Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 20. Feb. 2018 - 5 K 4853/16

bei uns veröffentlicht am20.02.2018

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Festsetzung ihrer Versorgungsbezüge ohne Berücksichtigung eines über die ersten sechs Monate nach Geburt ihrer Kinder hinausgehenden ruhegehaltsfähigen Erziehungsurlaubs bis zum zwölften Monat nach Ablauf des Monats der Geburt ihrer Kinder verfassungswidrig ist.
Die am ... geborene Kriminalhauptkommissarin stand seit dem ... im Dienst des Landes Baden-Württemberg. Dies zunächst als Polizeibeamtin im Vorbereitungsdienst in einem Beamtenverhältnis auf Widerruf, ab Juli ... schließlich in einem Beamtenverhältnis. Nach der Geburt ihrer beiden Töchter am ... und ... war die Klägerin im Anschluss an den Mutterschutz für drei Jahre (... bis ...) bzw. drei Jahre und fast vier Monate (... bis ...) jeweils aus familiären Gründen ohne Dienstbezüge beurlaubt. Ab dem ... war sie - mit Ausnahme der Zeiten ihrer Beurlaubung - bis zum ... teilzeitbeschäftigt. Ab dem ... bis zu ihrem Eintritt in den Ruhestand mit Ablauf des Monats ... war sie wieder vollzeitbeschäftigt.
Mit Bescheid vom 12.07.2016 setzte das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg (im Folgenden: LBV) die Versorgungsbezüge der Klägerin fest und berücksichtigte dabei für jede ihrer beiden Töchter entsprechend der Regelung in § 106 Abs. 1 Satz 1 Landesbeamtenversorgungsgesetz Baden-Württemberg (im Folgenden: LBeamtVGBW) ruhegehaltfähige Erziehungsurlaubszeiten („Mutterschaftsurlaub“) von jeweils sechs Monaten.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 01.08.2016 Widerspruch und führt zur Begründung aus, die im angefochtenen Bescheid festgesetzten Versorgungsbezüge seien verfassungswidrig zu niedrig. Sie habe einen Anspruch darauf, dass die für Arbeitnehmer durch das Gesetz über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 23.06.2014 (BGBl I S. 787; im Folgenden RV-Leistungsverbesserungsgesetz) eingeführte erweiterte Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten für vor dem 01.01.1992 geborene Kinder wirkungsgleich auf die Beamtenversorgung übertragen werde. Nach der Neuregelung in § 249 Abs. 1 SGB VI ende die Kindererziehungszeit nunmehr 24 Kalendermonate - statt zuvor zwölf Kalendermonate - nach Ablauf des Monats der Geburt. Dementsprechend seien bei ihr im Rahmen der beamtenrechtlichen Versorgung die Kindererziehungszeiten für mindestens jeweils zwölf - statt nur jeweils sechs Monate - nach Ablauf des Monats der Geburt ihrer Töchter als ruhegehaltfähige Dienstzeit zu berücksichtigen. Von der Anrechnung einer 24-monatigen Kindererziehungszeit seien jene Elternteile ausgeschlossen, die Versorgungsansprüche nach beamtenrechtlichen Vorschriften erworben hätten (vgl. § 56 Abs. 4 Nr. 3 Hs. 2 SGB VI). Diese Regelung habe zu einer erheblichen Schlechterstellung insbesondere der betroffenen Pensionärinnen geführt. Denn im Beamtenversorgungsrecht sei sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene - mit Ausnahme des Landes Bayern - für vor 1992 geborene Kinder die Zeit eines Erziehungsurlaubs nach wie vor nur bis zu dem Tag ruhegehaltfähig, an dem das Kind sechs Monate alt werde. Dies führe bei Beamten im Vergleich zu anderen - gesetzlich - Versicherten zu einer Ungleichbehandlung im Sinne von Art. 3 Abs. 1 GG bzw. nach Art. 2 Abs. 1 Landesverfassung BW in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG. Zwar unterlägen Arbeitnehmer und Beamte hinsichtlich ihrer Alterssicherung unterschiedlichen Versorgungssystemen. Trotz der Eigenständigkeit der versorgungsrechtlichen Rechtssysteme und der daraus resultierenden Unterschiede seien Renten und Pensionen letztlich jedoch sowohl hinsichtlich des Erwerbs als auch hinsichtlich der Auszahlung wirtschaftlich vergleichbar. Im Hinblick auf die Komplexität der beiden Versorgungssysteme lasse sich keine pauschale, sondern nur eine konkret einzelfallbezogene Aussage darüber treffen, ob eine verschiedene Behandlung von Beamten einerseits und Arbeitnehmern andererseits gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoße. Ein einleuchtender Grund für ein derart gravierend unterschiedliches Regelungssystem, wie es bei der Berücksichtigung von Zeiten der Erziehung vor 1992 geborener Kinder bestehe, sei nicht ersichtlich. Ein solcher ergebe sich insbesondere nicht aus der Verschiedenheit der renten- und beamtenrechtlichen Versorgungssituation. Denn weder das gesellschaftliche Erfordernis einer Verbesserung der Anerkennung von Erziehungsleistungen bei vor 1992 geborenen Kindern noch die familiäre/familienpolitische Situation derjenigen Eltern - zumeist Müttern -, die in der Vergangenheit vor 1992 geborene Kinder erzogen hätten, lasse sich auf ein spezifisches Versorgungssystem begrenzen. Die Situation der Betroffenen sei vielmehr vergleichbar und dürfe nicht unterschiedlich behandelt werden. Hierfür spreche auch die gesetzgeberische Zielsetzung, die in der Gesetzesbegründung zum RV-Leistungsverbesserungsgesetz zum Ausdruck komme, wonach der deutlich geringeren Kinderbetreuungsmöglichkeiten in der Zeit vor 1992 Rechnung getragen werden sollte. Diese familienpolitische Situation sei bei Beamten jedoch identisch gewesen, weshalb kein sachlicher Grund für eine Differenzierung bestehe, denn gleiche Erziehungsleistungen dürften nicht ungleich behandelt werden. Da es sich bei der Honorierung von Kindererziehungszeiten um eine in der Verantwortung der Gesamtgesellschaft liegende Maßnahme des Familienlastenausgleichs handele, stelle die verbesserte Anerkennung der Kindererziehung der Sache nach außerdem eine versicherungsfremde Leistung dar, die - auch bei gesetzlich Rentenversicherten - aus Steuern und nicht aus Beitragsmitteln finanziert werden müsse. Den systembedingten Unterschieden könnte dadurch Rechnung getragen werden, dass nur eine wirkungsgleiche Übertragung der Besserstellungen des RV-Leistungsverbesserungsgesetzes in das Recht der Beamtenversorgung, mithin mindestens eine Verdoppelung der bisher anrechenbaren Erziehungszeiten, erfolge. Schließlich liege in der Nichtberücksichtigung von Beurlaubungen zur Kinderbetreuung jenseits der ersten sechs Monate nach der Geburt eine unverhältnismäßige Benachteiligung von Beamten/Beamtinnen, die von der Möglichkeit der Beurlaubung aus familiären Gründen Gebrauch gemacht hätten, gegenüber denjenigen Beamten/Beamtinnen, die ihrer Dienstpflicht gegenüber dem Dienstherrn in diesen Zeiträumen uneingeschränkt nachgekommen seien. Die Nichtberücksichtigung dieser Beurlaubungszeiten widerspreche den Anforderungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum Verbot der Diskriminierung von Frauen nach Art. 157 AEUV. Denn die Anwendung des § 106 Abs. 1 Satz 1 LBeamtVGBW betreffe in der Praxis weitgehend Mütter/Frauen und führe dazu, dass die sich durch geleistete Kindererziehungszeiten ergebenden Versorgungsnachteile fast ausschließlich Frauen aufgebürdet würden. Eine im Verhältnis zu der überragenden Bedeutung der von den betroffenen Müttern durch die Kindererziehung wahrgenommenen gesellschaftlichen Aufgabe „überproportionale“ Einschränkung der Versorgungsleistung sei daher nicht erst dann anzunehmen, wenn die Versorgungseinschränkungen der Reduzierung der Dienstzeit nicht mehr entsprächen. Vor dem Hintergrund, dass die Gesellschaft zur Erhaltung des auf dem Generationenvertrag aufbauenden Sozialsystems auf die Geburt von Kindern angewiesen sei, sei es nicht gerechtfertigt, den grundgesetzlich verankerten Schutz von Ehe und Familie durch finanzielle Nachteile im Bereich der Beamtenversorgung teilweise wieder auszuhöhlen.
Mit Bescheid vom 21.11.2016 änderte das LBV den Bescheid vom 12.06.2016 dahin ab, dass bei der Berechnung des - im Widerspruchsverfahren nicht bemängelten - Kindererziehungsergänzungszuschlags nach § 66 LBeamtVGBW statt 76 nunmehr 88 Monate berücksichtigt wurden, ohne dass sich dies jedoch auf das betragsmäßige Gesamtergebnis der Versorgungsbezüge auswirkte.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22.11.2016 änderte das LBV den Bescheid vom 12.07.2016 entsprechend der Ausführungen im Bescheid vom 21.11.2016 ab und wies den Widerspruch im Übrigen zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt: Ein Anspruch auf beamtenrechtliche Versorgung bestehe sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach nur im Rahmen der bei Eintritt des Versorgungfalles geltenden Gesetze, hier des Landesbeamtenversorgungsgesetzes Baden-Württemberg. Die von der Bundesregierung ab dem 01.07.2014 beschlossene Änderung von berücksichtigungsfähigen Kindererziehungszeiten (sog. Mütterrente) für vor dem Stichtag 01.01.1992 geborene Kinder betreffe in Baden-Württemberg ausschließlich Personen mit Anspruch auf eine gesetzliche Rente; eine Übernahme dieser Regelungen in das baden-württembergische Beamtenversorgungsrecht sei nicht erfolgt. In der Rechtsprechung sei geklärt, dass eine versorgungsrechtliche Ungleichhandlung von Beamten, ihrer Angehörigen und Hinterbliebenen einerseits und Arbeitnehmern, ihren Angehörigen und Hinterbliebenen andererseits im Hinblick auf die Eigenständigkeit der versorgungsrechtlichen Rechtssysteme verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei. Insbesondere liege unter Berücksichtigung des Art. 33 Abs. 5 GG kein Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG vor.
Die Klägerin hat am 21.12.2016 Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihren Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren. Ergänzend trägt sie vor, ältere Rechtsprechung zur Frage der fehlenden Vergleichbarkeit der verschiedenen Versorgungssysteme, wie sie auch vom Beklagten zur Verteidigung seines Bescheides herangezogen werde, sei für den vorliegenden Fall nicht mehr tragfähig, da das RV-Leistungsverbesserungsgesetz erhebliche Verbesserungen hinsichtlich der Berücksichtigung der Erziehungsleistung im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung bewirkt und die Situation damit so erheblich verändert habe, dass sie einer neuen Bewertung bedürfe. Nach derzeitiger Gesetzeslage bestehe zwischen den anrechenbaren Kindererziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder in der gesetzlichen Rentenversicherung (24 Monate) und in der Beamtenversorgung (sechs Monate) nunmehr ein Unterschied von eineinhalb Jahren, der gravierend und verfassungsrechtlich nicht (mehr) haltbar sei.
Die Klägerin beantragt zuletzt,
festzustellen, dass sie in ihren Grundrechten aus Art. 3 und/oder Art. 6 GG verletzt wird, soweit nach § 106 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG BW für ein vor dem 01.01.1992 geborenes Kind die Zeit eines Erziehungsurlaubs nicht bis zu dem Tag ruhegehaltfähig ist, an dem das Kind zwölf (statt sechs) Monate alt wird, und die Bescheide des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 12.07.2016 und vom 21.11.2016 sowie dessen Widerspruchsbescheid vom 22.11.2016 aufzuheben, soweit sie dieser Feststellung entgegenstehen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung trägt er vor, die zeitliche Begrenzung der Berücksichtigung von Beurlaubungen zur Kinderbetreuung auf sechs Monate gemäß § 106 Abs. 1 LBeamtVGBW stelle keine im Hinblick auf Art. 3 GG zu rechtfertigende Ungleichbehandlung gleicher Sachverhalte dar. Aufgrund der unterschiedlichen Struktur des beamtenrechtlichen und des rentenrechtlichen Versorgungssystems seien die Angehörigen der verschiedenen Systeme keine gleich zu behandelnden „Fälle“ bzw. „Sachverhalte“; eine unterschiedliche Behandlung sei aufgrund der unterschiedlichen Struktur im Rahmen der Art. 3 GG, Art. 6 GG und Art. 33 Abs. 5 GG jedenfalls nicht willkürlich. Dieser in der Rechtsprechung anerkannte Grundsatz gelte auch nach dem Inkrafttreten des RV-Leistungsverbesserungsgesetzes am 01.07.2014 fort. Auch stelle die Regelung in § 106 Abs. 1 Satz 1 LBeamtVGBW keine rechtswidrige Diskriminierung weiblicher Beamter gemäß Art. 6 GG bzw. Art. 157 AEUV dar. Eine in ihrer Höhe uneingeschränkte (maximale) Alimentation des Beamten (in Form von Besoldung und Versorgung) als Korrelat dafür, dass der Beamte sich typischerweise lebenslang mit seiner ganzen Persönlichkeit dem Dienstherrn zur Verfügung stelle, erscheine nur dann geboten, wenn auch dieser seiner eigenen Verpflichtung in zeitlich vollem Umfange nachgekommen sei. Es erscheine daher nicht sachwidrig, wenn der Gesetzgeber im Rahmen des ihm zustehenden Gestaltungsspielraumes die Höhe der nach Eintritt in den Ruhestand zu erbringenden Versorgungsleistung des Dienstherrn unter anderem in Anknüpfung an den zeitlichen Umfang der tatsächlichen Dauer der zurückgelegten (Lebens-)Dienstzeit des Beamten bemesse. Auch wenn der Staat grundsätzlich verpflichtet sei, die Vereinbarkeit von Familien- und Erwerbstätigkeit ohne unverhältnismäßige berufliche Nachteile zu ermöglichen, werde diese Möglichkeit durch eine proportionale Verringerung der Versorgungshöhe nicht in unzumutbarer Weise beschnitten. Eine unverhältnismäßige Benachteiligung von Beamten bzw. Beamtinnen, die von der Möglichkeit der Beurlaubung aus familienpolitischen Gründen Gebrauch machten, gegenüber denjenigen Beamten, die ihrer Dienstpflicht gegenüber dem Dienstherrn in diesen Zeiträumen uneingeschränkt nachkämen, könne erst dann angenommen werden, wenn die versorgungsrechtlichen Nachteile nicht strikt proportional zu der Verkürzung der Lebensdienstzeit erfolgten. Eine solche überproportionale Verminderung der Versorgungsleistungen liege bei der - mit Ausnahme der Betreuungszeit der ersten sechs Monate nach der Geburt - (grundsätzlichen) Nichtberücksichtigung von Beurlaubungen zur Kinderbetreuung von Beamten nicht vor.
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Dem Gericht liegen die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte des LBV (ein Heft) vor. Hierauf wird wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

 
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Die Klage ist mit dem zuletzt gestellten Klageantrag zulässig. Insbesondere liegt in der Umstellung des ursprünglichen Verpflichtungsantrags auf einen Feststellungsantrag (zur Statthaftigkeit der Feststellungsklage bei Geltendmachung, die Besoldung bzw. Versorgung genüge verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht: vgl. BVerwG, Urteil vom 21.09.2017 - 2 C 30/16 -, juris, Rn. 8 sowie Urteil vom 19.12.2002 - 2 C 34/01 -, juris, Rn. 11; jeweils m.w.N. aus der Rspr.), wie sie in der mündlichen Verhandlung erfolgt ist, keine nach § 91 VwGO zu behandelnde Klageänderung. Denn mangels Änderung des Klagegrundes stellt sich der hier vorgenommene Wechsel der Klageart als reine Konkretisierung des klägerischen Begehrens dar, das gegenüber dem ursprünglichen Verpflichtungsbegehren zudem ein Minus darstellt (vgl. Ortloff/Riese in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 33. EL Juni 2017, § 91 Rn. 24, 29, 32).
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Die danach als Feststellungsklage zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg.
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Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung, denn die Anrechnung ruhegehaltfähiger Dienstzeiten für Erziehungsurlaubszeiten im Umfang von (nur) sechs - statt zwölf - Monaten gemäß § 106 Abs. 1 Satz 1 LBeamtVGBW ist mit Verfassungsrecht vereinbar. Die Regelung verletzt weder den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG, hierzu 1.) noch den spezielle Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 3 GG, hierzu 2.), Art. 157 AEUV (3.) oder den in Art. 6 GG verankerten Schutz von Ehe und Familie (4.)
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1. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht verletzt. Dies gilt sowohl mit Blick auf die von der Klägerin gerügte Ungleichbehandlung gegenüber Rentnerinnen (hierzu a.) als auch gegenüber Beamtinnen/Beamten, die von der Möglichkeit der Beurlaubung aus familienpolitischen Gründen keinen Gebrauch machen (hierzu b.).
18 
Der verfassungsrechtliche Gleichheitssatz verbietet - auch im Bereich des Besoldungs- und Versorgungsrechts -, wesentlich Gleiches willkürlich ungleich und wesentlich Ungleiches willkürlich gleich zu behandeln. Dieses Verbot ist verletzt, wenn die (un)gleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte mit Gesetzlichkeiten, die in der Natur der Sache selbst liegen, und mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise nicht mehr vereinbar ist, also bezogen auf den jeweils in Rede stehenden Sachbereich und seine Eigenart ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die gesetzliche Regelung fehlt. Aufgrund der verhältnismäßig weiten Gestaltungsfreiheit, die Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber bei Regelungen des Besoldungs- und Versorgungsrechts belässt, ist nicht zu überprüfen, ob der Gesetzgeber die gerechteste, zweckmäßigste und vernünftigste Regelung getroffen hat (BVerfG, Beschluss vom 30.09.1987 - 2 BvR 933/82 -, juris, Rn. 138 f. m.w.N.).
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a. Wie die Klägerin zutreffend darlegt, ist bei der Berechnung der Versorgungsbezüge von Beamten/Beamtinnen im Alter nach der maßgeblichen Norm des § 106 Abs. 1 Satz 1 LBeamtVGBW für vor dem 01.01.1992 geborene Kinder die Zeit eines Erziehungsurlaubs nur bis zu dem Tag ruhegehaltfähig, an dem das Kind sechs Monate alt wird. Für gesetzlich Rentenversicherte endet die Kindererziehungszeit für ein vor dem 01.01.1992 geborenes Kind nach § 249 Abs. 1 SGB VI hingegen erst 24 Kalendermonate nach Ablauf des Monats der Geburt. Eine nach den vorangestellten Maßstäben im Widerspruch zu Art. 3 Abs. 1 GG stehende Ungleichbehandlung von Beamten/Beamtinnen gegenüber gesetzlich Rentenversicherten vermag die Kammer darin jedoch nicht zu erkennen.
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Denn die Versorgungsregelung der Ruhestandsbeamten und ihrer Hinterbliebenen gehört einem Sachbereich an, der sich seit jeher und noch heute von den Versorgungsregelungen für gesetzlich Rentenversicherte und ihre Hinterbliebenen strukturell in so erheblicher Weise unterscheidet, dass beide Versorgungssysteme im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG nicht vergleichbar sind bzw. eine unterschiedliche Ausgestaltung dieser beiden Bereiche gerechtfertigt ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11.04.1967 - 2 BvL 3/62 -, juris; BVerwG, Urteil vom 01.09.2005 - 2 C 15/04 -, juris Rn. 22; BSG, Urteil vom 20.12.2007 - B 4 RA 9/05 -, juris, Rn. 69 m.w.N.). Die Beamtenversorgung auf der einen Seite beruht auf einem lebenslangen besonderen Dienst- und Treueverhältnis zwischen Dienstherrn und Beamten. Sie geht von einer amtsangemessenen Alimentation aus, wird aus Steuern finanziert und ist in Art. 33 Abs. 5 GG verankert. Die gesetzliche Rentenversicherung ist hingegen als von öffentlich-rechtlichen Körperschaften durchgeführte Zwangsversicherung organisiert, wobei Ansprüche durch die Beiträge der Versicherten, der Arbeitgeber und Dritter sowie im Bereich versicherungsfremder Leistungen durch Steuern gedeckt werden. Sie ist geprägt vom Gedanken des sozialen Ausgleichs. Im Grundgesetz selbst ist diese Unterscheidung in verschiedene Altersversorgungssysteme angelegt, wie der Blick einerseits auf Art. 33 Abs. 5 GG, wonach das Recht des öffentlichen Diensts unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln ist, und andererseits auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG, in dem dem Bund die konkurrierende Gesetzgebungsbefugnis für das Recht der Sozialversicherung eingeräumt ist, belegt. Diese Unterscheidung ist nicht willkürlich, sondern knüpft an historische Entwicklungen an (vgl. BayLSG, Urteil vom 26.02.2013 - L 1 R 407/11 -, juris, Rn. 30).
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Ohne Erfolg wendet die Klägerin ein, weder das gesellschaftliche Erfordernis einer Verbesserung der Anerkennung von Erziehungsleistungen bei vor 1992 geborenen Kindern noch die familiäre/familienpolitische Situation der betroffenen Eltern lasse sich auf ein spezifisches Versorgungssystem begrenzen, weshalb die Situation der Betroffenen in beiden Systemen vergleichbar sei, zumal die verbesserte Anerkennung der Kindererziehung in der Rentenversicherung als insoweit „versicherungsfremde“ Leistung nicht aus Beitrags-, sondern - wie die Beamtenversorgung generell - aus Steuermitteln finanziert werde. Abgesehen davon, dass diese Behauptung der Klägerin zur Finanzierung der sog. Mütterrente für Zeiten der Erziehung von vor dem 01.01.1992 geborenen Kindern nicht zutreffen dürfte (vgl. u.a. T. Kingreen, Gastkommentar in Süddeutsche Zeitung vom 04.11.2016, abrufbar unter: http://www.sueddeutsche.de/politik/gastkommentar-mamma-mia-1.3235286 sowie sozialversicherung-kompetent.de, „Mütterrente - Bessere Honorierung von Kindererziehung“ vom 02.09.2017, abrufbar unter: https://sozialversicherung-kompetent.de/rentenversicherung/leistungsrecht/571-muetterrente.html), überzeugt diese Argumentation nicht. Denn auch die Tatsache, dass durch das RV-Leistungsverbesserungsgesetz der ohnehin schon bestehende Unterschied zwischen den anrechenbaren Kindererziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder in der gesetzlichen Rentenversicherung und in der Beamtenversorgung weiter vergrößert wurde, vermag nichts daran zu ändern, dass die jeweiligen Normadressaten unterschiedlichen Regelungs- bzw. Versorgungsystemen unterworfen sind, die eigenständige, in das jeweilige Gesamtsystem eingebettete Lösungen für diese Frage vorsehen können und auch tatsächlich vorsehen. Anders als die Klägerin meint, zwingt auch allein der Umstand, dass der Gesetzgeber die grundsätzliche Einführung der Anrechenbarkeit von Kindererziehungszeiten bei vor 1992 geborenen Kindern in beiden Systemen gleichzeitig - wenn auch inhaltlich unterschiedlich - vorgenommen hat, ihn nicht dazu, diese (vermeintliche) Parallelität bei der Fortentwicklung der Systeme beizubehalten. Bei dieser Argumentation der Klägerin bleibt insbesondere unbeachtet, dass es aufgrund der verhältnismäßig weiten Gestaltungsfreiheit, die Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber bietet, jeweils nicht der "gerechtesten", zweckmäßigsten oder vernünftigsten Regelung bedarf und der Gesetzgeber insbesondere frei ist, darüber zu befinden, was konkret als im Wesentlichen gleich und was als so verschieden anzusehen ist, dass die Verschiedenheit eine Ungleichbehandlung rechtfertigt. Er ist befugt, aus der Vielzahl der Lebenssachverhalte die Tatbestandsmerkmale auszuwählen, die für die Gleich- oder Ungleichbehandlung maßgebend sein sollen (BVerfG, Beschluss vom 30.09.1987 - 2 BvR 933/82 -, juris, Rn. 138 f. m.w.N. sowie Beschluss vom 13.06.1979 - 1 BvL 97/78 -, juris, Rn. 18). Dem Gesetzgeber bleibt es aus dem Gesichtspunkt des Art. 3 Abs. 1 GG mithin ebenso unbenommen, die vorhandenen Systemunterschiede zwischen der Sozialversicherung und der Beamtenversorgung bestehen zu lassen, wie er nicht gehalten war, die Verbesserung der rentenrechtlichen Anrechenbarkeit von Kindererziehungszeiten auf das System der Beamtenversorgung zu übertragen. Ob der Landesgesetzgeber eine Anpassung des § 106 Abs. 1 Satz 1 LBeamtVGBW vornimmt oder nicht, ist eine rein rechtspolitische, nicht aber eine - hier zu prüfende - rechtliche Frage.
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Insbesondere muss der Gesetzgeber die weitgehend verschieden ausgestalteten Systeme auch nicht isoliert im Hinblick auf den Aspekt der "Anrechenbarkeit von Kindererziehungszeiten" gleich behandeln. Soweit die Klägerin, die in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass sie die grundsätzliche Verschiedenartigkeit der beiden Systeme - Beamtenversorgung einerseits und gesetzliche Rentenversicherung andererseits - anerkennt, der Sache nach aber die Rechtsauffassung vertritt, der Gleichheitssatz gebiete vorliegend "nur" die Gleichbehandlung von gesetzlich Versicherten und Beamten bei der Anrechnung von Kindererziehungszeiten, folgt die Kammer dem nicht. Denn die Klägerin übersieht, dass auch bei diesem konkreten (Einzel-)Aspekt wesentliche Unterschiede zwischen den Versorgungssystemen bestehen. So stellt sich beispielsweise das Problem der Altersarmut speziell bei Frauen, deren Bekämpfung auch bei der Verabschiedung des RV-Leistungsverbesserungsgesetzes eine Rolle gespielt hat, in der Beamtenversorgung aufgrund des in § 27 Abs. 4 LBeamtVGBW vorgesehenen Mindestruhegehaltes nicht. Ebenso lässt die Klägerin außer Acht, dass sich das Ruhegehalt der Beamten und Beamtinnen aus der letzten erreichten Besoldungsstufe errechnen, während die Rentenhöhe von der Anzahl und Höhe der während des Versicherungslebens eingezahlten Beiträge abhängig ist und damit quasi ein Durchschnittsverdienst zur Grundlage der Berechnung gemacht wird, nicht aber das zuletzt erwirtschaftete Gehalt. Schon diese beiden - nur beispielhaft aus der Vielzahl der bestehenden Unterschiede herausgegriffenen - Punkte zeigen, dass die beiden Versorgungssysteme mit ihrem jeweils sehr komplexen Regelungsgefüge gerade nicht vergleichbar sind. Dessen ungeachtet scheidet eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung hier selbst dann aus, wenn man von einer Vergleichbarkeit der Systeme speziell mit Blick auf die Anrechnung von Kindererziehungszeiten ausginge. Denn Art. 3 Abs. 1 GG gebietet es nicht, Sachverhalte gleich zu behandeln, die einander nur hinsichtlich eines einzelnen Aspekts vergleichbar sein mögen, sich im Übrigen aber grundlegend unterscheiden (BSG, Urteil vom 20.12.2007, a.a.O., Rn. 70).
23 
b. Es besteht auch keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung zwischen Beamtinnen/Beamten, die von der Möglichkeit der Beurlaubung aus familienpolitischen Gründen Gebrauch machen, und solchen, die dies nicht tun, d.h. ihrer Dienstpflicht gegenüber dem Dienstherrn (ggf. auch in den Zeiträumen von Kindererziehung) uneingeschränkt nachkommen. Denn dem Gesetzgeber steht im Bereich der Beamtenversorgung ein weiter Gestaltungsspielraum zu, so dass er grundsätzlich an den Umstand, dass der/die Beamte/Beamtin, der oder die Erziehungszeiten in Anspruch nimmt, vom Leitbild des durchgängig tätigen, keine Erziehungszeit in Anspruch nehmenden Beamten abweicht, versorgungsrechtlich anknüpfen kann (vgl. hierzu den ähnlich gelagerten Fall der Differenzierung zwischen voll- und teilzeitbeschäftigten Beamten/Beamtinnen: BVerfG, Beschluss vom 18.06.2008 - 2 BvL 6/07 - juris, Rn. 67 ff.). Zutreffend weist der Beklagte insoweit darauf hin, dass es nicht sachwidrig ist, wenn der Gesetzgeber im Rahmen des ihm zustehenden Gestaltungsspielraumes die Höhe der nach Eintritt in den Ruhestand zu erbringenden Versorgungsleistung des Dienstherrn unter anderem in Anknüpfung an den zeitlichen Umfang der tatsächlichen Dauer der zurückgelegten (Lebens-)Dienstzeit des Beamten bemisst. Denn obwohl die Versorgung des Beamten keine bloße Gegenleistung für erbrachte Dienstleistungen darstellt, ist es doch nahe liegend, in Bezug auf die Höhe der Alimentationsleistung des Dienstherrn nach Ende der Lebensdienstzeit an den zeitlichen Gesamtumfang der in der zurückliegenden konkreten Dienstzeit des Beamten zum Ausdruck kommenden Umfang seines gegenüber dem Dienstherrn gezeigten persönlichen Engagements („Gegenleistung“ im weiteren Sinne) anzuknüpfen (vgl. hierzu VG Berlin, Urteil vom 31.05.2011 - 28 A 199.08 -, juris, Rn. 24).
24 
2. Die Kammer vermag ebenso nicht zu erkennen, dass die - geschlechtsneutral formulierte - Regelung des § 106 Abs. 1 Satz 1 LBeamtVGBW eine mittelbar geschlechtsdiskriminierende Regelung zu Lasten von Frauen darstellt.
25 
Nach Art. 3 Abs. 3 GG darf niemand wegen seines Geschlechts benachteiligt oder bevorzugt werden. Die Vorschrift konkretisiert und verstärkt den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, indem sie der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers engere Grenzen setzt. Das Geschlecht darf grundsätzlich nicht zum Anknüpfungspunkt und zur Rechtfertigung für rechtliche Ungleichbehandlungen benachteiligender oder bevorzugender Art herangezogen werden. Das gilt auch dann, wenn eine Regelung nicht auf eine nach Art. 3 Abs. 3 GG verbotene Ungleichbehandlung angelegt ist, sondern in erster Linie - oder gänzlich - andere Ziele verfolgt. Wenn der Gesetzgeber eine Gruppe nach sachlichen Merkmalen bestimmt, die nicht in Art. 3 Abs. 3 GG genannt sind, so ist diese Regelung an Art. 3 Abs. 1 GG zu messen. Etwas anderes gilt, wenn der vom Gesetzgeber gewählte, durch Art. 3 Abs. 3 GG nicht verbotene sachliche Anknüpfungspunkt in der gesellschaftlichen Wirklichkeit weitgehend nur für eine Gruppe zutrifft, oder die differenzierende Regelung sich weitgehend nur auf eine Gruppe im Sinne einer faktischen Benachteiligung auswirkt, deren Ungleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 3 GG strikt verboten ist (mittelbare Diskriminierung). Eine Anknüpfung an das Geschlecht kann deshalb auch dann vorliegen, wenn eine geschlechtsneutral formulierte Regelung überwiegend Frauen trifft und dies auf natürliche oder gesellschaftliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern zurückzuführen ist (BVerfG, Beschluss vom 18.06.2008 - 2 BvL 6/07 -, juris, Rn. 48 f.).
26 
Selbst unterstellt, dass in den Jahren vor dem Stichtag 01.01.1992 weit überproportional Frauen von der Möglichkeit der Beurlaubung aus familienpolitischen Gründen Gebrauch gemacht haben, und daher infolge der gesetzlich vorgegebenen Berechnungsweise typischerweise einen geringeren Ruhegehaltssatz als männliche Beamte erreichen, stellt diese versorgungsrechtliche Folge keine sachwidrige Ungleichbehandlung bzw. Diskriminierung wegen des Geschlechts dar. Die oben dargelegte Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers im Bereich der Beamtenversorgung endet zwar dort, wo sich die Regelungen in unverhältnismäßiger Weise benachteiligend für Beamte eines Geschlechts auswirken (BVerfG, Beschluss vom 18.06.2008 - 2 BvL 6/07 -, juris, Rn. 70). Die Regelung in § 106 Abs. 1 Satz 1 LBeamtVGBW, der zufolge ein Erziehungsurlaub im Umfang von sechs Monaten - mithin ein Zeitraum, in dem eine Beamtin ihrem Dienstherrn tatsächlich nicht zur Verfügung stand - als ruhegehaltfähige Dienstzeit anerkannt wird, wirkt sich jedoch zunächst einmal unmittelbar begünstigend auf die versorgungsrechtliche Situation der betroffenen Beamtinnen aus. Dass schließlich die von der Klägerin gerügte fehlende weitergehende Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten - etwa bis zum Ende des zwölften statt sechsten Lebensmonats des Kindes - Beamtinnen in einer Weise versorgungsrechtlich benachteiligt, die die Grenze der Unverhältnismäßigkeit überschreitet, vermag die Kammer nicht zu erkennen.
27 
Das Verwaltungsgericht Berlin hat in seinem Urteil vom 31.05.2011 - 28 A 199.08 - (juris) hierzu ausgeführt:
28 
„Selbst wenn berücksichtigt wird, dass der Staat grundsätzlich verpflichtet ist, die Grundlagen dafür zu schaffen, dass Familientätigkeit und Erwerbstätigkeit aufeinander abgestimmt werden können und die Wahrnehmung familiärer Aufgaben nicht zu unverhältnismäßigen beruflichen Nachteilen führt, und daher auch dafür Sorge zu tragen hat, dass es Eltern gleichermaßen möglich ist, zeitweise auf eine eigene Erwerbstätigkeit zu Gunsten der persönlichen Betreuung ihrer Kinder zu verzichten wie auch Familienaufgaben und Erwerbstätigkeit miteinander zu verbinden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18.06.2008 - 2 BvL 6/07 -, juris, Rn. 76), wird diese Möglichkeit durch die hier streitige proportionale Verringerung der Versorgungshöhe nicht in unzumutbarer Weise beschnitten. (...) Eine streng proportional zum zeitlichen Gesamtumfang der zurückgelegten Dienstzeit bemessene Versorgung wie die vorliegend Streitige belastet die betroffenen weiblichen Beamten auch nicht mit unverhältnismäßigen finanziellen Einbußen. Bereits mit der ungeachtet der grundsätzlich umfassenden Dienstleistungspflicht von Beamten (auch) im Beamtenverhältnis erfolgten rechtlichen Eröffnung der Möglichkeit von Beurlaubungen und Teilzeitbeschäftigungen, die die Erfüllung familiärer Aufgaben ohne Verlust des Arbeitsplatzes eröffnen, hat der Gesetzgeber eine mit Blick auf Art. 6 GG legitime Privilegierung auch der im Beamtenverhältnis stehenden Eltern geschaffen, die allerdings insofern „unvollkommen“ erscheinen mag, als während dieser privat genutzten familiären Betreuungszeiten weder Besoldung gezahlt wird noch diese Zeiten versorgungsrechtlich in vollem Umfange als „Dienstzeiten“ gelten. Eine unverhältnismäßige Benachteiligung ("Diskriminierung") von (...) Beamtinnen, die von der Möglichkeit der Beurlaubung aus familienpolitischen Gründen Gebrauch gemacht haben, gegenüber denjenigen Beamten, die ihrer Dienstpflicht gegenüber dem Dienstherrn in diesen Zeiträumen uneingeschränkt nachkommen, kann erst dann angenommen werden, soweit die versorgungsrechtlichen Nachteile nicht strikt proportional zu der Verkürzung der Lebens-Dienstzeit erfolgen.“
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Diesen überzeugenden Ausführungen schließt sich die Kammer nach sorgfältiger eigener Überprüfung an. Die Kammer geht ebenfalls davon aus, dass es sich bei der - mit der Ausnahme der Betreuungszeit der ersten sechs Monate nach der Geburt - (grundsätzlichen) Nichtberücksichtigung von Beurlaubungen zur Kinderbetreuung nicht um eine „überproportionale“, d.h. nicht der Reduzierung der Dienstzeit entsprechende Verminderung der Versorgungsleistungen handelt. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Berlin auch durch die zeitlich nachfolgenden Gesetzesänderungen zur verbesserten Anrechenbarkeit von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht überholt. Denn diese Veränderungen betreffen allein die rentenversicherungsrechtliche Gesetzeslage, nicht aber die beamtenrechtliche Versorgung. Allein der Umstand, dass durch das RV-Leistungsverbesserungsgesetz die bereits bestehende Differenz zwischen den anrechenbaren Kindererziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder in der gesetzlichen Rentenversicherung und in der Beamtenversorgung um (weitere) zwölf Monate angehoben wurde, rechtfertigt kein anderes Ergebnis.
30 
3. Die Klägerin kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, es liege ein Verstoß gegen Art. 157 AEUV vor. Nach dieser Vorschrift stellt jeder Mitgliedstaat die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit sicher, wobei nach Absatz 2 der Vorschrift unter „Entgelt“ die üblichen Grund- oder Mindestlöhne und -gehälter sowie alle sonstigen Vergütungen zu verstehen sind, die der Arbeitgeber aufgrund des Dienstverhältnisses dem Arbeitnehmer unmittelbar oder mittelbar in bar oder in Sachleistungen zahlt.
31 
Diese Vorschrift ist vorliegend zwar anwendbar. Denn unter „Entgelt“ im Sinne des Absatzes 2 fallen auch Leistungen der Altersvorsorge, die nach Grund und Höhe an ein Beschäftigungsverhältnis anknüpfen (vgl. EuGH, Urteil vom 22.11.2012 - C-385/11 - [Elbal Moreno], juris, Rn. 20), wozu auch die Versorgung des öffentlichen Dienstes gehört (vgl. EuGH, Urteil vom 28.09.1994 - C-7/93 - [Breune], juris, Rn. 19 ff., 42; Urteil vom 29.11.2001 - C-366/99 - [Griesmar], juris Rn. 25 ff.). Ein Ruhegehalt nach dem Landesbeamtenversorgungsgesetz fällt damit in den Anwendungsbereich des Art. 157 Abs. 2 AEUV (vgl. ausführlich und mit weiteren Nachweisen aus der Rspr. des EuGH: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.12.2015 - 4 S 1211/14 -, juris, Rn. 31, 32 zum Beamtenversorgungsgesetz).
32 
Selbst wenn man davon ausginge, dass von der Bestimmung des § 106 Abs. 1 Satz 1 LBeamtVGBW überwiegend Frauen betroffen sind und hieraus eine mittelbare Entgeltdiskriminierung aufgrund des Geschlechts ableitete, ist diese jedenfalls aus den oben unter 2. genannten Gründen gerechtfertigt. Denn mittelbare Benachteiligungen aufgrund des Geschlechts verstoßen dann nicht gegen Art. 157 AEUV, wenn die streitige Maßnahme durch objektive Faktoren - wie hier infolge der Anknüpfung an die geleistete Dienstzeit - gerechtfertigt ist, die nicht mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben (EuGH, Urteil vom 30.03.2000 - C-236/98 - [Jämo], juris Rn. 50).
33 
4. Aus Art. 6 GG ergibt sich ebenfalls keine über den gesetzlichen Rahmen hinausgehende verfassungsrechtliche Verpflichtung des Beklagten zu einem höheren versorgungsrechtlichen Ausgleich der erziehungsbedingten Beurlaubungen der Klägerin. Während durch Art. 6 GG dem Staat abwehrrechtlich untersagt ist, durch belastende Maßnahmen Ehe und Familie zu schädigen oder in sonstiger Weise zu beeinträchtigen, umschreibt die Norm positiv die Aufgabe des Staates, Ehe und Familie soweit erforderlich durch geeignete Maßnahmen zu fördern (BVerfG, Beschluss vom 17.01.1957 - 1 BvL 4/54 -, juris, Rn. 76). Daraus folgt aber nicht, dass der Staat jegliche finanzielle Belastung der Familie auszugleichen hat. Vielmehr besitzt der Gesetzgeber bei Regelungen, die die Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber dem Beamten konkretisieren, auch unter dem Blickwinkel des Art. 6 Abs. 1 GG einen weiten Gestaltungsspielraum (BVerwG, Urteil vom 01.09.2005 - 2 C 15/04 -, juris, Rn. 25 m.w.N. aus der Rspr.).
34 
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Das Gericht sieht gemäß § 167 Abs. 2 VwGO davon ab, die Entscheidung hinsichtlich der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
35 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO liegen nicht vor. Insbesondere vermag die Kammer eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache hier nicht zu erkennen (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Zwar hat - was auf der Hand liegt - die Frage der aus Gleichheitsaspekten möglicherweise erforderlichen weitergehenden Anrechnungsfähigkeit von Erziehungsurlaubszeiten als ruhegehaltsfähige Dienstzeiten eine über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung für eine Vielzahl vergleichbarer Fälle. In Anbetracht der existierenden obergerichtlichen Rechtsprechung zur Frage der (nicht gegebenen) Vergleichbarkeit der verschiedenen Versorgungssysteme, fehlt es nach Auffassung der Kammer aber an der Klärungsbedürftigkeit dieser Rechtsfrage.

Gründe

 
14 
Die Klage ist mit dem zuletzt gestellten Klageantrag zulässig. Insbesondere liegt in der Umstellung des ursprünglichen Verpflichtungsantrags auf einen Feststellungsantrag (zur Statthaftigkeit der Feststellungsklage bei Geltendmachung, die Besoldung bzw. Versorgung genüge verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht: vgl. BVerwG, Urteil vom 21.09.2017 - 2 C 30/16 -, juris, Rn. 8 sowie Urteil vom 19.12.2002 - 2 C 34/01 -, juris, Rn. 11; jeweils m.w.N. aus der Rspr.), wie sie in der mündlichen Verhandlung erfolgt ist, keine nach § 91 VwGO zu behandelnde Klageänderung. Denn mangels Änderung des Klagegrundes stellt sich der hier vorgenommene Wechsel der Klageart als reine Konkretisierung des klägerischen Begehrens dar, das gegenüber dem ursprünglichen Verpflichtungsbegehren zudem ein Minus darstellt (vgl. Ortloff/Riese in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 33. EL Juni 2017, § 91 Rn. 24, 29, 32).
15 
Die danach als Feststellungsklage zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg.
16 
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung, denn die Anrechnung ruhegehaltfähiger Dienstzeiten für Erziehungsurlaubszeiten im Umfang von (nur) sechs - statt zwölf - Monaten gemäß § 106 Abs. 1 Satz 1 LBeamtVGBW ist mit Verfassungsrecht vereinbar. Die Regelung verletzt weder den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG, hierzu 1.) noch den spezielle Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 3 GG, hierzu 2.), Art. 157 AEUV (3.) oder den in Art. 6 GG verankerten Schutz von Ehe und Familie (4.)
17 
1. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht verletzt. Dies gilt sowohl mit Blick auf die von der Klägerin gerügte Ungleichbehandlung gegenüber Rentnerinnen (hierzu a.) als auch gegenüber Beamtinnen/Beamten, die von der Möglichkeit der Beurlaubung aus familienpolitischen Gründen keinen Gebrauch machen (hierzu b.).
18 
Der verfassungsrechtliche Gleichheitssatz verbietet - auch im Bereich des Besoldungs- und Versorgungsrechts -, wesentlich Gleiches willkürlich ungleich und wesentlich Ungleiches willkürlich gleich zu behandeln. Dieses Verbot ist verletzt, wenn die (un)gleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte mit Gesetzlichkeiten, die in der Natur der Sache selbst liegen, und mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise nicht mehr vereinbar ist, also bezogen auf den jeweils in Rede stehenden Sachbereich und seine Eigenart ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die gesetzliche Regelung fehlt. Aufgrund der verhältnismäßig weiten Gestaltungsfreiheit, die Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber bei Regelungen des Besoldungs- und Versorgungsrechts belässt, ist nicht zu überprüfen, ob der Gesetzgeber die gerechteste, zweckmäßigste und vernünftigste Regelung getroffen hat (BVerfG, Beschluss vom 30.09.1987 - 2 BvR 933/82 -, juris, Rn. 138 f. m.w.N.).
19 
a. Wie die Klägerin zutreffend darlegt, ist bei der Berechnung der Versorgungsbezüge von Beamten/Beamtinnen im Alter nach der maßgeblichen Norm des § 106 Abs. 1 Satz 1 LBeamtVGBW für vor dem 01.01.1992 geborene Kinder die Zeit eines Erziehungsurlaubs nur bis zu dem Tag ruhegehaltfähig, an dem das Kind sechs Monate alt wird. Für gesetzlich Rentenversicherte endet die Kindererziehungszeit für ein vor dem 01.01.1992 geborenes Kind nach § 249 Abs. 1 SGB VI hingegen erst 24 Kalendermonate nach Ablauf des Monats der Geburt. Eine nach den vorangestellten Maßstäben im Widerspruch zu Art. 3 Abs. 1 GG stehende Ungleichbehandlung von Beamten/Beamtinnen gegenüber gesetzlich Rentenversicherten vermag die Kammer darin jedoch nicht zu erkennen.
20 
Denn die Versorgungsregelung der Ruhestandsbeamten und ihrer Hinterbliebenen gehört einem Sachbereich an, der sich seit jeher und noch heute von den Versorgungsregelungen für gesetzlich Rentenversicherte und ihre Hinterbliebenen strukturell in so erheblicher Weise unterscheidet, dass beide Versorgungssysteme im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG nicht vergleichbar sind bzw. eine unterschiedliche Ausgestaltung dieser beiden Bereiche gerechtfertigt ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11.04.1967 - 2 BvL 3/62 -, juris; BVerwG, Urteil vom 01.09.2005 - 2 C 15/04 -, juris Rn. 22; BSG, Urteil vom 20.12.2007 - B 4 RA 9/05 -, juris, Rn. 69 m.w.N.). Die Beamtenversorgung auf der einen Seite beruht auf einem lebenslangen besonderen Dienst- und Treueverhältnis zwischen Dienstherrn und Beamten. Sie geht von einer amtsangemessenen Alimentation aus, wird aus Steuern finanziert und ist in Art. 33 Abs. 5 GG verankert. Die gesetzliche Rentenversicherung ist hingegen als von öffentlich-rechtlichen Körperschaften durchgeführte Zwangsversicherung organisiert, wobei Ansprüche durch die Beiträge der Versicherten, der Arbeitgeber und Dritter sowie im Bereich versicherungsfremder Leistungen durch Steuern gedeckt werden. Sie ist geprägt vom Gedanken des sozialen Ausgleichs. Im Grundgesetz selbst ist diese Unterscheidung in verschiedene Altersversorgungssysteme angelegt, wie der Blick einerseits auf Art. 33 Abs. 5 GG, wonach das Recht des öffentlichen Diensts unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln ist, und andererseits auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG, in dem dem Bund die konkurrierende Gesetzgebungsbefugnis für das Recht der Sozialversicherung eingeräumt ist, belegt. Diese Unterscheidung ist nicht willkürlich, sondern knüpft an historische Entwicklungen an (vgl. BayLSG, Urteil vom 26.02.2013 - L 1 R 407/11 -, juris, Rn. 30).
21 
Ohne Erfolg wendet die Klägerin ein, weder das gesellschaftliche Erfordernis einer Verbesserung der Anerkennung von Erziehungsleistungen bei vor 1992 geborenen Kindern noch die familiäre/familienpolitische Situation der betroffenen Eltern lasse sich auf ein spezifisches Versorgungssystem begrenzen, weshalb die Situation der Betroffenen in beiden Systemen vergleichbar sei, zumal die verbesserte Anerkennung der Kindererziehung in der Rentenversicherung als insoweit „versicherungsfremde“ Leistung nicht aus Beitrags-, sondern - wie die Beamtenversorgung generell - aus Steuermitteln finanziert werde. Abgesehen davon, dass diese Behauptung der Klägerin zur Finanzierung der sog. Mütterrente für Zeiten der Erziehung von vor dem 01.01.1992 geborenen Kindern nicht zutreffen dürfte (vgl. u.a. T. Kingreen, Gastkommentar in Süddeutsche Zeitung vom 04.11.2016, abrufbar unter: http://www.sueddeutsche.de/politik/gastkommentar-mamma-mia-1.3235286 sowie sozialversicherung-kompetent.de, „Mütterrente - Bessere Honorierung von Kindererziehung“ vom 02.09.2017, abrufbar unter: https://sozialversicherung-kompetent.de/rentenversicherung/leistungsrecht/571-muetterrente.html), überzeugt diese Argumentation nicht. Denn auch die Tatsache, dass durch das RV-Leistungsverbesserungsgesetz der ohnehin schon bestehende Unterschied zwischen den anrechenbaren Kindererziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder in der gesetzlichen Rentenversicherung und in der Beamtenversorgung weiter vergrößert wurde, vermag nichts daran zu ändern, dass die jeweiligen Normadressaten unterschiedlichen Regelungs- bzw. Versorgungsystemen unterworfen sind, die eigenständige, in das jeweilige Gesamtsystem eingebettete Lösungen für diese Frage vorsehen können und auch tatsächlich vorsehen. Anders als die Klägerin meint, zwingt auch allein der Umstand, dass der Gesetzgeber die grundsätzliche Einführung der Anrechenbarkeit von Kindererziehungszeiten bei vor 1992 geborenen Kindern in beiden Systemen gleichzeitig - wenn auch inhaltlich unterschiedlich - vorgenommen hat, ihn nicht dazu, diese (vermeintliche) Parallelität bei der Fortentwicklung der Systeme beizubehalten. Bei dieser Argumentation der Klägerin bleibt insbesondere unbeachtet, dass es aufgrund der verhältnismäßig weiten Gestaltungsfreiheit, die Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber bietet, jeweils nicht der "gerechtesten", zweckmäßigsten oder vernünftigsten Regelung bedarf und der Gesetzgeber insbesondere frei ist, darüber zu befinden, was konkret als im Wesentlichen gleich und was als so verschieden anzusehen ist, dass die Verschiedenheit eine Ungleichbehandlung rechtfertigt. Er ist befugt, aus der Vielzahl der Lebenssachverhalte die Tatbestandsmerkmale auszuwählen, die für die Gleich- oder Ungleichbehandlung maßgebend sein sollen (BVerfG, Beschluss vom 30.09.1987 - 2 BvR 933/82 -, juris, Rn. 138 f. m.w.N. sowie Beschluss vom 13.06.1979 - 1 BvL 97/78 -, juris, Rn. 18). Dem Gesetzgeber bleibt es aus dem Gesichtspunkt des Art. 3 Abs. 1 GG mithin ebenso unbenommen, die vorhandenen Systemunterschiede zwischen der Sozialversicherung und der Beamtenversorgung bestehen zu lassen, wie er nicht gehalten war, die Verbesserung der rentenrechtlichen Anrechenbarkeit von Kindererziehungszeiten auf das System der Beamtenversorgung zu übertragen. Ob der Landesgesetzgeber eine Anpassung des § 106 Abs. 1 Satz 1 LBeamtVGBW vornimmt oder nicht, ist eine rein rechtspolitische, nicht aber eine - hier zu prüfende - rechtliche Frage.
22 
Insbesondere muss der Gesetzgeber die weitgehend verschieden ausgestalteten Systeme auch nicht isoliert im Hinblick auf den Aspekt der "Anrechenbarkeit von Kindererziehungszeiten" gleich behandeln. Soweit die Klägerin, die in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass sie die grundsätzliche Verschiedenartigkeit der beiden Systeme - Beamtenversorgung einerseits und gesetzliche Rentenversicherung andererseits - anerkennt, der Sache nach aber die Rechtsauffassung vertritt, der Gleichheitssatz gebiete vorliegend "nur" die Gleichbehandlung von gesetzlich Versicherten und Beamten bei der Anrechnung von Kindererziehungszeiten, folgt die Kammer dem nicht. Denn die Klägerin übersieht, dass auch bei diesem konkreten (Einzel-)Aspekt wesentliche Unterschiede zwischen den Versorgungssystemen bestehen. So stellt sich beispielsweise das Problem der Altersarmut speziell bei Frauen, deren Bekämpfung auch bei der Verabschiedung des RV-Leistungsverbesserungsgesetzes eine Rolle gespielt hat, in der Beamtenversorgung aufgrund des in § 27 Abs. 4 LBeamtVGBW vorgesehenen Mindestruhegehaltes nicht. Ebenso lässt die Klägerin außer Acht, dass sich das Ruhegehalt der Beamten und Beamtinnen aus der letzten erreichten Besoldungsstufe errechnen, während die Rentenhöhe von der Anzahl und Höhe der während des Versicherungslebens eingezahlten Beiträge abhängig ist und damit quasi ein Durchschnittsverdienst zur Grundlage der Berechnung gemacht wird, nicht aber das zuletzt erwirtschaftete Gehalt. Schon diese beiden - nur beispielhaft aus der Vielzahl der bestehenden Unterschiede herausgegriffenen - Punkte zeigen, dass die beiden Versorgungssysteme mit ihrem jeweils sehr komplexen Regelungsgefüge gerade nicht vergleichbar sind. Dessen ungeachtet scheidet eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung hier selbst dann aus, wenn man von einer Vergleichbarkeit der Systeme speziell mit Blick auf die Anrechnung von Kindererziehungszeiten ausginge. Denn Art. 3 Abs. 1 GG gebietet es nicht, Sachverhalte gleich zu behandeln, die einander nur hinsichtlich eines einzelnen Aspekts vergleichbar sein mögen, sich im Übrigen aber grundlegend unterscheiden (BSG, Urteil vom 20.12.2007, a.a.O., Rn. 70).
23 
b. Es besteht auch keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung zwischen Beamtinnen/Beamten, die von der Möglichkeit der Beurlaubung aus familienpolitischen Gründen Gebrauch machen, und solchen, die dies nicht tun, d.h. ihrer Dienstpflicht gegenüber dem Dienstherrn (ggf. auch in den Zeiträumen von Kindererziehung) uneingeschränkt nachkommen. Denn dem Gesetzgeber steht im Bereich der Beamtenversorgung ein weiter Gestaltungsspielraum zu, so dass er grundsätzlich an den Umstand, dass der/die Beamte/Beamtin, der oder die Erziehungszeiten in Anspruch nimmt, vom Leitbild des durchgängig tätigen, keine Erziehungszeit in Anspruch nehmenden Beamten abweicht, versorgungsrechtlich anknüpfen kann (vgl. hierzu den ähnlich gelagerten Fall der Differenzierung zwischen voll- und teilzeitbeschäftigten Beamten/Beamtinnen: BVerfG, Beschluss vom 18.06.2008 - 2 BvL 6/07 - juris, Rn. 67 ff.). Zutreffend weist der Beklagte insoweit darauf hin, dass es nicht sachwidrig ist, wenn der Gesetzgeber im Rahmen des ihm zustehenden Gestaltungsspielraumes die Höhe der nach Eintritt in den Ruhestand zu erbringenden Versorgungsleistung des Dienstherrn unter anderem in Anknüpfung an den zeitlichen Umfang der tatsächlichen Dauer der zurückgelegten (Lebens-)Dienstzeit des Beamten bemisst. Denn obwohl die Versorgung des Beamten keine bloße Gegenleistung für erbrachte Dienstleistungen darstellt, ist es doch nahe liegend, in Bezug auf die Höhe der Alimentationsleistung des Dienstherrn nach Ende der Lebensdienstzeit an den zeitlichen Gesamtumfang der in der zurückliegenden konkreten Dienstzeit des Beamten zum Ausdruck kommenden Umfang seines gegenüber dem Dienstherrn gezeigten persönlichen Engagements („Gegenleistung“ im weiteren Sinne) anzuknüpfen (vgl. hierzu VG Berlin, Urteil vom 31.05.2011 - 28 A 199.08 -, juris, Rn. 24).
24 
2. Die Kammer vermag ebenso nicht zu erkennen, dass die - geschlechtsneutral formulierte - Regelung des § 106 Abs. 1 Satz 1 LBeamtVGBW eine mittelbar geschlechtsdiskriminierende Regelung zu Lasten von Frauen darstellt.
25 
Nach Art. 3 Abs. 3 GG darf niemand wegen seines Geschlechts benachteiligt oder bevorzugt werden. Die Vorschrift konkretisiert und verstärkt den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, indem sie der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers engere Grenzen setzt. Das Geschlecht darf grundsätzlich nicht zum Anknüpfungspunkt und zur Rechtfertigung für rechtliche Ungleichbehandlungen benachteiligender oder bevorzugender Art herangezogen werden. Das gilt auch dann, wenn eine Regelung nicht auf eine nach Art. 3 Abs. 3 GG verbotene Ungleichbehandlung angelegt ist, sondern in erster Linie - oder gänzlich - andere Ziele verfolgt. Wenn der Gesetzgeber eine Gruppe nach sachlichen Merkmalen bestimmt, die nicht in Art. 3 Abs. 3 GG genannt sind, so ist diese Regelung an Art. 3 Abs. 1 GG zu messen. Etwas anderes gilt, wenn der vom Gesetzgeber gewählte, durch Art. 3 Abs. 3 GG nicht verbotene sachliche Anknüpfungspunkt in der gesellschaftlichen Wirklichkeit weitgehend nur für eine Gruppe zutrifft, oder die differenzierende Regelung sich weitgehend nur auf eine Gruppe im Sinne einer faktischen Benachteiligung auswirkt, deren Ungleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 3 GG strikt verboten ist (mittelbare Diskriminierung). Eine Anknüpfung an das Geschlecht kann deshalb auch dann vorliegen, wenn eine geschlechtsneutral formulierte Regelung überwiegend Frauen trifft und dies auf natürliche oder gesellschaftliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern zurückzuführen ist (BVerfG, Beschluss vom 18.06.2008 - 2 BvL 6/07 -, juris, Rn. 48 f.).
26 
Selbst unterstellt, dass in den Jahren vor dem Stichtag 01.01.1992 weit überproportional Frauen von der Möglichkeit der Beurlaubung aus familienpolitischen Gründen Gebrauch gemacht haben, und daher infolge der gesetzlich vorgegebenen Berechnungsweise typischerweise einen geringeren Ruhegehaltssatz als männliche Beamte erreichen, stellt diese versorgungsrechtliche Folge keine sachwidrige Ungleichbehandlung bzw. Diskriminierung wegen des Geschlechts dar. Die oben dargelegte Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers im Bereich der Beamtenversorgung endet zwar dort, wo sich die Regelungen in unverhältnismäßiger Weise benachteiligend für Beamte eines Geschlechts auswirken (BVerfG, Beschluss vom 18.06.2008 - 2 BvL 6/07 -, juris, Rn. 70). Die Regelung in § 106 Abs. 1 Satz 1 LBeamtVGBW, der zufolge ein Erziehungsurlaub im Umfang von sechs Monaten - mithin ein Zeitraum, in dem eine Beamtin ihrem Dienstherrn tatsächlich nicht zur Verfügung stand - als ruhegehaltfähige Dienstzeit anerkannt wird, wirkt sich jedoch zunächst einmal unmittelbar begünstigend auf die versorgungsrechtliche Situation der betroffenen Beamtinnen aus. Dass schließlich die von der Klägerin gerügte fehlende weitergehende Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten - etwa bis zum Ende des zwölften statt sechsten Lebensmonats des Kindes - Beamtinnen in einer Weise versorgungsrechtlich benachteiligt, die die Grenze der Unverhältnismäßigkeit überschreitet, vermag die Kammer nicht zu erkennen.
27 
Das Verwaltungsgericht Berlin hat in seinem Urteil vom 31.05.2011 - 28 A 199.08 - (juris) hierzu ausgeführt:
28 
„Selbst wenn berücksichtigt wird, dass der Staat grundsätzlich verpflichtet ist, die Grundlagen dafür zu schaffen, dass Familientätigkeit und Erwerbstätigkeit aufeinander abgestimmt werden können und die Wahrnehmung familiärer Aufgaben nicht zu unverhältnismäßigen beruflichen Nachteilen führt, und daher auch dafür Sorge zu tragen hat, dass es Eltern gleichermaßen möglich ist, zeitweise auf eine eigene Erwerbstätigkeit zu Gunsten der persönlichen Betreuung ihrer Kinder zu verzichten wie auch Familienaufgaben und Erwerbstätigkeit miteinander zu verbinden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18.06.2008 - 2 BvL 6/07 -, juris, Rn. 76), wird diese Möglichkeit durch die hier streitige proportionale Verringerung der Versorgungshöhe nicht in unzumutbarer Weise beschnitten. (...) Eine streng proportional zum zeitlichen Gesamtumfang der zurückgelegten Dienstzeit bemessene Versorgung wie die vorliegend Streitige belastet die betroffenen weiblichen Beamten auch nicht mit unverhältnismäßigen finanziellen Einbußen. Bereits mit der ungeachtet der grundsätzlich umfassenden Dienstleistungspflicht von Beamten (auch) im Beamtenverhältnis erfolgten rechtlichen Eröffnung der Möglichkeit von Beurlaubungen und Teilzeitbeschäftigungen, die die Erfüllung familiärer Aufgaben ohne Verlust des Arbeitsplatzes eröffnen, hat der Gesetzgeber eine mit Blick auf Art. 6 GG legitime Privilegierung auch der im Beamtenverhältnis stehenden Eltern geschaffen, die allerdings insofern „unvollkommen“ erscheinen mag, als während dieser privat genutzten familiären Betreuungszeiten weder Besoldung gezahlt wird noch diese Zeiten versorgungsrechtlich in vollem Umfange als „Dienstzeiten“ gelten. Eine unverhältnismäßige Benachteiligung ("Diskriminierung") von (...) Beamtinnen, die von der Möglichkeit der Beurlaubung aus familienpolitischen Gründen Gebrauch gemacht haben, gegenüber denjenigen Beamten, die ihrer Dienstpflicht gegenüber dem Dienstherrn in diesen Zeiträumen uneingeschränkt nachkommen, kann erst dann angenommen werden, soweit die versorgungsrechtlichen Nachteile nicht strikt proportional zu der Verkürzung der Lebens-Dienstzeit erfolgen.“
29 
Diesen überzeugenden Ausführungen schließt sich die Kammer nach sorgfältiger eigener Überprüfung an. Die Kammer geht ebenfalls davon aus, dass es sich bei der - mit der Ausnahme der Betreuungszeit der ersten sechs Monate nach der Geburt - (grundsätzlichen) Nichtberücksichtigung von Beurlaubungen zur Kinderbetreuung nicht um eine „überproportionale“, d.h. nicht der Reduzierung der Dienstzeit entsprechende Verminderung der Versorgungsleistungen handelt. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Berlin auch durch die zeitlich nachfolgenden Gesetzesänderungen zur verbesserten Anrechenbarkeit von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht überholt. Denn diese Veränderungen betreffen allein die rentenversicherungsrechtliche Gesetzeslage, nicht aber die beamtenrechtliche Versorgung. Allein der Umstand, dass durch das RV-Leistungsverbesserungsgesetz die bereits bestehende Differenz zwischen den anrechenbaren Kindererziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder in der gesetzlichen Rentenversicherung und in der Beamtenversorgung um (weitere) zwölf Monate angehoben wurde, rechtfertigt kein anderes Ergebnis.
30 
3. Die Klägerin kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, es liege ein Verstoß gegen Art. 157 AEUV vor. Nach dieser Vorschrift stellt jeder Mitgliedstaat die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit sicher, wobei nach Absatz 2 der Vorschrift unter „Entgelt“ die üblichen Grund- oder Mindestlöhne und -gehälter sowie alle sonstigen Vergütungen zu verstehen sind, die der Arbeitgeber aufgrund des Dienstverhältnisses dem Arbeitnehmer unmittelbar oder mittelbar in bar oder in Sachleistungen zahlt.
31 
Diese Vorschrift ist vorliegend zwar anwendbar. Denn unter „Entgelt“ im Sinne des Absatzes 2 fallen auch Leistungen der Altersvorsorge, die nach Grund und Höhe an ein Beschäftigungsverhältnis anknüpfen (vgl. EuGH, Urteil vom 22.11.2012 - C-385/11 - [Elbal Moreno], juris, Rn. 20), wozu auch die Versorgung des öffentlichen Dienstes gehört (vgl. EuGH, Urteil vom 28.09.1994 - C-7/93 - [Breune], juris, Rn. 19 ff., 42; Urteil vom 29.11.2001 - C-366/99 - [Griesmar], juris Rn. 25 ff.). Ein Ruhegehalt nach dem Landesbeamtenversorgungsgesetz fällt damit in den Anwendungsbereich des Art. 157 Abs. 2 AEUV (vgl. ausführlich und mit weiteren Nachweisen aus der Rspr. des EuGH: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.12.2015 - 4 S 1211/14 -, juris, Rn. 31, 32 zum Beamtenversorgungsgesetz).
32 
Selbst wenn man davon ausginge, dass von der Bestimmung des § 106 Abs. 1 Satz 1 LBeamtVGBW überwiegend Frauen betroffen sind und hieraus eine mittelbare Entgeltdiskriminierung aufgrund des Geschlechts ableitete, ist diese jedenfalls aus den oben unter 2. genannten Gründen gerechtfertigt. Denn mittelbare Benachteiligungen aufgrund des Geschlechts verstoßen dann nicht gegen Art. 157 AEUV, wenn die streitige Maßnahme durch objektive Faktoren - wie hier infolge der Anknüpfung an die geleistete Dienstzeit - gerechtfertigt ist, die nicht mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben (EuGH, Urteil vom 30.03.2000 - C-236/98 - [Jämo], juris Rn. 50).
33 
4. Aus Art. 6 GG ergibt sich ebenfalls keine über den gesetzlichen Rahmen hinausgehende verfassungsrechtliche Verpflichtung des Beklagten zu einem höheren versorgungsrechtlichen Ausgleich der erziehungsbedingten Beurlaubungen der Klägerin. Während durch Art. 6 GG dem Staat abwehrrechtlich untersagt ist, durch belastende Maßnahmen Ehe und Familie zu schädigen oder in sonstiger Weise zu beeinträchtigen, umschreibt die Norm positiv die Aufgabe des Staates, Ehe und Familie soweit erforderlich durch geeignete Maßnahmen zu fördern (BVerfG, Beschluss vom 17.01.1957 - 1 BvL 4/54 -, juris, Rn. 76). Daraus folgt aber nicht, dass der Staat jegliche finanzielle Belastung der Familie auszugleichen hat. Vielmehr besitzt der Gesetzgeber bei Regelungen, die die Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber dem Beamten konkretisieren, auch unter dem Blickwinkel des Art. 6 Abs. 1 GG einen weiten Gestaltungsspielraum (BVerwG, Urteil vom 01.09.2005 - 2 C 15/04 -, juris, Rn. 25 m.w.N. aus der Rspr.).
34 
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Das Gericht sieht gemäß § 167 Abs. 2 VwGO davon ab, die Entscheidung hinsichtlich der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
35 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO liegen nicht vor. Insbesondere vermag die Kammer eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache hier nicht zu erkennen (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Zwar hat - was auf der Hand liegt - die Frage der aus Gleichheitsaspekten möglicherweise erforderlichen weitergehenden Anrechnungsfähigkeit von Erziehungsurlaubszeiten als ruhegehaltsfähige Dienstzeiten eine über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung für eine Vielzahl vergleichbarer Fälle. In Anbetracht der existierenden obergerichtlichen Rechtsprechung zur Frage der (nicht gegebenen) Vergleichbarkeit der verschiedenen Versorgungssysteme, fehlt es nach Auffassung der Kammer aber an der Klärungsbedürftigkeit dieser Rechtsfrage.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 20. Feb. 2018 - 5 K 4853/16

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Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 20. Feb. 2018 - 5 K 4853/16 zitiert 15 §§.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

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(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

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(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

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(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc

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(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten. (2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte. (3) Der Genuß bürgerlicher und st

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(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. (2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersp

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 74


(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete: 1. das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 249 Beitragszeiten wegen Kindererziehung


(1) Die Kindererziehungszeit für ein vor dem 1. Januar 1992 geborenes Kind endet 30 Kalendermonate nach Ablauf des Monats der Geburt. (2) Bei der Anrechnung einer Kindererziehungszeit steht der Erziehung im Inland die Erziehung im jeweiligen Gelt

Beamtenversorgungsgesetz - BeamtVG | § 106 Verweisung auf aufgehobene Vorschriften


Soweit in Gesetzen und Verordnungen auf Vorschriften oder Bezeichnungen verwiesen wird, die durch dieses Gesetz außer Kraft treten oder aufgehoben werden, treten an ihre Stelle die entsprechenden Vorschriften oder die Bezeichnungen dieses Gesetzes.

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Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 20. Feb. 2018 - 5 K 4853/16 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 20. Feb. 2018 - 5 K 4853/16 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 21. Sept. 2017 - 2 C 30/16

bei uns veröffentlicht am 21.09.2017

Tatbestand 1 Der Kläger steht als Professor (Besoldungsgruppe W 2) im Dienste des beklagten Landes. Er erhält gemäß einer Berufungsvereinbarung aus dem Jahr 2009 neben d

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 17. Dez. 2015 - 4 S 1211/14

bei uns veröffentlicht am 17.12.2015

Tenor Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 20. Mai 2014 - 1 K 123/12 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor wie folgt gefasst wird:Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger Versorgungsbe

Referenzen

(1) Die Kindererziehungszeit für ein vor dem 1. Januar 1992 geborenes Kind endet 30 Kalendermonate nach Ablauf des Monats der Geburt.

(2) Bei der Anrechnung einer Kindererziehungszeit steht der Erziehung im Inland die Erziehung im jeweiligen Geltungsbereich der Reichsversicherungsgesetze gleich. Dies gilt nicht, wenn Beitragszeiten während desselben Zeitraums aufgrund einer Versicherungslastregelung mit einem anderen Staat nicht in die Versicherungslast der Bundesrepublik Deutschland fallen würden.

(3) (weggefallen)

(4) Ein Elternteil ist von der Anrechnung einer Kindererziehungszeit ausgeschlossen, wenn er vor dem 1. Januar 1921 geboren ist.

(5) Für die Feststellung der Tatsachen, die für die Anrechnung von Kindererziehungszeiten vor dem 1. Januar 1986 erheblich sind, genügt es, wenn sie glaubhaft gemacht sind.

(6) Ist die Mutter vor dem 1. Januar 1986 gestorben, wird die Kindererziehungszeit insgesamt dem Vater zugeordnet.

(7) Bei Folgerenten, die die Voraussetzungen nach § 88 Absatz 1 oder 2 erfüllen und für die ein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten nach § 307d Absatz 1 Satz 1 zu berücksichtigen ist, endet die Kindererziehungszeit für ein vor dem 1. Januar 1992 geborenes Kind zwölf Kalendermonate nach Ablauf des Monats der Geburt. Die Kindererziehungszeit endet 24 Kalendermonate nach Ablauf des Monats der Geburt, wenn ausschließlich ein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten nach § 307d Absatz 1 Satz 3 oder ein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten nach § 307d Absatz 1a zu berücksichtigen ist. Eine Kindererziehungszeit wird für den maßgeblichen Zeitraum, für den ein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten nach § 307d Absatz 5 berücksichtigt wurde, nicht angerechnet.

(8) Die Anrechnung einer Kindererziehungszeit nach Absatz 1 ist ausgeschlossen

1.
ab dem 13. bis zum 24. Kalendermonat nach Ablauf des Monats der Geburt, wenn für die versicherte Person für dasselbe Kind ein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten nach § 307d Absatz 1 Satz 1 zu berücksichtigen ist,
2.
ab dem 25. bis zum 30. Kalendermonat nach Ablauf des Monats der Geburt, wenn für die versicherte Person für dasselbe Kind ein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten nach § 307d Absatz 1 Satz 3 oder nach § 307d Absatz 1a zu berücksichtigen ist.
Satz 1 gilt entsprechend, wenn für andere Versicherte oder Hinterbliebene für dasselbe Kind ein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten für den maßgeblichen Zeitraum zu berücksichtigen ist oder zu berücksichtigen war.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

Soweit in Gesetzen und Verordnungen auf Vorschriften oder Bezeichnungen verwiesen wird, die durch dieses Gesetz außer Kraft treten oder aufgehoben werden, treten an ihre Stelle die entsprechenden Vorschriften oder die Bezeichnungen dieses Gesetzes.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

Tatbestand

1

Der Kläger steht als Professor (Besoldungsgruppe W 2) im Dienste des beklagten Landes. Er erhält gemäß einer Berufungsvereinbarung aus dem Jahr 2009 neben den regulären Bezügen unbefristet (ruhegehaltsfähige) Berufungsleistungsbezüge. Nach der Berufungsvereinbarung standen ihm diese Bezüge für 2013 i.H.v. 314,34 €/Monat zu. Im Oktober 2013 erhielt der Kläger vom Beklagten eine Bezügemitteilung, wonach die pauschale Erhöhung des Grundgehalts von 240 € ab Januar 2013 in Höhe eines Betrags von 90 € auf die Berufungsleistungsbezüge angerechnet wird.

2

Den hiergegen erhobenen Widerspruch des Klägers wies der Beklagte zurück und bezog sich zur Begründung auf das zum 1. Januar 2013 in Kraft getretene Landesbesoldungsgesetz.

3

In den Vorinstanzen hat der Kläger beantragt, den Beklagten unter Abänderung der Festsetzung der Bezüge und unter Aufhebung des Widerspruchsbescheids zu verurteilen, ihm für den in der Besoldungsmitteilung genannten Zeitraum die Besoldung ohne teilweise Kürzung des Leistungsbezugs auszuzahlen. Diese Klage ist erfolglos geblieben. Das Oberverwaltungsgericht hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass die Anrechnung dem Gesetz entspreche. Dieses sei verfassungsgemäß. Die teilweise Anrechnung der pauschalen Grundgehaltserhöhung auf die Leistungsbezüge des Klägers verletze weder die hergebrachten Grundsätze des Hochschullehrerbeamtenrechts noch die Eigentumsgarantie. Auch das allgemeine Gleichbehandlungsgebot und der Grundsatz des Vertrauensschutzes seien gewahrt.

4

Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision.

5

Der Kläger beantragt,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 5. April 2016 und des Verwaltungsgerichts Trier vom 15. September 2015 sowie den Widerspruchsbescheid des Landesamtes für Finanzen vom 25. September 2014 aufzuheben und festzustellen, dass der Beklagte nicht berechtigt ist, bei der Bemessung der Bezüge des Klägers für die Zeit seit Januar 2013 das Grundgehalt des Klägers in Höhe von monatlich 90 € auf die Leistungsbezüge des Klägers anzurechnen.

6

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet. Das Urteil des Berufungsgerichts verletzt weder Bundesrecht noch revisibles Landesbeamtenrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 sowie § 191 Abs. 2 VwGO, § 127 Nr. 2 BRRG und § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG).

8

1. Richtige Klageart für das Begehren, ungeschmälerte Leistungsbezüge zu erhalten, ist die Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO. Der Gesetzgeber genießt im Bereich der Besoldung einen weiten Gestaltungsspielraum. Deswegen und wegen des besoldungsrechtlichen Vorbehalts des Gesetzes (§ 2 Abs. 1 Landesbesoldungsgesetz des Landes Rheinland-Pfalz - LBesG - vom 18. Juni 2013, GVBl. S. 157) können keine Besoldungsleistungen zugesprochen werden, die gesetzlich nicht vorgesehen sind. Das gilt nicht nur für begehrte Leistungen, die das Gesetz nicht vorsieht, sondern gleichermaßen auch bei gesetzlich vorgesehenen Leistungskürzungen. Denn in jedem Fall ist es dem Gesetzgeber vorbehalten, die Gesamtbesoldung, die aus verschiedenen Teilen bestehen kann, festzulegen. Eine Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Anspruch nur bei der Annahme der Verfassungswidrigkeit einer einzelnen Norm besteht, kann daher nicht im Wege der allgemeinen Leistungsklage erfolgen (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. März 2008 - 2 C 49.07 - BVerwGE 131, 20 Rn. 28 f.). Der Wechsel der Klageart im Verhältnis zu den Vorinstanzen gilt gemäß § 264 Nr. 2 ZPO i.V.m. § 173 Satz 1 VwGO nicht als Klageänderung und verstößt somit nicht gegen § 142 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

9

2. Gemäß § 69 Abs. 7 Satz 1 LBesG RP wird der zum 1. Januar 2013 in Kraft tretende Erhöhungsbetrag des Grundgehalts der Besoldungsgruppe W 2 (240 €) auf Berufungs- und Bleibeleistungsbezüge sowie besondere Leistungsbezüge nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 des Bundesbesoldungsgesetzes in der bis zum 31. August 2006 geltenden Fassung (BBesG 2002), die an Beamtinnen und Beamte der Besoldungsgruppe W 2 laufend monatlich gezahlt werden, über deren Gewährung bis zum 31. Dezember 2012 entschieden worden ist und deren Zahlung bis zu diesem Zeitpunkt begonnen hat, angerechnet.

10

Diese Norm verstößt nicht gegen die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG). Das zu diesen Grundsätzen gehörende Alimentationsprinzip schützt nicht nur allgemein den Anspruch des Beamten auf amtsangemessene Alimentation, sondern es bewirkt auch den Schutz der aufgrund einer Berufungs- oder Bleibevereinbarung vergebenen Leistungsbezüge. Mit Blick auf Besoldungsbestandteile ist Art. 33 Abs. 5 GG gegenüber Art. 14 Abs. 1 GG spezieller, sodass eine Überprüfung der angegriffenen Regelung anhand des Eigentumsgrundrechts ausscheidet (a). Die Anrechnung des Grundgehalts auf bestehende Leistungsbezüge greift in rechtliche Positionen ein, die durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützt werden (b). Dieser Eingriff ist hier jedoch gerechtfertigt (c).

11

a) Das aus den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG) hergeleitete Alimentationsprinzip verpflichtet den Dienstherrn, Beamte sowie ihre Familien lebenslang angemessen zu alimentieren und ihnen nach ihrem Dienstrang, nach der mit ihrem Amt verbundenen Verantwortung und nach der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren. Im Rahmen dieser Verpflichtung zu einer dem Amt angemessenen Alimentierung hat der Gesetzgeber die Attraktivität der Dienstverhältnisse für überdurchschnittlich qualifizierte Kräfte, das Ansehen des Amtes in den Augen der Gesellschaft, die vom Amtsinhaber geforderte Ausbildung und seine Beanspruchung zu berücksichtigen. Für die Beurteilung der Angemessenheit der Alimentation kommt es auf ihre Gesamthöhe an, zu deren Ermittlung neben dem Grundgehalt auch weitere Besoldungsbestandteile wie Sonderzahlungen oder Stellenzulagen heranzuziehen sind, auch wenn diese für sich betrachtet nicht den verfassungsrechtlichen Schutz eines hergebrachten Grundsatzes des Berufsbeamtentums gemäß Art. 33 Abs. 5 GG genießen sollten (BVerfG, Urteil vom 5. Mai 2015 - 2 BvL 17/09 u.a. - BVerfGE 139, 64 Rn. 93; Beschluss vom 17. November 2015 - 2 BvL 19/09 u.a. - BVerfGE 140, 240 Rn. 72).

12

Die Leistungsbezüge der Professoren sind ein Teil ihrer Besoldung. Zum Zeitpunkt der Berufungsvereinbarung und der darauf folgenden (erstmaligen) Gewährung der hier in Rede stehenden Leistungsbezüge des Klägers im Jahr 2009 galt im Land Rheinland-Pfalz das Bundesbesoldungsgesetz in der am 28. August 2006 geltenden Fassung als "eingefrorenes" Bundesrecht (Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG) fort. Mit dem Gesetz zur Reform der Professorenbesoldung (Professorenbesoldungsreformgesetz - ProfBesReformG) vom 16. Februar 2002 (BGBl. I S. 686) war zuletzt der Wortlaut des § 1 Abs. 2 BBesG, der regelt, welche Dienstbezüge zur Besoldung gehören, in seiner Nr. 2 von "Zuschüsse zum Grundgehalt für Professoren an Hochschulen" in "Leistungsbezüge für Professoren sowie hauptberufliche Leiter und Mitglieder von Leitungsgremien an Hochschulen" geändert worden. Die Gesetzesbegründung der Bundesregierung führte hierzu aus, die Vorschrift stelle klar, dass Leistungsbezüge als Dienstbezüge Bestandteil der Besoldung sind (BT-Drs. 14/6852 S. 12). Mit dieser Neuregelung wurde die frühere Besoldungsordnung C, welche das Grundgehalt in vom Lebensalter abhängigen Stufen ansteigen ließ, durch die neue Besoldungsordnung W ohne Altersstufen ersetzt. An die Stelle der Altersstufen der Besoldungsordnung C traten die das Grundgehalt ergänzenden variablen Leistungsbezüge (BR-Drs. 402/01 S. 21).

13

Leistungsbezüge verlieren nicht dadurch ihren Charakter als Besoldung, dass sie auf der Grundlage von Berufungs- oder Bleibeverhandlungen gewährt werden. Insbesondere wird hierdurch nicht gegen den Grundsatz der Gesetzesbindung der Besoldung verstoßen. Die Gesetzesbindung der Besoldung ist ein nach Art. 33 Abs. 5 GG zu berücksichtigender hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums (BVerfG, Urteil vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - BVerfGE 130, 263 <299>; BVerwG, Urteile vom 27. Mai 2010 - 2 C 33.09 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 117 Rn. 8 und vom 27. März 2014 - 2 C 2.13 - Buchholz 240 § 2 BBesG Nr. 13 Rn. 18). Dieser Grundsatz verbietet es, einem Beamten eine gesetzlich nicht vorgesehene Besoldung zu gewähren (BVerwG, Beschluss vom 25. Januar 1984 - 2 B 169.82 - juris Rn. 3 m.w.N.). Die Zulässigkeit leistungsbezogener Bezahlungselemente setzt danach voraus, dass ein gesetzlicher Rahmen den Anlass und die Möglichkeiten der Leistungsgewährung bestimmt, die Leistung aufgrund Verwaltungsentscheidung bewilligt wird und diese Bewilligungsentscheidung dann in die Bezügeberechnung eingeht (BVerfG, Urteil vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - BVerfGE 130, 263 <299>).

14

Die streitgegenständlichen Berufungsleistungsbezüge des Klägers sind eine in diesem Sinne gesetzlich vorgesehene Besoldung. In den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften ist explizit vorgesehen, dass Berufungsleistungsbezüge gewährt werden (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 und 37 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 LBesG RP; § 1 Abs. 2 Nr. 2 und § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBesG 2002), dass sie ausgehandelt werden (§ 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LBesG RP und § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBesG 2002) und welche Maßgaben dafür inhaltlich gelten (§ 37 Abs. 2, §§ 38, 40 LBesG RP und § 33 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 Sätze 1, 3, 4, Abs. 4 und § 34 BBesG 2002). Die diesbezügliche Entscheidung des Beklagten geht in die Bezügeberechnung ein.

15

Mit der Zugehörigkeit zur Besoldung der Professoren unterfallen die Leistungsbezüge dem Schutz des Art. 33 Abs. 5 GG. Die Dienstbezüge der Professoren unterscheiden sich zwar grundlegend von den allgemeinen Bezügen der Beamten. Letztere sind in ihrer konkreten Höhe durch das Gesetz festgelegt. Sie bestimmen sich im Wesentlichen nach den Grundgehaltssätzen, die bei Berücksichtigung von Erfahrungszeiten für alle Beamten desselben Statusamtes bzw. gleichrangiger Statusämter dieselbe Besoldung vorsehen. Hierdurch wird der Grundsatz der dem Amt angemessenen Alimentation verwirklicht. Zusätzliche Bezüge, die das Gesetz nicht ausdrücklich vorsieht, sind gemäß § 2 Abs. 1 LBesG RP unzulässig. Aus dem Leistungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG und dem Alimentationsprinzip des Art. 33 Abs. 5 GG folgt dabei ein Abstandsgebot, das es dem Gesetzgeber ungeachtet seines weiten Gestaltungsspielraums untersagt, den Abstand zwischen verschiedenen Besoldungsgruppen dauerhaft einzuebnen (BVerfG, Beschluss vom 23. Mai 2017 - 2 BvR 883/14 u.a. - ZBR 2017, 340 Rn. 75).

16

Im Besoldungsrecht der Hochschullehrer gelten demgegenüber Abweichungen von diesen Grundsätzen, die es ermöglichen, durch die Gewährung zuvor vereinbarter Leistungsbezüge die erforderliche und hinreichende Attraktivität der Hochschullehrerstellen erst herzustellen, um so qualifizierte Hochschullehrer für diese Stellen zu gewinnen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. November 1979 - 2 BvR 513/74 u.a. - BVerfGE 52, 303 <331>). Hier besteht eine Besonderheit, die dem Leistungsprinzip Vorrang vor dem Abstandsgebot einräumt. Denn - wie das Beispiel des hier relevanten rheinland-pfälzischen Hochschullehrerbesoldungsrechts zeigt - können Berufungs- und Bleibeverhandlungen die Grundlage für Leistungsbezüge sein, die gemäß § 37 Abs. 4 Satz 1 LBesG RP in einzelnen Fällen jedenfalls in der Besoldungsgruppe W 3 eine Gesamtbesoldung oberhalb eines Staatssekretärsgehalts (Besoldungsgruppe B 10) ermöglichen und damit mehr als eine Verdopplung des allgemein für die Besoldungsgruppe W 3 geltenden Grundgehalts erlaubt (zur fehlenden "Plafondierung" nach oben bereits BVerfG, Urteil vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - BVerfGE 130, 263 <309>). Gleichwohl gehören auch solche Leistungsbezüge zur Besoldung der Professoren (s.o.) und unterfallen dem Schutz des Art. 33 Abs. 5 GG (BVerfG, Beschluss vom 7. November 1979 - 2 BvR 513/74 u.a. - BVerfGE 52, 303 <330 f.>).

17

Die dem Kläger gewährten Leistungsbezüge sind jedenfalls bis zu einer Höhe von 40 % des Grundgehalts gemäß § 33 Abs. 3 BBesG 2002 ruhegehaltfähig. Dies unterstreicht zusätzlich, dass sie der Sicherung der amtsangemessenen Alimentation dienen und damit dem Schutz des Art. 33 Abs. 5 GG unterfallen (vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - BVerfGE 130, 263 <301>).

18

Einer Unterscheidung zwischen dem alimentativen und dem additiven Charakter der Leistungsbezüge (BVerfG, Urteil vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - BVerfGE 130, 263 <308 ff.>) bedarf es hier nicht. Das Bundesverfassungsgericht hat den alimentativen Charakter der in der genannten Entscheidung im Streit stehenden Leistungsbezüge deswegen verneint, weil diese nicht jedem Professor zustanden und auch nicht zwingend dauerhaft zu gewähren waren. Sie seien damit nicht geeignet, die aufgrund zu niedriger Grundgehaltssätze bestehende Unteralimentation zu kompensieren. Hier geht es hingegen um dauerhaft gewährte Leistungsbezüge, die nicht erforderlich sind, um eine Unteralimentation zu kompensieren, sondern die einen über die Mindestalimentation hinausgehenden Bezügebestandteil darstellen und die somit einen Teil der durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützten Alimentation bilden. Auch der Kläger hat im gerichtlichen Verfahren klargestellt, dass die Leistungsbezüge hier nicht die Funktion haben, seine Besoldung, die sich aus mehreren Bestandteilen zusammensetzt (BVerfG, Urteil vom 5. Mai 2015 - 2 BvL 17/09 u.a. - BVerfGE 139, 64 Rn. 93), erst über das verfassungsrechtlich gebotene Mindestmaß zu heben.

19

Dem Gesetzgeber steht bei der Bemessung der Alimentation ein weiter Spielraum zu (BVerfG, Urteile vom 27. September 2005 - 2 BvR 1387/02 - BVerfGE 114, 258 <288 f.> und vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - BVerfGE 130, 263 <294>), der nach unten hin durch die Mindestalimentation begrenzt wird, welche in den vergangenen Jahren durch Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Urteile vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - BVerfGE 130, 263 und vom 5. Mai 2015 - 2 BvL 17/09 u.a. - BVerfGE 139, 64; Beschluss vom 17. November 2015 - 2 BvL 19/09 u.a. - BVerfGE 140, 240) Konkretisierungen erfahren hat. Es wäre angesichts dieses Spielraums unzutreffend anzunehmen, dass sämtliche Besoldungsteile, die oberhalb der Mindestalimentation liegen, nicht mehr dem Schutz des Art. 33 Abs. 5 GG unterfallen. Vielmehr steht es dem Gesetzgeber frei, die amtsangemessene Alimentation auch oberhalb dieser Untergrenze festzulegen.

20

Soweit der Schutzbereich des Art. 33 Abs. 5 GG reicht, verdrängt er aus Gründen der Spezialität die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG. Im Hinblick auf Gehalts- und Versorgungsbezüge aus öffentlichen Kassen vermitteln beide Grundrechte ohnehin dasselbe Schutzniveau (BVerfG, Urteile vom 28. Februar 1980 - 1 BvL 17/77 u.a. - BVerfGE 53, 257 <308> und vom 5. Juli 1989 - 1 BvL 11/87 u.a. - BVerfGE 80, 297 <313 f.>; Beschlüsse vom 7. November 1979 - 2 BvR 513/74 u.a. - BVerfGE 52, 303 <330 f.> und vom 30. September 1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256 <294>; BVerwG, Urteil vom 24. November 2011 - 2 C 57.09 - BVerwGE 141, 210 Rn. 24). Eines gesonderten Schutzes durch Art. 14 Abs. 1 GG bedürfen die bereits durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützten Ansprüche daher nicht.

21

b) Die Anrechnungsregelung des § 69 Abs. 7 LBesG RP greift in subjektive Rechtspositionen des Klägers ein, die durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützt sind.

22

Allerdings ist nicht von einem Eingriff in die Alimentationshöhe an sich auszugehen. Durch den Erlass des Landesbesoldungsgesetzes haben sich die Gesamtbezüge des Klägers nicht verringert, sondern sie sind um 150 € gestiegen. Das folgt aus der pauschalen Erhöhung des Grundgehaltssatzes um 240 € bei gleichzeitiger Anrechnung dieser Erhöhung um - wie hier - maximal 90 € auf die Leistungsbezüge.

23

Ein Eingriff ist gleichwohl anzunehmen, und zwar unabhängig von der Frage, ob die angegriffene Vorschrift bei rein rechnerischer Betrachtung zu einer Kürzung oder zu einem sonstigen Einschnitt im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum relativen Normbestandsschutz (BVerfG, Urteil vom 5. Mai 2015 - 2 BvL 17/09 u.a. - BVerfGE 139, 64 Rn. 128) führt. Das folgt aus den Besonderheiten des Professorenbesoldungsrechts. § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBesG 2002 eröffnet den Professoren - gleichermaßen wie § 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LBesG RP - das Recht, in Berufungs- und Bleibeverhandlungen Vereinbarungen über Leistungsbezüge zu treffen. Auf dieser Grundlage entscheidet der Dienstherr der Professoren durch Verwaltungsakt über die Gewährung von Leistungsbezügen (BVerfG, Urteil vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - BVerfGE 130, 263 <308>). Berufungs- und Bleibeverhandlungen stellen nach der gesetzlichen Systematik nur eine Vorfeldmaßnahme dar, auf deren Grundlage der Dienstherr seine Entscheidung über die Gewährung von Leistungsbezügen stützt, und zwar in Form einer Zusage. Dies folgt auch daraus, dass das Gesetz in § 33 Abs. 1 BBesG 2002 variable Leistungsbezüge aus Anlass von Berufungs- und Bleibeverhandlungen anderen variablen Leistungsbezügen gleichsetzt, die etwa für besondere Leistungen in Forschung, Lehre etc. gewährt werden, ohne dass hierüber zuvor Verhandlungen geführt werden.

24

Die Gewährung von Leistungsbezügen auf der Grundlage einer zuvor getroffenen Berufungs- oder Bleibevereinbarung im Sinne des § 33 Abs. 1 Nr. 1 BBesG 2002 begründet eine eigenständige Rechtsposition, welche den Schutz des Art. 33 Abs. 5 GG genießt. Die Reduzierung der gewährten Leistungsbezüge durch Gesetz greift in diese Position ein.

25

c) Der Umstand, dass die Leistungsbezüge dem Schutz des Art. 33 Abs. 5 GG unterfallen, bedeutet nicht, dass diese in ihrer konkreten Ausgestaltung unantastbar sind. Dem Gesetzgeber steht es nach dieser Vorschrift vielmehr zu, das Recht des öffentlichen Dienstes unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln. Das gilt grundsätzlich auch für Besoldungselemente, die auf einer Berufungsvereinbarung beruhen (Dorff, MittHV 1982, 297 <299>).

26

Im Unterschied zu Art. 129 Abs. 3 WRV schützt Art. 33 Abs. 5 GG gerade nicht die wohl erworbenen Rechte der Beamten (BVerfG, Beschluss vom 7. November 1979 - 2 BvR 513/74 u.a. - BVerfGE 52, 303 <335>). Der Gesetzgeber darf vielmehr beamtenrechtliche Regelungen an neue Entwicklungen und neue Sachverhalte anpassen. Durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützte Rechtspositionen darf er dabei nicht grundsätzlich infrage stellen, sondern sie lediglich aus sachlichen Gründen verändern. Im Bereich des Besoldungsrechts können solche sachlichen Gründe insbesondere dann gegeben sein, wenn sie ihre Rechtfertigung im System der Beamtenbesoldung finden; ein Abstellen allein auf finanzielle Erwägungen ist allerdings unzulässig (BVerfG, Urteile vom 27. September 2005 - 2 BvR 1387/02 - BVerfGE 114, 258 <289, 291> und vom 5. Mai 2015 - 2 BvL 17/09 u.a. - BVerfGE 139, 64 Rn. 128; Beschluss vom 7. November 1979 - 2 BvR 513/74 u.a. - BVerfGE 52, 303 <336>).

27

Solche sachlichen Gründe sind hier gegeben. Bei der Umstellung von der C-Besoldung auf die W-Besoldung durch das Professorenbesoldungsreformgesetz wurden die Grundgehaltssätze bei gleichzeitiger Aufstockung des Gesamtvolumens von Leistungsbezügen herabgesetzt. Diese Regelung ist vom Bundesverfassungsgericht mit der Begründung beanstandet worden, dass die herabgesetzten Grundgehaltssätze nicht mehr der zu gewährenden Mindestalimentation genügten und dass die Möglichkeit, Leistungsbezüge zu gewähren, diesen Umstand nicht kompensieren könne, weil nicht sichergestellt sei, dass jeder Professor in den Genuss solcher Bezüge komme (BVerfG, Urteil vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - BVerfGE 130, 263 <308 ff.>). Die Landesgesetzgeber, in deren Ländern diese zunächst als Bundesrecht geschaffene Regelung auch über den 31. August 2006 fortgalt, waren infolge der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gehalten, das System der Professorenbesoldung zu reformieren. Dass der Beklagte im Rahmen dieser Reform neben der Anhebung der Grundgehaltssätze auch eine Abschmelzung bestehender Leistungszulagen vorsah, deren Umfang jedoch auf maximal 90 € begrenzt war und damit höchstens gut ein Drittel des garantierten Besoldungszuwachses konsumierte, erscheint vor diesem Hintergrund nicht sachwidrig. Vielmehr befand sich der Gesetzgeber in einer Situation, die im Vertragsrecht als Wegfall der Geschäftsgrundlage bezeichnet würde und die folglich trotz bestehender Vereinbarung zu einer Anpassung der Verhältnisse berechtigte.

28

3. Selbst wenn davon auszugehen wäre, dass die Leistungsbezüge des Klägers dem Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG unterfielen, führte dies zu keinem anderen Ergebnis. Die in § 69 Abs. 7 Satz 1 LBesG RP enthaltene abstrakt-generelle Anrechnungsregelung stellte sich als Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar. Diese Anrechnungsregelung genügte auch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz; insbesondere wäre insoweit zu berücksichtigen, dass dem Anrechnungsbetrag ein Erhöhungsbetrag gegenübersteht, der nahezu das dreifache Volumen hat und damit den Eingriff mehr als kompensierte.

29

4. Die Anrechnungsregelung des § 69 Abs. 7 Satz 1 LBesG RP verstößt nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

30

Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, wesentlich Gleiches gleich zu behandeln, wesentlichen Unterschieden hingegen normativ Rechnung zu tragen. Es steht dem Normgeber aber frei, aufgrund autonomer Wertungen Differenzierungsmerkmale auszuwählen, an die er eine Gleich- oder Ungleichbehandlung anknüpft. Betrifft die zu prüfende Maßnahme oder Regelung ein Gebiet, in dem der Normgeber über ein weites Ermessen verfügt, so ist ein Gleichheitsverstoß nur dann anzunehmen, wenn sich im Hinblick auf die Eigenart des geregelten Sachbereichs ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die Regelung schlechthin nicht finden lässt, die Regelung also willkürlich erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. September 1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256 <329 f.>; BVerwG, Urteil vom 24. November 2011 - 2 C 57.09 - BVerwGE 141, 210 Rn. 31).

31

a) Vor diesem Hintergrund ist es zunächst nicht zu beanstanden, dass sich die Anrechnungsregelung des § 69 Abs. 7 Satz 1 LBesG RP allein auf Leistungsbezüge gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BBesG 2002 bezieht, und damit Leistungsbezüge nach Nr. 3 dieser Vorschrift, welche für die Wahrnehmung von Funktionen oder besonderen Aufgaben im Rahmen der Hochschulselbstverwaltung oder der Hochschulleitung gewährt werden, von der Anrechnung ausnimmt. Denn der Zweck der letztgenannten Leistungsbezüge rechtfertigt diese Differenzierung. Funktionsleistungsbezüge nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BBesG 2002 werden für eine konkrete Gegenleistung, welche in der Tätigkeit in der Hochschulselbstverwaltung oder der Hochschulleitung besteht, gewährt. Anders als Bezüge nach Nr. 1 und 2 können sie allein für die Dauer der Wahrnehmung der Funktion oder Aufgabe gewährt werden, was Satz 3 dieser Vorschrift klarstellt. Sie sind - anders als Leistungsbezüge nach Nr. 1 und 2 - auch nicht voll ruhegehaltfähig (§ 33 Abs. 3 BBesG 2002). Den wahrgenommenen Funktionen kommt zudem im Hinblick auf den Hochschulbetrieb eine Bedeutung zu, die Grundvoraussetzung für das Wirken der Hochschule selbst und aller an ihr tätigen Professoren ist.

32

b) Eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung besteht auch nicht darin, dass von der Anrechnungsregelung des § 69 Abs. 7 Satz 1 LBesG RP nur solche Leistungsbezüge erfasst werden, über deren Gewährung bis zum 31. Dezember 2012 entschieden worden ist. Bei dieser Regelung handelt es sich um eine zulässige Stichtagsregelung. Es ist dem Gesetzgeber nicht durch Art. 3 Abs. 1 GG verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, auch wenn jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt. Voraussetzung ist allerdings, dass sich die Einführung des Stichtags und die Wahl des Zeitpunkts am gegebenen Sachverhalt orientieren und damit sachlich vertretbar sind (stRspr, BVerfG, Urteil vom 5. Juli 1989 - 1 BvL 11/87 u.a. - BVerfGE 80, 297 <311>; Beschluss vom 27. Februar 2007 - 1 BvL 10/00 - BVerfGE 117, 272 <301>; Kammerbeschluss vom 19. Mai 2015 - 2 BvR 1170/14 - FamRZ 2015, 1263 Rn. 41). Hier besteht der sachliche Grund darin, dass die gesamte Besoldung für Professoren zum 1. Januar 2013 umgestellt worden ist und damit Leistungsbezüge, welche ab diesem Tag gewährt werden, ohnehin schon den Inhalt der neuen Regelung berücksichtigen.

33

5. Die Anrechnungsregelung des § 69 Abs. 7 Satz 1 LBesG RP verstößt auch nicht gegen das Rückwirkungsverbot.

34

Zwar ist bei der Regelung von einer echten Rückwirkung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 2. Mai 2012 - 2 BvL 5/10 - BVerfGE 131, 20 <36>) auszugehen. Sie ist gemäß Art. 34 Abs. 1 Nr. 2 des Landesgesetzes zur Reform des finanziellen öffentlichen Dienstrechts vom 18. Juni 2013 (GVBl. S. 157) mit Wirkung vom 1. Januar 2013 in Kraft getreten und bewirkt Rechtsfolgen für die Besoldung der Professoren ab Januar 2013. Da das Rückwirkungsverbot jedoch seine Grundlage im Vertrauensschutzprinzip findet (BVerfG, Beschluss vom 2. Mai 2012 - 2 BvL 5/10 - BVerfGE 131, 20 <39 ff.>), kann auch die echte Rückwirkung ausnahmsweise zulässig sein, wenn auf Seiten des Betroffenen kein schutzwürdiges Vertrauen (mehr) vorhanden ist. Das ist etwa dann der Fall, wenn die Rechtslage unklar oder verworren ist oder wenn ein Zustand allgemeiner und erheblicher Rechtsunsicherheit eingetreten ist (BVerfG, ebd. S. 41). Erst recht muss das dann gelten, wenn die Verfassungswidrigkeit der bestehenden Rechtslage positiv durch das Bundesverfassungsgericht festgestellt worden ist und dem Gesetzgeber die Behebung dieses Zustands obliegt.

35

Der Kläger durfte Anfang 2013 nicht mehr auf den uneingeschränkten Bestand seiner Leistungsbezüge vertrauen. Das lässt sich nicht schon aus dem laufenden Gesetzgebungsverfahren zur Änderung der W-Besoldung herleiten; denn der entscheidende Änderungsantrag, der die streitgegenständliche Konsumtionsregelung enthielt, datiert erst vom 1. März 2013 (Vorlage 16/2283 zu LT-Drs. 16/1822) und ist somit jedenfalls nicht für die Monate Januar und Februar 2013 geeignet, das Vertrauen des Klägers in den Bestand der alten Rechtslage auszuschließen.

36

Der Kläger hatte allerdings schon infolge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - (BVerfGE 130, 263) mit einer vollständigen Neuregelung des Besoldungssystems für Professoren zu rechnen. Das beruht darauf, dass die Regelung des Beklagten derjenigen des Landes Hessen, welches Beteiligter in dem genannten Verfahren des Bundesverfassungsgerichts war, inhaltlich entsprach. Der Beklagte war als Nichtbeteiligter zwar nicht direkter Adressat der Entscheidungsformel. Gleichwohl war jedoch auch er erkennbar gehalten, eine Neuregelung der W-Besoldung vorzunehmen. Der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts lässt sich auch entnehmen, dass dem Gesetzgeber bei der Neugestaltung ein Spielraum zukam, der sowohl die Höhe der Grundgehaltssätze als auch die Ausgestaltung der Leistungsbezüge als Variablen enthielt (BVerfG, Urteil vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - BVerfGE 130, 263 <311 f.>). Damit musste allen Hochschullehrern bekannt sein, dass in allen betroffenen Ländern die Regelungen zur W-Besoldung neu zu fassen waren.

37

6. Anhaltspunkte dafür, dass die Gesamtbesoldung des Klägers unterhalb des Mindestalimentationsniveaus liegt, bestehen nicht. Hierfür reicht es ohnehin nicht aus, sich auf die Rechtswidrigkeit nur eines Besoldungsbestandteils zu berufen. Vielmehr wäre vom Kläger geltend zu machen, dass seine Gesamtalimentation unzureichend sei (BVerwG, Urteil vom 25. März 2010 - 2 C 52.08 - Buchholz 271 LBeihilfeR Nr. 36 Rn. 14). Hierauf zielt das klägerische Vorbringen indes nicht ab.

38

7. Verfahrensfehler liegen nicht vor. Von einer Begründung wird insoweit gemäß § 144 Abs. 7 VwGO abgesehen. Die Voraussetzungen des Satzes 2 dieser Vorschrift, welche eine Begründung ausnahmsweise erforderlich machen, sind nicht gegeben.

39

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Beschluss

vom 21. September 2017

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 5 220 € festgesetzt.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 sowie § 42 Abs. 1 und 3 GKG. Gemäß § 42 Abs. 1 Satz 1 GKG ist der Streitwert bei Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis der dreifache Jahresbetrag der wiederkehrenden Leistungen. Daraus ergibt sich hier ein Betrag von 36 x 90 € = 3 240 €. Hinzu kommen gemäß § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG die bei Einreichung der Klage fälligen Beträge. Diese belaufen sich hier auf einen Gesamtbetrag von 22 x 90 € = 1 980 €, weil die angegriffene Anrechnungsregelung mit Wirkung vom 1. Januar 2013 galt und die Klage am 27. Oktober 2014 erhoben worden ist. Der Senat teilt die Auffassung des OVG Münster, Beschluss vom 1. Juli 1982 - 1 A 265/81 - (AnwBl. 1983, 281) nicht, wonach bei Streitigkeiten vor den Verwaltungsgerichten nicht der Zeitpunkt der Einreichung der Klage, sondern derjenige der Erhebung des Widerspruchs maßgeblich sei, weil diese Auffassung keine hinreichende Stütze im Gesetzeswortlaut findet (vgl. bereits BVerwG, Beschluss vom 2. Februar 2017 - 2 C 25.15 -). In der Summe ergibt sich der festgesetzte Betrag.

(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat.

(3) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliegt oder zuzulassen sei, ist nicht selbständig anfechtbar.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die Kindererziehungszeit für ein vor dem 1. Januar 1992 geborenes Kind endet 30 Kalendermonate nach Ablauf des Monats der Geburt.

(2) Bei der Anrechnung einer Kindererziehungszeit steht der Erziehung im Inland die Erziehung im jeweiligen Geltungsbereich der Reichsversicherungsgesetze gleich. Dies gilt nicht, wenn Beitragszeiten während desselben Zeitraums aufgrund einer Versicherungslastregelung mit einem anderen Staat nicht in die Versicherungslast der Bundesrepublik Deutschland fallen würden.

(3) (weggefallen)

(4) Ein Elternteil ist von der Anrechnung einer Kindererziehungszeit ausgeschlossen, wenn er vor dem 1. Januar 1921 geboren ist.

(5) Für die Feststellung der Tatsachen, die für die Anrechnung von Kindererziehungszeiten vor dem 1. Januar 1986 erheblich sind, genügt es, wenn sie glaubhaft gemacht sind.

(6) Ist die Mutter vor dem 1. Januar 1986 gestorben, wird die Kindererziehungszeit insgesamt dem Vater zugeordnet.

(7) Bei Folgerenten, die die Voraussetzungen nach § 88 Absatz 1 oder 2 erfüllen und für die ein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten nach § 307d Absatz 1 Satz 1 zu berücksichtigen ist, endet die Kindererziehungszeit für ein vor dem 1. Januar 1992 geborenes Kind zwölf Kalendermonate nach Ablauf des Monats der Geburt. Die Kindererziehungszeit endet 24 Kalendermonate nach Ablauf des Monats der Geburt, wenn ausschließlich ein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten nach § 307d Absatz 1 Satz 3 oder ein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten nach § 307d Absatz 1a zu berücksichtigen ist. Eine Kindererziehungszeit wird für den maßgeblichen Zeitraum, für den ein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten nach § 307d Absatz 5 berücksichtigt wurde, nicht angerechnet.

(8) Die Anrechnung einer Kindererziehungszeit nach Absatz 1 ist ausgeschlossen

1.
ab dem 13. bis zum 24. Kalendermonat nach Ablauf des Monats der Geburt, wenn für die versicherte Person für dasselbe Kind ein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten nach § 307d Absatz 1 Satz 1 zu berücksichtigen ist,
2.
ab dem 25. bis zum 30. Kalendermonat nach Ablauf des Monats der Geburt, wenn für die versicherte Person für dasselbe Kind ein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten nach § 307d Absatz 1 Satz 3 oder nach § 307d Absatz 1a zu berücksichtigen ist.
Satz 1 gilt entsprechend, wenn für andere Versicherte oder Hinterbliebene für dasselbe Kind ein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten für den maßgeblichen Zeitraum zu berücksichtigen ist oder zu berücksichtigen war.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2.
das Personenstandswesen;
3.
das Vereinsrecht;
4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5.
(weggefallen)
6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8.
(weggefallen)
9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht;
19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;
19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25.
die Staatshaftung;
26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28.
das Jagdwesen;
29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30.
die Bodenverteilung;
31.
die Raumordnung;
32.
den Wasserhaushalt;
33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 20. Mai 2014 - 1 K 123/12 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor wie folgt gefasst wird:

Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger Versorgungsbezüge unter Berücksichtigung eines weiteren Jahres ruhegehaltfähiger Dienstzeit in der Zeit bis zum 31.12.1991 für die vor Vollendung des 17. Lebensjahres verbrachte Ausbildungszeit in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Der Bescheid der Deutschen Telekom AG vom 15. Dezember 2010 und ihr Widerspruchsbescheid vom 18.01.2012 werden aufgehoben, soweit sie dem entgegenstehen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Berücksichtigung von vor dem 17. Lebensjahr verbrachter Ausbildungszeit als ruhegehaltfähige Dienstzeit nach dem Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG).
Der am … 1955 geborene Kläger trat nach dem Besuch der Volksschule im Alter von 14 Jahren am 01.09.1970 als Fernmeldelehrling in einem Ausbildungsverhältnis bei der damaligen Deutschen Bundespost in den Dienst der Beklagten ein. Nach am 12.07.1973 bestandener Prüfung zum Fernmeldehandwerker und am 07.09.1977 abgelegter Prüfung zum mittleren fernmeldetechnischem Dienst wurde er zum 01.10.1977 in das Beamtenverhältnis auf Probe berufen und am 26.10.1982 zum Beamten auf Lebenszeit ernannt. Er absolvierte im Jahr 2002 den Aufstieg in den gehobenen Dienst und bekleidete zuletzt das Amt eines Technischen Fernmeldeamtmanns (Bes.-Gr. A 11). Mit Ablauf des 31.10.2010 wurde er antragsgemäß in den Ruhestand versetzt.
Mit Bescheid vom 15.12.2010 setzte die Deutsche Telekom AG - Personal Service Telekom - die Versorgungsbezüge des Klägers ab dem 01.11.2010 auf 2.751,41 EUR (brutto) fest. Zur Begründung führte sie u.a. aus, der Festsetzung liege ein gemäß § 85 Abs. 1 BeamtVG errechneter Ruhegehaltsatz in Höhe von 71,83 v.H. zugrunde. Dieser setze sich aus einem Ruhegehaltsatz in Höhe von 53,00 v.H. für die ruhegehaltfähigen Dienstzeiten vom 26.10.1972 - dem Tag der Vollendung des 17. Lebensjahres des Klägers - bis zum 31.12.1991 und einem Ruhegehaltsatz in Höhe von 18,83 v.H. für die ruhegehaltfähigen Dienstzeiten ab dem 01.01.1992 zusammen. Die Dienstzeit vom 26.10.1972 bis zum 31.12.1991 umfasse 19 Jahre und 67 Tage; davon seien gemäß § 14 Abs. 1 BeamtVG (in der am 31.12.1991 geltenden Fassung vom 30.06.1989, BGBl. I S. 1282) abgerundet 19 Jahre ruhegehaltfähig. Die Ausbildungszeiten, die der Kläger vor der Vollendung seines 17. Lebensjahres absolviert hatte, wurden bei der Festsetzung seiner Versorgungsbezüge nicht berücksichtigt.
Gegen den Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein. Die Zusammenstellung der ruhegehaltfähigen Zeiten ab dem 01.01.1992 sei zwar nicht zu beanstanden. Bei der Berechnung der Zeiten bis zum 31.12.1991 liege aber eine unzulässige Ungleichbehandlung vor, weil eine willkürliche Grenze ab dem 17. Lebensjahr gezogen werde. Das könne er am Beispiel eines Kollegen zeigen, der zeitgleich mit ihm die Ausbildung angefangen habe und wie er in den Vorruhestand getreten sei, aber das Glück habe, (bereits) im März 1955 geboren zu sein. Die Zeit vor der Vollendung seines 17. Geburtstages bis zum 31.12.2010 umfasse bei ihm insgesamt 19 Jahre und 281 Tage, was aufgrund der gesetzlichen Rundungsregelung (aus § 14 Abs. 1 BeamtVG a.F.) auf 20 volle Dienstjahre aufgerundet werde. Infolgedessen habe dieser Kollege bei gleicher Beschäftigungszeit ein um 2 Prozent höheres Grundgehalt (gemeint: Ruhegehalt) als er. Es bestünden verfassungsrechtliche Bedenken gegen die dem zugrunde liegenden Vorschriften, ferner „auch bezüglich weiterer Regelungen im Beamtenversorgungsgesetz (z.B. [§] 6, [§] 12, [§] 85).“
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.01.2012 wies die Deutschen Telekom AG - Personal Service Telekom - den Widerspruch zurück. Die Berechnung des Ruhegehalts stehe in Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen. Sofern der Kläger eine Anerkennung von Zeiten vor dem 17. Lebensjahr begehre, werde auf den eindeutigen Wortlaut des § 6 Abs. 1 BeamtVG verwiesen, dessen Verfassungsmäßigkeit nicht in Frage stehe. Der Verweis des Klägers auf den „Vergleichsbeamten“ gehe zudem fehl. Da dieser das 17. Lebensjahr einige Monate früher vollendet habe als der Kläger, seien die Sachverhalte verschieden. Die erfolgte Abrundung (auf 19 Jahre ruhegehaltfähiger Dienstzeiten) entspreche ebenfalls den gesetzlichen Regelungen.
Auf die am 20.01.2012 erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Sigmaringen mit Urteil vom 20.05.2014 antragsgemäß den Bescheid der Deutschen Telekom AG vom 15.12.2010 und ihren Widerspruchsbescheid vom 18.01.2012 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, dem Kläger Versorgungsbezüge unter Berücksichtigung eines weiteren Dienstjahres in der Zeit bis zum 31.12.1991 in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Nach § 85 Abs. 1 BeamtVG richte sich die Berechnung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit und des Ruhegehaltsatzes nach § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG in der bis zum 31.12.1991 geltenden Fassung. Danach könne (nur) die nach Vollendung des 17. Lebensjahres verbrachte Mindestzeit der außer der allgemeinen Schulbildung vorgeschriebenen Ausbildung als ruhegehaltfähige Dienstzeit berücksichtigt werden. Der Ausschluss von vor dem 17. Lebensjahr liegenden Ausbildungszeiten verstoße jedoch gegen die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABI. L 303/16). § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG sei deshalb nicht anwendbar. Der Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG sei eröffnet, weil es sich bei den Versorgungsbezügen des Klägers um einen Bestandteil des Arbeitsentgeltes im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Buchst. c) der Richtlinie 2000/78/EG handele und nicht etwa um eine Leistung aus einem staatlichen System der sozialen Sicherheit bzw. des sozialen Schutzes (im Sinne des Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2000/78/EG). § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG stelle auch eine unmittelbare Diskriminierung im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Buchst. a) der Richtlinie 2000/78/EG dar. Diese Ungleichbehandlung sei nicht gerechtfertigt. Zwar könnten die Mitgliedstaaten nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2000/78/EG vorsehen, dass Ungleichbehandlungen wegen des Alters keine Diskriminierung darstellten, sofern sie objektiv und angemessen und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt und sofern die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich seien. Diese Voraussetzungen seien aber nicht erfüllt. Der Zweck der Anrechnungsregelung des § 12 Abs. 1 BeamtVG bestehe darin, Beamten, die eine für die Übernahme in das Beamtenverhältnis vorgeschriebene Ausbildung außerhalb des Beamtenverhältnisses durchlaufen hätten, annähernd die Versorgung zu ermöglichen, die sie erhalten würden, wenn sie die Ausbildung im Beamtenverhältnis auf Widerruf absolviert hätten. Sinn und Zweck der Altersbegrenzung innerhalb von § 12 Abs. 1 BeamtVG sei es zu verhindern, dass bereits solche Zeiten ruhegehaltfähig seien, die bei Beamten des gehobenen oder höheren Dienstes noch in die Schul- oder Lehrzeit fielen. Der Gesetzgeber habe eine versorgungsrechtliche Gleichbehandlung von Beamten der verschiedenen Laufbahngruppen erreichen wollen. Es müsse nicht entschieden werden, ob - was fraglich sei - die Altersbegrenzung in § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG ein legitimes Ziel verfolge. Jedenfalls sei das gewählte Mittel der Anknüpfung an das Lebensalter zur Erreichung des versorgungsrechtlichen Ziels nicht notwendig. Der Gesetzgeber hätte sein Ziel ebenso durch eine nicht unmittelbar diskriminierende Regelung erreichen können, etwa dadurch, dass - ohne Anknüpfung an das Lebensalter, in welchem die Ausbildung durchlaufen werde - ein bestimmter Zeitraum zu Beginn der Ausbildung unberücksichtigt bleibe. Eine solche Regelung würde zu einer Gleichbehandlung der Beamten führen. Das Kriterium des Alters sei zum Ausgleich der Benachteiligung derjenigen Beamten, bei denen über die allgemeine Schulbildung hinaus etwa eine zusätzliche Vorbildung als weitere Laufbahnvoraussetzung gefordert sei, hingegen ungeeignet. Damit fehle es § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG auch an der notwendigen inneren Kohärenz. Der Umstand, dass § 12 Abs. 1 BeamtVG hinsichtlich der Anrechnung von Ausbildungszeiten Ermessen einräume, stehe der ausgesprochenen Verpflichtung nicht entgegen, da nach der ersichtlichen Verwaltungspraxis der Beklagten versorgungsrechtlich anrechnungsfähige Zeiten auch voll berücksichtigt würden. Dies führe zu einer Ermessensreduzierung auf Null.
Am 18.06.2014 hat die Beklagte die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassene Berufung eingelegt. Zur Begründung macht sie geltend, der Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG sei bereits nicht eröffnet. Bei der begehrten Versorgung handele es sich nicht um „Arbeitsentgelt“ im Sinne dieser Richtlinie. Dagegen spreche, dass sie nach ihrem Art. 1 die Bekämpfung von Diskriminierungen „in Beschäftigung und Beruf“ bezwecke, das berufliche Fortkommen und die Beschäftigung hier aber nicht mehr betroffen seien. Arbeitsentgelt werde nur für tatsächlich geleistete Arbeit erbracht; Versorgungsbezüge würden demgegenüber nach beamtenrechtlichen Grundsätzen gewährt, ohne dass hierfür noch eine Gegenleistung des Beamten erbracht werde. Die Gewährung der Versorgung sei deshalb allein als „soziale Alterssicherung“ (im Sinne des Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2000/78/EG) zu verstehen. Das Bundesverwaltungsgericht habe die Richtlinie zwar „für den Bereich der Lebenspartner“ angewendet (gemeint wohl: auf eine Hinterbliebenenversorgung nach §§ 18 ff. BeamtVG für den Lebenspartner eines Beamten, vgl. BVerwG, Urteil vom 28.10.2010 - 2 C 47.09 -, NVwZ 2011, 499). Der Kläger in dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall sei aber - anders als hier - ein aktiver Beamter mit Besoldungsbezügen gewesen. Letztlich werde auch die Gewaltenteilung in Frage gestellt, wenn eindeutig formulierte nationale Gesetze einfach für unanwendbar erklärt würden. Es gebe auch keinen Automatismus, dass EG-Richtlinien nationales Recht außer Kraft setzten; vielmehr bedürfe es einer gesetzlichen Umsetzung in nationales Recht. Im Übrigen entspreche die Nicht-Anerkennung von Zeiten vor dem 17. Lebensjahr, die im Beamtenversorgungsgesetz durchgängig geregelt sei (§§ 8, 9, 13 BeamtVG), hergebrachten Grundsätzen der Beamtenversorgung. Es werde zudem auf Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG verwiesen, wonach die Mitgliedstaaten Altersgrenzen beim Bezug von Altersrenten ausdrücklich vorsehen dürften.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 20. Mai 2014 - 1 K 123/12 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
10 
Der Kläger beantragt,
11 
die Berufung zurückzuweisen.
12 
Er verteidigt die angegriffene Entscheidung und verweist ergänzend auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 19.06.2014 - C-501/12 u.a. -, Specht u.a., NVwZ 2014, 1294.
13 
Dem Senat liegen die Akten des Verwaltungsgerichts und der Beklagten vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird hierauf und auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
14 
Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.
15 
Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte zu Recht verpflichtet, dem Kläger Versorgungsbezüge unter Berücksichtigung eines weiteren Jahres ruhege-haltfähiger Dienstzeit in der Zeit bis zum 31.12.1991 in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Der Kläger hat einen entsprechenden Anspruch (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid der Deutschen Telekom AG vom 15.12.2010 und ihren Widerspruchsbescheid vom 18.01.2012 allerdings in vollem Umfang aufgehoben, obwohl die Bescheide dem Verpflichtungsausspruch nur teilweise entgegenstehen. Daher ist die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der Tenor entsprechend neu gefasst wird.
16 
Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 85 Abs. 1 und 4 BeamtVG in der Fassung der Bekanntmachung vom 24.02.2010 (BGBl. I S. 150), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15.03.2012 (BGBl. I 2011, S. 2842), i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG in der bis zum 31.12.1991 geltenden Fassung vom 12.02.1987 (BGBl. I S. 570 ) und der Richtlinie 2000/78/EG.
17 
Nach § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG bleibt, wenn ein Beamtenverhältnis, aus dem der Beamte in den Ruhestand tritt, bereits am 31.12.1991 bestanden hat, der zu diesem Zeitpunkt erreichte Ruhegehaltssatz gewahrt. Dabei richtet sich die Berechnung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit und des Ruhegehaltssatzes nach dem bis zum 31.12.1991 geltenden Recht (§ 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG). Der sich nach § 85 Abs. 1 BeamtVG ergebende Ruhegehaltssatz wird der Berechnung des Ruhegehalts zugrunde gelegt, wenn er höher ist als der Ruhegehaltssatz, der sich nach dem Beamtenversorgungsgesetz für die gesamte ruhegehaltfähige Dienstzeit ergibt (§ 85 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG). Der sich nach § 85 Abs. 1 BeamtVG ergebende Ruhegehaltssatz darf den Ruhegehaltssatz, der sich nach dem bis zum 31.12.1991 geltenden Recht ergäbe, nicht übersteigen (§ 85 Abs. 4 Satz 2 BeamtVG).
18 
Danach ist das Ruhegehalt des Klägers, der am Stichtag 31.12.1991 Beamter war und seitdem bis zum Eintritt in den Ruhestand ununterbrochen in einem Beamtenverhältnis stand, nach der sog. Mischrechnung (BVerwG, Urteil vom 01.09.2005 - 2 C 28.04 -, Buchholz 239.1 § 12 BeamtVG Nr. 15) des § 85 Abs. 1 BeamtVG zu bestimmen. Denn der sich bei der unionsrechtlich gebotenen Berücksichtigung der vor Vollendung des 17. Lebensjahres absolvierten Ausbildungszeiten im Umfang des vom Klageantrag (allein) umfassten weiteren Jahres ergebende Ruhegehaltssatz (73,83 v.H., dazu I.) ist höher als bei Zugrundelegung des - die genannten Ausbildungszeiten ebenfalls berücksichtigenden - Beamtenversorgungsgesetzes geltender Fassung (73,16 v.H., dazu II.1) und er übersteigt auch nicht den Ruhegehaltssatz, zu dem die alleinige Anwendung des bis zum 31.12.1991 geltenden Rechts führt (75 v.H., dazu II.2.).
I.
19 
Der sich nach § 85 Abs. 1 BeamtVG ergebende Ruhegehaltssatz des Klägers beträgt - bei Berücksichtigung des vom Klageantrag (allein) umfassten einen weiteren Jahres - 73,83 v.H.
20 
Zuzüglich zu dem Ruhegehaltssatz von 18,83 v.H. für Zeit vom 01.01.1992 bis 31.10.2010 (18 Jahre und 304 Tage = 18,83 Jahre, vgl. § 85 Abs. 1 Satz 3 BeamtVG) ist ein Ruhegehaltssatz für die davor liegende Zeit zu berücksichtigen, der nicht, wie im angefochtenen Bescheid geschehen, ausgehend von einer ruhegehaltfähigen Dienstzeit von abgerundet 19 Jahren mit 53 v.H. (vgl. Anlage C des Bescheids vom 15.12.2010), sondern ausgehend von einer Dienstzeit von 20 Jahren mit 55 v.H. anzusetzen ist (35 v.H. für die ersten zehn Jahre zuzüglich 20 v.H. für die folgenden zehn Jahre, vgl. § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F.). Denn der Kläger hat einen Anspruch darauf, dass bei der von § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG angeordneten Anwendung des § 14 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F. nicht nur die von der Beklagten bereits als ruhegehaltfähig anerkannten Zeiten zugrunde gelegt werden, die er bis zum 31.12.1991 im Beamtenverhältnis (01.10.1977 bis 31.12.1991, vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F.) und im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis im Dienst der Beklagten (13.07.1973 bis 30.09.1977, vgl. § 10 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG) sowie nach Vollendung seines 17. Lebensjahres in einem Ausbildungsverhältnis verbracht hat (26.10.1972 bis 12.07.1973, vgl. § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG a.F.). Ruhegehaltfähig ist nach § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG a.F. und der Richtlinie 2000/78/EG vielmehr auch die vor dieser Altersgrenze im Ausbildungsverhältnis geleistete Zeit (01.09.1970 bis 25.10.1973) und damit auch das vom Klageantrag (allein) umfasste eine weitere Jahr vor dem 26.10.1972.
21 
Nach § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG a.F. kann die nach Vollendung des 17. Lebensjahres verbrachte Mindestzeit der außer der allgemeinen Schulbildung vorgeschriebenen Ausbildung (Fachschul-, Hochschul- und praktische Ausbildung, Vorbereitungsdienst, übliche Prüfungszeit), als ruhegehaltfähige Dienstzeit berücksichtigt werden. Die vom Kläger vom 01.09.1970 bis zum 12.07.1973 bei der damaligen Deutschen Bundespost absolvierte Ausbildung zum Fernmeldehandwerker ist eine „vorgeschriebene Ausbildung“ im Sinne dieser Vorschrift und deshalb dem Grunde nach ruhegehaltfähig (1.). Dem zeitlichen Umfang nach ist die Ausbildung nicht nur ruhegehaltfähig, soweit der Kläger sie nach, sondern auch soweit er sie vor Vollendung seines 17. Lebensjahres durchlaufen hat. Die im nationalen Recht enthaltene Beschränkung auf Zeiten ab der Vollendung des 17. Lebensjahres ist unionsrechtswidrig und deshalb nicht anzuwenden (2.). Das der Beklagten bei der Anerkennung von Ausbildungszeiten grundsätzlich eingeräumte Ermessen ist auf Null reduziert (3.).
22 
1. Bei der Ausbildung des Klägers handelt es sich um eine im Sinne des § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG a.F. für die Übernahme in den damaligen mittleren fernmeldetechnischen Dienst „vorgeschriebene“ Ausbildung.
23 
„Vorgeschrieben“ ist eine Ausbildung, wenn sie zur der Zeit ihrer Ableistung aufgrund von Rechts- oder Verwaltungsvorschriften zur Übertragung des ersten statusrechtlichen Amtes erforderlich ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 06.05.2014 - 2 B 91.13 -, Juris, und Urteil vom 26.01.2012 - 2 C 49.10 -, Buchholz 239.1 § 67 BeamtVG Nr. 5, m.w.N.; OVG des Saarlandes, Urteil vom 05.07.2013 - 1 A 292/13 -, NVwZ-RR 2014, 153; jeweils m.w.N.). Das war bei der Ausbildung des Klägers zum Fernmeldehandwerker der Fall. Nach der Verordnung über die Laufbahnen der Bundesbeamten (BLV) vom 27.04.1970 (BGBl. I S. 422), geändert durch die Verordnung vom 14.09.1972 (BGBl. I S. 1765), konnte in den Vorbereitungsdienst für die Laufbahn des allgemeinen mittleren Dienstes eingestellt werden, wer mindestens eine Hauptschule mit Erfolg besucht hatte oder eine entsprechende Schulbildung besaß (§ 17 Abs. 1 BLV). Bewerber für Laufbahnen des technischen Dienstes mussten außerdem die vorgeschriebenen fachlichen Kenntnisse und Fertigkeiten nachweisen, was u.a. durch Zeugnisse über mindestens die Gesellenprüfung in einem der betreffenden Fachrichtung entsprechenden Handwerk (§ 31 HwO) oder eine entsprechende Abschlussprüfung im Sinne des § 34 Abs. 1 BBiG geschehen konnte (§ 17 Abs. 2 BLV). Damit war (auch) die vom Kläger absolvierte technische Ausbildung eine für seine Laufbahn „vorgeschriebene“ Ausbildung im Sinne des § 12 BeamtVG (vgl. OVG des Saarlandes, Urteil vom 05.07.2013, a.a.O.; VG Hannover, Urteil vom 31.05.2013 - 2 A 2922/12 -, Juris; jeweils zur Anerkennungsfähigkeit einer Ausbildung zum Fernmeldehandwerker im Rahmen des § 12 BeamtVG).
24 
2. Die Ausbildung des Klägers ist nicht nur nach der Vollendung seines 17. Lebensjahres (26.10.1972 bis 12.07.1973), sondern auch in dem davor liegenden Zeitraum (01.09.1970 bis 25.10.1972) - und damit auch im Umfang des vom Klagebegehren umfassten weiteren Jahres - berücksichtigungsfähig.
25 
Der Anerkennung eines über den von der Beklagten bereits berücksichtigten Zeitraum (26.10.1972 bis 12.07.1973, d.h. 260 Tage) hinausgehenden weiteren Jahres Ausbildungszeit steht nicht entgegen, dass nach § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG a.F. nur die „Mindestzeit“ einer Ausbildung berücksichtigungsfähig ist. Der Kläger hat die Ausbildungsdauer des Ausbildungsberufs „Fernmeldehandwerker“, die grundsätzlich dreieinhalb Jahre betrug (vgl. die Ausbildungsordnung für Fernmeldelehrlinge der Deutschen Bundespost, ABl. des Bundesministers für Post- und Fernmeldewesen Nr. 106 vom 04.01.1964, i.V.m. §§ 3, 10 Abs. 1 der Verordnung über die Berufsausbildung zum Fernmeldehandwerker vom 09.10.1972, BGBl. I S. 1893), nicht überschritten.
26 
Der Anerkennung eines weiteren Jahres Ausbildungszeit steht auch nicht entgegen, dass § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F. Zeiten vor Vollendung des 17. Lebensjahres von einer Berücksichtigung ausschließt. Diese Regelung ist unionsrechtswidrig, weil sie eine in den Geltungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG fallende (a) Ungleichbehandlung wegen Alters darstellt (b), die nicht gerechtfertigt ist (c). Dieser Verstoß gegen die Richtlinie, auf die sich der Kläger unmittelbar berufen kann (d), hat zur Folge, dass die Altersgrenze nicht angewendet werden darf (e).
27 
a) Die Regelung aus § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F. fällt in den Geltungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG.
28 
Geltung beansprucht die Richtlinie im Rahmen der auf die Gemeinschaft übertragenen Zuständigkeiten für alle Personen in öffentlichen und privaten Bereichen, einschließlich öffentlicher Stellen, (u.a.) in Bezug auf die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich des Arbeitsentgelts (Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2000/78/EG).
29 
aa) Der persönliche Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG ist eröffnet. Ein Ruhestandsbeamter ist bei einem Streit mit seinem Dienstherrn um Leistungen, die in seinem aktiven Beamtenverhältnis wurzeln, eine „Person im öffentlichen Bereich“ im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie (vgl. EuGH, Urteil vom 19.06.2014, a.a.O., RdNr. 36, zu Beamten und Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst).
30 
bb) Auch der sachliche Anwendungsbereich der Richtlinie ist eröffnet.
31 
(1) Bei den zwischen den Beteiligten umstrittenen Versorgungsbezügen handelt es sich um „Arbeitsentgelt“. Unter den Begriff des „Arbeitsentgelts“ im Sinne der Richtlinie 2000/78/EG fällt jede Form des „Entgelts“ im Sinne des Art. 157 Abs. 2 AEUV (vgl. den 13. Erwägungsgrund der Richtlinie und EuGH, Urteil vom 26.09.2013 - C-546/11 -, Dansk Jurist, NVwZ 2013, 1401, RdNr. 25 f.). Unter Entgelt im Sinne dieses Artikels sind die üblichen Grund- oder Mindestlöhne und -gehälter sowie alle sonstigen „Vergütungen“ zu verstehen, die der Arbeitgeber „aufgrund des Dienstverhältnisses“ dem Arbeitnehmer unmittelbar oder mittelbar in bar oder in Sachleistungen zahlt. Zu diesen „Vergütungen“ können auch Leistungen zählen, die erst nach dem Ende der aktiven Arbeits- bzw. Dienstzeit gewährt werden (vgl. EuGH, Urteil vom 06.10.1993 - C-109/91 -, Ten Över, Slg. 1993, I-4879, RdNrn. 7 ff.; Urteil vom 17.05.1990 - C-262/88 -, Barber, NJW 1991, 2204, RdNrn. 21 ff.; BVerwG, Urteil vom 28.10.2010, a.a.O.). Für die Beurteilung der Frage, ob eine Rente oder ein Ruhegehalt von Art. 157 Abs. 2 AEUV erfasst ist, ist entscheidend, ob die Leistung dem Betreffenden „aufgrund seines Dienstverhältnisses“ mit seinem früheren Arbeitgeber gezahlt wird (sog. „Kriterium der Beschäftigung“, vgl. EuGH, Urteil vom 01.04.2008 - C-267/08 -, Maruko, Slg. 2008, I-1757, RdNr. 46; Urteil vom 23.10.2003 - C-4/02 u.a. -, Schönheit und Becker, Slg. I 2003, 12575, RdNr. 56). Dieses Kriterium ist zwar nicht erfüllt bei Ansprüchen aus gesetzlichen Systemen, an deren Finanzierung Arbeitnehmer, Arbeitgeber und gegebenenfalls die öffentliche Hand in einem Maße beteiligt sind, das weniger vom Dienstverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer als von sozialpolitischen Erwägungen abhängt (vgl. EuGH, Urteil vom 15.04.2008 - C-268/06 -, Impact, Slg. 2008. I-2483, RdNr. 131; EuGH, Urteil vom 29.11.2001 - C-366/99 -, Griesmar, Slg. 2001, I-9383, RdNr. 27). Die von einem öffentlichen Dienstherrn oder Arbeitgeber im Rahmen eines gesetzlich geregelten Systems geleistete Versorgung steht aber dann völlig einer Rente gleich, die ein privater Arbeitgeber seinen ehemaligen Arbeitnehmern zahlen würde, wenn sie nur für eine besondere Gruppe von Bediensteten gilt, wenn sie unmittelbar von der abgeleisteten Dienstzeit abhängt und wenn ihre Höhe nach den letzten Bezügen des Bediensteten berechnet wird (vgl. EuGH, Urteil vom 01.04.2008, a.a.O., RdNr. 48; Urteil vom 23.10.2003, a.a.O., RdNr. 57 ff.; Urteil vom 29.11.2001, a.a.O., RdNr. 30 f.).
32 
Diese drei Voraussetzungen sind bei einem Ruhegehalt, das ein Dienstherr nach dem Beamtenversorgungsgesetz zahlt, erfüllt. Denn bei den Beamten handelt es sich um eine „besondere Gruppe von Bediensteten“ (vgl. EuGH, Urteil vom 23.10.2003, a.a.O., RdNr. 60; Urteil vom 29.11.2001, a.a.O., RdNr. 31), das Ruhegehalt hängt von der geleisteten Dienstzeit ab (vgl. § 4 Abs. 1, § 14 Abs. 1 BeamtVG) und seine Höhe wird nach den letzten Besoldungsbezügen berechnet (vgl. § 5 Abs. 1, § 14 Abs. 1 BeamtVG). Eine Ruhegehalt nach dem Beamtenversorgungsgesetz fällt damit in den Anwendungsbereich des Art. 157 Abs. 2 AEUV (vgl. EuGH, Urteil vom 23.10.2003, a.a.O., RdNr. 63; s. ferner zum französischen Beamtenpensionssystem Urteil vom 29.11.2001, a.a.O., RdNr. 30 ff., 35) sowie folglich in denjenigen der Richtlinie 2000/78/EG (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.10.2010, a.a.O., zur Hinterbliebenenversorgung nach §§ 18 ff. BeamtVG; Senatsurteil vom 03.04.2012 - 4 S 1773/09 -, VBlBW 2012, 477, sowie OVG Bremen, Urteil vom 16.05.2013 - 2 A 409/05 -, Juris, jeweils zum Witwengeld nach § 28 BeamtVG).
33 
(2) Kein anderes Ergebnis folgt aus dem von der Beklagten in Bezug genommenen Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2000/78/EG. Nach dieser Vorschrift gilt die Richtlinie nicht für Leistungen jeder Art „seitens der staatlichen Systeme oder der damit gleichgestellten Systeme einschließlich der staatlichen Systeme der sozialen Sicherheit oder des sozialen Schutzes.“ Diese Bereichsausnahme ist in Verbindung mit dem 13. Erwägungsgrund der Richtlinie so auszulegen, dass sich der Geltungsbereich der Richtlinie „weder auf die Sozialversicherungs- und Sozialschutzsysteme erstreckt, deren Leistungen nicht einem Arbeitsentgelt in dem Sinne gleichgestellt werden, der diesem Begriff für die Anwendung von Art. 157 AEUV gegeben wurde, noch auf Vergütungen jeder Art seitens des Staates, die den Zugang zu einer Beschäftigung oder die Aufrechterhaltung eines Beschäftigungsverhältnisses zum Ziel haben“ (vgl. EuGH, Urteil vom 26.09.2013 - C-476/11 -, HK Danmark, EuZW 2013, 951, RdNr. 25; Urteil vom 10.05.2011 - C-147/08 -, Römer, Slg. 2011, I-3591, RdNr. 32 ff. m.w.N.; Urteil vom 01.04.2008, a.a.O., RdNr. 41). Nach diesen Grundsätzen fällt das Ruhegehalt des Klägers nicht unter die Bereichsausnahme des Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2000/78/EG in Verbindung mit dem 13. Erwägungsgrund. Denn es handelt es sich dabei, wie gezeigt, um Entgelt im Sinne des Art. 157 Abs. 2 AEUV und es betrifft weder den Zugang zu einer Beschäftigung noch die Aufrechterhaltung eines Beschäftigungsverhältnisses.
34 
(3) Die Anwendung der Richtlinie 2000/78/EG ist im vorliegenden Fall auch nicht durch das Protokoll zu Art. 157 AEUV ausgeschlossen.
35 
Nach diesem Protokoll (Protokoll Nr. 33 zum AEUV), das im Rang von Primärrecht steht (vgl. Art. 51 EUV), gelten im Sinne des Art. 157 AEUV „Leistungen aufgrund eines betrieblichen Systems der sozialen Sicherheit“ nicht als Entgelt, „sofern und soweit sie auf Beschäftigungszeiten vor dem 17.05.1990 zurückgeführt werden können, außer im Fall von Arbeitnehmern oder deren anspruchsberechtigten Angehörigen, die vor diesem Zeitpunkt eine Klage bei Gericht oder ein gleichwertiges Verfahren nach geltendem einzelstaatlichen Recht anhängig gemacht haben.“ Bei dem Versorgungssystem des Beamtenversorgungsgesetzes handelt es sich zwar - da es, wie gezeigt, kein „gesetzliches System der sozialen Sicherheit“ darstellt - um ein „betriebliches System der sozialen Sicherheit“ (vgl. EuGH, Urteil vom 23.10.2003, a.a.O., RdNr. 65). Auch stützt der Kläger sein Klagebegehren ausschließlich auf Beschäftigungszeiten vor dem 17.05.1990. Daraus folgt jedoch nicht, dass die begehrten Versorgungsleistungen aus dem Begriff des „Arbeitsentgeltes“ im Sinne des Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG fallen.
36 
Das Protokoll zu Art. 157 AEUV ist eine Reaktion des damaligen Gemeinschaftsgesetzgebers auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 17.05.1990 in der Rechtssache „Barber“ (C-262/88, a.a.O.). Der Gerichtshof hatte damals erstmals entschieden, dass auch Renten aus einem betrieblichen System unter den Begriff des „Entgelts“ im Sinne des damaligen Art. 119 EG-Vertrages (später Art. 141 EG, heute Art. 157 AEUV) fallen und deshalb an dem dort normierten Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen zu messen seien. In der mündlichen Verhandlung zu diesem Verfahren hatte das Vereinigte Königreich darauf hingewiesen, dass eine solche Auslegung zu schwerwiegenden finanziellen Folgen führen würde, weil es in Großbritannien zahlreiche solcher Systeme gebe, die von diesem Grundsatz abwichen. Der Europäische Gerichtshof hat dem Rechnung getragen, indem er die zeitlichen Wirkungen seiner Entscheidung beschränkt und für Recht erkannt hat, dass sich grundsätzlich „niemand auf die unmittelbare Wirkung von Art. 119 EG-Vertrag berufen kann, um mit Wirkung von einem vor Erlass des vorliegenden Urteils einen Rentenanspruch geltend zu machen“ (EuGH, Urteil vom 17.05.1990, a.a.O., RdNr. 45; s. auch Urteil vom 06.10.1993, a.a.O., RdNrn. 15 ff.). Um Unklarheiten zu den zeitlichen Wirkungen der Entscheidung „Barber“ zu beseitigen, wurde dem EG-Vertrag in der Schlussakte des Maastrichter Vertrags zur Gründung der Europäischen Union das zitierte Protokoll beigefügt (vgl. Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Art. 157 AEUV RdNr. 158), das die Auslegung des Gerichtshofs auf sämtliche Leistungen aufgrund eines „betrieblichen Systems der sozialen Sicherheit“ erstreckt (vgl. EuGH, Urteil vom 23.10.2003, a.a.O., RdNr. 101).
37 
Das Protokoll befasst sich allerdings - ebenso wie die Entscheidung „Barber“ - nur mit der Auslegung des Art. 157 AEUV und dem dort allein normierten Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Bezug von Entgelt. Diskriminierungen wegen des Geschlechts sind demgegenüber nicht Gegenstand der Richtlinie 2000/78/EG (vgl. deren Art. 1). Deshalb kann allein aus dem Umstand, dass eine (Versorgungs-)Leistung unter das Protokoll zu Art. 157 AEUV fällt, nicht geschlossen werden, dass sie aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG herausfällt (vgl. EuGH, Urteil vom 01.04.2008, a.a.O., RdNrn. 77 ff., in der Rechtssache „Maruko“). Diese Rechtsauffassung teilt auch der Unionsgesetzgeber. Denn er hat bei der auf Art. 141 EGV (Art. 157 AEUV) gestützten Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 05.07.2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (ABl. L 204/23) die „Barber“-Rechtsprechung in das Sekundärrecht übernommen (vgl. Art. 12 der Richtlinie 2006/54/EG; Grabitz/Hilf/Nettesheim, a.a.O., RdNr. 76). In der vorliegend allein maßgeblichen Richtlinie 2000/78/EG, die sich mit anderen Unterscheidungskriterien als dem Geschlecht befasst (vgl. Erwägungsgründe 2 bis 4 und Art. 1 der Richtlinie), ist eine solche Einschränkung hingegen nicht vorgesehen.
38 
Sie wäre daher allenfalls dann in Betracht zu ziehen - und zum Anlass für ein Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof zu nehmen (vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 01.04.2008, a.a.O., RdNrn. 77) -, wenn den Akten etwas dafür zu entnehmen wäre, „dass die Gefahr besteht, dass das finanzielle Gleichgewicht des Systems“ der Versorgung nach dem Beamtenversorgungsgesetz durch das Fehlen einer zeitlichen Beschränkung „rückwirkend erschüttert würde“ (vgl. EuGH, Urteil vom 01.04.2008, a.a.O., RdNrn. 78). Hierfür sind Anhaltspunkte jedoch weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die haushalterischen und finanziellen Auswirkungen einer Streichung der Altersgrenze begrenzt wären. Der von einem Wegfall der Altersgrenze betroffene Personenkreis dürfte „- gerade aufgrund seines frühen Diensteintritts - bei Erreichen der maßgeblichen Regelaltersgrenze ohnehin regelmäßig den Höchstruhegehaltssatz erreicht haben, so dass die Berücksichtigung von vor Vollendung des 17. Lebensjahres liegenden Zeiten regelmäßig keinerlei Erhöhung des Ruhegehaltssatzes zur Folge haben würde. (…) Im Übrigen würden davon nur Einzelfälle des früheren einfachen und mittleren Dienstes erfasst sein, weil nur dort aufgrund der dafür geforderten Vorbildung berücksichtigungsfähige Zeiten vor Vollendung des 17. Lebensjahres überhaupt entstehen können. (…) Angesichts der nunmehr geforderten schulischen Mindestausbildung als vorgeschriebene Vorbildung für die entsprechende Laufbahn dürfte es sich auch nur noch um vereinzelte Fälle aus der Vergangenheit und auch dort nur um Monatszeiträume handeln“ (Weinbrenner/Schmalhofer, in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsrecht, Bd. I, § 10 BeamtVG RdNr. 12). Dass diese Erwägungen zutreffen, bestätigt der Sachverhalt des vorliegenden Falls.
39 
b) § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F. bewirkt eine „unmittelbare Ungleichbehandlung wegen des Alters“ im Sinne der Richtlinie 2000/78/EG.
40 
Nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78/EG liegt eine unmittelbare Diskriminierung vor, wenn eine Person wegen eines der in Art. 1 der Richtlinie genannten Gründe - darunter ihr Alter - in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.
41 
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Denn die fragliche Altersgrenze führt dazu, wie das vom Kläger benannte Beispiel zeigt, dass Personen, die ihre Ausbildung, wenn auch nur teilweise, vor Vollendung des 17. Lebensjahrs absolviert haben, bei der Berechnung ihrer Versorgung weniger günstig behandelt werden, als Personen, die - bei im Übrigen gleicher beruflicher Vita - ihre Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres erworben haben (vgl. EuGH, Urteil vom 18.06.2009 - C-88/08 -, Hütter, Slg. 2009, I-5325, RdNr. 38, zu einer ähnlich gelagerten Altersgrenzenbestimmung des österreichischen Rechts, die der dortige Gesetzgeber als Reaktion auf diese Entscheidung abgeschafft hat - s. zu Letzterem EuGH, Urteil vom 28.01.2015 - C-417/13 -, Starjakob, NZA 2015, 217, RdNr. 11 ff., 25; Urteil vom 11.11.2014 - C-530/13 -, Schmitzer, NVwZ-RR 2015, 180, RdNr. 29 -; s. ferner EuGH, Urteil vom 19.01.2010 - C-555/07 -, Kücükdeveci, Slg. 2010, I-365, RdNrn. 29-31, zu der in § 622 Abs. 2 BGB a.F. enthaltenen, unionsrechtswidrigen Altersgrenze; zum Beamtenversorgungsrecht ebenso VG Bremen, Urteil vom 17.02.2014 - 2 K 1907/10 -, Juris; wohl auch Weinbrenner/Schmalhofer, a.a.O., RdNr. 12; s. weiter §§ 6 ff. BremBeamtVG in der Fassung vom 04.11.2014, Brem. GBl. S. 458, und Brem. Bürgerschaft, Drs. 18/1519, Begr. zu § 6 Abs. 1 des Entwurfs, dazu, dass der bremische Landesgesetzgeber den Ausschluss von Zeiten vor Vollendung des 17. Lebensjahres mit Blick auf die Rechtssache „Kücükdeveci“ als „kritisch“ eingeordnet und die Regelung bei der Neuordnung seines Beamtenversorgungsrechts abgeschafft hat; §§ 21 ff. LBeamtVGBW und LT-Drs. 14/6694, S. 510, dazu, dass der baden-württembergische Landesgesetzgeber die genannte Altersgrenze wegen ähnlicher rechtlicher Bedenken bei der Dienstrechtsreform vom 01.01.2011 nicht in das Landesrecht übernommen hat).
42 
c) Bei der durch § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 2 BeamtVG a.F. bewirkten unmittelbaren Ungleichbehandlung wegen des Alters handelt es sich auch um eine nach Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG untersagte Diskriminierung.
43 
Nach Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG stellt eine Ungleichbehandlung wegen des Alters keine Diskriminierung dar, sofern sie objektiv und angemessen ist und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel, worunter insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung zu verstehen sind, gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind. Der Bundesgesetzgeber verfolgt mit § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F. zwar „rechtmäßige Ziele“ (aa). Er hat dafür aber kein „angemessenes und erforderliches Mittel“ gewählt (bb). Aus dem von der Beklagten zur Rechtfertigung angeführten Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG folgt nichts anderes (cc).
44 
aa) „Rechtmäßig“ im Sinne des Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG sind, wie die in der Richtlinie genannten Beispiele zeigen, sozialpolitische Ziele, die sich insoweit, als sie im Allgemeininteresse stehen, von rein individuellen Beweggründen, die der Situation des Arbeitgebers eigen sind, wie Kostenreduzierung oder Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit, unterscheiden (vgl. EuGH, Urteil vom 05.03.2009 - C-388/07 -, Age Concern England, Slg. 2009 I-1569, RdNr. 46).
45 
Der Gesetzgeber verfolgt sowohl mit § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG selbst (1) als auch mit dem von ihm zur Anwendung gebrachten § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F. (2) in diesem Sinne legitime Ziele.
46 
(1) § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG wurde durch Art. 1 Nr. 34 des Gesetzes zur Änderung des Beamtenversorgungsgesetzes und sonstiger dienst- und versorgungsrechtlicher Vorschriften (BeamtVGÄndG) vom 18.12.1989 (BGBl. I S. 2218) mit Wirkung vom 01.01.1992 eingeführt. Durch dieses Gesetz wurde mit Blick auf die Bevölkerungsentwicklung eine der Rentenstrukturreform 1992 entsprechende Kostensenkung der Versorgungshaushalte bezweckt (vgl. BT-Drs. 11/5372, S. 1, 22 f.). Dazu wurde u.a. die bis dahin geltende degressive Ruhegehaltsskala (vgl. § 14 Abs. 1 BeamtVG a.F.) durch eine linearisierte Ruhegehaltsskala mit einem einheitlichen Steigerungssatz von (damals) 1,875 v.H. abgelöst, bei der der Höchstruhegehaltssatz von (damals) 75 v.H. nach einer ruhegehaltfähigen Dienstzeit von 40 Jahren erreicht wurde (75 : 40 = 1,875, vgl. BT-Drs. 11/5372, S. 24). Ergänzend hierzu sollten mit § 85 BeamtVG für beim Inkrafttreten des BeamtVGÄndG im Dienst stehende Beamte Übergangsregelungen „aus der Sicht des notwendigen Vertrauensschutzes“ geschaffen werden (BT-Drs. 11/5372, S. 27 f.). § 85 BeamtVG dient mithin dem (versorgungsrechtlichen) Bestandsschutz (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.09.2009 - 2 C 63.08 -, BVerwGE 135, 14; ähnlich Stadler, in: Fürst, GKÖD, Bd. I, § 85 BeamtVG RdNr. 5).
47 
Bei diesem Gesetzeszweck handelt es sich um ein rechtmäßiges Ziel im Sinne des Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG. Die Wahrung des Besitzstandes einer Personengruppe ist ebenso wie der Vertrauensschutz als zwingender Grund des „Allgemeininteresses“ anerkannt (vgl. EuGH, Urteil vom 09.09.2015 - C-20/13 -, Unland, ZBR 2015, 414, RdNr. 42; Urteil vom 19.06.2014, a.a.O., RdNr. 63 f., m.w.N.).
48 
(2) Welchem Zweck die innerhalb dieser Bestandsschutzregelungen aufrechterhaltene Altersgrenze aus § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F. dient, hat der Bundesgesetzgeber im Gesetz selbst nicht ausdrücklich klargestellt. Daraus allein folgt allerdings nicht, dass es deshalb an einem „rechtmäßigen Ziel“ fehlt. Eine nationale Regelung, die das angestrebte Ziel nicht genau angibt, ist nicht automatisch von einer Rechtfertigung nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG ausgeschlossen. Fehlt es an einer solchen genauen Angabe, „ist allerdings wichtig, dass andere - aus dem allgemeinen Kontext der betreffenden Maßnahme abgeleitete - Anhaltspunkte die Feststellung des hinter dieser Maßnahme stehenden Ziels ermöglichen, damit dessen Rechtmäßigkeit sowie die Angemessenheit und Erforderlichkeit der zu seiner Erreichung eingesetzten Mittel gerichtlich überprüft werden können“ (EuGH, Urteil vom 21.07.2011 - C-159/10 u.a -, Fuchs und Köhler, Slg. 2011 I-6919, RdNr. 39, m.w.N.; Urteil vom 16.10.2007 - C-411/05 -, Palacios de la Villa, Slg. 2007, I-8531, RdNrn. 56 f.).
49 
Der „allgemeine Kontext“ des § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F., in den diese spezielle Regelung zur Ermittlung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit gestellt ist, ergibt sich aus der allgemeinen Regelung in § 6 BeamtVG. Danach ist ruhegehaltfähig regelmäßig die Dienstzeit, die ein Beamter vom Tag seiner ersten Berufung in das Beamtenverhältnis an im Dienst eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn „im Beamtenverhältnis“ zurückgelegt hat (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG). Der Zweck der Regelung aus § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F., Ausbildungszeiten, die - abweichend von diesem Grundsatz - nicht im Beamtenverhältnis verbracht wurden, bei der Berechnung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit zu berücksichtigen, besteht darin, Beamten, die eine für die Übernahme in das Beamtenverhältnis vorgeschriebene Ausbildung außerhalb des Beamtenverhältnisses durchlaufen haben, annähernd die Versorgung zu ermöglichen, die sie erhalten würden, wenn sie die Ausbildung im Beamtenverhältnis auf Widerruf absolviert hätten (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.05.2013 - 2 B 25.12 -, Buchholz 239.1 § 12 BeamtVG Nr. 21; Urteil vom 26.01.2012, a.a.O.; Urteil vom 24.09.2009, a.a.O., m.w.N.; Weinbrenner/Schmalhofer, a.a.O., § 10 BeamtVG RdNr. 12). Auch eine Ausbildung in einem Beamtenverhältnis auf Widerruf ist allerdings nicht ruhegehaltfähig, wenn sie vor Vollendung des 17. Lebensjahres geleistet wurde (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG). Da die Anrechnungsvorschrift aus § 12 BeamtVG das Ziel verfolgt, Personen mit Ausbildungen außerhalb des Beamtenverhältnisses mit Personen gleichzustellen, die ihre Ausbildung im Beamtenverhältnis verbracht haben, ist dem „allgemeinen Kontext“ des § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG zu entnehmen, dass der Gesetzgeber mit der Altersgrenze aus § 12 BeamtVG denselben Zweck verfolgen wollte, wie denjenigen, den er mit der gleichlautenden Altersgrenze aus § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG verfolgt (vgl. neben § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG und § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG auch § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1, § 10 Satz 1, § 11, § 12 Abs. 2 Satz 1, § 13 Abs. 2 Satz 1 und 3, § 14a Abs. 2 Satz 1, § 55 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b BeamtVG mit jeweils der gleichen Altersgrenze).
50 
Die Entstehungsgeschichte dieser Vorschriften belegt, dass der Gesetzgeber mit der für die Berechnung aller ruhegehaltfähigen Zeiten eingeführten Altersgrenze zwei Ziele verfolgt: Zum einen soll die Höhe der Versorgung an der „typischen“ Dienstzeit eines Beamten ausgerichtet werden; zum anderen sollen dabei Beamte des einfachen und mittleren Dienstes annähernd mit solchen des gehobenen und höheren Dienstes gleich - insbesondere nicht wesentlich besser als diese - behandelt werden.
51 
Die heutigen Bestimmungen aus dem Beamtenversorgungsgesetz des Bundes haben ihre Wurzeln in dem „Gesetz, betreffend die Rechtsverhältnisse der Reichsbeamten“ (RBG) vom 31.03.1873 (RGBl. S. 61). Dieses Gesetz bestimmte, dass grundsätzlich jeder Beamte, „welcher sein Diensteinkommen aus der Reichskasse bezieht, (…) aus der letzteren eine lebenslängliche Pension“ erhält, wenn er „nach einer Dienstzeit von wenigstens zehn Jahren“ in den Ruhestand versetzt wurde (vgl. § 34 RBG). Die Dienstzeit wurde grundsätzlich „vom Tage der ersten eidlichen Verpflichtung für den Reichsdienst an gerechnet“ (vgl. § 45 Abs. 1 RBG). Darüber hinaus mussten (vgl. § 46 RBG) bzw. konnten (vgl. § 52 RBG) bestimmte „außeramtliche“ Zeiten angerechnet werden. In allen Fällen - auch bei den „außeramtlichen“ Beschäftigungen (vgl. Brand, Die Reichsbeamtengesetze, 3. Aufl. 1929, § 48 Anm. 1) - blieb jedoch die Dienstzeit, „welche vor den Beginn des achtzehnten Lebensjahres fällt,“ grundsätzlich „außer Berechnung“ (vgl. § 48 Abs. 1 RBG; Perels/Spilling, Das Reichsbeamtengesetz, 2. Aufl. 1906, § 48 Anm. I; Brand, a.a.O.; Anders, DÖV 1967, S. 837 <838>). Mit dem Deutschen Beamtengesetz (DBG) vom 26.01.1937 (RGBl. I S. 39 <186>) wurde vorgeschrieben, dass ein Bewerber frühestens ab Vollendung des 27. Lebensjahres zum Beamten auf Lebenszeit ernannt werden durfte (vgl. §§ 18 f. DBG). Zugleich wurde bestimmt, dass die ruhegehaltfähige Dienstzeit frühestens von der Vollendung des 27. Lebensjahres an laufen solle (vgl. § 81 Abs. 1 DBG; Brand, Das Deutsche Beamtengesetz, 4. Aufl. 1942, § 81 Anm. 1). Die versorgungsrechtliche Wartezeit von zehn Jahren wurde mit der Begründung abgeschafft, es könne unterstellt werden, dass ein Beamter bis zur Vollendung seines 27. Lebensjahrs zehn Dienstjahre abgeleistet habe (vgl. Anders, a.a.O.). Das Bundesbeamtengesetz vom 14.07.1953 (BGBl. I S. 551) kehrte im Wesentlichen zur alten Rechtslage zurück. Der Gesetzgeber wollte die Wartezeit von zehn Jahren - entgegen daran geäußerter Kritik - bewusst als „Anwartschaftszeit“ beibehalten. Anknüpfend an die Vermutung, diese Anwartschaftszeit sei üblicherweise mit Vollendung des 27. Lebensjahres erfüllt, wurde als „Folgerung für den Beginn der ruhegehaltfähigen Dienstzeit in bezug auf das Lebensalter“ die auf die Vollendung des 17. Lebensjahres bezogenen Altersgrenze eingeführt (Deutscher Bundestag, Nachtrag zu BT-Drs. 1/4246, S. 14, zu § 103 des Entwurfs). „Die Festlegung des Beginns der ruhegehaltfähigen Dienstzeit auf die Vollendung des [17.] Lebensjahres (…) ist die Folge der Rückkehr zur Wartezeit von zehn Jahren für die Anwartschaft auf das Ruhegehalt. (…) Infolge der Anforderungen an die Voraussetzungen für den gehobenen und höheren Dienst ist sie in Wirklichkeit nur für die Beamten des einfachen und mittleren Dienstes von Vorteil“ (Deutscher Bundestag, Nachtrag zu BT-Drs. 1/4246, S. 15, zu § 108 Abs. 1 Nr. 1 des Entwurfs).
52 
Diese Gesetzesbegründung lässt den Schluss zu, dass der Bundesgesetzgeber mit der Kombination aus Wartezeit und Altersgrenze ein „ausgewogenes Verhältnis zwischen Dienstzeit und Versorgung“ (Anders, a.a.O., S. 839) schaffen und dafür mit einer typisierenden Betrachtung an den „üblichen“ Diensteintritt anknüpfen wollte: „Ruhegehaltfähig ist grundsätzlich nur die Dienstzeit, die der Beamte im Beamtenverhältnis verbracht hat; denn es entspricht dem Willen des Gesetzgebers, dass die Versorgung 'erdient' werden soll. Versorgungsgerechtigkeit wird erreicht, indem die Höhe der Versorgungsbezüge soweit wie möglich an der tatsächlich zurückgelegten ruhe-gehaltfähigen Dienstzeit ausgerichtet wird. Darin liegt die innere Rechtfertigung für einen frühzeitigen Beginn der ruhegehaltfähigen Dienstzeit (…), zugleich aber auch die sachliche Begründung dafür, dass Zeiten ausgeschlossen werden, die typischerweise nicht im öffentlichen Dienst verbracht werden, namentlich die Zeiten der regelmäßig vor Vollendung des 17. Lebensjahres absolvierten Schul- und Berufsausbildung“ (Hessischer VGH, Urteil vom 27.01.1994 - 1 UE 816/89 -, ZBR 1994, 189).
53 
Bei dem mit der Altersgrenze verfolgten Ziel, „Versorgungsgerechtigkeit“ dadurch herzustellen, dass er die Höhe der Versorgung an die „typische“ Dienstzeit knüpfte, handelt es sich um ein im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs legitimes Ziel. Der Gerichtshof hat anerkannt, dass die Honorierung der von einem Arbeitnehmer erworbenen Berufserfahrung, die es diesem ermöglicht, seine Arbeit besser zu verrichten, in der Regel ein rechtmäßiges Ziel der Entgeltpolitik darstellt (vgl. EuGH, Urteil vom 19.06.2014, a.a.O., RdNr. 48; Urteil vom 08.09.2011 - C-297/10 -, Hennings und Mai, Slg. 2011, I-7965 RdNr. 72; Urteil vom 18.06.2009, a.a.O., RdNrn. 47, dort auch zu dem gebilligten Ziel der Belohnung einer „Betriebstreue“). Nach diesen Grundsätzen ist auch das Ziel, die Versorgung an der Dienstzeit auszurichten, ein rechtmäßiges im Sinne des Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie (vgl. EuGH, Urteil vom 19.06.2014, a.a.O., RdNr. 50 zum ebenfalls gebilligten „Kriterium des Dienstalters“).
54 
Die Annahme, dass Zeiten vor Vollendung des 17. Lebensjahres typischerweise noch nicht im öffentlichen Dienst, sondern noch in der Schul- oder Berufsausbildung verbracht werden, trifft allerdings in erster Linie auf Beamte des gehobenen und höheren Dienstes zu, nicht aber ohne weiteres auf Beamte des einfachen und mittleren Dienstes (vgl. Strötz, in: Fürst, GKÖD, a.a.O., § 6 BeamtVG RdNr. 53). Die Altersgrenze bezweckt daher (jedenfalls auch), die Beamten der verschiedenen Laufbahngruppen versorgungsrechtlich (zumindest annähernd) gleich zu behandeln (vgl. VG Bremen, Urteil vom 17.02.2014, a.a.O.; in diesem Sinne wohl auch Strötz, a.a.O.). Personen, welche die Bildungsvoraussetzungen für den gehobenen oder höheren Dienst erfüllen (vgl. § 17 Abs. 4 und 5 BBG), sollen nicht gegenüber jenen benachteiligt werden, die „nur“ die Bildungsvoraussetzungen für den einfachen oder mittleren Dienst aufweisen (vgl. § 17 Abs. 2 und 3 BBG). Auch dabei handelt es sich noch um ein im Sinne der Richtlinie 2000/78/EG „rechtmäßiges“ sozialpolitisches Ziel (vgl. EuGH, Urteil vom 18.06.2009, a.a.O., RdNrn. 40, 42, zu einer dem entsprechenden Zielsetzung der österreichischen Regelung in der Rechtssache „Hütter“).
55 
Ob der Gesetzgeber mit der Altersgrenze aus § 12 BeamtVG a.F. neben den beiden bereits genannten Zielen auch den Zweck verfolgt hat, die öffentlichen Ausgaben - hier die Versorgungslasten - zu begrenzen, bedarf keiner Entscheidung. Denn dieser Zweck könnte zur Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung aufgrund des Alters ohnehin nicht angeführt werden (vgl. EuGH, Urteil vom 19.06.2014, a.a.O., RdNr. 77; Urteil vom 21.07.2011, a.a.O., RdNr. 69 ff.; s. auch Urteil vom 23.10.2003, a.a.O., RdNr. 84).
56 
bb) Das Mittel, das der Gesetzgeber zur Erreichung der als rechtmäßig in Betracht kommenden Ziele gewählt hat, ist allerdings nicht „angemessen und erforderlich“ im Sinne des Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG.
57 
Bei der Wahl der Maßnahmen zur Erreichung ihrer Ziele im Bereich der Arbeits- und Sozialpolitik verfügen die Mitgliedstaaten zwar über einen weiten Ermessensspielraum (vgl. EuGH, Urteil vom 19.01.2010, a.a.O., RdNr. 38; Urteil vom 22.11.2005 - C-144/04, Mangold, Slg. 2005, I-9981, RdNr. 63). Die Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erfordert aber, dass die Erfordernisse des Gleichbehandlungsgrundsatzes so weit wie möglich mit denen des angestrebten Zieles in Einklang gebracht werden müssen. Deshalb können solche nationalen Vorschriften nicht nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG gerechtfertigt werden, die das Alter des Betroffenen als einziges Kriterium festlegen, ohne dass nachgewiesen wäre, dass die Festlegung einer Altersgrenze als solche unabhängig von anderen Erwägungen zur Erreichung des Zieles objektiv erforderlich ist, und die deshalb über das hinausgehen, was zur Erreichung des verfolgten Zieles angemessen und erforderlich ist (vgl. EuGH, Urteil vom 22.11.2005, a.a.O., RdNr. 65).
58 
Nach diesen Maßstäben geht die Schaffung einer strikten Altersgrenze über das hinaus, was zur Erreichung des Ziels einer durch Koppelung von Ruhegehalt und Dienstzeit erreichten „Versorgungsgerechtigkeit“ (vgl. in diesem Sinne erneut Hessischer VGH, Urteil vom 27.01.1994, a.a.O.; Anders, a.a.O., S. 839) erforderlich ist. Denn wenn es der Gesetzgeber anstrebt, bei der Höhe der Versorgung die im Dienst oder in gleichgestellten Zeiten erworbene Berufserfahrung oder die „Betriebstreue“ zu honorieren, kann dazu auf die vom Beamten tatsächlich absolvierten Dienst- und Erfahrungszeiten abgestellt werden. Einer auf das Lebensalter bezogenen Grenze bedarf es dazu nicht, zumal das Lebensalter gerade nichts darüber aussagt, in welchem zeitlichen Umfang der Betroffene Berufserfahrung gesammelt oder „Betriebstreue“ gezeigt hat (vgl. EuGH, Urteil vom 19.06.2014, a.a.O., RdNr. 50 f.). Gemessen an diesem Ziel fehlt es einer Altersgrenze auch an der erforderlichen „inneren Kohärenz“ (vgl. EuGH, Urteil vom 18.06.2009, a.a.O., RdNr. 47), da die Altersgrenze die Erreichung des Ziel jedenfalls teilweise sogar konterkarieren kann, indem sie tatsächlich erbrachte Dienstzeiten von einer Berücksichtigung ausschließt (vgl. in diesem Sinne EuGH, Urteil vom 19.01.2010, a.a.O., zu Altersgrenzen für die Bemessung der Länge einer arbeitsrechtlichen Kündigungsfrist; Urteil vom 19.06.2014, a.a.O., RdNr. 50, zur Bemessung der Besoldung nach den früheren altersabhängigen Dienstaltersstufen).
59 
Auch für das weitere Ziel des Gesetzgebers, eine Benachteiligung von Beamten des gehobenen und höheren Dienstes gegenüber Beamten des einfachen und mittleren Dienstes zu vermeiden (vgl. in diesem Sinne erneut VG Bremen, Urteil vom 17.02.2014, a.a.O., und Strötz, a.a.O.), ist die Schaffung einer Altersgrenze nicht „angemessen und erforderlich“ im Sinne der Richtlinie 2000/78/EG. Die Altersgrenze kann - wie der vorliegende Fall zeigt - zu einer Ungleichbehandlung von zwei Personen aus ein und derselben Laufbahngruppe führen, und zwar ausschließlich aufgrund des Kriteriums des Alters, in dem die Berufserfahrung erworben wurde (vgl. EuGH, Urteil vom 18.06.2009, a.a.O., zu dem in der Rechtssache „Hütter“ verfolgten Ziel des Gesetzgebers Personen mit allgemeiner Sekundarschulbildung nicht gegenüber Personen mit beruflicher Bildung zu benachteiligen). Unter solchen Umständen erscheint „ein Kriterium, das unmittelbar auf die Art der absolvierten Ausbildung und nicht auf das Alter der Personen abstellt, aus der Sicht der Richtlinie (…) der Verwirklichung des Ziels (…) besser zu entsprechen“ (vgl. EuGH, Urteil vom 18.06.2009, a.a.O., RdNr. 48). So kann zur Erreichung des Ziels einer versorgungsrechtlichen Gleichbehandlung der Laufbahngruppen etwa eine Regelung in Betracht kommen, nach der bei der Ermittlung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit nach Beendigung der allgemeinen Schulpflicht (vgl. § 73 ff. SchG) oder einer bestimmten Zahl von Schuljahren eine bestimmte Zahl von Ausbildungsmonaten berücksichtigt werden kann, dies unabhängig davon, ob diese Ausbildungsmonate vor oder nach Vollendung des 17. Lebensjahres zurückgelegt wurden (vgl. EuGH, Urteile vom 28.01.2015, a.a.O., RdNr. 11 ff., 25, und vom 11.11.2014, a.a.O., RdNr. 29, dazu, dass der österreichische Gesetzgeber in ähnlicher Weise auf das Urteil „Hütter“ reagiert hat). Das Verwaltungsgericht hat weitere diskriminierungsfreie Regelungsmöglichkeiten aufgezeigt. Eine starre Altersgrenze ist vor diesem Hintergrund zur Erreichung des Ziels einer versorgungsrechtlichen Gleichbehandlung der Laufbahngruppen nicht „objektiv erforderlich“.
60 
Die Anwendung dieser Altersgrenze im Rahmen von § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 BeamtVG a.F. ist auch nicht dadurch gerechtfertigt, dass jene Vorschrift dem Besitzstand und dem Vertrauensschutz der am 31.12.1991 vorhandenen Beamten dient. Solche Ziele können es rechtfertigen, eine Regelung, die zu einer Diskriminierung wegen des Alters führt, für einen Übergangszeitraum beizubehalten, um zu bewirken, dass die von einem altersdiskriminierenden System bisher begünstigten Personen bei der Schaffung eines diskriminierungsfreien Systems - etwa mit Blick auf eine andernfalls drohende Angleichung ihrer Bezüge „nach unten“ - in ihren berechtigten Erwartungen in Bezug auf den Bestand und die künftige Entwicklung ihrer Bezüge geschützt werden (vgl. EuGH, Urteil vom 09.09.2015, a.a.O., RdNrn. 42 ff.; Urteil vom 19.06.2014, a.a.O., RdNrn. 63 ff.). Bestandsschutzziele rechtfertigen aber keine gesetzgeberischen Maßnahmen, mit denen eine Ungleichbehandlung wegen des Alters endgültig festgeschrieben wird (vgl. EuGH, Urteile vom 28.01.2015, a.a.O., RdNr. 39, und vom 11.11.2014, a.a.O., RdNr. 44, in den Rechtssachen „Starjakob“ bzw. „Schmitzer“ jeweils zu Maßnahmen bei Reformen zur Beseitigung eines diskriminierenden Systems). Danach ist auch die in § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG angeordnete Beibehaltung der Altersgrenze zur Erreichung des mit dieser Vorschrift verfolgten Bestandsschutzzieles nicht „geeignet und angemessen“. Der Gesetzgeber hat bei der Schaffung der Übergangsregelungen aus § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG nicht etwa beabsichtigt, die Ungleichbehandlung wegen Alters zu beseitigen und dabei einen bisher begünstigten Personenkreis übergangsweise in seinem Vertrauen zu schützen. Er hat vielmehr das Ziel verfolgt, den tatbestandlich erfassten Beamten aus anderen Gründen einen Bestand (Ruhegehaltssatz) zu erhalten, dabei aber die im bis zum 31.12.1991 geltenden Recht angelegte Ungleichbehandlung wegen Alters innerhalb der Gruppe der bestandsgeschützten Beamten auf Dauer festgeschrieben.
61 
cc) Aus dem von der Beklagten hervorgehobenen Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG ergibt sich ebenfalls keine Rechtfertigung der vorliegenden Ungleichbehandlung wegen des Alters.
62 
Nach dieser Vorschrift können die Mitgliedstaaten ungeachtet des Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie vorsehen, dass bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit die Festsetzung von Altersgrenzen „als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente“ oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen bzw. Kategorien von Beschäftigten und die Verwendung im Rahmen dieser Systeme von Alterskriterien für versicherungsmathematische Berechnungen keine Diskriminierung wegen des Alters darstellt, solange dies nicht zu Diskriminierungen wegen des Geschlechts führt.
63 
Die in § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 BeamtVG a.F. vorgesehene Altersgrenze ist keine „Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente“ im Sinne des Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG. Eine in einem System der betrieblichen Altersvorsorge vorgesehene Altersgrenze stellt jedenfalls dann keine solche „Voraussetzung“ dar, wenn ein Beschäftigter - unabhängig von dieser Grenze - Mitglied des Systems werden kann und - altersunabhängig - nach einer gewissen Dauer der Betriebszugehörigkeit einen Rentenanspruch erwirbt (vgl. EuGH, Urteil vom 26.09.2013 - C-476/11 -, a.a.O., RdNr. 50). So liegt der Fall hier. § 12 BeamtVG enthält keine Höchstaltersgrenze, die verhindert, dass Personen ab einem bestimmten Alter keinen Zugang mehr zu dem System der Beamtenversorgung erlangen können. Vielmehr können Beamte ungeachtet der in jener Vorschrift genannten Altersgrenze nach einer gewissen „Betriebszugehörigkeit“ (vgl. § 4 Abs. 1 BeamtVG) einen Anspruch auf Versorgungsleistungen nach dem Beamtenversorgungsgesetz gegen ihren Dienstherrn erwerben.
64 
Eine „Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente“ stellt die Altersgrenze auch nicht in Zusammenschau mit der Grundnorm des § 6 Abs. 1 BeamtVG dar, die wie die übrigen für die Berechnung der ruhegehaltfähigen Zeiten maßgeblichen Vorschriften ebenfalls auf die Vollendung des 17. Lebensjahres abstellt (vgl. neben § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG und § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG erneut § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1, § 10 Satz 1, § 11, § 12 Abs. 2 Satz 1, § 13 Abs. 2 Satz 1 und 3, § 14a Abs. 2 Satz 1, § 55 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b BeamtVG). Denn ein Beamter kann auch im Anwendungsbereich dieser Vorschriften nach einer gewissen „Betriebszugehörigkeit“ einen Anspruch auf Versorgungsleistungen nach dem Beamtenversorgungsgesetz gegen seinen Dienstherrn erwerben.
65 
Zur Rechtfertigung der durch § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 BeamtVG a.F. bewirkten Ungleichbehandlung wegen des Alters kann Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG auch nicht im Wege einer Analogie oder eines Erst-Recht-Schlusses - etwa mit dem Argument, die Vorschrift müsse erst recht „weniger schwerwiegende“ Ungleichbehandlungen in betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit zulassen - angewandt werden. Da Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG den Mitgliedstaaten gestattet, eine Ausnahme vom Verbot der Diskriminierung aus Gründen des Alters vorzusehen, ist die Vorschrift eng auszulegen und keiner erweiternden Auslegung zugänglich (vgl. EuGH, Urteile vom 26.09.2013 - C-476/11 -, a.a.O., RdNr. 46, und - C-546/11 -, a.a.O., RdNr. 41).
66 
d) Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, die Richtlinie 2000/78/EG sei nicht unmittelbar anwendbar und bedürfe erst einer Umsetzung in nationales Recht. Die Richtlinie ist unmittelbar anwendbar mit der Folge, dass sich der Kläger, der mit Ablauf des 31.10.2010 in den Ruhestand trat und dessen Versorgungsbezüge mit Bescheid vom 15.12.2010 festgesetzt wurden, vor dem nationalen Gericht darauf berufen kann.
67 
Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kann sich der Einzelne in allen Fällen, in denen die Bestimmungen einer Richtlinie inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sind, vor den nationalen Gerichten gegenüber dem Staat auf diese Bestimmungen berufen, wenn dieser die Richtlinie nicht fristgemäß oder nur unzulänglich in das nationale Recht umgesetzt hat. Eine Unionsvorschrift ist unbedingt, wenn sie eine Verpflichtung normiert, die an keine Bedingung geknüpft ist und zu ihrer Durchführung oder Wirksamkeit auch keiner weiteren Maßnahmen der Unionsorgane oder der Mitgliedstaaten bedarf. Sie ist hinreichend genau, um von einem Einzelnen geltend gemacht und vom Gericht angewandt werden zu können, wenn sie in unzweideutigen Worten eine Verpflichtung festlegt (EuGH, Urteil vom 01.07.2010 - C-194/08 -, Gassmayr, Slg. 2010, I-6281, RdNr. 44 f. m.w.N.). Eine Richtlinie ist auch dann unmittelbar anwendbar, wenn Umsetzungsmaßnahmen zwar in Kraft getreten sind, diese aber eine vollständige Anwendung der Richtlinie nicht tatsächlich gewährleisten (EuGH, Urteil vom 11.07.2002 - C-62/00 -, Marks & Spencer, Slg. 2002, I-6325, RdNrn. 23 ff.; BVerwG, Urteil vom 28.10.2010, a.a.O.; Senatsurteile vom 06.11.2012 - 4 S 797/12 -, DÖV 2013, 319, und vom 03.04.2012, a.a.O.).
68 
Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Denn die Richtlinie 2000/78/EG ist im Hinblick auf die Versorgung im System des Beamtenversorgungsgesetzes nach dem oben Gesagten nicht vollständig in deutsches Recht umgesetzt. Auch sind die maßgeblichen Richtlinienvorschriften inhaltlich unbedingt und hinreichend genau (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.10.2010, a.a.O.; Senatsurteile vom 06.11.2012, a.a.O., und vom 03.04.2012, a.a.O.). Auch die Frist für die Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG ist - seit dem 03.12.2003 - abgelaufen (vgl. Art. 18 der Richtlinie und BVerwG, Urteil vom 28.10.2010 - 2 C 52.09 -, NVwZ-RR 2011, 205; BAG, Urteil vom 11.12.2012 - 3 AZR 684/10 -, NZA-RR 2013, 308).
69 
Der Umstand, dass der Kläger eine versorgungsrechtliche Anrechnung von Zeiten begehrt, die vor dem Ablauf der Umsetzungsfrist liegen, steht der unmittelbaren Anwendbarkeit der Richtlinie auf den vorliegenden Fall - auch insoweit (s. dazu bereits oben unter 2.a)bb) - nicht entgegen. Maßgeblich ist, wann es zu dem „diskriminierenden Verhalten“ gekommen ist (vgl. EuGH, Urteil vom 19.01.2010, a.a.O., RdNr. 24). Das war hier mit der nach dem Eintritt in den Ruhestand mit Bescheid vom 15.12.2010 - mithin nach Ablauf der Umsetzungsfrist - erfolgten Festsetzung der Versorgungsbezüge durch die Beklagte der Fall (vgl. in diesem Sinne auch die Entscheidungen in den Rechtssachen „Hütter“ und „Kücükdeveci“, EuGH, Urteil vom 18.06.2009, a.a.O., RdNrn. 12 ff., und Urteil vom 19.01.2010, a.a.O., RdNrn. 12).
70 
e) Die unmittelbare Anwendung der Richtlinie 2000/78/EG hat zur Folge, dass die altersdiskriminierende Regelung von den nationalen Gerichten nicht angewendet werden darf. Dies bedeutet, dass die Altersgrenze aus § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F. nicht anzuwenden ist mit der Folge, dass Personen, die - wie der Kläger - ihre Ausbildungszeit vor Vollendung der 17. Lebensjahres absolviert haben, mit solchen gleich behandelt werden, die diese Zeit nach Vollendung des 17. Lebensjahres durchlaufen haben (aa). Für diese Gleichstellung fehlt es auch nicht an einem „rechtmäßigen Bezugssystem“ (bb).
71 
aa) Steht eine Vorschrift des nationalen Rechts mit Unionsrecht nicht in Einklang, verlangt zunächst die Pflicht zur unionsrechtskonformen Auslegung des nationalen Rechts, dass die nationalen Gerichte unter Berücksichtigung des gesamten innerstaatlichen Rechts und unter Anwendung der dort anerkannten Auslegungsmethoden alles tun, was in ihrer Zuständigkeit liegt, um die volle Wirksamkeit der Richtlinie 2000/78/EG zu gewährleisten und zu einem Ergebnis zu gelangen, das mit dem mit ihr verfolgten Ziel im Einklang steht (vgl. EuGH, Urteil vom 18.06.2014, a.a.O., RdNr. 88 m.w.N.).
72 
Ist eine mit den Anforderungen dieser Richtlinie übereinstimmende Auslegung und Anwendung der nationalen Regelung - wie hier - nicht möglich, muss eine unionsrechtswidrige nationale Regelung, die in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fällt, nach dem Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts, der auch dem Verbot der Diskriminierung wegen des Alters zukommt, unangewendet gelassen werden (vgl. EuGH, Urteil vom 18.06.2014, a.a.O., RdNr. 89; Urteil vom 19.01.2010, a.a.O., RdNr. 54; Urteil vom 22.11.2005, a.a.O., RdNr. 77 m.w.N.; ferner BVerwG, Urteil vom 28.10.2010, a.a.O.; Senatsurteile vom 06.11.2012, a.a.O., und vom 03.04.2012, a.a.O.).
73 
Von diesen Grundsätzen ausgehend ist § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 BeamtVG a.F. als Folge der unmittelbaren Anwendung der Richtlinie 2000/78/EG insoweit unanwendbar, als diese Vorschriften mit Unionsrecht nicht vereinbar sind. Der sich aus dem Wortlaut der Vorschriften ergebende Ausschluss von ruhegehaltfähiger Zeiten kann dem Anspruch des Klägers deshalb nicht entgegengesetzt werden. Vielmehr muss die Vorschrift als Rechtsgrundlage für den Ausspruch der begehrten Verpflichtung so angewandt werden, dass sie nicht zu einer Diskriminierung von Beamten wegen des Alters führt. Das kann nur dadurch geschehen, dass die Altersgrenze unangewendet bleibt und damit Ausbildungszeiten vor dem 17. Lebensjahr (im beantragten Umfang) berücksichtigt werden (ebenso - wie bereits die Vorinstanzen - der österreichische Oberste Gerichtshof, Entscheidung vom 04.08.2009 - OGH 9 Ob A 83/09k -, www.ris.bka.gv.at, zur in der Rechtssache „Hütter“ vom EuGH beanstandeten Altersgrenze; zust. Resch, ZESAR 2012, 257 <258> m.w.N.; ebenso für die in der Rechtssache „Kücükdeveci“ für unionsrechtswidrig befundene Altersgrenze aus § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB a.F. LAG Düsseldorf, Urteil vom 30.04.2010 - 9 Sa 354/09 -, Juris, und Beschluss vom 17.02.2010 - 12 Sa 1311/07 -, NZA-RR 2010, 240; Hessisches LAG, Urteil vom 23.04.2010 - 19 Sa 1309/09 -, Juris; s. dazu EuGH, Urteil vom 19.01.2010, a.a.O., RdNr. 51).
74 
Dass dies über die bloße Nichtanwendung eines Teils des Normtextes hinausgeht und bedeutet, einen vom Normgeber geregelten Anspruch einer von ihm bewusst nicht erfassten Gruppe von Begünstigten zu gewähren, ist nicht zu beanstanden. Denn anders lässt sich im vorliegenden Fall die volle Wirksamkeit der Richtlinie 2000/78/EG nicht herstellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.10.2010, a.a.O., Senatsurteil vom 03.04.2012, a.a.O., und OVG Bremen, Urteil vom 16.05.2013, a.a.O., zur Gleichstellung von Lebenspartnern mit Eheleuten bei der Hinterbliebenenversorgung; Senatsurteil vom 06.11.2012, a.a.O., zur Gleichstellung im Besoldungsrecht).
75 
Ohne Erfolg bleibt der hiergegen erhobene Einwand der Beklagten, es werde die Gewaltenteilung in Frage gestellt, wenn eindeutig formulierte nationale Gesetze „einfach für unanwendbar erklärt“ würden. Der mit diesem Einwand sinngemäß in Bezug genommene versorgungsrechtliche Gesetzesvorbehalt nach § 3 Abs. 1 BeamtVG steht der unmittelbaren Anwendung des Unionsrechts durch die Gerichte nicht entgegen. Denn der Gesetzesvorbehalt aus § 3 Abs. 1 BeamtVG nimmt nicht an den Verfassungsgrundsätzen teil, die den Anwendungsvorrang des Unionsrechts in Frage stellen könnten (vgl. Senatsurteil vom 06.11.2012, a.a.O., m.w.N., zu § 2 Abs. 1 BBesG).
76 
bb) Die Nichtanwendung der Altersgrenze aus § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F. hat zur Folge, dass Personen, die ihre Ausbildungszeit - wie zum Teil der Kläger - vor Vollendung der 17. Lebensjahres absolviert haben, mit solchen, die sie jenseits dieser Altersgrenze durchlaufen haben, gleich behandelt werden. Für diese Gleichbehandlung fehlt es auch nicht an einem rechtmäßigen normativen Bezugssystem.
77 
Die Mitgliedstaaten sind nach Art. 16 der Richtlinie 2000/78/EG verpflichtet, die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die dem Gleichbehandlungsgrundsatz zuwiderlaufen, aufzuheben. Diese Vorschrift schreibt den Mitgliedstaaten zwar keine bestimmte Maßnahme im Fall einer Verletzung des Diskriminierungsverbots vor, sondern belässt ihnen nach Maßgabe der unterschiedlichen denkbaren Sachverhalte die Freiheit der Wahl unter den verschiedenen Lösungen, die zur Verwirklichung des mit ihr verfolgten Ziels geeignet sind. Allerdings kann die Wahrung des Grundsatzes der Gleichbehandlung, wenn eine unionsrechtswidrige Diskriminierung festgestellt worden ist und solange keine Maßnahmen zur Wiederherstellung der Gleichbehandlung erlassen worden sind, nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nur dadurch gewährleistet werden, dass den Angehörigen der benachteiligten Gruppe dieselben Vorteile gewährt werden wie die, die den Angehörigen der privilegierten Gruppe zugutekommen, wobei diese Regelung, solange das Unionsrecht nicht richtig durchgeführt ist, das einzig gültige Bezugssystem bleibt (vgl. EuGH, Urteil vom 22.06.2011 - C-399/09 -, Landtová, Slg. 2011, I-5573, RdNr. 51; Urteil vom 26.01.1999 - C-18/95 -, Terhoeve, Slg. 1999, I-345, RdNr. 57, m.w.N.).
78 
Der Gerichtshof hat zwar klargestellt, dass diese Lösung nur dann zur Anwendung kommt, wenn es ein „gültiges Bezugssystem“ gibt. An einem solchen rechtmäßigen Bezugssystem fehlt es, wenn es im Rahmen der altersdiskriminierenden nationalen Rechtsvorschriften nicht möglich ist, eine Kategorie bevorzugter Beamter zu benennen, weil diese Vorschriften für jeden Beamten gelten und die sich daraus ergebenden diskriminierenden Aspekte potenziell alle Beamten betreffen (vgl. EuGH, Urteil vom 19.06.2014, a.a.O., RdNr. 96, in der Rechtssache „Specht u.a.“, sowie BVerwG, Urteil vom 30.10.2014, a.a.O., RdNrn. 18 ff., jeweils zu §§ 27 und 28 BBesG a.F. ). Das ist im vorliegenden Verfahren und dem hier interessierenden § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F. jedoch nicht der Fall. Denn bei Beamten, die ihre Ausbildung nach dem 17. Lebensjahr begonnen haben, wirkt sich ihr Lebensalter nicht auf die Höhe der Versorgung aus. Hier ist es deshalb - anders als in der Rechtssache „Specht u.a.“ - möglich, eine Kategorie der von der Vorschrift bevorzugten und nicht altersdiskriminierten Beamten zu benennen (vgl. EuGH, Urteil vom 28.01.2015, a.a.O., RdNrn. 43 ff., zu den in der Rechtssache „Starjakob“ ähnlich gelagerten Regelungen des österreichischen Rechts, die bereits Gegenstand der Rechtssache „Hütter“ waren; zust. - auch zum Vorliegen eines „rechtmäßigen Bezugssystems“ - Wachter, ZESAR 2015, 388 <398>).
79 
Das rechtmäßige normative Bezugssystem besteht daher in § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F. in der Anwendung auf Beamte, die ihre Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahr absolviert haben. Zur Herstellung der Gleichbehandlung sind den vom bisherigen Regelungssystem benachteiligten Beamten deshalb hinsichtlich der Berücksichtigung der vor der Vollendung des 17. Lebensjahrs zurückgelegten Vordienstzeiten dieselben Vorteile zu gewähren, wie sie den von diesem System begünstigten Beamten zuteil geworden sind (vgl. EuGH, Urteil vom 28.01.2015, a.a.O., RdNrn. 43 ff.; s. ferner den österreichischen Obersten Gerichtshof, Beschluss vom 20.03.2015 - 9 ObA 1715v -, der einen Anspruch auf Anrechnung der [dort] vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegten Dienstzeiten anerkannt hat; dazu Wachter, a.a.O.). Das bedeutet, dass der Kläger durch Anrechnung der vor Vollendung seines 17. Lebensjahres zurückgelegten Ausbildungszeiten (im beantragten Umfang) gleichzustellen ist.
80 
3. Das der Beklagten nach § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG a.F. bei der Anerkennung von Ausbildungszeiten grundsätzlich zustehende Ermessen („kann“), ist auf Null reduziert.
81 
Handelt es sich - wie hier (s.o. unter 1.) - um vorgeschriebene Ausbildungszeiten, die der Beamte nicht im Beamtenverhältnis absolvieren konnte, reduziert sich das Ermessen der Versorgungsbehörde aufgrund des Zwecks dieser Vorschrift, durch die Anrechnung von Ausbildungszeiten Versorgungslücken zu schließen (vgl. erneut BVerwG, Urteil vom 26.01.2012, a.a.O., und oben unter 2.c)aa). Sie darf die Berücksichtigung der vorgeschriebenen Ausbildungszeiten in einem solchen Fall nur dann ablehnen, wenn der Beamte aufgrund dieser Zeiten andere Versorgungsansprüche erworben hat. Ist das nicht der Fall, ist das Ermessen auf Null reduziert (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.12.2008 - 2 C 9/08 -, Buchholz 239.1 § 12 BeamtVG Nr. 17, m.w.N.). So liegt der Fall auch hier.
82 
Eine andere Beurteilung der Rechtsfolgenseite des § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG a.F. ergibt sich auch nicht daraus, dass der Tatbestand dieser Vorschrift bei der Beachtung der unionsrechtlichen Vorgaben eine Modifizierung erfährt. Die auf die Vollendung des 17. Lebensjahres abstellende Altersgrenze ist aus den oben (unter 2.) genannten Gründen auch im Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG, der die Berücksichtigung von im Beamtenverhältnis zurückgelegten Dienstzeiten zwingend - ohne Ermessen - vorschreibt, unionsrechtswidrig. Deshalb kann die von § 12 BeamtVG bezweckte versorgungsrechtliche Gleichstellung von Zeiten in einem Ausbildungsverhältnis mit Zeiten in einem Beamtenverhältnis (vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 24.09.2009, a.a.O.) nur erreicht werden, wenn die zur Ermessensreduzierung entwickelten Grundsätze auch bei der unionsrechtlich modifizierten Anwendung des § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG a.F. beibehalten werden.
II.
83 
Der sich nach § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG mithin ergebende Ruhegehaltssatz von 73,83 v.H. ist nach § 85 Abs. 4 BeamtVG für Berechnung des Ruhegehalts maßgeblich.
84 
1. Nach § 85 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG ist der sich nach § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG ergebende Ruhegehaltssatz zugrunde zu legen, wenn er höher ist als der Ruhegehaltssatz, der sich nach dem Beamtenversorgungsgesetz geltender Fassung für die gesamte ruhegehaltfähige Dienstzeit ergibt. Das ist hier der Fall. Denn der Ruhegehaltssatz beträgt nach Maßgabe der geltenden Bestimmungen - und bei Berücksichtigung des vom Klageantrag (allein) umfassten weiteren einen Dienstjahres - 73,16 v.H.
85 
Der Ruhegehaltssatz berechnet sich im Fall des mit Ablauf des 31.10.2010 in den Ruhestand versetzten Klägers für die Vergleichsrechnung des § 85 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG gemäß § 69e Abs. 2 Satz 1 BeamtVG nach § 14 Abs. 1 BeamtVG in der bis zum 31.12.2002 geltenden Fassung, da die achte auf den 31.12.2002 folgenden Anpassung nach § 70 BeamtVG erst am 01.01.2011 in Kraft getreten ist (vgl. § 69e Abs. 2 Satz 4 BeamtVG und dazu Zahn/Bauer, in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, a.a.O., § 14 BeamtVG RdNr. 19).
86 
Nach § 14 Abs. 1 BeamtVG in der bis zum 31.12.2002 geltenden Fassung beträgt das Ruhegehalt für jedes Jahr ruhegehaltfähiger Dienstzeit 1,875 v.H. der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge, insgesamt jedoch höchstens 75 v.H., wobei der Ruhegehaltssatz auf zwei Dezimalstellen auszurechnen und die zweite Dezimalstelle um eins zu erhöhen ist, wenn in der dritten Stelle eine der Ziffern fünf bis neun verbleiben würde, und wobei zur Ermittlung der gesamten ruhegehaltfähigen Dienstjahre etwa anfallende Tage unter Benutzung des Nenners dreihundertfünfundsechzig umzurechnen sind.
87 
Ruhegehaltfähig ist unter Zugrundelegung von § 12 BeamtVG n.F. die Zeit vom 01.09.1970 bis 31.10.2010, da die in dieser Vorschrift enthaltene Altersgrenze aus den oben (unter I.) genannten Gründen ebenfalls unionsrechtswidrig und deshalb nicht anzuwenden ist. Da der Kläger mit seinem Klageantrag allerdings über die von der Beklagten hinaus anerkannte Dienstzeit von 38 Jahren und 6 Tagen (vgl. Anlage B zum Bescheid vom 15.12.2010) nur die Anerkennung eines weiteren Jahres geltend gemacht hat, ergibt sich bei einer Dienstzeit von 39 Jahren und 6 Tagen, d.h. 39,02 Jahren (6 : 365 = 0,016… ≈ 0,02 Jahre), ein Ruhegehaltssatz von 73,16 v.H. (39,02 x 1,875 = 73,1625).
88 
2. Nach § 85 Abs. 4 Satz 2 BeamtVG darf der sich nach § 85 Abs. 1 BeamtVG ergebende Ruhegehaltssatz - hier 73,83 v.H. - den Ruhegehaltssatz, der sich nach dem bis zum 31.12.1991 geltenden Recht ergäbe, nicht übersteigen. Auch das ist der Fall. Denn bei Zugrundelegung einer - dem Klageantrag entsprechenden - ruhegehaltfähigen Dienstzeit von 39 Jahren und 6 Tagen, die auf 39 Jahre abzurunden ist (vgl. § 14 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 a.E. BeamtVG a.F.), ergibt sich ein Ruhegehaltssatz von 75 v.H. (35 v.H. für die ersten zehn Jahre zzgl. 30 v.H. für das elfte bis zum 25. Dienstjahr zzgl. 14 v.H. für das 26. bis 39. Dienstjahr = 79 v.H., berücksichtigungsfähig bis zum Höchstsatz vom damals 75 v.H., vgl. § 14 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F.).
III.
89 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
90 
Die Revision ist nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Die Frage, ob die Nichtberücksichtigung von vor dem 17. Lebensjahr vollendeten Ausbildungszeiten bei der beamtenversorgungsrechtlichen Festsetzung von ruhegehaltfähigen Dienstzeiten mit Unionsrecht in Einklang steht, ist bislang höchstrichterlich nicht geklärt.
91 
Beschluss vom 17. Dezember 2015
92 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.722,48 EUR festgesetzt.
93 
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG in Orientierung an Nummer 10.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31.05./01.06.2012 und am 16.07.2013 beschlossenen Änderungen. Dabei legt der Senat die Angaben der Beklagten im Schriftsatz vom 10.06.2014 zugrunde, wonach die Differenz zwischen innegehabtem und erstrebtem Teilstatus 71,77 EUR beträgt. Anzusetzen sind somit als zweifacher Jahresbetrag 1.722,48 EUR.
94 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
14 
Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.
15 
Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte zu Recht verpflichtet, dem Kläger Versorgungsbezüge unter Berücksichtigung eines weiteren Jahres ruhege-haltfähiger Dienstzeit in der Zeit bis zum 31.12.1991 in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Der Kläger hat einen entsprechenden Anspruch (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid der Deutschen Telekom AG vom 15.12.2010 und ihren Widerspruchsbescheid vom 18.01.2012 allerdings in vollem Umfang aufgehoben, obwohl die Bescheide dem Verpflichtungsausspruch nur teilweise entgegenstehen. Daher ist die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der Tenor entsprechend neu gefasst wird.
16 
Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 85 Abs. 1 und 4 BeamtVG in der Fassung der Bekanntmachung vom 24.02.2010 (BGBl. I S. 150), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15.03.2012 (BGBl. I 2011, S. 2842), i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG in der bis zum 31.12.1991 geltenden Fassung vom 12.02.1987 (BGBl. I S. 570 ) und der Richtlinie 2000/78/EG.
17 
Nach § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG bleibt, wenn ein Beamtenverhältnis, aus dem der Beamte in den Ruhestand tritt, bereits am 31.12.1991 bestanden hat, der zu diesem Zeitpunkt erreichte Ruhegehaltssatz gewahrt. Dabei richtet sich die Berechnung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit und des Ruhegehaltssatzes nach dem bis zum 31.12.1991 geltenden Recht (§ 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG). Der sich nach § 85 Abs. 1 BeamtVG ergebende Ruhegehaltssatz wird der Berechnung des Ruhegehalts zugrunde gelegt, wenn er höher ist als der Ruhegehaltssatz, der sich nach dem Beamtenversorgungsgesetz für die gesamte ruhegehaltfähige Dienstzeit ergibt (§ 85 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG). Der sich nach § 85 Abs. 1 BeamtVG ergebende Ruhegehaltssatz darf den Ruhegehaltssatz, der sich nach dem bis zum 31.12.1991 geltenden Recht ergäbe, nicht übersteigen (§ 85 Abs. 4 Satz 2 BeamtVG).
18 
Danach ist das Ruhegehalt des Klägers, der am Stichtag 31.12.1991 Beamter war und seitdem bis zum Eintritt in den Ruhestand ununterbrochen in einem Beamtenverhältnis stand, nach der sog. Mischrechnung (BVerwG, Urteil vom 01.09.2005 - 2 C 28.04 -, Buchholz 239.1 § 12 BeamtVG Nr. 15) des § 85 Abs. 1 BeamtVG zu bestimmen. Denn der sich bei der unionsrechtlich gebotenen Berücksichtigung der vor Vollendung des 17. Lebensjahres absolvierten Ausbildungszeiten im Umfang des vom Klageantrag (allein) umfassten weiteren Jahres ergebende Ruhegehaltssatz (73,83 v.H., dazu I.) ist höher als bei Zugrundelegung des - die genannten Ausbildungszeiten ebenfalls berücksichtigenden - Beamtenversorgungsgesetzes geltender Fassung (73,16 v.H., dazu II.1) und er übersteigt auch nicht den Ruhegehaltssatz, zu dem die alleinige Anwendung des bis zum 31.12.1991 geltenden Rechts führt (75 v.H., dazu II.2.).
I.
19 
Der sich nach § 85 Abs. 1 BeamtVG ergebende Ruhegehaltssatz des Klägers beträgt - bei Berücksichtigung des vom Klageantrag (allein) umfassten einen weiteren Jahres - 73,83 v.H.
20 
Zuzüglich zu dem Ruhegehaltssatz von 18,83 v.H. für Zeit vom 01.01.1992 bis 31.10.2010 (18 Jahre und 304 Tage = 18,83 Jahre, vgl. § 85 Abs. 1 Satz 3 BeamtVG) ist ein Ruhegehaltssatz für die davor liegende Zeit zu berücksichtigen, der nicht, wie im angefochtenen Bescheid geschehen, ausgehend von einer ruhegehaltfähigen Dienstzeit von abgerundet 19 Jahren mit 53 v.H. (vgl. Anlage C des Bescheids vom 15.12.2010), sondern ausgehend von einer Dienstzeit von 20 Jahren mit 55 v.H. anzusetzen ist (35 v.H. für die ersten zehn Jahre zuzüglich 20 v.H. für die folgenden zehn Jahre, vgl. § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F.). Denn der Kläger hat einen Anspruch darauf, dass bei der von § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG angeordneten Anwendung des § 14 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F. nicht nur die von der Beklagten bereits als ruhegehaltfähig anerkannten Zeiten zugrunde gelegt werden, die er bis zum 31.12.1991 im Beamtenverhältnis (01.10.1977 bis 31.12.1991, vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F.) und im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis im Dienst der Beklagten (13.07.1973 bis 30.09.1977, vgl. § 10 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG) sowie nach Vollendung seines 17. Lebensjahres in einem Ausbildungsverhältnis verbracht hat (26.10.1972 bis 12.07.1973, vgl. § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG a.F.). Ruhegehaltfähig ist nach § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG a.F. und der Richtlinie 2000/78/EG vielmehr auch die vor dieser Altersgrenze im Ausbildungsverhältnis geleistete Zeit (01.09.1970 bis 25.10.1973) und damit auch das vom Klageantrag (allein) umfasste eine weitere Jahr vor dem 26.10.1972.
21 
Nach § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG a.F. kann die nach Vollendung des 17. Lebensjahres verbrachte Mindestzeit der außer der allgemeinen Schulbildung vorgeschriebenen Ausbildung (Fachschul-, Hochschul- und praktische Ausbildung, Vorbereitungsdienst, übliche Prüfungszeit), als ruhegehaltfähige Dienstzeit berücksichtigt werden. Die vom Kläger vom 01.09.1970 bis zum 12.07.1973 bei der damaligen Deutschen Bundespost absolvierte Ausbildung zum Fernmeldehandwerker ist eine „vorgeschriebene Ausbildung“ im Sinne dieser Vorschrift und deshalb dem Grunde nach ruhegehaltfähig (1.). Dem zeitlichen Umfang nach ist die Ausbildung nicht nur ruhegehaltfähig, soweit der Kläger sie nach, sondern auch soweit er sie vor Vollendung seines 17. Lebensjahres durchlaufen hat. Die im nationalen Recht enthaltene Beschränkung auf Zeiten ab der Vollendung des 17. Lebensjahres ist unionsrechtswidrig und deshalb nicht anzuwenden (2.). Das der Beklagten bei der Anerkennung von Ausbildungszeiten grundsätzlich eingeräumte Ermessen ist auf Null reduziert (3.).
22 
1. Bei der Ausbildung des Klägers handelt es sich um eine im Sinne des § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG a.F. für die Übernahme in den damaligen mittleren fernmeldetechnischen Dienst „vorgeschriebene“ Ausbildung.
23 
„Vorgeschrieben“ ist eine Ausbildung, wenn sie zur der Zeit ihrer Ableistung aufgrund von Rechts- oder Verwaltungsvorschriften zur Übertragung des ersten statusrechtlichen Amtes erforderlich ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 06.05.2014 - 2 B 91.13 -, Juris, und Urteil vom 26.01.2012 - 2 C 49.10 -, Buchholz 239.1 § 67 BeamtVG Nr. 5, m.w.N.; OVG des Saarlandes, Urteil vom 05.07.2013 - 1 A 292/13 -, NVwZ-RR 2014, 153; jeweils m.w.N.). Das war bei der Ausbildung des Klägers zum Fernmeldehandwerker der Fall. Nach der Verordnung über die Laufbahnen der Bundesbeamten (BLV) vom 27.04.1970 (BGBl. I S. 422), geändert durch die Verordnung vom 14.09.1972 (BGBl. I S. 1765), konnte in den Vorbereitungsdienst für die Laufbahn des allgemeinen mittleren Dienstes eingestellt werden, wer mindestens eine Hauptschule mit Erfolg besucht hatte oder eine entsprechende Schulbildung besaß (§ 17 Abs. 1 BLV). Bewerber für Laufbahnen des technischen Dienstes mussten außerdem die vorgeschriebenen fachlichen Kenntnisse und Fertigkeiten nachweisen, was u.a. durch Zeugnisse über mindestens die Gesellenprüfung in einem der betreffenden Fachrichtung entsprechenden Handwerk (§ 31 HwO) oder eine entsprechende Abschlussprüfung im Sinne des § 34 Abs. 1 BBiG geschehen konnte (§ 17 Abs. 2 BLV). Damit war (auch) die vom Kläger absolvierte technische Ausbildung eine für seine Laufbahn „vorgeschriebene“ Ausbildung im Sinne des § 12 BeamtVG (vgl. OVG des Saarlandes, Urteil vom 05.07.2013, a.a.O.; VG Hannover, Urteil vom 31.05.2013 - 2 A 2922/12 -, Juris; jeweils zur Anerkennungsfähigkeit einer Ausbildung zum Fernmeldehandwerker im Rahmen des § 12 BeamtVG).
24 
2. Die Ausbildung des Klägers ist nicht nur nach der Vollendung seines 17. Lebensjahres (26.10.1972 bis 12.07.1973), sondern auch in dem davor liegenden Zeitraum (01.09.1970 bis 25.10.1972) - und damit auch im Umfang des vom Klagebegehren umfassten weiteren Jahres - berücksichtigungsfähig.
25 
Der Anerkennung eines über den von der Beklagten bereits berücksichtigten Zeitraum (26.10.1972 bis 12.07.1973, d.h. 260 Tage) hinausgehenden weiteren Jahres Ausbildungszeit steht nicht entgegen, dass nach § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG a.F. nur die „Mindestzeit“ einer Ausbildung berücksichtigungsfähig ist. Der Kläger hat die Ausbildungsdauer des Ausbildungsberufs „Fernmeldehandwerker“, die grundsätzlich dreieinhalb Jahre betrug (vgl. die Ausbildungsordnung für Fernmeldelehrlinge der Deutschen Bundespost, ABl. des Bundesministers für Post- und Fernmeldewesen Nr. 106 vom 04.01.1964, i.V.m. §§ 3, 10 Abs. 1 der Verordnung über die Berufsausbildung zum Fernmeldehandwerker vom 09.10.1972, BGBl. I S. 1893), nicht überschritten.
26 
Der Anerkennung eines weiteren Jahres Ausbildungszeit steht auch nicht entgegen, dass § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F. Zeiten vor Vollendung des 17. Lebensjahres von einer Berücksichtigung ausschließt. Diese Regelung ist unionsrechtswidrig, weil sie eine in den Geltungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG fallende (a) Ungleichbehandlung wegen Alters darstellt (b), die nicht gerechtfertigt ist (c). Dieser Verstoß gegen die Richtlinie, auf die sich der Kläger unmittelbar berufen kann (d), hat zur Folge, dass die Altersgrenze nicht angewendet werden darf (e).
27 
a) Die Regelung aus § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F. fällt in den Geltungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG.
28 
Geltung beansprucht die Richtlinie im Rahmen der auf die Gemeinschaft übertragenen Zuständigkeiten für alle Personen in öffentlichen und privaten Bereichen, einschließlich öffentlicher Stellen, (u.a.) in Bezug auf die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich des Arbeitsentgelts (Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2000/78/EG).
29 
aa) Der persönliche Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG ist eröffnet. Ein Ruhestandsbeamter ist bei einem Streit mit seinem Dienstherrn um Leistungen, die in seinem aktiven Beamtenverhältnis wurzeln, eine „Person im öffentlichen Bereich“ im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie (vgl. EuGH, Urteil vom 19.06.2014, a.a.O., RdNr. 36, zu Beamten und Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst).
30 
bb) Auch der sachliche Anwendungsbereich der Richtlinie ist eröffnet.
31 
(1) Bei den zwischen den Beteiligten umstrittenen Versorgungsbezügen handelt es sich um „Arbeitsentgelt“. Unter den Begriff des „Arbeitsentgelts“ im Sinne der Richtlinie 2000/78/EG fällt jede Form des „Entgelts“ im Sinne des Art. 157 Abs. 2 AEUV (vgl. den 13. Erwägungsgrund der Richtlinie und EuGH, Urteil vom 26.09.2013 - C-546/11 -, Dansk Jurist, NVwZ 2013, 1401, RdNr. 25 f.). Unter Entgelt im Sinne dieses Artikels sind die üblichen Grund- oder Mindestlöhne und -gehälter sowie alle sonstigen „Vergütungen“ zu verstehen, die der Arbeitgeber „aufgrund des Dienstverhältnisses“ dem Arbeitnehmer unmittelbar oder mittelbar in bar oder in Sachleistungen zahlt. Zu diesen „Vergütungen“ können auch Leistungen zählen, die erst nach dem Ende der aktiven Arbeits- bzw. Dienstzeit gewährt werden (vgl. EuGH, Urteil vom 06.10.1993 - C-109/91 -, Ten Över, Slg. 1993, I-4879, RdNrn. 7 ff.; Urteil vom 17.05.1990 - C-262/88 -, Barber, NJW 1991, 2204, RdNrn. 21 ff.; BVerwG, Urteil vom 28.10.2010, a.a.O.). Für die Beurteilung der Frage, ob eine Rente oder ein Ruhegehalt von Art. 157 Abs. 2 AEUV erfasst ist, ist entscheidend, ob die Leistung dem Betreffenden „aufgrund seines Dienstverhältnisses“ mit seinem früheren Arbeitgeber gezahlt wird (sog. „Kriterium der Beschäftigung“, vgl. EuGH, Urteil vom 01.04.2008 - C-267/08 -, Maruko, Slg. 2008, I-1757, RdNr. 46; Urteil vom 23.10.2003 - C-4/02 u.a. -, Schönheit und Becker, Slg. I 2003, 12575, RdNr. 56). Dieses Kriterium ist zwar nicht erfüllt bei Ansprüchen aus gesetzlichen Systemen, an deren Finanzierung Arbeitnehmer, Arbeitgeber und gegebenenfalls die öffentliche Hand in einem Maße beteiligt sind, das weniger vom Dienstverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer als von sozialpolitischen Erwägungen abhängt (vgl. EuGH, Urteil vom 15.04.2008 - C-268/06 -, Impact, Slg. 2008. I-2483, RdNr. 131; EuGH, Urteil vom 29.11.2001 - C-366/99 -, Griesmar, Slg. 2001, I-9383, RdNr. 27). Die von einem öffentlichen Dienstherrn oder Arbeitgeber im Rahmen eines gesetzlich geregelten Systems geleistete Versorgung steht aber dann völlig einer Rente gleich, die ein privater Arbeitgeber seinen ehemaligen Arbeitnehmern zahlen würde, wenn sie nur für eine besondere Gruppe von Bediensteten gilt, wenn sie unmittelbar von der abgeleisteten Dienstzeit abhängt und wenn ihre Höhe nach den letzten Bezügen des Bediensteten berechnet wird (vgl. EuGH, Urteil vom 01.04.2008, a.a.O., RdNr. 48; Urteil vom 23.10.2003, a.a.O., RdNr. 57 ff.; Urteil vom 29.11.2001, a.a.O., RdNr. 30 f.).
32 
Diese drei Voraussetzungen sind bei einem Ruhegehalt, das ein Dienstherr nach dem Beamtenversorgungsgesetz zahlt, erfüllt. Denn bei den Beamten handelt es sich um eine „besondere Gruppe von Bediensteten“ (vgl. EuGH, Urteil vom 23.10.2003, a.a.O., RdNr. 60; Urteil vom 29.11.2001, a.a.O., RdNr. 31), das Ruhegehalt hängt von der geleisteten Dienstzeit ab (vgl. § 4 Abs. 1, § 14 Abs. 1 BeamtVG) und seine Höhe wird nach den letzten Besoldungsbezügen berechnet (vgl. § 5 Abs. 1, § 14 Abs. 1 BeamtVG). Eine Ruhegehalt nach dem Beamtenversorgungsgesetz fällt damit in den Anwendungsbereich des Art. 157 Abs. 2 AEUV (vgl. EuGH, Urteil vom 23.10.2003, a.a.O., RdNr. 63; s. ferner zum französischen Beamtenpensionssystem Urteil vom 29.11.2001, a.a.O., RdNr. 30 ff., 35) sowie folglich in denjenigen der Richtlinie 2000/78/EG (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.10.2010, a.a.O., zur Hinterbliebenenversorgung nach §§ 18 ff. BeamtVG; Senatsurteil vom 03.04.2012 - 4 S 1773/09 -, VBlBW 2012, 477, sowie OVG Bremen, Urteil vom 16.05.2013 - 2 A 409/05 -, Juris, jeweils zum Witwengeld nach § 28 BeamtVG).
33 
(2) Kein anderes Ergebnis folgt aus dem von der Beklagten in Bezug genommenen Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2000/78/EG. Nach dieser Vorschrift gilt die Richtlinie nicht für Leistungen jeder Art „seitens der staatlichen Systeme oder der damit gleichgestellten Systeme einschließlich der staatlichen Systeme der sozialen Sicherheit oder des sozialen Schutzes.“ Diese Bereichsausnahme ist in Verbindung mit dem 13. Erwägungsgrund der Richtlinie so auszulegen, dass sich der Geltungsbereich der Richtlinie „weder auf die Sozialversicherungs- und Sozialschutzsysteme erstreckt, deren Leistungen nicht einem Arbeitsentgelt in dem Sinne gleichgestellt werden, der diesem Begriff für die Anwendung von Art. 157 AEUV gegeben wurde, noch auf Vergütungen jeder Art seitens des Staates, die den Zugang zu einer Beschäftigung oder die Aufrechterhaltung eines Beschäftigungsverhältnisses zum Ziel haben“ (vgl. EuGH, Urteil vom 26.09.2013 - C-476/11 -, HK Danmark, EuZW 2013, 951, RdNr. 25; Urteil vom 10.05.2011 - C-147/08 -, Römer, Slg. 2011, I-3591, RdNr. 32 ff. m.w.N.; Urteil vom 01.04.2008, a.a.O., RdNr. 41). Nach diesen Grundsätzen fällt das Ruhegehalt des Klägers nicht unter die Bereichsausnahme des Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2000/78/EG in Verbindung mit dem 13. Erwägungsgrund. Denn es handelt es sich dabei, wie gezeigt, um Entgelt im Sinne des Art. 157 Abs. 2 AEUV und es betrifft weder den Zugang zu einer Beschäftigung noch die Aufrechterhaltung eines Beschäftigungsverhältnisses.
34 
(3) Die Anwendung der Richtlinie 2000/78/EG ist im vorliegenden Fall auch nicht durch das Protokoll zu Art. 157 AEUV ausgeschlossen.
35 
Nach diesem Protokoll (Protokoll Nr. 33 zum AEUV), das im Rang von Primärrecht steht (vgl. Art. 51 EUV), gelten im Sinne des Art. 157 AEUV „Leistungen aufgrund eines betrieblichen Systems der sozialen Sicherheit“ nicht als Entgelt, „sofern und soweit sie auf Beschäftigungszeiten vor dem 17.05.1990 zurückgeführt werden können, außer im Fall von Arbeitnehmern oder deren anspruchsberechtigten Angehörigen, die vor diesem Zeitpunkt eine Klage bei Gericht oder ein gleichwertiges Verfahren nach geltendem einzelstaatlichen Recht anhängig gemacht haben.“ Bei dem Versorgungssystem des Beamtenversorgungsgesetzes handelt es sich zwar - da es, wie gezeigt, kein „gesetzliches System der sozialen Sicherheit“ darstellt - um ein „betriebliches System der sozialen Sicherheit“ (vgl. EuGH, Urteil vom 23.10.2003, a.a.O., RdNr. 65). Auch stützt der Kläger sein Klagebegehren ausschließlich auf Beschäftigungszeiten vor dem 17.05.1990. Daraus folgt jedoch nicht, dass die begehrten Versorgungsleistungen aus dem Begriff des „Arbeitsentgeltes“ im Sinne des Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG fallen.
36 
Das Protokoll zu Art. 157 AEUV ist eine Reaktion des damaligen Gemeinschaftsgesetzgebers auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 17.05.1990 in der Rechtssache „Barber“ (C-262/88, a.a.O.). Der Gerichtshof hatte damals erstmals entschieden, dass auch Renten aus einem betrieblichen System unter den Begriff des „Entgelts“ im Sinne des damaligen Art. 119 EG-Vertrages (später Art. 141 EG, heute Art. 157 AEUV) fallen und deshalb an dem dort normierten Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen zu messen seien. In der mündlichen Verhandlung zu diesem Verfahren hatte das Vereinigte Königreich darauf hingewiesen, dass eine solche Auslegung zu schwerwiegenden finanziellen Folgen führen würde, weil es in Großbritannien zahlreiche solcher Systeme gebe, die von diesem Grundsatz abwichen. Der Europäische Gerichtshof hat dem Rechnung getragen, indem er die zeitlichen Wirkungen seiner Entscheidung beschränkt und für Recht erkannt hat, dass sich grundsätzlich „niemand auf die unmittelbare Wirkung von Art. 119 EG-Vertrag berufen kann, um mit Wirkung von einem vor Erlass des vorliegenden Urteils einen Rentenanspruch geltend zu machen“ (EuGH, Urteil vom 17.05.1990, a.a.O., RdNr. 45; s. auch Urteil vom 06.10.1993, a.a.O., RdNrn. 15 ff.). Um Unklarheiten zu den zeitlichen Wirkungen der Entscheidung „Barber“ zu beseitigen, wurde dem EG-Vertrag in der Schlussakte des Maastrichter Vertrags zur Gründung der Europäischen Union das zitierte Protokoll beigefügt (vgl. Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Art. 157 AEUV RdNr. 158), das die Auslegung des Gerichtshofs auf sämtliche Leistungen aufgrund eines „betrieblichen Systems der sozialen Sicherheit“ erstreckt (vgl. EuGH, Urteil vom 23.10.2003, a.a.O., RdNr. 101).
37 
Das Protokoll befasst sich allerdings - ebenso wie die Entscheidung „Barber“ - nur mit der Auslegung des Art. 157 AEUV und dem dort allein normierten Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Bezug von Entgelt. Diskriminierungen wegen des Geschlechts sind demgegenüber nicht Gegenstand der Richtlinie 2000/78/EG (vgl. deren Art. 1). Deshalb kann allein aus dem Umstand, dass eine (Versorgungs-)Leistung unter das Protokoll zu Art. 157 AEUV fällt, nicht geschlossen werden, dass sie aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG herausfällt (vgl. EuGH, Urteil vom 01.04.2008, a.a.O., RdNrn. 77 ff., in der Rechtssache „Maruko“). Diese Rechtsauffassung teilt auch der Unionsgesetzgeber. Denn er hat bei der auf Art. 141 EGV (Art. 157 AEUV) gestützten Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 05.07.2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (ABl. L 204/23) die „Barber“-Rechtsprechung in das Sekundärrecht übernommen (vgl. Art. 12 der Richtlinie 2006/54/EG; Grabitz/Hilf/Nettesheim, a.a.O., RdNr. 76). In der vorliegend allein maßgeblichen Richtlinie 2000/78/EG, die sich mit anderen Unterscheidungskriterien als dem Geschlecht befasst (vgl. Erwägungsgründe 2 bis 4 und Art. 1 der Richtlinie), ist eine solche Einschränkung hingegen nicht vorgesehen.
38 
Sie wäre daher allenfalls dann in Betracht zu ziehen - und zum Anlass für ein Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof zu nehmen (vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 01.04.2008, a.a.O., RdNrn. 77) -, wenn den Akten etwas dafür zu entnehmen wäre, „dass die Gefahr besteht, dass das finanzielle Gleichgewicht des Systems“ der Versorgung nach dem Beamtenversorgungsgesetz durch das Fehlen einer zeitlichen Beschränkung „rückwirkend erschüttert würde“ (vgl. EuGH, Urteil vom 01.04.2008, a.a.O., RdNrn. 78). Hierfür sind Anhaltspunkte jedoch weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die haushalterischen und finanziellen Auswirkungen einer Streichung der Altersgrenze begrenzt wären. Der von einem Wegfall der Altersgrenze betroffene Personenkreis dürfte „- gerade aufgrund seines frühen Diensteintritts - bei Erreichen der maßgeblichen Regelaltersgrenze ohnehin regelmäßig den Höchstruhegehaltssatz erreicht haben, so dass die Berücksichtigung von vor Vollendung des 17. Lebensjahres liegenden Zeiten regelmäßig keinerlei Erhöhung des Ruhegehaltssatzes zur Folge haben würde. (…) Im Übrigen würden davon nur Einzelfälle des früheren einfachen und mittleren Dienstes erfasst sein, weil nur dort aufgrund der dafür geforderten Vorbildung berücksichtigungsfähige Zeiten vor Vollendung des 17. Lebensjahres überhaupt entstehen können. (…) Angesichts der nunmehr geforderten schulischen Mindestausbildung als vorgeschriebene Vorbildung für die entsprechende Laufbahn dürfte es sich auch nur noch um vereinzelte Fälle aus der Vergangenheit und auch dort nur um Monatszeiträume handeln“ (Weinbrenner/Schmalhofer, in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsrecht, Bd. I, § 10 BeamtVG RdNr. 12). Dass diese Erwägungen zutreffen, bestätigt der Sachverhalt des vorliegenden Falls.
39 
b) § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F. bewirkt eine „unmittelbare Ungleichbehandlung wegen des Alters“ im Sinne der Richtlinie 2000/78/EG.
40 
Nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78/EG liegt eine unmittelbare Diskriminierung vor, wenn eine Person wegen eines der in Art. 1 der Richtlinie genannten Gründe - darunter ihr Alter - in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.
41 
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Denn die fragliche Altersgrenze führt dazu, wie das vom Kläger benannte Beispiel zeigt, dass Personen, die ihre Ausbildung, wenn auch nur teilweise, vor Vollendung des 17. Lebensjahrs absolviert haben, bei der Berechnung ihrer Versorgung weniger günstig behandelt werden, als Personen, die - bei im Übrigen gleicher beruflicher Vita - ihre Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres erworben haben (vgl. EuGH, Urteil vom 18.06.2009 - C-88/08 -, Hütter, Slg. 2009, I-5325, RdNr. 38, zu einer ähnlich gelagerten Altersgrenzenbestimmung des österreichischen Rechts, die der dortige Gesetzgeber als Reaktion auf diese Entscheidung abgeschafft hat - s. zu Letzterem EuGH, Urteil vom 28.01.2015 - C-417/13 -, Starjakob, NZA 2015, 217, RdNr. 11 ff., 25; Urteil vom 11.11.2014 - C-530/13 -, Schmitzer, NVwZ-RR 2015, 180, RdNr. 29 -; s. ferner EuGH, Urteil vom 19.01.2010 - C-555/07 -, Kücükdeveci, Slg. 2010, I-365, RdNrn. 29-31, zu der in § 622 Abs. 2 BGB a.F. enthaltenen, unionsrechtswidrigen Altersgrenze; zum Beamtenversorgungsrecht ebenso VG Bremen, Urteil vom 17.02.2014 - 2 K 1907/10 -, Juris; wohl auch Weinbrenner/Schmalhofer, a.a.O., RdNr. 12; s. weiter §§ 6 ff. BremBeamtVG in der Fassung vom 04.11.2014, Brem. GBl. S. 458, und Brem. Bürgerschaft, Drs. 18/1519, Begr. zu § 6 Abs. 1 des Entwurfs, dazu, dass der bremische Landesgesetzgeber den Ausschluss von Zeiten vor Vollendung des 17. Lebensjahres mit Blick auf die Rechtssache „Kücükdeveci“ als „kritisch“ eingeordnet und die Regelung bei der Neuordnung seines Beamtenversorgungsrechts abgeschafft hat; §§ 21 ff. LBeamtVGBW und LT-Drs. 14/6694, S. 510, dazu, dass der baden-württembergische Landesgesetzgeber die genannte Altersgrenze wegen ähnlicher rechtlicher Bedenken bei der Dienstrechtsreform vom 01.01.2011 nicht in das Landesrecht übernommen hat).
42 
c) Bei der durch § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 2 BeamtVG a.F. bewirkten unmittelbaren Ungleichbehandlung wegen des Alters handelt es sich auch um eine nach Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG untersagte Diskriminierung.
43 
Nach Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG stellt eine Ungleichbehandlung wegen des Alters keine Diskriminierung dar, sofern sie objektiv und angemessen ist und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel, worunter insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung zu verstehen sind, gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind. Der Bundesgesetzgeber verfolgt mit § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F. zwar „rechtmäßige Ziele“ (aa). Er hat dafür aber kein „angemessenes und erforderliches Mittel“ gewählt (bb). Aus dem von der Beklagten zur Rechtfertigung angeführten Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG folgt nichts anderes (cc).
44 
aa) „Rechtmäßig“ im Sinne des Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG sind, wie die in der Richtlinie genannten Beispiele zeigen, sozialpolitische Ziele, die sich insoweit, als sie im Allgemeininteresse stehen, von rein individuellen Beweggründen, die der Situation des Arbeitgebers eigen sind, wie Kostenreduzierung oder Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit, unterscheiden (vgl. EuGH, Urteil vom 05.03.2009 - C-388/07 -, Age Concern England, Slg. 2009 I-1569, RdNr. 46).
45 
Der Gesetzgeber verfolgt sowohl mit § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG selbst (1) als auch mit dem von ihm zur Anwendung gebrachten § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F. (2) in diesem Sinne legitime Ziele.
46 
(1) § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG wurde durch Art. 1 Nr. 34 des Gesetzes zur Änderung des Beamtenversorgungsgesetzes und sonstiger dienst- und versorgungsrechtlicher Vorschriften (BeamtVGÄndG) vom 18.12.1989 (BGBl. I S. 2218) mit Wirkung vom 01.01.1992 eingeführt. Durch dieses Gesetz wurde mit Blick auf die Bevölkerungsentwicklung eine der Rentenstrukturreform 1992 entsprechende Kostensenkung der Versorgungshaushalte bezweckt (vgl. BT-Drs. 11/5372, S. 1, 22 f.). Dazu wurde u.a. die bis dahin geltende degressive Ruhegehaltsskala (vgl. § 14 Abs. 1 BeamtVG a.F.) durch eine linearisierte Ruhegehaltsskala mit einem einheitlichen Steigerungssatz von (damals) 1,875 v.H. abgelöst, bei der der Höchstruhegehaltssatz von (damals) 75 v.H. nach einer ruhegehaltfähigen Dienstzeit von 40 Jahren erreicht wurde (75 : 40 = 1,875, vgl. BT-Drs. 11/5372, S. 24). Ergänzend hierzu sollten mit § 85 BeamtVG für beim Inkrafttreten des BeamtVGÄndG im Dienst stehende Beamte Übergangsregelungen „aus der Sicht des notwendigen Vertrauensschutzes“ geschaffen werden (BT-Drs. 11/5372, S. 27 f.). § 85 BeamtVG dient mithin dem (versorgungsrechtlichen) Bestandsschutz (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.09.2009 - 2 C 63.08 -, BVerwGE 135, 14; ähnlich Stadler, in: Fürst, GKÖD, Bd. I, § 85 BeamtVG RdNr. 5).
47 
Bei diesem Gesetzeszweck handelt es sich um ein rechtmäßiges Ziel im Sinne des Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG. Die Wahrung des Besitzstandes einer Personengruppe ist ebenso wie der Vertrauensschutz als zwingender Grund des „Allgemeininteresses“ anerkannt (vgl. EuGH, Urteil vom 09.09.2015 - C-20/13 -, Unland, ZBR 2015, 414, RdNr. 42; Urteil vom 19.06.2014, a.a.O., RdNr. 63 f., m.w.N.).
48 
(2) Welchem Zweck die innerhalb dieser Bestandsschutzregelungen aufrechterhaltene Altersgrenze aus § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F. dient, hat der Bundesgesetzgeber im Gesetz selbst nicht ausdrücklich klargestellt. Daraus allein folgt allerdings nicht, dass es deshalb an einem „rechtmäßigen Ziel“ fehlt. Eine nationale Regelung, die das angestrebte Ziel nicht genau angibt, ist nicht automatisch von einer Rechtfertigung nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG ausgeschlossen. Fehlt es an einer solchen genauen Angabe, „ist allerdings wichtig, dass andere - aus dem allgemeinen Kontext der betreffenden Maßnahme abgeleitete - Anhaltspunkte die Feststellung des hinter dieser Maßnahme stehenden Ziels ermöglichen, damit dessen Rechtmäßigkeit sowie die Angemessenheit und Erforderlichkeit der zu seiner Erreichung eingesetzten Mittel gerichtlich überprüft werden können“ (EuGH, Urteil vom 21.07.2011 - C-159/10 u.a -, Fuchs und Köhler, Slg. 2011 I-6919, RdNr. 39, m.w.N.; Urteil vom 16.10.2007 - C-411/05 -, Palacios de la Villa, Slg. 2007, I-8531, RdNrn. 56 f.).
49 
Der „allgemeine Kontext“ des § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F., in den diese spezielle Regelung zur Ermittlung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit gestellt ist, ergibt sich aus der allgemeinen Regelung in § 6 BeamtVG. Danach ist ruhegehaltfähig regelmäßig die Dienstzeit, die ein Beamter vom Tag seiner ersten Berufung in das Beamtenverhältnis an im Dienst eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn „im Beamtenverhältnis“ zurückgelegt hat (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG). Der Zweck der Regelung aus § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F., Ausbildungszeiten, die - abweichend von diesem Grundsatz - nicht im Beamtenverhältnis verbracht wurden, bei der Berechnung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit zu berücksichtigen, besteht darin, Beamten, die eine für die Übernahme in das Beamtenverhältnis vorgeschriebene Ausbildung außerhalb des Beamtenverhältnisses durchlaufen haben, annähernd die Versorgung zu ermöglichen, die sie erhalten würden, wenn sie die Ausbildung im Beamtenverhältnis auf Widerruf absolviert hätten (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.05.2013 - 2 B 25.12 -, Buchholz 239.1 § 12 BeamtVG Nr. 21; Urteil vom 26.01.2012, a.a.O.; Urteil vom 24.09.2009, a.a.O., m.w.N.; Weinbrenner/Schmalhofer, a.a.O., § 10 BeamtVG RdNr. 12). Auch eine Ausbildung in einem Beamtenverhältnis auf Widerruf ist allerdings nicht ruhegehaltfähig, wenn sie vor Vollendung des 17. Lebensjahres geleistet wurde (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG). Da die Anrechnungsvorschrift aus § 12 BeamtVG das Ziel verfolgt, Personen mit Ausbildungen außerhalb des Beamtenverhältnisses mit Personen gleichzustellen, die ihre Ausbildung im Beamtenverhältnis verbracht haben, ist dem „allgemeinen Kontext“ des § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG zu entnehmen, dass der Gesetzgeber mit der Altersgrenze aus § 12 BeamtVG denselben Zweck verfolgen wollte, wie denjenigen, den er mit der gleichlautenden Altersgrenze aus § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG verfolgt (vgl. neben § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG und § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG auch § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1, § 10 Satz 1, § 11, § 12 Abs. 2 Satz 1, § 13 Abs. 2 Satz 1 und 3, § 14a Abs. 2 Satz 1, § 55 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b BeamtVG mit jeweils der gleichen Altersgrenze).
50 
Die Entstehungsgeschichte dieser Vorschriften belegt, dass der Gesetzgeber mit der für die Berechnung aller ruhegehaltfähigen Zeiten eingeführten Altersgrenze zwei Ziele verfolgt: Zum einen soll die Höhe der Versorgung an der „typischen“ Dienstzeit eines Beamten ausgerichtet werden; zum anderen sollen dabei Beamte des einfachen und mittleren Dienstes annähernd mit solchen des gehobenen und höheren Dienstes gleich - insbesondere nicht wesentlich besser als diese - behandelt werden.
51 
Die heutigen Bestimmungen aus dem Beamtenversorgungsgesetz des Bundes haben ihre Wurzeln in dem „Gesetz, betreffend die Rechtsverhältnisse der Reichsbeamten“ (RBG) vom 31.03.1873 (RGBl. S. 61). Dieses Gesetz bestimmte, dass grundsätzlich jeder Beamte, „welcher sein Diensteinkommen aus der Reichskasse bezieht, (…) aus der letzteren eine lebenslängliche Pension“ erhält, wenn er „nach einer Dienstzeit von wenigstens zehn Jahren“ in den Ruhestand versetzt wurde (vgl. § 34 RBG). Die Dienstzeit wurde grundsätzlich „vom Tage der ersten eidlichen Verpflichtung für den Reichsdienst an gerechnet“ (vgl. § 45 Abs. 1 RBG). Darüber hinaus mussten (vgl. § 46 RBG) bzw. konnten (vgl. § 52 RBG) bestimmte „außeramtliche“ Zeiten angerechnet werden. In allen Fällen - auch bei den „außeramtlichen“ Beschäftigungen (vgl. Brand, Die Reichsbeamtengesetze, 3. Aufl. 1929, § 48 Anm. 1) - blieb jedoch die Dienstzeit, „welche vor den Beginn des achtzehnten Lebensjahres fällt,“ grundsätzlich „außer Berechnung“ (vgl. § 48 Abs. 1 RBG; Perels/Spilling, Das Reichsbeamtengesetz, 2. Aufl. 1906, § 48 Anm. I; Brand, a.a.O.; Anders, DÖV 1967, S. 837 <838>). Mit dem Deutschen Beamtengesetz (DBG) vom 26.01.1937 (RGBl. I S. 39 <186>) wurde vorgeschrieben, dass ein Bewerber frühestens ab Vollendung des 27. Lebensjahres zum Beamten auf Lebenszeit ernannt werden durfte (vgl. §§ 18 f. DBG). Zugleich wurde bestimmt, dass die ruhegehaltfähige Dienstzeit frühestens von der Vollendung des 27. Lebensjahres an laufen solle (vgl. § 81 Abs. 1 DBG; Brand, Das Deutsche Beamtengesetz, 4. Aufl. 1942, § 81 Anm. 1). Die versorgungsrechtliche Wartezeit von zehn Jahren wurde mit der Begründung abgeschafft, es könne unterstellt werden, dass ein Beamter bis zur Vollendung seines 27. Lebensjahrs zehn Dienstjahre abgeleistet habe (vgl. Anders, a.a.O.). Das Bundesbeamtengesetz vom 14.07.1953 (BGBl. I S. 551) kehrte im Wesentlichen zur alten Rechtslage zurück. Der Gesetzgeber wollte die Wartezeit von zehn Jahren - entgegen daran geäußerter Kritik - bewusst als „Anwartschaftszeit“ beibehalten. Anknüpfend an die Vermutung, diese Anwartschaftszeit sei üblicherweise mit Vollendung des 27. Lebensjahres erfüllt, wurde als „Folgerung für den Beginn der ruhegehaltfähigen Dienstzeit in bezug auf das Lebensalter“ die auf die Vollendung des 17. Lebensjahres bezogenen Altersgrenze eingeführt (Deutscher Bundestag, Nachtrag zu BT-Drs. 1/4246, S. 14, zu § 103 des Entwurfs). „Die Festlegung des Beginns der ruhegehaltfähigen Dienstzeit auf die Vollendung des [17.] Lebensjahres (…) ist die Folge der Rückkehr zur Wartezeit von zehn Jahren für die Anwartschaft auf das Ruhegehalt. (…) Infolge der Anforderungen an die Voraussetzungen für den gehobenen und höheren Dienst ist sie in Wirklichkeit nur für die Beamten des einfachen und mittleren Dienstes von Vorteil“ (Deutscher Bundestag, Nachtrag zu BT-Drs. 1/4246, S. 15, zu § 108 Abs. 1 Nr. 1 des Entwurfs).
52 
Diese Gesetzesbegründung lässt den Schluss zu, dass der Bundesgesetzgeber mit der Kombination aus Wartezeit und Altersgrenze ein „ausgewogenes Verhältnis zwischen Dienstzeit und Versorgung“ (Anders, a.a.O., S. 839) schaffen und dafür mit einer typisierenden Betrachtung an den „üblichen“ Diensteintritt anknüpfen wollte: „Ruhegehaltfähig ist grundsätzlich nur die Dienstzeit, die der Beamte im Beamtenverhältnis verbracht hat; denn es entspricht dem Willen des Gesetzgebers, dass die Versorgung 'erdient' werden soll. Versorgungsgerechtigkeit wird erreicht, indem die Höhe der Versorgungsbezüge soweit wie möglich an der tatsächlich zurückgelegten ruhe-gehaltfähigen Dienstzeit ausgerichtet wird. Darin liegt die innere Rechtfertigung für einen frühzeitigen Beginn der ruhegehaltfähigen Dienstzeit (…), zugleich aber auch die sachliche Begründung dafür, dass Zeiten ausgeschlossen werden, die typischerweise nicht im öffentlichen Dienst verbracht werden, namentlich die Zeiten der regelmäßig vor Vollendung des 17. Lebensjahres absolvierten Schul- und Berufsausbildung“ (Hessischer VGH, Urteil vom 27.01.1994 - 1 UE 816/89 -, ZBR 1994, 189).
53 
Bei dem mit der Altersgrenze verfolgten Ziel, „Versorgungsgerechtigkeit“ dadurch herzustellen, dass er die Höhe der Versorgung an die „typische“ Dienstzeit knüpfte, handelt es sich um ein im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs legitimes Ziel. Der Gerichtshof hat anerkannt, dass die Honorierung der von einem Arbeitnehmer erworbenen Berufserfahrung, die es diesem ermöglicht, seine Arbeit besser zu verrichten, in der Regel ein rechtmäßiges Ziel der Entgeltpolitik darstellt (vgl. EuGH, Urteil vom 19.06.2014, a.a.O., RdNr. 48; Urteil vom 08.09.2011 - C-297/10 -, Hennings und Mai, Slg. 2011, I-7965 RdNr. 72; Urteil vom 18.06.2009, a.a.O., RdNrn. 47, dort auch zu dem gebilligten Ziel der Belohnung einer „Betriebstreue“). Nach diesen Grundsätzen ist auch das Ziel, die Versorgung an der Dienstzeit auszurichten, ein rechtmäßiges im Sinne des Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie (vgl. EuGH, Urteil vom 19.06.2014, a.a.O., RdNr. 50 zum ebenfalls gebilligten „Kriterium des Dienstalters“).
54 
Die Annahme, dass Zeiten vor Vollendung des 17. Lebensjahres typischerweise noch nicht im öffentlichen Dienst, sondern noch in der Schul- oder Berufsausbildung verbracht werden, trifft allerdings in erster Linie auf Beamte des gehobenen und höheren Dienstes zu, nicht aber ohne weiteres auf Beamte des einfachen und mittleren Dienstes (vgl. Strötz, in: Fürst, GKÖD, a.a.O., § 6 BeamtVG RdNr. 53). Die Altersgrenze bezweckt daher (jedenfalls auch), die Beamten der verschiedenen Laufbahngruppen versorgungsrechtlich (zumindest annähernd) gleich zu behandeln (vgl. VG Bremen, Urteil vom 17.02.2014, a.a.O.; in diesem Sinne wohl auch Strötz, a.a.O.). Personen, welche die Bildungsvoraussetzungen für den gehobenen oder höheren Dienst erfüllen (vgl. § 17 Abs. 4 und 5 BBG), sollen nicht gegenüber jenen benachteiligt werden, die „nur“ die Bildungsvoraussetzungen für den einfachen oder mittleren Dienst aufweisen (vgl. § 17 Abs. 2 und 3 BBG). Auch dabei handelt es sich noch um ein im Sinne der Richtlinie 2000/78/EG „rechtmäßiges“ sozialpolitisches Ziel (vgl. EuGH, Urteil vom 18.06.2009, a.a.O., RdNrn. 40, 42, zu einer dem entsprechenden Zielsetzung der österreichischen Regelung in der Rechtssache „Hütter“).
55 
Ob der Gesetzgeber mit der Altersgrenze aus § 12 BeamtVG a.F. neben den beiden bereits genannten Zielen auch den Zweck verfolgt hat, die öffentlichen Ausgaben - hier die Versorgungslasten - zu begrenzen, bedarf keiner Entscheidung. Denn dieser Zweck könnte zur Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung aufgrund des Alters ohnehin nicht angeführt werden (vgl. EuGH, Urteil vom 19.06.2014, a.a.O., RdNr. 77; Urteil vom 21.07.2011, a.a.O., RdNr. 69 ff.; s. auch Urteil vom 23.10.2003, a.a.O., RdNr. 84).
56 
bb) Das Mittel, das der Gesetzgeber zur Erreichung der als rechtmäßig in Betracht kommenden Ziele gewählt hat, ist allerdings nicht „angemessen und erforderlich“ im Sinne des Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG.
57 
Bei der Wahl der Maßnahmen zur Erreichung ihrer Ziele im Bereich der Arbeits- und Sozialpolitik verfügen die Mitgliedstaaten zwar über einen weiten Ermessensspielraum (vgl. EuGH, Urteil vom 19.01.2010, a.a.O., RdNr. 38; Urteil vom 22.11.2005 - C-144/04, Mangold, Slg. 2005, I-9981, RdNr. 63). Die Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erfordert aber, dass die Erfordernisse des Gleichbehandlungsgrundsatzes so weit wie möglich mit denen des angestrebten Zieles in Einklang gebracht werden müssen. Deshalb können solche nationalen Vorschriften nicht nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG gerechtfertigt werden, die das Alter des Betroffenen als einziges Kriterium festlegen, ohne dass nachgewiesen wäre, dass die Festlegung einer Altersgrenze als solche unabhängig von anderen Erwägungen zur Erreichung des Zieles objektiv erforderlich ist, und die deshalb über das hinausgehen, was zur Erreichung des verfolgten Zieles angemessen und erforderlich ist (vgl. EuGH, Urteil vom 22.11.2005, a.a.O., RdNr. 65).
58 
Nach diesen Maßstäben geht die Schaffung einer strikten Altersgrenze über das hinaus, was zur Erreichung des Ziels einer durch Koppelung von Ruhegehalt und Dienstzeit erreichten „Versorgungsgerechtigkeit“ (vgl. in diesem Sinne erneut Hessischer VGH, Urteil vom 27.01.1994, a.a.O.; Anders, a.a.O., S. 839) erforderlich ist. Denn wenn es der Gesetzgeber anstrebt, bei der Höhe der Versorgung die im Dienst oder in gleichgestellten Zeiten erworbene Berufserfahrung oder die „Betriebstreue“ zu honorieren, kann dazu auf die vom Beamten tatsächlich absolvierten Dienst- und Erfahrungszeiten abgestellt werden. Einer auf das Lebensalter bezogenen Grenze bedarf es dazu nicht, zumal das Lebensalter gerade nichts darüber aussagt, in welchem zeitlichen Umfang der Betroffene Berufserfahrung gesammelt oder „Betriebstreue“ gezeigt hat (vgl. EuGH, Urteil vom 19.06.2014, a.a.O., RdNr. 50 f.). Gemessen an diesem Ziel fehlt es einer Altersgrenze auch an der erforderlichen „inneren Kohärenz“ (vgl. EuGH, Urteil vom 18.06.2009, a.a.O., RdNr. 47), da die Altersgrenze die Erreichung des Ziel jedenfalls teilweise sogar konterkarieren kann, indem sie tatsächlich erbrachte Dienstzeiten von einer Berücksichtigung ausschließt (vgl. in diesem Sinne EuGH, Urteil vom 19.01.2010, a.a.O., zu Altersgrenzen für die Bemessung der Länge einer arbeitsrechtlichen Kündigungsfrist; Urteil vom 19.06.2014, a.a.O., RdNr. 50, zur Bemessung der Besoldung nach den früheren altersabhängigen Dienstaltersstufen).
59 
Auch für das weitere Ziel des Gesetzgebers, eine Benachteiligung von Beamten des gehobenen und höheren Dienstes gegenüber Beamten des einfachen und mittleren Dienstes zu vermeiden (vgl. in diesem Sinne erneut VG Bremen, Urteil vom 17.02.2014, a.a.O., und Strötz, a.a.O.), ist die Schaffung einer Altersgrenze nicht „angemessen und erforderlich“ im Sinne der Richtlinie 2000/78/EG. Die Altersgrenze kann - wie der vorliegende Fall zeigt - zu einer Ungleichbehandlung von zwei Personen aus ein und derselben Laufbahngruppe führen, und zwar ausschließlich aufgrund des Kriteriums des Alters, in dem die Berufserfahrung erworben wurde (vgl. EuGH, Urteil vom 18.06.2009, a.a.O., zu dem in der Rechtssache „Hütter“ verfolgten Ziel des Gesetzgebers Personen mit allgemeiner Sekundarschulbildung nicht gegenüber Personen mit beruflicher Bildung zu benachteiligen). Unter solchen Umständen erscheint „ein Kriterium, das unmittelbar auf die Art der absolvierten Ausbildung und nicht auf das Alter der Personen abstellt, aus der Sicht der Richtlinie (…) der Verwirklichung des Ziels (…) besser zu entsprechen“ (vgl. EuGH, Urteil vom 18.06.2009, a.a.O., RdNr. 48). So kann zur Erreichung des Ziels einer versorgungsrechtlichen Gleichbehandlung der Laufbahngruppen etwa eine Regelung in Betracht kommen, nach der bei der Ermittlung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit nach Beendigung der allgemeinen Schulpflicht (vgl. § 73 ff. SchG) oder einer bestimmten Zahl von Schuljahren eine bestimmte Zahl von Ausbildungsmonaten berücksichtigt werden kann, dies unabhängig davon, ob diese Ausbildungsmonate vor oder nach Vollendung des 17. Lebensjahres zurückgelegt wurden (vgl. EuGH, Urteile vom 28.01.2015, a.a.O., RdNr. 11 ff., 25, und vom 11.11.2014, a.a.O., RdNr. 29, dazu, dass der österreichische Gesetzgeber in ähnlicher Weise auf das Urteil „Hütter“ reagiert hat). Das Verwaltungsgericht hat weitere diskriminierungsfreie Regelungsmöglichkeiten aufgezeigt. Eine starre Altersgrenze ist vor diesem Hintergrund zur Erreichung des Ziels einer versorgungsrechtlichen Gleichbehandlung der Laufbahngruppen nicht „objektiv erforderlich“.
60 
Die Anwendung dieser Altersgrenze im Rahmen von § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 BeamtVG a.F. ist auch nicht dadurch gerechtfertigt, dass jene Vorschrift dem Besitzstand und dem Vertrauensschutz der am 31.12.1991 vorhandenen Beamten dient. Solche Ziele können es rechtfertigen, eine Regelung, die zu einer Diskriminierung wegen des Alters führt, für einen Übergangszeitraum beizubehalten, um zu bewirken, dass die von einem altersdiskriminierenden System bisher begünstigten Personen bei der Schaffung eines diskriminierungsfreien Systems - etwa mit Blick auf eine andernfalls drohende Angleichung ihrer Bezüge „nach unten“ - in ihren berechtigten Erwartungen in Bezug auf den Bestand und die künftige Entwicklung ihrer Bezüge geschützt werden (vgl. EuGH, Urteil vom 09.09.2015, a.a.O., RdNrn. 42 ff.; Urteil vom 19.06.2014, a.a.O., RdNrn. 63 ff.). Bestandsschutzziele rechtfertigen aber keine gesetzgeberischen Maßnahmen, mit denen eine Ungleichbehandlung wegen des Alters endgültig festgeschrieben wird (vgl. EuGH, Urteile vom 28.01.2015, a.a.O., RdNr. 39, und vom 11.11.2014, a.a.O., RdNr. 44, in den Rechtssachen „Starjakob“ bzw. „Schmitzer“ jeweils zu Maßnahmen bei Reformen zur Beseitigung eines diskriminierenden Systems). Danach ist auch die in § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG angeordnete Beibehaltung der Altersgrenze zur Erreichung des mit dieser Vorschrift verfolgten Bestandsschutzzieles nicht „geeignet und angemessen“. Der Gesetzgeber hat bei der Schaffung der Übergangsregelungen aus § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG nicht etwa beabsichtigt, die Ungleichbehandlung wegen Alters zu beseitigen und dabei einen bisher begünstigten Personenkreis übergangsweise in seinem Vertrauen zu schützen. Er hat vielmehr das Ziel verfolgt, den tatbestandlich erfassten Beamten aus anderen Gründen einen Bestand (Ruhegehaltssatz) zu erhalten, dabei aber die im bis zum 31.12.1991 geltenden Recht angelegte Ungleichbehandlung wegen Alters innerhalb der Gruppe der bestandsgeschützten Beamten auf Dauer festgeschrieben.
61 
cc) Aus dem von der Beklagten hervorgehobenen Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG ergibt sich ebenfalls keine Rechtfertigung der vorliegenden Ungleichbehandlung wegen des Alters.
62 
Nach dieser Vorschrift können die Mitgliedstaaten ungeachtet des Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie vorsehen, dass bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit die Festsetzung von Altersgrenzen „als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente“ oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen bzw. Kategorien von Beschäftigten und die Verwendung im Rahmen dieser Systeme von Alterskriterien für versicherungsmathematische Berechnungen keine Diskriminierung wegen des Alters darstellt, solange dies nicht zu Diskriminierungen wegen des Geschlechts führt.
63 
Die in § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 BeamtVG a.F. vorgesehene Altersgrenze ist keine „Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente“ im Sinne des Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG. Eine in einem System der betrieblichen Altersvorsorge vorgesehene Altersgrenze stellt jedenfalls dann keine solche „Voraussetzung“ dar, wenn ein Beschäftigter - unabhängig von dieser Grenze - Mitglied des Systems werden kann und - altersunabhängig - nach einer gewissen Dauer der Betriebszugehörigkeit einen Rentenanspruch erwirbt (vgl. EuGH, Urteil vom 26.09.2013 - C-476/11 -, a.a.O., RdNr. 50). So liegt der Fall hier. § 12 BeamtVG enthält keine Höchstaltersgrenze, die verhindert, dass Personen ab einem bestimmten Alter keinen Zugang mehr zu dem System der Beamtenversorgung erlangen können. Vielmehr können Beamte ungeachtet der in jener Vorschrift genannten Altersgrenze nach einer gewissen „Betriebszugehörigkeit“ (vgl. § 4 Abs. 1 BeamtVG) einen Anspruch auf Versorgungsleistungen nach dem Beamtenversorgungsgesetz gegen ihren Dienstherrn erwerben.
64 
Eine „Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente“ stellt die Altersgrenze auch nicht in Zusammenschau mit der Grundnorm des § 6 Abs. 1 BeamtVG dar, die wie die übrigen für die Berechnung der ruhegehaltfähigen Zeiten maßgeblichen Vorschriften ebenfalls auf die Vollendung des 17. Lebensjahres abstellt (vgl. neben § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG und § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG erneut § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1, § 10 Satz 1, § 11, § 12 Abs. 2 Satz 1, § 13 Abs. 2 Satz 1 und 3, § 14a Abs. 2 Satz 1, § 55 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b BeamtVG). Denn ein Beamter kann auch im Anwendungsbereich dieser Vorschriften nach einer gewissen „Betriebszugehörigkeit“ einen Anspruch auf Versorgungsleistungen nach dem Beamtenversorgungsgesetz gegen seinen Dienstherrn erwerben.
65 
Zur Rechtfertigung der durch § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 BeamtVG a.F. bewirkten Ungleichbehandlung wegen des Alters kann Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG auch nicht im Wege einer Analogie oder eines Erst-Recht-Schlusses - etwa mit dem Argument, die Vorschrift müsse erst recht „weniger schwerwiegende“ Ungleichbehandlungen in betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit zulassen - angewandt werden. Da Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG den Mitgliedstaaten gestattet, eine Ausnahme vom Verbot der Diskriminierung aus Gründen des Alters vorzusehen, ist die Vorschrift eng auszulegen und keiner erweiternden Auslegung zugänglich (vgl. EuGH, Urteile vom 26.09.2013 - C-476/11 -, a.a.O., RdNr. 46, und - C-546/11 -, a.a.O., RdNr. 41).
66 
d) Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, die Richtlinie 2000/78/EG sei nicht unmittelbar anwendbar und bedürfe erst einer Umsetzung in nationales Recht. Die Richtlinie ist unmittelbar anwendbar mit der Folge, dass sich der Kläger, der mit Ablauf des 31.10.2010 in den Ruhestand trat und dessen Versorgungsbezüge mit Bescheid vom 15.12.2010 festgesetzt wurden, vor dem nationalen Gericht darauf berufen kann.
67 
Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kann sich der Einzelne in allen Fällen, in denen die Bestimmungen einer Richtlinie inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sind, vor den nationalen Gerichten gegenüber dem Staat auf diese Bestimmungen berufen, wenn dieser die Richtlinie nicht fristgemäß oder nur unzulänglich in das nationale Recht umgesetzt hat. Eine Unionsvorschrift ist unbedingt, wenn sie eine Verpflichtung normiert, die an keine Bedingung geknüpft ist und zu ihrer Durchführung oder Wirksamkeit auch keiner weiteren Maßnahmen der Unionsorgane oder der Mitgliedstaaten bedarf. Sie ist hinreichend genau, um von einem Einzelnen geltend gemacht und vom Gericht angewandt werden zu können, wenn sie in unzweideutigen Worten eine Verpflichtung festlegt (EuGH, Urteil vom 01.07.2010 - C-194/08 -, Gassmayr, Slg. 2010, I-6281, RdNr. 44 f. m.w.N.). Eine Richtlinie ist auch dann unmittelbar anwendbar, wenn Umsetzungsmaßnahmen zwar in Kraft getreten sind, diese aber eine vollständige Anwendung der Richtlinie nicht tatsächlich gewährleisten (EuGH, Urteil vom 11.07.2002 - C-62/00 -, Marks & Spencer, Slg. 2002, I-6325, RdNrn. 23 ff.; BVerwG, Urteil vom 28.10.2010, a.a.O.; Senatsurteile vom 06.11.2012 - 4 S 797/12 -, DÖV 2013, 319, und vom 03.04.2012, a.a.O.).
68 
Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Denn die Richtlinie 2000/78/EG ist im Hinblick auf die Versorgung im System des Beamtenversorgungsgesetzes nach dem oben Gesagten nicht vollständig in deutsches Recht umgesetzt. Auch sind die maßgeblichen Richtlinienvorschriften inhaltlich unbedingt und hinreichend genau (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.10.2010, a.a.O.; Senatsurteile vom 06.11.2012, a.a.O., und vom 03.04.2012, a.a.O.). Auch die Frist für die Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG ist - seit dem 03.12.2003 - abgelaufen (vgl. Art. 18 der Richtlinie und BVerwG, Urteil vom 28.10.2010 - 2 C 52.09 -, NVwZ-RR 2011, 205; BAG, Urteil vom 11.12.2012 - 3 AZR 684/10 -, NZA-RR 2013, 308).
69 
Der Umstand, dass der Kläger eine versorgungsrechtliche Anrechnung von Zeiten begehrt, die vor dem Ablauf der Umsetzungsfrist liegen, steht der unmittelbaren Anwendbarkeit der Richtlinie auf den vorliegenden Fall - auch insoweit (s. dazu bereits oben unter 2.a)bb) - nicht entgegen. Maßgeblich ist, wann es zu dem „diskriminierenden Verhalten“ gekommen ist (vgl. EuGH, Urteil vom 19.01.2010, a.a.O., RdNr. 24). Das war hier mit der nach dem Eintritt in den Ruhestand mit Bescheid vom 15.12.2010 - mithin nach Ablauf der Umsetzungsfrist - erfolgten Festsetzung der Versorgungsbezüge durch die Beklagte der Fall (vgl. in diesem Sinne auch die Entscheidungen in den Rechtssachen „Hütter“ und „Kücükdeveci“, EuGH, Urteil vom 18.06.2009, a.a.O., RdNrn. 12 ff., und Urteil vom 19.01.2010, a.a.O., RdNrn. 12).
70 
e) Die unmittelbare Anwendung der Richtlinie 2000/78/EG hat zur Folge, dass die altersdiskriminierende Regelung von den nationalen Gerichten nicht angewendet werden darf. Dies bedeutet, dass die Altersgrenze aus § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F. nicht anzuwenden ist mit der Folge, dass Personen, die - wie der Kläger - ihre Ausbildungszeit vor Vollendung der 17. Lebensjahres absolviert haben, mit solchen gleich behandelt werden, die diese Zeit nach Vollendung des 17. Lebensjahres durchlaufen haben (aa). Für diese Gleichstellung fehlt es auch nicht an einem „rechtmäßigen Bezugssystem“ (bb).
71 
aa) Steht eine Vorschrift des nationalen Rechts mit Unionsrecht nicht in Einklang, verlangt zunächst die Pflicht zur unionsrechtskonformen Auslegung des nationalen Rechts, dass die nationalen Gerichte unter Berücksichtigung des gesamten innerstaatlichen Rechts und unter Anwendung der dort anerkannten Auslegungsmethoden alles tun, was in ihrer Zuständigkeit liegt, um die volle Wirksamkeit der Richtlinie 2000/78/EG zu gewährleisten und zu einem Ergebnis zu gelangen, das mit dem mit ihr verfolgten Ziel im Einklang steht (vgl. EuGH, Urteil vom 18.06.2014, a.a.O., RdNr. 88 m.w.N.).
72 
Ist eine mit den Anforderungen dieser Richtlinie übereinstimmende Auslegung und Anwendung der nationalen Regelung - wie hier - nicht möglich, muss eine unionsrechtswidrige nationale Regelung, die in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fällt, nach dem Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts, der auch dem Verbot der Diskriminierung wegen des Alters zukommt, unangewendet gelassen werden (vgl. EuGH, Urteil vom 18.06.2014, a.a.O., RdNr. 89; Urteil vom 19.01.2010, a.a.O., RdNr. 54; Urteil vom 22.11.2005, a.a.O., RdNr. 77 m.w.N.; ferner BVerwG, Urteil vom 28.10.2010, a.a.O.; Senatsurteile vom 06.11.2012, a.a.O., und vom 03.04.2012, a.a.O.).
73 
Von diesen Grundsätzen ausgehend ist § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 BeamtVG a.F. als Folge der unmittelbaren Anwendung der Richtlinie 2000/78/EG insoweit unanwendbar, als diese Vorschriften mit Unionsrecht nicht vereinbar sind. Der sich aus dem Wortlaut der Vorschriften ergebende Ausschluss von ruhegehaltfähiger Zeiten kann dem Anspruch des Klägers deshalb nicht entgegengesetzt werden. Vielmehr muss die Vorschrift als Rechtsgrundlage für den Ausspruch der begehrten Verpflichtung so angewandt werden, dass sie nicht zu einer Diskriminierung von Beamten wegen des Alters führt. Das kann nur dadurch geschehen, dass die Altersgrenze unangewendet bleibt und damit Ausbildungszeiten vor dem 17. Lebensjahr (im beantragten Umfang) berücksichtigt werden (ebenso - wie bereits die Vorinstanzen - der österreichische Oberste Gerichtshof, Entscheidung vom 04.08.2009 - OGH 9 Ob A 83/09k -, www.ris.bka.gv.at, zur in der Rechtssache „Hütter“ vom EuGH beanstandeten Altersgrenze; zust. Resch, ZESAR 2012, 257 <258> m.w.N.; ebenso für die in der Rechtssache „Kücükdeveci“ für unionsrechtswidrig befundene Altersgrenze aus § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB a.F. LAG Düsseldorf, Urteil vom 30.04.2010 - 9 Sa 354/09 -, Juris, und Beschluss vom 17.02.2010 - 12 Sa 1311/07 -, NZA-RR 2010, 240; Hessisches LAG, Urteil vom 23.04.2010 - 19 Sa 1309/09 -, Juris; s. dazu EuGH, Urteil vom 19.01.2010, a.a.O., RdNr. 51).
74 
Dass dies über die bloße Nichtanwendung eines Teils des Normtextes hinausgeht und bedeutet, einen vom Normgeber geregelten Anspruch einer von ihm bewusst nicht erfassten Gruppe von Begünstigten zu gewähren, ist nicht zu beanstanden. Denn anders lässt sich im vorliegenden Fall die volle Wirksamkeit der Richtlinie 2000/78/EG nicht herstellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.10.2010, a.a.O., Senatsurteil vom 03.04.2012, a.a.O., und OVG Bremen, Urteil vom 16.05.2013, a.a.O., zur Gleichstellung von Lebenspartnern mit Eheleuten bei der Hinterbliebenenversorgung; Senatsurteil vom 06.11.2012, a.a.O., zur Gleichstellung im Besoldungsrecht).
75 
Ohne Erfolg bleibt der hiergegen erhobene Einwand der Beklagten, es werde die Gewaltenteilung in Frage gestellt, wenn eindeutig formulierte nationale Gesetze „einfach für unanwendbar erklärt“ würden. Der mit diesem Einwand sinngemäß in Bezug genommene versorgungsrechtliche Gesetzesvorbehalt nach § 3 Abs. 1 BeamtVG steht der unmittelbaren Anwendung des Unionsrechts durch die Gerichte nicht entgegen. Denn der Gesetzesvorbehalt aus § 3 Abs. 1 BeamtVG nimmt nicht an den Verfassungsgrundsätzen teil, die den Anwendungsvorrang des Unionsrechts in Frage stellen könnten (vgl. Senatsurteil vom 06.11.2012, a.a.O., m.w.N., zu § 2 Abs. 1 BBesG).
76 
bb) Die Nichtanwendung der Altersgrenze aus § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F. hat zur Folge, dass Personen, die ihre Ausbildungszeit - wie zum Teil der Kläger - vor Vollendung der 17. Lebensjahres absolviert haben, mit solchen, die sie jenseits dieser Altersgrenze durchlaufen haben, gleich behandelt werden. Für diese Gleichbehandlung fehlt es auch nicht an einem rechtmäßigen normativen Bezugssystem.
77 
Die Mitgliedstaaten sind nach Art. 16 der Richtlinie 2000/78/EG verpflichtet, die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die dem Gleichbehandlungsgrundsatz zuwiderlaufen, aufzuheben. Diese Vorschrift schreibt den Mitgliedstaaten zwar keine bestimmte Maßnahme im Fall einer Verletzung des Diskriminierungsverbots vor, sondern belässt ihnen nach Maßgabe der unterschiedlichen denkbaren Sachverhalte die Freiheit der Wahl unter den verschiedenen Lösungen, die zur Verwirklichung des mit ihr verfolgten Ziels geeignet sind. Allerdings kann die Wahrung des Grundsatzes der Gleichbehandlung, wenn eine unionsrechtswidrige Diskriminierung festgestellt worden ist und solange keine Maßnahmen zur Wiederherstellung der Gleichbehandlung erlassen worden sind, nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nur dadurch gewährleistet werden, dass den Angehörigen der benachteiligten Gruppe dieselben Vorteile gewährt werden wie die, die den Angehörigen der privilegierten Gruppe zugutekommen, wobei diese Regelung, solange das Unionsrecht nicht richtig durchgeführt ist, das einzig gültige Bezugssystem bleibt (vgl. EuGH, Urteil vom 22.06.2011 - C-399/09 -, Landtová, Slg. 2011, I-5573, RdNr. 51; Urteil vom 26.01.1999 - C-18/95 -, Terhoeve, Slg. 1999, I-345, RdNr. 57, m.w.N.).
78 
Der Gerichtshof hat zwar klargestellt, dass diese Lösung nur dann zur Anwendung kommt, wenn es ein „gültiges Bezugssystem“ gibt. An einem solchen rechtmäßigen Bezugssystem fehlt es, wenn es im Rahmen der altersdiskriminierenden nationalen Rechtsvorschriften nicht möglich ist, eine Kategorie bevorzugter Beamter zu benennen, weil diese Vorschriften für jeden Beamten gelten und die sich daraus ergebenden diskriminierenden Aspekte potenziell alle Beamten betreffen (vgl. EuGH, Urteil vom 19.06.2014, a.a.O., RdNr. 96, in der Rechtssache „Specht u.a.“, sowie BVerwG, Urteil vom 30.10.2014, a.a.O., RdNrn. 18 ff., jeweils zu §§ 27 und 28 BBesG a.F. ). Das ist im vorliegenden Verfahren und dem hier interessierenden § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F. jedoch nicht der Fall. Denn bei Beamten, die ihre Ausbildung nach dem 17. Lebensjahr begonnen haben, wirkt sich ihr Lebensalter nicht auf die Höhe der Versorgung aus. Hier ist es deshalb - anders als in der Rechtssache „Specht u.a.“ - möglich, eine Kategorie der von der Vorschrift bevorzugten und nicht altersdiskriminierten Beamten zu benennen (vgl. EuGH, Urteil vom 28.01.2015, a.a.O., RdNrn. 43 ff., zu den in der Rechtssache „Starjakob“ ähnlich gelagerten Regelungen des österreichischen Rechts, die bereits Gegenstand der Rechtssache „Hütter“ waren; zust. - auch zum Vorliegen eines „rechtmäßigen Bezugssystems“ - Wachter, ZESAR 2015, 388 <398>).
79 
Das rechtmäßige normative Bezugssystem besteht daher in § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F. in der Anwendung auf Beamte, die ihre Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahr absolviert haben. Zur Herstellung der Gleichbehandlung sind den vom bisherigen Regelungssystem benachteiligten Beamten deshalb hinsichtlich der Berücksichtigung der vor der Vollendung des 17. Lebensjahrs zurückgelegten Vordienstzeiten dieselben Vorteile zu gewähren, wie sie den von diesem System begünstigten Beamten zuteil geworden sind (vgl. EuGH, Urteil vom 28.01.2015, a.a.O., RdNrn. 43 ff.; s. ferner den österreichischen Obersten Gerichtshof, Beschluss vom 20.03.2015 - 9 ObA 1715v -, der einen Anspruch auf Anrechnung der [dort] vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegten Dienstzeiten anerkannt hat; dazu Wachter, a.a.O.). Das bedeutet, dass der Kläger durch Anrechnung der vor Vollendung seines 17. Lebensjahres zurückgelegten Ausbildungszeiten (im beantragten Umfang) gleichzustellen ist.
80 
3. Das der Beklagten nach § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG a.F. bei der Anerkennung von Ausbildungszeiten grundsätzlich zustehende Ermessen („kann“), ist auf Null reduziert.
81 
Handelt es sich - wie hier (s.o. unter 1.) - um vorgeschriebene Ausbildungszeiten, die der Beamte nicht im Beamtenverhältnis absolvieren konnte, reduziert sich das Ermessen der Versorgungsbehörde aufgrund des Zwecks dieser Vorschrift, durch die Anrechnung von Ausbildungszeiten Versorgungslücken zu schließen (vgl. erneut BVerwG, Urteil vom 26.01.2012, a.a.O., und oben unter 2.c)aa). Sie darf die Berücksichtigung der vorgeschriebenen Ausbildungszeiten in einem solchen Fall nur dann ablehnen, wenn der Beamte aufgrund dieser Zeiten andere Versorgungsansprüche erworben hat. Ist das nicht der Fall, ist das Ermessen auf Null reduziert (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.12.2008 - 2 C 9/08 -, Buchholz 239.1 § 12 BeamtVG Nr. 17, m.w.N.). So liegt der Fall auch hier.
82 
Eine andere Beurteilung der Rechtsfolgenseite des § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG a.F. ergibt sich auch nicht daraus, dass der Tatbestand dieser Vorschrift bei der Beachtung der unionsrechtlichen Vorgaben eine Modifizierung erfährt. Die auf die Vollendung des 17. Lebensjahres abstellende Altersgrenze ist aus den oben (unter 2.) genannten Gründen auch im Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG, der die Berücksichtigung von im Beamtenverhältnis zurückgelegten Dienstzeiten zwingend - ohne Ermessen - vorschreibt, unionsrechtswidrig. Deshalb kann die von § 12 BeamtVG bezweckte versorgungsrechtliche Gleichstellung von Zeiten in einem Ausbildungsverhältnis mit Zeiten in einem Beamtenverhältnis (vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 24.09.2009, a.a.O.) nur erreicht werden, wenn die zur Ermessensreduzierung entwickelten Grundsätze auch bei der unionsrechtlich modifizierten Anwendung des § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG a.F. beibehalten werden.
II.
83 
Der sich nach § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG mithin ergebende Ruhegehaltssatz von 73,83 v.H. ist nach § 85 Abs. 4 BeamtVG für Berechnung des Ruhegehalts maßgeblich.
84 
1. Nach § 85 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG ist der sich nach § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG ergebende Ruhegehaltssatz zugrunde zu legen, wenn er höher ist als der Ruhegehaltssatz, der sich nach dem Beamtenversorgungsgesetz geltender Fassung für die gesamte ruhegehaltfähige Dienstzeit ergibt. Das ist hier der Fall. Denn der Ruhegehaltssatz beträgt nach Maßgabe der geltenden Bestimmungen - und bei Berücksichtigung des vom Klageantrag (allein) umfassten weiteren einen Dienstjahres - 73,16 v.H.
85 
Der Ruhegehaltssatz berechnet sich im Fall des mit Ablauf des 31.10.2010 in den Ruhestand versetzten Klägers für die Vergleichsrechnung des § 85 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG gemäß § 69e Abs. 2 Satz 1 BeamtVG nach § 14 Abs. 1 BeamtVG in der bis zum 31.12.2002 geltenden Fassung, da die achte auf den 31.12.2002 folgenden Anpassung nach § 70 BeamtVG erst am 01.01.2011 in Kraft getreten ist (vgl. § 69e Abs. 2 Satz 4 BeamtVG und dazu Zahn/Bauer, in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, a.a.O., § 14 BeamtVG RdNr. 19).
86 
Nach § 14 Abs. 1 BeamtVG in der bis zum 31.12.2002 geltenden Fassung beträgt das Ruhegehalt für jedes Jahr ruhegehaltfähiger Dienstzeit 1,875 v.H. der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge, insgesamt jedoch höchstens 75 v.H., wobei der Ruhegehaltssatz auf zwei Dezimalstellen auszurechnen und die zweite Dezimalstelle um eins zu erhöhen ist, wenn in der dritten Stelle eine der Ziffern fünf bis neun verbleiben würde, und wobei zur Ermittlung der gesamten ruhegehaltfähigen Dienstjahre etwa anfallende Tage unter Benutzung des Nenners dreihundertfünfundsechzig umzurechnen sind.
87 
Ruhegehaltfähig ist unter Zugrundelegung von § 12 BeamtVG n.F. die Zeit vom 01.09.1970 bis 31.10.2010, da die in dieser Vorschrift enthaltene Altersgrenze aus den oben (unter I.) genannten Gründen ebenfalls unionsrechtswidrig und deshalb nicht anzuwenden ist. Da der Kläger mit seinem Klageantrag allerdings über die von der Beklagten hinaus anerkannte Dienstzeit von 38 Jahren und 6 Tagen (vgl. Anlage B zum Bescheid vom 15.12.2010) nur die Anerkennung eines weiteren Jahres geltend gemacht hat, ergibt sich bei einer Dienstzeit von 39 Jahren und 6 Tagen, d.h. 39,02 Jahren (6 : 365 = 0,016… ≈ 0,02 Jahre), ein Ruhegehaltssatz von 73,16 v.H. (39,02 x 1,875 = 73,1625).
88 
2. Nach § 85 Abs. 4 Satz 2 BeamtVG darf der sich nach § 85 Abs. 1 BeamtVG ergebende Ruhegehaltssatz - hier 73,83 v.H. - den Ruhegehaltssatz, der sich nach dem bis zum 31.12.1991 geltenden Recht ergäbe, nicht übersteigen. Auch das ist der Fall. Denn bei Zugrundelegung einer - dem Klageantrag entsprechenden - ruhegehaltfähigen Dienstzeit von 39 Jahren und 6 Tagen, die auf 39 Jahre abzurunden ist (vgl. § 14 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 a.E. BeamtVG a.F.), ergibt sich ein Ruhegehaltssatz von 75 v.H. (35 v.H. für die ersten zehn Jahre zzgl. 30 v.H. für das elfte bis zum 25. Dienstjahr zzgl. 14 v.H. für das 26. bis 39. Dienstjahr = 79 v.H., berücksichtigungsfähig bis zum Höchstsatz vom damals 75 v.H., vgl. § 14 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F.).
III.
89 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
90 
Die Revision ist nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Die Frage, ob die Nichtberücksichtigung von vor dem 17. Lebensjahr vollendeten Ausbildungszeiten bei der beamtenversorgungsrechtlichen Festsetzung von ruhegehaltfähigen Dienstzeiten mit Unionsrecht in Einklang steht, ist bislang höchstrichterlich nicht geklärt.
91 
Beschluss vom 17. Dezember 2015
92 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.722,48 EUR festgesetzt.
93 
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG in Orientierung an Nummer 10.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31.05./01.06.2012 und am 16.07.2013 beschlossenen Änderungen. Dabei legt der Senat die Angaben der Beklagten im Schriftsatz vom 10.06.2014 zugrunde, wonach die Differenz zwischen innegehabtem und erstrebtem Teilstatus 71,77 EUR beträgt. Anzusetzen sind somit als zweifacher Jahresbetrag 1.722,48 EUR.
94 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tatbestand

1

Der Kläger steht als Professor (Besoldungsgruppe W 2) im Dienste des beklagten Landes. Er erhält gemäß einer Berufungsvereinbarung aus dem Jahr 2009 neben den regulären Bezügen unbefristet (ruhegehaltsfähige) Berufungsleistungsbezüge. Nach der Berufungsvereinbarung standen ihm diese Bezüge für 2013 i.H.v. 314,34 €/Monat zu. Im Oktober 2013 erhielt der Kläger vom Beklagten eine Bezügemitteilung, wonach die pauschale Erhöhung des Grundgehalts von 240 € ab Januar 2013 in Höhe eines Betrags von 90 € auf die Berufungsleistungsbezüge angerechnet wird.

2

Den hiergegen erhobenen Widerspruch des Klägers wies der Beklagte zurück und bezog sich zur Begründung auf das zum 1. Januar 2013 in Kraft getretene Landesbesoldungsgesetz.

3

In den Vorinstanzen hat der Kläger beantragt, den Beklagten unter Abänderung der Festsetzung der Bezüge und unter Aufhebung des Widerspruchsbescheids zu verurteilen, ihm für den in der Besoldungsmitteilung genannten Zeitraum die Besoldung ohne teilweise Kürzung des Leistungsbezugs auszuzahlen. Diese Klage ist erfolglos geblieben. Das Oberverwaltungsgericht hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass die Anrechnung dem Gesetz entspreche. Dieses sei verfassungsgemäß. Die teilweise Anrechnung der pauschalen Grundgehaltserhöhung auf die Leistungsbezüge des Klägers verletze weder die hergebrachten Grundsätze des Hochschullehrerbeamtenrechts noch die Eigentumsgarantie. Auch das allgemeine Gleichbehandlungsgebot und der Grundsatz des Vertrauensschutzes seien gewahrt.

4

Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision.

5

Der Kläger beantragt,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 5. April 2016 und des Verwaltungsgerichts Trier vom 15. September 2015 sowie den Widerspruchsbescheid des Landesamtes für Finanzen vom 25. September 2014 aufzuheben und festzustellen, dass der Beklagte nicht berechtigt ist, bei der Bemessung der Bezüge des Klägers für die Zeit seit Januar 2013 das Grundgehalt des Klägers in Höhe von monatlich 90 € auf die Leistungsbezüge des Klägers anzurechnen.

6

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet. Das Urteil des Berufungsgerichts verletzt weder Bundesrecht noch revisibles Landesbeamtenrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 sowie § 191 Abs. 2 VwGO, § 127 Nr. 2 BRRG und § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG).

8

1. Richtige Klageart für das Begehren, ungeschmälerte Leistungsbezüge zu erhalten, ist die Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO. Der Gesetzgeber genießt im Bereich der Besoldung einen weiten Gestaltungsspielraum. Deswegen und wegen des besoldungsrechtlichen Vorbehalts des Gesetzes (§ 2 Abs. 1 Landesbesoldungsgesetz des Landes Rheinland-Pfalz - LBesG - vom 18. Juni 2013, GVBl. S. 157) können keine Besoldungsleistungen zugesprochen werden, die gesetzlich nicht vorgesehen sind. Das gilt nicht nur für begehrte Leistungen, die das Gesetz nicht vorsieht, sondern gleichermaßen auch bei gesetzlich vorgesehenen Leistungskürzungen. Denn in jedem Fall ist es dem Gesetzgeber vorbehalten, die Gesamtbesoldung, die aus verschiedenen Teilen bestehen kann, festzulegen. Eine Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Anspruch nur bei der Annahme der Verfassungswidrigkeit einer einzelnen Norm besteht, kann daher nicht im Wege der allgemeinen Leistungsklage erfolgen (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. März 2008 - 2 C 49.07 - BVerwGE 131, 20 Rn. 28 f.). Der Wechsel der Klageart im Verhältnis zu den Vorinstanzen gilt gemäß § 264 Nr. 2 ZPO i.V.m. § 173 Satz 1 VwGO nicht als Klageänderung und verstößt somit nicht gegen § 142 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

9

2. Gemäß § 69 Abs. 7 Satz 1 LBesG RP wird der zum 1. Januar 2013 in Kraft tretende Erhöhungsbetrag des Grundgehalts der Besoldungsgruppe W 2 (240 €) auf Berufungs- und Bleibeleistungsbezüge sowie besondere Leistungsbezüge nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 des Bundesbesoldungsgesetzes in der bis zum 31. August 2006 geltenden Fassung (BBesG 2002), die an Beamtinnen und Beamte der Besoldungsgruppe W 2 laufend monatlich gezahlt werden, über deren Gewährung bis zum 31. Dezember 2012 entschieden worden ist und deren Zahlung bis zu diesem Zeitpunkt begonnen hat, angerechnet.

10

Diese Norm verstößt nicht gegen die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG). Das zu diesen Grundsätzen gehörende Alimentationsprinzip schützt nicht nur allgemein den Anspruch des Beamten auf amtsangemessene Alimentation, sondern es bewirkt auch den Schutz der aufgrund einer Berufungs- oder Bleibevereinbarung vergebenen Leistungsbezüge. Mit Blick auf Besoldungsbestandteile ist Art. 33 Abs. 5 GG gegenüber Art. 14 Abs. 1 GG spezieller, sodass eine Überprüfung der angegriffenen Regelung anhand des Eigentumsgrundrechts ausscheidet (a). Die Anrechnung des Grundgehalts auf bestehende Leistungsbezüge greift in rechtliche Positionen ein, die durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützt werden (b). Dieser Eingriff ist hier jedoch gerechtfertigt (c).

11

a) Das aus den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG) hergeleitete Alimentationsprinzip verpflichtet den Dienstherrn, Beamte sowie ihre Familien lebenslang angemessen zu alimentieren und ihnen nach ihrem Dienstrang, nach der mit ihrem Amt verbundenen Verantwortung und nach der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren. Im Rahmen dieser Verpflichtung zu einer dem Amt angemessenen Alimentierung hat der Gesetzgeber die Attraktivität der Dienstverhältnisse für überdurchschnittlich qualifizierte Kräfte, das Ansehen des Amtes in den Augen der Gesellschaft, die vom Amtsinhaber geforderte Ausbildung und seine Beanspruchung zu berücksichtigen. Für die Beurteilung der Angemessenheit der Alimentation kommt es auf ihre Gesamthöhe an, zu deren Ermittlung neben dem Grundgehalt auch weitere Besoldungsbestandteile wie Sonderzahlungen oder Stellenzulagen heranzuziehen sind, auch wenn diese für sich betrachtet nicht den verfassungsrechtlichen Schutz eines hergebrachten Grundsatzes des Berufsbeamtentums gemäß Art. 33 Abs. 5 GG genießen sollten (BVerfG, Urteil vom 5. Mai 2015 - 2 BvL 17/09 u.a. - BVerfGE 139, 64 Rn. 93; Beschluss vom 17. November 2015 - 2 BvL 19/09 u.a. - BVerfGE 140, 240 Rn. 72).

12

Die Leistungsbezüge der Professoren sind ein Teil ihrer Besoldung. Zum Zeitpunkt der Berufungsvereinbarung und der darauf folgenden (erstmaligen) Gewährung der hier in Rede stehenden Leistungsbezüge des Klägers im Jahr 2009 galt im Land Rheinland-Pfalz das Bundesbesoldungsgesetz in der am 28. August 2006 geltenden Fassung als "eingefrorenes" Bundesrecht (Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG) fort. Mit dem Gesetz zur Reform der Professorenbesoldung (Professorenbesoldungsreformgesetz - ProfBesReformG) vom 16. Februar 2002 (BGBl. I S. 686) war zuletzt der Wortlaut des § 1 Abs. 2 BBesG, der regelt, welche Dienstbezüge zur Besoldung gehören, in seiner Nr. 2 von "Zuschüsse zum Grundgehalt für Professoren an Hochschulen" in "Leistungsbezüge für Professoren sowie hauptberufliche Leiter und Mitglieder von Leitungsgremien an Hochschulen" geändert worden. Die Gesetzesbegründung der Bundesregierung führte hierzu aus, die Vorschrift stelle klar, dass Leistungsbezüge als Dienstbezüge Bestandteil der Besoldung sind (BT-Drs. 14/6852 S. 12). Mit dieser Neuregelung wurde die frühere Besoldungsordnung C, welche das Grundgehalt in vom Lebensalter abhängigen Stufen ansteigen ließ, durch die neue Besoldungsordnung W ohne Altersstufen ersetzt. An die Stelle der Altersstufen der Besoldungsordnung C traten die das Grundgehalt ergänzenden variablen Leistungsbezüge (BR-Drs. 402/01 S. 21).

13

Leistungsbezüge verlieren nicht dadurch ihren Charakter als Besoldung, dass sie auf der Grundlage von Berufungs- oder Bleibeverhandlungen gewährt werden. Insbesondere wird hierdurch nicht gegen den Grundsatz der Gesetzesbindung der Besoldung verstoßen. Die Gesetzesbindung der Besoldung ist ein nach Art. 33 Abs. 5 GG zu berücksichtigender hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums (BVerfG, Urteil vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - BVerfGE 130, 263 <299>; BVerwG, Urteile vom 27. Mai 2010 - 2 C 33.09 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 117 Rn. 8 und vom 27. März 2014 - 2 C 2.13 - Buchholz 240 § 2 BBesG Nr. 13 Rn. 18). Dieser Grundsatz verbietet es, einem Beamten eine gesetzlich nicht vorgesehene Besoldung zu gewähren (BVerwG, Beschluss vom 25. Januar 1984 - 2 B 169.82 - juris Rn. 3 m.w.N.). Die Zulässigkeit leistungsbezogener Bezahlungselemente setzt danach voraus, dass ein gesetzlicher Rahmen den Anlass und die Möglichkeiten der Leistungsgewährung bestimmt, die Leistung aufgrund Verwaltungsentscheidung bewilligt wird und diese Bewilligungsentscheidung dann in die Bezügeberechnung eingeht (BVerfG, Urteil vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - BVerfGE 130, 263 <299>).

14

Die streitgegenständlichen Berufungsleistungsbezüge des Klägers sind eine in diesem Sinne gesetzlich vorgesehene Besoldung. In den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften ist explizit vorgesehen, dass Berufungsleistungsbezüge gewährt werden (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 und 37 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 LBesG RP; § 1 Abs. 2 Nr. 2 und § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBesG 2002), dass sie ausgehandelt werden (§ 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LBesG RP und § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBesG 2002) und welche Maßgaben dafür inhaltlich gelten (§ 37 Abs. 2, §§ 38, 40 LBesG RP und § 33 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 Sätze 1, 3, 4, Abs. 4 und § 34 BBesG 2002). Die diesbezügliche Entscheidung des Beklagten geht in die Bezügeberechnung ein.

15

Mit der Zugehörigkeit zur Besoldung der Professoren unterfallen die Leistungsbezüge dem Schutz des Art. 33 Abs. 5 GG. Die Dienstbezüge der Professoren unterscheiden sich zwar grundlegend von den allgemeinen Bezügen der Beamten. Letztere sind in ihrer konkreten Höhe durch das Gesetz festgelegt. Sie bestimmen sich im Wesentlichen nach den Grundgehaltssätzen, die bei Berücksichtigung von Erfahrungszeiten für alle Beamten desselben Statusamtes bzw. gleichrangiger Statusämter dieselbe Besoldung vorsehen. Hierdurch wird der Grundsatz der dem Amt angemessenen Alimentation verwirklicht. Zusätzliche Bezüge, die das Gesetz nicht ausdrücklich vorsieht, sind gemäß § 2 Abs. 1 LBesG RP unzulässig. Aus dem Leistungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG und dem Alimentationsprinzip des Art. 33 Abs. 5 GG folgt dabei ein Abstandsgebot, das es dem Gesetzgeber ungeachtet seines weiten Gestaltungsspielraums untersagt, den Abstand zwischen verschiedenen Besoldungsgruppen dauerhaft einzuebnen (BVerfG, Beschluss vom 23. Mai 2017 - 2 BvR 883/14 u.a. - ZBR 2017, 340 Rn. 75).

16

Im Besoldungsrecht der Hochschullehrer gelten demgegenüber Abweichungen von diesen Grundsätzen, die es ermöglichen, durch die Gewährung zuvor vereinbarter Leistungsbezüge die erforderliche und hinreichende Attraktivität der Hochschullehrerstellen erst herzustellen, um so qualifizierte Hochschullehrer für diese Stellen zu gewinnen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. November 1979 - 2 BvR 513/74 u.a. - BVerfGE 52, 303 <331>). Hier besteht eine Besonderheit, die dem Leistungsprinzip Vorrang vor dem Abstandsgebot einräumt. Denn - wie das Beispiel des hier relevanten rheinland-pfälzischen Hochschullehrerbesoldungsrechts zeigt - können Berufungs- und Bleibeverhandlungen die Grundlage für Leistungsbezüge sein, die gemäß § 37 Abs. 4 Satz 1 LBesG RP in einzelnen Fällen jedenfalls in der Besoldungsgruppe W 3 eine Gesamtbesoldung oberhalb eines Staatssekretärsgehalts (Besoldungsgruppe B 10) ermöglichen und damit mehr als eine Verdopplung des allgemein für die Besoldungsgruppe W 3 geltenden Grundgehalts erlaubt (zur fehlenden "Plafondierung" nach oben bereits BVerfG, Urteil vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - BVerfGE 130, 263 <309>). Gleichwohl gehören auch solche Leistungsbezüge zur Besoldung der Professoren (s.o.) und unterfallen dem Schutz des Art. 33 Abs. 5 GG (BVerfG, Beschluss vom 7. November 1979 - 2 BvR 513/74 u.a. - BVerfGE 52, 303 <330 f.>).

17

Die dem Kläger gewährten Leistungsbezüge sind jedenfalls bis zu einer Höhe von 40 % des Grundgehalts gemäß § 33 Abs. 3 BBesG 2002 ruhegehaltfähig. Dies unterstreicht zusätzlich, dass sie der Sicherung der amtsangemessenen Alimentation dienen und damit dem Schutz des Art. 33 Abs. 5 GG unterfallen (vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - BVerfGE 130, 263 <301>).

18

Einer Unterscheidung zwischen dem alimentativen und dem additiven Charakter der Leistungsbezüge (BVerfG, Urteil vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - BVerfGE 130, 263 <308 ff.>) bedarf es hier nicht. Das Bundesverfassungsgericht hat den alimentativen Charakter der in der genannten Entscheidung im Streit stehenden Leistungsbezüge deswegen verneint, weil diese nicht jedem Professor zustanden und auch nicht zwingend dauerhaft zu gewähren waren. Sie seien damit nicht geeignet, die aufgrund zu niedriger Grundgehaltssätze bestehende Unteralimentation zu kompensieren. Hier geht es hingegen um dauerhaft gewährte Leistungsbezüge, die nicht erforderlich sind, um eine Unteralimentation zu kompensieren, sondern die einen über die Mindestalimentation hinausgehenden Bezügebestandteil darstellen und die somit einen Teil der durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützten Alimentation bilden. Auch der Kläger hat im gerichtlichen Verfahren klargestellt, dass die Leistungsbezüge hier nicht die Funktion haben, seine Besoldung, die sich aus mehreren Bestandteilen zusammensetzt (BVerfG, Urteil vom 5. Mai 2015 - 2 BvL 17/09 u.a. - BVerfGE 139, 64 Rn. 93), erst über das verfassungsrechtlich gebotene Mindestmaß zu heben.

19

Dem Gesetzgeber steht bei der Bemessung der Alimentation ein weiter Spielraum zu (BVerfG, Urteile vom 27. September 2005 - 2 BvR 1387/02 - BVerfGE 114, 258 <288 f.> und vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - BVerfGE 130, 263 <294>), der nach unten hin durch die Mindestalimentation begrenzt wird, welche in den vergangenen Jahren durch Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Urteile vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - BVerfGE 130, 263 und vom 5. Mai 2015 - 2 BvL 17/09 u.a. - BVerfGE 139, 64; Beschluss vom 17. November 2015 - 2 BvL 19/09 u.a. - BVerfGE 140, 240) Konkretisierungen erfahren hat. Es wäre angesichts dieses Spielraums unzutreffend anzunehmen, dass sämtliche Besoldungsteile, die oberhalb der Mindestalimentation liegen, nicht mehr dem Schutz des Art. 33 Abs. 5 GG unterfallen. Vielmehr steht es dem Gesetzgeber frei, die amtsangemessene Alimentation auch oberhalb dieser Untergrenze festzulegen.

20

Soweit der Schutzbereich des Art. 33 Abs. 5 GG reicht, verdrängt er aus Gründen der Spezialität die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG. Im Hinblick auf Gehalts- und Versorgungsbezüge aus öffentlichen Kassen vermitteln beide Grundrechte ohnehin dasselbe Schutzniveau (BVerfG, Urteile vom 28. Februar 1980 - 1 BvL 17/77 u.a. - BVerfGE 53, 257 <308> und vom 5. Juli 1989 - 1 BvL 11/87 u.a. - BVerfGE 80, 297 <313 f.>; Beschlüsse vom 7. November 1979 - 2 BvR 513/74 u.a. - BVerfGE 52, 303 <330 f.> und vom 30. September 1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256 <294>; BVerwG, Urteil vom 24. November 2011 - 2 C 57.09 - BVerwGE 141, 210 Rn. 24). Eines gesonderten Schutzes durch Art. 14 Abs. 1 GG bedürfen die bereits durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützten Ansprüche daher nicht.

21

b) Die Anrechnungsregelung des § 69 Abs. 7 LBesG RP greift in subjektive Rechtspositionen des Klägers ein, die durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützt sind.

22

Allerdings ist nicht von einem Eingriff in die Alimentationshöhe an sich auszugehen. Durch den Erlass des Landesbesoldungsgesetzes haben sich die Gesamtbezüge des Klägers nicht verringert, sondern sie sind um 150 € gestiegen. Das folgt aus der pauschalen Erhöhung des Grundgehaltssatzes um 240 € bei gleichzeitiger Anrechnung dieser Erhöhung um - wie hier - maximal 90 € auf die Leistungsbezüge.

23

Ein Eingriff ist gleichwohl anzunehmen, und zwar unabhängig von der Frage, ob die angegriffene Vorschrift bei rein rechnerischer Betrachtung zu einer Kürzung oder zu einem sonstigen Einschnitt im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum relativen Normbestandsschutz (BVerfG, Urteil vom 5. Mai 2015 - 2 BvL 17/09 u.a. - BVerfGE 139, 64 Rn. 128) führt. Das folgt aus den Besonderheiten des Professorenbesoldungsrechts. § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBesG 2002 eröffnet den Professoren - gleichermaßen wie § 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LBesG RP - das Recht, in Berufungs- und Bleibeverhandlungen Vereinbarungen über Leistungsbezüge zu treffen. Auf dieser Grundlage entscheidet der Dienstherr der Professoren durch Verwaltungsakt über die Gewährung von Leistungsbezügen (BVerfG, Urteil vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - BVerfGE 130, 263 <308>). Berufungs- und Bleibeverhandlungen stellen nach der gesetzlichen Systematik nur eine Vorfeldmaßnahme dar, auf deren Grundlage der Dienstherr seine Entscheidung über die Gewährung von Leistungsbezügen stützt, und zwar in Form einer Zusage. Dies folgt auch daraus, dass das Gesetz in § 33 Abs. 1 BBesG 2002 variable Leistungsbezüge aus Anlass von Berufungs- und Bleibeverhandlungen anderen variablen Leistungsbezügen gleichsetzt, die etwa für besondere Leistungen in Forschung, Lehre etc. gewährt werden, ohne dass hierüber zuvor Verhandlungen geführt werden.

24

Die Gewährung von Leistungsbezügen auf der Grundlage einer zuvor getroffenen Berufungs- oder Bleibevereinbarung im Sinne des § 33 Abs. 1 Nr. 1 BBesG 2002 begründet eine eigenständige Rechtsposition, welche den Schutz des Art. 33 Abs. 5 GG genießt. Die Reduzierung der gewährten Leistungsbezüge durch Gesetz greift in diese Position ein.

25

c) Der Umstand, dass die Leistungsbezüge dem Schutz des Art. 33 Abs. 5 GG unterfallen, bedeutet nicht, dass diese in ihrer konkreten Ausgestaltung unantastbar sind. Dem Gesetzgeber steht es nach dieser Vorschrift vielmehr zu, das Recht des öffentlichen Dienstes unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln. Das gilt grundsätzlich auch für Besoldungselemente, die auf einer Berufungsvereinbarung beruhen (Dorff, MittHV 1982, 297 <299>).

26

Im Unterschied zu Art. 129 Abs. 3 WRV schützt Art. 33 Abs. 5 GG gerade nicht die wohl erworbenen Rechte der Beamten (BVerfG, Beschluss vom 7. November 1979 - 2 BvR 513/74 u.a. - BVerfGE 52, 303 <335>). Der Gesetzgeber darf vielmehr beamtenrechtliche Regelungen an neue Entwicklungen und neue Sachverhalte anpassen. Durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützte Rechtspositionen darf er dabei nicht grundsätzlich infrage stellen, sondern sie lediglich aus sachlichen Gründen verändern. Im Bereich des Besoldungsrechts können solche sachlichen Gründe insbesondere dann gegeben sein, wenn sie ihre Rechtfertigung im System der Beamtenbesoldung finden; ein Abstellen allein auf finanzielle Erwägungen ist allerdings unzulässig (BVerfG, Urteile vom 27. September 2005 - 2 BvR 1387/02 - BVerfGE 114, 258 <289, 291> und vom 5. Mai 2015 - 2 BvL 17/09 u.a. - BVerfGE 139, 64 Rn. 128; Beschluss vom 7. November 1979 - 2 BvR 513/74 u.a. - BVerfGE 52, 303 <336>).

27

Solche sachlichen Gründe sind hier gegeben. Bei der Umstellung von der C-Besoldung auf die W-Besoldung durch das Professorenbesoldungsreformgesetz wurden die Grundgehaltssätze bei gleichzeitiger Aufstockung des Gesamtvolumens von Leistungsbezügen herabgesetzt. Diese Regelung ist vom Bundesverfassungsgericht mit der Begründung beanstandet worden, dass die herabgesetzten Grundgehaltssätze nicht mehr der zu gewährenden Mindestalimentation genügten und dass die Möglichkeit, Leistungsbezüge zu gewähren, diesen Umstand nicht kompensieren könne, weil nicht sichergestellt sei, dass jeder Professor in den Genuss solcher Bezüge komme (BVerfG, Urteil vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - BVerfGE 130, 263 <308 ff.>). Die Landesgesetzgeber, in deren Ländern diese zunächst als Bundesrecht geschaffene Regelung auch über den 31. August 2006 fortgalt, waren infolge der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gehalten, das System der Professorenbesoldung zu reformieren. Dass der Beklagte im Rahmen dieser Reform neben der Anhebung der Grundgehaltssätze auch eine Abschmelzung bestehender Leistungszulagen vorsah, deren Umfang jedoch auf maximal 90 € begrenzt war und damit höchstens gut ein Drittel des garantierten Besoldungszuwachses konsumierte, erscheint vor diesem Hintergrund nicht sachwidrig. Vielmehr befand sich der Gesetzgeber in einer Situation, die im Vertragsrecht als Wegfall der Geschäftsgrundlage bezeichnet würde und die folglich trotz bestehender Vereinbarung zu einer Anpassung der Verhältnisse berechtigte.

28

3. Selbst wenn davon auszugehen wäre, dass die Leistungsbezüge des Klägers dem Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG unterfielen, führte dies zu keinem anderen Ergebnis. Die in § 69 Abs. 7 Satz 1 LBesG RP enthaltene abstrakt-generelle Anrechnungsregelung stellte sich als Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar. Diese Anrechnungsregelung genügte auch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz; insbesondere wäre insoweit zu berücksichtigen, dass dem Anrechnungsbetrag ein Erhöhungsbetrag gegenübersteht, der nahezu das dreifache Volumen hat und damit den Eingriff mehr als kompensierte.

29

4. Die Anrechnungsregelung des § 69 Abs. 7 Satz 1 LBesG RP verstößt nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

30

Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, wesentlich Gleiches gleich zu behandeln, wesentlichen Unterschieden hingegen normativ Rechnung zu tragen. Es steht dem Normgeber aber frei, aufgrund autonomer Wertungen Differenzierungsmerkmale auszuwählen, an die er eine Gleich- oder Ungleichbehandlung anknüpft. Betrifft die zu prüfende Maßnahme oder Regelung ein Gebiet, in dem der Normgeber über ein weites Ermessen verfügt, so ist ein Gleichheitsverstoß nur dann anzunehmen, wenn sich im Hinblick auf die Eigenart des geregelten Sachbereichs ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die Regelung schlechthin nicht finden lässt, die Regelung also willkürlich erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. September 1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256 <329 f.>; BVerwG, Urteil vom 24. November 2011 - 2 C 57.09 - BVerwGE 141, 210 Rn. 31).

31

a) Vor diesem Hintergrund ist es zunächst nicht zu beanstanden, dass sich die Anrechnungsregelung des § 69 Abs. 7 Satz 1 LBesG RP allein auf Leistungsbezüge gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BBesG 2002 bezieht, und damit Leistungsbezüge nach Nr. 3 dieser Vorschrift, welche für die Wahrnehmung von Funktionen oder besonderen Aufgaben im Rahmen der Hochschulselbstverwaltung oder der Hochschulleitung gewährt werden, von der Anrechnung ausnimmt. Denn der Zweck der letztgenannten Leistungsbezüge rechtfertigt diese Differenzierung. Funktionsleistungsbezüge nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BBesG 2002 werden für eine konkrete Gegenleistung, welche in der Tätigkeit in der Hochschulselbstverwaltung oder der Hochschulleitung besteht, gewährt. Anders als Bezüge nach Nr. 1 und 2 können sie allein für die Dauer der Wahrnehmung der Funktion oder Aufgabe gewährt werden, was Satz 3 dieser Vorschrift klarstellt. Sie sind - anders als Leistungsbezüge nach Nr. 1 und 2 - auch nicht voll ruhegehaltfähig (§ 33 Abs. 3 BBesG 2002). Den wahrgenommenen Funktionen kommt zudem im Hinblick auf den Hochschulbetrieb eine Bedeutung zu, die Grundvoraussetzung für das Wirken der Hochschule selbst und aller an ihr tätigen Professoren ist.

32

b) Eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung besteht auch nicht darin, dass von der Anrechnungsregelung des § 69 Abs. 7 Satz 1 LBesG RP nur solche Leistungsbezüge erfasst werden, über deren Gewährung bis zum 31. Dezember 2012 entschieden worden ist. Bei dieser Regelung handelt es sich um eine zulässige Stichtagsregelung. Es ist dem Gesetzgeber nicht durch Art. 3 Abs. 1 GG verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, auch wenn jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt. Voraussetzung ist allerdings, dass sich die Einführung des Stichtags und die Wahl des Zeitpunkts am gegebenen Sachverhalt orientieren und damit sachlich vertretbar sind (stRspr, BVerfG, Urteil vom 5. Juli 1989 - 1 BvL 11/87 u.a. - BVerfGE 80, 297 <311>; Beschluss vom 27. Februar 2007 - 1 BvL 10/00 - BVerfGE 117, 272 <301>; Kammerbeschluss vom 19. Mai 2015 - 2 BvR 1170/14 - FamRZ 2015, 1263 Rn. 41). Hier besteht der sachliche Grund darin, dass die gesamte Besoldung für Professoren zum 1. Januar 2013 umgestellt worden ist und damit Leistungsbezüge, welche ab diesem Tag gewährt werden, ohnehin schon den Inhalt der neuen Regelung berücksichtigen.

33

5. Die Anrechnungsregelung des § 69 Abs. 7 Satz 1 LBesG RP verstößt auch nicht gegen das Rückwirkungsverbot.

34

Zwar ist bei der Regelung von einer echten Rückwirkung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 2. Mai 2012 - 2 BvL 5/10 - BVerfGE 131, 20 <36>) auszugehen. Sie ist gemäß Art. 34 Abs. 1 Nr. 2 des Landesgesetzes zur Reform des finanziellen öffentlichen Dienstrechts vom 18. Juni 2013 (GVBl. S. 157) mit Wirkung vom 1. Januar 2013 in Kraft getreten und bewirkt Rechtsfolgen für die Besoldung der Professoren ab Januar 2013. Da das Rückwirkungsverbot jedoch seine Grundlage im Vertrauensschutzprinzip findet (BVerfG, Beschluss vom 2. Mai 2012 - 2 BvL 5/10 - BVerfGE 131, 20 <39 ff.>), kann auch die echte Rückwirkung ausnahmsweise zulässig sein, wenn auf Seiten des Betroffenen kein schutzwürdiges Vertrauen (mehr) vorhanden ist. Das ist etwa dann der Fall, wenn die Rechtslage unklar oder verworren ist oder wenn ein Zustand allgemeiner und erheblicher Rechtsunsicherheit eingetreten ist (BVerfG, ebd. S. 41). Erst recht muss das dann gelten, wenn die Verfassungswidrigkeit der bestehenden Rechtslage positiv durch das Bundesverfassungsgericht festgestellt worden ist und dem Gesetzgeber die Behebung dieses Zustands obliegt.

35

Der Kläger durfte Anfang 2013 nicht mehr auf den uneingeschränkten Bestand seiner Leistungsbezüge vertrauen. Das lässt sich nicht schon aus dem laufenden Gesetzgebungsverfahren zur Änderung der W-Besoldung herleiten; denn der entscheidende Änderungsantrag, der die streitgegenständliche Konsumtionsregelung enthielt, datiert erst vom 1. März 2013 (Vorlage 16/2283 zu LT-Drs. 16/1822) und ist somit jedenfalls nicht für die Monate Januar und Februar 2013 geeignet, das Vertrauen des Klägers in den Bestand der alten Rechtslage auszuschließen.

36

Der Kläger hatte allerdings schon infolge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - (BVerfGE 130, 263) mit einer vollständigen Neuregelung des Besoldungssystems für Professoren zu rechnen. Das beruht darauf, dass die Regelung des Beklagten derjenigen des Landes Hessen, welches Beteiligter in dem genannten Verfahren des Bundesverfassungsgerichts war, inhaltlich entsprach. Der Beklagte war als Nichtbeteiligter zwar nicht direkter Adressat der Entscheidungsformel. Gleichwohl war jedoch auch er erkennbar gehalten, eine Neuregelung der W-Besoldung vorzunehmen. Der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts lässt sich auch entnehmen, dass dem Gesetzgeber bei der Neugestaltung ein Spielraum zukam, der sowohl die Höhe der Grundgehaltssätze als auch die Ausgestaltung der Leistungsbezüge als Variablen enthielt (BVerfG, Urteil vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - BVerfGE 130, 263 <311 f.>). Damit musste allen Hochschullehrern bekannt sein, dass in allen betroffenen Ländern die Regelungen zur W-Besoldung neu zu fassen waren.

37

6. Anhaltspunkte dafür, dass die Gesamtbesoldung des Klägers unterhalb des Mindestalimentationsniveaus liegt, bestehen nicht. Hierfür reicht es ohnehin nicht aus, sich auf die Rechtswidrigkeit nur eines Besoldungsbestandteils zu berufen. Vielmehr wäre vom Kläger geltend zu machen, dass seine Gesamtalimentation unzureichend sei (BVerwG, Urteil vom 25. März 2010 - 2 C 52.08 - Buchholz 271 LBeihilfeR Nr. 36 Rn. 14). Hierauf zielt das klägerische Vorbringen indes nicht ab.

38

7. Verfahrensfehler liegen nicht vor. Von einer Begründung wird insoweit gemäß § 144 Abs. 7 VwGO abgesehen. Die Voraussetzungen des Satzes 2 dieser Vorschrift, welche eine Begründung ausnahmsweise erforderlich machen, sind nicht gegeben.

39

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Beschluss

vom 21. September 2017

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 5 220 € festgesetzt.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 sowie § 42 Abs. 1 und 3 GKG. Gemäß § 42 Abs. 1 Satz 1 GKG ist der Streitwert bei Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis der dreifache Jahresbetrag der wiederkehrenden Leistungen. Daraus ergibt sich hier ein Betrag von 36 x 90 € = 3 240 €. Hinzu kommen gemäß § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG die bei Einreichung der Klage fälligen Beträge. Diese belaufen sich hier auf einen Gesamtbetrag von 22 x 90 € = 1 980 €, weil die angegriffene Anrechnungsregelung mit Wirkung vom 1. Januar 2013 galt und die Klage am 27. Oktober 2014 erhoben worden ist. Der Senat teilt die Auffassung des OVG Münster, Beschluss vom 1. Juli 1982 - 1 A 265/81 - (AnwBl. 1983, 281) nicht, wonach bei Streitigkeiten vor den Verwaltungsgerichten nicht der Zeitpunkt der Einreichung der Klage, sondern derjenige der Erhebung des Widerspruchs maßgeblich sei, weil diese Auffassung keine hinreichende Stütze im Gesetzeswortlaut findet (vgl. bereits BVerwG, Beschluss vom 2. Februar 2017 - 2 C 25.15 -). In der Summe ergibt sich der festgesetzte Betrag.

(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat.

(3) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliegt oder zuzulassen sei, ist nicht selbständig anfechtbar.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die Kindererziehungszeit für ein vor dem 1. Januar 1992 geborenes Kind endet 30 Kalendermonate nach Ablauf des Monats der Geburt.

(2) Bei der Anrechnung einer Kindererziehungszeit steht der Erziehung im Inland die Erziehung im jeweiligen Geltungsbereich der Reichsversicherungsgesetze gleich. Dies gilt nicht, wenn Beitragszeiten während desselben Zeitraums aufgrund einer Versicherungslastregelung mit einem anderen Staat nicht in die Versicherungslast der Bundesrepublik Deutschland fallen würden.

(3) (weggefallen)

(4) Ein Elternteil ist von der Anrechnung einer Kindererziehungszeit ausgeschlossen, wenn er vor dem 1. Januar 1921 geboren ist.

(5) Für die Feststellung der Tatsachen, die für die Anrechnung von Kindererziehungszeiten vor dem 1. Januar 1986 erheblich sind, genügt es, wenn sie glaubhaft gemacht sind.

(6) Ist die Mutter vor dem 1. Januar 1986 gestorben, wird die Kindererziehungszeit insgesamt dem Vater zugeordnet.

(7) Bei Folgerenten, die die Voraussetzungen nach § 88 Absatz 1 oder 2 erfüllen und für die ein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten nach § 307d Absatz 1 Satz 1 zu berücksichtigen ist, endet die Kindererziehungszeit für ein vor dem 1. Januar 1992 geborenes Kind zwölf Kalendermonate nach Ablauf des Monats der Geburt. Die Kindererziehungszeit endet 24 Kalendermonate nach Ablauf des Monats der Geburt, wenn ausschließlich ein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten nach § 307d Absatz 1 Satz 3 oder ein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten nach § 307d Absatz 1a zu berücksichtigen ist. Eine Kindererziehungszeit wird für den maßgeblichen Zeitraum, für den ein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten nach § 307d Absatz 5 berücksichtigt wurde, nicht angerechnet.

(8) Die Anrechnung einer Kindererziehungszeit nach Absatz 1 ist ausgeschlossen

1.
ab dem 13. bis zum 24. Kalendermonat nach Ablauf des Monats der Geburt, wenn für die versicherte Person für dasselbe Kind ein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten nach § 307d Absatz 1 Satz 1 zu berücksichtigen ist,
2.
ab dem 25. bis zum 30. Kalendermonat nach Ablauf des Monats der Geburt, wenn für die versicherte Person für dasselbe Kind ein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten nach § 307d Absatz 1 Satz 3 oder nach § 307d Absatz 1a zu berücksichtigen ist.
Satz 1 gilt entsprechend, wenn für andere Versicherte oder Hinterbliebene für dasselbe Kind ein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten für den maßgeblichen Zeitraum zu berücksichtigen ist oder zu berücksichtigen war.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2.
das Personenstandswesen;
3.
das Vereinsrecht;
4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5.
(weggefallen)
6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8.
(weggefallen)
9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht;
19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;
19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25.
die Staatshaftung;
26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28.
das Jagdwesen;
29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30.
die Bodenverteilung;
31.
die Raumordnung;
32.
den Wasserhaushalt;
33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 20. Mai 2014 - 1 K 123/12 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor wie folgt gefasst wird:

Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger Versorgungsbezüge unter Berücksichtigung eines weiteren Jahres ruhegehaltfähiger Dienstzeit in der Zeit bis zum 31.12.1991 für die vor Vollendung des 17. Lebensjahres verbrachte Ausbildungszeit in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Der Bescheid der Deutschen Telekom AG vom 15. Dezember 2010 und ihr Widerspruchsbescheid vom 18.01.2012 werden aufgehoben, soweit sie dem entgegenstehen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Berücksichtigung von vor dem 17. Lebensjahr verbrachter Ausbildungszeit als ruhegehaltfähige Dienstzeit nach dem Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG).
Der am … 1955 geborene Kläger trat nach dem Besuch der Volksschule im Alter von 14 Jahren am 01.09.1970 als Fernmeldelehrling in einem Ausbildungsverhältnis bei der damaligen Deutschen Bundespost in den Dienst der Beklagten ein. Nach am 12.07.1973 bestandener Prüfung zum Fernmeldehandwerker und am 07.09.1977 abgelegter Prüfung zum mittleren fernmeldetechnischem Dienst wurde er zum 01.10.1977 in das Beamtenverhältnis auf Probe berufen und am 26.10.1982 zum Beamten auf Lebenszeit ernannt. Er absolvierte im Jahr 2002 den Aufstieg in den gehobenen Dienst und bekleidete zuletzt das Amt eines Technischen Fernmeldeamtmanns (Bes.-Gr. A 11). Mit Ablauf des 31.10.2010 wurde er antragsgemäß in den Ruhestand versetzt.
Mit Bescheid vom 15.12.2010 setzte die Deutsche Telekom AG - Personal Service Telekom - die Versorgungsbezüge des Klägers ab dem 01.11.2010 auf 2.751,41 EUR (brutto) fest. Zur Begründung führte sie u.a. aus, der Festsetzung liege ein gemäß § 85 Abs. 1 BeamtVG errechneter Ruhegehaltsatz in Höhe von 71,83 v.H. zugrunde. Dieser setze sich aus einem Ruhegehaltsatz in Höhe von 53,00 v.H. für die ruhegehaltfähigen Dienstzeiten vom 26.10.1972 - dem Tag der Vollendung des 17. Lebensjahres des Klägers - bis zum 31.12.1991 und einem Ruhegehaltsatz in Höhe von 18,83 v.H. für die ruhegehaltfähigen Dienstzeiten ab dem 01.01.1992 zusammen. Die Dienstzeit vom 26.10.1972 bis zum 31.12.1991 umfasse 19 Jahre und 67 Tage; davon seien gemäß § 14 Abs. 1 BeamtVG (in der am 31.12.1991 geltenden Fassung vom 30.06.1989, BGBl. I S. 1282) abgerundet 19 Jahre ruhegehaltfähig. Die Ausbildungszeiten, die der Kläger vor der Vollendung seines 17. Lebensjahres absolviert hatte, wurden bei der Festsetzung seiner Versorgungsbezüge nicht berücksichtigt.
Gegen den Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein. Die Zusammenstellung der ruhegehaltfähigen Zeiten ab dem 01.01.1992 sei zwar nicht zu beanstanden. Bei der Berechnung der Zeiten bis zum 31.12.1991 liege aber eine unzulässige Ungleichbehandlung vor, weil eine willkürliche Grenze ab dem 17. Lebensjahr gezogen werde. Das könne er am Beispiel eines Kollegen zeigen, der zeitgleich mit ihm die Ausbildung angefangen habe und wie er in den Vorruhestand getreten sei, aber das Glück habe, (bereits) im März 1955 geboren zu sein. Die Zeit vor der Vollendung seines 17. Geburtstages bis zum 31.12.2010 umfasse bei ihm insgesamt 19 Jahre und 281 Tage, was aufgrund der gesetzlichen Rundungsregelung (aus § 14 Abs. 1 BeamtVG a.F.) auf 20 volle Dienstjahre aufgerundet werde. Infolgedessen habe dieser Kollege bei gleicher Beschäftigungszeit ein um 2 Prozent höheres Grundgehalt (gemeint: Ruhegehalt) als er. Es bestünden verfassungsrechtliche Bedenken gegen die dem zugrunde liegenden Vorschriften, ferner „auch bezüglich weiterer Regelungen im Beamtenversorgungsgesetz (z.B. [§] 6, [§] 12, [§] 85).“
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.01.2012 wies die Deutschen Telekom AG - Personal Service Telekom - den Widerspruch zurück. Die Berechnung des Ruhegehalts stehe in Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen. Sofern der Kläger eine Anerkennung von Zeiten vor dem 17. Lebensjahr begehre, werde auf den eindeutigen Wortlaut des § 6 Abs. 1 BeamtVG verwiesen, dessen Verfassungsmäßigkeit nicht in Frage stehe. Der Verweis des Klägers auf den „Vergleichsbeamten“ gehe zudem fehl. Da dieser das 17. Lebensjahr einige Monate früher vollendet habe als der Kläger, seien die Sachverhalte verschieden. Die erfolgte Abrundung (auf 19 Jahre ruhegehaltfähiger Dienstzeiten) entspreche ebenfalls den gesetzlichen Regelungen.
Auf die am 20.01.2012 erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Sigmaringen mit Urteil vom 20.05.2014 antragsgemäß den Bescheid der Deutschen Telekom AG vom 15.12.2010 und ihren Widerspruchsbescheid vom 18.01.2012 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, dem Kläger Versorgungsbezüge unter Berücksichtigung eines weiteren Dienstjahres in der Zeit bis zum 31.12.1991 in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Nach § 85 Abs. 1 BeamtVG richte sich die Berechnung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit und des Ruhegehaltsatzes nach § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG in der bis zum 31.12.1991 geltenden Fassung. Danach könne (nur) die nach Vollendung des 17. Lebensjahres verbrachte Mindestzeit der außer der allgemeinen Schulbildung vorgeschriebenen Ausbildung als ruhegehaltfähige Dienstzeit berücksichtigt werden. Der Ausschluss von vor dem 17. Lebensjahr liegenden Ausbildungszeiten verstoße jedoch gegen die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABI. L 303/16). § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG sei deshalb nicht anwendbar. Der Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG sei eröffnet, weil es sich bei den Versorgungsbezügen des Klägers um einen Bestandteil des Arbeitsentgeltes im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Buchst. c) der Richtlinie 2000/78/EG handele und nicht etwa um eine Leistung aus einem staatlichen System der sozialen Sicherheit bzw. des sozialen Schutzes (im Sinne des Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2000/78/EG). § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG stelle auch eine unmittelbare Diskriminierung im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Buchst. a) der Richtlinie 2000/78/EG dar. Diese Ungleichbehandlung sei nicht gerechtfertigt. Zwar könnten die Mitgliedstaaten nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2000/78/EG vorsehen, dass Ungleichbehandlungen wegen des Alters keine Diskriminierung darstellten, sofern sie objektiv und angemessen und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt und sofern die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich seien. Diese Voraussetzungen seien aber nicht erfüllt. Der Zweck der Anrechnungsregelung des § 12 Abs. 1 BeamtVG bestehe darin, Beamten, die eine für die Übernahme in das Beamtenverhältnis vorgeschriebene Ausbildung außerhalb des Beamtenverhältnisses durchlaufen hätten, annähernd die Versorgung zu ermöglichen, die sie erhalten würden, wenn sie die Ausbildung im Beamtenverhältnis auf Widerruf absolviert hätten. Sinn und Zweck der Altersbegrenzung innerhalb von § 12 Abs. 1 BeamtVG sei es zu verhindern, dass bereits solche Zeiten ruhegehaltfähig seien, die bei Beamten des gehobenen oder höheren Dienstes noch in die Schul- oder Lehrzeit fielen. Der Gesetzgeber habe eine versorgungsrechtliche Gleichbehandlung von Beamten der verschiedenen Laufbahngruppen erreichen wollen. Es müsse nicht entschieden werden, ob - was fraglich sei - die Altersbegrenzung in § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG ein legitimes Ziel verfolge. Jedenfalls sei das gewählte Mittel der Anknüpfung an das Lebensalter zur Erreichung des versorgungsrechtlichen Ziels nicht notwendig. Der Gesetzgeber hätte sein Ziel ebenso durch eine nicht unmittelbar diskriminierende Regelung erreichen können, etwa dadurch, dass - ohne Anknüpfung an das Lebensalter, in welchem die Ausbildung durchlaufen werde - ein bestimmter Zeitraum zu Beginn der Ausbildung unberücksichtigt bleibe. Eine solche Regelung würde zu einer Gleichbehandlung der Beamten führen. Das Kriterium des Alters sei zum Ausgleich der Benachteiligung derjenigen Beamten, bei denen über die allgemeine Schulbildung hinaus etwa eine zusätzliche Vorbildung als weitere Laufbahnvoraussetzung gefordert sei, hingegen ungeeignet. Damit fehle es § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG auch an der notwendigen inneren Kohärenz. Der Umstand, dass § 12 Abs. 1 BeamtVG hinsichtlich der Anrechnung von Ausbildungszeiten Ermessen einräume, stehe der ausgesprochenen Verpflichtung nicht entgegen, da nach der ersichtlichen Verwaltungspraxis der Beklagten versorgungsrechtlich anrechnungsfähige Zeiten auch voll berücksichtigt würden. Dies führe zu einer Ermessensreduzierung auf Null.
Am 18.06.2014 hat die Beklagte die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassene Berufung eingelegt. Zur Begründung macht sie geltend, der Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG sei bereits nicht eröffnet. Bei der begehrten Versorgung handele es sich nicht um „Arbeitsentgelt“ im Sinne dieser Richtlinie. Dagegen spreche, dass sie nach ihrem Art. 1 die Bekämpfung von Diskriminierungen „in Beschäftigung und Beruf“ bezwecke, das berufliche Fortkommen und die Beschäftigung hier aber nicht mehr betroffen seien. Arbeitsentgelt werde nur für tatsächlich geleistete Arbeit erbracht; Versorgungsbezüge würden demgegenüber nach beamtenrechtlichen Grundsätzen gewährt, ohne dass hierfür noch eine Gegenleistung des Beamten erbracht werde. Die Gewährung der Versorgung sei deshalb allein als „soziale Alterssicherung“ (im Sinne des Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2000/78/EG) zu verstehen. Das Bundesverwaltungsgericht habe die Richtlinie zwar „für den Bereich der Lebenspartner“ angewendet (gemeint wohl: auf eine Hinterbliebenenversorgung nach §§ 18 ff. BeamtVG für den Lebenspartner eines Beamten, vgl. BVerwG, Urteil vom 28.10.2010 - 2 C 47.09 -, NVwZ 2011, 499). Der Kläger in dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall sei aber - anders als hier - ein aktiver Beamter mit Besoldungsbezügen gewesen. Letztlich werde auch die Gewaltenteilung in Frage gestellt, wenn eindeutig formulierte nationale Gesetze einfach für unanwendbar erklärt würden. Es gebe auch keinen Automatismus, dass EG-Richtlinien nationales Recht außer Kraft setzten; vielmehr bedürfe es einer gesetzlichen Umsetzung in nationales Recht. Im Übrigen entspreche die Nicht-Anerkennung von Zeiten vor dem 17. Lebensjahr, die im Beamtenversorgungsgesetz durchgängig geregelt sei (§§ 8, 9, 13 BeamtVG), hergebrachten Grundsätzen der Beamtenversorgung. Es werde zudem auf Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG verwiesen, wonach die Mitgliedstaaten Altersgrenzen beim Bezug von Altersrenten ausdrücklich vorsehen dürften.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 20. Mai 2014 - 1 K 123/12 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
10 
Der Kläger beantragt,
11 
die Berufung zurückzuweisen.
12 
Er verteidigt die angegriffene Entscheidung und verweist ergänzend auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 19.06.2014 - C-501/12 u.a. -, Specht u.a., NVwZ 2014, 1294.
13 
Dem Senat liegen die Akten des Verwaltungsgerichts und der Beklagten vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird hierauf und auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
14 
Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.
15 
Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte zu Recht verpflichtet, dem Kläger Versorgungsbezüge unter Berücksichtigung eines weiteren Jahres ruhege-haltfähiger Dienstzeit in der Zeit bis zum 31.12.1991 in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Der Kläger hat einen entsprechenden Anspruch (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid der Deutschen Telekom AG vom 15.12.2010 und ihren Widerspruchsbescheid vom 18.01.2012 allerdings in vollem Umfang aufgehoben, obwohl die Bescheide dem Verpflichtungsausspruch nur teilweise entgegenstehen. Daher ist die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der Tenor entsprechend neu gefasst wird.
16 
Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 85 Abs. 1 und 4 BeamtVG in der Fassung der Bekanntmachung vom 24.02.2010 (BGBl. I S. 150), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15.03.2012 (BGBl. I 2011, S. 2842), i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG in der bis zum 31.12.1991 geltenden Fassung vom 12.02.1987 (BGBl. I S. 570 ) und der Richtlinie 2000/78/EG.
17 
Nach § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG bleibt, wenn ein Beamtenverhältnis, aus dem der Beamte in den Ruhestand tritt, bereits am 31.12.1991 bestanden hat, der zu diesem Zeitpunkt erreichte Ruhegehaltssatz gewahrt. Dabei richtet sich die Berechnung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit und des Ruhegehaltssatzes nach dem bis zum 31.12.1991 geltenden Recht (§ 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG). Der sich nach § 85 Abs. 1 BeamtVG ergebende Ruhegehaltssatz wird der Berechnung des Ruhegehalts zugrunde gelegt, wenn er höher ist als der Ruhegehaltssatz, der sich nach dem Beamtenversorgungsgesetz für die gesamte ruhegehaltfähige Dienstzeit ergibt (§ 85 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG). Der sich nach § 85 Abs. 1 BeamtVG ergebende Ruhegehaltssatz darf den Ruhegehaltssatz, der sich nach dem bis zum 31.12.1991 geltenden Recht ergäbe, nicht übersteigen (§ 85 Abs. 4 Satz 2 BeamtVG).
18 
Danach ist das Ruhegehalt des Klägers, der am Stichtag 31.12.1991 Beamter war und seitdem bis zum Eintritt in den Ruhestand ununterbrochen in einem Beamtenverhältnis stand, nach der sog. Mischrechnung (BVerwG, Urteil vom 01.09.2005 - 2 C 28.04 -, Buchholz 239.1 § 12 BeamtVG Nr. 15) des § 85 Abs. 1 BeamtVG zu bestimmen. Denn der sich bei der unionsrechtlich gebotenen Berücksichtigung der vor Vollendung des 17. Lebensjahres absolvierten Ausbildungszeiten im Umfang des vom Klageantrag (allein) umfassten weiteren Jahres ergebende Ruhegehaltssatz (73,83 v.H., dazu I.) ist höher als bei Zugrundelegung des - die genannten Ausbildungszeiten ebenfalls berücksichtigenden - Beamtenversorgungsgesetzes geltender Fassung (73,16 v.H., dazu II.1) und er übersteigt auch nicht den Ruhegehaltssatz, zu dem die alleinige Anwendung des bis zum 31.12.1991 geltenden Rechts führt (75 v.H., dazu II.2.).
I.
19 
Der sich nach § 85 Abs. 1 BeamtVG ergebende Ruhegehaltssatz des Klägers beträgt - bei Berücksichtigung des vom Klageantrag (allein) umfassten einen weiteren Jahres - 73,83 v.H.
20 
Zuzüglich zu dem Ruhegehaltssatz von 18,83 v.H. für Zeit vom 01.01.1992 bis 31.10.2010 (18 Jahre und 304 Tage = 18,83 Jahre, vgl. § 85 Abs. 1 Satz 3 BeamtVG) ist ein Ruhegehaltssatz für die davor liegende Zeit zu berücksichtigen, der nicht, wie im angefochtenen Bescheid geschehen, ausgehend von einer ruhegehaltfähigen Dienstzeit von abgerundet 19 Jahren mit 53 v.H. (vgl. Anlage C des Bescheids vom 15.12.2010), sondern ausgehend von einer Dienstzeit von 20 Jahren mit 55 v.H. anzusetzen ist (35 v.H. für die ersten zehn Jahre zuzüglich 20 v.H. für die folgenden zehn Jahre, vgl. § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F.). Denn der Kläger hat einen Anspruch darauf, dass bei der von § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG angeordneten Anwendung des § 14 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F. nicht nur die von der Beklagten bereits als ruhegehaltfähig anerkannten Zeiten zugrunde gelegt werden, die er bis zum 31.12.1991 im Beamtenverhältnis (01.10.1977 bis 31.12.1991, vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F.) und im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis im Dienst der Beklagten (13.07.1973 bis 30.09.1977, vgl. § 10 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG) sowie nach Vollendung seines 17. Lebensjahres in einem Ausbildungsverhältnis verbracht hat (26.10.1972 bis 12.07.1973, vgl. § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG a.F.). Ruhegehaltfähig ist nach § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG a.F. und der Richtlinie 2000/78/EG vielmehr auch die vor dieser Altersgrenze im Ausbildungsverhältnis geleistete Zeit (01.09.1970 bis 25.10.1973) und damit auch das vom Klageantrag (allein) umfasste eine weitere Jahr vor dem 26.10.1972.
21 
Nach § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG a.F. kann die nach Vollendung des 17. Lebensjahres verbrachte Mindestzeit der außer der allgemeinen Schulbildung vorgeschriebenen Ausbildung (Fachschul-, Hochschul- und praktische Ausbildung, Vorbereitungsdienst, übliche Prüfungszeit), als ruhegehaltfähige Dienstzeit berücksichtigt werden. Die vom Kläger vom 01.09.1970 bis zum 12.07.1973 bei der damaligen Deutschen Bundespost absolvierte Ausbildung zum Fernmeldehandwerker ist eine „vorgeschriebene Ausbildung“ im Sinne dieser Vorschrift und deshalb dem Grunde nach ruhegehaltfähig (1.). Dem zeitlichen Umfang nach ist die Ausbildung nicht nur ruhegehaltfähig, soweit der Kläger sie nach, sondern auch soweit er sie vor Vollendung seines 17. Lebensjahres durchlaufen hat. Die im nationalen Recht enthaltene Beschränkung auf Zeiten ab der Vollendung des 17. Lebensjahres ist unionsrechtswidrig und deshalb nicht anzuwenden (2.). Das der Beklagten bei der Anerkennung von Ausbildungszeiten grundsätzlich eingeräumte Ermessen ist auf Null reduziert (3.).
22 
1. Bei der Ausbildung des Klägers handelt es sich um eine im Sinne des § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG a.F. für die Übernahme in den damaligen mittleren fernmeldetechnischen Dienst „vorgeschriebene“ Ausbildung.
23 
„Vorgeschrieben“ ist eine Ausbildung, wenn sie zur der Zeit ihrer Ableistung aufgrund von Rechts- oder Verwaltungsvorschriften zur Übertragung des ersten statusrechtlichen Amtes erforderlich ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 06.05.2014 - 2 B 91.13 -, Juris, und Urteil vom 26.01.2012 - 2 C 49.10 -, Buchholz 239.1 § 67 BeamtVG Nr. 5, m.w.N.; OVG des Saarlandes, Urteil vom 05.07.2013 - 1 A 292/13 -, NVwZ-RR 2014, 153; jeweils m.w.N.). Das war bei der Ausbildung des Klägers zum Fernmeldehandwerker der Fall. Nach der Verordnung über die Laufbahnen der Bundesbeamten (BLV) vom 27.04.1970 (BGBl. I S. 422), geändert durch die Verordnung vom 14.09.1972 (BGBl. I S. 1765), konnte in den Vorbereitungsdienst für die Laufbahn des allgemeinen mittleren Dienstes eingestellt werden, wer mindestens eine Hauptschule mit Erfolg besucht hatte oder eine entsprechende Schulbildung besaß (§ 17 Abs. 1 BLV). Bewerber für Laufbahnen des technischen Dienstes mussten außerdem die vorgeschriebenen fachlichen Kenntnisse und Fertigkeiten nachweisen, was u.a. durch Zeugnisse über mindestens die Gesellenprüfung in einem der betreffenden Fachrichtung entsprechenden Handwerk (§ 31 HwO) oder eine entsprechende Abschlussprüfung im Sinne des § 34 Abs. 1 BBiG geschehen konnte (§ 17 Abs. 2 BLV). Damit war (auch) die vom Kläger absolvierte technische Ausbildung eine für seine Laufbahn „vorgeschriebene“ Ausbildung im Sinne des § 12 BeamtVG (vgl. OVG des Saarlandes, Urteil vom 05.07.2013, a.a.O.; VG Hannover, Urteil vom 31.05.2013 - 2 A 2922/12 -, Juris; jeweils zur Anerkennungsfähigkeit einer Ausbildung zum Fernmeldehandwerker im Rahmen des § 12 BeamtVG).
24 
2. Die Ausbildung des Klägers ist nicht nur nach der Vollendung seines 17. Lebensjahres (26.10.1972 bis 12.07.1973), sondern auch in dem davor liegenden Zeitraum (01.09.1970 bis 25.10.1972) - und damit auch im Umfang des vom Klagebegehren umfassten weiteren Jahres - berücksichtigungsfähig.
25 
Der Anerkennung eines über den von der Beklagten bereits berücksichtigten Zeitraum (26.10.1972 bis 12.07.1973, d.h. 260 Tage) hinausgehenden weiteren Jahres Ausbildungszeit steht nicht entgegen, dass nach § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG a.F. nur die „Mindestzeit“ einer Ausbildung berücksichtigungsfähig ist. Der Kläger hat die Ausbildungsdauer des Ausbildungsberufs „Fernmeldehandwerker“, die grundsätzlich dreieinhalb Jahre betrug (vgl. die Ausbildungsordnung für Fernmeldelehrlinge der Deutschen Bundespost, ABl. des Bundesministers für Post- und Fernmeldewesen Nr. 106 vom 04.01.1964, i.V.m. §§ 3, 10 Abs. 1 der Verordnung über die Berufsausbildung zum Fernmeldehandwerker vom 09.10.1972, BGBl. I S. 1893), nicht überschritten.
26 
Der Anerkennung eines weiteren Jahres Ausbildungszeit steht auch nicht entgegen, dass § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F. Zeiten vor Vollendung des 17. Lebensjahres von einer Berücksichtigung ausschließt. Diese Regelung ist unionsrechtswidrig, weil sie eine in den Geltungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG fallende (a) Ungleichbehandlung wegen Alters darstellt (b), die nicht gerechtfertigt ist (c). Dieser Verstoß gegen die Richtlinie, auf die sich der Kläger unmittelbar berufen kann (d), hat zur Folge, dass die Altersgrenze nicht angewendet werden darf (e).
27 
a) Die Regelung aus § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F. fällt in den Geltungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG.
28 
Geltung beansprucht die Richtlinie im Rahmen der auf die Gemeinschaft übertragenen Zuständigkeiten für alle Personen in öffentlichen und privaten Bereichen, einschließlich öffentlicher Stellen, (u.a.) in Bezug auf die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich des Arbeitsentgelts (Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2000/78/EG).
29 
aa) Der persönliche Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG ist eröffnet. Ein Ruhestandsbeamter ist bei einem Streit mit seinem Dienstherrn um Leistungen, die in seinem aktiven Beamtenverhältnis wurzeln, eine „Person im öffentlichen Bereich“ im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie (vgl. EuGH, Urteil vom 19.06.2014, a.a.O., RdNr. 36, zu Beamten und Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst).
30 
bb) Auch der sachliche Anwendungsbereich der Richtlinie ist eröffnet.
31 
(1) Bei den zwischen den Beteiligten umstrittenen Versorgungsbezügen handelt es sich um „Arbeitsentgelt“. Unter den Begriff des „Arbeitsentgelts“ im Sinne der Richtlinie 2000/78/EG fällt jede Form des „Entgelts“ im Sinne des Art. 157 Abs. 2 AEUV (vgl. den 13. Erwägungsgrund der Richtlinie und EuGH, Urteil vom 26.09.2013 - C-546/11 -, Dansk Jurist, NVwZ 2013, 1401, RdNr. 25 f.). Unter Entgelt im Sinne dieses Artikels sind die üblichen Grund- oder Mindestlöhne und -gehälter sowie alle sonstigen „Vergütungen“ zu verstehen, die der Arbeitgeber „aufgrund des Dienstverhältnisses“ dem Arbeitnehmer unmittelbar oder mittelbar in bar oder in Sachleistungen zahlt. Zu diesen „Vergütungen“ können auch Leistungen zählen, die erst nach dem Ende der aktiven Arbeits- bzw. Dienstzeit gewährt werden (vgl. EuGH, Urteil vom 06.10.1993 - C-109/91 -, Ten Över, Slg. 1993, I-4879, RdNrn. 7 ff.; Urteil vom 17.05.1990 - C-262/88 -, Barber, NJW 1991, 2204, RdNrn. 21 ff.; BVerwG, Urteil vom 28.10.2010, a.a.O.). Für die Beurteilung der Frage, ob eine Rente oder ein Ruhegehalt von Art. 157 Abs. 2 AEUV erfasst ist, ist entscheidend, ob die Leistung dem Betreffenden „aufgrund seines Dienstverhältnisses“ mit seinem früheren Arbeitgeber gezahlt wird (sog. „Kriterium der Beschäftigung“, vgl. EuGH, Urteil vom 01.04.2008 - C-267/08 -, Maruko, Slg. 2008, I-1757, RdNr. 46; Urteil vom 23.10.2003 - C-4/02 u.a. -, Schönheit und Becker, Slg. I 2003, 12575, RdNr. 56). Dieses Kriterium ist zwar nicht erfüllt bei Ansprüchen aus gesetzlichen Systemen, an deren Finanzierung Arbeitnehmer, Arbeitgeber und gegebenenfalls die öffentliche Hand in einem Maße beteiligt sind, das weniger vom Dienstverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer als von sozialpolitischen Erwägungen abhängt (vgl. EuGH, Urteil vom 15.04.2008 - C-268/06 -, Impact, Slg. 2008. I-2483, RdNr. 131; EuGH, Urteil vom 29.11.2001 - C-366/99 -, Griesmar, Slg. 2001, I-9383, RdNr. 27). Die von einem öffentlichen Dienstherrn oder Arbeitgeber im Rahmen eines gesetzlich geregelten Systems geleistete Versorgung steht aber dann völlig einer Rente gleich, die ein privater Arbeitgeber seinen ehemaligen Arbeitnehmern zahlen würde, wenn sie nur für eine besondere Gruppe von Bediensteten gilt, wenn sie unmittelbar von der abgeleisteten Dienstzeit abhängt und wenn ihre Höhe nach den letzten Bezügen des Bediensteten berechnet wird (vgl. EuGH, Urteil vom 01.04.2008, a.a.O., RdNr. 48; Urteil vom 23.10.2003, a.a.O., RdNr. 57 ff.; Urteil vom 29.11.2001, a.a.O., RdNr. 30 f.).
32 
Diese drei Voraussetzungen sind bei einem Ruhegehalt, das ein Dienstherr nach dem Beamtenversorgungsgesetz zahlt, erfüllt. Denn bei den Beamten handelt es sich um eine „besondere Gruppe von Bediensteten“ (vgl. EuGH, Urteil vom 23.10.2003, a.a.O., RdNr. 60; Urteil vom 29.11.2001, a.a.O., RdNr. 31), das Ruhegehalt hängt von der geleisteten Dienstzeit ab (vgl. § 4 Abs. 1, § 14 Abs. 1 BeamtVG) und seine Höhe wird nach den letzten Besoldungsbezügen berechnet (vgl. § 5 Abs. 1, § 14 Abs. 1 BeamtVG). Eine Ruhegehalt nach dem Beamtenversorgungsgesetz fällt damit in den Anwendungsbereich des Art. 157 Abs. 2 AEUV (vgl. EuGH, Urteil vom 23.10.2003, a.a.O., RdNr. 63; s. ferner zum französischen Beamtenpensionssystem Urteil vom 29.11.2001, a.a.O., RdNr. 30 ff., 35) sowie folglich in denjenigen der Richtlinie 2000/78/EG (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.10.2010, a.a.O., zur Hinterbliebenenversorgung nach §§ 18 ff. BeamtVG; Senatsurteil vom 03.04.2012 - 4 S 1773/09 -, VBlBW 2012, 477, sowie OVG Bremen, Urteil vom 16.05.2013 - 2 A 409/05 -, Juris, jeweils zum Witwengeld nach § 28 BeamtVG).
33 
(2) Kein anderes Ergebnis folgt aus dem von der Beklagten in Bezug genommenen Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2000/78/EG. Nach dieser Vorschrift gilt die Richtlinie nicht für Leistungen jeder Art „seitens der staatlichen Systeme oder der damit gleichgestellten Systeme einschließlich der staatlichen Systeme der sozialen Sicherheit oder des sozialen Schutzes.“ Diese Bereichsausnahme ist in Verbindung mit dem 13. Erwägungsgrund der Richtlinie so auszulegen, dass sich der Geltungsbereich der Richtlinie „weder auf die Sozialversicherungs- und Sozialschutzsysteme erstreckt, deren Leistungen nicht einem Arbeitsentgelt in dem Sinne gleichgestellt werden, der diesem Begriff für die Anwendung von Art. 157 AEUV gegeben wurde, noch auf Vergütungen jeder Art seitens des Staates, die den Zugang zu einer Beschäftigung oder die Aufrechterhaltung eines Beschäftigungsverhältnisses zum Ziel haben“ (vgl. EuGH, Urteil vom 26.09.2013 - C-476/11 -, HK Danmark, EuZW 2013, 951, RdNr. 25; Urteil vom 10.05.2011 - C-147/08 -, Römer, Slg. 2011, I-3591, RdNr. 32 ff. m.w.N.; Urteil vom 01.04.2008, a.a.O., RdNr. 41). Nach diesen Grundsätzen fällt das Ruhegehalt des Klägers nicht unter die Bereichsausnahme des Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2000/78/EG in Verbindung mit dem 13. Erwägungsgrund. Denn es handelt es sich dabei, wie gezeigt, um Entgelt im Sinne des Art. 157 Abs. 2 AEUV und es betrifft weder den Zugang zu einer Beschäftigung noch die Aufrechterhaltung eines Beschäftigungsverhältnisses.
34 
(3) Die Anwendung der Richtlinie 2000/78/EG ist im vorliegenden Fall auch nicht durch das Protokoll zu Art. 157 AEUV ausgeschlossen.
35 
Nach diesem Protokoll (Protokoll Nr. 33 zum AEUV), das im Rang von Primärrecht steht (vgl. Art. 51 EUV), gelten im Sinne des Art. 157 AEUV „Leistungen aufgrund eines betrieblichen Systems der sozialen Sicherheit“ nicht als Entgelt, „sofern und soweit sie auf Beschäftigungszeiten vor dem 17.05.1990 zurückgeführt werden können, außer im Fall von Arbeitnehmern oder deren anspruchsberechtigten Angehörigen, die vor diesem Zeitpunkt eine Klage bei Gericht oder ein gleichwertiges Verfahren nach geltendem einzelstaatlichen Recht anhängig gemacht haben.“ Bei dem Versorgungssystem des Beamtenversorgungsgesetzes handelt es sich zwar - da es, wie gezeigt, kein „gesetzliches System der sozialen Sicherheit“ darstellt - um ein „betriebliches System der sozialen Sicherheit“ (vgl. EuGH, Urteil vom 23.10.2003, a.a.O., RdNr. 65). Auch stützt der Kläger sein Klagebegehren ausschließlich auf Beschäftigungszeiten vor dem 17.05.1990. Daraus folgt jedoch nicht, dass die begehrten Versorgungsleistungen aus dem Begriff des „Arbeitsentgeltes“ im Sinne des Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG fallen.
36 
Das Protokoll zu Art. 157 AEUV ist eine Reaktion des damaligen Gemeinschaftsgesetzgebers auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 17.05.1990 in der Rechtssache „Barber“ (C-262/88, a.a.O.). Der Gerichtshof hatte damals erstmals entschieden, dass auch Renten aus einem betrieblichen System unter den Begriff des „Entgelts“ im Sinne des damaligen Art. 119 EG-Vertrages (später Art. 141 EG, heute Art. 157 AEUV) fallen und deshalb an dem dort normierten Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen zu messen seien. In der mündlichen Verhandlung zu diesem Verfahren hatte das Vereinigte Königreich darauf hingewiesen, dass eine solche Auslegung zu schwerwiegenden finanziellen Folgen führen würde, weil es in Großbritannien zahlreiche solcher Systeme gebe, die von diesem Grundsatz abwichen. Der Europäische Gerichtshof hat dem Rechnung getragen, indem er die zeitlichen Wirkungen seiner Entscheidung beschränkt und für Recht erkannt hat, dass sich grundsätzlich „niemand auf die unmittelbare Wirkung von Art. 119 EG-Vertrag berufen kann, um mit Wirkung von einem vor Erlass des vorliegenden Urteils einen Rentenanspruch geltend zu machen“ (EuGH, Urteil vom 17.05.1990, a.a.O., RdNr. 45; s. auch Urteil vom 06.10.1993, a.a.O., RdNrn. 15 ff.). Um Unklarheiten zu den zeitlichen Wirkungen der Entscheidung „Barber“ zu beseitigen, wurde dem EG-Vertrag in der Schlussakte des Maastrichter Vertrags zur Gründung der Europäischen Union das zitierte Protokoll beigefügt (vgl. Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Art. 157 AEUV RdNr. 158), das die Auslegung des Gerichtshofs auf sämtliche Leistungen aufgrund eines „betrieblichen Systems der sozialen Sicherheit“ erstreckt (vgl. EuGH, Urteil vom 23.10.2003, a.a.O., RdNr. 101).
37 
Das Protokoll befasst sich allerdings - ebenso wie die Entscheidung „Barber“ - nur mit der Auslegung des Art. 157 AEUV und dem dort allein normierten Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Bezug von Entgelt. Diskriminierungen wegen des Geschlechts sind demgegenüber nicht Gegenstand der Richtlinie 2000/78/EG (vgl. deren Art. 1). Deshalb kann allein aus dem Umstand, dass eine (Versorgungs-)Leistung unter das Protokoll zu Art. 157 AEUV fällt, nicht geschlossen werden, dass sie aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG herausfällt (vgl. EuGH, Urteil vom 01.04.2008, a.a.O., RdNrn. 77 ff., in der Rechtssache „Maruko“). Diese Rechtsauffassung teilt auch der Unionsgesetzgeber. Denn er hat bei der auf Art. 141 EGV (Art. 157 AEUV) gestützten Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 05.07.2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (ABl. L 204/23) die „Barber“-Rechtsprechung in das Sekundärrecht übernommen (vgl. Art. 12 der Richtlinie 2006/54/EG; Grabitz/Hilf/Nettesheim, a.a.O., RdNr. 76). In der vorliegend allein maßgeblichen Richtlinie 2000/78/EG, die sich mit anderen Unterscheidungskriterien als dem Geschlecht befasst (vgl. Erwägungsgründe 2 bis 4 und Art. 1 der Richtlinie), ist eine solche Einschränkung hingegen nicht vorgesehen.
38 
Sie wäre daher allenfalls dann in Betracht zu ziehen - und zum Anlass für ein Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof zu nehmen (vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 01.04.2008, a.a.O., RdNrn. 77) -, wenn den Akten etwas dafür zu entnehmen wäre, „dass die Gefahr besteht, dass das finanzielle Gleichgewicht des Systems“ der Versorgung nach dem Beamtenversorgungsgesetz durch das Fehlen einer zeitlichen Beschränkung „rückwirkend erschüttert würde“ (vgl. EuGH, Urteil vom 01.04.2008, a.a.O., RdNrn. 78). Hierfür sind Anhaltspunkte jedoch weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die haushalterischen und finanziellen Auswirkungen einer Streichung der Altersgrenze begrenzt wären. Der von einem Wegfall der Altersgrenze betroffene Personenkreis dürfte „- gerade aufgrund seines frühen Diensteintritts - bei Erreichen der maßgeblichen Regelaltersgrenze ohnehin regelmäßig den Höchstruhegehaltssatz erreicht haben, so dass die Berücksichtigung von vor Vollendung des 17. Lebensjahres liegenden Zeiten regelmäßig keinerlei Erhöhung des Ruhegehaltssatzes zur Folge haben würde. (…) Im Übrigen würden davon nur Einzelfälle des früheren einfachen und mittleren Dienstes erfasst sein, weil nur dort aufgrund der dafür geforderten Vorbildung berücksichtigungsfähige Zeiten vor Vollendung des 17. Lebensjahres überhaupt entstehen können. (…) Angesichts der nunmehr geforderten schulischen Mindestausbildung als vorgeschriebene Vorbildung für die entsprechende Laufbahn dürfte es sich auch nur noch um vereinzelte Fälle aus der Vergangenheit und auch dort nur um Monatszeiträume handeln“ (Weinbrenner/Schmalhofer, in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsrecht, Bd. I, § 10 BeamtVG RdNr. 12). Dass diese Erwägungen zutreffen, bestätigt der Sachverhalt des vorliegenden Falls.
39 
b) § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F. bewirkt eine „unmittelbare Ungleichbehandlung wegen des Alters“ im Sinne der Richtlinie 2000/78/EG.
40 
Nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78/EG liegt eine unmittelbare Diskriminierung vor, wenn eine Person wegen eines der in Art. 1 der Richtlinie genannten Gründe - darunter ihr Alter - in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.
41 
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Denn die fragliche Altersgrenze führt dazu, wie das vom Kläger benannte Beispiel zeigt, dass Personen, die ihre Ausbildung, wenn auch nur teilweise, vor Vollendung des 17. Lebensjahrs absolviert haben, bei der Berechnung ihrer Versorgung weniger günstig behandelt werden, als Personen, die - bei im Übrigen gleicher beruflicher Vita - ihre Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres erworben haben (vgl. EuGH, Urteil vom 18.06.2009 - C-88/08 -, Hütter, Slg. 2009, I-5325, RdNr. 38, zu einer ähnlich gelagerten Altersgrenzenbestimmung des österreichischen Rechts, die der dortige Gesetzgeber als Reaktion auf diese Entscheidung abgeschafft hat - s. zu Letzterem EuGH, Urteil vom 28.01.2015 - C-417/13 -, Starjakob, NZA 2015, 217, RdNr. 11 ff., 25; Urteil vom 11.11.2014 - C-530/13 -, Schmitzer, NVwZ-RR 2015, 180, RdNr. 29 -; s. ferner EuGH, Urteil vom 19.01.2010 - C-555/07 -, Kücükdeveci, Slg. 2010, I-365, RdNrn. 29-31, zu der in § 622 Abs. 2 BGB a.F. enthaltenen, unionsrechtswidrigen Altersgrenze; zum Beamtenversorgungsrecht ebenso VG Bremen, Urteil vom 17.02.2014 - 2 K 1907/10 -, Juris; wohl auch Weinbrenner/Schmalhofer, a.a.O., RdNr. 12; s. weiter §§ 6 ff. BremBeamtVG in der Fassung vom 04.11.2014, Brem. GBl. S. 458, und Brem. Bürgerschaft, Drs. 18/1519, Begr. zu § 6 Abs. 1 des Entwurfs, dazu, dass der bremische Landesgesetzgeber den Ausschluss von Zeiten vor Vollendung des 17. Lebensjahres mit Blick auf die Rechtssache „Kücükdeveci“ als „kritisch“ eingeordnet und die Regelung bei der Neuordnung seines Beamtenversorgungsrechts abgeschafft hat; §§ 21 ff. LBeamtVGBW und LT-Drs. 14/6694, S. 510, dazu, dass der baden-württembergische Landesgesetzgeber die genannte Altersgrenze wegen ähnlicher rechtlicher Bedenken bei der Dienstrechtsreform vom 01.01.2011 nicht in das Landesrecht übernommen hat).
42 
c) Bei der durch § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 2 BeamtVG a.F. bewirkten unmittelbaren Ungleichbehandlung wegen des Alters handelt es sich auch um eine nach Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG untersagte Diskriminierung.
43 
Nach Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG stellt eine Ungleichbehandlung wegen des Alters keine Diskriminierung dar, sofern sie objektiv und angemessen ist und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel, worunter insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung zu verstehen sind, gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind. Der Bundesgesetzgeber verfolgt mit § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F. zwar „rechtmäßige Ziele“ (aa). Er hat dafür aber kein „angemessenes und erforderliches Mittel“ gewählt (bb). Aus dem von der Beklagten zur Rechtfertigung angeführten Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG folgt nichts anderes (cc).
44 
aa) „Rechtmäßig“ im Sinne des Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG sind, wie die in der Richtlinie genannten Beispiele zeigen, sozialpolitische Ziele, die sich insoweit, als sie im Allgemeininteresse stehen, von rein individuellen Beweggründen, die der Situation des Arbeitgebers eigen sind, wie Kostenreduzierung oder Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit, unterscheiden (vgl. EuGH, Urteil vom 05.03.2009 - C-388/07 -, Age Concern England, Slg. 2009 I-1569, RdNr. 46).
45 
Der Gesetzgeber verfolgt sowohl mit § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG selbst (1) als auch mit dem von ihm zur Anwendung gebrachten § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F. (2) in diesem Sinne legitime Ziele.
46 
(1) § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG wurde durch Art. 1 Nr. 34 des Gesetzes zur Änderung des Beamtenversorgungsgesetzes und sonstiger dienst- und versorgungsrechtlicher Vorschriften (BeamtVGÄndG) vom 18.12.1989 (BGBl. I S. 2218) mit Wirkung vom 01.01.1992 eingeführt. Durch dieses Gesetz wurde mit Blick auf die Bevölkerungsentwicklung eine der Rentenstrukturreform 1992 entsprechende Kostensenkung der Versorgungshaushalte bezweckt (vgl. BT-Drs. 11/5372, S. 1, 22 f.). Dazu wurde u.a. die bis dahin geltende degressive Ruhegehaltsskala (vgl. § 14 Abs. 1 BeamtVG a.F.) durch eine linearisierte Ruhegehaltsskala mit einem einheitlichen Steigerungssatz von (damals) 1,875 v.H. abgelöst, bei der der Höchstruhegehaltssatz von (damals) 75 v.H. nach einer ruhegehaltfähigen Dienstzeit von 40 Jahren erreicht wurde (75 : 40 = 1,875, vgl. BT-Drs. 11/5372, S. 24). Ergänzend hierzu sollten mit § 85 BeamtVG für beim Inkrafttreten des BeamtVGÄndG im Dienst stehende Beamte Übergangsregelungen „aus der Sicht des notwendigen Vertrauensschutzes“ geschaffen werden (BT-Drs. 11/5372, S. 27 f.). § 85 BeamtVG dient mithin dem (versorgungsrechtlichen) Bestandsschutz (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.09.2009 - 2 C 63.08 -, BVerwGE 135, 14; ähnlich Stadler, in: Fürst, GKÖD, Bd. I, § 85 BeamtVG RdNr. 5).
47 
Bei diesem Gesetzeszweck handelt es sich um ein rechtmäßiges Ziel im Sinne des Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG. Die Wahrung des Besitzstandes einer Personengruppe ist ebenso wie der Vertrauensschutz als zwingender Grund des „Allgemeininteresses“ anerkannt (vgl. EuGH, Urteil vom 09.09.2015 - C-20/13 -, Unland, ZBR 2015, 414, RdNr. 42; Urteil vom 19.06.2014, a.a.O., RdNr. 63 f., m.w.N.).
48 
(2) Welchem Zweck die innerhalb dieser Bestandsschutzregelungen aufrechterhaltene Altersgrenze aus § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F. dient, hat der Bundesgesetzgeber im Gesetz selbst nicht ausdrücklich klargestellt. Daraus allein folgt allerdings nicht, dass es deshalb an einem „rechtmäßigen Ziel“ fehlt. Eine nationale Regelung, die das angestrebte Ziel nicht genau angibt, ist nicht automatisch von einer Rechtfertigung nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG ausgeschlossen. Fehlt es an einer solchen genauen Angabe, „ist allerdings wichtig, dass andere - aus dem allgemeinen Kontext der betreffenden Maßnahme abgeleitete - Anhaltspunkte die Feststellung des hinter dieser Maßnahme stehenden Ziels ermöglichen, damit dessen Rechtmäßigkeit sowie die Angemessenheit und Erforderlichkeit der zu seiner Erreichung eingesetzten Mittel gerichtlich überprüft werden können“ (EuGH, Urteil vom 21.07.2011 - C-159/10 u.a -, Fuchs und Köhler, Slg. 2011 I-6919, RdNr. 39, m.w.N.; Urteil vom 16.10.2007 - C-411/05 -, Palacios de la Villa, Slg. 2007, I-8531, RdNrn. 56 f.).
49 
Der „allgemeine Kontext“ des § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F., in den diese spezielle Regelung zur Ermittlung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit gestellt ist, ergibt sich aus der allgemeinen Regelung in § 6 BeamtVG. Danach ist ruhegehaltfähig regelmäßig die Dienstzeit, die ein Beamter vom Tag seiner ersten Berufung in das Beamtenverhältnis an im Dienst eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn „im Beamtenverhältnis“ zurückgelegt hat (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG). Der Zweck der Regelung aus § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F., Ausbildungszeiten, die - abweichend von diesem Grundsatz - nicht im Beamtenverhältnis verbracht wurden, bei der Berechnung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit zu berücksichtigen, besteht darin, Beamten, die eine für die Übernahme in das Beamtenverhältnis vorgeschriebene Ausbildung außerhalb des Beamtenverhältnisses durchlaufen haben, annähernd die Versorgung zu ermöglichen, die sie erhalten würden, wenn sie die Ausbildung im Beamtenverhältnis auf Widerruf absolviert hätten (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.05.2013 - 2 B 25.12 -, Buchholz 239.1 § 12 BeamtVG Nr. 21; Urteil vom 26.01.2012, a.a.O.; Urteil vom 24.09.2009, a.a.O., m.w.N.; Weinbrenner/Schmalhofer, a.a.O., § 10 BeamtVG RdNr. 12). Auch eine Ausbildung in einem Beamtenverhältnis auf Widerruf ist allerdings nicht ruhegehaltfähig, wenn sie vor Vollendung des 17. Lebensjahres geleistet wurde (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG). Da die Anrechnungsvorschrift aus § 12 BeamtVG das Ziel verfolgt, Personen mit Ausbildungen außerhalb des Beamtenverhältnisses mit Personen gleichzustellen, die ihre Ausbildung im Beamtenverhältnis verbracht haben, ist dem „allgemeinen Kontext“ des § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG zu entnehmen, dass der Gesetzgeber mit der Altersgrenze aus § 12 BeamtVG denselben Zweck verfolgen wollte, wie denjenigen, den er mit der gleichlautenden Altersgrenze aus § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG verfolgt (vgl. neben § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG und § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG auch § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1, § 10 Satz 1, § 11, § 12 Abs. 2 Satz 1, § 13 Abs. 2 Satz 1 und 3, § 14a Abs. 2 Satz 1, § 55 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b BeamtVG mit jeweils der gleichen Altersgrenze).
50 
Die Entstehungsgeschichte dieser Vorschriften belegt, dass der Gesetzgeber mit der für die Berechnung aller ruhegehaltfähigen Zeiten eingeführten Altersgrenze zwei Ziele verfolgt: Zum einen soll die Höhe der Versorgung an der „typischen“ Dienstzeit eines Beamten ausgerichtet werden; zum anderen sollen dabei Beamte des einfachen und mittleren Dienstes annähernd mit solchen des gehobenen und höheren Dienstes gleich - insbesondere nicht wesentlich besser als diese - behandelt werden.
51 
Die heutigen Bestimmungen aus dem Beamtenversorgungsgesetz des Bundes haben ihre Wurzeln in dem „Gesetz, betreffend die Rechtsverhältnisse der Reichsbeamten“ (RBG) vom 31.03.1873 (RGBl. S. 61). Dieses Gesetz bestimmte, dass grundsätzlich jeder Beamte, „welcher sein Diensteinkommen aus der Reichskasse bezieht, (…) aus der letzteren eine lebenslängliche Pension“ erhält, wenn er „nach einer Dienstzeit von wenigstens zehn Jahren“ in den Ruhestand versetzt wurde (vgl. § 34 RBG). Die Dienstzeit wurde grundsätzlich „vom Tage der ersten eidlichen Verpflichtung für den Reichsdienst an gerechnet“ (vgl. § 45 Abs. 1 RBG). Darüber hinaus mussten (vgl. § 46 RBG) bzw. konnten (vgl. § 52 RBG) bestimmte „außeramtliche“ Zeiten angerechnet werden. In allen Fällen - auch bei den „außeramtlichen“ Beschäftigungen (vgl. Brand, Die Reichsbeamtengesetze, 3. Aufl. 1929, § 48 Anm. 1) - blieb jedoch die Dienstzeit, „welche vor den Beginn des achtzehnten Lebensjahres fällt,“ grundsätzlich „außer Berechnung“ (vgl. § 48 Abs. 1 RBG; Perels/Spilling, Das Reichsbeamtengesetz, 2. Aufl. 1906, § 48 Anm. I; Brand, a.a.O.; Anders, DÖV 1967, S. 837 <838>). Mit dem Deutschen Beamtengesetz (DBG) vom 26.01.1937 (RGBl. I S. 39 <186>) wurde vorgeschrieben, dass ein Bewerber frühestens ab Vollendung des 27. Lebensjahres zum Beamten auf Lebenszeit ernannt werden durfte (vgl. §§ 18 f. DBG). Zugleich wurde bestimmt, dass die ruhegehaltfähige Dienstzeit frühestens von der Vollendung des 27. Lebensjahres an laufen solle (vgl. § 81 Abs. 1 DBG; Brand, Das Deutsche Beamtengesetz, 4. Aufl. 1942, § 81 Anm. 1). Die versorgungsrechtliche Wartezeit von zehn Jahren wurde mit der Begründung abgeschafft, es könne unterstellt werden, dass ein Beamter bis zur Vollendung seines 27. Lebensjahrs zehn Dienstjahre abgeleistet habe (vgl. Anders, a.a.O.). Das Bundesbeamtengesetz vom 14.07.1953 (BGBl. I S. 551) kehrte im Wesentlichen zur alten Rechtslage zurück. Der Gesetzgeber wollte die Wartezeit von zehn Jahren - entgegen daran geäußerter Kritik - bewusst als „Anwartschaftszeit“ beibehalten. Anknüpfend an die Vermutung, diese Anwartschaftszeit sei üblicherweise mit Vollendung des 27. Lebensjahres erfüllt, wurde als „Folgerung für den Beginn der ruhegehaltfähigen Dienstzeit in bezug auf das Lebensalter“ die auf die Vollendung des 17. Lebensjahres bezogenen Altersgrenze eingeführt (Deutscher Bundestag, Nachtrag zu BT-Drs. 1/4246, S. 14, zu § 103 des Entwurfs). „Die Festlegung des Beginns der ruhegehaltfähigen Dienstzeit auf die Vollendung des [17.] Lebensjahres (…) ist die Folge der Rückkehr zur Wartezeit von zehn Jahren für die Anwartschaft auf das Ruhegehalt. (…) Infolge der Anforderungen an die Voraussetzungen für den gehobenen und höheren Dienst ist sie in Wirklichkeit nur für die Beamten des einfachen und mittleren Dienstes von Vorteil“ (Deutscher Bundestag, Nachtrag zu BT-Drs. 1/4246, S. 15, zu § 108 Abs. 1 Nr. 1 des Entwurfs).
52 
Diese Gesetzesbegründung lässt den Schluss zu, dass der Bundesgesetzgeber mit der Kombination aus Wartezeit und Altersgrenze ein „ausgewogenes Verhältnis zwischen Dienstzeit und Versorgung“ (Anders, a.a.O., S. 839) schaffen und dafür mit einer typisierenden Betrachtung an den „üblichen“ Diensteintritt anknüpfen wollte: „Ruhegehaltfähig ist grundsätzlich nur die Dienstzeit, die der Beamte im Beamtenverhältnis verbracht hat; denn es entspricht dem Willen des Gesetzgebers, dass die Versorgung 'erdient' werden soll. Versorgungsgerechtigkeit wird erreicht, indem die Höhe der Versorgungsbezüge soweit wie möglich an der tatsächlich zurückgelegten ruhe-gehaltfähigen Dienstzeit ausgerichtet wird. Darin liegt die innere Rechtfertigung für einen frühzeitigen Beginn der ruhegehaltfähigen Dienstzeit (…), zugleich aber auch die sachliche Begründung dafür, dass Zeiten ausgeschlossen werden, die typischerweise nicht im öffentlichen Dienst verbracht werden, namentlich die Zeiten der regelmäßig vor Vollendung des 17. Lebensjahres absolvierten Schul- und Berufsausbildung“ (Hessischer VGH, Urteil vom 27.01.1994 - 1 UE 816/89 -, ZBR 1994, 189).
53 
Bei dem mit der Altersgrenze verfolgten Ziel, „Versorgungsgerechtigkeit“ dadurch herzustellen, dass er die Höhe der Versorgung an die „typische“ Dienstzeit knüpfte, handelt es sich um ein im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs legitimes Ziel. Der Gerichtshof hat anerkannt, dass die Honorierung der von einem Arbeitnehmer erworbenen Berufserfahrung, die es diesem ermöglicht, seine Arbeit besser zu verrichten, in der Regel ein rechtmäßiges Ziel der Entgeltpolitik darstellt (vgl. EuGH, Urteil vom 19.06.2014, a.a.O., RdNr. 48; Urteil vom 08.09.2011 - C-297/10 -, Hennings und Mai, Slg. 2011, I-7965 RdNr. 72; Urteil vom 18.06.2009, a.a.O., RdNrn. 47, dort auch zu dem gebilligten Ziel der Belohnung einer „Betriebstreue“). Nach diesen Grundsätzen ist auch das Ziel, die Versorgung an der Dienstzeit auszurichten, ein rechtmäßiges im Sinne des Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie (vgl. EuGH, Urteil vom 19.06.2014, a.a.O., RdNr. 50 zum ebenfalls gebilligten „Kriterium des Dienstalters“).
54 
Die Annahme, dass Zeiten vor Vollendung des 17. Lebensjahres typischerweise noch nicht im öffentlichen Dienst, sondern noch in der Schul- oder Berufsausbildung verbracht werden, trifft allerdings in erster Linie auf Beamte des gehobenen und höheren Dienstes zu, nicht aber ohne weiteres auf Beamte des einfachen und mittleren Dienstes (vgl. Strötz, in: Fürst, GKÖD, a.a.O., § 6 BeamtVG RdNr. 53). Die Altersgrenze bezweckt daher (jedenfalls auch), die Beamten der verschiedenen Laufbahngruppen versorgungsrechtlich (zumindest annähernd) gleich zu behandeln (vgl. VG Bremen, Urteil vom 17.02.2014, a.a.O.; in diesem Sinne wohl auch Strötz, a.a.O.). Personen, welche die Bildungsvoraussetzungen für den gehobenen oder höheren Dienst erfüllen (vgl. § 17 Abs. 4 und 5 BBG), sollen nicht gegenüber jenen benachteiligt werden, die „nur“ die Bildungsvoraussetzungen für den einfachen oder mittleren Dienst aufweisen (vgl. § 17 Abs. 2 und 3 BBG). Auch dabei handelt es sich noch um ein im Sinne der Richtlinie 2000/78/EG „rechtmäßiges“ sozialpolitisches Ziel (vgl. EuGH, Urteil vom 18.06.2009, a.a.O., RdNrn. 40, 42, zu einer dem entsprechenden Zielsetzung der österreichischen Regelung in der Rechtssache „Hütter“).
55 
Ob der Gesetzgeber mit der Altersgrenze aus § 12 BeamtVG a.F. neben den beiden bereits genannten Zielen auch den Zweck verfolgt hat, die öffentlichen Ausgaben - hier die Versorgungslasten - zu begrenzen, bedarf keiner Entscheidung. Denn dieser Zweck könnte zur Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung aufgrund des Alters ohnehin nicht angeführt werden (vgl. EuGH, Urteil vom 19.06.2014, a.a.O., RdNr. 77; Urteil vom 21.07.2011, a.a.O., RdNr. 69 ff.; s. auch Urteil vom 23.10.2003, a.a.O., RdNr. 84).
56 
bb) Das Mittel, das der Gesetzgeber zur Erreichung der als rechtmäßig in Betracht kommenden Ziele gewählt hat, ist allerdings nicht „angemessen und erforderlich“ im Sinne des Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG.
57 
Bei der Wahl der Maßnahmen zur Erreichung ihrer Ziele im Bereich der Arbeits- und Sozialpolitik verfügen die Mitgliedstaaten zwar über einen weiten Ermessensspielraum (vgl. EuGH, Urteil vom 19.01.2010, a.a.O., RdNr. 38; Urteil vom 22.11.2005 - C-144/04, Mangold, Slg. 2005, I-9981, RdNr. 63). Die Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erfordert aber, dass die Erfordernisse des Gleichbehandlungsgrundsatzes so weit wie möglich mit denen des angestrebten Zieles in Einklang gebracht werden müssen. Deshalb können solche nationalen Vorschriften nicht nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG gerechtfertigt werden, die das Alter des Betroffenen als einziges Kriterium festlegen, ohne dass nachgewiesen wäre, dass die Festlegung einer Altersgrenze als solche unabhängig von anderen Erwägungen zur Erreichung des Zieles objektiv erforderlich ist, und die deshalb über das hinausgehen, was zur Erreichung des verfolgten Zieles angemessen und erforderlich ist (vgl. EuGH, Urteil vom 22.11.2005, a.a.O., RdNr. 65).
58 
Nach diesen Maßstäben geht die Schaffung einer strikten Altersgrenze über das hinaus, was zur Erreichung des Ziels einer durch Koppelung von Ruhegehalt und Dienstzeit erreichten „Versorgungsgerechtigkeit“ (vgl. in diesem Sinne erneut Hessischer VGH, Urteil vom 27.01.1994, a.a.O.; Anders, a.a.O., S. 839) erforderlich ist. Denn wenn es der Gesetzgeber anstrebt, bei der Höhe der Versorgung die im Dienst oder in gleichgestellten Zeiten erworbene Berufserfahrung oder die „Betriebstreue“ zu honorieren, kann dazu auf die vom Beamten tatsächlich absolvierten Dienst- und Erfahrungszeiten abgestellt werden. Einer auf das Lebensalter bezogenen Grenze bedarf es dazu nicht, zumal das Lebensalter gerade nichts darüber aussagt, in welchem zeitlichen Umfang der Betroffene Berufserfahrung gesammelt oder „Betriebstreue“ gezeigt hat (vgl. EuGH, Urteil vom 19.06.2014, a.a.O., RdNr. 50 f.). Gemessen an diesem Ziel fehlt es einer Altersgrenze auch an der erforderlichen „inneren Kohärenz“ (vgl. EuGH, Urteil vom 18.06.2009, a.a.O., RdNr. 47), da die Altersgrenze die Erreichung des Ziel jedenfalls teilweise sogar konterkarieren kann, indem sie tatsächlich erbrachte Dienstzeiten von einer Berücksichtigung ausschließt (vgl. in diesem Sinne EuGH, Urteil vom 19.01.2010, a.a.O., zu Altersgrenzen für die Bemessung der Länge einer arbeitsrechtlichen Kündigungsfrist; Urteil vom 19.06.2014, a.a.O., RdNr. 50, zur Bemessung der Besoldung nach den früheren altersabhängigen Dienstaltersstufen).
59 
Auch für das weitere Ziel des Gesetzgebers, eine Benachteiligung von Beamten des gehobenen und höheren Dienstes gegenüber Beamten des einfachen und mittleren Dienstes zu vermeiden (vgl. in diesem Sinne erneut VG Bremen, Urteil vom 17.02.2014, a.a.O., und Strötz, a.a.O.), ist die Schaffung einer Altersgrenze nicht „angemessen und erforderlich“ im Sinne der Richtlinie 2000/78/EG. Die Altersgrenze kann - wie der vorliegende Fall zeigt - zu einer Ungleichbehandlung von zwei Personen aus ein und derselben Laufbahngruppe führen, und zwar ausschließlich aufgrund des Kriteriums des Alters, in dem die Berufserfahrung erworben wurde (vgl. EuGH, Urteil vom 18.06.2009, a.a.O., zu dem in der Rechtssache „Hütter“ verfolgten Ziel des Gesetzgebers Personen mit allgemeiner Sekundarschulbildung nicht gegenüber Personen mit beruflicher Bildung zu benachteiligen). Unter solchen Umständen erscheint „ein Kriterium, das unmittelbar auf die Art der absolvierten Ausbildung und nicht auf das Alter der Personen abstellt, aus der Sicht der Richtlinie (…) der Verwirklichung des Ziels (…) besser zu entsprechen“ (vgl. EuGH, Urteil vom 18.06.2009, a.a.O., RdNr. 48). So kann zur Erreichung des Ziels einer versorgungsrechtlichen Gleichbehandlung der Laufbahngruppen etwa eine Regelung in Betracht kommen, nach der bei der Ermittlung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit nach Beendigung der allgemeinen Schulpflicht (vgl. § 73 ff. SchG) oder einer bestimmten Zahl von Schuljahren eine bestimmte Zahl von Ausbildungsmonaten berücksichtigt werden kann, dies unabhängig davon, ob diese Ausbildungsmonate vor oder nach Vollendung des 17. Lebensjahres zurückgelegt wurden (vgl. EuGH, Urteile vom 28.01.2015, a.a.O., RdNr. 11 ff., 25, und vom 11.11.2014, a.a.O., RdNr. 29, dazu, dass der österreichische Gesetzgeber in ähnlicher Weise auf das Urteil „Hütter“ reagiert hat). Das Verwaltungsgericht hat weitere diskriminierungsfreie Regelungsmöglichkeiten aufgezeigt. Eine starre Altersgrenze ist vor diesem Hintergrund zur Erreichung des Ziels einer versorgungsrechtlichen Gleichbehandlung der Laufbahngruppen nicht „objektiv erforderlich“.
60 
Die Anwendung dieser Altersgrenze im Rahmen von § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 BeamtVG a.F. ist auch nicht dadurch gerechtfertigt, dass jene Vorschrift dem Besitzstand und dem Vertrauensschutz der am 31.12.1991 vorhandenen Beamten dient. Solche Ziele können es rechtfertigen, eine Regelung, die zu einer Diskriminierung wegen des Alters führt, für einen Übergangszeitraum beizubehalten, um zu bewirken, dass die von einem altersdiskriminierenden System bisher begünstigten Personen bei der Schaffung eines diskriminierungsfreien Systems - etwa mit Blick auf eine andernfalls drohende Angleichung ihrer Bezüge „nach unten“ - in ihren berechtigten Erwartungen in Bezug auf den Bestand und die künftige Entwicklung ihrer Bezüge geschützt werden (vgl. EuGH, Urteil vom 09.09.2015, a.a.O., RdNrn. 42 ff.; Urteil vom 19.06.2014, a.a.O., RdNrn. 63 ff.). Bestandsschutzziele rechtfertigen aber keine gesetzgeberischen Maßnahmen, mit denen eine Ungleichbehandlung wegen des Alters endgültig festgeschrieben wird (vgl. EuGH, Urteile vom 28.01.2015, a.a.O., RdNr. 39, und vom 11.11.2014, a.a.O., RdNr. 44, in den Rechtssachen „Starjakob“ bzw. „Schmitzer“ jeweils zu Maßnahmen bei Reformen zur Beseitigung eines diskriminierenden Systems). Danach ist auch die in § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG angeordnete Beibehaltung der Altersgrenze zur Erreichung des mit dieser Vorschrift verfolgten Bestandsschutzzieles nicht „geeignet und angemessen“. Der Gesetzgeber hat bei der Schaffung der Übergangsregelungen aus § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG nicht etwa beabsichtigt, die Ungleichbehandlung wegen Alters zu beseitigen und dabei einen bisher begünstigten Personenkreis übergangsweise in seinem Vertrauen zu schützen. Er hat vielmehr das Ziel verfolgt, den tatbestandlich erfassten Beamten aus anderen Gründen einen Bestand (Ruhegehaltssatz) zu erhalten, dabei aber die im bis zum 31.12.1991 geltenden Recht angelegte Ungleichbehandlung wegen Alters innerhalb der Gruppe der bestandsgeschützten Beamten auf Dauer festgeschrieben.
61 
cc) Aus dem von der Beklagten hervorgehobenen Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG ergibt sich ebenfalls keine Rechtfertigung der vorliegenden Ungleichbehandlung wegen des Alters.
62 
Nach dieser Vorschrift können die Mitgliedstaaten ungeachtet des Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie vorsehen, dass bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit die Festsetzung von Altersgrenzen „als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente“ oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen bzw. Kategorien von Beschäftigten und die Verwendung im Rahmen dieser Systeme von Alterskriterien für versicherungsmathematische Berechnungen keine Diskriminierung wegen des Alters darstellt, solange dies nicht zu Diskriminierungen wegen des Geschlechts führt.
63 
Die in § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 BeamtVG a.F. vorgesehene Altersgrenze ist keine „Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente“ im Sinne des Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG. Eine in einem System der betrieblichen Altersvorsorge vorgesehene Altersgrenze stellt jedenfalls dann keine solche „Voraussetzung“ dar, wenn ein Beschäftigter - unabhängig von dieser Grenze - Mitglied des Systems werden kann und - altersunabhängig - nach einer gewissen Dauer der Betriebszugehörigkeit einen Rentenanspruch erwirbt (vgl. EuGH, Urteil vom 26.09.2013 - C-476/11 -, a.a.O., RdNr. 50). So liegt der Fall hier. § 12 BeamtVG enthält keine Höchstaltersgrenze, die verhindert, dass Personen ab einem bestimmten Alter keinen Zugang mehr zu dem System der Beamtenversorgung erlangen können. Vielmehr können Beamte ungeachtet der in jener Vorschrift genannten Altersgrenze nach einer gewissen „Betriebszugehörigkeit“ (vgl. § 4 Abs. 1 BeamtVG) einen Anspruch auf Versorgungsleistungen nach dem Beamtenversorgungsgesetz gegen ihren Dienstherrn erwerben.
64 
Eine „Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente“ stellt die Altersgrenze auch nicht in Zusammenschau mit der Grundnorm des § 6 Abs. 1 BeamtVG dar, die wie die übrigen für die Berechnung der ruhegehaltfähigen Zeiten maßgeblichen Vorschriften ebenfalls auf die Vollendung des 17. Lebensjahres abstellt (vgl. neben § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG und § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG erneut § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1, § 10 Satz 1, § 11, § 12 Abs. 2 Satz 1, § 13 Abs. 2 Satz 1 und 3, § 14a Abs. 2 Satz 1, § 55 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b BeamtVG). Denn ein Beamter kann auch im Anwendungsbereich dieser Vorschriften nach einer gewissen „Betriebszugehörigkeit“ einen Anspruch auf Versorgungsleistungen nach dem Beamtenversorgungsgesetz gegen seinen Dienstherrn erwerben.
65 
Zur Rechtfertigung der durch § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 BeamtVG a.F. bewirkten Ungleichbehandlung wegen des Alters kann Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG auch nicht im Wege einer Analogie oder eines Erst-Recht-Schlusses - etwa mit dem Argument, die Vorschrift müsse erst recht „weniger schwerwiegende“ Ungleichbehandlungen in betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit zulassen - angewandt werden. Da Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG den Mitgliedstaaten gestattet, eine Ausnahme vom Verbot der Diskriminierung aus Gründen des Alters vorzusehen, ist die Vorschrift eng auszulegen und keiner erweiternden Auslegung zugänglich (vgl. EuGH, Urteile vom 26.09.2013 - C-476/11 -, a.a.O., RdNr. 46, und - C-546/11 -, a.a.O., RdNr. 41).
66 
d) Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, die Richtlinie 2000/78/EG sei nicht unmittelbar anwendbar und bedürfe erst einer Umsetzung in nationales Recht. Die Richtlinie ist unmittelbar anwendbar mit der Folge, dass sich der Kläger, der mit Ablauf des 31.10.2010 in den Ruhestand trat und dessen Versorgungsbezüge mit Bescheid vom 15.12.2010 festgesetzt wurden, vor dem nationalen Gericht darauf berufen kann.
67 
Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kann sich der Einzelne in allen Fällen, in denen die Bestimmungen einer Richtlinie inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sind, vor den nationalen Gerichten gegenüber dem Staat auf diese Bestimmungen berufen, wenn dieser die Richtlinie nicht fristgemäß oder nur unzulänglich in das nationale Recht umgesetzt hat. Eine Unionsvorschrift ist unbedingt, wenn sie eine Verpflichtung normiert, die an keine Bedingung geknüpft ist und zu ihrer Durchführung oder Wirksamkeit auch keiner weiteren Maßnahmen der Unionsorgane oder der Mitgliedstaaten bedarf. Sie ist hinreichend genau, um von einem Einzelnen geltend gemacht und vom Gericht angewandt werden zu können, wenn sie in unzweideutigen Worten eine Verpflichtung festlegt (EuGH, Urteil vom 01.07.2010 - C-194/08 -, Gassmayr, Slg. 2010, I-6281, RdNr. 44 f. m.w.N.). Eine Richtlinie ist auch dann unmittelbar anwendbar, wenn Umsetzungsmaßnahmen zwar in Kraft getreten sind, diese aber eine vollständige Anwendung der Richtlinie nicht tatsächlich gewährleisten (EuGH, Urteil vom 11.07.2002 - C-62/00 -, Marks & Spencer, Slg. 2002, I-6325, RdNrn. 23 ff.; BVerwG, Urteil vom 28.10.2010, a.a.O.; Senatsurteile vom 06.11.2012 - 4 S 797/12 -, DÖV 2013, 319, und vom 03.04.2012, a.a.O.).
68 
Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Denn die Richtlinie 2000/78/EG ist im Hinblick auf die Versorgung im System des Beamtenversorgungsgesetzes nach dem oben Gesagten nicht vollständig in deutsches Recht umgesetzt. Auch sind die maßgeblichen Richtlinienvorschriften inhaltlich unbedingt und hinreichend genau (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.10.2010, a.a.O.; Senatsurteile vom 06.11.2012, a.a.O., und vom 03.04.2012, a.a.O.). Auch die Frist für die Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG ist - seit dem 03.12.2003 - abgelaufen (vgl. Art. 18 der Richtlinie und BVerwG, Urteil vom 28.10.2010 - 2 C 52.09 -, NVwZ-RR 2011, 205; BAG, Urteil vom 11.12.2012 - 3 AZR 684/10 -, NZA-RR 2013, 308).
69 
Der Umstand, dass der Kläger eine versorgungsrechtliche Anrechnung von Zeiten begehrt, die vor dem Ablauf der Umsetzungsfrist liegen, steht der unmittelbaren Anwendbarkeit der Richtlinie auf den vorliegenden Fall - auch insoweit (s. dazu bereits oben unter 2.a)bb) - nicht entgegen. Maßgeblich ist, wann es zu dem „diskriminierenden Verhalten“ gekommen ist (vgl. EuGH, Urteil vom 19.01.2010, a.a.O., RdNr. 24). Das war hier mit der nach dem Eintritt in den Ruhestand mit Bescheid vom 15.12.2010 - mithin nach Ablauf der Umsetzungsfrist - erfolgten Festsetzung der Versorgungsbezüge durch die Beklagte der Fall (vgl. in diesem Sinne auch die Entscheidungen in den Rechtssachen „Hütter“ und „Kücükdeveci“, EuGH, Urteil vom 18.06.2009, a.a.O., RdNrn. 12 ff., und Urteil vom 19.01.2010, a.a.O., RdNrn. 12).
70 
e) Die unmittelbare Anwendung der Richtlinie 2000/78/EG hat zur Folge, dass die altersdiskriminierende Regelung von den nationalen Gerichten nicht angewendet werden darf. Dies bedeutet, dass die Altersgrenze aus § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F. nicht anzuwenden ist mit der Folge, dass Personen, die - wie der Kläger - ihre Ausbildungszeit vor Vollendung der 17. Lebensjahres absolviert haben, mit solchen gleich behandelt werden, die diese Zeit nach Vollendung des 17. Lebensjahres durchlaufen haben (aa). Für diese Gleichstellung fehlt es auch nicht an einem „rechtmäßigen Bezugssystem“ (bb).
71 
aa) Steht eine Vorschrift des nationalen Rechts mit Unionsrecht nicht in Einklang, verlangt zunächst die Pflicht zur unionsrechtskonformen Auslegung des nationalen Rechts, dass die nationalen Gerichte unter Berücksichtigung des gesamten innerstaatlichen Rechts und unter Anwendung der dort anerkannten Auslegungsmethoden alles tun, was in ihrer Zuständigkeit liegt, um die volle Wirksamkeit der Richtlinie 2000/78/EG zu gewährleisten und zu einem Ergebnis zu gelangen, das mit dem mit ihr verfolgten Ziel im Einklang steht (vgl. EuGH, Urteil vom 18.06.2014, a.a.O., RdNr. 88 m.w.N.).
72 
Ist eine mit den Anforderungen dieser Richtlinie übereinstimmende Auslegung und Anwendung der nationalen Regelung - wie hier - nicht möglich, muss eine unionsrechtswidrige nationale Regelung, die in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fällt, nach dem Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts, der auch dem Verbot der Diskriminierung wegen des Alters zukommt, unangewendet gelassen werden (vgl. EuGH, Urteil vom 18.06.2014, a.a.O., RdNr. 89; Urteil vom 19.01.2010, a.a.O., RdNr. 54; Urteil vom 22.11.2005, a.a.O., RdNr. 77 m.w.N.; ferner BVerwG, Urteil vom 28.10.2010, a.a.O.; Senatsurteile vom 06.11.2012, a.a.O., und vom 03.04.2012, a.a.O.).
73 
Von diesen Grundsätzen ausgehend ist § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 BeamtVG a.F. als Folge der unmittelbaren Anwendung der Richtlinie 2000/78/EG insoweit unanwendbar, als diese Vorschriften mit Unionsrecht nicht vereinbar sind. Der sich aus dem Wortlaut der Vorschriften ergebende Ausschluss von ruhegehaltfähiger Zeiten kann dem Anspruch des Klägers deshalb nicht entgegengesetzt werden. Vielmehr muss die Vorschrift als Rechtsgrundlage für den Ausspruch der begehrten Verpflichtung so angewandt werden, dass sie nicht zu einer Diskriminierung von Beamten wegen des Alters führt. Das kann nur dadurch geschehen, dass die Altersgrenze unangewendet bleibt und damit Ausbildungszeiten vor dem 17. Lebensjahr (im beantragten Umfang) berücksichtigt werden (ebenso - wie bereits die Vorinstanzen - der österreichische Oberste Gerichtshof, Entscheidung vom 04.08.2009 - OGH 9 Ob A 83/09k -, www.ris.bka.gv.at, zur in der Rechtssache „Hütter“ vom EuGH beanstandeten Altersgrenze; zust. Resch, ZESAR 2012, 257 <258> m.w.N.; ebenso für die in der Rechtssache „Kücükdeveci“ für unionsrechtswidrig befundene Altersgrenze aus § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB a.F. LAG Düsseldorf, Urteil vom 30.04.2010 - 9 Sa 354/09 -, Juris, und Beschluss vom 17.02.2010 - 12 Sa 1311/07 -, NZA-RR 2010, 240; Hessisches LAG, Urteil vom 23.04.2010 - 19 Sa 1309/09 -, Juris; s. dazu EuGH, Urteil vom 19.01.2010, a.a.O., RdNr. 51).
74 
Dass dies über die bloße Nichtanwendung eines Teils des Normtextes hinausgeht und bedeutet, einen vom Normgeber geregelten Anspruch einer von ihm bewusst nicht erfassten Gruppe von Begünstigten zu gewähren, ist nicht zu beanstanden. Denn anders lässt sich im vorliegenden Fall die volle Wirksamkeit der Richtlinie 2000/78/EG nicht herstellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.10.2010, a.a.O., Senatsurteil vom 03.04.2012, a.a.O., und OVG Bremen, Urteil vom 16.05.2013, a.a.O., zur Gleichstellung von Lebenspartnern mit Eheleuten bei der Hinterbliebenenversorgung; Senatsurteil vom 06.11.2012, a.a.O., zur Gleichstellung im Besoldungsrecht).
75 
Ohne Erfolg bleibt der hiergegen erhobene Einwand der Beklagten, es werde die Gewaltenteilung in Frage gestellt, wenn eindeutig formulierte nationale Gesetze „einfach für unanwendbar erklärt“ würden. Der mit diesem Einwand sinngemäß in Bezug genommene versorgungsrechtliche Gesetzesvorbehalt nach § 3 Abs. 1 BeamtVG steht der unmittelbaren Anwendung des Unionsrechts durch die Gerichte nicht entgegen. Denn der Gesetzesvorbehalt aus § 3 Abs. 1 BeamtVG nimmt nicht an den Verfassungsgrundsätzen teil, die den Anwendungsvorrang des Unionsrechts in Frage stellen könnten (vgl. Senatsurteil vom 06.11.2012, a.a.O., m.w.N., zu § 2 Abs. 1 BBesG).
76 
bb) Die Nichtanwendung der Altersgrenze aus § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F. hat zur Folge, dass Personen, die ihre Ausbildungszeit - wie zum Teil der Kläger - vor Vollendung der 17. Lebensjahres absolviert haben, mit solchen, die sie jenseits dieser Altersgrenze durchlaufen haben, gleich behandelt werden. Für diese Gleichbehandlung fehlt es auch nicht an einem rechtmäßigen normativen Bezugssystem.
77 
Die Mitgliedstaaten sind nach Art. 16 der Richtlinie 2000/78/EG verpflichtet, die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die dem Gleichbehandlungsgrundsatz zuwiderlaufen, aufzuheben. Diese Vorschrift schreibt den Mitgliedstaaten zwar keine bestimmte Maßnahme im Fall einer Verletzung des Diskriminierungsverbots vor, sondern belässt ihnen nach Maßgabe der unterschiedlichen denkbaren Sachverhalte die Freiheit der Wahl unter den verschiedenen Lösungen, die zur Verwirklichung des mit ihr verfolgten Ziels geeignet sind. Allerdings kann die Wahrung des Grundsatzes der Gleichbehandlung, wenn eine unionsrechtswidrige Diskriminierung festgestellt worden ist und solange keine Maßnahmen zur Wiederherstellung der Gleichbehandlung erlassen worden sind, nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nur dadurch gewährleistet werden, dass den Angehörigen der benachteiligten Gruppe dieselben Vorteile gewährt werden wie die, die den Angehörigen der privilegierten Gruppe zugutekommen, wobei diese Regelung, solange das Unionsrecht nicht richtig durchgeführt ist, das einzig gültige Bezugssystem bleibt (vgl. EuGH, Urteil vom 22.06.2011 - C-399/09 -, Landtová, Slg. 2011, I-5573, RdNr. 51; Urteil vom 26.01.1999 - C-18/95 -, Terhoeve, Slg. 1999, I-345, RdNr. 57, m.w.N.).
78 
Der Gerichtshof hat zwar klargestellt, dass diese Lösung nur dann zur Anwendung kommt, wenn es ein „gültiges Bezugssystem“ gibt. An einem solchen rechtmäßigen Bezugssystem fehlt es, wenn es im Rahmen der altersdiskriminierenden nationalen Rechtsvorschriften nicht möglich ist, eine Kategorie bevorzugter Beamter zu benennen, weil diese Vorschriften für jeden Beamten gelten und die sich daraus ergebenden diskriminierenden Aspekte potenziell alle Beamten betreffen (vgl. EuGH, Urteil vom 19.06.2014, a.a.O., RdNr. 96, in der Rechtssache „Specht u.a.“, sowie BVerwG, Urteil vom 30.10.2014, a.a.O., RdNrn. 18 ff., jeweils zu §§ 27 und 28 BBesG a.F. ). Das ist im vorliegenden Verfahren und dem hier interessierenden § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F. jedoch nicht der Fall. Denn bei Beamten, die ihre Ausbildung nach dem 17. Lebensjahr begonnen haben, wirkt sich ihr Lebensalter nicht auf die Höhe der Versorgung aus. Hier ist es deshalb - anders als in der Rechtssache „Specht u.a.“ - möglich, eine Kategorie der von der Vorschrift bevorzugten und nicht altersdiskriminierten Beamten zu benennen (vgl. EuGH, Urteil vom 28.01.2015, a.a.O., RdNrn. 43 ff., zu den in der Rechtssache „Starjakob“ ähnlich gelagerten Regelungen des österreichischen Rechts, die bereits Gegenstand der Rechtssache „Hütter“ waren; zust. - auch zum Vorliegen eines „rechtmäßigen Bezugssystems“ - Wachter, ZESAR 2015, 388 <398>).
79 
Das rechtmäßige normative Bezugssystem besteht daher in § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F. in der Anwendung auf Beamte, die ihre Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahr absolviert haben. Zur Herstellung der Gleichbehandlung sind den vom bisherigen Regelungssystem benachteiligten Beamten deshalb hinsichtlich der Berücksichtigung der vor der Vollendung des 17. Lebensjahrs zurückgelegten Vordienstzeiten dieselben Vorteile zu gewähren, wie sie den von diesem System begünstigten Beamten zuteil geworden sind (vgl. EuGH, Urteil vom 28.01.2015, a.a.O., RdNrn. 43 ff.; s. ferner den österreichischen Obersten Gerichtshof, Beschluss vom 20.03.2015 - 9 ObA 1715v -, der einen Anspruch auf Anrechnung der [dort] vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegten Dienstzeiten anerkannt hat; dazu Wachter, a.a.O.). Das bedeutet, dass der Kläger durch Anrechnung der vor Vollendung seines 17. Lebensjahres zurückgelegten Ausbildungszeiten (im beantragten Umfang) gleichzustellen ist.
80 
3. Das der Beklagten nach § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG a.F. bei der Anerkennung von Ausbildungszeiten grundsätzlich zustehende Ermessen („kann“), ist auf Null reduziert.
81 
Handelt es sich - wie hier (s.o. unter 1.) - um vorgeschriebene Ausbildungszeiten, die der Beamte nicht im Beamtenverhältnis absolvieren konnte, reduziert sich das Ermessen der Versorgungsbehörde aufgrund des Zwecks dieser Vorschrift, durch die Anrechnung von Ausbildungszeiten Versorgungslücken zu schließen (vgl. erneut BVerwG, Urteil vom 26.01.2012, a.a.O., und oben unter 2.c)aa). Sie darf die Berücksichtigung der vorgeschriebenen Ausbildungszeiten in einem solchen Fall nur dann ablehnen, wenn der Beamte aufgrund dieser Zeiten andere Versorgungsansprüche erworben hat. Ist das nicht der Fall, ist das Ermessen auf Null reduziert (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.12.2008 - 2 C 9/08 -, Buchholz 239.1 § 12 BeamtVG Nr. 17, m.w.N.). So liegt der Fall auch hier.
82 
Eine andere Beurteilung der Rechtsfolgenseite des § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG a.F. ergibt sich auch nicht daraus, dass der Tatbestand dieser Vorschrift bei der Beachtung der unionsrechtlichen Vorgaben eine Modifizierung erfährt. Die auf die Vollendung des 17. Lebensjahres abstellende Altersgrenze ist aus den oben (unter 2.) genannten Gründen auch im Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG, der die Berücksichtigung von im Beamtenverhältnis zurückgelegten Dienstzeiten zwingend - ohne Ermessen - vorschreibt, unionsrechtswidrig. Deshalb kann die von § 12 BeamtVG bezweckte versorgungsrechtliche Gleichstellung von Zeiten in einem Ausbildungsverhältnis mit Zeiten in einem Beamtenverhältnis (vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 24.09.2009, a.a.O.) nur erreicht werden, wenn die zur Ermessensreduzierung entwickelten Grundsätze auch bei der unionsrechtlich modifizierten Anwendung des § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG a.F. beibehalten werden.
II.
83 
Der sich nach § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG mithin ergebende Ruhegehaltssatz von 73,83 v.H. ist nach § 85 Abs. 4 BeamtVG für Berechnung des Ruhegehalts maßgeblich.
84 
1. Nach § 85 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG ist der sich nach § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG ergebende Ruhegehaltssatz zugrunde zu legen, wenn er höher ist als der Ruhegehaltssatz, der sich nach dem Beamtenversorgungsgesetz geltender Fassung für die gesamte ruhegehaltfähige Dienstzeit ergibt. Das ist hier der Fall. Denn der Ruhegehaltssatz beträgt nach Maßgabe der geltenden Bestimmungen - und bei Berücksichtigung des vom Klageantrag (allein) umfassten weiteren einen Dienstjahres - 73,16 v.H.
85 
Der Ruhegehaltssatz berechnet sich im Fall des mit Ablauf des 31.10.2010 in den Ruhestand versetzten Klägers für die Vergleichsrechnung des § 85 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG gemäß § 69e Abs. 2 Satz 1 BeamtVG nach § 14 Abs. 1 BeamtVG in der bis zum 31.12.2002 geltenden Fassung, da die achte auf den 31.12.2002 folgenden Anpassung nach § 70 BeamtVG erst am 01.01.2011 in Kraft getreten ist (vgl. § 69e Abs. 2 Satz 4 BeamtVG und dazu Zahn/Bauer, in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, a.a.O., § 14 BeamtVG RdNr. 19).
86 
Nach § 14 Abs. 1 BeamtVG in der bis zum 31.12.2002 geltenden Fassung beträgt das Ruhegehalt für jedes Jahr ruhegehaltfähiger Dienstzeit 1,875 v.H. der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge, insgesamt jedoch höchstens 75 v.H., wobei der Ruhegehaltssatz auf zwei Dezimalstellen auszurechnen und die zweite Dezimalstelle um eins zu erhöhen ist, wenn in der dritten Stelle eine der Ziffern fünf bis neun verbleiben würde, und wobei zur Ermittlung der gesamten ruhegehaltfähigen Dienstjahre etwa anfallende Tage unter Benutzung des Nenners dreihundertfünfundsechzig umzurechnen sind.
87 
Ruhegehaltfähig ist unter Zugrundelegung von § 12 BeamtVG n.F. die Zeit vom 01.09.1970 bis 31.10.2010, da die in dieser Vorschrift enthaltene Altersgrenze aus den oben (unter I.) genannten Gründen ebenfalls unionsrechtswidrig und deshalb nicht anzuwenden ist. Da der Kläger mit seinem Klageantrag allerdings über die von der Beklagten hinaus anerkannte Dienstzeit von 38 Jahren und 6 Tagen (vgl. Anlage B zum Bescheid vom 15.12.2010) nur die Anerkennung eines weiteren Jahres geltend gemacht hat, ergibt sich bei einer Dienstzeit von 39 Jahren und 6 Tagen, d.h. 39,02 Jahren (6 : 365 = 0,016… ≈ 0,02 Jahre), ein Ruhegehaltssatz von 73,16 v.H. (39,02 x 1,875 = 73,1625).
88 
2. Nach § 85 Abs. 4 Satz 2 BeamtVG darf der sich nach § 85 Abs. 1 BeamtVG ergebende Ruhegehaltssatz - hier 73,83 v.H. - den Ruhegehaltssatz, der sich nach dem bis zum 31.12.1991 geltenden Recht ergäbe, nicht übersteigen. Auch das ist der Fall. Denn bei Zugrundelegung einer - dem Klageantrag entsprechenden - ruhegehaltfähigen Dienstzeit von 39 Jahren und 6 Tagen, die auf 39 Jahre abzurunden ist (vgl. § 14 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 a.E. BeamtVG a.F.), ergibt sich ein Ruhegehaltssatz von 75 v.H. (35 v.H. für die ersten zehn Jahre zzgl. 30 v.H. für das elfte bis zum 25. Dienstjahr zzgl. 14 v.H. für das 26. bis 39. Dienstjahr = 79 v.H., berücksichtigungsfähig bis zum Höchstsatz vom damals 75 v.H., vgl. § 14 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F.).
III.
89 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
90 
Die Revision ist nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Die Frage, ob die Nichtberücksichtigung von vor dem 17. Lebensjahr vollendeten Ausbildungszeiten bei der beamtenversorgungsrechtlichen Festsetzung von ruhegehaltfähigen Dienstzeiten mit Unionsrecht in Einklang steht, ist bislang höchstrichterlich nicht geklärt.
91 
Beschluss vom 17. Dezember 2015
92 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.722,48 EUR festgesetzt.
93 
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG in Orientierung an Nummer 10.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31.05./01.06.2012 und am 16.07.2013 beschlossenen Änderungen. Dabei legt der Senat die Angaben der Beklagten im Schriftsatz vom 10.06.2014 zugrunde, wonach die Differenz zwischen innegehabtem und erstrebtem Teilstatus 71,77 EUR beträgt. Anzusetzen sind somit als zweifacher Jahresbetrag 1.722,48 EUR.
94 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
14 
Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.
15 
Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte zu Recht verpflichtet, dem Kläger Versorgungsbezüge unter Berücksichtigung eines weiteren Jahres ruhege-haltfähiger Dienstzeit in der Zeit bis zum 31.12.1991 in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Der Kläger hat einen entsprechenden Anspruch (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid der Deutschen Telekom AG vom 15.12.2010 und ihren Widerspruchsbescheid vom 18.01.2012 allerdings in vollem Umfang aufgehoben, obwohl die Bescheide dem Verpflichtungsausspruch nur teilweise entgegenstehen. Daher ist die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der Tenor entsprechend neu gefasst wird.
16 
Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 85 Abs. 1 und 4 BeamtVG in der Fassung der Bekanntmachung vom 24.02.2010 (BGBl. I S. 150), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15.03.2012 (BGBl. I 2011, S. 2842), i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG in der bis zum 31.12.1991 geltenden Fassung vom 12.02.1987 (BGBl. I S. 570 ) und der Richtlinie 2000/78/EG.
17 
Nach § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG bleibt, wenn ein Beamtenverhältnis, aus dem der Beamte in den Ruhestand tritt, bereits am 31.12.1991 bestanden hat, der zu diesem Zeitpunkt erreichte Ruhegehaltssatz gewahrt. Dabei richtet sich die Berechnung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit und des Ruhegehaltssatzes nach dem bis zum 31.12.1991 geltenden Recht (§ 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG). Der sich nach § 85 Abs. 1 BeamtVG ergebende Ruhegehaltssatz wird der Berechnung des Ruhegehalts zugrunde gelegt, wenn er höher ist als der Ruhegehaltssatz, der sich nach dem Beamtenversorgungsgesetz für die gesamte ruhegehaltfähige Dienstzeit ergibt (§ 85 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG). Der sich nach § 85 Abs. 1 BeamtVG ergebende Ruhegehaltssatz darf den Ruhegehaltssatz, der sich nach dem bis zum 31.12.1991 geltenden Recht ergäbe, nicht übersteigen (§ 85 Abs. 4 Satz 2 BeamtVG).
18 
Danach ist das Ruhegehalt des Klägers, der am Stichtag 31.12.1991 Beamter war und seitdem bis zum Eintritt in den Ruhestand ununterbrochen in einem Beamtenverhältnis stand, nach der sog. Mischrechnung (BVerwG, Urteil vom 01.09.2005 - 2 C 28.04 -, Buchholz 239.1 § 12 BeamtVG Nr. 15) des § 85 Abs. 1 BeamtVG zu bestimmen. Denn der sich bei der unionsrechtlich gebotenen Berücksichtigung der vor Vollendung des 17. Lebensjahres absolvierten Ausbildungszeiten im Umfang des vom Klageantrag (allein) umfassten weiteren Jahres ergebende Ruhegehaltssatz (73,83 v.H., dazu I.) ist höher als bei Zugrundelegung des - die genannten Ausbildungszeiten ebenfalls berücksichtigenden - Beamtenversorgungsgesetzes geltender Fassung (73,16 v.H., dazu II.1) und er übersteigt auch nicht den Ruhegehaltssatz, zu dem die alleinige Anwendung des bis zum 31.12.1991 geltenden Rechts führt (75 v.H., dazu II.2.).
I.
19 
Der sich nach § 85 Abs. 1 BeamtVG ergebende Ruhegehaltssatz des Klägers beträgt - bei Berücksichtigung des vom Klageantrag (allein) umfassten einen weiteren Jahres - 73,83 v.H.
20 
Zuzüglich zu dem Ruhegehaltssatz von 18,83 v.H. für Zeit vom 01.01.1992 bis 31.10.2010 (18 Jahre und 304 Tage = 18,83 Jahre, vgl. § 85 Abs. 1 Satz 3 BeamtVG) ist ein Ruhegehaltssatz für die davor liegende Zeit zu berücksichtigen, der nicht, wie im angefochtenen Bescheid geschehen, ausgehend von einer ruhegehaltfähigen Dienstzeit von abgerundet 19 Jahren mit 53 v.H. (vgl. Anlage C des Bescheids vom 15.12.2010), sondern ausgehend von einer Dienstzeit von 20 Jahren mit 55 v.H. anzusetzen ist (35 v.H. für die ersten zehn Jahre zuzüglich 20 v.H. für die folgenden zehn Jahre, vgl. § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F.). Denn der Kläger hat einen Anspruch darauf, dass bei der von § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG angeordneten Anwendung des § 14 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F. nicht nur die von der Beklagten bereits als ruhegehaltfähig anerkannten Zeiten zugrunde gelegt werden, die er bis zum 31.12.1991 im Beamtenverhältnis (01.10.1977 bis 31.12.1991, vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F.) und im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis im Dienst der Beklagten (13.07.1973 bis 30.09.1977, vgl. § 10 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG) sowie nach Vollendung seines 17. Lebensjahres in einem Ausbildungsverhältnis verbracht hat (26.10.1972 bis 12.07.1973, vgl. § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG a.F.). Ruhegehaltfähig ist nach § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG a.F. und der Richtlinie 2000/78/EG vielmehr auch die vor dieser Altersgrenze im Ausbildungsverhältnis geleistete Zeit (01.09.1970 bis 25.10.1973) und damit auch das vom Klageantrag (allein) umfasste eine weitere Jahr vor dem 26.10.1972.
21 
Nach § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG a.F. kann die nach Vollendung des 17. Lebensjahres verbrachte Mindestzeit der außer der allgemeinen Schulbildung vorgeschriebenen Ausbildung (Fachschul-, Hochschul- und praktische Ausbildung, Vorbereitungsdienst, übliche Prüfungszeit), als ruhegehaltfähige Dienstzeit berücksichtigt werden. Die vom Kläger vom 01.09.1970 bis zum 12.07.1973 bei der damaligen Deutschen Bundespost absolvierte Ausbildung zum Fernmeldehandwerker ist eine „vorgeschriebene Ausbildung“ im Sinne dieser Vorschrift und deshalb dem Grunde nach ruhegehaltfähig (1.). Dem zeitlichen Umfang nach ist die Ausbildung nicht nur ruhegehaltfähig, soweit der Kläger sie nach, sondern auch soweit er sie vor Vollendung seines 17. Lebensjahres durchlaufen hat. Die im nationalen Recht enthaltene Beschränkung auf Zeiten ab der Vollendung des 17. Lebensjahres ist unionsrechtswidrig und deshalb nicht anzuwenden (2.). Das der Beklagten bei der Anerkennung von Ausbildungszeiten grundsätzlich eingeräumte Ermessen ist auf Null reduziert (3.).
22 
1. Bei der Ausbildung des Klägers handelt es sich um eine im Sinne des § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG a.F. für die Übernahme in den damaligen mittleren fernmeldetechnischen Dienst „vorgeschriebene“ Ausbildung.
23 
„Vorgeschrieben“ ist eine Ausbildung, wenn sie zur der Zeit ihrer Ableistung aufgrund von Rechts- oder Verwaltungsvorschriften zur Übertragung des ersten statusrechtlichen Amtes erforderlich ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 06.05.2014 - 2 B 91.13 -, Juris, und Urteil vom 26.01.2012 - 2 C 49.10 -, Buchholz 239.1 § 67 BeamtVG Nr. 5, m.w.N.; OVG des Saarlandes, Urteil vom 05.07.2013 - 1 A 292/13 -, NVwZ-RR 2014, 153; jeweils m.w.N.). Das war bei der Ausbildung des Klägers zum Fernmeldehandwerker der Fall. Nach der Verordnung über die Laufbahnen der Bundesbeamten (BLV) vom 27.04.1970 (BGBl. I S. 422), geändert durch die Verordnung vom 14.09.1972 (BGBl. I S. 1765), konnte in den Vorbereitungsdienst für die Laufbahn des allgemeinen mittleren Dienstes eingestellt werden, wer mindestens eine Hauptschule mit Erfolg besucht hatte oder eine entsprechende Schulbildung besaß (§ 17 Abs. 1 BLV). Bewerber für Laufbahnen des technischen Dienstes mussten außerdem die vorgeschriebenen fachlichen Kenntnisse und Fertigkeiten nachweisen, was u.a. durch Zeugnisse über mindestens die Gesellenprüfung in einem der betreffenden Fachrichtung entsprechenden Handwerk (§ 31 HwO) oder eine entsprechende Abschlussprüfung im Sinne des § 34 Abs. 1 BBiG geschehen konnte (§ 17 Abs. 2 BLV). Damit war (auch) die vom Kläger absolvierte technische Ausbildung eine für seine Laufbahn „vorgeschriebene“ Ausbildung im Sinne des § 12 BeamtVG (vgl. OVG des Saarlandes, Urteil vom 05.07.2013, a.a.O.; VG Hannover, Urteil vom 31.05.2013 - 2 A 2922/12 -, Juris; jeweils zur Anerkennungsfähigkeit einer Ausbildung zum Fernmeldehandwerker im Rahmen des § 12 BeamtVG).
24 
2. Die Ausbildung des Klägers ist nicht nur nach der Vollendung seines 17. Lebensjahres (26.10.1972 bis 12.07.1973), sondern auch in dem davor liegenden Zeitraum (01.09.1970 bis 25.10.1972) - und damit auch im Umfang des vom Klagebegehren umfassten weiteren Jahres - berücksichtigungsfähig.
25 
Der Anerkennung eines über den von der Beklagten bereits berücksichtigten Zeitraum (26.10.1972 bis 12.07.1973, d.h. 260 Tage) hinausgehenden weiteren Jahres Ausbildungszeit steht nicht entgegen, dass nach § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG a.F. nur die „Mindestzeit“ einer Ausbildung berücksichtigungsfähig ist. Der Kläger hat die Ausbildungsdauer des Ausbildungsberufs „Fernmeldehandwerker“, die grundsätzlich dreieinhalb Jahre betrug (vgl. die Ausbildungsordnung für Fernmeldelehrlinge der Deutschen Bundespost, ABl. des Bundesministers für Post- und Fernmeldewesen Nr. 106 vom 04.01.1964, i.V.m. §§ 3, 10 Abs. 1 der Verordnung über die Berufsausbildung zum Fernmeldehandwerker vom 09.10.1972, BGBl. I S. 1893), nicht überschritten.
26 
Der Anerkennung eines weiteren Jahres Ausbildungszeit steht auch nicht entgegen, dass § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F. Zeiten vor Vollendung des 17. Lebensjahres von einer Berücksichtigung ausschließt. Diese Regelung ist unionsrechtswidrig, weil sie eine in den Geltungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG fallende (a) Ungleichbehandlung wegen Alters darstellt (b), die nicht gerechtfertigt ist (c). Dieser Verstoß gegen die Richtlinie, auf die sich der Kläger unmittelbar berufen kann (d), hat zur Folge, dass die Altersgrenze nicht angewendet werden darf (e).
27 
a) Die Regelung aus § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F. fällt in den Geltungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG.
28 
Geltung beansprucht die Richtlinie im Rahmen der auf die Gemeinschaft übertragenen Zuständigkeiten für alle Personen in öffentlichen und privaten Bereichen, einschließlich öffentlicher Stellen, (u.a.) in Bezug auf die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich des Arbeitsentgelts (Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2000/78/EG).
29 
aa) Der persönliche Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG ist eröffnet. Ein Ruhestandsbeamter ist bei einem Streit mit seinem Dienstherrn um Leistungen, die in seinem aktiven Beamtenverhältnis wurzeln, eine „Person im öffentlichen Bereich“ im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie (vgl. EuGH, Urteil vom 19.06.2014, a.a.O., RdNr. 36, zu Beamten und Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst).
30 
bb) Auch der sachliche Anwendungsbereich der Richtlinie ist eröffnet.
31 
(1) Bei den zwischen den Beteiligten umstrittenen Versorgungsbezügen handelt es sich um „Arbeitsentgelt“. Unter den Begriff des „Arbeitsentgelts“ im Sinne der Richtlinie 2000/78/EG fällt jede Form des „Entgelts“ im Sinne des Art. 157 Abs. 2 AEUV (vgl. den 13. Erwägungsgrund der Richtlinie und EuGH, Urteil vom 26.09.2013 - C-546/11 -, Dansk Jurist, NVwZ 2013, 1401, RdNr. 25 f.). Unter Entgelt im Sinne dieses Artikels sind die üblichen Grund- oder Mindestlöhne und -gehälter sowie alle sonstigen „Vergütungen“ zu verstehen, die der Arbeitgeber „aufgrund des Dienstverhältnisses“ dem Arbeitnehmer unmittelbar oder mittelbar in bar oder in Sachleistungen zahlt. Zu diesen „Vergütungen“ können auch Leistungen zählen, die erst nach dem Ende der aktiven Arbeits- bzw. Dienstzeit gewährt werden (vgl. EuGH, Urteil vom 06.10.1993 - C-109/91 -, Ten Över, Slg. 1993, I-4879, RdNrn. 7 ff.; Urteil vom 17.05.1990 - C-262/88 -, Barber, NJW 1991, 2204, RdNrn. 21 ff.; BVerwG, Urteil vom 28.10.2010, a.a.O.). Für die Beurteilung der Frage, ob eine Rente oder ein Ruhegehalt von Art. 157 Abs. 2 AEUV erfasst ist, ist entscheidend, ob die Leistung dem Betreffenden „aufgrund seines Dienstverhältnisses“ mit seinem früheren Arbeitgeber gezahlt wird (sog. „Kriterium der Beschäftigung“, vgl. EuGH, Urteil vom 01.04.2008 - C-267/08 -, Maruko, Slg. 2008, I-1757, RdNr. 46; Urteil vom 23.10.2003 - C-4/02 u.a. -, Schönheit und Becker, Slg. I 2003, 12575, RdNr. 56). Dieses Kriterium ist zwar nicht erfüllt bei Ansprüchen aus gesetzlichen Systemen, an deren Finanzierung Arbeitnehmer, Arbeitgeber und gegebenenfalls die öffentliche Hand in einem Maße beteiligt sind, das weniger vom Dienstverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer als von sozialpolitischen Erwägungen abhängt (vgl. EuGH, Urteil vom 15.04.2008 - C-268/06 -, Impact, Slg. 2008. I-2483, RdNr. 131; EuGH, Urteil vom 29.11.2001 - C-366/99 -, Griesmar, Slg. 2001, I-9383, RdNr. 27). Die von einem öffentlichen Dienstherrn oder Arbeitgeber im Rahmen eines gesetzlich geregelten Systems geleistete Versorgung steht aber dann völlig einer Rente gleich, die ein privater Arbeitgeber seinen ehemaligen Arbeitnehmern zahlen würde, wenn sie nur für eine besondere Gruppe von Bediensteten gilt, wenn sie unmittelbar von der abgeleisteten Dienstzeit abhängt und wenn ihre Höhe nach den letzten Bezügen des Bediensteten berechnet wird (vgl. EuGH, Urteil vom 01.04.2008, a.a.O., RdNr. 48; Urteil vom 23.10.2003, a.a.O., RdNr. 57 ff.; Urteil vom 29.11.2001, a.a.O., RdNr. 30 f.).
32 
Diese drei Voraussetzungen sind bei einem Ruhegehalt, das ein Dienstherr nach dem Beamtenversorgungsgesetz zahlt, erfüllt. Denn bei den Beamten handelt es sich um eine „besondere Gruppe von Bediensteten“ (vgl. EuGH, Urteil vom 23.10.2003, a.a.O., RdNr. 60; Urteil vom 29.11.2001, a.a.O., RdNr. 31), das Ruhegehalt hängt von der geleisteten Dienstzeit ab (vgl. § 4 Abs. 1, § 14 Abs. 1 BeamtVG) und seine Höhe wird nach den letzten Besoldungsbezügen berechnet (vgl. § 5 Abs. 1, § 14 Abs. 1 BeamtVG). Eine Ruhegehalt nach dem Beamtenversorgungsgesetz fällt damit in den Anwendungsbereich des Art. 157 Abs. 2 AEUV (vgl. EuGH, Urteil vom 23.10.2003, a.a.O., RdNr. 63; s. ferner zum französischen Beamtenpensionssystem Urteil vom 29.11.2001, a.a.O., RdNr. 30 ff., 35) sowie folglich in denjenigen der Richtlinie 2000/78/EG (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.10.2010, a.a.O., zur Hinterbliebenenversorgung nach §§ 18 ff. BeamtVG; Senatsurteil vom 03.04.2012 - 4 S 1773/09 -, VBlBW 2012, 477, sowie OVG Bremen, Urteil vom 16.05.2013 - 2 A 409/05 -, Juris, jeweils zum Witwengeld nach § 28 BeamtVG).
33 
(2) Kein anderes Ergebnis folgt aus dem von der Beklagten in Bezug genommenen Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2000/78/EG. Nach dieser Vorschrift gilt die Richtlinie nicht für Leistungen jeder Art „seitens der staatlichen Systeme oder der damit gleichgestellten Systeme einschließlich der staatlichen Systeme der sozialen Sicherheit oder des sozialen Schutzes.“ Diese Bereichsausnahme ist in Verbindung mit dem 13. Erwägungsgrund der Richtlinie so auszulegen, dass sich der Geltungsbereich der Richtlinie „weder auf die Sozialversicherungs- und Sozialschutzsysteme erstreckt, deren Leistungen nicht einem Arbeitsentgelt in dem Sinne gleichgestellt werden, der diesem Begriff für die Anwendung von Art. 157 AEUV gegeben wurde, noch auf Vergütungen jeder Art seitens des Staates, die den Zugang zu einer Beschäftigung oder die Aufrechterhaltung eines Beschäftigungsverhältnisses zum Ziel haben“ (vgl. EuGH, Urteil vom 26.09.2013 - C-476/11 -, HK Danmark, EuZW 2013, 951, RdNr. 25; Urteil vom 10.05.2011 - C-147/08 -, Römer, Slg. 2011, I-3591, RdNr. 32 ff. m.w.N.; Urteil vom 01.04.2008, a.a.O., RdNr. 41). Nach diesen Grundsätzen fällt das Ruhegehalt des Klägers nicht unter die Bereichsausnahme des Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2000/78/EG in Verbindung mit dem 13. Erwägungsgrund. Denn es handelt es sich dabei, wie gezeigt, um Entgelt im Sinne des Art. 157 Abs. 2 AEUV und es betrifft weder den Zugang zu einer Beschäftigung noch die Aufrechterhaltung eines Beschäftigungsverhältnisses.
34 
(3) Die Anwendung der Richtlinie 2000/78/EG ist im vorliegenden Fall auch nicht durch das Protokoll zu Art. 157 AEUV ausgeschlossen.
35 
Nach diesem Protokoll (Protokoll Nr. 33 zum AEUV), das im Rang von Primärrecht steht (vgl. Art. 51 EUV), gelten im Sinne des Art. 157 AEUV „Leistungen aufgrund eines betrieblichen Systems der sozialen Sicherheit“ nicht als Entgelt, „sofern und soweit sie auf Beschäftigungszeiten vor dem 17.05.1990 zurückgeführt werden können, außer im Fall von Arbeitnehmern oder deren anspruchsberechtigten Angehörigen, die vor diesem Zeitpunkt eine Klage bei Gericht oder ein gleichwertiges Verfahren nach geltendem einzelstaatlichen Recht anhängig gemacht haben.“ Bei dem Versorgungssystem des Beamtenversorgungsgesetzes handelt es sich zwar - da es, wie gezeigt, kein „gesetzliches System der sozialen Sicherheit“ darstellt - um ein „betriebliches System der sozialen Sicherheit“ (vgl. EuGH, Urteil vom 23.10.2003, a.a.O., RdNr. 65). Auch stützt der Kläger sein Klagebegehren ausschließlich auf Beschäftigungszeiten vor dem 17.05.1990. Daraus folgt jedoch nicht, dass die begehrten Versorgungsleistungen aus dem Begriff des „Arbeitsentgeltes“ im Sinne des Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG fallen.
36 
Das Protokoll zu Art. 157 AEUV ist eine Reaktion des damaligen Gemeinschaftsgesetzgebers auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 17.05.1990 in der Rechtssache „Barber“ (C-262/88, a.a.O.). Der Gerichtshof hatte damals erstmals entschieden, dass auch Renten aus einem betrieblichen System unter den Begriff des „Entgelts“ im Sinne des damaligen Art. 119 EG-Vertrages (später Art. 141 EG, heute Art. 157 AEUV) fallen und deshalb an dem dort normierten Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen zu messen seien. In der mündlichen Verhandlung zu diesem Verfahren hatte das Vereinigte Königreich darauf hingewiesen, dass eine solche Auslegung zu schwerwiegenden finanziellen Folgen führen würde, weil es in Großbritannien zahlreiche solcher Systeme gebe, die von diesem Grundsatz abwichen. Der Europäische Gerichtshof hat dem Rechnung getragen, indem er die zeitlichen Wirkungen seiner Entscheidung beschränkt und für Recht erkannt hat, dass sich grundsätzlich „niemand auf die unmittelbare Wirkung von Art. 119 EG-Vertrag berufen kann, um mit Wirkung von einem vor Erlass des vorliegenden Urteils einen Rentenanspruch geltend zu machen“ (EuGH, Urteil vom 17.05.1990, a.a.O., RdNr. 45; s. auch Urteil vom 06.10.1993, a.a.O., RdNrn. 15 ff.). Um Unklarheiten zu den zeitlichen Wirkungen der Entscheidung „Barber“ zu beseitigen, wurde dem EG-Vertrag in der Schlussakte des Maastrichter Vertrags zur Gründung der Europäischen Union das zitierte Protokoll beigefügt (vgl. Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Art. 157 AEUV RdNr. 158), das die Auslegung des Gerichtshofs auf sämtliche Leistungen aufgrund eines „betrieblichen Systems der sozialen Sicherheit“ erstreckt (vgl. EuGH, Urteil vom 23.10.2003, a.a.O., RdNr. 101).
37 
Das Protokoll befasst sich allerdings - ebenso wie die Entscheidung „Barber“ - nur mit der Auslegung des Art. 157 AEUV und dem dort allein normierten Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Bezug von Entgelt. Diskriminierungen wegen des Geschlechts sind demgegenüber nicht Gegenstand der Richtlinie 2000/78/EG (vgl. deren Art. 1). Deshalb kann allein aus dem Umstand, dass eine (Versorgungs-)Leistung unter das Protokoll zu Art. 157 AEUV fällt, nicht geschlossen werden, dass sie aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG herausfällt (vgl. EuGH, Urteil vom 01.04.2008, a.a.O., RdNrn. 77 ff., in der Rechtssache „Maruko“). Diese Rechtsauffassung teilt auch der Unionsgesetzgeber. Denn er hat bei der auf Art. 141 EGV (Art. 157 AEUV) gestützten Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 05.07.2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (ABl. L 204/23) die „Barber“-Rechtsprechung in das Sekundärrecht übernommen (vgl. Art. 12 der Richtlinie 2006/54/EG; Grabitz/Hilf/Nettesheim, a.a.O., RdNr. 76). In der vorliegend allein maßgeblichen Richtlinie 2000/78/EG, die sich mit anderen Unterscheidungskriterien als dem Geschlecht befasst (vgl. Erwägungsgründe 2 bis 4 und Art. 1 der Richtlinie), ist eine solche Einschränkung hingegen nicht vorgesehen.
38 
Sie wäre daher allenfalls dann in Betracht zu ziehen - und zum Anlass für ein Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof zu nehmen (vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 01.04.2008, a.a.O., RdNrn. 77) -, wenn den Akten etwas dafür zu entnehmen wäre, „dass die Gefahr besteht, dass das finanzielle Gleichgewicht des Systems“ der Versorgung nach dem Beamtenversorgungsgesetz durch das Fehlen einer zeitlichen Beschränkung „rückwirkend erschüttert würde“ (vgl. EuGH, Urteil vom 01.04.2008, a.a.O., RdNrn. 78). Hierfür sind Anhaltspunkte jedoch weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die haushalterischen und finanziellen Auswirkungen einer Streichung der Altersgrenze begrenzt wären. Der von einem Wegfall der Altersgrenze betroffene Personenkreis dürfte „- gerade aufgrund seines frühen Diensteintritts - bei Erreichen der maßgeblichen Regelaltersgrenze ohnehin regelmäßig den Höchstruhegehaltssatz erreicht haben, so dass die Berücksichtigung von vor Vollendung des 17. Lebensjahres liegenden Zeiten regelmäßig keinerlei Erhöhung des Ruhegehaltssatzes zur Folge haben würde. (…) Im Übrigen würden davon nur Einzelfälle des früheren einfachen und mittleren Dienstes erfasst sein, weil nur dort aufgrund der dafür geforderten Vorbildung berücksichtigungsfähige Zeiten vor Vollendung des 17. Lebensjahres überhaupt entstehen können. (…) Angesichts der nunmehr geforderten schulischen Mindestausbildung als vorgeschriebene Vorbildung für die entsprechende Laufbahn dürfte es sich auch nur noch um vereinzelte Fälle aus der Vergangenheit und auch dort nur um Monatszeiträume handeln“ (Weinbrenner/Schmalhofer, in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsrecht, Bd. I, § 10 BeamtVG RdNr. 12). Dass diese Erwägungen zutreffen, bestätigt der Sachverhalt des vorliegenden Falls.
39 
b) § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F. bewirkt eine „unmittelbare Ungleichbehandlung wegen des Alters“ im Sinne der Richtlinie 2000/78/EG.
40 
Nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78/EG liegt eine unmittelbare Diskriminierung vor, wenn eine Person wegen eines der in Art. 1 der Richtlinie genannten Gründe - darunter ihr Alter - in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.
41 
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Denn die fragliche Altersgrenze führt dazu, wie das vom Kläger benannte Beispiel zeigt, dass Personen, die ihre Ausbildung, wenn auch nur teilweise, vor Vollendung des 17. Lebensjahrs absolviert haben, bei der Berechnung ihrer Versorgung weniger günstig behandelt werden, als Personen, die - bei im Übrigen gleicher beruflicher Vita - ihre Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres erworben haben (vgl. EuGH, Urteil vom 18.06.2009 - C-88/08 -, Hütter, Slg. 2009, I-5325, RdNr. 38, zu einer ähnlich gelagerten Altersgrenzenbestimmung des österreichischen Rechts, die der dortige Gesetzgeber als Reaktion auf diese Entscheidung abgeschafft hat - s. zu Letzterem EuGH, Urteil vom 28.01.2015 - C-417/13 -, Starjakob, NZA 2015, 217, RdNr. 11 ff., 25; Urteil vom 11.11.2014 - C-530/13 -, Schmitzer, NVwZ-RR 2015, 180, RdNr. 29 -; s. ferner EuGH, Urteil vom 19.01.2010 - C-555/07 -, Kücükdeveci, Slg. 2010, I-365, RdNrn. 29-31, zu der in § 622 Abs. 2 BGB a.F. enthaltenen, unionsrechtswidrigen Altersgrenze; zum Beamtenversorgungsrecht ebenso VG Bremen, Urteil vom 17.02.2014 - 2 K 1907/10 -, Juris; wohl auch Weinbrenner/Schmalhofer, a.a.O., RdNr. 12; s. weiter §§ 6 ff. BremBeamtVG in der Fassung vom 04.11.2014, Brem. GBl. S. 458, und Brem. Bürgerschaft, Drs. 18/1519, Begr. zu § 6 Abs. 1 des Entwurfs, dazu, dass der bremische Landesgesetzgeber den Ausschluss von Zeiten vor Vollendung des 17. Lebensjahres mit Blick auf die Rechtssache „Kücükdeveci“ als „kritisch“ eingeordnet und die Regelung bei der Neuordnung seines Beamtenversorgungsrechts abgeschafft hat; §§ 21 ff. LBeamtVGBW und LT-Drs. 14/6694, S. 510, dazu, dass der baden-württembergische Landesgesetzgeber die genannte Altersgrenze wegen ähnlicher rechtlicher Bedenken bei der Dienstrechtsreform vom 01.01.2011 nicht in das Landesrecht übernommen hat).
42 
c) Bei der durch § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 2 BeamtVG a.F. bewirkten unmittelbaren Ungleichbehandlung wegen des Alters handelt es sich auch um eine nach Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG untersagte Diskriminierung.
43 
Nach Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG stellt eine Ungleichbehandlung wegen des Alters keine Diskriminierung dar, sofern sie objektiv und angemessen ist und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel, worunter insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung zu verstehen sind, gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind. Der Bundesgesetzgeber verfolgt mit § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F. zwar „rechtmäßige Ziele“ (aa). Er hat dafür aber kein „angemessenes und erforderliches Mittel“ gewählt (bb). Aus dem von der Beklagten zur Rechtfertigung angeführten Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG folgt nichts anderes (cc).
44 
aa) „Rechtmäßig“ im Sinne des Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG sind, wie die in der Richtlinie genannten Beispiele zeigen, sozialpolitische Ziele, die sich insoweit, als sie im Allgemeininteresse stehen, von rein individuellen Beweggründen, die der Situation des Arbeitgebers eigen sind, wie Kostenreduzierung oder Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit, unterscheiden (vgl. EuGH, Urteil vom 05.03.2009 - C-388/07 -, Age Concern England, Slg. 2009 I-1569, RdNr. 46).
45 
Der Gesetzgeber verfolgt sowohl mit § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG selbst (1) als auch mit dem von ihm zur Anwendung gebrachten § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F. (2) in diesem Sinne legitime Ziele.
46 
(1) § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG wurde durch Art. 1 Nr. 34 des Gesetzes zur Änderung des Beamtenversorgungsgesetzes und sonstiger dienst- und versorgungsrechtlicher Vorschriften (BeamtVGÄndG) vom 18.12.1989 (BGBl. I S. 2218) mit Wirkung vom 01.01.1992 eingeführt. Durch dieses Gesetz wurde mit Blick auf die Bevölkerungsentwicklung eine der Rentenstrukturreform 1992 entsprechende Kostensenkung der Versorgungshaushalte bezweckt (vgl. BT-Drs. 11/5372, S. 1, 22 f.). Dazu wurde u.a. die bis dahin geltende degressive Ruhegehaltsskala (vgl. § 14 Abs. 1 BeamtVG a.F.) durch eine linearisierte Ruhegehaltsskala mit einem einheitlichen Steigerungssatz von (damals) 1,875 v.H. abgelöst, bei der der Höchstruhegehaltssatz von (damals) 75 v.H. nach einer ruhegehaltfähigen Dienstzeit von 40 Jahren erreicht wurde (75 : 40 = 1,875, vgl. BT-Drs. 11/5372, S. 24). Ergänzend hierzu sollten mit § 85 BeamtVG für beim Inkrafttreten des BeamtVGÄndG im Dienst stehende Beamte Übergangsregelungen „aus der Sicht des notwendigen Vertrauensschutzes“ geschaffen werden (BT-Drs. 11/5372, S. 27 f.). § 85 BeamtVG dient mithin dem (versorgungsrechtlichen) Bestandsschutz (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.09.2009 - 2 C 63.08 -, BVerwGE 135, 14; ähnlich Stadler, in: Fürst, GKÖD, Bd. I, § 85 BeamtVG RdNr. 5).
47 
Bei diesem Gesetzeszweck handelt es sich um ein rechtmäßiges Ziel im Sinne des Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG. Die Wahrung des Besitzstandes einer Personengruppe ist ebenso wie der Vertrauensschutz als zwingender Grund des „Allgemeininteresses“ anerkannt (vgl. EuGH, Urteil vom 09.09.2015 - C-20/13 -, Unland, ZBR 2015, 414, RdNr. 42; Urteil vom 19.06.2014, a.a.O., RdNr. 63 f., m.w.N.).
48 
(2) Welchem Zweck die innerhalb dieser Bestandsschutzregelungen aufrechterhaltene Altersgrenze aus § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F. dient, hat der Bundesgesetzgeber im Gesetz selbst nicht ausdrücklich klargestellt. Daraus allein folgt allerdings nicht, dass es deshalb an einem „rechtmäßigen Ziel“ fehlt. Eine nationale Regelung, die das angestrebte Ziel nicht genau angibt, ist nicht automatisch von einer Rechtfertigung nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG ausgeschlossen. Fehlt es an einer solchen genauen Angabe, „ist allerdings wichtig, dass andere - aus dem allgemeinen Kontext der betreffenden Maßnahme abgeleitete - Anhaltspunkte die Feststellung des hinter dieser Maßnahme stehenden Ziels ermöglichen, damit dessen Rechtmäßigkeit sowie die Angemessenheit und Erforderlichkeit der zu seiner Erreichung eingesetzten Mittel gerichtlich überprüft werden können“ (EuGH, Urteil vom 21.07.2011 - C-159/10 u.a -, Fuchs und Köhler, Slg. 2011 I-6919, RdNr. 39, m.w.N.; Urteil vom 16.10.2007 - C-411/05 -, Palacios de la Villa, Slg. 2007, I-8531, RdNrn. 56 f.).
49 
Der „allgemeine Kontext“ des § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F., in den diese spezielle Regelung zur Ermittlung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit gestellt ist, ergibt sich aus der allgemeinen Regelung in § 6 BeamtVG. Danach ist ruhegehaltfähig regelmäßig die Dienstzeit, die ein Beamter vom Tag seiner ersten Berufung in das Beamtenverhältnis an im Dienst eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn „im Beamtenverhältnis“ zurückgelegt hat (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG). Der Zweck der Regelung aus § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F., Ausbildungszeiten, die - abweichend von diesem Grundsatz - nicht im Beamtenverhältnis verbracht wurden, bei der Berechnung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit zu berücksichtigen, besteht darin, Beamten, die eine für die Übernahme in das Beamtenverhältnis vorgeschriebene Ausbildung außerhalb des Beamtenverhältnisses durchlaufen haben, annähernd die Versorgung zu ermöglichen, die sie erhalten würden, wenn sie die Ausbildung im Beamtenverhältnis auf Widerruf absolviert hätten (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.05.2013 - 2 B 25.12 -, Buchholz 239.1 § 12 BeamtVG Nr. 21; Urteil vom 26.01.2012, a.a.O.; Urteil vom 24.09.2009, a.a.O., m.w.N.; Weinbrenner/Schmalhofer, a.a.O., § 10 BeamtVG RdNr. 12). Auch eine Ausbildung in einem Beamtenverhältnis auf Widerruf ist allerdings nicht ruhegehaltfähig, wenn sie vor Vollendung des 17. Lebensjahres geleistet wurde (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG). Da die Anrechnungsvorschrift aus § 12 BeamtVG das Ziel verfolgt, Personen mit Ausbildungen außerhalb des Beamtenverhältnisses mit Personen gleichzustellen, die ihre Ausbildung im Beamtenverhältnis verbracht haben, ist dem „allgemeinen Kontext“ des § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG zu entnehmen, dass der Gesetzgeber mit der Altersgrenze aus § 12 BeamtVG denselben Zweck verfolgen wollte, wie denjenigen, den er mit der gleichlautenden Altersgrenze aus § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG verfolgt (vgl. neben § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG und § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG auch § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1, § 10 Satz 1, § 11, § 12 Abs. 2 Satz 1, § 13 Abs. 2 Satz 1 und 3, § 14a Abs. 2 Satz 1, § 55 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b BeamtVG mit jeweils der gleichen Altersgrenze).
50 
Die Entstehungsgeschichte dieser Vorschriften belegt, dass der Gesetzgeber mit der für die Berechnung aller ruhegehaltfähigen Zeiten eingeführten Altersgrenze zwei Ziele verfolgt: Zum einen soll die Höhe der Versorgung an der „typischen“ Dienstzeit eines Beamten ausgerichtet werden; zum anderen sollen dabei Beamte des einfachen und mittleren Dienstes annähernd mit solchen des gehobenen und höheren Dienstes gleich - insbesondere nicht wesentlich besser als diese - behandelt werden.
51 
Die heutigen Bestimmungen aus dem Beamtenversorgungsgesetz des Bundes haben ihre Wurzeln in dem „Gesetz, betreffend die Rechtsverhältnisse der Reichsbeamten“ (RBG) vom 31.03.1873 (RGBl. S. 61). Dieses Gesetz bestimmte, dass grundsätzlich jeder Beamte, „welcher sein Diensteinkommen aus der Reichskasse bezieht, (…) aus der letzteren eine lebenslängliche Pension“ erhält, wenn er „nach einer Dienstzeit von wenigstens zehn Jahren“ in den Ruhestand versetzt wurde (vgl. § 34 RBG). Die Dienstzeit wurde grundsätzlich „vom Tage der ersten eidlichen Verpflichtung für den Reichsdienst an gerechnet“ (vgl. § 45 Abs. 1 RBG). Darüber hinaus mussten (vgl. § 46 RBG) bzw. konnten (vgl. § 52 RBG) bestimmte „außeramtliche“ Zeiten angerechnet werden. In allen Fällen - auch bei den „außeramtlichen“ Beschäftigungen (vgl. Brand, Die Reichsbeamtengesetze, 3. Aufl. 1929, § 48 Anm. 1) - blieb jedoch die Dienstzeit, „welche vor den Beginn des achtzehnten Lebensjahres fällt,“ grundsätzlich „außer Berechnung“ (vgl. § 48 Abs. 1 RBG; Perels/Spilling, Das Reichsbeamtengesetz, 2. Aufl. 1906, § 48 Anm. I; Brand, a.a.O.; Anders, DÖV 1967, S. 837 <838>). Mit dem Deutschen Beamtengesetz (DBG) vom 26.01.1937 (RGBl. I S. 39 <186>) wurde vorgeschrieben, dass ein Bewerber frühestens ab Vollendung des 27. Lebensjahres zum Beamten auf Lebenszeit ernannt werden durfte (vgl. §§ 18 f. DBG). Zugleich wurde bestimmt, dass die ruhegehaltfähige Dienstzeit frühestens von der Vollendung des 27. Lebensjahres an laufen solle (vgl. § 81 Abs. 1 DBG; Brand, Das Deutsche Beamtengesetz, 4. Aufl. 1942, § 81 Anm. 1). Die versorgungsrechtliche Wartezeit von zehn Jahren wurde mit der Begründung abgeschafft, es könne unterstellt werden, dass ein Beamter bis zur Vollendung seines 27. Lebensjahrs zehn Dienstjahre abgeleistet habe (vgl. Anders, a.a.O.). Das Bundesbeamtengesetz vom 14.07.1953 (BGBl. I S. 551) kehrte im Wesentlichen zur alten Rechtslage zurück. Der Gesetzgeber wollte die Wartezeit von zehn Jahren - entgegen daran geäußerter Kritik - bewusst als „Anwartschaftszeit“ beibehalten. Anknüpfend an die Vermutung, diese Anwartschaftszeit sei üblicherweise mit Vollendung des 27. Lebensjahres erfüllt, wurde als „Folgerung für den Beginn der ruhegehaltfähigen Dienstzeit in bezug auf das Lebensalter“ die auf die Vollendung des 17. Lebensjahres bezogenen Altersgrenze eingeführt (Deutscher Bundestag, Nachtrag zu BT-Drs. 1/4246, S. 14, zu § 103 des Entwurfs). „Die Festlegung des Beginns der ruhegehaltfähigen Dienstzeit auf die Vollendung des [17.] Lebensjahres (…) ist die Folge der Rückkehr zur Wartezeit von zehn Jahren für die Anwartschaft auf das Ruhegehalt. (…) Infolge der Anforderungen an die Voraussetzungen für den gehobenen und höheren Dienst ist sie in Wirklichkeit nur für die Beamten des einfachen und mittleren Dienstes von Vorteil“ (Deutscher Bundestag, Nachtrag zu BT-Drs. 1/4246, S. 15, zu § 108 Abs. 1 Nr. 1 des Entwurfs).
52 
Diese Gesetzesbegründung lässt den Schluss zu, dass der Bundesgesetzgeber mit der Kombination aus Wartezeit und Altersgrenze ein „ausgewogenes Verhältnis zwischen Dienstzeit und Versorgung“ (Anders, a.a.O., S. 839) schaffen und dafür mit einer typisierenden Betrachtung an den „üblichen“ Diensteintritt anknüpfen wollte: „Ruhegehaltfähig ist grundsätzlich nur die Dienstzeit, die der Beamte im Beamtenverhältnis verbracht hat; denn es entspricht dem Willen des Gesetzgebers, dass die Versorgung 'erdient' werden soll. Versorgungsgerechtigkeit wird erreicht, indem die Höhe der Versorgungsbezüge soweit wie möglich an der tatsächlich zurückgelegten ruhe-gehaltfähigen Dienstzeit ausgerichtet wird. Darin liegt die innere Rechtfertigung für einen frühzeitigen Beginn der ruhegehaltfähigen Dienstzeit (…), zugleich aber auch die sachliche Begründung dafür, dass Zeiten ausgeschlossen werden, die typischerweise nicht im öffentlichen Dienst verbracht werden, namentlich die Zeiten der regelmäßig vor Vollendung des 17. Lebensjahres absolvierten Schul- und Berufsausbildung“ (Hessischer VGH, Urteil vom 27.01.1994 - 1 UE 816/89 -, ZBR 1994, 189).
53 
Bei dem mit der Altersgrenze verfolgten Ziel, „Versorgungsgerechtigkeit“ dadurch herzustellen, dass er die Höhe der Versorgung an die „typische“ Dienstzeit knüpfte, handelt es sich um ein im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs legitimes Ziel. Der Gerichtshof hat anerkannt, dass die Honorierung der von einem Arbeitnehmer erworbenen Berufserfahrung, die es diesem ermöglicht, seine Arbeit besser zu verrichten, in der Regel ein rechtmäßiges Ziel der Entgeltpolitik darstellt (vgl. EuGH, Urteil vom 19.06.2014, a.a.O., RdNr. 48; Urteil vom 08.09.2011 - C-297/10 -, Hennings und Mai, Slg. 2011, I-7965 RdNr. 72; Urteil vom 18.06.2009, a.a.O., RdNrn. 47, dort auch zu dem gebilligten Ziel der Belohnung einer „Betriebstreue“). Nach diesen Grundsätzen ist auch das Ziel, die Versorgung an der Dienstzeit auszurichten, ein rechtmäßiges im Sinne des Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie (vgl. EuGH, Urteil vom 19.06.2014, a.a.O., RdNr. 50 zum ebenfalls gebilligten „Kriterium des Dienstalters“).
54 
Die Annahme, dass Zeiten vor Vollendung des 17. Lebensjahres typischerweise noch nicht im öffentlichen Dienst, sondern noch in der Schul- oder Berufsausbildung verbracht werden, trifft allerdings in erster Linie auf Beamte des gehobenen und höheren Dienstes zu, nicht aber ohne weiteres auf Beamte des einfachen und mittleren Dienstes (vgl. Strötz, in: Fürst, GKÖD, a.a.O., § 6 BeamtVG RdNr. 53). Die Altersgrenze bezweckt daher (jedenfalls auch), die Beamten der verschiedenen Laufbahngruppen versorgungsrechtlich (zumindest annähernd) gleich zu behandeln (vgl. VG Bremen, Urteil vom 17.02.2014, a.a.O.; in diesem Sinne wohl auch Strötz, a.a.O.). Personen, welche die Bildungsvoraussetzungen für den gehobenen oder höheren Dienst erfüllen (vgl. § 17 Abs. 4 und 5 BBG), sollen nicht gegenüber jenen benachteiligt werden, die „nur“ die Bildungsvoraussetzungen für den einfachen oder mittleren Dienst aufweisen (vgl. § 17 Abs. 2 und 3 BBG). Auch dabei handelt es sich noch um ein im Sinne der Richtlinie 2000/78/EG „rechtmäßiges“ sozialpolitisches Ziel (vgl. EuGH, Urteil vom 18.06.2009, a.a.O., RdNrn. 40, 42, zu einer dem entsprechenden Zielsetzung der österreichischen Regelung in der Rechtssache „Hütter“).
55 
Ob der Gesetzgeber mit der Altersgrenze aus § 12 BeamtVG a.F. neben den beiden bereits genannten Zielen auch den Zweck verfolgt hat, die öffentlichen Ausgaben - hier die Versorgungslasten - zu begrenzen, bedarf keiner Entscheidung. Denn dieser Zweck könnte zur Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung aufgrund des Alters ohnehin nicht angeführt werden (vgl. EuGH, Urteil vom 19.06.2014, a.a.O., RdNr. 77; Urteil vom 21.07.2011, a.a.O., RdNr. 69 ff.; s. auch Urteil vom 23.10.2003, a.a.O., RdNr. 84).
56 
bb) Das Mittel, das der Gesetzgeber zur Erreichung der als rechtmäßig in Betracht kommenden Ziele gewählt hat, ist allerdings nicht „angemessen und erforderlich“ im Sinne des Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG.
57 
Bei der Wahl der Maßnahmen zur Erreichung ihrer Ziele im Bereich der Arbeits- und Sozialpolitik verfügen die Mitgliedstaaten zwar über einen weiten Ermessensspielraum (vgl. EuGH, Urteil vom 19.01.2010, a.a.O., RdNr. 38; Urteil vom 22.11.2005 - C-144/04, Mangold, Slg. 2005, I-9981, RdNr. 63). Die Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erfordert aber, dass die Erfordernisse des Gleichbehandlungsgrundsatzes so weit wie möglich mit denen des angestrebten Zieles in Einklang gebracht werden müssen. Deshalb können solche nationalen Vorschriften nicht nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG gerechtfertigt werden, die das Alter des Betroffenen als einziges Kriterium festlegen, ohne dass nachgewiesen wäre, dass die Festlegung einer Altersgrenze als solche unabhängig von anderen Erwägungen zur Erreichung des Zieles objektiv erforderlich ist, und die deshalb über das hinausgehen, was zur Erreichung des verfolgten Zieles angemessen und erforderlich ist (vgl. EuGH, Urteil vom 22.11.2005, a.a.O., RdNr. 65).
58 
Nach diesen Maßstäben geht die Schaffung einer strikten Altersgrenze über das hinaus, was zur Erreichung des Ziels einer durch Koppelung von Ruhegehalt und Dienstzeit erreichten „Versorgungsgerechtigkeit“ (vgl. in diesem Sinne erneut Hessischer VGH, Urteil vom 27.01.1994, a.a.O.; Anders, a.a.O., S. 839) erforderlich ist. Denn wenn es der Gesetzgeber anstrebt, bei der Höhe der Versorgung die im Dienst oder in gleichgestellten Zeiten erworbene Berufserfahrung oder die „Betriebstreue“ zu honorieren, kann dazu auf die vom Beamten tatsächlich absolvierten Dienst- und Erfahrungszeiten abgestellt werden. Einer auf das Lebensalter bezogenen Grenze bedarf es dazu nicht, zumal das Lebensalter gerade nichts darüber aussagt, in welchem zeitlichen Umfang der Betroffene Berufserfahrung gesammelt oder „Betriebstreue“ gezeigt hat (vgl. EuGH, Urteil vom 19.06.2014, a.a.O., RdNr. 50 f.). Gemessen an diesem Ziel fehlt es einer Altersgrenze auch an der erforderlichen „inneren Kohärenz“ (vgl. EuGH, Urteil vom 18.06.2009, a.a.O., RdNr. 47), da die Altersgrenze die Erreichung des Ziel jedenfalls teilweise sogar konterkarieren kann, indem sie tatsächlich erbrachte Dienstzeiten von einer Berücksichtigung ausschließt (vgl. in diesem Sinne EuGH, Urteil vom 19.01.2010, a.a.O., zu Altersgrenzen für die Bemessung der Länge einer arbeitsrechtlichen Kündigungsfrist; Urteil vom 19.06.2014, a.a.O., RdNr. 50, zur Bemessung der Besoldung nach den früheren altersabhängigen Dienstaltersstufen).
59 
Auch für das weitere Ziel des Gesetzgebers, eine Benachteiligung von Beamten des gehobenen und höheren Dienstes gegenüber Beamten des einfachen und mittleren Dienstes zu vermeiden (vgl. in diesem Sinne erneut VG Bremen, Urteil vom 17.02.2014, a.a.O., und Strötz, a.a.O.), ist die Schaffung einer Altersgrenze nicht „angemessen und erforderlich“ im Sinne der Richtlinie 2000/78/EG. Die Altersgrenze kann - wie der vorliegende Fall zeigt - zu einer Ungleichbehandlung von zwei Personen aus ein und derselben Laufbahngruppe führen, und zwar ausschließlich aufgrund des Kriteriums des Alters, in dem die Berufserfahrung erworben wurde (vgl. EuGH, Urteil vom 18.06.2009, a.a.O., zu dem in der Rechtssache „Hütter“ verfolgten Ziel des Gesetzgebers Personen mit allgemeiner Sekundarschulbildung nicht gegenüber Personen mit beruflicher Bildung zu benachteiligen). Unter solchen Umständen erscheint „ein Kriterium, das unmittelbar auf die Art der absolvierten Ausbildung und nicht auf das Alter der Personen abstellt, aus der Sicht der Richtlinie (…) der Verwirklichung des Ziels (…) besser zu entsprechen“ (vgl. EuGH, Urteil vom 18.06.2009, a.a.O., RdNr. 48). So kann zur Erreichung des Ziels einer versorgungsrechtlichen Gleichbehandlung der Laufbahngruppen etwa eine Regelung in Betracht kommen, nach der bei der Ermittlung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit nach Beendigung der allgemeinen Schulpflicht (vgl. § 73 ff. SchG) oder einer bestimmten Zahl von Schuljahren eine bestimmte Zahl von Ausbildungsmonaten berücksichtigt werden kann, dies unabhängig davon, ob diese Ausbildungsmonate vor oder nach Vollendung des 17. Lebensjahres zurückgelegt wurden (vgl. EuGH, Urteile vom 28.01.2015, a.a.O., RdNr. 11 ff., 25, und vom 11.11.2014, a.a.O., RdNr. 29, dazu, dass der österreichische Gesetzgeber in ähnlicher Weise auf das Urteil „Hütter“ reagiert hat). Das Verwaltungsgericht hat weitere diskriminierungsfreie Regelungsmöglichkeiten aufgezeigt. Eine starre Altersgrenze ist vor diesem Hintergrund zur Erreichung des Ziels einer versorgungsrechtlichen Gleichbehandlung der Laufbahngruppen nicht „objektiv erforderlich“.
60 
Die Anwendung dieser Altersgrenze im Rahmen von § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 BeamtVG a.F. ist auch nicht dadurch gerechtfertigt, dass jene Vorschrift dem Besitzstand und dem Vertrauensschutz der am 31.12.1991 vorhandenen Beamten dient. Solche Ziele können es rechtfertigen, eine Regelung, die zu einer Diskriminierung wegen des Alters führt, für einen Übergangszeitraum beizubehalten, um zu bewirken, dass die von einem altersdiskriminierenden System bisher begünstigten Personen bei der Schaffung eines diskriminierungsfreien Systems - etwa mit Blick auf eine andernfalls drohende Angleichung ihrer Bezüge „nach unten“ - in ihren berechtigten Erwartungen in Bezug auf den Bestand und die künftige Entwicklung ihrer Bezüge geschützt werden (vgl. EuGH, Urteil vom 09.09.2015, a.a.O., RdNrn. 42 ff.; Urteil vom 19.06.2014, a.a.O., RdNrn. 63 ff.). Bestandsschutzziele rechtfertigen aber keine gesetzgeberischen Maßnahmen, mit denen eine Ungleichbehandlung wegen des Alters endgültig festgeschrieben wird (vgl. EuGH, Urteile vom 28.01.2015, a.a.O., RdNr. 39, und vom 11.11.2014, a.a.O., RdNr. 44, in den Rechtssachen „Starjakob“ bzw. „Schmitzer“ jeweils zu Maßnahmen bei Reformen zur Beseitigung eines diskriminierenden Systems). Danach ist auch die in § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG angeordnete Beibehaltung der Altersgrenze zur Erreichung des mit dieser Vorschrift verfolgten Bestandsschutzzieles nicht „geeignet und angemessen“. Der Gesetzgeber hat bei der Schaffung der Übergangsregelungen aus § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG nicht etwa beabsichtigt, die Ungleichbehandlung wegen Alters zu beseitigen und dabei einen bisher begünstigten Personenkreis übergangsweise in seinem Vertrauen zu schützen. Er hat vielmehr das Ziel verfolgt, den tatbestandlich erfassten Beamten aus anderen Gründen einen Bestand (Ruhegehaltssatz) zu erhalten, dabei aber die im bis zum 31.12.1991 geltenden Recht angelegte Ungleichbehandlung wegen Alters innerhalb der Gruppe der bestandsgeschützten Beamten auf Dauer festgeschrieben.
61 
cc) Aus dem von der Beklagten hervorgehobenen Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG ergibt sich ebenfalls keine Rechtfertigung der vorliegenden Ungleichbehandlung wegen des Alters.
62 
Nach dieser Vorschrift können die Mitgliedstaaten ungeachtet des Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie vorsehen, dass bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit die Festsetzung von Altersgrenzen „als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente“ oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen bzw. Kategorien von Beschäftigten und die Verwendung im Rahmen dieser Systeme von Alterskriterien für versicherungsmathematische Berechnungen keine Diskriminierung wegen des Alters darstellt, solange dies nicht zu Diskriminierungen wegen des Geschlechts führt.
63 
Die in § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 BeamtVG a.F. vorgesehene Altersgrenze ist keine „Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente“ im Sinne des Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG. Eine in einem System der betrieblichen Altersvorsorge vorgesehene Altersgrenze stellt jedenfalls dann keine solche „Voraussetzung“ dar, wenn ein Beschäftigter - unabhängig von dieser Grenze - Mitglied des Systems werden kann und - altersunabhängig - nach einer gewissen Dauer der Betriebszugehörigkeit einen Rentenanspruch erwirbt (vgl. EuGH, Urteil vom 26.09.2013 - C-476/11 -, a.a.O., RdNr. 50). So liegt der Fall hier. § 12 BeamtVG enthält keine Höchstaltersgrenze, die verhindert, dass Personen ab einem bestimmten Alter keinen Zugang mehr zu dem System der Beamtenversorgung erlangen können. Vielmehr können Beamte ungeachtet der in jener Vorschrift genannten Altersgrenze nach einer gewissen „Betriebszugehörigkeit“ (vgl. § 4 Abs. 1 BeamtVG) einen Anspruch auf Versorgungsleistungen nach dem Beamtenversorgungsgesetz gegen ihren Dienstherrn erwerben.
64 
Eine „Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente“ stellt die Altersgrenze auch nicht in Zusammenschau mit der Grundnorm des § 6 Abs. 1 BeamtVG dar, die wie die übrigen für die Berechnung der ruhegehaltfähigen Zeiten maßgeblichen Vorschriften ebenfalls auf die Vollendung des 17. Lebensjahres abstellt (vgl. neben § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG und § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG erneut § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1, § 10 Satz 1, § 11, § 12 Abs. 2 Satz 1, § 13 Abs. 2 Satz 1 und 3, § 14a Abs. 2 Satz 1, § 55 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b BeamtVG). Denn ein Beamter kann auch im Anwendungsbereich dieser Vorschriften nach einer gewissen „Betriebszugehörigkeit“ einen Anspruch auf Versorgungsleistungen nach dem Beamtenversorgungsgesetz gegen seinen Dienstherrn erwerben.
65 
Zur Rechtfertigung der durch § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 BeamtVG a.F. bewirkten Ungleichbehandlung wegen des Alters kann Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG auch nicht im Wege einer Analogie oder eines Erst-Recht-Schlusses - etwa mit dem Argument, die Vorschrift müsse erst recht „weniger schwerwiegende“ Ungleichbehandlungen in betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit zulassen - angewandt werden. Da Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG den Mitgliedstaaten gestattet, eine Ausnahme vom Verbot der Diskriminierung aus Gründen des Alters vorzusehen, ist die Vorschrift eng auszulegen und keiner erweiternden Auslegung zugänglich (vgl. EuGH, Urteile vom 26.09.2013 - C-476/11 -, a.a.O., RdNr. 46, und - C-546/11 -, a.a.O., RdNr. 41).
66 
d) Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, die Richtlinie 2000/78/EG sei nicht unmittelbar anwendbar und bedürfe erst einer Umsetzung in nationales Recht. Die Richtlinie ist unmittelbar anwendbar mit der Folge, dass sich der Kläger, der mit Ablauf des 31.10.2010 in den Ruhestand trat und dessen Versorgungsbezüge mit Bescheid vom 15.12.2010 festgesetzt wurden, vor dem nationalen Gericht darauf berufen kann.
67 
Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kann sich der Einzelne in allen Fällen, in denen die Bestimmungen einer Richtlinie inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sind, vor den nationalen Gerichten gegenüber dem Staat auf diese Bestimmungen berufen, wenn dieser die Richtlinie nicht fristgemäß oder nur unzulänglich in das nationale Recht umgesetzt hat. Eine Unionsvorschrift ist unbedingt, wenn sie eine Verpflichtung normiert, die an keine Bedingung geknüpft ist und zu ihrer Durchführung oder Wirksamkeit auch keiner weiteren Maßnahmen der Unionsorgane oder der Mitgliedstaaten bedarf. Sie ist hinreichend genau, um von einem Einzelnen geltend gemacht und vom Gericht angewandt werden zu können, wenn sie in unzweideutigen Worten eine Verpflichtung festlegt (EuGH, Urteil vom 01.07.2010 - C-194/08 -, Gassmayr, Slg. 2010, I-6281, RdNr. 44 f. m.w.N.). Eine Richtlinie ist auch dann unmittelbar anwendbar, wenn Umsetzungsmaßnahmen zwar in Kraft getreten sind, diese aber eine vollständige Anwendung der Richtlinie nicht tatsächlich gewährleisten (EuGH, Urteil vom 11.07.2002 - C-62/00 -, Marks & Spencer, Slg. 2002, I-6325, RdNrn. 23 ff.; BVerwG, Urteil vom 28.10.2010, a.a.O.; Senatsurteile vom 06.11.2012 - 4 S 797/12 -, DÖV 2013, 319, und vom 03.04.2012, a.a.O.).
68 
Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Denn die Richtlinie 2000/78/EG ist im Hinblick auf die Versorgung im System des Beamtenversorgungsgesetzes nach dem oben Gesagten nicht vollständig in deutsches Recht umgesetzt. Auch sind die maßgeblichen Richtlinienvorschriften inhaltlich unbedingt und hinreichend genau (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.10.2010, a.a.O.; Senatsurteile vom 06.11.2012, a.a.O., und vom 03.04.2012, a.a.O.). Auch die Frist für die Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG ist - seit dem 03.12.2003 - abgelaufen (vgl. Art. 18 der Richtlinie und BVerwG, Urteil vom 28.10.2010 - 2 C 52.09 -, NVwZ-RR 2011, 205; BAG, Urteil vom 11.12.2012 - 3 AZR 684/10 -, NZA-RR 2013, 308).
69 
Der Umstand, dass der Kläger eine versorgungsrechtliche Anrechnung von Zeiten begehrt, die vor dem Ablauf der Umsetzungsfrist liegen, steht der unmittelbaren Anwendbarkeit der Richtlinie auf den vorliegenden Fall - auch insoweit (s. dazu bereits oben unter 2.a)bb) - nicht entgegen. Maßgeblich ist, wann es zu dem „diskriminierenden Verhalten“ gekommen ist (vgl. EuGH, Urteil vom 19.01.2010, a.a.O., RdNr. 24). Das war hier mit der nach dem Eintritt in den Ruhestand mit Bescheid vom 15.12.2010 - mithin nach Ablauf der Umsetzungsfrist - erfolgten Festsetzung der Versorgungsbezüge durch die Beklagte der Fall (vgl. in diesem Sinne auch die Entscheidungen in den Rechtssachen „Hütter“ und „Kücükdeveci“, EuGH, Urteil vom 18.06.2009, a.a.O., RdNrn. 12 ff., und Urteil vom 19.01.2010, a.a.O., RdNrn. 12).
70 
e) Die unmittelbare Anwendung der Richtlinie 2000/78/EG hat zur Folge, dass die altersdiskriminierende Regelung von den nationalen Gerichten nicht angewendet werden darf. Dies bedeutet, dass die Altersgrenze aus § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F. nicht anzuwenden ist mit der Folge, dass Personen, die - wie der Kläger - ihre Ausbildungszeit vor Vollendung der 17. Lebensjahres absolviert haben, mit solchen gleich behandelt werden, die diese Zeit nach Vollendung des 17. Lebensjahres durchlaufen haben (aa). Für diese Gleichstellung fehlt es auch nicht an einem „rechtmäßigen Bezugssystem“ (bb).
71 
aa) Steht eine Vorschrift des nationalen Rechts mit Unionsrecht nicht in Einklang, verlangt zunächst die Pflicht zur unionsrechtskonformen Auslegung des nationalen Rechts, dass die nationalen Gerichte unter Berücksichtigung des gesamten innerstaatlichen Rechts und unter Anwendung der dort anerkannten Auslegungsmethoden alles tun, was in ihrer Zuständigkeit liegt, um die volle Wirksamkeit der Richtlinie 2000/78/EG zu gewährleisten und zu einem Ergebnis zu gelangen, das mit dem mit ihr verfolgten Ziel im Einklang steht (vgl. EuGH, Urteil vom 18.06.2014, a.a.O., RdNr. 88 m.w.N.).
72 
Ist eine mit den Anforderungen dieser Richtlinie übereinstimmende Auslegung und Anwendung der nationalen Regelung - wie hier - nicht möglich, muss eine unionsrechtswidrige nationale Regelung, die in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fällt, nach dem Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts, der auch dem Verbot der Diskriminierung wegen des Alters zukommt, unangewendet gelassen werden (vgl. EuGH, Urteil vom 18.06.2014, a.a.O., RdNr. 89; Urteil vom 19.01.2010, a.a.O., RdNr. 54; Urteil vom 22.11.2005, a.a.O., RdNr. 77 m.w.N.; ferner BVerwG, Urteil vom 28.10.2010, a.a.O.; Senatsurteile vom 06.11.2012, a.a.O., und vom 03.04.2012, a.a.O.).
73 
Von diesen Grundsätzen ausgehend ist § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 BeamtVG a.F. als Folge der unmittelbaren Anwendung der Richtlinie 2000/78/EG insoweit unanwendbar, als diese Vorschriften mit Unionsrecht nicht vereinbar sind. Der sich aus dem Wortlaut der Vorschriften ergebende Ausschluss von ruhegehaltfähiger Zeiten kann dem Anspruch des Klägers deshalb nicht entgegengesetzt werden. Vielmehr muss die Vorschrift als Rechtsgrundlage für den Ausspruch der begehrten Verpflichtung so angewandt werden, dass sie nicht zu einer Diskriminierung von Beamten wegen des Alters führt. Das kann nur dadurch geschehen, dass die Altersgrenze unangewendet bleibt und damit Ausbildungszeiten vor dem 17. Lebensjahr (im beantragten Umfang) berücksichtigt werden (ebenso - wie bereits die Vorinstanzen - der österreichische Oberste Gerichtshof, Entscheidung vom 04.08.2009 - OGH 9 Ob A 83/09k -, www.ris.bka.gv.at, zur in der Rechtssache „Hütter“ vom EuGH beanstandeten Altersgrenze; zust. Resch, ZESAR 2012, 257 <258> m.w.N.; ebenso für die in der Rechtssache „Kücükdeveci“ für unionsrechtswidrig befundene Altersgrenze aus § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB a.F. LAG Düsseldorf, Urteil vom 30.04.2010 - 9 Sa 354/09 -, Juris, und Beschluss vom 17.02.2010 - 12 Sa 1311/07 -, NZA-RR 2010, 240; Hessisches LAG, Urteil vom 23.04.2010 - 19 Sa 1309/09 -, Juris; s. dazu EuGH, Urteil vom 19.01.2010, a.a.O., RdNr. 51).
74 
Dass dies über die bloße Nichtanwendung eines Teils des Normtextes hinausgeht und bedeutet, einen vom Normgeber geregelten Anspruch einer von ihm bewusst nicht erfassten Gruppe von Begünstigten zu gewähren, ist nicht zu beanstanden. Denn anders lässt sich im vorliegenden Fall die volle Wirksamkeit der Richtlinie 2000/78/EG nicht herstellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.10.2010, a.a.O., Senatsurteil vom 03.04.2012, a.a.O., und OVG Bremen, Urteil vom 16.05.2013, a.a.O., zur Gleichstellung von Lebenspartnern mit Eheleuten bei der Hinterbliebenenversorgung; Senatsurteil vom 06.11.2012, a.a.O., zur Gleichstellung im Besoldungsrecht).
75 
Ohne Erfolg bleibt der hiergegen erhobene Einwand der Beklagten, es werde die Gewaltenteilung in Frage gestellt, wenn eindeutig formulierte nationale Gesetze „einfach für unanwendbar erklärt“ würden. Der mit diesem Einwand sinngemäß in Bezug genommene versorgungsrechtliche Gesetzesvorbehalt nach § 3 Abs. 1 BeamtVG steht der unmittelbaren Anwendung des Unionsrechts durch die Gerichte nicht entgegen. Denn der Gesetzesvorbehalt aus § 3 Abs. 1 BeamtVG nimmt nicht an den Verfassungsgrundsätzen teil, die den Anwendungsvorrang des Unionsrechts in Frage stellen könnten (vgl. Senatsurteil vom 06.11.2012, a.a.O., m.w.N., zu § 2 Abs. 1 BBesG).
76 
bb) Die Nichtanwendung der Altersgrenze aus § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F. hat zur Folge, dass Personen, die ihre Ausbildungszeit - wie zum Teil der Kläger - vor Vollendung der 17. Lebensjahres absolviert haben, mit solchen, die sie jenseits dieser Altersgrenze durchlaufen haben, gleich behandelt werden. Für diese Gleichbehandlung fehlt es auch nicht an einem rechtmäßigen normativen Bezugssystem.
77 
Die Mitgliedstaaten sind nach Art. 16 der Richtlinie 2000/78/EG verpflichtet, die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die dem Gleichbehandlungsgrundsatz zuwiderlaufen, aufzuheben. Diese Vorschrift schreibt den Mitgliedstaaten zwar keine bestimmte Maßnahme im Fall einer Verletzung des Diskriminierungsverbots vor, sondern belässt ihnen nach Maßgabe der unterschiedlichen denkbaren Sachverhalte die Freiheit der Wahl unter den verschiedenen Lösungen, die zur Verwirklichung des mit ihr verfolgten Ziels geeignet sind. Allerdings kann die Wahrung des Grundsatzes der Gleichbehandlung, wenn eine unionsrechtswidrige Diskriminierung festgestellt worden ist und solange keine Maßnahmen zur Wiederherstellung der Gleichbehandlung erlassen worden sind, nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nur dadurch gewährleistet werden, dass den Angehörigen der benachteiligten Gruppe dieselben Vorteile gewährt werden wie die, die den Angehörigen der privilegierten Gruppe zugutekommen, wobei diese Regelung, solange das Unionsrecht nicht richtig durchgeführt ist, das einzig gültige Bezugssystem bleibt (vgl. EuGH, Urteil vom 22.06.2011 - C-399/09 -, Landtová, Slg. 2011, I-5573, RdNr. 51; Urteil vom 26.01.1999 - C-18/95 -, Terhoeve, Slg. 1999, I-345, RdNr. 57, m.w.N.).
78 
Der Gerichtshof hat zwar klargestellt, dass diese Lösung nur dann zur Anwendung kommt, wenn es ein „gültiges Bezugssystem“ gibt. An einem solchen rechtmäßigen Bezugssystem fehlt es, wenn es im Rahmen der altersdiskriminierenden nationalen Rechtsvorschriften nicht möglich ist, eine Kategorie bevorzugter Beamter zu benennen, weil diese Vorschriften für jeden Beamten gelten und die sich daraus ergebenden diskriminierenden Aspekte potenziell alle Beamten betreffen (vgl. EuGH, Urteil vom 19.06.2014, a.a.O., RdNr. 96, in der Rechtssache „Specht u.a.“, sowie BVerwG, Urteil vom 30.10.2014, a.a.O., RdNrn. 18 ff., jeweils zu §§ 27 und 28 BBesG a.F. ). Das ist im vorliegenden Verfahren und dem hier interessierenden § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F. jedoch nicht der Fall. Denn bei Beamten, die ihre Ausbildung nach dem 17. Lebensjahr begonnen haben, wirkt sich ihr Lebensalter nicht auf die Höhe der Versorgung aus. Hier ist es deshalb - anders als in der Rechtssache „Specht u.a.“ - möglich, eine Kategorie der von der Vorschrift bevorzugten und nicht altersdiskriminierten Beamten zu benennen (vgl. EuGH, Urteil vom 28.01.2015, a.a.O., RdNrn. 43 ff., zu den in der Rechtssache „Starjakob“ ähnlich gelagerten Regelungen des österreichischen Rechts, die bereits Gegenstand der Rechtssache „Hütter“ waren; zust. - auch zum Vorliegen eines „rechtmäßigen Bezugssystems“ - Wachter, ZESAR 2015, 388 <398>).
79 
Das rechtmäßige normative Bezugssystem besteht daher in § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F. in der Anwendung auf Beamte, die ihre Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahr absolviert haben. Zur Herstellung der Gleichbehandlung sind den vom bisherigen Regelungssystem benachteiligten Beamten deshalb hinsichtlich der Berücksichtigung der vor der Vollendung des 17. Lebensjahrs zurückgelegten Vordienstzeiten dieselben Vorteile zu gewähren, wie sie den von diesem System begünstigten Beamten zuteil geworden sind (vgl. EuGH, Urteil vom 28.01.2015, a.a.O., RdNrn. 43 ff.; s. ferner den österreichischen Obersten Gerichtshof, Beschluss vom 20.03.2015 - 9 ObA 1715v -, der einen Anspruch auf Anrechnung der [dort] vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegten Dienstzeiten anerkannt hat; dazu Wachter, a.a.O.). Das bedeutet, dass der Kläger durch Anrechnung der vor Vollendung seines 17. Lebensjahres zurückgelegten Ausbildungszeiten (im beantragten Umfang) gleichzustellen ist.
80 
3. Das der Beklagten nach § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG a.F. bei der Anerkennung von Ausbildungszeiten grundsätzlich zustehende Ermessen („kann“), ist auf Null reduziert.
81 
Handelt es sich - wie hier (s.o. unter 1.) - um vorgeschriebene Ausbildungszeiten, die der Beamte nicht im Beamtenverhältnis absolvieren konnte, reduziert sich das Ermessen der Versorgungsbehörde aufgrund des Zwecks dieser Vorschrift, durch die Anrechnung von Ausbildungszeiten Versorgungslücken zu schließen (vgl. erneut BVerwG, Urteil vom 26.01.2012, a.a.O., und oben unter 2.c)aa). Sie darf die Berücksichtigung der vorgeschriebenen Ausbildungszeiten in einem solchen Fall nur dann ablehnen, wenn der Beamte aufgrund dieser Zeiten andere Versorgungsansprüche erworben hat. Ist das nicht der Fall, ist das Ermessen auf Null reduziert (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.12.2008 - 2 C 9/08 -, Buchholz 239.1 § 12 BeamtVG Nr. 17, m.w.N.). So liegt der Fall auch hier.
82 
Eine andere Beurteilung der Rechtsfolgenseite des § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG a.F. ergibt sich auch nicht daraus, dass der Tatbestand dieser Vorschrift bei der Beachtung der unionsrechtlichen Vorgaben eine Modifizierung erfährt. Die auf die Vollendung des 17. Lebensjahres abstellende Altersgrenze ist aus den oben (unter 2.) genannten Gründen auch im Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG, der die Berücksichtigung von im Beamtenverhältnis zurückgelegten Dienstzeiten zwingend - ohne Ermessen - vorschreibt, unionsrechtswidrig. Deshalb kann die von § 12 BeamtVG bezweckte versorgungsrechtliche Gleichstellung von Zeiten in einem Ausbildungsverhältnis mit Zeiten in einem Beamtenverhältnis (vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 24.09.2009, a.a.O.) nur erreicht werden, wenn die zur Ermessensreduzierung entwickelten Grundsätze auch bei der unionsrechtlich modifizierten Anwendung des § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG a.F. beibehalten werden.
II.
83 
Der sich nach § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG mithin ergebende Ruhegehaltssatz von 73,83 v.H. ist nach § 85 Abs. 4 BeamtVG für Berechnung des Ruhegehalts maßgeblich.
84 
1. Nach § 85 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG ist der sich nach § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG ergebende Ruhegehaltssatz zugrunde zu legen, wenn er höher ist als der Ruhegehaltssatz, der sich nach dem Beamtenversorgungsgesetz geltender Fassung für die gesamte ruhegehaltfähige Dienstzeit ergibt. Das ist hier der Fall. Denn der Ruhegehaltssatz beträgt nach Maßgabe der geltenden Bestimmungen - und bei Berücksichtigung des vom Klageantrag (allein) umfassten weiteren einen Dienstjahres - 73,16 v.H.
85 
Der Ruhegehaltssatz berechnet sich im Fall des mit Ablauf des 31.10.2010 in den Ruhestand versetzten Klägers für die Vergleichsrechnung des § 85 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG gemäß § 69e Abs. 2 Satz 1 BeamtVG nach § 14 Abs. 1 BeamtVG in der bis zum 31.12.2002 geltenden Fassung, da die achte auf den 31.12.2002 folgenden Anpassung nach § 70 BeamtVG erst am 01.01.2011 in Kraft getreten ist (vgl. § 69e Abs. 2 Satz 4 BeamtVG und dazu Zahn/Bauer, in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, a.a.O., § 14 BeamtVG RdNr. 19).
86 
Nach § 14 Abs. 1 BeamtVG in der bis zum 31.12.2002 geltenden Fassung beträgt das Ruhegehalt für jedes Jahr ruhegehaltfähiger Dienstzeit 1,875 v.H. der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge, insgesamt jedoch höchstens 75 v.H., wobei der Ruhegehaltssatz auf zwei Dezimalstellen auszurechnen und die zweite Dezimalstelle um eins zu erhöhen ist, wenn in der dritten Stelle eine der Ziffern fünf bis neun verbleiben würde, und wobei zur Ermittlung der gesamten ruhegehaltfähigen Dienstjahre etwa anfallende Tage unter Benutzung des Nenners dreihundertfünfundsechzig umzurechnen sind.
87 
Ruhegehaltfähig ist unter Zugrundelegung von § 12 BeamtVG n.F. die Zeit vom 01.09.1970 bis 31.10.2010, da die in dieser Vorschrift enthaltene Altersgrenze aus den oben (unter I.) genannten Gründen ebenfalls unionsrechtswidrig und deshalb nicht anzuwenden ist. Da der Kläger mit seinem Klageantrag allerdings über die von der Beklagten hinaus anerkannte Dienstzeit von 38 Jahren und 6 Tagen (vgl. Anlage B zum Bescheid vom 15.12.2010) nur die Anerkennung eines weiteren Jahres geltend gemacht hat, ergibt sich bei einer Dienstzeit von 39 Jahren und 6 Tagen, d.h. 39,02 Jahren (6 : 365 = 0,016… ≈ 0,02 Jahre), ein Ruhegehaltssatz von 73,16 v.H. (39,02 x 1,875 = 73,1625).
88 
2. Nach § 85 Abs. 4 Satz 2 BeamtVG darf der sich nach § 85 Abs. 1 BeamtVG ergebende Ruhegehaltssatz - hier 73,83 v.H. - den Ruhegehaltssatz, der sich nach dem bis zum 31.12.1991 geltenden Recht ergäbe, nicht übersteigen. Auch das ist der Fall. Denn bei Zugrundelegung einer - dem Klageantrag entsprechenden - ruhegehaltfähigen Dienstzeit von 39 Jahren und 6 Tagen, die auf 39 Jahre abzurunden ist (vgl. § 14 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 a.E. BeamtVG a.F.), ergibt sich ein Ruhegehaltssatz von 75 v.H. (35 v.H. für die ersten zehn Jahre zzgl. 30 v.H. für das elfte bis zum 25. Dienstjahr zzgl. 14 v.H. für das 26. bis 39. Dienstjahr = 79 v.H., berücksichtigungsfähig bis zum Höchstsatz vom damals 75 v.H., vgl. § 14 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F.).
III.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
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Die Revision ist nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Die Frage, ob die Nichtberücksichtigung von vor dem 17. Lebensjahr vollendeten Ausbildungszeiten bei der beamtenversorgungsrechtlichen Festsetzung von ruhegehaltfähigen Dienstzeiten mit Unionsrecht in Einklang steht, ist bislang höchstrichterlich nicht geklärt.
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Beschluss vom 17. Dezember 2015
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Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.722,48 EUR festgesetzt.
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Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG in Orientierung an Nummer 10.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31.05./01.06.2012 und am 16.07.2013 beschlossenen Änderungen. Dabei legt der Senat die Angaben der Beklagten im Schriftsatz vom 10.06.2014 zugrunde, wonach die Differenz zwischen innegehabtem und erstrebtem Teilstatus 71,77 EUR beträgt. Anzusetzen sind somit als zweifacher Jahresbetrag 1.722,48 EUR.
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Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.