motiviert sind, wobei den Fällen, in denen der Wechselwunsch auf gesundheitliche Gründe zurückgeht, im Rahmen der sogenannten Härtefallquote (§ 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VergabeVO Stiftung SL) Rechnung getragen werden soll. Hiervon zu unterscheiden sind freilich Fallgruppen, in denen die Durchführung des Zweitstudiums, das heißt der Erwerb einer Doppelqualifikation sachlich gerechtfertigt oder für die Ausübung des erstrebten Berufs sogar zwingend geboten ist. Ferner gibt es die Gruppe der sogenannten „unechten“ Zweitstudienbewerber, die die Zugangsberechtigung zu dem erstrebten Zweitstudium erst mit dem erfolgreichen Abschluss des Erststudiums erworben haben. Diese Fallgruppen, bei denen dem Interesse an der Zulassung zu einem Zweitstudium vor dem Hintergrund der Gewährleistung des Art. 12 Abs. 1 GG objektiv eine nicht von der Hand zu weisende gewichtige Bedeutung beizumessen ist, waren für den Normgeber letztlich auch Grund, Zweitstudienbewerber nicht generell von der Vergabe von Studienplätzen in den medizinischen Studiengängen auszuschließen, sondern den betreffenden Bewerbern eine Zulassungsmöglichkeit im Rahmen der Sonderquote des § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VergabeVO Stiftung SL zu eröffnen, wobei die Auswahl unter den Bewerbern durch eine Messzahl bestimmt wird, in die der Grad der Bedeutung der Gründe für das Zweitstudium eingeht (vgl. § 17 Abs. 2 VergabeVO Stiftung SL i.V.m. Anlage 3 zu dieser Verordnung).
Ausgehend von dieser differenzierenden Regelung ist es mit den angeführten verfassungsrechtlichen Gewährleistungen nicht zu vereinbaren, Zweitstudienbewerber generell von der Vergabe außerkapazitärer Studienplätze auszuschließen. Dem kann nach Ansicht des Senats nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, den Regelungen der §§ 6 Abs. 6, 9 VergabeVO Stiftung SL lasse sich entnehmen, dass in den Fällen, in denen Studienplätze im Rahmen der Zweitstudienbewerberquote verfügbar blieben oder nach Abschluss des zentralen Vergabeverfahrens wieder verfügbar würden, die freigebliebenen Studienplätze im Auswahlverfahren der Hochschulen, das heißt ebenfalls unter Ausschluss von Zweitstudienbewerbern, vergeben würden. Nach Ansicht des Senats sind das Freibleiben von Studienplätzen, die der Quote der Zweitstudienbewerber zugewiesen sind, das typischerweise eine für die Ausschöpfung der Quote nicht ausreichende Nachfrage indiziert, und das Freiwerden mangels rechtzeitiger Inanspruchnahme zugeteilter Studienplätze vor dem Hintergrund der Gewährleistung von Art. 12 Abs. 1 GG anders zu beurteilen als die Vergabe außerkapazitärer Studienplätze, deren Aufdeckung letztlich bedeutet, dass die Zahl der verfügbaren Studienplätze rechtsfehlerhaft zu niedrig ermittelt und festgesetzt wurde. Denn eine zu Unrecht zu niedrig festgesetzte Zulassungszahl kann durchaus zur Folge haben, dass auch die Zahlen der in die Quoten des § 6 Abs. 2 VergabeVO Stiftung SL fallenden Studienplätze zu niedrig angesetzt wurden und dadurch Studienbewerber, die sich in diesen Quoten bewerben und auf sie beschränkt sind, um ihre Zulassungschance gebracht werden. Dass eine solche Folge keineswegs nur theoretisch eintreten kann, zeigen die Gegebenheiten betreffend die Zulassung zum Studium der Humanmedizin an der Beigeladenen zum Wintersemester 2011/2012. Die Zulassungszahlenverordnung 2011/2012 vom 5.5.2011 (Amtsbl. S. 176), setzt für das Medizinstudium eine Zulassungszahl von 283 fest. Die Zahl der auf die Zweitstudienbewerberquote entfallenden Studienplätze – gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VergabeVO Stiftung SL 3 v.H. der Gesamtzahl der festgesetzten Zulassungszahlen – beträgt (rechnerisch 3 v.H. von 283 =) 8,49, abgerundet 8 Studienplätze. Bei Feststellung eines weiteren außerkapazitären Studienplatzes, das heißt einer wirklichen Kapazität von 284 Studienplätzen ergäben sich rechnerisch (3 v.H. von 284 =) 8,52 Studienplätze, aufgerundet 9 Studienplätze. Diese exemplarische Betrachtung ist allerdings letztlich nicht entscheidungserheblich, sie soll lediglich zeigen, dass selbst geringfügige Veränderungen bei der Zahl der wirklich vorhandenen Studienbewerber Einfluss auf die Zahlen der auf die einzelnen Quoten entfallenden Studienplätze und damit auf die Zulassungschancen derjenigen Studienbewerber haben können, die sich (nur) in diesen Quoten bewerben können.
Für ausschlaggebend hält der Senat, dass eine vor den Anforderungen der Gewährleistungen der Art. 3 Satz 1, 12 Abs. 1 GG und des Sozialstaatsprinzips standhaltende Rechtfertigung dafür, Zweitstudienbewerber, deren Zulassungschancen im Rahmen der für sie vorgesehenen Sonderquote durch eine rechtsfehlerhaft zu niedrige Festsetzung von Zulassungs- (Höchst)zahlen beeinträchtigt werden können, von vornherein und generell von der Vergabe außerkapazitärer Studienplätze auszuschließen, nicht erkennbar ist.
Erweist sich danach § 23 Satz 2 VergabeVO Stiftung SL, verstanden als Regelung, die die Beteiligung an der Vergabe außerkapazitärer Studienplätze davon abhängig macht, dass fristgerecht ein innerkapazitärer Zulassungsantrag für den betreffenden Studiengang gestellt wurde, in dem B-Stadt/Homburg in der Quote des Auswahlverfahrens der Hochschulen als Studienort gewählt wurde, als unvereinbar mit den Artikeln 3 Abs. 1, 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip, da er wegen Art. 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, Abs. 7 Staatsvertrag 2008, §§ 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 17 Abs. 1 VergabeVO Stiftung SL Zweitstudienbewerber von der Teilhabe an der Vergabe solcher Studienplätze ausschließt, so bedarf es keiner weiteren Prüfung, ob, wofür allerdings zumindest sehr viel spricht, die so ausgelegte Regelung ferner aus den vom OVG Magdeburg in seinem Urteil vom 19.10.2011 – 3 K 326/11 – angeführten Gründen gegen die als „Jedermann“-Grundrecht
vgl. VerfGH des Saarlandes, Urteil vom 2.5.1983 – Lv 2-4/82 – NVwZ 1983, 604,
ausgestaltete Gewährleistung des Art. 33 Abs. 3 Satz 1 LVerf SL verstieße, da Ausländer, soweit sie nicht zulassungsrechtlich Deutschen gleichgestellt sind, im innerkapazitären Vergabeverfahren ebenfalls auf eine Bewerbung in der für sie vorgesehenen Vorabquote beschränkt und von einer Bewerbung im Hochschulauswahlverfahren ausgeschlossen sind (vgl. Art. 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 7 Staatsvertrag 2008, §§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VergabeVO Stiftung SL). Auch insoweit würde gelten, dass eine rechtsfehlerhaft zu niedrige Festsetzung der Zulassungszahlen die Zahl der auf die Quote des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VergabeVO Stiftung SL entfallenden Studienplätze verringern und damit die Zulassungschancen der Ausländer im innerkapazitären Vergabeverfahren beeinträchtigen könnte.
Verletzt danach die umstrittene Norm in der von dem Antragsgegner vertretenen oder zumindest favorisierten Auslegung höherrangiges Recht, so gilt im Ergebnis nichts anderes, wenn – was offenbar nicht den Regelungsabsichten des Antragsgegners entspräche, von diesem aber in seiner Antragserwiderung im Parallelverfahren 2 C 404/11 als eventuell mögliche Auslegung in den Raum gestellt wird - § 23 Sätze 2 und 3 VergabeVO Stiftung SL zumindest weitgehend im Wortsinne ausgelegt würden. In diesem Falle würde bereits der Umstand, dass § 23 Satz 2 VergabeVO Stiftung SL wörtlich einen Antrag auf Zulassung nach § 3 VergabeVO Stiftung SL im zentralen Vergabeverfahren für den Studienort B-Stadt/Homburg verlangt, in Anbetracht der bereits dargelegten Unterscheidung zwischen dem zentralen Vergabeverfahren und dem Auswahlverfahren der Hochschulen in den übrigen Bestimmungen der Vergabeverordnung Stiftung SL Anlass geben, die Frage aufzuwerfen, ob – gleichsam im Gegenteil zu den Regelungsintentionen des Antragsgegners – eine Bewerbung für den Studienort B-Stadt/Homburg in der Quote des Auswahlverfahrens der Hochschulen überhaupt die Voraussetzungen dieser Bestimmung für die Teilnahme an der Vergabe außerkapazitärer Studienplätze erfüllte. Bereits insoweit müsste – unter Zurückstellung von Bedenken unter dem Gesichtspunkt der Gebote der Normenklarheit und -bestimmtheit – eine verfassungskonforme Auslegung dahin Platz greifen dass, obwohl der Wortlaut keinen dahingehenden Anhaltspunkt liefert, auch Studienortbewerbungen für B-Stadt/Homburg in der Quote des Auswahlverfahrens der Hochschulen im Rahmen von § 23 Satz 2 VergabeVO Stiftung SL ausreichten, da eine sachliche Rechtfertigung dafür, solche Bewerbungen anders zu behandeln als Studienortbewerbungen in den Quoten, in denen die Studienplätze im zentralen Vergabeverfahren verteilt werden, schlechthin nicht erkennbar ist.
Ist es aber für die Erfüllung der Voraussetzungen des § 23 Satz 2 VergabeVO Stiftung SL gleich, in welcher der Quoten sich ein Studienbewerber für den Studienort B-Stadt/Homburg entscheidet, so fehlt es an einer vor Art. 12 Abs. 1 GG standhaltenden sachlichen Rechtfertigung für die umstrittenen Regelungen überhaupt. Erscheint es, einmal unbeschadet der bereits erörterten Frage der Berücksichtigung beziehungsweise des Ausschlusses von Zweitstudienbewerbern (und gegebenenfalls Ausländern) bei der Vergabe außerkapazitärer Studienplätze, noch nachvollziehbar, als Voraussetzung für die Beteiligung an der Vergabe solcher Studienplätze innerkapazitär eine Bewerbung für den betreffenden Studienort in der Quote des Auswahlverfahrens der Hochschulen zu verlangen, um der Hochschule schon im innerkapazitären Vergabeverfahren die Einordnung der Studienbewerber nach den Kriterien ihres Auswahlverfahrens in die gemäß § 10 Abs. 5 VergabeVO Stiftung SL zu erstellenden Ranglisten und nach etwaiger gerichtlicher Feststellung außerkapazitärer Studienplätze, deren Vergabe in der sich aus diesen Ranglisten ergebenden Reihenfolgen zu ermöglichen, so lässt sich dieser Zweck nicht erreichen, wenn es keine Rolle spielt, in welcher Quote sich Studienbewerber für den Studienort B-Stadt/Homburg beworben haben. In diesem Falle müssten nämlich die Studienbewerber, die an der Verteilung außerkapazitärer Studienplätze teilnehmen wollen, der Hochschule eine Bewerbung für B-Stadt/Homburg in einer der Quoten, in denen Studienplätze innerkapazitär verteilt werden, nachweisen, was zum Beispiel bei Zweitstudienbewerbern schon deswegen Schwierigkeiten bereiten dürfte, da diese ebenso wie im Übrigen Bewerber in der Wartezeitquote und anders als Bewerber in der Abiturbestenquote und der Quote des Auswahlverfahrens der Hochschulen nicht auf (jeweils) sechs Bewerbungen beschränkt sind (§ 3 Abs. 3 VergabeVO Stiftung SL) und die Praxis der Stiftung für Hochschulzulassung ausweislich des Merkblattes für die Zulassung zum Zweitstudium
M08-04.2011; hochschulstart.de, siehe dort Seite 4, Stichworte „Nachrangige Orte“ und „Orte ausschließen“,
dahin geht, nicht ausdrücklich genannte Studienorte gleichsam „von Amts wegen“ nachzutragen und die Ortspräferenz zu bestimmen, es sei denn, der nicht genannte Studienort wurde vom Studienbewerber ausdrücklich ausgeschlossen. Bezieht sich danach eine Bewerbung in der Quote der Zweitstudienbewerber – vorbehaltlich der Möglichkeit des Ausschlusses bestimmter Studienorte – potentiell auf alle Studienorte, die den betreffenden Studiengang anbieten, so kann in der Forderung, eine solche Bewerbung im innerkapazitären Auswahlwahlverfahren „auch“ für B-Stadt/Homburg einzureichen, auch kein Mittel gesehen werden, um dem Wunsch nach einem Studium an einem bestimmten Studienort Geltung zu verschaffen. Denn bei einer sich potentiell auf alle einschlägigen Studienorte erstreckenden Bewerbung ist es letztlich eher Zufall, ob B-Stadt/Homburg als Studienort ausdrücklich benannt oder von der Stiftung für Hochschulzulassung „nachgetragen“ wird. Ferner wäre bei der Verteilung außerkapazitärer Studienplätze ein Rückgriff auf die im innerkapazitären Hochschulauswahlverfahren erstellten Ranglisten nicht möglich. Die Hochschule wäre gehalten, diejenigen Studienbewerber, die sich in einer der Quoten des zentralen Vergabeverfahren für den Studienort B-Stadt/Homburg entschieden haben, in die im Hochschulauswahlverfahren erstellte Rangliste unter Zugrundelegung der Auswahlkriterien dieses Verfahrens an der zutreffenden Stelle der Rangfolge einzuarbeiten. Das ließe sich vielleicht noch relativ einfach handhaben, wenn – wie in den medizinischen Studiengängen an der Beigeladenen – im Auswahlverfahren der Hochschule allein auf den Grad der Qualifikation, ausgedrückt durch die Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung, abgestellt wird
vgl. Anlage 1 Nr. 1 zur Ordnung für das Hochschulauswahlverfahren der in das zentrale Vergabeverfahren einbezogenen Studiengänge an der Universität des Saarlandes vom 15.2.2006, Dienstblatt der Hochschulen des Saarlandes vom 24.5.2006, 100, 104,
wobei sich freilich insoweit zum Beispiel das Problem der zutreffenden Einreihung sogenannter unechter Zweitstudienbewerber, die ihre Hochschulzugangsberechtigung durch das Erststudium erworben haben, und – unter Umständen - von Deutschen nicht gleichgestellten Ausländern mit ausländischer Hochschulzugangsberechtigung stellen dürfte, falls letztere wegen Art. 33 Abs. 3 Satz 1 LVerf SL an der Vergabe außerkapazitärer Studienplätze zu beteiligen sein sollten.
Größere Schwierigkeiten ergäben sich freilich dann, wenn – wie etwa im Studiengang Pharmazie an der Beigeladenen – im Hochschulauswahlverfahren zusätzliche Kriterien für maßgeblich erklärt werden
vgl. Anlage 1 Nr. 2 zur Ordnung für das Hochschulauswahlverfahren der in das zentrale Vergabeverfahren einbezogenen Studiengänge an der Universität des Saarlandes vom 15.2.2006, a.a.O..
Da diese Anpassungen letztlich während der Kapazitätsstreitigkeiten zu leisten wären, wenn diejenigen Studienbewerber, die einen außerkapazitären Studienplatz erstreiten wollen, bekannt sind, ist nicht erkennbar, aus welchen Gründen die Studienortentscheidung für B-Stadt/Homburg schon im innerkapazitären Vergabeverfahren Voraussetzung für die Beteiligung an der Vergabe außerkapazitärer Studienplätze gerechtfertigt sein sollte.
Soweit die Antragsgegnerin dem entgegenhält, der von § 24 Satz 3 VergabeVO ZVS/Stiftung BW abweichende Wortlaut von § 23 Satz 3 VergabeVO Stiftung SL lasse – verfassungskonform – die Auslegung zu, dass eine an den Vergabekriterien im zentralen Vergabeverfahren orientierte Vergabe außerkapazitärer Studienplätze auch in der Weise erfolgen könne, dass die Kriterien und Quoten des innerkapazitären Vergabeverfahrens vollständig übernommen würden, rechtfertigt das keine andere Beurteilung. Zweifelhaft ist bereits, ob dieser Weg überhaupt praktikabel wäre. Soweit ersichtlich besteht in Rechtsprechung und Literatur Einigkeit darüber, dass ein vollständiger Gleichlauf der Verteilung von innerkapazitären und außerkapazitären Studienplätzen nicht möglich wäre
vgl. zum Beispiel Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 23.3.2011 – 6 CN 3.10 – Rdnr. 35; Müller, Alea iacta est? über den Kampf gegen das Glücksspiel im Hochschulzulassungsrecht, NVwZ – Extra 2010, Heft 24, Seite 18, Fußnote 65 m.w.N., und Seite 25.
Angeführt werden soll in diesem Zusammenhang lediglich die Frage der Berücksichtigung der Quote nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VergabeVO Stiftung SL (Sanitätsoffiziersdienst) und die Entscheidungskompetenz für die Auswahl nach Härtegesichtspunkten (§§ 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 7 Abs. 3 Satz 4 Nr. 4, 15 VergabeVO Stiftung SL), die im innerkapazitären Vergabeverfahren bei der Stiftung für Hochschulzulassung liegt.
Unabhängig hiervon müsste ausgehend von dem Verständnis der Vergabe außerkapazitärer Studienplätze als Sonderform des Nachrückverfahrens von einer den Verordnungsgeber bindenden gesetzlichen Vorgabe in Art. 9 Abs. 2 Sätze 3 und 4, Art. 10 Abs. 4 Staatsvertrag 2008 dahin ausgegangen werden, dass außerkapazitäre Studienplätze nach den Kriterien des Auswahlverfahrens der Hochschulen zu vergeben sind
vgl. in diesem Zusammenhang BVerwG, Urteil vom 23.3.2011 – 6 CN 3.10 – Rdnr. 18.
Hiervon ausgehend würde eine Auslegung von § 23 Satz 3 VergabeVO Stiftung SL dahin, dass unter Vergabe außerkapazitärer Studienplätze in Orientierung an den Vergabekriterien des zentralen Vergabeverfahrens eine Vergabe im Wege vollständiger Nachbildung des innerkapazitären Vergabeverfahrens mit Vorab- und Hauptquoten zu verstehen ist, zu einem Norminhalt führen, der mit der gesetzlichen Ermächtigung nicht im Einklang stünde.
Nach allem sind daher die offenkundig aufeinander bezogenen Bestimmungen des § 23 Sätze 2 und 3 VergabeVO Stiftung SL wegen Unvereinbarkeit mit höherrangigem Recht gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO für unwirksam zu erklären.
Auf die Veröffentlichungspflicht des § 47 Abs. 5 Satz 2 letzter Halbsatz VwGO wird hingewiesen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.
Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für die Zulassung der Revision sind nicht erfüllt.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Normenkontrollverfahren auf (5 x 1.000,-- Euro =) 5.000,-- Euro festgesetzt, da es für die Antragsteller in den von ihnen eingeleiteten Normenkontrollverfahren letztlich nur um die Erhaltung einer Loschance bei der etwaigen Vergabe außerkapazitärer Studienplätze gehen kann (§§ 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 GKG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
Gründe
Die Normenkontrollanträge der Antragsteller sind zulässig und begründet.
Die Antragsteller sind befugt, die von ihnen angegriffenen Regelungen der §§ 23 Sätze 2 und 3 VergabeVO Stiftung SL in der Fassung der Zweiten Verordnung zur Änderung der VergabeVO Stiftung vom 20.4.2011 (Amtsbl. 2011 I, S. 172) mit Normenkontrollanträgen zur gerichtlichen Nachprüfung zu stellen.
Sie sind sämtlich Inhaber von Hochschulzugangsberechtigungen, und ihnen vermittelt Art. 12 Abs. 1 GG bei Erfüllung der subjektiven Zulassungsvoraussetzungen prinzipiell ein Recht auf Zulassung zu einem Studium ihrer Wahl an einem von ihnen gewählten Studienort beziehungsweise haben sie in der – was die medizinischen Studiengänge anbelangt – durch ein weit hinter der Nachfrage zurückbleibendes Studienplatzangebot bestimmten Situation ein aus den Artikeln 3 Abs. 1, 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip abgeleitetes Recht auf Teilhabe an der Vergabe der verfügbaren Studienplätze. Dem steht nicht entgegen, dass sie bereits ein Hochschulstudium absolviert haben und sich als sogenannte Zweitstudienbewerber um Studienplätze in medizinischen Studiengängen bewerben. Denn es entspricht der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass der verfassungsrechtlich gewährleistete Anspruch auf Zulassung zum Studium der Wahl durch Absolvierung eines Erststudiums nicht verbraucht wird
Daran ändert auch der Umstand nichts, dass es das Bundesverfassungsgericht in der zitierten Entscheidung grundsätzlich gebilligt hat, wenn in zulassungsbeschränkten Studiengängen im Interesse von Erstbewerbern, die noch keinen berufsqualifizierten Abschluss erreicht haben, der Zugang von Bewerbern mit abgeschlossener Hochschulausbildung zum Zweitstudium selbst erheblich erschwert wird. Können sich danach auch Zweitstudienbewerber hinsichtlich des von ihnen erhobenen Anspruchs auf Zulassung zu einem weiteren Studium prinzipiell auf die Eingangs angeführten verfassungsrechtlichen Gewährleistungen berufen, so kann unter Zugrundelegung des hier maßgeblichen Maßstabes des § 47 Abs. 2 VwGO nicht von der Hand gewiesen werden, dass die Antragsteller durch § 23 Sätze 2 und 3 VergabeVO Stiftung SL, die die Teilnahme an der Vergabe von eventuell festgestellten außerkapazitären Studienplätzen einschränken und Zweitstudienbewerber unter Umständen sogar vollständig von der Vergabe solcher Studienplätze ausschließen, in ihren (Teilhabe-)Rechten verletzt werden.
Die danach bestehende Möglichkeit einer Verletzung von Rechten der Antragsteller impliziert bei den vorliegenden Gegebenheiten ein schützenswertes Interesse an der sachlichen Entscheidung über ihre Normenkontrollanträge. Die begehrte Feststellung der Unwirksamkeit von § 23 Sätze 2 und 3 VergabeVO Stiftung SL würde die Position der Antragsteller in den von ihnen beabsichtigten Kapazitätsprozessen mit der Beigeladenen offenkundig verbessern, da die Beteiligung an der Vergabe eventuell festgestellter außerkapazitärer Studienplätze nicht zusätzlich von der Erfüllung der Voraussetzungen von § 23 Satz 2 VergabeVO Stiftung SL abhinge und die Vergabe sich nicht nach dem in § 23 Satz 3 VergabeVO Stiftung SL vorgegebenen Vergabemodus – wie auch immer die Bestimmung auszulegen ist – richtete.
Dass die Antragsteller mit ihren am 5.7.2011 bei Gericht eingegangenen Normenkontrollanträgen die mit Bekanntmachung der angegriffenen Norm am 5.5.2011 in Lauf gesetzte Jahresfrist des § 47 Abs. 2 VwGO gewahrt haben, bedarf keiner näheren Erörterung.
Den Normenkontrollanträgen ist auch in der Sache zu entsprechen.
Die von den Antragstellern angegriffenen Regelungen in § 23 Sätze 2 und 3 VergabeVO Stiftung SL verstoßen, versteht man sie ausgehend von den Regelungsintentionen des Antragsgegners dahin, dass § 23 Satz 2 VergabeVO Stiftung SL die Beteiligung an der Vergabe außerkapazitärer Studienplätze davon abhängig macht, dass der Studienbewerber fristgerecht einen innerkapazitären Zulassungsantrag gestellt hat, in dem der Studienort B-Stadt/Homburg in der Quote des Auswahlverfahrens der Hochschule gewählt wurde, und § 23 Satz 3 VergabeVO Stiftung SL die Vergabe außerkapazitärer Studienplätze nach den Kriterien des Auswahlverfahrens der Hochschule vorschreibt, gegen das Gebot der Normenbestimmtheit und Normenklarheit. Dieses Gebot verlangt, dass normative Regelungen so gefasst sind, dass ihnen die Betroffenen die Rechtslage so klar entnehmen können, dass sie ihr Verhalten danach ausrichten können. Die Anforderungen an die Bestimmtheit erhöhen sich dabei mit der Intensität, mit der auf der Grundlage der betreffenden Regelung in grundrechtlich geschützte Bereiche eingegriffen werden darf. Nicht nur bei Eingriffen in die Freiheitssphäre des Einzelnen, sondern auch bei der Gewährung von Leistungen müssen die Normen in ihrem Inhalt entsprechend ihrer Zwecksetzung für die Betroffenen klar und nachvollziehbar sowie in ihrer Ausgestaltung widerspruchsfrei sein. Daraus folgt freilich nicht, dass eine Norm überhaupt keine Anwendungsprobleme aufwerfen darf. Dem Gebot der Normenbestimmtheit und Normenklarheit ist vielmehr auch dann Rechnung getragen, wenn sich mit Hilfe der herkömmlichen Auslegungsmethoden, insbesondere durch Heranziehung der Vorschriften des selben Gesetzes, durch Berücksichtigung des Normenzusammenhanges oder aufgrund einer gefestigten Rechtsprechung eine zuverlässige Grundlage für das Verständnis und die Anwendung der Norm gewinnen lässt
vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 3.6.1992 – 2 BvR 1041/88, 78/89 – E 86, 288, 311; Beschluss vom 27.11.1990 – 1 BvR 402/87 – E 83, 130, 145; Beschluss vom 26.7.2005 – 1 BvR 782/94, 957/96 – E 114, 1, 53.
Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe gelangt der Senat vorliegend zu dem Ergebnis, dass die in § 23 Sätze 2 und 3 VergabeVO Stiftung SL getroffenen Regelungen in der den Regelungsabsichten des Antragsgegners entsprechenden Auslegung das Gebot der Normenbestimmtheit und Normenklarheit verletzen. Die Bestimmung des § 23 Satz 2 VergabeVO Stiftung macht die Teilnahme an der Vergabe von außerkapazitären Studienplätzen davon abhängig, dass der Studienbewerber einen Antrag auf Zulassung nach § 3 im zentralen Vergabeverfahren für den Studienort B-Stadt oder Homburg gestellt hat. Nach § 23 Satz 3 VergabeVO Stiftung SL hat sich die Vergabe von außerkapazitären Studienplätzen an den Vergabekriterien im zentralen Vergabeverfahren zu orientieren. In Abs. 1 des in § 23 Satz 2 VergabeVO Stiftung SL in Bezug genommenen § 3 VergabeVO Stiftung SL ist geregelt, dass sich Zulassungsanträge zugleich auf die Teilnahme am zentralen Vergabeverfahren und auf die Teilnahme am Auswahlverfahren der Hochschule richten. Aus § 7 VergabeVO Stiftung SL – „Ablauf des zentralen Vergabeverfahrens“ – ergibt sich, dass im zentralen Vergabeverfahren die Studienplätze in der Abiturbestenquote (§ 7 Abs. 2 VergabeVO Stiftung SL) und „danach“ die Studienplätze in den Quoten nach § 6 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 5 VergabeVO Stiftung SL von der Stiftung für Hochschulzulassung vergeben werden (§ 7 Abs. 3 VergabeVO Stiftung). In § 6 Abs. 2 Satz 1 VergabeVO Stiftung SL sind die Quoten für Fälle außergewöhnlicher Härte (Nr. 1), für Bewerberinnen und Bewerber mit besonderer Hochschulzugangsberechtigung (Nr. 2) und für Zweitstudienbewerber (Nr. 3) festgelegt. Die Vorschrift des § 6 Abs. 5 VergabeVO Stiftung SL betrifft die sogenannte Wartezeitquote. Ferner bestimmt § 9 VergabeVO Stiftung SL, dass mit der Vergabe der Studienplätze nach § 7 Abs. 3 VergabeVO Stiftung SL das zentrale Vergabeverfahren abgeschlossen ist und Studienplätze in den von der Stiftung für Hochschulzulassung vergebenen Quoten, dienach Abschluss des Vergabeverfahrens noch verfügbar sind oder wieder verfügbar werden, im Auswahlverfahren der Hochschulen vergeben werden. Das Auswahlverfahren der Hochschulen ist dann (gesondert) in § 10 VergabeVO Stiftung SL geregelt.
Die Wahl von Studienorten ist begrenzt auf – jeweils – bis zu sechs in der Abiturbestenquote und im Auswahlverfahren der Hochschulen (§ 3 Abs. 3 Sätze 3 und 4 VergabeVO Stiftung SL) sowie – ohne diese zahlenmäßige Begrenzung – in den weiteren durch die Stiftung vergebenen Quoten (§ 3 Abs. 3 Satz 3 VergabeVO Stiftung SL), unter anderem in der Quote für Zweitstudienbewerber vorgesehen.
Ausgehend davon, dass § 3 Abs. 1 VergabeVO Stiftung SL, indem er festlegt, dass Zulassungsanträge sowohl für die Teilnahme am zentralen Vergabeverfahren als auch zugleich für die Teilnahme am Auswahlverfahren der Hochschulen gelten, zum Ausdruck bringt, dass es sich insoweit um zwei unterschiedliche Verfahren handelt, § 7 VergabeVO Stiftung SL aufführt, welche Studienplätze in welchen Quoten in welcher Reihenfolge im zentralen Vergabeverfahren vergeben werden, und nach § 9 VergabeVO Stiftung SL das zentrale Vergabeverfahren mit der Vergabe der Studienplätze nach § 7 Abs. 3 VergabeVO Stiftung SL abgeschlossen ist und etwaige noch verbliebene oder wieder frei gewordene Studienplätze dann in dem in § 10 VergabeVO Stiftung SL gesondert geregelten Auswahlverfahren der Hochschulen vergeben werden, ist der Schluss gerechtfertigt, dass die Vergabeverordnung Stiftung SL zwischen dem zentralen Vergabeverfahren einerseits und dem Auswahlverfahren der Hochschulen andererseits unterscheidet. Von daher drängt sich bei unbefangener Lektüre von § 23 Sätze 2 und 3 VergabeVO Stiftung SL unter Heranziehung der übrigen Bestimmungen der Vergabeverordnung Stiftung SL eine Auslegung der umstrittenen Regelung dahin auf, dass den Anforderungen von § 23 Satz 2 VergabeVO Stiftung SL dann Rechnung getragen ist, wenn ein Antrag auf innerkapazitäre Zulassung gestellt worden ist, bei dem in einer der Quoten, in denen die Studienplätze im zentralen Vergabeverfahren (§ 7 VergabeVO Stiftung SL) verteilt werden, als gewünschter Studienort B-Stadt/Homburg angegeben wird, und nach § 23 Satz 3 VergabeVO Stiftung SL außerkapazitäre Studienplätze in Orientierung an den Kriterien vergeben werden, nach denen die Studienplätze in den im zentralen Vergabeverfahren abgearbeiteten Quoten verteilt werden. Ein Anhaltspunkt dahin, dass die Studienortwahl (B-Stadt oder Homburg) in der Quote des Auswahlverfahrens der Hochschule ausreichend oder sogar allein maßgebend wäre, liefert der Wortlaut von § 23 Sätze 2 und 3 VergabeVO Stiftung selbst dann nicht, wenn zu seiner Auslegung die übrigen Bestimmungen der Vergabeverordnung Stiftung SL herangezogen werden. Diese auf den Wortlaut der umstrittenen Regelungen unter Heranziehung der übrigen Vorschriften der Vergabeverordnung Stiftung SL abstellende Auslegung entspricht jedoch nicht den Regelungsintentionen des Antragsgegners. Wie die „Entstehungsgeschichte“ von § 23 VergabeVO Stiftung SL zeigt, wollte der Antragsgegner offenbar die weitgehend wortgleichen Regelungen in § 24 VergabeVO ZVS/Stiftung BW übernehmen, nachdem der VGH Mannheim einen gegen diese Norm gerichtete Normenkontrollantrag abgelehnt
VGH Mannheim, Urteil vom 29.10.2009 – 9 S 1611/09 – zitiert nach Juris
und das Bundesverwaltungsgericht
Urteil vom 23.3.2011 – 6 CN 3/10 –
die gegen diese Entscheidung eingelegte Revision zurückgewiesen hat. Das ergibt sich zum einen aus dem Umstand, dass der saarländische Verordnungsgeber § 24 Sätze 2 und 3 VergabeVO ZVS/Stiftung BW bis auf den letzten Teilsatz des Satzes 3 dieser Vorschrift -„…, wenn die Hochschule für die Bewerber um diese Zulassungen entsprechende Ranglisten erstellt“ – und die Angabe des konkreten saarländischen Studienortes – B-Stadt oder Homburg – in Satz 2 in § 23 Sätze 2 und 3 VergabeVO Stiftung SL wörtlich übernommen und diese Regelungen unmittelbar im Anschluss an das Bekanntwerden des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.3.2011 erlassen hat.
Der VGH Mannheim hat indes das in § 24 Sätze 2 und 3 VergabeVO ZVS/Stiftung BW ebenfalls begründete Erfordernis eines Antrages auf Zulassung nach § 3 im zentralen Vergabeverfahren in dem betreffenden Studiengang für den betreffenden Studienort dahin ausgelegt, dass die Bewerbung für den betreffenden Studienort im Auswahlverfahren der Hochschulen (in der Quote des Auswahlverfahrens der Hochschule) erfolgen muss und die Vergabe von unter Umständen festgestellten außerkapazitären Studienplätzen in Orientierung an den Vergabekriterien im zentralen Vergabeverfahren sich nach den Kriterien des Auswahlverfahrens der betreffenden Hochschulen richtet
Das Bundesverwaltungsgericht ist in seinem Urteil vom 20.3.2011 zu dem Ergebnis gelangt, dass die baden-württembergischen Regelungen in der Auslegung, die sie durch den VGH Mannheim gefunden haben und an die es sich – wie es mehrfach hervorgehoben hat - gebunden gesehen hat, nicht gegen Bundesrecht verstoßen und hat ergänzend ausgeführt, dass der Landesverordnungsgeber in Anbetracht der Vorgaben aus Art. 15 Abs. 1 Nr. 6 Staatsvertrag 2006 (jetzt Art. 12 Abs. 1 Nr. 4 Staatsvertrag 2008), Art. 13 Abs. 4 Staatsvertrag 2006 (Art. 10 Abs. 4 Staatsvertrag 2008) und Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Staatsvertrag 2006 (Art. 10 Abs. 1 Nr. 3 Staatsvertrag 2008) auf die Übernahme der Maßstäbe der von den Hochschulen für die innerkapazitäre Studienplatzvergabe durchzuführenden Auswahlverfahren (§ 32 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 HRG) gesetzlich festgelegt sei
BVerwG, Urteil vom 23.3.2011 – 6 CN 3.10 – Rdnr. 22 und Rdnr. 18.
Hieran anknüpfend hat der Antragsgegner im vorliegenden Normenkontrollverfahren mit Schriftsatz vom 2.11.2011 klargestellt, dass der saarländische Verordnungsgeber mit § 23 VergabeVO Stiftung SL dem baden-württembergischen Verordnungsgeber gefolgt sei, nachdem das Bundesverwaltungsgericht die Entscheidung des VGH Mannheim zu § 24 Sätze 2 und 3 VergabeVO ZVS/Stiftung BW gebilligt habe; die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts zu den letztgenannten Regelungen würden auch für die saarländische Regelung Geltung beanspruchen.
Gemessen an dem vom Antragsgegner insoweit der Sache nach genannten Regelungsziel, in Übernahme der Auslegung von § 24 Satz 2 VergabeVO ZVS/Stiftung BW durch den VGH Mannheim auch im Saarland die Beteiligung eines Studienbewerbers an der Vergabe außerkapazitärer Studienplätze davon abhängig zu machen, dass er einen innerkapazitären Zulassungsantrag stellt, in dem der Studienort B-Stadt/Homburg in der Quote des Auswahlverfahrens der Hochschulen gewählt wird, und etwaige außerkapazitäre Studienplätze nach den Auswahlkriterien des Auswahlverfahrens der Hochschulen zu vergeben, tragen die Regelungen des § 23 Sätze 2 und 3 VergabeVO Stiftung SL der aus dem Gebot der Normenbestimmtheit und Normenklarheit abzuleitenden Forderung, dass eine Norm den Betroffenen in die Lage versetzen muss, klar zu erkennen, was von ihm verlangt wird, nicht hinreichend Rechnung. Ausgehend davon, dass § 23 Satz 2 VergabeVO Stiftung SL nach seinem Wortlaut die Wahl des Studienortes B-Stadt/Homburg im Rahmen eines innerkapazitären Zulassungsantrag „nach § 3 im zentralen Vergabeverfahren“ verlangt, - wie dargelegt – sowohl § 3 Abs. 1 VergabeVO Stiftung SL als auch die Bestimmungen der §§ 7, 9 und 10 VergabeVO Stiftung SL, also Bestimmungen der selben Verordnung, die zur Ermittlung des Normverständnisses heranzuziehen sind, zwischen dem zentralen Vergabeverfahren, in dem die Studienplätze in verschiedenen Quoten verteilt werden, einerseits und dem Auswahlverfahren der Hochschulen andererseits unterscheiden, geben die umstrittenen Regelungen selbst dem Studienbewerber gerade keinerlei Hinweis darauf, dass für die Teilhabe an der Vergabe außerkapazitärer Studienplätze eben nicht die Studienortwahl in einer der Quoten, in denen die Studienplätze im zentralen Vergabeverfahren verteilt werden, sondern - und zwar ausschließlich - die Studienortwahl in der Quote des Auswahlverfahrens der Hochschule maßgeblich ist beziehungsweise sein soll. Der Wortlaut der Norm ist insoweit geeignet, den Studienbewerber zu der nach Regelungsvorstellungen des saarländischen Verordnungsgebers unzutreffenden Annahme zu verleiten, mit der Wahl des Studienortes B-Stadt/Homburg in einer der Quoten, in denen die Studienplätze gemäß § 7 VergabeVO Stiftung SL im zentralen Vergabeverfahren verteilt werden, den Anforderungen des § 23 Satz 2 VergabeVO Stiftung SL Rechnung getragen zu haben. Insoweit unterscheiden sich die umstrittenen saarländischen Regelungen in ihrem Wortlaut von denjenigen, die der baden-württembergische Verordnungsgeber in § 24 Sätze 2 und 3 VergabeVO ZVS/Stiftung BW getroffen hat. Denn § 24 Satz 3 VergabeVO ZVS/Stiftung BW bestimmt zwar ebenso wie § 23 Satz 3 VergabeVO Stiftung SL, dass sich die Vergabe von außerkapazitären Studienplätzen an den Vergabekriterien im zentralen Vergabeverfahren zu orientieren hat, enthält aber den weiteren Teilsatz – „, wenn die Hochschule für die Bewerber um diese Zulassungen entsprechende Ranglisten erstellt“, der in der saarländischen Regelung fehlt. Zwar hat der VGH Mannheim insoweit ausgeführt, dass diesem Konditionalsatz kein Anwendungsbereich zukomme, da im Auswahlverfahren der Hochschulen stets Ranglisten erstellt würden (siehe auch § 10 Abs. 4 bis 7 VergabeVO Stiftung SL), und dies war dann wohl auch Anlass für den saarländischen Verordnungsgeber, von der Übernahme dieses Teilsatzes abzusehen. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der VGH Mannheim gerade in diesem Teilsatz
einen ganz wesentlichen Anhaltspunkt für seine Auslegung dahin gesehen hat, dass mit der Wahl des betreffenden Studienortes diejenige in der Quote des Auswahlverfahrens der Hochschulen gemeint ist. Der VGH Mannheim hat in diesem Zusammenhang ausgeführt:
„Nach Artikel 13 Abs. 4 des Staatsvertrags über die Vergabe von Studienplätzen vom 22.6.2006 und dem folgend § 9 Satz 2 VergabeVO ZVS werden nicht in Anspruch genommene Studienplätze, die von der ZVS nach dem Grad der Qualifikation und der Wartezeit zuzuweisen gewesen wären, von den Hochschulen nach dem Ergebnis ihres Auswahlverfahrens vergeben. Ein Nachrückverfahren für das zentral durch die ZVS durchgeführte Auswahlverfahren der Abiturbesten – und der Wartezeitquote findet folglich nicht statt; diese Plätze werden vielmehr dem Auswahlverfahren der Hochschulen zugeschlagen. Das Nachrückverfahren berücksichtigt somit das Quotensystem von 20:20:60 nicht, sondern bringt ausschließlich das Vergabesystem der jeweiligen Hochschule zur Anwendung. Im Auswahlverfahren der Hochschulen aber sind gemäß § 10 Abs. 9 VergabeVO ZVS „Ranglisten“ zu erstellen, auf die § 24 Satz 3 VergabeVO ZVS ersichtlich Bezug genommen hat. Unbeschadet des insoweit unklaren Vortrags des Antragsgegners im vorliegenden Gerichtsverfahren lässt der objektive Regelungsinhalt der Norm daher den Schluss zu, dass mit den in § 24 Satz 3 VergabeVO ZVS genannten Ranglisten diejenigen des Auswahlverfahrens der Hochschulen gemeint und benannt sind. Dieses Ergebnis wird durch den systematischen Bezug der in § 24 Satz 3 VergabeVO ZVS benannten Ranglisten auf die in Satz 2 angeordnete Bewerbung für den jeweiligen Studienort bestätigt. Denn das Erfordernis einer Bewerbung gerade am jeweiligen Studienort besteht nur für eine Vergabe auf der Grundlage der Ergebnisse des Hochschulauswahlverfahrens. Das Gesamtregelungssystem macht daher hinreichend deutlich, das mit der Bewerbung für den betreffenden Studienort diejenige für das Auswahlverfahren der Hochschulen in Bezug genommen ist und mit den entsprechenden Ranglisten somit die Ergebnisse des Hochschulauswahlverfahrens angesprochen sind. Nur die im Hochschulauswahlverfahren gewählten Studienorte werden im Übrigen auch im ZVS-Ablehnungsbescheid ausgewiesen. Die Ortsangaben in der Abiturbestenquote und nach Wartezeit können dagegen den Bescheiden nicht entnommen werden, so dass die Bezugnahme auf die für das Hochschulauswahlverfahren benannten Studienorte auch schon aus Praktikabilitätsgründen naheliegt. Dies gilt umso mehr, als die Ranglisten des Hochschulauswahlverfahrens ohnehin im Zentralen Vergabeverfahren erstellt werden müssen und die Bezugnahme hierauf damit eine zeitnahe Vergabe der „außerkapazitären“ Studienplätze erleichtert. Die in § 24 Satz 3 letzter Satzteil VergabeVO ZVS angelegte Alternativvariante ist damit indes ohne Anwendungsfall, denn entsprechende Ranglisten hat die Hochschule stets zu erstellen. Im Ergebnis werden damit „außerkapazitäre“ Studienplätze nach den selben Kriterien vergeben wie Nachrückplätze.“
wenn auch in einem etwas anderen Zusammenhang – die Verknüpfung angeführt, „die § 24 Satz 3 VergabeVO ZVS Stiftung/BW mit dem Auswahlverfahren der Hochschulen herstellt“. Weicht der Wortlaut der saarländischen Regelung danach in einem vom VGH Mannheim für die von ihm gefundene Auslegung durchaus bedeutsamen Punkt von dem Wortlaut der baden-württembergischen Regelung ab, so kann der saarländische Verordnungsgeber zur Ermittlung des Inhaltes von § 23 Sätze 2 und 3 VergabeVO Stiftung SL nicht mit Erfolg auf das Vorliegen einer gefestigten Rechtsprechung zur Auslegung entsprechender Bestimmungen verweisen. Ergänzend ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass auch in § 23 Sätze 2 und 3 VergabeVO Stiftung SL vergleichbaren Bestimmungen anderer Bundesländer - soweit ersichtlich - der Bezug zum Auswahlverfahren der Hochschulen teils in einer § 24 VergabeVO ZVS/Stiftung BW entsprechenden, teils in einer sogar noch deutlicheren Weise hergestellt wird. So verweist § 24 Satz 3 VergabeVO Stiftung MV auf die Vergabekriterien des § 4 Abs. 3 Satz 1 Hochschulzulassungsgesetz MV, die das Auswahlverfahren der Hochschulen betreffen, und enthält außerdem den Teilsatz –, „wenn die Hochschule für die Bewerber um diese Zulassung entsprechende Ranglisten erstellt“ -. Nach § 23 Abs. 2 Satz 2 VergabeVO Stiftung SA, erfolgt die Auswahl unter den Bewerberinnen und Bewerbern um außerkapazitäre Studienplätze „entsprechend der für den entsprechenden Studiengang im zentralen Vergabeverfahren für das Auswahlverfahren der Hochschule erstellten Rangliste“. Die Regelung des § 24 a Abs. 2 Satz 2 VergabeVO Stiftung Thüringen bestimmt, dass sich die Vergabe von außerkapazitären Studienplätzen an den Vergabekriterien des Auswahlverfahrens der Hochschulen für diesen Studiengang zu orientieren hat. Zwar mag sich gerade der Umstand, dass eine Reihe von anderen Bundesländern inhaltlich § 24 Sätze 2 und 3 VergabeVO ZVS/Stiftung BW entsprechende Regelungen getroffen hat, als Argument dafür anführen lassen, dass auch die vom saarländischen Verordnungsgeber erlassene Regelung trotz des abweichenden Wortlautes ebenfalls in diesem Sinne auszulegen ist und mag auch das Verständnis des Verfahrens zur Vergabe außerkapazitärer Studienplätze als Sonderfall des innerkapazitären Nachrückverfahrens in Verbindung mit den gesetzlichen Ermächtigungen der Art. 12 Abs. 1 Nr. 4 Staatsvertrag 2008 und Art. 9 Abs. 2 Satz 4, 10 Abs. 4 Staatsvertrag 2008 eine Auslegung dahin stützen, dass es im Anwendungsbereich von § 23 Satz 2 VergabeVO Stiftung SL auf die Studienortwahl im Auswahlverfahren der Hochschulen ankommt und die Vergabe außerkapazitärer Studienplätze gemäß § 23 Satz 3 VergabeVO Stiftung SL mangels erkennbarer anderweitiger gesetzlicher Ermächtigung bei verfassungskonformer Auslegung nach den Kriterien des Auswahlverfahrens der Hochschulen zu erfolgen hat. Das ändert freilich nichts daran, dass die in § 23 Sätze 2 und 3 VergabeVO Stiftung SL getroffenen Regelungen in ihrem Wortlaut nicht nur keinerlei Bezüge aufweisen, die einem betroffenen Studienbewerber einen Anhaltspunkt dahin vermitteln, dass gerade nicht die Studienortwahl in den Quoten des in der Norm ausdrücklich in Bezug genommenen zentralen Vergabeverfahrens, sondern diejenige in der Quote des Auswahlverfahrens der Hochschule (allein) maßgeblich ist und dass die Studienplatzvergabe nach diesen Kriterien erfolgt. Sie sind vielmehr, indem sie ihn auf das nach den §§ 3 Abs. 1, 7, 9 und 10 VergabeVO Stiftung SL vom Auswahlverfahren der Hochschulen zu unterscheidende zentrale Vergabeverfahren verweisen, in dessen Quote ebenfalls Studienorte zu wählen sind oder gewählt werden können, in einer Weise formuliert, die geeignet ist, einem Irrtum dahin Vorschub zu leisten, mit der Wahl des Studienortes B-Stadt/Homburg im innerkapazitären Zulassungsverfahren in einer der Quoten, in denen die Studienplätze im zentralen Vergabeverfahren vergeben werden, die Voraussetzungen §§ 23 Satz 2 VergabeVO Stiftung SL für eine Beteiligung an der Vergabe außerkapazitärer Studienplätze erfüllt zu haben.
Ist danach für einen betroffenen Studienbewerber nicht mit hinreichender Deutlichkeit erkennbar, welche Anforderungen § 23 Satz 2 VergabeVO Stiftung SL an ihn stellt, damit er an der Vergabe außerkapazitärer Studienplätze beteiligt wird, und lässt § 23 Satz 3 VergabeVO Stiftung SL nicht mit hinreichender Sicherheit erkennen, nach welchen Kriterien solche Studienplätze vergeben werden, so ist mit Blick auf die Regelungsvorstellungen des Antragsgegners dem Gebot der Normenbestimmtheit und Normenklarheit nicht hinreichend Rechnung getragen.
In diesem Zusammenhang ist freilich ergänzend zu bemerken, dass der Antragsgegner selbst keine eindeutige Haltung hinsichtlich des von ihm vertretenen Normenverständnisses eingenommen hat. Während er in dem Verfahren 2 B 307/11 die Wahl des Studienortes B-Stadt in der Abiturbestenquote nicht für ausreichend erachtet hatte, hat er in dem Verfahren 2 B 308/11 die Möglichkeit einer Vergabe außerkapazitärer Studienplätze an Zweitstudienbewerber, die den Studienort B-Stadt/Homburg (in ihrer Quote) gewählt haben, zumindest in den Raum gestellt. Zudem hat er in der Antragserwiderung im vorliegenden Normenkontrollverfahren eine Auslegung von § 24 Satz 3 VergabeVO Stiftung SL dahin vertreten, dass die Vergabe außerkapazitärer Studienplätze nach den Kriterien des Auswahlverfahrens der Hochschule zu erfolgen hat, während er in der Antragserwiderung des „ Parallelverfahrens“ 2 C 404/11 eine verfassungskonforme Auslegung dahin in den Raum gestellt hat, dass außerkapazitäre Studienplätze nach den gleichen Regelungen vergeben werden wie innerkapazitäre im zentralen Vergabeverfahren. Allerdings hat er dann in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass es ihm darum gegangen sei, eine § 24 Satz 2 und 3 VergabeVO ZVS/Stiftung BW inhaltsgleiche Regelung zu erlassen, er aber mit Blick auf vom Senat geäußerte Bedenken und die Einwände der Antragsteller auch andere in Betracht zu ziehende (verfassungskonforme) Auslegungen der umstrittenen Regelungen habe aufzeigen wollen.
Aber auch wenn man der Auffassung sein sollte, eine Auslegung von § 23 Sätze 2 und 3 VergabeVO Stiftung SL dahin, dass die Beteiligung an der Vergabe außerkapazitärer Studienplätze einen innerkapazitären Zulassungsantrag voraussetzt, in dem der Studienort B-Stadt/Homburg in der Quote des Auswahlverfahrens der Hochschulen genannt wird, und dass die Vergabe solcher Studienplätze dann nach den Kriterien des Auswahlverfahrens der Hochschulen erfolgt, sei – ausgehend von der „Entstehungsgeschichte“ der Regelungen und die Auslegung der jedenfalls vergleichbaren Bestimmungen des § 24 Sätze 2 und 3 VergabeVO ZVS/Stiftung BW durch den VGH Mannheim – mit dem Gebot der Normenbestimmtheit und Normenklarheit zu vereinbaren, läge ein die Unwirksamkeit der angegriffenen Bestimmungen bewirkender Verstoß gegen höherrangiges Recht vor. Denn diese Auslegung hätte zur Folge, dass Zweitstudienbewerber wie die Antragsteller keine Chance auf Zulassung zum Studium in einem medizinischen Studiengang an der Beigeladenen auf einem eventuell gerichtlich festgestellten außerkapazitären Studienplatz hätten. Sie sind nämlich durch die §§ 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 17 Abs. 1 VergabeVO Stiftung SL rechtlich gehindert, sich im Auswahlverfahren der Hochschule zu bewerben und im Rahmen dieser Bewerbung – wie von § 23 Satz 2 VergabeVO Stiftung SL verlangt – einen Studienort zu wählen, sondern auf eine Bewerbung im Rahmen der Vorabquote für Zweitstudienbewerber (§ 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VergabeVO Stiftung SL: 3 v.H. der Gesamtzahl der festgesetzten Zulassungszahlen) beschränkt. Dieser Ausschluss der Zweitstudienbewerber von der Vergabe außerkapazitärer Studienplätze ist mit dem verfassungsrechtlich durch die Art. 3 Abs. 1, 12 GG i.V.m. mit dem Sozialstaatsprinzip gewährleisteten Teilhaberecht auch der Zweitstudienbewerber an der Vergabe von Studienplätzen in zulassungsbeschränkten Studiengängen nicht zu vereinbaren. Es entspricht insoweit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass der verfassungsrechtlich gewährleistete Anspruch auf Zulassung zum Wunschstudium (bei Erfüllung der subjektiven Zulassungsvoraussetzungen) durch den Abschluss eines Erststudiums nicht verbraucht wird
Es trifft sicherlich zu, dass – worauf auch der Antragsgegner zu Recht hinweist – das Bundesverfassungsgericht in der zitierten Entscheidung weiter ausführt, dass es dem Gesetzgeber nicht verwehrt ist, im Interesse der Erstbewerber, die noch kein berufsqualifizierendes Hochschulstudium absolviert haben, den Zugang von Zweitstudienbewerbern mit bereits abgeschlossener Hochschulausbildung sogar erheblich zu erschweren. Der Gesetzgeber ist danach sogar nicht einmal gehalten, die Zulassungsregelungen in einer Weise auszugestalten, die sämtlichen Zweitstudienbewerbern eine Zulassungschance eröffnet. Zu berücksichtigen ist freilich, dass es die unterschiedlichsten Gruppen von Zweitstudienbewerbern gibt, die sich hinsichtlich der Gründe für den Wunsch nach Durchführung eines weiteren Studiums und der Bedeutung dieser Gründe unterscheiden. So hält es das Bundesverfassungsgericht in der zitierten Entscheidung für rechtmäßig, Zweitstudienbewerber, die ihr erstes Studium als sogenanntes Parkstudium absolviert haben, vom Zugang zum Medizinstudium als Zweitstudium auszuschließen. Gleiches gilt hinsichtlich solcher Zweitstudienbewerber, die durch den Wunsch nach einer beruflichen Veränderung motiviert sind, wobei den Fällen, in denen der Wechselwunsch auf gesundheitliche Gründe zurückgeht, im Rahmen der sogenannten Härtefallquote (§ 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VergabeVO Stiftung SL) Rechnung getragen werden soll. Hiervon zu unterscheiden sind freilich Fallgruppen, in denen die Durchführung des Zweitstudiums, das heißt der Erwerb einer Doppelqualifikation sachlich gerechtfertigt oder für die Ausübung des erstrebten Berufs sogar zwingend geboten ist. Ferner gibt es die Gruppe der sogenannten „unechten“ Zweitstudienbewerber, die die Zugangsberechtigung zu dem erstrebten Zweitstudium erst mit dem erfolgreichen Abschluss des Erststudiums erworben haben. Diese Fallgruppen, bei denen dem Interesse an der Zulassung zu einem Zweitstudium vor dem Hintergrund der Gewährleistung des Art. 12 Abs. 1 GG objektiv eine nicht von der Hand zu weisende gewichtige Bedeutung beizumessen ist, waren für den Normgeber letztlich auch Grund, Zweitstudienbewerber nicht generell von der Vergabe von Studienplätzen in den medizinischen Studiengängen auszuschließen, sondern den betreffenden Bewerbern eine Zulassungsmöglichkeit im Rahmen der Sonderquote des § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VergabeVO Stiftung SL zu eröffnen, wobei die Auswahl unter den Bewerbern durch eine Messzahl bestimmt wird, in die der Grad der Bedeutung der Gründe für das Zweitstudium eingeht (vgl. § 17 Abs. 2 VergabeVO Stiftung SL i.V.m. Anlage 3 zu dieser Verordnung).
Ausgehend von dieser differenzierenden Regelung ist es mit den angeführten verfassungsrechtlichen Gewährleistungen nicht zu vereinbaren, Zweitstudienbewerber generell von der Vergabe außerkapazitärer Studienplätze auszuschließen. Dem kann nach Ansicht des Senats nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, den Regelungen der §§ 6 Abs. 6, 9 VergabeVO Stiftung SL lasse sich entnehmen, dass in den Fällen, in denen Studienplätze im Rahmen der Zweitstudienbewerberquote verfügbar blieben oder nach Abschluss des zentralen Vergabeverfahrens wieder verfügbar würden, die freigebliebenen Studienplätze im Auswahlverfahren der Hochschulen, das heißt ebenfalls unter Ausschluss von Zweitstudienbewerbern, vergeben würden. Nach Ansicht des Senats sind das Freibleiben von Studienplätzen, die der Quote der Zweitstudienbewerber zugewiesen sind, das typischerweise eine für die Ausschöpfung der Quote nicht ausreichende Nachfrage indiziert, und das Freiwerden mangels rechtzeitiger Inanspruchnahme zugeteilter Studienplätze vor dem Hintergrund der Gewährleistung von Art. 12 Abs. 1 GG anders zu beurteilen als die Vergabe außerkapazitärer Studienplätze, deren Aufdeckung letztlich bedeutet, dass die Zahl der verfügbaren Studienplätze rechtsfehlerhaft zu niedrig ermittelt und festgesetzt wurde. Denn eine zu Unrecht zu niedrig festgesetzte Zulassungszahl kann durchaus zur Folge haben, dass auch die Zahlen der in die Quoten des § 6 Abs. 2 VergabeVO Stiftung SL fallenden Studienplätze zu niedrig angesetzt wurden und dadurch Studienbewerber, die sich in diesen Quoten bewerben und auf sie beschränkt sind, um ihre Zulassungschance gebracht werden. Dass eine solche Folge keineswegs nur theoretisch eintreten kann, zeigen die Gegebenheiten betreffend die Zulassung zum Studium der Humanmedizin an der Beigeladenen zum Wintersemester 2011/2012. Die Zulassungszahlenverordnung 2011/2012 vom 5.5.2011 (Amtsbl. S. 176), setzt für das Medizinstudium eine Zulassungszahl von 283 fest. Die Zahl der auf die Zweitstudienbewerberquote entfallenden Studienplätze – gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VergabeVO Stiftung SL 3 v.H. der Gesamtzahl der festgesetzten Zulassungszahlen – beträgt (rechnerisch 3 v.H. von 283 =) 8,49, abgerundet 8 Studienplätze. Bei Feststellung eines weiteren außerkapazitären Studienplatzes, das heißt einer wirklichen Kapazität von 284 Studienplätzen ergäben sich rechnerisch (3 v.H. von 284 =) 8,52 Studienplätze, aufgerundet 9 Studienplätze. Diese exemplarische Betrachtung ist allerdings letztlich nicht entscheidungserheblich, sie soll lediglich zeigen, dass selbst geringfügige Veränderungen bei der Zahl der wirklich vorhandenen Studienbewerber Einfluss auf die Zahlen der auf die einzelnen Quoten entfallenden Studienplätze und damit auf die Zulassungschancen derjenigen Studienbewerber haben können, die sich (nur) in diesen Quoten bewerben können.
Für ausschlaggebend hält der Senat, dass eine vor den Anforderungen der Gewährleistungen der Art. 3 Satz 1, 12 Abs. 1 GG und des Sozialstaatsprinzips standhaltende Rechtfertigung dafür, Zweitstudienbewerber, deren Zulassungschancen im Rahmen der für sie vorgesehenen Sonderquote durch eine rechtsfehlerhaft zu niedrige Festsetzung von Zulassungs- (Höchst)zahlen beeinträchtigt werden können, von vornherein und generell von der Vergabe außerkapazitärer Studienplätze auszuschließen, nicht erkennbar ist.
Erweist sich danach § 23 Satz 2 VergabeVO Stiftung SL, verstanden als Regelung, die die Beteiligung an der Vergabe außerkapazitärer Studienplätze davon abhängig macht, dass fristgerecht ein innerkapazitärer Zulassungsantrag für den betreffenden Studiengang gestellt wurde, in dem B-Stadt/Homburg in der Quote des Auswahlverfahrens der Hochschulen als Studienort gewählt wurde, als unvereinbar mit den Artikeln 3 Abs. 1, 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip, da er wegen Art. 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, Abs. 7 Staatsvertrag 2008, §§ 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 17 Abs. 1 VergabeVO Stiftung SL Zweitstudienbewerber von der Teilhabe an der Vergabe solcher Studienplätze ausschließt, so bedarf es keiner weiteren Prüfung, ob, wofür allerdings zumindest sehr viel spricht, die so ausgelegte Regelung ferner aus den vom OVG Magdeburg in seinem Urteil vom 19.10.2011 – 3 K 326/11 – angeführten Gründen gegen die als „Jedermann“-Grundrecht
vgl. VerfGH des Saarlandes, Urteil vom 2.5.1983 – Lv 2-4/82 – NVwZ 1983, 604,
ausgestaltete Gewährleistung des Art. 33 Abs. 3 Satz 1 LVerf SL verstieße, da Ausländer, soweit sie nicht zulassungsrechtlich Deutschen gleichgestellt sind, im innerkapazitären Vergabeverfahren ebenfalls auf eine Bewerbung in der für sie vorgesehenen Vorabquote beschränkt und von einer Bewerbung im Hochschulauswahlverfahren ausgeschlossen sind (vgl. Art. 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 7 Staatsvertrag 2008, §§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VergabeVO Stiftung SL). Auch insoweit würde gelten, dass eine rechtsfehlerhaft zu niedrige Festsetzung der Zulassungszahlen die Zahl der auf die Quote des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VergabeVO Stiftung SL entfallenden Studienplätze verringern und damit die Zulassungschancen der Ausländer im innerkapazitären Vergabeverfahren beeinträchtigen könnte.
Verletzt danach die umstrittene Norm in der von dem Antragsgegner vertretenen oder zumindest favorisierten Auslegung höherrangiges Recht, so gilt im Ergebnis nichts anderes, wenn – was offenbar nicht den Regelungsabsichten des Antragsgegners entspräche, von diesem aber in seiner Antragserwiderung im Parallelverfahren 2 C 404/11 als eventuell mögliche Auslegung in den Raum gestellt wird - § 23 Sätze 2 und 3 VergabeVO Stiftung SL zumindest weitgehend im Wortsinne ausgelegt würden. In diesem Falle würde bereits der Umstand, dass § 23 Satz 2 VergabeVO Stiftung SL wörtlich einen Antrag auf Zulassung nach § 3 VergabeVO Stiftung SL im zentralen Vergabeverfahren für den Studienort B-Stadt/Homburg verlangt, in Anbetracht der bereits dargelegten Unterscheidung zwischen dem zentralen Vergabeverfahren und dem Auswahlverfahren der Hochschulen in den übrigen Bestimmungen der Vergabeverordnung Stiftung SL Anlass geben, die Frage aufzuwerfen, ob – gleichsam im Gegenteil zu den Regelungsintentionen des Antragsgegners – eine Bewerbung für den Studienort B-Stadt/Homburg in der Quote des Auswahlverfahrens der Hochschulen überhaupt die Voraussetzungen dieser Bestimmung für die Teilnahme an der Vergabe außerkapazitärer Studienplätze erfüllte. Bereits insoweit müsste – unter Zurückstellung von Bedenken unter dem Gesichtspunkt der Gebote der Normenklarheit und -bestimmtheit – eine verfassungskonforme Auslegung dahin Platz greifen dass, obwohl der Wortlaut keinen dahingehenden Anhaltspunkt liefert, auch Studienortbewerbungen für B-Stadt/Homburg in der Quote des Auswahlverfahrens der Hochschulen im Rahmen von § 23 Satz 2 VergabeVO Stiftung SL ausreichten, da eine sachliche Rechtfertigung dafür, solche Bewerbungen anders zu behandeln als Studienortbewerbungen in den Quoten, in denen die Studienplätze im zentralen Vergabeverfahren verteilt werden, schlechthin nicht erkennbar ist.
Ist es aber für die Erfüllung der Voraussetzungen des § 23 Satz 2 VergabeVO Stiftung SL gleich, in welcher der Quoten sich ein Studienbewerber für den Studienort B-Stadt/Homburg entscheidet, so fehlt es an einer vor Art. 12 Abs. 1 GG standhaltenden sachlichen Rechtfertigung für die umstrittenen Regelungen überhaupt. Erscheint es, einmal unbeschadet der bereits erörterten Frage der Berücksichtigung beziehungsweise des Ausschlusses von Zweitstudienbewerbern (und gegebenenfalls Ausländern) bei der Vergabe außerkapazitärer Studienplätze, noch nachvollziehbar, als Voraussetzung für die Beteiligung an der Vergabe solcher Studienplätze innerkapazitär eine Bewerbung für den betreffenden Studienort in der Quote des Auswahlverfahrens der Hochschulen zu verlangen, um der Hochschule schon im innerkapazitären Vergabeverfahren die Einordnung der Studienbewerber nach den Kriterien ihres Auswahlverfahrens in die gemäß § 10 Abs. 5 VergabeVO Stiftung SL zu erstellenden Ranglisten und nach etwaiger gerichtlicher Feststellung außerkapazitärer Studienplätze, deren Vergabe in der sich aus diesen Ranglisten ergebenden Reihenfolgen zu ermöglichen, so lässt sich dieser Zweck nicht erreichen, wenn es keine Rolle spielt, in welcher Quote sich Studienbewerber für den Studienort B-Stadt/Homburg beworben haben. In diesem Falle müssten nämlich die Studienbewerber, die an der Verteilung außerkapazitärer Studienplätze teilnehmen wollen, der Hochschule eine Bewerbung für B-Stadt/Homburg in einer der Quoten, in denen Studienplätze innerkapazitär verteilt werden, nachweisen, was zum Beispiel bei Zweitstudienbewerbern schon deswegen Schwierigkeiten bereiten dürfte, da diese ebenso wie im Übrigen Bewerber in der Wartezeitquote und anders als Bewerber in der Abiturbestenquote und der Quote des Auswahlverfahrens der Hochschulen nicht auf (jeweils) sechs Bewerbungen beschränkt sind (§ 3 Abs. 3 VergabeVO Stiftung SL) und die Praxis der Stiftung für Hochschulzulassung ausweislich des Merkblattes für die Zulassung zum Zweitstudium
M08-04.2011; hochschulstart.de, siehe dort Seite 4, Stichworte „Nachrangige Orte“ und „Orte ausschließen“,
dahin geht, nicht ausdrücklich genannte Studienorte gleichsam „von Amts wegen“ nachzutragen und die Ortspräferenz zu bestimmen, es sei denn, der nicht genannte Studienort wurde vom Studienbewerber ausdrücklich ausgeschlossen. Bezieht sich danach eine Bewerbung in der Quote der Zweitstudienbewerber – vorbehaltlich der Möglichkeit des Ausschlusses bestimmter Studienorte – potentiell auf alle Studienorte, die den betreffenden Studiengang anbieten, so kann in der Forderung, eine solche Bewerbung im innerkapazitären Auswahlwahlverfahren „auch“ für B-Stadt/Homburg einzureichen, auch kein Mittel gesehen werden, um dem Wunsch nach einem Studium an einem bestimmten Studienort Geltung zu verschaffen. Denn bei einer sich potentiell auf alle einschlägigen Studienorte erstreckenden Bewerbung ist es letztlich eher Zufall, ob B-Stadt/Homburg als Studienort ausdrücklich benannt oder von der Stiftung für Hochschulzulassung „nachgetragen“ wird. Ferner wäre bei der Verteilung außerkapazitärer Studienplätze ein Rückgriff auf die im innerkapazitären Hochschulauswahlverfahren erstellten Ranglisten nicht möglich. Die Hochschule wäre gehalten, diejenigen Studienbewerber, die sich in einer der Quoten des zentralen Vergabeverfahren für den Studienort B-Stadt/Homburg entschieden haben, in die im Hochschulauswahlverfahren erstellte Rangliste unter Zugrundelegung der Auswahlkriterien dieses Verfahrens an der zutreffenden Stelle der Rangfolge einzuarbeiten. Das ließe sich vielleicht noch relativ einfach handhaben, wenn – wie in den medizinischen Studiengängen an der Beigeladenen – im Auswahlverfahren der Hochschule allein auf den Grad der Qualifikation, ausgedrückt durch die Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung, abgestellt wird
vgl. Anlage 1 Nr. 1 zur Ordnung für das Hochschulauswahlverfahren der in das zentrale Vergabeverfahren einbezogenen Studiengänge an der Universität des Saarlandes vom 15.2.2006, Dienstblatt der Hochschulen des Saarlandes vom 24.5.2006, 100, 104,
wobei sich freilich insoweit zum Beispiel das Problem der zutreffenden Einreihung sogenannter unechter Zweitstudienbewerber, die ihre Hochschulzugangsberechtigung durch das Erststudium erworben haben, und – unter Umständen - von Deutschen nicht gleichgestellten Ausländern mit ausländischer Hochschulzugangsberechtigung stellen dürfte, falls letztere wegen Art. 33 Abs. 3 Satz 1 LVerf SL an der Vergabe außerkapazitärer Studienplätze zu beteiligen sein sollten.
Größere Schwierigkeiten ergäben sich freilich dann, wenn – wie etwa im Studiengang Pharmazie an der Beigeladenen – im Hochschulauswahlverfahren zusätzliche Kriterien für maßgeblich erklärt werden
vgl. Anlage 1 Nr. 2 zur Ordnung für das Hochschulauswahlverfahren der in das zentrale Vergabeverfahren einbezogenen Studiengänge an der Universität des Saarlandes vom 15.2.2006, a.a.O..
Da diese Anpassungen letztlich während der Kapazitätsstreitigkeiten zu leisten wären, wenn diejenigen Studienbewerber, die einen außerkapazitären Studienplatz erstreiten wollen, bekannt sind, ist nicht erkennbar, aus welchen Gründen die Studienortentscheidung für B-Stadt/Homburg schon im innerkapazitären Vergabeverfahren Voraussetzung für die Beteiligung an der Vergabe außerkapazitärer Studienplätze gerechtfertigt sein sollte.
Soweit die Antragsgegnerin dem entgegenhält, der von § 24 Satz 3 VergabeVO ZVS/Stiftung BW abweichende Wortlaut von § 23 Satz 3 VergabeVO Stiftung SL lasse – verfassungskonform – die Auslegung zu, dass eine an den Vergabekriterien im zentralen Vergabeverfahren orientierte Vergabe außerkapazitärer Studienplätze auch in der Weise erfolgen könne, dass die Kriterien und Quoten des innerkapazitären Vergabeverfahrens vollständig übernommen würden, rechtfertigt das keine andere Beurteilung. Zweifelhaft ist bereits, ob dieser Weg überhaupt praktikabel wäre. Soweit ersichtlich besteht in Rechtsprechung und Literatur Einigkeit darüber, dass ein vollständiger Gleichlauf der Verteilung von innerkapazitären und außerkapazitären Studienplätzen nicht möglich wäre
vgl. zum Beispiel Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 23.3.2011 – 6 CN 3.10 – Rdnr. 35; Müller, Alea iacta est? über den Kampf gegen das Glücksspiel im Hochschulzulassungsrecht, NVwZ – Extra 2010, Heft 24, Seite 18, Fußnote 65 m.w.N., und Seite 25.
Angeführt werden soll in diesem Zusammenhang lediglich die Frage der Berücksichtigung der Quote nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VergabeVO Stiftung SL (Sanitätsoffiziersdienst) und die Entscheidungskompetenz für die Auswahl nach Härtegesichtspunkten (§§ 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 7 Abs. 3 Satz 4 Nr. 4, 15 VergabeVO Stiftung SL), die im innerkapazitären Vergabeverfahren bei der Stiftung für Hochschulzulassung liegt.
Unabhängig hiervon müsste ausgehend von dem Verständnis der Vergabe außerkapazitärer Studienplätze als Sonderform des Nachrückverfahrens von einer den Verordnungsgeber bindenden gesetzlichen Vorgabe in Art. 9 Abs. 2 Sätze 3 und 4, Art. 10 Abs. 4 Staatsvertrag 2008 dahin ausgegangen werden, dass außerkapazitäre Studienplätze nach den Kriterien des Auswahlverfahrens der Hochschulen zu vergeben sind
vgl. in diesem Zusammenhang BVerwG, Urteil vom 23.3.2011 – 6 CN 3.10 – Rdnr. 18.
Hiervon ausgehend würde eine Auslegung von § 23 Satz 3 VergabeVO Stiftung SL dahin, dass unter Vergabe außerkapazitärer Studienplätze in Orientierung an den Vergabekriterien des zentralen Vergabeverfahrens eine Vergabe im Wege vollständiger Nachbildung des innerkapazitären Vergabeverfahrens mit Vorab- und Hauptquoten zu verstehen ist, zu einem Norminhalt führen, der mit der gesetzlichen Ermächtigung nicht im Einklang stünde.
Nach allem sind daher die offenkundig aufeinander bezogenen Bestimmungen des § 23 Sätze 2 und 3 VergabeVO Stiftung SL wegen Unvereinbarkeit mit höherrangigem Recht gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO für unwirksam zu erklären.
Auf die Veröffentlichungspflicht des § 47 Abs. 5 Satz 2 letzter Halbsatz VwGO wird hingewiesen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.
Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für die Zulassung der Revision sind nicht erfüllt.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Normenkontrollverfahren auf (5 x 1.000,-- Euro =) 5.000,-- Euro festgesetzt, da es für die Antragsteller in den von ihnen eingeleiteten Normenkontrollverfahren letztlich nur um die Erhaltung einer Loschance bei der etwaigen Vergabe außerkapazitärer Studienplätze gehen kann (§§ 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 GKG).
Gegenstand der Vorlage ist die Verfassungsmäßigkeit der §§ 31, 32 des Hochschulrahmengesetzes in der Fassung vom 28. August
2004 (HRG - BGBl I S. 2298) sowie der landesrechtlichen Vorschriften, durch die der Staatsvertrag über die Errichtung einer
gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung vom 5. Juni 2008 (im Folgenden: Staatsvertrag 2008) ratifiziert und umgesetzt
wurde.
1. Die 1987 geborene Klägerin des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Klägerin) erwarb 2006 in Nordrhein-Westfalen ihr Abitur
mit einer Durchschnittsnote von 3,2. Danach absolvierte sie eine Ausbildung zur Medizinisch-technischen Laborassistentin.
Anschließend nahm sie eine entsprechende Berufstätigkeit auf. Zum Wintersemester 2011/12 bewarb sie sich zum wiederholten
Male bei der Beklagten des Ausgangsverfahrens, der Stiftung für Hochschulzulassung (im Folgenden: Beklagte), um die Zulassung
zum Studium der Humanmedizin im ersten Fachsemester. Sie beantragte sowohl die Beteiligung an der Auswahl in der Wartezeitquote
als auch im Auswahlverfahren der Hochschulen. Sonderanträge stellte sie nicht.
Mit Bescheid vom 12. August 2011 lehnte die Beklagte die Zulassung innerhalb der Wartezeitquote mit der Begründung ab, die
maßgebliche Auswahlgrenze von 12 Wartesemestern sei verfehlt worden. Auch im Auswahlverfahren der Hochschulen blieb die Klägerin
erfolglos. Sie erhob daraufhin Klage, mit der sie beantragte, die Beklagte unter Aufhebung des ablehnenden Bescheides zu verpflichten,
sie nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2011/12 zum Studium der Medizin entsprechend ihrem Antrag zuzulassen.
2. Das Verwaltungsgericht hat das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG die Frage
zur Entscheidung vorgelegt, ob die §§ 31, 32 HRG sowie die landesrechtlichen Vorschriften zur Ratifizierung und Umsetzung
des Staatsvertrages 2008 mit dem Grundgesetz vereinbar sind, soweit sie für den Studiengang Humanmedizin ein Vergabeverfahren
vorsehen, bei dem - nach Abzug einiger Vorabquoten - 20 % der Studienplätze allein nach dem Grad der Qualifikation, 60 % der
Studienplätze maßgeblich nach dem Grad der Qualifikation und 20 % der Studienplätze nach Wartezeit vergeben werden und bei
dem die für eine Zulassung in der Wartezeitquote erforderliche Anzahl an Wartesemestern regelmäßig die Dauer eines normalen
Studiums übersteigt.
Das vorlegende Gericht ist der Auffassung, die Regelungen verstießen gegen Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1
GG und dem Sozialstaatsprinzip.
a) Die Kammer sei der Überzeugung, dass das Zusammenspiel der beiden Hauptquoten "Abiturbestenquote" und "Auswahlverfahren
der Hochschulen" den Anforderungen an ein hinreichend chancenoffenes Gesamtsystem nicht (mehr) genüge und dass es eines Ausgleichs
bedürfe. Zwar komme die Einführung des "Auswahlverfahrens der Hochschulen" wegen der Vielfalt der Auswahlkriterien der Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichts, namentlich der Forderung nach einer Mehrgleisigkeit des Auswahlsystems, grundsätzlich entgegen
und sei aus verfassungsrechtlicher Sicht positiv zu bewerten; denn je mehr verschiedene Auswahlkriterien angewandt würden,
desto größer werde die Bandbreite der Bewerber, die über das eine oder andere Kriterium eine Chance hätten. Dieser Vorteil
werde jedoch durch die Detailregelungen für die Bewerbung in dieser Quote erheblich entwertet. Denn könne sich der Bewerber
im "Auswahlverfahren der Hochschulen" von vornherein nur bei maximal sechs Hochschulen bewerben und sei zudem die Zahl der
denkbaren Wahlkombinationen wegen der massiven Beschränkung, denen die Bewerbung insbesondere über das Vorauswahlkriterium
"Ortspräferenz" unterliege, stark reduziert, so stelle sich die Vielfalt der Auswahlkriterien für den Bewerber als ein eher
theoretischer Vorteil dar, von dem er tatsächlich nur bedingt profitieren könne. Eine große Gruppe von Bewerbern bleibe trotz
der Zusatzkriterien allein wegen der hohen Anforderungen an die Durchschnittsnote auch in dieser Hauptquote ohne Zulassungschance.
Allerdings sei die Kammer der Auffassung, "dass sich mit der Validität der Abiturnote als Indikator für den Studienerfolg
durchaus die Heranziehung dieses Auswahlkriteriums als sachgerecht begründen" lasse. Es sei aus Sicht der Kammer daher nicht
von vornherein zu beanstanden, wenn der Abiturnote bei der Hochschulzulassung ein überwiegendes Gewicht zukomme, etwa indem
die ganz oder teilweise an dieses Kriterium anknüpfenden Quoten deutlich mehr als 50 % der zu vergebenden Studienplätze umfassten.
Zugunsten des geltenden, um das "Auswahlverfahren der Hochschulen" erweiterten Vergabesystems insgesamt lasse sich im Übrigen
auch anführen, dass es starre Grenzziehungen vermeide.
Dennoch bleibe die Durchschnittsnote ein problematisches Auswahlkriterium, das nach einem Korrektiv verlange. Es bestehe weitgehend
Einigkeit, dass Abiturnoten für die Einschätzung der Qualifikation eines Bewerbers nur bedingt zuverlässig und sie untereinander
nur eingeschränkt vergleichbar seien. Schon die Vergleichbarkeit zwischen den Ländern sei nicht gegeben, wie die Unterschiede
bei den mittleren Abiturnoten in den verschiedenen Bundesländern zeigten. Anders als bei der Abiturbestenquote gebe es im
"Auswahlverfahren der Hochschulen" keine Länderquoten. Dieser Unterschied lasse sich aus Sicht der Kammer schwerlich begründen
und stelle vor dem Hintergrund der Forderung nach einem objektiv sachgerechten Auswahlkriterium ein erhebliches Problem dar.
Zudem seien Abiturnoten auch innerhalb der Länder wegen der Divergenzen des Schulniveaus und der schulischen Notengebung sowie
wegen sonstiger Gegebenheiten nur eingeschränkt miteinander vergleichbar. Auch durch den Hinweis auf ein verändertes Verfassungsverständnis
oder einen gewandelten Zeitgeist lasse sich die verfassungskräftige, vor allem aus dem Gleichheitssatz resultierende Forderung
nicht relativieren, dass die vorhandenen Studienplätze nach sachgerechten Kriterien zu vergeben seien und die Zuspitzung auf
ein einziges, seinerseits nicht restlos zuverlässiges und gerechtes Auswahlkriterium vermieden werden müsse.
Nach Lage der Dinge könne im derzeitigen Auswahlsystem nur die Auswahlmöglichkeit in der Wartezeitquote die Funktion des erforderlichen
Korrektivs erfüllen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müssten sich die Anforderungen an die Wartezeit
auf ein noch zumutbares Maß beschränken. Nur in diesem Fall könne die Auswahlmöglichkeit in der Wartezeitquote die Zuspitzung
auf die Durchschnittsnote in den anderen Hauptquoten ausgleichen. Nach Auffassung der Kammer sei die Grenze der Zumutbarkeit
inzwischen überschritten, weil die erforderliche Wartezeit regelmäßig die Dauer eines normalen Studiums von sechs bis sieben
Jahren übersteige und in Zukunft noch weiter anwachsen werde. Das Abstellen auf die Dauer eines normalen Studiums als verfassungsrechtliche
Grenze sei zwar nicht zwingend begründbar, die Kammer halte diese Grenze aber für plausibel und sachgerecht. Auch die übrigen
vom Bundesverfassungsgericht hierzu angestellten Überlegungen, wie die Gefahr einer sozialen Selektion und ein späteres Einstiegsalter
für den Beruf, seien weiterhin tragfähig.
Die langen Wartezeiten seien auch keine vorübergehende Mangelerscheinung. Konkrete Bemühungen, gerade dem Problem des Studienplatzmangels
im Fach Medizin und den steigenden Wartezeiten zu begegnen, seien nur begrenzt vorhanden. Soweit neue Medizinstudienplätze
geschaffen würden, diene dies dazu, die zusätzliche Nachfrage aufgrund der doppelten Abiturjahrgänge zu befriedigen, ohne
dass erkennbar sei, dass dem seit Jahren bestehenden Engpass entgegengewirkt werden solle. Allerdings bestehe wohl kein grundrechtlicher
Anspruch auf Schaffung neuer Medizinstudienplätze.
Der Verfassungsverstoß könne schließlich nicht durch eine verfassungskonforme Auslegung vermieden werden. Einer solchen Auslegung
stehe der eindeutige Wortlaut der entsprechenden Vorschriften entgegen. Auch die in § 32 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HRG, Art. 9 Abs.
1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Staatsvertrag 2008 enthaltene Härtefallregelung erlaube keine verfassungskonforme Interpretation, Studienbewerbern
mit unzumutbar langen Wartezeiten einen Anspruch auf Zulassung zu verschaffen. Die Vorschriften setzten eine außergewöhnliche
Härte voraus und erforderten damit, dass ein Bewerber im Einzelfall aufgrund seiner Lebensumstände durch die überlange Wartezeit
in besonderer Weise betroffen werde. Der bloße Umstand, dass ein Bewerber sechs oder noch mehr Jahre lang auf einen Studienplatz
gewartet habe, könne dagegen keine "Härte" im Sinne des Gesetzes darstellen, denn hierbei handele es sich nicht um ein in
der Person des Bewerbers liegendes, sondern ein allgemeines, in der Konsequenz des Auswahlsystems liegendes Problem. Weiter
sei die Härtefallregelung als Ausnahmebestimmung eng auszulegen und die diesbezügliche Quote eng - auf 2 % - begrenzt.
Halte man die Bestimmungen für verfassungskonform, habe die Klägerin keinen Anspruch auf Zulassung zum Medizinstudium. Mit
ihrer Abiturnote von 3,2 erreiche sie die Auswahlgrenze bei der Abiturbestenquote, die im Wintersemester 2011/12 für Bewerber
aus Nordrhein-Westfalen bei 1,1 gelegen habe, nicht. Auch in der Wartezeitquote genüge die von ihr angesammelte Wartezeit
von 10 Halbjahren nicht, um die Auswahlgrenze zu erreichen, die im Wintersemester 2011/12 bei 12 Halbjahren gelegen habe.
Individuelle Umstände, die einen Härtefall begründen könnten, seien weder vorgetragen noch ersichtlich. Ob die Klägerin im
"Auswahlverfahren der Hochschulen" hätte zugelassen werden müssen, sei nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, weil
ein entsprechender Anspruch nicht gegen die Beklagte geltend gemacht werden könne. Auch hier liege freilich auf der Hand,
dass die Klägerin die Auswahlgrenzen nicht erreichen könne.
Gehe man von der Verfassungswidrigkeit der Normen aus, halte die Aussetzung des Verfahrens zum Zwecke der Normenkontrolle
der Klägerin die Chance offen, eine für sie günstigere Regelung durch den Gesetzgeber zu erreichen.
1. Ein Gericht kann eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit gesetzlicher Vorschriften
nach Art. 100 Abs. 1 GG nur einholen, wenn es zuvor sowohl die Entscheidungserheblichkeit der Vorschriften als auch ihre Verfassungsmäßigkeit
sorgfältig geprüft hat (vgl. BVerfGE 86, 71 <76>).
a) Das vorlegende Gericht muss hierzu darlegen, inwiefern seine Entscheidung von der Gültigkeit der zur Prüfung gestellten
Normen abhängt. Dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG genügt ein Vorlagebeschluss nur dann, wenn die gerichtlichen
Ausführungen auch erkennen lassen, dass eine eingehende Prüfung vorgenommen wurde. Ein Vorlagebeschluss muss aus sich heraus,
ohne Beiziehung der Akten, verständlich sein und mit hinreichender Deutlichkeit erkennen lassen, dass das vorlegende Gericht
bei Gültigkeit der Regelung zu einem anderen Ergebnis käme als im Falle ihrer Ungültigkeit und wie es dieses Ergebnis begründen
würde (vgl. BVerfGE 74, 236 <242>). Die Entscheidungserheblichkeit der vorgelegten Rechtsfrage ist mithin eingehend darzulegen.
Dazu muss der Vorlagebeschluss den entscheidungserheblichen Sachverhalt und eine umfassende Darlegung der die rechtliche Würdigung
tragenden Erwägungen enthalten. Dabei verlangt § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG, dass sich das vorlegende Gericht eingehend mit
der einfachrechtlichen Rechtslage auseinandersetzt, die in Rechtsprechung und Literatur entwickelten Rechtsauffassungen berücksichtigt
(vgl. BVerfGE 47, 109 <114 f.>; 105, 61 <67>) und auf unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten eingeht (BVerfGE 97, 49 <60>;
105, 48 <56>).
b) Ferner muss das Gericht seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der Norm näher darlegen und deutlich machen, mit
welchem verfassungsrechtlichen Grundsatz die zur Prüfung gestellte Regelung seiner Ansicht nach nicht vereinbar ist. Auch
insoweit bedarf es einer Auseinandersetzung mit nahe liegenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten sowie einer eingehenden,
Rechtsprechung und Schrifttum einbeziehenden Darstellung der Rechtslage (vgl. BVerfGE 86, 71 <77>; 97, 49 <60>). Die Darlegungen
zur Verfassungswidrigkeit der zur Prüfung gestellten Normen müssen den verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab dabei nicht
nur benennen, sondern auch die für die Überzeugung des Gerichts maßgebenden Erwägungen nachvollziehbar darlegen. Insoweit
kann es auch erforderlich sein, die Gründe zu erörtern, die im Gesetzgebungsverfahren als für die gesetzgeberische Entscheidung
maßgebend genannt worden sind (vgl. BVerfGE 78, 201 <204>; 81, 275 <277>; 86, 71 <77 f.>). Rechtsprechung und Schrifttum sind
in die Argumentation einzubeziehen (vgl. BVerfGE 78, 165 <171 f.>; 89, 329 <337>).
2. Die Vorlage genügt diesen Anforderungen nicht. Das vorlegende Gericht hat mit seinen Ausführungen weder die Entscheidungserheblichkeit
der vorgelegten Rechtsfragen (hierzu a) noch die Verfassungswidrigkeit der vorgelegten Vorschriften (hierzu b) hinreichend
aufgezeigt.
a) Das Gericht legt zunächst nicht hinreichend dar, warum ein Anspruch der Klägerin auf Zulassung nicht aus den bestehenden
Vorschriften, nämlich der Härtefallregelung nach Art. 9 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Staatsvertrag 2008 in Verbindung mit § 1 Abs.
1 Satz 1 des Gesetzes zur Ratifizierung des Staatsvertrages über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung
vom 5. Juni 2008, § 15 der Verordnung über die Vergabe von Studienplätzen in Nordrhein-Westfalen (Vergabeverordnung NRW), abgeleitet werden kann.
aa) Nicht erkennbar ist bereits, dass sich das Gericht mit den zu dieser Härtefallklausel vertretenen Auffassungen in genügendem
Umfang auseinandersetzt. Für seine nur sehr knapp begründete Ansicht, die Klausel müsse eng ausgelegt werden, bezieht es sich
lediglich auf eigene Beschlüsse sowie zwei Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen. Dazu, wie die Literatur
diese Vorschriften interpretiert, enthält der Vorlagebeschluss keine Ausführungen.
Dass eine solche Auseinandersetzung mit den verschiedenen denkbaren Auslegungsmöglichkeiten hier entbehrlich wäre, weil schon
aus systematischen Gründen nur eine enge Deutung der Vorschrift in Betracht kommt, wird nicht nachvollziehbar erläutert. Das
Verwaltungsgericht führt insoweit nur aus, dass die Dauer der Wartezeit kein in der Person des Bewerbers liegendes, sondern
ein allgemeines, in der Konsequenz des Auswahlsystems liegendes Problem sei, weil es eine große Anzahl Wartender betreffe.
Eine solche Sichtweise ist freilich nicht zwingend. So kann man den Grund für die lange Wartezeit auch gerade in der unterdurchschnittlichen
Abiturnote des jeweiligen Bewerbers, also in einem individuellen Gesichtspunkt, sehen. Genauso wenig ist zu erkennen, wieso
es sich bei denjenigen, die selbst nach 12 Wartesemestern noch keine Zulassung erhalten haben, um eine "große Anzahl" handeln
soll. Nach den Daten, die das vorlegende Gericht nennt, gab es im Wintersemester 2011/12 im Studiengang Humanmedizin 511 abgewiesene
Bewerber mit einer derart langen Wartezeit. In diesem Semester hatten sich für dieses Fach allerdings 44.043 Personen beworben,
so dass lediglich ein Anteil von 1,16 % an der Gesamtgruppe mehr als 12 Semester warten musste. In Anbetracht der geringen
Zahl an Betroffenen erschließt sich auch nicht, weshalb die Begrenzung der Härtefallquote auf 2 % daran hindern könnte, langjährig
Wartenden auf diesem Wege einen Studienplatz zukommen zu lassen, wie das Verwaltungsgericht anscheinend meint. Hiervon abgesehen
ist auch nicht zu erkennen, dass sich die umfangmäßige Einschränkung der Quote aus einem formellen Gesetz und nicht bloß einer
untergesetzlichen Norm - nämlich § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VergabeVO NRW - ergibt, so dass unklar bleibt, warum das vorlegende
Gericht nicht selbst in der Lage war, die vermeintliche Hürde zu beseitigen.
Das Verwaltungsgericht durfte sich auch nicht damit begnügen, die fehlende Eignung einer großzügigeren Interpretation der
Härtefallregelung damit zu begründen, dass die nicht im Rahmen der Härtefallquote vergebenen Plätze der Wartezeitquote hinzugerechnet
werden (Art. 9 Abs. 2 Satz 4 Staatsvertrag 2008), sich bei einer umfassenderen Ausschöpfung der erstgenannten Quote die für
die letztgenannte Quote zur Verfügung stehenden Plätze also verringern. Vielmehr hätte das Gericht näher darlegen müssen,
wieso es nicht trotzdem möglich ist, mit einer Zulassung notenschwacher Bewerber mit besonders langer Wartezeit über die Härtefallklausel
einen aus seiner Sicht verfassungskonformen Zustand herzustellen. Denn auch wenn bei einem solchen Vorgehen Studierwillige
mit günstigeren Noten, die nicht über die Quote der Abiturbesten zugelassen werden können, möglicherweise innerhalb der Wartezeitquote
aufgrund der geringeren Platzanzahl erfolglos blieben, hätten diese Personen wegen ihrer Noten wiederum bessere Aussichten,
im Auswahlverfahren der Hochschulen einen Studienplatz zu erlangen. Gerade auf die Annahme, dass Bewerber mit schlechten Noten
in diesem Auswahlverfahren chancenlos seien und sich ihnen damit selbst auf diesem Wege keine Zulassungsmöglichkeit eröffne,
hatte das Verwaltungsgericht die vermeintliche Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Vorschriften maßgeblich gestützt.
bb) Hiervon abgesehen macht das Gericht nicht deutlich, unter welchen Voraussetzungen es das Bestehen eines Härtefalls bejaht
und warum hier, unter Zugrundelegung seiner eigenen - engen - Norminterpretation, die Annahme einer "außergewöhnlichen Härte"
ausscheidet. Es fehlt bereits an der Darlegung des angewandten rechtlichen Maßstabes. Die Kammer stellt nur fest, eine Härte
könne im Einzelfall angenommen werden, wenn der Bewerber aufgrund seiner Lebensumstände durch die überlange Wartezeit in besonderer
Weise getroffen werde. Bei welchen konkreten Konstellationen eine solche Situation anzunehmen ist, wird nicht aufgezeigt.
Darüber hinaus bleibt auch der Sachverhalt, auf dessen Grundlage das Gericht hier einen Härtefall verneint hat, unklar. Der
Vorlagebeschluss enthält insbesondere keine näheren Informationen zu den Lebensumständen der Klägerin, also ihrer familiären,
finanziellen oder sozialen Lage. Mitgeteilt wird lediglich, dass sie eine Ausbildung zur Medizinisch-technischen Laborassistentin
absolviert hat und in diesem Beruf arbeitet. Im Übrigen beschränkt sich die Kammer auf die pauschale Feststellung, für das
Vorliegen eines Härtefalls sei nichts vorgetragen oder ersichtlich. Dies genügt jedoch insbesondere bei einem Verfahren nicht,
in dem - wie im verwaltungsgerichtlichen Prozess - der Amtsermittlungsgrundsatz gilt (vgl. § 86 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung).
Das vorlegende Gericht legt schon nicht nachvollziehbar dar, mit welchem verfassungsrechtlichen Grundsatz die von ihm benannten
Vorschriften unvereinbar sein sollen. Zwar geht es, im Anschluss an die einschlägige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts,
zutreffend davon aus, dass die Bewerberauswahl nach objektiv sachgerechten und individuell zumutbaren Kriterien (BVerfGE 33,
303 <338>; 43, 291 <316 f.>) zu erfolgen hat, weil es sich hierbei um eine objektive Zulassungsschranke bei der Ausbildungs-
und Berufswahl im Sinne von Art. 12 Abs. 1 GG handelt. Aus den von ihm benannten Argumenten erschließt sich freilich nicht,
warum das derzeitige Auswahlsystem diese Anforderungen nicht erfüllt. Das vorlegende Gericht erklärt zunächst ausdrücklich,
es halte die einzelnen Auswahlkriterien für sich genommen für "sachgerecht". Im Hinblick auf das Auswahlverfahren der Hochschulen
wird dann kritisch angemerkt, dort komme der Abiturnote eine "überragende Bedeutung" zu. Dies führe allerdings nicht per se
zur Verfassungswidrigkeit des Auswahlsystems, erfordere aber ein verfassungsrechtliches Korrektiv, das die Chancenoffenheit
für eine größere Zahl von Bewerbern wahre. Ein solches Korrektiv könne nur die Wartezeitquote sein. Tragfähige Gründe für
seine Folgerungen führt das Gericht jedoch nicht an. Solche Gründe ergeben sich weder in nachvollziehbarer Weise aus den im
Vorlageschluss aufgeführten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts noch aus den sonstigen dort angestellten verfassungsrechtlichen
Erwägungen.
aa) Das Verwaltungsgericht zeigt in seinem Beschluss zunächst nicht verständlich auf, welche Grundsätze der Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichts es rechtfertigen sollen, das derzeitige Auswahlsystem als verfassungswidrig einzustufen. Insoweit
genügt es insbesondere nicht, umfangreiche Passagen aus verschiedenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu zitieren.
Den Darlegungsanforderungen genügt ein Gericht bei einer Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG vielmehr erst, wenn es dartut, welche
konkreten verfassungsrechtlichen Anforderungen es aus den genannten verfassungsgerichtlichen Entscheidungen ableitet.
(1) Hieran fehlt es. Das vorlegende Gericht beschränkt sich auf die Behauptung, das Bundesverfassungsgericht habe festgestellt,
die Ungleichbehandlung grundsätzlich gleichberechtigter, nämlich hochschulreifer Bewerber aufgrund "weniger Zehntelpunkte
bei der Abiturnote" könne "nicht ohne weiteres mit sachlichen Gründen von hinreichender Tragfähigkeit" gerechtfertigt werden
und es für "problematisch" gehalten, die Auswahlentscheidung stark auf ein einzelnes Auswahlkriterium wie das der Durchschnittsnote
zu konzentrieren. Diese pauschale Aussage ist als Grundlage für die verfassungsrechtliche Prüfung zu unspezifisch und lässt
schon nicht hinreichend erkennen, aus welchen konkreten Umständen die Verfassungswidrigkeit hergeleitet werden soll.
(2) Zudem haben die angeführten Entscheidungen nicht den vom Vorlagegericht angenommenen Inhalt. In dem zitierten Abschnitt
des Urteils des Ersten Senats vom 18. Juli 1972 (BVerfGE 33, 303 <350>) beschäftigt sich das Bundesverfassungsgericht nur
mit der (von ihm letztlich verneinten) Frage, ob es verfassungsrechtlich zulässig wäre, die Auswahl der Bewerber für ein zulassungsbeschränktes
Studium "ausschließlich" nach dem auf Abiturnoten fußenden Leistungsprinzip vorzunehmen. Die Frage, inwieweit es in einem
System wie dem Auswahlverfahren der Hochschulen, bei dem sich die Zulassung typischerweise nach mehreren Kriterien richtet,
zulässig ist, einem einzelnen Merkmal wie der Abiturnote ein überwiegendes Gewicht einzuräumen, wird überhaupt nicht erörtert.
(3) Genauso wenig ist erkennbar, dass die Entscheidung vom 8. Februar 1977 (BVerfGE 43, 291) rechtliche Vorgaben enthält,
aus denen eine mögliche Verfassungswidrigkeit des heutigen Auswahlsystems folgt. Das Verwaltungsgericht begründet vor allem
nicht, inwiefern die dortigen Überlegungen des Bundesverfassungsgerichts auf das nun geltende Auswahlsystem übertragbar sind.
Anders als das derzeitige war das damalige System noch von einer strikten Zweiteilung geprägt: Abgesehen von den im Rahmen
der Vorab- beziehungsweise Sonderquote zugelassenen Bewerbern gab es nur die Zulassung nach Leistung mit einem Anteil von
60 %, wobei grundsätzlich maßgebend die Abiturnote war, und die Zulassung nach Wartezeit mit einer Quote von 40 % (vgl. BVerfGE
43, 291 <299 ff., 317 ff.). Dies führte dazu, dass Bewerber, die keine deutlich überdurchschnittlichen Abiturnoten vorweisen
konnten, ausschließlich über die Wartezeitquote eine Chance auf Erhalt eines Studienplatzes hatten. Dabei erforderte die Zulassung
über die Note für den Studiengang Humanmedizin einen Mindestdurchschnitt von 1,7 und alle Bewerber mit ungünstigerer Note
mussten bis zu sechs Jahre warten (s. nur BVerfGE 43, 291 <303>). Als nicht sachgerecht und zumutbar erachtete es das Bundesverfassungsgericht
insoweit vor allem, dass "auf der Schnittstelle von 1,7 und 1,8 darüber entschieden werden soll, wer sofort studieren kann
oder aber bis zu sieben Jahren auf eine Zulassung zum Studium seiner Wahl warten muss" (BVerfGE 43, 291 <319>). Das Verwaltungsgericht
legt nicht dar, aus welchen tragenden Erwägungen des Urteils des Ersten Senats vom 8. Februar 1977 sich ergibt, dass auch
Studierwillige mit deutlich schlechteren Noten als 1,7 oder 1,8 bei überfüllten Studiengängen binnen einer bestimmten Frist
eine Chance auf Zuteilung eines Platzes haben müssen. Hiervon abgesehen führt das Gericht selbst aus, dass es aufgrund der
Ergänzung des Systems durch das Auswahlverfahren der Hochschulen eine starre Notengrenze nicht mehr gibt und damit auch Bewerber,
deren Noten nicht für eine Zulassung in der Abiturbestenquote ausreichen, noch eine Zulassungschance haben. Nach seinen Angaben
gab es im Wintersemester 2011/12 immerhin fünf Universitäten, bei denen auch Bewerber, die lediglich eine Durchschnittsnote
zwischen 2 und 3 aufwiesen, zugelassen wurden. Warum dies nicht reicht, um den verfassungsrechtlichen Erfordernissen gerecht
zu werden, wird mit dem Vorlagebeschluss nicht hinreichend deutlich gemacht.
(4) Im Übrigen genügt das vorlegende Gericht den Darlegungsanforderungen auch dann nicht, sofern man seinem Ansatz, es sei
verfassungswidrig, dass Bewerber mit einer Abiturnote von 2,5 oder schlechter auch im Auswahlverfahren der Hochschulen chancenlos
blieben, folgte. Es wird schon nicht plausibel erläutert, dass sich die Notengrenze von 2,4 aus den rechtlichen Vorgaben ergibt,
Bewerber mit einem schlechteren Notendurchschnitt also - ungeachtet ihres Abschneidens bei den weiteren Auswahlkriterien (wie
Test, Auswahlgespräch oder sonstigen Wettbewerben) - von vornherein chancenlos sind. Denkbar ist nämlich auch, dass Bewerber
mit einem schlechteren Abiturdurchschnitt als 2,4 im Auswahlverfahren der Hochschulen allein deswegen erfolglos geblieben
sind, weil sie auch im Rahmen der anderen Kriterien weniger günstige Ergebnisse erzielt haben als jene Konkurrenten, die eine
bessere Abiturdurchschnittsnote vorweisen konnten. Deswegen genügte es nicht, die Abiturnoten des jeweils schwächsten zugelassenen
Bewerbers mitzuteilen; das Gericht hätte vielmehr anhand der maßgeblichen rechtlichen Bestimmungen dartun müssen, dass bereits
aufgrund der gesetzlich festgelegten Gewichtung der Maßstäbe zueinander ab einer bestimmten Abiturnote eine Zulassung faktisch
ausschied.
Auch die hierfür notwendigen Ausführungen enthält der Vorlagebeschluss nicht. Das Verwaltungsgericht beschäftigt sich nur
pauschal mit den Normen, die die Auswahl und Gewichtung der einzelnen Maßstäbe determinieren. Es weist lediglich allgemein
auf die sowohl in Bundes- als auch Landesrecht (§ 32 Abs. 3 Satz 2 HRG, Art. 10 Abs. 1 Satz 2 Staatsvertrag 2008 i.V.m. den
jeweiligen Ratifizierungsgesetzen der Länder) enthaltene Regel hin, dass dem Grad der Qualifikation, also der Abiturnote,
bei der Auswahlentscheidung ein "maßgeblicher Einfluss" gegeben werden muss. Bereits die Frage, wann konkret ein solcher "maßgeblicher
Einfluss" in den verschiedenen denkbaren Konstellationen - also bei zwei, drei oder mehr Auswahlkriterien - vorliegt, und
ob die Universitäten diese rechtliche Vorgabe überhaupt ordnungsgemäß umgesetzt haben, wird nicht näher erörtert. Auch auf
die weiteren landesrechtlichen, teils sehr unterschiedlichen Bestimmungen, die Anzahl und Auswahl der anzuwendenden Auswahlmaßstäbe
behandeln, geht das Gericht nicht hinreichend ein.
(5) Schließlich lässt sich auf Basis des Vorlagebeschlusses selbst bei Heranziehung der einschlägigen Bestimmungen nicht beurteilen,
inwieweit die einzelnen Universitäten diese Normen zutreffend angewandt haben, ihre jeweiligen Auswahlverfahren also den rechtlichen
Erfordernissen entsprachen. Denn das Verwaltungsgericht benennt lediglich die von den einzelnen Universitäten bei der Bewerberauswahl
angewandten Maßstäbe, ohne (bis auf einen einzigen Fall) anzugeben, wie die Hochschulen diese Kriterien jeweils zueinander
gewichtet haben. Schon deswegen bieten die in dem Beschluss aufgeführten Daten keine hinreichende Grundlage, die einen Schluss
auf die mögliche Verfassungswidrigkeit des Gesamtsystems zulässt.
bb) Das Gericht legt des Weiteren auch nicht anhand eigenständiger, von der bisherigen bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung
unabhängiger Maßstäbe dar, dass die Abiturnote, unter Berücksichtigung ihrer Bedeutung, die ihr für das derzeitige Auswahlsystem
zukommt, kein den grundrechtlichen Anforderungen genügendes Auswahlkriterium ist. Die vorlegende Kammer bildet bereits keine
verständlichen verfassungsrechtlichen Maßstäbe, sondern beschränkt sich auf die Wiedergabe der für beziehungsweise gegen die
Anwendung der Abiturnote sprechenden Gesichtspunkte. Es wird noch nicht einmal deutlich, ob das Verwaltungsgericht den "Studienerfolg"
im Rahmen der Grundrechtsprüfung als ausreichenden Gesetzeszweck ansieht, um den Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG zu rechtfertigen.
Auch sonstige Ausführungen, insbesondere zum Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit der Beschränkung, fehlen. Soweit, wohl
im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG, der Mangel von Landesquoten im Auswahlverfahren der Hochschulen gerügt wird, setzt das Gericht
sich weder mit dem - von ihm selbst als nachvollziehbar bezeichneten - Argument der Beklagten, eine Bildung von Länderquoten
in diesem Verfahren sei organisatorisch kaum leistbar, auseinander, noch erörtert es, ob eine solche Quotenbildung überhaupt
grundrechtlich geboten ist, wenn die Abiturnote in der Regel nur ein Auswahlkriterium unter mehreren ist. Angesichts der gewählten,
wenig aussagekräftigen Formulierungen ("aus Sicht des Gleichheitssatzes prekär", "erhebliches Problem") ergibt sich aus den
gerichtlichen Darlegungen zudem nicht mit der notwendigen Klarheit, dass das Gericht selbst von der Verfassungswidrigkeit
der vorgelegten Bestimmungen überzeugt ist. Hinzu kommt, dass die Kammer sogar annimmt, dass sich "eine überwiegende Orientierung
an der Durchschnittsnote als Auswahlkriterium bei der Studienzulassung rechtfertigen" lasse. Für die weitere Folgerung, es
bedürfe dennoch eine Korrektivs in Form einer Erhöhung der Wartezeitquote, nennt das Gericht keine konkreten Argumente mehr,
sondern verweist ausschließlich pauschal auf Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Weshalb die Abiturnote als Auswahlkriterium
verfassungsrechtlich bedenklich und die Wartezeitquote vorzugswürdig sein sollte, erschließt sich auf Grundlage dieser Begründung
gerade nicht.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
1. Der Beschwerdeführer betreibt als Einzelkaufmann ein Busunternehmen. Er war Inhaber einer Genehmigung für den eigenwirtschaftlich
betriebenen Linienverkehr mit Bussen auf den Linien 172, 172a und 173 im Bereich des Nahverkehrsplans für den Landkreis E.
Diese Genehmigung war befristet bis zum 31. Dezember 2006.
Im Jahr 2005 beantragte der Beschwerdeführer die Wiedererteilung der Genehmigung für die Zeit ab 1. Januar 2007. Nachdem die
Antragsunterlagen aus Sicht der Genehmigungsbehörde am 6. Oktober 2005 vollständig vorlagen, verlängerte sie die Drei-Monats-Frist
zur Entscheidung über den Antrag gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 PBefG um drei Monate bis zum 6. April 2006. Am Anhörungsverfahren
beteiligte sie unter anderem die W. GmbH & Co. KG (im Folgenden: W.), die im Einzugsbereich der betroffenen Strecken über
einen längeren Zeitraum Schülertransporte durchgeführt hatte. Im November 2005 machte die W. Einwendungen gegen den Antrag
des Beschwerdeführers geltend und beantragte ihrerseits eine entsprechende Linienverkehrsgenehmigung. Die Genehmigungsbehörde
leitete auch insoweit ein Anhörungsverfahren ein; auch hier verlängerte sie die Drei-Monats-Frist. Im März 2006 teilte die
Genehmigungsbehörde dem Beschwerdeführer und der W. mit, dass eine Entscheidung über die Anträge bis zum 6. April 2006 getroffen
werde. Bereits am 6. Januar 2006 hatte die W. eine inhaltliche Ausweitung ihres Verkehrsangebots vorgelegt. Am 28. März 2006
reichte der Beschwerdeführer eine Modifikation seines Linienverkehrsantrags ein. Mit Bescheid vom 29. März 2006 erteilte die
Behörde der W. die beantragte Linienverkehrsgenehmigung und lehnte mit weiterem Bescheid vom selben Tag den Antrag des Beschwerdeführers
ab; dessen ergänzendes Verkehrsangebot vom Vortag bezog sie in ihre Entscheidung nicht mit ein.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer - ebenso wie andere Bewerber um die Genehmigung - Widerspruch. Daraufhin lud die Genehmigungsbehörde
zu einem Erörterungstermin im September 2006 und teilte mit, dass auf Grundlage dieses Erörterungstermins über die Widersprüche
entschieden werden solle. Demzufolge würden der Widerspruchsentscheidung nur die von den Beteiligten bis zum Abschluss des
Termins abgegebenen Erklärungen und Unterlagen sowie die Ergebnisse der Erörterung zugrunde gelegt. Der Erörterungstermin
wurde dann wegen noch ausstehender Verhandlungen vertagt und am 11. Oktober 2006 fortgesetzt. Der Beschwerdeführer nahm an
diesem Termin nicht teil. Die W. reichte im Termin einen Antrag ein, die ihr erteilte Genehmigung auszuweiten. Der Termin
wurde um 10.25 Uhr geschlossen. Kurz nach 12.00 Uhr ging bei der Genehmigungsbehörde ein Telefax ein, mit dem der Beschwerdeführer
eine Modifikation seines bisherigen Verkehrsangebots vorlegte. Mit Widerspruchsbescheid vom 15. November 2006 wies die Genehmigungsbehörde
die Widersprüche zurück.
Die daraufhin vom Beschwerdeführer erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 14. März 2008 ab. Den Antrag
des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung lehnte das Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 12. November 2009 ab.
Es bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils. Wegen der Rüge des Beschwerdeführers,
dass die konkrete Ausgestaltung des Genehmigungsverfahrens zu einer Art Versteigerung von Linienverkehrsgenehmigungen führe
und sogar Angebote berücksichtigt worden seien, die erst im Widerspruchsverfahren nachgebessert worden seien, habe das Verwaltungsgericht
die Frage der Rechtmäßigkeit dahinstehen lassen und dem Beschwerdeführer in nicht zu beanstandender Weise unter dem Gesichtspunkt
des venire contra factum proprium die Berufung auf die Fehlerhaftigkeit des Verfahrens verwehrt, weil er selbst die sich aus
diesem Verfahren ergebenden Möglichkeiten genutzt habe. Unabhängig davon sprächen auch keine überwiegenden Gründe dafür, dass
die von der Genehmigungsbehörde gewählte Verfahrensweise rechtswidrig gewesen wäre. Das Personenbeförderungsgesetz gebe nur
wenig Anhaltspunkte, wie das Verfahren bei Beteiligung konkurrierender Unternehmen auszugestalten sei. Das Ziel der Regelungen
zur Erteilung von Linienverkehrsgenehmigungen, einen Ausgleich zu schaffen zwischen der angestrebten Optimierung einer Sicherstellung
des öffentlichen Verkehrsinteresses, welche durch einen Wettbewerb unter den Anbietern gefördert werde, und der im Lichte
von Art. 12 GG notwendigen Gewährleistung eines Besitzstandsschutzes für Konzessionsinhaber, könne durch eine möglichst gleiche
Informationsgrundlage aller Antragsteller erreicht werden. Auch gebe es keine gesetzliche Pflicht zur unveränderten Aufrechterhaltung
eines Genehmigungsantrags. Mit der Nachbesserung von Anträgen sei dem auf eine optimale Bedienung der öffentlichen Verkehrsinteressen
gerichteten Zweck des § 13 PBefG sogar besonders gedient. Zur Gewährleistung eines nachprüfbar fairen Verfahrens habe die
Genehmigungsbehörde allen Antragstellern allerdings einen Stichtag bekanntzugeben, weil es ansonsten mehr oder weniger zufällig
wäre, welcher Konkurrent das "letzte" Angebot abgebe. Ob die Mitteilung der Beklagten, wonach eine Entscheidung bis zum 6.
April 2006 getroffen werde, diesen Anforderungen genüge, könne dahinstehen. Denn nach dieser Mitteilung habe die W. keinen
geänderten Antrag mehr vorgelegt. Das demgegenüber vom Beschwerdeführer im Wege eines Ausgestaltungsverlangens nach § 13 Abs.
2 Nr. 2 Buchst. c) PBefG am 28. März 2006 nochmals modifizierte Fahrplankonzept sei zu Recht nicht mehr berücksichtigt worden,
weil ihm ein solches Ausgestaltungsrecht nach Beantragung der Wiedererteilung einer auslaufenden Genehmigung nicht mehr zustehe.
Im anschließenden Widerspruchsverfahren habe die Genehmigungsbehörde zum Schutz des Genehmigungswettbewerbs eine Ausschlussfrist
gesetzt, indem sie den Beteiligten mitgeteilt habe, neue Erklärungen könnten nur bis zum Abschluss des (zweiten) Erörterungstermins
am 11. Oktober 2006 abgegeben werden. Die nach dem Abschluss des Erörterungstermins per Fax eingegangene Angebotsmodifikation
durch den Beschwerdeführer habe daher als verfristet unberücksichtigt bleiben müssen. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit
des verwaltungsgerichtlichen Urteils lägen auch nicht vor, soweit der Zulassungsantrag Einwendungen gegen die Beurteilung
der materiell-rechtlichen Voraussetzungen geltend mache. Das Verwaltungsgericht habe ausführlich und rechtsfehlerfrei begründet,
warum die Auswahlentscheidung der Beklagten nicht zu beanstanden sei. Eine Anhörungsrüge des Beschwerdeführers wies das Oberverwaltungsgericht
mit Beschluss vom 27. April 2010 zurück.
2. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seiner Grundrechte und grundrechtsgleichen Rechte aus Art. 3 Abs. 1, Art. 12
Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 und Art. 103 Abs. 1 GG.
Art. 12 Abs. 1 GG sei verletzt, weil es in dem zugrunde liegenden Genehmigungswettbewerb an der nötigen wettbewerblichen Fairness
gemangelt habe. Die angegriffenen Entscheidungen billigten ein Verfahren, das der Sache nach eine Versteigerung von Liniengenehmigungen
darstelle. Die konkreten Rahmenbedingungen dieser Versteigerung seien mit den Grundrechten des Beschwerdeführers nicht in
Einklang zu bringen. Insbesondere habe die Genehmigungsbehörde das Verfahren zu einem willkürlich bestimmten Zeitpunkt beendet.
Zu diesem Zeitpunkt habe sie lediglich der W. eine letzte Chance zur Nachbesserung ihres Angebots unter Kenntnis des Angebots
des Beschwerdeführers gegeben. Durch die wechselseitige Bekanntgabe der konkurrierenden Angebote im Rahmen des Anhörungsverfahrens
seien zudem Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Beschwerdeführers verletzt worden. Dies werde dadurch verstärkt, dass die
W. in das Anhörungsverfahren einbezogen worden sei, obwohl sie nicht zu dem in § 14 Abs. 1 Nr. 1 PBefG genannten Personenkreis
gehört habe. Weiter rügt der Beschwerdeführer, dass als maßgeblicher Zeitpunkt auf die letzte Verwaltungsentscheidung abgestellt
worden sei. Es liege in der Natur des Genehmigungswettbewerbs, dass spätestens der Zeitpunkt der Ausgangsentscheidung maßgeblich
sein müsse. Zu beanstanden sei auch, dass sein Angebot vom 28. März 2006 nicht berücksichtigt worden sei. Außerdem habe die
Ankündigung der Behörde im Widerspruchsverfahren, Erklärungen könnten nur bis zum Datum des Erörterungstermins berücksichtigt
werden, so verstanden werden dürfen, dass weitere Angebote auch bis zum Ablauf des 11. Oktober 2006 möglich gewesen seien.
In seinem Recht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG sieht sich der Beschwerdeführer verletzt, weil die Genehmigungsbehörde
ohne sachlichen Grund darüber hinweggesehen habe, dass die W. die Voraussetzungen des § 13 PBefG nicht erfüllt habe. Außerdem
sei er im Rahmen der Prüfung des Kriteriums der möglichst guten Verkehrsbedienung Kriterien unterworfen worden, die ihm vorher
nicht bekannt gegeben worden und die auf ihn in ungleich behandelnder Weise angewandt worden seien. Sein Anspruch auf rechtliches
Gehör sei verletzt, weil die Gerichte auf Kernbereiche seines Tatsachenvortrags nicht eingegangen seien.
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht
vor. Die Verfassungsbeschwerde hat keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung. Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung
der Grundrechte oder grundrechtsgleichen Rechte des Beschwerdeführers angezeigt. Sie ist zum Teil unzulässig, im Übrigen unbegründet.
1. Soweit der Beschwerdeführer rügt, durch die Einbeziehung der W. in das Anhörungsverfahren seien seine durch Art. 12 Abs.
1 GG geschützte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse verletzt worden, ist die Verfassungsbeschwerde nicht hinreichend substantiiert
begründet (§ 23 Abs. 1 Satz 2,§ 92 BVerfGG). Gleiches gilt für die Rügen, er werde durch die Nichtbeachtung seines Ausgestaltungsverlangens
vom 28. März 2006 und durch die Berücksichtigung neuer Antragsmodifikationen während des Widerspruchsverfahrens in seiner
Berufsfreiheit verletzt und die Genehmigungsbehörde habe unter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG überraschende Kriterien angewandt.
Auch die behaupteten Verletzungen von Art. 103 Abs. 1 GG werden nicht substantiiert dargelegt.
2. Im Übrigen ist die Verfassungsbeschwerde unbegründet. Die angegriffenen Entscheidungen verletzen den Beschwerdeführer nicht
in seinen Grundrechten. Wenn sich mehrere Unternehmer um eine Linienverkehrsgenehmigung bewerben, aber nur einer von ihnen
die begehrte Genehmigung erhalten kann, dann gewährleistet Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG, dass jeder Bewerber
eine faire Chance erhält, entsprechend den in § 13 PBefG geregelten Genehmigungsvoraussetzungen zum Zuge zu kommen. Im Hinblick
auf die Berufsfreiheit ist insoweit die Komplementärfunktion des Verfahrens für die Durchsetzung der materiellen Rechte zu
beachten. Art. 12 Abs. 1 GG gebietet - unabhängig davon, ob durch die Versagung einer Linienverkehrsgenehmigung lediglich
die Berufsausübungsfreiheit berührt wird oder ob im Einzelfall die Berufswahl tangiert ist - eine der Bedeutung der Berufsfreiheit
angemessene Verfahrensgestaltung im Vorfeld der Auswahlentscheidung (vgl. BVerfGE 73, 280 <296>; 82, 209 <227>; BVerfGK 4,
1 <9>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 20. September 2002 - 1 BvR 819/01, 1 BvR 826/01 -, NJW-RR 2003,
S. 203; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 3. August 2009 - 1 BvR 369/08 -, NJW-RR 2009, S. 1502 <1503>). Zudem
erfordert Art. 3 Abs. 1 GG eine der Sicherung des chancengleichen Zugangs zur beruflichen Tätigkeit angemessene Verfahrensgestaltung
(vgl. BVerfGE 116, 1 <17 f.>).
Daran gemessen ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Genehmigungsbehörde die bei ihr eingehenden Anträge
anderen Unternehmen zur Kenntnis gab und diesen die Möglichkeit einräumte, anschließend mit dieser Kenntnis eigene, konkurrierende
Anträge zu stellen. Entscheidet sich die Genehmigungsbehörde für eine solche Verfahrensgestaltung (vgl. dazu Heinze, PBefG,
2007, § 13 Anm. 10 , § 14 Anm. 3 ; krit. Werner, GewArch 2004, S. 89 <91>; vgl. auch BVerwGE 118, 270 <276>),
setzt ein chancengleicher Wettbewerb allerdings voraus, dass auch der erste Antragsteller auf die konkurrierenden Anträge
reagieren kann, weil er sonst gegenüber den Mitbewerbern ohne sachlichen Grund benachteiligt würde. Eine Möglichkeit zum "Nachbessern"
von Anträgen ist bei dieser Verfahrensgestaltung nicht schlechthin unvereinbar mit einem fairen Wettbewerb. Solange sie allen
Prätendenten in gleicher Weise und auf Grundlage eines vergleichbaren Kenntnisstandes eingeräumt wird, ist sie unter dem Gesichtspunkt
der Chancengleichheit nicht zu beanstanden. Notwendig ist allerdings, dass auch bei Abgabe der jeweils letzten Antragsfassung
die gleichen Voraussetzungen gelten. Die Genehmigungsbehörde darf deshalb grundsätzlich nicht zu einem für die Antragsteller
nicht vorhersehbaren, beliebigen Zeitpunkt das Auswahlverfahren für beendet erklären, sondern muss in der Regel im Voraus
einen Termin zur Abgabe der letzten Antragsfassung festlegen. Diese verfassungsrechtlichen Vorgaben hat das Oberverwaltungsgericht
hinreichend beachtet. Es sah eine möglichst gleiche Informationsgrundlage aller Antragsteller gerade als ein Mittel zur Verwirklichung
der Chancengleichheit an und ging davon aus, dass ein nachprüfbar faires Verfahren die Bekanntgabe eines Stichtages voraussetze.
Jedenfalls im Widerspruchsverfahren hat die Genehmigungsbehörde einen solchen Endzeitpunkt benannt. Ob der Beschwerdeführer
seine letzte Antragsfassung am 11. Oktober 2006 noch vor diesem Endzeitpunkt vorgelegt hat, ist eine Frage der Würdigung der
entscheidungserheblichen Tatsachen und grundsätzlich allein von den dafür zuständigen Fachgerichten zu beurteilen. Die Anberaumung
eines Erörterungstermins, zu dem alle in Betracht kommenden Antragsteller geladen werden, ist keine grundsätzlich ungeeignete
Maßnahme, um allen Bewerbern in gleicher Weise eine Chance zur Erläuterung und Modifikation ihrer Anträge zu geben. Die Annahme,
dass das mehr als eineinhalb Stunden nach Ende des Termins eingegangene Telefax des Beschwerdeführers nicht mehr zu berücksichtigen
sei, lässt jedenfalls eine Verletzung spezifischen Verfassungsrechts nicht erkennen.
Unter dem Gesichtspunkt eines chancengleichen Wettbewerbs ist es auch verfassungsrechtlich unbedenklich, dass die W. überhaupt
über den Antrag des Beschwerdeführers informiert wurde, obwohl sie nach Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht zum Kreis
der in § 14 Abs. 1 Nr. 1 PBefG Genannten gehörte. Denn die Chancengleichheit würde beeinträchtigt, wenn die Genehmigungsbehörde
nur einen Teil der potentiellen Bewerber über den Inhalt vorliegender Genehmigungsanträge informieren und ihnen sodann die
Möglichkeit einräumen würde, mit diesem Wissen konkurrierende Anträge zu stellen.
Soweit der Beschwerdeführer rügt, die W. erfülle die materiellen Genehmigungsvoraussetzungen des § 13 PBefG nicht, ist für
eine Verletzung spezifischen Verfassungsrechts nichts zu erkennen.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 18. November 2011 - 13 K 2984/11 - wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
Gründe
1
I. Der Antragsteller begehrt im Wege einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Zulassung zum Master-Studiengang Management an der Universität Hohenheim im 1. Fachsemester zum Wintersemester 2011/2012. Sein Antrag ist von der Antragsgegnerin durch Bescheid vom 26.07.2011 abgelehnt worden, weil seine Qualifikation nur den Rangplatz 860 ergeben hatte. Durch die Verordnung des Wissenschaftsministeriums über die Festsetzung von Zulassungszahlen für die Studiengänge im Vergabeverfahren der Universitäten im Wintersemester 2011/2012 und im Sommersemester 2012 vom 18.07.2011 (GBl. S. 413) ist aber für diesen Studiengang die Zahl der höchstens aufzunehmenden Bewerber auf 207 festgesetzt worden.
2
Auch der mit Schriftsatz vom 06.07.2011 gestellte Antrag auf Vergabe eines Studienplatzes außerhalb der festgesetzten Kapazität blieb ohne Erfolg und wurde von der Antragsgegnerin mit Bescheid vom 24.08.2011 abgelehnt, weil er nicht innerhalb der in § 2 Abs. 1 der Zulassungsordnung der Universität Hohenheim für den Masterstudiengang Management vom 27.08.2009 (Amtliche Mitteilungen Nr. 684 vom 27.08.2009) in der Fassung vom 21.02.2011 (Amtliche Mitteilungen Nr. 749 vom 21.02.2011) geregelten Ausschlussfrist gestellt worden sei. Über die hiergegen erhobene Klage ist noch nicht entschieden worden.
3
Mit Beschluss vom 18.11.2011 lehnte das Verwaltungsgericht Stuttgart den auf die Behauptung einer fehlerhaften Kapazitätsberechnung gestützten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab, weil der Antragsteller bereits die Zulassungsvoraussetzungen aus § 3 Abs. 2 der Zulassungsordnung nicht erfülle. Danach müsse der vorangegangene Hochschulabschluss einen Mindestanteil wirtschaftswissenschaftlicher Fachinhalte aufweisen, der unter anderem 30 ECTS-Leistungspunkte in Volkswirtschaftslehre (VWL) und 40 ECTS-Leistungspunkte in Betriebswirtschaftslehre (BWL) voraussetze. Diese Voraussetzungen erfülle der Bachelorabschluss des Antragstellers mit 82,5 ECTS-Leistungspunkten BWL und 20 ECTS-Leistungspunkten VWL nicht. Die hiervon abweichende Zulassungspraxis der Antragsgegnerin, die sich mit einer Gesamtsumme von 70 ETCS begnüge, sei rechtswidrig und könne daher einen Anspruch des Antragstellers nicht begründen.
4
II. Die hiergegen vom Antragsteller erhobene Beschwerde ist zulässig, bleibt in der Sache aber ohne Erfolg. Dabei kann offen bleiben, ob die Auffassung des Verwaltungsgerichts zutrifft (1.); ein Anordnungsanspruch auf Vergabe eines Studienplatzes außerhalb der festgesetzten Kapazität besteht jedenfalls deshalb nicht, weil der Antragsteller die Antragsfrist versäumt hat (2.). Auch hinsichtlich der innerkapazitären Vergabe sind Fehler weder vorgetragen noch erkennbar (3.). Im Ergebnis ist der angefochtene Beschluss daher richtig, so dass die Beschwerde zurückgewiesen werden muss.
5
1. Ob der vom Verwaltungsgericht herangezogene Grundsatz, dass kein Antragsteller eine „Gleichbehandlung im Unrecht“ beanspruchen kann, dem Begehren des Antragstellers hier entgegenstehen muss, kann offen bleiben.
6
a) Richtig dürfte allerdings die Einschätzung sein, dass die von der Antragsgegnerin praktizierte Handhabung der Zugangsvoraussetzungen als rechtswidrig beurteilt werden muss.
7
Zugangsvoraussetzung für die begehrte Zulassung ist nach § 3 Abs. 2 Satz 1 der Zulassungsordnung der Nachweis eines Hochschulabschlusses in einem Studiengang, der einen Mindestanteil von wirtschaftswissenschaftlichen Fachinhalten aufweist. Dieser liegt gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 Zulassungsordnung vor, wenn mindestens 40 ECTS-Leistungspunkte auf die BWL und mindestens 30 ECTS-Leistungspunkte auf die VWL entfallen (1. Spiegelstrich) oder der entsprechende Anteil von Semesterwochenstunden mindestens ein Viertel (BWL) und ein Sechstel (VWL) beträgt (2. Spiegelstrich) oder sich aus anderen Merkmalen des Studiengangs ein entsprechender Mindestanteil ergibt (3. Spiegelstrich). Die Entscheidung hierüber (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 4 Zulassungsordnung) sowie über die Gleichwertigkeit der Vorbildung (vgl. § 3 Abs. 3 Satz 1 Zulassungsordnung) trifft der Zulassungsausschuss.
8
Mit Beschluss vom 29.06.2010 hat der Zulassungsausschuss in Anbetracht der engen Verwandtschaft der wirtschaftswissenschaftlichen Teildisziplinen entschieden, auf eine jeweils eigenständige Erfüllung der Anforderungen an Leistungspunkte oder Semesterwochenstunden zu verzichten und nur die Summe aus BWL- und VWL-Ausbildung heranzuziehen. Nur wenn hierbei nicht insgesamt 70 ECTS-Leistungspunkte erreicht werden, soll eine Einzelfallentscheidung des Zulassungsausschusses über die Eignung herbeigeführt werden. Entsprechend verfährt die Antragsgegnerin seitdem.
9
Mit dem Verwaltungsgericht ist auch der beschließende Senat der Auffassung, dass diese Verfahrensweise durch die Satzung nicht gedeckt sein dürfte.
10
Nach § 3 Abs. 2 Satz 4 der Zulassungsordnung ist der Zulassungsausschuss befugt, eine Entscheidung darüber zu treffen, ob sich der wirtschaftswissenschaftliche Anteil eines Studiengangs aus anderen Merkmalen als den in § 3 Abs. 2 Satz 2 Spiegelstriche 1 und 2 der Zulassungsordnung benannten BWL- und VWL-Anteilen ergibt. Er wäre daher unproblematisch berechtigt gewesen, das vom Antragsteller an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg absolvierte Studium der Wirtschaftswissenschaften (Bachelor) anzuerkennen. Der Mindestinhalt wirtschaftswissenschaftlicher Fachinhalte ergibt sich hier bereits aus dem hohen Gesamtwert von 102,5 ECTS-Leistungspunkten, der die in § 3 Abs. 2 Satz 2 Spiegelstrich 1 der Zulassungsordnung insgesamt angesetzten 70 ECTS-Leistungspunkte signifikant übersteigt. Auch wenn die Einzelaufteilung im Bereich VWL (20 ECTS-Leistungspunkte) den in § 3 Abs. 2 Satz 2 Spiegelstrich 1 der Zulassungsordnung angesetzten Mindestanteil von 30 ECTS-Leistungspunkten unterschreitet, sind mit dem hohen Gesamtwert „andere Merkmale“ gegeben, die die Einschätzung eines wirtschaftswissenschaftlichen Mindestinhalts rechtfertigen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Zuordnung von Inhalten zu den Teildisziplinen BWL und VWL nicht immer trennscharf möglich sein dürfte.
11
Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Zulassungsausschuss nach den Vorgaben der Zulassungsordnung derartige Entscheidungen stets nur einzelfallbezogen treffen dürfte. Sofern die „Merkmale“, aus denen sich ein hinreichender Mindestinhalt ergibt (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 2 3. Spiegelstrich der Zulassungsordnung), generalisiert werden können, umfasst die Entscheidungsbefugnis des Zulassungsausschusses vielmehr auch eine richtlinienartige Vorgabe. Dies erleichtert nicht nur die praktische Handhabung des Masseverfahrens, sondern ist im Regelungsgefüge der Zulassungsordnung auch angelegt, das die in § 3 Abs. 2 Satz 2 Spiegelstrich 1 und 2 genannten Fallgruppen nur als Regelbeispiele der in § 3 Abs. 2 Satz 1 statuierten Anforderung ausgestaltet und einen Nachweis durch andere Merkmale ausdrücklich zugelassen hat.
12
Die Entscheidung selbst verstößt aber gegen die Vorgaben der Zulassungsordnung und verlässt damit den dem Zulassungsausschuss übertragenen Entscheidungsraum. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt hat, zieht die Richtlinienvorgabe des Zulassungsausschusses nicht andere Merkmale für die angenommene „Entsprechung“ heran, sie bezieht sich vielmehr ausschließlich auf die vom Satzungsgeber bereits normierten Gesichtspunkte und führt diese einer anderen Bewertung zu. Denn im Ergebnis hebt die vom Zulassungsausschuss vorgegebene Entscheidungsprämisse die in § 3 Abs. 2 Satz 2 Spiegelstrich 1 der Zulassungsordnung angeordnete Aufteilung in eigenständige BWL- und VWL-Anteile auf. Für eine derartige Entscheidung mag es gute Gründe geben, sie wäre indes vom Satzungsgeber selbst zu treffen. Dies gilt um so mehr, als die Aufteilung in eigenständige und zwingende Mindestanteile beider Teildisziplinen auch in § 3 Abs. 2 Satz 2 Spiegelstrich 2 der Zulassungsordnung enthalten ist und damit als Grundentscheidung erscheint. Eine Aufhebung dieser Vorgabe im Gewande einer generellen Gleichwertigkeitsentscheidung dürfte daher die Befugnisse des Zulassungsausschusses, der an die Vorgaben der Satzung gebunden ist, übersteigen.
13
b) Aus diesem Umstand kann indes nicht ohne weiteres geschlossen werden, dass dem Antragsteller eine Bezugnahme auf diese Praxis verwehrt sein muss.
14
Mit der vom Verwaltungsgericht zitierten Formel, nach der ein Anspruch auf „Gleichheit im Unrecht“ nicht besteht, wird der in Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zum Ausdruck gebracht. Die Verwaltung - und damit auch eine Studienplätze vergebende Hochschule - ist an die Gesetze gebunden. Sie hat die maßgebliche Rechtslage beim Vollzug zu beachten und kann diese nicht aus eigenem Recht ändern, auch nicht im Wege einer ständigen Praxis. Dies gilt auch für die in der Zulassungsordnung enthaltenen Vorgaben. Diese sind zwar vom Senat der Antragsgegnerin beschlossen und könnten daher auch von ihr selbst geändert werden. Solange der hierfür berufene Hochschulsenat indes eine Änderung nicht vorgenommen hat, bleiben die Vorgaben für die vollziehende Verwaltung verbindlich.
15
Allerdings ist das Hochschulzulassungsrecht in besonderem Maße vom Gleichheitssatz geprägt (vgl. etwa BVerfG, Senatsurteil vom 18.07.1972 - 1 BvL 32/70 u.a. -, BVerfGE 33, 303 [357]; Senatsbeschluss vom 09.04.1975 - 1 BvR 344/74 u.a. -, BVerfGE 39, 276 [296]; Kammerbeschluss vom 29.09.2008 - 1 BvR 1464/07 -). Die isolierte Anwendung der erst nach Abschluss des regulären Vergabeverfahrens als zutreffend erkannten - und bislang von der Antragsgegnerin nicht praktizierten - Maßstäbe auf den einzig verbliebenen Altfall des Antragstellers hätte daher offenkundige Gerechtigkeitsdefizite zur Folge (vgl. zur Gerechtigkeitsfunktion des Gleichbehandlungsanspruchs bei der Behandlung von Mitbewerbern auch BVerfG, Beschluss vom 13.06.2006 - 1 BvR 1160/03 -, BVerfGE 116, 135 [153]; zur Problematik der Änderung einer Vergabepraxis für bereits anhängige Anträge BVerwG, Urteil vom 28.03.1969 - VII C 49/67 -, BVerwGE 31, 368 [370]). Dementsprechend wird auch gerade für Wettbewerbs- und Konkurrentenkonstellationen ein Anspruch auf (Fort-)Gewährung einer rechtswidrigen Leistung diskutiert und befürwortet (vgl. hierzu etwa Starck, in: v.Mangoldt/Klein/ Starck, GG, Band 1, 6. Aufl. 2010, Art. 3 Abs. 1 Rn. 276 m.w.N.; zur übergangsweisen Anwendung formal fehlerhaft zustande gekommener Regelungen im Interesse der gleichbleibenden Anwendung von Auswahlkriterien auch BVerfG, Senatsbeschluss vom 18.06.1986 - 1 BvR 787/80 -, BVerfGE 73, 280 [297 ff.] oder BVerwG, Urteil vom 13.01.1982 - 7 C 95/80 -, BVerwGE 64, 308 [317]).
16
Wie im vorliegenden Fall das Spannungsverhältnis von Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 20 Abs. 3 GG zu lösen wäre, bedarf indes keiner Erörterung.
17
2. Die angegriffene Entscheidung erweist sich jedenfalls aus anderen Gründen als zutreffend. Der mit Schriftsatz vom 06.07.2011 gestellte Antrag auf Vergabe eines Studienplatzes außerhalb der festgesetzten Kapazität war nämlich verspätet. Hierauf hat die Antragsgegnerin auch bereits in der Antragserwiderung vom 29.08.2011 hingewiesen.
18
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung des Wissenschaftsministeriums über die Vergabe von Studienplätzen in zulassungsbeschränkten Studiengängen durch die Hochschulen vom 13.01.2003 (GBl. S. 63; zuletzt geändert durch Gesetz vom 21.12.2011, GBl. S. 565 [569] - HVVO -) muss ein Zulassungsantrag für das Wintersemester bis zur Ausschlussfrist des 15. Juli bei der Hochschule eingegangen sein. Nach der ausdrücklichen Anordnung in § 3 Abs. 1 Satz 2 HVVO gilt diese Frist auch für Anträge, mit denen ein Anspruch auf Zulassung außerhalb der festgesetzten Zulassungszahl geltend gemacht wird. Dieser Gleichlauf der Fristen für inner- und außerkapazitäre Anträge findet sich auch in der Verordnung des Wissenschaftsministeriums über die zentrale Vergabe von Studienplätzen durch die Stiftung für Hochschulzulassung vom 23.04.2006 (GBl. S. 114; zuletzt geändert durch Verordnung vom 16.12.2011, GBl. S. 574 - Vergabeverordnung Stiftung -: vgl. deren §§ 3 Abs. 2 Satz 1 und 24 Satz 1) und entspricht damit einem allgemein in Baden-Württemberg anzutreffenden Regelungsmuster der Studienplatzvergabe.
19
§ 3 Abs. 1 Satz 3 HVVO ermächtigt die Hochschulen, für postgraduale Studiengänge abweichende Fristen durch Satzung festzulegen. Hiervon hat die Antragsgegnerin in § 2 Abs. 1 ihrer Zulassungsordnung für den Masterstudiengang Management vom 27.08.2009 (Amtliche Mitteilungen Nr. 684 vom 27.08.2009) in der Fassung vom 21.02.2011 (Amtliche Mitteilungen Nr. 749 vom 21.02.2011) Gebrauch gemacht. Der Zulassungsantrag ist danach spätestens bis zur Ausschlussfrist des 15. Juni des Jahres zu stellen.
20
Entgegen der vom Antragsteller vorgetragenen Auffassung gilt diese Frist auch für Anträge auf Vergabe eines Studienplatzes außerhalb der festgesetzten Kapazität. Anhaltspunkte dafür, dass mit der Bestimmung nur eine isolierte Fristenregelung für die „innerkapazitäre“ Studienplatzvergabe getroffen worden ist, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Dem Wortlaut ist eine entsprechende Einschränkung nicht zu entnehmen, vielmehr ist nur allgemein von einem „Antrag auf Zulassung“ die Rede. Dieser umfasst indes auch die Vergabe „außerkapazitärer“ Studienplätze. Dem entspricht, dass § 1 Abs. 1 der Zulassungsordnung den Anwendungsbereich nicht auf die festgesetzten Studienplätze beschränkt, sondern auf die „zur Verfügung stehenden Plätze“ erstreckt. Auch dem systematischen Zusammenhang sind keine Argumente für einen Ausschluss der „außerkapazitären“ Studienplätze zu entnehmen. Die in § 2 Abs. 2 der Zulassungsordnung aufgeführten Unterlagen sind vielmehr auch für einen Antrag auf Vergabe eines Studienplatzes außerhalb der festgesetzten Kapazität erforderlich. Schließlich enthält die Regelung auch nichts, was materiell für eine Aufspaltung der Fristen sprechen könnte. Angesichts des im Regelungsgefüge der Studienzulassung üblichen Gleichlaufs der Fristen für inner- und außerkapazitäre Zulassungsanträge muss daher davon ausgegangen werden, dass sich die Fristenregelung des § 2 Abs. 1 der Zulassungsordnung auch auf Anträge auf Zulassung außerhalb der festgesetzten Kapazität bezieht.
21
Der am 06.07.2011 eingegangene Antrag war damit nicht mehr innerhalb der ordnungsgemäß bestimmten Ausschlussfrist vom 15.06.2011 gestellt. Damit scheidet auch ein Anordnungsanspruch für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung aus.
22
Im Übrigen ist auch nicht erkennbar, dass die vom Antragsteller (nur vor dem Verwaltungsgericht) erhobenen Rügen zur Kapazitätsberechnung eine über die tatsächliche Belegung von 286 Studienplätzen hinausgehende Aufnahmefähigkeit ergeben könnten. Auch die somit die Zulassungszahl von 207 übersteigende Zulassung ist aber grundsätzlich „kapazitätswirksam“ (vgl. dazu ausführlich Senatsurteil vom 29.10.2009 - 9 S 1611/09 -). Darüber hinaus hat sich die höhere Zulassung hier an der Annahmequote der Vorjahre orientiert und dient daher dem zulässigen Zweck, der voraussichtlichen Nichtannahme von Zulassungen Rechnung zu tragen und so schon im regulären Verfahren eine erschöpfende Kapazitätsauslastung zu erreichen (vgl. hierzu auch Schemmer, DVBl 2011, 1338). Diese methodisch zutreffende Verfahrensweise kann nicht deshalb beanstandet werden, weil sich im Wintersemester 2011/12 tatsächlich eine deutlich höhere Annahmequote ergeben hat.
23
3. Sofern sich die Beschwerde auch auf die Versagung eines Platzes im „innerkapazitären“ Verfahren beziehen sollte, bleibt sie schon deshalb ohne Erfolg, weil keinerlei Sachrügen vorgetragen sind (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO). Unabhängig hiervon ist auch nicht ersichtlich, dass der Rangplatz unzutreffend ermittelt sein könnte und der Antragsteller bei fehlerfreier Durchführung des Auswahlverfahrens einen Platz hätte erhalten müssen (vgl. zu diesem Maßstab Senatsbeschluss vom 24.05.2011 - 9 S 599/11 -, NVwZ-RR 2011, 764).
Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG. Für eine Reduzierung des Streitwerts im Eilverfahren besteht kein Anlass, weil durch die Entscheidung die Hauptsache jedenfalls für einen begrenzten Zeitraum vorweggenommen wird und die im Eilverfahren ausgesprochene Zulassung in der Praxis regelmäßig auch Bestand hat (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 12.05.2009 - NC 9 S 240/09 - zur ständigen Rechtsprechung des Senats). Eine Addition der Streitwerte im Hinblick auf die Tatsache, dass es sich bei den Begehren um eine Hochschulzulassung innerhalb und außerhalb der festgesetzten Zulassungszahl um verschiedene Verfahrens- und Streitgegenstände handelt, findet im Hinblick auf die wirtschaftliche Identität der Begehren nicht statt (vgl. Senatsbeschluss vom 03.02.2011 - NC 9 S 124/11 -).
Gegenstand der Vorlage ist die Verfassungsmäßigkeit der §§ 31, 32 des Hochschulrahmengesetzes in der Fassung vom 28. August
2004 (HRG - BGBl I S. 2298) sowie der landesrechtlichen Vorschriften, durch die der Staatsvertrag über die Errichtung einer
gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung vom 5. Juni 2008 (im Folgenden: Staatsvertrag 2008) ratifiziert und umgesetzt
wurde.
1. Die 1987 geborene Klägerin des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Klägerin) erwarb 2006 in Nordrhein-Westfalen ihr Abitur
mit einer Durchschnittsnote von 3,2. Danach absolvierte sie eine Ausbildung zur Medizinisch-technischen Laborassistentin.
Anschließend nahm sie eine entsprechende Berufstätigkeit auf. Zum Wintersemester 2011/12 bewarb sie sich zum wiederholten
Male bei der Beklagten des Ausgangsverfahrens, der Stiftung für Hochschulzulassung (im Folgenden: Beklagte), um die Zulassung
zum Studium der Humanmedizin im ersten Fachsemester. Sie beantragte sowohl die Beteiligung an der Auswahl in der Wartezeitquote
als auch im Auswahlverfahren der Hochschulen. Sonderanträge stellte sie nicht.
Mit Bescheid vom 12. August 2011 lehnte die Beklagte die Zulassung innerhalb der Wartezeitquote mit der Begründung ab, die
maßgebliche Auswahlgrenze von 12 Wartesemestern sei verfehlt worden. Auch im Auswahlverfahren der Hochschulen blieb die Klägerin
erfolglos. Sie erhob daraufhin Klage, mit der sie beantragte, die Beklagte unter Aufhebung des ablehnenden Bescheides zu verpflichten,
sie nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2011/12 zum Studium der Medizin entsprechend ihrem Antrag zuzulassen.
2. Das Verwaltungsgericht hat das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG die Frage
zur Entscheidung vorgelegt, ob die §§ 31, 32 HRG sowie die landesrechtlichen Vorschriften zur Ratifizierung und Umsetzung
des Staatsvertrages 2008 mit dem Grundgesetz vereinbar sind, soweit sie für den Studiengang Humanmedizin ein Vergabeverfahren
vorsehen, bei dem - nach Abzug einiger Vorabquoten - 20 % der Studienplätze allein nach dem Grad der Qualifikation, 60 % der
Studienplätze maßgeblich nach dem Grad der Qualifikation und 20 % der Studienplätze nach Wartezeit vergeben werden und bei
dem die für eine Zulassung in der Wartezeitquote erforderliche Anzahl an Wartesemestern regelmäßig die Dauer eines normalen
Studiums übersteigt.
Das vorlegende Gericht ist der Auffassung, die Regelungen verstießen gegen Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1
GG und dem Sozialstaatsprinzip.
a) Die Kammer sei der Überzeugung, dass das Zusammenspiel der beiden Hauptquoten "Abiturbestenquote" und "Auswahlverfahren
der Hochschulen" den Anforderungen an ein hinreichend chancenoffenes Gesamtsystem nicht (mehr) genüge und dass es eines Ausgleichs
bedürfe. Zwar komme die Einführung des "Auswahlverfahrens der Hochschulen" wegen der Vielfalt der Auswahlkriterien der Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichts, namentlich der Forderung nach einer Mehrgleisigkeit des Auswahlsystems, grundsätzlich entgegen
und sei aus verfassungsrechtlicher Sicht positiv zu bewerten; denn je mehr verschiedene Auswahlkriterien angewandt würden,
desto größer werde die Bandbreite der Bewerber, die über das eine oder andere Kriterium eine Chance hätten. Dieser Vorteil
werde jedoch durch die Detailregelungen für die Bewerbung in dieser Quote erheblich entwertet. Denn könne sich der Bewerber
im "Auswahlverfahren der Hochschulen" von vornherein nur bei maximal sechs Hochschulen bewerben und sei zudem die Zahl der
denkbaren Wahlkombinationen wegen der massiven Beschränkung, denen die Bewerbung insbesondere über das Vorauswahlkriterium
"Ortspräferenz" unterliege, stark reduziert, so stelle sich die Vielfalt der Auswahlkriterien für den Bewerber als ein eher
theoretischer Vorteil dar, von dem er tatsächlich nur bedingt profitieren könne. Eine große Gruppe von Bewerbern bleibe trotz
der Zusatzkriterien allein wegen der hohen Anforderungen an die Durchschnittsnote auch in dieser Hauptquote ohne Zulassungschance.
Allerdings sei die Kammer der Auffassung, "dass sich mit der Validität der Abiturnote als Indikator für den Studienerfolg
durchaus die Heranziehung dieses Auswahlkriteriums als sachgerecht begründen" lasse. Es sei aus Sicht der Kammer daher nicht
von vornherein zu beanstanden, wenn der Abiturnote bei der Hochschulzulassung ein überwiegendes Gewicht zukomme, etwa indem
die ganz oder teilweise an dieses Kriterium anknüpfenden Quoten deutlich mehr als 50 % der zu vergebenden Studienplätze umfassten.
Zugunsten des geltenden, um das "Auswahlverfahren der Hochschulen" erweiterten Vergabesystems insgesamt lasse sich im Übrigen
auch anführen, dass es starre Grenzziehungen vermeide.
Dennoch bleibe die Durchschnittsnote ein problematisches Auswahlkriterium, das nach einem Korrektiv verlange. Es bestehe weitgehend
Einigkeit, dass Abiturnoten für die Einschätzung der Qualifikation eines Bewerbers nur bedingt zuverlässig und sie untereinander
nur eingeschränkt vergleichbar seien. Schon die Vergleichbarkeit zwischen den Ländern sei nicht gegeben, wie die Unterschiede
bei den mittleren Abiturnoten in den verschiedenen Bundesländern zeigten. Anders als bei der Abiturbestenquote gebe es im
"Auswahlverfahren der Hochschulen" keine Länderquoten. Dieser Unterschied lasse sich aus Sicht der Kammer schwerlich begründen
und stelle vor dem Hintergrund der Forderung nach einem objektiv sachgerechten Auswahlkriterium ein erhebliches Problem dar.
Zudem seien Abiturnoten auch innerhalb der Länder wegen der Divergenzen des Schulniveaus und der schulischen Notengebung sowie
wegen sonstiger Gegebenheiten nur eingeschränkt miteinander vergleichbar. Auch durch den Hinweis auf ein verändertes Verfassungsverständnis
oder einen gewandelten Zeitgeist lasse sich die verfassungskräftige, vor allem aus dem Gleichheitssatz resultierende Forderung
nicht relativieren, dass die vorhandenen Studienplätze nach sachgerechten Kriterien zu vergeben seien und die Zuspitzung auf
ein einziges, seinerseits nicht restlos zuverlässiges und gerechtes Auswahlkriterium vermieden werden müsse.
Nach Lage der Dinge könne im derzeitigen Auswahlsystem nur die Auswahlmöglichkeit in der Wartezeitquote die Funktion des erforderlichen
Korrektivs erfüllen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müssten sich die Anforderungen an die Wartezeit
auf ein noch zumutbares Maß beschränken. Nur in diesem Fall könne die Auswahlmöglichkeit in der Wartezeitquote die Zuspitzung
auf die Durchschnittsnote in den anderen Hauptquoten ausgleichen. Nach Auffassung der Kammer sei die Grenze der Zumutbarkeit
inzwischen überschritten, weil die erforderliche Wartezeit regelmäßig die Dauer eines normalen Studiums von sechs bis sieben
Jahren übersteige und in Zukunft noch weiter anwachsen werde. Das Abstellen auf die Dauer eines normalen Studiums als verfassungsrechtliche
Grenze sei zwar nicht zwingend begründbar, die Kammer halte diese Grenze aber für plausibel und sachgerecht. Auch die übrigen
vom Bundesverfassungsgericht hierzu angestellten Überlegungen, wie die Gefahr einer sozialen Selektion und ein späteres Einstiegsalter
für den Beruf, seien weiterhin tragfähig.
Die langen Wartezeiten seien auch keine vorübergehende Mangelerscheinung. Konkrete Bemühungen, gerade dem Problem des Studienplatzmangels
im Fach Medizin und den steigenden Wartezeiten zu begegnen, seien nur begrenzt vorhanden. Soweit neue Medizinstudienplätze
geschaffen würden, diene dies dazu, die zusätzliche Nachfrage aufgrund der doppelten Abiturjahrgänge zu befriedigen, ohne
dass erkennbar sei, dass dem seit Jahren bestehenden Engpass entgegengewirkt werden solle. Allerdings bestehe wohl kein grundrechtlicher
Anspruch auf Schaffung neuer Medizinstudienplätze.
Der Verfassungsverstoß könne schließlich nicht durch eine verfassungskonforme Auslegung vermieden werden. Einer solchen Auslegung
stehe der eindeutige Wortlaut der entsprechenden Vorschriften entgegen. Auch die in § 32 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HRG, Art. 9 Abs.
1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Staatsvertrag 2008 enthaltene Härtefallregelung erlaube keine verfassungskonforme Interpretation, Studienbewerbern
mit unzumutbar langen Wartezeiten einen Anspruch auf Zulassung zu verschaffen. Die Vorschriften setzten eine außergewöhnliche
Härte voraus und erforderten damit, dass ein Bewerber im Einzelfall aufgrund seiner Lebensumstände durch die überlange Wartezeit
in besonderer Weise betroffen werde. Der bloße Umstand, dass ein Bewerber sechs oder noch mehr Jahre lang auf einen Studienplatz
gewartet habe, könne dagegen keine "Härte" im Sinne des Gesetzes darstellen, denn hierbei handele es sich nicht um ein in
der Person des Bewerbers liegendes, sondern ein allgemeines, in der Konsequenz des Auswahlsystems liegendes Problem. Weiter
sei die Härtefallregelung als Ausnahmebestimmung eng auszulegen und die diesbezügliche Quote eng - auf 2 % - begrenzt.
Halte man die Bestimmungen für verfassungskonform, habe die Klägerin keinen Anspruch auf Zulassung zum Medizinstudium. Mit
ihrer Abiturnote von 3,2 erreiche sie die Auswahlgrenze bei der Abiturbestenquote, die im Wintersemester 2011/12 für Bewerber
aus Nordrhein-Westfalen bei 1,1 gelegen habe, nicht. Auch in der Wartezeitquote genüge die von ihr angesammelte Wartezeit
von 10 Halbjahren nicht, um die Auswahlgrenze zu erreichen, die im Wintersemester 2011/12 bei 12 Halbjahren gelegen habe.
Individuelle Umstände, die einen Härtefall begründen könnten, seien weder vorgetragen noch ersichtlich. Ob die Klägerin im
"Auswahlverfahren der Hochschulen" hätte zugelassen werden müssen, sei nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, weil
ein entsprechender Anspruch nicht gegen die Beklagte geltend gemacht werden könne. Auch hier liege freilich auf der Hand,
dass die Klägerin die Auswahlgrenzen nicht erreichen könne.
Gehe man von der Verfassungswidrigkeit der Normen aus, halte die Aussetzung des Verfahrens zum Zwecke der Normenkontrolle
der Klägerin die Chance offen, eine für sie günstigere Regelung durch den Gesetzgeber zu erreichen.
1. Ein Gericht kann eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit gesetzlicher Vorschriften
nach Art. 100 Abs. 1 GG nur einholen, wenn es zuvor sowohl die Entscheidungserheblichkeit der Vorschriften als auch ihre Verfassungsmäßigkeit
sorgfältig geprüft hat (vgl. BVerfGE 86, 71 <76>).
a) Das vorlegende Gericht muss hierzu darlegen, inwiefern seine Entscheidung von der Gültigkeit der zur Prüfung gestellten
Normen abhängt. Dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG genügt ein Vorlagebeschluss nur dann, wenn die gerichtlichen
Ausführungen auch erkennen lassen, dass eine eingehende Prüfung vorgenommen wurde. Ein Vorlagebeschluss muss aus sich heraus,
ohne Beiziehung der Akten, verständlich sein und mit hinreichender Deutlichkeit erkennen lassen, dass das vorlegende Gericht
bei Gültigkeit der Regelung zu einem anderen Ergebnis käme als im Falle ihrer Ungültigkeit und wie es dieses Ergebnis begründen
würde (vgl. BVerfGE 74, 236 <242>). Die Entscheidungserheblichkeit der vorgelegten Rechtsfrage ist mithin eingehend darzulegen.
Dazu muss der Vorlagebeschluss den entscheidungserheblichen Sachverhalt und eine umfassende Darlegung der die rechtliche Würdigung
tragenden Erwägungen enthalten. Dabei verlangt § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG, dass sich das vorlegende Gericht eingehend mit
der einfachrechtlichen Rechtslage auseinandersetzt, die in Rechtsprechung und Literatur entwickelten Rechtsauffassungen berücksichtigt
(vgl. BVerfGE 47, 109 <114 f.>; 105, 61 <67>) und auf unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten eingeht (BVerfGE 97, 49 <60>;
105, 48 <56>).
b) Ferner muss das Gericht seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der Norm näher darlegen und deutlich machen, mit
welchem verfassungsrechtlichen Grundsatz die zur Prüfung gestellte Regelung seiner Ansicht nach nicht vereinbar ist. Auch
insoweit bedarf es einer Auseinandersetzung mit nahe liegenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten sowie einer eingehenden,
Rechtsprechung und Schrifttum einbeziehenden Darstellung der Rechtslage (vgl. BVerfGE 86, 71 <77>; 97, 49 <60>). Die Darlegungen
zur Verfassungswidrigkeit der zur Prüfung gestellten Normen müssen den verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab dabei nicht
nur benennen, sondern auch die für die Überzeugung des Gerichts maßgebenden Erwägungen nachvollziehbar darlegen. Insoweit
kann es auch erforderlich sein, die Gründe zu erörtern, die im Gesetzgebungsverfahren als für die gesetzgeberische Entscheidung
maßgebend genannt worden sind (vgl. BVerfGE 78, 201 <204>; 81, 275 <277>; 86, 71 <77 f.>). Rechtsprechung und Schrifttum sind
in die Argumentation einzubeziehen (vgl. BVerfGE 78, 165 <171 f.>; 89, 329 <337>).
2. Die Vorlage genügt diesen Anforderungen nicht. Das vorlegende Gericht hat mit seinen Ausführungen weder die Entscheidungserheblichkeit
der vorgelegten Rechtsfragen (hierzu a) noch die Verfassungswidrigkeit der vorgelegten Vorschriften (hierzu b) hinreichend
aufgezeigt.
a) Das Gericht legt zunächst nicht hinreichend dar, warum ein Anspruch der Klägerin auf Zulassung nicht aus den bestehenden
Vorschriften, nämlich der Härtefallregelung nach Art. 9 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Staatsvertrag 2008 in Verbindung mit § 1 Abs.
1 Satz 1 des Gesetzes zur Ratifizierung des Staatsvertrages über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung
vom 5. Juni 2008, § 15 der Verordnung über die Vergabe von Studienplätzen in Nordrhein-Westfalen (Vergabeverordnung NRW), abgeleitet werden kann.
aa) Nicht erkennbar ist bereits, dass sich das Gericht mit den zu dieser Härtefallklausel vertretenen Auffassungen in genügendem
Umfang auseinandersetzt. Für seine nur sehr knapp begründete Ansicht, die Klausel müsse eng ausgelegt werden, bezieht es sich
lediglich auf eigene Beschlüsse sowie zwei Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen. Dazu, wie die Literatur
diese Vorschriften interpretiert, enthält der Vorlagebeschluss keine Ausführungen.
Dass eine solche Auseinandersetzung mit den verschiedenen denkbaren Auslegungsmöglichkeiten hier entbehrlich wäre, weil schon
aus systematischen Gründen nur eine enge Deutung der Vorschrift in Betracht kommt, wird nicht nachvollziehbar erläutert. Das
Verwaltungsgericht führt insoweit nur aus, dass die Dauer der Wartezeit kein in der Person des Bewerbers liegendes, sondern
ein allgemeines, in der Konsequenz des Auswahlsystems liegendes Problem sei, weil es eine große Anzahl Wartender betreffe.
Eine solche Sichtweise ist freilich nicht zwingend. So kann man den Grund für die lange Wartezeit auch gerade in der unterdurchschnittlichen
Abiturnote des jeweiligen Bewerbers, also in einem individuellen Gesichtspunkt, sehen. Genauso wenig ist zu erkennen, wieso
es sich bei denjenigen, die selbst nach 12 Wartesemestern noch keine Zulassung erhalten haben, um eine "große Anzahl" handeln
soll. Nach den Daten, die das vorlegende Gericht nennt, gab es im Wintersemester 2011/12 im Studiengang Humanmedizin 511 abgewiesene
Bewerber mit einer derart langen Wartezeit. In diesem Semester hatten sich für dieses Fach allerdings 44.043 Personen beworben,
so dass lediglich ein Anteil von 1,16 % an der Gesamtgruppe mehr als 12 Semester warten musste. In Anbetracht der geringen
Zahl an Betroffenen erschließt sich auch nicht, weshalb die Begrenzung der Härtefallquote auf 2 % daran hindern könnte, langjährig
Wartenden auf diesem Wege einen Studienplatz zukommen zu lassen, wie das Verwaltungsgericht anscheinend meint. Hiervon abgesehen
ist auch nicht zu erkennen, dass sich die umfangmäßige Einschränkung der Quote aus einem formellen Gesetz und nicht bloß einer
untergesetzlichen Norm - nämlich § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VergabeVO NRW - ergibt, so dass unklar bleibt, warum das vorlegende
Gericht nicht selbst in der Lage war, die vermeintliche Hürde zu beseitigen.
Das Verwaltungsgericht durfte sich auch nicht damit begnügen, die fehlende Eignung einer großzügigeren Interpretation der
Härtefallregelung damit zu begründen, dass die nicht im Rahmen der Härtefallquote vergebenen Plätze der Wartezeitquote hinzugerechnet
werden (Art. 9 Abs. 2 Satz 4 Staatsvertrag 2008), sich bei einer umfassenderen Ausschöpfung der erstgenannten Quote die für
die letztgenannte Quote zur Verfügung stehenden Plätze also verringern. Vielmehr hätte das Gericht näher darlegen müssen,
wieso es nicht trotzdem möglich ist, mit einer Zulassung notenschwacher Bewerber mit besonders langer Wartezeit über die Härtefallklausel
einen aus seiner Sicht verfassungskonformen Zustand herzustellen. Denn auch wenn bei einem solchen Vorgehen Studierwillige
mit günstigeren Noten, die nicht über die Quote der Abiturbesten zugelassen werden können, möglicherweise innerhalb der Wartezeitquote
aufgrund der geringeren Platzanzahl erfolglos blieben, hätten diese Personen wegen ihrer Noten wiederum bessere Aussichten,
im Auswahlverfahren der Hochschulen einen Studienplatz zu erlangen. Gerade auf die Annahme, dass Bewerber mit schlechten Noten
in diesem Auswahlverfahren chancenlos seien und sich ihnen damit selbst auf diesem Wege keine Zulassungsmöglichkeit eröffne,
hatte das Verwaltungsgericht die vermeintliche Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Vorschriften maßgeblich gestützt.
bb) Hiervon abgesehen macht das Gericht nicht deutlich, unter welchen Voraussetzungen es das Bestehen eines Härtefalls bejaht
und warum hier, unter Zugrundelegung seiner eigenen - engen - Norminterpretation, die Annahme einer "außergewöhnlichen Härte"
ausscheidet. Es fehlt bereits an der Darlegung des angewandten rechtlichen Maßstabes. Die Kammer stellt nur fest, eine Härte
könne im Einzelfall angenommen werden, wenn der Bewerber aufgrund seiner Lebensumstände durch die überlange Wartezeit in besonderer
Weise getroffen werde. Bei welchen konkreten Konstellationen eine solche Situation anzunehmen ist, wird nicht aufgezeigt.
Darüber hinaus bleibt auch der Sachverhalt, auf dessen Grundlage das Gericht hier einen Härtefall verneint hat, unklar. Der
Vorlagebeschluss enthält insbesondere keine näheren Informationen zu den Lebensumständen der Klägerin, also ihrer familiären,
finanziellen oder sozialen Lage. Mitgeteilt wird lediglich, dass sie eine Ausbildung zur Medizinisch-technischen Laborassistentin
absolviert hat und in diesem Beruf arbeitet. Im Übrigen beschränkt sich die Kammer auf die pauschale Feststellung, für das
Vorliegen eines Härtefalls sei nichts vorgetragen oder ersichtlich. Dies genügt jedoch insbesondere bei einem Verfahren nicht,
in dem - wie im verwaltungsgerichtlichen Prozess - der Amtsermittlungsgrundsatz gilt (vgl. § 86 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung).
Das vorlegende Gericht legt schon nicht nachvollziehbar dar, mit welchem verfassungsrechtlichen Grundsatz die von ihm benannten
Vorschriften unvereinbar sein sollen. Zwar geht es, im Anschluss an die einschlägige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts,
zutreffend davon aus, dass die Bewerberauswahl nach objektiv sachgerechten und individuell zumutbaren Kriterien (BVerfGE 33,
303 <338>; 43, 291 <316 f.>) zu erfolgen hat, weil es sich hierbei um eine objektive Zulassungsschranke bei der Ausbildungs-
und Berufswahl im Sinne von Art. 12 Abs. 1 GG handelt. Aus den von ihm benannten Argumenten erschließt sich freilich nicht,
warum das derzeitige Auswahlsystem diese Anforderungen nicht erfüllt. Das vorlegende Gericht erklärt zunächst ausdrücklich,
es halte die einzelnen Auswahlkriterien für sich genommen für "sachgerecht". Im Hinblick auf das Auswahlverfahren der Hochschulen
wird dann kritisch angemerkt, dort komme der Abiturnote eine "überragende Bedeutung" zu. Dies führe allerdings nicht per se
zur Verfassungswidrigkeit des Auswahlsystems, erfordere aber ein verfassungsrechtliches Korrektiv, das die Chancenoffenheit
für eine größere Zahl von Bewerbern wahre. Ein solches Korrektiv könne nur die Wartezeitquote sein. Tragfähige Gründe für
seine Folgerungen führt das Gericht jedoch nicht an. Solche Gründe ergeben sich weder in nachvollziehbarer Weise aus den im
Vorlageschluss aufgeführten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts noch aus den sonstigen dort angestellten verfassungsrechtlichen
Erwägungen.
aa) Das Verwaltungsgericht zeigt in seinem Beschluss zunächst nicht verständlich auf, welche Grundsätze der Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichts es rechtfertigen sollen, das derzeitige Auswahlsystem als verfassungswidrig einzustufen. Insoweit
genügt es insbesondere nicht, umfangreiche Passagen aus verschiedenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu zitieren.
Den Darlegungsanforderungen genügt ein Gericht bei einer Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG vielmehr erst, wenn es dartut, welche
konkreten verfassungsrechtlichen Anforderungen es aus den genannten verfassungsgerichtlichen Entscheidungen ableitet.
(1) Hieran fehlt es. Das vorlegende Gericht beschränkt sich auf die Behauptung, das Bundesverfassungsgericht habe festgestellt,
die Ungleichbehandlung grundsätzlich gleichberechtigter, nämlich hochschulreifer Bewerber aufgrund "weniger Zehntelpunkte
bei der Abiturnote" könne "nicht ohne weiteres mit sachlichen Gründen von hinreichender Tragfähigkeit" gerechtfertigt werden
und es für "problematisch" gehalten, die Auswahlentscheidung stark auf ein einzelnes Auswahlkriterium wie das der Durchschnittsnote
zu konzentrieren. Diese pauschale Aussage ist als Grundlage für die verfassungsrechtliche Prüfung zu unspezifisch und lässt
schon nicht hinreichend erkennen, aus welchen konkreten Umständen die Verfassungswidrigkeit hergeleitet werden soll.
(2) Zudem haben die angeführten Entscheidungen nicht den vom Vorlagegericht angenommenen Inhalt. In dem zitierten Abschnitt
des Urteils des Ersten Senats vom 18. Juli 1972 (BVerfGE 33, 303 <350>) beschäftigt sich das Bundesverfassungsgericht nur
mit der (von ihm letztlich verneinten) Frage, ob es verfassungsrechtlich zulässig wäre, die Auswahl der Bewerber für ein zulassungsbeschränktes
Studium "ausschließlich" nach dem auf Abiturnoten fußenden Leistungsprinzip vorzunehmen. Die Frage, inwieweit es in einem
System wie dem Auswahlverfahren der Hochschulen, bei dem sich die Zulassung typischerweise nach mehreren Kriterien richtet,
zulässig ist, einem einzelnen Merkmal wie der Abiturnote ein überwiegendes Gewicht einzuräumen, wird überhaupt nicht erörtert.
(3) Genauso wenig ist erkennbar, dass die Entscheidung vom 8. Februar 1977 (BVerfGE 43, 291) rechtliche Vorgaben enthält,
aus denen eine mögliche Verfassungswidrigkeit des heutigen Auswahlsystems folgt. Das Verwaltungsgericht begründet vor allem
nicht, inwiefern die dortigen Überlegungen des Bundesverfassungsgerichts auf das nun geltende Auswahlsystem übertragbar sind.
Anders als das derzeitige war das damalige System noch von einer strikten Zweiteilung geprägt: Abgesehen von den im Rahmen
der Vorab- beziehungsweise Sonderquote zugelassenen Bewerbern gab es nur die Zulassung nach Leistung mit einem Anteil von
60 %, wobei grundsätzlich maßgebend die Abiturnote war, und die Zulassung nach Wartezeit mit einer Quote von 40 % (vgl. BVerfGE
43, 291 <299 ff., 317 ff.). Dies führte dazu, dass Bewerber, die keine deutlich überdurchschnittlichen Abiturnoten vorweisen
konnten, ausschließlich über die Wartezeitquote eine Chance auf Erhalt eines Studienplatzes hatten. Dabei erforderte die Zulassung
über die Note für den Studiengang Humanmedizin einen Mindestdurchschnitt von 1,7 und alle Bewerber mit ungünstigerer Note
mussten bis zu sechs Jahre warten (s. nur BVerfGE 43, 291 <303>). Als nicht sachgerecht und zumutbar erachtete es das Bundesverfassungsgericht
insoweit vor allem, dass "auf der Schnittstelle von 1,7 und 1,8 darüber entschieden werden soll, wer sofort studieren kann
oder aber bis zu sieben Jahren auf eine Zulassung zum Studium seiner Wahl warten muss" (BVerfGE 43, 291 <319>). Das Verwaltungsgericht
legt nicht dar, aus welchen tragenden Erwägungen des Urteils des Ersten Senats vom 8. Februar 1977 sich ergibt, dass auch
Studierwillige mit deutlich schlechteren Noten als 1,7 oder 1,8 bei überfüllten Studiengängen binnen einer bestimmten Frist
eine Chance auf Zuteilung eines Platzes haben müssen. Hiervon abgesehen führt das Gericht selbst aus, dass es aufgrund der
Ergänzung des Systems durch das Auswahlverfahren der Hochschulen eine starre Notengrenze nicht mehr gibt und damit auch Bewerber,
deren Noten nicht für eine Zulassung in der Abiturbestenquote ausreichen, noch eine Zulassungschance haben. Nach seinen Angaben
gab es im Wintersemester 2011/12 immerhin fünf Universitäten, bei denen auch Bewerber, die lediglich eine Durchschnittsnote
zwischen 2 und 3 aufwiesen, zugelassen wurden. Warum dies nicht reicht, um den verfassungsrechtlichen Erfordernissen gerecht
zu werden, wird mit dem Vorlagebeschluss nicht hinreichend deutlich gemacht.
(4) Im Übrigen genügt das vorlegende Gericht den Darlegungsanforderungen auch dann nicht, sofern man seinem Ansatz, es sei
verfassungswidrig, dass Bewerber mit einer Abiturnote von 2,5 oder schlechter auch im Auswahlverfahren der Hochschulen chancenlos
blieben, folgte. Es wird schon nicht plausibel erläutert, dass sich die Notengrenze von 2,4 aus den rechtlichen Vorgaben ergibt,
Bewerber mit einem schlechteren Notendurchschnitt also - ungeachtet ihres Abschneidens bei den weiteren Auswahlkriterien (wie
Test, Auswahlgespräch oder sonstigen Wettbewerben) - von vornherein chancenlos sind. Denkbar ist nämlich auch, dass Bewerber
mit einem schlechteren Abiturdurchschnitt als 2,4 im Auswahlverfahren der Hochschulen allein deswegen erfolglos geblieben
sind, weil sie auch im Rahmen der anderen Kriterien weniger günstige Ergebnisse erzielt haben als jene Konkurrenten, die eine
bessere Abiturdurchschnittsnote vorweisen konnten. Deswegen genügte es nicht, die Abiturnoten des jeweils schwächsten zugelassenen
Bewerbers mitzuteilen; das Gericht hätte vielmehr anhand der maßgeblichen rechtlichen Bestimmungen dartun müssen, dass bereits
aufgrund der gesetzlich festgelegten Gewichtung der Maßstäbe zueinander ab einer bestimmten Abiturnote eine Zulassung faktisch
ausschied.
Auch die hierfür notwendigen Ausführungen enthält der Vorlagebeschluss nicht. Das Verwaltungsgericht beschäftigt sich nur
pauschal mit den Normen, die die Auswahl und Gewichtung der einzelnen Maßstäbe determinieren. Es weist lediglich allgemein
auf die sowohl in Bundes- als auch Landesrecht (§ 32 Abs. 3 Satz 2 HRG, Art. 10 Abs. 1 Satz 2 Staatsvertrag 2008 i.V.m. den
jeweiligen Ratifizierungsgesetzen der Länder) enthaltene Regel hin, dass dem Grad der Qualifikation, also der Abiturnote,
bei der Auswahlentscheidung ein "maßgeblicher Einfluss" gegeben werden muss. Bereits die Frage, wann konkret ein solcher "maßgeblicher
Einfluss" in den verschiedenen denkbaren Konstellationen - also bei zwei, drei oder mehr Auswahlkriterien - vorliegt, und
ob die Universitäten diese rechtliche Vorgabe überhaupt ordnungsgemäß umgesetzt haben, wird nicht näher erörtert. Auch auf
die weiteren landesrechtlichen, teils sehr unterschiedlichen Bestimmungen, die Anzahl und Auswahl der anzuwendenden Auswahlmaßstäbe
behandeln, geht das Gericht nicht hinreichend ein.
(5) Schließlich lässt sich auf Basis des Vorlagebeschlusses selbst bei Heranziehung der einschlägigen Bestimmungen nicht beurteilen,
inwieweit die einzelnen Universitäten diese Normen zutreffend angewandt haben, ihre jeweiligen Auswahlverfahren also den rechtlichen
Erfordernissen entsprachen. Denn das Verwaltungsgericht benennt lediglich die von den einzelnen Universitäten bei der Bewerberauswahl
angewandten Maßstäbe, ohne (bis auf einen einzigen Fall) anzugeben, wie die Hochschulen diese Kriterien jeweils zueinander
gewichtet haben. Schon deswegen bieten die in dem Beschluss aufgeführten Daten keine hinreichende Grundlage, die einen Schluss
auf die mögliche Verfassungswidrigkeit des Gesamtsystems zulässt.
bb) Das Gericht legt des Weiteren auch nicht anhand eigenständiger, von der bisherigen bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung
unabhängiger Maßstäbe dar, dass die Abiturnote, unter Berücksichtigung ihrer Bedeutung, die ihr für das derzeitige Auswahlsystem
zukommt, kein den grundrechtlichen Anforderungen genügendes Auswahlkriterium ist. Die vorlegende Kammer bildet bereits keine
verständlichen verfassungsrechtlichen Maßstäbe, sondern beschränkt sich auf die Wiedergabe der für beziehungsweise gegen die
Anwendung der Abiturnote sprechenden Gesichtspunkte. Es wird noch nicht einmal deutlich, ob das Verwaltungsgericht den "Studienerfolg"
im Rahmen der Grundrechtsprüfung als ausreichenden Gesetzeszweck ansieht, um den Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG zu rechtfertigen.
Auch sonstige Ausführungen, insbesondere zum Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit der Beschränkung, fehlen. Soweit, wohl
im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG, der Mangel von Landesquoten im Auswahlverfahren der Hochschulen gerügt wird, setzt das Gericht
sich weder mit dem - von ihm selbst als nachvollziehbar bezeichneten - Argument der Beklagten, eine Bildung von Länderquoten
in diesem Verfahren sei organisatorisch kaum leistbar, auseinander, noch erörtert es, ob eine solche Quotenbildung überhaupt
grundrechtlich geboten ist, wenn die Abiturnote in der Regel nur ein Auswahlkriterium unter mehreren ist. Angesichts der gewählten,
wenig aussagekräftigen Formulierungen ("aus Sicht des Gleichheitssatzes prekär", "erhebliches Problem") ergibt sich aus den
gerichtlichen Darlegungen zudem nicht mit der notwendigen Klarheit, dass das Gericht selbst von der Verfassungswidrigkeit
der vorgelegten Bestimmungen überzeugt ist. Hinzu kommt, dass die Kammer sogar annimmt, dass sich "eine überwiegende Orientierung
an der Durchschnittsnote als Auswahlkriterium bei der Studienzulassung rechtfertigen" lasse. Für die weitere Folgerung, es
bedürfe dennoch eine Korrektivs in Form einer Erhöhung der Wartezeitquote, nennt das Gericht keine konkreten Argumente mehr,
sondern verweist ausschließlich pauschal auf Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Weshalb die Abiturnote als Auswahlkriterium
verfassungsrechtlich bedenklich und die Wartezeitquote vorzugswürdig sein sollte, erschließt sich auf Grundlage dieser Begründung
gerade nicht.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
§ 6 Satz 1 des Bremischen Studienkontengesetzes vom 18. Oktober 2005 - BremStKG - (Gesetzblatt der Freien Hansestadt Bremen
Seite 550) in Verbindung mit § 3 Absatz 1 und § 2 Absatz 1 BremStKG, soweit Studierende mit Wohnung außerhalb der Freien Hansestadt
Bremen vom dritten bis zum 14. Semester zu einer Studiengebühr in Höhe von 500 € pro Semester herangezogen wurden, ist mit
Artikel 12 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig.
Das konkrete Normenkontrollverfahren betrifft die Frage, ob eine landesrechtliche Regelung, nach der auswärtige Studierende anders als Studierende mit Wohnsitz oder - bei mehreren Wohnungen - Hauptwohnsitz im betreffenden Bundesland vom dritten bis zum 14. Semester zu einer allgemeinen Studiengebühr in Höhe von 500 € pro Semester herangezogen werden, gegen das Grundgesetz verstößt.
1. In Bremen galt zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt eine Studiengebührenregelung, die Studierenden ein Studienguthaben von 14 Semestern zubilligte und sie danach zu Gebühren heranzog. Dies betraf jedoch nur "Landeskinder" mit Wohnung oder, soweit mehrere Wohnungen bestehen, Hauptwohnung in Bremen; demgegenüber erhielten Auswärtige ein Studienguthaben von lediglich zwei Semestern, zahlten also ab dem dritten Semester Gebühren.
2. Nach § 109 Abs. 2 Satz 1 des Bremischen Hochschulgesetzes vom 11. Juli 2003 (BremHG; BremGBl S. 295) war das Studium bis zu einem ersten berufsqualifizierenden Abschluss, bei nicht weiterbildenden Studiengängen bis zu einem zweiten berufsqualifizierenden Abschluss nach Maßgabe des § 109a BremHG und des Bremischen Studienkontengesetzes vom 18. Oktober 2005 (BremStKG; BremGBl S. 550), das mit dem Wintersemester 2005/2006 in Kraft trat, gebührenfrei. Für einheimische Studierende garantierte der damalige § 2 Abs. 1 Satz 1 BremStKG ein gebührenfreies Studium von 14 Semestern. Demgegenüber begrenzte der Gesetzgeber das gebührenfreie Studium durch § 3 BremStKG, in Kraft vom 25. Oktober 2005 bis zum 30. Juni 2010, für auswärtige Studierende auf zwei Semester. § 6 BremStKG regelte die Erhebung von Gebühren in Höhe von 500 € pro Semester nach dem Verbrauch des Studienguthabens. Die dort vorgesehene Zahlungspflicht konnte allerdings auf Antrag aus sozialen oder hochschulpolitischen Gründen erlassen werden. Ein solcher Grund war die Pflege und Erziehung von Kindern von bis zu zwölf Jahren. Zudem verabschiedete der Gesetzgeber mit § 7 BremStKG eine Härtefallregelung. Auf Antrag konnten die Gebühren gestundet, ermäßigt oder ganz erlassen werden, wenn ihre Entrichtung zu einer unbilligen Härte führen würde, die der Gesetzgeber für Regelfälle definierte. Ein Regelfall war nach § 7 Nr. 1 BremStKG etwa eine Behinderung oder schwere Erkrankung, die eine Hauptwohnung außerhalb der Freien Hansestadt Bremen erforderte.
Die Studierenden erhalten mit der Einschreibung ein Studienkonto mit einem gebührenfreien Studienguthaben in Form von gebührenfreien Studiensemestern. Die Höhe des Studienguthabens, Art und Umfang der Berücksichtigung besonderer Lebens- und Studienumstände der Studierenden, die Gebührenhöhe nach Verbrauch des Studienguthabens und die Nutzung von nicht verbrauchten Studienguthaben werden durch gesondertes Gesetz bestimmt.
Studienkonten und Studienguthaben für Studierende mit Wohnung in der Freien Hansestadt Bremen
(1) Die Studierenden mit Wohnung oder, soweit mehrere Wohnungen bestehen, mit Hauptwohnung in der Freien Hansestadt Bremen erhalten mit der Einschreibung nach den §§ 34 oder 35 des Bremischen Hochschulgesetzes ein einmaliges Studienguthaben von 14 Semestern.
Studienkonten und Studienguthaben für Studierende mit Wohnung außerhalb der Freien Hansestadt Bremen
(1) Die Studierenden mit Wohnung oder, soweit mehrere Wohnungen bestehen, mit Hauptwohnung außerhalb der Freien Hansestadt Bremen erhalten mit der Einschreibung nach den §§ 34 oder 35 des Bremischen Hochschulgesetzes ein Studienkonto mit einem einmaligen Studienguthaben von zwei Semestern.
(2) Wird zu einem späteren Zeitpunkt ein Studienguthaben nach § 2 gewährt, erfolgt eine vollständige Anrechnung.
(3) Nach Vollendung des 55. Lebensjahres wird ein Studienguthaben nicht gewährt.
Von Studierenden, die ihr Studienguthaben nach den §§ 2 oder 3 verbraucht haben, ohne das Studium abzuschließen, oder ein Zweitstudium absolvieren, das nicht die Voraussetzungen des § 2 Absatz 4 erfüllt, erheben die Hochschulen Studiengebühren in Höhe von 500 € für jedes Semester. Auf Antrag werden hiervon ausgenommen:
1. Beurlaubte Studierende für die Dauer der Beurlaubung,
2. Studierende, die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhalten,
3. Doktoranden, soweit sie ausschließlich nach § 34 Abs. 3 Bremisches Hochschulgesetz immatrikuliert sind, und Meisterschüler sowie Studierende mit dem Ziel des Konzertexamens an der Hochschule für Künste,
4. Studierende, denen aufgrund überregionaler Abkommen ein gebührenfreies Studium zusteht,
5. Studierende, die bereits an einer anderen Hochschule zum Studium in einem gemeinsamen Studiengang eingeschrieben sind und dort Studiengebühren bezahlen,
6. Studierende, die während ihres Studiums mindestens ein Kind im Alter von bis zu zwölf Jahren pflegen und erziehen, für die Dauer von bis zu sechs Semestern,
7. Studierende, die während ihres Studiums als gewählte Vertreter in Organen der Hochschule, der Studierendenschaft oder des Studentenwerks mitwirken oder das Amt einer Frauen- oder Gleichstellungsbeauftragten wahrnehmen, für die Dauer von bis zu insgesamt zwei Semestern.
Die Studiengebühren können auf Antrag des Studierenden im Einzelfall gestundet, ermäßigt oder ganz erlassen werden, wenn die Entrichtung der Studiengebühren zu einer unbilligen Härte führen würde. Eine unbillige Härte liegt in der Regel insbesondere vor, wenn
1. eine Behinderung oder schwere Erkrankung Studienzeit verlängernde Auswirkungen hat oder die Begründung oder Beibehaltung der Wohnung oder, soweit mehrere Wohnungen bestehen, der Hauptwohnung außerhalb der Freien Hansestadt Bremen erfordert,
2. sich die Folgen als Opfer einer Straftat Studienzeit verlängernd auswirken, oder
3. eine wirtschaftliche Notlage während des Ablegens der Abschlussprüfungen aufgetreten ist.
In den Fällen der Nummern 2 und 3 kann eine Stundung, Ermäßigung oder ein Erlass von Studiengebühren nur erfolgen, wenn ein Studienguthaben nach § 2 verbraucht worden ist.
b) Das Land Bremen verfolgte mit diesen Regelungen ausweislich der Gesetzesbegründung (Bürgerschafts-Drucks 16/758, S. 5 f.) mehrere Zwecke: Sie dienten zunächst dazu, die Studierenden zu einem effizienten und zügigen Studium anzuhalten. Weiterhin zielten sie darauf, das Land Bremen in die finanzielle Lage zu versetzen, eine angemessene und wettbewerbsfähige Ausstattung der Hochschulen des Landes sowohl in personeller als auch in sachlicher Hinsicht zu gewährleisten. Dies könne im Wege der direkten Finanzierung durch die Studierenden per Studiengebühren bei einem Wohnsitz außerhalb Bremens geschehen oder über den Zuzug von Studierenden nach Bremen, da dies die Einnahmen des Landes im Rahmen des Länderfinanzausgleichs erhöhe. Die hochschulpolitische Zielsetzung werde dadurch unterstrichen, dass die über die Studiengebühren eingenommenen Mittel insbesondere zur Verbesserung der Lehre verwendet werden. Die Studiengebühren waren nach Auffassung der gesetzgebenden Körperschaft notwendig, um diese Ziele zu erreichen. Die melderechtlichen Bestimmungen verpflichteten nicht zum Erstwohnsitz am Studienort. In der Bevorzugung von Studierenden mit Wohnsitz in Bremen liege kein Eingriff in die freie Wahl der Ausbildungsstätte sowie in das Recht auf Freizügigkeit. Eine etwaige Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip sei gerechtfertigt, weil es sich nicht um eine willkürliche, sachlich nicht gerechtfertigte Schlechterstellung handele. Etwaige Härtefälle seien in gesetzlichen Ausnahmeregelungen berücksichtigt worden.
In der Einzelbegründung zu § 3 BremStKG (Bürgerschafts-Drucks 16/758, S. 7) geht der Gesetzgeber ebenfalls davon aus, dass eine Differenzierung zwischen Ansässigen und Auswärtigen hinsichtlich des Studienguthabens zulässig sei. Im Übrigen befinde sich der Studienwohnsitz bei einem ernsthaft betriebenen Studium sowieso am Studienort.
c) Im Jahr 2010 wurde durch Art. 13 Nr. 1 und 2 des Zweiten Hochschulreformgesetzes vom 22. Juni 2010 (BremGBl S. 375) die Landeskinderregelung des § 3 BremStKG aufgehoben und § 2 Abs. 1 Satz 1 BremStKG dem angepasst. Seit dem Wintersemester 2010/2011 erhalten alle Studierenden in Bremen mit der Einschreibung ein einmaliges Studienguthaben von 14 Semestern, das ein gebührenfreies Erststudium gewährleisten soll. Diese Gesetzesänderung sollte dem Umstand Rechnung tragen, dass das Verwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen das hier zur Entscheidung stehende Vorlageverfahren eingeleitet hatte und das Ergebnis der verfassungsrechtlichen Überprüfung abgewartet werden sollte (Bürgerschafts-Drucks 17/1309, S. 7).
d) Für die Finanzierung der staatlichen Hochschulen in Bremen ist der Wohnsitz der Studierenden seit 2007 von Bedeutung. Nach § 106 Abs. 2 Satz 3 BremHG in der Fassung des Hochschulreformgesetzes vom 27. Februar 2007 (BremGBl S. 157) erhalten die Hochschulen von den Einnahmen des Landes aus den Steuereinnahmen nach Länderfinanzausgleich 1.000 € jährlich für Studierende, die als Einheimische ein Studienguthaben in Anspruch nehmen.
1. Die Klägerinnen und der Kläger des Ausgangsverfahrens wehren sich gegen die Studiengebührenpflicht als auswärtige Studierende. Mit Gebührenbescheiden vom 16. Mai 2006 wurden sie für das Wintersemester 2006/2007 zur Zahlung einer Studiengebühr nach § 6 BremStKG in Höhe von 500 € aufgefordert, weil sie bereits nach einem Studium von zwei Semestern über kein Studienguthaben mehr verfügten, das ein gebührenfreies Studium ermöglichte. Die Universität Bremen wies ihre Widersprüche dagegen als unbegründet zurück und lehnte die Anträge auf Aussetzung der Vollziehung ab. Im nachfolgenden Klageverfahren ordnete das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Widersprüche und der Klagen an.
2. Sodann hat das Verwaltungsgericht das Verfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob § 6 Satz 1 BremStKG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 BremStKG, soweit danach auswärtige Studierende - anders als Studierende mit Wohnung beziehungsweise Hauptwohnsitz in Bremen - vom dritten bis zum 14. Semester zu einer Studiengebühr in Höhe von 500 € pro Semester herangezogen werden, gegen Art. 11 GG sowie gegen Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG verstoße.
Die Verfassungsmäßigkeit der zur Überprüfung vorgelegten Vorschriften sei entscheidungserheblich, da das Gericht bei Gültigkeit der Vorschriften anders entscheiden würde als im Falle ihrer Ungültigkeit. Wäre die Regelung in § 6 Satz 1 BremStKG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 BremStKG verfassungsgemäß, seien die zulässigen Anfechtungsklagen als unbegründet abzuweisen. Wäre die Heranziehung zur Zahlung von Studiengebühren für auswärtige Studierende hingegen verfassungswidrig, wären die Gebührenbescheide mangels erforderlicher Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig, und den Klagen müsste stattgegeben werden.
Es liege ein Verstoß gegen das Grundrecht auf Freizügigkeit aus Art. 11 Abs. 1 GG vor, der das Recht gewährleiste, an jedem Ort innerhalb des Bundesgebietes Aufenthalt und Wohnung zu nehmen. Zwar hindere die zur Überprüfung gestellte Regelung Studierende nicht unmittelbar an der freien Wahl ihres Wohnortes; gleichwohl werde aber an diese Wahl eine nachteilige Rechtsfolge geknüpft. Die Studiengebührenpflicht für auswärtige Studierende ziele auf eine Einschränkung der Freizügigkeit und sei nicht nur eine melderechtliche Formalität. Wollten Studierende von einem Studienguthaben nach § 2 BremStKG profitieren, seien sie gezwungen, ihre Wohnung und melderechtlich auch ihren Lebensmittelpunkt nach Bremen zu verlegen. Die vorgelegten Regelungen knüpften an die Ausübung des Grundrechts der Freizügigkeit auch einen - gemessen an den typisierten wirtschaftlichen Verhältnissen von Studierenden - wirtschaftlich spürbaren Nachteil. Sie stellten damit eine mittelbare, zielgerichtete Beeinträchtigung des Grundrechts der Freizügigkeit dar. Dieser Eingriff in das Grundrecht der Freizügigkeit sei nicht zu rechtfertigen, da keiner der in Art. 11 Abs. 2 GG genannten Fälle vorliege.
Die Regelung in § 6 Satz 1 BremStKG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 BremStKG verstoße auch gegen das in Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG gewährleistete Recht auf diskriminierungsfreien Hochschulzugang. Die drohende Exmatrikulation bei Nichtzahlung stelle einen Eingriff in die Ausbildungsfreiheit dar. Dieser Eingriff in Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG lasse sich verfassungsrechtlich nicht mit den vom Gesetzgeber verfolgten Zielen rechtfertigen. Soweit einheimische und auswärtige Studierende ungleich behandelt würden, verstießen die Studiengebührenregelungen des Bremischen Studienkontengesetzes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Landeskinderklausel sei weder mit der Einwohnerprivilegierung auf kommunaler Ebene noch mit der Erhebung von Gastschulbeiträgen von auswärtigen Schülern und Schülerinnen im Rahmen der Subventionierung von Privatschulen vergleichbar. Da die nach Art und Umfang gleiche Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung regelmäßig ohne Berücksichtigung persönlicher Eigenschaften der Nutzenden in den Grenzen der Praktikabilität und Wirtschaftlichkeit gleich hohe Gebühren auslöse, könne ferner niemand zu einer höheren Abgabe herangezogen werden, nur weil er oder sie nicht vor Ort wohne. Auch im Hinblick auf den Gebührenzweck der Kostendeckung sei kein Differenzierungsgrund ersichtlich. Soweit der Zweck darin liege, höhere Mittel aus dem Länderfinanzausgleich zu erhalten, fehle es an einem ausreichenden Zusammenhang zwischen dessen Zweck und dem Benutzungsverhältnis. Die Ausgleichszahlungen aus dem Finanzausgleich seien kein sachnahes Surrogat für Studiengebühren.
Eine verfassungskonforme Auslegung des § 6 Satz 1 BremStKG in Verbindung mit § 3 Abs. 1, § 2 Abs. 1 BremStKG komme nicht in Betracht. Sie scheitere daran, dass die ausdrückliche, in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommende Zielsetzung des Bremischen Studienkontengesetzes, Studierende zur Wohnsitznahme in Bremen zu bewegen, nicht so verstanden werden könne, dass damit lediglich oder vorrangig eine effektive Durchsetzung des Melderechts bezweckt werde.
Zu der Vorlage haben der Senat der Freien Hansestadt Bremen, die Niedersächsische Landesregierung, die Landesregierung Nordrhein-Westfalen, der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts, die Hochschulrektorenkonferenz, der Deutsche Hochschulverband, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, das Deutsche Studentenwerk, der Verband Hochschule und Wissenschaft im Deutschen Beamtenbund, der Freie Zusammenschluss von StudentInnenschaften e.V. und die Klägerinnen und der Kläger des Ausgangsverfahrens Stellung genommen.
Art. 11 Abs. 1 GG sei von den vorgelegten Regelungen nicht berührt. Das Bremische Studienkontengesetz sei auch mit Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip vereinbar. Der Gesetzgeber habe das daraus folgende Teilhaberecht im Kern - den Zugang zur Hochschule - nur unter den Vorbehalt des Möglichen als Folge der Knappheit der Haushaltsmittel gestellt. Die Gebührenpflicht sei nach den Vorgaben des Sozialstaatsprinzips ausgestaltet und verhältnismäßig, insbesondere zumutbar. Bremen verfolge das legitime Ziel, sich gegen eine finanzielle Überlastung seiner Hochschulen durch auswärtige Studierende zu schützen, indem auch von diesen ein finanzieller Beitrag zu den Kosten ihres Studiums verlangt werde. Studiengebühren in Höhe von 500 € pro Semester seien zumutbar (Hinweis auf BVerfGE 112, 226 <245>). Auf Antrag könnten Studierende zudem von der Gebührenpflicht ausgenommen werden; § 7 BremStKG ermögliche Stundung, Ermäßigung oder Erlass bei einer unbilligen Härte.
Die Regelungen in § 2 Abs. 1 und § 3 Abs. 1 BremStKG seien mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Sie behandelten Studierende mit Wohnung in Bremen in Bezug auf das ihnen eingeräumte Studienguthaben zwar anders als Studierende mit Wohnung außerhalb Bremens. Dies sei jedoch gerechtfertigt. Anders als bei der Zulassung zum Studium sei das Hochschulwesen in Deutschland nicht als ein zusammenhängendes System anzusehen, das im Interesse länderübergreifender Nutzung der Ausbildungskapazitäten grundsätzlich eine bundesweite Reglementierung erfordere. Vielmehr entsprächen unterschiedliche Regelungen der bundesstaatlichen Ordnung. Zudem sei die Differenzierung sachlich begründet. In Bremen sollten alle Studierenden zu den erforderlichen Finanzmitteln für die Bereithaltung der Ausbildungskapazität bei angemessener Qualität beitragen (Bürgerschafts-Drucks 16/758, S. 5). Studierende mit Wohnung in Bremen täten dies indirekt über den Länderfinanzausgleich; Auswärtige zahlten Studiengebühren.
Der Landesgesetzgeber dürfe bei der Belastung mit Abgaben für die Benutzung von Einrichtungen des Landes zwischen Personen mit Wohnsitz innerhalb und Personen mit Wohnsitz außerhalb des Landes unterscheiden. Die Regelung sei zudem mit der Rechtsprechung zur Zulässigkeit der Erhebung einer Zweitwohnungsteuer (BVerfGE 65, 325) vereinbar. Der Gesetzgeber könne auch entscheiden, welche über die Kostendeckung hinausgehenden Zwecke er mit einer Gebühr verfolge. Dazu gehörten Zwecke "einer begrenzten Verhaltenssteuerung". Es sei ein sachlicher Grund für differenzierte Abgaben, dass Auswärtige für eine Gebietskörperschaft keine Teilhabe an Steuern beziehungsweise Schlüsselzuweisungen bewirkten. Die Ausgleichszuweisungen aus der primären Steuerverteilung und aus dem Finanzausgleich seien ein sachnahes Surrogat für Studiengebühren.
2. Der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat mitgeteilt, dass er sich bislang zwar grundsätzlich zur Vereinbarkeit von Studienbeiträgen beziehungsweise Studiengebühren mit Art. 12 Abs. 1,Art. 3 Abs. 1 GG geäußert habe (BVerwGE 134, 1). Die Besonderheit einer an den Wohnsitz anknüpfenden Studienabgabe habe dort jedoch keine Rolle gespielt. Der Senat bezweifelt, dass die bremische Regelung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist.
3. Die Hochschulrektorenkonferenz macht sich hinsichtlich der Vereinbarkeit der vorgelegten Normen mit Art. 12 Abs. 1 GG die Ausführungen des vorlegenden Gerichts zu eigen. Mit der Erhebung eines Studienbeitrags in Höhe von 500 € pro Semester sei jedoch kein spürbarer wirtschaftlicher Nachteil im Sinne eines Eingriffs in Art. 11 GG verbunden.
4. Der Deutsche Hochschulverband hält § 6 Satz 1 BremStKG in Verbindung mit § 3 Abs. 1, § 2 Abs. 1 BremStKG für verfassungswidrig. Zwar stehe das Grundgesetz der bislang praktizierten Erhebung von Studienbeiträgen mit gesetzlich ausgestalteten Sicherungen wie in §§ 6 und 7 BremStKG, durch die insbesondere einkommensschwachen Bevölkerungsschichten ein gleichberechtigter Hochschulzugang ermöglicht wird, nicht entgegen. Doch sei die Landeskinderregelung ein nicht gerechtfertigter Eingriff in Art. 11 Abs. 1 GG. Studiengebühren in Höhe von 500 € für ein Semester seien ein wirtschaftlich spürbarer Nachteil. Schließlich stehe der primäre Gesetzeszweck der Einwohnergewinnung zur zusätzlichen Einnahmenerzielung nicht in unmittelbarem Zusammenhang zur Inanspruchnahme der Hochschulen Bremens.
5. Das Deutsche Studentenwerk, der Verband Hochschule und Wissenschaft im Deutschen Beamtenbund, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und der Freie Zusammenschluss von StudentInnenschaften e.V. folgen im Wesentlichen dem vorlegenden Gericht. Studiengebühren stellten die Chancengleichheit beim Hochschulzugang und im Studium in Frage und seien unsozial, insofern sie ein Studium von der finanziellen Leistungsfähigkeit der Einzelnen abhängig machten. Die bestehenden Ungleichheiten im Bildungssystem würden durch sie noch verstärkt. Die Länder seien der Forderung des Bundesverfassungsgerichts (Hinweis auf BVerfGE 112, 226) nach Sozialverträglichkeit von Studiengebühren nicht nachgekommen.
6. Die Klägerinnen und der Kläger des Ausgangsverfahrens halten die zur Prüfung gestellte Regelung für verfassungswidrig. Auch sie teilen im Wesentlichen die Auffassung des vorlegenden Gerichts. Die bremische Regelung sei mit Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip unvereinbar, da der Gesetzgeber seiner Regelungspflicht im Hinblick auf soziale Ausgleichsmaßnahmen zur Vermeidung faktischer Diskriminierung wegen der sozialen Herkunft Studierwilliger nicht nachkomme. Das Land Bremen sehe keine Darlehenslösung vor und habe Studierende nicht bereits dadurch ausreichend von der Erhebung von Studiengebühren befreit, indem es Empfänger von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz von der Studiengebührenpflicht ausgenommen habe. Allgemeine Studiengebühren seien darüber hinaus mit Art. 3 Abs. 1 und 2 GG sowie Art. 13 Abs. 1 und 2 des Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte vom 19. Dezember 1966 (IPwskR; in Kraft getreten am 3. Januar 1976, UNTS Bd. 993, S. 3, BGBl II S. 428) und Art. 2 des Ersten Zusatzprotokolls zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 20. März 1952 (ZP I EMRK; in Kraft getreten am 13. Februar 1957, ETS Nr. 9, BGBl II S. 226) in Verbindung mit Art. 14 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (EMRK; in Kraft getreten am 3. September 1953, ETS Nr. 5, BGBl II 1954 S. 14) unvereinbar.
§ 3 BremStKG in der Fassung der Bekanntmachung des Bremischen Studienkontengesetzes vom 18. Oktober 2005 (BremGBl S. 550) wurde zwar durch Art. 13 Nr. 2 des Zweiten Hochschulreformgesetzes vom 22. Juni 2010 (BremGBl S. 375) aufgehoben. Doch ist eine Vorlage im Rahmen des Art. 100 GG weiter zulässig, solange sich die Ausgangsverfahren mit dem Außerkrafttreten nicht erledigt haben (vgl. BVerfGE 16, 6 <15>; 29, 325 <326>; 47, 46 <64>). Eine Erledigung ist hier nicht eingetreten, denn die in den Ausgangsverfahren angegriffenen Bescheide stützen sich auf die vom Verwaltungsgericht vorgelegten Normen.
Die in Bremen ehemals geltende Regelung, nach der auswärtige Studierende - im Unterschied zu Studierenden mit Wohnung in der Freien Hansestadt Bremen - zur Zahlung von allgemeinen Studiengebühren in Höhe von 500 € vom dritten bis zum 14. Semester herangezogen wurden, ist mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Zwar ergibt sich aus der Verfassung kein grundsätzliches Verbot der Erhebung allgemeiner Studiengebühren, wenn diese tatsächlich den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine sozial zumutbare Ausgestaltung gerecht werden (I). Doch ist die Belastung allein auswärtiger Studierender mit solchen Gebühren verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen (II).
Die Erhebung von allgemeinen Studiengebühren ist im Ausgangspunkt mit dem Grundgesetz vereinbar, solange und soweit die Gebühren nicht prohibitiv wirken und sozial verträglich ausgestaltet sind.
1. Schafft der Staat mit öffentlichen Mitteln Studienangebote, so muss er den freien und gleichen Zugang zu ihnen gewährleisten (vgl. BVerfGE 85, 36 <53>). Aus Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip der Art. 20 Abs. 1,Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG ergibt sich für diejenigen, die dafür die subjektiven Zulassungsvoraussetzungen erfüllen, im Rahmen der vom Staat geschaffenen Ausbildungseinrichtungen ein Recht auf freien und gleichen Zugang zum Hochschulstudium ihrer Wahl (vgl. BVerfGE 85, 36 <53 f.>; grundlegend BVerfGE 33, 303 <331 f.>; vgl. auch BVerwGE 134, 1 <7 f.>).
a) Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistet das Recht, die Ausbildungsstätte frei zu wählen (BVerfGE 85, 36<53>). Dieses steht in engem Zusammenhang mit dem Recht der freien Berufswahl, da die Ausbildung in der Regel die Vorstufe einer Berufsaufnahme ist, beide also integrierende Bestandteile eines zusammengehörenden Lebensvorganges darstellen (vgl. BVerfGE 33, 303 <329 f.>, unter Hinweis auf BVerfGE 7, 377 <401, 406>). Der verfassungsrechtliche Grundrechtsschutz zielt dabei nicht nur auf die Abwehr von Eingriffen der öffentlichen Gewalt, sondern auch auf Teilhabe an staatlichen Leistungen (vgl. BVerfGE 33, 303 <330 f.>).
b) Aus diesem Teilhaberecht resultiert kein Anspruch auf Kostenfreiheit des Hochschulstudiums, doch dürfen Gebühren für ein Studium nicht prohibitiv wirken (aa) und müssen sozial verträglich ausgestaltet sein (bb).
Die Inanspruchnahme staatlicher Ressourcen durch einen eingeschränkten Nutzerkreis kann eine Abgabepflicht auslösen. Daher ist der Gesetzgeber nicht daran gehindert, bestimmte öffentliche Leistungen der Berufsausbildung, auch soweit diese bisher abgabenfrei waren, künftig nicht mehr kostenlos anzubieten (vgl. BVerwGE 134, 1 <8> m.w.N.).
aa) Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip verpflichten den Gesetzgeber jedoch, auch im Bereich des Hochschulzugangs für die Wahrung gleicher Bildungschancen zu sorgen (vgl. BVerfGE 112, 226 <245>); er muss Auswahl und Zugang nach sachgerechten, auch für die Benachteiligten zumutbaren Kriterien regeln (vgl. BVerfGE 43, 291 <345>). Der Gesetzgeber darf den Zugang zu staatlich geschaffenen Ausbildungseinrichtungen nicht prohibitiv gestalten. Gebühren dürfen keine unüberwindliche soziale Barriere vor dem Hochschulzugang errichten (vgl. BVerwGE 102, 142 <147>; 115, 32 <37>; 134, 1 <8, 14>; BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2010 - BVerwG 6 C 9.09 -, juris, Rn. 19, 25). Unzulässig ist eine Gebührenregelung, wenn sie ihrer Höhe nach in einem nicht mehr hinnehmbaren Maße abschreckende Wirkung entfaltet (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2010 - BVerwG 6 C 9.09 -, juris, Rn. 25).
bb) Das bedeutet nicht, dass Erschwernisse, die mit der Erhebung von Studienabgaben verbunden sind, vollständig durch soziale Begleitmaßnahmen kompensiert werden müssen (vgl. BVerwGE 134, 1 <14>). Die Verfassung gebietet nicht den Ausgleich jeglicher sozialen, insbesondere ökonomischen, Ungleichheit, die auch in der familiären, sozialen oder individuellen Herkunft der Ausbildungswilligen ihre Ursache haben kann (vgl. BVerwGE 134, 1 <14>). Der Gesetzgeber darf diese Umstände jedoch nicht völlig unberücksichtigt lassen, soweit sie zu ungleichen Ausbildungschancen führen. Er darf Studierwillige also beispielsweise nicht schlicht auf die Möglichkeit verweisen, für die Finanzierung eines Studiums marktübliche Kredite in Anspruch zu nehmen.
Verfassungsrechtlich geboten ist damit ein sozial verträgliches, also entweder ein grundsätzlich für alle finanziell tragbares oder aber ein um ein Ausbildungsförderungssystem ergänztes Ausbildungsangebot, das im Rahmen der staatlich geschaffenen Ausbildungskapazitäten allen entsprechend Qualifizierten ein Studium ermöglicht und den Zugang zum Studium insbesondere nicht von den Besitzverhältnissen der Eltern abhängig macht (vgl. BVerwGE 102, 142 <147>; 115, 32 <37>; 134, 1 <8>). Das Grundgesetz verbietet es, die nur begrenzt verfügbaren öffentlichen Mittel beim Hochschulzugang bevorzugt einem privilegierten Teil der Bevölkerung zu Gute kommen zu lassen (vgl. BVerfGE 33, 303 <334 f.>). Bei der Erhebung von Studiengebühren ist folglich den Belangen einkommensschwacher Bevölkerungskreise angemessen Rechnung zu tragen (vgl. BVerfGE 112, 226 <245>; BVerwGE 134, 1 <9 ff.>); entscheidend ist, wie schwer eine Gebührenlast unter den konkreten Bedingungen ihrer Ausgestaltung wiegt und ob sie im Ergebnis allen Betroffenen tatsächlich zumutbar ist. Der Gesetzgeber hat den Zugang zu Einrichtungen zur Ausübung grundrechtlicher Freiheit insgesamt so zu gestalten, dass die sozialen Gegensätze hinreichend ausgeglichen werden und soziale Durchlässigkeit gewährleistet wird (Rüfner, in: Bonner Kommentar, Bd. 1, Art. 3 Abs. 1 Rn. 63, Oktober 1992; s.a. Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl. 2012, Art. 20 Rn. 119; Robbers, in: Bonner Kommentar, Bd. 5, Art. 20 Abs. 1 Rn. 1412, April 2009). Das Sozialstaatsprinzip verlangt darüber hinaus eine Ausgestaltung der Studiengebühren, die angemessen Rücksicht auf Belastungen Studierender nimmt, die aufgrund persönlicher Lebensumstände oder gesellschaftlicher Benachteiligung in ihrer persönlichen und sozialen Entfaltung behindert sind (vgl. BVerfGE 45, 376 <387>). Das gilt für Menschen mit Behinderungen (Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG) ebenso wie für Studierende mit Kindern oder Pflegeverantwortung in der Familie (Art. 6 Abs. 1 und 2 GG).
Wie der Gesetzgeber dem Verfassungsgebot zur sozialen Ausgestaltung allgemeiner Studiengebühren im Einzelnen Rechnung trägt, ist in weitem Umfang seiner freien Gestaltung überlassen. Er kann die von der Verfassung geforderte Chancengleichheit insbesondere durch die Höhe von Studiengebühren, durch Stipendien, spezielle Studienkredite und durch Härtefall- und Ausnahmeregelungen zu wahren suchen. Das Bundesverwaltungsgericht hat ausgeführt (BVerwGE 134, 1 <19 ff.>; BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2010 - BVerwG 6 C 9.09 -, juris, Rn. 32), dass bei der entsprechenden Ausgestaltung von Studiengebühren die völkerrechtlichen Anforderungen zu beachten sind, hier aus Art. 10 Nr. 4 Buchstabe a der Europäischen Sozialcharta vom 18. Oktober 1961 (ESC; in Kraft getreten am 26. Februar 1965, ETS Nr. 35, BGBl II S. 1122), aus Art. 13 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 13 Abs. 2 Buchstabe c IPwskR (vgl. auch UN Committee on Economic, Social and Cultural Rights, The right to education (Art. 13), UN Doc. E/C.12/1999/10 vom 8. Dezember 1999, Z. 19 f. zu Art. 13 Abs. 2 Buchstabe c IPwskR) und aus Art. 2 ZP I EMRK in Verbindung mit Art. 14 EMRK. Dagegen ist von Verfassungs wegen nichts zu erinnern.
2. Nach diesen Maßgaben sind Studiengebühren im Umfang von 500 € je Semester bei Bereitstellung hinreichender sozialer Ausgleichsmaßnahmen nicht schon grundsätzlich verfassungsrechtlich ausgeschlossen.
a) Als Voraussetzung der Teilnahme am Studium beschränken Studiengebühren den grundrechtlichen Teilhabeanspruch. Diese Beschränkung stützt sich auf das legitime Ziel, eine ergänzende Einnahmequelle zur Finanzierung der Studienangebote zu schaffen, und ist hierfür auch geeignet und erforderlich.
b) Der Teilhabeanspruch wird durch Studiengebühren im hier in Rede stehenden Umfang nicht übermäßig beschränkt. Eine prohibitive Wirkung ist bei einer Studiengebühr in Höhe von 500 € derzeit nicht ersichtlich (vgl. BVerwGE 134, 1 <14>; BayVerfGH, Urteil vom 28. Mai 2009 - Vf. 4-VII-07 -, juris, Rn. 145). Eine Gebühr in Höhe von 500 € im Semester wirkt nicht abschreckend oder sonst von vornherein unangemessen.
Allerdings ist eine Gebühr in dieser Höhe keine vernachlässigbare Größe. Zwar mag eine solche Gebühr in Bezug auf die Gesamtkosten des Studiums geringfügig und kompetenzrechtlich von nachrangiger Bedeutung sein (vgl. BVerfGE 112, 226 <245>). Aus Sicht der Studierenden, deren Gesamtunterhaltsbedarf je nach Quelle mit zwischen circa 530 € und 812 € pro Monat angegeben wird (vgl. auch HIS, Heine/Quast, Studienentscheidung im Kontext der Studienfinanzierung, 2011, S. 26) ist auch dies als deutlich spürbar einzustufen (so für Baden-Württemberg auch BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2010 - BVerwG 6 C 9.09 -, juris, Rn. 21; Urteil vom 15. Dezember 2010 - BVerwG 6 C 10.09 -, juris, Rn. 21).
Dass Studiengebühren in dem hier in Frage stehenden Umfang eine abschreckende Wirkung begünstigen können, ist nicht ausgeschlossen. So gaben bei einer Befragung von 5.240 Schulabgängerinnen und -abgängern im Jahr 2006 in Nordrhein-Westfalen 2,4 % beziehungsweise 6,5 % der Studienberechtigten an, aufgrund von Studiengebühren auf ein Studium zu verzichten oder es zu verzögern (HIS, Stellungnahme zur öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie des Landes Nordrhein-Westfalen, 2010, S. 10); im bundesweiten Vergleich lag die Quote 2006 bei 3,6 % (HIS, Heine/Quast/Spangenberg, Studiengebühren aus der Sicht von Studienberechtigten, 2008, S. 15 f.) und im Jahr 2008 bei 5,3 % (HIS, Heine/Quast, Studienentscheidung im Kontext der Studienfinanzierung, 2011, S. 58).
Aus der nicht unerheblichen Belastung von Studierenden durch Studiengebühren in Höhe von 500 € je Semester folgt jedoch nicht ohne weiteres, dass diese angesichts der derzeitigen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit von Studierenden insgesamt prohibitiv wirkt. Eine "Gebührenflucht" aus Ländern mit in Länder ohne Studiengebühren ist nicht erkennbar. Nach der Einführung allgemeiner Studiengebühren sank die Wahrscheinlichkeit, im Heimatland ein Studium beginnen zu wollen, ausweislich der vorliegenden Studien in Gebührenländern lediglich um rund zwei Prozentpunkte (vgl. Deutsches Studentenwerk, Die wirtschaftliche und soziale Lage der Studierenden in der Bundesrepublik Deutschland 2009, 19. Sozialerhebung 2010, S. 63 f.; Dwenger/Storck/Wrohlich, Do Tuition Fees Affect the Mobility of University Applicants? Evidence from a Natural Experiment, Discussion Paper Nr. 926, 2009, S. 15 f.). Eine prohibitive Wirkung von Studiengebühren auf potentielle Studienanfängerinnen und -anfänger war 2008 nicht nachzuweisen, soweit Studierquoten und Studienanfängerzahlen von Ländern mit und ohne Gebühren miteinander verglichen werden (vgl. HIS, Heine/Quast/ Spangenberg, Studiengebühren aus Sicht von Studienberechtigten, 2008, S. 15).
c) Studiengebühren der hier in Rede stehenden Art bedürfen allerdings flankierender Maßnahmen, die soziale Verträglichkeit und damit den Anspruch auf einen möglichst chancengleichen Zugang zum Studium gewährleisten.
aa) Fehlen flankierende Maßnahmen, verstärken sich aufgrund unzureichender finanzieller Mittel und in Familien ohne akademischen Bildungsabschluss bestehende Nachteile beim Zugang zum Hochschulstudium und bei der Erlangung eines entsprechenden Abschlusses. Nach der 19. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks 2009 studierten 71 % der Kinder aus Familien, in denen ein akademischer Bildungsabschluss vorhanden war, dagegen nur 24 % der Kinder aus Familien ohne einen solchen Abschluss (Deutsches Studentenwerk, Die wirtschaftliche und soziale Lage der Studierenden in der Bundesrepublik Deutschland 2009, 19. Sozialerhebung 2010, S. 10 ff.; vgl. zur Entwicklung auch Vodafone Stiftung, Schindler, Aufstiegsangst? Eine Studie zur sozialen Ungleichheit im historischen Zeitverlauf, 2012). Bei der Entscheidung für oder gegen ein Hochschulstudium ist die finanzielle Belastung von erheblicher Bedeutung (vgl. Institut für Demoskopie Allensbach, Chancengerechtigkeit? Studienfinanzierung als wichtiger Faktor der Entscheidungsfindung für die Aufnahme bzw. den Abbruch eines Hochschulstudiums, 2009, S. 13). Bei der Studienentscheidung wächst die Unsicherheit, je weniger die Finanzierung des Studiums von den Eltern geleistet werden kann, was Kinder aus ökonomisch schwächeren Familien benachteiligt. Studierende, die von ihren Eltern finanziert werden, sehen ihr Studium weit häufiger als sicher finanziert an als jene, die einen Kredit in Anspruch nehmen müssen (vgl. HIS, Heine/Quast/Spangenberg, Studiengebühren aus der Sicht von Studienberechtigten, 2008, S. 17 f.).
bb) Eines der zentralen Mittel zur Gewährleistung einer sozialverträglichen Absicherung von Studiengebühren ist die Bereitstellung von angemessen ausgestalteten Studiendarlehen. Maßgeblich für eine angemessene Ausgestaltung kann hierfür insbesondere sein, dass diese erst nach dem Abschluss des Studiums zurückzuzahlen und je nach persönlicher Situation Stundung, Niederschlagung oder Erlass möglich sind (vgl. BVerwGE 134, 1 <10 ff.>). Daneben kommen auch weitere Mittel in Betracht wie Ausnahme-, Ermäßigungs- und Erlasstatbestände für sozial schwächere Personen, also auch zur Rücksichtnahme auf Belange einkommensschwacher Bevölkerungskreise (vgl. BVerfGE 112, 226 <245>). Schließlich wird der Gesetzgeber auch Maßnahmen in Blick auf besondere Familiensituationen und die besonderen Gleichbehandlungsgebote des Grundgesetzes in Erwägung zu ziehen haben.
3. Ob die Bremer Regelung der Studiengebühren den Anforderungen an eine soziale Ausgestaltung des chancengleichen Zugangs zu einem Hochschulstudium in jeder Hinsicht entspricht, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Die Erhebung von Studiengebühren, wie sie mit der Bremer Regelung ins Werk gesetzt wird, ist jedoch nicht von vornherein mit der Verfassung unvereinbar. Ihr Umfang wirkt als solcher nicht prohibitiv und ist von dem Anspruch getragen, den Zugang zum Studium sozial verträglich auszugestalten.
Die zur Prüfung gestellten Regelungen des § 6 Satz 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 1, § 2 Abs. 1 BremStKG, die auswärtige Studierende anders als Landeskinder behandeln, indem sie nach dem (Haupt-)Wohnsitz in Bremen unterscheiden und nur Auswärtigen ab dem dritten Semester eine Gebührenpflicht auferlegten, verstoßen gegen das Teilhaberecht aus Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG auf freien und gleichen Hochschulzugang in einem bundesweit zusammenhängenden System.
1. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfGE 98, 365 <385>; stRspr). Er gilt sowohl für ungleiche Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen (vgl. BVerfGE 79, 1 <17>; 126, 400 <416> m.w.N.).
Dabei gilt ein stufenloser am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (vgl. BVerfGE 75, 108 <157>; 93, 319 <348 f.>; 107, 27 <46>; 126, 400 <416>; 129, 49 <69> m.w.N.). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers ergibt sich unter anderem aus jeweils betroffenen Grundrechten (vgl. BVerfGE 88, 87 <96>). Hier folgt ein strengerer Rechtfertigungsmaßstab aus dem Teilhaberecht des Art. 12 Abs. 1 GG für den besonderen Sachbereich des Hochschulzugangs (vgl. BVerfGE 33, 303 <329 ff., 352 f.>).
Studierende, die an Hochschulen in Bremen studieren und in Bremen wohnen, und solche, die in Bremen studieren, aber außerhalb Bremens ihren Wohnsitz haben, befinden sich hinsichtlich der Ausbildung, für die in den vorgelegten Vorschriften Gebühren erhoben werden, in einer vergleichbaren Lage. Beide nehmen das Studienangebot Bremens in gleicher Weise in Anspruch. Werden nur auswärtige Studierende zwischen dem dritten und 14. Semester mit Gebühren belegt, ist dies eine an den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG zu messende Ungleichbehandlung.
a) Als Rechtfertigungsgrund kann nicht allein auf den Wohnsitz oder Hauptwohnsitz und den hieraus folgenden Zugehörigkeitsstatus zum Land Bremen als solchen verwiesen werden.
aa) Allerdings sind unterschiedliche Regelungen in verschiedenen Ländern und verschiedenen Gemeinden verfassungsrechtlich nicht nur möglich, sondern sogar gewollt. Die Ermöglichung von Vielfalt ist ein wesentliches Element des Bundesstaatsprinzips wie auch der kommunalen Selbstverwaltung. Der Gleichheitssatz ist daher nicht anwendbar, wenn es um eine Ungleichbehandlung durch Regelungen verschiedener Kompetenzträger geht (vgl. BVerfGE 10, 354 <371>; 93, 319 <351>). Innerhalb des eigenen Kompetenzbereichs ist der Landesgesetzgeber prinzipiell nicht gehindert, von der Gesetzgebung anderer Länder abweichende Regelungen zu treffen, auch wenn dadurch Landeskinder praktisch begünstigt oder auch belastet werden (vgl. BVerfGE 33, 303 <352>). Wenn insoweit in einigen Ländern Studiengebühren erhoben werden, in anderen dagegen nicht, ist dies aus Gleichheitsgesichtspunkten schon grundsätzlich nicht zu beanstanden (vgl. aus kompetenzrechtlicher Sicht BVerfGE 112, 226 <244 f.>). Anwendbar ist der Gleichheitssatz dagegen, soweit es wie hier um die Ungleichbehandlung von Landeskindern und anderen Personen in einer Landesregelung geht.
bb) Vorliegend scheidet eine Rechtfertigung der Ungleichbehandlung in bloßer Anknüpfung an den Wohnsitz aufgrund der Besonderheiten des geregelten Sachbereichs aus. Landesrechtliche Regelungen im Bereich des Hochschulwesens haben eine spezifische gesamtstaatliche Dimension, die besondere Rücksichtnahme der Länder untereinander verlangt. Fällt eine Materie in die Zuständigkeit des Landesgesetzgebers, greift aber der zu regelnde Lebenssachverhalt seiner Natur nach über Ländergrenzen hinaus und berührt wie hier das in allen Ländern gleichermaßen anerkannte Teilhaberecht auf freien und gleichen Hochschulzugang, dann sind einseitige Begünstigungen der Angehörigen eines Landes nur unter gesteigerten Anforderungen an ihre Rechtfertigung zulässig. Das Hochschulwesen ist ein solches bundesweit zusammenhängendes System, das zwar weithin in die Zuständigkeit des Landesgesetzgebers fällt, in dem aber nicht alle Studiengänge überall angeboten werden und eine Nutzung der Ausbildungskapazitäten über die Ländergrenzen hinweg erforderlich ist (vgl. BVerfGE 33, 303 <352>). Daher darf beim Zugang zum Studium nicht pauschal nach Ländern differenziert werden (vgl. BVerfGE 33, 303 <355 f.>; 37, 104 <119 f.>). Entsprechend hatte sich auch der Parlamentarische Rat ausdrücklich gegen Landeskinder-Privilegien beim Zugang zu universitären Studien ausgesprochen (Parlamentarischer Rat, StenBer. über die 44. Sitzung des Hauptausschusses vom 19. Januar 1949, S. 569 <575 f.>; zitiert bereits in BVerfGE 33, 303 <329>).
b) Tragfähige Sachgründe für die Rechtfertigung der differenzierenden bremischen Gebührenregelung, die mit der Hochschulausbildung in Zusammenhang stehen, sind vorliegend nicht ersichtlich. Die in der bremischen Regelung vorgenommene Gebührendifferenzierung ist nicht durch eine unterschiedliche Nutzung des Studienangebots gerechtfertigt (aa). Auch kann sich der Gesetzgeber zur Rechtfertigung nicht darauf berufen, mit der Regelung zur Wohnsitznahme in Bremen motivieren zu wollen, um so erhöhte Mittelzuweisungen im Rahmen des Länderfinanzausgleichs zu erlangen (bb): Die Gebühr lässt sich nicht mit dem Argument rechtfertigen, die aus dem Finanzausgleich dem Land zufließenden Zuweisungen enthielten einen Betrag zur Finanzierung der Ausbildung der Studierenden mit Wohnung in Bremen; deshalb dürften auswärtige Studierende landesgesetzlich verpflichtet werden, gleichfalls - statt über den Finanzausgleich durch Gebühren - ihren bremischen Studiengang finanziell mitzutragen. Das Gleiche gilt bei einer gezielten Zuweisung im Landeshaushaltsgesetz ausschließlich für Studierende mit Wohnung in Bremen.
aa) Die Gebührendifferenzierung dient nicht dem Ausgleich einer unterschiedlichen Inanspruchnahme des Studienangebots. Es ist nicht ersichtlich, dass Studierende mit (Haupt-)Wohnsitz außerhalb von Bremen Leistungen der bremischen Hochschulen in anderer Weise nutzten als Studierende mit (Haupt-)Wohnsitz in Bremen. Auswärtige Studierende verursachen weder höhere Kosten noch ziehen sie einen größeren Vorteil aus den von einer bremischen Hochschule angebotenen Leistungen. Der Wohnsitz, an den das Studienkontengesetz die Studiengebührenpflicht knüpft, hat keinen unmittelbaren Bezug zum Benutzungsverhältnis (so auch Kugler, Allgemeine Studiengebühren und die Grundrechte der Studierenden, 2009, S. 194).
bb) Auch das Ziel des Landes Bremen, durch finanziellen Druck Studierende zu einer Wohnsitznahme in Bremen zu veranlassen, damit das Land erhöhte Mittel im Rahmen des Finanzausgleichs erhält, trägt die Ungleichbehandlung nicht. Zwar sind die Länder und auch Gemeinden grundsätzlich nicht gehindert, Personen, die ihre Einrichtungen nutzen wollen, durch finanzielle Anreize oder finanziellen Druck zu veranlassen, auch ihren (Haupt-)Wohnsitz in das eigene Gebiet zu verlegen. So kann bei doppeltem Wohnsitz etwa auf das Melde- oder - in Form einer Zweitwohnungsteuer - auf das Steuerrecht zurückgegriffen werden. Für die Erhebung von Studiengebühren, die (auch) dazu dienen, zur Wohnsitznahme zu motivieren, um so zusätzliche Mittel aus dem Länderfinanzausgleich zu erlangen, fehlt es jedoch an dem im Bereich des Hochschulwesens erforderlichen Sachzusammenhang.
Das Land Bremen erhält zwar Ausgleichszuweisungen nach §§ 4 ff. Finanzausgleichsgesetz (FAG) und Bundesergänzungszuweisungen nach § 11 FAG aus dem Finanzausgleich. Sie dienen aber in der Regel der Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs des Landes (§§ 4 ff. und § 11 Abs. 1 und 2 FAG); die sonstigen Bundesergänzungszuweisungen nach § 11 Abs. 3 bis 4 FAG sind anderen Zwecken als der Hochschulfinanzierung gewidmet. Alle Zuweisungen fließen zudem in den Haushalt des Landes Bremen. Der bremische Haushaltsgesetzgeber entscheidet dann in eigener Verantwortung in seinem Budget über die Verwendung dieser Finanzmittel. Damit ist der Sachzusammenhang zwischen den Ausgleichszuweisungen des Finanzausgleichs und der Finanzierung der Hochschulen gelöst. Deswegen können auch keine bestimmten Beträge daraus allein den Studierenden mit Wohnung in Bremen zugeordnet werden; ebenso wenig kann ein Fehlbetrag den Studierenden ohne Wohnung in Bremen zugerechnet werden (vgl. auch BVerfGE 65, 325 <355 f.>). Eine Rechtfertigung der Studiengebühr für auswärtige Studierende vom dritten bis zum 14. Semester ist sachlich nicht möglich, denn es fehlt an einem hinreichenden Sachzusammenhang zwischen den Finanzausgleichsmitteln als allgemeinen Einnahmen des Landeshaushalts, der Verwendungsentscheidung des Landeshaushaltsgesetzgebers sowie der Studiengebühr für Auswärtige. Ein Versuch einer Rechtfertigung der Studiengebühr durch Zuordnung von Ausgleichszuweisungen zum Aufwand für Ausbildungsplätze bremischer Studierender würde außerdem zugleich den berechtigten Einwand hervorrufen, gerade diese Ausbildungsplätze seien von dritter Seite - nämlich den Geberländern des Finanzausgleichs - mitfinanziert worden; auf diese Weise würde das Land Bremen letztlich aus einer Zuwendung von außen eine Studiengebühr für auswärtige Studierende zu legitimieren versuchen.
Gleiches würde gelten, falls das bremische Landeshaushaltsgesetz selbst den Hochschulen Finanzmittel ausschließlich für die Finanzierung der Studierenden mit Wohnung in Bremen zuwiese, denn es besteht angesichts des bundesweiten Zusammenhangs des Hochschulsystems kein Sachgrund, auswärtige Studierende gezielt vom Studium fernzuhalten. Jedenfalls könnte eine derartige Vorschrift nicht dazu eingesetzt werden, den Aufwand für bremische Studierende als finanziert, den für auswärtige Studierende aber für ungedeckt zu betrachten, denn damit würde das Teilhabegrundrecht des Art. 12 GG, das ein bundesweit zusammenhängendes Hochschulangebot gleicher Zugangskonditionen verlangt (vgl. grundlegend dazu BVerfGE 33, 303 <329 ff.>), verkannt, indem das Land im Haushalt nur Ausgaben für Studierende mit Wohnung in Bremen vorsähe. In haushaltsrechtlicher Hinsicht würde es dann ein Hochschulangebot allein für bremische Studenten schaffen. Ob eine solche Vorschrift allein als Berechnungsmethode für die Gesamtaufwendungen der bremischen Hochschulen zulässig wäre, war vom Senat nicht zu entscheiden.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
§ 6 Satz 1 des Bremischen Studienkontengesetzes vom 18. Oktober 2005 - BremStKG - (Gesetzblatt der Freien Hansestadt Bremen
Seite 550) in Verbindung mit § 3 Absatz 1 und § 2 Absatz 1 BremStKG, soweit Studierende mit Wohnung außerhalb der Freien Hansestadt
Bremen vom dritten bis zum 14. Semester zu einer Studiengebühr in Höhe von 500 € pro Semester herangezogen wurden, ist mit
Artikel 12 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig.
Das konkrete Normenkontrollverfahren betrifft die Frage, ob eine landesrechtliche Regelung, nach der auswärtige Studierende anders als Studierende mit Wohnsitz oder - bei mehreren Wohnungen - Hauptwohnsitz im betreffenden Bundesland vom dritten bis zum 14. Semester zu einer allgemeinen Studiengebühr in Höhe von 500 € pro Semester herangezogen werden, gegen das Grundgesetz verstößt.
1. In Bremen galt zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt eine Studiengebührenregelung, die Studierenden ein Studienguthaben von 14 Semestern zubilligte und sie danach zu Gebühren heranzog. Dies betraf jedoch nur "Landeskinder" mit Wohnung oder, soweit mehrere Wohnungen bestehen, Hauptwohnung in Bremen; demgegenüber erhielten Auswärtige ein Studienguthaben von lediglich zwei Semestern, zahlten also ab dem dritten Semester Gebühren.
2. Nach § 109 Abs. 2 Satz 1 des Bremischen Hochschulgesetzes vom 11. Juli 2003 (BremHG; BremGBl S. 295) war das Studium bis zu einem ersten berufsqualifizierenden Abschluss, bei nicht weiterbildenden Studiengängen bis zu einem zweiten berufsqualifizierenden Abschluss nach Maßgabe des § 109a BremHG und des Bremischen Studienkontengesetzes vom 18. Oktober 2005 (BremStKG; BremGBl S. 550), das mit dem Wintersemester 2005/2006 in Kraft trat, gebührenfrei. Für einheimische Studierende garantierte der damalige § 2 Abs. 1 Satz 1 BremStKG ein gebührenfreies Studium von 14 Semestern. Demgegenüber begrenzte der Gesetzgeber das gebührenfreie Studium durch § 3 BremStKG, in Kraft vom 25. Oktober 2005 bis zum 30. Juni 2010, für auswärtige Studierende auf zwei Semester. § 6 BremStKG regelte die Erhebung von Gebühren in Höhe von 500 € pro Semester nach dem Verbrauch des Studienguthabens. Die dort vorgesehene Zahlungspflicht konnte allerdings auf Antrag aus sozialen oder hochschulpolitischen Gründen erlassen werden. Ein solcher Grund war die Pflege und Erziehung von Kindern von bis zu zwölf Jahren. Zudem verabschiedete der Gesetzgeber mit § 7 BremStKG eine Härtefallregelung. Auf Antrag konnten die Gebühren gestundet, ermäßigt oder ganz erlassen werden, wenn ihre Entrichtung zu einer unbilligen Härte führen würde, die der Gesetzgeber für Regelfälle definierte. Ein Regelfall war nach § 7 Nr. 1 BremStKG etwa eine Behinderung oder schwere Erkrankung, die eine Hauptwohnung außerhalb der Freien Hansestadt Bremen erforderte.
Die Studierenden erhalten mit der Einschreibung ein Studienkonto mit einem gebührenfreien Studienguthaben in Form von gebührenfreien Studiensemestern. Die Höhe des Studienguthabens, Art und Umfang der Berücksichtigung besonderer Lebens- und Studienumstände der Studierenden, die Gebührenhöhe nach Verbrauch des Studienguthabens und die Nutzung von nicht verbrauchten Studienguthaben werden durch gesondertes Gesetz bestimmt.
Studienkonten und Studienguthaben für Studierende mit Wohnung in der Freien Hansestadt Bremen
(1) Die Studierenden mit Wohnung oder, soweit mehrere Wohnungen bestehen, mit Hauptwohnung in der Freien Hansestadt Bremen erhalten mit der Einschreibung nach den §§ 34 oder 35 des Bremischen Hochschulgesetzes ein einmaliges Studienguthaben von 14 Semestern.
Studienkonten und Studienguthaben für Studierende mit Wohnung außerhalb der Freien Hansestadt Bremen
(1) Die Studierenden mit Wohnung oder, soweit mehrere Wohnungen bestehen, mit Hauptwohnung außerhalb der Freien Hansestadt Bremen erhalten mit der Einschreibung nach den §§ 34 oder 35 des Bremischen Hochschulgesetzes ein Studienkonto mit einem einmaligen Studienguthaben von zwei Semestern.
(2) Wird zu einem späteren Zeitpunkt ein Studienguthaben nach § 2 gewährt, erfolgt eine vollständige Anrechnung.
(3) Nach Vollendung des 55. Lebensjahres wird ein Studienguthaben nicht gewährt.
Von Studierenden, die ihr Studienguthaben nach den §§ 2 oder 3 verbraucht haben, ohne das Studium abzuschließen, oder ein Zweitstudium absolvieren, das nicht die Voraussetzungen des § 2 Absatz 4 erfüllt, erheben die Hochschulen Studiengebühren in Höhe von 500 € für jedes Semester. Auf Antrag werden hiervon ausgenommen:
1. Beurlaubte Studierende für die Dauer der Beurlaubung,
2. Studierende, die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhalten,
3. Doktoranden, soweit sie ausschließlich nach § 34 Abs. 3 Bremisches Hochschulgesetz immatrikuliert sind, und Meisterschüler sowie Studierende mit dem Ziel des Konzertexamens an der Hochschule für Künste,
4. Studierende, denen aufgrund überregionaler Abkommen ein gebührenfreies Studium zusteht,
5. Studierende, die bereits an einer anderen Hochschule zum Studium in einem gemeinsamen Studiengang eingeschrieben sind und dort Studiengebühren bezahlen,
6. Studierende, die während ihres Studiums mindestens ein Kind im Alter von bis zu zwölf Jahren pflegen und erziehen, für die Dauer von bis zu sechs Semestern,
7. Studierende, die während ihres Studiums als gewählte Vertreter in Organen der Hochschule, der Studierendenschaft oder des Studentenwerks mitwirken oder das Amt einer Frauen- oder Gleichstellungsbeauftragten wahrnehmen, für die Dauer von bis zu insgesamt zwei Semestern.
Die Studiengebühren können auf Antrag des Studierenden im Einzelfall gestundet, ermäßigt oder ganz erlassen werden, wenn die Entrichtung der Studiengebühren zu einer unbilligen Härte führen würde. Eine unbillige Härte liegt in der Regel insbesondere vor, wenn
1. eine Behinderung oder schwere Erkrankung Studienzeit verlängernde Auswirkungen hat oder die Begründung oder Beibehaltung der Wohnung oder, soweit mehrere Wohnungen bestehen, der Hauptwohnung außerhalb der Freien Hansestadt Bremen erfordert,
2. sich die Folgen als Opfer einer Straftat Studienzeit verlängernd auswirken, oder
3. eine wirtschaftliche Notlage während des Ablegens der Abschlussprüfungen aufgetreten ist.
In den Fällen der Nummern 2 und 3 kann eine Stundung, Ermäßigung oder ein Erlass von Studiengebühren nur erfolgen, wenn ein Studienguthaben nach § 2 verbraucht worden ist.
b) Das Land Bremen verfolgte mit diesen Regelungen ausweislich der Gesetzesbegründung (Bürgerschafts-Drucks 16/758, S. 5 f.) mehrere Zwecke: Sie dienten zunächst dazu, die Studierenden zu einem effizienten und zügigen Studium anzuhalten. Weiterhin zielten sie darauf, das Land Bremen in die finanzielle Lage zu versetzen, eine angemessene und wettbewerbsfähige Ausstattung der Hochschulen des Landes sowohl in personeller als auch in sachlicher Hinsicht zu gewährleisten. Dies könne im Wege der direkten Finanzierung durch die Studierenden per Studiengebühren bei einem Wohnsitz außerhalb Bremens geschehen oder über den Zuzug von Studierenden nach Bremen, da dies die Einnahmen des Landes im Rahmen des Länderfinanzausgleichs erhöhe. Die hochschulpolitische Zielsetzung werde dadurch unterstrichen, dass die über die Studiengebühren eingenommenen Mittel insbesondere zur Verbesserung der Lehre verwendet werden. Die Studiengebühren waren nach Auffassung der gesetzgebenden Körperschaft notwendig, um diese Ziele zu erreichen. Die melderechtlichen Bestimmungen verpflichteten nicht zum Erstwohnsitz am Studienort. In der Bevorzugung von Studierenden mit Wohnsitz in Bremen liege kein Eingriff in die freie Wahl der Ausbildungsstätte sowie in das Recht auf Freizügigkeit. Eine etwaige Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip sei gerechtfertigt, weil es sich nicht um eine willkürliche, sachlich nicht gerechtfertigte Schlechterstellung handele. Etwaige Härtefälle seien in gesetzlichen Ausnahmeregelungen berücksichtigt worden.
In der Einzelbegründung zu § 3 BremStKG (Bürgerschafts-Drucks 16/758, S. 7) geht der Gesetzgeber ebenfalls davon aus, dass eine Differenzierung zwischen Ansässigen und Auswärtigen hinsichtlich des Studienguthabens zulässig sei. Im Übrigen befinde sich der Studienwohnsitz bei einem ernsthaft betriebenen Studium sowieso am Studienort.
c) Im Jahr 2010 wurde durch Art. 13 Nr. 1 und 2 des Zweiten Hochschulreformgesetzes vom 22. Juni 2010 (BremGBl S. 375) die Landeskinderregelung des § 3 BremStKG aufgehoben und § 2 Abs. 1 Satz 1 BremStKG dem angepasst. Seit dem Wintersemester 2010/2011 erhalten alle Studierenden in Bremen mit der Einschreibung ein einmaliges Studienguthaben von 14 Semestern, das ein gebührenfreies Erststudium gewährleisten soll. Diese Gesetzesänderung sollte dem Umstand Rechnung tragen, dass das Verwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen das hier zur Entscheidung stehende Vorlageverfahren eingeleitet hatte und das Ergebnis der verfassungsrechtlichen Überprüfung abgewartet werden sollte (Bürgerschafts-Drucks 17/1309, S. 7).
d) Für die Finanzierung der staatlichen Hochschulen in Bremen ist der Wohnsitz der Studierenden seit 2007 von Bedeutung. Nach § 106 Abs. 2 Satz 3 BremHG in der Fassung des Hochschulreformgesetzes vom 27. Februar 2007 (BremGBl S. 157) erhalten die Hochschulen von den Einnahmen des Landes aus den Steuereinnahmen nach Länderfinanzausgleich 1.000 € jährlich für Studierende, die als Einheimische ein Studienguthaben in Anspruch nehmen.
1. Die Klägerinnen und der Kläger des Ausgangsverfahrens wehren sich gegen die Studiengebührenpflicht als auswärtige Studierende. Mit Gebührenbescheiden vom 16. Mai 2006 wurden sie für das Wintersemester 2006/2007 zur Zahlung einer Studiengebühr nach § 6 BremStKG in Höhe von 500 € aufgefordert, weil sie bereits nach einem Studium von zwei Semestern über kein Studienguthaben mehr verfügten, das ein gebührenfreies Studium ermöglichte. Die Universität Bremen wies ihre Widersprüche dagegen als unbegründet zurück und lehnte die Anträge auf Aussetzung der Vollziehung ab. Im nachfolgenden Klageverfahren ordnete das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Widersprüche und der Klagen an.
2. Sodann hat das Verwaltungsgericht das Verfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob § 6 Satz 1 BremStKG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 BremStKG, soweit danach auswärtige Studierende - anders als Studierende mit Wohnung beziehungsweise Hauptwohnsitz in Bremen - vom dritten bis zum 14. Semester zu einer Studiengebühr in Höhe von 500 € pro Semester herangezogen werden, gegen Art. 11 GG sowie gegen Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG verstoße.
Die Verfassungsmäßigkeit der zur Überprüfung vorgelegten Vorschriften sei entscheidungserheblich, da das Gericht bei Gültigkeit der Vorschriften anders entscheiden würde als im Falle ihrer Ungültigkeit. Wäre die Regelung in § 6 Satz 1 BremStKG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 BremStKG verfassungsgemäß, seien die zulässigen Anfechtungsklagen als unbegründet abzuweisen. Wäre die Heranziehung zur Zahlung von Studiengebühren für auswärtige Studierende hingegen verfassungswidrig, wären die Gebührenbescheide mangels erforderlicher Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig, und den Klagen müsste stattgegeben werden.
Es liege ein Verstoß gegen das Grundrecht auf Freizügigkeit aus Art. 11 Abs. 1 GG vor, der das Recht gewährleiste, an jedem Ort innerhalb des Bundesgebietes Aufenthalt und Wohnung zu nehmen. Zwar hindere die zur Überprüfung gestellte Regelung Studierende nicht unmittelbar an der freien Wahl ihres Wohnortes; gleichwohl werde aber an diese Wahl eine nachteilige Rechtsfolge geknüpft. Die Studiengebührenpflicht für auswärtige Studierende ziele auf eine Einschränkung der Freizügigkeit und sei nicht nur eine melderechtliche Formalität. Wollten Studierende von einem Studienguthaben nach § 2 BremStKG profitieren, seien sie gezwungen, ihre Wohnung und melderechtlich auch ihren Lebensmittelpunkt nach Bremen zu verlegen. Die vorgelegten Regelungen knüpften an die Ausübung des Grundrechts der Freizügigkeit auch einen - gemessen an den typisierten wirtschaftlichen Verhältnissen von Studierenden - wirtschaftlich spürbaren Nachteil. Sie stellten damit eine mittelbare, zielgerichtete Beeinträchtigung des Grundrechts der Freizügigkeit dar. Dieser Eingriff in das Grundrecht der Freizügigkeit sei nicht zu rechtfertigen, da keiner der in Art. 11 Abs. 2 GG genannten Fälle vorliege.
Die Regelung in § 6 Satz 1 BremStKG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 BremStKG verstoße auch gegen das in Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG gewährleistete Recht auf diskriminierungsfreien Hochschulzugang. Die drohende Exmatrikulation bei Nichtzahlung stelle einen Eingriff in die Ausbildungsfreiheit dar. Dieser Eingriff in Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG lasse sich verfassungsrechtlich nicht mit den vom Gesetzgeber verfolgten Zielen rechtfertigen. Soweit einheimische und auswärtige Studierende ungleich behandelt würden, verstießen die Studiengebührenregelungen des Bremischen Studienkontengesetzes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Landeskinderklausel sei weder mit der Einwohnerprivilegierung auf kommunaler Ebene noch mit der Erhebung von Gastschulbeiträgen von auswärtigen Schülern und Schülerinnen im Rahmen der Subventionierung von Privatschulen vergleichbar. Da die nach Art und Umfang gleiche Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung regelmäßig ohne Berücksichtigung persönlicher Eigenschaften der Nutzenden in den Grenzen der Praktikabilität und Wirtschaftlichkeit gleich hohe Gebühren auslöse, könne ferner niemand zu einer höheren Abgabe herangezogen werden, nur weil er oder sie nicht vor Ort wohne. Auch im Hinblick auf den Gebührenzweck der Kostendeckung sei kein Differenzierungsgrund ersichtlich. Soweit der Zweck darin liege, höhere Mittel aus dem Länderfinanzausgleich zu erhalten, fehle es an einem ausreichenden Zusammenhang zwischen dessen Zweck und dem Benutzungsverhältnis. Die Ausgleichszahlungen aus dem Finanzausgleich seien kein sachnahes Surrogat für Studiengebühren.
Eine verfassungskonforme Auslegung des § 6 Satz 1 BremStKG in Verbindung mit § 3 Abs. 1, § 2 Abs. 1 BremStKG komme nicht in Betracht. Sie scheitere daran, dass die ausdrückliche, in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommende Zielsetzung des Bremischen Studienkontengesetzes, Studierende zur Wohnsitznahme in Bremen zu bewegen, nicht so verstanden werden könne, dass damit lediglich oder vorrangig eine effektive Durchsetzung des Melderechts bezweckt werde.
Zu der Vorlage haben der Senat der Freien Hansestadt Bremen, die Niedersächsische Landesregierung, die Landesregierung Nordrhein-Westfalen, der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts, die Hochschulrektorenkonferenz, der Deutsche Hochschulverband, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, das Deutsche Studentenwerk, der Verband Hochschule und Wissenschaft im Deutschen Beamtenbund, der Freie Zusammenschluss von StudentInnenschaften e.V. und die Klägerinnen und der Kläger des Ausgangsverfahrens Stellung genommen.
Art. 11 Abs. 1 GG sei von den vorgelegten Regelungen nicht berührt. Das Bremische Studienkontengesetz sei auch mit Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip vereinbar. Der Gesetzgeber habe das daraus folgende Teilhaberecht im Kern - den Zugang zur Hochschule - nur unter den Vorbehalt des Möglichen als Folge der Knappheit der Haushaltsmittel gestellt. Die Gebührenpflicht sei nach den Vorgaben des Sozialstaatsprinzips ausgestaltet und verhältnismäßig, insbesondere zumutbar. Bremen verfolge das legitime Ziel, sich gegen eine finanzielle Überlastung seiner Hochschulen durch auswärtige Studierende zu schützen, indem auch von diesen ein finanzieller Beitrag zu den Kosten ihres Studiums verlangt werde. Studiengebühren in Höhe von 500 € pro Semester seien zumutbar (Hinweis auf BVerfGE 112, 226 <245>). Auf Antrag könnten Studierende zudem von der Gebührenpflicht ausgenommen werden; § 7 BremStKG ermögliche Stundung, Ermäßigung oder Erlass bei einer unbilligen Härte.
Die Regelungen in § 2 Abs. 1 und § 3 Abs. 1 BremStKG seien mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Sie behandelten Studierende mit Wohnung in Bremen in Bezug auf das ihnen eingeräumte Studienguthaben zwar anders als Studierende mit Wohnung außerhalb Bremens. Dies sei jedoch gerechtfertigt. Anders als bei der Zulassung zum Studium sei das Hochschulwesen in Deutschland nicht als ein zusammenhängendes System anzusehen, das im Interesse länderübergreifender Nutzung der Ausbildungskapazitäten grundsätzlich eine bundesweite Reglementierung erfordere. Vielmehr entsprächen unterschiedliche Regelungen der bundesstaatlichen Ordnung. Zudem sei die Differenzierung sachlich begründet. In Bremen sollten alle Studierenden zu den erforderlichen Finanzmitteln für die Bereithaltung der Ausbildungskapazität bei angemessener Qualität beitragen (Bürgerschafts-Drucks 16/758, S. 5). Studierende mit Wohnung in Bremen täten dies indirekt über den Länderfinanzausgleich; Auswärtige zahlten Studiengebühren.
Der Landesgesetzgeber dürfe bei der Belastung mit Abgaben für die Benutzung von Einrichtungen des Landes zwischen Personen mit Wohnsitz innerhalb und Personen mit Wohnsitz außerhalb des Landes unterscheiden. Die Regelung sei zudem mit der Rechtsprechung zur Zulässigkeit der Erhebung einer Zweitwohnungsteuer (BVerfGE 65, 325) vereinbar. Der Gesetzgeber könne auch entscheiden, welche über die Kostendeckung hinausgehenden Zwecke er mit einer Gebühr verfolge. Dazu gehörten Zwecke "einer begrenzten Verhaltenssteuerung". Es sei ein sachlicher Grund für differenzierte Abgaben, dass Auswärtige für eine Gebietskörperschaft keine Teilhabe an Steuern beziehungsweise Schlüsselzuweisungen bewirkten. Die Ausgleichszuweisungen aus der primären Steuerverteilung und aus dem Finanzausgleich seien ein sachnahes Surrogat für Studiengebühren.
2. Der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat mitgeteilt, dass er sich bislang zwar grundsätzlich zur Vereinbarkeit von Studienbeiträgen beziehungsweise Studiengebühren mit Art. 12 Abs. 1,Art. 3 Abs. 1 GG geäußert habe (BVerwGE 134, 1). Die Besonderheit einer an den Wohnsitz anknüpfenden Studienabgabe habe dort jedoch keine Rolle gespielt. Der Senat bezweifelt, dass die bremische Regelung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist.
3. Die Hochschulrektorenkonferenz macht sich hinsichtlich der Vereinbarkeit der vorgelegten Normen mit Art. 12 Abs. 1 GG die Ausführungen des vorlegenden Gerichts zu eigen. Mit der Erhebung eines Studienbeitrags in Höhe von 500 € pro Semester sei jedoch kein spürbarer wirtschaftlicher Nachteil im Sinne eines Eingriffs in Art. 11 GG verbunden.
4. Der Deutsche Hochschulverband hält § 6 Satz 1 BremStKG in Verbindung mit § 3 Abs. 1, § 2 Abs. 1 BremStKG für verfassungswidrig. Zwar stehe das Grundgesetz der bislang praktizierten Erhebung von Studienbeiträgen mit gesetzlich ausgestalteten Sicherungen wie in §§ 6 und 7 BremStKG, durch die insbesondere einkommensschwachen Bevölkerungsschichten ein gleichberechtigter Hochschulzugang ermöglicht wird, nicht entgegen. Doch sei die Landeskinderregelung ein nicht gerechtfertigter Eingriff in Art. 11 Abs. 1 GG. Studiengebühren in Höhe von 500 € für ein Semester seien ein wirtschaftlich spürbarer Nachteil. Schließlich stehe der primäre Gesetzeszweck der Einwohnergewinnung zur zusätzlichen Einnahmenerzielung nicht in unmittelbarem Zusammenhang zur Inanspruchnahme der Hochschulen Bremens.
5. Das Deutsche Studentenwerk, der Verband Hochschule und Wissenschaft im Deutschen Beamtenbund, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und der Freie Zusammenschluss von StudentInnenschaften e.V. folgen im Wesentlichen dem vorlegenden Gericht. Studiengebühren stellten die Chancengleichheit beim Hochschulzugang und im Studium in Frage und seien unsozial, insofern sie ein Studium von der finanziellen Leistungsfähigkeit der Einzelnen abhängig machten. Die bestehenden Ungleichheiten im Bildungssystem würden durch sie noch verstärkt. Die Länder seien der Forderung des Bundesverfassungsgerichts (Hinweis auf BVerfGE 112, 226) nach Sozialverträglichkeit von Studiengebühren nicht nachgekommen.
6. Die Klägerinnen und der Kläger des Ausgangsverfahrens halten die zur Prüfung gestellte Regelung für verfassungswidrig. Auch sie teilen im Wesentlichen die Auffassung des vorlegenden Gerichts. Die bremische Regelung sei mit Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip unvereinbar, da der Gesetzgeber seiner Regelungspflicht im Hinblick auf soziale Ausgleichsmaßnahmen zur Vermeidung faktischer Diskriminierung wegen der sozialen Herkunft Studierwilliger nicht nachkomme. Das Land Bremen sehe keine Darlehenslösung vor und habe Studierende nicht bereits dadurch ausreichend von der Erhebung von Studiengebühren befreit, indem es Empfänger von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz von der Studiengebührenpflicht ausgenommen habe. Allgemeine Studiengebühren seien darüber hinaus mit Art. 3 Abs. 1 und 2 GG sowie Art. 13 Abs. 1 und 2 des Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte vom 19. Dezember 1966 (IPwskR; in Kraft getreten am 3. Januar 1976, UNTS Bd. 993, S. 3, BGBl II S. 428) und Art. 2 des Ersten Zusatzprotokolls zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 20. März 1952 (ZP I EMRK; in Kraft getreten am 13. Februar 1957, ETS Nr. 9, BGBl II S. 226) in Verbindung mit Art. 14 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (EMRK; in Kraft getreten am 3. September 1953, ETS Nr. 5, BGBl II 1954 S. 14) unvereinbar.
§ 3 BremStKG in der Fassung der Bekanntmachung des Bremischen Studienkontengesetzes vom 18. Oktober 2005 (BremGBl S. 550) wurde zwar durch Art. 13 Nr. 2 des Zweiten Hochschulreformgesetzes vom 22. Juni 2010 (BremGBl S. 375) aufgehoben. Doch ist eine Vorlage im Rahmen des Art. 100 GG weiter zulässig, solange sich die Ausgangsverfahren mit dem Außerkrafttreten nicht erledigt haben (vgl. BVerfGE 16, 6 <15>; 29, 325 <326>; 47, 46 <64>). Eine Erledigung ist hier nicht eingetreten, denn die in den Ausgangsverfahren angegriffenen Bescheide stützen sich auf die vom Verwaltungsgericht vorgelegten Normen.
Die in Bremen ehemals geltende Regelung, nach der auswärtige Studierende - im Unterschied zu Studierenden mit Wohnung in der Freien Hansestadt Bremen - zur Zahlung von allgemeinen Studiengebühren in Höhe von 500 € vom dritten bis zum 14. Semester herangezogen wurden, ist mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Zwar ergibt sich aus der Verfassung kein grundsätzliches Verbot der Erhebung allgemeiner Studiengebühren, wenn diese tatsächlich den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine sozial zumutbare Ausgestaltung gerecht werden (I). Doch ist die Belastung allein auswärtiger Studierender mit solchen Gebühren verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen (II).
Die Erhebung von allgemeinen Studiengebühren ist im Ausgangspunkt mit dem Grundgesetz vereinbar, solange und soweit die Gebühren nicht prohibitiv wirken und sozial verträglich ausgestaltet sind.
1. Schafft der Staat mit öffentlichen Mitteln Studienangebote, so muss er den freien und gleichen Zugang zu ihnen gewährleisten (vgl. BVerfGE 85, 36 <53>). Aus Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip der Art. 20 Abs. 1,Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG ergibt sich für diejenigen, die dafür die subjektiven Zulassungsvoraussetzungen erfüllen, im Rahmen der vom Staat geschaffenen Ausbildungseinrichtungen ein Recht auf freien und gleichen Zugang zum Hochschulstudium ihrer Wahl (vgl. BVerfGE 85, 36 <53 f.>; grundlegend BVerfGE 33, 303 <331 f.>; vgl. auch BVerwGE 134, 1 <7 f.>).
a) Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistet das Recht, die Ausbildungsstätte frei zu wählen (BVerfGE 85, 36<53>). Dieses steht in engem Zusammenhang mit dem Recht der freien Berufswahl, da die Ausbildung in der Regel die Vorstufe einer Berufsaufnahme ist, beide also integrierende Bestandteile eines zusammengehörenden Lebensvorganges darstellen (vgl. BVerfGE 33, 303 <329 f.>, unter Hinweis auf BVerfGE 7, 377 <401, 406>). Der verfassungsrechtliche Grundrechtsschutz zielt dabei nicht nur auf die Abwehr von Eingriffen der öffentlichen Gewalt, sondern auch auf Teilhabe an staatlichen Leistungen (vgl. BVerfGE 33, 303 <330 f.>).
b) Aus diesem Teilhaberecht resultiert kein Anspruch auf Kostenfreiheit des Hochschulstudiums, doch dürfen Gebühren für ein Studium nicht prohibitiv wirken (aa) und müssen sozial verträglich ausgestaltet sein (bb).
Die Inanspruchnahme staatlicher Ressourcen durch einen eingeschränkten Nutzerkreis kann eine Abgabepflicht auslösen. Daher ist der Gesetzgeber nicht daran gehindert, bestimmte öffentliche Leistungen der Berufsausbildung, auch soweit diese bisher abgabenfrei waren, künftig nicht mehr kostenlos anzubieten (vgl. BVerwGE 134, 1 <8> m.w.N.).
aa) Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip verpflichten den Gesetzgeber jedoch, auch im Bereich des Hochschulzugangs für die Wahrung gleicher Bildungschancen zu sorgen (vgl. BVerfGE 112, 226 <245>); er muss Auswahl und Zugang nach sachgerechten, auch für die Benachteiligten zumutbaren Kriterien regeln (vgl. BVerfGE 43, 291 <345>). Der Gesetzgeber darf den Zugang zu staatlich geschaffenen Ausbildungseinrichtungen nicht prohibitiv gestalten. Gebühren dürfen keine unüberwindliche soziale Barriere vor dem Hochschulzugang errichten (vgl. BVerwGE 102, 142 <147>; 115, 32 <37>; 134, 1 <8, 14>; BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2010 - BVerwG 6 C 9.09 -, juris, Rn. 19, 25). Unzulässig ist eine Gebührenregelung, wenn sie ihrer Höhe nach in einem nicht mehr hinnehmbaren Maße abschreckende Wirkung entfaltet (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2010 - BVerwG 6 C 9.09 -, juris, Rn. 25).
bb) Das bedeutet nicht, dass Erschwernisse, die mit der Erhebung von Studienabgaben verbunden sind, vollständig durch soziale Begleitmaßnahmen kompensiert werden müssen (vgl. BVerwGE 134, 1 <14>). Die Verfassung gebietet nicht den Ausgleich jeglicher sozialen, insbesondere ökonomischen, Ungleichheit, die auch in der familiären, sozialen oder individuellen Herkunft der Ausbildungswilligen ihre Ursache haben kann (vgl. BVerwGE 134, 1 <14>). Der Gesetzgeber darf diese Umstände jedoch nicht völlig unberücksichtigt lassen, soweit sie zu ungleichen Ausbildungschancen führen. Er darf Studierwillige also beispielsweise nicht schlicht auf die Möglichkeit verweisen, für die Finanzierung eines Studiums marktübliche Kredite in Anspruch zu nehmen.
Verfassungsrechtlich geboten ist damit ein sozial verträgliches, also entweder ein grundsätzlich für alle finanziell tragbares oder aber ein um ein Ausbildungsförderungssystem ergänztes Ausbildungsangebot, das im Rahmen der staatlich geschaffenen Ausbildungskapazitäten allen entsprechend Qualifizierten ein Studium ermöglicht und den Zugang zum Studium insbesondere nicht von den Besitzverhältnissen der Eltern abhängig macht (vgl. BVerwGE 102, 142 <147>; 115, 32 <37>; 134, 1 <8>). Das Grundgesetz verbietet es, die nur begrenzt verfügbaren öffentlichen Mittel beim Hochschulzugang bevorzugt einem privilegierten Teil der Bevölkerung zu Gute kommen zu lassen (vgl. BVerfGE 33, 303 <334 f.>). Bei der Erhebung von Studiengebühren ist folglich den Belangen einkommensschwacher Bevölkerungskreise angemessen Rechnung zu tragen (vgl. BVerfGE 112, 226 <245>; BVerwGE 134, 1 <9 ff.>); entscheidend ist, wie schwer eine Gebührenlast unter den konkreten Bedingungen ihrer Ausgestaltung wiegt und ob sie im Ergebnis allen Betroffenen tatsächlich zumutbar ist. Der Gesetzgeber hat den Zugang zu Einrichtungen zur Ausübung grundrechtlicher Freiheit insgesamt so zu gestalten, dass die sozialen Gegensätze hinreichend ausgeglichen werden und soziale Durchlässigkeit gewährleistet wird (Rüfner, in: Bonner Kommentar, Bd. 1, Art. 3 Abs. 1 Rn. 63, Oktober 1992; s.a. Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl. 2012, Art. 20 Rn. 119; Robbers, in: Bonner Kommentar, Bd. 5, Art. 20 Abs. 1 Rn. 1412, April 2009). Das Sozialstaatsprinzip verlangt darüber hinaus eine Ausgestaltung der Studiengebühren, die angemessen Rücksicht auf Belastungen Studierender nimmt, die aufgrund persönlicher Lebensumstände oder gesellschaftlicher Benachteiligung in ihrer persönlichen und sozialen Entfaltung behindert sind (vgl. BVerfGE 45, 376 <387>). Das gilt für Menschen mit Behinderungen (Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG) ebenso wie für Studierende mit Kindern oder Pflegeverantwortung in der Familie (Art. 6 Abs. 1 und 2 GG).
Wie der Gesetzgeber dem Verfassungsgebot zur sozialen Ausgestaltung allgemeiner Studiengebühren im Einzelnen Rechnung trägt, ist in weitem Umfang seiner freien Gestaltung überlassen. Er kann die von der Verfassung geforderte Chancengleichheit insbesondere durch die Höhe von Studiengebühren, durch Stipendien, spezielle Studienkredite und durch Härtefall- und Ausnahmeregelungen zu wahren suchen. Das Bundesverwaltungsgericht hat ausgeführt (BVerwGE 134, 1 <19 ff.>; BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2010 - BVerwG 6 C 9.09 -, juris, Rn. 32), dass bei der entsprechenden Ausgestaltung von Studiengebühren die völkerrechtlichen Anforderungen zu beachten sind, hier aus Art. 10 Nr. 4 Buchstabe a der Europäischen Sozialcharta vom 18. Oktober 1961 (ESC; in Kraft getreten am 26. Februar 1965, ETS Nr. 35, BGBl II S. 1122), aus Art. 13 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 13 Abs. 2 Buchstabe c IPwskR (vgl. auch UN Committee on Economic, Social and Cultural Rights, The right to education (Art. 13), UN Doc. E/C.12/1999/10 vom 8. Dezember 1999, Z. 19 f. zu Art. 13 Abs. 2 Buchstabe c IPwskR) und aus Art. 2 ZP I EMRK in Verbindung mit Art. 14 EMRK. Dagegen ist von Verfassungs wegen nichts zu erinnern.
2. Nach diesen Maßgaben sind Studiengebühren im Umfang von 500 € je Semester bei Bereitstellung hinreichender sozialer Ausgleichsmaßnahmen nicht schon grundsätzlich verfassungsrechtlich ausgeschlossen.
a) Als Voraussetzung der Teilnahme am Studium beschränken Studiengebühren den grundrechtlichen Teilhabeanspruch. Diese Beschränkung stützt sich auf das legitime Ziel, eine ergänzende Einnahmequelle zur Finanzierung der Studienangebote zu schaffen, und ist hierfür auch geeignet und erforderlich.
b) Der Teilhabeanspruch wird durch Studiengebühren im hier in Rede stehenden Umfang nicht übermäßig beschränkt. Eine prohibitive Wirkung ist bei einer Studiengebühr in Höhe von 500 € derzeit nicht ersichtlich (vgl. BVerwGE 134, 1 <14>; BayVerfGH, Urteil vom 28. Mai 2009 - Vf. 4-VII-07 -, juris, Rn. 145). Eine Gebühr in Höhe von 500 € im Semester wirkt nicht abschreckend oder sonst von vornherein unangemessen.
Allerdings ist eine Gebühr in dieser Höhe keine vernachlässigbare Größe. Zwar mag eine solche Gebühr in Bezug auf die Gesamtkosten des Studiums geringfügig und kompetenzrechtlich von nachrangiger Bedeutung sein (vgl. BVerfGE 112, 226 <245>). Aus Sicht der Studierenden, deren Gesamtunterhaltsbedarf je nach Quelle mit zwischen circa 530 € und 812 € pro Monat angegeben wird (vgl. auch HIS, Heine/Quast, Studienentscheidung im Kontext der Studienfinanzierung, 2011, S. 26) ist auch dies als deutlich spürbar einzustufen (so für Baden-Württemberg auch BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2010 - BVerwG 6 C 9.09 -, juris, Rn. 21; Urteil vom 15. Dezember 2010 - BVerwG 6 C 10.09 -, juris, Rn. 21).
Dass Studiengebühren in dem hier in Frage stehenden Umfang eine abschreckende Wirkung begünstigen können, ist nicht ausgeschlossen. So gaben bei einer Befragung von 5.240 Schulabgängerinnen und -abgängern im Jahr 2006 in Nordrhein-Westfalen 2,4 % beziehungsweise 6,5 % der Studienberechtigten an, aufgrund von Studiengebühren auf ein Studium zu verzichten oder es zu verzögern (HIS, Stellungnahme zur öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie des Landes Nordrhein-Westfalen, 2010, S. 10); im bundesweiten Vergleich lag die Quote 2006 bei 3,6 % (HIS, Heine/Quast/Spangenberg, Studiengebühren aus der Sicht von Studienberechtigten, 2008, S. 15 f.) und im Jahr 2008 bei 5,3 % (HIS, Heine/Quast, Studienentscheidung im Kontext der Studienfinanzierung, 2011, S. 58).
Aus der nicht unerheblichen Belastung von Studierenden durch Studiengebühren in Höhe von 500 € je Semester folgt jedoch nicht ohne weiteres, dass diese angesichts der derzeitigen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit von Studierenden insgesamt prohibitiv wirkt. Eine "Gebührenflucht" aus Ländern mit in Länder ohne Studiengebühren ist nicht erkennbar. Nach der Einführung allgemeiner Studiengebühren sank die Wahrscheinlichkeit, im Heimatland ein Studium beginnen zu wollen, ausweislich der vorliegenden Studien in Gebührenländern lediglich um rund zwei Prozentpunkte (vgl. Deutsches Studentenwerk, Die wirtschaftliche und soziale Lage der Studierenden in der Bundesrepublik Deutschland 2009, 19. Sozialerhebung 2010, S. 63 f.; Dwenger/Storck/Wrohlich, Do Tuition Fees Affect the Mobility of University Applicants? Evidence from a Natural Experiment, Discussion Paper Nr. 926, 2009, S. 15 f.). Eine prohibitive Wirkung von Studiengebühren auf potentielle Studienanfängerinnen und -anfänger war 2008 nicht nachzuweisen, soweit Studierquoten und Studienanfängerzahlen von Ländern mit und ohne Gebühren miteinander verglichen werden (vgl. HIS, Heine/Quast/ Spangenberg, Studiengebühren aus Sicht von Studienberechtigten, 2008, S. 15).
c) Studiengebühren der hier in Rede stehenden Art bedürfen allerdings flankierender Maßnahmen, die soziale Verträglichkeit und damit den Anspruch auf einen möglichst chancengleichen Zugang zum Studium gewährleisten.
aa) Fehlen flankierende Maßnahmen, verstärken sich aufgrund unzureichender finanzieller Mittel und in Familien ohne akademischen Bildungsabschluss bestehende Nachteile beim Zugang zum Hochschulstudium und bei der Erlangung eines entsprechenden Abschlusses. Nach der 19. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks 2009 studierten 71 % der Kinder aus Familien, in denen ein akademischer Bildungsabschluss vorhanden war, dagegen nur 24 % der Kinder aus Familien ohne einen solchen Abschluss (Deutsches Studentenwerk, Die wirtschaftliche und soziale Lage der Studierenden in der Bundesrepublik Deutschland 2009, 19. Sozialerhebung 2010, S. 10 ff.; vgl. zur Entwicklung auch Vodafone Stiftung, Schindler, Aufstiegsangst? Eine Studie zur sozialen Ungleichheit im historischen Zeitverlauf, 2012). Bei der Entscheidung für oder gegen ein Hochschulstudium ist die finanzielle Belastung von erheblicher Bedeutung (vgl. Institut für Demoskopie Allensbach, Chancengerechtigkeit? Studienfinanzierung als wichtiger Faktor der Entscheidungsfindung für die Aufnahme bzw. den Abbruch eines Hochschulstudiums, 2009, S. 13). Bei der Studienentscheidung wächst die Unsicherheit, je weniger die Finanzierung des Studiums von den Eltern geleistet werden kann, was Kinder aus ökonomisch schwächeren Familien benachteiligt. Studierende, die von ihren Eltern finanziert werden, sehen ihr Studium weit häufiger als sicher finanziert an als jene, die einen Kredit in Anspruch nehmen müssen (vgl. HIS, Heine/Quast/Spangenberg, Studiengebühren aus der Sicht von Studienberechtigten, 2008, S. 17 f.).
bb) Eines der zentralen Mittel zur Gewährleistung einer sozialverträglichen Absicherung von Studiengebühren ist die Bereitstellung von angemessen ausgestalteten Studiendarlehen. Maßgeblich für eine angemessene Ausgestaltung kann hierfür insbesondere sein, dass diese erst nach dem Abschluss des Studiums zurückzuzahlen und je nach persönlicher Situation Stundung, Niederschlagung oder Erlass möglich sind (vgl. BVerwGE 134, 1 <10 ff.>). Daneben kommen auch weitere Mittel in Betracht wie Ausnahme-, Ermäßigungs- und Erlasstatbestände für sozial schwächere Personen, also auch zur Rücksichtnahme auf Belange einkommensschwacher Bevölkerungskreise (vgl. BVerfGE 112, 226 <245>). Schließlich wird der Gesetzgeber auch Maßnahmen in Blick auf besondere Familiensituationen und die besonderen Gleichbehandlungsgebote des Grundgesetzes in Erwägung zu ziehen haben.
3. Ob die Bremer Regelung der Studiengebühren den Anforderungen an eine soziale Ausgestaltung des chancengleichen Zugangs zu einem Hochschulstudium in jeder Hinsicht entspricht, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Die Erhebung von Studiengebühren, wie sie mit der Bremer Regelung ins Werk gesetzt wird, ist jedoch nicht von vornherein mit der Verfassung unvereinbar. Ihr Umfang wirkt als solcher nicht prohibitiv und ist von dem Anspruch getragen, den Zugang zum Studium sozial verträglich auszugestalten.
Die zur Prüfung gestellten Regelungen des § 6 Satz 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 1, § 2 Abs. 1 BremStKG, die auswärtige Studierende anders als Landeskinder behandeln, indem sie nach dem (Haupt-)Wohnsitz in Bremen unterscheiden und nur Auswärtigen ab dem dritten Semester eine Gebührenpflicht auferlegten, verstoßen gegen das Teilhaberecht aus Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG auf freien und gleichen Hochschulzugang in einem bundesweit zusammenhängenden System.
1. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfGE 98, 365 <385>; stRspr). Er gilt sowohl für ungleiche Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen (vgl. BVerfGE 79, 1 <17>; 126, 400 <416> m.w.N.).
Dabei gilt ein stufenloser am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (vgl. BVerfGE 75, 108 <157>; 93, 319 <348 f.>; 107, 27 <46>; 126, 400 <416>; 129, 49 <69> m.w.N.). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers ergibt sich unter anderem aus jeweils betroffenen Grundrechten (vgl. BVerfGE 88, 87 <96>). Hier folgt ein strengerer Rechtfertigungsmaßstab aus dem Teilhaberecht des Art. 12 Abs. 1 GG für den besonderen Sachbereich des Hochschulzugangs (vgl. BVerfGE 33, 303 <329 ff., 352 f.>).
Studierende, die an Hochschulen in Bremen studieren und in Bremen wohnen, und solche, die in Bremen studieren, aber außerhalb Bremens ihren Wohnsitz haben, befinden sich hinsichtlich der Ausbildung, für die in den vorgelegten Vorschriften Gebühren erhoben werden, in einer vergleichbaren Lage. Beide nehmen das Studienangebot Bremens in gleicher Weise in Anspruch. Werden nur auswärtige Studierende zwischen dem dritten und 14. Semester mit Gebühren belegt, ist dies eine an den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG zu messende Ungleichbehandlung.
a) Als Rechtfertigungsgrund kann nicht allein auf den Wohnsitz oder Hauptwohnsitz und den hieraus folgenden Zugehörigkeitsstatus zum Land Bremen als solchen verwiesen werden.
aa) Allerdings sind unterschiedliche Regelungen in verschiedenen Ländern und verschiedenen Gemeinden verfassungsrechtlich nicht nur möglich, sondern sogar gewollt. Die Ermöglichung von Vielfalt ist ein wesentliches Element des Bundesstaatsprinzips wie auch der kommunalen Selbstverwaltung. Der Gleichheitssatz ist daher nicht anwendbar, wenn es um eine Ungleichbehandlung durch Regelungen verschiedener Kompetenzträger geht (vgl. BVerfGE 10, 354 <371>; 93, 319 <351>). Innerhalb des eigenen Kompetenzbereichs ist der Landesgesetzgeber prinzipiell nicht gehindert, von der Gesetzgebung anderer Länder abweichende Regelungen zu treffen, auch wenn dadurch Landeskinder praktisch begünstigt oder auch belastet werden (vgl. BVerfGE 33, 303 <352>). Wenn insoweit in einigen Ländern Studiengebühren erhoben werden, in anderen dagegen nicht, ist dies aus Gleichheitsgesichtspunkten schon grundsätzlich nicht zu beanstanden (vgl. aus kompetenzrechtlicher Sicht BVerfGE 112, 226 <244 f.>). Anwendbar ist der Gleichheitssatz dagegen, soweit es wie hier um die Ungleichbehandlung von Landeskindern und anderen Personen in einer Landesregelung geht.
bb) Vorliegend scheidet eine Rechtfertigung der Ungleichbehandlung in bloßer Anknüpfung an den Wohnsitz aufgrund der Besonderheiten des geregelten Sachbereichs aus. Landesrechtliche Regelungen im Bereich des Hochschulwesens haben eine spezifische gesamtstaatliche Dimension, die besondere Rücksichtnahme der Länder untereinander verlangt. Fällt eine Materie in die Zuständigkeit des Landesgesetzgebers, greift aber der zu regelnde Lebenssachverhalt seiner Natur nach über Ländergrenzen hinaus und berührt wie hier das in allen Ländern gleichermaßen anerkannte Teilhaberecht auf freien und gleichen Hochschulzugang, dann sind einseitige Begünstigungen der Angehörigen eines Landes nur unter gesteigerten Anforderungen an ihre Rechtfertigung zulässig. Das Hochschulwesen ist ein solches bundesweit zusammenhängendes System, das zwar weithin in die Zuständigkeit des Landesgesetzgebers fällt, in dem aber nicht alle Studiengänge überall angeboten werden und eine Nutzung der Ausbildungskapazitäten über die Ländergrenzen hinweg erforderlich ist (vgl. BVerfGE 33, 303 <352>). Daher darf beim Zugang zum Studium nicht pauschal nach Ländern differenziert werden (vgl. BVerfGE 33, 303 <355 f.>; 37, 104 <119 f.>). Entsprechend hatte sich auch der Parlamentarische Rat ausdrücklich gegen Landeskinder-Privilegien beim Zugang zu universitären Studien ausgesprochen (Parlamentarischer Rat, StenBer. über die 44. Sitzung des Hauptausschusses vom 19. Januar 1949, S. 569 <575 f.>; zitiert bereits in BVerfGE 33, 303 <329>).
b) Tragfähige Sachgründe für die Rechtfertigung der differenzierenden bremischen Gebührenregelung, die mit der Hochschulausbildung in Zusammenhang stehen, sind vorliegend nicht ersichtlich. Die in der bremischen Regelung vorgenommene Gebührendifferenzierung ist nicht durch eine unterschiedliche Nutzung des Studienangebots gerechtfertigt (aa). Auch kann sich der Gesetzgeber zur Rechtfertigung nicht darauf berufen, mit der Regelung zur Wohnsitznahme in Bremen motivieren zu wollen, um so erhöhte Mittelzuweisungen im Rahmen des Länderfinanzausgleichs zu erlangen (bb): Die Gebühr lässt sich nicht mit dem Argument rechtfertigen, die aus dem Finanzausgleich dem Land zufließenden Zuweisungen enthielten einen Betrag zur Finanzierung der Ausbildung der Studierenden mit Wohnung in Bremen; deshalb dürften auswärtige Studierende landesgesetzlich verpflichtet werden, gleichfalls - statt über den Finanzausgleich durch Gebühren - ihren bremischen Studiengang finanziell mitzutragen. Das Gleiche gilt bei einer gezielten Zuweisung im Landeshaushaltsgesetz ausschließlich für Studierende mit Wohnung in Bremen.
aa) Die Gebührendifferenzierung dient nicht dem Ausgleich einer unterschiedlichen Inanspruchnahme des Studienangebots. Es ist nicht ersichtlich, dass Studierende mit (Haupt-)Wohnsitz außerhalb von Bremen Leistungen der bremischen Hochschulen in anderer Weise nutzten als Studierende mit (Haupt-)Wohnsitz in Bremen. Auswärtige Studierende verursachen weder höhere Kosten noch ziehen sie einen größeren Vorteil aus den von einer bremischen Hochschule angebotenen Leistungen. Der Wohnsitz, an den das Studienkontengesetz die Studiengebührenpflicht knüpft, hat keinen unmittelbaren Bezug zum Benutzungsverhältnis (so auch Kugler, Allgemeine Studiengebühren und die Grundrechte der Studierenden, 2009, S. 194).
bb) Auch das Ziel des Landes Bremen, durch finanziellen Druck Studierende zu einer Wohnsitznahme in Bremen zu veranlassen, damit das Land erhöhte Mittel im Rahmen des Finanzausgleichs erhält, trägt die Ungleichbehandlung nicht. Zwar sind die Länder und auch Gemeinden grundsätzlich nicht gehindert, Personen, die ihre Einrichtungen nutzen wollen, durch finanzielle Anreize oder finanziellen Druck zu veranlassen, auch ihren (Haupt-)Wohnsitz in das eigene Gebiet zu verlegen. So kann bei doppeltem Wohnsitz etwa auf das Melde- oder - in Form einer Zweitwohnungsteuer - auf das Steuerrecht zurückgegriffen werden. Für die Erhebung von Studiengebühren, die (auch) dazu dienen, zur Wohnsitznahme zu motivieren, um so zusätzliche Mittel aus dem Länderfinanzausgleich zu erlangen, fehlt es jedoch an dem im Bereich des Hochschulwesens erforderlichen Sachzusammenhang.
Das Land Bremen erhält zwar Ausgleichszuweisungen nach §§ 4 ff. Finanzausgleichsgesetz (FAG) und Bundesergänzungszuweisungen nach § 11 FAG aus dem Finanzausgleich. Sie dienen aber in der Regel der Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs des Landes (§§ 4 ff. und § 11 Abs. 1 und 2 FAG); die sonstigen Bundesergänzungszuweisungen nach § 11 Abs. 3 bis 4 FAG sind anderen Zwecken als der Hochschulfinanzierung gewidmet. Alle Zuweisungen fließen zudem in den Haushalt des Landes Bremen. Der bremische Haushaltsgesetzgeber entscheidet dann in eigener Verantwortung in seinem Budget über die Verwendung dieser Finanzmittel. Damit ist der Sachzusammenhang zwischen den Ausgleichszuweisungen des Finanzausgleichs und der Finanzierung der Hochschulen gelöst. Deswegen können auch keine bestimmten Beträge daraus allein den Studierenden mit Wohnung in Bremen zugeordnet werden; ebenso wenig kann ein Fehlbetrag den Studierenden ohne Wohnung in Bremen zugerechnet werden (vgl. auch BVerfGE 65, 325 <355 f.>). Eine Rechtfertigung der Studiengebühr für auswärtige Studierende vom dritten bis zum 14. Semester ist sachlich nicht möglich, denn es fehlt an einem hinreichenden Sachzusammenhang zwischen den Finanzausgleichsmitteln als allgemeinen Einnahmen des Landeshaushalts, der Verwendungsentscheidung des Landeshaushaltsgesetzgebers sowie der Studiengebühr für Auswärtige. Ein Versuch einer Rechtfertigung der Studiengebühr durch Zuordnung von Ausgleichszuweisungen zum Aufwand für Ausbildungsplätze bremischer Studierender würde außerdem zugleich den berechtigten Einwand hervorrufen, gerade diese Ausbildungsplätze seien von dritter Seite - nämlich den Geberländern des Finanzausgleichs - mitfinanziert worden; auf diese Weise würde das Land Bremen letztlich aus einer Zuwendung von außen eine Studiengebühr für auswärtige Studierende zu legitimieren versuchen.
Gleiches würde gelten, falls das bremische Landeshaushaltsgesetz selbst den Hochschulen Finanzmittel ausschließlich für die Finanzierung der Studierenden mit Wohnung in Bremen zuwiese, denn es besteht angesichts des bundesweiten Zusammenhangs des Hochschulsystems kein Sachgrund, auswärtige Studierende gezielt vom Studium fernzuhalten. Jedenfalls könnte eine derartige Vorschrift nicht dazu eingesetzt werden, den Aufwand für bremische Studierende als finanziert, den für auswärtige Studierende aber für ungedeckt zu betrachten, denn damit würde das Teilhabegrundrecht des Art. 12 GG, das ein bundesweit zusammenhängendes Hochschulangebot gleicher Zugangskonditionen verlangt (vgl. grundlegend dazu BVerfGE 33, 303 <329 ff.>), verkannt, indem das Land im Haushalt nur Ausgaben für Studierende mit Wohnung in Bremen vorsähe. In haushaltsrechtlicher Hinsicht würde es dann ein Hochschulangebot allein für bremische Studenten schaffen. Ob eine solche Vorschrift allein als Berechnungsmethode für die Gesamtaufwendungen der bremischen Hochschulen zulässig wäre, war vom Senat nicht zu entscheiden.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
Artikel 2 Satz 2 der Verordnung des Wissenschaftsministeriums zur Änderung der Vergabeverordnung ZVS vom 29. Juni 2009 (GBl. S. 309) wird für unwirksam erklärt, soweit darin die Geltung von § 24 Satz 2 und Satz 3 Vergabeverordnung ZVS bereits zum Wintersemester 2009/2010 angeordnet worden ist. Im Übrigen wird der Normenkontrollantrag abgewiesen.
Der Antragsteller trägt 2/3 und der Antragsgegner 1/3 der Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1
Das Normenkontrollverfahren betrifft die Frage, ob und inwieweit der Landesverordnungsgeber das Verfahren zur Vergabe von Studienplätzen außerhalb der festgesetzten Kapazität normativ bestimmen und vorgeben darf. Der Antragsteller bezweifelt insbesondere die Rechtmäßigkeit des angeordneten Erfordernisses einer vorangegangenen ZVS-Bewerbung für den betreffenden Studienort sowie die Anwendbarkeit der Novellierungen schon im Wintersemester 2009/2010.
2
Die Vergabe eines Studienplatzes in einem ins zentrale Vergabeverfahren einbezogenen Studiengang - wie etwa das vom Antragsteller begehrte Fach Medizin - setzt einen Zulassungsantrag bei der Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) voraus. Bewerbungsvoraussetzungen und Auswahlkriterien für diese Studienplatzvergabe sind in einer Reihe von Rechtsnormen geregelt. Einbezogen in dieses Auswahlverfahren sind indes nur diejenigen Plätze, die als Aufnahmekapazität der Hochschule berechnet und in Gestalt einer „Zulassungszahl“ festgesetzt worden sind. Neben diesen „ordnungsgemäß“ vergebenen Studienplätzen werden in der Praxis weitere Studienplätze außerhalb der festgesetzten Kapazität aufgrund gerichtlicher Anordnung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vergeben. Hierbei handelt es sich um zusätzliche Ausbildungskapazitäten, deren Vorhandensein erst im gerichtlichen Verfahren aufgedeckt worden ist. Diese „außerkapazitären“ Studienplätze beruhen mithin auf einer fehlerhaften Kapazitätsberechnung und darauf aufbauend einer zu niedrigen Festsetzung der Zahl der von der entsprechenden Hochschule aufzunehmenden Bewerber. Um dem verfassungsrechtlich verankerten Gebot der vollständigen Kapazitätsauslastung Genüge zu tun, werden auch diese Reststudienplätze durch die Verwaltungsgerichte zugewiesen.
3
Normative Vorgaben zu inhaltlichen Kriterien oder Verfahrensmodalitäten für die Vergabe der in der Zulassungszahlenverordnung nicht berücksichtigten Studienplätze sind indes kaum vorhanden. § 24 Satz 1 der Verordnung des Wissenschaftsministeriums über die zentrale Vergabe von Studienplätzen - Vergabeverordnung ZVS - in der Fassung vom 27.01.2005 (GBl. S. 167) enthielt insoweit lediglich eine Fristenregelung. Anträge, mit denen ein Anspruch auf Zulassung außerhalb der festgesetzten Zulassungszahl geltend gemacht wird, waren danach innerhalb der für den „regulären“ ZVS-Zulassungsantrag geltenden Fristen zu stellen. Die Vorschrift wurde in der Neufassung der Vergabeverordnung ZVS vom 23.04.2006 (GBl. S. 114) ohne wesentliche Änderung übernommen.
4
Durch die am 08.07.2009 im Gesetzblatt (GBl. S. 309) bekannt gemachte Verordnung des Wissenschaftsministeriums zur Änderung der Vergabeverordnung ZVS vom 29.06.2009 wurde § 24 Vergabeverordnung ZVS geändert (Art. 1 Nr. 4 der Änderungsverordnung) und um die streitgegenständlichen Sätze 2 und 3 erweitert. Die Vorschrift lautet nun:
5
§ 24
Zulassung außerhalb der festgesetzten Zulassungszahlen
Ein Antrag, mit dem ein Anspruch auf Zulassung außerhalb der festgesetzten Zulassungszahl geltend gemacht wird, muss
1. für das Sommersemester bis zum 15. Januar,
2. für das Wintersemester bis zum 15. Juli
bei der Hochschule eingegangen sein (Ausschlussfristen).
Voraussetzung für die Zulassung außerhalb der festgesetzten Zulassungszahlen ist ferner ein Antrag auf Zulassung nach § 3 im zentralen Vergabeverfahren in dem betreffenden Studiengang für den betreffenden Studienort. Sind Zulassungen außerhalb der festgesetzten Kapazität auszusprechen, hat sich die Vergabe an den Vergabekriterien im zentralen Vergabeverfahren zu orientieren, wenn die Hochschule für die Bewerber um diese Zulassungen entsprechende Ranglisten erstellt.
6
Das Inkrafttreten der Änderungsverordnung ist in deren Art. 2 ausdrücklich geregelt und sieht vor:
7
Diese Verordnung tritt am Tag nach ihrer Verkündung in Kraft. Sie gilt erstmals für das Vergabeverfahren zum Wintersemester 2009/2010.
8
Der Antragsteller hat am 27.06.2009 die Allgemeine Hochschulreife in Nordrhein-Westfalen mit einer Durchschnittsnote von 2,4 erworben. Er bewarb sich am 03.07.2009 erfolglos bei der ZVS im Studiengang Medizin und benannte für das Auswahlverfahren der Hochschulen die Universitäten Greifswald, Jena, Halle, Magdeburg, Saarbrücken und Ulm. Mit Schriftsätzen vom 10.07.2009 ließ der Antragsteller seinen Bevollmächtigten überdies Anträge auf Zuweisung eines Studienplatzes außerhalb der festen Kapazität an den Universitäten Freiburg, Heidelberg und Tübingen stellen. Insoweit sind jeweils Eilanträge beim Verwaltungsgericht anhängig.
9
Am 20.07.2009 erhob der Antragsteller Normenkontrollantrag (und zugleich Eilantrag gemäß § 47 Abs. 6 VwGO) zum Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg gegen die Neufassung des § 24 Vergabeverordnung ZVS. Zur Begründung trägt er vor, die Neuregelung verletze seine Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 Satz 2,Art. 19 Abs. 4 und Art. 3 Abs. 1 GG; jedenfalls könne das novellierte Verfahren im Wintersemester 2009/2010 keine Anwendung finden. § 24 Vergabeverordnung ZVS n.F. bewirke, dass der Antragsteller nicht mehr in der Lage sei, alle Hochschulen des Landes Baden-Württemberg auf die Vergabe eines Studienplatzes außerhalb der festgesetzten Kapazität in Anspruch zu nehmen. Diese Einschränkung verstoße gegen das in Art. 12 Abs. 1 GG verbürgte Recht der Ausbildungsfreiheit, das nach den Grundsätzen des Grundrechtsschutzes durch Verfahren auch Gewährleistungen gegen eine restriktive, den effektiven Grundrechtsschutz beeinträchtigende Verfahrensgestaltung beinhalte. Die Rechtsänderung bewirke auch eine Verletzung der Rechtsweggarantie aus Art. 19 Abs. 4 GG, weil ihm die Möglichkeit genommen werde, im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren einen Studienplatz zu erstreiten, sofern er sich für die jeweilige Universität im Rahmen seines ZVS-Zulassungsantrages nicht beworben habe. Insoweit verstoße die Neubestimmung auch gegen das vom Bundesverfassungsgericht betonte Gebot der vollständigen Kapazitätsausschöpfung, weil es dem Antragsteller unmöglich gemacht werde, alle Universitäten des Bundeslandes parallel auf eine Zulassung außerhalb der festen Kapazität in Anspruch zu nehmen. Der Regelung fehle eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung, weil sie nicht einer effizienten Durchführung des gerichtlichen Verfahrens, sondern der zielgerichteten Beschränkung der Bewerbungsmöglichkeiten für Studienplätze außerhalb der festen Kapazität diene. Jedenfalls müsse die Regelung insoweit als unverhältnismäßig betrachtet werden. Es sei dem Antragsteller unzumutbar, bereits im Rahmen der ZVS-Bewerbung diejenigen Universitäten auszuwählen, die später im Wege der außerkapazitären Klage in Anspruch genommen werden sollen. Die Eingrenzung auf die sechs, im Rahmen der ZVS-Bewerbung angegebenen Studienorte widerspreche auch dem verfassungsrechtlichen Prinzip, dass Ortswünsche für die Wahrnehmung des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG bedeutungslos seien. Dementsprechend sei bislang für die Zuweisung außerkapazitärer Studienplätze auf die Ortswahlentscheidung im Rahmen des ZVS-Antrags auch nicht abgestellt worden. Die Neufassung verstoße schließlich gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG, weil eine Berücksichtigung des Antragstellers bei der Vergabe von Studienplätzen an im ZVS-Zulassungsantrag nicht benannten Hochschulen danach selbst dann ausscheide, wenn er eine bessere Abiturnote oder eine längere Wartezeit als die anderen Antragsteller aufweise. Schließlich bestünden auch Zweifel an der Zuständigkeit des Verordnungsgebers, da mit der Neufassung Sachurteilsvoraussetzungen eines gerichtlichen Verfahrens und damit Fragen des Prozessrechts geregelt würden. Jedenfalls könne die Novellierung für das Vergabeverfahren im Wintersemester 2009/2010 noch nicht zur Anwendung kommen, weil eine angemessene Übergangsfrist nicht gewährt worden sei. Für Altabiturienten liege angesichts des bereits vor Bekanntmachung der Änderungsverordnung eingetretenen Fristablaufs für eine ZVS-Bewerbung bereits eine echte Rückwirkung vor. Auch der Antragsteller indes habe bis zum Fristablauf vom 15.07.2009 von der Rechtsänderung nichts erfahren. Insoweit treffe ihn jedoch keine Obliegenheit, sich im laufenden Bewerbungsverfahren über etwaige Rechtsänderungen kundig zu machen.
10
Der Antragsteller beantragt,
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§ 24 Satz 2 und Satz 3 der Verordnung des Wissenschaftsministeriums über die zentrale Vergabe von Studienplätzen vom 23.04.2006 in der Fassung der Änderungsverordnung vom 29.06.2009 für unwirksam zu erklären,
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hilfsweise,
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Art. 2 Satz 2 der Verordnung des Wissenschaftsministeriums zur Änderung der Vergabeverordnung ZVS vom 29.06.2009 für unwirksam zu erklären, soweit darin die Geltung von § 24 Satz 2 und Satz 3 Vergabeverordnung ZVS bereits zum Wintersemester 2009/2010 angeordnet worden ist.
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Der Antragsgegner beantragt,
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die Anträge abzuweisen.
16
Er hält die Normenkontrolle hinsichtlich der in § 24 Satz 3 Vergabeverordnung ZVS getroffenen Regelung bereits für unzulässig. Da die Vergabe nachträglich festgestellter Studienplätze auch bereits zuvor in Orientierung an die ZVS-Auswahlkriterien hätten vergeben werden können und dies auch praktiziert worden sei, regle die Vorschrift nichts Neues. Mit einer Nichtigkeitserklärung könne der Antragsteller seine Rechtsposition daher in keiner Weise verbessern. Im Übrigen sei der Antrag unbegründet. Dies ergebe sich bereits daraus, dass das vom Antragsteller behauptete Recht, alle Hochschulen auf die Vergabe eines außerkapazitären Studienplatzes verklagen zu dürfen, nicht bestehe. Vielmehr sei Studienbewerbern auch im ordnungsgemäßen ZVS-Verfahren grundsätzlich nur die Befugnis eingeräumt, sich für sechs Hochschulen zu bewerben. Das aus Art. 12 Abs. 1 GG abgeleitete Teilhaberecht könne hinsichtlich der Vergabe von Studienplätzen außerhalb der festgesetzten Kapazität aber nicht weiter reichen als im ordentlichen Verfahren. Tatsächlich realisiere sich die grundgesetzlich gewährleistete Berufsfreiheit in erster Linie im ordnungsgemäßen ZVS-Verfahren. Wenn der Gesetzgeber für dieses - grundsätzlich abschließend gedachte - Verfahren Auswahlkriterien festlege, sei damit jedoch grundsätzlich auch die gesetzgeberische Erwartung verbunden, dass auch etwaige weitere Studienplätze nach diesen Maßstäben vergeben würden. Ziel der Neuregelung sei es daher gewesen, für die Vergabe von Studienplätzen, die nachträglich durch ein Gericht festgestellt worden sind, eine sach- und chancengerechtere Verteilung zu ermöglichen. § 24 Satz 2 und 3 Vergabeverordnung ZVS orientiere sich daher an den Vorgaben der ordnungsgemäßen Vergabe. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits festgestellt habe, sei für eine Vergabe nach Ranglisten indes erforderlich, dass sich die jeweiligen Studienbewerber auch bei der ZVS im zentralen Vergabeverfahren um einen Studienplatz im betreffenden Studiengang beworben hätten. Nur so könnten die zur Ranglistenbildung erforderlichen Daten zeitnah bereitgestellt werden.
17
Soweit der Antragsteller vorgetragen habe, Ortswünsche dürften für die Wahrnehmung des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG keine Bedeutung haben, werde die Neuordnung des Hochschulzulassungsrechts verkannt. Denn seit der Novellierung des Hochschulrahmengesetzes und dem Erlass des neuen Staatsvertrages stünden im Interesse der nationalen und internationalen Konkurrenzfähigkeit Wettbewerbsorientierung, Profilbildung und Differenzierung im Vordergrund. Während es früher ein weitgehend homogenes Lehrangebot gegeben habe, sei zwischenzeitlich eine stärkere Vielfalt und Schwerpunktbildung bei der Gestaltung der Hochschul- und Ausbildungskonzepte vorhanden. Im Bereich der medizinischen Lehre etwa gebe es das „Tübinger Programm zur Förderung Innovativer Lehre“, die Studienkonzepte „Heicumed“ und „Marecum“ der medizinischen Fakultäten Heidelberg und Heidelberg/Mannheim sowie eine besondere Praxisorientierung an der Universität Ulm. Dieser Profilbildung entsprechend sei Leitgedanke im Hochschulzulassungsrecht gewesen, hochqualifizierten Bewerbern die Auswahl „ihrer“ Hochschule zu ermöglichen, sowie umgekehrt den Hochschulen die Möglichkeit zu verschaffen, die dem hochschuleigenen Anforderungsprofil am besten entsprechenden Bewerber selbst auszuwählen. Die Wahl des Studienortes spiele daher gegenwärtig bei der Vergabe von Studienplätzen eine zentrale Rolle. Mit der Neufassung des § 24 Vergabeverordnung ZVS sei die gesetzgeberische Entscheidung zur stärkeren Betonung des Ortsbezugs auf die außerkapazitäre Vergabe von Studienplätzen nachvollzogen worden; überdies stelle die Neuregelung sicher, dass die zeitnahe Erstellung von Ranglisten nach ZVS-Kriterien überhaupt möglich sei. Die angegriffene Verordnung entspreche deshalb den Vorgaben aus Art. 12 Abs. 1 GG. Eine Verletzung der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG scheide schon deshalb aus, weil diese Grundgesetznorm nicht selbst Rechte gewähre, sondern zu schützende Positionen voraussetze. Im Übrigen stehe der Rechtsschutz auch bei Anwendung des § 24 Vergabeverordnung ZVS n.F. offen; die Erfolgsaussicht einer etwaigen Klage werde sogar besser kalkulierbar.
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Schließlich bewirke die Rechtsänderung auch keine unzulässige Rückwirkung. Eine echte Rückwirkung liege auch für Altabiturienten nicht vor, weil das in Rede stehende Verfahren zur Vergabe außerkapazitärer Studienplätze im Zeitpunkt der Bekanntmachung der Novellierung noch gar nicht begonnen habe. Gemäß § 24 Satz 1 Nr. 2 Vergabeverordnung ZVS sei Stichtag insoweit vielmehr der 15.07.2009. Die mit der Änderungsverordnung bewirkte unechte Rückwirkung sei indes zulässig, weil der Antragsteller vor Veränderung des § 24 Vergabeverordnung ZVS keine Dispositionen auf ein medizinisches Studium getroffen habe, die gegenüber der Gesamtheit der Bewerber schützenswert seien. Denn er habe sich - wie im ordnungsgemäßen Verfahrensablauf auch vorgesehen - bei der ZVS für sechs Studienorte beworben. Soweit sich der Antragsteller nun auf prozesstaktische Erwägungen beziehe, seien diese gegenüber der Allgemeinheit nicht schützenswert. Im Übrigen habe der Antragsteller auch nicht auf die dauerhafte Beibehaltung des Losverfahrens vertrauen dürfen. Denn die bisherige, nicht auf einer gesetzlichen Regelung fußende Verfahrensweise der Losvergabe sei spätestens seit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs aus dem Jahr 2008 in Frage gestellt. Darüber hinaus seien alle mit Kapazitätsklagen befassten Rechtsanwälte - darunter auch der Bevollmächtigte des Antragstellers - von der Universität Ulm mit Schreiben vom 08.07.2009 über die neue Rechtslage informiert worden.
19
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogenen Behördenakten sowie die Akten des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
20
Die Normenkontrollanträge des Antragstellers sind zulässig (I.), aber nur hinsichtlich des Hilfsantrages begründet (II.). Die angegriffene Neufassung zur Vergabe von Studienplätzen außerhalb der festgesetzten Kapazität in § 24 Satz 2 und 3 Vergabeverordnung ZVS in der Fassung der Änderungsverordnung vom 29.06.2009 ist mit höherrangigem Recht vereinbar und verstößt nicht gegen die geltend gemachten Rechte aus Art. 12 Abs. 1,Art. 19 Abs. 4 oderArt. 3 Abs. 1 GG. Die in Art. 2 Satz 2 der Änderungsverordnung angeordnete Geltung für das Vergabeverfahren zum Wintersemester 2009/2010 dagegen verstößt gegen den durch das Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG gewährleisteten Vertrauensschutz.
I.
21
Die vom Antragsteller erhobenen Anträge sind zulässig.
22
Die Normenkontrolle betrifft die Gültigkeit des § 24 Satz 2 und 3 Vergabeverordnung ZVS in der Fassung vom 29.06.2009 und damit im Range unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschriften, deren Vollzug zu verwaltungsgerichtlichen Streitigkeiten führt. Der Antrag ist damit gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthaft und auch innerhalb der in § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO vorgeschriebenen Jahresfrist gestellt. Der Antragsteller kann auch geltend machen, durch die angegriffene Rechtsvorschrift in seinem Recht auf Berufs- und Ausbildungsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzt zu werden, denn die angegriffene Verordnung regelt die Voraussetzungen, unter denen ein Studienplatz erworben werden kann.
23
Dem Antragsteller kommt auch ein rechtlich schützenswertes Interesse an der begehrten Normenkontrollentscheidung zu. Soweit der Antragsgegner vorgetragen hat, § 24 Satz 3 Vergabeverordnung ZVS beinhalte keine Neuregelung, so dass der Antragsteller auch aus einer etwaigen Nichtigkeitsfeststellung keinen Vorteil ziehen könne, trifft dies nicht zu. Denn nach bisheriger Rechtslage waren die Hochschulen nicht daran gehindert, im Falle der gerichtlichen Verpflichtung zur Vergabe weiterer Studienplätze auf das Losverfahren als Auswahlkriterium zurückzugreifen. Vielmehr hat auch der erkennende Senat im Beschluss vom 12.05.2009 (- NC 9 S 240/09 -) die betroffene Hochschule nur verpflichtet, „eine an den Vergabekriterien der ZVS orientierte Rangliste aufzustellen oder ein Losverfahren durchzuführen“. Dementsprechend ist die nachfolgende Vergabe auf Grundlage eines auf Grundlage der Abiturnote gebildeten „Zulassungsnähequotienten“ gebilligt worden (Senatsbeschluss vom 12.06.2009 - NC 9 S 1329/09 -). Unter Geltung des § 24 Satz 3 Vergabeverordnung ZVS kommt den Hochschulen ein entsprechender Spielraum jedenfalls dann nicht mehr zu, wenn sie entsprechende Ranglisten erstellt haben. Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass der Antragsteller, der die Vergabe im Wege des Losverfahrens erstrebt, seine Rechtsstellung mit der begehrten Feststellung der Unwirksamkeit verbessert.
II.
24
Die Normenkontrollanträge sind aber nur hinsichtlich des Hilfsantrages begründet.
25
Das beklagte Land durfte die Ausgestaltung des Vergabeverfahrens für die in der Zulassungszahlenverordnung nicht berücksichtigten Studienplätze durch eine Änderung der Vergabeverordnung ZVS regeln (1.) und dabei das Erfordernis einer vorherigen Bewerbung im zentralen Vergabeverfahren statuieren (2.); dies gilt auch im Hinblick auf die in § 24 Satz 2 Vergabeverordnung ZVS angeordnete Beschränkung der „außerkapazitären“ Platzzuweisung auf diejenigen Studienorte, bei denen eine Bewerbung im „regulären“ Auswahlverfahren stattgefunden hat (3.). Das in Art. 2 Satz 2 der Änderungsverordnung vom 29.06.2009 geregelte Inkrafttreten der Novellierung dagegen verstößt gegen das Rückwirkungsverbot und ist unwirksam (4.).
26
1. Die mit dem Normenkontrollantrag angegriffenen Bestimmungen in Art. 1 Nr. 4b der Änderungsverordnung vom 29.06.2009 sind einer normativen Regelung zugänglich (a). Sie unterfallen der Verbandskompetenz des Landes (b), konnten in Gestalt einer Rechtsverordnung geregelt werden (c) und sind in der Vergabeverordnung ZVS auch nicht an falscher Stelle verortet (d).
27
a) Die Tatsache, dass Bestimmungen über die Vergabe von Studienplätzen außerhalb der festgesetzten Kapazität einen Fall betreffen, der bei ordnungsgemäßem Verfahrensablauf nicht eintreten darf, steht einer normativen Regelung nicht entgegen (vgl. dazu bereits Senatsurteil vom 13.10.1987 - NC 9 S 247/87 u.a. -, DVBl 1988, 406).
28
Es ist für eine Rechtsvorschrift vielmehr nicht ungewöhnlich, Vorkehrungen und Vorgaben für die „Reparatur“ fehlerhafter Entscheidungen vorzusehen, wie in den Vorschriften über die Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte in § 48 LVwVfG exemplarisch deutlich wird. Hierfür besteht auch ein Bedürfnis, denn gerade im Falle vorangegangener Fehler erscheint es nicht angezeigt, die Entscheidung über das ob und wie der Korrektur sowie das zugehörige Verfahren der situativen Einzelfallbewältigung der Behörden zu überlassen. Mit normativen Vorgaben zur Bewältigung von Fehlerfolgen übernimmt die Legislative vielmehr die ihr zustehende Aufgabe, Verfahren und Kriterien eines Verwaltungsverfahrens in geordnete und vorgegebene Bahnen zu lenken.
29
Jedenfalls im Falle grundrechtsrelevanter Tätigkeitsfelder - wie hier der Vergabe von Studienplätzen und der damit verbundenen Zuteilung von „Lebenschancen“ (vgl. BVerfG, Urteil vom 18.07.1972 - 1 BvL 32/70 u.a. -, BVerfGE 33, 303 [332]) - erscheinen normative Vorgaben zur Verfahrensweise im Fehlerfalle dringend geboten. Dabei kann es im Hinblick auf die grundrechtliche Schutzwirkung nicht von Belang sein, ob die Studienplätze ordnungsgemäß in der Zulassungszahlenverordnung erfasst worden sind oder nicht. Die fehlerhafte Berechnung der Aufnahmekapazität nimmt den gleichwohl bestehenden Restplätzen nicht deren grundrechtliche Relevanz. Vielmehr besteht auch hinsichtlich dieser Studienplätze eine rechtlich geschützte Zuweisungschance (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.04.1975 - 1 BvR 344/73 -, BVerfGE 39, 258 [272]; Beschluss vom 31.03.2004 - 1 BvR 356/04 -, BVerfGK 3, 135), so dass es auch im Hinblick auf diese Restkapazitäten bei der grundsätzlich dem Gesetzgeber obliegenden Pflicht verbleibt, für die Erfüllung des verfassungsmäßigen Zulassungsrechts der hochschulreifen Bewerber zu sorgen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.02.1984 - 1 BvR 580/83 u.a. -, BVerfGE 66, 155 [178]). Es liegt daher sogar nahe, den für die Festsetzung der Zulassungszahl und die Vergabekriterien unstreitig geltenden Gesetzesvorbehalt jedenfalls insoweit auch auf „außerkapazitäre“ Studienplätze zu erstrecken, als nicht nur Verfahrensfragen (vgl. zur Erstreckung auf die Bestimmung des Klagegegners BVerfG, Beschluss vom 09.04.1975 - 1 BvR 344/74 -, BVerfGE 39, 276 [295]), sondern inhaltliche Vorgaben in Rede stehen. Jedenfalls bestehen keine Bedenken dagegen, dass diese Fragen von der Legislative mit normativen Regelungen bestimmt und konturiert werden.
30
b) Die angegriffenen Bestimmungen zur Vergabe „außerkapazitärer“ Studienplätze unterfallen auch der Regelungskompetenz des Landes.
31
Allerdings hat der Antragsteller zutreffend darauf verwiesen, dass dem Landesverordnungsgeber keine Kompetenz zukommt, prozessrechtliche Fragen zu regeln. Denn mit Erlass der Verwaltungsgerichtsordnung hat der Bundesgesetzgeber das verwaltungsgerichtliche Verfahren grundsätzlich erschöpfend geregelt (vgl. dazu bereits BVerfG, Beschluss vom 11.10.1966 - 2 BvL 15/64 -, BVerfGE 20, 238 [248]), so dass für entsprechende Vorgaben, auch in Gestalt von Sachurteilsvoraussetzungen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 15.07.1980 - I C 54/75 -, DVBl 1980, 960), kein Gestaltungsraum der Länder mehr verbleibt. Insoweit gingen Ansätze, mit der Bestimmung die Verfahrensweise der Gerichte lenken oder einschränken zu wollen (vgl. dazu die Stellungnahme des Bevollmächtigten der Universitäten Freiburg, Heidelberg und Ulm vom 22.06.2009 zum Verordnungsentwurf, Bl. 100 der Behördenakten), fehl. Die in § 24 Satz 3 Vergabeverordnung ZVS enthaltene Anordnung ist aber - jedenfalls bei verfassungskonformer Auslegung - nicht als Regelung des gerichtlichen Verfahrens im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG zu verstehen. Vielmehr knüpft die Bestimmung ersichtlich an den vom erkennenden Senat beschlossenen Tenor vom 12.05.2009 (- NC 9 S 240/09 -) an, mit dem den Hochschulen die Wahl überlassen worden war, welches der zulässigen Auswahlkriterien für die Vergabe der im Gerichtsverfahren aufgedeckten Reststudienplätze angewendet werden soll. Mit der vom Antragsgegner erlassenen Bestimmung wird dieses Ermessen konturiert und gelenkt. Die angegriffene Norm findet also Anwendung, wenn sich die der festgestellten Zulassungszahl zugrunde liegende Kapazitätsberechnung an einer der Hochschulen des Landes als unzutreffend erweist und daraufhin durch ein Verwaltungsgericht erneut die Verpflichtung zur vorläufigen Studienzulassung ausgesprochen werden muss. Sie wendet sich damit an die Hochschulen und regelt die Verfahrensweise, soweit konkrete Vorgaben nicht bereits in der gerichtlichen Anordnung getroffen sind oder die Vergabe entsprechender Studienplätze nach Abschluss des gerichtlichen Hauptsacheverfahrens in Rede steht. § 24 Satz 3 Vergabeverordnung ZVS betrifft damit keine der konkurrierenden (Bundes-)Gesetzgebung unterfallende Frage des Prozessrechts. In dieser Auslegung sind überdies auch die angesprochenen Bestimmtheitszweifel im Hinblick auf den Normadressaten ausgeräumt.
32
Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist der Landesverordnungsgeber innerhalb seines Kompetenzbereichs grundsätzlich auch nicht daran gehindert, von der Gesetzgebung anderer Länder abweichende Regelungen zu treffen. Art. 3 Abs. 1 GG ist insoweit bereits nicht berührt, weil sich der Anspruch auf Gleichbehandlung nur auf den Geltungsbereich des jeweiligen Normgebers erstrecken kann. Es ist aber gerade Sinn der föderalistischen Kompetenzstruktur des Grundgesetzes, den Ländern Raum für eigenständige Gestaltungen zu belassen und die Länder in ihrem Zuständigkeitsbereich nicht zur Uniformität zu zwingen. Allerdings stellt die Studienplatzvergabe in den ins zentrale ZVS-Vergabeverfahren einbezogenen Studiengängen ein zusammenhängendes System dar, das nicht in Gänze der Regelungsmacht des Landes unterstellt ist. Dies wird bereits daran deutlich, dass die Materie sowohl in § 29 Abs. 1 Satz 1 HRG als auch im Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen vom 22.06.2006 (GBl. 2007 S. 510) geregelt und unter die Zielsetzung „einheitlicher Maßstäbe“ (vgl. Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des Staatsvertrags) gestellt worden ist. Bei derartig übergreifenden Lebenssachverhalten hat der Landesgesetzgeber daher sorgsam zu prüfen, ob sich die innerhalb seines Kompetenzbereiches getroffene Regelung im Rahmen der Wertentscheidung des Grundgesetzes hält „und ob sie nicht zur Entwertung von Grundrechten führen würde, wenn andere Länder ebenso verfahren“ (vgl. BVerfG, Urteil vom 18.07.1972 - 1 BvL 32/70 u.a. -, BVerfGE 33, 303 [352 f.]). Art. 15 Abs. 2 des Staatsvertrages ordnet insoweit ausdrücklich an, dass die in der Regelungsmacht der Länder verbliebenen Rechtsverordnungen nach Absatz 1 übereinstimmen müssen, soweit dies für eine zentrale Vergabe der Studienplätze notwendig ist.
33
Die angefochtene Bestimmung in § 24 Vergabeverordnung ZVS verweist indes gerade auf die Regelungen des zentralen Vergabeverfahrens, so dass - unbeschadet möglicher inhaltlicher Zweifel - jedenfalls im Hinblick auf die gebotene Einheitlichkeit Bedenken nicht bestehen. Zweifel hinsichtlich der Verbandskompetenz des Landes bestehen mithin nicht.
34
Dies gilt um so mehr, als für die Vergabe „außerkapazitärer“ Studienplätze, die ja gerade nicht ins zentrale Vergabeverfahren einbezogen worden sind, Anforderungen aus dem Gebot der Bundeseinheitlichkeit jedenfalls nur in untergeordnetem Maße zur Geltung gebracht werden können (vgl. auch Bahro/Berlin, Das Hochschulzulassungsrecht in der Bundesrepublik Deutschland, 4. Aufl. 2003, S. 455) und insoweit daher grundsätzlich ein weitreichender Gestaltungsraum der Länder anzunehmen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 02.08.1980 - 7 C 93/77 -, BVerwGE 60, 25 [35]). Das Bundesverwaltungsgericht hat deshalb bereits ausdrücklich ausgesprochen, dass die Regelung der Auswahlmodalitäten für „außerkapazitäre“ Studienplätze dem Landesrecht unterfällt (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.1989 - 7 C 17/89 -, DVBl 1990, 531).
35
c) Die Regelung kann auch auf eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage gestützt werden.
36
Allerdings kommt § 2a Abs. 2 des Gesetzes über die Zulassung zum Hochschulstudium in Baden-Württemberg in der Fassung vom 15.09.2005 (GBl. S. 629, zuletzt geändert durch Gesetz vom 20.11.2007, GBl. S. 511 - HZG -) als Ermächtigungsgrundlage nicht in Betracht, weil die von der Neufassung des § 24 Vergabeverordnung ZVS umfassten Studienplätze außerhalb der festgesetzten Kapazität gerade nicht „innerhalb der Quote nach Artikel 13 Abs. 1 Nr. 3 des Staatsvertrages“ berücksichtigt sind und der Anwendungsbereich aus Absatz 1 der Vorschrift damit nicht eröffnet ist.
37
Gleiches gilt im Ergebnis für die Ermächtigungsgrundlagen in § 11 Abs. 1 HZG, denn bei der Zuweisung „außerkapazitärer“ Plätze handelt es sich nicht um eine „Studienplatzvergabe nach §§ 6 bis 10“ des Gesetzes. Im Übrigen wäre dann gemäß § 11 Abs. 2 i.V.m. § 11 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 HZG auch das Einvernehmen des Kultusministeriums für den Erlass der Rechtsverordnung erforderlich gewesen.
38
Die angefochtenen Bestimmungen können aber auf die Ermächtigung in Art. 15 Abs. 1 Nr. 6 des Staatvertrags über die Vergabe von Studienplätzen vom 22.06.2006 gestützt werden, die - in Übereinstimmung mit Art. 61 Abs. 1 Satz 3 der Landesverfassung - auch in der Änderungsverordnung angegeben worden ist. Denn bei den getroffenen Anordnungen zur Obliegenheit einer vorangegangenen ZVS-Bewerbung und zum Auswahlkriterium handelt es sich um Vorschriften über die Vergabe „aus anderen Gründen frei gebliebener Plätze“.
39
Der Vorschrift kann weder von ihrem Wortlaut noch im Hinblick auf ihre Zweckbestimmung entnommen werden, dass sie für „außerkapazitäre“ Studienplätze keine Anwendung finden soll. Im Gegenteil sind sowohl die gesetzlichen Regelungen des Hochschulrahmengesetzes als auch der Staatsvertrag auf die vollständige Ausschöpfung der vorhandenen Ausbildungskapazität gerichtet (vgl. Art. 7 Abs. 2 Satz 1 des Staatsvertrags) und erstrecken sich daher auch auf die Vergabe von Restplätzen, die bei der Festsetzung der Zulassungszahl zunächst unberücksichtigt geblieben sind (vgl. dazu bereits ausführlich Senatsurteil vom 22.02.2006 - 9 S 1840/05 - zur inhaltsgleichen Vorgängerbestimmung in Art. 16 Abs. 1 des Staatsvertrags vom 24.06.1999). Auch insoweit handelt es sich um die im Staatsvertrag geregelte Zuweisung von Studienplätzen in einem ins zentrale Vergabeverfahren einbezogenen Studiengang (vgl. Art. 7 Abs. 1 Satz 1 des Staatsvertrags). Anhaltspunkte dafür, dass von den Regelungen des Staatsvertrags die Vergabe „außerkapazitärer“ Studienplätze nicht umfasst sein soll, sind nicht ersichtlich. Vielmehr ordnet Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 des Staatsvertrages (in Übereinstimmung mit §§ 32 Abs. 3 Nr. 3, 31 Abs. 3 Satz 2 HRG) an, dass die Studienplätze „im Übrigen“ von den Hochschulen nach dem Ergebnis eines Auswahlverfahrens zu vergeben sind. Dies deutet bereits begrifflich auf eine abschließende Regelung hin. Denn auch Studienplätze außerhalb der festgesetzten Kapazität werden außerhalb des in Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Staatsvertrags vorgesehenen Verfahrens und damit „im Übrigen“ vergeben. Schließlich spricht auch die offen gehaltene Formulierung der „aus anderen Gründen frei gebliebenen Plätze“ in Art. 15 Abs. 1 Nr. 6 des Staatsvertrags für eine weite Interpretation. Warum diejenigen Plätze, die aus Gründen einer fehlerhaften Kapazitätsberechnung frei geblieben sind, hierzu nicht gehören sollten, erschließt sich dem Senat nicht. Schließlich legt auch die Anordnung in Art. 15 Abs. 2 des Staatsvertrages nahe, dass die Ermächtigung umfassend für die Vergabe aller grundsätzlich in das zentrale Vergabeverfahren einbezogener Studienplätze gedacht war und das Erfordernis der Bundeseinheitlichkeit weit gezogen werden sollte. Andernfalls wäre das bei Erlass des Staatsvertrages hinreichend bekannte Problem der Zuweisung „außerkapazitärer“ Studienplätze der alleinigen Regelungsmacht der Länder unterstellt, was den Anforderungen der bundesweit geregelten Materie offenkundig nicht entspricht.
40
Die Tatsache, dass „außerkapazitäre“ Plätze nicht durch die ZVS, sondern die Hochschulen selbst vergeben werden, steht diesem Ergebnis nicht entgegen (a.A. offenbar Nds. OVG, Beschluss vom 22.12.2005 – 2 NB 466/05 -, NVwZ-RR 2006, 330). Denn der Staatsvertrag regelt nicht nur die Vergabe durch die Zentralstelle, sondern enthält auch die Vorgaben für das von den Hochschulen durchzuführende Auswahlverfahren (Art. 13 Abs. 1 Nr. 3) und die durch die Hochschulen auszusprechende Zulassung (Art. 14). Der Staatsvertrag erstreckt sich damit in sachlicher Hinsicht auch auf die Studienplatzvergabe durch die Hochschulen. Aus § 1 Satz 1 HZG ergibt sich nichts anderes; der dort gegebene Hinweis auf „ergänzende“ Vorschriften zum Staatsvertrag belegt vielmehr, dass auch der Staatsvertrag Regelungen über die Vergabe von Studienplätzen durch die Hochschulen enthalten muss.
41
Die Regelungen des Staatsvertrages umfassen daher grundsätzlich alle in das zentrale Vergabeverfahren einbezogenen Studienplätze und weisen den Ländern in Art. 15 Abs. 1 die Regelungsmacht für ergänzende Vorschriften zu. Da diese Interpretation den Vorgaben des Gesetzesvorbehalts aus Art. 12 Abs. 1 GG gerecht wird, ist ihr auch im Hinblick auf die Erzielung eines verfassungsgemäßen Zustandes der Vorzug zu geben. Diese Verordnungsermächtigung ist aber, wie ihr eindeutiger Wortlaut zeigt, nicht nur auf Verfahrensvorschriften beschränkt, sondern umfasst auch die „dabei anzuwendenden inhaltlichen Kriterien“. Art. 15 Abs. 1 Nr. 6 des Staatsvertrages enthält somit eine hinreichende und den Maßgaben aus Art. 61 Abs. 1 der Landesverfassung entsprechende Ermächtigungsgrundlage, die sich auch auf die „aus anderen Gründen“ - nämlich der Nichtberücksichtigung in der Zulassungszahlenverordnung - frei gebliebenen Plätze bezieht. Die Zuständigkeit des Wissenschaftsministeriums schließlich ist in § 2 Abs. 1 HZG ausdrücklich bestimmt und damit nicht zu beanstanden.
42
Damit ist auch den Anforderungen des Gesetzesvorbehalts Genüge getan. Dies folgt in formeller Hinsicht bereits daraus, dass auch der Staatsvertrag selbst den Rang eines Landesgesetzes genießt (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 13.06.2008 - NC 9 S 214/08 - m.w.N.) und die Anordnung damit auf einer gesetzlichen Grundlage beruht. Im Übrigen liegt mit dem Zustimmungsgesetz zum Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen vom 20.11.2007 (GBl. S. 505) auch die unmittelbare Parlamentsentscheidung vor. Insbesondere aber übernimmt § 24 Satz 3 Vergabeverordnung ZVS die vom Gesetzgeber getroffene Entscheidung für die Kriterien zur Vergabe von Studienplätzen und überträgt sie auch auf die Zuweisung von nachträglich festgestellten Restkapazitäten außerhalb der festgesetzten Zulassungszahl. Die inhaltlichen Vorgaben des Gesetzgebers werden deshalb gerade gewahrt, so dass nicht ersichtlich ist, warum es für diese Verfahrensweise einer ausdrücklichen Entscheidung des Gesetzgebers bedürfte. Insoweit liegt sogar nahe, in Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 des Staatsvertrages bereits eine unmittelbare Vorgabe des Gesetzgebers zu sehen. Denn der Staatsvertrag ist von seinem Selbstverständnis auf die Ausschöpfung der tatsächlich vorhandenen Ausbildungskapazität gerichtet und betrifft daher die Vergabe aller Studienplätze (vgl. dazu bereits Senatsurteil vom 22.02.2006 - 9 S 1840/05 -).
43
d) Die vom Antragsteller angegriffenen Bestimmungen zur Vergabe „außerkapazitärer“ Studienplätze in Studiengängen, die in das zentrale Vergabeverfahren einbezogen sind, wurden in der Vergabeverordnung ZVS auch an systematisch zutreffender Stelle geregelt. Auf die Frage, welche Rechtsfolge sich aus einem etwaigen Verstoß hiergegen ergeben könnte, kommt es daher nicht an.
44
Entgegen der mit dem Normenkontrollantrag vorgebrachten Auffassung wäre eine Regelung in der Verordnung des Wissenschaftsministeriums über die Vergabe von Studienplätzen in zulassungsbeschränkten Studiengängen durch die Hochschulen vom 13.01.2003 (GBl. S. 53, zuletzt geändert durch Gesetz vom 20.11.2007, GBl. S. 505 - HVVO -) nicht im Interesse der Normenklarheit und -wahrheit vorzugswürdig gewesen. Dies folgt bereits daraus, dass die HVVO auf der Ermächtigung des § 11 HZG beruht, die - wie bereits ausgeführt - für die in das zentrale Vergabeverfahren einbezogenen Studiengänge keine Anwendung finden kann (vgl. dazu auch bereits Senatsurteil vom 22.02.2006 - 9 S 1840/05 -). Eine Regelung an dieser Stelle scheidet daher bereits mangels entsprechender Rechtsgrundlage aus (vgl. Art. 61 Abs. 1 Satz 3 der Landesverfassung). Die Nichtanwendbarkeit der HVVO wird überdies an deren Regelungsbereich deutlich, der sich materiell auf die Vergabe von zulassungsbeschränkten Studiengängen durch die Hochschulen und die Vergabe von Studienplätzen für höhere Fachsemester beschränkt. Auch in tatsächlicher Hinsicht sind damit Regelungen über Studiengänge, die in das zentrale Vergabeverfahren einbezogen sind, in der HVVO nicht enthalten, so dass sich die mit der Normenkontrolle angegriffenen Bestimmungen hier als Fremdkörper erweisen würden.
45
Zutreffender systematischer Regelungsort für Bestimmungen zu Verfahren und Auswahlkriterien für die Vergabe „außerkapazitärer“ Studienplätze in einem ins zentrale Vergabeverfahren einbezogenen Studiengang ist daher die Vergabeverordnung ZVS. Diese beruht auf der insoweit zutreffenden Ermächtigungsgrundlage aus Art. 15 Abs. 1 Nr. 6 des Staatsvertrags und trifft auch inhaltlich die hierfür maßgeblichen Anordnungen.
46
2. Die Vergabe von Studienplätzen innerhalb der festgesetzten Kapazität und die Zuweisung „außerkapazitärer“ Restplätze sind zwar unterschiedliche Verfahren (a) und bedürfen daher nicht zwingend einer exakten Gleichführung (b), sie sind aber materiell auf dasselbe Ziel gerichtet und verfahrensmäßig aufeinander bezogen, so dass die vom Verordnungsgeber angeordnete Obliegenheit einer „regulären“ Bewerbung nicht als unzumutbar bewertet werden kann (c).
47
a) Zu Recht hat der Antragsteller indes darauf verwiesen, dass es sich bei der Vergabe von Studienplätzen im zentralen ZVS-Vergabeverfahren und bei dem Begehren um Zuweisung eines Studienplatzes außerhalb der in der Zulassungszahlenverordnung festgesetzten Kapazität um unterschiedliche Verfahrens- und Streitgegenstände handelt (vgl. zuletzt Senatsbeschluss vom 27.04.2006 - NC 9 S 45/06 -).
48
Hinsichtlich des Verwaltungsverfahrens sind bereits unterschiedliche - und eigenständige - Zulassungsanträge erforderlich, die im Falle der „regulären“ Bewerbung an die ZVS, für „außerkapazitäre“ Anträge aber an die jeweilige Hochschule zu richten sind. Insoweit gelten nicht nur unterschiedliche Regelungen zu Form- und Fristanforderungen, mit denen bereits normativ vorgegeben ist, dass es sich um unterschiedliche Verwaltungsgegenstände handelt (vgl. dazu bereits Senatsbeschluss vom 22.06.1993 - NC 9 S 59/93 -). Die Unabhängigkeit der Verfahren wird vielmehr auch dadurch deutlich, dass für die Geltendmachung eines Studienplatzes außerhalb der festgesetzten Kapazität der Ablehnungsbescheid der ZVS im innerkapazitären Verfahren nicht angefochten werden muss (vgl. Zimmerling/Brehm, Hochschulkapazitätsrecht, 2003, Rn. 313). Die Bestandskraft des ZVS-Bescheides steht dem Begehren auf Zuweisung eines „außerkapazitären“ Studienplatzes nicht entgegen, weil der Ablehnungsbescheid zu dieser Frage keine Regelung enthält. Inhaltlich bezieht sich der ZVS-Bescheid nur auf die ins zentrale Vergabeverfahren einbezogenen Studienplätze, so dass die im „Kapazitätsstreit“ relevante Frage, ob die Hochschule weitere Studienplätze über die festgesetzte Kapazität hinaus zur Verfügung stellen kann, nicht betroffen ist. Auch vom materiellen Streitgegenstand her betreffen die Verfahren daher „gänzlich andere Kriterien“ (vgl. bereits Senatsurteil vom 10.09.1986 - NC 9 S 2342/85 -; dazu auch Bahro/Berlin, Das Hochschulzulassungsrecht in der Bundesrepublik Deutschland, 4. Aufl. 2003, S. 455). Die hinsichtlich der „außerkapazitären“ Studienplätze im Vordergrund stehende Kapazitätsberechnung ist für die „reguläre“ Studienplatzvergabe ohne Bedeutung.
49
Schließlich ergibt sich die Unterschiedlichkeit der Verfahren auch aus der jeweiligen Gerichtszuständigkeit. Denn Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit der Vergabe von Studienplätzen durch die ZVS sind vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen auszutragen (vgl. § 52 Nr. 3 Satz 4 VwGO), während sich die Gerichtszuständigkeit für das Begehren auf Zuweisung eines Studienplatzes außerhalb der festgesetzten Kapazität nach dem Sitz der jeweiligen Hochschule richtet. Die Differenzierung und Trennung der Beanspruchung eines Studienplatzes innerhalb der festgesetzten Kapazität von der Geltendmachung weiterer Studienplätze außerhalb der festgesetzten Kapazität ist daher in der Senatsrechtsprechung stets betont (vgl. bereits Senatsbeschluss vom 16.03.1977 - IX 929/76 -) und die Vergabe von Studienplätzen außerhalb der festgesetzten Kapazität als selbständiges Verfahren qualifiziert worden, das neben dem gesetzlich normierten ZVS-Vergabeverfahren steht (vgl. Senatsbeschluss vom 17.09.2008 - NC 9 S 1792/08 -).
50
Unterschiede ergeben sich aber nicht nur hinsichtlich des Streitgegenstandes, vielmehr ist auch die tatsächliche Konkurrenzsituation in den beiden Vergabeverfahren nicht identisch. Denn bei der Zuweisung von Studienplätzen außerhalb der festgesetzten Kapazität, deren Existenz erst im verwaltungsgerichtlichen Verfahren aufgedeckt worden ist, stehen nur diejenigen Bewerber zur Auswahl, die eine entsprechende Vergabe beantragt und gerichtlich verfolgt haben. Die Wettbewerbssituation unterscheidet sich daher nicht unerheblich von derjenigen im ZVS-Vergabeverfahren, weil regelmäßig gerade diejenigen Studienbewerber, die eine Zulassung nur knapp verpasst und daher gute Chancen auf einen Platz im Nachrückverfahren oder im nächsten Semester haben, von den Mühen und finanziellen Risiken einer gerichtlichen Studienplatzklage absehen (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 09.04.1975 - 1 BvR 344/73 -, BVerfGE 39, 258 [269]).
51
Schließlich ist auch nicht zu verkennen, dass das zentrale Vergabeverfahren der ZVS den Gesetzlichkeiten eines Masseverfahrens folgt, die auf die meist nur wenige Plätze betreffende Verteilung „außerkapazitärer“ Studienplätze nur eingeschränkt passen. Dies wird etwa an der Anordnung in § 12 Abs. 1 der Vergabeverordnung ZVS deutlich, die für die Erstellung von Landesquoten einen Anwendungsbereich von mehr als 15 Studienplätzen voraussetzt, manifestiert sich aber insbesondere in dem in § 6 Vergabeverordnung ZVS geregelten Quotensystem. Denn die Verteilung im Verhältnis 20 : 20 : 60 setzt eine hinreichende Mindestzahl voraus und wirft im Falle der Zuweisung nur einzelner oder einiger weniger Plätze erhebliche Aufteilungsschwierigkeiten auf.
52
b) Angesichts dieser Unterschiede ist eine strikte Gleichführung der Vergabemodalitäten nicht zwingend geboten.
53
Um den Besonderheiten des „außerkapazitären“ Vergabeverfahrens sowie der besonderen Eilbedürftigkeit der Zuweisung dieser Plätze (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21.07.2005 - 1 BvR 584/05 -) Rechnung zu tragen, hat der Senat bislang auch keine strikte Anwendung der ZVS-Vergabekriterien, sondern lediglich eine an diesen Maßstäben „orientierte“ Zuteilung verlangt (vgl. Senatsbeschluss vom 12.05.2009 - NC 9 S 240/09 -). Er hat demnach etwa die Vergabe anhand eines an Hand der Abiturnote gebildeten „Zulassungsnähequotienten“ gebilligt und ausgeführt (Senatsbeschluss vom 12.06.2009 - NC 9 S 1329/09 -):
54
„Durch Beschluss vom 12.05.2009 hat der erkennende Senat der Vollstreckungsschuldnerin im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung auferlegt, 23 weitere Studienbewerber vorläufig zum Teilstudium der Humanmedizin nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2008/2009 zuzulassen. Abweichend von der früheren Praxis und in Anknüpfung an die zum Wintersemester 2007/2008 vom Senat gegebenen Hinweise (vgl. Beschluss vom 13.06.2008 - NC 9 S 241/08 -) hat der Senat die Hochschule dabei nicht verpflichtet, die erst im gerichtlichen Verfahren aufgedeckten Studienplätze außerhalb der festgesetzten Kapazität durch Losentscheid zu vergeben. Für die Auswahl unter denjenigen Studienbewerbern, deren Anspruch noch im Beschwerdeverfahren anhängig ist, ist der Hochschule vielmehr aufgegeben worden, „bis zum 15.06.2009 eine an den Vergabekriterien der ZVS orientierte Rangliste aufzustellen oder ein Losverfahren durchzuführen“. […]
55
Normative Vorgaben zu der Frage, wie und an wen Studienplätze zu vergeben sind, deren Vorhandensein erst in einem Rechtsstreit als Folge unzureichender Kapazitätsausnutzung nachgewiesen worden sind, bestehen nicht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.04.1975 - 1 BvR 344/73 -, BVerfGE 39, 258 [268]). Auch die Verordnung des Wissenschaftsministeriums über die zentrale Vergabe von Studienplätzen vom 23.04.2006 (GBl. S. 114; zuletzt geändert durch Verordnung vom 19.05.2008, GBl. S. 164 - Vergabeverordnung ZVS -) regelt hinsichtlich der Vergabe von Studienplätzen außerhalb der festgesetzten Zulassungszahl nur Bewerbungsfristen. Nach Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann diese Regelungslücke sowohl durch eine analoge Anwendung der ZVS-Auswahlkriterien als auch durch eine Vergabe nach Losverfahren geschlossen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 08.02.1980 - 7 C 93/77 -, BVerwGE 60, 25; Urteil vom 15.12.1989 - 7 C 17/89 -, DVBl. 1990, 531). […]
56
Dieser Maßgabe ist der erkennende Senat mit der Tenorfassung des Beschlusses vom 12.05.2009 gefolgt. Er hat dabei die Entscheidung über die Auswahl des Vergabekriteriums nicht selbst getroffen, sondern der Hochschule die Wahl belassen, welche der im Tenor benannten zulässigen Auswahlverfahren zur Anwendung kommen sollen. Mit der Formulierung, dass die Rangliste „an den Vergabekriterien der ZVS orientiert“ sein muss, ist dabei klargestellt, dass die Vollstreckungsschuldnerin nicht verpflichtet ist, das System der Vergabeverordnung ZVS unmittelbar und deckungsgleich zu übernehmen, insbesondere also auch nicht das dort normierte Verhältnis von Abiturbestenquote, Wartezeit und Hochschulauswahlverfahren. Vielmehr ist eine Rangliste auch dann an den Vergabekriterien der ZVS orientiert, wenn sie nur einer der geltenden und für das zentrale Vergabeverfahren normierten Auswahlregelungen entspricht (vgl. dazu ausdrücklich BVerwG, Urteil vom 08.02.1980 - 7 C 93/77 -, BVerwGE 60, 25 [32]). Eine exakte Nachzeichnung des ZVS-Vergabesystems mit dem dort geltenden Quotensystem ist daher im Tenor des zu vollstreckenden Beschlusses nicht vorgeschrieben. […]
57
Der Senat hält es indes im Hinblick auf die zu gewährende Chancengleichheit für vorzugswürdig, die im gerichtlichen Verfahren nachträglich aufgedeckten Restkapazitäten nach denselben Auswahlkriterien zu vergeben, die für die ordnungsgemäß festgesetzten Studienplätze gelten (vgl. zur diesbezüglichen Entscheidungskompetenz des Senats auch BVerwG, Urteil vom 08.02.1980 - 7 C 93/77 -, BVerwGE 60, 25 [35]). Nur so kann ein Auseinanderfallen der Auswahlmaßstäbe für die Vergabe der in der Zulassungszahlenverordnung ausgewiesenen Studienplätze und der erst nachträglich aufgedeckten Studienplätze außerhalb der festgesetzten Kapazität vermieden werden, die der auch vom Bundesverfassungsgericht geforderten Verteilung aller freien Studienplätze unter Anwendung einheitlicher Auswahlkriterien (vgl. BVerfG, Urteil vom 18.07.1972 - 1 BvL 32/70 u.a. -, BVerfGE 33, 303 [357]) nicht entspricht und im Ergebnis dazu führt, dass die nachträglich festgestellten Studienplätze solchen Bewerbern zufallen, denen sie bei ordnungsgemäßer Kapazitätsfeststellung nicht zugestanden hätten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.04.1975 - 1 BvR 344/74 u.a. -, BVerfGE 39, 276 [296]; Beschluss vom 29.09.2008 - 1 BvR 1464/07 -). […]
58
Hierfür ist indes erforderlich, dass sich - wie vorliegend auch durch fast alle Bewerber geschehen - der jeweilige Studienbewerber auch bei der ZVS im zentralen Vergabeverfahren um einen Studienplatz in dem betreffenden Studiengang beworben hat (vgl. dazu auch Hamburgisches OVG, Beschluss vom 23.04.2008 - 3 NC 216/07 -). Nur so können die zur Ranglistenerstellung erforderlichen Daten zeitnah bereitgestellt werden. Diese Verfahrensweise liegt im Übrigen auch deshalb nahe, weil das von einem Studienplatzbewerber verfolgte Ziel der Vergabe eines Studienplatzes im Studiengang Medizin vorrangig eine ordnungsgemäße Verfahrensbewerbung erfordert.“
59
Diese Erwägungen hat der Verordnungsgeber mit der Neufassung des § 24 Vergabeverordnung ZVS aufgegriffen.
60
c) Die Obliegenheit einer vorangegangenen Bewerbung im zentralen Auswahlverfahren ist auch in rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Ungeachtet der beschriebenen Unterschiede sind sowohl das „innerkapazitäre“ als auch das „außerkapazitäre“ Verfahren der Studienplatzvergabe auf dasselbe Ziel gerichtet und in verfahrenstechnischer Hinsicht aufeinander bezogen, so dass die vom Verordnungsgeber angeordnete Obliegenheit einer „regulären“ Bewerbung nicht als unzumutbar bewertet werden kann
61
Sowohl die Bewerbung im zentralen Vergabeverfahren als auch das Begehren auf Zuweisung eines in der Zulassungszahlenverordnung nicht ausgewiesenen Studienplatzes zielen auf das Begehren, in dem entsprechenden Semester einen Studienplatz des gewählten Studiengangs zu erhalten. In tatsächlicher Hinsicht ist das Anliegen daher identisch; denn ob der in Anspruch genommene Studienplatz in der Zulassungszahlenverordnung berücksichtigt war oder nicht, ist für denjenigen, der im Ergebnis eine Zulassung erreicht, nicht von Belang. Dementsprechend ist das angestrebte Ziel auch nur einmal erreichbar, denn § 60 Abs. 4 Satz 2 LHG lässt grundsätzlich nur die Zulassung an einer Hochschule zu. „Unabhängig“ voneinander sind die Verfahrenswege daher nicht.
62
Überdies sind die beiden Verfahrenswege auch in rechtlicher Hinsicht aufeinander bezogen und in wechselseitigem Abhängigkeitsverhältnis verwoben. Dies folgt bereits daraus, dass Studienplätze außerhalb der festgesetzten Kapazität nur als Folge einer fehlerhaften Bestimmung der im „innerkapazitären“ Verfahren zu vergebenden Plätze entstehen und daher bereits von ihrem Wesen her nachrangig sind. Restkapazitäten sind ausschließlich denkbar, wenn die Aufnahmekapazität in der Zulassungszahlenverordnung unzutreffend berechnet worden ist; sie sind damit eine Form der Fehlerkorrektur. Die vom Antragsteller erstrebte Vergabe im Wege gerichtlicher Anordnung ist indes nicht die einzig denkbare Möglichkeit, eine vollständige Ausschöpfung der Ausbildungskapazitäten zu erreichen. Insoweit besteht auch kein Anspruch auf Beibehaltung gerade dieses – normativ nicht vorgegebenen – Systems. Dementsprechend ist in der Senatsrechtsprechung geklärt, dass „außerkapazitäre“ Studienplätze nicht ausschließlich für diejenigen Bewerber „reserviert“ oder vorbehalten sind, die derartige Studienplätze im Wege eines gegen die Hochschule gerichteten Gerichtsverfahrens geltend gemacht haben. Eine derartige Kontingentierung findet im geltenden Recht keine Stütze. Vielmehr tritt die im Hochschulrahmengesetz, im Staatsvertrag, in den einschlägigen Landesgesetzen und Rechtsverordnungen vorgesehene Normierung für die Vergabe von Studienplätzen nur für den Fall zurück, dass ein vorhandener Studienplatz infolge unzureichender Kapazitätsermittlung nicht ins Vergabeverfahren einbezogen wird und daher ungenutzt bliebe (ebenso Brehm/Zimmerling, NVwZ 2008, 1303 [1308]). Ein derartiger Fall muss im Hinblick auf den verfassungsrechtlich verankerten Grundsatz der vollständigen Kapazitätsauslastung vermieden werden.
63
Führen jedoch auch andere Wege zur Verhinderung des von Verfassungs wegen zu vermeidenden Zustandes einer Nichtausschöpfung vorhandener Ausbildungskapazitäten, sind hiergegen grundsätzliche Einwände nicht zu erheben. Die verfassungsrechtlichen Vorgaben gebieten nicht, in der Zulassungszahlenverordnung nicht ausgewiesene Studienplätze gerade oder ausschließlich im Wege der „Studienplatzklage“ zu vergeben. Vielmehr können entsprechende Restplätze auch durch Nachmeldung (vgl. Senatsbeschluss vom 31.01.2003 - NC 9 S 45/02 u.a. -), Überbuchung (vgl. Senatsbeschluss vom 02.10.1995 – NC 9 S 19/95 –; Hess. VGH, Beschluss vom 18.01.2001 – 8 GM 3131/00.SO.T -, NVwZ-RR 2001, 448) oder andere Korrektursysteme (vgl. zur „Auffüllung“ etwa Senatsbeschluss vom 17.09.2008 – NC 9 S 1792/08 -) vergeben und eine Kapazitätsausschöpfung damit gewährleistet werden. Hierdurch werden subjektive Rechte etwaiger Studienplatzkläger jedenfalls dann nicht berührt, wenn sie nicht nachträglich und ohne sachlichen Grund um die Früchte des bereits beschrittenen Gerichtsverfahrens gebracht werden - was vorliegend nicht in Rede steht (vgl. zur Begrenzung der Rechtsschutzmöglichkeiten von Studienbewerbern auf eigene Rechtspositionen auch BVerfG, Beschluss vom 03.07.1980 - 1 BvR 967/78 u.a. -, BVerfGE 54, 173 [194]). Die Zulässigkeit anderer Vergabewege gilt aber erst recht, wenn diese Verfahren dichter an den normativen Vorgaben des „regulären“ Vergabeverfahrens liegen oder sogar – wie hier - vom zuständigen Normgeber angeordnet worden sind.
64
Um eine entsprechende Vergabe ermöglichen zu können, ist der Normgeber auch befugt, die Obliegenheit eines „regulären“ Zulassungsantrags im zentralen Vergabeverfahren zu statuieren. Denn die Rechtsordnung verbietet es nicht, die Durchsetzung des Teilhaberechts aus Art. 12 Abs. 1 GG mit zumutbaren formellen Anforderungen zu verbinden (so bereits Senatsurteil vom 13.10.1987 - NC 9 S 247/87 u.a. -, DVBl 1988, 406). Diese Einschätzung steht nicht in Widerspruch zu dem Umstand, dass der Senat die vorangegangene ZVS-Bewerbung bislang nicht als Zulässigkeitsvoraussetzung einer Kapazitätsklage angesehen hat. Denn Anknüpfungspunkt für eine entsprechende Forderung durch das Gericht wäre die Annahme eines fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses. Dies aber ist jedenfalls dann nicht ganz frei von Zweifeln, wenn ein etwaiger Bewerber angesichts seiner Abiturnote und fehlender Wartezeiten keine realistische Chance auf Zulassung im zentralen Bewerbungsverfahren besitzt (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 08.08.2006 - 7 CE 06.10020 u.a. -, NVwZ-RR 2007, 175). Denn dann könnte nicht ohne weiteres von einem einfacheren und schnelleren Weg gesprochen werden, der die Inanspruchnahme der Gerichte als überflüssig erscheinen lässt. Ob anderes im Hinblick auf die Möglichkeit der Bewerbung für das Hochschulauswahlverfahren gilt, bei dem – jedenfalls im Falle geschickter Ortswahl – eine Zulassungschance wohl nie mit Sicherheit verneint werden kann (vgl. dazu Hamburgisches OVG, Beschluss vom 23.04.2008 - 3 NC 216/07 -), muss vorliegend nicht entschieden werden. Denn durch die vom Verordnungsgeber in § 24 Satz 2 Vergabeverordnung ZVS statuierte Vergabevoraussetzung steht nicht der Fall eines von der Judikative angenommenen Fehlens des Rechtsschutzinteresses im Streit – das grundsätzlich nicht restriktiv gehandhabt werden darf (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 20.02.2003 - 8 MM 3953/02.W2 -, NVwZ-RR 2003, 756) –, sondern die Anordnung durch die Legislative im Wege der Rechtsverordnung. Insoweit sind die Maßstäbe nicht identisch, es besteht vielmehr grundsätzlich ein legislativer Gestaltungsraum des zuständigen Normgebers.
65
Die dargestellte Verfahrensabhängigkeit der Vergabe „außerkapazitärer“ Studienplätze vom zentralen Vergabeverfahren ist aber ein hinreichend sachlicher Grund und rechtfertigt die vorliegend eingeführte Obliegenheit einer vorangegangenen Bewerbung im „regulären“ Auswahlverfahren jedenfalls dann, wenn dies für eine an den Kriterien des zentralen Verfahrens orientierte Vergabe der Restplätze erforderlich ist (vgl. dazu auch Zimmerling/Brehm, Hochschulkapazitätsrecht, 2003, Rn. 351). Anders als im Falle der Losvergabe ist hier ein unmittelbarer Verfahrenskonnex gegeben, weil die nachträgliche Einordnung etwaiger Bewerber in eine nach ZVS-Kriterien zu erstellende Rangliste ohne entsprechende Bewerbung unmöglich oder jedenfalls erheblich erschwert würde. Das Erfordernis einer „regulären“ Bewerbung muss auch als zumutbar bewertet werden, weil mit der Obliegenheit nur eine geringfügige Beeinträchtigung für den Bewerber verbunden ist. Selbst wenn seine Auswahlchancen im zentralen Vergabeverfahren möglicherweise gering sein mögen und die Bewerbung daher letztlich nur der Offenhaltung einer „außerkapazitären“ Vergabe dienen sollte, liegt darin keine unerträgliche oder unangemessene Belastung.
66
3. Der Verordnungsgeber durfte die Vergabe eines „außerkapazitären“ Studienplatzes auch an die Voraussetzung einer vorherigen Bewerbung gerade an der betreffenden Hochschule knüpfen. Die Regelung entspricht der Struktur der Bestimmungen zur Vergabe zusätzlicher Plätze (a) sowie der Bedeutung der Ortswahlentscheidung im Verfahren der Studienplatzvergabe (b) und führt auch nicht zu unverhältnismäßigen Beschränkungen des Zulassungsrechts studierwilliger Bewerber (c).
67
a) Systematisch betrachtet handelt es sich bei der Vergabe von Studienplätzen außerhalb der festgesetzten Kapazität um eine Sonderform des Nachrückverfahrens. Denn die im gerichtlichen Verfahren aufgedeckten Restkapazitäten hätten, wenn ihr Vorhandensein früher bemerkt worden wäre, nachgemeldet und so im Nachrückverfahren berücksichtigt werden können (vgl. § 5 Abs. 3 KapVO VII, § 10 Abs. 10 Satz 2 Vergabeverordnung ZVS; zum Vorrang der Vergabe nach dem System der Vergabeverordnung ZVS auch Senatsbeschlüsse vom 12.05.2009 - NC 9 S 240/09 - und vom 31.01.2003 - NC 9 S 45/02 u.a. - sowie Senatsurteil vom 22.02.2006 - 9 S 1840/05 -). Um die Systemgerechtigkeit zu wahren und die durch die fehlerhafte Kapazitätsfestsetzung entstehenden Folgen und Verzerrungen möglichst gering zu halten, liegt es daher nahe, die Vergabe dieser in einem besonderen „Nachrückverfahren“ zu vergebenden Plätze möglichst in gleicher Weise zu handhaben wie die Vergabe „regulärer“ Nachrückplätze. Genau dies aber hat der Verordnungsgeber mit der Neufassung des § 24 Vergabeverordnung ZVS getan.
68
Nach Art. 13 Abs. 4 des Staatsvertrags über die Vergabe von Studienplätzen vom 22.06.2006 und dem folgend § 9 Satz 2 Vergabeverordnung ZVS werden nicht in Anspruch genommene Studienplätze, die von der ZVS nach dem Grad der Qualifikation und der Wartezeit zuzuweisen gewesen wären, von den Hochschulen nach dem Ergebnis ihres Auswahlverfahrens vergeben. Ein Nachrückverfahren für das zentral durch die ZVS durchgeführte Auswahlverfahren der Abiturbesten- und der Wartezeitquote findet folglich nicht statt, diese Plätze werden vielmehr dem Auswahlverfahren der Hochschulen zugeschlagen. Das Nachrückverfahren berücksichtigt somit das Quotensystem von 20 : 20 : 60 nicht, sondern bringt ausschließlich das Vergabesystem der jeweiligen Hochschule zur Anwendung. Im Auswahlverfahren der Hochschulen aber sind gemäß § 10 Abs. 9 Vergabeverordnung ZVS „Ranglisten“ zu erstellen, auf die § 24 Satz 3 Vergabeverordnung ZVS ersichtlich Bezug genommen hat. Unbeschadet des insoweit unklaren Vortrags des Antragsgegners im vorliegenden Gerichtsverfahren lässt der objektive Regelungsgehalt der Norm daher den Schluss zu, dass mit den in § 24 Satz 3 Vergabeverordnung ZVS benannten Ranglisten diejenigen des Auswahlverfahrens der Hochschulen gemeint und benannt sind. Dieses Ergebnis wird durch den systematischen Bezug der in § 24 Satz 3 Vergabeverordnung ZVS benannten Ranglisten auf die in Satz 2 angeordnete Bewerbung für den betreffenden Studienort bestätigt. Denn das Erfordernis einer Bewerbung gerade am jeweiligen Studienort besteht nur für eine Vergabe auf Grundlage der Ergebnisse des Hochschulauswahlverfahrens. Das Gesamtregelungssystem macht daher hinreichend deutlich, dass mit der Bewerbung für den betreffenden Studienort diejenige für das Auswahlverfahren der Hochschulen in Bezug genommen ist und mit den entsprechenden Ranglisten somit die Ergebnisse des Hochschulauswahlverfahrens angesprochen sind. Nur die im Hochschulauswahlverfahren gewählten Studienorte werden im Übrigen auch im ZVS-Ablehnungsbescheid ausgewiesen. Die Ortsangaben in der Abiturbestenquote und nach Wartezeit können dagegen den Bescheiden nicht entnommen werden, so dass die Bezugnahme auf die für das Hochschulauswahlverfahren benannten Studienorte auch schon aus Praktikabilitätsgründen nahe liegt. Dies gilt um so mehr, als die Ranglisten des Hochschulauswahlverfahrens ohnehin im zentralen Vergabeverfahren erstellt werden müssen und die Bezugnahme hierauf damit eine zeitnahe Vergabe der „außerkapazitären“ Studienplätze erleichtert. Die in § 24 Satz 3 letzter Satzteil Vergabeverordnung ZVS angelegte Alternativvariante ist damit indes ohne Anwendungsfall, denn entsprechende Ranglisten hat die Hochschule stets zu erstellen. Im Ergebnis werden damit „außerkapazitäre“ Studienplätze nach denselben Kriterien vergeben wie Nachrückplätze.
69
Für eine Berücksichtigung im Rahmen des Nachrückverfahrens ist aber - sogar im Falle der nachrangigen Vergabe durch Los nach § 10 Abs. 12 Vergabeverordnung ZVS (deren Vereinbarkeit mit Art. 13 Abs. 4 des Staatsvertrags nicht frei von Zweifeln ist) - Voraussetzung, dass eine Zulassung bei der jeweiligen Hochschule beantragt worden ist. Das Nachrückverfahren, das in seiner Ausgestaltung dem Auswahlverfahren der Hochschule zugeordnet ist, findet daher stets nur unter denjenigen Bewerberinnen und Bewerbern statt, die sich zuvor bei der entsprechenden Hochschule um einen Studienplatz in dem jeweiligen Studiengang beworben haben. Die mit dem Zulassungsantrag getroffene Ortswahlentscheidung behält damit auch für das weitere (Nachrück-)Verfahren Geltung.
70
b) Die Verknüpfung des Nachrückverfahrens mit der gewählten Hochschule entspricht auch der besonderen Bedeutung, die der Ortswahl im Verfahren der Studienplatzvergabe generell zukommt. Der besondere Stellenwert, den der Gesetzgeber der Ortswahlentscheidung zugemessen hat, wird zunächst bereits daran deutlich, dass die Bindung an die Ortspräferenz selbst für einen unter die „Abiturbestenquote“ fallenden Bewerber zum Verlust des Studienplatzes führen kann. Denn der Verteilungswettbewerb findet gemäß § 20 Satz 2 Vergabeverordnung ZVS nur zwischen den Bewerberinnen und Bewerbern statt, die den betreffenden Studienort an gleicher Stelle genannt haben. Wenn sich also für eine besonders beliebte Hochschule unter den Abiturbesten mehr Bewerber in gleicher Ortspräferenz gemeldet haben, als die ZVS dort unterbringen kann, werden die nachrangigen Antragsteller an diesem Studienort nicht zugelassen. Für den an nächster Stelle benannten Studienort kommen sie indes (unabhängig von ihrem Rangplatz) erst zum Zuge, wenn die Bewerber mit besserer Ortspräferenz vollständig ausgeschöpft worden sind, so dass die Zulassungschance mit nachrangiger Ortspräferenz deutlich fällt. Durch die Beschränkung auf maximal sechs Ortswünsche indes kann es so dazu kommen, dass ein im Rahmen der Abiturbestenquote ausgewählter Bewerber keiner von ihm benannten Hochschule zugeteilt werden kann und damit in der Bestenquote doch keine Zulassung erhält (vgl. dazu auch ZVS-info, S. 10). Eine Ausdehnung auf andere Studienorte oder ein Nachrückverfahren findet insoweit nicht statt, die übrig gebliebenen Plätze werden vielmehr der Quote für das Auswahlverfahren der Hochschulen zugeschlagen.
71
Gleiches gilt für das Auswahlverfahren der Hochschulen, in dem der jeweiligen Ortswahl noch größere Bedeutung für die Zulassungsentscheidung zukommt. Denn die Hochschule darf die Zahl der Teilnehmenden am Auswahlverfahren „nach dem Grad der Ortspräferenz“ begrenzen (vgl. § 32 Abs. 3 HRG, Art. 13 Abs. 1 des Staatsvertrages sowie § 10 Abs. 5 Vergabeverordnung ZVS), was im Ergebnis zu einer gravierenden Verengung der grundsätzlich vorgesehenen sechs Ortswünsche führen kann. In Baden-Württemberg etwa haben für den Studiengang Humanmedizin mit Ausnahme der Universität Ulm alle Hochschulen das Vorauswahlkriterium der ersten (so die Maßgabe der Universität Tübingen) oder jedenfalls zweiten Ortspräferenz (so die Voraussetzung für eine Teilnahme an den Studienorten Freiburg, Heidelberg und Mannheim) aufgestellt, sodass im Ergebnis allenfalls drei der fünf möglichen Studienorte des Landes „angewählt“ werden können. Der Ortswahl wird daher im Vergabeverfahren eine dominierende Rolle eingeräumt, die durchaus zum Verlust einer grundsätzlich bestehenden Zulassungschance führen kann.
72
Diese Entscheidung hat der Hochschulgesetzgeber auch bewusst getroffen. Denn das insoweit maßgebliche Siebte Gesetz zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes verfolgte gerade den Zweck, die „Profilbildung“ der Hochschulen durch eine Ausdehnung des eigenen Auswahlrechts zu stärken (vgl. BT-Drs. 15/1498 S. 7; vgl. zur Stärkung der hochschulpolitischen Eigenständigkeit durch Freistellung von den Bindungen des ZVS-Beispielstudienplans auch Senatsbeschluss vom 13.06.2008 - NC 9 S 241/08 -, ESVGH 59, 12). Durch die eigene Mitwirkung sollte es den Hochschulen ermöglicht werden, die Qualifikationsprofile von Studienbewerbern besser mit den Anforderungen ihres Studienganges abzustimmen und sich auf Bewerber mit einer besonderen Identifikation für die Hochschule konzentrieren zu können (vgl. BT-Drs. 15/3475 S. 7 und 10; dazu auch bereits Bode/Weber, Hochschulzulassung, in: Flämig (Hrsg.), Handbuch des Wissenschaftsrechts Bd. 1, 2. Aufl. 1996, S. 673 [709]). Die damit verbundenen Einschränkungen für die Studienplatzbewerber sind dabei durchaus gesehen und diskutiert, im Hinblick auf die Entlastung der Hochschulen aber als erforderlich und zulässig bewertet worden (vgl. dazu auch LT-Drs. 14/5 S. 18 f.).
73
Die Betonung der Ortswahlentscheidung entspricht schließlich auch den verfassungsrechtlichen Vorgaben. Denn Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG garantiert nicht nur die freie Wahl des Berufes, sondern erwähnt ausdrücklich auch die „Ausbildungsstätte“. Insoweit wurde bei den Beratungen im Hauptausschuss des Parlamentarischen Rates betont, es müsse unter allen Umständen die Freiheit gesichert werden, zwischen den verschiedenen Universitäten wählen und bei besonders hervorragenden Lehrern hören zu können (vgl. StenBer. über die 44. Sitzung des Hauptausschusses vom 19.01.1949, S. 575 ff.; vgl. zur aktuellen Bedeutung im Hinblick auf die Herausbildung von „Eliteuniversitäten“ auch Verfassungsgerichtshof Berlin, Beschluss vom 16.09.2008 - 81/08 u.a. -). Das Recht zur freien Wahl der Hochschule korrespondiert daher mit dem durch Wissenschaftspluralismus charakterisierten Lernangebot in einer für verschiedene Auffassungen und Schulrichtungen offenen freiheitlichen Gesellschaft. Auch das Bundesverfassungsgericht hat deshalb klargestellt, dass Auswahl und Verteilung der Studienbewerber „unter möglichster Berücksichtigung der individuellen Wahl des Ausbildungsortes erfolgen“ muss (vgl. BVerfG, Urteil vom 18.07.1972 - 1 BvL 32/70 u.a. -, BVerfGE 33, 303 [338]). Diesem Ansatz entspricht es aber durchaus, die jeweilige Ortswahlentscheidung des Studienbewerbers ernst zu nehmen und ihr auch im Rahmen des Vergabeverfahrens maßgebliche Bedeutung zukommen zu lassen. Die Orientierung an der getroffenen Wahl hat als Kehrseite aber auch deren Verbindlichkeit zur Folge. Nicht gewählte Studienorte unterfallen insoweit nicht demselben Schutz.
74
c) Warum eine dem „regulären“ Zulassungsverfahren entsprechende Regelung für die Vergabe der in der Zulassungszahlenverordnung nicht berücksichtigten Studienplätze unzulässig sein und ein etwaiger Antragsteller Anspruch auf Beteiligung am Vergabeverfahren jeder beliebigen Hochschule haben sollte, ist nicht ersichtlich. Für das vom Antragsteller behauptete Recht (und damit auch das Substrat der behaupteten Verletzung in Art. 19 Abs. 4 GG), alle Hochschulen verklagen zu können, ist eine Grundlage nicht ersichtlich. Vielmehr erscheint es sachgerecht und entspricht dem Anliegen stimmiger Systembildung, die von Staatsvertrag und Gesetzgeber (vgl. Zustimmungsgesetz zum Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen vom 20.11.2007, GBl. S. 505) vorgesehene Beschränkung der Ortswahl auch in diesem Verfahrensstadium aufrecht zu erhalten. Der Senat hat insoweit auch bereits bekräftigt, dass das Teilhaberecht in Verfahren zur Vergabe von Studienplätzen außerhalb der festgesetzten Kapazität nicht weiter reichen kann als im ordentlichen Vergabeverfahren (vgl. Senatsurteil vom 22.02.2006 - 9 S 1840/05 -).
75
Nur so kann im Übrigen ein Auseinanderfallen der Auswahlmaßstäbe für die Vergabe der in der Zulassungszahlenverordnung ausgewiesenen Studienplätze und der erst nachträglich aufgedeckten Studienplätze außerhalb der festgesetzten Kapazität vermieden werden, die der auch vom Bundesverfassungsgericht geforderten Verteilung aller freien Studienplätze unter Anwendung einheitlicher Auswahlkriterien (vgl. BVerfG, Urteil vom 18.07.1972 - 1 BvL 32/70 u.a. -, BVerfGE 33, 303 [357]) nicht entspricht und im Ergebnis dazu führt, dass die nachträglich festgestellten Studienplätze solchen Bewerbern zufallen, denen sie bei ordnungsgemäßer Kapazitätsfeststellung nicht zugestanden hätten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.04.1975 - 1 BvR 344/74 u.a. -, BVerfGE 39, 276 [296]; Beschluss vom 29.09.2008 - 1 BvR 1464/07 -). An diesem Befund vermag ein etwaiges „Unbehagen“ an den bestehenden Auswahlkriterien – und dabei insbesondere der Bezugnahme auf die Abiturdurchschnittsnote – nichts zu ändern. Dies gilt zunächst schon deshalb, weil sich derartige Angriffe primär gegen das normativ angeordnete und auch zahlenmäßig viel bedeutsamere „reguläre“ Auswahlverfahren richten müssten. Hinsichtlich der Vergabe „außerkapazitärer“ Studienplätze gehen die Rügen daher am Kern der Sache vorbei. Überdies soll aber gerade das so gestärkte Auswahlverfahren der Hochschulen gewährleisten, dass die Vergabe der Studienplätze nicht alleine nach Maßgabe der Abiturdurchschnittsnote erfolgt und damit auch Studienbewerbern mit schlechteren Schulnoten die Chance verbleibt, den gewünschten Beruf zu ergreifen (vgl. BVerfG, Urteil vom 18.07.1972 - 1 BvL 32/70 u.a. -, BVerfGE 33, 303 [350]). Mit einer Umstellung der Zuweisung „außerkapazitärer“ Restplätze wird daher der Fokus auf das rechtlich relevante Problem der Zulassungskriterien im Hochschulauswahlverfahren gerückt. Darüber hinaus ermöglicht die Abkehr vom Losverfahren auch „gerechtere“ Kostenentscheidungen und trägt dazu bei, prozessuale Schwierigkeiten hinsichtlich der zutreffenden und sachdienlichen Antragstellung zu vermeiden (vgl. hierzu bereits Senatsbeschluss vom 13.06.2008 - NC 9 S 241/08 -).
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Überdies ist im Gesetzgebungsverfahren zur Novellierung des Hochschulrahmengesetzes wiederholt betont worden, dass es dringend vermieden werden müsse, den Hochschulen im eigenen Auswahlverfahren abgelehnte Bewerber durch andere Zulassungswege doch noch zuzuweisen (vgl. etwa BT-Drs. 15/3475 S. 7 f.). Auch dieses Anliegen würde mit einer Abkoppelung der Vergabe „außerkapazitärer“ Studienplätze vom Hochschulauswahlverfahren konterkariert. Der durch die Neufassung des § 24 Vergabeverordnung ZVS hergestellte Gleichlauf bei der Vergabe „außerkapazitärer“ Studienplätze und deren Einbeziehung ins Auswahlverfahren der Hochschulen dagegen trägt der vom Gesetzgeber gewollten Eigenständigkeit und Profilbildung der Hochschulen Rechnung und respektiert die vom jeweiligen Bewerber getroffene Ortswahlentscheidung.
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Soweit der Antragsteller schließlich die Auffassung vertreten hat, es verletze den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG, wenn ein „außerkapazitärer“ Studienplatz an einen hinsichtlich Abiturnote oder Wartezeit nachrangigen Bewerber vergeben würde, weil sich der Antragsteller mangels Benennung des Studienortes bereits nicht um die Vergabe habe bewerben können, wird übersehen, dass eine hinreichend vergleichbare Gruppe nur im Hinblick auf denjenigen Personenkreis angenommen werden kann, der sich im Bewerbungsverfahren befindet. Das Bundesverfassungsgericht hat zu diesem Einwand ausdrücklich klargestellt, dass „nichtklagende Bewerber mit besseren Rangstellen am Prozess gar nicht beteiligt sind“ (BVerfG, Beschluss vom 09.04.1975 - 1 BvR 344/73 -, BVerfGE 39, 258 [273]).
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Durchgreifende Bedenken an der Verhältnismäßigkeit der Regelung bestehen ebenfalls nicht. Richtig ist indes, dass die vorgesehene Eingrenzung der Bewerbungsmöglichkeit für „außerkapazitäre“ Plätze auf die bereits im Rahmen der ZVS-Bewerbung angegebenen Studienorte eine beschränkende Wirkung entfaltet. Diese folgt zwar nicht unmittelbar aus § 24 Satz 2 Vergabeverordnung ZVS, denn diese Vorschrift selbst begrenzt die Zahl der möglichen Studienorte nicht. Sie ergibt sich aber aus den eingeschränkten Ortswahlmöglichkeiten des in Bezug genommenen zentralen Vergabeverfahrens. Im Zusammenspiel könnten diese Vorschriften im Endeffekt, wenn sie auch in anderen Bundesländern eingeführt würden, die Möglichkeit der Bewerbung um einen bei der Festsetzung der Zulassungszahlen nicht berücksichtigten Studienplatz auf wenige Hochschulen begrenzen. Die bislang vielfach praktizierte Verfahrensweise des „Rundumschlages“ gegen alle oder jedenfalls zahlreiche Hochschulen wäre damit vereitelt. Damit wird indes kein anderes Ergebnis erreicht als das vom Gesetzgeber im zentralen Vergabeverfahren gewollte und vorgeschriebene System, das angesichts der Tatsache, dass eine Bewerbung bei mindestens sechs Hochschulen verbleibt, nicht unangemessen erscheint. Insoweit ist im Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die Zulassungschance durch die Wahl eines weniger nachgefragten Standortes verbessert werden kann (vgl. BT-Drs. 15/3475 S. 8) und die Prognoseentscheidung, wo sich Bewerber hinreichende Aussicht auf Erfolg beimessen, mit einer Begrenzung auf sechs Studienorte nicht zu sehr erschwert wird (S. 9).
79
Eine abweichende Regelung für die außerhalb der festgesetzten Kapazität zu vergebenen Studienplätze ist von Rechts wegen nicht geboten. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass zu den wesentlichen Bestandteilen eines verfassungsgemäßen Rechts auch seine Durchsetzbarkeit gehört. Insoweit ist auch bei Regelungen zur Ausgestaltung des Verfahrens darauf zu achten, welche Rückwirkungen dies auf die Erfüllung des Zulassungsrechts haben kann und dass dabei das verfassungsrechtlich vorrangige Ziel einer vollen Kapazitätsnutzung nicht verfehlt wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.04.1975 - 1 BvR 344/74 u.a. -, BVerfGE 39, 276 [295]). Da die Vergabe „außerkapazitärer“ Studienplätze aber nur erfolgen kann, wenn ihr Vorhandensein in einem Rechtsstreit aufgedeckt und festgestellt wird, darf die Ausgestaltung des Verfahrens nicht dazu führen, dass die verwaltungsgerichtliche Kontrolle der Kapazitätsfeststellungen überhaupt unterbleibt. Dies könnte zu befürchten sein, wenn sich durch restriktive Ortspräferenzregelungen keine oder jedenfalls nicht ausreichend viele Kläger für entsprechende Verfahren finden würden.
80
Hiervon kann indes nach gegenwärtigem Erkenntnisstand nicht ausgegangen werden; jedenfalls sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Verordnungsgeber die ihm insoweit zustehende Prognoseprärogative überschritten hätte. Vielmehr steht angesichts des bestehenden Bewerberüberhangs an allen medizinischen Fakultäten des Landes mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass auch künftig eine hinreichende Zahl von Interessenten bei der Studienplatzvergabe durch die Hochschulen nicht berücksichtigt werden kann, und damit potentielle Kläger zur Ausschöpfung etwaiger Restkapazitäten vorhanden sein werden. Ob diese nachfolgend tatsächlich auch den Rechtsweg beschreiten und eine Kapazitätskontrolle durch die Gerichte herbeiführen, ist dagegen auch im gegenwärtigen - vom Antragsteller nicht beanstandeten - Verfahren nicht gesichert. Vielmehr hat etwa für die Berechnungen der Universität Tübingen seit vielen Jahren eine entsprechende Überprüfung nicht mehr stattgefunden, weil etwaige Gerichtsverfahren durch Vergleich beendet worden sind.
81
Im Übrigen trifft den Gesetz- und Verordnungsgeber bei der Vergabe von Studienplätzen unter den Bedingungen einer absoluten Zulassungsschranke ohnehin eine verfassungsrechtlich bedingte Beobachtungspflicht, so dass bei etwaigen Entwicklungen, die zu einem Brachliegen vorhandener Restkapazitäten führen würden, angemessen zu reagieren und die Verfahrensgestaltung zu überdenken wäre.
82
4. Das in Art. 2 Satz 2 der Änderungsverordnung vom 29.06.2009 geregelte Inkrafttreten der Novellierung dagegen verstößt gegen den aus dem Rechtsstaatsgebot des Art. 20 Abs. 3 GG folgenden Vertrauensschutz. Die hiervon betroffenen Antragsteller konnten sich auf die mit der Neufassung des § 24 Vergabeverordnung ZVS verbundenen Änderungen nicht mehr einrichten und durften auf den Fortbestand der bestehenden Regelungen für das Wintersemester 2009/2010 vertrauen.
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a) Hinsichtlich der sog. Altabiturienten, die ihre Hochschulzugangsberechtigung schon zuvor erworben haben und sich daher bereits zu einem früheren Semester um einen Studienplatz hätten bewerben können, handelt es sich bei der in Art. 2 Satz 2 der Änderungsverordnung vom 29.06.2009 getroffenen Regelung bereits um eine Anordnung mit echter Rückwirkung. Denn mit der in § 24 Satz 2 Vergabeverordnung ZVS angeordneten Verpflichtung, sich für eine Bewerbung um einen „außerkapazitären“ Studienplatz zuvor im zentralen Vergabeverfahren um einen Studienplatz an dem betreffenden Studienort beworben zu haben, ist hinsichtlich des Wintersemesters 2009/2010 eine Änderung statuiert, deren neue Rechtsfolgen in der Vergangenheit beginnen. Die Bewerbungsfrist für den Zulassungsantrag auf Teilnahme am zentralen Vergabeverfahren lief für Altabiturienten gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 Vergabeverordnung ZVS am 31.05.2009 ab. Im Zeitpunkt der Verkündung der Neubestimmung vom 08.07.2009 war das Bewerbungsverfahren daher bereits beendet, so dass die mit der Novelle neu begründeten Voraussetzungen nachträglich einen bereits abgeschlossenen Sachverhalt betreffen. Änderungen des Zulassungsantrages sind nach Ablauf der Bewerbungsfrist nicht mehr möglich (vgl. § 3 Abs. 3 Satz 5 Vergabeverordnung ZVS).
84
Anders als im Falle der „Rückanknüpfung“ entfalten die neuen Regelungen ihre Wirkung somit nicht erst in der Gegenwart. Vielmehr bewirkt die veränderte Bedingung für einen ordnungsgemäßen Antrag auf Vergabe eines „außerkapazitären“ Studienplatzes, dass an die Stelle der für einen vergangenen Zeitraum geltenden rechtlichen Ordnung nachträglich eine andere tritt (vgl. BVerfG, Urteil vom 19.12.1961 - 2 BvR 2/60 -, BVerfGE 13, 279 [282]). Um den in § 24 Satz 2 Vergabeverordnung ZVS statuierten Obliegenheiten bereits für das Wintersemester 2009/2010 Genüge zu tun, hätte ein entsprechender Antragsteller sein Verhalten bereits in einem vor Inkrafttreten der Verordnung liegenden Zeitraum ändern müssen.
85
Derartig echte Rückwirkungen sind angesichts des verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutzes indes grundsätzlich unzulässig (vgl. BVerfG, Urteil vom 05.02.2004 - 2 BvR 2029/01 -, BVerfGE 109, 133 [181]). Ausreichende Anhaltspunkte für eine mögliche Ausnahmekonstellation sind nicht ersichtlich. Das Vertrauen etwaiger Antragsteller in den Fortbestand der Bewerbungsmodalitäten war vielmehr schutzwürdig und musste auch nicht im Hinblick auf unabweisbare Gemeinwohlinteressen zurückweichen. Dies gilt auch in Anbetracht der vom erkennenden Senat seit dem Beschluss vom 13.06.2008 (- NC 9 S 241/08 -) gegebenen Hinweise auf die Vorzugswürdigkeit einer Vergabe an Hand der ZVS-Kriterien. Denn aus diesen Anregungen konnte allenfalls auf die mögliche Obliegenheit einer ZVS-Bewerbung an sich geschlossen werden, die der Antragsteller auch vorgenommen hat. Anhaltspunkte für eine Einschränkung der Vergabe von Studienplätzen außerhalb der festgesetzten Kapazität auf die im ZVS-Zulassungsantrag benannten Studienorte dagegen waren der Rechtsprechung nicht zu entnehmen.
86
Auch der Antragsgegner selbst hat die Problematik im Rahmen des Normgebungsverfahrens im Übrigen erkannt. In den hierzu gefertigten Aktenvermerken wird die Geltung für das Wintersemester 2009/2010 im Hinblick auf die bereits vorher ablaufende Bewerbungsfrist für Altabiturienten zutreffend als „besonders kritisch“ eingestuft und darauf hingewiesen, dass „die Vorschrift für das Wintersemester 2009/2010 beanstandet werden könnte“ (Aktenvermerk vom 23.06.2009, Bl. 119 ff. der Behördenakte). Sachliche Gründe für die gleichwohl aufgenommene Bestimmung finden sich indes auch in den Behördenakten nicht. Danach wird vielmehr deutlich, dass mit der Regelung nur eine befürchtete Kostenlast der Hochschulen wegen der vom erkennenden Senat geänderten Kostenrechtsprechung im Falle der Vergabe von Studienplätzen durch Losentscheid (vgl. Senatsbeschluss vom 12.05.2009 - NC 9 S 240/09 -) vermieden werden sollte. Dieses Anliegen ist zwar legitim, rechtfertigt indes nicht den beschrittenen Weg. Um Kostenbeteiligungen im Kapazitätsprozess zu vermeiden, wäre es vielmehr sachgerecht, eine zutreffende Berechnung der Ausbildungskapazitäten sicherzustellen.
87
b) Auch die anderen Bewerber, deren Bewerbungsfrist gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 Vergabeverordnung ZVS am 15.07.2009 – und damit nach dem Inkrafttreten der Novelle – ablief, wurden indes nicht in hinreichender Weise in die Lage versetzt, ihr Verhalten an den Neuregelungen zu orientieren.
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Allerdings kommt der Bestimmung für den Kreis der „Neuabiturienten“ keine Rückwirkung im „echten“ Sinne zu. Denn die am 08.07.2009 im Gesetzblatt verkündete und damit gemäß Art. 2 Satz 1 der Änderungsverordnung am 09.07.2009 in Kraft getretene Regelung wirkt auch hinsichtlich des Vergabeverfahrens zum Wintersemester 2009/2010 nicht „zurück“. Vielmehr endete die Bewerbungsfrist für einen Zulassungsantrag auf Teilnahme am zentralen Vergabeverfahren insoweit am 15.07.2009 und damit zeitlich nach dem Inkrafttreten der Änderungsbestimmungen.
89
Allein diese Einordnung hat indes nicht die Zulässigkeit des in Art. 2 Satz 2 geregelten Inkrafttretens der Novelle zur Folge. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes ist vielmehr auch für diejenigen Fallkonstellationen von Bedeutung, bei denen die geänderte Rechtsfolge zwar erst in der Zukunft eintritt und daher nicht im eigentlichen Sinne „zurück“ wirkt, gleichwohl aber an der Vergangenheit anknüpft, weil eine bestehende Rechtslage abgeändert wird. Vertrauensschutz in diesen Fällen sog. „unechter“ Rückwirkung ist daher auf die in einem Rechtsstaat grundsätzlich schutzwürdige Erwartung gerichtet, dass die bestehende Rechtsordnung auch in Zukunft Beachtung finden wird (vgl. dazu Maurer, Kontinuitätsgewähr und Vertrauensschutz, in: Handbuch des Staatsrechts, Band IV, 3. Aufl. 2006, § 79 Rn. 12). Die Stoßrichtung dieser Kontinuitätsgewähr ist folglich nicht gegen den materiellen Gehalt einer Änderung gerichtet, sondern bezieht sich auf den Zeitpunkt der Verbindlichkeit einer Kursänderung. Abrupte Änderungen, die dem Rechtsunterworfenen nicht die Möglichkeit einer angemessenen Reaktion belassen, sind daher zu vermeiden, um das Vertrauen in die Beständigkeit und Verbindlichkeit des Rechts sowie die Dispositionsfähigkeit der Rechtsunterworfenen nicht unnötig zu beeinträchtigen. Die Zulässigkeit derartig „unechter“ Rückwirkungen wird nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts deshalb an dem betroffenen Grundrecht und dem Gewicht der berührten Vertrauensschutzbelange gemessen (vgl. etwa BVerfG, Urteil vom 05.02.2004 - 2 BvR 2029/01 -, BVerfGE 109, 133 [182]).
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Bei Beachtung dieser Grundsätze kann die in Art. 2 Satz 2 der Änderungsverordnung vom 29.06.2009 getroffene Anordnung der Gültigkeit bereits für das Vergabeverfahren 2009/2010 keinen Bestand haben. Dies ergibt sich zunächst bereits in Ansehung der grundrechtlichen Schutzdimension. Denn die vom Verordnungsgeber getroffene Entscheidung hat zur Folge, dass alle Antragsteller, die von der Rechtsänderung nicht innerhalb der verbliebenen Frist von einer Woche Kenntnis erlangt und zutreffend reagiert haben, von der Vergabe „außerkapazitärer“ Studienplätze im Anwendungsbereich der Vergabeverordnung ZVS des Landes ausgeschlossen sind. Der grundrechtlich verbürgte und vom Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf die absolute Zulassungsschranke einer Numerus-Clausus-Regelung strikt betonte Teilhabeanspruch an der Vergabe vorhandener Studienplätze wird damit für einen Großteil potentieller Bewerber vereitelt. Die Vorwirkung der Grundrechte auf das Verfahren gebietet im Hinblick auf eine effektive Rechtsgewährleistung jedoch, auch bei Regelungen zur Ausgestaltung des Verfahrens darauf zu achten, welche Rückwirkungen dies auf die Erfüllung des Zulassungsrechts haben kann und dass dabei das verfassungsrechtlich vorrangige Ziel einer vollen Kapazitätsnutzung nicht verfehlt wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.04.1975 - 1 BvR 344/74 u.a. -, BVerfGE 39, 276 [295]).
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Diesem „Grundrechtsschutz durch Verfahren“ (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20.12.1979 - 1 BvR 385/77 -, BVerfGE 53, 30 [65]) wird die Regelung zum Inkrafttreten nicht gerecht. Anhaltspunkte dafür, dass das Vertrauen in den Fortbestand der in § 24 Satz 1 Vergabeverordnung ZVS getroffenen Regelung für die Bewerbung um einen „außerkapazitären“ Studienplatz nicht schutzwürdig gewesen sein könnte, liegen nicht vor. Dies gilt in besonderer Weise, weil die vom Antragsgegner beabsichtigte Änderung des Bewerbungsverfahrens in keiner Weise kommuniziert worden ist und daher auch für Interessierte selbst bei Durchsicht der Presse- und Internetmitteilungen nicht erkennbar war. Hinsichtlich des Zeitpunktes hatte der erkennende Senat im Beschluss vom 29.06.2009 (- NC 9 S 1462/09 -) vielmehr noch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass von der Statuierung der Obliegenheit einer vorangegangen ZVS-Bewerbung „schon im Hinblick darauf, dass die entsprechenden Fristen bereits abgelaufen sind, vorläufig bewusst abgesehen“ worden war. Klargestellt hat der Senat in dieser Entscheidung im Übrigen auch bereits, dass es nicht zu rechtfertigen wäre, „Antragsteller, die sich nicht bei der ZVS beworben haben, ohne vorherigen Hinweis von der Vergabe außerkapazitärer Studienplätze auszuschließen“.
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Die vom Antragsgegner insoweit ins Feld geführte Benachrichtigung der mit Kapazitätsklagen befassten Rechtsanwälte stellt schon deshalb keine hinreichende Kompensationsmaßnahme dar, weil ein Großteil der Antragsteller jedenfalls zunächst auf die Inanspruchnahme rechtsanwaltlicher Hilfe verzichtet. Die aufgeworfene Frage, ob die erstellte Rechtsanwaltsliste vollständig ist und ob der Bevollmächtigte des Antragstellers hierauf noch im laufenden Bewerbungsverfahren hätte reagieren müssen, bedarf daher keiner weiteren Erörterung. Hieran dürften indes bereits deshalb Zweifel bestehen, weil in dem Informationsschreiben vom 08.07.2009 nur die materiellen Änderungen des § 24 Vergabeverordnung ZVS zitiert worden sind, auf einen Hinweis, dass die Neuregelung bereits auf das Vergabeverfahren zum Wintersemester 2009/2010 Anwendung finden soll, jedoch verzichtet worden ist.
Ein Grund zur Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO besteht nicht. Die Rechtssache weist zwar grundsätzliche Bedeutung auf, diese bezieht sich indes auf Fragen des Landesrechts und ist damit der Klärung in einem Revisionsverfahren nicht zugänglich.
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Beschluss vom 29. Oktober 2009
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Der Streitwert des Verfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (vgl. § 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 18.1 des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004).
97
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Gründe
20
Die Normenkontrollanträge des Antragstellers sind zulässig (I.), aber nur hinsichtlich des Hilfsantrages begründet (II.). Die angegriffene Neufassung zur Vergabe von Studienplätzen außerhalb der festgesetzten Kapazität in § 24 Satz 2 und 3 Vergabeverordnung ZVS in der Fassung der Änderungsverordnung vom 29.06.2009 ist mit höherrangigem Recht vereinbar und verstößt nicht gegen die geltend gemachten Rechte aus Art. 12 Abs. 1,Art. 19 Abs. 4 oderArt. 3 Abs. 1 GG. Die in Art. 2 Satz 2 der Änderungsverordnung angeordnete Geltung für das Vergabeverfahren zum Wintersemester 2009/2010 dagegen verstößt gegen den durch das Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG gewährleisteten Vertrauensschutz.
I.
21
Die vom Antragsteller erhobenen Anträge sind zulässig.
22
Die Normenkontrolle betrifft die Gültigkeit des § 24 Satz 2 und 3 Vergabeverordnung ZVS in der Fassung vom 29.06.2009 und damit im Range unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschriften, deren Vollzug zu verwaltungsgerichtlichen Streitigkeiten führt. Der Antrag ist damit gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthaft und auch innerhalb der in § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO vorgeschriebenen Jahresfrist gestellt. Der Antragsteller kann auch geltend machen, durch die angegriffene Rechtsvorschrift in seinem Recht auf Berufs- und Ausbildungsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzt zu werden, denn die angegriffene Verordnung regelt die Voraussetzungen, unter denen ein Studienplatz erworben werden kann.
23
Dem Antragsteller kommt auch ein rechtlich schützenswertes Interesse an der begehrten Normenkontrollentscheidung zu. Soweit der Antragsgegner vorgetragen hat, § 24 Satz 3 Vergabeverordnung ZVS beinhalte keine Neuregelung, so dass der Antragsteller auch aus einer etwaigen Nichtigkeitsfeststellung keinen Vorteil ziehen könne, trifft dies nicht zu. Denn nach bisheriger Rechtslage waren die Hochschulen nicht daran gehindert, im Falle der gerichtlichen Verpflichtung zur Vergabe weiterer Studienplätze auf das Losverfahren als Auswahlkriterium zurückzugreifen. Vielmehr hat auch der erkennende Senat im Beschluss vom 12.05.2009 (- NC 9 S 240/09 -) die betroffene Hochschule nur verpflichtet, „eine an den Vergabekriterien der ZVS orientierte Rangliste aufzustellen oder ein Losverfahren durchzuführen“. Dementsprechend ist die nachfolgende Vergabe auf Grundlage eines auf Grundlage der Abiturnote gebildeten „Zulassungsnähequotienten“ gebilligt worden (Senatsbeschluss vom 12.06.2009 - NC 9 S 1329/09 -). Unter Geltung des § 24 Satz 3 Vergabeverordnung ZVS kommt den Hochschulen ein entsprechender Spielraum jedenfalls dann nicht mehr zu, wenn sie entsprechende Ranglisten erstellt haben. Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass der Antragsteller, der die Vergabe im Wege des Losverfahrens erstrebt, seine Rechtsstellung mit der begehrten Feststellung der Unwirksamkeit verbessert.
II.
24
Die Normenkontrollanträge sind aber nur hinsichtlich des Hilfsantrages begründet.
25
Das beklagte Land durfte die Ausgestaltung des Vergabeverfahrens für die in der Zulassungszahlenverordnung nicht berücksichtigten Studienplätze durch eine Änderung der Vergabeverordnung ZVS regeln (1.) und dabei das Erfordernis einer vorherigen Bewerbung im zentralen Vergabeverfahren statuieren (2.); dies gilt auch im Hinblick auf die in § 24 Satz 2 Vergabeverordnung ZVS angeordnete Beschränkung der „außerkapazitären“ Platzzuweisung auf diejenigen Studienorte, bei denen eine Bewerbung im „regulären“ Auswahlverfahren stattgefunden hat (3.). Das in Art. 2 Satz 2 der Änderungsverordnung vom 29.06.2009 geregelte Inkrafttreten der Novellierung dagegen verstößt gegen das Rückwirkungsverbot und ist unwirksam (4.).
26
1. Die mit dem Normenkontrollantrag angegriffenen Bestimmungen in Art. 1 Nr. 4b der Änderungsverordnung vom 29.06.2009 sind einer normativen Regelung zugänglich (a). Sie unterfallen der Verbandskompetenz des Landes (b), konnten in Gestalt einer Rechtsverordnung geregelt werden (c) und sind in der Vergabeverordnung ZVS auch nicht an falscher Stelle verortet (d).
27
a) Die Tatsache, dass Bestimmungen über die Vergabe von Studienplätzen außerhalb der festgesetzten Kapazität einen Fall betreffen, der bei ordnungsgemäßem Verfahrensablauf nicht eintreten darf, steht einer normativen Regelung nicht entgegen (vgl. dazu bereits Senatsurteil vom 13.10.1987 - NC 9 S 247/87 u.a. -, DVBl 1988, 406).
28
Es ist für eine Rechtsvorschrift vielmehr nicht ungewöhnlich, Vorkehrungen und Vorgaben für die „Reparatur“ fehlerhafter Entscheidungen vorzusehen, wie in den Vorschriften über die Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte in § 48 LVwVfG exemplarisch deutlich wird. Hierfür besteht auch ein Bedürfnis, denn gerade im Falle vorangegangener Fehler erscheint es nicht angezeigt, die Entscheidung über das ob und wie der Korrektur sowie das zugehörige Verfahren der situativen Einzelfallbewältigung der Behörden zu überlassen. Mit normativen Vorgaben zur Bewältigung von Fehlerfolgen übernimmt die Legislative vielmehr die ihr zustehende Aufgabe, Verfahren und Kriterien eines Verwaltungsverfahrens in geordnete und vorgegebene Bahnen zu lenken.
29
Jedenfalls im Falle grundrechtsrelevanter Tätigkeitsfelder - wie hier der Vergabe von Studienplätzen und der damit verbundenen Zuteilung von „Lebenschancen“ (vgl. BVerfG, Urteil vom 18.07.1972 - 1 BvL 32/70 u.a. -, BVerfGE 33, 303 [332]) - erscheinen normative Vorgaben zur Verfahrensweise im Fehlerfalle dringend geboten. Dabei kann es im Hinblick auf die grundrechtliche Schutzwirkung nicht von Belang sein, ob die Studienplätze ordnungsgemäß in der Zulassungszahlenverordnung erfasst worden sind oder nicht. Die fehlerhafte Berechnung der Aufnahmekapazität nimmt den gleichwohl bestehenden Restplätzen nicht deren grundrechtliche Relevanz. Vielmehr besteht auch hinsichtlich dieser Studienplätze eine rechtlich geschützte Zuweisungschance (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.04.1975 - 1 BvR 344/73 -, BVerfGE 39, 258 [272]; Beschluss vom 31.03.2004 - 1 BvR 356/04 -, BVerfGK 3, 135), so dass es auch im Hinblick auf diese Restkapazitäten bei der grundsätzlich dem Gesetzgeber obliegenden Pflicht verbleibt, für die Erfüllung des verfassungsmäßigen Zulassungsrechts der hochschulreifen Bewerber zu sorgen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.02.1984 - 1 BvR 580/83 u.a. -, BVerfGE 66, 155 [178]). Es liegt daher sogar nahe, den für die Festsetzung der Zulassungszahl und die Vergabekriterien unstreitig geltenden Gesetzesvorbehalt jedenfalls insoweit auch auf „außerkapazitäre“ Studienplätze zu erstrecken, als nicht nur Verfahrensfragen (vgl. zur Erstreckung auf die Bestimmung des Klagegegners BVerfG, Beschluss vom 09.04.1975 - 1 BvR 344/74 -, BVerfGE 39, 276 [295]), sondern inhaltliche Vorgaben in Rede stehen. Jedenfalls bestehen keine Bedenken dagegen, dass diese Fragen von der Legislative mit normativen Regelungen bestimmt und konturiert werden.
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b) Die angegriffenen Bestimmungen zur Vergabe „außerkapazitärer“ Studienplätze unterfallen auch der Regelungskompetenz des Landes.
31
Allerdings hat der Antragsteller zutreffend darauf verwiesen, dass dem Landesverordnungsgeber keine Kompetenz zukommt, prozessrechtliche Fragen zu regeln. Denn mit Erlass der Verwaltungsgerichtsordnung hat der Bundesgesetzgeber das verwaltungsgerichtliche Verfahren grundsätzlich erschöpfend geregelt (vgl. dazu bereits BVerfG, Beschluss vom 11.10.1966 - 2 BvL 15/64 -, BVerfGE 20, 238 [248]), so dass für entsprechende Vorgaben, auch in Gestalt von Sachurteilsvoraussetzungen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 15.07.1980 - I C 54/75 -, DVBl 1980, 960), kein Gestaltungsraum der Länder mehr verbleibt. Insoweit gingen Ansätze, mit der Bestimmung die Verfahrensweise der Gerichte lenken oder einschränken zu wollen (vgl. dazu die Stellungnahme des Bevollmächtigten der Universitäten Freiburg, Heidelberg und Ulm vom 22.06.2009 zum Verordnungsentwurf, Bl. 100 der Behördenakten), fehl. Die in § 24 Satz 3 Vergabeverordnung ZVS enthaltene Anordnung ist aber - jedenfalls bei verfassungskonformer Auslegung - nicht als Regelung des gerichtlichen Verfahrens im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG zu verstehen. Vielmehr knüpft die Bestimmung ersichtlich an den vom erkennenden Senat beschlossenen Tenor vom 12.05.2009 (- NC 9 S 240/09 -) an, mit dem den Hochschulen die Wahl überlassen worden war, welches der zulässigen Auswahlkriterien für die Vergabe der im Gerichtsverfahren aufgedeckten Reststudienplätze angewendet werden soll. Mit der vom Antragsgegner erlassenen Bestimmung wird dieses Ermessen konturiert und gelenkt. Die angegriffene Norm findet also Anwendung, wenn sich die der festgestellten Zulassungszahl zugrunde liegende Kapazitätsberechnung an einer der Hochschulen des Landes als unzutreffend erweist und daraufhin durch ein Verwaltungsgericht erneut die Verpflichtung zur vorläufigen Studienzulassung ausgesprochen werden muss. Sie wendet sich damit an die Hochschulen und regelt die Verfahrensweise, soweit konkrete Vorgaben nicht bereits in der gerichtlichen Anordnung getroffen sind oder die Vergabe entsprechender Studienplätze nach Abschluss des gerichtlichen Hauptsacheverfahrens in Rede steht. § 24 Satz 3 Vergabeverordnung ZVS betrifft damit keine der konkurrierenden (Bundes-)Gesetzgebung unterfallende Frage des Prozessrechts. In dieser Auslegung sind überdies auch die angesprochenen Bestimmtheitszweifel im Hinblick auf den Normadressaten ausgeräumt.
32
Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist der Landesverordnungsgeber innerhalb seines Kompetenzbereichs grundsätzlich auch nicht daran gehindert, von der Gesetzgebung anderer Länder abweichende Regelungen zu treffen. Art. 3 Abs. 1 GG ist insoweit bereits nicht berührt, weil sich der Anspruch auf Gleichbehandlung nur auf den Geltungsbereich des jeweiligen Normgebers erstrecken kann. Es ist aber gerade Sinn der föderalistischen Kompetenzstruktur des Grundgesetzes, den Ländern Raum für eigenständige Gestaltungen zu belassen und die Länder in ihrem Zuständigkeitsbereich nicht zur Uniformität zu zwingen. Allerdings stellt die Studienplatzvergabe in den ins zentrale ZVS-Vergabeverfahren einbezogenen Studiengängen ein zusammenhängendes System dar, das nicht in Gänze der Regelungsmacht des Landes unterstellt ist. Dies wird bereits daran deutlich, dass die Materie sowohl in § 29 Abs. 1 Satz 1 HRG als auch im Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen vom 22.06.2006 (GBl. 2007 S. 510) geregelt und unter die Zielsetzung „einheitlicher Maßstäbe“ (vgl. Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des Staatsvertrags) gestellt worden ist. Bei derartig übergreifenden Lebenssachverhalten hat der Landesgesetzgeber daher sorgsam zu prüfen, ob sich die innerhalb seines Kompetenzbereiches getroffene Regelung im Rahmen der Wertentscheidung des Grundgesetzes hält „und ob sie nicht zur Entwertung von Grundrechten führen würde, wenn andere Länder ebenso verfahren“ (vgl. BVerfG, Urteil vom 18.07.1972 - 1 BvL 32/70 u.a. -, BVerfGE 33, 303 [352 f.]). Art. 15 Abs. 2 des Staatsvertrages ordnet insoweit ausdrücklich an, dass die in der Regelungsmacht der Länder verbliebenen Rechtsverordnungen nach Absatz 1 übereinstimmen müssen, soweit dies für eine zentrale Vergabe der Studienplätze notwendig ist.
33
Die angefochtene Bestimmung in § 24 Vergabeverordnung ZVS verweist indes gerade auf die Regelungen des zentralen Vergabeverfahrens, so dass - unbeschadet möglicher inhaltlicher Zweifel - jedenfalls im Hinblick auf die gebotene Einheitlichkeit Bedenken nicht bestehen. Zweifel hinsichtlich der Verbandskompetenz des Landes bestehen mithin nicht.
34
Dies gilt um so mehr, als für die Vergabe „außerkapazitärer“ Studienplätze, die ja gerade nicht ins zentrale Vergabeverfahren einbezogen worden sind, Anforderungen aus dem Gebot der Bundeseinheitlichkeit jedenfalls nur in untergeordnetem Maße zur Geltung gebracht werden können (vgl. auch Bahro/Berlin, Das Hochschulzulassungsrecht in der Bundesrepublik Deutschland, 4. Aufl. 2003, S. 455) und insoweit daher grundsätzlich ein weitreichender Gestaltungsraum der Länder anzunehmen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 02.08.1980 - 7 C 93/77 -, BVerwGE 60, 25 [35]). Das Bundesverwaltungsgericht hat deshalb bereits ausdrücklich ausgesprochen, dass die Regelung der Auswahlmodalitäten für „außerkapazitäre“ Studienplätze dem Landesrecht unterfällt (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.1989 - 7 C 17/89 -, DVBl 1990, 531).
35
c) Die Regelung kann auch auf eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage gestützt werden.
36
Allerdings kommt § 2a Abs. 2 des Gesetzes über die Zulassung zum Hochschulstudium in Baden-Württemberg in der Fassung vom 15.09.2005 (GBl. S. 629, zuletzt geändert durch Gesetz vom 20.11.2007, GBl. S. 511 - HZG -) als Ermächtigungsgrundlage nicht in Betracht, weil die von der Neufassung des § 24 Vergabeverordnung ZVS umfassten Studienplätze außerhalb der festgesetzten Kapazität gerade nicht „innerhalb der Quote nach Artikel 13 Abs. 1 Nr. 3 des Staatsvertrages“ berücksichtigt sind und der Anwendungsbereich aus Absatz 1 der Vorschrift damit nicht eröffnet ist.
37
Gleiches gilt im Ergebnis für die Ermächtigungsgrundlagen in § 11 Abs. 1 HZG, denn bei der Zuweisung „außerkapazitärer“ Plätze handelt es sich nicht um eine „Studienplatzvergabe nach §§ 6 bis 10“ des Gesetzes. Im Übrigen wäre dann gemäß § 11 Abs. 2 i.V.m. § 11 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 HZG auch das Einvernehmen des Kultusministeriums für den Erlass der Rechtsverordnung erforderlich gewesen.
38
Die angefochtenen Bestimmungen können aber auf die Ermächtigung in Art. 15 Abs. 1 Nr. 6 des Staatvertrags über die Vergabe von Studienplätzen vom 22.06.2006 gestützt werden, die - in Übereinstimmung mit Art. 61 Abs. 1 Satz 3 der Landesverfassung - auch in der Änderungsverordnung angegeben worden ist. Denn bei den getroffenen Anordnungen zur Obliegenheit einer vorangegangenen ZVS-Bewerbung und zum Auswahlkriterium handelt es sich um Vorschriften über die Vergabe „aus anderen Gründen frei gebliebener Plätze“.
39
Der Vorschrift kann weder von ihrem Wortlaut noch im Hinblick auf ihre Zweckbestimmung entnommen werden, dass sie für „außerkapazitäre“ Studienplätze keine Anwendung finden soll. Im Gegenteil sind sowohl die gesetzlichen Regelungen des Hochschulrahmengesetzes als auch der Staatsvertrag auf die vollständige Ausschöpfung der vorhandenen Ausbildungskapazität gerichtet (vgl. Art. 7 Abs. 2 Satz 1 des Staatsvertrags) und erstrecken sich daher auch auf die Vergabe von Restplätzen, die bei der Festsetzung der Zulassungszahl zunächst unberücksichtigt geblieben sind (vgl. dazu bereits ausführlich Senatsurteil vom 22.02.2006 - 9 S 1840/05 - zur inhaltsgleichen Vorgängerbestimmung in Art. 16 Abs. 1 des Staatsvertrags vom 24.06.1999). Auch insoweit handelt es sich um die im Staatsvertrag geregelte Zuweisung von Studienplätzen in einem ins zentrale Vergabeverfahren einbezogenen Studiengang (vgl. Art. 7 Abs. 1 Satz 1 des Staatsvertrags). Anhaltspunkte dafür, dass von den Regelungen des Staatsvertrags die Vergabe „außerkapazitärer“ Studienplätze nicht umfasst sein soll, sind nicht ersichtlich. Vielmehr ordnet Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 des Staatsvertrages (in Übereinstimmung mit §§ 32 Abs. 3 Nr. 3, 31 Abs. 3 Satz 2 HRG) an, dass die Studienplätze „im Übrigen“ von den Hochschulen nach dem Ergebnis eines Auswahlverfahrens zu vergeben sind. Dies deutet bereits begrifflich auf eine abschließende Regelung hin. Denn auch Studienplätze außerhalb der festgesetzten Kapazität werden außerhalb des in Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Staatsvertrags vorgesehenen Verfahrens und damit „im Übrigen“ vergeben. Schließlich spricht auch die offen gehaltene Formulierung der „aus anderen Gründen frei gebliebenen Plätze“ in Art. 15 Abs. 1 Nr. 6 des Staatsvertrags für eine weite Interpretation. Warum diejenigen Plätze, die aus Gründen einer fehlerhaften Kapazitätsberechnung frei geblieben sind, hierzu nicht gehören sollten, erschließt sich dem Senat nicht. Schließlich legt auch die Anordnung in Art. 15 Abs. 2 des Staatsvertrages nahe, dass die Ermächtigung umfassend für die Vergabe aller grundsätzlich in das zentrale Vergabeverfahren einbezogener Studienplätze gedacht war und das Erfordernis der Bundeseinheitlichkeit weit gezogen werden sollte. Andernfalls wäre das bei Erlass des Staatsvertrages hinreichend bekannte Problem der Zuweisung „außerkapazitärer“ Studienplätze der alleinigen Regelungsmacht der Länder unterstellt, was den Anforderungen der bundesweit geregelten Materie offenkundig nicht entspricht.
40
Die Tatsache, dass „außerkapazitäre“ Plätze nicht durch die ZVS, sondern die Hochschulen selbst vergeben werden, steht diesem Ergebnis nicht entgegen (a.A. offenbar Nds. OVG, Beschluss vom 22.12.2005 – 2 NB 466/05 -, NVwZ-RR 2006, 330). Denn der Staatsvertrag regelt nicht nur die Vergabe durch die Zentralstelle, sondern enthält auch die Vorgaben für das von den Hochschulen durchzuführende Auswahlverfahren (Art. 13 Abs. 1 Nr. 3) und die durch die Hochschulen auszusprechende Zulassung (Art. 14). Der Staatsvertrag erstreckt sich damit in sachlicher Hinsicht auch auf die Studienplatzvergabe durch die Hochschulen. Aus § 1 Satz 1 HZG ergibt sich nichts anderes; der dort gegebene Hinweis auf „ergänzende“ Vorschriften zum Staatsvertrag belegt vielmehr, dass auch der Staatsvertrag Regelungen über die Vergabe von Studienplätzen durch die Hochschulen enthalten muss.
41
Die Regelungen des Staatsvertrages umfassen daher grundsätzlich alle in das zentrale Vergabeverfahren einbezogenen Studienplätze und weisen den Ländern in Art. 15 Abs. 1 die Regelungsmacht für ergänzende Vorschriften zu. Da diese Interpretation den Vorgaben des Gesetzesvorbehalts aus Art. 12 Abs. 1 GG gerecht wird, ist ihr auch im Hinblick auf die Erzielung eines verfassungsgemäßen Zustandes der Vorzug zu geben. Diese Verordnungsermächtigung ist aber, wie ihr eindeutiger Wortlaut zeigt, nicht nur auf Verfahrensvorschriften beschränkt, sondern umfasst auch die „dabei anzuwendenden inhaltlichen Kriterien“. Art. 15 Abs. 1 Nr. 6 des Staatsvertrages enthält somit eine hinreichende und den Maßgaben aus Art. 61 Abs. 1 der Landesverfassung entsprechende Ermächtigungsgrundlage, die sich auch auf die „aus anderen Gründen“ - nämlich der Nichtberücksichtigung in der Zulassungszahlenverordnung - frei gebliebenen Plätze bezieht. Die Zuständigkeit des Wissenschaftsministeriums schließlich ist in § 2 Abs. 1 HZG ausdrücklich bestimmt und damit nicht zu beanstanden.
42
Damit ist auch den Anforderungen des Gesetzesvorbehalts Genüge getan. Dies folgt in formeller Hinsicht bereits daraus, dass auch der Staatsvertrag selbst den Rang eines Landesgesetzes genießt (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 13.06.2008 - NC 9 S 214/08 - m.w.N.) und die Anordnung damit auf einer gesetzlichen Grundlage beruht. Im Übrigen liegt mit dem Zustimmungsgesetz zum Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen vom 20.11.2007 (GBl. S. 505) auch die unmittelbare Parlamentsentscheidung vor. Insbesondere aber übernimmt § 24 Satz 3 Vergabeverordnung ZVS die vom Gesetzgeber getroffene Entscheidung für die Kriterien zur Vergabe von Studienplätzen und überträgt sie auch auf die Zuweisung von nachträglich festgestellten Restkapazitäten außerhalb der festgesetzten Zulassungszahl. Die inhaltlichen Vorgaben des Gesetzgebers werden deshalb gerade gewahrt, so dass nicht ersichtlich ist, warum es für diese Verfahrensweise einer ausdrücklichen Entscheidung des Gesetzgebers bedürfte. Insoweit liegt sogar nahe, in Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 des Staatsvertrages bereits eine unmittelbare Vorgabe des Gesetzgebers zu sehen. Denn der Staatsvertrag ist von seinem Selbstverständnis auf die Ausschöpfung der tatsächlich vorhandenen Ausbildungskapazität gerichtet und betrifft daher die Vergabe aller Studienplätze (vgl. dazu bereits Senatsurteil vom 22.02.2006 - 9 S 1840/05 -).
43
d) Die vom Antragsteller angegriffenen Bestimmungen zur Vergabe „außerkapazitärer“ Studienplätze in Studiengängen, die in das zentrale Vergabeverfahren einbezogen sind, wurden in der Vergabeverordnung ZVS auch an systematisch zutreffender Stelle geregelt. Auf die Frage, welche Rechtsfolge sich aus einem etwaigen Verstoß hiergegen ergeben könnte, kommt es daher nicht an.
44
Entgegen der mit dem Normenkontrollantrag vorgebrachten Auffassung wäre eine Regelung in der Verordnung des Wissenschaftsministeriums über die Vergabe von Studienplätzen in zulassungsbeschränkten Studiengängen durch die Hochschulen vom 13.01.2003 (GBl. S. 53, zuletzt geändert durch Gesetz vom 20.11.2007, GBl. S. 505 - HVVO -) nicht im Interesse der Normenklarheit und -wahrheit vorzugswürdig gewesen. Dies folgt bereits daraus, dass die HVVO auf der Ermächtigung des § 11 HZG beruht, die - wie bereits ausgeführt - für die in das zentrale Vergabeverfahren einbezogenen Studiengänge keine Anwendung finden kann (vgl. dazu auch bereits Senatsurteil vom 22.02.2006 - 9 S 1840/05 -). Eine Regelung an dieser Stelle scheidet daher bereits mangels entsprechender Rechtsgrundlage aus (vgl. Art. 61 Abs. 1 Satz 3 der Landesverfassung). Die Nichtanwendbarkeit der HVVO wird überdies an deren Regelungsbereich deutlich, der sich materiell auf die Vergabe von zulassungsbeschränkten Studiengängen durch die Hochschulen und die Vergabe von Studienplätzen für höhere Fachsemester beschränkt. Auch in tatsächlicher Hinsicht sind damit Regelungen über Studiengänge, die in das zentrale Vergabeverfahren einbezogen sind, in der HVVO nicht enthalten, so dass sich die mit der Normenkontrolle angegriffenen Bestimmungen hier als Fremdkörper erweisen würden.
45
Zutreffender systematischer Regelungsort für Bestimmungen zu Verfahren und Auswahlkriterien für die Vergabe „außerkapazitärer“ Studienplätze in einem ins zentrale Vergabeverfahren einbezogenen Studiengang ist daher die Vergabeverordnung ZVS. Diese beruht auf der insoweit zutreffenden Ermächtigungsgrundlage aus Art. 15 Abs. 1 Nr. 6 des Staatsvertrags und trifft auch inhaltlich die hierfür maßgeblichen Anordnungen.
46
2. Die Vergabe von Studienplätzen innerhalb der festgesetzten Kapazität und die Zuweisung „außerkapazitärer“ Restplätze sind zwar unterschiedliche Verfahren (a) und bedürfen daher nicht zwingend einer exakten Gleichführung (b), sie sind aber materiell auf dasselbe Ziel gerichtet und verfahrensmäßig aufeinander bezogen, so dass die vom Verordnungsgeber angeordnete Obliegenheit einer „regulären“ Bewerbung nicht als unzumutbar bewertet werden kann (c).
47
a) Zu Recht hat der Antragsteller indes darauf verwiesen, dass es sich bei der Vergabe von Studienplätzen im zentralen ZVS-Vergabeverfahren und bei dem Begehren um Zuweisung eines Studienplatzes außerhalb der in der Zulassungszahlenverordnung festgesetzten Kapazität um unterschiedliche Verfahrens- und Streitgegenstände handelt (vgl. zuletzt Senatsbeschluss vom 27.04.2006 - NC 9 S 45/06 -).
48
Hinsichtlich des Verwaltungsverfahrens sind bereits unterschiedliche - und eigenständige - Zulassungsanträge erforderlich, die im Falle der „regulären“ Bewerbung an die ZVS, für „außerkapazitäre“ Anträge aber an die jeweilige Hochschule zu richten sind. Insoweit gelten nicht nur unterschiedliche Regelungen zu Form- und Fristanforderungen, mit denen bereits normativ vorgegeben ist, dass es sich um unterschiedliche Verwaltungsgegenstände handelt (vgl. dazu bereits Senatsbeschluss vom 22.06.1993 - NC 9 S 59/93 -). Die Unabhängigkeit der Verfahren wird vielmehr auch dadurch deutlich, dass für die Geltendmachung eines Studienplatzes außerhalb der festgesetzten Kapazität der Ablehnungsbescheid der ZVS im innerkapazitären Verfahren nicht angefochten werden muss (vgl. Zimmerling/Brehm, Hochschulkapazitätsrecht, 2003, Rn. 313). Die Bestandskraft des ZVS-Bescheides steht dem Begehren auf Zuweisung eines „außerkapazitären“ Studienplatzes nicht entgegen, weil der Ablehnungsbescheid zu dieser Frage keine Regelung enthält. Inhaltlich bezieht sich der ZVS-Bescheid nur auf die ins zentrale Vergabeverfahren einbezogenen Studienplätze, so dass die im „Kapazitätsstreit“ relevante Frage, ob die Hochschule weitere Studienplätze über die festgesetzte Kapazität hinaus zur Verfügung stellen kann, nicht betroffen ist. Auch vom materiellen Streitgegenstand her betreffen die Verfahren daher „gänzlich andere Kriterien“ (vgl. bereits Senatsurteil vom 10.09.1986 - NC 9 S 2342/85 -; dazu auch Bahro/Berlin, Das Hochschulzulassungsrecht in der Bundesrepublik Deutschland, 4. Aufl. 2003, S. 455). Die hinsichtlich der „außerkapazitären“ Studienplätze im Vordergrund stehende Kapazitätsberechnung ist für die „reguläre“ Studienplatzvergabe ohne Bedeutung.
49
Schließlich ergibt sich die Unterschiedlichkeit der Verfahren auch aus der jeweiligen Gerichtszuständigkeit. Denn Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit der Vergabe von Studienplätzen durch die ZVS sind vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen auszutragen (vgl. § 52 Nr. 3 Satz 4 VwGO), während sich die Gerichtszuständigkeit für das Begehren auf Zuweisung eines Studienplatzes außerhalb der festgesetzten Kapazität nach dem Sitz der jeweiligen Hochschule richtet. Die Differenzierung und Trennung der Beanspruchung eines Studienplatzes innerhalb der festgesetzten Kapazität von der Geltendmachung weiterer Studienplätze außerhalb der festgesetzten Kapazität ist daher in der Senatsrechtsprechung stets betont (vgl. bereits Senatsbeschluss vom 16.03.1977 - IX 929/76 -) und die Vergabe von Studienplätzen außerhalb der festgesetzten Kapazität als selbständiges Verfahren qualifiziert worden, das neben dem gesetzlich normierten ZVS-Vergabeverfahren steht (vgl. Senatsbeschluss vom 17.09.2008 - NC 9 S 1792/08 -).
50
Unterschiede ergeben sich aber nicht nur hinsichtlich des Streitgegenstandes, vielmehr ist auch die tatsächliche Konkurrenzsituation in den beiden Vergabeverfahren nicht identisch. Denn bei der Zuweisung von Studienplätzen außerhalb der festgesetzten Kapazität, deren Existenz erst im verwaltungsgerichtlichen Verfahren aufgedeckt worden ist, stehen nur diejenigen Bewerber zur Auswahl, die eine entsprechende Vergabe beantragt und gerichtlich verfolgt haben. Die Wettbewerbssituation unterscheidet sich daher nicht unerheblich von derjenigen im ZVS-Vergabeverfahren, weil regelmäßig gerade diejenigen Studienbewerber, die eine Zulassung nur knapp verpasst und daher gute Chancen auf einen Platz im Nachrückverfahren oder im nächsten Semester haben, von den Mühen und finanziellen Risiken einer gerichtlichen Studienplatzklage absehen (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 09.04.1975 - 1 BvR 344/73 -, BVerfGE 39, 258 [269]).
51
Schließlich ist auch nicht zu verkennen, dass das zentrale Vergabeverfahren der ZVS den Gesetzlichkeiten eines Masseverfahrens folgt, die auf die meist nur wenige Plätze betreffende Verteilung „außerkapazitärer“ Studienplätze nur eingeschränkt passen. Dies wird etwa an der Anordnung in § 12 Abs. 1 der Vergabeverordnung ZVS deutlich, die für die Erstellung von Landesquoten einen Anwendungsbereich von mehr als 15 Studienplätzen voraussetzt, manifestiert sich aber insbesondere in dem in § 6 Vergabeverordnung ZVS geregelten Quotensystem. Denn die Verteilung im Verhältnis 20 : 20 : 60 setzt eine hinreichende Mindestzahl voraus und wirft im Falle der Zuweisung nur einzelner oder einiger weniger Plätze erhebliche Aufteilungsschwierigkeiten auf.
52
b) Angesichts dieser Unterschiede ist eine strikte Gleichführung der Vergabemodalitäten nicht zwingend geboten.
53
Um den Besonderheiten des „außerkapazitären“ Vergabeverfahrens sowie der besonderen Eilbedürftigkeit der Zuweisung dieser Plätze (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21.07.2005 - 1 BvR 584/05 -) Rechnung zu tragen, hat der Senat bislang auch keine strikte Anwendung der ZVS-Vergabekriterien, sondern lediglich eine an diesen Maßstäben „orientierte“ Zuteilung verlangt (vgl. Senatsbeschluss vom 12.05.2009 - NC 9 S 240/09 -). Er hat demnach etwa die Vergabe anhand eines an Hand der Abiturnote gebildeten „Zulassungsnähequotienten“ gebilligt und ausgeführt (Senatsbeschluss vom 12.06.2009 - NC 9 S 1329/09 -):
54
„Durch Beschluss vom 12.05.2009 hat der erkennende Senat der Vollstreckungsschuldnerin im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung auferlegt, 23 weitere Studienbewerber vorläufig zum Teilstudium der Humanmedizin nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2008/2009 zuzulassen. Abweichend von der früheren Praxis und in Anknüpfung an die zum Wintersemester 2007/2008 vom Senat gegebenen Hinweise (vgl. Beschluss vom 13.06.2008 - NC 9 S 241/08 -) hat der Senat die Hochschule dabei nicht verpflichtet, die erst im gerichtlichen Verfahren aufgedeckten Studienplätze außerhalb der festgesetzten Kapazität durch Losentscheid zu vergeben. Für die Auswahl unter denjenigen Studienbewerbern, deren Anspruch noch im Beschwerdeverfahren anhängig ist, ist der Hochschule vielmehr aufgegeben worden, „bis zum 15.06.2009 eine an den Vergabekriterien der ZVS orientierte Rangliste aufzustellen oder ein Losverfahren durchzuführen“. […]
55
Normative Vorgaben zu der Frage, wie und an wen Studienplätze zu vergeben sind, deren Vorhandensein erst in einem Rechtsstreit als Folge unzureichender Kapazitätsausnutzung nachgewiesen worden sind, bestehen nicht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.04.1975 - 1 BvR 344/73 -, BVerfGE 39, 258 [268]). Auch die Verordnung des Wissenschaftsministeriums über die zentrale Vergabe von Studienplätzen vom 23.04.2006 (GBl. S. 114; zuletzt geändert durch Verordnung vom 19.05.2008, GBl. S. 164 - Vergabeverordnung ZVS -) regelt hinsichtlich der Vergabe von Studienplätzen außerhalb der festgesetzten Zulassungszahl nur Bewerbungsfristen. Nach Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann diese Regelungslücke sowohl durch eine analoge Anwendung der ZVS-Auswahlkriterien als auch durch eine Vergabe nach Losverfahren geschlossen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 08.02.1980 - 7 C 93/77 -, BVerwGE 60, 25; Urteil vom 15.12.1989 - 7 C 17/89 -, DVBl. 1990, 531). […]
56
Dieser Maßgabe ist der erkennende Senat mit der Tenorfassung des Beschlusses vom 12.05.2009 gefolgt. Er hat dabei die Entscheidung über die Auswahl des Vergabekriteriums nicht selbst getroffen, sondern der Hochschule die Wahl belassen, welche der im Tenor benannten zulässigen Auswahlverfahren zur Anwendung kommen sollen. Mit der Formulierung, dass die Rangliste „an den Vergabekriterien der ZVS orientiert“ sein muss, ist dabei klargestellt, dass die Vollstreckungsschuldnerin nicht verpflichtet ist, das System der Vergabeverordnung ZVS unmittelbar und deckungsgleich zu übernehmen, insbesondere also auch nicht das dort normierte Verhältnis von Abiturbestenquote, Wartezeit und Hochschulauswahlverfahren. Vielmehr ist eine Rangliste auch dann an den Vergabekriterien der ZVS orientiert, wenn sie nur einer der geltenden und für das zentrale Vergabeverfahren normierten Auswahlregelungen entspricht (vgl. dazu ausdrücklich BVerwG, Urteil vom 08.02.1980 - 7 C 93/77 -, BVerwGE 60, 25 [32]). Eine exakte Nachzeichnung des ZVS-Vergabesystems mit dem dort geltenden Quotensystem ist daher im Tenor des zu vollstreckenden Beschlusses nicht vorgeschrieben. […]
57
Der Senat hält es indes im Hinblick auf die zu gewährende Chancengleichheit für vorzugswürdig, die im gerichtlichen Verfahren nachträglich aufgedeckten Restkapazitäten nach denselben Auswahlkriterien zu vergeben, die für die ordnungsgemäß festgesetzten Studienplätze gelten (vgl. zur diesbezüglichen Entscheidungskompetenz des Senats auch BVerwG, Urteil vom 08.02.1980 - 7 C 93/77 -, BVerwGE 60, 25 [35]). Nur so kann ein Auseinanderfallen der Auswahlmaßstäbe für die Vergabe der in der Zulassungszahlenverordnung ausgewiesenen Studienplätze und der erst nachträglich aufgedeckten Studienplätze außerhalb der festgesetzten Kapazität vermieden werden, die der auch vom Bundesverfassungsgericht geforderten Verteilung aller freien Studienplätze unter Anwendung einheitlicher Auswahlkriterien (vgl. BVerfG, Urteil vom 18.07.1972 - 1 BvL 32/70 u.a. -, BVerfGE 33, 303 [357]) nicht entspricht und im Ergebnis dazu führt, dass die nachträglich festgestellten Studienplätze solchen Bewerbern zufallen, denen sie bei ordnungsgemäßer Kapazitätsfeststellung nicht zugestanden hätten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.04.1975 - 1 BvR 344/74 u.a. -, BVerfGE 39, 276 [296]; Beschluss vom 29.09.2008 - 1 BvR 1464/07 -). […]
58
Hierfür ist indes erforderlich, dass sich - wie vorliegend auch durch fast alle Bewerber geschehen - der jeweilige Studienbewerber auch bei der ZVS im zentralen Vergabeverfahren um einen Studienplatz in dem betreffenden Studiengang beworben hat (vgl. dazu auch Hamburgisches OVG, Beschluss vom 23.04.2008 - 3 NC 216/07 -). Nur so können die zur Ranglistenerstellung erforderlichen Daten zeitnah bereitgestellt werden. Diese Verfahrensweise liegt im Übrigen auch deshalb nahe, weil das von einem Studienplatzbewerber verfolgte Ziel der Vergabe eines Studienplatzes im Studiengang Medizin vorrangig eine ordnungsgemäße Verfahrensbewerbung erfordert.“
59
Diese Erwägungen hat der Verordnungsgeber mit der Neufassung des § 24 Vergabeverordnung ZVS aufgegriffen.
60
c) Die Obliegenheit einer vorangegangenen Bewerbung im zentralen Auswahlverfahren ist auch in rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Ungeachtet der beschriebenen Unterschiede sind sowohl das „innerkapazitäre“ als auch das „außerkapazitäre“ Verfahren der Studienplatzvergabe auf dasselbe Ziel gerichtet und in verfahrenstechnischer Hinsicht aufeinander bezogen, so dass die vom Verordnungsgeber angeordnete Obliegenheit einer „regulären“ Bewerbung nicht als unzumutbar bewertet werden kann
61
Sowohl die Bewerbung im zentralen Vergabeverfahren als auch das Begehren auf Zuweisung eines in der Zulassungszahlenverordnung nicht ausgewiesenen Studienplatzes zielen auf das Begehren, in dem entsprechenden Semester einen Studienplatz des gewählten Studiengangs zu erhalten. In tatsächlicher Hinsicht ist das Anliegen daher identisch; denn ob der in Anspruch genommene Studienplatz in der Zulassungszahlenverordnung berücksichtigt war oder nicht, ist für denjenigen, der im Ergebnis eine Zulassung erreicht, nicht von Belang. Dementsprechend ist das angestrebte Ziel auch nur einmal erreichbar, denn § 60 Abs. 4 Satz 2 LHG lässt grundsätzlich nur die Zulassung an einer Hochschule zu. „Unabhängig“ voneinander sind die Verfahrenswege daher nicht.
62
Überdies sind die beiden Verfahrenswege auch in rechtlicher Hinsicht aufeinander bezogen und in wechselseitigem Abhängigkeitsverhältnis verwoben. Dies folgt bereits daraus, dass Studienplätze außerhalb der festgesetzten Kapazität nur als Folge einer fehlerhaften Bestimmung der im „innerkapazitären“ Verfahren zu vergebenden Plätze entstehen und daher bereits von ihrem Wesen her nachrangig sind. Restkapazitäten sind ausschließlich denkbar, wenn die Aufnahmekapazität in der Zulassungszahlenverordnung unzutreffend berechnet worden ist; sie sind damit eine Form der Fehlerkorrektur. Die vom Antragsteller erstrebte Vergabe im Wege gerichtlicher Anordnung ist indes nicht die einzig denkbare Möglichkeit, eine vollständige Ausschöpfung der Ausbildungskapazitäten zu erreichen. Insoweit besteht auch kein Anspruch auf Beibehaltung gerade dieses – normativ nicht vorgegebenen – Systems. Dementsprechend ist in der Senatsrechtsprechung geklärt, dass „außerkapazitäre“ Studienplätze nicht ausschließlich für diejenigen Bewerber „reserviert“ oder vorbehalten sind, die derartige Studienplätze im Wege eines gegen die Hochschule gerichteten Gerichtsverfahrens geltend gemacht haben. Eine derartige Kontingentierung findet im geltenden Recht keine Stütze. Vielmehr tritt die im Hochschulrahmengesetz, im Staatsvertrag, in den einschlägigen Landesgesetzen und Rechtsverordnungen vorgesehene Normierung für die Vergabe von Studienplätzen nur für den Fall zurück, dass ein vorhandener Studienplatz infolge unzureichender Kapazitätsermittlung nicht ins Vergabeverfahren einbezogen wird und daher ungenutzt bliebe (ebenso Brehm/Zimmerling, NVwZ 2008, 1303 [1308]). Ein derartiger Fall muss im Hinblick auf den verfassungsrechtlich verankerten Grundsatz der vollständigen Kapazitätsauslastung vermieden werden.
63
Führen jedoch auch andere Wege zur Verhinderung des von Verfassungs wegen zu vermeidenden Zustandes einer Nichtausschöpfung vorhandener Ausbildungskapazitäten, sind hiergegen grundsätzliche Einwände nicht zu erheben. Die verfassungsrechtlichen Vorgaben gebieten nicht, in der Zulassungszahlenverordnung nicht ausgewiesene Studienplätze gerade oder ausschließlich im Wege der „Studienplatzklage“ zu vergeben. Vielmehr können entsprechende Restplätze auch durch Nachmeldung (vgl. Senatsbeschluss vom 31.01.2003 - NC 9 S 45/02 u.a. -), Überbuchung (vgl. Senatsbeschluss vom 02.10.1995 – NC 9 S 19/95 –; Hess. VGH, Beschluss vom 18.01.2001 – 8 GM 3131/00.SO.T -, NVwZ-RR 2001, 448) oder andere Korrektursysteme (vgl. zur „Auffüllung“ etwa Senatsbeschluss vom 17.09.2008 – NC 9 S 1792/08 -) vergeben und eine Kapazitätsausschöpfung damit gewährleistet werden. Hierdurch werden subjektive Rechte etwaiger Studienplatzkläger jedenfalls dann nicht berührt, wenn sie nicht nachträglich und ohne sachlichen Grund um die Früchte des bereits beschrittenen Gerichtsverfahrens gebracht werden - was vorliegend nicht in Rede steht (vgl. zur Begrenzung der Rechtsschutzmöglichkeiten von Studienbewerbern auf eigene Rechtspositionen auch BVerfG, Beschluss vom 03.07.1980 - 1 BvR 967/78 u.a. -, BVerfGE 54, 173 [194]). Die Zulässigkeit anderer Vergabewege gilt aber erst recht, wenn diese Verfahren dichter an den normativen Vorgaben des „regulären“ Vergabeverfahrens liegen oder sogar – wie hier - vom zuständigen Normgeber angeordnet worden sind.
64
Um eine entsprechende Vergabe ermöglichen zu können, ist der Normgeber auch befugt, die Obliegenheit eines „regulären“ Zulassungsantrags im zentralen Vergabeverfahren zu statuieren. Denn die Rechtsordnung verbietet es nicht, die Durchsetzung des Teilhaberechts aus Art. 12 Abs. 1 GG mit zumutbaren formellen Anforderungen zu verbinden (so bereits Senatsurteil vom 13.10.1987 - NC 9 S 247/87 u.a. -, DVBl 1988, 406). Diese Einschätzung steht nicht in Widerspruch zu dem Umstand, dass der Senat die vorangegangene ZVS-Bewerbung bislang nicht als Zulässigkeitsvoraussetzung einer Kapazitätsklage angesehen hat. Denn Anknüpfungspunkt für eine entsprechende Forderung durch das Gericht wäre die Annahme eines fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses. Dies aber ist jedenfalls dann nicht ganz frei von Zweifeln, wenn ein etwaiger Bewerber angesichts seiner Abiturnote und fehlender Wartezeiten keine realistische Chance auf Zulassung im zentralen Bewerbungsverfahren besitzt (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 08.08.2006 - 7 CE 06.10020 u.a. -, NVwZ-RR 2007, 175). Denn dann könnte nicht ohne weiteres von einem einfacheren und schnelleren Weg gesprochen werden, der die Inanspruchnahme der Gerichte als überflüssig erscheinen lässt. Ob anderes im Hinblick auf die Möglichkeit der Bewerbung für das Hochschulauswahlverfahren gilt, bei dem – jedenfalls im Falle geschickter Ortswahl – eine Zulassungschance wohl nie mit Sicherheit verneint werden kann (vgl. dazu Hamburgisches OVG, Beschluss vom 23.04.2008 - 3 NC 216/07 -), muss vorliegend nicht entschieden werden. Denn durch die vom Verordnungsgeber in § 24 Satz 2 Vergabeverordnung ZVS statuierte Vergabevoraussetzung steht nicht der Fall eines von der Judikative angenommenen Fehlens des Rechtsschutzinteresses im Streit – das grundsätzlich nicht restriktiv gehandhabt werden darf (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 20.02.2003 - 8 MM 3953/02.W2 -, NVwZ-RR 2003, 756) –, sondern die Anordnung durch die Legislative im Wege der Rechtsverordnung. Insoweit sind die Maßstäbe nicht identisch, es besteht vielmehr grundsätzlich ein legislativer Gestaltungsraum des zuständigen Normgebers.
65
Die dargestellte Verfahrensabhängigkeit der Vergabe „außerkapazitärer“ Studienplätze vom zentralen Vergabeverfahren ist aber ein hinreichend sachlicher Grund und rechtfertigt die vorliegend eingeführte Obliegenheit einer vorangegangenen Bewerbung im „regulären“ Auswahlverfahren jedenfalls dann, wenn dies für eine an den Kriterien des zentralen Verfahrens orientierte Vergabe der Restplätze erforderlich ist (vgl. dazu auch Zimmerling/Brehm, Hochschulkapazitätsrecht, 2003, Rn. 351). Anders als im Falle der Losvergabe ist hier ein unmittelbarer Verfahrenskonnex gegeben, weil die nachträgliche Einordnung etwaiger Bewerber in eine nach ZVS-Kriterien zu erstellende Rangliste ohne entsprechende Bewerbung unmöglich oder jedenfalls erheblich erschwert würde. Das Erfordernis einer „regulären“ Bewerbung muss auch als zumutbar bewertet werden, weil mit der Obliegenheit nur eine geringfügige Beeinträchtigung für den Bewerber verbunden ist. Selbst wenn seine Auswahlchancen im zentralen Vergabeverfahren möglicherweise gering sein mögen und die Bewerbung daher letztlich nur der Offenhaltung einer „außerkapazitären“ Vergabe dienen sollte, liegt darin keine unerträgliche oder unangemessene Belastung.
66
3. Der Verordnungsgeber durfte die Vergabe eines „außerkapazitären“ Studienplatzes auch an die Voraussetzung einer vorherigen Bewerbung gerade an der betreffenden Hochschule knüpfen. Die Regelung entspricht der Struktur der Bestimmungen zur Vergabe zusätzlicher Plätze (a) sowie der Bedeutung der Ortswahlentscheidung im Verfahren der Studienplatzvergabe (b) und führt auch nicht zu unverhältnismäßigen Beschränkungen des Zulassungsrechts studierwilliger Bewerber (c).
67
a) Systematisch betrachtet handelt es sich bei der Vergabe von Studienplätzen außerhalb der festgesetzten Kapazität um eine Sonderform des Nachrückverfahrens. Denn die im gerichtlichen Verfahren aufgedeckten Restkapazitäten hätten, wenn ihr Vorhandensein früher bemerkt worden wäre, nachgemeldet und so im Nachrückverfahren berücksichtigt werden können (vgl. § 5 Abs. 3 KapVO VII, § 10 Abs. 10 Satz 2 Vergabeverordnung ZVS; zum Vorrang der Vergabe nach dem System der Vergabeverordnung ZVS auch Senatsbeschlüsse vom 12.05.2009 - NC 9 S 240/09 - und vom 31.01.2003 - NC 9 S 45/02 u.a. - sowie Senatsurteil vom 22.02.2006 - 9 S 1840/05 -). Um die Systemgerechtigkeit zu wahren und die durch die fehlerhafte Kapazitätsfestsetzung entstehenden Folgen und Verzerrungen möglichst gering zu halten, liegt es daher nahe, die Vergabe dieser in einem besonderen „Nachrückverfahren“ zu vergebenden Plätze möglichst in gleicher Weise zu handhaben wie die Vergabe „regulärer“ Nachrückplätze. Genau dies aber hat der Verordnungsgeber mit der Neufassung des § 24 Vergabeverordnung ZVS getan.
68
Nach Art. 13 Abs. 4 des Staatsvertrags über die Vergabe von Studienplätzen vom 22.06.2006 und dem folgend § 9 Satz 2 Vergabeverordnung ZVS werden nicht in Anspruch genommene Studienplätze, die von der ZVS nach dem Grad der Qualifikation und der Wartezeit zuzuweisen gewesen wären, von den Hochschulen nach dem Ergebnis ihres Auswahlverfahrens vergeben. Ein Nachrückverfahren für das zentral durch die ZVS durchgeführte Auswahlverfahren der Abiturbesten- und der Wartezeitquote findet folglich nicht statt, diese Plätze werden vielmehr dem Auswahlverfahren der Hochschulen zugeschlagen. Das Nachrückverfahren berücksichtigt somit das Quotensystem von 20 : 20 : 60 nicht, sondern bringt ausschließlich das Vergabesystem der jeweiligen Hochschule zur Anwendung. Im Auswahlverfahren der Hochschulen aber sind gemäß § 10 Abs. 9 Vergabeverordnung ZVS „Ranglisten“ zu erstellen, auf die § 24 Satz 3 Vergabeverordnung ZVS ersichtlich Bezug genommen hat. Unbeschadet des insoweit unklaren Vortrags des Antragsgegners im vorliegenden Gerichtsverfahren lässt der objektive Regelungsgehalt der Norm daher den Schluss zu, dass mit den in § 24 Satz 3 Vergabeverordnung ZVS benannten Ranglisten diejenigen des Auswahlverfahrens der Hochschulen gemeint und benannt sind. Dieses Ergebnis wird durch den systematischen Bezug der in § 24 Satz 3 Vergabeverordnung ZVS benannten Ranglisten auf die in Satz 2 angeordnete Bewerbung für den betreffenden Studienort bestätigt. Denn das Erfordernis einer Bewerbung gerade am jeweiligen Studienort besteht nur für eine Vergabe auf Grundlage der Ergebnisse des Hochschulauswahlverfahrens. Das Gesamtregelungssystem macht daher hinreichend deutlich, dass mit der Bewerbung für den betreffenden Studienort diejenige für das Auswahlverfahren der Hochschulen in Bezug genommen ist und mit den entsprechenden Ranglisten somit die Ergebnisse des Hochschulauswahlverfahrens angesprochen sind. Nur die im Hochschulauswahlverfahren gewählten Studienorte werden im Übrigen auch im ZVS-Ablehnungsbescheid ausgewiesen. Die Ortsangaben in der Abiturbestenquote und nach Wartezeit können dagegen den Bescheiden nicht entnommen werden, so dass die Bezugnahme auf die für das Hochschulauswahlverfahren benannten Studienorte auch schon aus Praktikabilitätsgründen nahe liegt. Dies gilt um so mehr, als die Ranglisten des Hochschulauswahlverfahrens ohnehin im zentralen Vergabeverfahren erstellt werden müssen und die Bezugnahme hierauf damit eine zeitnahe Vergabe der „außerkapazitären“ Studienplätze erleichtert. Die in § 24 Satz 3 letzter Satzteil Vergabeverordnung ZVS angelegte Alternativvariante ist damit indes ohne Anwendungsfall, denn entsprechende Ranglisten hat die Hochschule stets zu erstellen. Im Ergebnis werden damit „außerkapazitäre“ Studienplätze nach denselben Kriterien vergeben wie Nachrückplätze.
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Für eine Berücksichtigung im Rahmen des Nachrückverfahrens ist aber - sogar im Falle der nachrangigen Vergabe durch Los nach § 10 Abs. 12 Vergabeverordnung ZVS (deren Vereinbarkeit mit Art. 13 Abs. 4 des Staatsvertrags nicht frei von Zweifeln ist) - Voraussetzung, dass eine Zulassung bei der jeweiligen Hochschule beantragt worden ist. Das Nachrückverfahren, das in seiner Ausgestaltung dem Auswahlverfahren der Hochschule zugeordnet ist, findet daher stets nur unter denjenigen Bewerberinnen und Bewerbern statt, die sich zuvor bei der entsprechenden Hochschule um einen Studienplatz in dem jeweiligen Studiengang beworben haben. Die mit dem Zulassungsantrag getroffene Ortswahlentscheidung behält damit auch für das weitere (Nachrück-)Verfahren Geltung.
70
b) Die Verknüpfung des Nachrückverfahrens mit der gewählten Hochschule entspricht auch der besonderen Bedeutung, die der Ortswahl im Verfahren der Studienplatzvergabe generell zukommt. Der besondere Stellenwert, den der Gesetzgeber der Ortswahlentscheidung zugemessen hat, wird zunächst bereits daran deutlich, dass die Bindung an die Ortspräferenz selbst für einen unter die „Abiturbestenquote“ fallenden Bewerber zum Verlust des Studienplatzes führen kann. Denn der Verteilungswettbewerb findet gemäß § 20 Satz 2 Vergabeverordnung ZVS nur zwischen den Bewerberinnen und Bewerbern statt, die den betreffenden Studienort an gleicher Stelle genannt haben. Wenn sich also für eine besonders beliebte Hochschule unter den Abiturbesten mehr Bewerber in gleicher Ortspräferenz gemeldet haben, als die ZVS dort unterbringen kann, werden die nachrangigen Antragsteller an diesem Studienort nicht zugelassen. Für den an nächster Stelle benannten Studienort kommen sie indes (unabhängig von ihrem Rangplatz) erst zum Zuge, wenn die Bewerber mit besserer Ortspräferenz vollständig ausgeschöpft worden sind, so dass die Zulassungschance mit nachrangiger Ortspräferenz deutlich fällt. Durch die Beschränkung auf maximal sechs Ortswünsche indes kann es so dazu kommen, dass ein im Rahmen der Abiturbestenquote ausgewählter Bewerber keiner von ihm benannten Hochschule zugeteilt werden kann und damit in der Bestenquote doch keine Zulassung erhält (vgl. dazu auch ZVS-info, S. 10). Eine Ausdehnung auf andere Studienorte oder ein Nachrückverfahren findet insoweit nicht statt, die übrig gebliebenen Plätze werden vielmehr der Quote für das Auswahlverfahren der Hochschulen zugeschlagen.
71
Gleiches gilt für das Auswahlverfahren der Hochschulen, in dem der jeweiligen Ortswahl noch größere Bedeutung für die Zulassungsentscheidung zukommt. Denn die Hochschule darf die Zahl der Teilnehmenden am Auswahlverfahren „nach dem Grad der Ortspräferenz“ begrenzen (vgl. § 32 Abs. 3 HRG, Art. 13 Abs. 1 des Staatsvertrages sowie § 10 Abs. 5 Vergabeverordnung ZVS), was im Ergebnis zu einer gravierenden Verengung der grundsätzlich vorgesehenen sechs Ortswünsche führen kann. In Baden-Württemberg etwa haben für den Studiengang Humanmedizin mit Ausnahme der Universität Ulm alle Hochschulen das Vorauswahlkriterium der ersten (so die Maßgabe der Universität Tübingen) oder jedenfalls zweiten Ortspräferenz (so die Voraussetzung für eine Teilnahme an den Studienorten Freiburg, Heidelberg und Mannheim) aufgestellt, sodass im Ergebnis allenfalls drei der fünf möglichen Studienorte des Landes „angewählt“ werden können. Der Ortswahl wird daher im Vergabeverfahren eine dominierende Rolle eingeräumt, die durchaus zum Verlust einer grundsätzlich bestehenden Zulassungschance führen kann.
72
Diese Entscheidung hat der Hochschulgesetzgeber auch bewusst getroffen. Denn das insoweit maßgebliche Siebte Gesetz zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes verfolgte gerade den Zweck, die „Profilbildung“ der Hochschulen durch eine Ausdehnung des eigenen Auswahlrechts zu stärken (vgl. BT-Drs. 15/1498 S. 7; vgl. zur Stärkung der hochschulpolitischen Eigenständigkeit durch Freistellung von den Bindungen des ZVS-Beispielstudienplans auch Senatsbeschluss vom 13.06.2008 - NC 9 S 241/08 -, ESVGH 59, 12). Durch die eigene Mitwirkung sollte es den Hochschulen ermöglicht werden, die Qualifikationsprofile von Studienbewerbern besser mit den Anforderungen ihres Studienganges abzustimmen und sich auf Bewerber mit einer besonderen Identifikation für die Hochschule konzentrieren zu können (vgl. BT-Drs. 15/3475 S. 7 und 10; dazu auch bereits Bode/Weber, Hochschulzulassung, in: Flämig (Hrsg.), Handbuch des Wissenschaftsrechts Bd. 1, 2. Aufl. 1996, S. 673 [709]). Die damit verbundenen Einschränkungen für die Studienplatzbewerber sind dabei durchaus gesehen und diskutiert, im Hinblick auf die Entlastung der Hochschulen aber als erforderlich und zulässig bewertet worden (vgl. dazu auch LT-Drs. 14/5 S. 18 f.).
73
Die Betonung der Ortswahlentscheidung entspricht schließlich auch den verfassungsrechtlichen Vorgaben. Denn Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG garantiert nicht nur die freie Wahl des Berufes, sondern erwähnt ausdrücklich auch die „Ausbildungsstätte“. Insoweit wurde bei den Beratungen im Hauptausschuss des Parlamentarischen Rates betont, es müsse unter allen Umständen die Freiheit gesichert werden, zwischen den verschiedenen Universitäten wählen und bei besonders hervorragenden Lehrern hören zu können (vgl. StenBer. über die 44. Sitzung des Hauptausschusses vom 19.01.1949, S. 575 ff.; vgl. zur aktuellen Bedeutung im Hinblick auf die Herausbildung von „Eliteuniversitäten“ auch Verfassungsgerichtshof Berlin, Beschluss vom 16.09.2008 - 81/08 u.a. -). Das Recht zur freien Wahl der Hochschule korrespondiert daher mit dem durch Wissenschaftspluralismus charakterisierten Lernangebot in einer für verschiedene Auffassungen und Schulrichtungen offenen freiheitlichen Gesellschaft. Auch das Bundesverfassungsgericht hat deshalb klargestellt, dass Auswahl und Verteilung der Studienbewerber „unter möglichster Berücksichtigung der individuellen Wahl des Ausbildungsortes erfolgen“ muss (vgl. BVerfG, Urteil vom 18.07.1972 - 1 BvL 32/70 u.a. -, BVerfGE 33, 303 [338]). Diesem Ansatz entspricht es aber durchaus, die jeweilige Ortswahlentscheidung des Studienbewerbers ernst zu nehmen und ihr auch im Rahmen des Vergabeverfahrens maßgebliche Bedeutung zukommen zu lassen. Die Orientierung an der getroffenen Wahl hat als Kehrseite aber auch deren Verbindlichkeit zur Folge. Nicht gewählte Studienorte unterfallen insoweit nicht demselben Schutz.
74
c) Warum eine dem „regulären“ Zulassungsverfahren entsprechende Regelung für die Vergabe der in der Zulassungszahlenverordnung nicht berücksichtigten Studienplätze unzulässig sein und ein etwaiger Antragsteller Anspruch auf Beteiligung am Vergabeverfahren jeder beliebigen Hochschule haben sollte, ist nicht ersichtlich. Für das vom Antragsteller behauptete Recht (und damit auch das Substrat der behaupteten Verletzung in Art. 19 Abs. 4 GG), alle Hochschulen verklagen zu können, ist eine Grundlage nicht ersichtlich. Vielmehr erscheint es sachgerecht und entspricht dem Anliegen stimmiger Systembildung, die von Staatsvertrag und Gesetzgeber (vgl. Zustimmungsgesetz zum Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen vom 20.11.2007, GBl. S. 505) vorgesehene Beschränkung der Ortswahl auch in diesem Verfahrensstadium aufrecht zu erhalten. Der Senat hat insoweit auch bereits bekräftigt, dass das Teilhaberecht in Verfahren zur Vergabe von Studienplätzen außerhalb der festgesetzten Kapazität nicht weiter reichen kann als im ordentlichen Vergabeverfahren (vgl. Senatsurteil vom 22.02.2006 - 9 S 1840/05 -).
75
Nur so kann im Übrigen ein Auseinanderfallen der Auswahlmaßstäbe für die Vergabe der in der Zulassungszahlenverordnung ausgewiesenen Studienplätze und der erst nachträglich aufgedeckten Studienplätze außerhalb der festgesetzten Kapazität vermieden werden, die der auch vom Bundesverfassungsgericht geforderten Verteilung aller freien Studienplätze unter Anwendung einheitlicher Auswahlkriterien (vgl. BVerfG, Urteil vom 18.07.1972 - 1 BvL 32/70 u.a. -, BVerfGE 33, 303 [357]) nicht entspricht und im Ergebnis dazu führt, dass die nachträglich festgestellten Studienplätze solchen Bewerbern zufallen, denen sie bei ordnungsgemäßer Kapazitätsfeststellung nicht zugestanden hätten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.04.1975 - 1 BvR 344/74 u.a. -, BVerfGE 39, 276 [296]; Beschluss vom 29.09.2008 - 1 BvR 1464/07 -). An diesem Befund vermag ein etwaiges „Unbehagen“ an den bestehenden Auswahlkriterien – und dabei insbesondere der Bezugnahme auf die Abiturdurchschnittsnote – nichts zu ändern. Dies gilt zunächst schon deshalb, weil sich derartige Angriffe primär gegen das normativ angeordnete und auch zahlenmäßig viel bedeutsamere „reguläre“ Auswahlverfahren richten müssten. Hinsichtlich der Vergabe „außerkapazitärer“ Studienplätze gehen die Rügen daher am Kern der Sache vorbei. Überdies soll aber gerade das so gestärkte Auswahlverfahren der Hochschulen gewährleisten, dass die Vergabe der Studienplätze nicht alleine nach Maßgabe der Abiturdurchschnittsnote erfolgt und damit auch Studienbewerbern mit schlechteren Schulnoten die Chance verbleibt, den gewünschten Beruf zu ergreifen (vgl. BVerfG, Urteil vom 18.07.1972 - 1 BvL 32/70 u.a. -, BVerfGE 33, 303 [350]). Mit einer Umstellung der Zuweisung „außerkapazitärer“ Restplätze wird daher der Fokus auf das rechtlich relevante Problem der Zulassungskriterien im Hochschulauswahlverfahren gerückt. Darüber hinaus ermöglicht die Abkehr vom Losverfahren auch „gerechtere“ Kostenentscheidungen und trägt dazu bei, prozessuale Schwierigkeiten hinsichtlich der zutreffenden und sachdienlichen Antragstellung zu vermeiden (vgl. hierzu bereits Senatsbeschluss vom 13.06.2008 - NC 9 S 241/08 -).
76
Überdies ist im Gesetzgebungsverfahren zur Novellierung des Hochschulrahmengesetzes wiederholt betont worden, dass es dringend vermieden werden müsse, den Hochschulen im eigenen Auswahlverfahren abgelehnte Bewerber durch andere Zulassungswege doch noch zuzuweisen (vgl. etwa BT-Drs. 15/3475 S. 7 f.). Auch dieses Anliegen würde mit einer Abkoppelung der Vergabe „außerkapazitärer“ Studienplätze vom Hochschulauswahlverfahren konterkariert. Der durch die Neufassung des § 24 Vergabeverordnung ZVS hergestellte Gleichlauf bei der Vergabe „außerkapazitärer“ Studienplätze und deren Einbeziehung ins Auswahlverfahren der Hochschulen dagegen trägt der vom Gesetzgeber gewollten Eigenständigkeit und Profilbildung der Hochschulen Rechnung und respektiert die vom jeweiligen Bewerber getroffene Ortswahlentscheidung.
77
Soweit der Antragsteller schließlich die Auffassung vertreten hat, es verletze den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG, wenn ein „außerkapazitärer“ Studienplatz an einen hinsichtlich Abiturnote oder Wartezeit nachrangigen Bewerber vergeben würde, weil sich der Antragsteller mangels Benennung des Studienortes bereits nicht um die Vergabe habe bewerben können, wird übersehen, dass eine hinreichend vergleichbare Gruppe nur im Hinblick auf denjenigen Personenkreis angenommen werden kann, der sich im Bewerbungsverfahren befindet. Das Bundesverfassungsgericht hat zu diesem Einwand ausdrücklich klargestellt, dass „nichtklagende Bewerber mit besseren Rangstellen am Prozess gar nicht beteiligt sind“ (BVerfG, Beschluss vom 09.04.1975 - 1 BvR 344/73 -, BVerfGE 39, 258 [273]).
78
Durchgreifende Bedenken an der Verhältnismäßigkeit der Regelung bestehen ebenfalls nicht. Richtig ist indes, dass die vorgesehene Eingrenzung der Bewerbungsmöglichkeit für „außerkapazitäre“ Plätze auf die bereits im Rahmen der ZVS-Bewerbung angegebenen Studienorte eine beschränkende Wirkung entfaltet. Diese folgt zwar nicht unmittelbar aus § 24 Satz 2 Vergabeverordnung ZVS, denn diese Vorschrift selbst begrenzt die Zahl der möglichen Studienorte nicht. Sie ergibt sich aber aus den eingeschränkten Ortswahlmöglichkeiten des in Bezug genommenen zentralen Vergabeverfahrens. Im Zusammenspiel könnten diese Vorschriften im Endeffekt, wenn sie auch in anderen Bundesländern eingeführt würden, die Möglichkeit der Bewerbung um einen bei der Festsetzung der Zulassungszahlen nicht berücksichtigten Studienplatz auf wenige Hochschulen begrenzen. Die bislang vielfach praktizierte Verfahrensweise des „Rundumschlages“ gegen alle oder jedenfalls zahlreiche Hochschulen wäre damit vereitelt. Damit wird indes kein anderes Ergebnis erreicht als das vom Gesetzgeber im zentralen Vergabeverfahren gewollte und vorgeschriebene System, das angesichts der Tatsache, dass eine Bewerbung bei mindestens sechs Hochschulen verbleibt, nicht unangemessen erscheint. Insoweit ist im Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die Zulassungschance durch die Wahl eines weniger nachgefragten Standortes verbessert werden kann (vgl. BT-Drs. 15/3475 S. 8) und die Prognoseentscheidung, wo sich Bewerber hinreichende Aussicht auf Erfolg beimessen, mit einer Begrenzung auf sechs Studienorte nicht zu sehr erschwert wird (S. 9).
79
Eine abweichende Regelung für die außerhalb der festgesetzten Kapazität zu vergebenen Studienplätze ist von Rechts wegen nicht geboten. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass zu den wesentlichen Bestandteilen eines verfassungsgemäßen Rechts auch seine Durchsetzbarkeit gehört. Insoweit ist auch bei Regelungen zur Ausgestaltung des Verfahrens darauf zu achten, welche Rückwirkungen dies auf die Erfüllung des Zulassungsrechts haben kann und dass dabei das verfassungsrechtlich vorrangige Ziel einer vollen Kapazitätsnutzung nicht verfehlt wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.04.1975 - 1 BvR 344/74 u.a. -, BVerfGE 39, 276 [295]). Da die Vergabe „außerkapazitärer“ Studienplätze aber nur erfolgen kann, wenn ihr Vorhandensein in einem Rechtsstreit aufgedeckt und festgestellt wird, darf die Ausgestaltung des Verfahrens nicht dazu führen, dass die verwaltungsgerichtliche Kontrolle der Kapazitätsfeststellungen überhaupt unterbleibt. Dies könnte zu befürchten sein, wenn sich durch restriktive Ortspräferenzregelungen keine oder jedenfalls nicht ausreichend viele Kläger für entsprechende Verfahren finden würden.
80
Hiervon kann indes nach gegenwärtigem Erkenntnisstand nicht ausgegangen werden; jedenfalls sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Verordnungsgeber die ihm insoweit zustehende Prognoseprärogative überschritten hätte. Vielmehr steht angesichts des bestehenden Bewerberüberhangs an allen medizinischen Fakultäten des Landes mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass auch künftig eine hinreichende Zahl von Interessenten bei der Studienplatzvergabe durch die Hochschulen nicht berücksichtigt werden kann, und damit potentielle Kläger zur Ausschöpfung etwaiger Restkapazitäten vorhanden sein werden. Ob diese nachfolgend tatsächlich auch den Rechtsweg beschreiten und eine Kapazitätskontrolle durch die Gerichte herbeiführen, ist dagegen auch im gegenwärtigen - vom Antragsteller nicht beanstandeten - Verfahren nicht gesichert. Vielmehr hat etwa für die Berechnungen der Universität Tübingen seit vielen Jahren eine entsprechende Überprüfung nicht mehr stattgefunden, weil etwaige Gerichtsverfahren durch Vergleich beendet worden sind.
81
Im Übrigen trifft den Gesetz- und Verordnungsgeber bei der Vergabe von Studienplätzen unter den Bedingungen einer absoluten Zulassungsschranke ohnehin eine verfassungsrechtlich bedingte Beobachtungspflicht, so dass bei etwaigen Entwicklungen, die zu einem Brachliegen vorhandener Restkapazitäten führen würden, angemessen zu reagieren und die Verfahrensgestaltung zu überdenken wäre.
82
4. Das in Art. 2 Satz 2 der Änderungsverordnung vom 29.06.2009 geregelte Inkrafttreten der Novellierung dagegen verstößt gegen den aus dem Rechtsstaatsgebot des Art. 20 Abs. 3 GG folgenden Vertrauensschutz. Die hiervon betroffenen Antragsteller konnten sich auf die mit der Neufassung des § 24 Vergabeverordnung ZVS verbundenen Änderungen nicht mehr einrichten und durften auf den Fortbestand der bestehenden Regelungen für das Wintersemester 2009/2010 vertrauen.
83
a) Hinsichtlich der sog. Altabiturienten, die ihre Hochschulzugangsberechtigung schon zuvor erworben haben und sich daher bereits zu einem früheren Semester um einen Studienplatz hätten bewerben können, handelt es sich bei der in Art. 2 Satz 2 der Änderungsverordnung vom 29.06.2009 getroffenen Regelung bereits um eine Anordnung mit echter Rückwirkung. Denn mit der in § 24 Satz 2 Vergabeverordnung ZVS angeordneten Verpflichtung, sich für eine Bewerbung um einen „außerkapazitären“ Studienplatz zuvor im zentralen Vergabeverfahren um einen Studienplatz an dem betreffenden Studienort beworben zu haben, ist hinsichtlich des Wintersemesters 2009/2010 eine Änderung statuiert, deren neue Rechtsfolgen in der Vergangenheit beginnen. Die Bewerbungsfrist für den Zulassungsantrag auf Teilnahme am zentralen Vergabeverfahren lief für Altabiturienten gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 Vergabeverordnung ZVS am 31.05.2009 ab. Im Zeitpunkt der Verkündung der Neubestimmung vom 08.07.2009 war das Bewerbungsverfahren daher bereits beendet, so dass die mit der Novelle neu begründeten Voraussetzungen nachträglich einen bereits abgeschlossenen Sachverhalt betreffen. Änderungen des Zulassungsantrages sind nach Ablauf der Bewerbungsfrist nicht mehr möglich (vgl. § 3 Abs. 3 Satz 5 Vergabeverordnung ZVS).
84
Anders als im Falle der „Rückanknüpfung“ entfalten die neuen Regelungen ihre Wirkung somit nicht erst in der Gegenwart. Vielmehr bewirkt die veränderte Bedingung für einen ordnungsgemäßen Antrag auf Vergabe eines „außerkapazitären“ Studienplatzes, dass an die Stelle der für einen vergangenen Zeitraum geltenden rechtlichen Ordnung nachträglich eine andere tritt (vgl. BVerfG, Urteil vom 19.12.1961 - 2 BvR 2/60 -, BVerfGE 13, 279 [282]). Um den in § 24 Satz 2 Vergabeverordnung ZVS statuierten Obliegenheiten bereits für das Wintersemester 2009/2010 Genüge zu tun, hätte ein entsprechender Antragsteller sein Verhalten bereits in einem vor Inkrafttreten der Verordnung liegenden Zeitraum ändern müssen.
85
Derartig echte Rückwirkungen sind angesichts des verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutzes indes grundsätzlich unzulässig (vgl. BVerfG, Urteil vom 05.02.2004 - 2 BvR 2029/01 -, BVerfGE 109, 133 [181]). Ausreichende Anhaltspunkte für eine mögliche Ausnahmekonstellation sind nicht ersichtlich. Das Vertrauen etwaiger Antragsteller in den Fortbestand der Bewerbungsmodalitäten war vielmehr schutzwürdig und musste auch nicht im Hinblick auf unabweisbare Gemeinwohlinteressen zurückweichen. Dies gilt auch in Anbetracht der vom erkennenden Senat seit dem Beschluss vom 13.06.2008 (- NC 9 S 241/08 -) gegebenen Hinweise auf die Vorzugswürdigkeit einer Vergabe an Hand der ZVS-Kriterien. Denn aus diesen Anregungen konnte allenfalls auf die mögliche Obliegenheit einer ZVS-Bewerbung an sich geschlossen werden, die der Antragsteller auch vorgenommen hat. Anhaltspunkte für eine Einschränkung der Vergabe von Studienplätzen außerhalb der festgesetzten Kapazität auf die im ZVS-Zulassungsantrag benannten Studienorte dagegen waren der Rechtsprechung nicht zu entnehmen.
86
Auch der Antragsgegner selbst hat die Problematik im Rahmen des Normgebungsverfahrens im Übrigen erkannt. In den hierzu gefertigten Aktenvermerken wird die Geltung für das Wintersemester 2009/2010 im Hinblick auf die bereits vorher ablaufende Bewerbungsfrist für Altabiturienten zutreffend als „besonders kritisch“ eingestuft und darauf hingewiesen, dass „die Vorschrift für das Wintersemester 2009/2010 beanstandet werden könnte“ (Aktenvermerk vom 23.06.2009, Bl. 119 ff. der Behördenakte). Sachliche Gründe für die gleichwohl aufgenommene Bestimmung finden sich indes auch in den Behördenakten nicht. Danach wird vielmehr deutlich, dass mit der Regelung nur eine befürchtete Kostenlast der Hochschulen wegen der vom erkennenden Senat geänderten Kostenrechtsprechung im Falle der Vergabe von Studienplätzen durch Losentscheid (vgl. Senatsbeschluss vom 12.05.2009 - NC 9 S 240/09 -) vermieden werden sollte. Dieses Anliegen ist zwar legitim, rechtfertigt indes nicht den beschrittenen Weg. Um Kostenbeteiligungen im Kapazitätsprozess zu vermeiden, wäre es vielmehr sachgerecht, eine zutreffende Berechnung der Ausbildungskapazitäten sicherzustellen.
87
b) Auch die anderen Bewerber, deren Bewerbungsfrist gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 Vergabeverordnung ZVS am 15.07.2009 – und damit nach dem Inkrafttreten der Novelle – ablief, wurden indes nicht in hinreichender Weise in die Lage versetzt, ihr Verhalten an den Neuregelungen zu orientieren.
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Allerdings kommt der Bestimmung für den Kreis der „Neuabiturienten“ keine Rückwirkung im „echten“ Sinne zu. Denn die am 08.07.2009 im Gesetzblatt verkündete und damit gemäß Art. 2 Satz 1 der Änderungsverordnung am 09.07.2009 in Kraft getretene Regelung wirkt auch hinsichtlich des Vergabeverfahrens zum Wintersemester 2009/2010 nicht „zurück“. Vielmehr endete die Bewerbungsfrist für einen Zulassungsantrag auf Teilnahme am zentralen Vergabeverfahren insoweit am 15.07.2009 und damit zeitlich nach dem Inkrafttreten der Änderungsbestimmungen.
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Allein diese Einordnung hat indes nicht die Zulässigkeit des in Art. 2 Satz 2 geregelten Inkrafttretens der Novelle zur Folge. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes ist vielmehr auch für diejenigen Fallkonstellationen von Bedeutung, bei denen die geänderte Rechtsfolge zwar erst in der Zukunft eintritt und daher nicht im eigentlichen Sinne „zurück“ wirkt, gleichwohl aber an der Vergangenheit anknüpft, weil eine bestehende Rechtslage abgeändert wird. Vertrauensschutz in diesen Fällen sog. „unechter“ Rückwirkung ist daher auf die in einem Rechtsstaat grundsätzlich schutzwürdige Erwartung gerichtet, dass die bestehende Rechtsordnung auch in Zukunft Beachtung finden wird (vgl. dazu Maurer, Kontinuitätsgewähr und Vertrauensschutz, in: Handbuch des Staatsrechts, Band IV, 3. Aufl. 2006, § 79 Rn. 12). Die Stoßrichtung dieser Kontinuitätsgewähr ist folglich nicht gegen den materiellen Gehalt einer Änderung gerichtet, sondern bezieht sich auf den Zeitpunkt der Verbindlichkeit einer Kursänderung. Abrupte Änderungen, die dem Rechtsunterworfenen nicht die Möglichkeit einer angemessenen Reaktion belassen, sind daher zu vermeiden, um das Vertrauen in die Beständigkeit und Verbindlichkeit des Rechts sowie die Dispositionsfähigkeit der Rechtsunterworfenen nicht unnötig zu beeinträchtigen. Die Zulässigkeit derartig „unechter“ Rückwirkungen wird nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts deshalb an dem betroffenen Grundrecht und dem Gewicht der berührten Vertrauensschutzbelange gemessen (vgl. etwa BVerfG, Urteil vom 05.02.2004 - 2 BvR 2029/01 -, BVerfGE 109, 133 [182]).
90
Bei Beachtung dieser Grundsätze kann die in Art. 2 Satz 2 der Änderungsverordnung vom 29.06.2009 getroffene Anordnung der Gültigkeit bereits für das Vergabeverfahren 2009/2010 keinen Bestand haben. Dies ergibt sich zunächst bereits in Ansehung der grundrechtlichen Schutzdimension. Denn die vom Verordnungsgeber getroffene Entscheidung hat zur Folge, dass alle Antragsteller, die von der Rechtsänderung nicht innerhalb der verbliebenen Frist von einer Woche Kenntnis erlangt und zutreffend reagiert haben, von der Vergabe „außerkapazitärer“ Studienplätze im Anwendungsbereich der Vergabeverordnung ZVS des Landes ausgeschlossen sind. Der grundrechtlich verbürgte und vom Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf die absolute Zulassungsschranke einer Numerus-Clausus-Regelung strikt betonte Teilhabeanspruch an der Vergabe vorhandener Studienplätze wird damit für einen Großteil potentieller Bewerber vereitelt. Die Vorwirkung der Grundrechte auf das Verfahren gebietet im Hinblick auf eine effektive Rechtsgewährleistung jedoch, auch bei Regelungen zur Ausgestaltung des Verfahrens darauf zu achten, welche Rückwirkungen dies auf die Erfüllung des Zulassungsrechts haben kann und dass dabei das verfassungsrechtlich vorrangige Ziel einer vollen Kapazitätsnutzung nicht verfehlt wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.04.1975 - 1 BvR 344/74 u.a. -, BVerfGE 39, 276 [295]).
91
Diesem „Grundrechtsschutz durch Verfahren“ (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20.12.1979 - 1 BvR 385/77 -, BVerfGE 53, 30 [65]) wird die Regelung zum Inkrafttreten nicht gerecht. Anhaltspunkte dafür, dass das Vertrauen in den Fortbestand der in § 24 Satz 1 Vergabeverordnung ZVS getroffenen Regelung für die Bewerbung um einen „außerkapazitären“ Studienplatz nicht schutzwürdig gewesen sein könnte, liegen nicht vor. Dies gilt in besonderer Weise, weil die vom Antragsgegner beabsichtigte Änderung des Bewerbungsverfahrens in keiner Weise kommuniziert worden ist und daher auch für Interessierte selbst bei Durchsicht der Presse- und Internetmitteilungen nicht erkennbar war. Hinsichtlich des Zeitpunktes hatte der erkennende Senat im Beschluss vom 29.06.2009 (- NC 9 S 1462/09 -) vielmehr noch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass von der Statuierung der Obliegenheit einer vorangegangen ZVS-Bewerbung „schon im Hinblick darauf, dass die entsprechenden Fristen bereits abgelaufen sind, vorläufig bewusst abgesehen“ worden war. Klargestellt hat der Senat in dieser Entscheidung im Übrigen auch bereits, dass es nicht zu rechtfertigen wäre, „Antragsteller, die sich nicht bei der ZVS beworben haben, ohne vorherigen Hinweis von der Vergabe außerkapazitärer Studienplätze auszuschließen“.
92
Die vom Antragsgegner insoweit ins Feld geführte Benachrichtigung der mit Kapazitätsklagen befassten Rechtsanwälte stellt schon deshalb keine hinreichende Kompensationsmaßnahme dar, weil ein Großteil der Antragsteller jedenfalls zunächst auf die Inanspruchnahme rechtsanwaltlicher Hilfe verzichtet. Die aufgeworfene Frage, ob die erstellte Rechtsanwaltsliste vollständig ist und ob der Bevollmächtigte des Antragstellers hierauf noch im laufenden Bewerbungsverfahren hätte reagieren müssen, bedarf daher keiner weiteren Erörterung. Hieran dürften indes bereits deshalb Zweifel bestehen, weil in dem Informationsschreiben vom 08.07.2009 nur die materiellen Änderungen des § 24 Vergabeverordnung ZVS zitiert worden sind, auf einen Hinweis, dass die Neuregelung bereits auf das Vergabeverfahren zum Wintersemester 2009/2010 Anwendung finden soll, jedoch verzichtet worden ist.
Ein Grund zur Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO besteht nicht. Die Rechtssache weist zwar grundsätzliche Bedeutung auf, diese bezieht sich indes auf Fragen des Landesrechts und ist damit der Klärung in einem Revisionsverfahren nicht zugänglich.
95
Beschluss vom 29. Oktober 2009
96
Der Streitwert des Verfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (vgl. § 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 18.1 des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004).
97
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
1. Der Beschwerdeführer betreibt als Einzelkaufmann ein Busunternehmen. Er war Inhaber einer Genehmigung für den eigenwirtschaftlich
betriebenen Linienverkehr mit Bussen auf den Linien 172, 172a und 173 im Bereich des Nahverkehrsplans für den Landkreis E.
Diese Genehmigung war befristet bis zum 31. Dezember 2006.
Im Jahr 2005 beantragte der Beschwerdeführer die Wiedererteilung der Genehmigung für die Zeit ab 1. Januar 2007. Nachdem die
Antragsunterlagen aus Sicht der Genehmigungsbehörde am 6. Oktober 2005 vollständig vorlagen, verlängerte sie die Drei-Monats-Frist
zur Entscheidung über den Antrag gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 PBefG um drei Monate bis zum 6. April 2006. Am Anhörungsverfahren
beteiligte sie unter anderem die W. GmbH & Co. KG (im Folgenden: W.), die im Einzugsbereich der betroffenen Strecken über
einen längeren Zeitraum Schülertransporte durchgeführt hatte. Im November 2005 machte die W. Einwendungen gegen den Antrag
des Beschwerdeführers geltend und beantragte ihrerseits eine entsprechende Linienverkehrsgenehmigung. Die Genehmigungsbehörde
leitete auch insoweit ein Anhörungsverfahren ein; auch hier verlängerte sie die Drei-Monats-Frist. Im März 2006 teilte die
Genehmigungsbehörde dem Beschwerdeführer und der W. mit, dass eine Entscheidung über die Anträge bis zum 6. April 2006 getroffen
werde. Bereits am 6. Januar 2006 hatte die W. eine inhaltliche Ausweitung ihres Verkehrsangebots vorgelegt. Am 28. März 2006
reichte der Beschwerdeführer eine Modifikation seines Linienverkehrsantrags ein. Mit Bescheid vom 29. März 2006 erteilte die
Behörde der W. die beantragte Linienverkehrsgenehmigung und lehnte mit weiterem Bescheid vom selben Tag den Antrag des Beschwerdeführers
ab; dessen ergänzendes Verkehrsangebot vom Vortag bezog sie in ihre Entscheidung nicht mit ein.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer - ebenso wie andere Bewerber um die Genehmigung - Widerspruch. Daraufhin lud die Genehmigungsbehörde
zu einem Erörterungstermin im September 2006 und teilte mit, dass auf Grundlage dieses Erörterungstermins über die Widersprüche
entschieden werden solle. Demzufolge würden der Widerspruchsentscheidung nur die von den Beteiligten bis zum Abschluss des
Termins abgegebenen Erklärungen und Unterlagen sowie die Ergebnisse der Erörterung zugrunde gelegt. Der Erörterungstermin
wurde dann wegen noch ausstehender Verhandlungen vertagt und am 11. Oktober 2006 fortgesetzt. Der Beschwerdeführer nahm an
diesem Termin nicht teil. Die W. reichte im Termin einen Antrag ein, die ihr erteilte Genehmigung auszuweiten. Der Termin
wurde um 10.25 Uhr geschlossen. Kurz nach 12.00 Uhr ging bei der Genehmigungsbehörde ein Telefax ein, mit dem der Beschwerdeführer
eine Modifikation seines bisherigen Verkehrsangebots vorlegte. Mit Widerspruchsbescheid vom 15. November 2006 wies die Genehmigungsbehörde
die Widersprüche zurück.
Die daraufhin vom Beschwerdeführer erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 14. März 2008 ab. Den Antrag
des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung lehnte das Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 12. November 2009 ab.
Es bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils. Wegen der Rüge des Beschwerdeführers,
dass die konkrete Ausgestaltung des Genehmigungsverfahrens zu einer Art Versteigerung von Linienverkehrsgenehmigungen führe
und sogar Angebote berücksichtigt worden seien, die erst im Widerspruchsverfahren nachgebessert worden seien, habe das Verwaltungsgericht
die Frage der Rechtmäßigkeit dahinstehen lassen und dem Beschwerdeführer in nicht zu beanstandender Weise unter dem Gesichtspunkt
des venire contra factum proprium die Berufung auf die Fehlerhaftigkeit des Verfahrens verwehrt, weil er selbst die sich aus
diesem Verfahren ergebenden Möglichkeiten genutzt habe. Unabhängig davon sprächen auch keine überwiegenden Gründe dafür, dass
die von der Genehmigungsbehörde gewählte Verfahrensweise rechtswidrig gewesen wäre. Das Personenbeförderungsgesetz gebe nur
wenig Anhaltspunkte, wie das Verfahren bei Beteiligung konkurrierender Unternehmen auszugestalten sei. Das Ziel der Regelungen
zur Erteilung von Linienverkehrsgenehmigungen, einen Ausgleich zu schaffen zwischen der angestrebten Optimierung einer Sicherstellung
des öffentlichen Verkehrsinteresses, welche durch einen Wettbewerb unter den Anbietern gefördert werde, und der im Lichte
von Art. 12 GG notwendigen Gewährleistung eines Besitzstandsschutzes für Konzessionsinhaber, könne durch eine möglichst gleiche
Informationsgrundlage aller Antragsteller erreicht werden. Auch gebe es keine gesetzliche Pflicht zur unveränderten Aufrechterhaltung
eines Genehmigungsantrags. Mit der Nachbesserung von Anträgen sei dem auf eine optimale Bedienung der öffentlichen Verkehrsinteressen
gerichteten Zweck des § 13 PBefG sogar besonders gedient. Zur Gewährleistung eines nachprüfbar fairen Verfahrens habe die
Genehmigungsbehörde allen Antragstellern allerdings einen Stichtag bekanntzugeben, weil es ansonsten mehr oder weniger zufällig
wäre, welcher Konkurrent das "letzte" Angebot abgebe. Ob die Mitteilung der Beklagten, wonach eine Entscheidung bis zum 6.
April 2006 getroffen werde, diesen Anforderungen genüge, könne dahinstehen. Denn nach dieser Mitteilung habe die W. keinen
geänderten Antrag mehr vorgelegt. Das demgegenüber vom Beschwerdeführer im Wege eines Ausgestaltungsverlangens nach § 13 Abs.
2 Nr. 2 Buchst. c) PBefG am 28. März 2006 nochmals modifizierte Fahrplankonzept sei zu Recht nicht mehr berücksichtigt worden,
weil ihm ein solches Ausgestaltungsrecht nach Beantragung der Wiedererteilung einer auslaufenden Genehmigung nicht mehr zustehe.
Im anschließenden Widerspruchsverfahren habe die Genehmigungsbehörde zum Schutz des Genehmigungswettbewerbs eine Ausschlussfrist
gesetzt, indem sie den Beteiligten mitgeteilt habe, neue Erklärungen könnten nur bis zum Abschluss des (zweiten) Erörterungstermins
am 11. Oktober 2006 abgegeben werden. Die nach dem Abschluss des Erörterungstermins per Fax eingegangene Angebotsmodifikation
durch den Beschwerdeführer habe daher als verfristet unberücksichtigt bleiben müssen. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit
des verwaltungsgerichtlichen Urteils lägen auch nicht vor, soweit der Zulassungsantrag Einwendungen gegen die Beurteilung
der materiell-rechtlichen Voraussetzungen geltend mache. Das Verwaltungsgericht habe ausführlich und rechtsfehlerfrei begründet,
warum die Auswahlentscheidung der Beklagten nicht zu beanstanden sei. Eine Anhörungsrüge des Beschwerdeführers wies das Oberverwaltungsgericht
mit Beschluss vom 27. April 2010 zurück.
2. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seiner Grundrechte und grundrechtsgleichen Rechte aus Art. 3 Abs. 1, Art. 12
Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 und Art. 103 Abs. 1 GG.
Art. 12 Abs. 1 GG sei verletzt, weil es in dem zugrunde liegenden Genehmigungswettbewerb an der nötigen wettbewerblichen Fairness
gemangelt habe. Die angegriffenen Entscheidungen billigten ein Verfahren, das der Sache nach eine Versteigerung von Liniengenehmigungen
darstelle. Die konkreten Rahmenbedingungen dieser Versteigerung seien mit den Grundrechten des Beschwerdeführers nicht in
Einklang zu bringen. Insbesondere habe die Genehmigungsbehörde das Verfahren zu einem willkürlich bestimmten Zeitpunkt beendet.
Zu diesem Zeitpunkt habe sie lediglich der W. eine letzte Chance zur Nachbesserung ihres Angebots unter Kenntnis des Angebots
des Beschwerdeführers gegeben. Durch die wechselseitige Bekanntgabe der konkurrierenden Angebote im Rahmen des Anhörungsverfahrens
seien zudem Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Beschwerdeführers verletzt worden. Dies werde dadurch verstärkt, dass die
W. in das Anhörungsverfahren einbezogen worden sei, obwohl sie nicht zu dem in § 14 Abs. 1 Nr. 1 PBefG genannten Personenkreis
gehört habe. Weiter rügt der Beschwerdeführer, dass als maßgeblicher Zeitpunkt auf die letzte Verwaltungsentscheidung abgestellt
worden sei. Es liege in der Natur des Genehmigungswettbewerbs, dass spätestens der Zeitpunkt der Ausgangsentscheidung maßgeblich
sein müsse. Zu beanstanden sei auch, dass sein Angebot vom 28. März 2006 nicht berücksichtigt worden sei. Außerdem habe die
Ankündigung der Behörde im Widerspruchsverfahren, Erklärungen könnten nur bis zum Datum des Erörterungstermins berücksichtigt
werden, so verstanden werden dürfen, dass weitere Angebote auch bis zum Ablauf des 11. Oktober 2006 möglich gewesen seien.
In seinem Recht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG sieht sich der Beschwerdeführer verletzt, weil die Genehmigungsbehörde
ohne sachlichen Grund darüber hinweggesehen habe, dass die W. die Voraussetzungen des § 13 PBefG nicht erfüllt habe. Außerdem
sei er im Rahmen der Prüfung des Kriteriums der möglichst guten Verkehrsbedienung Kriterien unterworfen worden, die ihm vorher
nicht bekannt gegeben worden und die auf ihn in ungleich behandelnder Weise angewandt worden seien. Sein Anspruch auf rechtliches
Gehör sei verletzt, weil die Gerichte auf Kernbereiche seines Tatsachenvortrags nicht eingegangen seien.
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht
vor. Die Verfassungsbeschwerde hat keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung. Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung
der Grundrechte oder grundrechtsgleichen Rechte des Beschwerdeführers angezeigt. Sie ist zum Teil unzulässig, im Übrigen unbegründet.
1. Soweit der Beschwerdeführer rügt, durch die Einbeziehung der W. in das Anhörungsverfahren seien seine durch Art. 12 Abs.
1 GG geschützte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse verletzt worden, ist die Verfassungsbeschwerde nicht hinreichend substantiiert
begründet (§ 23 Abs. 1 Satz 2,§ 92 BVerfGG). Gleiches gilt für die Rügen, er werde durch die Nichtbeachtung seines Ausgestaltungsverlangens
vom 28. März 2006 und durch die Berücksichtigung neuer Antragsmodifikationen während des Widerspruchsverfahrens in seiner
Berufsfreiheit verletzt und die Genehmigungsbehörde habe unter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG überraschende Kriterien angewandt.
Auch die behaupteten Verletzungen von Art. 103 Abs. 1 GG werden nicht substantiiert dargelegt.
2. Im Übrigen ist die Verfassungsbeschwerde unbegründet. Die angegriffenen Entscheidungen verletzen den Beschwerdeführer nicht
in seinen Grundrechten. Wenn sich mehrere Unternehmer um eine Linienverkehrsgenehmigung bewerben, aber nur einer von ihnen
die begehrte Genehmigung erhalten kann, dann gewährleistet Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG, dass jeder Bewerber
eine faire Chance erhält, entsprechend den in § 13 PBefG geregelten Genehmigungsvoraussetzungen zum Zuge zu kommen. Im Hinblick
auf die Berufsfreiheit ist insoweit die Komplementärfunktion des Verfahrens für die Durchsetzung der materiellen Rechte zu
beachten. Art. 12 Abs. 1 GG gebietet - unabhängig davon, ob durch die Versagung einer Linienverkehrsgenehmigung lediglich
die Berufsausübungsfreiheit berührt wird oder ob im Einzelfall die Berufswahl tangiert ist - eine der Bedeutung der Berufsfreiheit
angemessene Verfahrensgestaltung im Vorfeld der Auswahlentscheidung (vgl. BVerfGE 73, 280 <296>; 82, 209 <227>; BVerfGK 4,
1 <9>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 20. September 2002 - 1 BvR 819/01, 1 BvR 826/01 -, NJW-RR 2003,
S. 203; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 3. August 2009 - 1 BvR 369/08 -, NJW-RR 2009, S. 1502 <1503>). Zudem
erfordert Art. 3 Abs. 1 GG eine der Sicherung des chancengleichen Zugangs zur beruflichen Tätigkeit angemessene Verfahrensgestaltung
(vgl. BVerfGE 116, 1 <17 f.>).
Daran gemessen ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Genehmigungsbehörde die bei ihr eingehenden Anträge
anderen Unternehmen zur Kenntnis gab und diesen die Möglichkeit einräumte, anschließend mit dieser Kenntnis eigene, konkurrierende
Anträge zu stellen. Entscheidet sich die Genehmigungsbehörde für eine solche Verfahrensgestaltung (vgl. dazu Heinze, PBefG,
2007, § 13 Anm. 10 , § 14 Anm. 3 ; krit. Werner, GewArch 2004, S. 89 <91>; vgl. auch BVerwGE 118, 270 <276>),
setzt ein chancengleicher Wettbewerb allerdings voraus, dass auch der erste Antragsteller auf die konkurrierenden Anträge
reagieren kann, weil er sonst gegenüber den Mitbewerbern ohne sachlichen Grund benachteiligt würde. Eine Möglichkeit zum "Nachbessern"
von Anträgen ist bei dieser Verfahrensgestaltung nicht schlechthin unvereinbar mit einem fairen Wettbewerb. Solange sie allen
Prätendenten in gleicher Weise und auf Grundlage eines vergleichbaren Kenntnisstandes eingeräumt wird, ist sie unter dem Gesichtspunkt
der Chancengleichheit nicht zu beanstanden. Notwendig ist allerdings, dass auch bei Abgabe der jeweils letzten Antragsfassung
die gleichen Voraussetzungen gelten. Die Genehmigungsbehörde darf deshalb grundsätzlich nicht zu einem für die Antragsteller
nicht vorhersehbaren, beliebigen Zeitpunkt das Auswahlverfahren für beendet erklären, sondern muss in der Regel im Voraus
einen Termin zur Abgabe der letzten Antragsfassung festlegen. Diese verfassungsrechtlichen Vorgaben hat das Oberverwaltungsgericht
hinreichend beachtet. Es sah eine möglichst gleiche Informationsgrundlage aller Antragsteller gerade als ein Mittel zur Verwirklichung
der Chancengleichheit an und ging davon aus, dass ein nachprüfbar faires Verfahren die Bekanntgabe eines Stichtages voraussetze.
Jedenfalls im Widerspruchsverfahren hat die Genehmigungsbehörde einen solchen Endzeitpunkt benannt. Ob der Beschwerdeführer
seine letzte Antragsfassung am 11. Oktober 2006 noch vor diesem Endzeitpunkt vorgelegt hat, ist eine Frage der Würdigung der
entscheidungserheblichen Tatsachen und grundsätzlich allein von den dafür zuständigen Fachgerichten zu beurteilen. Die Anberaumung
eines Erörterungstermins, zu dem alle in Betracht kommenden Antragsteller geladen werden, ist keine grundsätzlich ungeeignete
Maßnahme, um allen Bewerbern in gleicher Weise eine Chance zur Erläuterung und Modifikation ihrer Anträge zu geben. Die Annahme,
dass das mehr als eineinhalb Stunden nach Ende des Termins eingegangene Telefax des Beschwerdeführers nicht mehr zu berücksichtigen
sei, lässt jedenfalls eine Verletzung spezifischen Verfassungsrechts nicht erkennen.
Unter dem Gesichtspunkt eines chancengleichen Wettbewerbs ist es auch verfassungsrechtlich unbedenklich, dass die W. überhaupt
über den Antrag des Beschwerdeführers informiert wurde, obwohl sie nach Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht zum Kreis
der in § 14 Abs. 1 Nr. 1 PBefG Genannten gehörte. Denn die Chancengleichheit würde beeinträchtigt, wenn die Genehmigungsbehörde
nur einen Teil der potentiellen Bewerber über den Inhalt vorliegender Genehmigungsanträge informieren und ihnen sodann die
Möglichkeit einräumen würde, mit diesem Wissen konkurrierende Anträge zu stellen.
Soweit der Beschwerdeführer rügt, die W. erfülle die materiellen Genehmigungsvoraussetzungen des § 13 PBefG nicht, ist für
eine Verletzung spezifischen Verfassungsrechts nichts zu erkennen.
§ 6 Satz 1 des Bremischen Studienkontengesetzes vom 18. Oktober 2005 - BremStKG - (Gesetzblatt der Freien Hansestadt Bremen
Seite 550) in Verbindung mit § 3 Absatz 1 und § 2 Absatz 1 BremStKG, soweit Studierende mit Wohnung außerhalb der Freien Hansestadt
Bremen vom dritten bis zum 14. Semester zu einer Studiengebühr in Höhe von 500 € pro Semester herangezogen wurden, ist mit
Artikel 12 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig.
Das konkrete Normenkontrollverfahren betrifft die Frage, ob eine landesrechtliche Regelung, nach der auswärtige Studierende anders als Studierende mit Wohnsitz oder - bei mehreren Wohnungen - Hauptwohnsitz im betreffenden Bundesland vom dritten bis zum 14. Semester zu einer allgemeinen Studiengebühr in Höhe von 500 € pro Semester herangezogen werden, gegen das Grundgesetz verstößt.
1. In Bremen galt zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt eine Studiengebührenregelung, die Studierenden ein Studienguthaben von 14 Semestern zubilligte und sie danach zu Gebühren heranzog. Dies betraf jedoch nur "Landeskinder" mit Wohnung oder, soweit mehrere Wohnungen bestehen, Hauptwohnung in Bremen; demgegenüber erhielten Auswärtige ein Studienguthaben von lediglich zwei Semestern, zahlten also ab dem dritten Semester Gebühren.
2. Nach § 109 Abs. 2 Satz 1 des Bremischen Hochschulgesetzes vom 11. Juli 2003 (BremHG; BremGBl S. 295) war das Studium bis zu einem ersten berufsqualifizierenden Abschluss, bei nicht weiterbildenden Studiengängen bis zu einem zweiten berufsqualifizierenden Abschluss nach Maßgabe des § 109a BremHG und des Bremischen Studienkontengesetzes vom 18. Oktober 2005 (BremStKG; BremGBl S. 550), das mit dem Wintersemester 2005/2006 in Kraft trat, gebührenfrei. Für einheimische Studierende garantierte der damalige § 2 Abs. 1 Satz 1 BremStKG ein gebührenfreies Studium von 14 Semestern. Demgegenüber begrenzte der Gesetzgeber das gebührenfreie Studium durch § 3 BremStKG, in Kraft vom 25. Oktober 2005 bis zum 30. Juni 2010, für auswärtige Studierende auf zwei Semester. § 6 BremStKG regelte die Erhebung von Gebühren in Höhe von 500 € pro Semester nach dem Verbrauch des Studienguthabens. Die dort vorgesehene Zahlungspflicht konnte allerdings auf Antrag aus sozialen oder hochschulpolitischen Gründen erlassen werden. Ein solcher Grund war die Pflege und Erziehung von Kindern von bis zu zwölf Jahren. Zudem verabschiedete der Gesetzgeber mit § 7 BremStKG eine Härtefallregelung. Auf Antrag konnten die Gebühren gestundet, ermäßigt oder ganz erlassen werden, wenn ihre Entrichtung zu einer unbilligen Härte führen würde, die der Gesetzgeber für Regelfälle definierte. Ein Regelfall war nach § 7 Nr. 1 BremStKG etwa eine Behinderung oder schwere Erkrankung, die eine Hauptwohnung außerhalb der Freien Hansestadt Bremen erforderte.
Die Studierenden erhalten mit der Einschreibung ein Studienkonto mit einem gebührenfreien Studienguthaben in Form von gebührenfreien Studiensemestern. Die Höhe des Studienguthabens, Art und Umfang der Berücksichtigung besonderer Lebens- und Studienumstände der Studierenden, die Gebührenhöhe nach Verbrauch des Studienguthabens und die Nutzung von nicht verbrauchten Studienguthaben werden durch gesondertes Gesetz bestimmt.
Studienkonten und Studienguthaben für Studierende mit Wohnung in der Freien Hansestadt Bremen
(1) Die Studierenden mit Wohnung oder, soweit mehrere Wohnungen bestehen, mit Hauptwohnung in der Freien Hansestadt Bremen erhalten mit der Einschreibung nach den §§ 34 oder 35 des Bremischen Hochschulgesetzes ein einmaliges Studienguthaben von 14 Semestern.
Studienkonten und Studienguthaben für Studierende mit Wohnung außerhalb der Freien Hansestadt Bremen
(1) Die Studierenden mit Wohnung oder, soweit mehrere Wohnungen bestehen, mit Hauptwohnung außerhalb der Freien Hansestadt Bremen erhalten mit der Einschreibung nach den §§ 34 oder 35 des Bremischen Hochschulgesetzes ein Studienkonto mit einem einmaligen Studienguthaben von zwei Semestern.
(2) Wird zu einem späteren Zeitpunkt ein Studienguthaben nach § 2 gewährt, erfolgt eine vollständige Anrechnung.
(3) Nach Vollendung des 55. Lebensjahres wird ein Studienguthaben nicht gewährt.
Von Studierenden, die ihr Studienguthaben nach den §§ 2 oder 3 verbraucht haben, ohne das Studium abzuschließen, oder ein Zweitstudium absolvieren, das nicht die Voraussetzungen des § 2 Absatz 4 erfüllt, erheben die Hochschulen Studiengebühren in Höhe von 500 € für jedes Semester. Auf Antrag werden hiervon ausgenommen:
1. Beurlaubte Studierende für die Dauer der Beurlaubung,
2. Studierende, die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhalten,
3. Doktoranden, soweit sie ausschließlich nach § 34 Abs. 3 Bremisches Hochschulgesetz immatrikuliert sind, und Meisterschüler sowie Studierende mit dem Ziel des Konzertexamens an der Hochschule für Künste,
4. Studierende, denen aufgrund überregionaler Abkommen ein gebührenfreies Studium zusteht,
5. Studierende, die bereits an einer anderen Hochschule zum Studium in einem gemeinsamen Studiengang eingeschrieben sind und dort Studiengebühren bezahlen,
6. Studierende, die während ihres Studiums mindestens ein Kind im Alter von bis zu zwölf Jahren pflegen und erziehen, für die Dauer von bis zu sechs Semestern,
7. Studierende, die während ihres Studiums als gewählte Vertreter in Organen der Hochschule, der Studierendenschaft oder des Studentenwerks mitwirken oder das Amt einer Frauen- oder Gleichstellungsbeauftragten wahrnehmen, für die Dauer von bis zu insgesamt zwei Semestern.
Die Studiengebühren können auf Antrag des Studierenden im Einzelfall gestundet, ermäßigt oder ganz erlassen werden, wenn die Entrichtung der Studiengebühren zu einer unbilligen Härte führen würde. Eine unbillige Härte liegt in der Regel insbesondere vor, wenn
1. eine Behinderung oder schwere Erkrankung Studienzeit verlängernde Auswirkungen hat oder die Begründung oder Beibehaltung der Wohnung oder, soweit mehrere Wohnungen bestehen, der Hauptwohnung außerhalb der Freien Hansestadt Bremen erfordert,
2. sich die Folgen als Opfer einer Straftat Studienzeit verlängernd auswirken, oder
3. eine wirtschaftliche Notlage während des Ablegens der Abschlussprüfungen aufgetreten ist.
In den Fällen der Nummern 2 und 3 kann eine Stundung, Ermäßigung oder ein Erlass von Studiengebühren nur erfolgen, wenn ein Studienguthaben nach § 2 verbraucht worden ist.
b) Das Land Bremen verfolgte mit diesen Regelungen ausweislich der Gesetzesbegründung (Bürgerschafts-Drucks 16/758, S. 5 f.) mehrere Zwecke: Sie dienten zunächst dazu, die Studierenden zu einem effizienten und zügigen Studium anzuhalten. Weiterhin zielten sie darauf, das Land Bremen in die finanzielle Lage zu versetzen, eine angemessene und wettbewerbsfähige Ausstattung der Hochschulen des Landes sowohl in personeller als auch in sachlicher Hinsicht zu gewährleisten. Dies könne im Wege der direkten Finanzierung durch die Studierenden per Studiengebühren bei einem Wohnsitz außerhalb Bremens geschehen oder über den Zuzug von Studierenden nach Bremen, da dies die Einnahmen des Landes im Rahmen des Länderfinanzausgleichs erhöhe. Die hochschulpolitische Zielsetzung werde dadurch unterstrichen, dass die über die Studiengebühren eingenommenen Mittel insbesondere zur Verbesserung der Lehre verwendet werden. Die Studiengebühren waren nach Auffassung der gesetzgebenden Körperschaft notwendig, um diese Ziele zu erreichen. Die melderechtlichen Bestimmungen verpflichteten nicht zum Erstwohnsitz am Studienort. In der Bevorzugung von Studierenden mit Wohnsitz in Bremen liege kein Eingriff in die freie Wahl der Ausbildungsstätte sowie in das Recht auf Freizügigkeit. Eine etwaige Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip sei gerechtfertigt, weil es sich nicht um eine willkürliche, sachlich nicht gerechtfertigte Schlechterstellung handele. Etwaige Härtefälle seien in gesetzlichen Ausnahmeregelungen berücksichtigt worden.
In der Einzelbegründung zu § 3 BremStKG (Bürgerschafts-Drucks 16/758, S. 7) geht der Gesetzgeber ebenfalls davon aus, dass eine Differenzierung zwischen Ansässigen und Auswärtigen hinsichtlich des Studienguthabens zulässig sei. Im Übrigen befinde sich der Studienwohnsitz bei einem ernsthaft betriebenen Studium sowieso am Studienort.
c) Im Jahr 2010 wurde durch Art. 13 Nr. 1 und 2 des Zweiten Hochschulreformgesetzes vom 22. Juni 2010 (BremGBl S. 375) die Landeskinderregelung des § 3 BremStKG aufgehoben und § 2 Abs. 1 Satz 1 BremStKG dem angepasst. Seit dem Wintersemester 2010/2011 erhalten alle Studierenden in Bremen mit der Einschreibung ein einmaliges Studienguthaben von 14 Semestern, das ein gebührenfreies Erststudium gewährleisten soll. Diese Gesetzesänderung sollte dem Umstand Rechnung tragen, dass das Verwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen das hier zur Entscheidung stehende Vorlageverfahren eingeleitet hatte und das Ergebnis der verfassungsrechtlichen Überprüfung abgewartet werden sollte (Bürgerschafts-Drucks 17/1309, S. 7).
d) Für die Finanzierung der staatlichen Hochschulen in Bremen ist der Wohnsitz der Studierenden seit 2007 von Bedeutung. Nach § 106 Abs. 2 Satz 3 BremHG in der Fassung des Hochschulreformgesetzes vom 27. Februar 2007 (BremGBl S. 157) erhalten die Hochschulen von den Einnahmen des Landes aus den Steuereinnahmen nach Länderfinanzausgleich 1.000 € jährlich für Studierende, die als Einheimische ein Studienguthaben in Anspruch nehmen.
1. Die Klägerinnen und der Kläger des Ausgangsverfahrens wehren sich gegen die Studiengebührenpflicht als auswärtige Studierende. Mit Gebührenbescheiden vom 16. Mai 2006 wurden sie für das Wintersemester 2006/2007 zur Zahlung einer Studiengebühr nach § 6 BremStKG in Höhe von 500 € aufgefordert, weil sie bereits nach einem Studium von zwei Semestern über kein Studienguthaben mehr verfügten, das ein gebührenfreies Studium ermöglichte. Die Universität Bremen wies ihre Widersprüche dagegen als unbegründet zurück und lehnte die Anträge auf Aussetzung der Vollziehung ab. Im nachfolgenden Klageverfahren ordnete das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Widersprüche und der Klagen an.
2. Sodann hat das Verwaltungsgericht das Verfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob § 6 Satz 1 BremStKG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 BremStKG, soweit danach auswärtige Studierende - anders als Studierende mit Wohnung beziehungsweise Hauptwohnsitz in Bremen - vom dritten bis zum 14. Semester zu einer Studiengebühr in Höhe von 500 € pro Semester herangezogen werden, gegen Art. 11 GG sowie gegen Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG verstoße.
Die Verfassungsmäßigkeit der zur Überprüfung vorgelegten Vorschriften sei entscheidungserheblich, da das Gericht bei Gültigkeit der Vorschriften anders entscheiden würde als im Falle ihrer Ungültigkeit. Wäre die Regelung in § 6 Satz 1 BremStKG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 BremStKG verfassungsgemäß, seien die zulässigen Anfechtungsklagen als unbegründet abzuweisen. Wäre die Heranziehung zur Zahlung von Studiengebühren für auswärtige Studierende hingegen verfassungswidrig, wären die Gebührenbescheide mangels erforderlicher Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig, und den Klagen müsste stattgegeben werden.
Es liege ein Verstoß gegen das Grundrecht auf Freizügigkeit aus Art. 11 Abs. 1 GG vor, der das Recht gewährleiste, an jedem Ort innerhalb des Bundesgebietes Aufenthalt und Wohnung zu nehmen. Zwar hindere die zur Überprüfung gestellte Regelung Studierende nicht unmittelbar an der freien Wahl ihres Wohnortes; gleichwohl werde aber an diese Wahl eine nachteilige Rechtsfolge geknüpft. Die Studiengebührenpflicht für auswärtige Studierende ziele auf eine Einschränkung der Freizügigkeit und sei nicht nur eine melderechtliche Formalität. Wollten Studierende von einem Studienguthaben nach § 2 BremStKG profitieren, seien sie gezwungen, ihre Wohnung und melderechtlich auch ihren Lebensmittelpunkt nach Bremen zu verlegen. Die vorgelegten Regelungen knüpften an die Ausübung des Grundrechts der Freizügigkeit auch einen - gemessen an den typisierten wirtschaftlichen Verhältnissen von Studierenden - wirtschaftlich spürbaren Nachteil. Sie stellten damit eine mittelbare, zielgerichtete Beeinträchtigung des Grundrechts der Freizügigkeit dar. Dieser Eingriff in das Grundrecht der Freizügigkeit sei nicht zu rechtfertigen, da keiner der in Art. 11 Abs. 2 GG genannten Fälle vorliege.
Die Regelung in § 6 Satz 1 BremStKG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 BremStKG verstoße auch gegen das in Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG gewährleistete Recht auf diskriminierungsfreien Hochschulzugang. Die drohende Exmatrikulation bei Nichtzahlung stelle einen Eingriff in die Ausbildungsfreiheit dar. Dieser Eingriff in Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG lasse sich verfassungsrechtlich nicht mit den vom Gesetzgeber verfolgten Zielen rechtfertigen. Soweit einheimische und auswärtige Studierende ungleich behandelt würden, verstießen die Studiengebührenregelungen des Bremischen Studienkontengesetzes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Landeskinderklausel sei weder mit der Einwohnerprivilegierung auf kommunaler Ebene noch mit der Erhebung von Gastschulbeiträgen von auswärtigen Schülern und Schülerinnen im Rahmen der Subventionierung von Privatschulen vergleichbar. Da die nach Art und Umfang gleiche Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung regelmäßig ohne Berücksichtigung persönlicher Eigenschaften der Nutzenden in den Grenzen der Praktikabilität und Wirtschaftlichkeit gleich hohe Gebühren auslöse, könne ferner niemand zu einer höheren Abgabe herangezogen werden, nur weil er oder sie nicht vor Ort wohne. Auch im Hinblick auf den Gebührenzweck der Kostendeckung sei kein Differenzierungsgrund ersichtlich. Soweit der Zweck darin liege, höhere Mittel aus dem Länderfinanzausgleich zu erhalten, fehle es an einem ausreichenden Zusammenhang zwischen dessen Zweck und dem Benutzungsverhältnis. Die Ausgleichszahlungen aus dem Finanzausgleich seien kein sachnahes Surrogat für Studiengebühren.
Eine verfassungskonforme Auslegung des § 6 Satz 1 BremStKG in Verbindung mit § 3 Abs. 1, § 2 Abs. 1 BremStKG komme nicht in Betracht. Sie scheitere daran, dass die ausdrückliche, in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommende Zielsetzung des Bremischen Studienkontengesetzes, Studierende zur Wohnsitznahme in Bremen zu bewegen, nicht so verstanden werden könne, dass damit lediglich oder vorrangig eine effektive Durchsetzung des Melderechts bezweckt werde.
Zu der Vorlage haben der Senat der Freien Hansestadt Bremen, die Niedersächsische Landesregierung, die Landesregierung Nordrhein-Westfalen, der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts, die Hochschulrektorenkonferenz, der Deutsche Hochschulverband, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, das Deutsche Studentenwerk, der Verband Hochschule und Wissenschaft im Deutschen Beamtenbund, der Freie Zusammenschluss von StudentInnenschaften e.V. und die Klägerinnen und der Kläger des Ausgangsverfahrens Stellung genommen.
Art. 11 Abs. 1 GG sei von den vorgelegten Regelungen nicht berührt. Das Bremische Studienkontengesetz sei auch mit Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip vereinbar. Der Gesetzgeber habe das daraus folgende Teilhaberecht im Kern - den Zugang zur Hochschule - nur unter den Vorbehalt des Möglichen als Folge der Knappheit der Haushaltsmittel gestellt. Die Gebührenpflicht sei nach den Vorgaben des Sozialstaatsprinzips ausgestaltet und verhältnismäßig, insbesondere zumutbar. Bremen verfolge das legitime Ziel, sich gegen eine finanzielle Überlastung seiner Hochschulen durch auswärtige Studierende zu schützen, indem auch von diesen ein finanzieller Beitrag zu den Kosten ihres Studiums verlangt werde. Studiengebühren in Höhe von 500 € pro Semester seien zumutbar (Hinweis auf BVerfGE 112, 226 <245>). Auf Antrag könnten Studierende zudem von der Gebührenpflicht ausgenommen werden; § 7 BremStKG ermögliche Stundung, Ermäßigung oder Erlass bei einer unbilligen Härte.
Die Regelungen in § 2 Abs. 1 und § 3 Abs. 1 BremStKG seien mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Sie behandelten Studierende mit Wohnung in Bremen in Bezug auf das ihnen eingeräumte Studienguthaben zwar anders als Studierende mit Wohnung außerhalb Bremens. Dies sei jedoch gerechtfertigt. Anders als bei der Zulassung zum Studium sei das Hochschulwesen in Deutschland nicht als ein zusammenhängendes System anzusehen, das im Interesse länderübergreifender Nutzung der Ausbildungskapazitäten grundsätzlich eine bundesweite Reglementierung erfordere. Vielmehr entsprächen unterschiedliche Regelungen der bundesstaatlichen Ordnung. Zudem sei die Differenzierung sachlich begründet. In Bremen sollten alle Studierenden zu den erforderlichen Finanzmitteln für die Bereithaltung der Ausbildungskapazität bei angemessener Qualität beitragen (Bürgerschafts-Drucks 16/758, S. 5). Studierende mit Wohnung in Bremen täten dies indirekt über den Länderfinanzausgleich; Auswärtige zahlten Studiengebühren.
Der Landesgesetzgeber dürfe bei der Belastung mit Abgaben für die Benutzung von Einrichtungen des Landes zwischen Personen mit Wohnsitz innerhalb und Personen mit Wohnsitz außerhalb des Landes unterscheiden. Die Regelung sei zudem mit der Rechtsprechung zur Zulässigkeit der Erhebung einer Zweitwohnungsteuer (BVerfGE 65, 325) vereinbar. Der Gesetzgeber könne auch entscheiden, welche über die Kostendeckung hinausgehenden Zwecke er mit einer Gebühr verfolge. Dazu gehörten Zwecke "einer begrenzten Verhaltenssteuerung". Es sei ein sachlicher Grund für differenzierte Abgaben, dass Auswärtige für eine Gebietskörperschaft keine Teilhabe an Steuern beziehungsweise Schlüsselzuweisungen bewirkten. Die Ausgleichszuweisungen aus der primären Steuerverteilung und aus dem Finanzausgleich seien ein sachnahes Surrogat für Studiengebühren.
2. Der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat mitgeteilt, dass er sich bislang zwar grundsätzlich zur Vereinbarkeit von Studienbeiträgen beziehungsweise Studiengebühren mit Art. 12 Abs. 1,Art. 3 Abs. 1 GG geäußert habe (BVerwGE 134, 1). Die Besonderheit einer an den Wohnsitz anknüpfenden Studienabgabe habe dort jedoch keine Rolle gespielt. Der Senat bezweifelt, dass die bremische Regelung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist.
3. Die Hochschulrektorenkonferenz macht sich hinsichtlich der Vereinbarkeit der vorgelegten Normen mit Art. 12 Abs. 1 GG die Ausführungen des vorlegenden Gerichts zu eigen. Mit der Erhebung eines Studienbeitrags in Höhe von 500 € pro Semester sei jedoch kein spürbarer wirtschaftlicher Nachteil im Sinne eines Eingriffs in Art. 11 GG verbunden.
4. Der Deutsche Hochschulverband hält § 6 Satz 1 BremStKG in Verbindung mit § 3 Abs. 1, § 2 Abs. 1 BremStKG für verfassungswidrig. Zwar stehe das Grundgesetz der bislang praktizierten Erhebung von Studienbeiträgen mit gesetzlich ausgestalteten Sicherungen wie in §§ 6 und 7 BremStKG, durch die insbesondere einkommensschwachen Bevölkerungsschichten ein gleichberechtigter Hochschulzugang ermöglicht wird, nicht entgegen. Doch sei die Landeskinderregelung ein nicht gerechtfertigter Eingriff in Art. 11 Abs. 1 GG. Studiengebühren in Höhe von 500 € für ein Semester seien ein wirtschaftlich spürbarer Nachteil. Schließlich stehe der primäre Gesetzeszweck der Einwohnergewinnung zur zusätzlichen Einnahmenerzielung nicht in unmittelbarem Zusammenhang zur Inanspruchnahme der Hochschulen Bremens.
5. Das Deutsche Studentenwerk, der Verband Hochschule und Wissenschaft im Deutschen Beamtenbund, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und der Freie Zusammenschluss von StudentInnenschaften e.V. folgen im Wesentlichen dem vorlegenden Gericht. Studiengebühren stellten die Chancengleichheit beim Hochschulzugang und im Studium in Frage und seien unsozial, insofern sie ein Studium von der finanziellen Leistungsfähigkeit der Einzelnen abhängig machten. Die bestehenden Ungleichheiten im Bildungssystem würden durch sie noch verstärkt. Die Länder seien der Forderung des Bundesverfassungsgerichts (Hinweis auf BVerfGE 112, 226) nach Sozialverträglichkeit von Studiengebühren nicht nachgekommen.
6. Die Klägerinnen und der Kläger des Ausgangsverfahrens halten die zur Prüfung gestellte Regelung für verfassungswidrig. Auch sie teilen im Wesentlichen die Auffassung des vorlegenden Gerichts. Die bremische Regelung sei mit Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip unvereinbar, da der Gesetzgeber seiner Regelungspflicht im Hinblick auf soziale Ausgleichsmaßnahmen zur Vermeidung faktischer Diskriminierung wegen der sozialen Herkunft Studierwilliger nicht nachkomme. Das Land Bremen sehe keine Darlehenslösung vor und habe Studierende nicht bereits dadurch ausreichend von der Erhebung von Studiengebühren befreit, indem es Empfänger von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz von der Studiengebührenpflicht ausgenommen habe. Allgemeine Studiengebühren seien darüber hinaus mit Art. 3 Abs. 1 und 2 GG sowie Art. 13 Abs. 1 und 2 des Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte vom 19. Dezember 1966 (IPwskR; in Kraft getreten am 3. Januar 1976, UNTS Bd. 993, S. 3, BGBl II S. 428) und Art. 2 des Ersten Zusatzprotokolls zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 20. März 1952 (ZP I EMRK; in Kraft getreten am 13. Februar 1957, ETS Nr. 9, BGBl II S. 226) in Verbindung mit Art. 14 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (EMRK; in Kraft getreten am 3. September 1953, ETS Nr. 5, BGBl II 1954 S. 14) unvereinbar.
§ 3 BremStKG in der Fassung der Bekanntmachung des Bremischen Studienkontengesetzes vom 18. Oktober 2005 (BremGBl S. 550) wurde zwar durch Art. 13 Nr. 2 des Zweiten Hochschulreformgesetzes vom 22. Juni 2010 (BremGBl S. 375) aufgehoben. Doch ist eine Vorlage im Rahmen des Art. 100 GG weiter zulässig, solange sich die Ausgangsverfahren mit dem Außerkrafttreten nicht erledigt haben (vgl. BVerfGE 16, 6 <15>; 29, 325 <326>; 47, 46 <64>). Eine Erledigung ist hier nicht eingetreten, denn die in den Ausgangsverfahren angegriffenen Bescheide stützen sich auf die vom Verwaltungsgericht vorgelegten Normen.
Die in Bremen ehemals geltende Regelung, nach der auswärtige Studierende - im Unterschied zu Studierenden mit Wohnung in der Freien Hansestadt Bremen - zur Zahlung von allgemeinen Studiengebühren in Höhe von 500 € vom dritten bis zum 14. Semester herangezogen wurden, ist mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Zwar ergibt sich aus der Verfassung kein grundsätzliches Verbot der Erhebung allgemeiner Studiengebühren, wenn diese tatsächlich den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine sozial zumutbare Ausgestaltung gerecht werden (I). Doch ist die Belastung allein auswärtiger Studierender mit solchen Gebühren verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen (II).
Die Erhebung von allgemeinen Studiengebühren ist im Ausgangspunkt mit dem Grundgesetz vereinbar, solange und soweit die Gebühren nicht prohibitiv wirken und sozial verträglich ausgestaltet sind.
1. Schafft der Staat mit öffentlichen Mitteln Studienangebote, so muss er den freien und gleichen Zugang zu ihnen gewährleisten (vgl. BVerfGE 85, 36 <53>). Aus Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip der Art. 20 Abs. 1,Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG ergibt sich für diejenigen, die dafür die subjektiven Zulassungsvoraussetzungen erfüllen, im Rahmen der vom Staat geschaffenen Ausbildungseinrichtungen ein Recht auf freien und gleichen Zugang zum Hochschulstudium ihrer Wahl (vgl. BVerfGE 85, 36 <53 f.>; grundlegend BVerfGE 33, 303 <331 f.>; vgl. auch BVerwGE 134, 1 <7 f.>).
a) Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistet das Recht, die Ausbildungsstätte frei zu wählen (BVerfGE 85, 36<53>). Dieses steht in engem Zusammenhang mit dem Recht der freien Berufswahl, da die Ausbildung in der Regel die Vorstufe einer Berufsaufnahme ist, beide also integrierende Bestandteile eines zusammengehörenden Lebensvorganges darstellen (vgl. BVerfGE 33, 303 <329 f.>, unter Hinweis auf BVerfGE 7, 377 <401, 406>). Der verfassungsrechtliche Grundrechtsschutz zielt dabei nicht nur auf die Abwehr von Eingriffen der öffentlichen Gewalt, sondern auch auf Teilhabe an staatlichen Leistungen (vgl. BVerfGE 33, 303 <330 f.>).
b) Aus diesem Teilhaberecht resultiert kein Anspruch auf Kostenfreiheit des Hochschulstudiums, doch dürfen Gebühren für ein Studium nicht prohibitiv wirken (aa) und müssen sozial verträglich ausgestaltet sein (bb).
Die Inanspruchnahme staatlicher Ressourcen durch einen eingeschränkten Nutzerkreis kann eine Abgabepflicht auslösen. Daher ist der Gesetzgeber nicht daran gehindert, bestimmte öffentliche Leistungen der Berufsausbildung, auch soweit diese bisher abgabenfrei waren, künftig nicht mehr kostenlos anzubieten (vgl. BVerwGE 134, 1 <8> m.w.N.).
aa) Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip verpflichten den Gesetzgeber jedoch, auch im Bereich des Hochschulzugangs für die Wahrung gleicher Bildungschancen zu sorgen (vgl. BVerfGE 112, 226 <245>); er muss Auswahl und Zugang nach sachgerechten, auch für die Benachteiligten zumutbaren Kriterien regeln (vgl. BVerfGE 43, 291 <345>). Der Gesetzgeber darf den Zugang zu staatlich geschaffenen Ausbildungseinrichtungen nicht prohibitiv gestalten. Gebühren dürfen keine unüberwindliche soziale Barriere vor dem Hochschulzugang errichten (vgl. BVerwGE 102, 142 <147>; 115, 32 <37>; 134, 1 <8, 14>; BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2010 - BVerwG 6 C 9.09 -, juris, Rn. 19, 25). Unzulässig ist eine Gebührenregelung, wenn sie ihrer Höhe nach in einem nicht mehr hinnehmbaren Maße abschreckende Wirkung entfaltet (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2010 - BVerwG 6 C 9.09 -, juris, Rn. 25).
bb) Das bedeutet nicht, dass Erschwernisse, die mit der Erhebung von Studienabgaben verbunden sind, vollständig durch soziale Begleitmaßnahmen kompensiert werden müssen (vgl. BVerwGE 134, 1 <14>). Die Verfassung gebietet nicht den Ausgleich jeglicher sozialen, insbesondere ökonomischen, Ungleichheit, die auch in der familiären, sozialen oder individuellen Herkunft der Ausbildungswilligen ihre Ursache haben kann (vgl. BVerwGE 134, 1 <14>). Der Gesetzgeber darf diese Umstände jedoch nicht völlig unberücksichtigt lassen, soweit sie zu ungleichen Ausbildungschancen führen. Er darf Studierwillige also beispielsweise nicht schlicht auf die Möglichkeit verweisen, für die Finanzierung eines Studiums marktübliche Kredite in Anspruch zu nehmen.
Verfassungsrechtlich geboten ist damit ein sozial verträgliches, also entweder ein grundsätzlich für alle finanziell tragbares oder aber ein um ein Ausbildungsförderungssystem ergänztes Ausbildungsangebot, das im Rahmen der staatlich geschaffenen Ausbildungskapazitäten allen entsprechend Qualifizierten ein Studium ermöglicht und den Zugang zum Studium insbesondere nicht von den Besitzverhältnissen der Eltern abhängig macht (vgl. BVerwGE 102, 142 <147>; 115, 32 <37>; 134, 1 <8>). Das Grundgesetz verbietet es, die nur begrenzt verfügbaren öffentlichen Mittel beim Hochschulzugang bevorzugt einem privilegierten Teil der Bevölkerung zu Gute kommen zu lassen (vgl. BVerfGE 33, 303 <334 f.>). Bei der Erhebung von Studiengebühren ist folglich den Belangen einkommensschwacher Bevölkerungskreise angemessen Rechnung zu tragen (vgl. BVerfGE 112, 226 <245>; BVerwGE 134, 1 <9 ff.>); entscheidend ist, wie schwer eine Gebührenlast unter den konkreten Bedingungen ihrer Ausgestaltung wiegt und ob sie im Ergebnis allen Betroffenen tatsächlich zumutbar ist. Der Gesetzgeber hat den Zugang zu Einrichtungen zur Ausübung grundrechtlicher Freiheit insgesamt so zu gestalten, dass die sozialen Gegensätze hinreichend ausgeglichen werden und soziale Durchlässigkeit gewährleistet wird (Rüfner, in: Bonner Kommentar, Bd. 1, Art. 3 Abs. 1 Rn. 63, Oktober 1992; s.a. Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl. 2012, Art. 20 Rn. 119; Robbers, in: Bonner Kommentar, Bd. 5, Art. 20 Abs. 1 Rn. 1412, April 2009). Das Sozialstaatsprinzip verlangt darüber hinaus eine Ausgestaltung der Studiengebühren, die angemessen Rücksicht auf Belastungen Studierender nimmt, die aufgrund persönlicher Lebensumstände oder gesellschaftlicher Benachteiligung in ihrer persönlichen und sozialen Entfaltung behindert sind (vgl. BVerfGE 45, 376 <387>). Das gilt für Menschen mit Behinderungen (Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG) ebenso wie für Studierende mit Kindern oder Pflegeverantwortung in der Familie (Art. 6 Abs. 1 und 2 GG).
Wie der Gesetzgeber dem Verfassungsgebot zur sozialen Ausgestaltung allgemeiner Studiengebühren im Einzelnen Rechnung trägt, ist in weitem Umfang seiner freien Gestaltung überlassen. Er kann die von der Verfassung geforderte Chancengleichheit insbesondere durch die Höhe von Studiengebühren, durch Stipendien, spezielle Studienkredite und durch Härtefall- und Ausnahmeregelungen zu wahren suchen. Das Bundesverwaltungsgericht hat ausgeführt (BVerwGE 134, 1 <19 ff.>; BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2010 - BVerwG 6 C 9.09 -, juris, Rn. 32), dass bei der entsprechenden Ausgestaltung von Studiengebühren die völkerrechtlichen Anforderungen zu beachten sind, hier aus Art. 10 Nr. 4 Buchstabe a der Europäischen Sozialcharta vom 18. Oktober 1961 (ESC; in Kraft getreten am 26. Februar 1965, ETS Nr. 35, BGBl II S. 1122), aus Art. 13 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 13 Abs. 2 Buchstabe c IPwskR (vgl. auch UN Committee on Economic, Social and Cultural Rights, The right to education (Art. 13), UN Doc. E/C.12/1999/10 vom 8. Dezember 1999, Z. 19 f. zu Art. 13 Abs. 2 Buchstabe c IPwskR) und aus Art. 2 ZP I EMRK in Verbindung mit Art. 14 EMRK. Dagegen ist von Verfassungs wegen nichts zu erinnern.
2. Nach diesen Maßgaben sind Studiengebühren im Umfang von 500 € je Semester bei Bereitstellung hinreichender sozialer Ausgleichsmaßnahmen nicht schon grundsätzlich verfassungsrechtlich ausgeschlossen.
a) Als Voraussetzung der Teilnahme am Studium beschränken Studiengebühren den grundrechtlichen Teilhabeanspruch. Diese Beschränkung stützt sich auf das legitime Ziel, eine ergänzende Einnahmequelle zur Finanzierung der Studienangebote zu schaffen, und ist hierfür auch geeignet und erforderlich.
b) Der Teilhabeanspruch wird durch Studiengebühren im hier in Rede stehenden Umfang nicht übermäßig beschränkt. Eine prohibitive Wirkung ist bei einer Studiengebühr in Höhe von 500 € derzeit nicht ersichtlich (vgl. BVerwGE 134, 1 <14>; BayVerfGH, Urteil vom 28. Mai 2009 - Vf. 4-VII-07 -, juris, Rn. 145). Eine Gebühr in Höhe von 500 € im Semester wirkt nicht abschreckend oder sonst von vornherein unangemessen.
Allerdings ist eine Gebühr in dieser Höhe keine vernachlässigbare Größe. Zwar mag eine solche Gebühr in Bezug auf die Gesamtkosten des Studiums geringfügig und kompetenzrechtlich von nachrangiger Bedeutung sein (vgl. BVerfGE 112, 226 <245>). Aus Sicht der Studierenden, deren Gesamtunterhaltsbedarf je nach Quelle mit zwischen circa 530 € und 812 € pro Monat angegeben wird (vgl. auch HIS, Heine/Quast, Studienentscheidung im Kontext der Studienfinanzierung, 2011, S. 26) ist auch dies als deutlich spürbar einzustufen (so für Baden-Württemberg auch BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2010 - BVerwG 6 C 9.09 -, juris, Rn. 21; Urteil vom 15. Dezember 2010 - BVerwG 6 C 10.09 -, juris, Rn. 21).
Dass Studiengebühren in dem hier in Frage stehenden Umfang eine abschreckende Wirkung begünstigen können, ist nicht ausgeschlossen. So gaben bei einer Befragung von 5.240 Schulabgängerinnen und -abgängern im Jahr 2006 in Nordrhein-Westfalen 2,4 % beziehungsweise 6,5 % der Studienberechtigten an, aufgrund von Studiengebühren auf ein Studium zu verzichten oder es zu verzögern (HIS, Stellungnahme zur öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie des Landes Nordrhein-Westfalen, 2010, S. 10); im bundesweiten Vergleich lag die Quote 2006 bei 3,6 % (HIS, Heine/Quast/Spangenberg, Studiengebühren aus der Sicht von Studienberechtigten, 2008, S. 15 f.) und im Jahr 2008 bei 5,3 % (HIS, Heine/Quast, Studienentscheidung im Kontext der Studienfinanzierung, 2011, S. 58).
Aus der nicht unerheblichen Belastung von Studierenden durch Studiengebühren in Höhe von 500 € je Semester folgt jedoch nicht ohne weiteres, dass diese angesichts der derzeitigen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit von Studierenden insgesamt prohibitiv wirkt. Eine "Gebührenflucht" aus Ländern mit in Länder ohne Studiengebühren ist nicht erkennbar. Nach der Einführung allgemeiner Studiengebühren sank die Wahrscheinlichkeit, im Heimatland ein Studium beginnen zu wollen, ausweislich der vorliegenden Studien in Gebührenländern lediglich um rund zwei Prozentpunkte (vgl. Deutsches Studentenwerk, Die wirtschaftliche und soziale Lage der Studierenden in der Bundesrepublik Deutschland 2009, 19. Sozialerhebung 2010, S. 63 f.; Dwenger/Storck/Wrohlich, Do Tuition Fees Affect the Mobility of University Applicants? Evidence from a Natural Experiment, Discussion Paper Nr. 926, 2009, S. 15 f.). Eine prohibitive Wirkung von Studiengebühren auf potentielle Studienanfängerinnen und -anfänger war 2008 nicht nachzuweisen, soweit Studierquoten und Studienanfängerzahlen von Ländern mit und ohne Gebühren miteinander verglichen werden (vgl. HIS, Heine/Quast/ Spangenberg, Studiengebühren aus Sicht von Studienberechtigten, 2008, S. 15).
c) Studiengebühren der hier in Rede stehenden Art bedürfen allerdings flankierender Maßnahmen, die soziale Verträglichkeit und damit den Anspruch auf einen möglichst chancengleichen Zugang zum Studium gewährleisten.
aa) Fehlen flankierende Maßnahmen, verstärken sich aufgrund unzureichender finanzieller Mittel und in Familien ohne akademischen Bildungsabschluss bestehende Nachteile beim Zugang zum Hochschulstudium und bei der Erlangung eines entsprechenden Abschlusses. Nach der 19. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks 2009 studierten 71 % der Kinder aus Familien, in denen ein akademischer Bildungsabschluss vorhanden war, dagegen nur 24 % der Kinder aus Familien ohne einen solchen Abschluss (Deutsches Studentenwerk, Die wirtschaftliche und soziale Lage der Studierenden in der Bundesrepublik Deutschland 2009, 19. Sozialerhebung 2010, S. 10 ff.; vgl. zur Entwicklung auch Vodafone Stiftung, Schindler, Aufstiegsangst? Eine Studie zur sozialen Ungleichheit im historischen Zeitverlauf, 2012). Bei der Entscheidung für oder gegen ein Hochschulstudium ist die finanzielle Belastung von erheblicher Bedeutung (vgl. Institut für Demoskopie Allensbach, Chancengerechtigkeit? Studienfinanzierung als wichtiger Faktor der Entscheidungsfindung für die Aufnahme bzw. den Abbruch eines Hochschulstudiums, 2009, S. 13). Bei der Studienentscheidung wächst die Unsicherheit, je weniger die Finanzierung des Studiums von den Eltern geleistet werden kann, was Kinder aus ökonomisch schwächeren Familien benachteiligt. Studierende, die von ihren Eltern finanziert werden, sehen ihr Studium weit häufiger als sicher finanziert an als jene, die einen Kredit in Anspruch nehmen müssen (vgl. HIS, Heine/Quast/Spangenberg, Studiengebühren aus der Sicht von Studienberechtigten, 2008, S. 17 f.).
bb) Eines der zentralen Mittel zur Gewährleistung einer sozialverträglichen Absicherung von Studiengebühren ist die Bereitstellung von angemessen ausgestalteten Studiendarlehen. Maßgeblich für eine angemessene Ausgestaltung kann hierfür insbesondere sein, dass diese erst nach dem Abschluss des Studiums zurückzuzahlen und je nach persönlicher Situation Stundung, Niederschlagung oder Erlass möglich sind (vgl. BVerwGE 134, 1 <10 ff.>). Daneben kommen auch weitere Mittel in Betracht wie Ausnahme-, Ermäßigungs- und Erlasstatbestände für sozial schwächere Personen, also auch zur Rücksichtnahme auf Belange einkommensschwacher Bevölkerungskreise (vgl. BVerfGE 112, 226 <245>). Schließlich wird der Gesetzgeber auch Maßnahmen in Blick auf besondere Familiensituationen und die besonderen Gleichbehandlungsgebote des Grundgesetzes in Erwägung zu ziehen haben.
3. Ob die Bremer Regelung der Studiengebühren den Anforderungen an eine soziale Ausgestaltung des chancengleichen Zugangs zu einem Hochschulstudium in jeder Hinsicht entspricht, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Die Erhebung von Studiengebühren, wie sie mit der Bremer Regelung ins Werk gesetzt wird, ist jedoch nicht von vornherein mit der Verfassung unvereinbar. Ihr Umfang wirkt als solcher nicht prohibitiv und ist von dem Anspruch getragen, den Zugang zum Studium sozial verträglich auszugestalten.
Die zur Prüfung gestellten Regelungen des § 6 Satz 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 1, § 2 Abs. 1 BremStKG, die auswärtige Studierende anders als Landeskinder behandeln, indem sie nach dem (Haupt-)Wohnsitz in Bremen unterscheiden und nur Auswärtigen ab dem dritten Semester eine Gebührenpflicht auferlegten, verstoßen gegen das Teilhaberecht aus Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG auf freien und gleichen Hochschulzugang in einem bundesweit zusammenhängenden System.
1. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfGE 98, 365 <385>; stRspr). Er gilt sowohl für ungleiche Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen (vgl. BVerfGE 79, 1 <17>; 126, 400 <416> m.w.N.).
Dabei gilt ein stufenloser am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (vgl. BVerfGE 75, 108 <157>; 93, 319 <348 f.>; 107, 27 <46>; 126, 400 <416>; 129, 49 <69> m.w.N.). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers ergibt sich unter anderem aus jeweils betroffenen Grundrechten (vgl. BVerfGE 88, 87 <96>). Hier folgt ein strengerer Rechtfertigungsmaßstab aus dem Teilhaberecht des Art. 12 Abs. 1 GG für den besonderen Sachbereich des Hochschulzugangs (vgl. BVerfGE 33, 303 <329 ff., 352 f.>).
Studierende, die an Hochschulen in Bremen studieren und in Bremen wohnen, und solche, die in Bremen studieren, aber außerhalb Bremens ihren Wohnsitz haben, befinden sich hinsichtlich der Ausbildung, für die in den vorgelegten Vorschriften Gebühren erhoben werden, in einer vergleichbaren Lage. Beide nehmen das Studienangebot Bremens in gleicher Weise in Anspruch. Werden nur auswärtige Studierende zwischen dem dritten und 14. Semester mit Gebühren belegt, ist dies eine an den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG zu messende Ungleichbehandlung.
a) Als Rechtfertigungsgrund kann nicht allein auf den Wohnsitz oder Hauptwohnsitz und den hieraus folgenden Zugehörigkeitsstatus zum Land Bremen als solchen verwiesen werden.
aa) Allerdings sind unterschiedliche Regelungen in verschiedenen Ländern und verschiedenen Gemeinden verfassungsrechtlich nicht nur möglich, sondern sogar gewollt. Die Ermöglichung von Vielfalt ist ein wesentliches Element des Bundesstaatsprinzips wie auch der kommunalen Selbstverwaltung. Der Gleichheitssatz ist daher nicht anwendbar, wenn es um eine Ungleichbehandlung durch Regelungen verschiedener Kompetenzträger geht (vgl. BVerfGE 10, 354 <371>; 93, 319 <351>). Innerhalb des eigenen Kompetenzbereichs ist der Landesgesetzgeber prinzipiell nicht gehindert, von der Gesetzgebung anderer Länder abweichende Regelungen zu treffen, auch wenn dadurch Landeskinder praktisch begünstigt oder auch belastet werden (vgl. BVerfGE 33, 303 <352>). Wenn insoweit in einigen Ländern Studiengebühren erhoben werden, in anderen dagegen nicht, ist dies aus Gleichheitsgesichtspunkten schon grundsätzlich nicht zu beanstanden (vgl. aus kompetenzrechtlicher Sicht BVerfGE 112, 226 <244 f.>). Anwendbar ist der Gleichheitssatz dagegen, soweit es wie hier um die Ungleichbehandlung von Landeskindern und anderen Personen in einer Landesregelung geht.
bb) Vorliegend scheidet eine Rechtfertigung der Ungleichbehandlung in bloßer Anknüpfung an den Wohnsitz aufgrund der Besonderheiten des geregelten Sachbereichs aus. Landesrechtliche Regelungen im Bereich des Hochschulwesens haben eine spezifische gesamtstaatliche Dimension, die besondere Rücksichtnahme der Länder untereinander verlangt. Fällt eine Materie in die Zuständigkeit des Landesgesetzgebers, greift aber der zu regelnde Lebenssachverhalt seiner Natur nach über Ländergrenzen hinaus und berührt wie hier das in allen Ländern gleichermaßen anerkannte Teilhaberecht auf freien und gleichen Hochschulzugang, dann sind einseitige Begünstigungen der Angehörigen eines Landes nur unter gesteigerten Anforderungen an ihre Rechtfertigung zulässig. Das Hochschulwesen ist ein solches bundesweit zusammenhängendes System, das zwar weithin in die Zuständigkeit des Landesgesetzgebers fällt, in dem aber nicht alle Studiengänge überall angeboten werden und eine Nutzung der Ausbildungskapazitäten über die Ländergrenzen hinweg erforderlich ist (vgl. BVerfGE 33, 303 <352>). Daher darf beim Zugang zum Studium nicht pauschal nach Ländern differenziert werden (vgl. BVerfGE 33, 303 <355 f.>; 37, 104 <119 f.>). Entsprechend hatte sich auch der Parlamentarische Rat ausdrücklich gegen Landeskinder-Privilegien beim Zugang zu universitären Studien ausgesprochen (Parlamentarischer Rat, StenBer. über die 44. Sitzung des Hauptausschusses vom 19. Januar 1949, S. 569 <575 f.>; zitiert bereits in BVerfGE 33, 303 <329>).
b) Tragfähige Sachgründe für die Rechtfertigung der differenzierenden bremischen Gebührenregelung, die mit der Hochschulausbildung in Zusammenhang stehen, sind vorliegend nicht ersichtlich. Die in der bremischen Regelung vorgenommene Gebührendifferenzierung ist nicht durch eine unterschiedliche Nutzung des Studienangebots gerechtfertigt (aa). Auch kann sich der Gesetzgeber zur Rechtfertigung nicht darauf berufen, mit der Regelung zur Wohnsitznahme in Bremen motivieren zu wollen, um so erhöhte Mittelzuweisungen im Rahmen des Länderfinanzausgleichs zu erlangen (bb): Die Gebühr lässt sich nicht mit dem Argument rechtfertigen, die aus dem Finanzausgleich dem Land zufließenden Zuweisungen enthielten einen Betrag zur Finanzierung der Ausbildung der Studierenden mit Wohnung in Bremen; deshalb dürften auswärtige Studierende landesgesetzlich verpflichtet werden, gleichfalls - statt über den Finanzausgleich durch Gebühren - ihren bremischen Studiengang finanziell mitzutragen. Das Gleiche gilt bei einer gezielten Zuweisung im Landeshaushaltsgesetz ausschließlich für Studierende mit Wohnung in Bremen.
aa) Die Gebührendifferenzierung dient nicht dem Ausgleich einer unterschiedlichen Inanspruchnahme des Studienangebots. Es ist nicht ersichtlich, dass Studierende mit (Haupt-)Wohnsitz außerhalb von Bremen Leistungen der bremischen Hochschulen in anderer Weise nutzten als Studierende mit (Haupt-)Wohnsitz in Bremen. Auswärtige Studierende verursachen weder höhere Kosten noch ziehen sie einen größeren Vorteil aus den von einer bremischen Hochschule angebotenen Leistungen. Der Wohnsitz, an den das Studienkontengesetz die Studiengebührenpflicht knüpft, hat keinen unmittelbaren Bezug zum Benutzungsverhältnis (so auch Kugler, Allgemeine Studiengebühren und die Grundrechte der Studierenden, 2009, S. 194).
bb) Auch das Ziel des Landes Bremen, durch finanziellen Druck Studierende zu einer Wohnsitznahme in Bremen zu veranlassen, damit das Land erhöhte Mittel im Rahmen des Finanzausgleichs erhält, trägt die Ungleichbehandlung nicht. Zwar sind die Länder und auch Gemeinden grundsätzlich nicht gehindert, Personen, die ihre Einrichtungen nutzen wollen, durch finanzielle Anreize oder finanziellen Druck zu veranlassen, auch ihren (Haupt-)Wohnsitz in das eigene Gebiet zu verlegen. So kann bei doppeltem Wohnsitz etwa auf das Melde- oder - in Form einer Zweitwohnungsteuer - auf das Steuerrecht zurückgegriffen werden. Für die Erhebung von Studiengebühren, die (auch) dazu dienen, zur Wohnsitznahme zu motivieren, um so zusätzliche Mittel aus dem Länderfinanzausgleich zu erlangen, fehlt es jedoch an dem im Bereich des Hochschulwesens erforderlichen Sachzusammenhang.
Das Land Bremen erhält zwar Ausgleichszuweisungen nach §§ 4 ff. Finanzausgleichsgesetz (FAG) und Bundesergänzungszuweisungen nach § 11 FAG aus dem Finanzausgleich. Sie dienen aber in der Regel der Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs des Landes (§§ 4 ff. und § 11 Abs. 1 und 2 FAG); die sonstigen Bundesergänzungszuweisungen nach § 11 Abs. 3 bis 4 FAG sind anderen Zwecken als der Hochschulfinanzierung gewidmet. Alle Zuweisungen fließen zudem in den Haushalt des Landes Bremen. Der bremische Haushaltsgesetzgeber entscheidet dann in eigener Verantwortung in seinem Budget über die Verwendung dieser Finanzmittel. Damit ist der Sachzusammenhang zwischen den Ausgleichszuweisungen des Finanzausgleichs und der Finanzierung der Hochschulen gelöst. Deswegen können auch keine bestimmten Beträge daraus allein den Studierenden mit Wohnung in Bremen zugeordnet werden; ebenso wenig kann ein Fehlbetrag den Studierenden ohne Wohnung in Bremen zugerechnet werden (vgl. auch BVerfGE 65, 325 <355 f.>). Eine Rechtfertigung der Studiengebühr für auswärtige Studierende vom dritten bis zum 14. Semester ist sachlich nicht möglich, denn es fehlt an einem hinreichenden Sachzusammenhang zwischen den Finanzausgleichsmitteln als allgemeinen Einnahmen des Landeshaushalts, der Verwendungsentscheidung des Landeshaushaltsgesetzgebers sowie der Studiengebühr für Auswärtige. Ein Versuch einer Rechtfertigung der Studiengebühr durch Zuordnung von Ausgleichszuweisungen zum Aufwand für Ausbildungsplätze bremischer Studierender würde außerdem zugleich den berechtigten Einwand hervorrufen, gerade diese Ausbildungsplätze seien von dritter Seite - nämlich den Geberländern des Finanzausgleichs - mitfinanziert worden; auf diese Weise würde das Land Bremen letztlich aus einer Zuwendung von außen eine Studiengebühr für auswärtige Studierende zu legitimieren versuchen.
Gleiches würde gelten, falls das bremische Landeshaushaltsgesetz selbst den Hochschulen Finanzmittel ausschließlich für die Finanzierung der Studierenden mit Wohnung in Bremen zuwiese, denn es besteht angesichts des bundesweiten Zusammenhangs des Hochschulsystems kein Sachgrund, auswärtige Studierende gezielt vom Studium fernzuhalten. Jedenfalls könnte eine derartige Vorschrift nicht dazu eingesetzt werden, den Aufwand für bremische Studierende als finanziert, den für auswärtige Studierende aber für ungedeckt zu betrachten, denn damit würde das Teilhabegrundrecht des Art. 12 GG, das ein bundesweit zusammenhängendes Hochschulangebot gleicher Zugangskonditionen verlangt (vgl. grundlegend dazu BVerfGE 33, 303 <329 ff.>), verkannt, indem das Land im Haushalt nur Ausgaben für Studierende mit Wohnung in Bremen vorsähe. In haushaltsrechtlicher Hinsicht würde es dann ein Hochschulangebot allein für bremische Studenten schaffen. Ob eine solche Vorschrift allein als Berechnungsmethode für die Gesamtaufwendungen der bremischen Hochschulen zulässig wäre, war vom Senat nicht zu entscheiden.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
1. Der Beschwerdeführer betreibt als Einzelkaufmann ein Busunternehmen. Er war Inhaber einer Genehmigung für den eigenwirtschaftlich
betriebenen Linienverkehr mit Bussen auf den Linien 172, 172a und 173 im Bereich des Nahverkehrsplans für den Landkreis E.
Diese Genehmigung war befristet bis zum 31. Dezember 2006.
Im Jahr 2005 beantragte der Beschwerdeführer die Wiedererteilung der Genehmigung für die Zeit ab 1. Januar 2007. Nachdem die
Antragsunterlagen aus Sicht der Genehmigungsbehörde am 6. Oktober 2005 vollständig vorlagen, verlängerte sie die Drei-Monats-Frist
zur Entscheidung über den Antrag gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 PBefG um drei Monate bis zum 6. April 2006. Am Anhörungsverfahren
beteiligte sie unter anderem die W. GmbH & Co. KG (im Folgenden: W.), die im Einzugsbereich der betroffenen Strecken über
einen längeren Zeitraum Schülertransporte durchgeführt hatte. Im November 2005 machte die W. Einwendungen gegen den Antrag
des Beschwerdeführers geltend und beantragte ihrerseits eine entsprechende Linienverkehrsgenehmigung. Die Genehmigungsbehörde
leitete auch insoweit ein Anhörungsverfahren ein; auch hier verlängerte sie die Drei-Monats-Frist. Im März 2006 teilte die
Genehmigungsbehörde dem Beschwerdeführer und der W. mit, dass eine Entscheidung über die Anträge bis zum 6. April 2006 getroffen
werde. Bereits am 6. Januar 2006 hatte die W. eine inhaltliche Ausweitung ihres Verkehrsangebots vorgelegt. Am 28. März 2006
reichte der Beschwerdeführer eine Modifikation seines Linienverkehrsantrags ein. Mit Bescheid vom 29. März 2006 erteilte die
Behörde der W. die beantragte Linienverkehrsgenehmigung und lehnte mit weiterem Bescheid vom selben Tag den Antrag des Beschwerdeführers
ab; dessen ergänzendes Verkehrsangebot vom Vortag bezog sie in ihre Entscheidung nicht mit ein.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer - ebenso wie andere Bewerber um die Genehmigung - Widerspruch. Daraufhin lud die Genehmigungsbehörde
zu einem Erörterungstermin im September 2006 und teilte mit, dass auf Grundlage dieses Erörterungstermins über die Widersprüche
entschieden werden solle. Demzufolge würden der Widerspruchsentscheidung nur die von den Beteiligten bis zum Abschluss des
Termins abgegebenen Erklärungen und Unterlagen sowie die Ergebnisse der Erörterung zugrunde gelegt. Der Erörterungstermin
wurde dann wegen noch ausstehender Verhandlungen vertagt und am 11. Oktober 2006 fortgesetzt. Der Beschwerdeführer nahm an
diesem Termin nicht teil. Die W. reichte im Termin einen Antrag ein, die ihr erteilte Genehmigung auszuweiten. Der Termin
wurde um 10.25 Uhr geschlossen. Kurz nach 12.00 Uhr ging bei der Genehmigungsbehörde ein Telefax ein, mit dem der Beschwerdeführer
eine Modifikation seines bisherigen Verkehrsangebots vorlegte. Mit Widerspruchsbescheid vom 15. November 2006 wies die Genehmigungsbehörde
die Widersprüche zurück.
Die daraufhin vom Beschwerdeführer erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 14. März 2008 ab. Den Antrag
des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung lehnte das Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 12. November 2009 ab.
Es bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils. Wegen der Rüge des Beschwerdeführers,
dass die konkrete Ausgestaltung des Genehmigungsverfahrens zu einer Art Versteigerung von Linienverkehrsgenehmigungen führe
und sogar Angebote berücksichtigt worden seien, die erst im Widerspruchsverfahren nachgebessert worden seien, habe das Verwaltungsgericht
die Frage der Rechtmäßigkeit dahinstehen lassen und dem Beschwerdeführer in nicht zu beanstandender Weise unter dem Gesichtspunkt
des venire contra factum proprium die Berufung auf die Fehlerhaftigkeit des Verfahrens verwehrt, weil er selbst die sich aus
diesem Verfahren ergebenden Möglichkeiten genutzt habe. Unabhängig davon sprächen auch keine überwiegenden Gründe dafür, dass
die von der Genehmigungsbehörde gewählte Verfahrensweise rechtswidrig gewesen wäre. Das Personenbeförderungsgesetz gebe nur
wenig Anhaltspunkte, wie das Verfahren bei Beteiligung konkurrierender Unternehmen auszugestalten sei. Das Ziel der Regelungen
zur Erteilung von Linienverkehrsgenehmigungen, einen Ausgleich zu schaffen zwischen der angestrebten Optimierung einer Sicherstellung
des öffentlichen Verkehrsinteresses, welche durch einen Wettbewerb unter den Anbietern gefördert werde, und der im Lichte
von Art. 12 GG notwendigen Gewährleistung eines Besitzstandsschutzes für Konzessionsinhaber, könne durch eine möglichst gleiche
Informationsgrundlage aller Antragsteller erreicht werden. Auch gebe es keine gesetzliche Pflicht zur unveränderten Aufrechterhaltung
eines Genehmigungsantrags. Mit der Nachbesserung von Anträgen sei dem auf eine optimale Bedienung der öffentlichen Verkehrsinteressen
gerichteten Zweck des § 13 PBefG sogar besonders gedient. Zur Gewährleistung eines nachprüfbar fairen Verfahrens habe die
Genehmigungsbehörde allen Antragstellern allerdings einen Stichtag bekanntzugeben, weil es ansonsten mehr oder weniger zufällig
wäre, welcher Konkurrent das "letzte" Angebot abgebe. Ob die Mitteilung der Beklagten, wonach eine Entscheidung bis zum 6.
April 2006 getroffen werde, diesen Anforderungen genüge, könne dahinstehen. Denn nach dieser Mitteilung habe die W. keinen
geänderten Antrag mehr vorgelegt. Das demgegenüber vom Beschwerdeführer im Wege eines Ausgestaltungsverlangens nach § 13 Abs.
2 Nr. 2 Buchst. c) PBefG am 28. März 2006 nochmals modifizierte Fahrplankonzept sei zu Recht nicht mehr berücksichtigt worden,
weil ihm ein solches Ausgestaltungsrecht nach Beantragung der Wiedererteilung einer auslaufenden Genehmigung nicht mehr zustehe.
Im anschließenden Widerspruchsverfahren habe die Genehmigungsbehörde zum Schutz des Genehmigungswettbewerbs eine Ausschlussfrist
gesetzt, indem sie den Beteiligten mitgeteilt habe, neue Erklärungen könnten nur bis zum Abschluss des (zweiten) Erörterungstermins
am 11. Oktober 2006 abgegeben werden. Die nach dem Abschluss des Erörterungstermins per Fax eingegangene Angebotsmodifikation
durch den Beschwerdeführer habe daher als verfristet unberücksichtigt bleiben müssen. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit
des verwaltungsgerichtlichen Urteils lägen auch nicht vor, soweit der Zulassungsantrag Einwendungen gegen die Beurteilung
der materiell-rechtlichen Voraussetzungen geltend mache. Das Verwaltungsgericht habe ausführlich und rechtsfehlerfrei begründet,
warum die Auswahlentscheidung der Beklagten nicht zu beanstanden sei. Eine Anhörungsrüge des Beschwerdeführers wies das Oberverwaltungsgericht
mit Beschluss vom 27. April 2010 zurück.
2. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seiner Grundrechte und grundrechtsgleichen Rechte aus Art. 3 Abs. 1, Art. 12
Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 und Art. 103 Abs. 1 GG.
Art. 12 Abs. 1 GG sei verletzt, weil es in dem zugrunde liegenden Genehmigungswettbewerb an der nötigen wettbewerblichen Fairness
gemangelt habe. Die angegriffenen Entscheidungen billigten ein Verfahren, das der Sache nach eine Versteigerung von Liniengenehmigungen
darstelle. Die konkreten Rahmenbedingungen dieser Versteigerung seien mit den Grundrechten des Beschwerdeführers nicht in
Einklang zu bringen. Insbesondere habe die Genehmigungsbehörde das Verfahren zu einem willkürlich bestimmten Zeitpunkt beendet.
Zu diesem Zeitpunkt habe sie lediglich der W. eine letzte Chance zur Nachbesserung ihres Angebots unter Kenntnis des Angebots
des Beschwerdeführers gegeben. Durch die wechselseitige Bekanntgabe der konkurrierenden Angebote im Rahmen des Anhörungsverfahrens
seien zudem Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Beschwerdeführers verletzt worden. Dies werde dadurch verstärkt, dass die
W. in das Anhörungsverfahren einbezogen worden sei, obwohl sie nicht zu dem in § 14 Abs. 1 Nr. 1 PBefG genannten Personenkreis
gehört habe. Weiter rügt der Beschwerdeführer, dass als maßgeblicher Zeitpunkt auf die letzte Verwaltungsentscheidung abgestellt
worden sei. Es liege in der Natur des Genehmigungswettbewerbs, dass spätestens der Zeitpunkt der Ausgangsentscheidung maßgeblich
sein müsse. Zu beanstanden sei auch, dass sein Angebot vom 28. März 2006 nicht berücksichtigt worden sei. Außerdem habe die
Ankündigung der Behörde im Widerspruchsverfahren, Erklärungen könnten nur bis zum Datum des Erörterungstermins berücksichtigt
werden, so verstanden werden dürfen, dass weitere Angebote auch bis zum Ablauf des 11. Oktober 2006 möglich gewesen seien.
In seinem Recht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG sieht sich der Beschwerdeführer verletzt, weil die Genehmigungsbehörde
ohne sachlichen Grund darüber hinweggesehen habe, dass die W. die Voraussetzungen des § 13 PBefG nicht erfüllt habe. Außerdem
sei er im Rahmen der Prüfung des Kriteriums der möglichst guten Verkehrsbedienung Kriterien unterworfen worden, die ihm vorher
nicht bekannt gegeben worden und die auf ihn in ungleich behandelnder Weise angewandt worden seien. Sein Anspruch auf rechtliches
Gehör sei verletzt, weil die Gerichte auf Kernbereiche seines Tatsachenvortrags nicht eingegangen seien.
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht
vor. Die Verfassungsbeschwerde hat keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung. Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung
der Grundrechte oder grundrechtsgleichen Rechte des Beschwerdeführers angezeigt. Sie ist zum Teil unzulässig, im Übrigen unbegründet.
1. Soweit der Beschwerdeführer rügt, durch die Einbeziehung der W. in das Anhörungsverfahren seien seine durch Art. 12 Abs.
1 GG geschützte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse verletzt worden, ist die Verfassungsbeschwerde nicht hinreichend substantiiert
begründet (§ 23 Abs. 1 Satz 2,§ 92 BVerfGG). Gleiches gilt für die Rügen, er werde durch die Nichtbeachtung seines Ausgestaltungsverlangens
vom 28. März 2006 und durch die Berücksichtigung neuer Antragsmodifikationen während des Widerspruchsverfahrens in seiner
Berufsfreiheit verletzt und die Genehmigungsbehörde habe unter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG überraschende Kriterien angewandt.
Auch die behaupteten Verletzungen von Art. 103 Abs. 1 GG werden nicht substantiiert dargelegt.
2. Im Übrigen ist die Verfassungsbeschwerde unbegründet. Die angegriffenen Entscheidungen verletzen den Beschwerdeführer nicht
in seinen Grundrechten. Wenn sich mehrere Unternehmer um eine Linienverkehrsgenehmigung bewerben, aber nur einer von ihnen
die begehrte Genehmigung erhalten kann, dann gewährleistet Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG, dass jeder Bewerber
eine faire Chance erhält, entsprechend den in § 13 PBefG geregelten Genehmigungsvoraussetzungen zum Zuge zu kommen. Im Hinblick
auf die Berufsfreiheit ist insoweit die Komplementärfunktion des Verfahrens für die Durchsetzung der materiellen Rechte zu
beachten. Art. 12 Abs. 1 GG gebietet - unabhängig davon, ob durch die Versagung einer Linienverkehrsgenehmigung lediglich
die Berufsausübungsfreiheit berührt wird oder ob im Einzelfall die Berufswahl tangiert ist - eine der Bedeutung der Berufsfreiheit
angemessene Verfahrensgestaltung im Vorfeld der Auswahlentscheidung (vgl. BVerfGE 73, 280 <296>; 82, 209 <227>; BVerfGK 4,
1 <9>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 20. September 2002 - 1 BvR 819/01, 1 BvR 826/01 -, NJW-RR 2003,
S. 203; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 3. August 2009 - 1 BvR 369/08 -, NJW-RR 2009, S. 1502 <1503>). Zudem
erfordert Art. 3 Abs. 1 GG eine der Sicherung des chancengleichen Zugangs zur beruflichen Tätigkeit angemessene Verfahrensgestaltung
(vgl. BVerfGE 116, 1 <17 f.>).
Daran gemessen ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Genehmigungsbehörde die bei ihr eingehenden Anträge
anderen Unternehmen zur Kenntnis gab und diesen die Möglichkeit einräumte, anschließend mit dieser Kenntnis eigene, konkurrierende
Anträge zu stellen. Entscheidet sich die Genehmigungsbehörde für eine solche Verfahrensgestaltung (vgl. dazu Heinze, PBefG,
2007, § 13 Anm. 10 , § 14 Anm. 3 ; krit. Werner, GewArch 2004, S. 89 <91>; vgl. auch BVerwGE 118, 270 <276>),
setzt ein chancengleicher Wettbewerb allerdings voraus, dass auch der erste Antragsteller auf die konkurrierenden Anträge
reagieren kann, weil er sonst gegenüber den Mitbewerbern ohne sachlichen Grund benachteiligt würde. Eine Möglichkeit zum "Nachbessern"
von Anträgen ist bei dieser Verfahrensgestaltung nicht schlechthin unvereinbar mit einem fairen Wettbewerb. Solange sie allen
Prätendenten in gleicher Weise und auf Grundlage eines vergleichbaren Kenntnisstandes eingeräumt wird, ist sie unter dem Gesichtspunkt
der Chancengleichheit nicht zu beanstanden. Notwendig ist allerdings, dass auch bei Abgabe der jeweils letzten Antragsfassung
die gleichen Voraussetzungen gelten. Die Genehmigungsbehörde darf deshalb grundsätzlich nicht zu einem für die Antragsteller
nicht vorhersehbaren, beliebigen Zeitpunkt das Auswahlverfahren für beendet erklären, sondern muss in der Regel im Voraus
einen Termin zur Abgabe der letzten Antragsfassung festlegen. Diese verfassungsrechtlichen Vorgaben hat das Oberverwaltungsgericht
hinreichend beachtet. Es sah eine möglichst gleiche Informationsgrundlage aller Antragsteller gerade als ein Mittel zur Verwirklichung
der Chancengleichheit an und ging davon aus, dass ein nachprüfbar faires Verfahren die Bekanntgabe eines Stichtages voraussetze.
Jedenfalls im Widerspruchsverfahren hat die Genehmigungsbehörde einen solchen Endzeitpunkt benannt. Ob der Beschwerdeführer
seine letzte Antragsfassung am 11. Oktober 2006 noch vor diesem Endzeitpunkt vorgelegt hat, ist eine Frage der Würdigung der
entscheidungserheblichen Tatsachen und grundsätzlich allein von den dafür zuständigen Fachgerichten zu beurteilen. Die Anberaumung
eines Erörterungstermins, zu dem alle in Betracht kommenden Antragsteller geladen werden, ist keine grundsätzlich ungeeignete
Maßnahme, um allen Bewerbern in gleicher Weise eine Chance zur Erläuterung und Modifikation ihrer Anträge zu geben. Die Annahme,
dass das mehr als eineinhalb Stunden nach Ende des Termins eingegangene Telefax des Beschwerdeführers nicht mehr zu berücksichtigen
sei, lässt jedenfalls eine Verletzung spezifischen Verfassungsrechts nicht erkennen.
Unter dem Gesichtspunkt eines chancengleichen Wettbewerbs ist es auch verfassungsrechtlich unbedenklich, dass die W. überhaupt
über den Antrag des Beschwerdeführers informiert wurde, obwohl sie nach Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht zum Kreis
der in § 14 Abs. 1 Nr. 1 PBefG Genannten gehörte. Denn die Chancengleichheit würde beeinträchtigt, wenn die Genehmigungsbehörde
nur einen Teil der potentiellen Bewerber über den Inhalt vorliegender Genehmigungsanträge informieren und ihnen sodann die
Möglichkeit einräumen würde, mit diesem Wissen konkurrierende Anträge zu stellen.
Soweit der Beschwerdeführer rügt, die W. erfülle die materiellen Genehmigungsvoraussetzungen des § 13 PBefG nicht, ist für
eine Verletzung spezifischen Verfassungsrechts nichts zu erkennen.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Der öffentliche Auftraggeber kann im Vergabeverfahren die Verwendung elektronischer Mittel, die nicht allgemein verfügbar sind (alternative elektronische Mittel), verlangen, wenn er
1.
Unternehmen während des gesamten Vergabeverfahrens unter einer Internetadresse einen unentgeltlichen, uneingeschränkten, vollständigen und direkten Zugang zu diesen alternativen elektronischen Mitteln gewährt und
2.
diese alternativen elektronischen Mittel selbst verwendet.
(2) Der öffentliche Auftraggeber kann im Rahmen der Vergabe von Bauleistungen und für Wettbewerbe die Nutzung elektronischer Mittel für die Bauwerksdatenmodellierung verlangen. Sofern die verlangten elektronischen Mittel für die Bauwerksdatenmodellierung nicht allgemein verfügbar sind, bietet der öffentliche Auftraggeber einen alternativen Zugang zu ihnen gemäß Absatz 1 an.
Die Bundesregierung kann mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften über die zu verwendenden elektronischen Mittel (Basisdienste für die elektronische Auftragsvergabe) sowie über die einzuhaltenden technischen Standards erlassen.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
§ 6 Satz 1 des Bremischen Studienkontengesetzes vom 18. Oktober 2005 - BremStKG - (Gesetzblatt der Freien Hansestadt Bremen
Seite 550) in Verbindung mit § 3 Absatz 1 und § 2 Absatz 1 BremStKG, soweit Studierende mit Wohnung außerhalb der Freien Hansestadt
Bremen vom dritten bis zum 14. Semester zu einer Studiengebühr in Höhe von 500 € pro Semester herangezogen wurden, ist mit
Artikel 12 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig.
Das konkrete Normenkontrollverfahren betrifft die Frage, ob eine landesrechtliche Regelung, nach der auswärtige Studierende anders als Studierende mit Wohnsitz oder - bei mehreren Wohnungen - Hauptwohnsitz im betreffenden Bundesland vom dritten bis zum 14. Semester zu einer allgemeinen Studiengebühr in Höhe von 500 € pro Semester herangezogen werden, gegen das Grundgesetz verstößt.
1. In Bremen galt zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt eine Studiengebührenregelung, die Studierenden ein Studienguthaben von 14 Semestern zubilligte und sie danach zu Gebühren heranzog. Dies betraf jedoch nur "Landeskinder" mit Wohnung oder, soweit mehrere Wohnungen bestehen, Hauptwohnung in Bremen; demgegenüber erhielten Auswärtige ein Studienguthaben von lediglich zwei Semestern, zahlten also ab dem dritten Semester Gebühren.
2. Nach § 109 Abs. 2 Satz 1 des Bremischen Hochschulgesetzes vom 11. Juli 2003 (BremHG; BremGBl S. 295) war das Studium bis zu einem ersten berufsqualifizierenden Abschluss, bei nicht weiterbildenden Studiengängen bis zu einem zweiten berufsqualifizierenden Abschluss nach Maßgabe des § 109a BremHG und des Bremischen Studienkontengesetzes vom 18. Oktober 2005 (BremStKG; BremGBl S. 550), das mit dem Wintersemester 2005/2006 in Kraft trat, gebührenfrei. Für einheimische Studierende garantierte der damalige § 2 Abs. 1 Satz 1 BremStKG ein gebührenfreies Studium von 14 Semestern. Demgegenüber begrenzte der Gesetzgeber das gebührenfreie Studium durch § 3 BremStKG, in Kraft vom 25. Oktober 2005 bis zum 30. Juni 2010, für auswärtige Studierende auf zwei Semester. § 6 BremStKG regelte die Erhebung von Gebühren in Höhe von 500 € pro Semester nach dem Verbrauch des Studienguthabens. Die dort vorgesehene Zahlungspflicht konnte allerdings auf Antrag aus sozialen oder hochschulpolitischen Gründen erlassen werden. Ein solcher Grund war die Pflege und Erziehung von Kindern von bis zu zwölf Jahren. Zudem verabschiedete der Gesetzgeber mit § 7 BremStKG eine Härtefallregelung. Auf Antrag konnten die Gebühren gestundet, ermäßigt oder ganz erlassen werden, wenn ihre Entrichtung zu einer unbilligen Härte führen würde, die der Gesetzgeber für Regelfälle definierte. Ein Regelfall war nach § 7 Nr. 1 BremStKG etwa eine Behinderung oder schwere Erkrankung, die eine Hauptwohnung außerhalb der Freien Hansestadt Bremen erforderte.
Die Studierenden erhalten mit der Einschreibung ein Studienkonto mit einem gebührenfreien Studienguthaben in Form von gebührenfreien Studiensemestern. Die Höhe des Studienguthabens, Art und Umfang der Berücksichtigung besonderer Lebens- und Studienumstände der Studierenden, die Gebührenhöhe nach Verbrauch des Studienguthabens und die Nutzung von nicht verbrauchten Studienguthaben werden durch gesondertes Gesetz bestimmt.
Studienkonten und Studienguthaben für Studierende mit Wohnung in der Freien Hansestadt Bremen
(1) Die Studierenden mit Wohnung oder, soweit mehrere Wohnungen bestehen, mit Hauptwohnung in der Freien Hansestadt Bremen erhalten mit der Einschreibung nach den §§ 34 oder 35 des Bremischen Hochschulgesetzes ein einmaliges Studienguthaben von 14 Semestern.
Studienkonten und Studienguthaben für Studierende mit Wohnung außerhalb der Freien Hansestadt Bremen
(1) Die Studierenden mit Wohnung oder, soweit mehrere Wohnungen bestehen, mit Hauptwohnung außerhalb der Freien Hansestadt Bremen erhalten mit der Einschreibung nach den §§ 34 oder 35 des Bremischen Hochschulgesetzes ein Studienkonto mit einem einmaligen Studienguthaben von zwei Semestern.
(2) Wird zu einem späteren Zeitpunkt ein Studienguthaben nach § 2 gewährt, erfolgt eine vollständige Anrechnung.
(3) Nach Vollendung des 55. Lebensjahres wird ein Studienguthaben nicht gewährt.
Von Studierenden, die ihr Studienguthaben nach den §§ 2 oder 3 verbraucht haben, ohne das Studium abzuschließen, oder ein Zweitstudium absolvieren, das nicht die Voraussetzungen des § 2 Absatz 4 erfüllt, erheben die Hochschulen Studiengebühren in Höhe von 500 € für jedes Semester. Auf Antrag werden hiervon ausgenommen:
1. Beurlaubte Studierende für die Dauer der Beurlaubung,
2. Studierende, die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhalten,
3. Doktoranden, soweit sie ausschließlich nach § 34 Abs. 3 Bremisches Hochschulgesetz immatrikuliert sind, und Meisterschüler sowie Studierende mit dem Ziel des Konzertexamens an der Hochschule für Künste,
4. Studierende, denen aufgrund überregionaler Abkommen ein gebührenfreies Studium zusteht,
5. Studierende, die bereits an einer anderen Hochschule zum Studium in einem gemeinsamen Studiengang eingeschrieben sind und dort Studiengebühren bezahlen,
6. Studierende, die während ihres Studiums mindestens ein Kind im Alter von bis zu zwölf Jahren pflegen und erziehen, für die Dauer von bis zu sechs Semestern,
7. Studierende, die während ihres Studiums als gewählte Vertreter in Organen der Hochschule, der Studierendenschaft oder des Studentenwerks mitwirken oder das Amt einer Frauen- oder Gleichstellungsbeauftragten wahrnehmen, für die Dauer von bis zu insgesamt zwei Semestern.
Die Studiengebühren können auf Antrag des Studierenden im Einzelfall gestundet, ermäßigt oder ganz erlassen werden, wenn die Entrichtung der Studiengebühren zu einer unbilligen Härte führen würde. Eine unbillige Härte liegt in der Regel insbesondere vor, wenn
1. eine Behinderung oder schwere Erkrankung Studienzeit verlängernde Auswirkungen hat oder die Begründung oder Beibehaltung der Wohnung oder, soweit mehrere Wohnungen bestehen, der Hauptwohnung außerhalb der Freien Hansestadt Bremen erfordert,
2. sich die Folgen als Opfer einer Straftat Studienzeit verlängernd auswirken, oder
3. eine wirtschaftliche Notlage während des Ablegens der Abschlussprüfungen aufgetreten ist.
In den Fällen der Nummern 2 und 3 kann eine Stundung, Ermäßigung oder ein Erlass von Studiengebühren nur erfolgen, wenn ein Studienguthaben nach § 2 verbraucht worden ist.
b) Das Land Bremen verfolgte mit diesen Regelungen ausweislich der Gesetzesbegründung (Bürgerschafts-Drucks 16/758, S. 5 f.) mehrere Zwecke: Sie dienten zunächst dazu, die Studierenden zu einem effizienten und zügigen Studium anzuhalten. Weiterhin zielten sie darauf, das Land Bremen in die finanzielle Lage zu versetzen, eine angemessene und wettbewerbsfähige Ausstattung der Hochschulen des Landes sowohl in personeller als auch in sachlicher Hinsicht zu gewährleisten. Dies könne im Wege der direkten Finanzierung durch die Studierenden per Studiengebühren bei einem Wohnsitz außerhalb Bremens geschehen oder über den Zuzug von Studierenden nach Bremen, da dies die Einnahmen des Landes im Rahmen des Länderfinanzausgleichs erhöhe. Die hochschulpolitische Zielsetzung werde dadurch unterstrichen, dass die über die Studiengebühren eingenommenen Mittel insbesondere zur Verbesserung der Lehre verwendet werden. Die Studiengebühren waren nach Auffassung der gesetzgebenden Körperschaft notwendig, um diese Ziele zu erreichen. Die melderechtlichen Bestimmungen verpflichteten nicht zum Erstwohnsitz am Studienort. In der Bevorzugung von Studierenden mit Wohnsitz in Bremen liege kein Eingriff in die freie Wahl der Ausbildungsstätte sowie in das Recht auf Freizügigkeit. Eine etwaige Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip sei gerechtfertigt, weil es sich nicht um eine willkürliche, sachlich nicht gerechtfertigte Schlechterstellung handele. Etwaige Härtefälle seien in gesetzlichen Ausnahmeregelungen berücksichtigt worden.
In der Einzelbegründung zu § 3 BremStKG (Bürgerschafts-Drucks 16/758, S. 7) geht der Gesetzgeber ebenfalls davon aus, dass eine Differenzierung zwischen Ansässigen und Auswärtigen hinsichtlich des Studienguthabens zulässig sei. Im Übrigen befinde sich der Studienwohnsitz bei einem ernsthaft betriebenen Studium sowieso am Studienort.
c) Im Jahr 2010 wurde durch Art. 13 Nr. 1 und 2 des Zweiten Hochschulreformgesetzes vom 22. Juni 2010 (BremGBl S. 375) die Landeskinderregelung des § 3 BremStKG aufgehoben und § 2 Abs. 1 Satz 1 BremStKG dem angepasst. Seit dem Wintersemester 2010/2011 erhalten alle Studierenden in Bremen mit der Einschreibung ein einmaliges Studienguthaben von 14 Semestern, das ein gebührenfreies Erststudium gewährleisten soll. Diese Gesetzesänderung sollte dem Umstand Rechnung tragen, dass das Verwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen das hier zur Entscheidung stehende Vorlageverfahren eingeleitet hatte und das Ergebnis der verfassungsrechtlichen Überprüfung abgewartet werden sollte (Bürgerschafts-Drucks 17/1309, S. 7).
d) Für die Finanzierung der staatlichen Hochschulen in Bremen ist der Wohnsitz der Studierenden seit 2007 von Bedeutung. Nach § 106 Abs. 2 Satz 3 BremHG in der Fassung des Hochschulreformgesetzes vom 27. Februar 2007 (BremGBl S. 157) erhalten die Hochschulen von den Einnahmen des Landes aus den Steuereinnahmen nach Länderfinanzausgleich 1.000 € jährlich für Studierende, die als Einheimische ein Studienguthaben in Anspruch nehmen.
1. Die Klägerinnen und der Kläger des Ausgangsverfahrens wehren sich gegen die Studiengebührenpflicht als auswärtige Studierende. Mit Gebührenbescheiden vom 16. Mai 2006 wurden sie für das Wintersemester 2006/2007 zur Zahlung einer Studiengebühr nach § 6 BremStKG in Höhe von 500 € aufgefordert, weil sie bereits nach einem Studium von zwei Semestern über kein Studienguthaben mehr verfügten, das ein gebührenfreies Studium ermöglichte. Die Universität Bremen wies ihre Widersprüche dagegen als unbegründet zurück und lehnte die Anträge auf Aussetzung der Vollziehung ab. Im nachfolgenden Klageverfahren ordnete das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Widersprüche und der Klagen an.
2. Sodann hat das Verwaltungsgericht das Verfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob § 6 Satz 1 BremStKG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 BremStKG, soweit danach auswärtige Studierende - anders als Studierende mit Wohnung beziehungsweise Hauptwohnsitz in Bremen - vom dritten bis zum 14. Semester zu einer Studiengebühr in Höhe von 500 € pro Semester herangezogen werden, gegen Art. 11 GG sowie gegen Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG verstoße.
Die Verfassungsmäßigkeit der zur Überprüfung vorgelegten Vorschriften sei entscheidungserheblich, da das Gericht bei Gültigkeit der Vorschriften anders entscheiden würde als im Falle ihrer Ungültigkeit. Wäre die Regelung in § 6 Satz 1 BremStKG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 BremStKG verfassungsgemäß, seien die zulässigen Anfechtungsklagen als unbegründet abzuweisen. Wäre die Heranziehung zur Zahlung von Studiengebühren für auswärtige Studierende hingegen verfassungswidrig, wären die Gebührenbescheide mangels erforderlicher Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig, und den Klagen müsste stattgegeben werden.
Es liege ein Verstoß gegen das Grundrecht auf Freizügigkeit aus Art. 11 Abs. 1 GG vor, der das Recht gewährleiste, an jedem Ort innerhalb des Bundesgebietes Aufenthalt und Wohnung zu nehmen. Zwar hindere die zur Überprüfung gestellte Regelung Studierende nicht unmittelbar an der freien Wahl ihres Wohnortes; gleichwohl werde aber an diese Wahl eine nachteilige Rechtsfolge geknüpft. Die Studiengebührenpflicht für auswärtige Studierende ziele auf eine Einschränkung der Freizügigkeit und sei nicht nur eine melderechtliche Formalität. Wollten Studierende von einem Studienguthaben nach § 2 BremStKG profitieren, seien sie gezwungen, ihre Wohnung und melderechtlich auch ihren Lebensmittelpunkt nach Bremen zu verlegen. Die vorgelegten Regelungen knüpften an die Ausübung des Grundrechts der Freizügigkeit auch einen - gemessen an den typisierten wirtschaftlichen Verhältnissen von Studierenden - wirtschaftlich spürbaren Nachteil. Sie stellten damit eine mittelbare, zielgerichtete Beeinträchtigung des Grundrechts der Freizügigkeit dar. Dieser Eingriff in das Grundrecht der Freizügigkeit sei nicht zu rechtfertigen, da keiner der in Art. 11 Abs. 2 GG genannten Fälle vorliege.
Die Regelung in § 6 Satz 1 BremStKG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 BremStKG verstoße auch gegen das in Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG gewährleistete Recht auf diskriminierungsfreien Hochschulzugang. Die drohende Exmatrikulation bei Nichtzahlung stelle einen Eingriff in die Ausbildungsfreiheit dar. Dieser Eingriff in Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG lasse sich verfassungsrechtlich nicht mit den vom Gesetzgeber verfolgten Zielen rechtfertigen. Soweit einheimische und auswärtige Studierende ungleich behandelt würden, verstießen die Studiengebührenregelungen des Bremischen Studienkontengesetzes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Landeskinderklausel sei weder mit der Einwohnerprivilegierung auf kommunaler Ebene noch mit der Erhebung von Gastschulbeiträgen von auswärtigen Schülern und Schülerinnen im Rahmen der Subventionierung von Privatschulen vergleichbar. Da die nach Art und Umfang gleiche Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung regelmäßig ohne Berücksichtigung persönlicher Eigenschaften der Nutzenden in den Grenzen der Praktikabilität und Wirtschaftlichkeit gleich hohe Gebühren auslöse, könne ferner niemand zu einer höheren Abgabe herangezogen werden, nur weil er oder sie nicht vor Ort wohne. Auch im Hinblick auf den Gebührenzweck der Kostendeckung sei kein Differenzierungsgrund ersichtlich. Soweit der Zweck darin liege, höhere Mittel aus dem Länderfinanzausgleich zu erhalten, fehle es an einem ausreichenden Zusammenhang zwischen dessen Zweck und dem Benutzungsverhältnis. Die Ausgleichszahlungen aus dem Finanzausgleich seien kein sachnahes Surrogat für Studiengebühren.
Eine verfassungskonforme Auslegung des § 6 Satz 1 BremStKG in Verbindung mit § 3 Abs. 1, § 2 Abs. 1 BremStKG komme nicht in Betracht. Sie scheitere daran, dass die ausdrückliche, in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommende Zielsetzung des Bremischen Studienkontengesetzes, Studierende zur Wohnsitznahme in Bremen zu bewegen, nicht so verstanden werden könne, dass damit lediglich oder vorrangig eine effektive Durchsetzung des Melderechts bezweckt werde.
Zu der Vorlage haben der Senat der Freien Hansestadt Bremen, die Niedersächsische Landesregierung, die Landesregierung Nordrhein-Westfalen, der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts, die Hochschulrektorenkonferenz, der Deutsche Hochschulverband, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, das Deutsche Studentenwerk, der Verband Hochschule und Wissenschaft im Deutschen Beamtenbund, der Freie Zusammenschluss von StudentInnenschaften e.V. und die Klägerinnen und der Kläger des Ausgangsverfahrens Stellung genommen.
Art. 11 Abs. 1 GG sei von den vorgelegten Regelungen nicht berührt. Das Bremische Studienkontengesetz sei auch mit Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip vereinbar. Der Gesetzgeber habe das daraus folgende Teilhaberecht im Kern - den Zugang zur Hochschule - nur unter den Vorbehalt des Möglichen als Folge der Knappheit der Haushaltsmittel gestellt. Die Gebührenpflicht sei nach den Vorgaben des Sozialstaatsprinzips ausgestaltet und verhältnismäßig, insbesondere zumutbar. Bremen verfolge das legitime Ziel, sich gegen eine finanzielle Überlastung seiner Hochschulen durch auswärtige Studierende zu schützen, indem auch von diesen ein finanzieller Beitrag zu den Kosten ihres Studiums verlangt werde. Studiengebühren in Höhe von 500 € pro Semester seien zumutbar (Hinweis auf BVerfGE 112, 226 <245>). Auf Antrag könnten Studierende zudem von der Gebührenpflicht ausgenommen werden; § 7 BremStKG ermögliche Stundung, Ermäßigung oder Erlass bei einer unbilligen Härte.
Die Regelungen in § 2 Abs. 1 und § 3 Abs. 1 BremStKG seien mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Sie behandelten Studierende mit Wohnung in Bremen in Bezug auf das ihnen eingeräumte Studienguthaben zwar anders als Studierende mit Wohnung außerhalb Bremens. Dies sei jedoch gerechtfertigt. Anders als bei der Zulassung zum Studium sei das Hochschulwesen in Deutschland nicht als ein zusammenhängendes System anzusehen, das im Interesse länderübergreifender Nutzung der Ausbildungskapazitäten grundsätzlich eine bundesweite Reglementierung erfordere. Vielmehr entsprächen unterschiedliche Regelungen der bundesstaatlichen Ordnung. Zudem sei die Differenzierung sachlich begründet. In Bremen sollten alle Studierenden zu den erforderlichen Finanzmitteln für die Bereithaltung der Ausbildungskapazität bei angemessener Qualität beitragen (Bürgerschafts-Drucks 16/758, S. 5). Studierende mit Wohnung in Bremen täten dies indirekt über den Länderfinanzausgleich; Auswärtige zahlten Studiengebühren.
Der Landesgesetzgeber dürfe bei der Belastung mit Abgaben für die Benutzung von Einrichtungen des Landes zwischen Personen mit Wohnsitz innerhalb und Personen mit Wohnsitz außerhalb des Landes unterscheiden. Die Regelung sei zudem mit der Rechtsprechung zur Zulässigkeit der Erhebung einer Zweitwohnungsteuer (BVerfGE 65, 325) vereinbar. Der Gesetzgeber könne auch entscheiden, welche über die Kostendeckung hinausgehenden Zwecke er mit einer Gebühr verfolge. Dazu gehörten Zwecke "einer begrenzten Verhaltenssteuerung". Es sei ein sachlicher Grund für differenzierte Abgaben, dass Auswärtige für eine Gebietskörperschaft keine Teilhabe an Steuern beziehungsweise Schlüsselzuweisungen bewirkten. Die Ausgleichszuweisungen aus der primären Steuerverteilung und aus dem Finanzausgleich seien ein sachnahes Surrogat für Studiengebühren.
2. Der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat mitgeteilt, dass er sich bislang zwar grundsätzlich zur Vereinbarkeit von Studienbeiträgen beziehungsweise Studiengebühren mit Art. 12 Abs. 1,Art. 3 Abs. 1 GG geäußert habe (BVerwGE 134, 1). Die Besonderheit einer an den Wohnsitz anknüpfenden Studienabgabe habe dort jedoch keine Rolle gespielt. Der Senat bezweifelt, dass die bremische Regelung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist.
3. Die Hochschulrektorenkonferenz macht sich hinsichtlich der Vereinbarkeit der vorgelegten Normen mit Art. 12 Abs. 1 GG die Ausführungen des vorlegenden Gerichts zu eigen. Mit der Erhebung eines Studienbeitrags in Höhe von 500 € pro Semester sei jedoch kein spürbarer wirtschaftlicher Nachteil im Sinne eines Eingriffs in Art. 11 GG verbunden.
4. Der Deutsche Hochschulverband hält § 6 Satz 1 BremStKG in Verbindung mit § 3 Abs. 1, § 2 Abs. 1 BremStKG für verfassungswidrig. Zwar stehe das Grundgesetz der bislang praktizierten Erhebung von Studienbeiträgen mit gesetzlich ausgestalteten Sicherungen wie in §§ 6 und 7 BremStKG, durch die insbesondere einkommensschwachen Bevölkerungsschichten ein gleichberechtigter Hochschulzugang ermöglicht wird, nicht entgegen. Doch sei die Landeskinderregelung ein nicht gerechtfertigter Eingriff in Art. 11 Abs. 1 GG. Studiengebühren in Höhe von 500 € für ein Semester seien ein wirtschaftlich spürbarer Nachteil. Schließlich stehe der primäre Gesetzeszweck der Einwohnergewinnung zur zusätzlichen Einnahmenerzielung nicht in unmittelbarem Zusammenhang zur Inanspruchnahme der Hochschulen Bremens.
5. Das Deutsche Studentenwerk, der Verband Hochschule und Wissenschaft im Deutschen Beamtenbund, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und der Freie Zusammenschluss von StudentInnenschaften e.V. folgen im Wesentlichen dem vorlegenden Gericht. Studiengebühren stellten die Chancengleichheit beim Hochschulzugang und im Studium in Frage und seien unsozial, insofern sie ein Studium von der finanziellen Leistungsfähigkeit der Einzelnen abhängig machten. Die bestehenden Ungleichheiten im Bildungssystem würden durch sie noch verstärkt. Die Länder seien der Forderung des Bundesverfassungsgerichts (Hinweis auf BVerfGE 112, 226) nach Sozialverträglichkeit von Studiengebühren nicht nachgekommen.
6. Die Klägerinnen und der Kläger des Ausgangsverfahrens halten die zur Prüfung gestellte Regelung für verfassungswidrig. Auch sie teilen im Wesentlichen die Auffassung des vorlegenden Gerichts. Die bremische Regelung sei mit Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip unvereinbar, da der Gesetzgeber seiner Regelungspflicht im Hinblick auf soziale Ausgleichsmaßnahmen zur Vermeidung faktischer Diskriminierung wegen der sozialen Herkunft Studierwilliger nicht nachkomme. Das Land Bremen sehe keine Darlehenslösung vor und habe Studierende nicht bereits dadurch ausreichend von der Erhebung von Studiengebühren befreit, indem es Empfänger von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz von der Studiengebührenpflicht ausgenommen habe. Allgemeine Studiengebühren seien darüber hinaus mit Art. 3 Abs. 1 und 2 GG sowie Art. 13 Abs. 1 und 2 des Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte vom 19. Dezember 1966 (IPwskR; in Kraft getreten am 3. Januar 1976, UNTS Bd. 993, S. 3, BGBl II S. 428) und Art. 2 des Ersten Zusatzprotokolls zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 20. März 1952 (ZP I EMRK; in Kraft getreten am 13. Februar 1957, ETS Nr. 9, BGBl II S. 226) in Verbindung mit Art. 14 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (EMRK; in Kraft getreten am 3. September 1953, ETS Nr. 5, BGBl II 1954 S. 14) unvereinbar.
§ 3 BremStKG in der Fassung der Bekanntmachung des Bremischen Studienkontengesetzes vom 18. Oktober 2005 (BremGBl S. 550) wurde zwar durch Art. 13 Nr. 2 des Zweiten Hochschulreformgesetzes vom 22. Juni 2010 (BremGBl S. 375) aufgehoben. Doch ist eine Vorlage im Rahmen des Art. 100 GG weiter zulässig, solange sich die Ausgangsverfahren mit dem Außerkrafttreten nicht erledigt haben (vgl. BVerfGE 16, 6 <15>; 29, 325 <326>; 47, 46 <64>). Eine Erledigung ist hier nicht eingetreten, denn die in den Ausgangsverfahren angegriffenen Bescheide stützen sich auf die vom Verwaltungsgericht vorgelegten Normen.
Die in Bremen ehemals geltende Regelung, nach der auswärtige Studierende - im Unterschied zu Studierenden mit Wohnung in der Freien Hansestadt Bremen - zur Zahlung von allgemeinen Studiengebühren in Höhe von 500 € vom dritten bis zum 14. Semester herangezogen wurden, ist mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Zwar ergibt sich aus der Verfassung kein grundsätzliches Verbot der Erhebung allgemeiner Studiengebühren, wenn diese tatsächlich den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine sozial zumutbare Ausgestaltung gerecht werden (I). Doch ist die Belastung allein auswärtiger Studierender mit solchen Gebühren verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen (II).
Die Erhebung von allgemeinen Studiengebühren ist im Ausgangspunkt mit dem Grundgesetz vereinbar, solange und soweit die Gebühren nicht prohibitiv wirken und sozial verträglich ausgestaltet sind.
1. Schafft der Staat mit öffentlichen Mitteln Studienangebote, so muss er den freien und gleichen Zugang zu ihnen gewährleisten (vgl. BVerfGE 85, 36 <53>). Aus Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip der Art. 20 Abs. 1,Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG ergibt sich für diejenigen, die dafür die subjektiven Zulassungsvoraussetzungen erfüllen, im Rahmen der vom Staat geschaffenen Ausbildungseinrichtungen ein Recht auf freien und gleichen Zugang zum Hochschulstudium ihrer Wahl (vgl. BVerfGE 85, 36 <53 f.>; grundlegend BVerfGE 33, 303 <331 f.>; vgl. auch BVerwGE 134, 1 <7 f.>).
a) Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistet das Recht, die Ausbildungsstätte frei zu wählen (BVerfGE 85, 36<53>). Dieses steht in engem Zusammenhang mit dem Recht der freien Berufswahl, da die Ausbildung in der Regel die Vorstufe einer Berufsaufnahme ist, beide also integrierende Bestandteile eines zusammengehörenden Lebensvorganges darstellen (vgl. BVerfGE 33, 303 <329 f.>, unter Hinweis auf BVerfGE 7, 377 <401, 406>). Der verfassungsrechtliche Grundrechtsschutz zielt dabei nicht nur auf die Abwehr von Eingriffen der öffentlichen Gewalt, sondern auch auf Teilhabe an staatlichen Leistungen (vgl. BVerfGE 33, 303 <330 f.>).
b) Aus diesem Teilhaberecht resultiert kein Anspruch auf Kostenfreiheit des Hochschulstudiums, doch dürfen Gebühren für ein Studium nicht prohibitiv wirken (aa) und müssen sozial verträglich ausgestaltet sein (bb).
Die Inanspruchnahme staatlicher Ressourcen durch einen eingeschränkten Nutzerkreis kann eine Abgabepflicht auslösen. Daher ist der Gesetzgeber nicht daran gehindert, bestimmte öffentliche Leistungen der Berufsausbildung, auch soweit diese bisher abgabenfrei waren, künftig nicht mehr kostenlos anzubieten (vgl. BVerwGE 134, 1 <8> m.w.N.).
aa) Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip verpflichten den Gesetzgeber jedoch, auch im Bereich des Hochschulzugangs für die Wahrung gleicher Bildungschancen zu sorgen (vgl. BVerfGE 112, 226 <245>); er muss Auswahl und Zugang nach sachgerechten, auch für die Benachteiligten zumutbaren Kriterien regeln (vgl. BVerfGE 43, 291 <345>). Der Gesetzgeber darf den Zugang zu staatlich geschaffenen Ausbildungseinrichtungen nicht prohibitiv gestalten. Gebühren dürfen keine unüberwindliche soziale Barriere vor dem Hochschulzugang errichten (vgl. BVerwGE 102, 142 <147>; 115, 32 <37>; 134, 1 <8, 14>; BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2010 - BVerwG 6 C 9.09 -, juris, Rn. 19, 25). Unzulässig ist eine Gebührenregelung, wenn sie ihrer Höhe nach in einem nicht mehr hinnehmbaren Maße abschreckende Wirkung entfaltet (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2010 - BVerwG 6 C 9.09 -, juris, Rn. 25).
bb) Das bedeutet nicht, dass Erschwernisse, die mit der Erhebung von Studienabgaben verbunden sind, vollständig durch soziale Begleitmaßnahmen kompensiert werden müssen (vgl. BVerwGE 134, 1 <14>). Die Verfassung gebietet nicht den Ausgleich jeglicher sozialen, insbesondere ökonomischen, Ungleichheit, die auch in der familiären, sozialen oder individuellen Herkunft der Ausbildungswilligen ihre Ursache haben kann (vgl. BVerwGE 134, 1 <14>). Der Gesetzgeber darf diese Umstände jedoch nicht völlig unberücksichtigt lassen, soweit sie zu ungleichen Ausbildungschancen führen. Er darf Studierwillige also beispielsweise nicht schlicht auf die Möglichkeit verweisen, für die Finanzierung eines Studiums marktübliche Kredite in Anspruch zu nehmen.
Verfassungsrechtlich geboten ist damit ein sozial verträgliches, also entweder ein grundsätzlich für alle finanziell tragbares oder aber ein um ein Ausbildungsförderungssystem ergänztes Ausbildungsangebot, das im Rahmen der staatlich geschaffenen Ausbildungskapazitäten allen entsprechend Qualifizierten ein Studium ermöglicht und den Zugang zum Studium insbesondere nicht von den Besitzverhältnissen der Eltern abhängig macht (vgl. BVerwGE 102, 142 <147>; 115, 32 <37>; 134, 1 <8>). Das Grundgesetz verbietet es, die nur begrenzt verfügbaren öffentlichen Mittel beim Hochschulzugang bevorzugt einem privilegierten Teil der Bevölkerung zu Gute kommen zu lassen (vgl. BVerfGE 33, 303 <334 f.>). Bei der Erhebung von Studiengebühren ist folglich den Belangen einkommensschwacher Bevölkerungskreise angemessen Rechnung zu tragen (vgl. BVerfGE 112, 226 <245>; BVerwGE 134, 1 <9 ff.>); entscheidend ist, wie schwer eine Gebührenlast unter den konkreten Bedingungen ihrer Ausgestaltung wiegt und ob sie im Ergebnis allen Betroffenen tatsächlich zumutbar ist. Der Gesetzgeber hat den Zugang zu Einrichtungen zur Ausübung grundrechtlicher Freiheit insgesamt so zu gestalten, dass die sozialen Gegensätze hinreichend ausgeglichen werden und soziale Durchlässigkeit gewährleistet wird (Rüfner, in: Bonner Kommentar, Bd. 1, Art. 3 Abs. 1 Rn. 63, Oktober 1992; s.a. Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl. 2012, Art. 20 Rn. 119; Robbers, in: Bonner Kommentar, Bd. 5, Art. 20 Abs. 1 Rn. 1412, April 2009). Das Sozialstaatsprinzip verlangt darüber hinaus eine Ausgestaltung der Studiengebühren, die angemessen Rücksicht auf Belastungen Studierender nimmt, die aufgrund persönlicher Lebensumstände oder gesellschaftlicher Benachteiligung in ihrer persönlichen und sozialen Entfaltung behindert sind (vgl. BVerfGE 45, 376 <387>). Das gilt für Menschen mit Behinderungen (Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG) ebenso wie für Studierende mit Kindern oder Pflegeverantwortung in der Familie (Art. 6 Abs. 1 und 2 GG).
Wie der Gesetzgeber dem Verfassungsgebot zur sozialen Ausgestaltung allgemeiner Studiengebühren im Einzelnen Rechnung trägt, ist in weitem Umfang seiner freien Gestaltung überlassen. Er kann die von der Verfassung geforderte Chancengleichheit insbesondere durch die Höhe von Studiengebühren, durch Stipendien, spezielle Studienkredite und durch Härtefall- und Ausnahmeregelungen zu wahren suchen. Das Bundesverwaltungsgericht hat ausgeführt (BVerwGE 134, 1 <19 ff.>; BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2010 - BVerwG 6 C 9.09 -, juris, Rn. 32), dass bei der entsprechenden Ausgestaltung von Studiengebühren die völkerrechtlichen Anforderungen zu beachten sind, hier aus Art. 10 Nr. 4 Buchstabe a der Europäischen Sozialcharta vom 18. Oktober 1961 (ESC; in Kraft getreten am 26. Februar 1965, ETS Nr. 35, BGBl II S. 1122), aus Art. 13 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 13 Abs. 2 Buchstabe c IPwskR (vgl. auch UN Committee on Economic, Social and Cultural Rights, The right to education (Art. 13), UN Doc. E/C.12/1999/10 vom 8. Dezember 1999, Z. 19 f. zu Art. 13 Abs. 2 Buchstabe c IPwskR) und aus Art. 2 ZP I EMRK in Verbindung mit Art. 14 EMRK. Dagegen ist von Verfassungs wegen nichts zu erinnern.
2. Nach diesen Maßgaben sind Studiengebühren im Umfang von 500 € je Semester bei Bereitstellung hinreichender sozialer Ausgleichsmaßnahmen nicht schon grundsätzlich verfassungsrechtlich ausgeschlossen.
a) Als Voraussetzung der Teilnahme am Studium beschränken Studiengebühren den grundrechtlichen Teilhabeanspruch. Diese Beschränkung stützt sich auf das legitime Ziel, eine ergänzende Einnahmequelle zur Finanzierung der Studienangebote zu schaffen, und ist hierfür auch geeignet und erforderlich.
b) Der Teilhabeanspruch wird durch Studiengebühren im hier in Rede stehenden Umfang nicht übermäßig beschränkt. Eine prohibitive Wirkung ist bei einer Studiengebühr in Höhe von 500 € derzeit nicht ersichtlich (vgl. BVerwGE 134, 1 <14>; BayVerfGH, Urteil vom 28. Mai 2009 - Vf. 4-VII-07 -, juris, Rn. 145). Eine Gebühr in Höhe von 500 € im Semester wirkt nicht abschreckend oder sonst von vornherein unangemessen.
Allerdings ist eine Gebühr in dieser Höhe keine vernachlässigbare Größe. Zwar mag eine solche Gebühr in Bezug auf die Gesamtkosten des Studiums geringfügig und kompetenzrechtlich von nachrangiger Bedeutung sein (vgl. BVerfGE 112, 226 <245>). Aus Sicht der Studierenden, deren Gesamtunterhaltsbedarf je nach Quelle mit zwischen circa 530 € und 812 € pro Monat angegeben wird (vgl. auch HIS, Heine/Quast, Studienentscheidung im Kontext der Studienfinanzierung, 2011, S. 26) ist auch dies als deutlich spürbar einzustufen (so für Baden-Württemberg auch BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2010 - BVerwG 6 C 9.09 -, juris, Rn. 21; Urteil vom 15. Dezember 2010 - BVerwG 6 C 10.09 -, juris, Rn. 21).
Dass Studiengebühren in dem hier in Frage stehenden Umfang eine abschreckende Wirkung begünstigen können, ist nicht ausgeschlossen. So gaben bei einer Befragung von 5.240 Schulabgängerinnen und -abgängern im Jahr 2006 in Nordrhein-Westfalen 2,4 % beziehungsweise 6,5 % der Studienberechtigten an, aufgrund von Studiengebühren auf ein Studium zu verzichten oder es zu verzögern (HIS, Stellungnahme zur öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie des Landes Nordrhein-Westfalen, 2010, S. 10); im bundesweiten Vergleich lag die Quote 2006 bei 3,6 % (HIS, Heine/Quast/Spangenberg, Studiengebühren aus der Sicht von Studienberechtigten, 2008, S. 15 f.) und im Jahr 2008 bei 5,3 % (HIS, Heine/Quast, Studienentscheidung im Kontext der Studienfinanzierung, 2011, S. 58).
Aus der nicht unerheblichen Belastung von Studierenden durch Studiengebühren in Höhe von 500 € je Semester folgt jedoch nicht ohne weiteres, dass diese angesichts der derzeitigen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit von Studierenden insgesamt prohibitiv wirkt. Eine "Gebührenflucht" aus Ländern mit in Länder ohne Studiengebühren ist nicht erkennbar. Nach der Einführung allgemeiner Studiengebühren sank die Wahrscheinlichkeit, im Heimatland ein Studium beginnen zu wollen, ausweislich der vorliegenden Studien in Gebührenländern lediglich um rund zwei Prozentpunkte (vgl. Deutsches Studentenwerk, Die wirtschaftliche und soziale Lage der Studierenden in der Bundesrepublik Deutschland 2009, 19. Sozialerhebung 2010, S. 63 f.; Dwenger/Storck/Wrohlich, Do Tuition Fees Affect the Mobility of University Applicants? Evidence from a Natural Experiment, Discussion Paper Nr. 926, 2009, S. 15 f.). Eine prohibitive Wirkung von Studiengebühren auf potentielle Studienanfängerinnen und -anfänger war 2008 nicht nachzuweisen, soweit Studierquoten und Studienanfängerzahlen von Ländern mit und ohne Gebühren miteinander verglichen werden (vgl. HIS, Heine/Quast/ Spangenberg, Studiengebühren aus Sicht von Studienberechtigten, 2008, S. 15).
c) Studiengebühren der hier in Rede stehenden Art bedürfen allerdings flankierender Maßnahmen, die soziale Verträglichkeit und damit den Anspruch auf einen möglichst chancengleichen Zugang zum Studium gewährleisten.
aa) Fehlen flankierende Maßnahmen, verstärken sich aufgrund unzureichender finanzieller Mittel und in Familien ohne akademischen Bildungsabschluss bestehende Nachteile beim Zugang zum Hochschulstudium und bei der Erlangung eines entsprechenden Abschlusses. Nach der 19. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks 2009 studierten 71 % der Kinder aus Familien, in denen ein akademischer Bildungsabschluss vorhanden war, dagegen nur 24 % der Kinder aus Familien ohne einen solchen Abschluss (Deutsches Studentenwerk, Die wirtschaftliche und soziale Lage der Studierenden in der Bundesrepublik Deutschland 2009, 19. Sozialerhebung 2010, S. 10 ff.; vgl. zur Entwicklung auch Vodafone Stiftung, Schindler, Aufstiegsangst? Eine Studie zur sozialen Ungleichheit im historischen Zeitverlauf, 2012). Bei der Entscheidung für oder gegen ein Hochschulstudium ist die finanzielle Belastung von erheblicher Bedeutung (vgl. Institut für Demoskopie Allensbach, Chancengerechtigkeit? Studienfinanzierung als wichtiger Faktor der Entscheidungsfindung für die Aufnahme bzw. den Abbruch eines Hochschulstudiums, 2009, S. 13). Bei der Studienentscheidung wächst die Unsicherheit, je weniger die Finanzierung des Studiums von den Eltern geleistet werden kann, was Kinder aus ökonomisch schwächeren Familien benachteiligt. Studierende, die von ihren Eltern finanziert werden, sehen ihr Studium weit häufiger als sicher finanziert an als jene, die einen Kredit in Anspruch nehmen müssen (vgl. HIS, Heine/Quast/Spangenberg, Studiengebühren aus der Sicht von Studienberechtigten, 2008, S. 17 f.).
bb) Eines der zentralen Mittel zur Gewährleistung einer sozialverträglichen Absicherung von Studiengebühren ist die Bereitstellung von angemessen ausgestalteten Studiendarlehen. Maßgeblich für eine angemessene Ausgestaltung kann hierfür insbesondere sein, dass diese erst nach dem Abschluss des Studiums zurückzuzahlen und je nach persönlicher Situation Stundung, Niederschlagung oder Erlass möglich sind (vgl. BVerwGE 134, 1 <10 ff.>). Daneben kommen auch weitere Mittel in Betracht wie Ausnahme-, Ermäßigungs- und Erlasstatbestände für sozial schwächere Personen, also auch zur Rücksichtnahme auf Belange einkommensschwacher Bevölkerungskreise (vgl. BVerfGE 112, 226 <245>). Schließlich wird der Gesetzgeber auch Maßnahmen in Blick auf besondere Familiensituationen und die besonderen Gleichbehandlungsgebote des Grundgesetzes in Erwägung zu ziehen haben.
3. Ob die Bremer Regelung der Studiengebühren den Anforderungen an eine soziale Ausgestaltung des chancengleichen Zugangs zu einem Hochschulstudium in jeder Hinsicht entspricht, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Die Erhebung von Studiengebühren, wie sie mit der Bremer Regelung ins Werk gesetzt wird, ist jedoch nicht von vornherein mit der Verfassung unvereinbar. Ihr Umfang wirkt als solcher nicht prohibitiv und ist von dem Anspruch getragen, den Zugang zum Studium sozial verträglich auszugestalten.
Die zur Prüfung gestellten Regelungen des § 6 Satz 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 1, § 2 Abs. 1 BremStKG, die auswärtige Studierende anders als Landeskinder behandeln, indem sie nach dem (Haupt-)Wohnsitz in Bremen unterscheiden und nur Auswärtigen ab dem dritten Semester eine Gebührenpflicht auferlegten, verstoßen gegen das Teilhaberecht aus Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG auf freien und gleichen Hochschulzugang in einem bundesweit zusammenhängenden System.
1. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfGE 98, 365 <385>; stRspr). Er gilt sowohl für ungleiche Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen (vgl. BVerfGE 79, 1 <17>; 126, 400 <416> m.w.N.).
Dabei gilt ein stufenloser am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (vgl. BVerfGE 75, 108 <157>; 93, 319 <348 f.>; 107, 27 <46>; 126, 400 <416>; 129, 49 <69> m.w.N.). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers ergibt sich unter anderem aus jeweils betroffenen Grundrechten (vgl. BVerfGE 88, 87 <96>). Hier folgt ein strengerer Rechtfertigungsmaßstab aus dem Teilhaberecht des Art. 12 Abs. 1 GG für den besonderen Sachbereich des Hochschulzugangs (vgl. BVerfGE 33, 303 <329 ff., 352 f.>).
Studierende, die an Hochschulen in Bremen studieren und in Bremen wohnen, und solche, die in Bremen studieren, aber außerhalb Bremens ihren Wohnsitz haben, befinden sich hinsichtlich der Ausbildung, für die in den vorgelegten Vorschriften Gebühren erhoben werden, in einer vergleichbaren Lage. Beide nehmen das Studienangebot Bremens in gleicher Weise in Anspruch. Werden nur auswärtige Studierende zwischen dem dritten und 14. Semester mit Gebühren belegt, ist dies eine an den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG zu messende Ungleichbehandlung.
a) Als Rechtfertigungsgrund kann nicht allein auf den Wohnsitz oder Hauptwohnsitz und den hieraus folgenden Zugehörigkeitsstatus zum Land Bremen als solchen verwiesen werden.
aa) Allerdings sind unterschiedliche Regelungen in verschiedenen Ländern und verschiedenen Gemeinden verfassungsrechtlich nicht nur möglich, sondern sogar gewollt. Die Ermöglichung von Vielfalt ist ein wesentliches Element des Bundesstaatsprinzips wie auch der kommunalen Selbstverwaltung. Der Gleichheitssatz ist daher nicht anwendbar, wenn es um eine Ungleichbehandlung durch Regelungen verschiedener Kompetenzträger geht (vgl. BVerfGE 10, 354 <371>; 93, 319 <351>). Innerhalb des eigenen Kompetenzbereichs ist der Landesgesetzgeber prinzipiell nicht gehindert, von der Gesetzgebung anderer Länder abweichende Regelungen zu treffen, auch wenn dadurch Landeskinder praktisch begünstigt oder auch belastet werden (vgl. BVerfGE 33, 303 <352>). Wenn insoweit in einigen Ländern Studiengebühren erhoben werden, in anderen dagegen nicht, ist dies aus Gleichheitsgesichtspunkten schon grundsätzlich nicht zu beanstanden (vgl. aus kompetenzrechtlicher Sicht BVerfGE 112, 226 <244 f.>). Anwendbar ist der Gleichheitssatz dagegen, soweit es wie hier um die Ungleichbehandlung von Landeskindern und anderen Personen in einer Landesregelung geht.
bb) Vorliegend scheidet eine Rechtfertigung der Ungleichbehandlung in bloßer Anknüpfung an den Wohnsitz aufgrund der Besonderheiten des geregelten Sachbereichs aus. Landesrechtliche Regelungen im Bereich des Hochschulwesens haben eine spezifische gesamtstaatliche Dimension, die besondere Rücksichtnahme der Länder untereinander verlangt. Fällt eine Materie in die Zuständigkeit des Landesgesetzgebers, greift aber der zu regelnde Lebenssachverhalt seiner Natur nach über Ländergrenzen hinaus und berührt wie hier das in allen Ländern gleichermaßen anerkannte Teilhaberecht auf freien und gleichen Hochschulzugang, dann sind einseitige Begünstigungen der Angehörigen eines Landes nur unter gesteigerten Anforderungen an ihre Rechtfertigung zulässig. Das Hochschulwesen ist ein solches bundesweit zusammenhängendes System, das zwar weithin in die Zuständigkeit des Landesgesetzgebers fällt, in dem aber nicht alle Studiengänge überall angeboten werden und eine Nutzung der Ausbildungskapazitäten über die Ländergrenzen hinweg erforderlich ist (vgl. BVerfGE 33, 303 <352>). Daher darf beim Zugang zum Studium nicht pauschal nach Ländern differenziert werden (vgl. BVerfGE 33, 303 <355 f.>; 37, 104 <119 f.>). Entsprechend hatte sich auch der Parlamentarische Rat ausdrücklich gegen Landeskinder-Privilegien beim Zugang zu universitären Studien ausgesprochen (Parlamentarischer Rat, StenBer. über die 44. Sitzung des Hauptausschusses vom 19. Januar 1949, S. 569 <575 f.>; zitiert bereits in BVerfGE 33, 303 <329>).
b) Tragfähige Sachgründe für die Rechtfertigung der differenzierenden bremischen Gebührenregelung, die mit der Hochschulausbildung in Zusammenhang stehen, sind vorliegend nicht ersichtlich. Die in der bremischen Regelung vorgenommene Gebührendifferenzierung ist nicht durch eine unterschiedliche Nutzung des Studienangebots gerechtfertigt (aa). Auch kann sich der Gesetzgeber zur Rechtfertigung nicht darauf berufen, mit der Regelung zur Wohnsitznahme in Bremen motivieren zu wollen, um so erhöhte Mittelzuweisungen im Rahmen des Länderfinanzausgleichs zu erlangen (bb): Die Gebühr lässt sich nicht mit dem Argument rechtfertigen, die aus dem Finanzausgleich dem Land zufließenden Zuweisungen enthielten einen Betrag zur Finanzierung der Ausbildung der Studierenden mit Wohnung in Bremen; deshalb dürften auswärtige Studierende landesgesetzlich verpflichtet werden, gleichfalls - statt über den Finanzausgleich durch Gebühren - ihren bremischen Studiengang finanziell mitzutragen. Das Gleiche gilt bei einer gezielten Zuweisung im Landeshaushaltsgesetz ausschließlich für Studierende mit Wohnung in Bremen.
aa) Die Gebührendifferenzierung dient nicht dem Ausgleich einer unterschiedlichen Inanspruchnahme des Studienangebots. Es ist nicht ersichtlich, dass Studierende mit (Haupt-)Wohnsitz außerhalb von Bremen Leistungen der bremischen Hochschulen in anderer Weise nutzten als Studierende mit (Haupt-)Wohnsitz in Bremen. Auswärtige Studierende verursachen weder höhere Kosten noch ziehen sie einen größeren Vorteil aus den von einer bremischen Hochschule angebotenen Leistungen. Der Wohnsitz, an den das Studienkontengesetz die Studiengebührenpflicht knüpft, hat keinen unmittelbaren Bezug zum Benutzungsverhältnis (so auch Kugler, Allgemeine Studiengebühren und die Grundrechte der Studierenden, 2009, S. 194).
bb) Auch das Ziel des Landes Bremen, durch finanziellen Druck Studierende zu einer Wohnsitznahme in Bremen zu veranlassen, damit das Land erhöhte Mittel im Rahmen des Finanzausgleichs erhält, trägt die Ungleichbehandlung nicht. Zwar sind die Länder und auch Gemeinden grundsätzlich nicht gehindert, Personen, die ihre Einrichtungen nutzen wollen, durch finanzielle Anreize oder finanziellen Druck zu veranlassen, auch ihren (Haupt-)Wohnsitz in das eigene Gebiet zu verlegen. So kann bei doppeltem Wohnsitz etwa auf das Melde- oder - in Form einer Zweitwohnungsteuer - auf das Steuerrecht zurückgegriffen werden. Für die Erhebung von Studiengebühren, die (auch) dazu dienen, zur Wohnsitznahme zu motivieren, um so zusätzliche Mittel aus dem Länderfinanzausgleich zu erlangen, fehlt es jedoch an dem im Bereich des Hochschulwesens erforderlichen Sachzusammenhang.
Das Land Bremen erhält zwar Ausgleichszuweisungen nach §§ 4 ff. Finanzausgleichsgesetz (FAG) und Bundesergänzungszuweisungen nach § 11 FAG aus dem Finanzausgleich. Sie dienen aber in der Regel der Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs des Landes (§§ 4 ff. und § 11 Abs. 1 und 2 FAG); die sonstigen Bundesergänzungszuweisungen nach § 11 Abs. 3 bis 4 FAG sind anderen Zwecken als der Hochschulfinanzierung gewidmet. Alle Zuweisungen fließen zudem in den Haushalt des Landes Bremen. Der bremische Haushaltsgesetzgeber entscheidet dann in eigener Verantwortung in seinem Budget über die Verwendung dieser Finanzmittel. Damit ist der Sachzusammenhang zwischen den Ausgleichszuweisungen des Finanzausgleichs und der Finanzierung der Hochschulen gelöst. Deswegen können auch keine bestimmten Beträge daraus allein den Studierenden mit Wohnung in Bremen zugeordnet werden; ebenso wenig kann ein Fehlbetrag den Studierenden ohne Wohnung in Bremen zugerechnet werden (vgl. auch BVerfGE 65, 325 <355 f.>). Eine Rechtfertigung der Studiengebühr für auswärtige Studierende vom dritten bis zum 14. Semester ist sachlich nicht möglich, denn es fehlt an einem hinreichenden Sachzusammenhang zwischen den Finanzausgleichsmitteln als allgemeinen Einnahmen des Landeshaushalts, der Verwendungsentscheidung des Landeshaushaltsgesetzgebers sowie der Studiengebühr für Auswärtige. Ein Versuch einer Rechtfertigung der Studiengebühr durch Zuordnung von Ausgleichszuweisungen zum Aufwand für Ausbildungsplätze bremischer Studierender würde außerdem zugleich den berechtigten Einwand hervorrufen, gerade diese Ausbildungsplätze seien von dritter Seite - nämlich den Geberländern des Finanzausgleichs - mitfinanziert worden; auf diese Weise würde das Land Bremen letztlich aus einer Zuwendung von außen eine Studiengebühr für auswärtige Studierende zu legitimieren versuchen.
Gleiches würde gelten, falls das bremische Landeshaushaltsgesetz selbst den Hochschulen Finanzmittel ausschließlich für die Finanzierung der Studierenden mit Wohnung in Bremen zuwiese, denn es besteht angesichts des bundesweiten Zusammenhangs des Hochschulsystems kein Sachgrund, auswärtige Studierende gezielt vom Studium fernzuhalten. Jedenfalls könnte eine derartige Vorschrift nicht dazu eingesetzt werden, den Aufwand für bremische Studierende als finanziert, den für auswärtige Studierende aber für ungedeckt zu betrachten, denn damit würde das Teilhabegrundrecht des Art. 12 GG, das ein bundesweit zusammenhängendes Hochschulangebot gleicher Zugangskonditionen verlangt (vgl. grundlegend dazu BVerfGE 33, 303 <329 ff.>), verkannt, indem das Land im Haushalt nur Ausgaben für Studierende mit Wohnung in Bremen vorsähe. In haushaltsrechtlicher Hinsicht würde es dann ein Hochschulangebot allein für bremische Studenten schaffen. Ob eine solche Vorschrift allein als Berechnungsmethode für die Gesamtaufwendungen der bremischen Hochschulen zulässig wäre, war vom Senat nicht zu entscheiden.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
Die Beschwerde des Vollstreckungsgläubigers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 8. Juni 2009 - NC 6 K 919/09 - wird zurückgewiesen.
Der Vollstreckungsgläubiger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
1
Die gemäß § 146 Abs. 1 VwGO zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht den vorbeugend gestellten Vollstreckungsantrag nach § 172 Satz 1 VwGO abgelehnt und der Vollstreckungsschuldnerin nicht untersagt, die im Senatsbeschluss vom 12.05.2009 (- NC 9 S 249/09 -) ausgesprochene Verpflichtung, bis zum 15.06.2009 eine an den Vergabekriterien der ZVS orientierte Rangliste der im Beschwerdeverfahren anhängigen Studienbewerber aufzustellen oder ein Losverfahren unter ihnen durchzuführen, dadurch zu erfüllen, dass alle Plätze allein nach dem Zulassungsnähequotienten der Abiturbestenquote vergeben werden. Der Senat weist die Beschwerde aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses zurück (vgl. § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen ist lediglich ergänzend auszuführen:
2
Durch Beschluss vom 12.05.2009 hat der erkennende Senat der Vollstreckungsschuldnerin im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung auferlegt, 23 weitere Studienbewerber vorläufig zum Teilstudium der Humanmedizin nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2008/2009 zuzulassen. Abweichend von der früheren Praxis und in Anknüpfung an die zum Wintersemester 2007/2008 vom Senat gegebenen Hinweise (vgl. Beschluss vom 13.06.2008 - NC 9 S 241/08 -) hat der Senat die Hochschule dabei nicht verpflichtet, die erst im gerichtlichen Verfahren aufgedeckten Studienplätze außerhalb der festgesetzten Kapazität durch Losentscheid zu vergeben. Für die Auswahl unter denjenigen Studienbewerbern, deren Anspruch noch im Beschwerdeverfahren anhängig ist, ist der Hochschule vielmehr aufgegeben worden, „bis zum 15.06.2009 eine an den Vergabekriterien der ZVS orientierte Rangliste aufzustellen oder ein Losverfahren durchzuführen“ (1.). Diesen Vorgaben entspricht die von der Vollstreckungsschuldnerin beabsichtigte Rangfolge auf Basis der Abiturdurchschnittsnote (2.), die mit einem „Zulassungsnähequotienten“ im Hinblick auf die Unterschiedlichkeit der Hochschulzugangsberechtigungen der einzelnen Bundesländer korrigiert wird (3.).
3
1. Normative Vorgaben zu der Frage, wie und an wen Studienplätze zu vergeben sind, deren Vorhandensein erst in einem Rechtsstreit als Folge unzureichender Kapazitätsausnutzung nachgewiesen worden sind, bestehen nicht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.04.1975 - 1 BvR 344/73 -, BVerfGE 39, 258 [268]). Auch die Verordnung des Wissenschaftsministeriums über die zentrale Vergabe von Studienplätze vom 23.04.2006 (GBl. S. 114; zuletzt geändert durch Verordnung vom 19.05.2008, GBl. S. 164 - Vergabeverordnung ZVS -) regelt hinsichtlich der Vergabe von Studienplätzen außerhalb der festgesetzten Zulassungszahl nur Bewerbungsfristen. Nach Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann diese Regelungslücke sowohl durch eine analoge Anwendung der ZVS-Auswahlkriterien als auch durch eine Vergabe nach Losverfahren geschlossen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 08.02.1980 - 7 C 93/77 -, BVerwGE 60, 25; Urteil vom 15.12.1989 - 7 C 17/89 -, DVBl. 1990, 531).
4
Dieser Maßgabe ist der erkennende Senat mit der Tenorfassung des Beschlusses vom 12.05.2009 gefolgt. Er hat dabei die Entscheidung über die Auswahl des Vergabekriteriums nicht selbst getroffen, sondern der Hochschule die Wahl belassen, welche der im Tenor benannten zulässigen Auswahlverfahren zur Anwendung kommen sollen. Mit der Formulierung, dass die Rangliste „an den Vergabekriterien der ZVS orientiert“ sein muss, ist dabei klargestellt, dass die Vollstreckungsschuldnerin nicht verpflichtet ist, das System der Vergabeverordnung ZVS unmittelbar und deckungsgleich zu übernehmen, insbesondere also auch nicht das dort normierte Verhältnis von Abiturbestenquote, Wartezeit und Hochschulauswahlverfahren. Vielmehr ist eine Rangliste auch dann an den Vergabekriterien der ZVS orientiert, wenn sie nur einer der geltenden und für das zentrale Vergabeverfahren normierten Auswahlregelungen entspricht (vgl. dazu ausdrücklich BVerwG, Urteil vom 08.02.1980 - 7 C 93/77 -, BVerwGE 60, 25 [32]). Eine exakte Nachzeichnung des ZVS-Vergabesystems mit dem dort geltenden Quotensystem ist daher im Tenor des zu vollstreckenden Beschlusses nicht vorgeschrieben.
5
2. Der von der Vollstreckungsschuldnerin gewählte Maßstab der Abiturnote ist an den Vergabekriterien der ZVS orientiert, denn gemäß § 6 Abs. 3 Vergabeverordnung ZVS werden (nach Abzug der Quoten für ausländische Staatsangehörige, Härtefälle u.a.) 20 % der Studienplätze unmittelbar anhand der Abiturbestenquote vergeben. Die Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung erweist sich darüber hinaus auch als zentrales Kriterium der im Auswahlverfahren der Hochschulen vergebenen Studienplätze, deren Quote gemäß § 6 Abs. 4 Vergabeverordnung ZVS 60 % beträgt. Denn nach § 10 Abs. 4 Satz 3 Vergabeverordnung ZVS muss der Abiturnote dabei „ein maßgeblicher Einfluss gegeben werden“. Selbst bei den restlichen, nach § 6 Abs. 5 Vergabeverordnung ZVS nach Wartezeit zu vergebenden Studienplätzen wird im Falle der Ranggleichheit gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2 Vergabeverordnung ZVS auf die Abiturnote zurückgegriffen. Eine Rangfolge anhand der Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung ist daher nicht nur an den Vergabekriterien der ZVS „orientiert“, die Abiturnote ist vielmehr erkennbar der zentrale Maßstab im Verfahren der Studienplatzvergabe nach der Vergabeverordnung ZVS.
6
Der Beschränkung auf die Abiturnote als Auswahlkriterium steht das Numerus-clausus-Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18.07.1972 (- 1 BvL 32/70 u.a. -, BVerfGE 33, 303) nicht entgegen. Zwar ist dort angesichts des fehlenden Nachweises einer hinreichenden Korrelation zwischen guten Schulergebnissen und Studienerfolg ausgesprochen worden, dass eine Zulassung ausschließlich nach dem auf Abiturnoten fußenden Leistungsprinzip nicht gerechtfertigt erscheine. Diese Erwägung kann auf die Vergabe der außerhalb der festgesetzten Kapazität zu vergebenden Studienplätze indes nicht übertragen werden. Denn die Einschätzung des Bundesverfassungsgerichts beruht auf der Annahme, dass ein ausschließlicher Rekurs auf die Abiturnote dazu führen würde, dass ein Teil der hochschulreifen Bewerber von vornherein und auf Dauer vom Studium ihrer Wahl ausgeschlossen bliebe (vgl. BVerfGE 33, 303 [350]). Dieses Ergebnis ist hinsichtlich der außerkapazitär vergebenen Reststudienplätze von vornherein nicht zu besorgen, weil durch die neben der Abiturbestenquote vergebenen Studienplätze im Vergabesystem der ZVS sichergestellt ist, dass auch Bewerbern mit schlechteren Abiturergebnissen eine Studienchance verbleibt. Die vom Bundesverfassungsgericht angestellten Erwägungen gegen eine alleinige Berücksichtigung der Abiturnote sind daher auf die regelmäßig nur wenige Studienplätze betreffende Zulassung von Studienplätzen außerhalb der festgesetzten Kapazität nicht übertragbar.
7
Mit der von der Vollstreckungsschuldnerin beabsichtigten Erstellung einer Rangliste anhand der Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung wird die im Entscheidungsausspruch auferlegte Verpflichtung somit ordnungsgemäß erfüllt, sodass die Voraussetzungen für den Erlass einer Vollstreckungsanordnung nach § 172 Satz 1 VwGO nicht vorliegen (vgl. dazu auch Senatsbeschluss vom 14.09.1983 - 9 S 1924/83 -, VBlBW 1984, 150).
8
3. Dies gilt gerade auch im Hinblick auf den von der Vollstreckungsschuldnerin in Aussicht genommenen „Zulassungsnähequotienten“.
9
Eine Vergabe der Studienplätze allein anhand der Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung birgt die Schwierigkeit, dass die in den einzelnen Bundesländern vergebenen Abschlussnoten nicht unmittelbar miteinander verglichen werden können. Nach § 12 Abs. 2 Vergabeverordnung ZVS werden die zu vergebenden Studienplätze daher zunächst nach Landesquoten aufgeteilt, was im Ergebnis bewirkt, dass ein unmittelbarer Vergleich nur zwischen den jeweils in einem Bundesland erworbenen Hochschulzugangsberechtigungen stattfindet (vgl. § 13 Abs. 2 Vergabeverordnung ZVS). Dieses föderale Proporzsystem ist für die Vergabe außerkapazitärer Restkapazitäten angesichts der hier regelmäßig anzutreffenden geringen Studienplatzzahl regelmäßig nicht geeignet (vgl. auch § 12 Abs. 1 Vergabeverordnung ZVS). Das von der Vollstreckungsschuldnerin verfolgte Anliegen, ein anderes Verfahren zur Anwendung zu bringen, mit dem eine Vergleichbarkeit der in unterschiedlichen Bundesländern erworbenen Hochschulzugangsberechtigungen ermöglicht wird, ist daher legitim und sachgerecht.
10
Der herangezogene „Zulassungsnähequotient“ ermittelt hierfür die Erfolgschance des jeweiligen Studienbewerbers in der jeweiligen Landesquote. Zur Berechnung wird auf den sogenannten „Grenzrang“ zurückgegriffen, also den Ranglistenplatz des letzten in der jeweiligen Landesquote ausgewählten Bewerbers. In Baden-Württemberg hatte der letzte ausgewählte Studienbewerber die Durchschnittsnote 1,0 und den als „Grenzrang“ bezeichneten Rangplatz der Ziffer 187. Der Antragsteller kam mit seiner Abiturnote von 2,6 dagegen auf den Rangplatz 3024. Mit der Relation des individuellen Rangplatzes zum Grenzrang in der Landesquote Baden-Württemberg ergibt sich daher ein „Zulassungsnähequotient“, dem sich entnehmen lässt, wie weit der Studienbewerber mit seiner Hochschulzugangsberechtigung von einer Zulassung anhand der Abiturbestenquote entfernt war (im Falle des Antragstellers also 3024 : 187 = 16,1711). Dieser relative und auf die Erfolgschancen in der jeweiligen Landesquote bezogene Wert kann nunmehr über die Grenzen des Bundeslands hinweg verglichen werden und ermöglicht damit eine Relation der Abiturnoten von Studienbewerbern aus unterschiedlichen Bundesländern.
11
Bedenken hiergegen sind nicht ersichtlich. Die Bildung eines „Zulassungsnähequotienten“ entspricht dem mit der Bildung von Landesquoten auch in ZVS-Vergabeverfahren verfolgten Anliegen, eine Vergleichbarkeit der in unterschiedlichen Bundesländern erzielten Hochschulzugangsberechtigungen zu erreichen. Es stellt hierzu jedoch ein den Besonderheiten des außerkapazitären Vergabeverfahrens entsprechendes und praktikables System zur Verfügung, das an den Vergabekriterien der ZVS „orientiert“ ist.
12
Der Senat hält es indes im Hinblick auf die zu gewährende Chancengleichheit für vorzugswürdig, die im gerichtlichen Verfahren nachträglich aufgedeckten Restkapazitäten nach denselben Auswahlkriterien zu vergeben, die für die ordnungsgemäß festgesetzten Studienplätze gelten (vgl. zur diesbezüglichen Entscheidungskompetenz des Senats auch BVerwG, Urteil vom 08.02.1980 - 7 C 93/77 -, BVerwGE 60, 25 [35]). Nur so kann ein Auseinanderfallen der Auswahlmaßstäbe für die Vergabe der in der Zulassungszahlenverordnung ausgewiesenen Studienplätze und der erst nachträglich aufgedeckten Studienplätze außerhalb der festgesetzten Kapazität vermieden werden, die der auch vom Bundesverfassungsgericht geforderten Verteilung aller freien Studienplätze unter Anwendung einheitlicher Auswahlkriterien (vgl. BVerfG, Urteil vom 18.07.1972 - 1 BvL 32/70 u.a. -, BVerfGE 33, 303 [357]) nicht entspricht und im Ergebnis dazu führt, dass die nachträglich festgestellten Studienplätze solchen Bewerbern zufallen, denen sie bei ordnungsgemäßer Kapazitätsfeststellung nicht zugestanden hätten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.04.1975 - 1 BvR 344/74 u.a. -, BVerfGE 39, 276 [296]; Beschluss vom 29.09.2008 - 1 BvR 1464/07 -). Dementsprechend hat auch die Vollstreckungsschuldnerin in der Antragserwiderung angedeutet, künftig eine Vergabe der „außerkapazitären“ Studienplätze nach dem Quotensystem der Vergabeverordnung ZVS vornehmen zu wollen.
13
Hierfür ist indes erforderlich, dass sich - wie vorliegend auch durch fast alle Bewerber geschehen - der jeweilige Studienbewerber auch bei der ZVS im zentralen Vergabeverfahren um einen Studienplatz in dem betreffenden Studiengang beworben hat (vgl. dazu auch Hamburgisches OVG, Beschluss vom 23.04.2008 - 3 NC 216/07 -). Nur so können die zur Ranglistenerstellung erforderlichen Daten zeitnah bereitgestellt werden. Diese Verfahrensweise liegt im Übrigen auch deshalb nahe, weil das von einem Studienplatzbewerber verfolgte Ziel der Vergabe eines Studienplatzes im Studiengang Medizin vorrangig eine ordnungsgemäße Verfahrensbewerbung erfordert.
14
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Ein Streitwert muss nicht festgesetzt werden, weil für die Beschwerde gemäß Nr. 5502 des auf § 3 Abs. 2 GKG gestützten Kostenverzeichnisses eine vom Streitwert unabhängige Gerichtsgebühr anzusetzen ist.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassungsstreitigkeiten zuständigen Gerichtes des Landes, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. Dies gilt auch, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes durch Landesrecht oder um die Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit einem Bundesgesetze handelt.
(2) Ist in einem Rechtsstreite zweifelhaft, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (Artikel 25), so hat das Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.
(3) Will das Verfassungsgericht eines Landes bei der Auslegung des Grundgesetzes von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes oder des Verfassungsgerichtes eines anderen Landes abweichen, so hat das Verfassungsgericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.
Gegenstand der Vorlage ist die Verfassungsmäßigkeit der §§ 31, 32 des Hochschulrahmengesetzes in der Fassung vom 28. August
2004 (HRG - BGBl I S. 2298) sowie der landesrechtlichen Vorschriften, durch die der Staatsvertrag über die Errichtung einer
gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung vom 5. Juni 2008 (im Folgenden: Staatsvertrag 2008) ratifiziert und umgesetzt
wurde.
1. Die 1987 geborene Klägerin des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Klägerin) erwarb 2006 in Nordrhein-Westfalen ihr Abitur
mit einer Durchschnittsnote von 3,2. Danach absolvierte sie eine Ausbildung zur Medizinisch-technischen Laborassistentin.
Anschließend nahm sie eine entsprechende Berufstätigkeit auf. Zum Wintersemester 2011/12 bewarb sie sich zum wiederholten
Male bei der Beklagten des Ausgangsverfahrens, der Stiftung für Hochschulzulassung (im Folgenden: Beklagte), um die Zulassung
zum Studium der Humanmedizin im ersten Fachsemester. Sie beantragte sowohl die Beteiligung an der Auswahl in der Wartezeitquote
als auch im Auswahlverfahren der Hochschulen. Sonderanträge stellte sie nicht.
Mit Bescheid vom 12. August 2011 lehnte die Beklagte die Zulassung innerhalb der Wartezeitquote mit der Begründung ab, die
maßgebliche Auswahlgrenze von 12 Wartesemestern sei verfehlt worden. Auch im Auswahlverfahren der Hochschulen blieb die Klägerin
erfolglos. Sie erhob daraufhin Klage, mit der sie beantragte, die Beklagte unter Aufhebung des ablehnenden Bescheides zu verpflichten,
sie nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2011/12 zum Studium der Medizin entsprechend ihrem Antrag zuzulassen.
2. Das Verwaltungsgericht hat das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG die Frage
zur Entscheidung vorgelegt, ob die §§ 31, 32 HRG sowie die landesrechtlichen Vorschriften zur Ratifizierung und Umsetzung
des Staatsvertrages 2008 mit dem Grundgesetz vereinbar sind, soweit sie für den Studiengang Humanmedizin ein Vergabeverfahren
vorsehen, bei dem - nach Abzug einiger Vorabquoten - 20 % der Studienplätze allein nach dem Grad der Qualifikation, 60 % der
Studienplätze maßgeblich nach dem Grad der Qualifikation und 20 % der Studienplätze nach Wartezeit vergeben werden und bei
dem die für eine Zulassung in der Wartezeitquote erforderliche Anzahl an Wartesemestern regelmäßig die Dauer eines normalen
Studiums übersteigt.
Das vorlegende Gericht ist der Auffassung, die Regelungen verstießen gegen Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1
GG und dem Sozialstaatsprinzip.
a) Die Kammer sei der Überzeugung, dass das Zusammenspiel der beiden Hauptquoten "Abiturbestenquote" und "Auswahlverfahren
der Hochschulen" den Anforderungen an ein hinreichend chancenoffenes Gesamtsystem nicht (mehr) genüge und dass es eines Ausgleichs
bedürfe. Zwar komme die Einführung des "Auswahlverfahrens der Hochschulen" wegen der Vielfalt der Auswahlkriterien der Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichts, namentlich der Forderung nach einer Mehrgleisigkeit des Auswahlsystems, grundsätzlich entgegen
und sei aus verfassungsrechtlicher Sicht positiv zu bewerten; denn je mehr verschiedene Auswahlkriterien angewandt würden,
desto größer werde die Bandbreite der Bewerber, die über das eine oder andere Kriterium eine Chance hätten. Dieser Vorteil
werde jedoch durch die Detailregelungen für die Bewerbung in dieser Quote erheblich entwertet. Denn könne sich der Bewerber
im "Auswahlverfahren der Hochschulen" von vornherein nur bei maximal sechs Hochschulen bewerben und sei zudem die Zahl der
denkbaren Wahlkombinationen wegen der massiven Beschränkung, denen die Bewerbung insbesondere über das Vorauswahlkriterium
"Ortspräferenz" unterliege, stark reduziert, so stelle sich die Vielfalt der Auswahlkriterien für den Bewerber als ein eher
theoretischer Vorteil dar, von dem er tatsächlich nur bedingt profitieren könne. Eine große Gruppe von Bewerbern bleibe trotz
der Zusatzkriterien allein wegen der hohen Anforderungen an die Durchschnittsnote auch in dieser Hauptquote ohne Zulassungschance.
Allerdings sei die Kammer der Auffassung, "dass sich mit der Validität der Abiturnote als Indikator für den Studienerfolg
durchaus die Heranziehung dieses Auswahlkriteriums als sachgerecht begründen" lasse. Es sei aus Sicht der Kammer daher nicht
von vornherein zu beanstanden, wenn der Abiturnote bei der Hochschulzulassung ein überwiegendes Gewicht zukomme, etwa indem
die ganz oder teilweise an dieses Kriterium anknüpfenden Quoten deutlich mehr als 50 % der zu vergebenden Studienplätze umfassten.
Zugunsten des geltenden, um das "Auswahlverfahren der Hochschulen" erweiterten Vergabesystems insgesamt lasse sich im Übrigen
auch anführen, dass es starre Grenzziehungen vermeide.
Dennoch bleibe die Durchschnittsnote ein problematisches Auswahlkriterium, das nach einem Korrektiv verlange. Es bestehe weitgehend
Einigkeit, dass Abiturnoten für die Einschätzung der Qualifikation eines Bewerbers nur bedingt zuverlässig und sie untereinander
nur eingeschränkt vergleichbar seien. Schon die Vergleichbarkeit zwischen den Ländern sei nicht gegeben, wie die Unterschiede
bei den mittleren Abiturnoten in den verschiedenen Bundesländern zeigten. Anders als bei der Abiturbestenquote gebe es im
"Auswahlverfahren der Hochschulen" keine Länderquoten. Dieser Unterschied lasse sich aus Sicht der Kammer schwerlich begründen
und stelle vor dem Hintergrund der Forderung nach einem objektiv sachgerechten Auswahlkriterium ein erhebliches Problem dar.
Zudem seien Abiturnoten auch innerhalb der Länder wegen der Divergenzen des Schulniveaus und der schulischen Notengebung sowie
wegen sonstiger Gegebenheiten nur eingeschränkt miteinander vergleichbar. Auch durch den Hinweis auf ein verändertes Verfassungsverständnis
oder einen gewandelten Zeitgeist lasse sich die verfassungskräftige, vor allem aus dem Gleichheitssatz resultierende Forderung
nicht relativieren, dass die vorhandenen Studienplätze nach sachgerechten Kriterien zu vergeben seien und die Zuspitzung auf
ein einziges, seinerseits nicht restlos zuverlässiges und gerechtes Auswahlkriterium vermieden werden müsse.
Nach Lage der Dinge könne im derzeitigen Auswahlsystem nur die Auswahlmöglichkeit in der Wartezeitquote die Funktion des erforderlichen
Korrektivs erfüllen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müssten sich die Anforderungen an die Wartezeit
auf ein noch zumutbares Maß beschränken. Nur in diesem Fall könne die Auswahlmöglichkeit in der Wartezeitquote die Zuspitzung
auf die Durchschnittsnote in den anderen Hauptquoten ausgleichen. Nach Auffassung der Kammer sei die Grenze der Zumutbarkeit
inzwischen überschritten, weil die erforderliche Wartezeit regelmäßig die Dauer eines normalen Studiums von sechs bis sieben
Jahren übersteige und in Zukunft noch weiter anwachsen werde. Das Abstellen auf die Dauer eines normalen Studiums als verfassungsrechtliche
Grenze sei zwar nicht zwingend begründbar, die Kammer halte diese Grenze aber für plausibel und sachgerecht. Auch die übrigen
vom Bundesverfassungsgericht hierzu angestellten Überlegungen, wie die Gefahr einer sozialen Selektion und ein späteres Einstiegsalter
für den Beruf, seien weiterhin tragfähig.
Die langen Wartezeiten seien auch keine vorübergehende Mangelerscheinung. Konkrete Bemühungen, gerade dem Problem des Studienplatzmangels
im Fach Medizin und den steigenden Wartezeiten zu begegnen, seien nur begrenzt vorhanden. Soweit neue Medizinstudienplätze
geschaffen würden, diene dies dazu, die zusätzliche Nachfrage aufgrund der doppelten Abiturjahrgänge zu befriedigen, ohne
dass erkennbar sei, dass dem seit Jahren bestehenden Engpass entgegengewirkt werden solle. Allerdings bestehe wohl kein grundrechtlicher
Anspruch auf Schaffung neuer Medizinstudienplätze.
Der Verfassungsverstoß könne schließlich nicht durch eine verfassungskonforme Auslegung vermieden werden. Einer solchen Auslegung
stehe der eindeutige Wortlaut der entsprechenden Vorschriften entgegen. Auch die in § 32 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HRG, Art. 9 Abs.
1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Staatsvertrag 2008 enthaltene Härtefallregelung erlaube keine verfassungskonforme Interpretation, Studienbewerbern
mit unzumutbar langen Wartezeiten einen Anspruch auf Zulassung zu verschaffen. Die Vorschriften setzten eine außergewöhnliche
Härte voraus und erforderten damit, dass ein Bewerber im Einzelfall aufgrund seiner Lebensumstände durch die überlange Wartezeit
in besonderer Weise betroffen werde. Der bloße Umstand, dass ein Bewerber sechs oder noch mehr Jahre lang auf einen Studienplatz
gewartet habe, könne dagegen keine "Härte" im Sinne des Gesetzes darstellen, denn hierbei handele es sich nicht um ein in
der Person des Bewerbers liegendes, sondern ein allgemeines, in der Konsequenz des Auswahlsystems liegendes Problem. Weiter
sei die Härtefallregelung als Ausnahmebestimmung eng auszulegen und die diesbezügliche Quote eng - auf 2 % - begrenzt.
Halte man die Bestimmungen für verfassungskonform, habe die Klägerin keinen Anspruch auf Zulassung zum Medizinstudium. Mit
ihrer Abiturnote von 3,2 erreiche sie die Auswahlgrenze bei der Abiturbestenquote, die im Wintersemester 2011/12 für Bewerber
aus Nordrhein-Westfalen bei 1,1 gelegen habe, nicht. Auch in der Wartezeitquote genüge die von ihr angesammelte Wartezeit
von 10 Halbjahren nicht, um die Auswahlgrenze zu erreichen, die im Wintersemester 2011/12 bei 12 Halbjahren gelegen habe.
Individuelle Umstände, die einen Härtefall begründen könnten, seien weder vorgetragen noch ersichtlich. Ob die Klägerin im
"Auswahlverfahren der Hochschulen" hätte zugelassen werden müssen, sei nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, weil
ein entsprechender Anspruch nicht gegen die Beklagte geltend gemacht werden könne. Auch hier liege freilich auf der Hand,
dass die Klägerin die Auswahlgrenzen nicht erreichen könne.
Gehe man von der Verfassungswidrigkeit der Normen aus, halte die Aussetzung des Verfahrens zum Zwecke der Normenkontrolle
der Klägerin die Chance offen, eine für sie günstigere Regelung durch den Gesetzgeber zu erreichen.
1. Ein Gericht kann eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit gesetzlicher Vorschriften
nach Art. 100 Abs. 1 GG nur einholen, wenn es zuvor sowohl die Entscheidungserheblichkeit der Vorschriften als auch ihre Verfassungsmäßigkeit
sorgfältig geprüft hat (vgl. BVerfGE 86, 71 <76>).
a) Das vorlegende Gericht muss hierzu darlegen, inwiefern seine Entscheidung von der Gültigkeit der zur Prüfung gestellten
Normen abhängt. Dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG genügt ein Vorlagebeschluss nur dann, wenn die gerichtlichen
Ausführungen auch erkennen lassen, dass eine eingehende Prüfung vorgenommen wurde. Ein Vorlagebeschluss muss aus sich heraus,
ohne Beiziehung der Akten, verständlich sein und mit hinreichender Deutlichkeit erkennen lassen, dass das vorlegende Gericht
bei Gültigkeit der Regelung zu einem anderen Ergebnis käme als im Falle ihrer Ungültigkeit und wie es dieses Ergebnis begründen
würde (vgl. BVerfGE 74, 236 <242>). Die Entscheidungserheblichkeit der vorgelegten Rechtsfrage ist mithin eingehend darzulegen.
Dazu muss der Vorlagebeschluss den entscheidungserheblichen Sachverhalt und eine umfassende Darlegung der die rechtliche Würdigung
tragenden Erwägungen enthalten. Dabei verlangt § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG, dass sich das vorlegende Gericht eingehend mit
der einfachrechtlichen Rechtslage auseinandersetzt, die in Rechtsprechung und Literatur entwickelten Rechtsauffassungen berücksichtigt
(vgl. BVerfGE 47, 109 <114 f.>; 105, 61 <67>) und auf unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten eingeht (BVerfGE 97, 49 <60>;
105, 48 <56>).
b) Ferner muss das Gericht seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der Norm näher darlegen und deutlich machen, mit
welchem verfassungsrechtlichen Grundsatz die zur Prüfung gestellte Regelung seiner Ansicht nach nicht vereinbar ist. Auch
insoweit bedarf es einer Auseinandersetzung mit nahe liegenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten sowie einer eingehenden,
Rechtsprechung und Schrifttum einbeziehenden Darstellung der Rechtslage (vgl. BVerfGE 86, 71 <77>; 97, 49 <60>). Die Darlegungen
zur Verfassungswidrigkeit der zur Prüfung gestellten Normen müssen den verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab dabei nicht
nur benennen, sondern auch die für die Überzeugung des Gerichts maßgebenden Erwägungen nachvollziehbar darlegen. Insoweit
kann es auch erforderlich sein, die Gründe zu erörtern, die im Gesetzgebungsverfahren als für die gesetzgeberische Entscheidung
maßgebend genannt worden sind (vgl. BVerfGE 78, 201 <204>; 81, 275 <277>; 86, 71 <77 f.>). Rechtsprechung und Schrifttum sind
in die Argumentation einzubeziehen (vgl. BVerfGE 78, 165 <171 f.>; 89, 329 <337>).
2. Die Vorlage genügt diesen Anforderungen nicht. Das vorlegende Gericht hat mit seinen Ausführungen weder die Entscheidungserheblichkeit
der vorgelegten Rechtsfragen (hierzu a) noch die Verfassungswidrigkeit der vorgelegten Vorschriften (hierzu b) hinreichend
aufgezeigt.
a) Das Gericht legt zunächst nicht hinreichend dar, warum ein Anspruch der Klägerin auf Zulassung nicht aus den bestehenden
Vorschriften, nämlich der Härtefallregelung nach Art. 9 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Staatsvertrag 2008 in Verbindung mit § 1 Abs.
1 Satz 1 des Gesetzes zur Ratifizierung des Staatsvertrages über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung
vom 5. Juni 2008, § 15 der Verordnung über die Vergabe von Studienplätzen in Nordrhein-Westfalen (Vergabeverordnung NRW), abgeleitet werden kann.
aa) Nicht erkennbar ist bereits, dass sich das Gericht mit den zu dieser Härtefallklausel vertretenen Auffassungen in genügendem
Umfang auseinandersetzt. Für seine nur sehr knapp begründete Ansicht, die Klausel müsse eng ausgelegt werden, bezieht es sich
lediglich auf eigene Beschlüsse sowie zwei Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen. Dazu, wie die Literatur
diese Vorschriften interpretiert, enthält der Vorlagebeschluss keine Ausführungen.
Dass eine solche Auseinandersetzung mit den verschiedenen denkbaren Auslegungsmöglichkeiten hier entbehrlich wäre, weil schon
aus systematischen Gründen nur eine enge Deutung der Vorschrift in Betracht kommt, wird nicht nachvollziehbar erläutert. Das
Verwaltungsgericht führt insoweit nur aus, dass die Dauer der Wartezeit kein in der Person des Bewerbers liegendes, sondern
ein allgemeines, in der Konsequenz des Auswahlsystems liegendes Problem sei, weil es eine große Anzahl Wartender betreffe.
Eine solche Sichtweise ist freilich nicht zwingend. So kann man den Grund für die lange Wartezeit auch gerade in der unterdurchschnittlichen
Abiturnote des jeweiligen Bewerbers, also in einem individuellen Gesichtspunkt, sehen. Genauso wenig ist zu erkennen, wieso
es sich bei denjenigen, die selbst nach 12 Wartesemestern noch keine Zulassung erhalten haben, um eine "große Anzahl" handeln
soll. Nach den Daten, die das vorlegende Gericht nennt, gab es im Wintersemester 2011/12 im Studiengang Humanmedizin 511 abgewiesene
Bewerber mit einer derart langen Wartezeit. In diesem Semester hatten sich für dieses Fach allerdings 44.043 Personen beworben,
so dass lediglich ein Anteil von 1,16 % an der Gesamtgruppe mehr als 12 Semester warten musste. In Anbetracht der geringen
Zahl an Betroffenen erschließt sich auch nicht, weshalb die Begrenzung der Härtefallquote auf 2 % daran hindern könnte, langjährig
Wartenden auf diesem Wege einen Studienplatz zukommen zu lassen, wie das Verwaltungsgericht anscheinend meint. Hiervon abgesehen
ist auch nicht zu erkennen, dass sich die umfangmäßige Einschränkung der Quote aus einem formellen Gesetz und nicht bloß einer
untergesetzlichen Norm - nämlich § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VergabeVO NRW - ergibt, so dass unklar bleibt, warum das vorlegende
Gericht nicht selbst in der Lage war, die vermeintliche Hürde zu beseitigen.
Das Verwaltungsgericht durfte sich auch nicht damit begnügen, die fehlende Eignung einer großzügigeren Interpretation der
Härtefallregelung damit zu begründen, dass die nicht im Rahmen der Härtefallquote vergebenen Plätze der Wartezeitquote hinzugerechnet
werden (Art. 9 Abs. 2 Satz 4 Staatsvertrag 2008), sich bei einer umfassenderen Ausschöpfung der erstgenannten Quote die für
die letztgenannte Quote zur Verfügung stehenden Plätze also verringern. Vielmehr hätte das Gericht näher darlegen müssen,
wieso es nicht trotzdem möglich ist, mit einer Zulassung notenschwacher Bewerber mit besonders langer Wartezeit über die Härtefallklausel
einen aus seiner Sicht verfassungskonformen Zustand herzustellen. Denn auch wenn bei einem solchen Vorgehen Studierwillige
mit günstigeren Noten, die nicht über die Quote der Abiturbesten zugelassen werden können, möglicherweise innerhalb der Wartezeitquote
aufgrund der geringeren Platzanzahl erfolglos blieben, hätten diese Personen wegen ihrer Noten wiederum bessere Aussichten,
im Auswahlverfahren der Hochschulen einen Studienplatz zu erlangen. Gerade auf die Annahme, dass Bewerber mit schlechten Noten
in diesem Auswahlverfahren chancenlos seien und sich ihnen damit selbst auf diesem Wege keine Zulassungsmöglichkeit eröffne,
hatte das Verwaltungsgericht die vermeintliche Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Vorschriften maßgeblich gestützt.
bb) Hiervon abgesehen macht das Gericht nicht deutlich, unter welchen Voraussetzungen es das Bestehen eines Härtefalls bejaht
und warum hier, unter Zugrundelegung seiner eigenen - engen - Norminterpretation, die Annahme einer "außergewöhnlichen Härte"
ausscheidet. Es fehlt bereits an der Darlegung des angewandten rechtlichen Maßstabes. Die Kammer stellt nur fest, eine Härte
könne im Einzelfall angenommen werden, wenn der Bewerber aufgrund seiner Lebensumstände durch die überlange Wartezeit in besonderer
Weise getroffen werde. Bei welchen konkreten Konstellationen eine solche Situation anzunehmen ist, wird nicht aufgezeigt.
Darüber hinaus bleibt auch der Sachverhalt, auf dessen Grundlage das Gericht hier einen Härtefall verneint hat, unklar. Der
Vorlagebeschluss enthält insbesondere keine näheren Informationen zu den Lebensumständen der Klägerin, also ihrer familiären,
finanziellen oder sozialen Lage. Mitgeteilt wird lediglich, dass sie eine Ausbildung zur Medizinisch-technischen Laborassistentin
absolviert hat und in diesem Beruf arbeitet. Im Übrigen beschränkt sich die Kammer auf die pauschale Feststellung, für das
Vorliegen eines Härtefalls sei nichts vorgetragen oder ersichtlich. Dies genügt jedoch insbesondere bei einem Verfahren nicht,
in dem - wie im verwaltungsgerichtlichen Prozess - der Amtsermittlungsgrundsatz gilt (vgl. § 86 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung).
Das vorlegende Gericht legt schon nicht nachvollziehbar dar, mit welchem verfassungsrechtlichen Grundsatz die von ihm benannten
Vorschriften unvereinbar sein sollen. Zwar geht es, im Anschluss an die einschlägige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts,
zutreffend davon aus, dass die Bewerberauswahl nach objektiv sachgerechten und individuell zumutbaren Kriterien (BVerfGE 33,
303 <338>; 43, 291 <316 f.>) zu erfolgen hat, weil es sich hierbei um eine objektive Zulassungsschranke bei der Ausbildungs-
und Berufswahl im Sinne von Art. 12 Abs. 1 GG handelt. Aus den von ihm benannten Argumenten erschließt sich freilich nicht,
warum das derzeitige Auswahlsystem diese Anforderungen nicht erfüllt. Das vorlegende Gericht erklärt zunächst ausdrücklich,
es halte die einzelnen Auswahlkriterien für sich genommen für "sachgerecht". Im Hinblick auf das Auswahlverfahren der Hochschulen
wird dann kritisch angemerkt, dort komme der Abiturnote eine "überragende Bedeutung" zu. Dies führe allerdings nicht per se
zur Verfassungswidrigkeit des Auswahlsystems, erfordere aber ein verfassungsrechtliches Korrektiv, das die Chancenoffenheit
für eine größere Zahl von Bewerbern wahre. Ein solches Korrektiv könne nur die Wartezeitquote sein. Tragfähige Gründe für
seine Folgerungen führt das Gericht jedoch nicht an. Solche Gründe ergeben sich weder in nachvollziehbarer Weise aus den im
Vorlageschluss aufgeführten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts noch aus den sonstigen dort angestellten verfassungsrechtlichen
Erwägungen.
aa) Das Verwaltungsgericht zeigt in seinem Beschluss zunächst nicht verständlich auf, welche Grundsätze der Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichts es rechtfertigen sollen, das derzeitige Auswahlsystem als verfassungswidrig einzustufen. Insoweit
genügt es insbesondere nicht, umfangreiche Passagen aus verschiedenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu zitieren.
Den Darlegungsanforderungen genügt ein Gericht bei einer Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG vielmehr erst, wenn es dartut, welche
konkreten verfassungsrechtlichen Anforderungen es aus den genannten verfassungsgerichtlichen Entscheidungen ableitet.
(1) Hieran fehlt es. Das vorlegende Gericht beschränkt sich auf die Behauptung, das Bundesverfassungsgericht habe festgestellt,
die Ungleichbehandlung grundsätzlich gleichberechtigter, nämlich hochschulreifer Bewerber aufgrund "weniger Zehntelpunkte
bei der Abiturnote" könne "nicht ohne weiteres mit sachlichen Gründen von hinreichender Tragfähigkeit" gerechtfertigt werden
und es für "problematisch" gehalten, die Auswahlentscheidung stark auf ein einzelnes Auswahlkriterium wie das der Durchschnittsnote
zu konzentrieren. Diese pauschale Aussage ist als Grundlage für die verfassungsrechtliche Prüfung zu unspezifisch und lässt
schon nicht hinreichend erkennen, aus welchen konkreten Umständen die Verfassungswidrigkeit hergeleitet werden soll.
(2) Zudem haben die angeführten Entscheidungen nicht den vom Vorlagegericht angenommenen Inhalt. In dem zitierten Abschnitt
des Urteils des Ersten Senats vom 18. Juli 1972 (BVerfGE 33, 303 <350>) beschäftigt sich das Bundesverfassungsgericht nur
mit der (von ihm letztlich verneinten) Frage, ob es verfassungsrechtlich zulässig wäre, die Auswahl der Bewerber für ein zulassungsbeschränktes
Studium "ausschließlich" nach dem auf Abiturnoten fußenden Leistungsprinzip vorzunehmen. Die Frage, inwieweit es in einem
System wie dem Auswahlverfahren der Hochschulen, bei dem sich die Zulassung typischerweise nach mehreren Kriterien richtet,
zulässig ist, einem einzelnen Merkmal wie der Abiturnote ein überwiegendes Gewicht einzuräumen, wird überhaupt nicht erörtert.
(3) Genauso wenig ist erkennbar, dass die Entscheidung vom 8. Februar 1977 (BVerfGE 43, 291) rechtliche Vorgaben enthält,
aus denen eine mögliche Verfassungswidrigkeit des heutigen Auswahlsystems folgt. Das Verwaltungsgericht begründet vor allem
nicht, inwiefern die dortigen Überlegungen des Bundesverfassungsgerichts auf das nun geltende Auswahlsystem übertragbar sind.
Anders als das derzeitige war das damalige System noch von einer strikten Zweiteilung geprägt: Abgesehen von den im Rahmen
der Vorab- beziehungsweise Sonderquote zugelassenen Bewerbern gab es nur die Zulassung nach Leistung mit einem Anteil von
60 %, wobei grundsätzlich maßgebend die Abiturnote war, und die Zulassung nach Wartezeit mit einer Quote von 40 % (vgl. BVerfGE
43, 291 <299 ff., 317 ff.). Dies führte dazu, dass Bewerber, die keine deutlich überdurchschnittlichen Abiturnoten vorweisen
konnten, ausschließlich über die Wartezeitquote eine Chance auf Erhalt eines Studienplatzes hatten. Dabei erforderte die Zulassung
über die Note für den Studiengang Humanmedizin einen Mindestdurchschnitt von 1,7 und alle Bewerber mit ungünstigerer Note
mussten bis zu sechs Jahre warten (s. nur BVerfGE 43, 291 <303>). Als nicht sachgerecht und zumutbar erachtete es das Bundesverfassungsgericht
insoweit vor allem, dass "auf der Schnittstelle von 1,7 und 1,8 darüber entschieden werden soll, wer sofort studieren kann
oder aber bis zu sieben Jahren auf eine Zulassung zum Studium seiner Wahl warten muss" (BVerfGE 43, 291 <319>). Das Verwaltungsgericht
legt nicht dar, aus welchen tragenden Erwägungen des Urteils des Ersten Senats vom 8. Februar 1977 sich ergibt, dass auch
Studierwillige mit deutlich schlechteren Noten als 1,7 oder 1,8 bei überfüllten Studiengängen binnen einer bestimmten Frist
eine Chance auf Zuteilung eines Platzes haben müssen. Hiervon abgesehen führt das Gericht selbst aus, dass es aufgrund der
Ergänzung des Systems durch das Auswahlverfahren der Hochschulen eine starre Notengrenze nicht mehr gibt und damit auch Bewerber,
deren Noten nicht für eine Zulassung in der Abiturbestenquote ausreichen, noch eine Zulassungschance haben. Nach seinen Angaben
gab es im Wintersemester 2011/12 immerhin fünf Universitäten, bei denen auch Bewerber, die lediglich eine Durchschnittsnote
zwischen 2 und 3 aufwiesen, zugelassen wurden. Warum dies nicht reicht, um den verfassungsrechtlichen Erfordernissen gerecht
zu werden, wird mit dem Vorlagebeschluss nicht hinreichend deutlich gemacht.
(4) Im Übrigen genügt das vorlegende Gericht den Darlegungsanforderungen auch dann nicht, sofern man seinem Ansatz, es sei
verfassungswidrig, dass Bewerber mit einer Abiturnote von 2,5 oder schlechter auch im Auswahlverfahren der Hochschulen chancenlos
blieben, folgte. Es wird schon nicht plausibel erläutert, dass sich die Notengrenze von 2,4 aus den rechtlichen Vorgaben ergibt,
Bewerber mit einem schlechteren Notendurchschnitt also - ungeachtet ihres Abschneidens bei den weiteren Auswahlkriterien (wie
Test, Auswahlgespräch oder sonstigen Wettbewerben) - von vornherein chancenlos sind. Denkbar ist nämlich auch, dass Bewerber
mit einem schlechteren Abiturdurchschnitt als 2,4 im Auswahlverfahren der Hochschulen allein deswegen erfolglos geblieben
sind, weil sie auch im Rahmen der anderen Kriterien weniger günstige Ergebnisse erzielt haben als jene Konkurrenten, die eine
bessere Abiturdurchschnittsnote vorweisen konnten. Deswegen genügte es nicht, die Abiturnoten des jeweils schwächsten zugelassenen
Bewerbers mitzuteilen; das Gericht hätte vielmehr anhand der maßgeblichen rechtlichen Bestimmungen dartun müssen, dass bereits
aufgrund der gesetzlich festgelegten Gewichtung der Maßstäbe zueinander ab einer bestimmten Abiturnote eine Zulassung faktisch
ausschied.
Auch die hierfür notwendigen Ausführungen enthält der Vorlagebeschluss nicht. Das Verwaltungsgericht beschäftigt sich nur
pauschal mit den Normen, die die Auswahl und Gewichtung der einzelnen Maßstäbe determinieren. Es weist lediglich allgemein
auf die sowohl in Bundes- als auch Landesrecht (§ 32 Abs. 3 Satz 2 HRG, Art. 10 Abs. 1 Satz 2 Staatsvertrag 2008 i.V.m. den
jeweiligen Ratifizierungsgesetzen der Länder) enthaltene Regel hin, dass dem Grad der Qualifikation, also der Abiturnote,
bei der Auswahlentscheidung ein "maßgeblicher Einfluss" gegeben werden muss. Bereits die Frage, wann konkret ein solcher "maßgeblicher
Einfluss" in den verschiedenen denkbaren Konstellationen - also bei zwei, drei oder mehr Auswahlkriterien - vorliegt, und
ob die Universitäten diese rechtliche Vorgabe überhaupt ordnungsgemäß umgesetzt haben, wird nicht näher erörtert. Auch auf
die weiteren landesrechtlichen, teils sehr unterschiedlichen Bestimmungen, die Anzahl und Auswahl der anzuwendenden Auswahlmaßstäbe
behandeln, geht das Gericht nicht hinreichend ein.
(5) Schließlich lässt sich auf Basis des Vorlagebeschlusses selbst bei Heranziehung der einschlägigen Bestimmungen nicht beurteilen,
inwieweit die einzelnen Universitäten diese Normen zutreffend angewandt haben, ihre jeweiligen Auswahlverfahren also den rechtlichen
Erfordernissen entsprachen. Denn das Verwaltungsgericht benennt lediglich die von den einzelnen Universitäten bei der Bewerberauswahl
angewandten Maßstäbe, ohne (bis auf einen einzigen Fall) anzugeben, wie die Hochschulen diese Kriterien jeweils zueinander
gewichtet haben. Schon deswegen bieten die in dem Beschluss aufgeführten Daten keine hinreichende Grundlage, die einen Schluss
auf die mögliche Verfassungswidrigkeit des Gesamtsystems zulässt.
bb) Das Gericht legt des Weiteren auch nicht anhand eigenständiger, von der bisherigen bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung
unabhängiger Maßstäbe dar, dass die Abiturnote, unter Berücksichtigung ihrer Bedeutung, die ihr für das derzeitige Auswahlsystem
zukommt, kein den grundrechtlichen Anforderungen genügendes Auswahlkriterium ist. Die vorlegende Kammer bildet bereits keine
verständlichen verfassungsrechtlichen Maßstäbe, sondern beschränkt sich auf die Wiedergabe der für beziehungsweise gegen die
Anwendung der Abiturnote sprechenden Gesichtspunkte. Es wird noch nicht einmal deutlich, ob das Verwaltungsgericht den "Studienerfolg"
im Rahmen der Grundrechtsprüfung als ausreichenden Gesetzeszweck ansieht, um den Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG zu rechtfertigen.
Auch sonstige Ausführungen, insbesondere zum Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit der Beschränkung, fehlen. Soweit, wohl
im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG, der Mangel von Landesquoten im Auswahlverfahren der Hochschulen gerügt wird, setzt das Gericht
sich weder mit dem - von ihm selbst als nachvollziehbar bezeichneten - Argument der Beklagten, eine Bildung von Länderquoten
in diesem Verfahren sei organisatorisch kaum leistbar, auseinander, noch erörtert es, ob eine solche Quotenbildung überhaupt
grundrechtlich geboten ist, wenn die Abiturnote in der Regel nur ein Auswahlkriterium unter mehreren ist. Angesichts der gewählten,
wenig aussagekräftigen Formulierungen ("aus Sicht des Gleichheitssatzes prekär", "erhebliches Problem") ergibt sich aus den
gerichtlichen Darlegungen zudem nicht mit der notwendigen Klarheit, dass das Gericht selbst von der Verfassungswidrigkeit
der vorgelegten Bestimmungen überzeugt ist. Hinzu kommt, dass die Kammer sogar annimmt, dass sich "eine überwiegende Orientierung
an der Durchschnittsnote als Auswahlkriterium bei der Studienzulassung rechtfertigen" lasse. Für die weitere Folgerung, es
bedürfe dennoch eine Korrektivs in Form einer Erhöhung der Wartezeitquote, nennt das Gericht keine konkreten Argumente mehr,
sondern verweist ausschließlich pauschal auf Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Weshalb die Abiturnote als Auswahlkriterium
verfassungsrechtlich bedenklich und die Wartezeitquote vorzugswürdig sein sollte, erschließt sich auf Grundlage dieser Begründung
gerade nicht.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2
Der am 31. Oktober 1990 geborene Kläger erwarb am 2. Mai 2011 in Bayern die Hochschulzugangsberechtigung mit einer bescheinigten Durchschnittsnote von 3,7.
3
Mit Zulassungsantrag vom 15. Juni 2011 bewarb der Kläger sich bei der Beklagten, zunächst ohne Stellung von Sonderanträgen, um einen Studienplatz im Studiengang Humanmedizin zum Wintersemester 2011/2012. Als Ortwünsche gab er in absteigender Reihenfolge Magdeburg, Rostock, Halle, Düsseldorf, Bochum und Bonn an. Mit einem weiterem undatierten Antrag änderte der Kläger seinen bisherigen Zulassungsantrag und stellte dabei einen Sonderantrag auf sofortige Zulassung zum Studium in der Quote für Fälle außergewöhnlicher Härte wegen besonderer familiärer oder sozialer Umstände (Antrag D.2) und einen Sonderantrag auf bevorzugte Berücksichtigung des ersten Studienortwunsches. Als Ortswünsche in absteigender Reihenfolge gab er diesmal München, Rostock, Halle, Düsseldorf, Bochum und Bonn an. Zur Begründung machte er geltend, er lebe mit seiner berufstätigen Mutter und seiner 67jährigen Großmutter in einem Haushalt und müsse seine erkrankte Großmutter pflegen. Das Krankheitsbild der Großmutter erlaube nur eine Pflege durch engste Familienangehörige und da seine Mutter auf Grund ihrer Berufstätigkeit als selbstständige Ärztin über wenig Zeit verfüge, müsse er diese Aufgabe wahrnehmen. Da bei der Großmutter eine Tendenz zur Verschlechterung bestehe, sei es erforderlich, dass er das Studium sofort und in der Nähe aufnehme. Zum Unterhalt seiner Großmutter sei er im Übrigen auch zivilrechtlich verpflichtet. Er erbringe seine Unterhaltsleistung in Form von Pflege. Da der Begriff der außergewöhnlichen Härte im Sinne von § 15 VergabeVO im Lichte von Art. 6 Abs. 1 GG auszulegen sei, sei diese Verpflichtung zu berücksichtigen. Den Sonderanträgen fügte der Kläger verschiedene Unterlagen zu Belegzwecken bei, auf die wegen der näheren Einzelheiten Bezug genommen wird. Hinsichtlich der Erkrankung seiner Großmutter legte er zwei ärztliche Stellungnahmen vor, einen Entlassungsbericht der Psychosomatischen Klink C1. B. GmbH vom 24. Oktober 2007 und eine neurologische Bescheinigung des Facharztes für Neurologie Dr. med L. -P. T. vom 21. Juni 2011.
4
Mit Bescheid vom 12. August 2011 lehnte die Beklagte den Zulassungsantrag des Klägers ab. Den Härtefallantrag erkannte die Beklagte nicht an. Nach den bestehenden Vorschriften dürfe ein Härtefallantrag nur dann anerkannt werden, wenn die vom Bewerber nachgewiesenen Gründe die sofortige Aufnahme des Studiums zwingend erforderte. Über die bevorzugte Berücksichtigung des Studienortwunsches habe daher nicht entschieden werden müssen.
5
Am 9. September 2011 hat der Kläger unter Wiederholung und Vertiefung seines Vorbringens im Antragsverfahren die vorliegende Klage erhoben und beantragt,
6
die Beklagte unter Aufhebung ihres Ablehnungsbescheides vom 12. August 2011 zu verpflichten, ihm einen Studienplatz an der Ludwig-Maximilians-Universität München, hilfsweise an einer anderen bundesdeutschen Hochschule im Studienfach Humanmedizin im ersten Fachsemester im Wintersemester 2011/2012 zuzuweisen.
7
Die Beklagte beantragt,
8
die Klage abzuweisen.
9
Zur Begründung führt sie aus, dass der Kläger die maßgeblichen Auswahlgrenzen nicht erreicht habe. Dem Antrag auf sofortige Zulassung habe nicht entsprochen werden können. Bereits die Krankheit oder Schwerbehinderung eines oder beider Elternteile sei im Negativkatalog der unbegründeten Härtefallanträge aufgeführt, sodass dies erst Recht für die Krankheit von Großeltern gelte. Zudem seien die eingereichten Belege zur Erkrankung der Großmutter entweder zu alt oder für die Zukunft nicht aussagekräftig.
10
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der von der Beklagten in Ablichtung übersandten Bewerbungsunterlagen des Klägers (Beiakte Heft 1) Bezug genommen.
11
Entscheidungsgründe:
12
Die zulässige Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1, 2. Alt. VwGO) ist nicht begründet; denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuteilung des beantragten Studienplatzes im Studiengang Humanmedizin.
13
Studienplätze in diesem Studiengang werden für das Wintersemester 2011/12 gemäß § 1 Satz 2 VergabeVO i. V. m. ihrer Anlage 1 in einem allgemeinen Auswahlverfahren nach Maßgabe der §§ 6 ff. VergabeVO vergeben. Der Kläger erfüllt mit seiner Abiturnote von 3,7 und ohne Wartezeit nicht die für ihn maßgeblichen Auswahlgrenzen. Diese lagen für die Auswahl nach Qualifikation (vgl. § 11 VergabeVO) für Hochschulzugangsberechtigte aus Bayern bei einer Durchschnittsnote von 1,0. Für die Auswahl nach Wartezeit (vgl. § 14 VergabeVO) waren mindestens zwölf Halbjahre erforderlich.
14
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Auswahl nach Härtegesichtspunkten (§ 15 VergabeVO). Die Studienplätze der Härtequote werden an Bewerber vergeben, für die es eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde, wenn sie keine Zulassung erhielten. Da die Zulassung im Härtewege nach dem System des § 6 VergabeVO zwangsläufig zur Zurückweisung eines anderen, noch nicht zugelassenen Erstbewerbers führt, ist eine strenge Betrachtungsweise geboten.
15
Ständige Rechtsprechung, siehe etwa OVG NRW, Beschluss vom 17. Mai 2010 - 13 B 504/10 -, abrufbar in der Datenbank „www.nrwe.de“; Berlin, in: Bahro/Berlin, Das Hochschulzulassungsrecht in der Bundesrepublik Deutschland, 4. Auflage 2003, § 21 VergabeVO Rn. 1.
16
Eine außergewöhnliche Härte liegt gemäß § 15 Satz 2 VergabeVO vor, wenn in der eigenen Person liegende besondere soziale oder familiäre Gründe die sofortige Aufnahme des Studiums zwingend erfordern. Der Kläger hat sich zur Begründung seines Antrages inhaltlich auf die Fallgruppe D 2 der auf den Internetseiten der Beklagten genannten Regelbeispiele begründeter Anträge berufen.
17
Die Kammer hat im Hinblick auf die vom Kläger zunächst unter dem 15. Juni 2011 beantragte Zulassung ohne Sonderanträge, bei der der Kläger als ersten Ortswunsch noch Magdeburg angegeben hat, schon Zweifel an der Ernsthaftigkeit der vom Kläger dargestellten Absicht der weiteren Pflege seiner schon seit Jahren erkrankten Großmutter. Aber selbst bei unterstellter Ernsthaftigkeit hat die Klage keinen Erfolg. Die vom Kläger dargelegten familiären Umstände mögen zwar für eine Bindung an München sprechen, lassen aber nicht erkennen, warum es für den Kläger unzumutbar sein sollte, wie andere Bewerber mit vergleichbaren Auswahldaten auf einen Studienplatz zu warten. Soweit der Kläger geltend macht, der Gesundheitszustand seiner Großmutter könne sich in den nächsten Jahren so erheblich verschlechtern, dass das Studium nicht abgeschlossen werden könne, fehlt es schon an entsprechenden ärztlichen Attesten zu dem konkret zu erwartenden Krankheitsverlauf bei der Großmutter. In dem Entlassungsbericht der Psychosomatischen Klink C1. B. GmbH vom 24. Oktober 2007 finden sich keine prognostischen Ausführungen zum weiteren Krankheitsverlauf. Ausführungen dazu enthält nur die neurologische Bescheinigung des Facharztes für Neurologie Dr. med L. -P. T. vom 21. Juni 2011. Dort heißt es aber lediglich pauschal, es bestehe eine Tendenz zur Befundverschlechterung, die Symptomatik sei progredient. Wann und insbesondere welche konkreten Verschlechterungen eintreten werden, die den Kläger außer Stande setzen sollen, neben der Pflege seiner Großmutter Humanmedizin zu studieren, ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen nicht. Aber selbst bei Vorlage entsprechender Atteste wäre darüber hinaus nicht nachvollziehbar, warum ein nach Ablauf der Wartezeit begonnenes Studium nicht vorübergehend unterbrochen werden könnte, sondern gleich endgültig abgebrochen werden müsste. Es stellen sich auch noch vielfältige weitere Fragen, die im vorliegenden Verfahren dahingestellt bleiben können, beispielsweise, ob die Begleitung zu Arztbesuchen, die Übernahme der Einkäufe und das Verbringen gemeinsamer Freizeit überhaupt den Begriff der Pflege ausfüllt und ob es der Mutter des Klägers nicht zumutbar wäre sich an der Pflege zu beteiligen, wenn sich der Gesundheitszustand der Großmutter in Zukunft, worauf sie sich einstellen könnte, erheblich verschlechterte.
18
Da es im vorliegenden Verfahren nicht darauf ankommt, kann die Kammer auch die von der Beklagten aufgeworfene und bislang noch nicht entschiedene Frage dahingestellt lassen, ob die beabsichtigte Pflege von Großeltern überhaupt einen Härtefall i.S.v. § 15 VergabeVO darstellen kann, wenn in der Norm tatbestandlich vorausgesetzt wird, dass es sich um in eigener Person liegende besondere familiäre Gründe handeln muss.
19
ablehnend: Berlin, in Bahro/Berlin, a.a.O., § 21 VergabeVO, Rdnr. 5.
1 Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
2 Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3 Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.
Gründe:
1
Gründe:
2
1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist abzulehnen, weil die Rechtsverfolgung aus den nachfolgend dargelegten Gründen von Beginn an nicht die nach § 166 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg geboten hat.
3
2. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg. Die Antragstellerin hat nicht gemäß § 123 VwGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO glaubhaft gemacht, dass ihr ein Anspruch auf Zuteilung des begehrten Studienplatzes im Studiengang Humanmedizin nach den für das Wintersemester 2013/2014 maßgeblichen Regeln und tatsächlichen Verhältnissen zusteht.
4
Studienplätze im Studiengang Humanmedizin werden gemäß § 1 Satz 2 der Verordnung über die zentrale Vergabe von Studienplätzen durch die Stiftung für Hochschulzulassung – VergabeVO – in Verbindung mit ihrer Anlage 1 in einem zentralen Vergabeverfahren nach Maßgabe der §§ 6 ff. VergabeVO vergeben. Mit einer Durchschnittsnote ihrer Hochschulzugangsberechtigung von 2,0 und einer Wartezeit von lediglich zwei Halbjahren erfüllt die Antragstellerin nicht die für sie maßgeblichen Auswahlgrenzen. Diese lagen für die Auswahl in der Abiturbestenquote (§ 11 VergabeVO), in der sie sich im Übrigen nicht beworben hat, für Hochschulzugangsberechtigte aus C. bei einer Durchschnittsnote von 1,1. Für die Auswahl nach Wartezeit (§ 14 VergabeVO) waren mindestens zwölf Halbjahre erforderlich.
5
Dass die Antragsgegnerin der Bewerbung der Antragstellerin eine Wartezeit von lediglich zwei Halbjahren zugrunde gelegt hat, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Antragstellerin hat auf der Grundlage der bis zum Bewerbungsschluss (§ 3 Abs. 7 VergabeVO) vorgelegten und daher auch für das gerichtliche Verfahren allein maßgeblichen Unterlagen keinen Anspruch darauf, aufgrund ihres Sonderantrags „F“ auf Nachteilsausgleich mit einer verbesserten Wartezeit am Vergabeverfahren beteiligt zu werden. Die Antragstellerin hat einen Anspruch auf Nachteilsausgleich nach § 14 Abs. 3 VergabeVO nicht glaubhaft gemacht. Nach § 14 Abs. 3 VergabeVO wird ein Studienbewerber auf Antrag bei der Ermittlung der Wartezeit mit einem früheren Zeitpunkt des Erwerbs der Hochschulzugangsberechtigung berücksichtigt, wenn er nachweist, dass er aus in seiner eigenen Person liegenden, nicht selbst zu vertretenden Gründen daran gehindert war, die Hochschulzugangsberechtigung zu einem früheren Zeitpunkt zu erwerben. Bei der Auslegung dieses Tatbestandes ist zu berücksichtigen, dass der Wartezeit im Rahmen der Studienplatzverteilung eine bedeutende Funktion zukommt. Denn sie soll einen Ausgleich zu der Abiturnote schaffen, die im Verfahren zur Vergabe von Medizinstudienplätzen eine überragende Rolle spielt.
6
Vgl. Beschlüsse der Kammer vom 19. März 2013 – 6z K 4171/12 – und vom 26. April 2012 – 6z K 3656/11 –, jeweils www.nrwe.de und juris, sowie vom 22. März 2013 – 6z L 187/13 –, www.nrwe.de.
7
Angesichts der erheblichen Bewerberzahlen für das Studienfach Humanmedizin und der bestehenden hohen Auswahlgrenzen ist das Instrument des Nachteilsausgleichs im Lichte des in Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verankerten Gleichheitsgrundsatzes zu sehen. Vor diesem Hintergrund sind an den Nachweis eines entsprechenden Nachteils strenge Anforderungen zu stellen. Denn es gilt, das Recht auf Chancengleichheit nicht nur der Antragstellerin, sondern auch der anderen Bewerber im Blick zu behalten, an denen die Antragstellerin durch eine Verbesserung der Wartezeit sozusagen „vorbeiziehen“ würde. Daher bedarf es einer dezidierten Darlegung und Begründung, für welches Halbjahr und weshalb eine Verbesserung in Anspruch genommen werden soll. Dabei hat der Bewerber den Sachverhalt, der den auszugleichenden Nachteil begründet, hinreichend konkret – auch in zeitlicher Hinsicht – darzulegen sowie Unterlagen, die diese Umstände belegen, vorzulegen.
8
An einer solchen dezidierten Darlegung und dem entsprechenden Nachweis fehlt es hier. Die Antragstellerin hat zur Begründung ihres Antrags auf Nachteilsausgleich lediglich pauschal angegeben, sie habe am Ende der zwölften Jahrgangsstufe die Schule verlassen, da sie keine Betreuungsmöglichkeit für ihr erstes Kind gehabt habe. Sie habe ihre drei Kinder, von denen das jüngste im Sommer 2009 eingeschult worden sei, allein großgezogen. Der ganztägige Besuch eines Kollegs oder der Besuch einer Abendschule sei ihr währenddessen nicht möglich gewesen. Sobald es möglich gewesen sei, habe sie ihre schulische Ausbildung fortgesetzt.
9
Die Antragstellerin wäre indes gehalten gewesen, die Umstände ihres vorläufigen Schulabbruchs eingehend zu schildern und unter Vorlage geeigneter Belege ihre Lebensverhältnisse in dem gesamten Zeitraum zwischen dem Abbruch der Schulausbildung und deren Wiederaufnahme hinreichend konkret darzulegen, etwa durch den Vortrag, was sie in dem jeweiligen Halbjahr, für welches sie einen Nachteilsausgleich beansprucht, getan hat (ob sie zum Beispiel einer Erwerbstätigkeit nachgegangen ist) und wie sich das Verhältnis zu den Vätern ihrer Kinder jeweils gestaltete, insbesondere, ob und wann sie mit einem von ihnen zusammenlebt(e) und eine gemeinsame Betreuung der Kinder denkbar war.
10
Die Kammer war nicht gehalten, der erstmals im gerichtlichen Verfahren vorgebrachten Anregung der Antragstellerin, in die Akten des Jobcenters Q. und des Finanzamts Q1. C1. Einsicht zu nehmen, nachzukommen. Ungeachtet des Umstandes, dass diese Unterlagen möglicherweise geeignet wären, zu belegen, dass bzw. wann die Antragstellerin alleinerziehend ist bzw. war, können erst im Klage- oder Antragsverfahren eingereichte Unterlagen oder noch einzureichende Unterlagen im gerichtlichen Verfahren nicht berücksichtigt werden. Denn die für das Auswahl- und Verteilungsverfahren maßgeblichen Daten müssen in Bezug auf das Wintersemester spätestens bis zum 15. Juni vorliegen (§ 3 Abs. 7 Satz 2 VergabeVO). Die Vorschrift statuiert eine gesetzliche Ausschlussfrist, so dass die Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Antragsgegnerin über einen Zulassungsantrag auch vom Gericht ausschließlich anhand dessen zu prüfen ist, was innerhalb der Bewerbungs- bzw. Nachfrist des § 3 Abs. 2 und 7 VergabeVO bei der Antragsgegnerin vorgelegen hat. Dem Gericht ist es mithin verwehrt, im gerichtlichen Verfahren erstmals gestellte Anträge und/oder nachgereichte Belege zu berücksichtigen.
11
Vgl. VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 30. September 2013 – 6z L 1208/13 –, www.nrwe.de.
12
Ob die Antragstellerin einen Anspruch auf Verbesserung ihrer Durchschnittsnote im Wege des Nachteilsausgleichs nach § 11 Abs. 5 VergabeVO hat, kann vorliegend offen bleiben, da sich die Antragstellerin nicht in der Abiturbestenquote beworben hat und die Antragsgegnerin für die Vergabe der Studienplätze im Auswahlverfahren der Hochschulen nicht zuständig ist. Jedenfalls fehlt es hier an einer der Grundvoraussetzungen für die Anerkennung eines Nachteilsausgleichs, denn die Antragstellerin hat innerhalb der nach § 3 Abs. 7 VergabeVO maßgeblichen Ausschlussfrist kein Schulgutachten der Schule, an der sie ihre Hochschulzugangsberechtigung erworben hat, vorgelegt.
13
Die Antragstellerin hat auch keinen Anspruch auf Auswahl nach Härtegesichtspunkten (§ 15 VergabeVO) glaubhaft gemacht. Die Studienplätze der Härtefallquote werden an Bewerber vergeben, für die es eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde, wenn sie keine Zulassung erhielten. Eine außergewöhnliche Härte liegt gemäß § 15 Satz 2 VergabeVO vor, wenn in der eigenen Person liegende besondere soziale oder familiäre Gründe die sofortige Aufnahme des Studiums zwingend erfordern. Da die Zulassung im Härtefallwege nach dem System des § 6 VergabeVO zwangsläufig zur Zurückweisung eines anderen, noch nicht zugelassenen Erstbewerbers führt, ist eine strenge Betrachtungsweise geboten.
14
Vgl. nur OVG NRW, Beschlüsse vom 17. Mai 2010 – 13 B 504/10 –, juris, und vom 2. Juli 2012 – 13 B 656/12 –, juris; VG Gelsenkirchen, Beschlüsse vom 30. September 2013 ‑ 6z L 1208/13 - und vom 27. März 2013 – 6z L 313/13 –, juris; Berlin, in: Bahro/Berlin, Das Hochschulzulassungsrecht in der Bundesrepublik Deutschland, 4. Aufl. 2003, § 21 VergabeVO, Rdnr. 1.
15
Im Blick zu behalten ist überdies die Funktion der Härtefallregelung. Sie soll – wie schon der Wortlaut der Vorschrift zeigt – innerhalb des notwendigerweise schematisierten Massenverfahrens der Studienzulassung einen Ausgleich für besondere Einzelfälle schaffen, in denen die Anwendung der regulären Auswahlkriterien dem Gebot der Chancengleichheit nicht gerecht wird; nach Möglichkeit soll niemand infolge wirtschaftlicher, gesundheitlicher, familiärer oder sonstiger sozialer Benachteiligungen an der Erreichung seines Berufsziels gehindert werden. Anderen Zwecken ‑ etwa der Kompensation erlittener Schicksalsschläge oder erfahrenen Leids - darf die Härtefallzulassung hingegen nicht dienen.
16
Vgl. dazu nur OVG NRW, Beschluss vom 14. Juni 2013 ‑ 13 B 440/13 -, juris; VG Gelsenkirchen, Beschlüsse vom 27. März 2013 – 6z L 313/13 – und vom 30. November 2011 – 6 L 968/11 – mit weiteren Nachweisen; Berlin, in: Bahro/Berlin, Das Hochschulzulassungsrecht in der Bundesrepublik Deutschland, Kommentar, 4. Auflage 2003, § 21 VergabeVO, Rdnr. 1 ff.
17
Gemessen an diesen Überlegungen sind die Voraussetzungen für eine Zulassung nach § 15 VergabeVO vorliegend nicht dargetan. Die Antragsgegnerin hat nicht ansatzweise dargelegt, aus welchen Gründen ihr ein weiteres Zuwarten bis zu einer Zulassung zum Studium nicht zumutbar ist. Allein der Umstand, dass sie ihre Schullaufbahn erst mehr als zehn Jahre, nachdem sie nach eigenen Angaben die Schule nach der Jahrgangsstufe 12 abgebrochen hatte, fortgesetzt und erst nach weiteren zwei Jahren die Hochschulzugangsberechtigung erlangt hat, ist kein Umstand, der eine sofortige Zulassung zum Studium zwingend geboten erscheinen lässt. Gleiches gilt für das fortgeschrittene Alter der Antragstellerin im Vergleich zum durchschnittlichen Studienbewerber für das erste Fachsemester. Im Gegenteil ist ein fortgeschrittenes Alter für einen Studienbewerber charakteristisch, der seine Hochschulreife nach Beschreiten des Zweiten Bildungsweges erlangt hat und / oder eine gewisse Wartezeit bis zur Zulassung zum Studium durchlaufen hat. Dies hebt die Antragstellerin nicht aus dem Kreis der vorgenannten Hochschulzugangsberechtigten heraus. Ein besonderes Einzelschicksal vermag die Kammer vor diesem Hintergrund nicht zu erkennen.
18
Nachdem die Antragstellerin keinen Anspruch auf Zulassung zum Studium der Humanmedizin hat, war ihr Ortsantrag nicht zu bescheiden.
19
Aus den vorgenannten Gründen ist der sinngemäß hilfsweise gestellte Antrag,
20
festzustellen, dass die Bewerbung der Antragstellerin in künftigen Bewerbungsverfahren von der Antragsgegnerin mit einer Verbesserung der Wartezeit im Umfang einer vom Gericht festzulegenden Anzahl von Wartesemestern zu berücksichtigen ist,
21
ebenfalls keinen Erfolg, wobei die Frage der Zulässigkeit dieses Antrags dahingestellt bleiben kann.
22
Auch der weitere, sinngemäß hilfsweise – für den Fall der Erfolglosigkeit des Hauptantrags – gestellte Antrag, die Antragsgegnerin zu verpflichten,
23
die von der Antragstellerin eingereichten Unterlagen aufzuheben,
24
hat keinen Erfolg. Im wohlverstandenen Interesse der Antragstellerin legt die Kammer den Antrag dahingehend aus, dass von ihm die nunmehr mit der Bewerbung der Antragstellerin vom 14. Juni 2013 vorgelegten Unterlagen erfasst sein sollen, § 122 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 88 VwGO. Der so verstandene Antrag ist bereits mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Es ist nämlich nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin vor der Anrufung des Gerichts einen entsprechenden Antrag auf Aufbewahrung ihrer Unterlagen bei der Antragsgegnerin gestellt hat. Ein solcher Antrag bei der Behörde ist indes Voraussetzung für die Zulässigkeit des gerichtlichen Eilantrags. Anhaltspunkte dafür, dass die vorherige Antragstellung ausnahmsweise – etwa wegen ganz besonderer Eilbedürftigkeit – entbehrlich gewesen sein könnte, sind vorliegend nicht ersichtlich.
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 2 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 1 des Gerichtskostengesetzes und entspricht der Praxis des erkennenden Gerichts in Verfahren der vorliegenden Art.
In Streitigkeiten, die sich auf unbewegliches Vermögen oder ein ortsgebundenes Recht oder Rechtsverhältnis beziehen, ist nur das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk das Vermögen oder der Ort liegt.
2.
Bei Anfechtungsklagen gegen den Verwaltungsakt einer Bundesbehörde oder einer bundesunmittelbaren Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesbehörde, die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung ihren Sitz hat, vorbehaltlich der Nummern 1 und 4. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen des Satzes 1. In Streitigkeiten nach dem Asylgesetz ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Ausländer nach dem Asylgesetz seinen Aufenthalt zu nehmen hat; ist eine örtliche Zuständigkeit danach nicht gegeben, bestimmt sie sich nach Nummer 3. Soweit ein Land, in dem der Ausländer seinen Aufenthalt zu nehmen hat, von der Möglichkeit nach § 83 Absatz 3 des Asylgesetzes Gebrauch gemacht hat, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, das nach dem Landesrecht für Streitigkeiten nach dem Asylgesetz betreffend den Herkunftsstaat des Ausländers zuständig ist. Für Klagen gegen den Bund auf Gebieten, die in die Zuständigkeit der diplomatischen und konsularischen Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland fallen, auf dem Gebiet der Visumangelegenheiten auch, wenn diese in die Zuständigkeit des Bundesamts für Auswärtige Angelegenheiten fallen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesregierung ihren Sitz hat.
3.
Bei allen anderen Anfechtungsklagen vorbehaltlich der Nummern 1 und 4 ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Verwaltungsakt erlassen wurde. Ist er von einer Behörde, deren Zuständigkeit sich auf mehrere Verwaltungsgerichtsbezirke erstreckt, oder von einer gemeinsamen Behörde mehrerer oder aller Länder erlassen, so ist das Verwaltungsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Beschwerte seinen Sitz oder Wohnsitz hat. Fehlt ein solcher innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, so bestimmt sich die Zuständigkeit nach Nummer 5. Bei Anfechtungsklagen gegen Verwaltungsakte einer von den Ländern mit der Vergabe von Studienplätzen beauftragten Behörde ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Behörde ihren Sitz hat. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen der Sätze 1, 2 und 4.
4.
Für alle Klagen aus einem gegenwärtigen oder früheren Beamten-, Richter-, Wehrpflicht-, Wehrdienst- oder Zivildienstverhältnis und für Streitigkeiten, die sich auf die Entstehung eines solchen Verhältnisses beziehen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Kläger oder Beklagte seinen dienstlichen Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Wohnsitz hat. Hat der Kläger oder Beklagte keinen dienstlichen Wohnsitz oder keinen Wohnsitz innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, die den ursprünglichen Verwaltungsakt erlassen hat, so ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk diese Behörde ihren Sitz hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für Klagen nach § 79 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen entsprechend.
5.
In allen anderen Fällen ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Sitz, Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthalt hat oder seinen letzten Wohnsitz oder Aufenthalt hatte.
Gegenstand der Vorlage ist die Verfassungsmäßigkeit der §§ 31, 32 des Hochschulrahmengesetzes in der Fassung vom 28. August
2004 (HRG - BGBl I S. 2298) sowie der landesrechtlichen Vorschriften, durch die der Staatsvertrag über die Errichtung einer
gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung vom 5. Juni 2008 (im Folgenden: Staatsvertrag 2008) ratifiziert und umgesetzt
wurde.
1. Die 1987 geborene Klägerin des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Klägerin) erwarb 2006 in Nordrhein-Westfalen ihr Abitur
mit einer Durchschnittsnote von 3,2. Danach absolvierte sie eine Ausbildung zur Medizinisch-technischen Laborassistentin.
Anschließend nahm sie eine entsprechende Berufstätigkeit auf. Zum Wintersemester 2011/12 bewarb sie sich zum wiederholten
Male bei der Beklagten des Ausgangsverfahrens, der Stiftung für Hochschulzulassung (im Folgenden: Beklagte), um die Zulassung
zum Studium der Humanmedizin im ersten Fachsemester. Sie beantragte sowohl die Beteiligung an der Auswahl in der Wartezeitquote
als auch im Auswahlverfahren der Hochschulen. Sonderanträge stellte sie nicht.
Mit Bescheid vom 12. August 2011 lehnte die Beklagte die Zulassung innerhalb der Wartezeitquote mit der Begründung ab, die
maßgebliche Auswahlgrenze von 12 Wartesemestern sei verfehlt worden. Auch im Auswahlverfahren der Hochschulen blieb die Klägerin
erfolglos. Sie erhob daraufhin Klage, mit der sie beantragte, die Beklagte unter Aufhebung des ablehnenden Bescheides zu verpflichten,
sie nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2011/12 zum Studium der Medizin entsprechend ihrem Antrag zuzulassen.
2. Das Verwaltungsgericht hat das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG die Frage
zur Entscheidung vorgelegt, ob die §§ 31, 32 HRG sowie die landesrechtlichen Vorschriften zur Ratifizierung und Umsetzung
des Staatsvertrages 2008 mit dem Grundgesetz vereinbar sind, soweit sie für den Studiengang Humanmedizin ein Vergabeverfahren
vorsehen, bei dem - nach Abzug einiger Vorabquoten - 20 % der Studienplätze allein nach dem Grad der Qualifikation, 60 % der
Studienplätze maßgeblich nach dem Grad der Qualifikation und 20 % der Studienplätze nach Wartezeit vergeben werden und bei
dem die für eine Zulassung in der Wartezeitquote erforderliche Anzahl an Wartesemestern regelmäßig die Dauer eines normalen
Studiums übersteigt.
Das vorlegende Gericht ist der Auffassung, die Regelungen verstießen gegen Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1
GG und dem Sozialstaatsprinzip.
a) Die Kammer sei der Überzeugung, dass das Zusammenspiel der beiden Hauptquoten "Abiturbestenquote" und "Auswahlverfahren
der Hochschulen" den Anforderungen an ein hinreichend chancenoffenes Gesamtsystem nicht (mehr) genüge und dass es eines Ausgleichs
bedürfe. Zwar komme die Einführung des "Auswahlverfahrens der Hochschulen" wegen der Vielfalt der Auswahlkriterien der Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichts, namentlich der Forderung nach einer Mehrgleisigkeit des Auswahlsystems, grundsätzlich entgegen
und sei aus verfassungsrechtlicher Sicht positiv zu bewerten; denn je mehr verschiedene Auswahlkriterien angewandt würden,
desto größer werde die Bandbreite der Bewerber, die über das eine oder andere Kriterium eine Chance hätten. Dieser Vorteil
werde jedoch durch die Detailregelungen für die Bewerbung in dieser Quote erheblich entwertet. Denn könne sich der Bewerber
im "Auswahlverfahren der Hochschulen" von vornherein nur bei maximal sechs Hochschulen bewerben und sei zudem die Zahl der
denkbaren Wahlkombinationen wegen der massiven Beschränkung, denen die Bewerbung insbesondere über das Vorauswahlkriterium
"Ortspräferenz" unterliege, stark reduziert, so stelle sich die Vielfalt der Auswahlkriterien für den Bewerber als ein eher
theoretischer Vorteil dar, von dem er tatsächlich nur bedingt profitieren könne. Eine große Gruppe von Bewerbern bleibe trotz
der Zusatzkriterien allein wegen der hohen Anforderungen an die Durchschnittsnote auch in dieser Hauptquote ohne Zulassungschance.
Allerdings sei die Kammer der Auffassung, "dass sich mit der Validität der Abiturnote als Indikator für den Studienerfolg
durchaus die Heranziehung dieses Auswahlkriteriums als sachgerecht begründen" lasse. Es sei aus Sicht der Kammer daher nicht
von vornherein zu beanstanden, wenn der Abiturnote bei der Hochschulzulassung ein überwiegendes Gewicht zukomme, etwa indem
die ganz oder teilweise an dieses Kriterium anknüpfenden Quoten deutlich mehr als 50 % der zu vergebenden Studienplätze umfassten.
Zugunsten des geltenden, um das "Auswahlverfahren der Hochschulen" erweiterten Vergabesystems insgesamt lasse sich im Übrigen
auch anführen, dass es starre Grenzziehungen vermeide.
Dennoch bleibe die Durchschnittsnote ein problematisches Auswahlkriterium, das nach einem Korrektiv verlange. Es bestehe weitgehend
Einigkeit, dass Abiturnoten für die Einschätzung der Qualifikation eines Bewerbers nur bedingt zuverlässig und sie untereinander
nur eingeschränkt vergleichbar seien. Schon die Vergleichbarkeit zwischen den Ländern sei nicht gegeben, wie die Unterschiede
bei den mittleren Abiturnoten in den verschiedenen Bundesländern zeigten. Anders als bei der Abiturbestenquote gebe es im
"Auswahlverfahren der Hochschulen" keine Länderquoten. Dieser Unterschied lasse sich aus Sicht der Kammer schwerlich begründen
und stelle vor dem Hintergrund der Forderung nach einem objektiv sachgerechten Auswahlkriterium ein erhebliches Problem dar.
Zudem seien Abiturnoten auch innerhalb der Länder wegen der Divergenzen des Schulniveaus und der schulischen Notengebung sowie
wegen sonstiger Gegebenheiten nur eingeschränkt miteinander vergleichbar. Auch durch den Hinweis auf ein verändertes Verfassungsverständnis
oder einen gewandelten Zeitgeist lasse sich die verfassungskräftige, vor allem aus dem Gleichheitssatz resultierende Forderung
nicht relativieren, dass die vorhandenen Studienplätze nach sachgerechten Kriterien zu vergeben seien und die Zuspitzung auf
ein einziges, seinerseits nicht restlos zuverlässiges und gerechtes Auswahlkriterium vermieden werden müsse.
Nach Lage der Dinge könne im derzeitigen Auswahlsystem nur die Auswahlmöglichkeit in der Wartezeitquote die Funktion des erforderlichen
Korrektivs erfüllen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müssten sich die Anforderungen an die Wartezeit
auf ein noch zumutbares Maß beschränken. Nur in diesem Fall könne die Auswahlmöglichkeit in der Wartezeitquote die Zuspitzung
auf die Durchschnittsnote in den anderen Hauptquoten ausgleichen. Nach Auffassung der Kammer sei die Grenze der Zumutbarkeit
inzwischen überschritten, weil die erforderliche Wartezeit regelmäßig die Dauer eines normalen Studiums von sechs bis sieben
Jahren übersteige und in Zukunft noch weiter anwachsen werde. Das Abstellen auf die Dauer eines normalen Studiums als verfassungsrechtliche
Grenze sei zwar nicht zwingend begründbar, die Kammer halte diese Grenze aber für plausibel und sachgerecht. Auch die übrigen
vom Bundesverfassungsgericht hierzu angestellten Überlegungen, wie die Gefahr einer sozialen Selektion und ein späteres Einstiegsalter
für den Beruf, seien weiterhin tragfähig.
Die langen Wartezeiten seien auch keine vorübergehende Mangelerscheinung. Konkrete Bemühungen, gerade dem Problem des Studienplatzmangels
im Fach Medizin und den steigenden Wartezeiten zu begegnen, seien nur begrenzt vorhanden. Soweit neue Medizinstudienplätze
geschaffen würden, diene dies dazu, die zusätzliche Nachfrage aufgrund der doppelten Abiturjahrgänge zu befriedigen, ohne
dass erkennbar sei, dass dem seit Jahren bestehenden Engpass entgegengewirkt werden solle. Allerdings bestehe wohl kein grundrechtlicher
Anspruch auf Schaffung neuer Medizinstudienplätze.
Der Verfassungsverstoß könne schließlich nicht durch eine verfassungskonforme Auslegung vermieden werden. Einer solchen Auslegung
stehe der eindeutige Wortlaut der entsprechenden Vorschriften entgegen. Auch die in § 32 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HRG, Art. 9 Abs.
1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Staatsvertrag 2008 enthaltene Härtefallregelung erlaube keine verfassungskonforme Interpretation, Studienbewerbern
mit unzumutbar langen Wartezeiten einen Anspruch auf Zulassung zu verschaffen. Die Vorschriften setzten eine außergewöhnliche
Härte voraus und erforderten damit, dass ein Bewerber im Einzelfall aufgrund seiner Lebensumstände durch die überlange Wartezeit
in besonderer Weise betroffen werde. Der bloße Umstand, dass ein Bewerber sechs oder noch mehr Jahre lang auf einen Studienplatz
gewartet habe, könne dagegen keine "Härte" im Sinne des Gesetzes darstellen, denn hierbei handele es sich nicht um ein in
der Person des Bewerbers liegendes, sondern ein allgemeines, in der Konsequenz des Auswahlsystems liegendes Problem. Weiter
sei die Härtefallregelung als Ausnahmebestimmung eng auszulegen und die diesbezügliche Quote eng - auf 2 % - begrenzt.
Halte man die Bestimmungen für verfassungskonform, habe die Klägerin keinen Anspruch auf Zulassung zum Medizinstudium. Mit
ihrer Abiturnote von 3,2 erreiche sie die Auswahlgrenze bei der Abiturbestenquote, die im Wintersemester 2011/12 für Bewerber
aus Nordrhein-Westfalen bei 1,1 gelegen habe, nicht. Auch in der Wartezeitquote genüge die von ihr angesammelte Wartezeit
von 10 Halbjahren nicht, um die Auswahlgrenze zu erreichen, die im Wintersemester 2011/12 bei 12 Halbjahren gelegen habe.
Individuelle Umstände, die einen Härtefall begründen könnten, seien weder vorgetragen noch ersichtlich. Ob die Klägerin im
"Auswahlverfahren der Hochschulen" hätte zugelassen werden müssen, sei nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, weil
ein entsprechender Anspruch nicht gegen die Beklagte geltend gemacht werden könne. Auch hier liege freilich auf der Hand,
dass die Klägerin die Auswahlgrenzen nicht erreichen könne.
Gehe man von der Verfassungswidrigkeit der Normen aus, halte die Aussetzung des Verfahrens zum Zwecke der Normenkontrolle
der Klägerin die Chance offen, eine für sie günstigere Regelung durch den Gesetzgeber zu erreichen.
1. Ein Gericht kann eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit gesetzlicher Vorschriften
nach Art. 100 Abs. 1 GG nur einholen, wenn es zuvor sowohl die Entscheidungserheblichkeit der Vorschriften als auch ihre Verfassungsmäßigkeit
sorgfältig geprüft hat (vgl. BVerfGE 86, 71 <76>).
a) Das vorlegende Gericht muss hierzu darlegen, inwiefern seine Entscheidung von der Gültigkeit der zur Prüfung gestellten
Normen abhängt. Dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG genügt ein Vorlagebeschluss nur dann, wenn die gerichtlichen
Ausführungen auch erkennen lassen, dass eine eingehende Prüfung vorgenommen wurde. Ein Vorlagebeschluss muss aus sich heraus,
ohne Beiziehung der Akten, verständlich sein und mit hinreichender Deutlichkeit erkennen lassen, dass das vorlegende Gericht
bei Gültigkeit der Regelung zu einem anderen Ergebnis käme als im Falle ihrer Ungültigkeit und wie es dieses Ergebnis begründen
würde (vgl. BVerfGE 74, 236 <242>). Die Entscheidungserheblichkeit der vorgelegten Rechtsfrage ist mithin eingehend darzulegen.
Dazu muss der Vorlagebeschluss den entscheidungserheblichen Sachverhalt und eine umfassende Darlegung der die rechtliche Würdigung
tragenden Erwägungen enthalten. Dabei verlangt § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG, dass sich das vorlegende Gericht eingehend mit
der einfachrechtlichen Rechtslage auseinandersetzt, die in Rechtsprechung und Literatur entwickelten Rechtsauffassungen berücksichtigt
(vgl. BVerfGE 47, 109 <114 f.>; 105, 61 <67>) und auf unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten eingeht (BVerfGE 97, 49 <60>;
105, 48 <56>).
b) Ferner muss das Gericht seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der Norm näher darlegen und deutlich machen, mit
welchem verfassungsrechtlichen Grundsatz die zur Prüfung gestellte Regelung seiner Ansicht nach nicht vereinbar ist. Auch
insoweit bedarf es einer Auseinandersetzung mit nahe liegenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten sowie einer eingehenden,
Rechtsprechung und Schrifttum einbeziehenden Darstellung der Rechtslage (vgl. BVerfGE 86, 71 <77>; 97, 49 <60>). Die Darlegungen
zur Verfassungswidrigkeit der zur Prüfung gestellten Normen müssen den verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab dabei nicht
nur benennen, sondern auch die für die Überzeugung des Gerichts maßgebenden Erwägungen nachvollziehbar darlegen. Insoweit
kann es auch erforderlich sein, die Gründe zu erörtern, die im Gesetzgebungsverfahren als für die gesetzgeberische Entscheidung
maßgebend genannt worden sind (vgl. BVerfGE 78, 201 <204>; 81, 275 <277>; 86, 71 <77 f.>). Rechtsprechung und Schrifttum sind
in die Argumentation einzubeziehen (vgl. BVerfGE 78, 165 <171 f.>; 89, 329 <337>).
2. Die Vorlage genügt diesen Anforderungen nicht. Das vorlegende Gericht hat mit seinen Ausführungen weder die Entscheidungserheblichkeit
der vorgelegten Rechtsfragen (hierzu a) noch die Verfassungswidrigkeit der vorgelegten Vorschriften (hierzu b) hinreichend
aufgezeigt.
a) Das Gericht legt zunächst nicht hinreichend dar, warum ein Anspruch der Klägerin auf Zulassung nicht aus den bestehenden
Vorschriften, nämlich der Härtefallregelung nach Art. 9 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Staatsvertrag 2008 in Verbindung mit § 1 Abs.
1 Satz 1 des Gesetzes zur Ratifizierung des Staatsvertrages über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung
vom 5. Juni 2008, § 15 der Verordnung über die Vergabe von Studienplätzen in Nordrhein-Westfalen (Vergabeverordnung NRW), abgeleitet werden kann.
aa) Nicht erkennbar ist bereits, dass sich das Gericht mit den zu dieser Härtefallklausel vertretenen Auffassungen in genügendem
Umfang auseinandersetzt. Für seine nur sehr knapp begründete Ansicht, die Klausel müsse eng ausgelegt werden, bezieht es sich
lediglich auf eigene Beschlüsse sowie zwei Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen. Dazu, wie die Literatur
diese Vorschriften interpretiert, enthält der Vorlagebeschluss keine Ausführungen.
Dass eine solche Auseinandersetzung mit den verschiedenen denkbaren Auslegungsmöglichkeiten hier entbehrlich wäre, weil schon
aus systematischen Gründen nur eine enge Deutung der Vorschrift in Betracht kommt, wird nicht nachvollziehbar erläutert. Das
Verwaltungsgericht führt insoweit nur aus, dass die Dauer der Wartezeit kein in der Person des Bewerbers liegendes, sondern
ein allgemeines, in der Konsequenz des Auswahlsystems liegendes Problem sei, weil es eine große Anzahl Wartender betreffe.
Eine solche Sichtweise ist freilich nicht zwingend. So kann man den Grund für die lange Wartezeit auch gerade in der unterdurchschnittlichen
Abiturnote des jeweiligen Bewerbers, also in einem individuellen Gesichtspunkt, sehen. Genauso wenig ist zu erkennen, wieso
es sich bei denjenigen, die selbst nach 12 Wartesemestern noch keine Zulassung erhalten haben, um eine "große Anzahl" handeln
soll. Nach den Daten, die das vorlegende Gericht nennt, gab es im Wintersemester 2011/12 im Studiengang Humanmedizin 511 abgewiesene
Bewerber mit einer derart langen Wartezeit. In diesem Semester hatten sich für dieses Fach allerdings 44.043 Personen beworben,
so dass lediglich ein Anteil von 1,16 % an der Gesamtgruppe mehr als 12 Semester warten musste. In Anbetracht der geringen
Zahl an Betroffenen erschließt sich auch nicht, weshalb die Begrenzung der Härtefallquote auf 2 % daran hindern könnte, langjährig
Wartenden auf diesem Wege einen Studienplatz zukommen zu lassen, wie das Verwaltungsgericht anscheinend meint. Hiervon abgesehen
ist auch nicht zu erkennen, dass sich die umfangmäßige Einschränkung der Quote aus einem formellen Gesetz und nicht bloß einer
untergesetzlichen Norm - nämlich § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VergabeVO NRW - ergibt, so dass unklar bleibt, warum das vorlegende
Gericht nicht selbst in der Lage war, die vermeintliche Hürde zu beseitigen.
Das Verwaltungsgericht durfte sich auch nicht damit begnügen, die fehlende Eignung einer großzügigeren Interpretation der
Härtefallregelung damit zu begründen, dass die nicht im Rahmen der Härtefallquote vergebenen Plätze der Wartezeitquote hinzugerechnet
werden (Art. 9 Abs. 2 Satz 4 Staatsvertrag 2008), sich bei einer umfassenderen Ausschöpfung der erstgenannten Quote die für
die letztgenannte Quote zur Verfügung stehenden Plätze also verringern. Vielmehr hätte das Gericht näher darlegen müssen,
wieso es nicht trotzdem möglich ist, mit einer Zulassung notenschwacher Bewerber mit besonders langer Wartezeit über die Härtefallklausel
einen aus seiner Sicht verfassungskonformen Zustand herzustellen. Denn auch wenn bei einem solchen Vorgehen Studierwillige
mit günstigeren Noten, die nicht über die Quote der Abiturbesten zugelassen werden können, möglicherweise innerhalb der Wartezeitquote
aufgrund der geringeren Platzanzahl erfolglos blieben, hätten diese Personen wegen ihrer Noten wiederum bessere Aussichten,
im Auswahlverfahren der Hochschulen einen Studienplatz zu erlangen. Gerade auf die Annahme, dass Bewerber mit schlechten Noten
in diesem Auswahlverfahren chancenlos seien und sich ihnen damit selbst auf diesem Wege keine Zulassungsmöglichkeit eröffne,
hatte das Verwaltungsgericht die vermeintliche Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Vorschriften maßgeblich gestützt.
bb) Hiervon abgesehen macht das Gericht nicht deutlich, unter welchen Voraussetzungen es das Bestehen eines Härtefalls bejaht
und warum hier, unter Zugrundelegung seiner eigenen - engen - Norminterpretation, die Annahme einer "außergewöhnlichen Härte"
ausscheidet. Es fehlt bereits an der Darlegung des angewandten rechtlichen Maßstabes. Die Kammer stellt nur fest, eine Härte
könne im Einzelfall angenommen werden, wenn der Bewerber aufgrund seiner Lebensumstände durch die überlange Wartezeit in besonderer
Weise getroffen werde. Bei welchen konkreten Konstellationen eine solche Situation anzunehmen ist, wird nicht aufgezeigt.
Darüber hinaus bleibt auch der Sachverhalt, auf dessen Grundlage das Gericht hier einen Härtefall verneint hat, unklar. Der
Vorlagebeschluss enthält insbesondere keine näheren Informationen zu den Lebensumständen der Klägerin, also ihrer familiären,
finanziellen oder sozialen Lage. Mitgeteilt wird lediglich, dass sie eine Ausbildung zur Medizinisch-technischen Laborassistentin
absolviert hat und in diesem Beruf arbeitet. Im Übrigen beschränkt sich die Kammer auf die pauschale Feststellung, für das
Vorliegen eines Härtefalls sei nichts vorgetragen oder ersichtlich. Dies genügt jedoch insbesondere bei einem Verfahren nicht,
in dem - wie im verwaltungsgerichtlichen Prozess - der Amtsermittlungsgrundsatz gilt (vgl. § 86 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung).
Das vorlegende Gericht legt schon nicht nachvollziehbar dar, mit welchem verfassungsrechtlichen Grundsatz die von ihm benannten
Vorschriften unvereinbar sein sollen. Zwar geht es, im Anschluss an die einschlägige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts,
zutreffend davon aus, dass die Bewerberauswahl nach objektiv sachgerechten und individuell zumutbaren Kriterien (BVerfGE 33,
303 <338>; 43, 291 <316 f.>) zu erfolgen hat, weil es sich hierbei um eine objektive Zulassungsschranke bei der Ausbildungs-
und Berufswahl im Sinne von Art. 12 Abs. 1 GG handelt. Aus den von ihm benannten Argumenten erschließt sich freilich nicht,
warum das derzeitige Auswahlsystem diese Anforderungen nicht erfüllt. Das vorlegende Gericht erklärt zunächst ausdrücklich,
es halte die einzelnen Auswahlkriterien für sich genommen für "sachgerecht". Im Hinblick auf das Auswahlverfahren der Hochschulen
wird dann kritisch angemerkt, dort komme der Abiturnote eine "überragende Bedeutung" zu. Dies führe allerdings nicht per se
zur Verfassungswidrigkeit des Auswahlsystems, erfordere aber ein verfassungsrechtliches Korrektiv, das die Chancenoffenheit
für eine größere Zahl von Bewerbern wahre. Ein solches Korrektiv könne nur die Wartezeitquote sein. Tragfähige Gründe für
seine Folgerungen führt das Gericht jedoch nicht an. Solche Gründe ergeben sich weder in nachvollziehbarer Weise aus den im
Vorlageschluss aufgeführten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts noch aus den sonstigen dort angestellten verfassungsrechtlichen
Erwägungen.
aa) Das Verwaltungsgericht zeigt in seinem Beschluss zunächst nicht verständlich auf, welche Grundsätze der Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichts es rechtfertigen sollen, das derzeitige Auswahlsystem als verfassungswidrig einzustufen. Insoweit
genügt es insbesondere nicht, umfangreiche Passagen aus verschiedenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu zitieren.
Den Darlegungsanforderungen genügt ein Gericht bei einer Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG vielmehr erst, wenn es dartut, welche
konkreten verfassungsrechtlichen Anforderungen es aus den genannten verfassungsgerichtlichen Entscheidungen ableitet.
(1) Hieran fehlt es. Das vorlegende Gericht beschränkt sich auf die Behauptung, das Bundesverfassungsgericht habe festgestellt,
die Ungleichbehandlung grundsätzlich gleichberechtigter, nämlich hochschulreifer Bewerber aufgrund "weniger Zehntelpunkte
bei der Abiturnote" könne "nicht ohne weiteres mit sachlichen Gründen von hinreichender Tragfähigkeit" gerechtfertigt werden
und es für "problematisch" gehalten, die Auswahlentscheidung stark auf ein einzelnes Auswahlkriterium wie das der Durchschnittsnote
zu konzentrieren. Diese pauschale Aussage ist als Grundlage für die verfassungsrechtliche Prüfung zu unspezifisch und lässt
schon nicht hinreichend erkennen, aus welchen konkreten Umständen die Verfassungswidrigkeit hergeleitet werden soll.
(2) Zudem haben die angeführten Entscheidungen nicht den vom Vorlagegericht angenommenen Inhalt. In dem zitierten Abschnitt
des Urteils des Ersten Senats vom 18. Juli 1972 (BVerfGE 33, 303 <350>) beschäftigt sich das Bundesverfassungsgericht nur
mit der (von ihm letztlich verneinten) Frage, ob es verfassungsrechtlich zulässig wäre, die Auswahl der Bewerber für ein zulassungsbeschränktes
Studium "ausschließlich" nach dem auf Abiturnoten fußenden Leistungsprinzip vorzunehmen. Die Frage, inwieweit es in einem
System wie dem Auswahlverfahren der Hochschulen, bei dem sich die Zulassung typischerweise nach mehreren Kriterien richtet,
zulässig ist, einem einzelnen Merkmal wie der Abiturnote ein überwiegendes Gewicht einzuräumen, wird überhaupt nicht erörtert.
(3) Genauso wenig ist erkennbar, dass die Entscheidung vom 8. Februar 1977 (BVerfGE 43, 291) rechtliche Vorgaben enthält,
aus denen eine mögliche Verfassungswidrigkeit des heutigen Auswahlsystems folgt. Das Verwaltungsgericht begründet vor allem
nicht, inwiefern die dortigen Überlegungen des Bundesverfassungsgerichts auf das nun geltende Auswahlsystem übertragbar sind.
Anders als das derzeitige war das damalige System noch von einer strikten Zweiteilung geprägt: Abgesehen von den im Rahmen
der Vorab- beziehungsweise Sonderquote zugelassenen Bewerbern gab es nur die Zulassung nach Leistung mit einem Anteil von
60 %, wobei grundsätzlich maßgebend die Abiturnote war, und die Zulassung nach Wartezeit mit einer Quote von 40 % (vgl. BVerfGE
43, 291 <299 ff., 317 ff.). Dies führte dazu, dass Bewerber, die keine deutlich überdurchschnittlichen Abiturnoten vorweisen
konnten, ausschließlich über die Wartezeitquote eine Chance auf Erhalt eines Studienplatzes hatten. Dabei erforderte die Zulassung
über die Note für den Studiengang Humanmedizin einen Mindestdurchschnitt von 1,7 und alle Bewerber mit ungünstigerer Note
mussten bis zu sechs Jahre warten (s. nur BVerfGE 43, 291 <303>). Als nicht sachgerecht und zumutbar erachtete es das Bundesverfassungsgericht
insoweit vor allem, dass "auf der Schnittstelle von 1,7 und 1,8 darüber entschieden werden soll, wer sofort studieren kann
oder aber bis zu sieben Jahren auf eine Zulassung zum Studium seiner Wahl warten muss" (BVerfGE 43, 291 <319>). Das Verwaltungsgericht
legt nicht dar, aus welchen tragenden Erwägungen des Urteils des Ersten Senats vom 8. Februar 1977 sich ergibt, dass auch
Studierwillige mit deutlich schlechteren Noten als 1,7 oder 1,8 bei überfüllten Studiengängen binnen einer bestimmten Frist
eine Chance auf Zuteilung eines Platzes haben müssen. Hiervon abgesehen führt das Gericht selbst aus, dass es aufgrund der
Ergänzung des Systems durch das Auswahlverfahren der Hochschulen eine starre Notengrenze nicht mehr gibt und damit auch Bewerber,
deren Noten nicht für eine Zulassung in der Abiturbestenquote ausreichen, noch eine Zulassungschance haben. Nach seinen Angaben
gab es im Wintersemester 2011/12 immerhin fünf Universitäten, bei denen auch Bewerber, die lediglich eine Durchschnittsnote
zwischen 2 und 3 aufwiesen, zugelassen wurden. Warum dies nicht reicht, um den verfassungsrechtlichen Erfordernissen gerecht
zu werden, wird mit dem Vorlagebeschluss nicht hinreichend deutlich gemacht.
(4) Im Übrigen genügt das vorlegende Gericht den Darlegungsanforderungen auch dann nicht, sofern man seinem Ansatz, es sei
verfassungswidrig, dass Bewerber mit einer Abiturnote von 2,5 oder schlechter auch im Auswahlverfahren der Hochschulen chancenlos
blieben, folgte. Es wird schon nicht plausibel erläutert, dass sich die Notengrenze von 2,4 aus den rechtlichen Vorgaben ergibt,
Bewerber mit einem schlechteren Notendurchschnitt also - ungeachtet ihres Abschneidens bei den weiteren Auswahlkriterien (wie
Test, Auswahlgespräch oder sonstigen Wettbewerben) - von vornherein chancenlos sind. Denkbar ist nämlich auch, dass Bewerber
mit einem schlechteren Abiturdurchschnitt als 2,4 im Auswahlverfahren der Hochschulen allein deswegen erfolglos geblieben
sind, weil sie auch im Rahmen der anderen Kriterien weniger günstige Ergebnisse erzielt haben als jene Konkurrenten, die eine
bessere Abiturdurchschnittsnote vorweisen konnten. Deswegen genügte es nicht, die Abiturnoten des jeweils schwächsten zugelassenen
Bewerbers mitzuteilen; das Gericht hätte vielmehr anhand der maßgeblichen rechtlichen Bestimmungen dartun müssen, dass bereits
aufgrund der gesetzlich festgelegten Gewichtung der Maßstäbe zueinander ab einer bestimmten Abiturnote eine Zulassung faktisch
ausschied.
Auch die hierfür notwendigen Ausführungen enthält der Vorlagebeschluss nicht. Das Verwaltungsgericht beschäftigt sich nur
pauschal mit den Normen, die die Auswahl und Gewichtung der einzelnen Maßstäbe determinieren. Es weist lediglich allgemein
auf die sowohl in Bundes- als auch Landesrecht (§ 32 Abs. 3 Satz 2 HRG, Art. 10 Abs. 1 Satz 2 Staatsvertrag 2008 i.V.m. den
jeweiligen Ratifizierungsgesetzen der Länder) enthaltene Regel hin, dass dem Grad der Qualifikation, also der Abiturnote,
bei der Auswahlentscheidung ein "maßgeblicher Einfluss" gegeben werden muss. Bereits die Frage, wann konkret ein solcher "maßgeblicher
Einfluss" in den verschiedenen denkbaren Konstellationen - also bei zwei, drei oder mehr Auswahlkriterien - vorliegt, und
ob die Universitäten diese rechtliche Vorgabe überhaupt ordnungsgemäß umgesetzt haben, wird nicht näher erörtert. Auch auf
die weiteren landesrechtlichen, teils sehr unterschiedlichen Bestimmungen, die Anzahl und Auswahl der anzuwendenden Auswahlmaßstäbe
behandeln, geht das Gericht nicht hinreichend ein.
(5) Schließlich lässt sich auf Basis des Vorlagebeschlusses selbst bei Heranziehung der einschlägigen Bestimmungen nicht beurteilen,
inwieweit die einzelnen Universitäten diese Normen zutreffend angewandt haben, ihre jeweiligen Auswahlverfahren also den rechtlichen
Erfordernissen entsprachen. Denn das Verwaltungsgericht benennt lediglich die von den einzelnen Universitäten bei der Bewerberauswahl
angewandten Maßstäbe, ohne (bis auf einen einzigen Fall) anzugeben, wie die Hochschulen diese Kriterien jeweils zueinander
gewichtet haben. Schon deswegen bieten die in dem Beschluss aufgeführten Daten keine hinreichende Grundlage, die einen Schluss
auf die mögliche Verfassungswidrigkeit des Gesamtsystems zulässt.
bb) Das Gericht legt des Weiteren auch nicht anhand eigenständiger, von der bisherigen bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung
unabhängiger Maßstäbe dar, dass die Abiturnote, unter Berücksichtigung ihrer Bedeutung, die ihr für das derzeitige Auswahlsystem
zukommt, kein den grundrechtlichen Anforderungen genügendes Auswahlkriterium ist. Die vorlegende Kammer bildet bereits keine
verständlichen verfassungsrechtlichen Maßstäbe, sondern beschränkt sich auf die Wiedergabe der für beziehungsweise gegen die
Anwendung der Abiturnote sprechenden Gesichtspunkte. Es wird noch nicht einmal deutlich, ob das Verwaltungsgericht den "Studienerfolg"
im Rahmen der Grundrechtsprüfung als ausreichenden Gesetzeszweck ansieht, um den Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG zu rechtfertigen.
Auch sonstige Ausführungen, insbesondere zum Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit der Beschränkung, fehlen. Soweit, wohl
im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG, der Mangel von Landesquoten im Auswahlverfahren der Hochschulen gerügt wird, setzt das Gericht
sich weder mit dem - von ihm selbst als nachvollziehbar bezeichneten - Argument der Beklagten, eine Bildung von Länderquoten
in diesem Verfahren sei organisatorisch kaum leistbar, auseinander, noch erörtert es, ob eine solche Quotenbildung überhaupt
grundrechtlich geboten ist, wenn die Abiturnote in der Regel nur ein Auswahlkriterium unter mehreren ist. Angesichts der gewählten,
wenig aussagekräftigen Formulierungen ("aus Sicht des Gleichheitssatzes prekär", "erhebliches Problem") ergibt sich aus den
gerichtlichen Darlegungen zudem nicht mit der notwendigen Klarheit, dass das Gericht selbst von der Verfassungswidrigkeit
der vorgelegten Bestimmungen überzeugt ist. Hinzu kommt, dass die Kammer sogar annimmt, dass sich "eine überwiegende Orientierung
an der Durchschnittsnote als Auswahlkriterium bei der Studienzulassung rechtfertigen" lasse. Für die weitere Folgerung, es
bedürfe dennoch eine Korrektivs in Form einer Erhöhung der Wartezeitquote, nennt das Gericht keine konkreten Argumente mehr,
sondern verweist ausschließlich pauschal auf Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Weshalb die Abiturnote als Auswahlkriterium
verfassungsrechtlich bedenklich und die Wartezeitquote vorzugswürdig sein sollte, erschließt sich auf Grundlage dieser Begründung
gerade nicht.
(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassungsstreitigkeiten zuständigen Gerichtes des Landes, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. Dies gilt auch, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes durch Landesrecht oder um die Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit einem Bundesgesetze handelt.
(2) Ist in einem Rechtsstreite zweifelhaft, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (Artikel 25), so hat das Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.
(3) Will das Verfassungsgericht eines Landes bei der Auslegung des Grundgesetzes von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes oder des Verfassungsgerichtes eines anderen Landes abweichen, so hat das Verfassungsgericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.
(1) Sind die Voraussetzungen des Artikels 100 Abs. 1 des Grundgesetzes gegeben, so holen die Gerichte unmittelbar die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ein.
(2) Die Begründung muß angeben, inwiefern von der Gültigkeit der Rechtsvorschrift die Entscheidung des Gerichts abhängig ist und mit welcher übergeordneten Rechtsnorm sie unvereinbar ist. Die Akten sind beizufügen.
(3) Der Antrag des Gerichts ist unabhängig von der Rüge der Nichtigkeit der Rechtsvorschrift durch einen Prozeßbeteiligten.
(1) Bei einem offenen Verfahren fordert der öffentliche Auftraggeber eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmen öffentlich zur Abgabe von Angeboten auf. Jedes interessierte Unternehmen kann ein Angebot abgeben.
(2) Die Frist für den Eingang der Angebote (Angebotsfrist) beträgt mindestens 35 Tage, gerechnet ab dem Tag nach der Absendung der Auftragsbekanntmachung.
(3) Für den Fall, dass eine hinreichend begründete Dringlichkeit die Einhaltung der Frist gemäß Absatz 2 unmöglich macht, kann der öffentliche Auftraggeber eine Frist festlegen, die 15 Tage, gerechnet ab dem Tag nach der Absendung der Auftragsbekanntmachung, nicht unterschreiten darf.
(4) Der öffentliche Auftraggeber kann die Frist gemäß Absatz 2 um fünf Tage verkürzen, wenn er die elektronische Übermittlung der Angebote akzeptiert.
(5) Der öffentliche Auftraggeber darf von den Bietern nur Aufklärung über das Angebot oder deren Eignung verlangen. Verhandlungen, insbesondere über Änderungen der Angebote oder Preise, sind unzulässig.
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 8. Oktober 2013 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe:
1
Die zulässige Beschwerde, über die der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO im Rahmen der von der Antragstellerin dargelegten Gründe befindet, ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf vorläufige Zulassung der Antragstellerin zum Studium der Zahnmedizin zu Recht abgelehnt.
2
Es bedarf keiner Klärung im Beschwerdeverfahren, ob das derzeitige Vergabesystem im Studiengang Zahnmedizin zu Lasten langjährig Wartender verfassungswidrig ist. Auch die von der Antragstellerin aufgeworfene Frage, ob „Gelegenheitsbewerber“ mit Bewerbern gleichbehandelt werden dürfen, die – wie sie – „ihr gesamtes Leben seit dem Abitur auf das Berufsziel Zahnarzt ausgerichtet haben“, kann offen bleiben. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Senats angenommen, dass auch bei einer unzumutbar langen Wartezeit des Studienbewerbers kein unmittelbarer Anspruch auf Zulassung zum gewünschten Studium entsteht.
3
Vgl. nur OVG NRW, Beschluss vom 8. November 2011 - 13 B 1212/11 -, NWVBl. 20112, 153; eingehend zur Begründung auch der Vorlagebeschluss des VG Gelsenkirchen vom 19. März 2013 - 6z K 4171/12 -, juris, Rn. 556 ff.
4
An dieser Rechtsprechung hält der Senat nach erneuter Würdigung unter Berücksichtigung des Vorbringens im Beschwerdeverfahren fest. Die von der Antragstellerin aufgeworfene Frage, wie ansonsten effektiver Rechtsschutz im Sinne von Art. 19 Abs. 4 GG zu gewähren sei, ist im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht zu beantworten.
5
Das Verwaltungsgericht hat ferner zu Recht einen Anspruch auf Zulassung nach der Härtefallregelung des § 15 VergabeVO verneint. Eine außergewöhnliche Härte im Sinne dieser Vorschrift ist auch mit dem Beschwerdevorbringen nicht dargetan. § 15 Satz 2 VergabeVO verlangt besondere Umstände des Einzelfalls, die die sofortige Aufnahme des Studiums zwingend erfordern. Daran fehlt es bei einer überlangen Wartezeit. Zur weiteren Begründung nimmt der Senat auf die Begründung des angefochtenen Beschlusses sowie auf die überzeugenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen in seinem Vorlagebeschluss vom 19. März 2013 - 6z K 4171/12 -, juris, Rn. 515 ff. und 549 Bezug, die durch das Beschwerdevorbringen nicht durchgreifend in Frage gestellt werden. Rechtfertigt die überlange Wartezeit für sich genommen keine Härtefallzulassung, sind die im Beschwerdeverfahren aufgeworfenen Fragen der Auslastung der Härtefallquote bzw. der 20%-Grenze bei den Vorabquoten (Art. 9 Abs. 1 Satz 1 StaatsV) hier nicht zu entscheiden. Auch das Verwaltungsgericht hat selbstständig tragend darauf abgestellt, dass die Voraussetzungen für eine verfassungskonforme extensive Anwendung der Härtefallregelung auf alle langjährig Wartenden nicht gegeben seien und lediglich ergänzend (Seite 3: „im Übrigen“) und in Auseinandersetzung mit dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. September 2012 - 1 BvL 13/12 - die von der Antragstellerin angegriffenen Berechnungen zu den Vorabquoten vorgenommen.
6
Soweit die Antragstellerin auf ihre Ausbildung und ihre Arbeit als Zahntechnikerin sowie ihre zielgerichtete Lebensplanung verweist, begründen auch diese Umstände aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung keinen Härtefall. Sie erfordern nicht zwingend die sofortige Aufnahme des Studiums. Die Härtefallregelung dient der Wahrung der Chancengleichheit aller Bewerber, nicht der Bevorzugung zielstrebiger und besonders qualifizierter Kandidaten.
7
Ist nach den vorstehenden Ausführungen weder verfassungsunmittelbar noch über die Härtefallquote ein Anspruch auf Zulassung zum Studium der Zahnmedizin gegeben, führt das weitere Beschwerdevorbringen, die Zulassung aller Bewerber mit überlanger Wartezeit gefährde die Funktionsfähigkeit der Universitäten nicht, ebenfalls nicht zum Erfolg der Beschwerde.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
1
Der Antragsteller begehrt die vorläufige Zulassung zum Studium der Humanmedizin innerhalb der festgesetzten Kapazität.
2
Der Antragsteller ist im Besitz der allgemeinen Hochschulreife (Durchschnittsnote: 2,1). Er ist staatlich anerkannter Sport- und Gymnastiklehrer. Im Mai 2010 legte er den Test für medizinische Studiengänge (TMS) ab und erreichte dabei einen Testwert mit einem Notenäquivalent von 1,3. Vom 01.04.2010 bis 30.06.2010 leistete er ein Praktikum im Krankenpflegedienst ab. Zum Wintersemester 2010/2011 bewarb er sich über die Stiftung für Hochschulzulassung bei der Antragsgegnerin um eine Zulassung zum Studium der Humanmedizin im ersten Fachsemester.
3
Mit Bescheid vom 23.09.2010 teilte die Stiftung für Hochschulzulassung dem Antragsteller namens und im Auftrag der Antragsgegnerin mit, dass er im Auswahlverfahren der Hochschule keine Zulassung erhalten habe. In der Rangliste, die insoweit eine Kombination der Kriterien „Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung“ und „Ergebnis des TMS“ zugrunde legt, belegt der Antragsteller Rangplatz 287; der / die letzte zugelassene BewerberIn in dieser Quote lag auf dem Grenzrang 240. In der Rangliste, die neben der Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung auch einschlägige berufliche Qualifikationen u.a. mit einem Bonus auf die Auswahlnote berücksichtigt, belegt der Antragsteller Rangplatz 2145 bei einem Grenzrang von 395.
4
Der Antragsteller hat am 15.10.2010 gegen diesen Bescheid die Klage 6 K 2736/10 erhoben und zugleich um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, er habe einen direkten Anspruch auf Zulassung zum Studium innerhalb der festgesetzten Aufnahmekapazität. Das im Ablehnungsbescheid mitgeteilte Ergebnis des Auswahlverfahrens sei nicht plausibel, unangemessen und verfassungswidrig. Dem Satzungsrecht der Antragsgegnerin zufolge erfolge die Auswahl der Bewerber hälftig nach zwei getrennten Ranglisten. Dass der Antragsteller in der das TMS-Ergebnis berücksichtigenden Rangliste nicht zum Zuge gekommen sei, sei nicht plausibel. Er habe im TMS ein Notenäquivalent von 1,3 erzielt. Dieses Testergebnis fließe nach dem Satzungsrecht der Antragsgegnerin mit 49 % in die Rangplatzbildung ein; hinzu komme die gute Abiturdurchschnittsnote von 2,1, was eine Auswahlnote von 1,708 ergebe, die für eine Zulassung zumindest in einem Nachrückverfahren ausreichen müsse. Der dem Antragsteller in der Rangliste mit Bonifikationen für berufliche Qualifikationen u.a. zugewiesene Rangplatz 2145 sei viel zu schlecht. In jedem Falle müsse ihm ein Bonus von 0,3 Notenpunkten für die erfolgreiche Berufsausbildung zum staatlich anerkannten Sport- und Gymnastiklehrer zuerkannt werden, was seine Abiturdurchschnittsnote auf 1,8 verbessere. Ferner müsse ihm für sein abgeleistetes Krankenpflegepraktikum mindestens ein Bonus von 0,1 Notenpunkten gewährt werden. Keinesfalls dürfe ihm entgegengehalten werden, dass der maximale Bonus nur 0,3 Notenpunkte betragen dürfe. Die diesbezügliche Regelung in der Auswahlverfahrenssatzung der Antragsgegnerin widerspreche dem fachspezifischen Eignungsgedanken des Auswahlverfahrens der Hochschulen. Die Limitierung verwehre es medizinisch besonders qualifizierten Studienbewerbern, ihre überdurchschnittlichen Kenntnisse und Fähigkeiten vollumfänglich in die Waagschale zu werfen. Im Übrigen verstoße es gegen Verfassungsrecht, dass keine einheitliche Rangliste im Auswahlverfahren der Hochschule (AdH) gebildet werde, sondern die Studienplätze nach zwei unterschiedlichen Ranglisten vergeben würden. Berufsboni und das Ergebnis des TMS müssten kumulativ Berücksichtigung finden. Andernfalls sei nicht sichergestellt, dass eine dem Zweck des AdH-Verfahrens entsprechende faire und angemessene Auswahl anhand der nachgewiesenen Eignung und Befähigung zum Medizinstudium tatsächlich stattfinde. Ein Studienbewerber, der eine fachspezifische Berufsausbildung absolviert und zusätzlich ein hervorragendes TMS-Ergebnis erreicht habe, stelle seine besondere persönliche und fachliche Leistung unter Beweis, was berücksichtigt werden müsse. Bei Berücksichtigung sowohl eines Bonus von 0,3 Notenpunkten für die berufliche Vorqualifikation als auch des TMS-Ergebnisses errechne sich für den Antragsteller - je nach Berechnungsweise - eine Auswahlnote von 1,555 oder 1,408, die in das Auswahlverfahren, und zwar in einer einheitlichen Rangliste, hätte eingehen müssen. Die Bildung zweier gesonderter Ranglisten anstatt einer die Vergleichbarkeit nachvollziehbar und prüfbar machenden einheitlichen Rangliste sei jedenfalls eklatant auswahlungerecht und mit Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar. Alle Bewerber müssten unmittelbar miteinander konkurrieren können, alle auswahlbestimmenden Kriterien müssten kumulativ - und allenfalls mit unterschiedlichem Gewicht - berücksichtigt werden. Abgesehen davon leide der angefochtene Bescheid auch an einem erheblichen Begründungsmangel.
5
Nach Übermittlung einer Rangliste der im Auswahlverfahren erfolgreichen BewerberInnen durch die Stiftung für Hochschulzulassung im Excel-Format, aus der u.a. die diesen zugewiesenen Rangplätze, die Durchschnittsnote ihrer Hochschulzugangsberechtigung, ihr TMS-Ergebnis, Grund und Umfang sonstiger Bonifikationen sowie sonstige Hilfskriterien hervorgehen, trägt der Antragsteller weiter vor, die daraus hervorgehende Rangplatzzuweisung sei nicht plausibel und in sich widersprüchlich, weshalb das gesamte AdH-Verfahren der Antragsgegnerin offenkundig fehlerhaft und undurchsichtig durchgeführt worden sei. Mehrere Rangplätze seien doppelt belegt bzw. doppelt vergeben worden. Ferner sei unlogisch, dass BewerberInnen in der Quote mit Boni u.a. für bestimmte berufliche Qualifikationen, die jedoch eine Zulassung in der das TMS-Ergebnis berücksichtigenden Quote erhalten hätten, dem Rangplatz nach vor solchen BewerberInnen einsortiert seien, die eine Zulassung aufgrund ihrer Ausbildungsboni erhalten hätten; das sei mit dem zugrunde liegenden Satzungsrecht der Antragsgegnerin nicht zu vereinbaren, da dort die vorrangige Vergabe nach der Rangliste mit Qualifikationsboni geregelt und in dieser Quote kein Nachrückverfahren angeordnet sei. Es seien folglich gravierende Fehler im Auswahlverfahren passiert. Überdies fänden sich auf mehreren Rangplätzen der - nach dem Kriterium „Ranglistenplatz TMS“ sortierten - Liste zahlreiche BewerberInnen mit besseren Punktwerten gleichwohl auf schlechteren Rangplätzen. Letztlich seien die im angefochtenen Bescheid ausgewiesenen Rangplätze und Grenzränge auch nicht mit der vorgelegten Excel-Liste erklärlich. Nach alledem sei das gesamte AdH-Verfahren fehlerhaft durchgeführt worden, weshalb dem Antragsteller ein Anordnungsanspruch zustehe.
6
Der Antragsteller beantragt,
7
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragsteller zum Studium der Humanmedizin nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2010/11 im ersten Fachsemester innerhalb der festgesetzten Aufnahmekapazität zuzulassen.
8
Die Antragsgegnerin beantragt,
9
den Antrag abzulehnen.
10
Sie trägt zur Begründung im Wesentlichen vor, die Auswahlgrenze für Zulassungen in der das TMS-Ergebnis berücksichtigenden Rangliste habe im Wintersemester 2010/11 bei einer Note von 1,702 gelegen. Der Antragsteller habe mit einer Auswahlnote von 1,708 Rangplatz 287 belegt, was für eine Zulassung nicht ausgereicht habe. Für seine Berufsausbildung zum Sport- und Gymnastiklehrer habe er den Maximalbonus von 0,3 Notenpunkten erhalten; mit einer Auswahlnote von 1,8 sei er jedoch in der dazugehörigen Quote ohne Zulassungschance geblieben, dort seien Zulassungen nur bis zu einer Auswahlnote von 1,4 erfolgt. Ein Nachrückverfahren habe nicht durchgeführt werden müssen, nachdem bereits in der 2. Stufe des Hauptverfahrens zum 30.09.2010 alle Studienplätze besetzt gewesen seien. Die satzungsrechtlich geregelten Auswahlmaßstäbe seien rechtlich nicht zu beanstanden. Im Hinblick auf die vom Antragsteller zuletzt erhobenen Rügen betreffend die von der Stiftung für Hochschulzulassung übermittelte Liste der zugelassenen BewerberInnen verweist die Antragsgegnerin darauf, dass bei dieser Liste jeweils immer auch die den sog. Verfahrenszeitpunkt dokumentierende Spalte mitzulesen sei. Darin seien die beiden Stufen des Auswahlverfahrens nach § 10 Abs. 8 und 9 Vergabeverordnung Stiftung gekennzeichnet. Durch die zwei verschiedenen Zeitpunkte der Vergabe im Hauptverfahren ergebe sich zwangsläufig eine Neuvergabe der Rangplätze, wodurch sich auch die „doppelte“ Darstellung von Rangplätzen in der Liste und die übrigen vom Antragsteller insoweit gerügten Unstimmigkeiten erklären ließen. Unter Berücksichtigung des richtigen Verfahrenszeitpunkts erschließe sich aus der Excel-Liste auch ohne Weiteres der im angefochtenen Bescheid ausgewiesene Grenzrang.
11
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte verwiesen.
II.
12
Der Antrag ist zulässig, aber nicht begründet.
13
Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint (§ 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Der Antragsteller muss also die Gefährdung eines eigenen Individualinteresses (Anordnungsgrund) und das Bestehen eines Rechts oder rechtlich geschützten Interesses (Anordnungsanspruch) geltend und außerdem die dafür zur Begründung erforderlichen Tatsachen glaubhaft machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).
14
Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft machen können. Ob die von der Antragsgegnerin normierten Regelungen zur Durchführung des hochschuleigenen Auswahlverfahrens mit höherrangigem Recht vereinbar sind, bedarf dabei letztlich keiner Entscheidung. Die abgeschlossene Vergabe und die dadurch erfolgte vollständige Belegung aller innerkapazitär verfügbaren Studienplätze steht einer unmittelbaren Zulassung des Antragstellers im Eilverfahren entgegen, ohne dass allgemeine Rügen betreffend die grundsätzliche Rechtmäßigkeit des Auswahlverfahrens - gerichtet auf sog. Rechtsfehler absoluter Natur - daran etwas zu ändern vermöchten, selbst wenn sie berechtigt sein sollten (dazu 1.); dass ein/e MitbewerberIn dem Antragsteller gegenüber durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung im konkreten Einzelfall individuell zu Unrecht bevorzugt worden ist, hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht (dazu 2.).
15
1. a) Selbst wenn man mit dem Antragsteller davon ausgehen wollte, dass die Regelungen der Antragsgegnerin zur Durchführung des Auswahlverfahrens mit höherrangigem Recht nicht vereinbar sind, führt dies nach der Rechtsprechung der Kammer (vgl. Beschluss vom 20.02.2006 - NC 6 K 440/05 -), an der sie festhält, jedoch (noch) nicht zu einem unmittelbaren Zulassungsanspruch. Entgegen der Rechtsauffassung des VG München (Beschluss vom 19.12.2005 - M 3 E L 05.20578 -; ebenso VG Ansbach, Beschluss vom 09.02.2006 - AN 16 E 05.10662 -) kann auch das Gebot effektiven (einstweiligen) Rechtsschutzes für das hier streitige Wintersemester nicht dazu führen, die Antragsgegnerin im Eilverfahren zu einer vorläufigen Zulassung des Antragstellers trotz abgeschlossener Vergabe und erfolgter Belegung aller innerkapazitären Studienplätze in der hier streitigen Quote zu verpflichten (vgl. dazu auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21.12.2010 - 13 B 1482/10 -). Das Gebot effektiven Rechtsschutzes allein ist nicht geeignet, die gesetzlich bestimmten Schranken eines subjektiven Rechts zu überwinden (so auch VG Hannover, Beschluss vom 25.01.2006 - 6 C 6938/05 -; anders: VG München, Beschluss vom 19.12.2005 - M 3 E L 05.20578 -). Der im Hauptsacheverfahren angefochtene Ablehnungsbescheid und der geltend gemachte Zulassungsanspruch haben sich durch die anderweitige Vergabe der hier insoweit allein streitigen innerkapazitären Studienplätze erledigt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.06.1987 - 9 S 786/87 -, NVwZ 1987, 711; anders wohl VG Bremen, Beschluss vom 02.12.2005 - 6 V 1844/05 -). In Anbetracht dessen kann der Antragsteller allein noch einen Folgenbeseitigungsanspruch geltend machen, zu dessen Voraussetzungen auf der Rechtsfolgenseite jedoch anerkanntermaßen gehört, dass die Beseitigung der Folgen rechtswidrigen Behördenhandelns tatsächlich möglich, rechtlich zulässig und - was allerdings z.T. bestritten wird - der Behörde zumutbar ist.
16
Eine Folgenbeseitigung wäre hier - bezogen auf innerkapazitäre Studienplätze - weder (tatsächlich bzw. rechtlich) möglich noch zumutbar, soweit man mit dem Antragsteller unterstellt, das gesamte Vergabeverfahren sei rechtswidrig abgelaufen. Angesichts des Charakters der Studienplatzvergabe als Massenverfahren erscheint es allenfalls theoretisch, nicht aber praktisch denkbar, das (unterstellt) rechtswidrige - aber abgeschlossene - Vergabeverfahren rückgängig zu machen. Die Hochschule müsste dazu zunächst ihre Satzung (rückwirkend) ändern und Regelungen über ein rechtmäßiges Auswahlverfahren schaffen, von mehreren tausend BewerberInnen des Vergabeverfahrens Angaben zu den - nunmehr ggf. neu festgelegten - Auswahlkriterien anfordern, ein neues Auswahlverfahren durchführen und dabei eine neue Rangliste erstellen, sämtliche zugelassenen - aber im nunmehr durchgeführten Auswahlverfahren nicht (mehr) berücksichtigungsfähigen - BewerberInnen zu einer beabsichtigten Rücknahme der Zulassung anhören, eine solche Rücknahme in diesen Fällen ggf. in der Folge - nach entsprechender Ermessensausübung (!) - aussprechen und die nunmehr auszuwählenden BewerberInnen sodann zulassen. Dass ein solches Verfahren - insbesondere angesichts noch zu erwartender Rechtsbehelfe der bereits zugelassenen Studierenden - praktisch weder durchführbar noch der Antragsgegnerin zumutbar ist, liegt auf der Hand. Insoweit unterscheidet sich die Sachlage auch erheblich von der vom VG München zur Begründung in Bezug genommenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 15.08.2002 - 1 BvR 1790/00 -, NJW 2002, 3691 - ergangen zugunsten eines abgelehnten Marktbeschickers bei erfolgter Vergabe aller Standplätze) wie auch von der nachfolgend unter 2. noch gesondert zu erörternden Konstellation, dass ein Bewerber oder eine Bewerberin individuelle Gründe geltend macht, warum er bzw. sie bei Anwendung der von der Antragsgegnerin erlassenen - und als solche nicht beanstandeten - Aufnahmebestimmungen im Einzelfall hätte ausgewählt werden müssen. Soweit der Antragstellervertreter nämlich die Verfassungswidrigkeit des Auswahlverfahrens behauptet, rügt er, dass die Auswahl aller Studierenden des Studiengangs - soweit sie über das hochschuleigene Auswahlverfahren zugelassen worden sind - verfahrensfehlerhaft erfolgt ist (vgl. VG Hannover, Beschluss vom 25.01.2006 - 6 C 6938/05 -: „ Rechtsfehler absoluter Natur “), ohne dass konkret ein bestimmter Inhaber eines Studienplatzes benannt werden kann, der dem Antragsteller gegenüber zu Unrecht bevorzugt worden ist, da die Festlegung rechtmäßiger (und in vielfältiger Form vorstellbarer) Auswahlkriterien noch der Hochschule obliegt und vom Gericht nicht vorgenommen werden kann (vgl. dazu auch VG Sigmaringen, Beschluss vom 21.03.2006 - 6 K 323/05 -).
17
Die Kammer sähe hier auch keine Möglichkeit, dem Antragsteller - bei unterstellter Rechtswidrigkeit des Auswahlverfahrens - im Eilverfahren eine vorrangige Berücksichtigung im nächsten Auswahlverfahren zuzusprechen. Zum Einen hat er dies nicht beantragt, sondern lediglich die unmittelbare Zulassung zum Studium nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2010/2011. Zum Anderen ist für eine dementsprechende Verpflichtung der Antragsgegnerin keine Rechtsgrundlage ersichtlich, sodass auch etwa eine sofortige Zulassung des Antragstellers unter Anrechnung auf die Quote des folgenden Vergabetermins (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.05.1982 - 9 S 423/82 -, NVwZ 1983, 104) ausscheidet.
18
Auch eine - ggf. analoge - Anwendung der Bestimmung des § 19 Abs. 5 derVerordnung des Wissenschaftsministeriums über die zentrale Vergabe von Studienplätzen durch die Stiftung für Hochschulzulassung (vom 23.04.2006, GBl. S. 114, zuletzt geändert durch Verordnung vom 24.06.2010, GBl. S. 493, i.F.: VergabeVO Stiftung), die ansatzweise eine Folgenbeseitigungslast im Zulassungsrecht regelt, könnte dem Antragsteller keine weitergehende Rechtsposition zu vermitteln. Nach dieser in § 19 („Auswahl nach einem Dienst auf Grund früheren Zulassungsanspruchs “) enthaltenen Vorschrift ist jemand, der auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung, die sich auf ein bereits abgeschlossenes Vergabeverfahren bezieht, zuzulassen ist, wie ein vorweg nach einem Dienst auf Grund früheren Zulassungsanspruchs Auszuwählender zu behandeln. Ist die frühere Zulassung dabei im Auswahlverfahren einer Hochschule erfolgt, so lässt die Hochschule die Bewerberin oder den Bewerber in ihrem Auswahlverfahren vorab erneut zu (§ 19 Abs. 2 Satz 2 VergabeVO Stiftung). Die hier zu beurteilende Situation unterscheidet sich von den Fallgestaltungen, in denen der VGH Baden-Württemberg die entsprechenden Vorgängervorschriften in der ZVS-VergabeVO analog angewandt hat (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.09.1979 - IX 936/79 -, insoweit nicht abgedruckt in KMK-HSchR 1980, 199; Urteil vom 26.05.1982 - 9 S 423/82 -, NVwZ 1983, 104) wesentlich dadurch, dass der Antragsteller - anders als dies in den vom Verwaltungsgerichtshof zu entscheidenden Verfahren der Fall war - noch nicht über eine bereits erfolgte Zulassung verfügt. Eine solche - bzw. eine entsprechende Verpflichtung durch ein Gericht, die (wie dargelegt) hier nicht ausgesprochen werden kann - setzt § 19 Abs. 5 VergabeVO Stiftung aber gerade voraus. Insoweit unterscheiden sich die Folgen eines insgesamt rechtswidrigen Auswahlverfahrens wiederum von der Sachlage bei einer individuell fehlerhaften Auswahlentscheidung in einem konkreten Einzelfall - etwa bei einem fehlerhaft durchgeführten Auswahlgespräch -, wo die Rechtsprechung dem Betroffenen eine Teilnahme am nächsten stattfindenden Auswahlgespräch ermöglicht (vgl. nur etwa VG Mainz, Beschluss vom 03.05.2005 - 7 L 115/05.MZ -; zur Aufhebung der damals nach § 31 ZVS-VergabeVO a.F. vorhandenen Sperrwirkung für ein weiteres Auswahlgespräch: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.06.1987 - 9 S 786/87 -). Es wäre der Sache nach jedenfalls ersichtlich verfehlt, wenn die Antragsgegnerin in analoger Anwendung von § 19 Abs. 5 VergabeVO Stiftung bei einem - unterstellten - absoluten Fehler ihrer Auswahlsatzung aufgrund der ihr obliegenden Folgenbeseitigungslast ggf. alle in rechtswidriger Weise abgelehnten BewerberInnen eines Wintersemesters im nächsten Vergabetermin vorab berücksichtigen müsste, was zahlreiche ggf. weitaus besser geeignete und motivierte StudienbewerberInnen vom Studium ihrer Wahl ausschließen würde.
19
b) Von alledem abgesehen geht die Kammer jedoch im Eilverfahren ohnehin davon aus, dass die normative Ausgestaltung des Auswahlverfahrens durch die Antragsgegnerin derzeit nicht zu beanstanden ist (zu - wenn auch nicht entscheidungserheblichen - Beanstandungen in der praktischen Anwendung der rechtlichen Vorgaben nachfolgend unter 2. a.E.).
20
Das hier von der Stiftung für Hochschulzulassung namens und im Auftrag der Antragsgegnerin durchgeführte Auswahlverfahren beruht im Wesentlichen auf §§ 7 und 8 derSatzung der Universität Ulm für die Zulassungen zu den Studiengängen Medizin und Zahnmedizin (Staatsexamen) nach dem hochschuleigenen Auswahlverfahren vom 27. November 2007 (veröffentlicht in den Amtlichen Bekanntmachungen der Universität Ulm Nr. 22 vom 04.12.2007, S. 320 ff.). Darin heißt es:
21
§ 7 (End-)Auswahl (zweite Stufe)
22
(1) Die (End-)Auswahl unter den nach § 5 vor ausgewählten Bewerbern erfolgt aufgrund zweier gemäß § 8 zu bildenden Ranglisten, auf die jeweils 50% der insgesamt im hochschuleigenen Auswahlverfahren zu vergebenden Studienplätze nach den in Abs. 2 und Abs. 3 genannten Kriterien verteilt werden.
23
(2) Eine Rangliste wird nach den Kriterien
24
a) Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung,
25
b) abgeschlossene Berufsausbildung in einem medizinischen / zahnmedizinischen Ausbildungsberuf, eine medizinisch / zahnmedizinische Berufstätigkeit, besondere Vorbildungen, praktische Tätigkeiten oder außerschulische Leistungen und Qualifikationen, die über die Eignung für den Studiengang Medizin oder Zahnmedizin besonderen Aufschluss geben
26
festgelegt.
27
(3) Die andere Rangliste wird nach den Kriterien
28
a) Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung
29
b) Ergebnis des TMS
30
festgelegt.
31
Dabei wird die Rangliste nach Abs. 2 vor der Rangliste nach Abs. 3 berücksichtigt. In der Rangliste nach Abs. 2 findet kein Nachrückverfahren statt.
32
(4) (...)
33
§ 8 Erstellen der Ranglisten für die Auswahlentscheidung
34
(1) Die Auswahl erfolgt je Studiengang nach einer Auswahlnote, die wie folgt bestimmt wird: Für jede Rangliste wird anhand der für sie nach § 7 festgelegten Maßstäbe eine Auswahlnote der Bewerber und eine Rangfolge erstellt. In der Rangliste mit den Kriterien nach § 7 Abs. 2 verbessert sich die Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung (HZB) um 0,3 sofern eine abgeschlossene Ausbildung in einem medizinischen/zahnmedizinischen Ausbildungsberuf, um 0,2 sofern eine medizinisch/zahnmedizinische Berufstätigkeit von mindestens 2 Jahren und um 0,1 sofern eine oder mehrere der unter § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 aufgeführten Qualifikationen nachgewiesen werden. Praktische Tätigkeiten werden nur bei einer Dauer von mindestens 6 Monaten anerkannt. Die Zahl der insgesamt anzurechnenden Bonuswerte ist auf einen Notenwert von maximal 0,3 beschränkt.
35
(2) In der Rangliste mit den Kriterien nach § 7 Abs. 3 bestimmt sich die Auswahlnote nach 51 % der Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung und 49 % nach dem Testergebnis. Das Berechnungsergebnis wird nicht gerundet.
36
(3) Bei Ranggleichheit bestimmt sich die Rangfolge nach der Durchschnittsnote der
37
Hochschulzugangsberechtigung; besteht danach noch Ranggleichheit gilt § 18 Abs. 2 Vergabeverordnung ZVS entsprechend.
38
Diese Satzung stützt sich ihrerseits auf § 10 Abs. 7 VergabeVO Stiftung, wonach die Hochschulen die Einzelheiten des Auswahlverfahrens, insbesondere die Auswahlmaßstäbe, durch Satzung regeln. § 10 Abs. 4 VergabeVO Stiftung gibt dazu vor:
39
(4) Die Auswahlentscheidung der Hochschule ist nach dem Grad der Eignung und Motivation der Bewerberin und des Bewerbers für den gewählten Studiengang und den angestrebten Beruf zu treffen. Die Hochschule legt ihrer Auswahlentscheidung mindestens zwei der folgenden Auswahlmaßstäbe zugrunde:
40
1. Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung,
41
2. Einzelnoten der Hochschulzugangsberechtigung in den Kernkompetenzfächern (Deutsch, Mathematik, fortgeführte Fremdsprache),
42
3. Einzelnoten der Hochschulzugangsberechtigung in den Profil- und Neigungsfächern sowie in anderen Fächern, die in der gymnasialen Oberstufe auf entsprechendem Niveau unterrichtet werden und die über die Eignung für den Studiengang, für den die Zulassung beantragt wird, besonderen Aufschluss geben,
43
4. Einzelnoten der Hochschulzugangsberechtigung in Fächern oder in der Besonderen Lernleistung, die über die Eignung für den Studiengang, für den die Zulassung beantragt wird, besonderen Aufschluss geben,
44
5. Art einer Berufsausbildung und Berufstätigkeit, besondere Vorbildungen, praktische Tätigkeiten sowie außerschulische Leistungen und Qualifikationen, die über die Eignung für den Studiengang, für den die Zulassung beantragt wird, besonderen Aufschluss geben,
45
6. Ergebnis eines fachspezifischen Studierfähigkeitstests,
46
7. Ergebnis eines Auswahlgesprächs, in dem Motivation und Eignung für das gewählte Studium und den angestrebten Beruf festgestellt werden.
47
Dem Auswahlmaßstab gemäß Satz 2 Nr. 1 muss ein maßgeblicher Einfluss gegeben werden. Die Auswahlmaßstäbe gemäß Satz 2 Nr. 1 bis 4 dürfen nicht ausschließlich untereinander kombiniert werden. Die Hochschule kann Studierfähigkeitstests nach Satz 2 Nr. 5 und Auswahlgespräche nach Satz 2 Nr. 7 auch nur für einen von ihr zu bestimmenden Teil, jedoch mindestens für ein Drittel der nach § 6 Abs. 4 verfügbar gebliebenen Studienplätze durchführen. Bildet die Hochschule Quoten nach Satz 5, legt sie die Reihenfolge, nach der die Ranglisten berücksichtigt werden, durch Satzung fest. (...) Für die Entscheidung in Fällen von Ranggleichheit der Bewerberinnen und Bewerber kann die Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung oder die Wartezeit (§ 14) oder eine Verbindung dieser Auswahlmaßstäbe vorgesehen werden. Besteht danach noch Ranggleichheit, gilt § 18 Abs. 2 entsprechend.
48
Die zitierten satzungs- und verordnungsrechtlichen Regelungen finden ihre gesetzliche Rechtsgrundlage wiederum in § 2 a HZG (i.d.F. vom 15.09.2005, GBl. S. 629, zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 15.06.2010, GBl. S. 422; vgl. dazu auch § 32 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 HRG):
49
§ 2 a Auswahlverfahren bei den in das zentrale Vergabeverfahren einbezogenen Studiengängen
50
(1) Für die Auswahlentscheidung der Hochschule innerhalb der Quote nach Artikel 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des Staatsvertrages findet § 6 Abs. 2 Satz 1 und 2 entsprechende Anwendung mit der Maßgabe, dass der Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung ein maßgeblicher Einfluss gegeben werden muss. (...). Studierfähigkeitstests und Auswahlgespräche können auch nur für einen bestimmten Teil der nach Artikel 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des Staatsvertrages zu vergebenden Studienplätze durchgeführt werden. (...)
51
(2) Das Wissenschaftsministerium regelt die Grundsätze des Auswahlverfahrens nach Absatz 1, insbesondere die Auswahlmaßstäbe im Einzelnen, die Verbindung der Auswahlmaßstäbe, die Beteiligung am Auswahlverfahren sowie die Begrenzung der Durchführung von Studierfähigkeitstests und Auswahlgesprächen auf einen Teil der zu vergebenden Studienplätze, durch Rechtsverordnung; die Hochschulen regeln die Einzelheiten im Rahmen dieser Rechtsverordnung durch Satzung.
52
§ 6 Auswahlverfahren
53
(1) (...)
54
(2) Die Auswahlentscheidung der Hochschule (...) ist nach dem Grad der Eignung und Motivation des Bewerbers für den gewählten Studiengang und den angestrebten Beruf zu treffen. Die Hochschule legt ihrer Entscheidung mindestens zwei der folgenden Auswahlmaßstäbe zugrunde:
55
1. die Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung,
56
2. die Einzelnoten der Hochschulzugangsberechtigung, die über die Eignung für den gewählten Studiengang besonderen Aufschluss geben,
57
3. die Art einer Berufsausbildung und Berufstätigkeit, die besonderen Vorbildungen, praktischen Tätigkeiten sowie außerschulischen Leistungen und Qualifikationen, die über die Eignung für den gewählten Studiengang besonderen Aufschluss geben,
58
4. das Ergebnis eines fachspezifischen Studierfähigkeitstests,
59
5. das Ergebnis eines Auswahlgesprächs, in dem Motivation und Eignung für das gewählte Studium und den angestrebten Beruf festgestellt werden,
60
6. Motivationsschreiben,
61
7. schriftliche Abhandlung (Essay).
62
Der dem zugrunde liegende Staatsvertrag über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung vom 5. Juni 2008 (vgl. dazu dazugehörige Zustimmungsgesetz vom 10.11.2009, GBl. S. 663) regelt dazu:
63
Artikel 10 Hauptquoten
64
(1) Im Auswahlverfahren werden die nach Abzug der Studienplätze nach Artikel 9 verbleibenden Studienplätze nach folgenden Grundsätzen vergeben:
(...)
65
3. im Übrigen von den Hochschulen nach dem Ergebnis eines Auswahlverfahrens. Die jeweilige Hochschule vergibt die Studienplätze in diesem Verfahren nach Maßgabe des jeweiligen Landesrechts insbesondere
66
a) nach dem Grad der Qualifikation,
67
b) nach den gewichteten Einzelnoten der Qualifikation für das gewählte Studium, die über die fachspezifische Eignung Auskunft geben,
68
c) nach dem Ergebnis eines fachspezifischen Studierfähigkeitstests,
69
d) nach der Art einer Berufsausbildung oder Berufstätigkeit,
70
e) nach dem Ergebnis eines von der Hochschule durchzuführenden Gesprächs mit den Bewerberinnen und Bewerbern, das Aufschluss über die Motivation der Bewerberin oder des Bewerbers und über die Identifikation mit dem gewählten Studium und dem angestrebten Beruf geben sowie zur Vermeidung von Fehlvorstellungen über die Anforderungen des Studiums dienen soll,
71
f) auf Grund einer Verbindung von Maßstäben nach den Buchstaben a bis e.
72
Bei der Auswahlentscheidung muss dem Grad der Qualifikation ein maßgeblicher Einfluss gegeben werden. (...).
73
Die in den Beschlüssen der Kammer vom 20.02.2006 - NC 6 K 440/05 - und vom 21.03.2006 - 6 K 323/05 - noch geäußerte Kritik an der (damaligen) Ausgestaltung des Auswahlverfahrens der Antragsgegnerin kann für das nunmehr geltende Satzungsrecht nicht aufrecht erhalten werden. Die Antragsgegnerin berücksichtigt nunmehr im Rahmen der Auswahl nach § 7 Abs. 2 ihrer Satzung auch Berufstätigkeiten , sodass ihr nicht mehr vorgehalten werden kann, sie habe den diesbezüglichen Auswahlmaßstab in § 10 Abs. 4 Satz 2 Nr. 5 VergabeVO Stiftung nur unvollständig übernommen. Ebenso hat die Antragsgegnerin den von der Kammer geäußerten Bedenken Rechnung getragen, indem sie in ihrer aktuellen Satzung die Berücksichtigung von medizinischen und zahnmedizinischen Ausbildungsberufen und Berufstätigkeiten auch wechselseitig für beide Studiengänge (Human- und Zahnmedizin) zugelassen hat. Letztlich hat die Antragsgegnerin durch die Berücksichtigung des Ergebnisses eines Studierfähigkeitstests und durch die Berücksichtigung praktischer Tätigkeiten und außerschulischer Leistungen neben beruflichen Qualifikationen und Tätigkeiten nunmehr - im Rahmen der insoweit bestehenden beachtlichen praktischen Schwierigkeiten (vgl. dazu VG Sigmaringen, Beschluss vom 20.02.2006 - NC 6 K 440/05 -) - Auswahlkriterien normiert, die zumindest in ihrer Gesamtheit auch Anknüpfungspunkte zur erforderlichen Erfassung der Motivation der BewerberInnen bieten.
74
Die vom Antragstellervertreter gerügte Bildung von zwei getrennten Ranglisten nach unterschiedlichen Kriterien (§ 7 Abs. 2 und 3 der Auswahlsatzung der Antragsgegnerin) beruht damit auf einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. § 2 a Abs. 1 Satz 3 HZG sieht ausdrücklich vor, dass Studierfähigkeitstests - wie hier der TMS - nur für einen bestimmten Teil der im hochschuleigenen Auswahlverfahren zu vergebenden Studienplätze durchgeführt werden können; damit unterstellt das Gesetz, dass die Quote der Studienplätze im Auswahlverfahren ihrerseits aufgeteilt werden kann. Auch den Anforderungen des § 10 Abs. 4 Satz 5 und 6 VergabeVO Stiftung genügt die satzungsrechtliche Regelung der Antragsgegnerin. Darin ist die Vergabe von mehr als einem Drittel - nämlich der Hälfte - der im Auswahlverfahren verfügbaren Studienplätze unter Berücksichtigung eines Studierfähigkeitstests vorgesehen; ebenso ist die Reihenfolge, in der die Ranglisten berücksichtigt werden sollen, durch § 7 Abs. 3 Satz 2 der Auswahlverfahrenssatzung festgelegt. Dass und weshalb die Bildung zweier gesonderter Ranglisten mit Verfassungsrecht (Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 3 Abs. 1 GG) nicht vereinbar sein sollte, ist für die Kammer nicht ersichtlich. Es trifft zwar zu, dass die Bildung gesonderter Ranglisten dazu führt, dass Bonifikationsmöglichkeiten über das TMS-Ergebnis und berufliche und sonstige Qualifikationen oder Tätigkeiten nicht kumulativ berücksichtigt werden, da jede/r BewerberIn auf der betreffenden Rangliste jeweils nur mit BewerberInnen desselben Bonuskriteriums konkurriert. Weder das einfache Recht noch das Verfassungsrecht erfordert jedoch eine derartige kumulative Berücksichtigung weiterer Auswahlkriterien. Vielmehr sehen § 10 Abs. 4 Satz 3 VergabeVO Stiftung, § 2a Abs. 1 Satz 1 HZG, § 32 Abs. 3 Satz 2 HRG und Art. 10 Abs. 1 Satz 2 des Staatsvertrags einen maßgeblichen Einfluss der Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung vor (vgl. dazu auch LT-Ds. 13/3408, S. 7, wo davon die Rede ist, dass dem Grad der Qualifikation das „relativ stärkste Gewicht“ zukommen soll), der durch die (ggf. kumulative) Berücksichtigung zahlreicher weiterer Kriterien immer weiter vermindert wird. In der Rechtsprechung ist demgegenüber anerkannt worden, dass die Länder und die Hochschulen bundes- und verfassungsrechtlich noch nicht einmal verpflichtet sind, neben der Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung in der Quote des Auswahlverfahrens der Hochschulen überhaupt noch die Berücksichtigung weiterer Kriterien vorzusehen (vgl. nur BayerVGH, Beschluss vom 21.03.2006 - 7 CE 06.10178 -). Vor diesem Hintergrund vermag die Kammer eine Auswahlungerechtigkeit oder sonst ungerechtfertigte Ungleichbehandlungen nicht festzustellen. Im Gegenteil erscheint es der Kammer durchaus sachgerecht und jedenfalls vom der Antragsgegnerin insoweit zuzubilligenden Gestaltungsspielraum gedeckt zu sein, mehrere Bonuskriterien in Ansatz zu bringen, durch deren lediglich alternative Berücksichtigung (in zwei getrennten Ranglisten) aber sicherzustellen, dass ihnen in der Summe kein zu großes Gewicht zukommt. In gleicher Weise erachtet die Kammer auch die in § 8 Abs. 1 Satz 4 der Auswahlverfahrenssatzung festgelegte Limitierung des Bonus für Qualifikationen und Leistungen nach § 7 Abs. 2 b) der Satzung für gerechtfertigt. Dass demgegenüber das Ergebnis des TMS mit 49 % in die Bildung der Auswahlnote der dazugehörigen Quote einfließt, ohne dass dort eine entsprechende Begrenzung im Hinblick auf den Umfang der Notenverbesserung vorgenommen wird, verletzt den Gleichbehandlungsgrundsatz unter Berücksichtigung des der Antragsgegnerin insoweit zuzugestehenden Gestaltungsspielraums und ihrer diesbezüglichen Pauschalierungsbefugnis voraussichtlich nicht. Vielmehr ist zu berücksichtigen, dass der TMS auf die Ermittlung der konkreten Studierfähigkeit gerichtet ist und damit wie die Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung einen engen Bezug zur Eignung und Qualifikation der BewerberInnen aufweist, was die u.U. gewichtige und nicht begrenzte Relativierung der ebenfalls eignungsbezogenen Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung zu rechtfertigen vermag. Anders als eine bereits vorliegende berufliche Qualifikation o.ä. ist der TMS konkret auf die Eignungsfeststellung für das Medizinstudium zugeschnitten und damit als spezielles Korrektiv gerade für die Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung konzipiert. Es erscheint der Kammer daher nachvollziehbar, diesem spezielleren Instrument zur Eignungsfeststellung in der dafür vorgesehenen Quote ein nahezu gleichwertiges (Binnen-)Gewicht wie der Durchschnittsnote beizumessen und deren - einfachrechtlich geforderte - maßgebliche Bedeutung in erster Linie durch eine Begrenzung der nach dem TMS-Kriterium zu vergebenden Zahl von Studienplätzen sowie die Gewichtung von TMS und Abiturnote im Verhältnis 49/51 (§ 8 Abs. 2 der Auswahlverfahrenssatzung) sicherzustellen.
75
Im Übrigen weist die Kammer darauf hin, dass die vom Antragstellervertreter geforderte Bildung einer einheitlichen Rangliste zur Herstellung einer direkten Vergleichbarkeit aller BewerberInnen auch für die übrigen Quoten des zentralen Vergabeverfahrens nicht vorgesehen ist. § 6 VergabeVO Stiftung sieht - nach Abzug der Vorabquoten - neben dem hochschuleigenen Auswahlverfahren (60 %) die Vergabe von je 20 % der zu vergebenden Studienplätze nach Wartezeit und den Landesquoten der Abiturbestenquote vor, ohne dass etwa eine einheitliche Konkurrenz zwischen den jeweiligen BewerberInnen intendiert wäre, etwa durch Vergabe eines Bonus für gewisse Wartezeiten. Strukturell nichts anderes sieht die Auswahlsatzung der Antragsgegnerin mit ihrer Aufteilung der Quote des hochschuleigenen Auswahlverfahrens auf zwei gesonderte Listen nach unterschiedlichen Kriterien vor. Auch darin und in der grundsätzlichen Akzeptanz des Systems des zentralen Vergabeverfahrens zeigt sich, dass eine einheitliche Rangliste aller BewerberInnen mit allenfalls unterschiedlich gewichteten Kriterien kein zwingendes Postulat der Auswahlgerechtigkeit sein kann.
76
Von alledem abgesehen würde die vom Antragstellervertreter geforderte kumulative Berücksichtigung von TMS-Ergebnis und beruflichen Qualifikationen eine komplette Neuvergabe der Rangplätze und die Bildung einer neuen - einheitlichen - Auswahlliste erfordern. Dabei ist weder dargelegt noch ohne Weiteres ersichtlich, dass der Antragsteller für diesen Fall eine Zulassung erhalten hätte, da auch bei allen anderen BewerberInnen sämtliche bonusrelevanten Qualifikationen kumulativ berücksichtigt werden müssten. Darin zeigt sich abermals, dass der Antragstellervertreter auch insoweit konzeptionell einen dem gesamten Auswahlverfahren vorgeblich anhaftenden „Rechtsfehler absoluter Natur“ rügt, der nach Abschluss des Vergabeverfahrens - wie unter 1. a) dargelegt - nicht zu einer individuellen Zulassung eines vermeintlich zu Unrecht übergangenen Bewerbers führen kann.
77
2. Es sind auch keine individuellen Fehler bei der Rangplatzvergabe für den Antragsteller wie auch seine MitbewerberInnen dargetan und glaubhaft gemacht, die zu einer Zulassung des Antragstellers führen könnten. Anders als bei den unter 1. abgehandelten Rügen gegen die generelle Rechtmäßigkeit der Durchführung des Auswahlverfahrens, vermag die Darlegung konkreter Fehler im Einzelfall durchaus zu einem Zulassungsanspruch zu führen, da dadurch eingetretene Folgen ggf. durch die Aufhebung einer zu Unrecht erfolgten Zulassung eines einzelnen Konkurrenten bzw. einer Konkurrentin und die Zulassung des ggf. zu Unrecht übergangenen Antragstellers beseitigt werden können. Es ist dem Antragsteller jedoch nicht gelungen, eine/n konkrete/n, ihm gegenüber zu Unrecht bevorzugte/n BewerberIn zu benennen und darzulegen, weshalb er ohne den beanstandeten Rechtsfehler hätte zugelassen werden müssen (zu diesen Anforderungen vgl. OVG Saarland, Beschluss vom 29.11.2005 - 3 W 19/05 - sowie BayerVGH, Beschluss vom 21.03.2006 - 7 CE 06.10178 -; VG Gießen, Beschluss vom 12.02.2007 - 3 GM 3979/06.W6 -).
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Entgegen der anfänglichen Vermutung des Antragstellervertreters ist es durchaus plausibel und von der Antragsgegnerin im gerichtlichen Verfahren nachvollziehbar erläutert worden, dass der Antragsteller trotz seines Ausbildungsbonus in der dazugehörigen Quote des Auswahlverfahrens keine Zulassung erhalten hat. Der Antragsteller ist mit der auch von seinem Prozessbevollmächtigten errechneten Auswahlnote von 1,8 in die Bewerberkonkurrenz eingetreten; den satzungsrechtlich vorgesehenen Maximalbonus von 0,3 Notenpunkten hat er damit erreicht. Der dem Antragsteller in der Konkurrenz mit dieser Auswahlnote zugewiesene Rangplatz 2145 genügte für eine Zulassung (bei weitem) nicht, was im Übrigen in dieser Quote ebenso bei der vom Antragstellervertreter geforderten kumulativen Berücksichtigung des TMS-Ergebnisses gelten würde (auch damit würde sich die Auswahlnote auf allenfalls 1,408 verbessern); der / die letzte zugelassene BewerberIn auf dem Grenzrang 395 hatte eine Auswahlnote von 1,4 erreicht. Auf der getrennt geführten Rangliste nach § 7 Abs. 3 der Auswahlverfahrenssatzung ist der Antragsteller zutreffend mit einer Auswahlnote von 1,708 geführt, die für eine Zulassung in dieser Quote gleichfalls - wenn auch knapp - nicht ausreichend war. Ein Nachrückverfahren musste nicht stattfinden, nachdem alle festgesetzten Studienplätze bereits nach Durchführung der zweiten Stufe des Hauptverfahrens im Auswahlverfahren der Hochschulen am 30.09.2010, und damit noch vor Eingang des hier zu beurteilenden Eilantrags, vergeben waren.
79
Die gerichtliche Überprüfung des Ablaufs des zentralen Vergabeverfahrens im hier streitigen hochschuleigenen Auswahlverfahren hat im Eilverfahren keine Fehler ergeben, die zu einer Verdrängung eines zugelassenen Bewerbers bzw. einer zugelassenen Bewerberin durch den Antragsteller führen könnten. Die Kammer sieht sich nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG in Eilverfahren des Hochschulzulassungsrechts in Übereinstimmung mit der diesbezüglichen Rechtsauffassung des Antragstellervertreters gehalten, bei Auslegung und Anwendung der gesetzlichen Regelungen - hier § 123 VwGO - der besonderen Bedeutung der betroffenen Grundrechte und den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes Rechnung zu tragen. Der in Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verankerte Anspruch des Bürgers auf eine tatsächlich und rechtlich wirksame Kontrolle verpflichtet die Gerichte, bei ihrer Entscheidungsfindung diejenigen Folgen zu erwägen, die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes für den Bürger verbunden sind. Je schwerer die sich daraus ergebenden Belastungen wiegen, je geringer die Wahrscheinlichkeit ist, dass sie im Falle des Obsiegens in der Hauptsache rückgängig gemacht werden können, umso weniger darf das Interesse an einer vorläufigen Regelung oder Sicherung der geltend gemachten Rechtsposition zurückgestellt werden. Besondere verfassungsrechtliche Bedeutung kommt dem Rechtsschutzbegehren hier vor dem Hintergrund der begrenzten Verfügbarkeit von Studienplätzen für das Studium der hier streitigen Fachrichtung und dem mit einer Zulassungsversagung verbundenem schwer wiegenden Eingriff in die Freiheit der Berufswahl gemäß Art. 12 Abs. 1 GG zu. Gerade in Fällen, in denen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes zu einer erheblichen Ausbildungsverzögerung führt, sind besondere Erfordernisse an die Effektivität des Rechtsschutzes zu stellen. Daraus folgt, dass die Gerichte gemäß Art. 19 Abs. 4 GG gehalten sind, die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes jedenfalls dann auf eine eingehende Prüfung der Sach- und Rechtslage zu stützen, wenn diese Versagung zu schweren und unzumutbaren Nachteilen führt. Vor diesem Hintergrund darf sich das Verwaltungsgericht einer Prüfung der Sachlage nicht allein unter Berufung darauf entziehen, dass in Eilverfahren im Regelfall nur summarisch geprüft wird. Effektiver Rechtsschutz in Hochschulzulassungsverfahren gebietet, dass dem Studienbewerber eine reelle Chance auf eine möglichst zeitnahe Zuteilung eines Studienplatzes eröffnet wird. Da eine Entscheidung in der Hauptsache für den Studienbewerber aufgrund der Dauer eines Verfahrens über drei Instanzen im Regelfall schwere Nachteile mit sich bringt, bedeutet dies, dass dem Bewerber diese Chance schon im Eilverfahren eröffnet sein muss (zu alledem: BVerfG, Beschluss vom 31.03.2004 - 1 BvR 356/04 -, NVwZ 2004, 1112 m.w.N.).
80
Vor diesem Hintergrund hat die Kammer die von der Antragsgegnerin vorgelegten Excel-Listen der Stiftung für Hochschulzulassung, in denen die zugelassenen BewerberInnen und die ihnen jeweils gewährten Boni verzeichnet sind, einer Kontrolle unterzogen; die Kammer hat keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die darin enthaltenen Informationen nicht mit den Bewerbungsunterlagen der jeweiligen StudienbewerberInnen übereinstimmen könnten und sieht daher von einer ggf. umfänglichen Beiziehung der dazugehörigen Bewerbungsunterlagen im Eilverfahren ab.
81
Soweit der Antragstellervertreter Unregelmäßigkeiten bei der Ranglistenbildung nach dem Kriterium „Ausbildung“ (§ 7 Abs. 2 der Auswahlverfahrenssatzung) rügt, bleibt dies bereits deshalb ohne Erfolg, weil er mit seiner Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung von 2,1 (verbessert auf eine Auswahlnote von 1,8) auf dieser Rangliste mit Platz 2145 bei einem Grenzrang von 395 selbst dann ohne Zulassungschance ist, wenn die vor ihm platzierten BewerberInnen in ihrem Verhältnis zueinander im Einzelnen unzutreffend gelistet worden sein sollten. Es ist insoweit jedenfalls ausgeschlossen, dass der Antragsteller bei einer Kombination der Kriterien nach § 7 Abs. 2 a) und b) der Satzung nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2010/11 zum Zuge kommen könnte.
82
Unabhängig davon ist die insoweit in erster Linie gerügte „doppelte“ Vergabe von Rangplätzen auf der Liste - diesen Einwand erhebt der Antragstellervertreter auch im Hinblick auf die Liste nach § 7 Abs. 3 der Satzung - jedoch von der Antragsgegnerin ohnehin plausibel erläutert worden. Es trifft nämlich nicht zu, dass Rangplätze doppelt vergeben worden sind. Der Antragstellervertreter übersieht hierbei, dass das Auswahlverfahren der Hochschulen nach § 10 Abs. 8 VergabeVO Stiftung in zwei Stufen zeitlich nacheinander durchgeführt wird. Die von ihm in Bezug genommenen Rangplätze 159 und 177 auf der Rangliste „TMS“ wurden jeweils einmal in der ersten Stufe des Hauptverfahrens („Verfahrenszeitpunkt 2“) und einmal - nach Neuvergabe der Ranglistenplätze - in der zweiten Stufe des Hauptverfahrens („Verfahrenszeitpunkt 3“), keineswegs aber doppelt vergeben. Gleiches gilt für die Ranglistenplätze 134, 160, 340, 358, 394, 395 und 1065 auf der nach dem Kriterium „Ausbildung“ erstellten Rangliste.
83
Auch soweit der Antragstellervertreter gravierende Fehler im Rahmen der Durchführung des Auswahlverfahrens darin sieht, dass bei einer Sortierung der vorgelegten Excel-Tabelle nach dem Kriterium „Ranglistenplatz Ausbildung“ (§ 7 Abs. 2 der Auswahlverfahrenssatzung) auf den Plätzen 417, 418, 420, 446, 454, 459, 460, 494, 510, 530, 549, 586, 646 und 652 BewerberInnen verzeichnet seien, die eine Zulassung über die Rangliste „TMS“ (§ 7 Abs. 3 der Auswahlverfahrenssatzung) erhalten hätten, wohingegen „dazwischen“ (auf den Rangplätzen 421, 463, 475, 478, 492, 507, 527, 532, 589, 624, 630 und 653) jeweils BewerberInnen zu finden seien, die über die Rangliste „Ausbildung“ zugelassen worden seien, fehlt seinen Beanstandungen die Grundlage im Tatsächlichen. Es trifft zwar zu, dass die Rangliste nach § 7 Abs. 2 der Auswahlverfahrenssatzung der Antragsgegnerinvor der Rangliste nach § 7 Abs. 3 zu berücksichtigen ist und dass in der Rangliste nach § 7 Abs. 2 ein Nachrückverfahren nicht stattfindet (§ 7 Abs. 3 Satz 2 und 3 der Auswahlverfahrenssatzung), sodass nach dem Kriterium „TMS“ zugelassene BewerberInnen eigentlich nicht vor BewerberInnen gelistet werden dürfen, die nach dem Kriterium „Ausbildung“ zugelassen werden; die vom Antragstellervertreter in Bezug genommenen BewerberInnen auf den Rangplätzen 421, 463, 475, 478, 492, 507, 527, 532, 589, 624, 630 und 653 der Rangliste „Ausbildung“ haben jedoch - wie aus der Spalte „Verfahrenszeitpunkt“ ersichtlich - sämtlich ihre Zulassung bereits in der ersten Stufe des Hauptverfahrens erhalten und sind daher zeitlich vor den BewerberInnen auf den Rangplätzen 417, 418, 420, 446, 454, 459, 460, 494, 510, 530, 549, 586, 646 und 652 zugelassen worden, die über die Rangliste „TMS“, aber eben erst in der zweiten Stufe des Hauptverfahrens, ausgewählt worden sind.
84
Auch soweit der Antragstellervertreter rügt, es sei nicht nachvollziehbar, dass die BewerberInnen auf den Rangplätzen 10, 32, 37, 156, 159, 177, 184, 216, 248, 259, 264, 268, 298, 331, 362, 381, 387, 389, 398, 402, 403, 426, 428, 433, 476 und 484 der nach dem Kriterium „Ranglistenplatz TMS“ sortierten Excel-Liste eine bessere Auswahlnote in der Spalte „Kriterium TMS“ zugewiesen bekommen hätten als vor ihnen gelistete BewerberInnen, ist er auf die unterschiedlichen Vergabetermine im Hauptverfahren zu verweisen. Sämtliche von ihm insoweit aufgelisteten Zulassungen sind in der ersten Stufe des Hauptverfahrens erfolgt, sodass es sogar zwingend ist, dass in diesen Fällen eine bessere Auswahlnote zugeordnet ist als bei den „nummerisch“ vorstehenden, aber eben erst nach Neuvergabe der Rangplatznummern in der zweiten Stufe des Hauptverfahrens Zugelassenen.
85
Dass der Antragstellervertreter auch die im Ablehnungsbescheid ausgewiesenen Grenzränge (395 und 240) anhand der vorgelegten Excel-Liste nicht nachzuvollziehen vermag, erklärt sich gleichfalls mit der fehlenden Berücksichtigung der zwei Vergabestufen im Hauptverfahren. Sortiert man die Excel-Liste absteigend danach, nach welchem Kriterium die BewerberInnen ausgewählt wurden, so belegt zwar der / die letzte nach dem Kriterium „Ausbildung“ ausgewählte BewerberIn in der ersten Stufe den Ranglistenplatz 653; der / dem letzten Zugelassenen in der zweiten Stufe ist jedoch der auch im Ablehnungsbescheid verzeichnete (Grenz-)Rang 395 zugewiesen. Gleiches gilt bei dieser Sortierung für die Auswahl in der TMS-Quote; auch wenn der / die letzte Zugelassene in der ersten Stufe des Hauptverfahrens die Rangziffer 484 zugewiesen bekommen hat, belegt der / die letzte Zugelassene in der zweiten Stufe den im Ablehnungsbescheid aufgeführten (Grenz-)Rang 240.
86
Von alledem abgesehen ist auch nicht ersichtlich oder vom Antragsteller dargelegt, dass er im Falle einer Berichtigung von - als gegeben unterstellten - Unregelmäßigkeiten der vorbezeichneten Art eine Zulassung erhalten hätte bzw. eine/n erfolgreiche/n KonkurrentIn hätte verdrängen können. Vielmehr richten sich diesbezüglichen Rügen wiederum eher auf eine Gesamtrechtswidrigkeit der Durchführung des Auswahlverfahrens, die jedoch - wie dargelegt - nach erfolgter Belegung nicht zu einem Zulassungsanspruch des ggf. übergangenen Antragstellers führen kann.
87
Sonstige Fehler bei der Rangplatzbildung in Anwendung der Auswahlverfahrenssatzung der Antragsgegnerin sind weder dargelegt noch sonst im Eilverfahren für die Kammer ersichtlich.
88
Die Kammer weist jedoch darauf hin, dass sie die Vergabe eines Bonus für besondere Leistungen im Rahmen des Wettbewerbs „Jugend musiziert“ nach § 7 Abs. 2 b) der Auswahlverfahrenssatzung für rechtswidrig hält. Diese Bestimmung sieht - in Übereinstimmung mit § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 VergabeVO Stiftung - vor, dass u.a. praktische Tätigkeiten oder außerschulische Leistungen und Qualifikationen, die über die Eignung für den Studiengang Medizin oder Zahnmedizin besonderen Aufschluss geben, i.V. mit § 8 Abs. 1 der Auswahlverfahrenssatzung zu einem Bonus von 0,1 Notenpunkten auf die Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung führen können. Die auf der Homepage der Antragsgegnerin bekannt gemachten „Bonuskriterien für Humanmedizin“ (vgl. § 3 Abs. 2 der Auswahlverfahrenssatzung) fassen darunter etwa „Außerschulische Leistungen in bildungsbezogenen Wettbewerben auf Landes-/Bundesebene (1.-3. Platz) “. Die Kammer verkennt nicht, dass die durch die erfolgreiche Teilnahme bei „Jugend musiziert“ unter Beweis gestellten musikalischen Fähigkeiten durchaus zur Förderung auch der allgemeinen Intelligenz geeignet sein mögen; es erschließt sich ihr jedoch nicht, dass und weshalb derartige Leistungen und Befähigungen „besonderen Aufschluss“ gerade über die Eignung für den Studiengang Medizin geben können sollen. Gleichwohl führt die voraussichtlich rechtswidrige Berücksichtigung der diesbezüglichen Boni nicht zu einem Zulassungsanspruch des Antragstellers. Auch bei Abzug der für die erfolgreiche Teilnahme bei „Jugend musiziert“ gewährten Boni bei den jeweiligen StudienbewerberInnen lägen die jeweils Zugelassenen noch immer weit vor dem auf der Liste nach § 7 Abs. 2 der Auswahlverfahrenssatzung aussichtslos platzierten Antragsteller, sodass es ihm nicht gelänge, eine/n andere/n - erfolgreiche/n - BewerberIn zu verdrängen.
89
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 3, 52 Abs. 2 GKG (zum vollen Auffangstreitwert auch im Eilverfahren vgl. die ständige Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg, zuletzt etwa Beschluss vom 06.05.2004 - NC 9 S 281/04 -; Beschluss vom 04.04.2005 - NC 9 S 3/05 -).
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassungsstreitigkeiten zuständigen Gerichtes des Landes, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. Dies gilt auch, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes durch Landesrecht oder um die Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit einem Bundesgesetze handelt.
(2) Ist in einem Rechtsstreite zweifelhaft, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (Artikel 25), so hat das Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.
(3) Will das Verfassungsgericht eines Landes bei der Auslegung des Grundgesetzes von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes oder des Verfassungsgerichtes eines anderen Landes abweichen, so hat das Verfassungsgericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.
(1) Sind die Voraussetzungen des Artikels 100 Abs. 1 des Grundgesetzes gegeben, so holen die Gerichte unmittelbar die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ein.
(2) Die Begründung muß angeben, inwiefern von der Gültigkeit der Rechtsvorschrift die Entscheidung des Gerichts abhängig ist und mit welcher übergeordneten Rechtsnorm sie unvereinbar ist. Die Akten sind beizufügen.
(3) Der Antrag des Gerichts ist unabhängig von der Rüge der Nichtigkeit der Rechtsvorschrift durch einen Prozeßbeteiligten.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassungsstreitigkeiten zuständigen Gerichtes des Landes, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. Dies gilt auch, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes durch Landesrecht oder um die Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit einem Bundesgesetze handelt.
(2) Ist in einem Rechtsstreite zweifelhaft, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (Artikel 25), so hat das Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.
(3) Will das Verfassungsgericht eines Landes bei der Auslegung des Grundgesetzes von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes oder des Verfassungsgerichtes eines anderen Landes abweichen, so hat das Verfassungsgericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.
(1) Das Gericht kann, solange das Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen oder in höherer Instanz anhängig ist, von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren rechtliche Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen.
(2) Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, so sind sie beizuladen (notwendige Beiladung).
(3) Kommt nach Absatz 2 die Beiladung von mehr als fünfzig Personen in Betracht, kann das Gericht durch Beschluß anordnen, daß nur solche Personen beigeladen werden, die dies innerhalb einer bestimmten Frist beantragen. Der Beschluß ist unanfechtbar. Er ist im Bundesanzeiger bekanntzumachen. Er muß außerdem in Tageszeitungen veröffentlicht werden, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich die Entscheidung voraussichtlich auswirken wird. Die Bekanntmachung kann zusätzlich in einem von dem Gericht für Bekanntmachungen bestimmten Informations- und Kommunikationssystem erfolgen. Die Frist muß mindestens drei Monate seit Veröffentlichung im Bundesanzeiger betragen. In der Veröffentlichung in Tageszeitungen ist mitzuteilen, an welchem Tage die Frist abläuft. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Versäumung der Frist gilt § 60 entsprechend. Das Gericht soll Personen, die von der Entscheidung erkennbar in besonderem Maße betroffen werden, auch ohne Antrag beiladen.
(4) Der Beiladungsbeschluß ist allen Beteiligten zuzustellen. Dabei sollen der Stand der Sache und der Grund der Beiladung angegeben werden. Die Beiladung ist unanfechtbar.
Gegenstand der Vorlage ist die Verfassungsmäßigkeit der §§ 31, 32 des Hochschulrahmengesetzes in der Fassung vom 28. August
2004 (HRG - BGBl I S. 2298) sowie der landesrechtlichen Vorschriften, durch die der Staatsvertrag über die Errichtung einer
gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung vom 5. Juni 2008 (im Folgenden: Staatsvertrag 2008) ratifiziert und umgesetzt
wurde.
1. Die 1987 geborene Klägerin des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Klägerin) erwarb 2006 in Nordrhein-Westfalen ihr Abitur
mit einer Durchschnittsnote von 3,2. Danach absolvierte sie eine Ausbildung zur Medizinisch-technischen Laborassistentin.
Anschließend nahm sie eine entsprechende Berufstätigkeit auf. Zum Wintersemester 2011/12 bewarb sie sich zum wiederholten
Male bei der Beklagten des Ausgangsverfahrens, der Stiftung für Hochschulzulassung (im Folgenden: Beklagte), um die Zulassung
zum Studium der Humanmedizin im ersten Fachsemester. Sie beantragte sowohl die Beteiligung an der Auswahl in der Wartezeitquote
als auch im Auswahlverfahren der Hochschulen. Sonderanträge stellte sie nicht.
Mit Bescheid vom 12. August 2011 lehnte die Beklagte die Zulassung innerhalb der Wartezeitquote mit der Begründung ab, die
maßgebliche Auswahlgrenze von 12 Wartesemestern sei verfehlt worden. Auch im Auswahlverfahren der Hochschulen blieb die Klägerin
erfolglos. Sie erhob daraufhin Klage, mit der sie beantragte, die Beklagte unter Aufhebung des ablehnenden Bescheides zu verpflichten,
sie nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2011/12 zum Studium der Medizin entsprechend ihrem Antrag zuzulassen.
2. Das Verwaltungsgericht hat das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG die Frage
zur Entscheidung vorgelegt, ob die §§ 31, 32 HRG sowie die landesrechtlichen Vorschriften zur Ratifizierung und Umsetzung
des Staatsvertrages 2008 mit dem Grundgesetz vereinbar sind, soweit sie für den Studiengang Humanmedizin ein Vergabeverfahren
vorsehen, bei dem - nach Abzug einiger Vorabquoten - 20 % der Studienplätze allein nach dem Grad der Qualifikation, 60 % der
Studienplätze maßgeblich nach dem Grad der Qualifikation und 20 % der Studienplätze nach Wartezeit vergeben werden und bei
dem die für eine Zulassung in der Wartezeitquote erforderliche Anzahl an Wartesemestern regelmäßig die Dauer eines normalen
Studiums übersteigt.
Das vorlegende Gericht ist der Auffassung, die Regelungen verstießen gegen Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1
GG und dem Sozialstaatsprinzip.
a) Die Kammer sei der Überzeugung, dass das Zusammenspiel der beiden Hauptquoten "Abiturbestenquote" und "Auswahlverfahren
der Hochschulen" den Anforderungen an ein hinreichend chancenoffenes Gesamtsystem nicht (mehr) genüge und dass es eines Ausgleichs
bedürfe. Zwar komme die Einführung des "Auswahlverfahrens der Hochschulen" wegen der Vielfalt der Auswahlkriterien der Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichts, namentlich der Forderung nach einer Mehrgleisigkeit des Auswahlsystems, grundsätzlich entgegen
und sei aus verfassungsrechtlicher Sicht positiv zu bewerten; denn je mehr verschiedene Auswahlkriterien angewandt würden,
desto größer werde die Bandbreite der Bewerber, die über das eine oder andere Kriterium eine Chance hätten. Dieser Vorteil
werde jedoch durch die Detailregelungen für die Bewerbung in dieser Quote erheblich entwertet. Denn könne sich der Bewerber
im "Auswahlverfahren der Hochschulen" von vornherein nur bei maximal sechs Hochschulen bewerben und sei zudem die Zahl der
denkbaren Wahlkombinationen wegen der massiven Beschränkung, denen die Bewerbung insbesondere über das Vorauswahlkriterium
"Ortspräferenz" unterliege, stark reduziert, so stelle sich die Vielfalt der Auswahlkriterien für den Bewerber als ein eher
theoretischer Vorteil dar, von dem er tatsächlich nur bedingt profitieren könne. Eine große Gruppe von Bewerbern bleibe trotz
der Zusatzkriterien allein wegen der hohen Anforderungen an die Durchschnittsnote auch in dieser Hauptquote ohne Zulassungschance.
Allerdings sei die Kammer der Auffassung, "dass sich mit der Validität der Abiturnote als Indikator für den Studienerfolg
durchaus die Heranziehung dieses Auswahlkriteriums als sachgerecht begründen" lasse. Es sei aus Sicht der Kammer daher nicht
von vornherein zu beanstanden, wenn der Abiturnote bei der Hochschulzulassung ein überwiegendes Gewicht zukomme, etwa indem
die ganz oder teilweise an dieses Kriterium anknüpfenden Quoten deutlich mehr als 50 % der zu vergebenden Studienplätze umfassten.
Zugunsten des geltenden, um das "Auswahlverfahren der Hochschulen" erweiterten Vergabesystems insgesamt lasse sich im Übrigen
auch anführen, dass es starre Grenzziehungen vermeide.
Dennoch bleibe die Durchschnittsnote ein problematisches Auswahlkriterium, das nach einem Korrektiv verlange. Es bestehe weitgehend
Einigkeit, dass Abiturnoten für die Einschätzung der Qualifikation eines Bewerbers nur bedingt zuverlässig und sie untereinander
nur eingeschränkt vergleichbar seien. Schon die Vergleichbarkeit zwischen den Ländern sei nicht gegeben, wie die Unterschiede
bei den mittleren Abiturnoten in den verschiedenen Bundesländern zeigten. Anders als bei der Abiturbestenquote gebe es im
"Auswahlverfahren der Hochschulen" keine Länderquoten. Dieser Unterschied lasse sich aus Sicht der Kammer schwerlich begründen
und stelle vor dem Hintergrund der Forderung nach einem objektiv sachgerechten Auswahlkriterium ein erhebliches Problem dar.
Zudem seien Abiturnoten auch innerhalb der Länder wegen der Divergenzen des Schulniveaus und der schulischen Notengebung sowie
wegen sonstiger Gegebenheiten nur eingeschränkt miteinander vergleichbar. Auch durch den Hinweis auf ein verändertes Verfassungsverständnis
oder einen gewandelten Zeitgeist lasse sich die verfassungskräftige, vor allem aus dem Gleichheitssatz resultierende Forderung
nicht relativieren, dass die vorhandenen Studienplätze nach sachgerechten Kriterien zu vergeben seien und die Zuspitzung auf
ein einziges, seinerseits nicht restlos zuverlässiges und gerechtes Auswahlkriterium vermieden werden müsse.
Nach Lage der Dinge könne im derzeitigen Auswahlsystem nur die Auswahlmöglichkeit in der Wartezeitquote die Funktion des erforderlichen
Korrektivs erfüllen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müssten sich die Anforderungen an die Wartezeit
auf ein noch zumutbares Maß beschränken. Nur in diesem Fall könne die Auswahlmöglichkeit in der Wartezeitquote die Zuspitzung
auf die Durchschnittsnote in den anderen Hauptquoten ausgleichen. Nach Auffassung der Kammer sei die Grenze der Zumutbarkeit
inzwischen überschritten, weil die erforderliche Wartezeit regelmäßig die Dauer eines normalen Studiums von sechs bis sieben
Jahren übersteige und in Zukunft noch weiter anwachsen werde. Das Abstellen auf die Dauer eines normalen Studiums als verfassungsrechtliche
Grenze sei zwar nicht zwingend begründbar, die Kammer halte diese Grenze aber für plausibel und sachgerecht. Auch die übrigen
vom Bundesverfassungsgericht hierzu angestellten Überlegungen, wie die Gefahr einer sozialen Selektion und ein späteres Einstiegsalter
für den Beruf, seien weiterhin tragfähig.
Die langen Wartezeiten seien auch keine vorübergehende Mangelerscheinung. Konkrete Bemühungen, gerade dem Problem des Studienplatzmangels
im Fach Medizin und den steigenden Wartezeiten zu begegnen, seien nur begrenzt vorhanden. Soweit neue Medizinstudienplätze
geschaffen würden, diene dies dazu, die zusätzliche Nachfrage aufgrund der doppelten Abiturjahrgänge zu befriedigen, ohne
dass erkennbar sei, dass dem seit Jahren bestehenden Engpass entgegengewirkt werden solle. Allerdings bestehe wohl kein grundrechtlicher
Anspruch auf Schaffung neuer Medizinstudienplätze.
Der Verfassungsverstoß könne schließlich nicht durch eine verfassungskonforme Auslegung vermieden werden. Einer solchen Auslegung
stehe der eindeutige Wortlaut der entsprechenden Vorschriften entgegen. Auch die in § 32 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HRG, Art. 9 Abs.
1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Staatsvertrag 2008 enthaltene Härtefallregelung erlaube keine verfassungskonforme Interpretation, Studienbewerbern
mit unzumutbar langen Wartezeiten einen Anspruch auf Zulassung zu verschaffen. Die Vorschriften setzten eine außergewöhnliche
Härte voraus und erforderten damit, dass ein Bewerber im Einzelfall aufgrund seiner Lebensumstände durch die überlange Wartezeit
in besonderer Weise betroffen werde. Der bloße Umstand, dass ein Bewerber sechs oder noch mehr Jahre lang auf einen Studienplatz
gewartet habe, könne dagegen keine "Härte" im Sinne des Gesetzes darstellen, denn hierbei handele es sich nicht um ein in
der Person des Bewerbers liegendes, sondern ein allgemeines, in der Konsequenz des Auswahlsystems liegendes Problem. Weiter
sei die Härtefallregelung als Ausnahmebestimmung eng auszulegen und die diesbezügliche Quote eng - auf 2 % - begrenzt.
Halte man die Bestimmungen für verfassungskonform, habe die Klägerin keinen Anspruch auf Zulassung zum Medizinstudium. Mit
ihrer Abiturnote von 3,2 erreiche sie die Auswahlgrenze bei der Abiturbestenquote, die im Wintersemester 2011/12 für Bewerber
aus Nordrhein-Westfalen bei 1,1 gelegen habe, nicht. Auch in der Wartezeitquote genüge die von ihr angesammelte Wartezeit
von 10 Halbjahren nicht, um die Auswahlgrenze zu erreichen, die im Wintersemester 2011/12 bei 12 Halbjahren gelegen habe.
Individuelle Umstände, die einen Härtefall begründen könnten, seien weder vorgetragen noch ersichtlich. Ob die Klägerin im
"Auswahlverfahren der Hochschulen" hätte zugelassen werden müssen, sei nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, weil
ein entsprechender Anspruch nicht gegen die Beklagte geltend gemacht werden könne. Auch hier liege freilich auf der Hand,
dass die Klägerin die Auswahlgrenzen nicht erreichen könne.
Gehe man von der Verfassungswidrigkeit der Normen aus, halte die Aussetzung des Verfahrens zum Zwecke der Normenkontrolle
der Klägerin die Chance offen, eine für sie günstigere Regelung durch den Gesetzgeber zu erreichen.
1. Ein Gericht kann eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit gesetzlicher Vorschriften
nach Art. 100 Abs. 1 GG nur einholen, wenn es zuvor sowohl die Entscheidungserheblichkeit der Vorschriften als auch ihre Verfassungsmäßigkeit
sorgfältig geprüft hat (vgl. BVerfGE 86, 71 <76>).
a) Das vorlegende Gericht muss hierzu darlegen, inwiefern seine Entscheidung von der Gültigkeit der zur Prüfung gestellten
Normen abhängt. Dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG genügt ein Vorlagebeschluss nur dann, wenn die gerichtlichen
Ausführungen auch erkennen lassen, dass eine eingehende Prüfung vorgenommen wurde. Ein Vorlagebeschluss muss aus sich heraus,
ohne Beiziehung der Akten, verständlich sein und mit hinreichender Deutlichkeit erkennen lassen, dass das vorlegende Gericht
bei Gültigkeit der Regelung zu einem anderen Ergebnis käme als im Falle ihrer Ungültigkeit und wie es dieses Ergebnis begründen
würde (vgl. BVerfGE 74, 236 <242>). Die Entscheidungserheblichkeit der vorgelegten Rechtsfrage ist mithin eingehend darzulegen.
Dazu muss der Vorlagebeschluss den entscheidungserheblichen Sachverhalt und eine umfassende Darlegung der die rechtliche Würdigung
tragenden Erwägungen enthalten. Dabei verlangt § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG, dass sich das vorlegende Gericht eingehend mit
der einfachrechtlichen Rechtslage auseinandersetzt, die in Rechtsprechung und Literatur entwickelten Rechtsauffassungen berücksichtigt
(vgl. BVerfGE 47, 109 <114 f.>; 105, 61 <67>) und auf unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten eingeht (BVerfGE 97, 49 <60>;
105, 48 <56>).
b) Ferner muss das Gericht seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der Norm näher darlegen und deutlich machen, mit
welchem verfassungsrechtlichen Grundsatz die zur Prüfung gestellte Regelung seiner Ansicht nach nicht vereinbar ist. Auch
insoweit bedarf es einer Auseinandersetzung mit nahe liegenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten sowie einer eingehenden,
Rechtsprechung und Schrifttum einbeziehenden Darstellung der Rechtslage (vgl. BVerfGE 86, 71 <77>; 97, 49 <60>). Die Darlegungen
zur Verfassungswidrigkeit der zur Prüfung gestellten Normen müssen den verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab dabei nicht
nur benennen, sondern auch die für die Überzeugung des Gerichts maßgebenden Erwägungen nachvollziehbar darlegen. Insoweit
kann es auch erforderlich sein, die Gründe zu erörtern, die im Gesetzgebungsverfahren als für die gesetzgeberische Entscheidung
maßgebend genannt worden sind (vgl. BVerfGE 78, 201 <204>; 81, 275 <277>; 86, 71 <77 f.>). Rechtsprechung und Schrifttum sind
in die Argumentation einzubeziehen (vgl. BVerfGE 78, 165 <171 f.>; 89, 329 <337>).
2. Die Vorlage genügt diesen Anforderungen nicht. Das vorlegende Gericht hat mit seinen Ausführungen weder die Entscheidungserheblichkeit
der vorgelegten Rechtsfragen (hierzu a) noch die Verfassungswidrigkeit der vorgelegten Vorschriften (hierzu b) hinreichend
aufgezeigt.
a) Das Gericht legt zunächst nicht hinreichend dar, warum ein Anspruch der Klägerin auf Zulassung nicht aus den bestehenden
Vorschriften, nämlich der Härtefallregelung nach Art. 9 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Staatsvertrag 2008 in Verbindung mit § 1 Abs.
1 Satz 1 des Gesetzes zur Ratifizierung des Staatsvertrages über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung
vom 5. Juni 2008, § 15 der Verordnung über die Vergabe von Studienplätzen in Nordrhein-Westfalen (Vergabeverordnung NRW), abgeleitet werden kann.
aa) Nicht erkennbar ist bereits, dass sich das Gericht mit den zu dieser Härtefallklausel vertretenen Auffassungen in genügendem
Umfang auseinandersetzt. Für seine nur sehr knapp begründete Ansicht, die Klausel müsse eng ausgelegt werden, bezieht es sich
lediglich auf eigene Beschlüsse sowie zwei Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen. Dazu, wie die Literatur
diese Vorschriften interpretiert, enthält der Vorlagebeschluss keine Ausführungen.
Dass eine solche Auseinandersetzung mit den verschiedenen denkbaren Auslegungsmöglichkeiten hier entbehrlich wäre, weil schon
aus systematischen Gründen nur eine enge Deutung der Vorschrift in Betracht kommt, wird nicht nachvollziehbar erläutert. Das
Verwaltungsgericht führt insoweit nur aus, dass die Dauer der Wartezeit kein in der Person des Bewerbers liegendes, sondern
ein allgemeines, in der Konsequenz des Auswahlsystems liegendes Problem sei, weil es eine große Anzahl Wartender betreffe.
Eine solche Sichtweise ist freilich nicht zwingend. So kann man den Grund für die lange Wartezeit auch gerade in der unterdurchschnittlichen
Abiturnote des jeweiligen Bewerbers, also in einem individuellen Gesichtspunkt, sehen. Genauso wenig ist zu erkennen, wieso
es sich bei denjenigen, die selbst nach 12 Wartesemestern noch keine Zulassung erhalten haben, um eine "große Anzahl" handeln
soll. Nach den Daten, die das vorlegende Gericht nennt, gab es im Wintersemester 2011/12 im Studiengang Humanmedizin 511 abgewiesene
Bewerber mit einer derart langen Wartezeit. In diesem Semester hatten sich für dieses Fach allerdings 44.043 Personen beworben,
so dass lediglich ein Anteil von 1,16 % an der Gesamtgruppe mehr als 12 Semester warten musste. In Anbetracht der geringen
Zahl an Betroffenen erschließt sich auch nicht, weshalb die Begrenzung der Härtefallquote auf 2 % daran hindern könnte, langjährig
Wartenden auf diesem Wege einen Studienplatz zukommen zu lassen, wie das Verwaltungsgericht anscheinend meint. Hiervon abgesehen
ist auch nicht zu erkennen, dass sich die umfangmäßige Einschränkung der Quote aus einem formellen Gesetz und nicht bloß einer
untergesetzlichen Norm - nämlich § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VergabeVO NRW - ergibt, so dass unklar bleibt, warum das vorlegende
Gericht nicht selbst in der Lage war, die vermeintliche Hürde zu beseitigen.
Das Verwaltungsgericht durfte sich auch nicht damit begnügen, die fehlende Eignung einer großzügigeren Interpretation der
Härtefallregelung damit zu begründen, dass die nicht im Rahmen der Härtefallquote vergebenen Plätze der Wartezeitquote hinzugerechnet
werden (Art. 9 Abs. 2 Satz 4 Staatsvertrag 2008), sich bei einer umfassenderen Ausschöpfung der erstgenannten Quote die für
die letztgenannte Quote zur Verfügung stehenden Plätze also verringern. Vielmehr hätte das Gericht näher darlegen müssen,
wieso es nicht trotzdem möglich ist, mit einer Zulassung notenschwacher Bewerber mit besonders langer Wartezeit über die Härtefallklausel
einen aus seiner Sicht verfassungskonformen Zustand herzustellen. Denn auch wenn bei einem solchen Vorgehen Studierwillige
mit günstigeren Noten, die nicht über die Quote der Abiturbesten zugelassen werden können, möglicherweise innerhalb der Wartezeitquote
aufgrund der geringeren Platzanzahl erfolglos blieben, hätten diese Personen wegen ihrer Noten wiederum bessere Aussichten,
im Auswahlverfahren der Hochschulen einen Studienplatz zu erlangen. Gerade auf die Annahme, dass Bewerber mit schlechten Noten
in diesem Auswahlverfahren chancenlos seien und sich ihnen damit selbst auf diesem Wege keine Zulassungsmöglichkeit eröffne,
hatte das Verwaltungsgericht die vermeintliche Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Vorschriften maßgeblich gestützt.
bb) Hiervon abgesehen macht das Gericht nicht deutlich, unter welchen Voraussetzungen es das Bestehen eines Härtefalls bejaht
und warum hier, unter Zugrundelegung seiner eigenen - engen - Norminterpretation, die Annahme einer "außergewöhnlichen Härte"
ausscheidet. Es fehlt bereits an der Darlegung des angewandten rechtlichen Maßstabes. Die Kammer stellt nur fest, eine Härte
könne im Einzelfall angenommen werden, wenn der Bewerber aufgrund seiner Lebensumstände durch die überlange Wartezeit in besonderer
Weise getroffen werde. Bei welchen konkreten Konstellationen eine solche Situation anzunehmen ist, wird nicht aufgezeigt.
Darüber hinaus bleibt auch der Sachverhalt, auf dessen Grundlage das Gericht hier einen Härtefall verneint hat, unklar. Der
Vorlagebeschluss enthält insbesondere keine näheren Informationen zu den Lebensumständen der Klägerin, also ihrer familiären,
finanziellen oder sozialen Lage. Mitgeteilt wird lediglich, dass sie eine Ausbildung zur Medizinisch-technischen Laborassistentin
absolviert hat und in diesem Beruf arbeitet. Im Übrigen beschränkt sich die Kammer auf die pauschale Feststellung, für das
Vorliegen eines Härtefalls sei nichts vorgetragen oder ersichtlich. Dies genügt jedoch insbesondere bei einem Verfahren nicht,
in dem - wie im verwaltungsgerichtlichen Prozess - der Amtsermittlungsgrundsatz gilt (vgl. § 86 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung).
Das vorlegende Gericht legt schon nicht nachvollziehbar dar, mit welchem verfassungsrechtlichen Grundsatz die von ihm benannten
Vorschriften unvereinbar sein sollen. Zwar geht es, im Anschluss an die einschlägige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts,
zutreffend davon aus, dass die Bewerberauswahl nach objektiv sachgerechten und individuell zumutbaren Kriterien (BVerfGE 33,
303 <338>; 43, 291 <316 f.>) zu erfolgen hat, weil es sich hierbei um eine objektive Zulassungsschranke bei der Ausbildungs-
und Berufswahl im Sinne von Art. 12 Abs. 1 GG handelt. Aus den von ihm benannten Argumenten erschließt sich freilich nicht,
warum das derzeitige Auswahlsystem diese Anforderungen nicht erfüllt. Das vorlegende Gericht erklärt zunächst ausdrücklich,
es halte die einzelnen Auswahlkriterien für sich genommen für "sachgerecht". Im Hinblick auf das Auswahlverfahren der Hochschulen
wird dann kritisch angemerkt, dort komme der Abiturnote eine "überragende Bedeutung" zu. Dies führe allerdings nicht per se
zur Verfassungswidrigkeit des Auswahlsystems, erfordere aber ein verfassungsrechtliches Korrektiv, das die Chancenoffenheit
für eine größere Zahl von Bewerbern wahre. Ein solches Korrektiv könne nur die Wartezeitquote sein. Tragfähige Gründe für
seine Folgerungen führt das Gericht jedoch nicht an. Solche Gründe ergeben sich weder in nachvollziehbarer Weise aus den im
Vorlageschluss aufgeführten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts noch aus den sonstigen dort angestellten verfassungsrechtlichen
Erwägungen.
aa) Das Verwaltungsgericht zeigt in seinem Beschluss zunächst nicht verständlich auf, welche Grundsätze der Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichts es rechtfertigen sollen, das derzeitige Auswahlsystem als verfassungswidrig einzustufen. Insoweit
genügt es insbesondere nicht, umfangreiche Passagen aus verschiedenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu zitieren.
Den Darlegungsanforderungen genügt ein Gericht bei einer Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG vielmehr erst, wenn es dartut, welche
konkreten verfassungsrechtlichen Anforderungen es aus den genannten verfassungsgerichtlichen Entscheidungen ableitet.
(1) Hieran fehlt es. Das vorlegende Gericht beschränkt sich auf die Behauptung, das Bundesverfassungsgericht habe festgestellt,
die Ungleichbehandlung grundsätzlich gleichberechtigter, nämlich hochschulreifer Bewerber aufgrund "weniger Zehntelpunkte
bei der Abiturnote" könne "nicht ohne weiteres mit sachlichen Gründen von hinreichender Tragfähigkeit" gerechtfertigt werden
und es für "problematisch" gehalten, die Auswahlentscheidung stark auf ein einzelnes Auswahlkriterium wie das der Durchschnittsnote
zu konzentrieren. Diese pauschale Aussage ist als Grundlage für die verfassungsrechtliche Prüfung zu unspezifisch und lässt
schon nicht hinreichend erkennen, aus welchen konkreten Umständen die Verfassungswidrigkeit hergeleitet werden soll.
(2) Zudem haben die angeführten Entscheidungen nicht den vom Vorlagegericht angenommenen Inhalt. In dem zitierten Abschnitt
des Urteils des Ersten Senats vom 18. Juli 1972 (BVerfGE 33, 303 <350>) beschäftigt sich das Bundesverfassungsgericht nur
mit der (von ihm letztlich verneinten) Frage, ob es verfassungsrechtlich zulässig wäre, die Auswahl der Bewerber für ein zulassungsbeschränktes
Studium "ausschließlich" nach dem auf Abiturnoten fußenden Leistungsprinzip vorzunehmen. Die Frage, inwieweit es in einem
System wie dem Auswahlverfahren der Hochschulen, bei dem sich die Zulassung typischerweise nach mehreren Kriterien richtet,
zulässig ist, einem einzelnen Merkmal wie der Abiturnote ein überwiegendes Gewicht einzuräumen, wird überhaupt nicht erörtert.
(3) Genauso wenig ist erkennbar, dass die Entscheidung vom 8. Februar 1977 (BVerfGE 43, 291) rechtliche Vorgaben enthält,
aus denen eine mögliche Verfassungswidrigkeit des heutigen Auswahlsystems folgt. Das Verwaltungsgericht begründet vor allem
nicht, inwiefern die dortigen Überlegungen des Bundesverfassungsgerichts auf das nun geltende Auswahlsystem übertragbar sind.
Anders als das derzeitige war das damalige System noch von einer strikten Zweiteilung geprägt: Abgesehen von den im Rahmen
der Vorab- beziehungsweise Sonderquote zugelassenen Bewerbern gab es nur die Zulassung nach Leistung mit einem Anteil von
60 %, wobei grundsätzlich maßgebend die Abiturnote war, und die Zulassung nach Wartezeit mit einer Quote von 40 % (vgl. BVerfGE
43, 291 <299 ff., 317 ff.). Dies führte dazu, dass Bewerber, die keine deutlich überdurchschnittlichen Abiturnoten vorweisen
konnten, ausschließlich über die Wartezeitquote eine Chance auf Erhalt eines Studienplatzes hatten. Dabei erforderte die Zulassung
über die Note für den Studiengang Humanmedizin einen Mindestdurchschnitt von 1,7 und alle Bewerber mit ungünstigerer Note
mussten bis zu sechs Jahre warten (s. nur BVerfGE 43, 291 <303>). Als nicht sachgerecht und zumutbar erachtete es das Bundesverfassungsgericht
insoweit vor allem, dass "auf der Schnittstelle von 1,7 und 1,8 darüber entschieden werden soll, wer sofort studieren kann
oder aber bis zu sieben Jahren auf eine Zulassung zum Studium seiner Wahl warten muss" (BVerfGE 43, 291 <319>). Das Verwaltungsgericht
legt nicht dar, aus welchen tragenden Erwägungen des Urteils des Ersten Senats vom 8. Februar 1977 sich ergibt, dass auch
Studierwillige mit deutlich schlechteren Noten als 1,7 oder 1,8 bei überfüllten Studiengängen binnen einer bestimmten Frist
eine Chance auf Zuteilung eines Platzes haben müssen. Hiervon abgesehen führt das Gericht selbst aus, dass es aufgrund der
Ergänzung des Systems durch das Auswahlverfahren der Hochschulen eine starre Notengrenze nicht mehr gibt und damit auch Bewerber,
deren Noten nicht für eine Zulassung in der Abiturbestenquote ausreichen, noch eine Zulassungschance haben. Nach seinen Angaben
gab es im Wintersemester 2011/12 immerhin fünf Universitäten, bei denen auch Bewerber, die lediglich eine Durchschnittsnote
zwischen 2 und 3 aufwiesen, zugelassen wurden. Warum dies nicht reicht, um den verfassungsrechtlichen Erfordernissen gerecht
zu werden, wird mit dem Vorlagebeschluss nicht hinreichend deutlich gemacht.
(4) Im Übrigen genügt das vorlegende Gericht den Darlegungsanforderungen auch dann nicht, sofern man seinem Ansatz, es sei
verfassungswidrig, dass Bewerber mit einer Abiturnote von 2,5 oder schlechter auch im Auswahlverfahren der Hochschulen chancenlos
blieben, folgte. Es wird schon nicht plausibel erläutert, dass sich die Notengrenze von 2,4 aus den rechtlichen Vorgaben ergibt,
Bewerber mit einem schlechteren Notendurchschnitt also - ungeachtet ihres Abschneidens bei den weiteren Auswahlkriterien (wie
Test, Auswahlgespräch oder sonstigen Wettbewerben) - von vornherein chancenlos sind. Denkbar ist nämlich auch, dass Bewerber
mit einem schlechteren Abiturdurchschnitt als 2,4 im Auswahlverfahren der Hochschulen allein deswegen erfolglos geblieben
sind, weil sie auch im Rahmen der anderen Kriterien weniger günstige Ergebnisse erzielt haben als jene Konkurrenten, die eine
bessere Abiturdurchschnittsnote vorweisen konnten. Deswegen genügte es nicht, die Abiturnoten des jeweils schwächsten zugelassenen
Bewerbers mitzuteilen; das Gericht hätte vielmehr anhand der maßgeblichen rechtlichen Bestimmungen dartun müssen, dass bereits
aufgrund der gesetzlich festgelegten Gewichtung der Maßstäbe zueinander ab einer bestimmten Abiturnote eine Zulassung faktisch
ausschied.
Auch die hierfür notwendigen Ausführungen enthält der Vorlagebeschluss nicht. Das Verwaltungsgericht beschäftigt sich nur
pauschal mit den Normen, die die Auswahl und Gewichtung der einzelnen Maßstäbe determinieren. Es weist lediglich allgemein
auf die sowohl in Bundes- als auch Landesrecht (§ 32 Abs. 3 Satz 2 HRG, Art. 10 Abs. 1 Satz 2 Staatsvertrag 2008 i.V.m. den
jeweiligen Ratifizierungsgesetzen der Länder) enthaltene Regel hin, dass dem Grad der Qualifikation, also der Abiturnote,
bei der Auswahlentscheidung ein "maßgeblicher Einfluss" gegeben werden muss. Bereits die Frage, wann konkret ein solcher "maßgeblicher
Einfluss" in den verschiedenen denkbaren Konstellationen - also bei zwei, drei oder mehr Auswahlkriterien - vorliegt, und
ob die Universitäten diese rechtliche Vorgabe überhaupt ordnungsgemäß umgesetzt haben, wird nicht näher erörtert. Auch auf
die weiteren landesrechtlichen, teils sehr unterschiedlichen Bestimmungen, die Anzahl und Auswahl der anzuwendenden Auswahlmaßstäbe
behandeln, geht das Gericht nicht hinreichend ein.
(5) Schließlich lässt sich auf Basis des Vorlagebeschlusses selbst bei Heranziehung der einschlägigen Bestimmungen nicht beurteilen,
inwieweit die einzelnen Universitäten diese Normen zutreffend angewandt haben, ihre jeweiligen Auswahlverfahren also den rechtlichen
Erfordernissen entsprachen. Denn das Verwaltungsgericht benennt lediglich die von den einzelnen Universitäten bei der Bewerberauswahl
angewandten Maßstäbe, ohne (bis auf einen einzigen Fall) anzugeben, wie die Hochschulen diese Kriterien jeweils zueinander
gewichtet haben. Schon deswegen bieten die in dem Beschluss aufgeführten Daten keine hinreichende Grundlage, die einen Schluss
auf die mögliche Verfassungswidrigkeit des Gesamtsystems zulässt.
bb) Das Gericht legt des Weiteren auch nicht anhand eigenständiger, von der bisherigen bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung
unabhängiger Maßstäbe dar, dass die Abiturnote, unter Berücksichtigung ihrer Bedeutung, die ihr für das derzeitige Auswahlsystem
zukommt, kein den grundrechtlichen Anforderungen genügendes Auswahlkriterium ist. Die vorlegende Kammer bildet bereits keine
verständlichen verfassungsrechtlichen Maßstäbe, sondern beschränkt sich auf die Wiedergabe der für beziehungsweise gegen die
Anwendung der Abiturnote sprechenden Gesichtspunkte. Es wird noch nicht einmal deutlich, ob das Verwaltungsgericht den "Studienerfolg"
im Rahmen der Grundrechtsprüfung als ausreichenden Gesetzeszweck ansieht, um den Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG zu rechtfertigen.
Auch sonstige Ausführungen, insbesondere zum Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit der Beschränkung, fehlen. Soweit, wohl
im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG, der Mangel von Landesquoten im Auswahlverfahren der Hochschulen gerügt wird, setzt das Gericht
sich weder mit dem - von ihm selbst als nachvollziehbar bezeichneten - Argument der Beklagten, eine Bildung von Länderquoten
in diesem Verfahren sei organisatorisch kaum leistbar, auseinander, noch erörtert es, ob eine solche Quotenbildung überhaupt
grundrechtlich geboten ist, wenn die Abiturnote in der Regel nur ein Auswahlkriterium unter mehreren ist. Angesichts der gewählten,
wenig aussagekräftigen Formulierungen ("aus Sicht des Gleichheitssatzes prekär", "erhebliches Problem") ergibt sich aus den
gerichtlichen Darlegungen zudem nicht mit der notwendigen Klarheit, dass das Gericht selbst von der Verfassungswidrigkeit
der vorgelegten Bestimmungen überzeugt ist. Hinzu kommt, dass die Kammer sogar annimmt, dass sich "eine überwiegende Orientierung
an der Durchschnittsnote als Auswahlkriterium bei der Studienzulassung rechtfertigen" lasse. Für die weitere Folgerung, es
bedürfe dennoch eine Korrektivs in Form einer Erhöhung der Wartezeitquote, nennt das Gericht keine konkreten Argumente mehr,
sondern verweist ausschließlich pauschal auf Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Weshalb die Abiturnote als Auswahlkriterium
verfassungsrechtlich bedenklich und die Wartezeitquote vorzugswürdig sein sollte, erschließt sich auf Grundlage dieser Begründung
gerade nicht.