Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 12. Sept. 2016 - 28 K 5502/16

ECLI:ECLI:DE:VGD:2016:0912.28K5502.16.00
bei uns veröffentlicht am12.09.2016

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Baugesetzbuch - BBauG | § 34 Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile


(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und di

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 114


Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens übersch

Baugesetzbuch - BBauG | § 1 Aufgabe, Begriff und Grundsätze der Bauleitplanung


(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten. (2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und d

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 48 Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes


(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erhebliche

Baugesetzbuch - BBauG | § 31 Ausnahmen und Befreiungen


(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind. (2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüg

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 4 Allgemeine Wohngebiete


(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen. (2) Zulässig sind 1. Wohngebäude,2. die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,3. Anlagen für kirchliche, kulture

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 49 Widerruf eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes


(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste

Baugesetzbuch - BBauG | § 29 Begriff des Vorhabens; Geltung von Rechtsvorschriften


(1) Für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, und für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen, Ablagerungen einschließlich Lagerstätten gelten die §§ 30

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 28 Anhörung Beteiligter


(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. (2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach de

Baugesetzbuch - BBauG | § 233 Allgemeine Überleitungsvorschriften


(1) Verfahren nach diesem Gesetz, die vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung förmlich eingeleitet worden sind, werden nach den bisher geltenden Rechtsvorschriften abgeschlossen, soweit nachfolgend nichts anderes bestimmt ist. Ist mit gesetzlich

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 19. Mai 2016 - 15 CS 16.300

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Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 € festgesetzt.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 12. Dez. 2014 - 9 ZB 11.2567

bei uns veröffentlicht am 12.12.2014

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 45.000,- Euro festgesetzt.

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 13. Mai 2014 - 4 B 38/13

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Gründe 1 Die auf alle Revisionszulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Beschluss, 09. Mai 2014 - 8 B 10/14

bei uns veröffentlicht am 09.05.2014

Tenor 1. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 28.03.2014 gegen den Zurückstellungsbescheid der Antragsgegnerin vom 18.03.2014 wird wiederhergestellt. 2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. 3

Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 15. Apr. 2014 - 5 K 1953/13

bei uns veröffentlicht am 15.04.2014

Tenor Die Klage wird abgewiesen.Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Tatbestand   1 Die Klägerin begehrt die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Baugenehmigung für einen Gewerbebetrieb mit Gastronomie und Geldspielgeräten.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 29. Okt. 2013 - 3 S 2643/11

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Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 16. Juni 2010 - 1 K 2586/08 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.Die Revision wird nicht z

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 22. Juli 2010 - 4 B 22/10

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Gründe 1 Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 05. Apr. 2007 - 8 S 2090/06

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Tenor Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 7. August 2006 - 16 K 2707/05 - geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 15. März 2005 und deren Widerspruchsbescheid vom 13. Juli 2005 werden aufgeh

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(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.

(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,

1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist;
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat;
3.
wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
4.
wenn die Behörde auf Grund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht oder auf Grund des Verwaltungsaktes noch keine Leistungen empfangen hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
5.
um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.
§ 48 Abs. 4 gilt entsprechend.

(3) Ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden,

1.
wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird;
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
§ 48 Abs. 4 gilt entsprechend.

(4) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Behörde keinen anderen Zeitpunkt bestimmt.

(5) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(6) Wird ein begünstigender Verwaltungsakt in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 3 bis 5 widerrufen, so hat die Behörde den Betroffenen auf Antrag für den Vermögensnachteil zu entschädigen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen schutzwürdig ist. § 48 Abs. 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über die Entschädigung ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(1) Verfahren nach diesem Gesetz, die vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung förmlich eingeleitet worden sind, werden nach den bisher geltenden Rechtsvorschriften abgeschlossen, soweit nachfolgend nichts anderes bestimmt ist. Ist mit gesetzlich vorgeschriebenen einzelnen Schritten des Verfahrens noch nicht begonnen worden, können diese auch nach den Vorschriften dieses Gesetzes durchgeführt werden.

(2) Die Vorschriften des Dritten Kapitels Zweiter Teil Vierter Abschnitt zur Planerhaltung sind auch auf Flächennutzungspläne und Satzungen entsprechend anzuwenden, die auf der Grundlage bisheriger Fassungen dieses Gesetzes in Kraft getreten sind. Unbeschadet des Satzes 1 sind auf der Grundlage bisheriger Fassungen dieses Gesetzes unbeachtliche oder durch Fristablauf unbeachtliche Fehler bei der Aufstellung von Flächennutzungsplänen und Satzungen auch weiterhin für die Rechtswirksamkeit dieser Flächennutzungspläne und Satzungen unbeachtlich. Abweichend von Satz 1 sind für vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung in Kraft getretene Flächennutzungspläne und Satzungen die vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung geltenden Vorschriften über die Geltendmachung der Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften, von Mängeln der Abwägung und von sonstigen Vorschriften einschließlich ihrer Fristen weiterhin anzuwenden.

(3) Auf der Grundlage bisheriger Fassungen dieses Gesetzes wirksame oder übergeleitete Pläne, Satzungen und Entscheidungen gelten fort.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.

(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn

1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint;
2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde;
3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll;
4.
die Behörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will;
5.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen.

(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, und für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen, Ablagerungen einschließlich Lagerstätten gelten die §§ 30 bis 37.

(2) Die Vorschriften des Bauordnungsrechts und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Verfahren nach diesem Gesetz, die vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung förmlich eingeleitet worden sind, werden nach den bisher geltenden Rechtsvorschriften abgeschlossen, soweit nachfolgend nichts anderes bestimmt ist. Ist mit gesetzlich vorgeschriebenen einzelnen Schritten des Verfahrens noch nicht begonnen worden, können diese auch nach den Vorschriften dieses Gesetzes durchgeführt werden.

(2) Die Vorschriften des Dritten Kapitels Zweiter Teil Vierter Abschnitt zur Planerhaltung sind auch auf Flächennutzungspläne und Satzungen entsprechend anzuwenden, die auf der Grundlage bisheriger Fassungen dieses Gesetzes in Kraft getreten sind. Unbeschadet des Satzes 1 sind auf der Grundlage bisheriger Fassungen dieses Gesetzes unbeachtliche oder durch Fristablauf unbeachtliche Fehler bei der Aufstellung von Flächennutzungsplänen und Satzungen auch weiterhin für die Rechtswirksamkeit dieser Flächennutzungspläne und Satzungen unbeachtlich. Abweichend von Satz 1 sind für vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung in Kraft getretene Flächennutzungspläne und Satzungen die vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung geltenden Vorschriften über die Geltendmachung der Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften, von Mängeln der Abwägung und von sonstigen Vorschriften einschließlich ihrer Fristen weiterhin anzuwenden.

(3) Auf der Grundlage bisheriger Fassungen dieses Gesetzes wirksame oder übergeleitete Pläne, Satzungen und Entscheidungen gelten fort.

Gründe

1

Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg.

2

1. Die Rechtssache hat nicht die von der Klägerin geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung.

3

1.1 Für rechtsgrundsätzlich bedeutsam hält die Klägerin die Frage, ob der sogenannte Schumacher-Bebauungsplan aus den Jahren 1919/1924 - wie vom Oberverwaltungsgericht angenommen - obsolet ist. Diese Frage sei für eine Vielzahl weiterer am Rande des Grüngürtels gelegener Gebäude von Bedeutung.

4

Damit ist die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht hinreichend dargelegt. Hierfür ist es erforderlich, eine bestimmte, höchstrichterlich noch ungeklärte und für die Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts zu formulieren und anzugeben, worin die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll (Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - NJW 1997, 3328; stRspr). Daran lässt es die Beschwerde fehlen. Ihre Frage ist auf einen bestimmten Plan und die im Plangebiet gegebenen örtlichen Verhältnisse zugeschnitten. Ihrem Vorbringen lässt sich auch nicht sinngemäß entnehmen, welche Rechtsfrage losgelöst von diesen im vorliegenden Einzelfall gegebenen Umständen der revisionsgerichtlichen Klärung bedürfen sollte.

5

1.2 Ohne einen bestimmten Zulassungsgrund zu benennen, macht die Klägerin geltend, dass die Obsoleterklärung des Schumacher-Bebauungsplans Art. 14 GG verletze. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache zeigt sie auch insoweit nicht auf. Welche Rechtsfrage bei der Auslegung des Art. 14 GG zu klären sein sollte, ist ihrem Vorbringen nicht zu entnehmen.

6

2. Die von der Klägerin geltend gemachte Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) liegt nicht vor. Das angefochtene Urteil weicht weder von dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Oktober 2003 - BVerwG 4 B 85.03 - (BRS 66 Nr. 52) noch von dem Urteil vom 18. November 2004 - BVerwG 4 CN 11.03 - (BVerwGE 122, 207) ab.

7

2.1 Im Beschluss vom 9. Oktober 2003 hat der Senat den Rechtssatz aufgestellt, dass eine bauplanerische Festsetzung funktionslos sein kann, wenn und soweit die tatsächlichen Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, ihre Verwirklichung auf unabsehbare Zeit ausschließen und diese Tatsache so offensichtlich ist, dass ein in ihre Fortgeltung gesetztes Vertrauen keinen Schutz verdient. Die Beschwerde macht geltend, das Oberverwaltungsgericht habe sinngemäß den hiervon abweichenden Rechtssatz aufgestellt, dass sich die Erkennbarkeit der Funktionslosigkeit eines übergeleiteten Bebauungsplans aus der Vorkriegszeit ohne weiteres aus der (allgemeinen) Kriegs- und Nachkriegsentwicklung herleiten lässt, so dass es auf eine Prüfung der vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Anforderungen nicht ankommt.

8

Ein solcher Rechtssatz ist dem Urteil nicht zu entnehmen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Voraussetzungen für das Funktionsloswerden eines Bebauungsplans im Rahmen der Prüfung des Bebauungsplans 6546 0/04 zutreffend dargelegt (UA S. 10). Ausgehend hiervon hat es weiter dargelegt, dass auch der Bebauungsplan (Schumacher-Plan) für das Gebiet der Umlegung II aus den Jahren 1919/1924 infolge der Kriegs- und Nachkriegsentwicklung obsolet sei (UA S. 12). Damit hat es nicht den Rechtssatz aufgestellt, dass Bebauungspläne aus der Vorkriegszeit, auch wenn sie nach § 173 Abs. 3 BBauG 1960 übergeleitet wurden (vgl. UA S. 6), von vornherein keine Wirksamkeit mehr entfalten können. Es hat vielmehr ausgehend von den Voraussetzungen für die Funktionslosigkeit eines Bebauungsplans die Entwicklung der tatsächlichen Verhältnisse im Gebiet des Schumacher-Plans gewürdigt.

9

2.2 In dem Urteil vom 18. November 2004 hat der Senat den Rechtssatz aufgestellt, dass bloße Zweifel an der Verwirklichungsfähigkeit eines Plans nicht zu seiner Funktionslosigkeit führen; er tritt nur außer Kraft, wenn offenkundig ist, dass er als Instrument für die Steuerung der städtebaulichen Entwicklung nicht mehr tauglich ist (a.a.O. S. 214). Die Beschwerde macht geltend, das Oberverwaltungsgericht habe hiervon abweichend das Offensichtlichkeitsurteil auf eine bloße Erkennbarkeit reduziert. Es habe bezogen auf den Bebauungsplan 6546 0/04 sinngemäß den Rechtssatz aufgestellt, dass für die Funktionslosigkeit die Erkennbarkeit darüber ausreicht, dass die Motivation der Gemeinde für den Erlass des Bebauungsplans nachträglich entfallen ist.

10

Auch einen solchen Rechtssatz hat das Oberverwaltungsgericht nicht aufgestellt. Zu den Voraussetzungen für das Außerkrafttreten eines Bebauungsplans wegen Funktionslosigkeit hat es ausgeführt: Die Funktionslosigkeit beruhe in tatsächlicher Hinsicht auf einer erkennbar dauerhaften Änderung der faktischen Umstände im Widerspruch zu den Planfestsetzungen; in normativer Hinsicht sei erforderlich, dass die Erkennbarkeit der Abweichung einen Grad erreicht hat, der eine Verwirklichung der Festsetzung realistischer Weise nicht mehr erwarten lässt und deshalb einem in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt; wann von einem solchen Grad der Erkennbarkeit die Rede sein könne, lasse sich nicht abstrakt bestimmen, sondern bedürfe einer wertenden Entscheidung unter Berücksichtigung u.a. der Art der Festsetzung, des Maßes der Abweichung und der Irreversibilität der entstandenen tatsächlichen Verhältnisse (UA S. 10). Mit diesen Ausführungen hat es die Anforderungen an die Offensichtlichkeit der nachträglichen Veränderungen nicht reduziert, sondern sie lediglich im Anschluss an die Rechtsprechung des Senats umschrieben. Der Senat selbst hat bei der Prüfung der Offenkundigkeit auf die Erkennbarkeit abgestellt und ausgeführt, dass die zur Funktionslosigkeit führende Abweichung zwischen der planerischen Festsetzung und der tatsächlichen Situation in ihrer Erkennbarkeit einen Grad erreicht haben muss, der einem etwa dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt (Urteil vom 29. April 1977 - BVerwG 4 C 39.75 - BVerwGE 54, 5 <11>).

11

Das Oberverwaltungsgericht hat die Ausweisung von Verkehrsflächen in dem Bebauungsplan aus dem Jahr 1969 als funktionslos angesehen, weil der geplante Ausbau der Stadtautobahn seither nicht verwirklicht und nicht Bestandteil des Generalverkehrsplans geworden sei (UA S. 10 f.). Außerdem habe das Bundesverwaltungsgericht einem Straßenbauvorhaben die Planrechtfertigung abgesprochen, wenn die Verwirklichung innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren ausgeschlossen erscheine. Für Bebauungspläne, die die Planfeststellung ersetzen, könne nicht entscheidend anderes gelten (UA S. 11). Auch mit diesen Erwägungen ist das Oberverwaltungsgericht nicht von der dargelegten Rechtsprechung zum Außerkrafttreten eines Bebauungsplans wegen Funktionslosigkeit abgewichen. Nach der Rechtsprechung des Senats ist ein planfeststellungsersetzender Bebauungsplan, der die Trasse einer Landesstraße festsetzt, grundsätzlich nicht erforderlich im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB, wenn die Verwirklichung des Vorhabens innerhalb eines Zeitraums von etwa zehn Jahren nach In-Kraft-Treten des Plans ausgeschlossen erscheint (Urteil vom 18. März 2004 - BVerwG 4 CN 4.03 - BVerwGE 120, 239). Nicht nur planwidrige Grundstücksnutzungen, sondern auch andere Umstände wie das Fehlen der benötigten Finanzmittel (Urteil vom 18. März 2004 a.a.O. S. 241) können hiernach ein tatsächliches Hindernis sein, das der Verwirklichung der Planung auf unabsehbare Zeit entgegensteht und deshalb unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit ausschließt, dass der Plan wirksam wird. Liegen solche Hindernisse im Zeitpunkt der Planung noch nicht vor, treten sie aber später ein, so liegt der Schluss nahe, die Funktionslosigkeit nach denselben Maßstäben zu beurteilen; die Wertungsparallelität erlaubt die allgemeine Folgerung, dass ein Bebauungsplan funktionslos werden kann, wenn sich die Sach- oder Rechtslage nachträglich so verändert hat, dass ein Planvollzug auf unüberschaubare Zeit ausgeschlossen erscheint (Urteil vom 18. November 2004 - BVerwG 4 CN 11.03 - BVerwGE 122, 207 <214>). Ausgehend hiervon kann ein Bebauungsplan, der Verkehrsflächen für den Bau einer Straße festsetzt, auch deshalb funktionslos werden, weil die Gemeinde den Bau der Straße - wie das Oberverwaltungsgericht hier bei dem mehr als 40 Jahre alten Plan angenommen hat - endgültig aufgegeben hat und dies offenkundig ist.

12

3. Die Verfahrensrügen greifen nicht durch.

13

3.1 In Bezug auf die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, der Schumacher-Bebauungsplan sei obsolet, erhebt die Klägerin drei Verfahrensrügen:

14

3.1.1 Die genannte Annahme stelle eine Überraschungsentscheidung dar und verletze daher ihren Anspruch auf rechtliches Gehör.

15

Ein gerichtliches Urteil stellt nur dann ein unzulässiges Überraschungsurteil dar, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit welcher insbesondere der unterlegene Beteiligte nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchte (Beschluss vom 14. April 2010 - BVerwG 4 B 78.09 - DVBl 2010, 839 Rn. 9). Hier musste die Klägerin auch ohne einen gerichtlichen Hinweis damit rechnen, dass das Oberverwaltungsgericht ihrem erstmals im Berufungsverfahren gebrachten Vortrag zum Fortwirken des Bebauungsplans aus den Jahren 1919/1924 nicht folgen würde.

16

3.1.2 Die Begründung, dass der Plan "infolge der Kriegs- und Nachkriegsentwicklung" obsolet sei, sei so floskelhaft und inhaltsleer, dass das Urteil in diesem Punkt nicht mit Gründen versehen sei (§ 138 Nr. 6 VwGO).

17

Nicht mit Gründen versehen im Sinne des § 138 Nr. 6 VwGO ist eine Entscheidung nur, wenn die Entscheidungsgründe ihre Funktion, die Beteiligten über die dem Urteil zugrundeliegenden tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen zu unterrichten und dem Rechtsmittelgericht die Nachprüfung der Entscheidung auf ihre inhaltliche Richtigkeit in prozessrechtlicher und materiellrechtlicher Hinsicht zu ermöglichen, nicht mehr erfüllen (Beschluss vom 3. Dezember 2008 - BVerwG 4 BN 25.08 - BRS 73 Nr. 41 Rn. 9). Die Vorschrift greift nicht schon dann, wenn die Entscheidungsgründe lediglich unklar, unvollständig, oberflächlich oder unrichtig sind (Beschluss vom 5. Juni 1998 - BVerwG 9 B 412.98 - NJW 1998, 3290). Gemessen hieran liegt ein Verfahrensmangel nicht vor. Das Oberverwaltungsgericht ist auf das Vorbringen der Klägerin eingegangen; es hat den aus seiner Sicht entscheidenden Gesichtspunkt für das Obsoletwerden des Plans benannt.

18

3.1.3 Vorsorglich rügt die Klägerin schließlich eine Verletzung der Aufklärungspflicht. Die Frage nach der ersatzweise geltenden planungsrechtlichen Grundlage für das bereits vor dem 2. Weltkrieg in der Kölner Innenstadt errichtete Gebäude habe sich aufgedrängt.

19

Damit ist eine Verletzung der Aufklärungspflicht nicht schlüssig dargelegt. Die Klägerin legt nicht - wie dies erforderlich wäre (Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - NJW 1997, 3328) - dar, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären, welche tatsächlichen Feststellungen voraussichtlich getroffen worden wären und warum sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne einen entsprechenden Beweisantrag hätten aufdrängen müssen.

20

3.2 Darüber hinaus rügt die Klägerin eine Verletzung rechtlichen Gehörs, und zwar unter acht Gesichtspunkten:

21

3.2.1 Das Oberverwaltungsgericht habe über die zwischen den Parteien streitige Rechtsfrage, wie weit der Bestandsschutz für die beiden vor der Giebelwand stehenden Eurotafeln reiche, nicht entschieden.

22

Geht das Gericht auf das Vorbringen eines Beteiligten nicht ein, kann darin eine Verletzung rechtlichen Gehörs nur liegen, wenn das Vorbringen nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts entscheidungserheblich war (BVerfG, Beschluss vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 <146>; BVerwG, Beschluss vom 31. August 2006 - BVerwG 4 BN 25.06 - juris Rn. 4). Da das Vorhaben nach dem Rechtsstandpunkt des Oberverwaltungsgerichts bereits wegen des Verstoßes gegen das Werbeverbot im Außenbereich (§ 13 Abs. 3 BauO NRW) nicht genehmigungsfähig war, kam es auf den sonstigen Vortrag der Klägerin zur baurechtlichen Zulässigkeit ihres Vorhabens nicht an (UA S. 14).

23

Soweit die Klägerin im Rahmen der Gehörsrüge eine Rechtsfrage zur Reichweite des Bestandsschutzes nach Art. 14 GG formuliert (S. 19 der Beschwerdebegründung), kommt auch eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht in Betracht. Die Frage ist auf die Umstände des hier gegebenen Einzelfalls zugeschnitten. Außerdem ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt, dass es außerhalb der gesetzlichen Regelungen einen Anspruch auf Zulassung eines Vorhabens aus eigentumsrechtlichem Bestandsschutz nicht gibt (Urteil vom 12. März 1998 - BVerwG 4 C 10.97 - BVerwGE 106, 228).

24

3.2.2 Das Oberverwaltungsgericht habe sich - wie die Fragen des Berichterstatters während der Ortsbesichtigung zeigten - auf eine von den Parteien nicht gefragte Fehlersuche begeben.

25

Eine Verletzung rechtlichen Gehörs ergibt sich aus diesem Vorbringen nicht. Im Übrigen stellt die vom Bundesverwaltungsgericht gelegentlich ausgesprochene Mahnung, die Tatsachengerichte sollten nicht "gleichsam ungefragt" auf Fehlersuche gehen, keinen Rechtssatz dar; sie umschreibt lediglich eine Maxime richterlichen Handelns (Beschluss vom 14. April 2010 a.a.O. Rn. 60).

26

3.2.3 Das Oberverwaltungsgericht habe die Fehlersuche auf den Bebauungsplan aus dem Jahr 1969 erstreckt, obwohl die Beteiligten sich nicht auf dessen Unwirksamkeit berufen hätten.

27

Auch insoweit legt die Klägerin nicht dar, inwiefern dadurch ihr Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden sein sollte.

28

3.2.4 Das Oberverwaltungsgericht sei der Frage nach einer ersatzweise geltenden planungsrechtlichen Grundlage für bereits vor dem 2. Weltkrieg errichtete Gebäude nicht nachgegangen. Dadurch habe es nicht nur seine Aufklärungspflicht (3.1.3), sondern auch den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör verletzt.

29

Das Oberverwaltungsgericht hat den Vortrag der Klägerin zum Schumacher-Bebauungsplan zur Kenntnis genommen (UA S. 6) und erwogen (UA S. 12). Dass es der Rechtsauffassung der Klägerin nicht gefolgt ist, verletzt ihren Anspruch auf rechtliches Gehör nicht.

30

3.2.5 Aus diesem Grund führt auch die Rüge, dass das Oberverwaltungsgericht den Schumacher-Bebauungsplan trotz des Vortrags der Klägerin als obsolet angesehen habe, nicht zum Erfolg.

31

3.2.6 Das Oberverwaltungsgericht habe das klägerische Haus von dem Bebauungszusammenhang auf der gegenüberliegenden Straßenseite abgetrennt und zwar mit dem einzigen und nicht tragenden Argument, dass die Breite der Straße den Bebauungszusammenhang hindere. Gleichwohl habe es das Haus unter Übergehung einer anderen mehrspurigen Straße dem Grüngürtel zugeordnet.

32

Mit diesen Angriffen gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Oberverwaltungsgerichts kann ein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nicht begründet werden; die gerügten Fehler wären - wenn sie vorlägen - nicht dem Verfahrensrecht, sondern der Anwendung materiellen Rechts zuzuordnen. Die geltend gemachte Verletzung von § 34 BauGB kann auch nicht gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zur Zulassung der Revision führen. Hierfür fehlt die Formulierung einer klärungsbedürftigen Rechtsfrage. Die Beschwerde kritisiert lediglich die tatrichterliche Würdigung der hier gegebenen örtlichen Verhältnisse.

33

3.2.7 Das Oberverwaltungsgericht habe den als Park angelegten, sich um die Kölner Innenstadt ziehenden Grüngürtel trotz der dort vorhandenen Sport- und Spielplätze als "Außenbereich im Innenbereich" eingeordnet, ohne sich damit auseinander zu setzen, dass Sport- und Spielplätze im Außenbereich grundsätzlich unzulässig seien.

34

Hätte das Oberverwaltungsgericht das klägerische Grundstück zu Unrecht bebauungsrechtlich als Außenbereich qualifiziert, läge auch darin kein Verfahrensfehler, sondern eine Verletzung materiellen Rechts im vorliegenden Einzelfall.

35

3.2.8 Das Oberverwaltungsgericht habe das klägerische Begehren wegen des Verunstaltungsverbots in § 13 Abs. 3 BauO NRW zurückgewiesen, ohne den Vorrang des Bundesrechts zu berücksichtigen. Einem Vorhaben nach § 35 Abs. 4 Nr. 6 BauGB dürfe das Verunstaltungsverbot nicht entgegengehalten werden. Die bereits vorhandene werbliche Nutzung der Giebelwand stelle eine betriebliche Nutzung im Sinne dieser Vorschrift dar.

36

Auch dieser Vortrag betrifft das materielle Recht; er ist nicht geeignet, einen Verfahrensmangel darzulegen.

37

3.2.9 Eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör lässt sich schließlich nicht - wie die Klägerin offenbar meint - aus einer Gesamtschau der vorgenannten Gesichtspunkte herleiten.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Gründe

1

Die auf alle Revisionszulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

2

Die benachbarten Grundstücke der Klägerin und der Beigeladenen befinden sich in einem Stadtviertel mit einer gründerzeitlichen, in der Regel fünfgeschossigen straßenseitigen Blockrandbebauung. Ein Bebauungsplan besteht nicht. Der Beklagte erteilte der Beigeladenen im November 2009 die streitgegenständliche Baugenehmigung für einen Seitenflügel nebst Quergebäude, der im rückwärtigen Teil ihres Grundstücks an die bestehende Blockrandbebauung anschließt und an der Grundstücksgrenze zum Grundstück der Klägerin belegen ist. Das Vorhaben soll über sechs, in ihrer Ausdehnung gestaffelte Geschosse verfügen. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat die Baugenehmigung aufgehoben (Urteil vom 13. März 2013 - OVG 10 B 4.12 - DÖV 2013, 948 ; vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. November 2010 - OVG 10 S 31.10 - OVGE BE 31, 204 = LKV 2010, 567 = ZfBR 2011, 161 = BRS 76 Nr. 85), da das Vorhaben die Vorschrift über die Abstandsflächen (§ 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 BauO Berlin) verletze. Namentlich dürfe die Beigeladene nicht nach planungsrechtlichen Vorschriften an die Grenze bauen (§ 6 Abs. 1 Satz 3 BauO Berlin). Das Vorhaben füge sich entgegen § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nach der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Maßgeblich als nähere Umgebung sei allein der südliche Teil des Straßengevierts, in dem eine rückwärtige Bebauung mit einem mehrgeschossigen Seitenflügel kein Vorbild finde, sich vielmehr eine grundstücksübergreifende, im räumlichen Zusammenhang stehende, nicht bebaute Grundstücksfläche befinde. In der so bestimmten näheren Umgebung verlaufe hinter der Blockrandbebauung eine Baugrenze. Das Vorhaben der Beigeladenen überschreite diese Baugrenze und löse durch eine nicht auszuschließende Vorbildwirkung bodenrechtliche Spannungen aus.

3

Die Beigeladene fordert im Kern, auch den nördlichen Teil des Straßengevierts als nähere Umgebung in den Blick zu nehmen. Dort befinden sich auch im rückwärtigen Teil der Grundstücke Seitenflügel.

4

1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, die ihr die Beschwerde zumisst.

5

a) Die Beschwerde hält für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob

bei der Auslegung des Begriffs der "näheren Umgebung" im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB im Hinblick auf die überbaubaren Grundstücksflächen der Kreis für die maßgebliche Umgebung regelmäßig enger zu ziehen ist als hinsichtlich der Art der Nutzung,

ferner, ob insofern der maßgebliche Umkreis hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksflächen tendenziell kleiner zu ziehen ist als das Straßengeviert, in dem das Bauvorhaben liegt.

6

Diese Fragen führen nicht zur Zulassung der Revision. Sie wären in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig, weil sie nicht entscheidungserheblich sind (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14).

7

Maßstabsbildend im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist die Umgebung, insoweit sich die Ausführung eines Vorhabens auf sie auswirken kann und insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst (stRspr; Urteile vom 26. Mai 1978 - BVerwG 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369 <380> = Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 63 S. 48, vom 21. November 1980 - BVerwG 4 C 30.78 - Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 79 S. 85 und vom 5. Dezember 2013 - BVerwG 4 C 5.12 - NVwZ 2014, 370 Rn. 10 - zur Veröffentlichung in BVerwGE vorgesehen). Dabei ist die nähere Umgebung für die in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bezeichneten Kriterien jeweils gesondert abzugrenzen (allg. Meinung, vgl. Bracher, in: Bracher/Reidt/Schiller, Bauplanungsrecht, 8. Aufl. 2014, Rn. 2197; Mitschang/Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Aufl. 2014, § 34 Rn. 21; Rieger, in: Schrödter, BauGB, 7. Aufl. 2006, § 34 Rn. 26; Dürr, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 3, Stand Oktober 2013, § 34 Rn. 25; Spannowsky, in: Spannowsky/Uechtritz, BauGB, 2. Aufl. 2014, § 34 Rn. 32.3). Denn die Merkmale, nach denen sich ein Vorhaben im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB in die Eigenart dieser näheren Umgebung einfügen muss, sind jeweils unabhängig voneinander zu prüfen (Beschluss vom 6. November 1997 - BVerwG 4 B 172.97 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 188 S. 57). So hat der Senat zu § 34 BBauG angenommen, dass bei der Bestimmung des zulässigen Maßes der baulichen Nutzung eines Grundstücks der Umkreis der zu beachtenden vorhandenen Bebauung "in der Regel" enger zu begrenzen sein werde als bei der Ermittlung des Gebietscharakters (Urteil vom 19. September 1969 - BVerwG 4 C 18.67 - Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 25 S. 58).

8

Mit dem in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB verwendeten Begriff der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, ist die konkrete Größe der Grundfläche der baulichen Anlage und ihre räumliche Lage innerhalb der vorhandenen Bebauung gemeint. Es geht also um den Standort im Sinne des § 23 BauNVO (Beschluss vom 28. September 1988 - BVerwG 4 B 175.88 - Buchholz 406.11 § 34 BBauG/BauGB Nr. 128 S. 29). Die Instanzgerichte neigen dazu, hinsichtlich dieses Merkmals einen kleineren Umgriff der näheren Umgebung anzunehmen als bei der Art der baulichen Nutzung; dies gelte "in der Regel" (so OVG Magdeburg, Beschluss vom 4. Juli 2012 - 2 L 94/11 - BRS 79 Nr. 101; VGH München, Beschluss vom 25. April 2005 - 1 CS 04.3461 - juris Rn. 18 und Urteil vom 7. März 2011 - 1 B 10.3042 - juris Rn. 22; VGH Mannheim, Urteil vom 23. September 1993 - 8 S 1281/93 - juris Rn. 22 und Beschluss vom 15. Dezember 2005 - 5 S 1847/05 - juris Rn. 8) oder "im Regelfall" (OVG Bautzen, Beschluss vom 29. Dezember 2010 - 1 A 710/09 - juris Rn. 6; OVG Münster, Urteile vom 16. November 2001 - 7 A 1143/00 - juris Rn. 29 und vom 9. September 2010 - 2 A 508/09 - juris Rn. 37). Hiervon geht auch das Oberverwaltungsgericht aus ("in der Regel", UA S. 16).

9

Ob diese Annahme "im Regelfall" oder - bezogen auf das Straßengeviert "tendenziell" - zutrifft, ist nicht entscheidungserheblich. Denn sie bezeichnet nur einen gedanklichen Ausgangspunkt, der jedenfalls von einer Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse im Einzelfall nicht entbindet, wie sie das Oberverwaltungsgericht hier vorgenommen hat (UA S. 17 ff.) und die sich rechtsgrundsätzlicher Klärung entzieht. Hinzu tritt, dass der von der Beschwerde zum Vergleich herangezogene Umgriff der näheren Umgebung im Hinblick auf die Art der baulichen Nutzungen sich ebenfalls nur im Einzelfall, aber nicht rechtsgrundsätzlich bestimmen lässt, da er unter anderem von der Art der jeweiligen baulichen Nutzung abhängt. Soweit die Beschwerde als Bezugspunkt das "Straßengeviert" benennt, scheidet eine rechtsgrundsätzliche Klärung schon wegen der Vielgestaltigkeit solcher Straßengevierte aus.

10

b) Die Beschwerde wirft als grundsätzlich klärungsbedürftige Fragen auf,

ob die maßgebliche nähere Umgebung im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB im Hinblick auf die überbaubaren Grundstücksflächen auf einen (sowohl hinsichtlich absoluter Maße als auch hinsichtlich der Relation zur übrigen Bebauung im Straßengeviert) kleinen Bereich, welcher nur das Baugrundstück und dessen unmittelbare Umgebung umfasst, reduziert sein kann, wenn sich die daran anschließende Bebauung allein im Hinblick auf die dort verwirklichten Bebauungstiefen unterscheidet,

hieran anschließend, ob unter den genannten Voraussetzungen eine "städtebauliche Zäsur" wegen andersartiger "baulicher Struktur" angenommen werden kann.

11

Diese Fragen würden sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Das Oberverwaltungsgericht hat bei der Abgrenzung der näheren Umgebung nicht allein auf die im nördlichen Bereich vorhandene Bebauungstiefe abgestellt, sondern auch darauf verwiesen, dass die Bereiche durch eine relativ hohe fünfgeschossige Bebauung im Blockinnern optisch vollständig voneinander getrennt seien (UA S. 19). Hiermit setzt sich die Beschwerde nicht auseinander.

12

c) Die Beschwerde sieht grundsätzlichen Klärungsbedarf für die Frage,

ob es bei der Auslegung des Begriffs der "näheren Umgebung" im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB und der dabei erforderlichen Ermittlung, was sich auf das Baugrundstück noch "prägend" auswirkt, allein auf den Blickwinkel eines (stehenden) Menschen ankommt oder ob - zumindest ergänzend - ein Blickwinkel von oben (Vogelperspektive) erforderlich ist.

13

Die Frage ist geklärt, soweit sie rechtsgrundsätzlich klärungsfähig ist. Die für die Bestimmung des Bebauungszusammenhangs erforderliche wertende und bewertende Betrachtung der konkreten tatsächlichen Verhältnisse kann nach dem Sachzusammenhang, in den sie eingebettet ist, nur an äußerlich erkennbare, also mit dem Auge wahrnehmbare Gegebenheiten der vorhandenen Bebauung und der übrigen Geländeverhältnisse anknüpfen (Urteil vom 12. Dezember 1990 - BVerwG 4 C 40.87 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 138 S. 55). Dies kann auf die Abgrenzung der näheren Umgebung im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB übertragen werden (Beschluss vom 20. August 1998 - BVerwG 4 B 79.98 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 191 S. 76). Zur Ermittlung können auch Lagepläne verwendet werden (Beschluss vom 3. Dezember 2008 - BVerwG 4 BN 26.08 - BRS 73 Nr. 91 Rn. 3), die ein Bild "von oben" vermitteln. Dabei kann die für § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB kennzeichnende wechselseitige Beeinflussung auch über ein den optischen Zusammenhang unterbrechendes Hindernis noch eintreten (Beschluss vom 27. Mai 1988 - BVerwG 4 B 71.88 - Buchholz 406.11 § 34 BBauG/BauGB Nr. 127 S. 27). Hiervon ist auch das Oberverwaltungsgericht ausgegangen, das seine tatrichterliche Würdigung auch auf einen Lageplan (UA S. 4) und ein Luftbild (UA S. 17) stützt. Ob eine wechselseitige Beeinflussung trotz einer, vom Standpunkt eines stehenden Menschen nicht überwindbaren optischen Trennung vorliegt, ist eine Frage des Einzelfalls, die eine Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht rechtfertigt.

14

d) Die Beschwerde will weiter rechtsgrundsätzlich klären lassen,

ob die nach § 34 Abs. 1 BauGB bestehende Bebauungsmöglichkeit eines Grundstücks durch eine in der Umgebung vorhandene Bebauung eingeschränkter sein kann, als wenn diese Bebauung nicht vorhanden wäre.

15

Die Frage rechtfertigt ebenfalls nicht die Durchführung eines Revisionsverfahrens. Sie lässt sich auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Senats beantworten. Maßgebend für die nähere Umgebung, in die sich das Vorhaben nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, einfügen muss, ist die vorhandene Bebauung. Aus ihr ist der Rahmen abzuleiten, zu dem das Vorhaben in einer bestimmten Beziehung stehen muss (stRspr; Urteil vom 26. Mai 1978 - BVerwG 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369 <380, 385 ff.>). Es ist nicht angängig - wie es der Beschwerde offensichtlich vorschwebt -, bei der in der näheren Umgebung vorhandenen Bebauung danach zu unterscheiden, ob sie Bebauungsmöglichkeiten eröffnet oder einschränkt.

16

e) Schließlich zeigt die Beschwerde auch mit der Frage, ob

bei der Bestimmung der hinteren Baugrenze ein deutlich wahrnehmbares Gebäude der Hauptnutzung als nicht prägend außer Acht gelassen werden kann, nur weil es deutlich kleiner ist als die Gebäude in der unmittelbaren Umgebung,

keinen grundsätzlichen Klärungsbedarf auf. Aus der Betrachtung der näheren Umgebung sind solche baulichen Anlagen auszusondern, die von ihrem quantitativen Erscheinungsbild (Ausdehnung, Höhe, Zahl usw.) nicht die Kraft haben, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen, die der Betrachter also nicht oder nur am Rande wahrnimmt (Urteil vom 15. Februar 1990 - BVerwG 4 C 23.86 - BVerwGE 84, 322 <325> und Beschluss vom 16. Juni 2009 - BVerwG 4 B 50.08 - BRS 74 Nr. 95 Rn. 6; stRspr). Von diesen Rechtsgrundsätzen ist auch das Oberverwaltungsgericht ausgegangen (UA S. 18). Die Beschwerde erschöpft sich in einem Angriff auf dessen tatrichterliche Bewertung.

17

2. Die Divergenzrügen nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO führen ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision.

18

a) Die behauptete Divergenz zu den Urteilen vom 13. Juni 1969 - BVerwG 4 C 80.67 - (Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 21) und vom 18. Oktober 1974 - BVerwG 4 C 77.73 - (Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 45) ist nicht hinreichend bezeichnet. Diesem Erfordernis ist nur genügt, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat.

19

Nach den von der Beschwerde angeführten Urteilen des Senats kann die Frage, ob etwas nach der vorhandenen Bebauung unbedenklich ist, nicht allein nach der Bebauung eines Grundstücks oder nur ganz weniger Grundstücke bestimmt werden (Urteil vom 13. Juni 1969 a.a.O. S. 38). Es darf nicht nur diejenige Bebauung als erheblich angesehen werden, die gerade in der unmittelbaren Nachbarschaft des Baugrundstücks überwiegt, sondern es muss auch die Bebauung der weiteren Umgebung des Grundstücks insoweit berücksichtigt werden, als auch sie noch "prägend" auf dasselbe einwirkt (Urteil vom 18. Oktober 1974 a.a.O. S. 114).

20

Wie auch die Beschwerde anerkennt, hat sich das Oberverwaltungsgericht der Rechtsprechung des Senats ausdrücklich angeschlossen (UA S. 16). Sie meint indes, der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts den (unausgesprochenen) Rechtssatz entnehmen zu können, dass auch ein derart kleiner Umgebungsumgriff grundsätzlich die "nähere Umgebung" innerhalb eines deutlich größeren Bebauungszusammenhangs darstellen könne und die über das Baugrundstück und dessen unmittelbare Nachbargrundstücke hinausgehende Umgebung allein wegen insoweit andersartiger Bebauung ausgeklammert werden könne (Beschwerdebegründung S. 5). In der Sache wendet sich die Beschwerde gegen die tatrichterliche Annahme, der nördliche Teil des Straßenblocks wirke infolge der optischen Trennung und der unterschiedlichen baulichen Strukturen nicht mehr prägend für das Grundstück der Beigeladenen. Die damit erhobene Rüge einer fehlerhaften Subsumtion führt indes nicht zur Annahme einer Divergenz (Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14).

21

b) Die geltend gemachte Divergenz zum Urteil vom 19. September 1969 - BVerwG 4 C 18.67 - (Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 25) liegt ebenfalls nicht vor. Die in Bezug genommenen Ausführungen des Senats (a.a.O. S. 57 f.) sind nicht divergenzfähig, weil sie die dortige Entscheidung nicht tragen (vgl. Beschluss vom 3. April 1996 - BVerwG 4 B 253.95 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 269 S. 28; Kraft, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 132 Rn. 36).

22

3. Die Verfahrensrügen führen nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zur Zulassung der Revision.

23

Die als Aufklärungsrügen erhobenen Rügen verfehlen die Darlegungsanforderungen. Eine Aufklärungsrüge muss substantiiert dartun, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der vermissten Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären (Beschluss vom 8. Juli 2009 - BVerwG 4 BN 12.09 - juris Rn. 6 f. ; stRspr). Die erhobenen Aufklärungsrügen beschränken sich darauf, vorgebliche Ermittlungsdefizite aufzuzeigen, benennen aber nicht substantiiert, welche Aufklärungsmaßnahmen die Beigeladene noch für geeignet und erforderlich hält.

24

Die Rügen müssten aber auch hiervon unabhängig ohne Erfolg bleiben.

25

a) Die Beschwerde meint, der Einbeziehung des südlichen Teils des Grundstücks K.-straße 44 in die nähere Umgebung des Vorhabengrundstücks im Hinblick auf die überbaubare Grundstücksfläche (UA S. 15) widerspreche es, dieses Grundstück bei der Herleitung einer faktischen Baugrenze nicht einzubeziehen (UA S. 21). Damit wendet sie sich gegen die tatrichterliche Würdigung, die dem materiellen Recht zuzuordnen ist (Beschluss vom 12. Januar 1995 - BVerwG 4 B 197.94 - Buchholz 406.12 § 22 BauNVO Nr. 4 S. 4; stRspr), bezeichnet aber keine Verletzung der Aufklärungspflicht.

26

b) Die Beschwerde rügt weiter, das Oberverwaltungsgericht habe die Wirkung des Geländesprungs von 2 m im südlichen Teil des Straßengevierts und der darauf befindlichen Ziegelmauer sowie der Bebauung des Grundstücks K.-straße 44 durch eine Remise und einen Seitenflügel fehlerhaft gewürdigt. Das Oberverwaltungsgericht hat diese Verhältnisse seinem Urteil zu Grunde gelegt (UA S. 18, 19, 21). Dass es sie rechtlich anders bewertet als die Beigeladene, führt nicht auf einen Verfahrensfehler.

27

c) Die Beschwerde meint, das Oberverwaltungsgericht habe unter Verletzung seiner Aufklärungspflicht angenommen, es sei in der Umgebung jenseits des Straßengevierts des Vorhabengrundstücks nicht "mehr oder weniger gang und gäbe", dass in den von der Blockrandbebauung umschlossenen Flächen Seitenflügel oder Quergebäude mit Hauptnutzungen stehen (UA S. 19). Das Oberverwaltungsgericht hat indes aus den Feststellungen zu den Blockinnenbereichen zweier Straßenviertel in der Umgebung gefolgert, eine Blockinnenbebauung in der Umgebung sei nicht "mehr oder weniger gang und gäbe". Einer weiteren Aufklärung zu anderen Straßenvierteln bedurfte es nach der für die Beurteilung des Vorliegens eines Verfahrensfehlers maßgeblichen materiell-rechtlichen Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts nicht (vgl. Urteil vom 14. Januar 1998 - BVerwG 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115 <119>).

28

d) Die Beigeladene meint, das Oberverwaltungsgericht habe Unterlagen zu den Gründen für die Beseitigung von Seitenflügeln in der Vergangenheit fehlerhaft beurteilt. Damit wendet sie sich gegen die tatrichterliche Würdigung, ohne einen Verfahrensfehler zu bezeichnen.

29

e) Die unter 8. erhobene Rüge bezeichnet keinen Verfahrensfehler.

30

f) Die Beschwerde vermisst eine Aufklärung darüber, welche Grundstücke in der näheren Umgebung überbaubare Innenhofflächen aufweisen. Es ist aber weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, inwieweit dieser Umstand nach der materiellen Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts von Bedeutung gewesen sein könnte. Das Oberverwaltungsgericht hat zur Abgrenzung der näheren Umgebung unter anderem auf die Baustruktur im südlichen Teil des Straßengevierts abgestellt, wo eine grundstücksübergreifende, im räumlichen Zusammenhang stehende, nicht bebaute Grundstücksfläche vorhanden sei. Diese werde durch die straßenseitige Blockrandbebauung mit einer großen, im Wesentlichen nicht überbauten Freifläche im Blockinnern geprägt (UA S. 17 f.). Hiervon ausgehend kam es nicht auf die Frage an, welche einzelnen Grundstücke über eine bebaubare Grundstücksfläche im straßenabgewandten Grundstücksteil verfügen.

31

g) Die Beschwerde sieht schließlich die gerichtliche Aufklärungspflicht verletzt, weil das Oberverwaltungsgericht angenommen habe, eine Vorbildwirkung des streitgegenständlichen Vorhabens sei nicht auszuschließen (UA S. 28). Im Hinblick auf das Flurstück 92 wendet sie sich (erneut) gegen die materiell-rechtliche Auffassung des Oberverwaltungsgerichts zum Umgriff der näheren Umgebung. Ihr weiterer Hinweis, die derzeitige Bebauung des Flurstücks 94 schließe eine Errichtung von Seitenflügeln aus, zieht die vom Oberverwaltungsgericht angenommene Vorbildwirkung für mögliche Veränderungen der Bebauung auf diesem Grundstück nicht in Zweifel.

(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

Tenor

1. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 28.03.2014 gegen den Zurückstellungsbescheid der Antragsgegnerin vom 18.03.2014 wird wiederhergestellt.

2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Der Streitwert wird auf 5.000,- € festgesetzt.

Gründe

1

Der Antrag, die aufschiebende Wirkung des am 28.03.2014 erhobenen Widerspruchs des Antragstellers gegen den sofort vollziehbaren Zurückstellungsbescheid der Antragsgegnerin vom 18.03.2014 wiederherzustellen, ist zulässig, insbesondere gem. § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO i.V.m. § 80 Abs. Nr. 4 VwGO statthaft und begründet.

2

Die begehrte Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kommt nicht bereits aus formellen Gründen in Betracht, weil die Antragsgegnerin eine den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO noch genügende schriftliche Begründung der Anordnung des Sofortvollzuges gegeben hat. Die Zurückstellung von Baugesuchen nach § 15 BauGB soll die Bauleitplanung der Antragsgegnerin für einen bestimmten Zeitraum sichern. Liegen aber die Voraussetzungen für eine Zurückstellung vor, ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung indiziert, weil anderenfalls der Erlass des Zurückstellungsbescheides überhaupt keinen Sinn machen würde. Im Hinblick darauf sind an die Begründung des öffentlichen Vollziehungsinteresses nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO im Falle eines Zurückstellungsbescheides nur ganz geringfügige Anforderungen zu stellen (vgl. OVG Schleswig, Beschluss vom 15.10.2004 - 1 MB 23/04 -, NordÖR 2004, 439). Vorliegend hat die Antragsgegnerin die Anordnung der sofortigen Vollziehung damit begründet, dass eine Weiterbearbeitung des Antrags der gesetzlich zustehenden Möglichkeit und den Rechten der Gemeinde nach dem BauGB zuwiderlaufen würde. Es liege im öffentlichen Interesse, dass die Bescheidung des eingereichten Vorhabens für den genannten Zeitraum zurückgestellt wird, um der Gemeinde die Gelegenheit zu geben, ihre Planungsziele weiter zu verfolgen. Eine darüber hinausgehende individuelle Begründung war nach den obigen Ausführungen nicht erforderlich.

3

Der Antrag ist aber in der Sache begründet. Die gerichtliche Entscheidung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ergeht auf der Grundlage einer umfassenden Interessenabwägung. Gegenstand der Abwägung sind das private Aufschubinteresse des Antragstellers einerseits und das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des streitbefangenen Verwaltungsaktes andererseits. Im Rahmen dieser Interessenabwägung können auch Erkenntnisse über die Rechtmäßigkeit oder die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes, der vollzogen werden soll, Bedeutung erlangen, allerdings nicht als unmittelbare Entscheidungsgrundlage, sondern als in die Abwägung einzustellende Gesichtspunkte. Vorliegend erweist sich der angefochtene Bescheid vom 18.03.2014 im Rahmen der hier gebotenen summarischen Prüfung als rechtswidrig.

4

Wird eine Veränderungssperre nach § 14 BauGB nicht beschlossen, obwohl die Voraussetzungen gegeben sind, oder ist eine beschlossene Veränderungssperre noch nicht in Kraft getreten, hat die Baugenehmigungsbehörde nach § 15 Abs. 1 BauGB auf Antrag der Gemeinde die Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben im Einzelfall für einen Zeitraum von bis zu zwölf Monaten auszusetzen, wenn zu befürchten ist, dass die Durchführung der Planung durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde. Liegen danach die tatbestandlichen Voraussetzungen vor, muss die Bauaufsichtsbehörde die Zurückstellung aussprechen, ohne dass ihr ein Ermessensspielraum eingeräumt wäre.

5

Die Rechtswidrigkeit des Zurückstellungsbescheides folgt nicht bereits daraus, dass der Zurückstellungszeitraum über der gesetzlichen Höchstgrenze von zwölf Monaten liegt. Die Jahresfrist des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist eine Höchstfrist und beginnt mit der Bekanntgabe des Zurückstellungsbescheides an den Antragsteller (vgl. Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 99. EL März 2011, § 15 Rn 47 f m.w.N.). Demnach endet die Jahresfrist vorliegend am 20.03.2015. Der Zurückstellungsbescheid wurde dem Antragsteller am 20.03.2014 zugestellt.

6

Soweit in dem Zurückstellungsbescheid die Entscheidung über die Zulässigkeit des Bauantrags des Antragstellers vom 24.11.2013 über den 20.03.2015 hinaus, hier bis zum 27.03.2015, angeordnet wurde, ist dies rechtswidrig. Die Überschreitung des Jahreszeitraumes führt jedoch nicht zur Rechtswidrigkeit des Zurückstellungsbescheides insgesamt. Bei der Anordnung des Zurückstellungszeitraumes handelt es um einen in sich teilbaren Regelungsgegenstand. Ein Verwaltungsakt ist teilbar, wenn der rechtlich unbedenkliche Teil nicht in einem untrennbaren inneren Zusammenhang mit dem rechtswidrigen Teil steht. Der rechtswidrige Teil muss in der Weise abtrennbar sein, dass der Verwaltungakt im Übrigen ohne Änderung seines Inhalts in sinnvoller und rechtmäßiger Weise bestehen kann (vgl. Urteile des BVerwG v. 19.03.1996 - 1 C 34.93 - BVerwGE 100, 335 <338>, v. 13.11.1997 - 3 C 33.96 - BVerwGE 105, 354 <358> und v. 27.01.2010 - 6 C 22.08 - juris). Dies ist hier der Fall. Der rechtswidrige Teil des Zurückstellungsbescheides, die Überschreitung des Zurückstellungszeitraumes, steht nicht in einem untrennbaren Zeitraum mit der Zurückstellungsentscheidung als solcher. Es liegt bei Außerachtlassung des Zeitraumes ab dem 20.03.2015 auch kein Fall des unbestimmten oder unbestimmbaren Zurückstellungszeitraums vor, der zur Rechtswidrigkeit der Zurückstellung führen kann (vgl. Stock, a.a.O., § 15 Rn 46 m.w.N.). Die Zurückstellung eines Baugesuchs setzt voraus, dass die Dauer der Zurückstellung dem entsprechenden Bescheid entweder eindeutig entweder kraft ausdrücklicher Bestimmung oder im Wege der Auslegung aufgrund sicherer Anhaltspunkte zu entnehmen ist; die bloße Bezugnahme auf die einschlägige Norm rechtfertigt allein nicht die Annahme, die Höchstdauer von zwölf Monaten sei bestimmt worden (OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 01.10.1981 - 7 A 2283/79 - juris). Die Antragsgegnerin hat vorliegend bei der Anordnung des Zurückstellungszeitraumes hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass sie jedenfalls die gesetzliche Höchstfrist des § 15 BauGB ausschöpfen wolle.

7

Weitere Voraussetzung der Zurückstellung von Baugesuchen ist, dass eine Veränderungssperre nach § 14 BauGB nicht beschlossen wird, obwohl die Voraussetzungen hierfür gegeben sind. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 BauGB kann die Gemeinde zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre mit dem Inhalt beschließen, dass Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden dürfen, wenn sie einen Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst hat. So verhält es sich hier. Der Bauausschuss der Antragsgegnerin hat in seiner Sitzung am 04.06.2012 beschlossen, den Bebauungsplan 01.10.00 durch den einfachen Bebauungsplan 01.09.00 zu ersetzen und für diesen einen Aufstellungsbeschluss erlassen. Der Bebauungsplan 01.10.00 setzt den Bereich, in dem das streitgegenständliche Vorhaben verwirklicht werden soll, als Mischgebiet gem. § 6 BauNVO fest, in dem der Betrieb von Spielhallen im Sinne des § 33 i GewO als sonstige Gewerbebetriebe gem. § 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO ausgeschlossen ist. Anlass für die Änderung der Bauleitplanung der Antragsgegnerin ist ausweislich der Begründung zu dem Aufstellungsbeschluss, dass die beabsichtigte Steuerung von Vergnügungsstätten, insbesondere Spielhallen, mit dem Bebauungsplan 01.10.00 nicht in erforderlichem Umfang möglich sei. Es sei insbesondere zweifelhaft, ob der geltende Plan in gleicherweise auf Wettbüros wie auch auf Spielhallen angewendet werden könne. Für die rechtssichere Regelung der Ansiedlung auch solcher Vergnügungsstätten sei es erforderlich, die planungsrechtliche Situation zu ändern. Wesentliches städtebauliches Ziel des Bebauungsplans 01.09.00 sei die Steuerung der Ansiedlung von Vergnügungsstätten durch die Festsetzung der Art der baulichen Nutzung (vgl. Bl. 1 Beiakte A). Ausweislich der Begründung zu dem Aufstellungsbeschluss lautet das Ziel der Planung wie folgt:

8

„Für die Lübecker Innenstadt als Stadtdenkmal und UNESCO-Welterbe, Oberzentrum und Wohnstandort war zur Vermeidung der negativen städtebaulichen Auswirkungen die bisherige Regelung der Zulässigkeit von Spielhallen ausreichend.
Der am 25.08.2010 beschlossene Managementplan Welterbestätte „Lübecker Altstadt“ hat Ziele für den Erhalt und die nachhaltige Entwicklung formuliert. Der Bebauungsplan soll zum Erreichen dieser Ziele beitragen.
Nach Rechtskraft des B-Planes 01.10.00 wurde durch die Novellierung der Baunutzungsverordnung die Zulässigkeit von Vergnügungsstätten abschließend geregelt. Diese abschließende Regelung erleichtert der Gemeinde durch die Festsetzung der Art der baulichen Nutzung in einem B-Plan die Steuerung der Ansiedlung von Vergnügungsstätten.
Der Bebauungsplan soll durch die gezielte, restriktive Steuerung der Ansiedlung von Vergnügungsstätten sicherstellen, dass „Trading-Down-Effekte“ vermieden werden und die Lübecker Innenstadt ihre oberzentrale Versorgungsfunktion weiterhin erfüllen kann.
Die finanzielle Stärke des Vergnügungsstättengewerbes erlaubt es, auch in beste Geschäftslagen mit hohen Miet- und Bodenpreisen vorzudringen und andere Nutzungen zu verdrängen.
Städtebaulich vorgesehene Standorte für kernstadttypische Nutzungen müssen weiterhin zur Verfügung stehen, die Anziehungskraft für den Tourismus soll erhalten bleiben, der Wohnstandort nicht gefährdet werden und die Verantwortung für das kulturelle Erbe soll wahrgenommen werden.“

9

Die Realisierung des streitgegenständlichen Vorhabens, der Betrieb eines „Wettbüros“ nach der vorliegenden Betriebsbeschreibung, lässt es nicht befürchten, dass die Durchführung der beabsichtigten Planung der Antragsgegnerin mit der soeben dargestellten Zielsetzung unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert wird. Die Beantwortung der Frage, ob die materiellen Voraussetzungen für eine Zurückstellung gegeben sind, hängt maßgeblich von der Planungskonzeption der Gemeinde und dem Stand der Planungsarbeiten ab (vgl. Stock, a.a.O., § 15 BauGB Rn 30).

10

Ausweislich der Vorlage zu dem Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan ist das Ziel der Planung der Antragsgegnerin, die Ansiedlung von Vergnügungsstätten durch die Festsetzung der Art der baulichen Nutzung zu steuern (vgl. Bl. 1 Beiakte A). Bei dem streitgegenständlichen Vorhaben handelt es sich nach Auffassung der Kammer jedoch nicht um eine Vergnügungsstätte im Sinne der Regelungen in der BauNVO (§ 4a Abs. 3 Nr. 2, § 6 Abs. 2 Nr. 8, § 7 Abs. 2 Nr. 2).

11

Für die Beurteilung, ob es sich bei dem Wettbüro des Antragstellers um eine Vergnügungsstätte im Sinne der BauNVO handelt, sind die Vorgaben der Landesverordnung über den stationären Vertrieb von Sportwetten (Sportwettenvertriebsverordnung - SVVO) vom 15.07.2013 nicht maßgeblich. Die SVVO unterschiedet bei dem stationären Vertrieb von Sportwetten zwischen Wettlokalen, Wettbüros und Wettannahmestellen, § 1 Abs. 1 SVVO. § 1 Abs. 2 Satz 1 SVVO definiert Wettlokale als eine Räumlichkeit, deren überwiegender Betriebszweck darin besteht, an Wettschaltern oder automatisierten Wettterminals die Gelegenheit zum Abschluss von Sportwetten anzubieten, und in welcher darüber hinaus durch die Bereitstellung von Fernsehgeräten oder anderen technischen Einrichtungen das Verfolgen von Live-Übertragungen bewetteter Sportereignisse vor Ort ermöglicht wird. Nach § 1 Abs. 3 Satz 2 SVVO sind Wettlokale als Vergnügungsstätten im Sinne der Baunutzungsverordnung anzusehen. § 1 Abs. 3 SVVO definiert ein Wettbüro als eine Räumlichkeit, deren überwiegender Betriebszweck darin besteht, an Wettschaltern oder automatisierten Wettterminals die Gelegenheit zum Abschluss von Sportwetten anzubieten, ohne dass technische Einrichtungen zur Verfolgung von Live-Übertragungen bewetteter Sportereignisse bereitgestellt werden.

12

Das von dem Antragsteller zur Genehmigung gestellte Vorhaben entspricht nach der vorliegenden Betriebsbeschreibung zwar einem Wettbüro und nicht einem Wettlokal im Sinne der genannten Vorschriften. Denn es sollen keine technischen Einrichtungen zur Verfolgung von Live-Übertragungen bewetteter Sportereignisse bereitgestellt werden (vgl. Bl. 12 d.A.) Daraus folgt jedoch nicht, dass es sich bei dem Vorhaben nicht um eine Vergnügungsstätte im Sinne der BauNVO handelt. Zum einen lässt die planungsrechtliche Einordnung von Wettlokalen als Vergnügungsstätten gem. § 1 Abs. 2 Satz 3 SVVO nicht den Rückschluss zu, dass Wettbüros zwangsläufig keine Vergnügungsstätten im planungsrechtlichen Sinne sind. Für diese Einordnung bedarf es stets einer Bewertung der konkreten Umstände des Einzelfalls. Entscheidend ist zudem, dass der Landesgesetzgeber aus Kompetenzgründen nicht befugt ist, gewerbliche Betriebe bauplanungsrechtlich zu kategorisieren. Der Bundesgesetzgeber hat von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz für das Bodenrecht (Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG) durch den Erlass des BauGB und der BauNVO insoweit abschließend Gebrauch gemacht. Die bauplanungsrechtliche Definition von gewerblichen Anlagen als Vergnügungsstätten erfolgt allein anhand der gesetzlichen Vorgaben der BauNVO. Demzufolge hat die Einstufung von Wettlokalen als Vergnügungsstätten in § 1 Abs. 2 Satz 3 BauNVO keinen Einfluss auf die Zulässigkeit von Vorhaben hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung. Daraus folgt dann jedoch auch, dass durch die fehlende Einstufung von Wettbüros als Vergnügungsstätten im Sinne der BauNVO in § 1 Abs. 3 SVVO keine rechtliche Festlegung dahingehend verbunden ist, dass Wettbüros keine Vergnügungsstätten im bauplanungsrechtlichen Sinn sein können. Auch in diesem Fall bedarf es der gebotenen Einzelfallprüfung.

13

Bei dem streitbefangenen Vorhaben handelt es sich nicht um eine Vergnügungsstätte im Sinne der Vorschriften der BauNVO. Eine Vergnügungsstätte ist ein auf kommerzielle Unterhaltung ausgerichteter besonderer Gewerbebetrieb, der in unterschiedlicher Ausprägung unter Ansprache oder Ausnutzung des Geselligkeitsbedürfnisses, des Spiel- oder Sexualtriebes einer bestimmten auf Gewinnerzielung gerichteten Freizeitunterhaltung gewidmet ist. Für den städtebaulichen Bezug ist wesentlich, dass solche Einrichtungen typischerweise mit negativen Folgewirkungen, wie zum Beispiel Lärmbelästigungen, Beeinträchtigungen des Stadt- und Straßenbildes oder Verschlechterungen der Gebietsqualität, verbunden sind (vgl. zum Vorstehenden insgesamt: OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 09.03.2007 - 8 A 10066/07 - juris; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 28.11.2006 - 3 S 2377/06 - juris; Bielenberg, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, 98. EL 2011 § 4a BauNVO, Rn. 68 ff.; Roeser, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 4a Rn 35 ff., § 7 Rn. 15 f., jeweils m.w.N.).

14

Die bauplanungsrechtliche Charakterisierung von Wettbüros bzw. Wettlokalen hinsichtlich der Frage, ob es sich um Vergnügungsstätten handelt, wird in der Rechtsprechung terminologisch nicht einheitlich vorgenommen (vgl. beispielsweise VG Neustadt [Weinstraße], Beschl. v. 09.02.2011 - 3 L 59/11.NW - juris m.w.N., wonach die obergerichtliche Rechtsprechung Wettbüros stets als Vergnügungsstätten einordnet). Dies liegt insbesondere daran, dass die Begriffe Wettbüro und Wettlokal nicht einheitlich verwendet werden. Unabhängig von den terminologischen Unterschieden werden Wettbüros jedenfalls dann als Vergnügungsstätten angesehen, wenn sie nicht nur Gelegenheit zur Abgabe von Wetten und zur Entgegennahme von Gewinnen, sondern zu einem wesentlichen Teil auch zur Unterhaltung und zum Spiel in der Zeit bis zur Bekanntgabe des Ergebnisses aktueller Wetten bieten (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 01.02.2007 - 8 S 2606 - juris; vgl. auch VG München, Urt. v. 17.02.2014 - M 8 K 13.1878 - juris m.w.N.). Ein Wettbüro verliert dann den Charakter einer bloßen Wettannahmestelle und ist als Vergnügungsstätte zu werten, wenn die Kunden durch die konkrete Ausgestaltung der Räumlichkeiten animiert werden, sich dort länger aufzuhalten und in geselligem Beisammensein (gemeinschaftliches Verfolgen der Sportübertragungen) Wetten abzuschließen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 14.04.2011 - 8 B 10278/11 - juris).

15

Das VG Neustadt (Weinstraße) hat in seinem Beschluss vom 09.02.2011 (Az. 3 L 59/11.NW, juris) hierzu Folgendes ausgeführt: „Kennzeichnend für Wettbüros als Vergnügungsstätten ist gerade auch die kommerzielle Unterhaltung der Kunden (Besucher). Im Unterschied zu einem Ladengeschäft, in dem Waren oder Dienstleistungen angeboten werden, kommt es den Besuchern eines Wettbüros typischerweise nicht auf die große Auswahl und den Erwerb eines Produktes an. Anders als z. B. in Lotto- und Toto-Annahmestellen will der typische Besucher eines Wettbüros nicht nur die Wette einreichen und einen eventuellen Gewinn kassieren. Bereits der Besuch eines Wettbüros besteht zu einem wesentlichen Anteil darin, sich dort aufzuhalten, um sich nach Möglichkeit mit anderen Wettern auszutauschen und die Zeit bis zum Eintritt des Wettergebnisses in einer als angenehm empfundenen Atmosphäre zu nutzen. Prägend für das Leistungsangebot eines Wettbüros ist die kommerzielle Unterhaltung der Gäste durch Teilnahme am Wettspiel in geselliger Runde. Dabei steht im Vordergrund, die Gäste durch Aufstellung von Sitzplätzen in ansprechender Atmosphäre – oft auch in Verbindung mit der Möglichkeit eines Getränkeangebots – und die Einrichtung von mehreren TV-Bildschirmen, auf denen Sportereignisse verfolgt werden, zu motivieren, im Wettlokal zu verbleiben, gemeinsam die Spannung des Wettspiels zu erleben und dadurch auch angereizt zu werden, weiter an den angebotenen Wettspielen teilzunehmen. Die Gestaltung des Wettspielangebots erzielt ihren besonderen kommerziellen Wert gerade darin, die Gäste mit dem Wettgeschehen so zu unterhalten, dass sie weiter vor Ort bleiben und auf das Wettangebot zugreifen. Wettbüros ziehen daher, ähnlich wie Spielhallen und abweichend von Lotto- und Toto-Annahmestellen, ein anderes Publikum an als ein Ladengeschäft (vgl. VG Minden, Beschluss vom 10. Februar 2006 – 1 L 69/06 –, juris, Rdnr. 15).“

16

Gemessen an den vorangestellten Vorgaben handelt es sich bei dem streitgegenständlichen Vorhaben nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung nicht um eine Vergnügungsstätte im Sinne der BauNVO. Die konkrete Ausgestaltung der Räumlichkeiten spricht hier gegen die Annahme einer Vergnügungsstätte. Nach der Betriebsbeschreibung gibt es insbesondere keine Sitzmöglichkeiten für die Besucher des Wettbüros, die ein dauerhaftes Verweilen zumindest begünstigen. Ferner werden auch keine Getränke oder Speisen angeboten (vgl. zur Relevanz dieser Aspekte VG Neustadt [Weinstraße], a.a.O., VG München, Urt. v. 17.02.2014 - M 8 K 13.1878 - juris). Die Ausstattung beschränkt sich auf das Vorhandensein von Stehtischen, Wettterminals und Bildschirmen, auf denen die Wettquoten und die Ergebnisse der Sportereignisse angezeigt werden. Für die Frage, ob es sich bei einem Wettbüro um eine Vergnügungsstätte im Sinne der BauNVO handelt, kommt es zwar wohl nicht allein entscheidend darauf an, dass neben der Abgabe der Wetten auch die Möglichkeit bestehen muss, in der jeweiligen Betriebsstätte die Sportereignisse, auf die gewettet wird, zusammen mit anderen im Fernsehen anzusehen. Eine diese Anforderungen formulierende ständige Rechtsprechung existiert entgegen der Annahme des Antragstellers nicht. Auch die vom dem Antragsteller zitierte Entscheidung des VGH Baden-Württemberg (Beschl. v. 15.10.2013 - 2 S 2514/12 - juris) enthält keine in diesem Sinne zu verstehende Aussage. Gegenstand des Verfahrens war die Auslegung des Begriffs "Wettbüro" in einer Vergnügungssteuersatzung. Eine (abstrakte) rechtliche Beurteilung, wonach Wettvertriebsstellen nur dann Vergnügungsstätten im Sinne der BauNVO sind, wenn dort Geräte vorhanden sind, mit denen man die jeweiligen Sportereignisse verfolgen kann, mithin dies eine konstitutive Voraussetzung sei, lässt sich der Entscheidung nicht entnehmen. Das Fehlen von technischen Einrichtungen, mit denen die bewetteten Sportereignisse (live) mitverfolgt werden können, stellt jedoch ein erhebliches Indiz gegen die Annahme einer Vergnügungsstätte dar. Insbesondere das gemeinsame Verfolgen der Sportereignisse ist ein wesentliches Element, um die Spieler nach der getätigten Wette zum weiteren Verbleib in der gegenständlichen Räumlichkeit zu animieren. Das Fehlen dieses Elementes, wird vorliegend auch nicht durch die sonstige Ausstattung des Betriebes „kompensiert“. Die Ausstattung ist vielmehr darauf angelegt, dass sich die Besucher auf den Wettvorgang als solchen (Suche nach Wetterereignissen, Abgabe der Wette, Kenntnisnahme des Ergebnisses und ggf. Abholen des Gewinns) beschränken. Auch die Betriebszeiten stellen kein wesentliches Indiz für die Annahme einer Vergnügungsstätte dar. Sie unterscheiden sich infolge der Liberalisierung der Regelungen zu den Ladenöffnungszeiten nicht mehr wesentlich von den Öffnungszeiten von anderen Gewerbebetrieben wie zum Beispiel Waren- oder Lebensmittelgeschäften, die auch an Werktagen teilweise bis 24.00 Uhr geöffnet haben.

17

Die Kammer folgt zwar nicht vollumfänglich der Einschätzung des Antragstellers, wonach sich das Wettbüro nicht von einer klassischen Lotto-/Toto-Annahmestelle unterscheide, die regelmäßig nur zur Abgabe eines Spielscheines oder zur Abholung eines Gewinnes aufgesucht wird und in der ein weiteres Verweilen der Kunden nicht stattfindet. Hiergegen spricht vor allem die räumliche Dimensionierung des beantragten Vorhabens und die Möglichkeit durch die Nutzung der Wettterminals und der Stehtische auch einen längeren Zeitraum in dem Betrieb zu verbringen. Die wohl weiterhin bestehenden Unterschiede zwischen einer klassischen Lotto-/Toto-Annahmestelle rechtfertigen gleichwohl nicht, den streitgegenständlichen Betrieb zwangsläufig als Vergnügungsstätte einzuordnen. Wie bereits erörtert, fehlt es bei dem streitgegenständlichen Betrieb an den unterhaltenden und „aufenthaltsverlängernden“ Elementen, die für die Annahme einer Vergnügungsstätte notwendig sind. Bei dem zur Genehmigung gestellten Wettbüro handelt es sich bauplanungsrechtlich insoweit um einen sonstigen Gewerbebetrieb.

18

Die Antragsgegnerin kann sich vorliegend nicht darauf berufen, dass mit der Neuplanung des streitgegenständlichen Bereiches allgemein der Ausschluss von städtebaulich unzuträglichen Wettbüros angestrebt werde und es nicht maßgeblich auf die planungsrechtliche Einordnung von Wettbetrieben als Vergnügungsstätten ankomme. Die von der Antragsgegnerin dargelegten Ziele, die mit der Neuaufstellung des Bebauungsplans erreicht werden sollen - Vermeidung des „Trading-Down-Effekts“, Sicherung der Versorgungsfunktion der Lübecker Innenstadt, Schutz des Weltkulturerbes etc. - sind zwar städtebaulich nachvollziehbar und auch schützenswert. Allerdings bezieht sich die Begründung des Aufstellungsbeschlusses zu dem Bebauungsplan - worauf es im Rahmen der planungsrechtlichen Sicherungsinstrumente gem. §§ 14, 15 BauGB entscheidend ankommt - zur Erreichung der dargestellten Ziele auf die planungsrechtliche Nutzungskategorie „Vergnügungsstätte“. Ausweislich der Vorlage zu dem Aufstellungsbeschluss wurde als wesentliches Planungsziel die Steuerung der Ansiedlung von Vergnügungsstätten durch die Art der baulichen Nutzung angegeben. Mit der Angabe dieses Zieles beginnt auch die Erörterung des Anlasses in der Begründung zu dem Aufstellungsbeschluss. Im Weiteren wird der Begriff der Vergnügungsstätten definiert und der Bezug zu Spielhallen hergestellt. Ferner erfolgt die Bezugnahme zu den möglichen städtebaulichen Auswirkungen von Spielhallen (v.a. „Trading-Down-Effekt“), die klassischerweise Vergnügungsstätten sind. Sodann wird dargestellt, dass es im Hinblick auf Wettbüros ebenfalls um die rechtssichere Regelung der Ansiedlung auch „solcher Vergnügungsstätten“ geht und deswegen ein neuer Bebauungsplan aufgestellt werden soll. Im Folgenden wird dann bei den Punkten „Bisherige Entwicklung“ und „Ziel der Planung“ stets der Begriff der Vergnügungsstätte verwendet. Im letztgenannten Abschnitt wird dann auch ausdrücklich der Zusammenhang zwischen der Steuerung von Vergnügungsstätten und den verfolgten städtebaulichen Zielen hergestellt, dort heißt es:

19

„Der Bebauungsplan soll durch die gezielte, restriktive Steuerung der Ansiedlung von Vergnügungsstätten sicherstellen, dass „Trading-Down-Effekte“ vermieden werden und die Lübecker Innenstadt ihre oberzentrale Versorgungsfunktion weiterhin erfüllen kann.“

20

In diesem Zusammenhang sind auch die weiteren Umstände für den Aufstellungsbeschluss in den Blick zu nehmen. Es entspricht nämlich der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass sich das für die Veränderungssperre bzw. Zurückstellung zu fordernde Mindestmaß an Planungsvorstellungen der Gemeinde nicht nur aus den Niederschriften über die Sitzungen der handelnden Organe, sondern auch aus allen erkennbaren Unterlagen und Umständen ergeben kann. Hierzu kann beispielsweise auch die anderen Akten zu entnehmende oder bekannte Vorgeschichte gehören (BVerwG, Beschl. v. 01.10.2009 - 4 BN 34/09 - juris). Wesentlicher Hintergrund für die geänderten Planungsabsichten der Antragsgegnerin ist, dass nach deren Ansicht mit dem Ausschluss von Spielhallen in dem Bebauungsplan 01.00.00 die städtebauliche Steuerung von Wettbüros/Wettlokalen nicht gesichert sei. Anlass war insbesondere eine Entscheidung des VG Schleswig, wonach das zu dem damaligen Zeitpunkt in Streit stehende Wettbüro/Wettlokal nicht als Spielhalle im Sinne von § 33 i GewO angesehen werden könne, es gleichwohl eine Vergnügungsstätte im städtebaulichen Sinn darstelle (vgl. Urt. v. 29.06.2011 - 8 A 92/10). Auch in den Zurückstellungsbescheid wird offensichtlich davon ausgegangen, dass Wettlokale/Wettbüros planungsrechtlich per se als Vergnügungsstätten einzustufen seien. Hinsichtlich der städtebaulichen Auswirkungen (v.a. „Trading-Down-Effekt“) werden diese mit den als Vergnügungsstätten einzuordnenden Spielhallen gleichgesetzt. Es wird nochmals ausdrücklich darauf abgestellt, dass mit der Neuaufstellung des Bebauungsplans 01.09.00 die Ansiedlung von Vergnügungsstätten einschließlich Wettlokalen gesteuert werden soll.

21

Wesentlicher planungsrechtlicher Anknüpfungspunkt für den Aufstellungsbeschlusses als auch für die Entscheidung über die Zurückstellung des Bauantrags war demnach die Annahme, dass es sich bei Wettbüros/Wettlokalen stets um Vergnügungsstätten im Sinne der BauNVO handelt. Deren Ansiedlung soll mit dem neuen Bebauungsplan gesteuert werden. Sofern es im Rahmen der Entscheidung über die Zurückstellung eines Bauantrags nach § 15 BauGB um die Frage geht, ob die Durchführung der Planung unmöglich gemacht oder erschwert wird, muss sich die Antragsgegnerin an dem von ihr in den Vordergrund gestellten planungsrechtlichen Begriff der Vergnügungsstätte festhalten lassen. Aus den dargestellten Inhalten und aus den Umständen zu dem Aufstellungsbeschluss zum Bebauungsplan 01.09.00 geht nach Auffassung der Kammer jedenfalls hervor, dass die Antragsgegnerin die Steuerung der Ansiedlung von Wettbüros/Wettlokalen beabsichtigt, wenn es sich dabei um Vergnügungsstätten im Sinne der BauNVO handelt. Wie bereits ausgeführt, spricht hierfür insbesondere auch die dargestellte Parallele zu Spielhallen und deren städtebauliche Auswirkungen. Eine Planungsabsicht, die Ansiedlung von jedweder Erscheinungsform von Wettvertriebsstätten, auch wenn es sich bei diesen nicht um Vergnügungsstätten sondern um sonstige Gewerbebetriebe im Sinne des Bauplanungsrechts handelt, zu steuern bzw. auszuschließen, kann dem Aufstellungsbeschluss und dessen Begründung nicht hinreichend entnommen werden. Bei dem Begriff Wettbüro/Wettlokal handelt es sich hingegen nicht um einen eigenständigen planungsrechtlichen Nutzungsbegriff gem. §§ 9 Abs. 1 Nr. 1, 9a Abs. 1 Nr. 1 BauGB i.V.m. §§ 2-14 BauNVO. Diese Erscheinungsformen von Wettvertriebsstätten sind entweder als Vergnügungsstätten oder als (sonstige) Gewerbebetriebe im Sinne der BauNVO anzusehen. Sofern die Antragsgegnerin eine Steuerung der Ansiedlung auch von solchen Wettvertriebsstätten, die keine Vergnügungsstätten im Sinn der BauNVO sind, über die Mittel der Bauleitplanung beabsichtigt, bedarf es hierzu einer präziseren Darstellung dieses Planungsziels und einer entsprechenden Begründung, die sich auch damit auseinanderzusetzen haben dürfte, welche städtebaulichen Auswirkungen von Wettvertriebsstätten ausgehen (können), die keine Vergnügungsstätten im Sinne der BauNVO sind.

22

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

23

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 63 Abs. 2 GKG. Dabei geht die Kammer in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Rechtsprechung des Beschwerdegerichts von einem Viertel des Betrages des entsprechenden Genehmigungswertes aus (vgl. OVG Schleswig, Beschl. v. 06.03.2014 - 1 O 3/14 - n.v.). Nach dem Streitwertkatalog des Beschwerdegerichts ist die Annahme eines Genehmigungswertes von 20.000,- € für die vorliegende gewerbliche Nutzung angemessen (Zuschlag von 100% auf einen Betrag von 10.000,- € für eine entsprechende Wohneinheit in einem Mehrfamilienhaus), mithin ist für das Eilverfahren ein Betrag von 5.000,- € anzunehmen.


Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 € festgesetzt.

Gründe

I. Die Antragstellerin wendet sich gegen eine zwangsgeldbewehrte und für sofort vollziehbar erklärte bauordnungsrechtliche Verfügung zur Unterbindung der Nutzung einer Räumlichkeit als Wettlokal für Sportwetten in Form einer Vergnügungsstätte.

Im Erdgeschoss des nach dem zweiten Weltkrieg wieder in Stand gesetzten Anwesens FlNr. ... Gemarkung A. (= W.) befinden sich Räumlichkeiten, die in der Vergangenheit als Ladengeschäft genutzt worden sind (vgl. u. a. den auf Umbaumaßnahmen eines Schuhgeschäfts bezogenen Baugenehmigungsbescheid vom 3. Juni 1982).

Mit Bescheid vom 10. September 2012 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag des vormaligen Betreibers /Pächters auf baurechtliche Genehmigung der Nutzungsänderung des im Erdgeschoss des vorgenannten Anwesen befindlichen Ladens in ein - schon damals tatsächlich bereits betriebenes - Büro für Sportwetten unter Hinweis auf eine am 3. August 2012 in Kraft getretene Veränderungssperre ab. Mit Urteil vom 26. September 2013 wies das Verwaltungsgericht Augsburg die gegen die Ver-sagung der Nutzungsänderungsgenehmigung gerichtete Verpflichtungsklage ab (Au 5 K 12.1307). Mit Beschluss vom 23. April 2015 lehnte der Verwaltungsgerichtshof den Antrag auf Zulassung der Berufung ab (15 ZB 13.2377).

Unter dem 29. Januar 2013 untersagte die Antragsgegnerin dem vormaligen Betreiber /Pächter, die ehemalige Ladeneinheit im Erdgeschoss des Anwesens als Wettlokal für Sportwetten zu betreiben bzw. durch Dritte betreiben zu lassen. Mit Urteil vom 26. September 2013 hob das Verwaltungsgericht Augsburg die in Nr. 2 des Tenors des Bescheids vom 29. Januar 2013 verfügte Zwangsgeldandrohung auf und wies die Anfechtungsklage gegen die Nutzungsuntersagungsverfügung im Übrigen ab (Au 5 K 13.225). Mit Beschluss vom 23. April 2015 lehnte der Verwaltungsgerichtshof den (gegen die Klageabweisung im Übrigen gerichteten) Antrag auf Zulassung der Berufung ab (15 ZB 13.2378).

Laut einer in den Behördenakten befindlichen Gewerbeanmeldung vom 1. September 2014 nahm die Antragstellerin unter der Adresse W., ... folgende gewerbliche Tätigkeit auf:

„Weitergabe von Sportinformationen, Annahme von Kundenaufträgen zur Abgabe und Vermittlung von Sport- und Oddsetwetten an staatliche Konzessionslotterien auch mittels Online-Kurierdienste, Vermietung von Internetanschlüssen, Getränkeausschank (…).“

Die Antragsgegnerin führte ab Juni 2015 mehrere Baukontrollen durch. In einem Aktenvermerk vom 19. November 2015 über eine Ortsbesichtigung desselben Tages im Wettbüro „T...“ in der W. - als Betreiber wird im Aktenvermerk die Antragstellerin aufgeführt - hielt der Bauaufseher der Antragsgegnerin fest:

„Das Wettbüro war in Betrieb. In der Spielhalle befanden sich 5 Wettautomaten (Wett-Terminals), alle waren in Betrieb, auf insgesamt 6 Bildschirmen wurden die aktuellen Wettquoten angezeigt. Den Besuchern steht ein WC zur Verfügung. Die Gäste haben Zugriff auf einen Getränkeautomat. Ein Briefkasten für das Wettbüro ist nicht vorhanden.

Nach Inspektion und Stellungnahme von Herrn B... und Herrn R... vor Ort können auch die 5 Wett-Terminals als Bildschirm verwendet werden, um sich - ähnlich wie auf den 6 zusätzlich vorhandenen Bildschirmen - die Live-Wetten anzeigen zu lassen. (…)“

Mit dem streitgegenständlichen, am 2. Dezember 2015 zur Post gegebenen Bescheid vom 30. November 2015 untersagte die Antragsgegnerin der Antragstellerin - unter Anordnung des Sofortvollzugs (Nr. 2), unter Androhung eines Zwangsgeldes i.H. von 2.000,- € (Nr. 3) sowie unter gleichzeitiger (ebenfalls sofort vollziehbarer) Duldungsanordnung gegenüber den Grundstückseigentümern (Nr. 4, mit Zwangsgeldandrohung unter Nr. 5) - mit Nr. 1 Satz 1, die ehemalige Ladeneinheit im Erdgeschoss des betroffenen Anwesens als Wettlokal für Sportwetten in Form einer Vergnügungsstätte zu betreiben bzw. durch Dritte betreiben zu lassen. Zu diesem Zweck seien sämtliche (sechs) Bildschirme und (fünf) Wett-Terminals zu beseitigen (Nr. 1 Satz 2). Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Nutzungsänderung nicht genehmigungsfähig sei. Mit der den Besuchern über die Wett-Terminals eingeräumten Möglichkeit, das Spiel- bzw. Wettgeschehen live zu verfolgen und an Sportwetten teilzunehmen, sowie aufgrund des Vorhandenseins eines Getränkeautomaten und von drei Stehtischen bestehe zu einem Verweilen ausreichend Gelegenheit, so dass das Wettlokal mit einer Gesamtnutzfläche von 127 m² als kerngebietstypische Vergnügungsstätte einzuordnen sei. Dies sei im hier gegebenen faktischen Mischgebiet gem. § 34 Abs. 2 des Baugesetzbuches (BauGB) i.V. mit § 6 der Baunutzungs-verordnung (BauNVO) bauplanungsrechtlich unzulässig, zumal zur Sicherung der Planung eine am 3. August 2012 in Kraft getretene Veränderungssperre erlassen worden sei. Ein vormals gestellter Antrag auf Nutzungsänderung in ein Büro für Sportwetten sei mit Bescheid vom 10. September 2012 abgelehnt worden. In Ausübung ihrer Planungshoheit lehne die Antragsgegnerin eine Ausnahme von der Veränderungssperre ab. Infolge des festgestellten Sachverhalts könne die Nutzungsuntersagung, zu deren Umsetzung die Bildschirme und Wett-Terminals zu beseitigen seien, gestützt auf Art. 76 Abs. 2 BayBO in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens ausgesprochen werden. Hierfür genüge bereits die formelle Rechtswidrigkeit, d. h. die Nutzung ohne die hierfür erforderliche Baugenehmigung. Die Nutzungsuntersagung stehe im öffentlichen Interesse und sei auch verhältnismäßig. Aufgrund einer negativen Vorbildwirkung liege die angeordnete sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse.

Am 8. Dezember 2015 erhob die Antragstellerin Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg mit dem Antrag, den Bescheid vom 30. November 2015 aufzuheben. Über die Klage ist - soweit nach Aktenlage ersichtlich ist - bislang nicht entschieden. Ebenfalls am 8. Dezember 2015 beantragte die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht, die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen bzw. anzuordnen. Die Antragstellerin wies im erstinstanzlichen Verfahren u. a. darauf hin, dass die Sitzgelegenheiten und der vormalige Getränkeautomat entfernt worden seien. Außerdem betrage die Nutzfläche des Ladens nur noch ca. 40 m².

Mit Beschluss vom 15. Januar 2016 lehnte das Verwaltungsgericht den Eilantrag ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, die unter Nr. 1 Satz 1 des Bescheides ausgesprochene Nutzungsuntersagung sei gemäß Art. 76 Satz 2 der Bayerischen Bauordnung (BayBO) voraussichtlich rechtmäßig und verletze die Antragstellerin nicht in ihren Rechten. Die hier vorliegende genehmigungspflichtige Nutzungsänderung, die die Vermittlung von Live-Wetten umfasse, überschreite die Schwelle zur Vergnügungsstätte. Da sich die Nutzung der Betriebsstätte nicht mehr im Rahmen der Variationsbreite der genehmigten gewerblichen Nutzung als Ladengeschäft bewege, sei die untersagte Nutzung formell rechtswidrig. Die untersagte Nutzung als Vergnügungsstätte sei - mit Blick auf die erst im Hauptsacheverfahren zu klärenden genauen Verhältnisse im betroffenen unbeplanten Ortsteil - auch nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Die Ermessensausübung der Antragsgegnerin sei nicht zu beanstanden. Nr. 1 Satz 2 des Bescheides sei ebenfalls von Art. 76 Satz 2 BayBO gedeckt, weil sich vorliegend die rechtswidrige Nutzung gerade im Vorhandensein der zu beseitigenden Gegenstände manifestiere. Die Zwangsgeldandrohung (Nr. 3) sei hinreichend bestimmt und halte sich hinsichtlich Fristsetzung und Höhe im Rahmen des Angemessenen.

Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Rechtsschutzbegehren weiter.

Sie beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 15. Januar 2016 abzuändern und die aufschiebende Wirkung gegen Nr. 1 des Bescheides vom 30. November 2015 wiederherzustellen sowie gegen Nr. 3 des Bescheides anzuordnen.

Die Antragsgegnerin hat sich im laufenden Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Behördenakten verwiesen.

II. Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die von der Antragstellerin innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist dargelegten Gründe, auf die sich die Prüfung beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Abänderung oder Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragstellerin nach der im Verfahren gem. Art. 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung zu Recht abgelehnt. Die Anfechtungsklage der Antragstellerin gegen Nr. 1 des Bescheides vom 30. November 2015 sowie gegen Nr. 3 dieses Bescheides wird voraussichtlich keinen Erfolg haben. Der Bescheid vom 30. November 2015 ist aller Voraussicht nach rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 76 Satz 2 BayBO als Befugnisnorm sind mit hoher Wahrscheinlichkeit erfüllt; Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Das Vorbringen der Antragstellerin rechtfertigt keine andere Beurteilung.

1. Nach der im Verfahren gem. § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung ist von den tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 76 Satz 2 BayBO für eine Nutzungsuntersagung auszugehen.

In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist geklärt, dass ein Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften im Sinn von Art. 76 Satz 2 BayBO‚ der den Erlass einer Nutzungsuntersagung rechtfertigt‚ bei einem genehmigungspflichtigen Vorhaben grundsätzlich schon dann vorliegt‚ wenn das Vorhaben - wie hier - ohne Baugenehmigung ausgeführt wird. Die Nutzungsuntersagung hat - insoweit einer Baueinstellung entsprechend - die Funktion‚ den Bauherrn auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen; es muss daher in der Regel nicht geprüft werden, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Allerdings darf eine formell rechtswidrige Nutzung grundsätzlich nicht untersagt werden‚ wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist. Eine offensichtlich materiell rechtmäßige Nutzung zu untersagen‚ ohne den Bauherrn vorher vergeblich nach Art. 76 Satz 3 BayBO aufgefordert zu haben‚ einen Bauantrag zu stellen‚ wäre unverhältnismäßig (vgl. z. B. BayVGH, U. v. 19.5.2011 - 2 B 11.353 - BayVBl. 2012, 86 = juris Rn. 30 ff.; U. v. 16.2.2015 - 1 B 13.648 - NVwZ-RR 2015, 607 = juris Rn. 22; B. v. 23.04.2015 - 15 ZB 13.2378 - juris Rn. 5 f.; B. v. 8.6.2015 - 2 ZB 15.61 - juris Rn. 3; Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand September 2015, Art. 76 Rn. 282 m. w. N.).

Für die Rechtmäßigkeit einer Nutzungsuntersagungsverfügung kommt es deshalb nicht darauf an, ob die Bauaufsichtsbehörde das Vorhaben für genehmigungsfähig hält, sondern darauf, ob das Vorhaben o f f e n s i c h t l i c h genehmigungsfähig ist. Der Betrieb der Antragstellerin ist derzeit weder als Wettannahmestelle noch als Wettvermittlungsstelle, Wettbüro oder als Vergnügungsstätte genehmigt. Es liegt nach summarischer Prüfung auch nicht auf der Hand, dass das Vorhaben genehmigungsfähig ist. Vielmehr muss die Genehmigungsfähigkeit im laufenden Baugenehmigungsverfahren noch geklärt werden.

a) Der Betrieb von Wettvermittlungsstellen kommt in bauplanungsrechtlicher Hinsicht seiner Art nach als Gewerbebetrieb oder als Vergnügungsstätte in Betracht (gegen die Einstufung als Laden i. S. v. §§ 2 bis 4a BauNVO vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Aufl. 2014, § 4a Rn. 23.69). In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird zwischen sog. „Wettannahmestellen“ und „Wettbüros“ unterschieden. Während bloße Wettannahmestellen für Sportwetten mit den Annahmestellen für Lotto und Toto gleichgestellt werden, sind Wettbüros als Vergnügungsstätten zu behandeln, wenn sie auch der kommerziellen Unterhaltung dienen (BayVGH, B. v. 23.4.2015 - 15 ZB 13.2377 - juris Rn. 15; B. v. 7.5.2015 - 15 ZB 14.2673 - juris Rn. 5 f.; B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 14; B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 7; OVG Berlin-Bbg, U. v. 6.10.2015 - OVG 10 B 1.14 - juris Rn. 42; OVG Rh-Pf., B. v. 14.4.2011 - 8 B 10278/11 - NVwZ-RR 2011, 635 = juris Rn. 11; OVG Saarl, B. v. 24.4.2009 - 2 B 265/09 - BauR 2010, 449 = juris Rn. 13; HessVGH, B. v. 25.8.2008 - 3 UZ 2566/07 - NVwZ-RR 2009, 143 = juris Rn. 5; vgl. auch Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Kommentar, Stand November 2015, § 6 BauNVO Rn. 43; Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Auflage 2014, § 4a Rn. 23.69; Mitschang, ZfBR 2012, 419 ff. - jeweils m. w. N.).

Nach der im Verfahren gemäß § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung stellt die tatsächlich betriebene Wettvermittlungsstelle der Antragstellerin eine Vergnügungsstätte in Form eines Wettbüros dar. Unter Wettbüros in diesem Sinn fallen nach der Rechtsprechung des Senats - die entgegen den Darlegungen der Beschwerdebegrünung nicht singulär geblieben ist - Räumlichkeiten, in denen zwischen dem Kunden (Spieler), dem Wettbüro (Vermittler) und dem - meist im europäischen Ausland ansässigen - Wettunternehmen Transaktionen abgeschlossen werden, wobei es sich um Sportwetten bzw. um Wetten auf diverse sonstige Ereignisse handelt. Hinzu kommt im Regelfall, dass die Räumlichkeiten - insbesondere durch die Anbringung von Bildschirmen - Gelegenheit bieten, die Wettangebote bzw. -ergebnisse live mit zu verfolgen (vgl. BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 14; ebenso: BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 7; vgl. auch OVG Berlin-Bbg, U. v. 6.10.2015 - 10 B 1.14 - juris Rn. 42; OVG NW, B. v. 14.2.2014 - 2 A 1181/13 - juris Rn. 14 m. w. N.). Mit der Installation von Monitoren und dem Bereithalten von Wett-Terminals, auf denen die Sportereignisse, auf die aktuell gewettet werden kann, sowie die Wettarten und Wettquoten aufgelistet sind, hat die Antragstellerin eine nicht genehmigte Nutzung als Vergnügungsstätte aufgenommen. Allein die Vermittlung von Live-Wetten in einer - wie vorliegend - Wettvermittlungsstelle mit Monitoren, die ein Verfolgen aktueller Spielstände o.ä., auf die gewettet werden kann, ermöglicht, überschreitet nach der Rechtsprechung des Senats schon die Schwelle zur Vergnügungsstätte. Denn Live-Wetten bieten anders als Sportwetten, bei denen lediglich auf das Eintreffen eines Sportergebnisses zu festen Gewinnquoten gesetzt wird, eine rasche Aufeinanderfolge der Wettmöglichkeiten und verleiten den Kunden damit zu einem Verweilen bis zum Eintritt der jeweiligen Wettergebnisse, während dessen der Kunde die aktuellen Quoten und die Ergebnisse der Wettkämpfe auf Monitoren verfolgen und ggf. seine weiteren Wetten danach ausrichten kann. Die hier durch das Anbringen der Monitore zum Ausdruck kommende Bereitschaft zur Vermittlung von Live-Wetten dient daher, anders als eine bloße Wettannahmestelle, überwiegend der kommerziellen Unterhaltung. Dass es nach dem Vorbringen der Antragstellerin an Sitzgelegenheiten oder TV-Bildschirmen zur Übertragung von Sportereignissen fehle, keine Getränke ausgeschenkt oder Speisen verkauft würden und es keine Unterhaltungsspiele gebe, hindert grundsätzlich nicht die Annahme einer Vergnügungsstätte. Die Ausstattung eines Wettbüros mit Sitzgruppen oder TV-Bildschirmen, das Bereitstellen von Getränken und Speisen oder das Vorhalten von Unterhaltungsspielen sind lediglich (weitere) Indizien für das Vorliegen einer Vergnügungsstätte (vgl. BayVGH, B. v. 23.4.2015 - 15 ZB 13.2377 - juris Rn. 15, 20; B. v. 7.5.2015 - 15 ZB 14.2673 - juris Rn. 5; B. v. 8.6.2015 - 2 ZB 15.61 - juris Rn. 3; OVG Berlin-Bbg, U. v. 6.10.2015 - 10 B 1.14 - juris Rn. 42; VGH BW, B. v. 1.2.2007 - 8 S 2606/06 - BauR 2007, 1217 = juris Rn. 4; VG München, U. v. 17.2.2014 - M 8 K 13.1878 - juris Rn. 31 f.; VG Minden, B. v. 10.2.2006 - 1 L 69/06 - juris Rn. 17), aber keine unabdingbare Voraussetzung hierfür. Nichts anderes gilt hinsichtlich der Größe des Betriebs. Diese ist ein Kriterium zur Unter-scheidung von kerngebietstypischen und nicht kerngebietstypischen Vergnügungs-stätten (exemplarisch VG Ansbach, U. v. 21.10.2015 - AN 9 K 14.00663 - m. w. N.). Eine Vergnügungsstätte liegt aber nicht erst ab einer bestimmten Flächengröße vor. Der „Verweilcharakter“, den die Antragstellerin dem Vorhaben abzusprechen sucht, folgt demnach vorliegend nicht aus einer möglichst angenehmen oder geselligen Atmosphäre, die dem Kunden neben dem Abschluss seiner Wette angeboten werden soll, sondern schlicht aus der Möglichkeit, sich während des Laufs der Sportveranstaltungen in den Räumen des Wettbüros aufzuhalten, um die über Wandmonitore ausgestrahlten aktuellen Quoten und Ergebnisse der Wettkämpfe live zu verfolgen und noch während der laufenden Sportveranstaltungen in schneller Abfolge auf bestimmte Ereignisse zu wetten (zum Ganzen: BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 12 ff.; ebenso: BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 8; VG Saarl., U. v. 19.11.2014 - 5 K 2185/13 - juris Rn. 51 ff., 55; VG Gelsenkirchen, B. v. 30.9.2015 - 10 L 1877/15 - juris Rn. 28; VG Göttingen, U. v. 8.10.2015 - 2 A 231/14 - juris Rn. 49; abweichend: VG München, U. v. 24.6.2013 - M 8 K 12.4195 - juris Rn. 28 f.; VG Neustadt/Weinstr., B. v. 9.2.2011 - 3 L 59/11.NW - juris Rn. 11 ff., 24 ff.; VG Schleswig, B. v. 9.5.2014 - 8 B 10/14 - juris Rn. 14 ff.; enger als hier wohl auch OVG Rh-Pf., B. v. 14.4.2011 - 8 B 10278/11 - NVwZ-RR 2011, 635 = juris Rn. 11).

Der Wechsel von der (bislang genehmigten) Ladennutzung in eine Nutzung als Wettbüro /Vergnügungsstätte ist gemäß Art. 55 Abs. 1 BayBO baugenehmigungspflichtig. Eine verfahrensfreie Nutzungsänderung i. S. von § 57 Abs. 4 Nr. 1 BauNVO kommt nicht in Betracht, weil eine Vergnügungsstätte in bauplanungsrechtlicher Hinsicht anders zu beurteilen ist als eine bislang genehmigte schlicht gewerbliche Nutzung als Ladenlokal. Bei diesem Nutzungswechsel ist zudem von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit, die der Einschlägigkeit der Befugnisnorm des Art. 76 Satz 2 BayBO entgegenstünde (s.o.), nicht auszugehen.

Dem Verwaltungsgerichtshof sind im Beschwerdeverfahren die aktuellen Genehmigungsunterlagen, aus denen sich die Begrenzung der Nutzfläche ergeben soll, nicht vorgelegt worden. Auch kann ohne Inaugenscheinnahme der Räumlichkeiten nicht beurteilt werden, inwiefern der gegenwärtige Betrieb des Wettbüros tatsächlich auf einer begrenzten Nutzfläche stattfindet. Nach Aktenlage kann der Senat mithin nicht einschätzen, ob die Wettvermittlungsstätte aufgrund ihrer Größe oder ihrer besonderen - einen größeren Einzugsbereich ansprechenden - Attraktivität bereits die Schwelle zu einer kerngebietstypischen Vergnügungsstätte erreicht (vgl. BVerwG, B. v. 19.11.1990 - 4 B 162/90 - juris Rn. 8; B. v. 29.10.1992 - 4 B 103/92 - NVwZ-RR 1993, 287 = juris Rn. 4; BayVGH, U. v. 24.3.2011 - 2 B 11.59 - BauR 2011, 1785 = juris Rn. 27, 28; VG Ansbach, U. v. 1.7.2015 - AN 9 K 14.01543 - juris Rn. 33; VG Ansbach, U. v. 21.10.2015 - AN 9 K 14.00663 - juris Rn. 28 ff.; VG Saarl., U. v. 19.11.2014 - 5 K 2185/13 - juris Rn. 58 ff.; VG Göttingen, U. v. 8.10.2015 - 2 A 231/14 - juris Rn. 52; Stock in König/Roeser/Stock, Baunutzungsverordnung, 3. Aufl. 2014, § 4a Rn. 36; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Kommentar, Stand November 2015, § 6 BauNVO Rn. 43). Insofern ist dem Senat im Eilverfahren keine abschließende Bewertung möglich, ob es sich vorliegend um eine Vergnügungsstätte handelt, die wegen ihrer Zweckbestimmung oder wegen ihres Umfangs nur in Kerngebieten allgemein zulässig wäre (vgl. § 4a Abs. 3 Nr. 2, § 6 Abs. 2 Nr. 8, Abs. 3, § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO). Hierauf kommt es aber letztlich nicht an.

Die genehmigungspflichtige Änderung der Nutzung in eine Vergnügungsstätte (s.o.) ist auch dann nicht offensichtlich genehmigungsfähig,

- wenn nach Maßgabe der im Baugenehmigungsverfahren eingereichten und zu prüfenden Bauvorlagen, insbesondere nach Maßgabe der Planzeichnung und der gemäß § 3 Nr. 3, § 9 der Verordnung über Bauvorlagen und bauaufsichtliche Anzeigen (Bauvorlagenverordnung - BauVorlV) mit einzureichenden Betriebsbeschreibung (vgl. für eine Wettvermittlungsstelle BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 17) von einer nicht kerngebietstypischen Vergnügungsstätte auszugehen sein sollte,

- wenn der baurechtlichen Zulassung der Nutzungsänderung die vormals erlassene Veränderungssperre wegen Zeitablaufs nicht mehr entgegenstehen sollte und die Antragsgegnerin immer noch keinen Bebauungsplan, dessen Festsetzungen dem Vorhaben entgegenstünden, erlassen hat sowie

- wenn - wovon offenbar beide Parteien ausgehen (vgl. Seite 3 des streitgegenständlichen Bescheides vom 30. November 2015; Seite 2 der erstinstanzlichen Antragserwiderung der Antragsgegnerin vom 21. Dezember 2015, Bl. 191 der Gerichtsakte Au 5 S 15.1788) - das Vorhaben in einem faktischen Mischgebiet i. S. von § 34 Abs. 2 BauGB i.V. mit § 6 BauNVO liegen sollte.

Innerhalb eines (faktischen) Mischgebiets sind Vergnügungsstätten im Sinne des § 4 a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO nur in den Teilen des Gebiets zulässig, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind (§ 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO). Dass diese Voraussetzung am Standort des Vorhabens ohne Weiteres gegeben wäre, ist nach Aktenlage nicht ersichtlich und wird auch von der Antragstellerin nicht substanziiert dargelegt (zur wertenden Gesamtbetrachtung bei der Anwendung des § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO: VG Ansbach, U. v. 1.7.2015 - AN 9 K 14.01543 - juris Rn. 45; VG Göttingen, U. v. 8.10.2015 - 2 A 231/14 - juris Rn. 64 ff. m. w. N.). Sollte das Vorhaben aber alternativ nur ausnahmsweise zulassungsfähig sein (§ 6 Abs. 3 BauNVO), kann von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit nicht die Rede sein (BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 13; VG Saarl., U. v. 19.11.2014 - 5 K 2185/13 - juris Rn. 61). Welche Alternative hier einschlägig ist, lässt sich - ebenso wie die Frage, ob von einer nicht kerngebietstypischen Vergnügungsstätte auszugehen ist - für den Senat nicht ohne weiteres anhand der Akten klären. Dies würde - zumal die Antragsgegnerin eine Situierung in einem durch Wohnnutzung geprägten Bereich vorgetragen hat (vgl. Seite 4 der Antragserwiderung vom 21. Dezember 2015) - entsprechende Ermittlungen abverlangen. Diese müssen zunächst im laufenden Baugenehmigungsverfahren erfolgen. Von einer Offensichtlichkeit der Zulässigkeit der streitgegenständlichen Nutzung des (bisherigen) Ladenlokals als Wettannahmestelle kann mithin nicht die Rede sein.

b) Der Wechsel von der (bislang genehmigten) Ladennutzung in die vorliegende Nutzung als Wettvermittlungsstelle ist gemäß Art. 55 Abs. 1 BayBO im Übrigen auch dann baugenehmigungspflichtig, wenn sich im Baugenehmigungsverfahren herausstellen sollte, dass - entgegen der vorher unter a) erfolgten (summarischen) Einordnung als Vergnügungsstätte - die Nutzungsänderung lediglich eine Wettannahmestelle im Sinne eines bloßen sonstigen Gewerbebetriebs zum Gegenstand hat. Aus Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO ergibt sich, dass eine Nutzungsänderung genehmigungspflichtig ist, wenn durch die Verwirklichung eines Vorhabens die einer jeden Art von Nutzung eigene „Variationsbreite“ verlassen wird - nur dann handelt es sich um eine Nutzungsänderung im baurechtlichen Sinn - und wenn für die neue Nutzung andere bauordnungs- oder bauplanungsrechtliche Anforderungen in Betracht kommen als für die bisherige Nutzung (BayVGH, U. v. 19.5.2011 - 2 B 11.353 - BayVBl. 2012, 86 = juris Rn. 31; B. v. 10.6.2010 - 1 ZB 09.1971 - juris Rn. 15). Von einer genehmigungsfreien Nutzungsänderung gem. Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO ist bereits dann schon nicht mehr auszugehen, wenn die Zulässigkeit des geänderten Vorhabens i. S. von Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO anders beurteilt werden kann; ob das tatsächlich der Fall ist, ist im Genehmigungsverfahren erst zu prüfen (Molodovsky in Molodovsky/Famers/Kraus, Bayerische Bauordnung, Stand: Dez. 2015, Art. 57 Rn. 224 m. w. N.; nach nordrhein-westfälischem Landesrecht vgl. VG Gelsenkirchen, B. v. 30.9.2015 - 10 L 1877/15 - juris Rn. 13 f. m. w. N.). Entscheidend für die Genehmigungspflicht ist im vorliegenden Fall allein schon der Umstand, dass den vormals als Ladengeschäft genehmigten Räumlichkeiten eine völlig neue Zweckbestimmung gegeben wurde, deren Zuordnung je nach Einordnung als schlichte Wettannahmestelle oder als Wettbüro sowie je nach dem Ergebnis der Prüfung im Baugenehmigungsverfahren als schlichter Gewerbebetrieb oder als Vergnügungsstätte in Betracht kommt, die jeweils anderen planungsrechtlichen Anforderungen unterliegen (im faktischen Mischgebiet vgl. etwa § 34 Abs. 2 BauGB i.V. mit § 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO einerseits, § 6 Abs. 2 Nr. 8 und Abs. 3 BauNVO andererseits).

Allein schon die unter a) aufgezeigte rechtliche Kontroverse, wann eine Wettvermittlungsstelle die Schwelle zu einer Vergnügungsstätte überschreitet (vgl. die oben zitierten Gegenansichten zur Haltung des Senats; zusammenfassend zum Streitstand: VG Saarl., U. v. 19.11.2014 - 5 K 2185/13 - juris Rn. 51 ff.) zeigt, dass schon in rechtlicher Hinsicht jedenfalls nicht von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit auszugehen ist. Dasselbe gilt hinsichtlich des Einwands der Antragstellerin, dass jedenfalls im vorliegenden Fall gegen den „Verweilcharakter“ und damit gegen die Vergnügungsstättenqualität ihrer Wettvermittlungsstelle spreche, dass - wie die Erhebungen des Personals in der Zeit vom 8. Dezember 2015 bis zum 11. Dezember 2015 zeigten - sich die Kunden grundsätzlich nicht länger als wenige Minuten in ihrem Laden aufhielten. Unabhängig von der Frage, ob bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise allein aus tatsächlich erhobenen Daten überhaupt die Zweckbestimmung als Vergnügungsstätte in Frage gestellt werden kann (vgl. BayVGH, B. v. 23.4.2015 - 15 ZB 13.2377 - juris Rn. 20), unabhängig davon, dass die Erhebung von Dienstag bis Freitag (und damit nicht an den für Sportevents womöglich interessanteren Wochenendtagen) stattfand, und unabhängig von der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Erhebung über einen Zeitraum von lediglich vier Tagen bereits repräsentativ sein kann, zeigt auch die von der Antragstellerin erstellte Auflistung, dass es auch Kundenbesuche von 30 Minuten und länger gab (so etwa am Abend des 8. Dezember 2015: 18:00 Uhr bis 18:45 Uhr; 18:02 Uhr bis 18:40 Uhr; 18:07 Uhr bis 18:37 Uhr; 18:56 Uhr bis 19:25 Uhr; 18:56 Uhr bis 19:50 Uhr; 19:56 Uhr bis 20:30 Uhr; 20:09 Uhr bis 20:45 Uhr; 2 x 20:50 Uhr bis 21:40 Uhr; 2 x 21:25 Uhr bis 21:50 Uhr). Zudem wäre es auch insofern zunächst Sache der Baugenehmigungsbehörde, dem im Baugenehmigungsverfahren im Einzelnen nachzugehen, so dass jedenfalls allein die Behauptung, die Kundenbesuche bei der Antragstellerin dauerten grundsätzlich nur wenige Augenblicke oder Minuten, nicht genügt, um die Offensichtlichkeit der Genehmigungsfähigkeit zu begründen.

Soweit die Antragstellerin in ihrer Antragsbegründung weiter ausführt, dass auch Monitore und Terminals mit Anzeigen von Quoten und Liveergebnissen mittlerweile zur Standardausstattung von Lotto-Annahmestellen gehörten, ist dies für die Beurteilung des vorliegenden Falles irrelevant. Bei jeder - bundesweit betroffenen - Wettvermittlungsstelle hinge die Zulässigkeit von den jeweiligen baurechtlichen Genehmigungen ab. Soweit als solche genehmigte bloße Wettannahmestellen ihren Betrieb wesentlich ändern und nunmehr über Monitore und Terminals mit aktueller Spielstandanzeige und aktuellen Wettquoten Live-Wetten anbieten, handelt es sich um eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung. Das folgt allein schon aus einer - möglichen - Einordnung des Wettbüros als Vergnügungsstätte (s.o.; ebenso: VG Gelsenkirchen, B. v. 30.9.2015 - 10 L 1877/15 - juris Rn. 33).

c) Im Übrigen können sich im Fall der Umnutzung eines bisherigen Ladenlokals in ein Wettbüro bzw. in eine Wettannahmestelle - ggf. neben der Stellplatzfrage - auch mit Blick auf das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot modifizierte, im Baugenehmigungsverfahren zu prüfende Anforderungen ergeben (vgl. BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 9). Laut den von der Antragstellerin vorgelegten Erhebungen des Personals über Kundenbesuche in der Zeit vom 8. Dezember 2015 bis zum 11. Dezember 2015 hatte die Wettvermittlungsstelle der Antragstellerin - anders als eine herkömmliches Ladengeschäft - jedenfalls auch bis weit nach 22:00 Uhr geöffnet. Auch insofern kann sich die Zulässigkeit des Vorhabens mit Blick auf die Lärmbelastung der Nachbarschaft nach geänderten Maßstäben i. S. von Art. 55 Abs. 1, Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO richten, so dass auch in dieser Hinsicht nach Aktenlage bzw. nach summarischer Prüfung von einer genehmigungspflichtigen Nutzungsänderung - unabhängig von der Einordnung als Wettannahmestelle oder als Wettbüro bzw. als herkömmlicher Gewerbebetrieb oder Vergnügungsstätte - auszugehen ist. Selbst wenn mithin lediglich eine Wettannahmestelle als sonstiger Gewerbebetrieb (§ 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO) ohne Vergnügungsstättenqualität vorläge, wäre das Vorhaben aus den genannten Gründen nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Aufgrund der sich durch die neue Nutzung und die neuen Öffnungszeiten ändernden Emissionsverhältnisse und der damit ggf. einhergehenden neuen und erhöhten Belastungen für die Nachbarschaft kann die Genehmigungsfrage neu aufgeworfen werden, so dass auch aus diesem Grund von einer genehmigungspflichtigen und jedenfalls nicht ohne Weiteres - d. h. nicht offensichtlich - genehmigungsfähigen Nutzungsänderung auszugehen ist (BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 13; ebenso OVG Rh-Pf., B. v. 14.4.2011 - 8 B 10278/11 - NVwZ-RR 2011, 635 = juris Rn. 12 ff.; VG Gelsenkirchen, B. v. 30.9.2015 - 10 L 1877/15 - juris Rn. 34).

2. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.

Das der Antragsgegnerin eingeräumte Eingriffsermessen wird in erster Linie entsprechend dem mit der Befugnisnorm verfolgten Ziel, rechtmäßige Zustände herzustellen, durch Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte bestimmt. Die Bauaufsichtsbehörde muss in einer Weise vorgehen‚ mit der die ihr obliegende Aufgabe‚ für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu sorgen‚ möglichst effektiv erfüllt wird; liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Nutzungsuntersagung vor‚ muss im Regelfall nicht näher begründet werden‚ weshalb von der Eingriffsbefugnis Gebrauch gemacht wird (sog. intendiertes Ermessen; vgl. BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 20; BayVGH, U. v. 16.2.2015 - 1 B 13.648 - NVwZ-RR 2015, 607 = juris Rn. 35 m. w. N.; Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand September 2015, Art. 76 Rn. 301 m. w. N.). Die Antragsgegnerin hat jedenfalls ihr Ermessen erkannt, indem sie im Bescheid vom 30. November 2015 (Seite 4) darauf abgestellt hat, dass eine Nutzungsuntersagung bei dem festgestellten Sachverhalt gestützt auf Art. 76 Abs. 2 BayBO in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens habe ausgesprochen werden dürfen und dass insofern bereits die formelle Rechtswidrigkeit, d. h. die Nutzung ohne die hierfür erforderliche Baugenehmigung, genüge. Insofern spielt es auch keine Rolle, dass - selbst wenn die Veränderungssperre ausgelaufen und nicht erneuert worden sein sollte - die Antragstellerin im Rahmen ihrer Erwägungen im Bescheid ergänzend darauf verwiesen hat, eine Ausnahme von der Veränderungssperre abzulehnen.

Es hält sich ferner im Rahmen des von Art. 76 Satz 2 BayBO eröffneten Ermessens, dass die Antragsgegnerin neben der (inhaltlich beschränkten) Betriebsuntersagung in Nr. 1 Satz 2 des Bescheides vom 30. November 2015 auch die Beseitigung sämtlicher (sechs) Bildschirme und (fünf) Wett-Terminals angeordnet hat. Gegen die auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Bezug nehmenden begründenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts (vgl. Rn. 32 ff. der Ausfertigung des Beschlusses vom 15. Januar 2016), wonach eine Nutzungsuntersagung die Verpflichtung zum Entfernen von Gegenständen beinhalte, wenn sich die rechtswidrige Nutzung gerade im Vorhandensein bestimmter Gegenstände - wie vorliegend die Monitore und die Wett-Terminals - manifestiere (vgl. BayVGH, U. v. 19.11.2007 - 25 B 05.12 - BayVBl. 2008, 629 = juris Rn. 24; ebenso z. B.: VG Regensburg, U. v. 24.7.2012 - RO 6 K 12.428 - juris Rn. 60; VG Aachen, B. v. 1.2.2012 - 3 L 280/11 - juris Rn. 72 f.), hat die Antragstellerin keine substanziierten Einwände i. S. von § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO erhoben.

3. Gegen die Beseitigung der Wett-Terminals und Monitore bestehen auch mit Blick auf das Übermaßverbot keine Bedenken. Insbesondere steht die Geeignetheit der Beseitigungsverpflichtung nicht in Frage. Die schlichte Untersagung, Live-Wetten anzubieten, wäre schon kein gleich effektives Mittel. Es gelten - auch hinsichtlich der sonstigen Elemente der Verhältnismäßigkeit - insofern vergleichbare Erwägungen, die der Senat bereits in seinem Beschluss vom 21. Mai 2015 zugrunde gelegt hat (vgl. BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 23). Soweit nach Aktenlage ersichtlich ist, können die Monitore und Wett-Terminals aus den Betriebsräumen der Antragstellerin entfernt werden, ohne dass ein Substanzverlust eintritt oder besondere Kosten hierfür anfallen. Der Antragstellerin geht es um die Vermittlung von Live-Wetten und ein zu diesem Zweck erforderliches und ständig aktualisiertes Informationsangebot über Ergebnisse, Ereignisse und Quoten zu laufenden Sportveranstaltungen. Es ist der Antragsgegnerin im Vollzug der Nutzungsuntersagung deshalb nicht zuzumuten, die Räume der Antragstellerin ständig daraufhin zu überprüfen, ob die Monitore eingeschaltet sind oder waren oder welche Inhalte auf ihnen dargestellt werden. Angesichts der unschwer vorzunehmenden Entfernung der Monitore und Wett-Terminals ist die Beseitigungsanordnung deshalb geeignet und auch verhältnismäßig, um die Nutzungsuntersagung durchzusetzen. Das Interesse der Antragstellerin an der wirtschaftlichen Führung ihres Betriebs, der ohne Informationsangebot über die zur Verfügung stehenden Wetten nicht funktionieren könne, ist nicht schutzwürdig.

Das gilt auch und gerade im vorliegenden Fall, zumal - anders als im Sachverhalt, der dem Beschluss des Senats vom 21. Mai 2015 (15 CS 15.9) zugrunde lag - die Antragstellerin hier noch nicht einmal über eine Baugenehmigung zur Nutzung der Räumlichkeiten als Wettannahmestelle verfügt und damit derzeit jede Form der Wettvermittlung - sei es unter rechtlicher Einordnung als Vergnügungsstätte, sei es als sonstiger Gewerbebetrieb - mangels erforderlicher Baugenehmigung formell illegal ist. Es lag in der Verantwortung der Antragstellerin, rechtzeitig vor Aufnahme der geänderten Nutzung einen vollständigen Änderungsbauantrag zu stellen, um sich über eine entsprechende Betriebsbeschreibung als Bestandteil der Bauvorlagen eine Wettannahmestelle bzw. ein Wettbüro mit einem aus ihrer Sicht erforderlichen Informationsangebot zur Vermittlung von Live-Wetten legalisieren zu lassen.

4. Gegen die Zwangsgeldandrohung sind im Beschwerdeverfahren keine substanziierten Einwendungen erhoben worden. Aufgrund der Prüfungsbeschränkung im Beschwerdeverfahren gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO bedarf es insofern keiner weiteren Ausführungen des Senats.

5. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, weil sie mit ihrer Beschwerde unterlegen ist (§ 154 Abs. 2 VwGO). Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Sie folgt der Streitwertfestsetzung der erstinstanzlichen Entscheidung.

6. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Baugenehmigung für einen Gewerbebetrieb mit Gastronomie und Geldspielgeräten.
Das Baugrundstück befindet sich in XXX. Dort liegt es im Geltungsbereich der „Ortsbausatzung XXX“ und des Bebauungsplans „XXX“ der Beklagten.
Gemäß § 38 Abs. 1 der Ortsbausatzung XXX ist das Stadtgebiet von XXX in Baustufen eingeteilt. Die Baustufen sind nach § 38 Abs. 2 der Ortsbausatzung in dem Baustufenplan dargestellt, der Bestandteil der Ortsbausatzung ist. Für das Baugrundstück sieht der Baustufenplan die Baustufe „IIa“ vor, was für „Wohngebiete mit Gewerbebetrieben“ steht. Gemäß § 45 der Ortsbausatzung sind auf dieser Baustufe „mittlere und kleinere gewerbliche Anlagen […] zulässig, wenn erhebliche Nachteile, Gefahren und Belästigungen für die Nachbarschaft ausgeschlossen sind.“
Nach den zeichnerischen Festsetzungen des Bebauungsplans XXX befindet sich das Baugrundstück in einer sog. „Teilfläche 1: OBS Baustufe IIa und IIa1 (siehe Textteil A2).“ Im „Textteil“ des Bebauungsplans ist dazu festgesetzt:
„A Planungsrechtliche Festsetzungen
1. Aufhebung/Änderung/Ergänzung planungsrechtlicher Festsetzungen
Die bestehenden planungsrechtlichen Regelungen gelten mit Ausnahme der nachfolgenden Änderungen unverändert weiter.
Die Ortsbausatzung XXX Baustufe IIa und IIa1 wird durch die planungsrechtlichen Festsetzungen A2 und A3 ergänzt. […]
2. Teilflächen 1: Ortsbausatzung XXX Baustufe IIa und IIa1 (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB)
10 
2.1 Folgende Typen von Vergnügungsstätten sind unzulässig:
11 
- Diskotheken,
12 
- Einrichtungen, die dem Glücksspiel mit Gewinnmöglichkeit dienen (z.B. Wettbüros) und
13 
- Einrichtungen des Sexgewerbes gemäß Ziffer D.“
14 
In der Begründung des Bebauungsplans ist hierzu ausgeführt:
15 
„2 Planungserfordernis
16 
2.1 Vergnügungsstätten sowie Bordelle und bordellartige Betriebe
17 
Im Bereich des alten Ortskerns des Stadtteils XXX wurden in den letzten Jahren mehrere Vergnügungsstätten (wie z.B. Spielhallen, Wettbüros und Einrichtungen des Sexgewerbes) eingerichtet. Die Häufung dieser Betriebstypen wirkt sich negativ auf das Wohnumfeld und das „Image“ des Quartiers und der Geschäftslage aus. Die von Vergnügungsstätten beanspruchten Räumlichkeiten stehen anderen Nutzungen, z.B. Läden oder Dienstleistungsunternehmen nicht mehr zur Verfügung.
18 
Im überwiegenden Bereich des alten Ortskerns sind Vergnügungsstätten planungsrechtlich allgemein oder ausnahmsweise zulässig, da hier Baustufe IIa bzw. IIa1 („Wohngebiet mit Gewerbebetrieben“) der Ortsbausatzung XXX gilt. Voraussetzung für die Zulässigkeit ist, dass die Vergnügungsstätten nicht eine gewisse Größe überschreiten oder auf Grund ihrer speziellen Ausprägung nur in Kerngebieten allgemein zulässig sind. […]
19 
Um die Herausbildung eines „Vergnügungsviertels“ im historischen Zentrum von XXX, einhergehend mit einer Verschlechterung der Geschäftslage sowie des Wohnumfelds und des Image des Quartiers zu verhindern, ist die Aufstellung des vorliegenden Bebauungsplans XXX‘ zur Regelung der o.g. Einrichtungen erforderlich.
20 
[…]
21 
5. Städtebauliche Erläuterungen
22 
Durch den Bebauungsplan XXX soll eine Häufung von Vergnügungsstätten, Bordellen und Werbeanlagen verhindert werden, die zu einer Beeinträchtigung des Wohnumfelds, des Image des Gebiets sowie des Ortsbildes führt. Somit dient der Bebauungsplan XXX zusammen mit anderen Maßnahmen (wie z.B. dem Erlass einer Erhaltungssatzung und der Durchführung von Sanierungsmaßnahmen) der Aufwertung des alten Ortskerns von XXX..
23 
5.1 Planungsrechtliche Festsetzungen
24 
[…] In den Hauptgeschäftsbereichen (Teilfläche 1) werden nur die besonders störenden Typen [von Vergnügungsstätten] ausgeschlossen (Diskotheken, Einrichtungen des Glücksspiels mit Gewinnmöglichkeit und Einrichtungen des Sexgewerbes).
25 
6. Begründung der planungsrechtlichen Festsetzungen im Einzelnen
26 
[…]
27 
6.2 Teilflächen 1: Ortsbausatzung XXX Baustufe IIa und IIa1 (Festsetzung A 2)
28 
Die Teilfläche 1 umfasst die Hauptgeschäftsbereiche der Ortsbausatzung Baustufe IIa bzw. IIa1 entlang der XXX und XXX Straße, die durch eine Mischung aus Gewerbe und Wohnen geprägt sind. Bereits genehmigte, beantragte und illegal errichtete bzw. eingerichtete Vergnügungsstätten, Bordelle und Fremdwerbeanlagen konzentrieren sich vor allem auf diesen Bereich.
29 
Zum Schutz und zur Aufwertung der Geschäftslage werden deshalb bestimmte Betriebstypen eingeschränkt. Bordelle und bordellartige Betriebe sowie Fremdwerbung werden völlig ausgeschlossen.
30 
Zudem werden die besonders störenden Typen von Vergnügungsstätten ausgeschlossen, d.h. Diskotheken, Einrichtungen, die dem Glücksspiel mit Gewinnmöglichkeit dienen (z.B. Wettbüros und Spielhallen mit Geldspielautomaten) und Einrichtungen des Sexgewerbes. Somit sollen im Stadtteilzentrum bestimmte Zentrumsfunktionen auch weiterhin ermöglicht werden (z.B. Billard, Bowling, etc.). Zulässig sind jedoch auch weiterhin nur kleinere, gebietsverträgliche Typen, d.h. keine größeren, kerngebietstypischen Vergnügungsstätten.“
31 
Im April 2011 beantragten die Klägerin sowie die Kläger in den beim erkennenden Gericht anhängigen Parallelverfahren 5 K 1950/13 und 5 K 1959/13 bei der Beklagten jeweils eine Baugenehmigung für eine Nutzungsänderung auf jeweils einer Teilfläche im Erdgeschoss des auf dem Baugrundstück bestehenden Gebäudes. Die drei Teilflächen waren zuvor einheitlich von einer Bank genutzt worden. Zur Genehmigung gestellt wurde dort nun jeweils ein Betrieb mit Gastronomie und Geldspielgeräten. Für jeden Betrieb sind dabei je drei Geldspielgeräte und ein separater Eingang vorgesehen. Die Eingänge sollen von der Straße aus über eine gemeinsame Treppe und eine gemeinsame überdachte Freifläche im Erdgeschoss erreichbar sein; auf dieser Freifläche sollen die Eingänge fast unmittelbar nebeneinander liegen. Gegenstand der bei der Beklagten gestellten Bauanträge sind außer der dergestalt geplanten neuen Nutzung auch einige dafür vorzunehmende bauliche Änderungen.
32 
Die Planung und Vertretung im Verwaltungs- sowie im Klageverfahren erfolgte für alle drei geplanten Betriebe durch dasselbe Planungsbüro und dieselben (im Laufe des Verwaltungsverfahrens von allen Klägern gewechselten) anwaltlichen Vertreter.
33 
Der Antrag der Klägerin, der zunächst als „unprüfbar“ zurückgewiesen, dann aber in überarbeiteter Form mit Schreiben vom 25.07.2011 und 20.09.2011 erneuert und später noch weiter überarbeitet wurde, beinhaltet in seiner letzten Fassung vom Dezember 2011 einen Betrieb mit einer (für die erforderliche Stellplatzzahl berechneten) Gastfläche von 30,81 m² (zzgl. Theke und WC-Bereich). Die Gastfläche der in den Nachbarräumen geplanten Betriebe beträgt (entsprechend berechnet) 26,29 m² bzw. 36,92 m²; für alle drei Betriebe zusammen beläuft sie sich somit auf 94,02 m².
34 
Mit Schreiben vom 22.12.2011 teilte die Beklagte der Klägerin - ebenso wie den Antragstellern zu den Parallelvorhaben in den Nachbarräumen - mit, die am 15.12.2011 nochmals ergänzten bzw. geänderten Bauvorlagen seien vollständig, das Vorhaben sei aber nicht genehmigungsfähig, sodass der Klägerin empfohlen werde, den Bauantrag zurückzuziehen oder innerhalb von vier Wochen zu überarbeiten - andernfalls würde er abgelehnt bzw. zurückgesandt.
35 
Jeweils mit Bescheid vom 14.03.2012, eingeliefert bei der Deutschen Post am 19.03.2012, lehnte die Beklagte den Baugenehmigungsantrag der Klägerin sowie die entsprechenden Anträge zu den Parallelvorhaben in den Nachbarräumen ab. Hierzu machte sie u.a. Ausführungen zur Spielverordnung (SpielV) und dazu, dass der Bebauungsplan XXX die geplante Nutzung ihrer Art nach ausschließe. Das Vorhaben erwecke zusammen mit den beiden weiteren Vorhaben in den Nachbarräumen den Eindruck einer gemeinschaftlichen Spielhallennutzung, die lediglich auf drei Räume verteilt sei. Auch bei einer Einzelbetrachtung allein des Vorhabens der Klägerin liege der Schwerpunkt der von ihr geplanten Nutzung - bei einer Gastraumfläche von circa 31 m² und drei Geldspielgeräten - im Glücksspielbereich. Die geplante Nutzung entspreche insgesamt einer Vergnügungsstätte. Der Betrieb der Spielgeräte stelle keinen „bloßen Annex“ zu einer Schank- und Speisewirtschaft dar. Da in Spielhallen gemäß SpielV maximal ein Geldspielgerät je 12 m² Grundfläche zulässig sei, beinhalte das Vorhaben der Klägerin eine höhere „Spielgeräte-Dichte“, als sie in einer Spielhalle gleicher Größe zulässig wäre. Eine Befreiung von den der geplanten Nutzung entgegenstehenden Festsetzungen des Bebauungsplans komme nicht infrage, weil sie dem planerischen Grundkonzept zuwiderliefe und dadurch i.S.v. § 31 Abs. 2 BauGB die Grundzüge der Planung berührte.
36 
Gegen den Ablehnungsbescheid der Beklagten erhoben die Klägerin sowie die Antragsteller der Parallelvorhaben am 16.04.2012 jeweils Widerspruch. Die Klägerin begründete ihren Widerspruch u.a. mit Ausführungen zum Gewerberecht bzw. speziell zur SpielV sowie damit, dass ihr Vorhaben weder eine Spielhalle noch einen ähnlichen Betrieb darstelle, der ausschließlich oder überwiegend der Aufstellung von Spielgeräten diene. Die Aufstellung von Spielgeräten sei nicht der Schwerpunkt der geplanten Nutzung. Es seien 10 Plätze für die Bewirtung mit Getränken geplant. Die geplanten drei Plätze an Geldspielautomaten seien demgegenüber als eher nachrangig und bloßes Zusatzangebot anzusehen. Die Größe des Schankraums sei nicht maßgeblich. Das Vorhaben sei nämlich als Schankwirtschaft i.S.v. § 3 Abs. 1 SpielV mit bis zu drei Geld- oder Warenspielgeräten unabhängig von der Betriebsgröße und unabhängig davon zulässig, ob der Betrieb die für Spielhallen vorgeschriebene Grundfläche von 12 m² pro Geld- und Warenspielgerät wahrt. Auch seien die Vorhaben in den Nachbarräumen für die Beurteilung ihres Vorhabens ohne Belang. Bei den drei Betrieben handele es sich um unterschiedliche und selbstständige Schankbetriebe, die mit unterschiedlicher Innenarchitektur sowie unterschiedlichen Getränken und Speisekonzepten bei einem objektiven Betrachter nicht den Eindruck einer größeren Spielhalle, sondern den einer „Gastromeile“ erweckten.
37 
Die Beklagte half dem Widerspruch nicht ab, sondern legte ihn dem Regierungspräsidium XXX zur Entscheidung vor. Das Regierungspräsidium wies den Widerspruch mit Bescheid vom 07.05.2013, zugestellt am 10.05.2013, zurück, erlegte der Klägerin die Verfahrenskosten auf und setzte eine Gebühr für den Widerspruchsbescheid fest. Die Begründung des Widerspruchsbescheids entspricht in der Sache im Wesentlichen dem Inhalt derjenigen des Ablehnungsbescheids der Beklagten. In den Verfahren zu den Parallelvorhaben auf dem Baugrundstück entschied das Regierungspräsidium entsprechend.
38 
Auf den Widerspruchsbescheid hin erhob die Klägerin - ebenso wie die Antragsteller zu den jeweiligen Parallelvorhaben - am 10.06.2013 Klage. Zu deren Begründung wiederholt und vertieft die Klägerin im Wesentlichen ihr Vorbringen aus dem Vorverfahren. Dabei macht sie geltend, in der SpielV sei abschließend geregelt, dass in Schank- und Speisewirtschaften die Aufstellung von bis zu drei Geldspielgeräten zulässig sei. Gegenstand ihres Vorhabens sei eine Schank- und Speisewirtschaft. Ein solcher Betrieb sei dadurch gekennzeichnet, dass er sich nach seinem Angebot als „Gaststätte im typischen Sinne“ darstelle, d.h. „vorrangig zur Wahrnehmung der gaststättentypischen Tätigkeit (Einnahme von Speisen und Getränken, Kommunikation) aufgesucht werde.“ Dies sei bei ihrem Vorhaben der Fall. Der von ihr geplante Betrieb solle das gastronomische Angebot von XXX bereichern. Ihr Betriebskonzept orientiere sich an einer Whiskey- und Bier-Bar. Das vorgesehene Leistungsangebot beinhalte eine große Vielfalt an Bieren und Whiskey-Sorten. Die hierzu von der Klägerin vorgelegte Getränkekarte listet außerdem insbesondere auch „softdrinks“, Kaffee, Tee, Wein, Sekt, „longdrinks“ und Vodka.
39 
Die Klägerin beantragt,
40 
die Verfügung der Beklagten vom 14.03.2012 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums XXX vom 07.05.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die von der Klägerin beantragte Baugenehmigung zu erteilen sowie die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
41 
Die Beklagte beantragt,
42 
die Klage abzuweisen.
43 
Zur Begründung führt sie im Wesentlichen noch einmal sinngemäß diejenigen Erwägungen aus, mit denen sie bereits ihren angefochtenen Bescheid begründete.
44 
Mit Beschluss vom 15.04.2014 wurde das Verfahren mit den Parallelverfahren 5 K 1950/13 und 5 K 1959/13 zur gemeinsamen mündlichen Verhandlung verbunden.
45 
In der mündlichen Verhandlung führte der gemeinsame Prozessvertreter der drei Kläger aus, die Klägerin sei die Ehefrau des Klägers im Verfahren 5 K 1950/13 und jener sei der Sohn des Klägers im Verfahren 5 K 1959/13. Die drei Kläger arbeiteten zwar zusammen, allerdings führe jeder von ihnen seinen Betrieb separat und die Existenz der Betriebe solle unabhängig voneinander gesichert sein. Die Rechnungsführung und der Einkauf würden in jedem Betrieb separat erfolgen. Für die Teilfläche jedes Betriebs sei ein separater Mietvertrag vorbereitet; bisher sei aber kein Mietvertrag abgeschlossen und nur ein „Bereitstellungsbetrag“ für die Fläche gezahlt; diese Zahlung sei durch alle drei Kläger erfolgt. Die Klägerin werde in ihrem Betrieb auch selbst arbeiten. Die Kläger in den Verfahren 5 K 1950/13 und 5 K 1959/13 seien bereits Inhaber weiterer Lokale und würden für ihre hier streitgegenständlichen Betriebe Personal einstellen. Ob die drei geplanten Betriebe beim Personaleinsatz miteinander kooperieren würden, sei - für den Prozessvertreter - nicht zu beantworten; eine Kooperation sei nicht auszuschließen, aber eher nicht zu erwarten, weil gerade die Eigenständigkeit der Betriebe ein wichtiger Aspekt der bisherigen rechtlichen Auseinandersetzung gewesen sei. Auf Nachfrage des Gerichts, ob die Kläger auch an der Realisierung von nur einem oder zwei der drei geplanten Betriebe Interesse hätten, führte der Prozessvertreter der Kläger aus, das Kerninteresse bestehe an allen drei Betrieben, auch mit zwei von ihnen wäre es aber interessant, und die Realisierung von lediglich zwei Betrieben sei gegenüber der Beklagten auch bereis angesprochen worden; ein einziger Betrieb funktioniere demgegenüber unter Umständen wirtschaftlich nicht. Für die Kläger in den Verfahren 5 K 1950/13 und 5 K 1959/13 wäre der jeweils geplante Betrieb ggf. ein Abschreibungsobjekt. Für die Klägerin gelte dies hinsichtlich des von ihr geplanten Betriebs zwar nicht; durch dessen Beschränkung auf eine Teilfläche sei das wirtschaftliche Risiko aber nicht so hoch. Baugenehmigungen für die drei Betriebe (zunächst) mit weniger oder ohne Geldspielgeräte zu beantragen, wäre aufwändig und unwirtschaftlich gewesen. Jedenfalls liege der Schwerpunkt der geplanten Nutzung im gastronomischen Bereich; dies ergebe sich aus der Zahl der Besucherplätze; Gaststättenrecht sei dabei nur am Rande mitzubetrachten. Ob bei einer Betrachtung der drei Betriebe zusammen, mit insgesamt neun Geldspielgeräten - aber ohne Küche - der Schwerpunkt der Nutzung auch im Hinblick auf deren Störungsgrad noch im Bereich der Gastronomie liege, könne er nicht sagen.
46 
Die Beklagte verwies in der mündlichen Verhandlung auf ihr bisheriges Vorbringen, wiederholte dies punktuell und wies im Übrigen insbesondere darauf hin, dass der erste Baugenehmigungsantrag für die drei Betriebe von einem der Kläger allein gestellt worden sei - erst später sei die Antragstellung geändert worden, um den Anschein verschiedener Betriebe zu erwecken. Aus Sicht der Beklagten stelle sich zudem die Frage, ob die Lokale sich einzeln halten können. Der Umgang mit der Planung eines Personalraums (zunächst war je Betrieb ein Personalraum geplant, nach der Planung separater Toiletten für jeden Betrieb ist ein Personalraum zwar noch in der Betriebsbeschreibung genannt aber nicht mehr in den zum Antrag gehörenden Plänen zu erkennen, was der Prozessvertreter der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht erklären konnte) zeige, dass der Platz für drei Gaststätten zu klein sei.
47 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten, der dem Gericht vorliegenden Behördenakten sowie die Gerichtsakten zu den Parallelverfahren 5 K 1950/13 und 5 K 1959/13 verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
48 
Die zulässige Klage ist in der Sache nicht begründet. Gemäß § 113 Abs. 5 VwGO spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde zum Erlass des beantragten Verwaltungsakts aus, soweit dessen Ablehnung oder Unterlassung rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist; ist die Sache noch nicht spruchreif, spricht das Gericht die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
49 
Die Ablehnung der von der Klägerin für ihr Vorhaben beantragten Baugenehmigung ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, denn sie hat keinen Anspruch auf die Genehmigung. Eine Baugenehmigung ist gemäß § 58 Abs. 1 S. 1 LBO zu erteilen, wenn dem Vorhaben keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen. Hierzu gehören die bauplanungsrechtlichen Regelungen in §§ 29 ff. BauGB. Das Vorhaben der Klägerin ist nach §§ 30, 29 BauGB planungsrechtlich unzulässig, weil es den Festsetzungen des Bebauungsplans XXX widerspricht. Der Bebauungsplan schließt für das Baugrundstück die Zulässigkeit bestimmter Typen von Vergnügungsstätten aus. Dies betrifft u.a. Einrichtungen, die dem Glücksspiel mit Gewinnmöglichkeit dienen. Das Vorhaben der Klägerin unterfällt diesem Ausschlusstatbestand.
50 
Das Vorhaben der Klägerin ist als Vergnügungsstätte zu behandeln, die dem Glücksspiel mit Gewinnmöglichkeit dient. Vergnügungsstätten sind Betriebe, die „der kommerziellen Freizeitgestaltung, Zerstreuung und Entspannung, dem geselligen Beisammensein, der Bedienung der Spielleidenschaft oder der Bedienung der erotisch/sexuellen Interessen des Menschen dienen. Sie werden auch umschrieben als gewerbliche Nutzungsarten, die sich in unterschiedlicher Ausprägung (etwa Diskotheken, Spielhallen oder Amüsierbetriebe) unter Ansprache oder Ausnutzung des Geselligkeitsbedürfnisses, des Spiel- oder des Sexualtriebs einer bestimmten auf Gewinnerzielung gerichteten Freizeitunterhaltung widmen […].“ (VGH BW, B. v. 28.11.2006 - 3 S 2377/06 -, juris). Der Betrieb der Klägerin ist mit Gewinnerzielungsabsicht auf eine Freizeitunterhaltung ausgerichtet, die das Geselligkeitsbedürfnis und speziell den Spieltrieb anspricht und ausnutzt; mit seinem Angebot an Sitzgelegenheiten, Geldspielgeräten und Getränken dient er der kommerziellen Freizeitgestaltung, Zerstreuung, dem geselligen Beisammensein und insbesondere der Bedienung der Spielleidenschaft. Auf diese Weise dient er (zumindest auch) dem Glücksspiel.
51 
Dass das Vorhaben der Klägerin auch den Ausschank von Getränken umfasst, steht seiner bauplanungsrechtlichen Einordnung als eine dem Glücksspiel dienende Vergnügungsstätte nicht entgegen. Dahinstehen kann, ob das Vorhaben wegen des Getränkeausschanks gewerberechtlich als Schank- und Speisewirtschaft zu behandeln ist. Denn die bauplanungsrechtliche Einordnung eines Vorhabens als Vergnügungsstätte oder als Schank- und Speisewirtschaft ist nicht an die gewerberechtliche Abgrenzung von Schank- und Speisewirtschaften zu anderen Betrieben gebunden; das Gewerberecht ist auch nicht „abschließend“ in dem Sinne, dass es eine Sperrwirkung gegenüber bauplanungsrechtlichen Anforderungen an Vergnügungsstätten entfalten könnte. Denn Bauplanungsrecht und Gewerberecht verfolgen mit städtebaulichen Belangen einerseits und der Ausrichtung auf die Gefahrenabwehr andererseits unterschiedliche, sich ergänzende Zielsetzungen und gelten kumulativ nebeneinander.
52 
Im bauplanungsrechtlichen Sinne ist das Vorhaben der Klägerin aufgrund der von ihm zu erwartenden Wirkungen als dem Glücksspiel mit Gewinnmöglichkeit dienende Vergnügungsstätte einzuordnen. Zur Einordnung einer Nutzung als Vergnügungsstätte i.S.v. BauGB und BauNVO sowie als speziell dem Glücksspiel mit Gewinnmöglichkeit dienende Vergnügungsstätte i.S. des vorliegend geltenden Bebauungsplans ist nämlich auch auf die spezifischen Wirkungen abzustellen, die Vergnügungsstätten typischerweise entfalten. Dass für die Einordnung als Vergnügungsstätte i.S.v. BauGB und BauNVO auf die Auswirkungen der zu beurteilenden Nutzung abzustellen ist (vgl. VGH BW, B. v. 28.11.2006 - 3 S 2377/06 -, juris, sowie Hess VGH, B. v. 22.02.2012 - 3 A 1112/11.Z -, juris, speziell zu Lärmbelastungen), folgt dabei zunächst daraus, dass die Gebietsverträglichkeit einer Vergnügungsstätte sich nach deren „Störungsgrad“ richtet (vgl. HessVGH, ebd.; OVG Berlin, B. v. 10.11.2004 - 2 S 50.04 -, juris). Für die Einordnung eines Betriebs als Vergnügungsstätte und seine Abgrenzung zu einer Schank- und Speisewirtschaft kann es daher etwa genügen, wenn ein Lokal „seiner Art nach geeignet ist, das Wohnen wesentlich zu stören“ (HessVGH, a.a.O.). Auch soweit sich die Frage stellt, ob eine Nutzung nach ihrem Schwerpunkt (vgl. VGH BW, U. v. 17.08.1990 - 8 S 1458/90 -, juris, sowie HessVGH, a.a.O.) bzw. im Ergebnis einer wertenden Gesamtbetrachtung des Erscheinungsbilds des konkret geplanten Betriebs und seines Angebots (vgl. HessVGH, a.a.O.) einer Vergnügungsstätte entspricht, ist dies gerade im Hinblick auf die Wirkungen der Nutzung zu beurteilen (so wohl auch OVG Berlin, a.a.O.). Dabei ist zu beachten, dass sich Vergnügungsstätten durch bestimmte „typische städtebaulich relevante (negative) Folgewirkungen“ auszeichnen (VGH BW, B. v. 28.11.2006 - 3 S 2377/06 -, juris). An diese typischen Folgewirkungen knüpft der bauplanungsrechtliche Begriff der Vergnügungsstätte als „Anlage mit bodenrechtlichem Bezug“ an, „wobei bezüglich der Intensität dieser Auswirkungen zwischen den auf Kerngebiete beschränkten (kerngebietstypischen) und den sonstigen Vergnügungsstätten unterschieden wird“ (VGH BW, ebd.). Zur Einordnung einer Nutzung als Vergnügungsstätte i.S.v. BauGB und BauNVO gerade auf die spezifischen Wirkungen abzustellen, die Vergnügungsstätten typischerweise entfalten, entspricht dem Telos ihrer Unterscheidung von anderen Nutzungsarten in §§ 9 Abs. 2b BauGB, 4a Abs. 3 Nr. 2, 5 Abs. 3, 6 Abs. 2 Nr. 8 und Abs. 3, 7 Abs. 2 Nr. 2, 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO. Denn Sinn und Zweck dieser Unterscheidung ist es gerade, der typischen Betroffenheit städtebaulicher Belange durch die Wirkung von Vergnügungsstätten Rechnung zu tragen. Vorliegend entspricht es zudem speziell dem Telos der einschlägigen Festsetzungen des Bebauungsplans XXX, die Einordnung eines Vorhabens als dem Glücksspiel mit Gewinnmöglichkeit dienende Vergnügungsstätte anknüpfend an die städtebaulichen Wirkungen vorzunehmen, die solche Vergnügungsstätten typischerweise hervorrufen. Denn der Plangeber hat den Ausschluss von Vergnügungsstätten, die dem Glücksspiel mit Gewinnmöglichkeit dienen, gerade wegen der Wirkungen festgesetzt, die dieser Nutzungsart als solcher eigen sind. Dies zeigt die Planbegründung. Dort heißt es zur Planrechtfertigung, die Häufung von Vergnügungsstätten wirke sich negativ auf das Wohnumfeld, das Image des Quartiers sowie die Geschäftslage aus und die beanspruchten Räumlichkeiten seien für andere Nutzungen, z.B. Läden und Dienstleistungen, nicht mehr verfügbar. Der Bebauungsplan solle verhindern, dass sich die Geschäftslage, das Wohnumfeld, das Image des Quartiers und das Ortsbild verschlechtern. Der Ausschluss bestimmter Vergnügungsstätten-Typen erfolgt ausweislich der Planbegründung gerade anknüpfend daran, dass jene Typen „besonders störend“ seien.
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Das Vorhaben der Klägerin lässt die typischen Wirkungen einer dem Glücksspiel mit Gewinnmöglichkeit dienenden Vergnügungsstätte erwarten. Da für die Einordnung einer Nutzung als Vergnügungsstätte auf die spezifischen Wirkungen abzustellen ist, die Vergnügungsstätten typischerweise haben, kommt es insoweit nicht darauf an, ob diese Wirkungen für sich genommen zulässig sind oder z.B. nach § 15 BauNVO im Einzelfall zur Unzulässigkeit führten. Typische städtebaulich relevante (negative) Folgewirkungen, die für Vergnügungsstätten kennzeichnend sind, sind „Lärmbelästigungen, Beeinträchtigungen des Stadt- und Straßenbildes und des Gebietscharakters, aber auch eine Verschlechterung der Gebietsqualität (sog. trading-down Effekt […])“ (VGH BW, B. v. 28.11.2006 - 3 S 2377/06 -, juris). An diese typischen Folgewirkungen knüpft auch der Ausschluss dem Glücksspiel dienender Vergnügungsstätten durch den Bebauungsplan XXX an. Sie werden insbesondere Spielhallen zugeschrieben. Bezüglich des Vorhabens der Klägerin ist von einer Wirkung auszugehen, die einer Spielhalle entspricht. Dies folgt aus der Eigenart der geplanten Nutzung und ihres Zusammenwirkens mit den in den Nachbarräumen geplanten Nutzungen, die ihr in ihrer Eigenart gleichen.
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Die Eigenart schon der von der Klägerin auf „ihrer“ Teilfläche geplanten Nutzung ist im Hinblick auf die für ihre Wirkungen relevanten Merkmale einer Spielhalle zumindest vergleichbar, wenn nicht gleichzusetzen. Dies gilt zunächst hinsichtlich der Ausstattung des Betriebs mit Alkoholausschank und drei Geldspielgeräten, denn auch Spielhallen mit Alkoholausschank verfügen typischerweise über nicht mehr als drei Geldspielgeräte, weil eine höhere Anzahl gegen § 3 Abs. 3 SpielV verstieße. Auch die Größe des Betriebs spricht dafür, dass er einer (kleinen) Spielhalle zumindest vergleichbar ist. Denn gerade bei sehr kleinen Gastronomieräumen stellt sich die Frage, ob Geldspielgeräte dort eine „prägende Dominanz entfalten“ (vgl. VGH BW, B. v. 15.09.2010 - 3 S 1105/10 -) und auch vorliegend ist anzunehmen, dass der nur 30,81 m² große Gastraum zumindest optisch (wenn nicht auch akustisch) maßgeblich durch seine Ausstattung mit drei Geldspielgeräten und deren Nutzung durch die Kundschaft (mit-)geprägt ist. Vor diesem Hintergrund ist damit zu rechnen, dass der Betrieb von seinen Kunden gerade auch wegen der Geldspielmöglichkeit aufgesucht wird, denn sie zeichnet ihn gegenüber anderen Einrichtungen mit gastronomischem Angebot aus. Zudem weist der Betrieb eine auch für Spielhallen hohe Dichte von Geldspielgeräten auf, denn in Spielhallen darf nach § 3 Abs. 2 S. 1 SpielV höchstens ein Geldspielgerät je 12 m² Grundfläche aufgestellt werden (wobei die Nebenräume wie Abstellräume, Flure, Toiletten, Vorräume und Treppen gemäß § 3 Abs. 2 S. 3 SpielV bei der Berechnung der Grundfläche außen vor bleiben). Dass Kunden den Betrieb der Klägerin gerade auch zum Spielen aufsuchen, wäre umso mehr zu erwarten, falls die für Spielhallen in § 3 Abs. 2 S. 2 SpielV geregelten Vorkehrungen (Mindestabstand und Sichtblende) gegen das gleichzeitige Spielen an mehreren Geräten hier nicht eingehalten werden müssten. Die hohe Geldspielgeräte-Dichte macht Betriebe wie den von der Klägerin geplanten schließlich jedenfalls auch entsprechend interessant für das Aufstellen solcher Geräte, sodass eine mit der Realisierung solcher Vorhaben einhergehende Verdrängung anderer, weniger lukrativer Nutzungen nicht weniger als bei einer Spielhalle zu befürchten ist; eine solche Verdrängungswirkung ist schon für sich genommen Merkmal eines für Spielhallen typischen trading-down-Effekts (vgl. VG Augsburg, U. v. 12.01.2012 - Au 5 K 10.1522 -, BeckRS 2012, 53246).
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Bei dieser Eigenart der von der Klägerin geplanten Nutzung ist davon auszugehen, dass sie im Hinblick auf die für Vergnügungsstätten typischen Wirkungen jedenfalls im Zusammenwirken mit den parallel in den Nachbarräumen geplanten Nutzungen einer dem Glücksspiel dienenden Vergnügungsstätte entspricht.
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Die drei Betriebe sind bauplanungsrechtlich zusammen zu betrachten. Dies folgt bereits daraus, dass die Änderung der Nutzung (sowie der Umbau) der drei Teilflächen im Erdgeschoss des auf dem Baugrundstück vorhandenen Gebäudes trotz formaler Aufspaltung in drei Verfahren bauplanungsrechtlich einheitlich als ein Vorhaben zu behandeln ist. Zwar ist es Sache des Bauherrn festzulegen, was Bestandteil seines zur Genehmigung gestellten Vorhabens ist - dies gilt aber nur „soweit er sich dabei innerhalb der Grenzen hält, die einer Zusammenfassung oder Trennung objektiv gesetzt sind“ (BVerwG, U. v. 27.04.1993 - 1 C 9/92 -, juris). In diesem Sinne hängt es von den Umständen des Einzelfalls ab, ob eine Änderung einer zuvor einheitlichen Nutzung mehrere „selbstständige Nutzungseinheiten“ entstehen lässt, die jeweils für sich zu betrachten sind, oder ob es sich bei etwaigen neu geschaffenen Nutzungseinheiten um Teile einer „betrieblichen Einheit“ handelt, die als ein einheitliches Vorhaben zu behandeln sind (BVerwG, ebd.). Maßgeblich sind dabei „bauliche und betrieblich-funktionale Gesichtspunkte, die für oder gegen einen selbständigen Betrieb sprechen“ (VGH BW, B. v. 15.03.2013 - 8 S 2073/12 -, juris, mit Verweis auf BVerwG, U. v. 24.11.2005 - 4 C 8.05 -, BauR 2006, 648). Für die Annahme einer betrieblichen Einheit genügt zwar nicht schon die Belegenheit unter einem Dach (BVerwG, U. v. 27.04.1993 - 1 C 9/92 -, juris). Eine „räumlich-funktionale Verknüpfung“ spricht allerdings durchaus für die Annahme einer betrieblichen Einheit, und zwar insbesondere auch bei einer bautechnischen Trennung mehrerer Spielhallen, „wenn diese Spielhallen darauf angelegt sind, zusammen einen größeren, überörtlichen Einzugsbereich zu besitzen, ein größeres und allgemeines Publikum zu erreichen und sie den Kunden als durch ein gemeinsames Konzept und durch Kooperation miteinander verbunden, d.h. als ein Spielhallenzentrum erscheinen“ (VG München, U. v. 16.05.2013 - M 11 K 12.3856 -, juris). Diesem Beispiel vergleichbar verhält es sich auch hier. Bei einer „natürlichen Betrachtungsweise“ sowie insbesondere aus „Kundensicht“, wie sie in diesem Zusammenhang geboten ist (vgl. VG München, ebd.), erscheinen die vorliegend insgesamt drei parallel geplanten Betriebe räumlich miteinander verknüpft und durch ein gemeinsames Konzept und durch Kooperation miteinander verbunden. Denn sie befinden sich im selben Geschoss desselben Gebäudes. Bei einer Belegenheit mehrerer Betriebe im selben Gebäude spricht zudem schon die Zugänglichkeit über ein- und denselben Eingangsbereich (VGH BW, U. v. 02.08.1990 - 3 S 26/90 -, juris) bzw. über eine gemeinsame Freifläche innerhalb des Gebäudes für die Einheitlichkeit der Nutzung (BVerwG, U. v. 27.04.1993 - 1 C 9/92 -, juris; VGH BW, B. v. 15.03.2013 - 8 S 2073/12 -, juris). Dies ist auch vorliegend der Fall. Denn die hier zu betrachtenden drei Betriebe sind über eine gemeinsame Treppe und eine gemeinsame überdachte Freifläche erreichbar, wo der Kunde die drei Eingangstüren fast unmittelbar nebeneinander findet. Dass sie hier als betriebliche Einheit erscheinen, ergibt sich darüber hinaus aus der Parallelität ihrer Angebote. Schon eine einheitliche Art der Nutzung benachbarter Nutzungseinheiten kann für das Vorliegen einer einheitlichen Nutzung sprechen (vgl. VGH BW, U. v. 02.08.1990 - 3 S 26/90 -, juris, wo im Fall eines Billiardcafés und einer Spielhalle u.a. darauf abgestellt wurde, dass es sich jeweils um Vergnügungsstätten handelte). Erst recht wirken mehrere Nutzungseinheiten als durch ein gemeinsames Konzept und durch Kooperation verbundene Teile eines einheitlichen Betriebs, wenn sie - wie hier - je für sich nur eine kleine unscheinbare Fläche einnehmen, auf der die Kunden immer dieselbe Angebotsstruktur aus jeweils drei Geldspielgeräten zuzüglich eines beschränkten gastronomischen Angebots finden. Dies gilt wiederum noch umso mehr, wenn für die Kunden eine Möglichkeit zum „wechselnden Aufenthalt“ in den einzelnen Räumlichkeiten besteht, die die Attraktivität des Standorts mit seinem Gesamtangebot erhöht; auch dies kann grundsätzlich ein Indiz für die Einheitlichkeit der Nutzung sein (vgl. VGH BW, U. v. 02.08.1990 - 3 S 26/90 -, juris). Vorliegend spricht auch dieser Aspekt für das Vorliegen eines einheitlichen Vorhabens, denn in den hier zu beurteilenden Betrieben können jedenfalls solche Kunden, die ihren Thekenkonsum bereits bezahlt haben oder nichts von der Theke (eine Küche ist nicht geplant) konsumieren und (sonst) nur spielen, leicht zwischen den benachbarten Gasträumen wechseln, um eine der dort verteilten Spielmöglichkeiten zu nutzen. Potenzielle Kunden werden den Standort der drei Betriebe zudem gerade auch wegen der dortigen Häufung von Spielmöglichkeiten aufsuchen. Unabhängig davon ist anzunehmen, dass die Häufung von insgesamt neun Spielgeräten gerade auch wegen deren Konzentration auf engem Raum als Einheit wahrgenommen wird. Dies gilt umso mehr, insofern die drei Betriebe nach ihrem Geldspielangebot darauf angelegt sind, einen größeren, überörtlichen Einzugsbereich zu besitzen und ein größeres und allgemeines Publikum zu erreichen, was sich daraus ergibt, dass die Zahl der insgesamt neun Geldspielgeräte einer kerngebietstypischen Vergnügungsstätte entspricht (dazu noch unten). Die bei natürlicher Betrachtung und insbesondere aus Kundensicht bestehende betriebliche Einheit würde schließlich auch durch die von der Klägerin geltend gemachten geringfügigen Unterschiede des gastronomischen Angebots an den einzelnen Theken und die unterschiedliche Gestaltung der Räume nicht beseitigt, denn auch innerhalb einheitlicher gastronomischer Betriebe und Vergnügungsstätten ist eine solche Varianz nicht unüblich. Unabhängig hiervon sprechen schließlich auch die Vorgehensweise und die Beziehungen der Kläger zueinander für die Unselbstständigkeit und Zusammengehörigkeit der von ihnen geplanten Nutzungseinheiten, d.h. für deren betriebliche Einheit und damit für das Vorliegen eines einheitlichen Vorhabens. Zwar ist die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit grundsätzlich nicht personen- oder verhaltens-, sondern grundstücks- und vorhabenbezogen zu beurteilen. Auch aus der „Historie der Bauantragstellung“ oder einer etwaigen Betreiberidentität können sich aber Indizien für die Annahme einer als Einheit beantragten Nutzung ergeben (VG München, a.a.O.; VG Sigmaringen, U. v. 08.04.2009 - 1 K 486/08 -, juris). So kann es etwa für das Vorliegen eines einheitlich zu beurteilenden Vorhabens sprechen, wenn es wirtschaftlich uninteressant wäre, nur eine von mehreren beantragten Spielflächen unabhängig von den anderen zu realisieren (vgl. VG Sigmaringen, U. v. 08.04.2009 - 1 K 486/08 -, juris). Das Fehlen eines Interesses an einer isolierten Realisierung der einzelnen Nutzungseinheiten kann gerade an der Verfahrenshistorie und an den beteiligten Personen sowie ihren Beziehungen zueinander deutlich werden. So verhält es sich hier. Denn die hiesige Verfahrensgeschichte und die Interessenlage der Kläger zeigt, dass die drei Betriebe nicht losgelöst voneinander, sondern gerade als einheitliches Vorhaben geplant sind. So wurde der erste Baugenehmigungsantrag für alle drei Betriebe von einem der Kläger allein gestellt. Diese Verfahrensweise wurde erst später auf eine Antragstellung durch drei unterschiedliche Personen umgestellt, die allerdings miteinander eng verwandt bzw. verschwägert sind, sich unter Angabe derselben ladungsfähigen Anschrift an das Gericht wandten, sich während des Genehmigungs-, des Widerspruchs- und des gerichtlichen Verfahrens immer einheitlich durch dieselben (im Laufe der Zeit gewechselten) Anwälte vertreten ließen und sich auch desselben Planungsbüros bedienten. Zwar führte der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung aus, die Existenz der Betriebe solle unabhängig voneinander gesichert sein und die Rechnungsführung sowie der Einkauf in jedem Betrieb separat erfolgen. Allerdings räumte er auch ein, dass das Kerninteresse an der Realisierung aller drei Betriebe bestehe, dass es auch mit zwei von ihnen interessant wäre, dass aber ein einziger Betrieb unter Umständen wirtschaftlich nicht funktioniere. Außerdem verwies er zwar darauf, dass zwei der drei Betriebe für deren Inhaber als Abschreibungsobjekt dienlich wären. Es blieb aber letztlich unaufgeklärt und zweifelhaft, ob diese Abschreibungsmöglichkeit nur einen Schadensbegrenzungs-Aspekt darstellt oder inwiefern sich schon allein daraus ein Interesse an jedem einzelnen Betrieb, losgelöst von den anderen ergeben könnte. Darüber hinaus räumte der Klägervertreter außerdem ein, dass eine Nützlichkeit des einzelnen Betriebs als Abschreibungsobjekt für die Klägerin nicht besteht. Bezüglich ihres Betriebs ist insofern erst recht nicht ersichtlich, weshalb er losgelöst von den anderen geplant sein könnte, obwohl die Wirtschaftlichkeit eines einzigen Betriebs für sich zweifelhaft ist.
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Selbst wenn die drei Betriebe nicht als ein einheitliches Vorhaben anzusehen wären, wären die in den Nachbarräumen geplanten Nutzungen aber in die Beurteilung der Auswirkungen des Betriebs der Klägerin einzubeziehen. Denn eine auf die Zukunft gerichtete Betrachtung der Wirkungen eines Vorhabens hat auch unabhängig von ihm bestehende „Vorbelastungen“ (vgl. Jarass, BImSchG, 10. Aufl. 2013, § 5, Rdn. 20, zur Parallelproblematik bei der immissionsschutzrechtlichen Anlagenzulassung) zugrunde zu legen und „voraussehbare zukünftige Entwicklungen“ einzubeziehen (vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, § 15 BauNVO, Rdn. 15, Stand April 2013, sowie VGH BW, U. v. 09.10.2013 - 5 S 29/12 -, juris, zur Anwendung von § 15 Abs. 1 S. 1 BauNVO). Ob die Berücksichtigung der Auswirkungen eines weiteren Vorhabens in diesem Sinne voraussetzt, dass dazu bereits ein prüfbarer Antrag an die Genehmigungsbehörde vorliegt, weil die Vorhabenswirkungen erst dadurch „hinreichend konkret vorhersehbar“ werden (vgl. OVG NRW, U. v. 01.12.2011 - 8 D 58/08-, BeckRS 2012, 47303, zur Parallelproblematik im FFH-Recht), kann dahinstehen, denn für die neben dem klägerischen Vorhaben geplanten Nachbarbetriebe liegen der Beklagten jedenfalls prüfbare Anträge vor. Deren Berücksichtigung steht auch nicht eine etwaige Priorität des klägerischen Vorhabens entgegen. Zwar ist die Berücksichtigung (prüfbarer Anträge) von Parallelvorhaben grundsätzlich nur im Rahmen des Prioritätsprinzips geboten, also dann, wenn ein Parallelvorhaben dem zu prüfenden Vorhaben zeitlich vorgeht (aufgrund früheren Vorliegens eines prüfbaren Antrags, vgl. OVG NRW, ebd., m.w.N.). Vorliegend hat aber weder das Vorhaben der Klägerin noch eines der Nachbarvorhaben einen zeitlichen Vorsprung. Der zeitliche Gleichlauf der Genehmigungsverfahren kann wiederum nicht dazu führen, dass (mangels zeitlicher Priorität) keines der Vorhaben bei Prüfung der jeweils anderen zu berücksichtigen ist. Vielmehr sind bei der Beurteilung jedes von mehreren Vorhaben, für die gleichzeitig ein prüfbarer Antrag vorlag, die Auswirkungen der jeweils anderen Vorhaben zu beachten. Andernfalls liefen die Begrenzungen, die materiell für die Wirkungen jedes Vorhaben Geltung beanspruchen, nur wegen ihres zeitlichen Zusammenfallens für jedes der Vorhaben ins Leere. Eine solche Wirkung der parallelen Antragstellung widerspräche der dienenden Funktion des Baugenehmigungsverfahrens für das materielle Baurecht. Dass das Vorhaben der Klägerin in Konkurrenz mit den Nachbarvorhaben ungeachtet von deren Auswirkungen zu beurteilen wäre, folgt auch nicht aus anderen Gründen. Die Auflösung der Konkurrenz mehrerer nur alternativ, nicht kumulativ zulässiger Vorhaben, von denen keines zeitlich prioritär ist, kann nur nach einem dem Prioritätsprinzip übergeordneten Maßstab erfolgen. Dieser ist Art. 3 Abs. 1 GG zu entnehmen. Danach sind vorliegend alle drei zur Genehmigung gestellten Vorhaben gleich zu behandeln, was wiederum nur dadurch geschehen kann, dass jedes von ihnen bei der Beurteilung der jeweils anderen zu berücksichtigen ist. Denn Art. 3 Abs. 1 GG erlaubt die Ungleichbehandlung mehrerer Sachverhalte nur, sofern dafür ein hinreichender sachlicher Grund besteht. Dies wäre bei früherem Vorliegen eines prüffähigen Antrags im Grundsatz der Fall - insofern ist das Prioritätsprinzip gerade eine Ausprägung von Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. NdsOVG, U. v. 26.09.1991 - 1 L 74/91, 1 L 75/91 -, juris). Kommt von mehreren konkurrierenden Vorhaben keinem eine zeitliche Priorität zu, setzt eine Ungleichbehandlung andere sachliche Unterschiede zwischen ihnen voraus. Bestehen solche Unterschiede nicht, muss es bei der Gleichbehandlung der für die Vorhaben gestellten Anträge bleiben. Im Fall einer durch sie kumulativ verursachten „Gesamtbelastung“ sind die Vorhaben - vorbehaltlich der Möglichkeit, die Genehmigung durch Nebenbestimmungen zu beschränken - einheitlich abzulehnen; es bleibt dann Sache der Bauantragsteller, ihre Pläne so aufeinander abzustimmen, dass zumindest ein Teil davon (ggf. unabhängig von den anderen) genehmigungsfähig ist. Die drei vorliegend betroffenen Vorhaben auf dem Baugrundstück weisen keine Unterschiede auf, die ihre Ungleichbehandlung rechtfertigen. Solche Unterschiede könnten sich wegen des Grundstücksbezugs der Baugenehmigung und der ihr zugrundeliegenden baurechtlichen Prüfung grundsätzlich nicht aus der Person der Bauantragsteller, sondern nur aus einer Betrachtung der Vorhaben selbst ergeben. Die Vorhaben sind vorliegend im Wesentlichen identisch. Sie unterscheiden sich hauptsächlich durch ihre gering voneinander abweichenden Flächen. Als Rechtfertigungsgrund für eine unterschiedliche Behandlung der drei Vorhaben käme dieser Größenunterschied nur infrage, soweit er in sachlichem Bezug zur planungsrechtlichen Zulässigkeit der Vorhaben steht. Ein solcher Bezug wäre anzunehmen, wenn die unterschiedliche Größe Bedeutung für die Auswirkungen der Vorhaben auf die dadurch berührten städtebaulichen Belange hätte. Dies ist vorliegend aber nicht der Fall. Der kleinste der drei geplanten Betriebe verfügt über einen Gastraum von 26,29 m², der Gastraum des größten Betriebs hat eine Fläche von 36,92 m². Dass die dazwischen bestehende Differenz für die städtebaulichen Auswirkungen der Betriebe überhaupt von Relevanz ist, ist nicht ersichtlich. Jedenfalls wäre dies aber auch kein hinreichender Grund für eine Ungleichbehandlung. Denn die eine Ungleichbehandlung rechtfertigenden Unterschiede müssen auch von ihrem Gewicht her der Ungleichbehandlung Rechnung tragen. Je schwerer jene wiegt, desto gewichtiger müssen ihre Gründe sein. Vorliegend bedarf es danach eines gewichtigen Grunds, denn die Ungleichbehandlung eines der Vorhaben gegenüber den anderen beinhaltet eine Vorentscheidung über die Verwirklichungschancen der jeweils anderen Vorhaben und hat damit ein hohes Gewicht für das Baurecht jedes Antragstellers. Die Auswirkungen des Größenunterschieds der Vorhaben auf die durch sie berührten städtebaulichen Belange müssten also von einem so hohen Gewicht sein, dass es angemessen erschiene, ihretwegen unterschiedlich über die jeweiligen Genehmigungsanträge zu entscheiden. Dies ist nicht der Fall. Anders könnte dies angesichts der Geringfügigkeit der Flächendifferenz letztlich nur sein, wenn die Vorhaben ohne den Größenunterschied trotz ihres Zusammenwirkens zulässig wären. Auch hiervon ist aber nicht auszugehen, denn für die Wirkungen der Vorhaben, die ihre Einordnung als Vergnügungsstätten begründen (und damit im Ergebnis zu ihrer Unzulässigkeit führen), wäre es ohne Einfluss, wenn sie einheitlich jeweils über einen Gastraum mit 26,29 m², 30,81 m² oder 36,92 m² verfügten - insofern sind nämlich andere Aspekte maßgeblich (dazu sogleich).
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Bei der danach gebotenen Betrachtung des Zusammenwirkens des klägerischen Vorhabens mit den beiden Parallelvorhaben ist davon auszugehen, dass die Vorhaben im Hinblick auf ihre vergnügungsstättentypischen Wirkungen einer Spielhalle entsprechen. Denn die Vorhaben sind in den für ihre gemeinsame Wirkung maßgeblichen Merkmalen einer Spielhalle vergleichbar, obwohl sie baulich in gewissem Maße voneinander getrennt sind. Die Nachbarschaft eines Betriebs mit Spielmöglichkeit zu zwei weiteren Betrieben derselben Art lässt bereits vermuten, dass die Aufstellung der Spielgeräte nicht allein dazu dient, den Spieltrieb zu befriedigen, der nur bei Gelegenheit der Inanspruchnahme eines eigentlich im Mittelpunkt stehenden gastronomischen Angebots entsteht, sondern dass vielmehr ein darüber hinausgehendes Spielangebot geschaffen wird (vgl. NdsOVG, B. v. 30.03.2010, GewArch 2010, 221 - „Verdacht“). Unabhängig davon sind aber maßgeblich für die gemeinsame Wirkung der Betriebe vor allem deren Anordnung und der Zuschnitt ihres Gesamtangebots. Diese lassen eine vergnügungsstättentypische Wirkung wie eine Spielhalle erwarten. Die drei Betriebe „bilden räumlich und funktional eine einheitliche, von Spielhallenfluidum geprägte bauliche Anlage“ (vgl. VGH BW, B. v. 03.01.1990 - 3 S 2502/89 -, juris) und wirken entsprechend zusammen, und zwar unabhängig davon, ob sie baurechtlich als ein einheitliches Vorhaben oder als separate Vorhaben in ihrem Zusammenwirken zu betrachten sind. Die Betriebe sind direkt nebeneinander geplant und über eine gemeinsame Treppe und Freifläche zu betreten. Der Kunde trifft dort auf eine für das Spielen attraktive Häufung und Konzentration von Geldspielmöglichkeiten, die spielhallentypisch ist, die aber in Verbindung mit dem geplanten Alkoholausschank das nach § 3 Abs. 3 SpielV zulässige Höchstmaß von Geldspielgeräten in Spielhallen sogar noch übertrifft. Soweit die Betriebe leicht voneinander abweichende gastronomische Angebote sowie Unterschiede in der Innenarchitektur aufweisen, rechtfertigt dies nicht die Annahme, dass sie in ihren für Vergnügungsstätten typischen Wirkungen hinter einer Spielhalle zurückbleiben. Denn die Auflockerung des Erscheinungsbilds der Betriebe durch ihre Innenarchitektur und Angebotsvarianz steigert gerade die Effektivität des Gesamtangebots der Betriebe, weil es dadurch facettenreicher und umso interessanter erscheint; dies trägt eher zusätzlich dazu bei, dass der gemeinsame Standort der drei Betriebe gerade als solcher aufgesucht wird, um eine Spielgelegenheit zu ergreifen. Dafür, dass diese Häufung und Konzentration von Geldspielgeräten an einem Standort hinsichtlich ihrer Vergnügungsstätten kennzeichnenden Wirkung einer Spielhalle entspricht, sprechen schließlich auch die zur Unterscheidung von kerngebietstypischen und nicht-kerngebietstypischen Vergnügungsstätten entwickelten Kriterien. Sie tragen der unterschiedlichen Intensität der Auswirkungen kerngebietstypischer und nicht-kerngebietstypischer Vergnügungsstätten Rechnung (vgl. VGH BW, B. v. 28.11.2006 - 3 S 2377/06 -, juris; U. v. 22.02.2011 - 3 S 445/09 -, juris). Gemessen an diesen Kriterien ist zu erwarten, dass die Folgewirkungen der auf dem Baugrundstück vorgesehenen drei Betriebe insgesamt jedenfalls nicht hinter dem zurückbleiben, was schon für nicht-kerngebietstypische Vergnügungsstätten kennzeichnend ist. Denn der für (nicht-)kerngebietstypische Spielhallen typische „Störungsgrad“ lässt sich vorbehaltlich einer Betrachtung aller Einzelfallumstände in erster Linie nach der Zahl und Art ihrer Spielgeräte, ihrer Fläche und ihrer Besucherplätze bestimmen (VGH BW, U. v. 22.02.2011 - 3 S 445/09 -, juris). Von Bedeutung sind insofern vor allem Art und Anzahl der Spielgeräte, denn nach ihnen richtet sich „maßgeblich die Attraktivität der Spielhalle und damit regelmäßig de[r] Umfang des Zuspruchs sowie de[r] Grad der mit der Benutzung der Spielhalle für die Wohnnutzung typischerweise verbundenen Störungen“ (vgl. VGH BW, U. v. 22.02.2011 - 3 S 445/09 -, juris); die Fläche ist demgegenüber, obwohl baurechtlich u.U. leichter zu handhaben, in der Sache als Abgrenzungskriterium von untergeordneter Bedeutung, denn ab welcher Flächengröße eine Vergnügungsstätte kerngebietstypisch ist, wird gerade anhand der zulässigen Anzahl von Geldspielgeräten je Quadratmeter berechnet. In der Regel ist eine Spielhalle ab einer Ausstattung mit mindestens acht Geldspielgeräten bzw. mit der für diese Anzahl notwendigen Fläche als kerngebietstypisch anzusehen (VGH BW, U. v. 02.11.2006 - 8 S 1891/05 -, juris; U. v. 09.10.2013 - 5 S 29/12 -, juris). Die vorliegend auf dem Baugrundstück geplanten Betriebe bieten insgesamt neun Geldspielgeräte samt Alkoholausschank an. Geht man außerdem davon aus, dass eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte i.d.R. ab einer Zahl von 40 Plätzen vorliegt (vgl. VGH BW, U. v. 22.02.2011 - 3 S 445/09 -, juris, unter Verweis auf Stüer, ZfWG 2010, 387), entsprechen die drei auf dem Baugrundstück geplanten Betriebe auch hinsichtlich der Besucherplätze einer kerngebietstypischen Vergnügungsstätte. Denn in den drei Betrieben sind nach dem Vortrag der Kläger 63 Bewirtungsplätze (10 bei der Klägerin sowie 25 bzw. 28 Plätze in den Nachbarbetrieben) und 9 Geldspielplätze geplant.
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Eine Befreiung von dem im Bebauungsplan festgesetzten Ausschluss der Zulässigkeit von Vergnügungsstätten ist für das Vorhaben nicht zu erteilen. Gemäß § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen eines Bebauungsplans unter Umständen befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Zu den Grundzügen der Planung gehören solche Festsetzungen, „die für die Planung tragend sind“ (Siegmund, in: Spannowsky/Uechtritz, BauGB, 2. Aufl. 2014, § 31, Rdn. 61). Tragend für die Planung ist eine Festsetzung, die ein „Bestandteil eines Planungskonzepts ist, der das gesamte Plangebiet oder doch maßgebliche Teile davon gleichsam wie ein roter Faden durchzieht, so dass eine Abweichung zu weitreichenden Folgen führt“ (BayVGH, U. v. 21.04.2009 - 9 B 06.1823 -, juris; VG Freiburg U. v. 22.08.2007 - 4 K 1989/06 -, juris; HambOVG, U. v. 26.08.1999 - 2 Bf 17/96 -, juris). Die dem Vorhaben der Klägerin widerstreitende Festsetzung des Bebauungsplans XXX über den Ausschluss von Vergnügungsstätten gehört danach zu den Grundzügen der Planung, denn sie ist für die Planung tragend. Wie aus der Planbegründung hervorgeht, bildet sie ein zentrales Element des planerischen Konzepts zur Verhinderung einer Häufung von Vergnügungsstätten (sowie Bordellen und Werbeanlagen), das sich wie ein roter Faden durch die davon betroffenen Teile des Plangebiets zieht. Eine Abweichung davon würde die Planung in ihrem Kern treffen.
60 
Dahingestellt bleiben kann, ob das Vorhaben, wenn es nicht als Vergnügungsstätte im bauplanungsrechtlichen Sinne zu behandeln wäre, bei einer Einordnung als Schank- und Speisewirtschaft mit Geldspielgeräten im Zusammenwirken mit den Nachbarvorhaben als eine „städtebaulich bedenkliche Ansammlung“ solcher Betriebe gebietsunverträglich und nach § 15 Abs. 1 S. 1 BauNVO unzulässig wäre (vgl. VGH BW, B. v. 15.09.2010 - 3 S 1105/10 -) oder ob es als Schank- und Speisewirtschaft mit Geldspielgeräten im Zusammenwirken mit den geplanten Nachbarbetrieben zu Belästigungen oder Störungen i.S.v. § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO führte und auch deswegen unzulässig wäre.
61 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
62 
Aufgrund der Abweisung der Klage ist über den Antrag, die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären, nicht zu entscheiden.
63 
Ein Grund, gemäß §§ 124a Abs. 1 S. 1, 124 Abs. 2 Nrn. 3, 4 VwGO die Berufung gegen dieses Urteil zuzulassen, liegt nicht vor.

Gründe

 
48 
Die zulässige Klage ist in der Sache nicht begründet. Gemäß § 113 Abs. 5 VwGO spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde zum Erlass des beantragten Verwaltungsakts aus, soweit dessen Ablehnung oder Unterlassung rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist; ist die Sache noch nicht spruchreif, spricht das Gericht die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
49 
Die Ablehnung der von der Klägerin für ihr Vorhaben beantragten Baugenehmigung ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, denn sie hat keinen Anspruch auf die Genehmigung. Eine Baugenehmigung ist gemäß § 58 Abs. 1 S. 1 LBO zu erteilen, wenn dem Vorhaben keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen. Hierzu gehören die bauplanungsrechtlichen Regelungen in §§ 29 ff. BauGB. Das Vorhaben der Klägerin ist nach §§ 30, 29 BauGB planungsrechtlich unzulässig, weil es den Festsetzungen des Bebauungsplans XXX widerspricht. Der Bebauungsplan schließt für das Baugrundstück die Zulässigkeit bestimmter Typen von Vergnügungsstätten aus. Dies betrifft u.a. Einrichtungen, die dem Glücksspiel mit Gewinnmöglichkeit dienen. Das Vorhaben der Klägerin unterfällt diesem Ausschlusstatbestand.
50 
Das Vorhaben der Klägerin ist als Vergnügungsstätte zu behandeln, die dem Glücksspiel mit Gewinnmöglichkeit dient. Vergnügungsstätten sind Betriebe, die „der kommerziellen Freizeitgestaltung, Zerstreuung und Entspannung, dem geselligen Beisammensein, der Bedienung der Spielleidenschaft oder der Bedienung der erotisch/sexuellen Interessen des Menschen dienen. Sie werden auch umschrieben als gewerbliche Nutzungsarten, die sich in unterschiedlicher Ausprägung (etwa Diskotheken, Spielhallen oder Amüsierbetriebe) unter Ansprache oder Ausnutzung des Geselligkeitsbedürfnisses, des Spiel- oder des Sexualtriebs einer bestimmten auf Gewinnerzielung gerichteten Freizeitunterhaltung widmen […].“ (VGH BW, B. v. 28.11.2006 - 3 S 2377/06 -, juris). Der Betrieb der Klägerin ist mit Gewinnerzielungsabsicht auf eine Freizeitunterhaltung ausgerichtet, die das Geselligkeitsbedürfnis und speziell den Spieltrieb anspricht und ausnutzt; mit seinem Angebot an Sitzgelegenheiten, Geldspielgeräten und Getränken dient er der kommerziellen Freizeitgestaltung, Zerstreuung, dem geselligen Beisammensein und insbesondere der Bedienung der Spielleidenschaft. Auf diese Weise dient er (zumindest auch) dem Glücksspiel.
51 
Dass das Vorhaben der Klägerin auch den Ausschank von Getränken umfasst, steht seiner bauplanungsrechtlichen Einordnung als eine dem Glücksspiel dienende Vergnügungsstätte nicht entgegen. Dahinstehen kann, ob das Vorhaben wegen des Getränkeausschanks gewerberechtlich als Schank- und Speisewirtschaft zu behandeln ist. Denn die bauplanungsrechtliche Einordnung eines Vorhabens als Vergnügungsstätte oder als Schank- und Speisewirtschaft ist nicht an die gewerberechtliche Abgrenzung von Schank- und Speisewirtschaften zu anderen Betrieben gebunden; das Gewerberecht ist auch nicht „abschließend“ in dem Sinne, dass es eine Sperrwirkung gegenüber bauplanungsrechtlichen Anforderungen an Vergnügungsstätten entfalten könnte. Denn Bauplanungsrecht und Gewerberecht verfolgen mit städtebaulichen Belangen einerseits und der Ausrichtung auf die Gefahrenabwehr andererseits unterschiedliche, sich ergänzende Zielsetzungen und gelten kumulativ nebeneinander.
52 
Im bauplanungsrechtlichen Sinne ist das Vorhaben der Klägerin aufgrund der von ihm zu erwartenden Wirkungen als dem Glücksspiel mit Gewinnmöglichkeit dienende Vergnügungsstätte einzuordnen. Zur Einordnung einer Nutzung als Vergnügungsstätte i.S.v. BauGB und BauNVO sowie als speziell dem Glücksspiel mit Gewinnmöglichkeit dienende Vergnügungsstätte i.S. des vorliegend geltenden Bebauungsplans ist nämlich auch auf die spezifischen Wirkungen abzustellen, die Vergnügungsstätten typischerweise entfalten. Dass für die Einordnung als Vergnügungsstätte i.S.v. BauGB und BauNVO auf die Auswirkungen der zu beurteilenden Nutzung abzustellen ist (vgl. VGH BW, B. v. 28.11.2006 - 3 S 2377/06 -, juris, sowie Hess VGH, B. v. 22.02.2012 - 3 A 1112/11.Z -, juris, speziell zu Lärmbelastungen), folgt dabei zunächst daraus, dass die Gebietsverträglichkeit einer Vergnügungsstätte sich nach deren „Störungsgrad“ richtet (vgl. HessVGH, ebd.; OVG Berlin, B. v. 10.11.2004 - 2 S 50.04 -, juris). Für die Einordnung eines Betriebs als Vergnügungsstätte und seine Abgrenzung zu einer Schank- und Speisewirtschaft kann es daher etwa genügen, wenn ein Lokal „seiner Art nach geeignet ist, das Wohnen wesentlich zu stören“ (HessVGH, a.a.O.). Auch soweit sich die Frage stellt, ob eine Nutzung nach ihrem Schwerpunkt (vgl. VGH BW, U. v. 17.08.1990 - 8 S 1458/90 -, juris, sowie HessVGH, a.a.O.) bzw. im Ergebnis einer wertenden Gesamtbetrachtung des Erscheinungsbilds des konkret geplanten Betriebs und seines Angebots (vgl. HessVGH, a.a.O.) einer Vergnügungsstätte entspricht, ist dies gerade im Hinblick auf die Wirkungen der Nutzung zu beurteilen (so wohl auch OVG Berlin, a.a.O.). Dabei ist zu beachten, dass sich Vergnügungsstätten durch bestimmte „typische städtebaulich relevante (negative) Folgewirkungen“ auszeichnen (VGH BW, B. v. 28.11.2006 - 3 S 2377/06 -, juris). An diese typischen Folgewirkungen knüpft der bauplanungsrechtliche Begriff der Vergnügungsstätte als „Anlage mit bodenrechtlichem Bezug“ an, „wobei bezüglich der Intensität dieser Auswirkungen zwischen den auf Kerngebiete beschränkten (kerngebietstypischen) und den sonstigen Vergnügungsstätten unterschieden wird“ (VGH BW, ebd.). Zur Einordnung einer Nutzung als Vergnügungsstätte i.S.v. BauGB und BauNVO gerade auf die spezifischen Wirkungen abzustellen, die Vergnügungsstätten typischerweise entfalten, entspricht dem Telos ihrer Unterscheidung von anderen Nutzungsarten in §§ 9 Abs. 2b BauGB, 4a Abs. 3 Nr. 2, 5 Abs. 3, 6 Abs. 2 Nr. 8 und Abs. 3, 7 Abs. 2 Nr. 2, 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO. Denn Sinn und Zweck dieser Unterscheidung ist es gerade, der typischen Betroffenheit städtebaulicher Belange durch die Wirkung von Vergnügungsstätten Rechnung zu tragen. Vorliegend entspricht es zudem speziell dem Telos der einschlägigen Festsetzungen des Bebauungsplans XXX, die Einordnung eines Vorhabens als dem Glücksspiel mit Gewinnmöglichkeit dienende Vergnügungsstätte anknüpfend an die städtebaulichen Wirkungen vorzunehmen, die solche Vergnügungsstätten typischerweise hervorrufen. Denn der Plangeber hat den Ausschluss von Vergnügungsstätten, die dem Glücksspiel mit Gewinnmöglichkeit dienen, gerade wegen der Wirkungen festgesetzt, die dieser Nutzungsart als solcher eigen sind. Dies zeigt die Planbegründung. Dort heißt es zur Planrechtfertigung, die Häufung von Vergnügungsstätten wirke sich negativ auf das Wohnumfeld, das Image des Quartiers sowie die Geschäftslage aus und die beanspruchten Räumlichkeiten seien für andere Nutzungen, z.B. Läden und Dienstleistungen, nicht mehr verfügbar. Der Bebauungsplan solle verhindern, dass sich die Geschäftslage, das Wohnumfeld, das Image des Quartiers und das Ortsbild verschlechtern. Der Ausschluss bestimmter Vergnügungsstätten-Typen erfolgt ausweislich der Planbegründung gerade anknüpfend daran, dass jene Typen „besonders störend“ seien.
53 
Das Vorhaben der Klägerin lässt die typischen Wirkungen einer dem Glücksspiel mit Gewinnmöglichkeit dienenden Vergnügungsstätte erwarten. Da für die Einordnung einer Nutzung als Vergnügungsstätte auf die spezifischen Wirkungen abzustellen ist, die Vergnügungsstätten typischerweise haben, kommt es insoweit nicht darauf an, ob diese Wirkungen für sich genommen zulässig sind oder z.B. nach § 15 BauNVO im Einzelfall zur Unzulässigkeit führten. Typische städtebaulich relevante (negative) Folgewirkungen, die für Vergnügungsstätten kennzeichnend sind, sind „Lärmbelästigungen, Beeinträchtigungen des Stadt- und Straßenbildes und des Gebietscharakters, aber auch eine Verschlechterung der Gebietsqualität (sog. trading-down Effekt […])“ (VGH BW, B. v. 28.11.2006 - 3 S 2377/06 -, juris). An diese typischen Folgewirkungen knüpft auch der Ausschluss dem Glücksspiel dienender Vergnügungsstätten durch den Bebauungsplan XXX an. Sie werden insbesondere Spielhallen zugeschrieben. Bezüglich des Vorhabens der Klägerin ist von einer Wirkung auszugehen, die einer Spielhalle entspricht. Dies folgt aus der Eigenart der geplanten Nutzung und ihres Zusammenwirkens mit den in den Nachbarräumen geplanten Nutzungen, die ihr in ihrer Eigenart gleichen.
54 
Die Eigenart schon der von der Klägerin auf „ihrer“ Teilfläche geplanten Nutzung ist im Hinblick auf die für ihre Wirkungen relevanten Merkmale einer Spielhalle zumindest vergleichbar, wenn nicht gleichzusetzen. Dies gilt zunächst hinsichtlich der Ausstattung des Betriebs mit Alkoholausschank und drei Geldspielgeräten, denn auch Spielhallen mit Alkoholausschank verfügen typischerweise über nicht mehr als drei Geldspielgeräte, weil eine höhere Anzahl gegen § 3 Abs. 3 SpielV verstieße. Auch die Größe des Betriebs spricht dafür, dass er einer (kleinen) Spielhalle zumindest vergleichbar ist. Denn gerade bei sehr kleinen Gastronomieräumen stellt sich die Frage, ob Geldspielgeräte dort eine „prägende Dominanz entfalten“ (vgl. VGH BW, B. v. 15.09.2010 - 3 S 1105/10 -) und auch vorliegend ist anzunehmen, dass der nur 30,81 m² große Gastraum zumindest optisch (wenn nicht auch akustisch) maßgeblich durch seine Ausstattung mit drei Geldspielgeräten und deren Nutzung durch die Kundschaft (mit-)geprägt ist. Vor diesem Hintergrund ist damit zu rechnen, dass der Betrieb von seinen Kunden gerade auch wegen der Geldspielmöglichkeit aufgesucht wird, denn sie zeichnet ihn gegenüber anderen Einrichtungen mit gastronomischem Angebot aus. Zudem weist der Betrieb eine auch für Spielhallen hohe Dichte von Geldspielgeräten auf, denn in Spielhallen darf nach § 3 Abs. 2 S. 1 SpielV höchstens ein Geldspielgerät je 12 m² Grundfläche aufgestellt werden (wobei die Nebenräume wie Abstellräume, Flure, Toiletten, Vorräume und Treppen gemäß § 3 Abs. 2 S. 3 SpielV bei der Berechnung der Grundfläche außen vor bleiben). Dass Kunden den Betrieb der Klägerin gerade auch zum Spielen aufsuchen, wäre umso mehr zu erwarten, falls die für Spielhallen in § 3 Abs. 2 S. 2 SpielV geregelten Vorkehrungen (Mindestabstand und Sichtblende) gegen das gleichzeitige Spielen an mehreren Geräten hier nicht eingehalten werden müssten. Die hohe Geldspielgeräte-Dichte macht Betriebe wie den von der Klägerin geplanten schließlich jedenfalls auch entsprechend interessant für das Aufstellen solcher Geräte, sodass eine mit der Realisierung solcher Vorhaben einhergehende Verdrängung anderer, weniger lukrativer Nutzungen nicht weniger als bei einer Spielhalle zu befürchten ist; eine solche Verdrängungswirkung ist schon für sich genommen Merkmal eines für Spielhallen typischen trading-down-Effekts (vgl. VG Augsburg, U. v. 12.01.2012 - Au 5 K 10.1522 -, BeckRS 2012, 53246).
55 
Bei dieser Eigenart der von der Klägerin geplanten Nutzung ist davon auszugehen, dass sie im Hinblick auf die für Vergnügungsstätten typischen Wirkungen jedenfalls im Zusammenwirken mit den parallel in den Nachbarräumen geplanten Nutzungen einer dem Glücksspiel dienenden Vergnügungsstätte entspricht.
56 
Die drei Betriebe sind bauplanungsrechtlich zusammen zu betrachten. Dies folgt bereits daraus, dass die Änderung der Nutzung (sowie der Umbau) der drei Teilflächen im Erdgeschoss des auf dem Baugrundstück vorhandenen Gebäudes trotz formaler Aufspaltung in drei Verfahren bauplanungsrechtlich einheitlich als ein Vorhaben zu behandeln ist. Zwar ist es Sache des Bauherrn festzulegen, was Bestandteil seines zur Genehmigung gestellten Vorhabens ist - dies gilt aber nur „soweit er sich dabei innerhalb der Grenzen hält, die einer Zusammenfassung oder Trennung objektiv gesetzt sind“ (BVerwG, U. v. 27.04.1993 - 1 C 9/92 -, juris). In diesem Sinne hängt es von den Umständen des Einzelfalls ab, ob eine Änderung einer zuvor einheitlichen Nutzung mehrere „selbstständige Nutzungseinheiten“ entstehen lässt, die jeweils für sich zu betrachten sind, oder ob es sich bei etwaigen neu geschaffenen Nutzungseinheiten um Teile einer „betrieblichen Einheit“ handelt, die als ein einheitliches Vorhaben zu behandeln sind (BVerwG, ebd.). Maßgeblich sind dabei „bauliche und betrieblich-funktionale Gesichtspunkte, die für oder gegen einen selbständigen Betrieb sprechen“ (VGH BW, B. v. 15.03.2013 - 8 S 2073/12 -, juris, mit Verweis auf BVerwG, U. v. 24.11.2005 - 4 C 8.05 -, BauR 2006, 648). Für die Annahme einer betrieblichen Einheit genügt zwar nicht schon die Belegenheit unter einem Dach (BVerwG, U. v. 27.04.1993 - 1 C 9/92 -, juris). Eine „räumlich-funktionale Verknüpfung“ spricht allerdings durchaus für die Annahme einer betrieblichen Einheit, und zwar insbesondere auch bei einer bautechnischen Trennung mehrerer Spielhallen, „wenn diese Spielhallen darauf angelegt sind, zusammen einen größeren, überörtlichen Einzugsbereich zu besitzen, ein größeres und allgemeines Publikum zu erreichen und sie den Kunden als durch ein gemeinsames Konzept und durch Kooperation miteinander verbunden, d.h. als ein Spielhallenzentrum erscheinen“ (VG München, U. v. 16.05.2013 - M 11 K 12.3856 -, juris). Diesem Beispiel vergleichbar verhält es sich auch hier. Bei einer „natürlichen Betrachtungsweise“ sowie insbesondere aus „Kundensicht“, wie sie in diesem Zusammenhang geboten ist (vgl. VG München, ebd.), erscheinen die vorliegend insgesamt drei parallel geplanten Betriebe räumlich miteinander verknüpft und durch ein gemeinsames Konzept und durch Kooperation miteinander verbunden. Denn sie befinden sich im selben Geschoss desselben Gebäudes. Bei einer Belegenheit mehrerer Betriebe im selben Gebäude spricht zudem schon die Zugänglichkeit über ein- und denselben Eingangsbereich (VGH BW, U. v. 02.08.1990 - 3 S 26/90 -, juris) bzw. über eine gemeinsame Freifläche innerhalb des Gebäudes für die Einheitlichkeit der Nutzung (BVerwG, U. v. 27.04.1993 - 1 C 9/92 -, juris; VGH BW, B. v. 15.03.2013 - 8 S 2073/12 -, juris). Dies ist auch vorliegend der Fall. Denn die hier zu betrachtenden drei Betriebe sind über eine gemeinsame Treppe und eine gemeinsame überdachte Freifläche erreichbar, wo der Kunde die drei Eingangstüren fast unmittelbar nebeneinander findet. Dass sie hier als betriebliche Einheit erscheinen, ergibt sich darüber hinaus aus der Parallelität ihrer Angebote. Schon eine einheitliche Art der Nutzung benachbarter Nutzungseinheiten kann für das Vorliegen einer einheitlichen Nutzung sprechen (vgl. VGH BW, U. v. 02.08.1990 - 3 S 26/90 -, juris, wo im Fall eines Billiardcafés und einer Spielhalle u.a. darauf abgestellt wurde, dass es sich jeweils um Vergnügungsstätten handelte). Erst recht wirken mehrere Nutzungseinheiten als durch ein gemeinsames Konzept und durch Kooperation verbundene Teile eines einheitlichen Betriebs, wenn sie - wie hier - je für sich nur eine kleine unscheinbare Fläche einnehmen, auf der die Kunden immer dieselbe Angebotsstruktur aus jeweils drei Geldspielgeräten zuzüglich eines beschränkten gastronomischen Angebots finden. Dies gilt wiederum noch umso mehr, wenn für die Kunden eine Möglichkeit zum „wechselnden Aufenthalt“ in den einzelnen Räumlichkeiten besteht, die die Attraktivität des Standorts mit seinem Gesamtangebot erhöht; auch dies kann grundsätzlich ein Indiz für die Einheitlichkeit der Nutzung sein (vgl. VGH BW, U. v. 02.08.1990 - 3 S 26/90 -, juris). Vorliegend spricht auch dieser Aspekt für das Vorliegen eines einheitlichen Vorhabens, denn in den hier zu beurteilenden Betrieben können jedenfalls solche Kunden, die ihren Thekenkonsum bereits bezahlt haben oder nichts von der Theke (eine Küche ist nicht geplant) konsumieren und (sonst) nur spielen, leicht zwischen den benachbarten Gasträumen wechseln, um eine der dort verteilten Spielmöglichkeiten zu nutzen. Potenzielle Kunden werden den Standort der drei Betriebe zudem gerade auch wegen der dortigen Häufung von Spielmöglichkeiten aufsuchen. Unabhängig davon ist anzunehmen, dass die Häufung von insgesamt neun Spielgeräten gerade auch wegen deren Konzentration auf engem Raum als Einheit wahrgenommen wird. Dies gilt umso mehr, insofern die drei Betriebe nach ihrem Geldspielangebot darauf angelegt sind, einen größeren, überörtlichen Einzugsbereich zu besitzen und ein größeres und allgemeines Publikum zu erreichen, was sich daraus ergibt, dass die Zahl der insgesamt neun Geldspielgeräte einer kerngebietstypischen Vergnügungsstätte entspricht (dazu noch unten). Die bei natürlicher Betrachtung und insbesondere aus Kundensicht bestehende betriebliche Einheit würde schließlich auch durch die von der Klägerin geltend gemachten geringfügigen Unterschiede des gastronomischen Angebots an den einzelnen Theken und die unterschiedliche Gestaltung der Räume nicht beseitigt, denn auch innerhalb einheitlicher gastronomischer Betriebe und Vergnügungsstätten ist eine solche Varianz nicht unüblich. Unabhängig hiervon sprechen schließlich auch die Vorgehensweise und die Beziehungen der Kläger zueinander für die Unselbstständigkeit und Zusammengehörigkeit der von ihnen geplanten Nutzungseinheiten, d.h. für deren betriebliche Einheit und damit für das Vorliegen eines einheitlichen Vorhabens. Zwar ist die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit grundsätzlich nicht personen- oder verhaltens-, sondern grundstücks- und vorhabenbezogen zu beurteilen. Auch aus der „Historie der Bauantragstellung“ oder einer etwaigen Betreiberidentität können sich aber Indizien für die Annahme einer als Einheit beantragten Nutzung ergeben (VG München, a.a.O.; VG Sigmaringen, U. v. 08.04.2009 - 1 K 486/08 -, juris). So kann es etwa für das Vorliegen eines einheitlich zu beurteilenden Vorhabens sprechen, wenn es wirtschaftlich uninteressant wäre, nur eine von mehreren beantragten Spielflächen unabhängig von den anderen zu realisieren (vgl. VG Sigmaringen, U. v. 08.04.2009 - 1 K 486/08 -, juris). Das Fehlen eines Interesses an einer isolierten Realisierung der einzelnen Nutzungseinheiten kann gerade an der Verfahrenshistorie und an den beteiligten Personen sowie ihren Beziehungen zueinander deutlich werden. So verhält es sich hier. Denn die hiesige Verfahrensgeschichte und die Interessenlage der Kläger zeigt, dass die drei Betriebe nicht losgelöst voneinander, sondern gerade als einheitliches Vorhaben geplant sind. So wurde der erste Baugenehmigungsantrag für alle drei Betriebe von einem der Kläger allein gestellt. Diese Verfahrensweise wurde erst später auf eine Antragstellung durch drei unterschiedliche Personen umgestellt, die allerdings miteinander eng verwandt bzw. verschwägert sind, sich unter Angabe derselben ladungsfähigen Anschrift an das Gericht wandten, sich während des Genehmigungs-, des Widerspruchs- und des gerichtlichen Verfahrens immer einheitlich durch dieselben (im Laufe der Zeit gewechselten) Anwälte vertreten ließen und sich auch desselben Planungsbüros bedienten. Zwar führte der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung aus, die Existenz der Betriebe solle unabhängig voneinander gesichert sein und die Rechnungsführung sowie der Einkauf in jedem Betrieb separat erfolgen. Allerdings räumte er auch ein, dass das Kerninteresse an der Realisierung aller drei Betriebe bestehe, dass es auch mit zwei von ihnen interessant wäre, dass aber ein einziger Betrieb unter Umständen wirtschaftlich nicht funktioniere. Außerdem verwies er zwar darauf, dass zwei der drei Betriebe für deren Inhaber als Abschreibungsobjekt dienlich wären. Es blieb aber letztlich unaufgeklärt und zweifelhaft, ob diese Abschreibungsmöglichkeit nur einen Schadensbegrenzungs-Aspekt darstellt oder inwiefern sich schon allein daraus ein Interesse an jedem einzelnen Betrieb, losgelöst von den anderen ergeben könnte. Darüber hinaus räumte der Klägervertreter außerdem ein, dass eine Nützlichkeit des einzelnen Betriebs als Abschreibungsobjekt für die Klägerin nicht besteht. Bezüglich ihres Betriebs ist insofern erst recht nicht ersichtlich, weshalb er losgelöst von den anderen geplant sein könnte, obwohl die Wirtschaftlichkeit eines einzigen Betriebs für sich zweifelhaft ist.
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Selbst wenn die drei Betriebe nicht als ein einheitliches Vorhaben anzusehen wären, wären die in den Nachbarräumen geplanten Nutzungen aber in die Beurteilung der Auswirkungen des Betriebs der Klägerin einzubeziehen. Denn eine auf die Zukunft gerichtete Betrachtung der Wirkungen eines Vorhabens hat auch unabhängig von ihm bestehende „Vorbelastungen“ (vgl. Jarass, BImSchG, 10. Aufl. 2013, § 5, Rdn. 20, zur Parallelproblematik bei der immissionsschutzrechtlichen Anlagenzulassung) zugrunde zu legen und „voraussehbare zukünftige Entwicklungen“ einzubeziehen (vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, § 15 BauNVO, Rdn. 15, Stand April 2013, sowie VGH BW, U. v. 09.10.2013 - 5 S 29/12 -, juris, zur Anwendung von § 15 Abs. 1 S. 1 BauNVO). Ob die Berücksichtigung der Auswirkungen eines weiteren Vorhabens in diesem Sinne voraussetzt, dass dazu bereits ein prüfbarer Antrag an die Genehmigungsbehörde vorliegt, weil die Vorhabenswirkungen erst dadurch „hinreichend konkret vorhersehbar“ werden (vgl. OVG NRW, U. v. 01.12.2011 - 8 D 58/08-, BeckRS 2012, 47303, zur Parallelproblematik im FFH-Recht), kann dahinstehen, denn für die neben dem klägerischen Vorhaben geplanten Nachbarbetriebe liegen der Beklagten jedenfalls prüfbare Anträge vor. Deren Berücksichtigung steht auch nicht eine etwaige Priorität des klägerischen Vorhabens entgegen. Zwar ist die Berücksichtigung (prüfbarer Anträge) von Parallelvorhaben grundsätzlich nur im Rahmen des Prioritätsprinzips geboten, also dann, wenn ein Parallelvorhaben dem zu prüfenden Vorhaben zeitlich vorgeht (aufgrund früheren Vorliegens eines prüfbaren Antrags, vgl. OVG NRW, ebd., m.w.N.). Vorliegend hat aber weder das Vorhaben der Klägerin noch eines der Nachbarvorhaben einen zeitlichen Vorsprung. Der zeitliche Gleichlauf der Genehmigungsverfahren kann wiederum nicht dazu führen, dass (mangels zeitlicher Priorität) keines der Vorhaben bei Prüfung der jeweils anderen zu berücksichtigen ist. Vielmehr sind bei der Beurteilung jedes von mehreren Vorhaben, für die gleichzeitig ein prüfbarer Antrag vorlag, die Auswirkungen der jeweils anderen Vorhaben zu beachten. Andernfalls liefen die Begrenzungen, die materiell für die Wirkungen jedes Vorhaben Geltung beanspruchen, nur wegen ihres zeitlichen Zusammenfallens für jedes der Vorhaben ins Leere. Eine solche Wirkung der parallelen Antragstellung widerspräche der dienenden Funktion des Baugenehmigungsverfahrens für das materielle Baurecht. Dass das Vorhaben der Klägerin in Konkurrenz mit den Nachbarvorhaben ungeachtet von deren Auswirkungen zu beurteilen wäre, folgt auch nicht aus anderen Gründen. Die Auflösung der Konkurrenz mehrerer nur alternativ, nicht kumulativ zulässiger Vorhaben, von denen keines zeitlich prioritär ist, kann nur nach einem dem Prioritätsprinzip übergeordneten Maßstab erfolgen. Dieser ist Art. 3 Abs. 1 GG zu entnehmen. Danach sind vorliegend alle drei zur Genehmigung gestellten Vorhaben gleich zu behandeln, was wiederum nur dadurch geschehen kann, dass jedes von ihnen bei der Beurteilung der jeweils anderen zu berücksichtigen ist. Denn Art. 3 Abs. 1 GG erlaubt die Ungleichbehandlung mehrerer Sachverhalte nur, sofern dafür ein hinreichender sachlicher Grund besteht. Dies wäre bei früherem Vorliegen eines prüffähigen Antrags im Grundsatz der Fall - insofern ist das Prioritätsprinzip gerade eine Ausprägung von Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. NdsOVG, U. v. 26.09.1991 - 1 L 74/91, 1 L 75/91 -, juris). Kommt von mehreren konkurrierenden Vorhaben keinem eine zeitliche Priorität zu, setzt eine Ungleichbehandlung andere sachliche Unterschiede zwischen ihnen voraus. Bestehen solche Unterschiede nicht, muss es bei der Gleichbehandlung der für die Vorhaben gestellten Anträge bleiben. Im Fall einer durch sie kumulativ verursachten „Gesamtbelastung“ sind die Vorhaben - vorbehaltlich der Möglichkeit, die Genehmigung durch Nebenbestimmungen zu beschränken - einheitlich abzulehnen; es bleibt dann Sache der Bauantragsteller, ihre Pläne so aufeinander abzustimmen, dass zumindest ein Teil davon (ggf. unabhängig von den anderen) genehmigungsfähig ist. Die drei vorliegend betroffenen Vorhaben auf dem Baugrundstück weisen keine Unterschiede auf, die ihre Ungleichbehandlung rechtfertigen. Solche Unterschiede könnten sich wegen des Grundstücksbezugs der Baugenehmigung und der ihr zugrundeliegenden baurechtlichen Prüfung grundsätzlich nicht aus der Person der Bauantragsteller, sondern nur aus einer Betrachtung der Vorhaben selbst ergeben. Die Vorhaben sind vorliegend im Wesentlichen identisch. Sie unterscheiden sich hauptsächlich durch ihre gering voneinander abweichenden Flächen. Als Rechtfertigungsgrund für eine unterschiedliche Behandlung der drei Vorhaben käme dieser Größenunterschied nur infrage, soweit er in sachlichem Bezug zur planungsrechtlichen Zulässigkeit der Vorhaben steht. Ein solcher Bezug wäre anzunehmen, wenn die unterschiedliche Größe Bedeutung für die Auswirkungen der Vorhaben auf die dadurch berührten städtebaulichen Belange hätte. Dies ist vorliegend aber nicht der Fall. Der kleinste der drei geplanten Betriebe verfügt über einen Gastraum von 26,29 m², der Gastraum des größten Betriebs hat eine Fläche von 36,92 m². Dass die dazwischen bestehende Differenz für die städtebaulichen Auswirkungen der Betriebe überhaupt von Relevanz ist, ist nicht ersichtlich. Jedenfalls wäre dies aber auch kein hinreichender Grund für eine Ungleichbehandlung. Denn die eine Ungleichbehandlung rechtfertigenden Unterschiede müssen auch von ihrem Gewicht her der Ungleichbehandlung Rechnung tragen. Je schwerer jene wiegt, desto gewichtiger müssen ihre Gründe sein. Vorliegend bedarf es danach eines gewichtigen Grunds, denn die Ungleichbehandlung eines der Vorhaben gegenüber den anderen beinhaltet eine Vorentscheidung über die Verwirklichungschancen der jeweils anderen Vorhaben und hat damit ein hohes Gewicht für das Baurecht jedes Antragstellers. Die Auswirkungen des Größenunterschieds der Vorhaben auf die durch sie berührten städtebaulichen Belange müssten also von einem so hohen Gewicht sein, dass es angemessen erschiene, ihretwegen unterschiedlich über die jeweiligen Genehmigungsanträge zu entscheiden. Dies ist nicht der Fall. Anders könnte dies angesichts der Geringfügigkeit der Flächendifferenz letztlich nur sein, wenn die Vorhaben ohne den Größenunterschied trotz ihres Zusammenwirkens zulässig wären. Auch hiervon ist aber nicht auszugehen, denn für die Wirkungen der Vorhaben, die ihre Einordnung als Vergnügungsstätten begründen (und damit im Ergebnis zu ihrer Unzulässigkeit führen), wäre es ohne Einfluss, wenn sie einheitlich jeweils über einen Gastraum mit 26,29 m², 30,81 m² oder 36,92 m² verfügten - insofern sind nämlich andere Aspekte maßgeblich (dazu sogleich).
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Bei der danach gebotenen Betrachtung des Zusammenwirkens des klägerischen Vorhabens mit den beiden Parallelvorhaben ist davon auszugehen, dass die Vorhaben im Hinblick auf ihre vergnügungsstättentypischen Wirkungen einer Spielhalle entsprechen. Denn die Vorhaben sind in den für ihre gemeinsame Wirkung maßgeblichen Merkmalen einer Spielhalle vergleichbar, obwohl sie baulich in gewissem Maße voneinander getrennt sind. Die Nachbarschaft eines Betriebs mit Spielmöglichkeit zu zwei weiteren Betrieben derselben Art lässt bereits vermuten, dass die Aufstellung der Spielgeräte nicht allein dazu dient, den Spieltrieb zu befriedigen, der nur bei Gelegenheit der Inanspruchnahme eines eigentlich im Mittelpunkt stehenden gastronomischen Angebots entsteht, sondern dass vielmehr ein darüber hinausgehendes Spielangebot geschaffen wird (vgl. NdsOVG, B. v. 30.03.2010, GewArch 2010, 221 - „Verdacht“). Unabhängig davon sind aber maßgeblich für die gemeinsame Wirkung der Betriebe vor allem deren Anordnung und der Zuschnitt ihres Gesamtangebots. Diese lassen eine vergnügungsstättentypische Wirkung wie eine Spielhalle erwarten. Die drei Betriebe „bilden räumlich und funktional eine einheitliche, von Spielhallenfluidum geprägte bauliche Anlage“ (vgl. VGH BW, B. v. 03.01.1990 - 3 S 2502/89 -, juris) und wirken entsprechend zusammen, und zwar unabhängig davon, ob sie baurechtlich als ein einheitliches Vorhaben oder als separate Vorhaben in ihrem Zusammenwirken zu betrachten sind. Die Betriebe sind direkt nebeneinander geplant und über eine gemeinsame Treppe und Freifläche zu betreten. Der Kunde trifft dort auf eine für das Spielen attraktive Häufung und Konzentration von Geldspielmöglichkeiten, die spielhallentypisch ist, die aber in Verbindung mit dem geplanten Alkoholausschank das nach § 3 Abs. 3 SpielV zulässige Höchstmaß von Geldspielgeräten in Spielhallen sogar noch übertrifft. Soweit die Betriebe leicht voneinander abweichende gastronomische Angebote sowie Unterschiede in der Innenarchitektur aufweisen, rechtfertigt dies nicht die Annahme, dass sie in ihren für Vergnügungsstätten typischen Wirkungen hinter einer Spielhalle zurückbleiben. Denn die Auflockerung des Erscheinungsbilds der Betriebe durch ihre Innenarchitektur und Angebotsvarianz steigert gerade die Effektivität des Gesamtangebots der Betriebe, weil es dadurch facettenreicher und umso interessanter erscheint; dies trägt eher zusätzlich dazu bei, dass der gemeinsame Standort der drei Betriebe gerade als solcher aufgesucht wird, um eine Spielgelegenheit zu ergreifen. Dafür, dass diese Häufung und Konzentration von Geldspielgeräten an einem Standort hinsichtlich ihrer Vergnügungsstätten kennzeichnenden Wirkung einer Spielhalle entspricht, sprechen schließlich auch die zur Unterscheidung von kerngebietstypischen und nicht-kerngebietstypischen Vergnügungsstätten entwickelten Kriterien. Sie tragen der unterschiedlichen Intensität der Auswirkungen kerngebietstypischer und nicht-kerngebietstypischer Vergnügungsstätten Rechnung (vgl. VGH BW, B. v. 28.11.2006 - 3 S 2377/06 -, juris; U. v. 22.02.2011 - 3 S 445/09 -, juris). Gemessen an diesen Kriterien ist zu erwarten, dass die Folgewirkungen der auf dem Baugrundstück vorgesehenen drei Betriebe insgesamt jedenfalls nicht hinter dem zurückbleiben, was schon für nicht-kerngebietstypische Vergnügungsstätten kennzeichnend ist. Denn der für (nicht-)kerngebietstypische Spielhallen typische „Störungsgrad“ lässt sich vorbehaltlich einer Betrachtung aller Einzelfallumstände in erster Linie nach der Zahl und Art ihrer Spielgeräte, ihrer Fläche und ihrer Besucherplätze bestimmen (VGH BW, U. v. 22.02.2011 - 3 S 445/09 -, juris). Von Bedeutung sind insofern vor allem Art und Anzahl der Spielgeräte, denn nach ihnen richtet sich „maßgeblich die Attraktivität der Spielhalle und damit regelmäßig de[r] Umfang des Zuspruchs sowie de[r] Grad der mit der Benutzung der Spielhalle für die Wohnnutzung typischerweise verbundenen Störungen“ (vgl. VGH BW, U. v. 22.02.2011 - 3 S 445/09 -, juris); die Fläche ist demgegenüber, obwohl baurechtlich u.U. leichter zu handhaben, in der Sache als Abgrenzungskriterium von untergeordneter Bedeutung, denn ab welcher Flächengröße eine Vergnügungsstätte kerngebietstypisch ist, wird gerade anhand der zulässigen Anzahl von Geldspielgeräten je Quadratmeter berechnet. In der Regel ist eine Spielhalle ab einer Ausstattung mit mindestens acht Geldspielgeräten bzw. mit der für diese Anzahl notwendigen Fläche als kerngebietstypisch anzusehen (VGH BW, U. v. 02.11.2006 - 8 S 1891/05 -, juris; U. v. 09.10.2013 - 5 S 29/12 -, juris). Die vorliegend auf dem Baugrundstück geplanten Betriebe bieten insgesamt neun Geldspielgeräte samt Alkoholausschank an. Geht man außerdem davon aus, dass eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte i.d.R. ab einer Zahl von 40 Plätzen vorliegt (vgl. VGH BW, U. v. 22.02.2011 - 3 S 445/09 -, juris, unter Verweis auf Stüer, ZfWG 2010, 387), entsprechen die drei auf dem Baugrundstück geplanten Betriebe auch hinsichtlich der Besucherplätze einer kerngebietstypischen Vergnügungsstätte. Denn in den drei Betrieben sind nach dem Vortrag der Kläger 63 Bewirtungsplätze (10 bei der Klägerin sowie 25 bzw. 28 Plätze in den Nachbarbetrieben) und 9 Geldspielplätze geplant.
59 
Eine Befreiung von dem im Bebauungsplan festgesetzten Ausschluss der Zulässigkeit von Vergnügungsstätten ist für das Vorhaben nicht zu erteilen. Gemäß § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen eines Bebauungsplans unter Umständen befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Zu den Grundzügen der Planung gehören solche Festsetzungen, „die für die Planung tragend sind“ (Siegmund, in: Spannowsky/Uechtritz, BauGB, 2. Aufl. 2014, § 31, Rdn. 61). Tragend für die Planung ist eine Festsetzung, die ein „Bestandteil eines Planungskonzepts ist, der das gesamte Plangebiet oder doch maßgebliche Teile davon gleichsam wie ein roter Faden durchzieht, so dass eine Abweichung zu weitreichenden Folgen führt“ (BayVGH, U. v. 21.04.2009 - 9 B 06.1823 -, juris; VG Freiburg U. v. 22.08.2007 - 4 K 1989/06 -, juris; HambOVG, U. v. 26.08.1999 - 2 Bf 17/96 -, juris). Die dem Vorhaben der Klägerin widerstreitende Festsetzung des Bebauungsplans XXX über den Ausschluss von Vergnügungsstätten gehört danach zu den Grundzügen der Planung, denn sie ist für die Planung tragend. Wie aus der Planbegründung hervorgeht, bildet sie ein zentrales Element des planerischen Konzepts zur Verhinderung einer Häufung von Vergnügungsstätten (sowie Bordellen und Werbeanlagen), das sich wie ein roter Faden durch die davon betroffenen Teile des Plangebiets zieht. Eine Abweichung davon würde die Planung in ihrem Kern treffen.
60 
Dahingestellt bleiben kann, ob das Vorhaben, wenn es nicht als Vergnügungsstätte im bauplanungsrechtlichen Sinne zu behandeln wäre, bei einer Einordnung als Schank- und Speisewirtschaft mit Geldspielgeräten im Zusammenwirken mit den Nachbarvorhaben als eine „städtebaulich bedenkliche Ansammlung“ solcher Betriebe gebietsunverträglich und nach § 15 Abs. 1 S. 1 BauNVO unzulässig wäre (vgl. VGH BW, B. v. 15.09.2010 - 3 S 1105/10 -) oder ob es als Schank- und Speisewirtschaft mit Geldspielgeräten im Zusammenwirken mit den geplanten Nachbarbetrieben zu Belästigungen oder Störungen i.S.v. § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO führte und auch deswegen unzulässig wäre.
61 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
62 
Aufgrund der Abweisung der Klage ist über den Antrag, die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären, nicht zu entscheiden.
63 
Ein Grund, gemäß §§ 124a Abs. 1 S. 1, 124 Abs. 2 Nrn. 3, 4 VwGO die Berufung gegen dieses Urteil zuzulassen, liegt nicht vor.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 45.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt die Erteilung eines Bauvorbescheids für zwei Spielhallen mit je 100 m2 Nutzfläche auf dem Grundstück FlNr. ... der Gemarkung Würzburg.

Mit Unterlagen vom 23. Februar 2010 beantragte die Klägerin bei der Beklagten einen Bauvorbescheid zur Nutzungsänderung von bisher gewerblich genutzten Räumen in zwei Spielhallen mit je 100 m2 Nutzfläche im Erdgeschoss des Gebäudes N. Straße 76. Im Obergeschoss des Gebäudes befinden sich bereits drei kerngebietstypische Spielstätten. Das Grundstück befindet sich im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 4.6.3 der Beklagten vom 26. August 1981 in der Fassung der 3. Änderung des Bebauungsplans N. Straße vom 19. Juni 2002, der für das Grundstück ein Gewerbegebiet festsetzt.

Die Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 22. Juni 2010 ab. Die hiergegen gerichtete Klage wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 10. Oktober 2011 ab. Mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. An der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts bestehen keine ernstlichen Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Rechtssache weist keine besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

1. Die Klägerin beruft sich auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was die Klägerin innerhalb offener Frist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) hat darlegen lassen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel hier nicht.

Das Verwaltungsgericht ist in seiner Entscheidung von der Wirksamkeit des Bebauungsplans ausgegangen. Soweit die Klägerin dieses Ergebnis in Frage stellt und geltend macht, der Bebauungsplan sei wegen Verletzung des Gebots der Konfliktbewältigung und des Trennungsgrundsatzes im Hinblick auf die Festsetzung eines Mischgebiets für das bebaute Grundstück FlNr. 3938/2 der Gemarkung Würzburg unwirksam, ist dem nicht zu folgen.

Das Verwaltungsgericht hat darauf abgestellt, dass hier der Grundsatz der Trennung von Wohnen und Gewerbe nicht ausnahmslos gilt, da es sich um die Überplanung einer bestehenden Gemengelage handelte. Dies ist nicht zu beanstanden, da der Grundsatz zum Einen nicht uneingeschränkt gilt und zum Anderen nicht bisher unbebaute Flächen betroffen sind (BVerwG, U. v. 30.6.1989 - 4 C 16/88 - BRS 49 Nr. 30 = juris Rn. 21). Der Vortrag, im Plangebiet befänden sich „Gebäude jüngeren Datums“ ändert daran nichts. Abgesehen davon, dass der Hinweis auf ein „jüngeres Baudatum“ nichts über einen vorhandenen und evtl. später beseitigten oder fehlenden Gebäudebestand zum Zeitpunkt der Aufstellung des Bebauungsplans aussagt, sind im Ausgangsbebauungsplan auf den hier maßgeblichen Flächen zahlreiche Bestandsgebäude eingezeichnet und Gebäudefunktionen sowie Firmennamen eingetragen. Die Planungsunterlagen und Stellungnahmen im Planaufstellungsverfahren, die übereinstimmend anführen, dass die meisten Grundstücke bebaut seien, werden damit jedenfalls nicht in Frage gestellt.

Bei der Planung handelt es sich auch nicht um einen Etikettenschwindel. Denn es ist nichts ersichtlich, was auf eine Verdeckung eines eigentlich unzulässigen Planungsziels (vgl. OVG NW, U. v. 11.2.2014 - 2 D 15/13.NE - juris Rn. 86; BVerwG, U. v. 28.2.2002 - 4 CN 5/01 - NVwZ 2002, 1114 = juris Rn. 32) hindeutet. Abgesehen davon, dass - wie ausgeführt - bei einer vorhandenen Gemengelage der Trennungsgrundsatz keine strikte Geltung beansprucht (BVerwG, B. v. 13.5.2004 - 4 BN 15/04 - juris Rn. 4), hat der Plangeber hier auch die nach der Baunutzungsverordnung vorgesehene Stufenfolge, wonach ein Mischgebiet neben einem Gewerbegebiet grundsätzlich zulässig ist, eingehalten (vgl. Dirnberger in Jäde/Dirnberger/Weiss, BauGB, 7. Auflage 2013, § 1 Rn. 107). Im Hinblick auf eine vorhandene Gemengelage können daher auch andere planerische Mittel - wie hier immissionsschutzrechtliche Vorgaben - ergriffen werden, so dass ein Bebauungsplan, der bestehende Nutzungen in eine zulässige abgestimmte Gebietseinstufung übernimmt, nicht grundsätzlich zu beanstanden ist (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand 1.7.2014, § 1 Rn. 239). Auch der Hinweis der Klägerin auf die Notwendigkeit einer Verbesserung verfängt hier nicht. Zwar muss sich der Plangeber um Verbesserungen bemühen und möglichst Verbesserungen anstreben (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a. a. O., § 1 Rn. 240), die Verbesserung ist jedoch eine konkret-einzelfallbezogene und weitgehend der planerischen Abwägung überantwortete Frage (vgl. Dirnberger in Jäde/Dirnberger/Weiss, a. a. O., § 1 Rn. 108). Damit kommt es auf die von der Klägerin aufgeworfene Frage der Unbeachtlichkeit mit dem Gebot der Konkfliktbewältigung und dem Trennungsgrundsatz eventuell zusammenhängender Abwägungsfehler nicht an.

Dem Zulassungsvorbringen lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Bebauungsplan funktionslos ist. Eine Funktionslosigkeit von Festsetzungen liegt vor, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sich die Festsetzung bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der ihre Verwirklichung auf absehbare Zeit ausschließt und diese Tatsache so offensichtlich ist, dass ein in die Fortgeltung der Norm gesetztes Vertrauen keinen Schutz verdient (BVerwG, B. v. 22.7.2013 - 7 BN 1/13 - NVwZ 2013, 1547 = juris Rn. 6). Maßgeblich sind dabei, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht die Verhältnisse auf den einzelnen Grundstücken; entscheidend ist vielmehr, ob die jeweilige Festsetzung geeignet ist, zur städtebaulichen Ordnung i. S. d. § 1 Abs. 3 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen wirksamen Beitrag zu leisten. Die Festsetzung muss unabhängig davon, ob sie punktuell noch durchsetzbar ist, bei einer Gesamtbetrachtung die Fähigkeit verloren haben, die städtebauliche Entwicklung noch in eine bestimmte Richtung zu steuern (BVerwG, B. v. 9.10.2003 - 4 B 85/03 - BauR 2004, 1128 = juris Rn. 8). Danach ist die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht zu beanstanden. Entgegen dem Zulassungsvorbringen kann zur Begründung eines Kerngebiets nicht auf Spielhallen und Nutzungen abgestellt werden, die in der gesamten N. Straße und der G... Straße außerhalb des maßgeblichen Baugebiets und sogar außerhalb des Bebauungsplans liegen. Neben drei kerngebietstypischen Spielstätten auf dem Baugrundstück im Obergeschoss eines Gebäudeteils und einem Tanzclub auf FlNr. 3936 Gemarkung Würzburg befinden sich nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts weitere, nicht kerngebietstypische Nutzungen im Gewerbegebiet, wie z. B. ein Asia-Shop, ein Matratzen-Outlet, eine Druckertankstelle und ein Autohändler (vgl. Behördenakte Bl. 36). Diesen Feststellungen wird im Zulassungsantrag nicht entgegengetreten.

Dementsprechend richtet sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nach den Festsetzungen des Bebauungsplans und somit nach § 30 Abs. 1 BauGB i. V. m. § 8 BauNVO 1977. Kerngebietstypische Spielhallen sind danach in einem Gewerbegebiet nicht allgemein zulässig (BVerwG, B. v. 28.7.1988 - 4 B 119/88 - DÖV 1989 = juris Rn. 3 f.). Das Verwaltungsgericht hat das Vorhaben der Klägerin auch zutreffend als kerngebietstypische Spielhalle eingestuft. Die Frage, ob es sich um eine kerngebietstypische Spielhalle handelt, hängt von der Größe des Betriebs unter Berücksichtigung des Schwellenwerts von 100 m2 und den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab (BayVGH, U. v. 24.11.2010 - 9 B 10.363 - juris Rn. 30; BayVGH, B. v. 9.2.2011 - 9 ZB 10.162 - juris Rn. 12; BayVGH, B. v. 24.3.2011 - 2 B 11.59 - BRS 78 Nr. 90 = juris Rn. 27). Das Verwaltungsgericht hat hier zu Recht eine bauliche Einheit der Spielhallen 4 und 5 i. S. e. Funktionseinheit angenommen. Zwar kann dies nicht schon daraus geschlossen werden, dass sie sich in einem Gebäude befinden; auch der einheitliche Antrag stellt insoweit nur ein Indiz dar (vgl. OVG NW, U. v. 29.10.2012 - 2 A 2809/11 - juris Rn. 66). Das Verwaltungsgericht hat jedoch ebenfalls darauf abgestellt, dass die beiden Vergnügungsstätten - wie sich aus den dem Bauvorbescheidsantrag beiliegenden Plan ergibt - über einen gemeinsamen Eingang und Flur (von der Klägerin später als - gemeinsame - „Raucherzone“ bezeichnet) verfügen, so dass jedenfalls der Eingang in beide Spielhallen über eine allgemein zugängliche Fläche innerhalb des Gebäudes erfolgt. Die gegenständlichen Spielhallen verfügen zudem über einen gemeinsamen Lagerraum und gemeinsame Besuchertoiletten (vgl. VG München, U. v. 16.2.2009 - M 8 K 08.4626 - juris Rn. 36 und nachfolgend BayVGH, U. v. 24.3.2011 - 2 B 11.59 - BRS 78 Nr. 90 = juris Rn. 28). Zudem ist nach den baulichen Gegebenheiten, wie sie sich aus den Plänen ergeben, ein Hin- und Herwechseln der Besucher innerhalb des Gebäudes möglich und es besteht ein gemeinsamer Aufsichtsbereich, so dass insgesamt von einer betrieblich-funktionellen Einheit (vgl. BayVGH, U. v. 24.11.2010 - 9 B 10.363 - juris Rn. 32; VGH BW, B. v. 15.3.2013 - 8 S 2073 /12 - juris Rn. 6) und einer organisatorischen Zusammenfassung zum Zweck der Führung eines Betriebes (vgl. BVerwG, U. v. 27.1.1993 - 1 C 9/92 - DÖV 1994, 214 = juris Rn. 15) auszugehen ist. Der von der Klägerin angeführte Fall einer Agglomeration, wie er beispielsweise bei Einkaufszentren vorliegen könnte, kommt hier nicht in Betracht, da es bereits an der betrieblich-funktionalen Trennung fehlt und die Anlagen angesichts der baulichen Zustände, wie sie sich aus dem eingereichten Plan und dem Gebäude ergeben, unter Berücksichtigung der oben genannten Kriterien nicht als ein Nebeneinander einzelner selbstständiger Betriebe erscheinen (vgl. OVG NW, U. v. 29.10.2012 - 2 A 2809/11 - juris Rn. 62 ff.). Maßgeblich ist hier gerade nicht der Eingang in die Spielhallen, sondern in das Gebäude (vgl. BVerwG, U. v. 27.1.1993 - 1 C 9/92 - DÖV 1994, 214 = juris Rn. 15). Im Übrigen sind von der als „Raucherzone“ bezeichneten Fläche auch keine weiteren Räumlichkeiten im Erdgeschoss des Gebäudes als die beiden Spielhallen 4 und 5 zu erreichen.

Das Verwaltungsgericht hat auch zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB verneint, da die Grundzüge der Planung betroffen sind. Die Klägerin trägt vor, dass es sich um eine Vergnügungsstätte an einer überregionalen Verbindungsstraße handle und bereits zahlreiche weitere Vergnügungsstätten vorhanden seien. Zwar ist es möglich, dass eine Vergnügungsstätte an einer überregionalen Verbindungsstraße in einem Gewerbegebiet unter Würdigung der maßgeblichen Planungssituation die Grundzüge der Planung nicht betrifft (vgl. BayVGH, U. v. 24.3.2011 - 2 B 11.59 - BRS 78 Nr. 90 = juris Rn. 34), dies ist jedoch anders zu beurteilen, wenn eine (weitere) Befreiung zu einer anderen Prägung des Gebiets führen würde (vgl. OVG RP, B. v. 25.4.2012 - 8 A 10046/12 - ZfBR 2012, 479 = juris Rn. 15). Die Gefahr eines Umkippens des Gewerbegebiets und ein sog. „Trading down“-Effekt ist jedenfalls bei bereits drei vorhandenen kerngebietstypischen Vergnügungsstätten - unabhängig von einer konkreten Schwellenbestimmung, wie sie die Klägerin fordert - nicht von der Hand zu weisen (vgl. BayVGH, U. v. 28.6.2012 - 9 B 10.2279 - juris Rn. 19; OVG RP, B. v. 25.4.2012 - 8 A 10046/12 - ZfBR 2012, 479 = juris Rn. 13), zumal es sich hier bei den maßgeblichen Flächen südlich der N. Straße um ein vergleichsweise kleines Gewerbegebiet handelt. Auf die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB und eventuelle Ermessenserwägungen kommt es daher nicht weiter an (vgl. BVerwG, B. v. 1.11.1999 - 4 B 3/99 - DÖV 2000, 474 = juris Rn. 13; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a. a. O., § 31 Rn. 35).

2. Die Rechtssache weist auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf. Die im Zulassungsantrag aufgeworfenen Fragen lassen sich nach den obigen Ausführungen ohne Weiteres und mit zweifelsfreiem Ergebnis im Zulassungsverfahren klären (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 124 Rn. 28, 32). Auch liegen keine besonderen tatsächlichen Schwierigkeiten vor, da der Sachverhalt ausreichend aufgeklärt ist bzw. aus den Akten ersichtlich ist. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin ist die Situation entlang der gesamten N. Straße und der G... Straße nach obigen Ausführungen nicht relevant; die Vergnügungsstätten, auf die sich die Argumentation der Klägerin bezieht, liegen überwiegend außerhalb des maßgeblichen Baugebiets und außerhalb des Bebauungsplans. Die vorhandenen Nutzungen ergeben sich aus den Akten und wurden von der Klägerin auch nicht angegriffen. Die Merkmale zur Bestimmung einer betrieblichen Einheit ergeben sich aus den vorgelegten Planunterlagen.

3. Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Die von der Klägerin aufgeworfene Frage, unter welchen Voraussetzungen von einer betrieblichen Einheit geplanter, benachbarter Spielstätten auszugehen ist, ist - wie oben ausgeführt - in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt (vgl. BVerwG, U. v. 27.1.1993 - 1 C 9/92 - DÖV 1994, 214 = juris Rn. 15). Weitergehender Klärungsbedarf lässt sich dem Zulassungsantrag nicht entnehmen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 40, § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG (wie Verwaltungsgericht).

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Baugenehmigung für einen Gewerbebetrieb mit Gastronomie und Geldspielgeräten.
Das Baugrundstück befindet sich in XXX. Dort liegt es im Geltungsbereich der „Ortsbausatzung XXX“ und des Bebauungsplans „XXX“ der Beklagten.
Gemäß § 38 Abs. 1 der Ortsbausatzung XXX ist das Stadtgebiet von XXX in Baustufen eingeteilt. Die Baustufen sind nach § 38 Abs. 2 der Ortsbausatzung in dem Baustufenplan dargestellt, der Bestandteil der Ortsbausatzung ist. Für das Baugrundstück sieht der Baustufenplan die Baustufe „IIa“ vor, was für „Wohngebiete mit Gewerbebetrieben“ steht. Gemäß § 45 der Ortsbausatzung sind auf dieser Baustufe „mittlere und kleinere gewerbliche Anlagen […] zulässig, wenn erhebliche Nachteile, Gefahren und Belästigungen für die Nachbarschaft ausgeschlossen sind.“
Nach den zeichnerischen Festsetzungen des Bebauungsplans XXX befindet sich das Baugrundstück in einer sog. „Teilfläche 1: OBS Baustufe IIa und IIa1 (siehe Textteil A2).“ Im „Textteil“ des Bebauungsplans ist dazu festgesetzt:
„A Planungsrechtliche Festsetzungen
1. Aufhebung/Änderung/Ergänzung planungsrechtlicher Festsetzungen
Die bestehenden planungsrechtlichen Regelungen gelten mit Ausnahme der nachfolgenden Änderungen unverändert weiter.
Die Ortsbausatzung XXX Baustufe IIa und IIa1 wird durch die planungsrechtlichen Festsetzungen A2 und A3 ergänzt. […]
2. Teilflächen 1: Ortsbausatzung XXX Baustufe IIa und IIa1 (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB)
10 
2.1 Folgende Typen von Vergnügungsstätten sind unzulässig:
11 
- Diskotheken,
12 
- Einrichtungen, die dem Glücksspiel mit Gewinnmöglichkeit dienen (z.B. Wettbüros) und
13 
- Einrichtungen des Sexgewerbes gemäß Ziffer D.“
14 
In der Begründung des Bebauungsplans ist hierzu ausgeführt:
15 
„2 Planungserfordernis
16 
2.1 Vergnügungsstätten sowie Bordelle und bordellartige Betriebe
17 
Im Bereich des alten Ortskerns des Stadtteils XXX wurden in den letzten Jahren mehrere Vergnügungsstätten (wie z.B. Spielhallen, Wettbüros und Einrichtungen des Sexgewerbes) eingerichtet. Die Häufung dieser Betriebstypen wirkt sich negativ auf das Wohnumfeld und das „Image“ des Quartiers und der Geschäftslage aus. Die von Vergnügungsstätten beanspruchten Räumlichkeiten stehen anderen Nutzungen, z.B. Läden oder Dienstleistungsunternehmen nicht mehr zur Verfügung.
18 
Im überwiegenden Bereich des alten Ortskerns sind Vergnügungsstätten planungsrechtlich allgemein oder ausnahmsweise zulässig, da hier Baustufe IIa bzw. IIa1 („Wohngebiet mit Gewerbebetrieben“) der Ortsbausatzung XXX gilt. Voraussetzung für die Zulässigkeit ist, dass die Vergnügungsstätten nicht eine gewisse Größe überschreiten oder auf Grund ihrer speziellen Ausprägung nur in Kerngebieten allgemein zulässig sind. […]
19 
Um die Herausbildung eines „Vergnügungsviertels“ im historischen Zentrum von XXX, einhergehend mit einer Verschlechterung der Geschäftslage sowie des Wohnumfelds und des Image des Quartiers zu verhindern, ist die Aufstellung des vorliegenden Bebauungsplans XXX‘ zur Regelung der o.g. Einrichtungen erforderlich.
20 
[…]
21 
5. Städtebauliche Erläuterungen
22 
Durch den Bebauungsplan XXX soll eine Häufung von Vergnügungsstätten, Bordellen und Werbeanlagen verhindert werden, die zu einer Beeinträchtigung des Wohnumfelds, des Image des Gebiets sowie des Ortsbildes führt. Somit dient der Bebauungsplan XXX zusammen mit anderen Maßnahmen (wie z.B. dem Erlass einer Erhaltungssatzung und der Durchführung von Sanierungsmaßnahmen) der Aufwertung des alten Ortskerns von XXX..
23 
5.1 Planungsrechtliche Festsetzungen
24 
[…] In den Hauptgeschäftsbereichen (Teilfläche 1) werden nur die besonders störenden Typen [von Vergnügungsstätten] ausgeschlossen (Diskotheken, Einrichtungen des Glücksspiels mit Gewinnmöglichkeit und Einrichtungen des Sexgewerbes).
25 
6. Begründung der planungsrechtlichen Festsetzungen im Einzelnen
26 
[…]
27 
6.2 Teilflächen 1: Ortsbausatzung XXX Baustufe IIa und IIa1 (Festsetzung A 2)
28 
Die Teilfläche 1 umfasst die Hauptgeschäftsbereiche der Ortsbausatzung Baustufe IIa bzw. IIa1 entlang der XXX und XXX Straße, die durch eine Mischung aus Gewerbe und Wohnen geprägt sind. Bereits genehmigte, beantragte und illegal errichtete bzw. eingerichtete Vergnügungsstätten, Bordelle und Fremdwerbeanlagen konzentrieren sich vor allem auf diesen Bereich.
29 
Zum Schutz und zur Aufwertung der Geschäftslage werden deshalb bestimmte Betriebstypen eingeschränkt. Bordelle und bordellartige Betriebe sowie Fremdwerbung werden völlig ausgeschlossen.
30 
Zudem werden die besonders störenden Typen von Vergnügungsstätten ausgeschlossen, d.h. Diskotheken, Einrichtungen, die dem Glücksspiel mit Gewinnmöglichkeit dienen (z.B. Wettbüros und Spielhallen mit Geldspielautomaten) und Einrichtungen des Sexgewerbes. Somit sollen im Stadtteilzentrum bestimmte Zentrumsfunktionen auch weiterhin ermöglicht werden (z.B. Billard, Bowling, etc.). Zulässig sind jedoch auch weiterhin nur kleinere, gebietsverträgliche Typen, d.h. keine größeren, kerngebietstypischen Vergnügungsstätten.“
31 
Im April 2011 beantragten die Klägerin sowie die Kläger in den beim erkennenden Gericht anhängigen Parallelverfahren 5 K 1950/13 und 5 K 1959/13 bei der Beklagten jeweils eine Baugenehmigung für eine Nutzungsänderung auf jeweils einer Teilfläche im Erdgeschoss des auf dem Baugrundstück bestehenden Gebäudes. Die drei Teilflächen waren zuvor einheitlich von einer Bank genutzt worden. Zur Genehmigung gestellt wurde dort nun jeweils ein Betrieb mit Gastronomie und Geldspielgeräten. Für jeden Betrieb sind dabei je drei Geldspielgeräte und ein separater Eingang vorgesehen. Die Eingänge sollen von der Straße aus über eine gemeinsame Treppe und eine gemeinsame überdachte Freifläche im Erdgeschoss erreichbar sein; auf dieser Freifläche sollen die Eingänge fast unmittelbar nebeneinander liegen. Gegenstand der bei der Beklagten gestellten Bauanträge sind außer der dergestalt geplanten neuen Nutzung auch einige dafür vorzunehmende bauliche Änderungen.
32 
Die Planung und Vertretung im Verwaltungs- sowie im Klageverfahren erfolgte für alle drei geplanten Betriebe durch dasselbe Planungsbüro und dieselben (im Laufe des Verwaltungsverfahrens von allen Klägern gewechselten) anwaltlichen Vertreter.
33 
Der Antrag der Klägerin, der zunächst als „unprüfbar“ zurückgewiesen, dann aber in überarbeiteter Form mit Schreiben vom 25.07.2011 und 20.09.2011 erneuert und später noch weiter überarbeitet wurde, beinhaltet in seiner letzten Fassung vom Dezember 2011 einen Betrieb mit einer (für die erforderliche Stellplatzzahl berechneten) Gastfläche von 30,81 m² (zzgl. Theke und WC-Bereich). Die Gastfläche der in den Nachbarräumen geplanten Betriebe beträgt (entsprechend berechnet) 26,29 m² bzw. 36,92 m²; für alle drei Betriebe zusammen beläuft sie sich somit auf 94,02 m².
34 
Mit Schreiben vom 22.12.2011 teilte die Beklagte der Klägerin - ebenso wie den Antragstellern zu den Parallelvorhaben in den Nachbarräumen - mit, die am 15.12.2011 nochmals ergänzten bzw. geänderten Bauvorlagen seien vollständig, das Vorhaben sei aber nicht genehmigungsfähig, sodass der Klägerin empfohlen werde, den Bauantrag zurückzuziehen oder innerhalb von vier Wochen zu überarbeiten - andernfalls würde er abgelehnt bzw. zurückgesandt.
35 
Jeweils mit Bescheid vom 14.03.2012, eingeliefert bei der Deutschen Post am 19.03.2012, lehnte die Beklagte den Baugenehmigungsantrag der Klägerin sowie die entsprechenden Anträge zu den Parallelvorhaben in den Nachbarräumen ab. Hierzu machte sie u.a. Ausführungen zur Spielverordnung (SpielV) und dazu, dass der Bebauungsplan XXX die geplante Nutzung ihrer Art nach ausschließe. Das Vorhaben erwecke zusammen mit den beiden weiteren Vorhaben in den Nachbarräumen den Eindruck einer gemeinschaftlichen Spielhallennutzung, die lediglich auf drei Räume verteilt sei. Auch bei einer Einzelbetrachtung allein des Vorhabens der Klägerin liege der Schwerpunkt der von ihr geplanten Nutzung - bei einer Gastraumfläche von circa 31 m² und drei Geldspielgeräten - im Glücksspielbereich. Die geplante Nutzung entspreche insgesamt einer Vergnügungsstätte. Der Betrieb der Spielgeräte stelle keinen „bloßen Annex“ zu einer Schank- und Speisewirtschaft dar. Da in Spielhallen gemäß SpielV maximal ein Geldspielgerät je 12 m² Grundfläche zulässig sei, beinhalte das Vorhaben der Klägerin eine höhere „Spielgeräte-Dichte“, als sie in einer Spielhalle gleicher Größe zulässig wäre. Eine Befreiung von den der geplanten Nutzung entgegenstehenden Festsetzungen des Bebauungsplans komme nicht infrage, weil sie dem planerischen Grundkonzept zuwiderliefe und dadurch i.S.v. § 31 Abs. 2 BauGB die Grundzüge der Planung berührte.
36 
Gegen den Ablehnungsbescheid der Beklagten erhoben die Klägerin sowie die Antragsteller der Parallelvorhaben am 16.04.2012 jeweils Widerspruch. Die Klägerin begründete ihren Widerspruch u.a. mit Ausführungen zum Gewerberecht bzw. speziell zur SpielV sowie damit, dass ihr Vorhaben weder eine Spielhalle noch einen ähnlichen Betrieb darstelle, der ausschließlich oder überwiegend der Aufstellung von Spielgeräten diene. Die Aufstellung von Spielgeräten sei nicht der Schwerpunkt der geplanten Nutzung. Es seien 10 Plätze für die Bewirtung mit Getränken geplant. Die geplanten drei Plätze an Geldspielautomaten seien demgegenüber als eher nachrangig und bloßes Zusatzangebot anzusehen. Die Größe des Schankraums sei nicht maßgeblich. Das Vorhaben sei nämlich als Schankwirtschaft i.S.v. § 3 Abs. 1 SpielV mit bis zu drei Geld- oder Warenspielgeräten unabhängig von der Betriebsgröße und unabhängig davon zulässig, ob der Betrieb die für Spielhallen vorgeschriebene Grundfläche von 12 m² pro Geld- und Warenspielgerät wahrt. Auch seien die Vorhaben in den Nachbarräumen für die Beurteilung ihres Vorhabens ohne Belang. Bei den drei Betrieben handele es sich um unterschiedliche und selbstständige Schankbetriebe, die mit unterschiedlicher Innenarchitektur sowie unterschiedlichen Getränken und Speisekonzepten bei einem objektiven Betrachter nicht den Eindruck einer größeren Spielhalle, sondern den einer „Gastromeile“ erweckten.
37 
Die Beklagte half dem Widerspruch nicht ab, sondern legte ihn dem Regierungspräsidium XXX zur Entscheidung vor. Das Regierungspräsidium wies den Widerspruch mit Bescheid vom 07.05.2013, zugestellt am 10.05.2013, zurück, erlegte der Klägerin die Verfahrenskosten auf und setzte eine Gebühr für den Widerspruchsbescheid fest. Die Begründung des Widerspruchsbescheids entspricht in der Sache im Wesentlichen dem Inhalt derjenigen des Ablehnungsbescheids der Beklagten. In den Verfahren zu den Parallelvorhaben auf dem Baugrundstück entschied das Regierungspräsidium entsprechend.
38 
Auf den Widerspruchsbescheid hin erhob die Klägerin - ebenso wie die Antragsteller zu den jeweiligen Parallelvorhaben - am 10.06.2013 Klage. Zu deren Begründung wiederholt und vertieft die Klägerin im Wesentlichen ihr Vorbringen aus dem Vorverfahren. Dabei macht sie geltend, in der SpielV sei abschließend geregelt, dass in Schank- und Speisewirtschaften die Aufstellung von bis zu drei Geldspielgeräten zulässig sei. Gegenstand ihres Vorhabens sei eine Schank- und Speisewirtschaft. Ein solcher Betrieb sei dadurch gekennzeichnet, dass er sich nach seinem Angebot als „Gaststätte im typischen Sinne“ darstelle, d.h. „vorrangig zur Wahrnehmung der gaststättentypischen Tätigkeit (Einnahme von Speisen und Getränken, Kommunikation) aufgesucht werde.“ Dies sei bei ihrem Vorhaben der Fall. Der von ihr geplante Betrieb solle das gastronomische Angebot von XXX bereichern. Ihr Betriebskonzept orientiere sich an einer Whiskey- und Bier-Bar. Das vorgesehene Leistungsangebot beinhalte eine große Vielfalt an Bieren und Whiskey-Sorten. Die hierzu von der Klägerin vorgelegte Getränkekarte listet außerdem insbesondere auch „softdrinks“, Kaffee, Tee, Wein, Sekt, „longdrinks“ und Vodka.
39 
Die Klägerin beantragt,
40 
die Verfügung der Beklagten vom 14.03.2012 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums XXX vom 07.05.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die von der Klägerin beantragte Baugenehmigung zu erteilen sowie die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
41 
Die Beklagte beantragt,
42 
die Klage abzuweisen.
43 
Zur Begründung führt sie im Wesentlichen noch einmal sinngemäß diejenigen Erwägungen aus, mit denen sie bereits ihren angefochtenen Bescheid begründete.
44 
Mit Beschluss vom 15.04.2014 wurde das Verfahren mit den Parallelverfahren 5 K 1950/13 und 5 K 1959/13 zur gemeinsamen mündlichen Verhandlung verbunden.
45 
In der mündlichen Verhandlung führte der gemeinsame Prozessvertreter der drei Kläger aus, die Klägerin sei die Ehefrau des Klägers im Verfahren 5 K 1950/13 und jener sei der Sohn des Klägers im Verfahren 5 K 1959/13. Die drei Kläger arbeiteten zwar zusammen, allerdings führe jeder von ihnen seinen Betrieb separat und die Existenz der Betriebe solle unabhängig voneinander gesichert sein. Die Rechnungsführung und der Einkauf würden in jedem Betrieb separat erfolgen. Für die Teilfläche jedes Betriebs sei ein separater Mietvertrag vorbereitet; bisher sei aber kein Mietvertrag abgeschlossen und nur ein „Bereitstellungsbetrag“ für die Fläche gezahlt; diese Zahlung sei durch alle drei Kläger erfolgt. Die Klägerin werde in ihrem Betrieb auch selbst arbeiten. Die Kläger in den Verfahren 5 K 1950/13 und 5 K 1959/13 seien bereits Inhaber weiterer Lokale und würden für ihre hier streitgegenständlichen Betriebe Personal einstellen. Ob die drei geplanten Betriebe beim Personaleinsatz miteinander kooperieren würden, sei - für den Prozessvertreter - nicht zu beantworten; eine Kooperation sei nicht auszuschließen, aber eher nicht zu erwarten, weil gerade die Eigenständigkeit der Betriebe ein wichtiger Aspekt der bisherigen rechtlichen Auseinandersetzung gewesen sei. Auf Nachfrage des Gerichts, ob die Kläger auch an der Realisierung von nur einem oder zwei der drei geplanten Betriebe Interesse hätten, führte der Prozessvertreter der Kläger aus, das Kerninteresse bestehe an allen drei Betrieben, auch mit zwei von ihnen wäre es aber interessant, und die Realisierung von lediglich zwei Betrieben sei gegenüber der Beklagten auch bereis angesprochen worden; ein einziger Betrieb funktioniere demgegenüber unter Umständen wirtschaftlich nicht. Für die Kläger in den Verfahren 5 K 1950/13 und 5 K 1959/13 wäre der jeweils geplante Betrieb ggf. ein Abschreibungsobjekt. Für die Klägerin gelte dies hinsichtlich des von ihr geplanten Betriebs zwar nicht; durch dessen Beschränkung auf eine Teilfläche sei das wirtschaftliche Risiko aber nicht so hoch. Baugenehmigungen für die drei Betriebe (zunächst) mit weniger oder ohne Geldspielgeräte zu beantragen, wäre aufwändig und unwirtschaftlich gewesen. Jedenfalls liege der Schwerpunkt der geplanten Nutzung im gastronomischen Bereich; dies ergebe sich aus der Zahl der Besucherplätze; Gaststättenrecht sei dabei nur am Rande mitzubetrachten. Ob bei einer Betrachtung der drei Betriebe zusammen, mit insgesamt neun Geldspielgeräten - aber ohne Küche - der Schwerpunkt der Nutzung auch im Hinblick auf deren Störungsgrad noch im Bereich der Gastronomie liege, könne er nicht sagen.
46 
Die Beklagte verwies in der mündlichen Verhandlung auf ihr bisheriges Vorbringen, wiederholte dies punktuell und wies im Übrigen insbesondere darauf hin, dass der erste Baugenehmigungsantrag für die drei Betriebe von einem der Kläger allein gestellt worden sei - erst später sei die Antragstellung geändert worden, um den Anschein verschiedener Betriebe zu erwecken. Aus Sicht der Beklagten stelle sich zudem die Frage, ob die Lokale sich einzeln halten können. Der Umgang mit der Planung eines Personalraums (zunächst war je Betrieb ein Personalraum geplant, nach der Planung separater Toiletten für jeden Betrieb ist ein Personalraum zwar noch in der Betriebsbeschreibung genannt aber nicht mehr in den zum Antrag gehörenden Plänen zu erkennen, was der Prozessvertreter der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht erklären konnte) zeige, dass der Platz für drei Gaststätten zu klein sei.
47 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten, der dem Gericht vorliegenden Behördenakten sowie die Gerichtsakten zu den Parallelverfahren 5 K 1950/13 und 5 K 1959/13 verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
48 
Die zulässige Klage ist in der Sache nicht begründet. Gemäß § 113 Abs. 5 VwGO spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde zum Erlass des beantragten Verwaltungsakts aus, soweit dessen Ablehnung oder Unterlassung rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist; ist die Sache noch nicht spruchreif, spricht das Gericht die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
49 
Die Ablehnung der von der Klägerin für ihr Vorhaben beantragten Baugenehmigung ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, denn sie hat keinen Anspruch auf die Genehmigung. Eine Baugenehmigung ist gemäß § 58 Abs. 1 S. 1 LBO zu erteilen, wenn dem Vorhaben keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen. Hierzu gehören die bauplanungsrechtlichen Regelungen in §§ 29 ff. BauGB. Das Vorhaben der Klägerin ist nach §§ 30, 29 BauGB planungsrechtlich unzulässig, weil es den Festsetzungen des Bebauungsplans XXX widerspricht. Der Bebauungsplan schließt für das Baugrundstück die Zulässigkeit bestimmter Typen von Vergnügungsstätten aus. Dies betrifft u.a. Einrichtungen, die dem Glücksspiel mit Gewinnmöglichkeit dienen. Das Vorhaben der Klägerin unterfällt diesem Ausschlusstatbestand.
50 
Das Vorhaben der Klägerin ist als Vergnügungsstätte zu behandeln, die dem Glücksspiel mit Gewinnmöglichkeit dient. Vergnügungsstätten sind Betriebe, die „der kommerziellen Freizeitgestaltung, Zerstreuung und Entspannung, dem geselligen Beisammensein, der Bedienung der Spielleidenschaft oder der Bedienung der erotisch/sexuellen Interessen des Menschen dienen. Sie werden auch umschrieben als gewerbliche Nutzungsarten, die sich in unterschiedlicher Ausprägung (etwa Diskotheken, Spielhallen oder Amüsierbetriebe) unter Ansprache oder Ausnutzung des Geselligkeitsbedürfnisses, des Spiel- oder des Sexualtriebs einer bestimmten auf Gewinnerzielung gerichteten Freizeitunterhaltung widmen […].“ (VGH BW, B. v. 28.11.2006 - 3 S 2377/06 -, juris). Der Betrieb der Klägerin ist mit Gewinnerzielungsabsicht auf eine Freizeitunterhaltung ausgerichtet, die das Geselligkeitsbedürfnis und speziell den Spieltrieb anspricht und ausnutzt; mit seinem Angebot an Sitzgelegenheiten, Geldspielgeräten und Getränken dient er der kommerziellen Freizeitgestaltung, Zerstreuung, dem geselligen Beisammensein und insbesondere der Bedienung der Spielleidenschaft. Auf diese Weise dient er (zumindest auch) dem Glücksspiel.
51 
Dass das Vorhaben der Klägerin auch den Ausschank von Getränken umfasst, steht seiner bauplanungsrechtlichen Einordnung als eine dem Glücksspiel dienende Vergnügungsstätte nicht entgegen. Dahinstehen kann, ob das Vorhaben wegen des Getränkeausschanks gewerberechtlich als Schank- und Speisewirtschaft zu behandeln ist. Denn die bauplanungsrechtliche Einordnung eines Vorhabens als Vergnügungsstätte oder als Schank- und Speisewirtschaft ist nicht an die gewerberechtliche Abgrenzung von Schank- und Speisewirtschaften zu anderen Betrieben gebunden; das Gewerberecht ist auch nicht „abschließend“ in dem Sinne, dass es eine Sperrwirkung gegenüber bauplanungsrechtlichen Anforderungen an Vergnügungsstätten entfalten könnte. Denn Bauplanungsrecht und Gewerberecht verfolgen mit städtebaulichen Belangen einerseits und der Ausrichtung auf die Gefahrenabwehr andererseits unterschiedliche, sich ergänzende Zielsetzungen und gelten kumulativ nebeneinander.
52 
Im bauplanungsrechtlichen Sinne ist das Vorhaben der Klägerin aufgrund der von ihm zu erwartenden Wirkungen als dem Glücksspiel mit Gewinnmöglichkeit dienende Vergnügungsstätte einzuordnen. Zur Einordnung einer Nutzung als Vergnügungsstätte i.S.v. BauGB und BauNVO sowie als speziell dem Glücksspiel mit Gewinnmöglichkeit dienende Vergnügungsstätte i.S. des vorliegend geltenden Bebauungsplans ist nämlich auch auf die spezifischen Wirkungen abzustellen, die Vergnügungsstätten typischerweise entfalten. Dass für die Einordnung als Vergnügungsstätte i.S.v. BauGB und BauNVO auf die Auswirkungen der zu beurteilenden Nutzung abzustellen ist (vgl. VGH BW, B. v. 28.11.2006 - 3 S 2377/06 -, juris, sowie Hess VGH, B. v. 22.02.2012 - 3 A 1112/11.Z -, juris, speziell zu Lärmbelastungen), folgt dabei zunächst daraus, dass die Gebietsverträglichkeit einer Vergnügungsstätte sich nach deren „Störungsgrad“ richtet (vgl. HessVGH, ebd.; OVG Berlin, B. v. 10.11.2004 - 2 S 50.04 -, juris). Für die Einordnung eines Betriebs als Vergnügungsstätte und seine Abgrenzung zu einer Schank- und Speisewirtschaft kann es daher etwa genügen, wenn ein Lokal „seiner Art nach geeignet ist, das Wohnen wesentlich zu stören“ (HessVGH, a.a.O.). Auch soweit sich die Frage stellt, ob eine Nutzung nach ihrem Schwerpunkt (vgl. VGH BW, U. v. 17.08.1990 - 8 S 1458/90 -, juris, sowie HessVGH, a.a.O.) bzw. im Ergebnis einer wertenden Gesamtbetrachtung des Erscheinungsbilds des konkret geplanten Betriebs und seines Angebots (vgl. HessVGH, a.a.O.) einer Vergnügungsstätte entspricht, ist dies gerade im Hinblick auf die Wirkungen der Nutzung zu beurteilen (so wohl auch OVG Berlin, a.a.O.). Dabei ist zu beachten, dass sich Vergnügungsstätten durch bestimmte „typische städtebaulich relevante (negative) Folgewirkungen“ auszeichnen (VGH BW, B. v. 28.11.2006 - 3 S 2377/06 -, juris). An diese typischen Folgewirkungen knüpft der bauplanungsrechtliche Begriff der Vergnügungsstätte als „Anlage mit bodenrechtlichem Bezug“ an, „wobei bezüglich der Intensität dieser Auswirkungen zwischen den auf Kerngebiete beschränkten (kerngebietstypischen) und den sonstigen Vergnügungsstätten unterschieden wird“ (VGH BW, ebd.). Zur Einordnung einer Nutzung als Vergnügungsstätte i.S.v. BauGB und BauNVO gerade auf die spezifischen Wirkungen abzustellen, die Vergnügungsstätten typischerweise entfalten, entspricht dem Telos ihrer Unterscheidung von anderen Nutzungsarten in §§ 9 Abs. 2b BauGB, 4a Abs. 3 Nr. 2, 5 Abs. 3, 6 Abs. 2 Nr. 8 und Abs. 3, 7 Abs. 2 Nr. 2, 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO. Denn Sinn und Zweck dieser Unterscheidung ist es gerade, der typischen Betroffenheit städtebaulicher Belange durch die Wirkung von Vergnügungsstätten Rechnung zu tragen. Vorliegend entspricht es zudem speziell dem Telos der einschlägigen Festsetzungen des Bebauungsplans XXX, die Einordnung eines Vorhabens als dem Glücksspiel mit Gewinnmöglichkeit dienende Vergnügungsstätte anknüpfend an die städtebaulichen Wirkungen vorzunehmen, die solche Vergnügungsstätten typischerweise hervorrufen. Denn der Plangeber hat den Ausschluss von Vergnügungsstätten, die dem Glücksspiel mit Gewinnmöglichkeit dienen, gerade wegen der Wirkungen festgesetzt, die dieser Nutzungsart als solcher eigen sind. Dies zeigt die Planbegründung. Dort heißt es zur Planrechtfertigung, die Häufung von Vergnügungsstätten wirke sich negativ auf das Wohnumfeld, das Image des Quartiers sowie die Geschäftslage aus und die beanspruchten Räumlichkeiten seien für andere Nutzungen, z.B. Läden und Dienstleistungen, nicht mehr verfügbar. Der Bebauungsplan solle verhindern, dass sich die Geschäftslage, das Wohnumfeld, das Image des Quartiers und das Ortsbild verschlechtern. Der Ausschluss bestimmter Vergnügungsstätten-Typen erfolgt ausweislich der Planbegründung gerade anknüpfend daran, dass jene Typen „besonders störend“ seien.
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Das Vorhaben der Klägerin lässt die typischen Wirkungen einer dem Glücksspiel mit Gewinnmöglichkeit dienenden Vergnügungsstätte erwarten. Da für die Einordnung einer Nutzung als Vergnügungsstätte auf die spezifischen Wirkungen abzustellen ist, die Vergnügungsstätten typischerweise haben, kommt es insoweit nicht darauf an, ob diese Wirkungen für sich genommen zulässig sind oder z.B. nach § 15 BauNVO im Einzelfall zur Unzulässigkeit führten. Typische städtebaulich relevante (negative) Folgewirkungen, die für Vergnügungsstätten kennzeichnend sind, sind „Lärmbelästigungen, Beeinträchtigungen des Stadt- und Straßenbildes und des Gebietscharakters, aber auch eine Verschlechterung der Gebietsqualität (sog. trading-down Effekt […])“ (VGH BW, B. v. 28.11.2006 - 3 S 2377/06 -, juris). An diese typischen Folgewirkungen knüpft auch der Ausschluss dem Glücksspiel dienender Vergnügungsstätten durch den Bebauungsplan XXX an. Sie werden insbesondere Spielhallen zugeschrieben. Bezüglich des Vorhabens der Klägerin ist von einer Wirkung auszugehen, die einer Spielhalle entspricht. Dies folgt aus der Eigenart der geplanten Nutzung und ihres Zusammenwirkens mit den in den Nachbarräumen geplanten Nutzungen, die ihr in ihrer Eigenart gleichen.
54 
Die Eigenart schon der von der Klägerin auf „ihrer“ Teilfläche geplanten Nutzung ist im Hinblick auf die für ihre Wirkungen relevanten Merkmale einer Spielhalle zumindest vergleichbar, wenn nicht gleichzusetzen. Dies gilt zunächst hinsichtlich der Ausstattung des Betriebs mit Alkoholausschank und drei Geldspielgeräten, denn auch Spielhallen mit Alkoholausschank verfügen typischerweise über nicht mehr als drei Geldspielgeräte, weil eine höhere Anzahl gegen § 3 Abs. 3 SpielV verstieße. Auch die Größe des Betriebs spricht dafür, dass er einer (kleinen) Spielhalle zumindest vergleichbar ist. Denn gerade bei sehr kleinen Gastronomieräumen stellt sich die Frage, ob Geldspielgeräte dort eine „prägende Dominanz entfalten“ (vgl. VGH BW, B. v. 15.09.2010 - 3 S 1105/10 -) und auch vorliegend ist anzunehmen, dass der nur 30,81 m² große Gastraum zumindest optisch (wenn nicht auch akustisch) maßgeblich durch seine Ausstattung mit drei Geldspielgeräten und deren Nutzung durch die Kundschaft (mit-)geprägt ist. Vor diesem Hintergrund ist damit zu rechnen, dass der Betrieb von seinen Kunden gerade auch wegen der Geldspielmöglichkeit aufgesucht wird, denn sie zeichnet ihn gegenüber anderen Einrichtungen mit gastronomischem Angebot aus. Zudem weist der Betrieb eine auch für Spielhallen hohe Dichte von Geldspielgeräten auf, denn in Spielhallen darf nach § 3 Abs. 2 S. 1 SpielV höchstens ein Geldspielgerät je 12 m² Grundfläche aufgestellt werden (wobei die Nebenräume wie Abstellräume, Flure, Toiletten, Vorräume und Treppen gemäß § 3 Abs. 2 S. 3 SpielV bei der Berechnung der Grundfläche außen vor bleiben). Dass Kunden den Betrieb der Klägerin gerade auch zum Spielen aufsuchen, wäre umso mehr zu erwarten, falls die für Spielhallen in § 3 Abs. 2 S. 2 SpielV geregelten Vorkehrungen (Mindestabstand und Sichtblende) gegen das gleichzeitige Spielen an mehreren Geräten hier nicht eingehalten werden müssten. Die hohe Geldspielgeräte-Dichte macht Betriebe wie den von der Klägerin geplanten schließlich jedenfalls auch entsprechend interessant für das Aufstellen solcher Geräte, sodass eine mit der Realisierung solcher Vorhaben einhergehende Verdrängung anderer, weniger lukrativer Nutzungen nicht weniger als bei einer Spielhalle zu befürchten ist; eine solche Verdrängungswirkung ist schon für sich genommen Merkmal eines für Spielhallen typischen trading-down-Effekts (vgl. VG Augsburg, U. v. 12.01.2012 - Au 5 K 10.1522 -, BeckRS 2012, 53246).
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Bei dieser Eigenart der von der Klägerin geplanten Nutzung ist davon auszugehen, dass sie im Hinblick auf die für Vergnügungsstätten typischen Wirkungen jedenfalls im Zusammenwirken mit den parallel in den Nachbarräumen geplanten Nutzungen einer dem Glücksspiel dienenden Vergnügungsstätte entspricht.
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Die drei Betriebe sind bauplanungsrechtlich zusammen zu betrachten. Dies folgt bereits daraus, dass die Änderung der Nutzung (sowie der Umbau) der drei Teilflächen im Erdgeschoss des auf dem Baugrundstück vorhandenen Gebäudes trotz formaler Aufspaltung in drei Verfahren bauplanungsrechtlich einheitlich als ein Vorhaben zu behandeln ist. Zwar ist es Sache des Bauherrn festzulegen, was Bestandteil seines zur Genehmigung gestellten Vorhabens ist - dies gilt aber nur „soweit er sich dabei innerhalb der Grenzen hält, die einer Zusammenfassung oder Trennung objektiv gesetzt sind“ (BVerwG, U. v. 27.04.1993 - 1 C 9/92 -, juris). In diesem Sinne hängt es von den Umständen des Einzelfalls ab, ob eine Änderung einer zuvor einheitlichen Nutzung mehrere „selbstständige Nutzungseinheiten“ entstehen lässt, die jeweils für sich zu betrachten sind, oder ob es sich bei etwaigen neu geschaffenen Nutzungseinheiten um Teile einer „betrieblichen Einheit“ handelt, die als ein einheitliches Vorhaben zu behandeln sind (BVerwG, ebd.). Maßgeblich sind dabei „bauliche und betrieblich-funktionale Gesichtspunkte, die für oder gegen einen selbständigen Betrieb sprechen“ (VGH BW, B. v. 15.03.2013 - 8 S 2073/12 -, juris, mit Verweis auf BVerwG, U. v. 24.11.2005 - 4 C 8.05 -, BauR 2006, 648). Für die Annahme einer betrieblichen Einheit genügt zwar nicht schon die Belegenheit unter einem Dach (BVerwG, U. v. 27.04.1993 - 1 C 9/92 -, juris). Eine „räumlich-funktionale Verknüpfung“ spricht allerdings durchaus für die Annahme einer betrieblichen Einheit, und zwar insbesondere auch bei einer bautechnischen Trennung mehrerer Spielhallen, „wenn diese Spielhallen darauf angelegt sind, zusammen einen größeren, überörtlichen Einzugsbereich zu besitzen, ein größeres und allgemeines Publikum zu erreichen und sie den Kunden als durch ein gemeinsames Konzept und durch Kooperation miteinander verbunden, d.h. als ein Spielhallenzentrum erscheinen“ (VG München, U. v. 16.05.2013 - M 11 K 12.3856 -, juris). Diesem Beispiel vergleichbar verhält es sich auch hier. Bei einer „natürlichen Betrachtungsweise“ sowie insbesondere aus „Kundensicht“, wie sie in diesem Zusammenhang geboten ist (vgl. VG München, ebd.), erscheinen die vorliegend insgesamt drei parallel geplanten Betriebe räumlich miteinander verknüpft und durch ein gemeinsames Konzept und durch Kooperation miteinander verbunden. Denn sie befinden sich im selben Geschoss desselben Gebäudes. Bei einer Belegenheit mehrerer Betriebe im selben Gebäude spricht zudem schon die Zugänglichkeit über ein- und denselben Eingangsbereich (VGH BW, U. v. 02.08.1990 - 3 S 26/90 -, juris) bzw. über eine gemeinsame Freifläche innerhalb des Gebäudes für die Einheitlichkeit der Nutzung (BVerwG, U. v. 27.04.1993 - 1 C 9/92 -, juris; VGH BW, B. v. 15.03.2013 - 8 S 2073/12 -, juris). Dies ist auch vorliegend der Fall. Denn die hier zu betrachtenden drei Betriebe sind über eine gemeinsame Treppe und eine gemeinsame überdachte Freifläche erreichbar, wo der Kunde die drei Eingangstüren fast unmittelbar nebeneinander findet. Dass sie hier als betriebliche Einheit erscheinen, ergibt sich darüber hinaus aus der Parallelität ihrer Angebote. Schon eine einheitliche Art der Nutzung benachbarter Nutzungseinheiten kann für das Vorliegen einer einheitlichen Nutzung sprechen (vgl. VGH BW, U. v. 02.08.1990 - 3 S 26/90 -, juris, wo im Fall eines Billiardcafés und einer Spielhalle u.a. darauf abgestellt wurde, dass es sich jeweils um Vergnügungsstätten handelte). Erst recht wirken mehrere Nutzungseinheiten als durch ein gemeinsames Konzept und durch Kooperation verbundene Teile eines einheitlichen Betriebs, wenn sie - wie hier - je für sich nur eine kleine unscheinbare Fläche einnehmen, auf der die Kunden immer dieselbe Angebotsstruktur aus jeweils drei Geldspielgeräten zuzüglich eines beschränkten gastronomischen Angebots finden. Dies gilt wiederum noch umso mehr, wenn für die Kunden eine Möglichkeit zum „wechselnden Aufenthalt“ in den einzelnen Räumlichkeiten besteht, die die Attraktivität des Standorts mit seinem Gesamtangebot erhöht; auch dies kann grundsätzlich ein Indiz für die Einheitlichkeit der Nutzung sein (vgl. VGH BW, U. v. 02.08.1990 - 3 S 26/90 -, juris). Vorliegend spricht auch dieser Aspekt für das Vorliegen eines einheitlichen Vorhabens, denn in den hier zu beurteilenden Betrieben können jedenfalls solche Kunden, die ihren Thekenkonsum bereits bezahlt haben oder nichts von der Theke (eine Küche ist nicht geplant) konsumieren und (sonst) nur spielen, leicht zwischen den benachbarten Gasträumen wechseln, um eine der dort verteilten Spielmöglichkeiten zu nutzen. Potenzielle Kunden werden den Standort der drei Betriebe zudem gerade auch wegen der dortigen Häufung von Spielmöglichkeiten aufsuchen. Unabhängig davon ist anzunehmen, dass die Häufung von insgesamt neun Spielgeräten gerade auch wegen deren Konzentration auf engem Raum als Einheit wahrgenommen wird. Dies gilt umso mehr, insofern die drei Betriebe nach ihrem Geldspielangebot darauf angelegt sind, einen größeren, überörtlichen Einzugsbereich zu besitzen und ein größeres und allgemeines Publikum zu erreichen, was sich daraus ergibt, dass die Zahl der insgesamt neun Geldspielgeräte einer kerngebietstypischen Vergnügungsstätte entspricht (dazu noch unten). Die bei natürlicher Betrachtung und insbesondere aus Kundensicht bestehende betriebliche Einheit würde schließlich auch durch die von der Klägerin geltend gemachten geringfügigen Unterschiede des gastronomischen Angebots an den einzelnen Theken und die unterschiedliche Gestaltung der Räume nicht beseitigt, denn auch innerhalb einheitlicher gastronomischer Betriebe und Vergnügungsstätten ist eine solche Varianz nicht unüblich. Unabhängig hiervon sprechen schließlich auch die Vorgehensweise und die Beziehungen der Kläger zueinander für die Unselbstständigkeit und Zusammengehörigkeit der von ihnen geplanten Nutzungseinheiten, d.h. für deren betriebliche Einheit und damit für das Vorliegen eines einheitlichen Vorhabens. Zwar ist die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit grundsätzlich nicht personen- oder verhaltens-, sondern grundstücks- und vorhabenbezogen zu beurteilen. Auch aus der „Historie der Bauantragstellung“ oder einer etwaigen Betreiberidentität können sich aber Indizien für die Annahme einer als Einheit beantragten Nutzung ergeben (VG München, a.a.O.; VG Sigmaringen, U. v. 08.04.2009 - 1 K 486/08 -, juris). So kann es etwa für das Vorliegen eines einheitlich zu beurteilenden Vorhabens sprechen, wenn es wirtschaftlich uninteressant wäre, nur eine von mehreren beantragten Spielflächen unabhängig von den anderen zu realisieren (vgl. VG Sigmaringen, U. v. 08.04.2009 - 1 K 486/08 -, juris). Das Fehlen eines Interesses an einer isolierten Realisierung der einzelnen Nutzungseinheiten kann gerade an der Verfahrenshistorie und an den beteiligten Personen sowie ihren Beziehungen zueinander deutlich werden. So verhält es sich hier. Denn die hiesige Verfahrensgeschichte und die Interessenlage der Kläger zeigt, dass die drei Betriebe nicht losgelöst voneinander, sondern gerade als einheitliches Vorhaben geplant sind. So wurde der erste Baugenehmigungsantrag für alle drei Betriebe von einem der Kläger allein gestellt. Diese Verfahrensweise wurde erst später auf eine Antragstellung durch drei unterschiedliche Personen umgestellt, die allerdings miteinander eng verwandt bzw. verschwägert sind, sich unter Angabe derselben ladungsfähigen Anschrift an das Gericht wandten, sich während des Genehmigungs-, des Widerspruchs- und des gerichtlichen Verfahrens immer einheitlich durch dieselben (im Laufe der Zeit gewechselten) Anwälte vertreten ließen und sich auch desselben Planungsbüros bedienten. Zwar führte der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung aus, die Existenz der Betriebe solle unabhängig voneinander gesichert sein und die Rechnungsführung sowie der Einkauf in jedem Betrieb separat erfolgen. Allerdings räumte er auch ein, dass das Kerninteresse an der Realisierung aller drei Betriebe bestehe, dass es auch mit zwei von ihnen interessant wäre, dass aber ein einziger Betrieb unter Umständen wirtschaftlich nicht funktioniere. Außerdem verwies er zwar darauf, dass zwei der drei Betriebe für deren Inhaber als Abschreibungsobjekt dienlich wären. Es blieb aber letztlich unaufgeklärt und zweifelhaft, ob diese Abschreibungsmöglichkeit nur einen Schadensbegrenzungs-Aspekt darstellt oder inwiefern sich schon allein daraus ein Interesse an jedem einzelnen Betrieb, losgelöst von den anderen ergeben könnte. Darüber hinaus räumte der Klägervertreter außerdem ein, dass eine Nützlichkeit des einzelnen Betriebs als Abschreibungsobjekt für die Klägerin nicht besteht. Bezüglich ihres Betriebs ist insofern erst recht nicht ersichtlich, weshalb er losgelöst von den anderen geplant sein könnte, obwohl die Wirtschaftlichkeit eines einzigen Betriebs für sich zweifelhaft ist.
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Selbst wenn die drei Betriebe nicht als ein einheitliches Vorhaben anzusehen wären, wären die in den Nachbarräumen geplanten Nutzungen aber in die Beurteilung der Auswirkungen des Betriebs der Klägerin einzubeziehen. Denn eine auf die Zukunft gerichtete Betrachtung der Wirkungen eines Vorhabens hat auch unabhängig von ihm bestehende „Vorbelastungen“ (vgl. Jarass, BImSchG, 10. Aufl. 2013, § 5, Rdn. 20, zur Parallelproblematik bei der immissionsschutzrechtlichen Anlagenzulassung) zugrunde zu legen und „voraussehbare zukünftige Entwicklungen“ einzubeziehen (vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, § 15 BauNVO, Rdn. 15, Stand April 2013, sowie VGH BW, U. v. 09.10.2013 - 5 S 29/12 -, juris, zur Anwendung von § 15 Abs. 1 S. 1 BauNVO). Ob die Berücksichtigung der Auswirkungen eines weiteren Vorhabens in diesem Sinne voraussetzt, dass dazu bereits ein prüfbarer Antrag an die Genehmigungsbehörde vorliegt, weil die Vorhabenswirkungen erst dadurch „hinreichend konkret vorhersehbar“ werden (vgl. OVG NRW, U. v. 01.12.2011 - 8 D 58/08-, BeckRS 2012, 47303, zur Parallelproblematik im FFH-Recht), kann dahinstehen, denn für die neben dem klägerischen Vorhaben geplanten Nachbarbetriebe liegen der Beklagten jedenfalls prüfbare Anträge vor. Deren Berücksichtigung steht auch nicht eine etwaige Priorität des klägerischen Vorhabens entgegen. Zwar ist die Berücksichtigung (prüfbarer Anträge) von Parallelvorhaben grundsätzlich nur im Rahmen des Prioritätsprinzips geboten, also dann, wenn ein Parallelvorhaben dem zu prüfenden Vorhaben zeitlich vorgeht (aufgrund früheren Vorliegens eines prüfbaren Antrags, vgl. OVG NRW, ebd., m.w.N.). Vorliegend hat aber weder das Vorhaben der Klägerin noch eines der Nachbarvorhaben einen zeitlichen Vorsprung. Der zeitliche Gleichlauf der Genehmigungsverfahren kann wiederum nicht dazu führen, dass (mangels zeitlicher Priorität) keines der Vorhaben bei Prüfung der jeweils anderen zu berücksichtigen ist. Vielmehr sind bei der Beurteilung jedes von mehreren Vorhaben, für die gleichzeitig ein prüfbarer Antrag vorlag, die Auswirkungen der jeweils anderen Vorhaben zu beachten. Andernfalls liefen die Begrenzungen, die materiell für die Wirkungen jedes Vorhaben Geltung beanspruchen, nur wegen ihres zeitlichen Zusammenfallens für jedes der Vorhaben ins Leere. Eine solche Wirkung der parallelen Antragstellung widerspräche der dienenden Funktion des Baugenehmigungsverfahrens für das materielle Baurecht. Dass das Vorhaben der Klägerin in Konkurrenz mit den Nachbarvorhaben ungeachtet von deren Auswirkungen zu beurteilen wäre, folgt auch nicht aus anderen Gründen. Die Auflösung der Konkurrenz mehrerer nur alternativ, nicht kumulativ zulässiger Vorhaben, von denen keines zeitlich prioritär ist, kann nur nach einem dem Prioritätsprinzip übergeordneten Maßstab erfolgen. Dieser ist Art. 3 Abs. 1 GG zu entnehmen. Danach sind vorliegend alle drei zur Genehmigung gestellten Vorhaben gleich zu behandeln, was wiederum nur dadurch geschehen kann, dass jedes von ihnen bei der Beurteilung der jeweils anderen zu berücksichtigen ist. Denn Art. 3 Abs. 1 GG erlaubt die Ungleichbehandlung mehrerer Sachverhalte nur, sofern dafür ein hinreichender sachlicher Grund besteht. Dies wäre bei früherem Vorliegen eines prüffähigen Antrags im Grundsatz der Fall - insofern ist das Prioritätsprinzip gerade eine Ausprägung von Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. NdsOVG, U. v. 26.09.1991 - 1 L 74/91, 1 L 75/91 -, juris). Kommt von mehreren konkurrierenden Vorhaben keinem eine zeitliche Priorität zu, setzt eine Ungleichbehandlung andere sachliche Unterschiede zwischen ihnen voraus. Bestehen solche Unterschiede nicht, muss es bei der Gleichbehandlung der für die Vorhaben gestellten Anträge bleiben. Im Fall einer durch sie kumulativ verursachten „Gesamtbelastung“ sind die Vorhaben - vorbehaltlich der Möglichkeit, die Genehmigung durch Nebenbestimmungen zu beschränken - einheitlich abzulehnen; es bleibt dann Sache der Bauantragsteller, ihre Pläne so aufeinander abzustimmen, dass zumindest ein Teil davon (ggf. unabhängig von den anderen) genehmigungsfähig ist. Die drei vorliegend betroffenen Vorhaben auf dem Baugrundstück weisen keine Unterschiede auf, die ihre Ungleichbehandlung rechtfertigen. Solche Unterschiede könnten sich wegen des Grundstücksbezugs der Baugenehmigung und der ihr zugrundeliegenden baurechtlichen Prüfung grundsätzlich nicht aus der Person der Bauantragsteller, sondern nur aus einer Betrachtung der Vorhaben selbst ergeben. Die Vorhaben sind vorliegend im Wesentlichen identisch. Sie unterscheiden sich hauptsächlich durch ihre gering voneinander abweichenden Flächen. Als Rechtfertigungsgrund für eine unterschiedliche Behandlung der drei Vorhaben käme dieser Größenunterschied nur infrage, soweit er in sachlichem Bezug zur planungsrechtlichen Zulässigkeit der Vorhaben steht. Ein solcher Bezug wäre anzunehmen, wenn die unterschiedliche Größe Bedeutung für die Auswirkungen der Vorhaben auf die dadurch berührten städtebaulichen Belange hätte. Dies ist vorliegend aber nicht der Fall. Der kleinste der drei geplanten Betriebe verfügt über einen Gastraum von 26,29 m², der Gastraum des größten Betriebs hat eine Fläche von 36,92 m². Dass die dazwischen bestehende Differenz für die städtebaulichen Auswirkungen der Betriebe überhaupt von Relevanz ist, ist nicht ersichtlich. Jedenfalls wäre dies aber auch kein hinreichender Grund für eine Ungleichbehandlung. Denn die eine Ungleichbehandlung rechtfertigenden Unterschiede müssen auch von ihrem Gewicht her der Ungleichbehandlung Rechnung tragen. Je schwerer jene wiegt, desto gewichtiger müssen ihre Gründe sein. Vorliegend bedarf es danach eines gewichtigen Grunds, denn die Ungleichbehandlung eines der Vorhaben gegenüber den anderen beinhaltet eine Vorentscheidung über die Verwirklichungschancen der jeweils anderen Vorhaben und hat damit ein hohes Gewicht für das Baurecht jedes Antragstellers. Die Auswirkungen des Größenunterschieds der Vorhaben auf die durch sie berührten städtebaulichen Belange müssten also von einem so hohen Gewicht sein, dass es angemessen erschiene, ihretwegen unterschiedlich über die jeweiligen Genehmigungsanträge zu entscheiden. Dies ist nicht der Fall. Anders könnte dies angesichts der Geringfügigkeit der Flächendifferenz letztlich nur sein, wenn die Vorhaben ohne den Größenunterschied trotz ihres Zusammenwirkens zulässig wären. Auch hiervon ist aber nicht auszugehen, denn für die Wirkungen der Vorhaben, die ihre Einordnung als Vergnügungsstätten begründen (und damit im Ergebnis zu ihrer Unzulässigkeit führen), wäre es ohne Einfluss, wenn sie einheitlich jeweils über einen Gastraum mit 26,29 m², 30,81 m² oder 36,92 m² verfügten - insofern sind nämlich andere Aspekte maßgeblich (dazu sogleich).
58 
Bei der danach gebotenen Betrachtung des Zusammenwirkens des klägerischen Vorhabens mit den beiden Parallelvorhaben ist davon auszugehen, dass die Vorhaben im Hinblick auf ihre vergnügungsstättentypischen Wirkungen einer Spielhalle entsprechen. Denn die Vorhaben sind in den für ihre gemeinsame Wirkung maßgeblichen Merkmalen einer Spielhalle vergleichbar, obwohl sie baulich in gewissem Maße voneinander getrennt sind. Die Nachbarschaft eines Betriebs mit Spielmöglichkeit zu zwei weiteren Betrieben derselben Art lässt bereits vermuten, dass die Aufstellung der Spielgeräte nicht allein dazu dient, den Spieltrieb zu befriedigen, der nur bei Gelegenheit der Inanspruchnahme eines eigentlich im Mittelpunkt stehenden gastronomischen Angebots entsteht, sondern dass vielmehr ein darüber hinausgehendes Spielangebot geschaffen wird (vgl. NdsOVG, B. v. 30.03.2010, GewArch 2010, 221 - „Verdacht“). Unabhängig davon sind aber maßgeblich für die gemeinsame Wirkung der Betriebe vor allem deren Anordnung und der Zuschnitt ihres Gesamtangebots. Diese lassen eine vergnügungsstättentypische Wirkung wie eine Spielhalle erwarten. Die drei Betriebe „bilden räumlich und funktional eine einheitliche, von Spielhallenfluidum geprägte bauliche Anlage“ (vgl. VGH BW, B. v. 03.01.1990 - 3 S 2502/89 -, juris) und wirken entsprechend zusammen, und zwar unabhängig davon, ob sie baurechtlich als ein einheitliches Vorhaben oder als separate Vorhaben in ihrem Zusammenwirken zu betrachten sind. Die Betriebe sind direkt nebeneinander geplant und über eine gemeinsame Treppe und Freifläche zu betreten. Der Kunde trifft dort auf eine für das Spielen attraktive Häufung und Konzentration von Geldspielmöglichkeiten, die spielhallentypisch ist, die aber in Verbindung mit dem geplanten Alkoholausschank das nach § 3 Abs. 3 SpielV zulässige Höchstmaß von Geldspielgeräten in Spielhallen sogar noch übertrifft. Soweit die Betriebe leicht voneinander abweichende gastronomische Angebote sowie Unterschiede in der Innenarchitektur aufweisen, rechtfertigt dies nicht die Annahme, dass sie in ihren für Vergnügungsstätten typischen Wirkungen hinter einer Spielhalle zurückbleiben. Denn die Auflockerung des Erscheinungsbilds der Betriebe durch ihre Innenarchitektur und Angebotsvarianz steigert gerade die Effektivität des Gesamtangebots der Betriebe, weil es dadurch facettenreicher und umso interessanter erscheint; dies trägt eher zusätzlich dazu bei, dass der gemeinsame Standort der drei Betriebe gerade als solcher aufgesucht wird, um eine Spielgelegenheit zu ergreifen. Dafür, dass diese Häufung und Konzentration von Geldspielgeräten an einem Standort hinsichtlich ihrer Vergnügungsstätten kennzeichnenden Wirkung einer Spielhalle entspricht, sprechen schließlich auch die zur Unterscheidung von kerngebietstypischen und nicht-kerngebietstypischen Vergnügungsstätten entwickelten Kriterien. Sie tragen der unterschiedlichen Intensität der Auswirkungen kerngebietstypischer und nicht-kerngebietstypischer Vergnügungsstätten Rechnung (vgl. VGH BW, B. v. 28.11.2006 - 3 S 2377/06 -, juris; U. v. 22.02.2011 - 3 S 445/09 -, juris). Gemessen an diesen Kriterien ist zu erwarten, dass die Folgewirkungen der auf dem Baugrundstück vorgesehenen drei Betriebe insgesamt jedenfalls nicht hinter dem zurückbleiben, was schon für nicht-kerngebietstypische Vergnügungsstätten kennzeichnend ist. Denn der für (nicht-)kerngebietstypische Spielhallen typische „Störungsgrad“ lässt sich vorbehaltlich einer Betrachtung aller Einzelfallumstände in erster Linie nach der Zahl und Art ihrer Spielgeräte, ihrer Fläche und ihrer Besucherplätze bestimmen (VGH BW, U. v. 22.02.2011 - 3 S 445/09 -, juris). Von Bedeutung sind insofern vor allem Art und Anzahl der Spielgeräte, denn nach ihnen richtet sich „maßgeblich die Attraktivität der Spielhalle und damit regelmäßig de[r] Umfang des Zuspruchs sowie de[r] Grad der mit der Benutzung der Spielhalle für die Wohnnutzung typischerweise verbundenen Störungen“ (vgl. VGH BW, U. v. 22.02.2011 - 3 S 445/09 -, juris); die Fläche ist demgegenüber, obwohl baurechtlich u.U. leichter zu handhaben, in der Sache als Abgrenzungskriterium von untergeordneter Bedeutung, denn ab welcher Flächengröße eine Vergnügungsstätte kerngebietstypisch ist, wird gerade anhand der zulässigen Anzahl von Geldspielgeräten je Quadratmeter berechnet. In der Regel ist eine Spielhalle ab einer Ausstattung mit mindestens acht Geldspielgeräten bzw. mit der für diese Anzahl notwendigen Fläche als kerngebietstypisch anzusehen (VGH BW, U. v. 02.11.2006 - 8 S 1891/05 -, juris; U. v. 09.10.2013 - 5 S 29/12 -, juris). Die vorliegend auf dem Baugrundstück geplanten Betriebe bieten insgesamt neun Geldspielgeräte samt Alkoholausschank an. Geht man außerdem davon aus, dass eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte i.d.R. ab einer Zahl von 40 Plätzen vorliegt (vgl. VGH BW, U. v. 22.02.2011 - 3 S 445/09 -, juris, unter Verweis auf Stüer, ZfWG 2010, 387), entsprechen die drei auf dem Baugrundstück geplanten Betriebe auch hinsichtlich der Besucherplätze einer kerngebietstypischen Vergnügungsstätte. Denn in den drei Betrieben sind nach dem Vortrag der Kläger 63 Bewirtungsplätze (10 bei der Klägerin sowie 25 bzw. 28 Plätze in den Nachbarbetrieben) und 9 Geldspielplätze geplant.
59 
Eine Befreiung von dem im Bebauungsplan festgesetzten Ausschluss der Zulässigkeit von Vergnügungsstätten ist für das Vorhaben nicht zu erteilen. Gemäß § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen eines Bebauungsplans unter Umständen befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Zu den Grundzügen der Planung gehören solche Festsetzungen, „die für die Planung tragend sind“ (Siegmund, in: Spannowsky/Uechtritz, BauGB, 2. Aufl. 2014, § 31, Rdn. 61). Tragend für die Planung ist eine Festsetzung, die ein „Bestandteil eines Planungskonzepts ist, der das gesamte Plangebiet oder doch maßgebliche Teile davon gleichsam wie ein roter Faden durchzieht, so dass eine Abweichung zu weitreichenden Folgen führt“ (BayVGH, U. v. 21.04.2009 - 9 B 06.1823 -, juris; VG Freiburg U. v. 22.08.2007 - 4 K 1989/06 -, juris; HambOVG, U. v. 26.08.1999 - 2 Bf 17/96 -, juris). Die dem Vorhaben der Klägerin widerstreitende Festsetzung des Bebauungsplans XXX über den Ausschluss von Vergnügungsstätten gehört danach zu den Grundzügen der Planung, denn sie ist für die Planung tragend. Wie aus der Planbegründung hervorgeht, bildet sie ein zentrales Element des planerischen Konzepts zur Verhinderung einer Häufung von Vergnügungsstätten (sowie Bordellen und Werbeanlagen), das sich wie ein roter Faden durch die davon betroffenen Teile des Plangebiets zieht. Eine Abweichung davon würde die Planung in ihrem Kern treffen.
60 
Dahingestellt bleiben kann, ob das Vorhaben, wenn es nicht als Vergnügungsstätte im bauplanungsrechtlichen Sinne zu behandeln wäre, bei einer Einordnung als Schank- und Speisewirtschaft mit Geldspielgeräten im Zusammenwirken mit den Nachbarvorhaben als eine „städtebaulich bedenkliche Ansammlung“ solcher Betriebe gebietsunverträglich und nach § 15 Abs. 1 S. 1 BauNVO unzulässig wäre (vgl. VGH BW, B. v. 15.09.2010 - 3 S 1105/10 -) oder ob es als Schank- und Speisewirtschaft mit Geldspielgeräten im Zusammenwirken mit den geplanten Nachbarbetrieben zu Belästigungen oder Störungen i.S.v. § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO führte und auch deswegen unzulässig wäre.
61 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
62 
Aufgrund der Abweisung der Klage ist über den Antrag, die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären, nicht zu entscheiden.
63 
Ein Grund, gemäß §§ 124a Abs. 1 S. 1, 124 Abs. 2 Nrn. 3, 4 VwGO die Berufung gegen dieses Urteil zuzulassen, liegt nicht vor.

Gründe

 
48 
Die zulässige Klage ist in der Sache nicht begründet. Gemäß § 113 Abs. 5 VwGO spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde zum Erlass des beantragten Verwaltungsakts aus, soweit dessen Ablehnung oder Unterlassung rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist; ist die Sache noch nicht spruchreif, spricht das Gericht die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
49 
Die Ablehnung der von der Klägerin für ihr Vorhaben beantragten Baugenehmigung ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, denn sie hat keinen Anspruch auf die Genehmigung. Eine Baugenehmigung ist gemäß § 58 Abs. 1 S. 1 LBO zu erteilen, wenn dem Vorhaben keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen. Hierzu gehören die bauplanungsrechtlichen Regelungen in §§ 29 ff. BauGB. Das Vorhaben der Klägerin ist nach §§ 30, 29 BauGB planungsrechtlich unzulässig, weil es den Festsetzungen des Bebauungsplans XXX widerspricht. Der Bebauungsplan schließt für das Baugrundstück die Zulässigkeit bestimmter Typen von Vergnügungsstätten aus. Dies betrifft u.a. Einrichtungen, die dem Glücksspiel mit Gewinnmöglichkeit dienen. Das Vorhaben der Klägerin unterfällt diesem Ausschlusstatbestand.
50 
Das Vorhaben der Klägerin ist als Vergnügungsstätte zu behandeln, die dem Glücksspiel mit Gewinnmöglichkeit dient. Vergnügungsstätten sind Betriebe, die „der kommerziellen Freizeitgestaltung, Zerstreuung und Entspannung, dem geselligen Beisammensein, der Bedienung der Spielleidenschaft oder der Bedienung der erotisch/sexuellen Interessen des Menschen dienen. Sie werden auch umschrieben als gewerbliche Nutzungsarten, die sich in unterschiedlicher Ausprägung (etwa Diskotheken, Spielhallen oder Amüsierbetriebe) unter Ansprache oder Ausnutzung des Geselligkeitsbedürfnisses, des Spiel- oder des Sexualtriebs einer bestimmten auf Gewinnerzielung gerichteten Freizeitunterhaltung widmen […].“ (VGH BW, B. v. 28.11.2006 - 3 S 2377/06 -, juris). Der Betrieb der Klägerin ist mit Gewinnerzielungsabsicht auf eine Freizeitunterhaltung ausgerichtet, die das Geselligkeitsbedürfnis und speziell den Spieltrieb anspricht und ausnutzt; mit seinem Angebot an Sitzgelegenheiten, Geldspielgeräten und Getränken dient er der kommerziellen Freizeitgestaltung, Zerstreuung, dem geselligen Beisammensein und insbesondere der Bedienung der Spielleidenschaft. Auf diese Weise dient er (zumindest auch) dem Glücksspiel.
51 
Dass das Vorhaben der Klägerin auch den Ausschank von Getränken umfasst, steht seiner bauplanungsrechtlichen Einordnung als eine dem Glücksspiel dienende Vergnügungsstätte nicht entgegen. Dahinstehen kann, ob das Vorhaben wegen des Getränkeausschanks gewerberechtlich als Schank- und Speisewirtschaft zu behandeln ist. Denn die bauplanungsrechtliche Einordnung eines Vorhabens als Vergnügungsstätte oder als Schank- und Speisewirtschaft ist nicht an die gewerberechtliche Abgrenzung von Schank- und Speisewirtschaften zu anderen Betrieben gebunden; das Gewerberecht ist auch nicht „abschließend“ in dem Sinne, dass es eine Sperrwirkung gegenüber bauplanungsrechtlichen Anforderungen an Vergnügungsstätten entfalten könnte. Denn Bauplanungsrecht und Gewerberecht verfolgen mit städtebaulichen Belangen einerseits und der Ausrichtung auf die Gefahrenabwehr andererseits unterschiedliche, sich ergänzende Zielsetzungen und gelten kumulativ nebeneinander.
52 
Im bauplanungsrechtlichen Sinne ist das Vorhaben der Klägerin aufgrund der von ihm zu erwartenden Wirkungen als dem Glücksspiel mit Gewinnmöglichkeit dienende Vergnügungsstätte einzuordnen. Zur Einordnung einer Nutzung als Vergnügungsstätte i.S.v. BauGB und BauNVO sowie als speziell dem Glücksspiel mit Gewinnmöglichkeit dienende Vergnügungsstätte i.S. des vorliegend geltenden Bebauungsplans ist nämlich auch auf die spezifischen Wirkungen abzustellen, die Vergnügungsstätten typischerweise entfalten. Dass für die Einordnung als Vergnügungsstätte i.S.v. BauGB und BauNVO auf die Auswirkungen der zu beurteilenden Nutzung abzustellen ist (vgl. VGH BW, B. v. 28.11.2006 - 3 S 2377/06 -, juris, sowie Hess VGH, B. v. 22.02.2012 - 3 A 1112/11.Z -, juris, speziell zu Lärmbelastungen), folgt dabei zunächst daraus, dass die Gebietsverträglichkeit einer Vergnügungsstätte sich nach deren „Störungsgrad“ richtet (vgl. HessVGH, ebd.; OVG Berlin, B. v. 10.11.2004 - 2 S 50.04 -, juris). Für die Einordnung eines Betriebs als Vergnügungsstätte und seine Abgrenzung zu einer Schank- und Speisewirtschaft kann es daher etwa genügen, wenn ein Lokal „seiner Art nach geeignet ist, das Wohnen wesentlich zu stören“ (HessVGH, a.a.O.). Auch soweit sich die Frage stellt, ob eine Nutzung nach ihrem Schwerpunkt (vgl. VGH BW, U. v. 17.08.1990 - 8 S 1458/90 -, juris, sowie HessVGH, a.a.O.) bzw. im Ergebnis einer wertenden Gesamtbetrachtung des Erscheinungsbilds des konkret geplanten Betriebs und seines Angebots (vgl. HessVGH, a.a.O.) einer Vergnügungsstätte entspricht, ist dies gerade im Hinblick auf die Wirkungen der Nutzung zu beurteilen (so wohl auch OVG Berlin, a.a.O.). Dabei ist zu beachten, dass sich Vergnügungsstätten durch bestimmte „typische städtebaulich relevante (negative) Folgewirkungen“ auszeichnen (VGH BW, B. v. 28.11.2006 - 3 S 2377/06 -, juris). An diese typischen Folgewirkungen knüpft der bauplanungsrechtliche Begriff der Vergnügungsstätte als „Anlage mit bodenrechtlichem Bezug“ an, „wobei bezüglich der Intensität dieser Auswirkungen zwischen den auf Kerngebiete beschränkten (kerngebietstypischen) und den sonstigen Vergnügungsstätten unterschieden wird“ (VGH BW, ebd.). Zur Einordnung einer Nutzung als Vergnügungsstätte i.S.v. BauGB und BauNVO gerade auf die spezifischen Wirkungen abzustellen, die Vergnügungsstätten typischerweise entfalten, entspricht dem Telos ihrer Unterscheidung von anderen Nutzungsarten in §§ 9 Abs. 2b BauGB, 4a Abs. 3 Nr. 2, 5 Abs. 3, 6 Abs. 2 Nr. 8 und Abs. 3, 7 Abs. 2 Nr. 2, 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO. Denn Sinn und Zweck dieser Unterscheidung ist es gerade, der typischen Betroffenheit städtebaulicher Belange durch die Wirkung von Vergnügungsstätten Rechnung zu tragen. Vorliegend entspricht es zudem speziell dem Telos der einschlägigen Festsetzungen des Bebauungsplans XXX, die Einordnung eines Vorhabens als dem Glücksspiel mit Gewinnmöglichkeit dienende Vergnügungsstätte anknüpfend an die städtebaulichen Wirkungen vorzunehmen, die solche Vergnügungsstätten typischerweise hervorrufen. Denn der Plangeber hat den Ausschluss von Vergnügungsstätten, die dem Glücksspiel mit Gewinnmöglichkeit dienen, gerade wegen der Wirkungen festgesetzt, die dieser Nutzungsart als solcher eigen sind. Dies zeigt die Planbegründung. Dort heißt es zur Planrechtfertigung, die Häufung von Vergnügungsstätten wirke sich negativ auf das Wohnumfeld, das Image des Quartiers sowie die Geschäftslage aus und die beanspruchten Räumlichkeiten seien für andere Nutzungen, z.B. Läden und Dienstleistungen, nicht mehr verfügbar. Der Bebauungsplan solle verhindern, dass sich die Geschäftslage, das Wohnumfeld, das Image des Quartiers und das Ortsbild verschlechtern. Der Ausschluss bestimmter Vergnügungsstätten-Typen erfolgt ausweislich der Planbegründung gerade anknüpfend daran, dass jene Typen „besonders störend“ seien.
53 
Das Vorhaben der Klägerin lässt die typischen Wirkungen einer dem Glücksspiel mit Gewinnmöglichkeit dienenden Vergnügungsstätte erwarten. Da für die Einordnung einer Nutzung als Vergnügungsstätte auf die spezifischen Wirkungen abzustellen ist, die Vergnügungsstätten typischerweise haben, kommt es insoweit nicht darauf an, ob diese Wirkungen für sich genommen zulässig sind oder z.B. nach § 15 BauNVO im Einzelfall zur Unzulässigkeit führten. Typische städtebaulich relevante (negative) Folgewirkungen, die für Vergnügungsstätten kennzeichnend sind, sind „Lärmbelästigungen, Beeinträchtigungen des Stadt- und Straßenbildes und des Gebietscharakters, aber auch eine Verschlechterung der Gebietsqualität (sog. trading-down Effekt […])“ (VGH BW, B. v. 28.11.2006 - 3 S 2377/06 -, juris). An diese typischen Folgewirkungen knüpft auch der Ausschluss dem Glücksspiel dienender Vergnügungsstätten durch den Bebauungsplan XXX an. Sie werden insbesondere Spielhallen zugeschrieben. Bezüglich des Vorhabens der Klägerin ist von einer Wirkung auszugehen, die einer Spielhalle entspricht. Dies folgt aus der Eigenart der geplanten Nutzung und ihres Zusammenwirkens mit den in den Nachbarräumen geplanten Nutzungen, die ihr in ihrer Eigenart gleichen.
54 
Die Eigenart schon der von der Klägerin auf „ihrer“ Teilfläche geplanten Nutzung ist im Hinblick auf die für ihre Wirkungen relevanten Merkmale einer Spielhalle zumindest vergleichbar, wenn nicht gleichzusetzen. Dies gilt zunächst hinsichtlich der Ausstattung des Betriebs mit Alkoholausschank und drei Geldspielgeräten, denn auch Spielhallen mit Alkoholausschank verfügen typischerweise über nicht mehr als drei Geldspielgeräte, weil eine höhere Anzahl gegen § 3 Abs. 3 SpielV verstieße. Auch die Größe des Betriebs spricht dafür, dass er einer (kleinen) Spielhalle zumindest vergleichbar ist. Denn gerade bei sehr kleinen Gastronomieräumen stellt sich die Frage, ob Geldspielgeräte dort eine „prägende Dominanz entfalten“ (vgl. VGH BW, B. v. 15.09.2010 - 3 S 1105/10 -) und auch vorliegend ist anzunehmen, dass der nur 30,81 m² große Gastraum zumindest optisch (wenn nicht auch akustisch) maßgeblich durch seine Ausstattung mit drei Geldspielgeräten und deren Nutzung durch die Kundschaft (mit-)geprägt ist. Vor diesem Hintergrund ist damit zu rechnen, dass der Betrieb von seinen Kunden gerade auch wegen der Geldspielmöglichkeit aufgesucht wird, denn sie zeichnet ihn gegenüber anderen Einrichtungen mit gastronomischem Angebot aus. Zudem weist der Betrieb eine auch für Spielhallen hohe Dichte von Geldspielgeräten auf, denn in Spielhallen darf nach § 3 Abs. 2 S. 1 SpielV höchstens ein Geldspielgerät je 12 m² Grundfläche aufgestellt werden (wobei die Nebenräume wie Abstellräume, Flure, Toiletten, Vorräume und Treppen gemäß § 3 Abs. 2 S. 3 SpielV bei der Berechnung der Grundfläche außen vor bleiben). Dass Kunden den Betrieb der Klägerin gerade auch zum Spielen aufsuchen, wäre umso mehr zu erwarten, falls die für Spielhallen in § 3 Abs. 2 S. 2 SpielV geregelten Vorkehrungen (Mindestabstand und Sichtblende) gegen das gleichzeitige Spielen an mehreren Geräten hier nicht eingehalten werden müssten. Die hohe Geldspielgeräte-Dichte macht Betriebe wie den von der Klägerin geplanten schließlich jedenfalls auch entsprechend interessant für das Aufstellen solcher Geräte, sodass eine mit der Realisierung solcher Vorhaben einhergehende Verdrängung anderer, weniger lukrativer Nutzungen nicht weniger als bei einer Spielhalle zu befürchten ist; eine solche Verdrängungswirkung ist schon für sich genommen Merkmal eines für Spielhallen typischen trading-down-Effekts (vgl. VG Augsburg, U. v. 12.01.2012 - Au 5 K 10.1522 -, BeckRS 2012, 53246).
55 
Bei dieser Eigenart der von der Klägerin geplanten Nutzung ist davon auszugehen, dass sie im Hinblick auf die für Vergnügungsstätten typischen Wirkungen jedenfalls im Zusammenwirken mit den parallel in den Nachbarräumen geplanten Nutzungen einer dem Glücksspiel dienenden Vergnügungsstätte entspricht.
56 
Die drei Betriebe sind bauplanungsrechtlich zusammen zu betrachten. Dies folgt bereits daraus, dass die Änderung der Nutzung (sowie der Umbau) der drei Teilflächen im Erdgeschoss des auf dem Baugrundstück vorhandenen Gebäudes trotz formaler Aufspaltung in drei Verfahren bauplanungsrechtlich einheitlich als ein Vorhaben zu behandeln ist. Zwar ist es Sache des Bauherrn festzulegen, was Bestandteil seines zur Genehmigung gestellten Vorhabens ist - dies gilt aber nur „soweit er sich dabei innerhalb der Grenzen hält, die einer Zusammenfassung oder Trennung objektiv gesetzt sind“ (BVerwG, U. v. 27.04.1993 - 1 C 9/92 -, juris). In diesem Sinne hängt es von den Umständen des Einzelfalls ab, ob eine Änderung einer zuvor einheitlichen Nutzung mehrere „selbstständige Nutzungseinheiten“ entstehen lässt, die jeweils für sich zu betrachten sind, oder ob es sich bei etwaigen neu geschaffenen Nutzungseinheiten um Teile einer „betrieblichen Einheit“ handelt, die als ein einheitliches Vorhaben zu behandeln sind (BVerwG, ebd.). Maßgeblich sind dabei „bauliche und betrieblich-funktionale Gesichtspunkte, die für oder gegen einen selbständigen Betrieb sprechen“ (VGH BW, B. v. 15.03.2013 - 8 S 2073/12 -, juris, mit Verweis auf BVerwG, U. v. 24.11.2005 - 4 C 8.05 -, BauR 2006, 648). Für die Annahme einer betrieblichen Einheit genügt zwar nicht schon die Belegenheit unter einem Dach (BVerwG, U. v. 27.04.1993 - 1 C 9/92 -, juris). Eine „räumlich-funktionale Verknüpfung“ spricht allerdings durchaus für die Annahme einer betrieblichen Einheit, und zwar insbesondere auch bei einer bautechnischen Trennung mehrerer Spielhallen, „wenn diese Spielhallen darauf angelegt sind, zusammen einen größeren, überörtlichen Einzugsbereich zu besitzen, ein größeres und allgemeines Publikum zu erreichen und sie den Kunden als durch ein gemeinsames Konzept und durch Kooperation miteinander verbunden, d.h. als ein Spielhallenzentrum erscheinen“ (VG München, U. v. 16.05.2013 - M 11 K 12.3856 -, juris). Diesem Beispiel vergleichbar verhält es sich auch hier. Bei einer „natürlichen Betrachtungsweise“ sowie insbesondere aus „Kundensicht“, wie sie in diesem Zusammenhang geboten ist (vgl. VG München, ebd.), erscheinen die vorliegend insgesamt drei parallel geplanten Betriebe räumlich miteinander verknüpft und durch ein gemeinsames Konzept und durch Kooperation miteinander verbunden. Denn sie befinden sich im selben Geschoss desselben Gebäudes. Bei einer Belegenheit mehrerer Betriebe im selben Gebäude spricht zudem schon die Zugänglichkeit über ein- und denselben Eingangsbereich (VGH BW, U. v. 02.08.1990 - 3 S 26/90 -, juris) bzw. über eine gemeinsame Freifläche innerhalb des Gebäudes für die Einheitlichkeit der Nutzung (BVerwG, U. v. 27.04.1993 - 1 C 9/92 -, juris; VGH BW, B. v. 15.03.2013 - 8 S 2073/12 -, juris). Dies ist auch vorliegend der Fall. Denn die hier zu betrachtenden drei Betriebe sind über eine gemeinsame Treppe und eine gemeinsame überdachte Freifläche erreichbar, wo der Kunde die drei Eingangstüren fast unmittelbar nebeneinander findet. Dass sie hier als betriebliche Einheit erscheinen, ergibt sich darüber hinaus aus der Parallelität ihrer Angebote. Schon eine einheitliche Art der Nutzung benachbarter Nutzungseinheiten kann für das Vorliegen einer einheitlichen Nutzung sprechen (vgl. VGH BW, U. v. 02.08.1990 - 3 S 26/90 -, juris, wo im Fall eines Billiardcafés und einer Spielhalle u.a. darauf abgestellt wurde, dass es sich jeweils um Vergnügungsstätten handelte). Erst recht wirken mehrere Nutzungseinheiten als durch ein gemeinsames Konzept und durch Kooperation verbundene Teile eines einheitlichen Betriebs, wenn sie - wie hier - je für sich nur eine kleine unscheinbare Fläche einnehmen, auf der die Kunden immer dieselbe Angebotsstruktur aus jeweils drei Geldspielgeräten zuzüglich eines beschränkten gastronomischen Angebots finden. Dies gilt wiederum noch umso mehr, wenn für die Kunden eine Möglichkeit zum „wechselnden Aufenthalt“ in den einzelnen Räumlichkeiten besteht, die die Attraktivität des Standorts mit seinem Gesamtangebot erhöht; auch dies kann grundsätzlich ein Indiz für die Einheitlichkeit der Nutzung sein (vgl. VGH BW, U. v. 02.08.1990 - 3 S 26/90 -, juris). Vorliegend spricht auch dieser Aspekt für das Vorliegen eines einheitlichen Vorhabens, denn in den hier zu beurteilenden Betrieben können jedenfalls solche Kunden, die ihren Thekenkonsum bereits bezahlt haben oder nichts von der Theke (eine Küche ist nicht geplant) konsumieren und (sonst) nur spielen, leicht zwischen den benachbarten Gasträumen wechseln, um eine der dort verteilten Spielmöglichkeiten zu nutzen. Potenzielle Kunden werden den Standort der drei Betriebe zudem gerade auch wegen der dortigen Häufung von Spielmöglichkeiten aufsuchen. Unabhängig davon ist anzunehmen, dass die Häufung von insgesamt neun Spielgeräten gerade auch wegen deren Konzentration auf engem Raum als Einheit wahrgenommen wird. Dies gilt umso mehr, insofern die drei Betriebe nach ihrem Geldspielangebot darauf angelegt sind, einen größeren, überörtlichen Einzugsbereich zu besitzen und ein größeres und allgemeines Publikum zu erreichen, was sich daraus ergibt, dass die Zahl der insgesamt neun Geldspielgeräte einer kerngebietstypischen Vergnügungsstätte entspricht (dazu noch unten). Die bei natürlicher Betrachtung und insbesondere aus Kundensicht bestehende betriebliche Einheit würde schließlich auch durch die von der Klägerin geltend gemachten geringfügigen Unterschiede des gastronomischen Angebots an den einzelnen Theken und die unterschiedliche Gestaltung der Räume nicht beseitigt, denn auch innerhalb einheitlicher gastronomischer Betriebe und Vergnügungsstätten ist eine solche Varianz nicht unüblich. Unabhängig hiervon sprechen schließlich auch die Vorgehensweise und die Beziehungen der Kläger zueinander für die Unselbstständigkeit und Zusammengehörigkeit der von ihnen geplanten Nutzungseinheiten, d.h. für deren betriebliche Einheit und damit für das Vorliegen eines einheitlichen Vorhabens. Zwar ist die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit grundsätzlich nicht personen- oder verhaltens-, sondern grundstücks- und vorhabenbezogen zu beurteilen. Auch aus der „Historie der Bauantragstellung“ oder einer etwaigen Betreiberidentität können sich aber Indizien für die Annahme einer als Einheit beantragten Nutzung ergeben (VG München, a.a.O.; VG Sigmaringen, U. v. 08.04.2009 - 1 K 486/08 -, juris). So kann es etwa für das Vorliegen eines einheitlich zu beurteilenden Vorhabens sprechen, wenn es wirtschaftlich uninteressant wäre, nur eine von mehreren beantragten Spielflächen unabhängig von den anderen zu realisieren (vgl. VG Sigmaringen, U. v. 08.04.2009 - 1 K 486/08 -, juris). Das Fehlen eines Interesses an einer isolierten Realisierung der einzelnen Nutzungseinheiten kann gerade an der Verfahrenshistorie und an den beteiligten Personen sowie ihren Beziehungen zueinander deutlich werden. So verhält es sich hier. Denn die hiesige Verfahrensgeschichte und die Interessenlage der Kläger zeigt, dass die drei Betriebe nicht losgelöst voneinander, sondern gerade als einheitliches Vorhaben geplant sind. So wurde der erste Baugenehmigungsantrag für alle drei Betriebe von einem der Kläger allein gestellt. Diese Verfahrensweise wurde erst später auf eine Antragstellung durch drei unterschiedliche Personen umgestellt, die allerdings miteinander eng verwandt bzw. verschwägert sind, sich unter Angabe derselben ladungsfähigen Anschrift an das Gericht wandten, sich während des Genehmigungs-, des Widerspruchs- und des gerichtlichen Verfahrens immer einheitlich durch dieselben (im Laufe der Zeit gewechselten) Anwälte vertreten ließen und sich auch desselben Planungsbüros bedienten. Zwar führte der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung aus, die Existenz der Betriebe solle unabhängig voneinander gesichert sein und die Rechnungsführung sowie der Einkauf in jedem Betrieb separat erfolgen. Allerdings räumte er auch ein, dass das Kerninteresse an der Realisierung aller drei Betriebe bestehe, dass es auch mit zwei von ihnen interessant wäre, dass aber ein einziger Betrieb unter Umständen wirtschaftlich nicht funktioniere. Außerdem verwies er zwar darauf, dass zwei der drei Betriebe für deren Inhaber als Abschreibungsobjekt dienlich wären. Es blieb aber letztlich unaufgeklärt und zweifelhaft, ob diese Abschreibungsmöglichkeit nur einen Schadensbegrenzungs-Aspekt darstellt oder inwiefern sich schon allein daraus ein Interesse an jedem einzelnen Betrieb, losgelöst von den anderen ergeben könnte. Darüber hinaus räumte der Klägervertreter außerdem ein, dass eine Nützlichkeit des einzelnen Betriebs als Abschreibungsobjekt für die Klägerin nicht besteht. Bezüglich ihres Betriebs ist insofern erst recht nicht ersichtlich, weshalb er losgelöst von den anderen geplant sein könnte, obwohl die Wirtschaftlichkeit eines einzigen Betriebs für sich zweifelhaft ist.
57 
Selbst wenn die drei Betriebe nicht als ein einheitliches Vorhaben anzusehen wären, wären die in den Nachbarräumen geplanten Nutzungen aber in die Beurteilung der Auswirkungen des Betriebs der Klägerin einzubeziehen. Denn eine auf die Zukunft gerichtete Betrachtung der Wirkungen eines Vorhabens hat auch unabhängig von ihm bestehende „Vorbelastungen“ (vgl. Jarass, BImSchG, 10. Aufl. 2013, § 5, Rdn. 20, zur Parallelproblematik bei der immissionsschutzrechtlichen Anlagenzulassung) zugrunde zu legen und „voraussehbare zukünftige Entwicklungen“ einzubeziehen (vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, § 15 BauNVO, Rdn. 15, Stand April 2013, sowie VGH BW, U. v. 09.10.2013 - 5 S 29/12 -, juris, zur Anwendung von § 15 Abs. 1 S. 1 BauNVO). Ob die Berücksichtigung der Auswirkungen eines weiteren Vorhabens in diesem Sinne voraussetzt, dass dazu bereits ein prüfbarer Antrag an die Genehmigungsbehörde vorliegt, weil die Vorhabenswirkungen erst dadurch „hinreichend konkret vorhersehbar“ werden (vgl. OVG NRW, U. v. 01.12.2011 - 8 D 58/08-, BeckRS 2012, 47303, zur Parallelproblematik im FFH-Recht), kann dahinstehen, denn für die neben dem klägerischen Vorhaben geplanten Nachbarbetriebe liegen der Beklagten jedenfalls prüfbare Anträge vor. Deren Berücksichtigung steht auch nicht eine etwaige Priorität des klägerischen Vorhabens entgegen. Zwar ist die Berücksichtigung (prüfbarer Anträge) von Parallelvorhaben grundsätzlich nur im Rahmen des Prioritätsprinzips geboten, also dann, wenn ein Parallelvorhaben dem zu prüfenden Vorhaben zeitlich vorgeht (aufgrund früheren Vorliegens eines prüfbaren Antrags, vgl. OVG NRW, ebd., m.w.N.). Vorliegend hat aber weder das Vorhaben der Klägerin noch eines der Nachbarvorhaben einen zeitlichen Vorsprung. Der zeitliche Gleichlauf der Genehmigungsverfahren kann wiederum nicht dazu führen, dass (mangels zeitlicher Priorität) keines der Vorhaben bei Prüfung der jeweils anderen zu berücksichtigen ist. Vielmehr sind bei der Beurteilung jedes von mehreren Vorhaben, für die gleichzeitig ein prüfbarer Antrag vorlag, die Auswirkungen der jeweils anderen Vorhaben zu beachten. Andernfalls liefen die Begrenzungen, die materiell für die Wirkungen jedes Vorhaben Geltung beanspruchen, nur wegen ihres zeitlichen Zusammenfallens für jedes der Vorhaben ins Leere. Eine solche Wirkung der parallelen Antragstellung widerspräche der dienenden Funktion des Baugenehmigungsverfahrens für das materielle Baurecht. Dass das Vorhaben der Klägerin in Konkurrenz mit den Nachbarvorhaben ungeachtet von deren Auswirkungen zu beurteilen wäre, folgt auch nicht aus anderen Gründen. Die Auflösung der Konkurrenz mehrerer nur alternativ, nicht kumulativ zulässiger Vorhaben, von denen keines zeitlich prioritär ist, kann nur nach einem dem Prioritätsprinzip übergeordneten Maßstab erfolgen. Dieser ist Art. 3 Abs. 1 GG zu entnehmen. Danach sind vorliegend alle drei zur Genehmigung gestellten Vorhaben gleich zu behandeln, was wiederum nur dadurch geschehen kann, dass jedes von ihnen bei der Beurteilung der jeweils anderen zu berücksichtigen ist. Denn Art. 3 Abs. 1 GG erlaubt die Ungleichbehandlung mehrerer Sachverhalte nur, sofern dafür ein hinreichender sachlicher Grund besteht. Dies wäre bei früherem Vorliegen eines prüffähigen Antrags im Grundsatz der Fall - insofern ist das Prioritätsprinzip gerade eine Ausprägung von Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. NdsOVG, U. v. 26.09.1991 - 1 L 74/91, 1 L 75/91 -, juris). Kommt von mehreren konkurrierenden Vorhaben keinem eine zeitliche Priorität zu, setzt eine Ungleichbehandlung andere sachliche Unterschiede zwischen ihnen voraus. Bestehen solche Unterschiede nicht, muss es bei der Gleichbehandlung der für die Vorhaben gestellten Anträge bleiben. Im Fall einer durch sie kumulativ verursachten „Gesamtbelastung“ sind die Vorhaben - vorbehaltlich der Möglichkeit, die Genehmigung durch Nebenbestimmungen zu beschränken - einheitlich abzulehnen; es bleibt dann Sache der Bauantragsteller, ihre Pläne so aufeinander abzustimmen, dass zumindest ein Teil davon (ggf. unabhängig von den anderen) genehmigungsfähig ist. Die drei vorliegend betroffenen Vorhaben auf dem Baugrundstück weisen keine Unterschiede auf, die ihre Ungleichbehandlung rechtfertigen. Solche Unterschiede könnten sich wegen des Grundstücksbezugs der Baugenehmigung und der ihr zugrundeliegenden baurechtlichen Prüfung grundsätzlich nicht aus der Person der Bauantragsteller, sondern nur aus einer Betrachtung der Vorhaben selbst ergeben. Die Vorhaben sind vorliegend im Wesentlichen identisch. Sie unterscheiden sich hauptsächlich durch ihre gering voneinander abweichenden Flächen. Als Rechtfertigungsgrund für eine unterschiedliche Behandlung der drei Vorhaben käme dieser Größenunterschied nur infrage, soweit er in sachlichem Bezug zur planungsrechtlichen Zulässigkeit der Vorhaben steht. Ein solcher Bezug wäre anzunehmen, wenn die unterschiedliche Größe Bedeutung für die Auswirkungen der Vorhaben auf die dadurch berührten städtebaulichen Belange hätte. Dies ist vorliegend aber nicht der Fall. Der kleinste der drei geplanten Betriebe verfügt über einen Gastraum von 26,29 m², der Gastraum des größten Betriebs hat eine Fläche von 36,92 m². Dass die dazwischen bestehende Differenz für die städtebaulichen Auswirkungen der Betriebe überhaupt von Relevanz ist, ist nicht ersichtlich. Jedenfalls wäre dies aber auch kein hinreichender Grund für eine Ungleichbehandlung. Denn die eine Ungleichbehandlung rechtfertigenden Unterschiede müssen auch von ihrem Gewicht her der Ungleichbehandlung Rechnung tragen. Je schwerer jene wiegt, desto gewichtiger müssen ihre Gründe sein. Vorliegend bedarf es danach eines gewichtigen Grunds, denn die Ungleichbehandlung eines der Vorhaben gegenüber den anderen beinhaltet eine Vorentscheidung über die Verwirklichungschancen der jeweils anderen Vorhaben und hat damit ein hohes Gewicht für das Baurecht jedes Antragstellers. Die Auswirkungen des Größenunterschieds der Vorhaben auf die durch sie berührten städtebaulichen Belange müssten also von einem so hohen Gewicht sein, dass es angemessen erschiene, ihretwegen unterschiedlich über die jeweiligen Genehmigungsanträge zu entscheiden. Dies ist nicht der Fall. Anders könnte dies angesichts der Geringfügigkeit der Flächendifferenz letztlich nur sein, wenn die Vorhaben ohne den Größenunterschied trotz ihres Zusammenwirkens zulässig wären. Auch hiervon ist aber nicht auszugehen, denn für die Wirkungen der Vorhaben, die ihre Einordnung als Vergnügungsstätten begründen (und damit im Ergebnis zu ihrer Unzulässigkeit führen), wäre es ohne Einfluss, wenn sie einheitlich jeweils über einen Gastraum mit 26,29 m², 30,81 m² oder 36,92 m² verfügten - insofern sind nämlich andere Aspekte maßgeblich (dazu sogleich).
58 
Bei der danach gebotenen Betrachtung des Zusammenwirkens des klägerischen Vorhabens mit den beiden Parallelvorhaben ist davon auszugehen, dass die Vorhaben im Hinblick auf ihre vergnügungsstättentypischen Wirkungen einer Spielhalle entsprechen. Denn die Vorhaben sind in den für ihre gemeinsame Wirkung maßgeblichen Merkmalen einer Spielhalle vergleichbar, obwohl sie baulich in gewissem Maße voneinander getrennt sind. Die Nachbarschaft eines Betriebs mit Spielmöglichkeit zu zwei weiteren Betrieben derselben Art lässt bereits vermuten, dass die Aufstellung der Spielgeräte nicht allein dazu dient, den Spieltrieb zu befriedigen, der nur bei Gelegenheit der Inanspruchnahme eines eigentlich im Mittelpunkt stehenden gastronomischen Angebots entsteht, sondern dass vielmehr ein darüber hinausgehendes Spielangebot geschaffen wird (vgl. NdsOVG, B. v. 30.03.2010, GewArch 2010, 221 - „Verdacht“). Unabhängig davon sind aber maßgeblich für die gemeinsame Wirkung der Betriebe vor allem deren Anordnung und der Zuschnitt ihres Gesamtangebots. Diese lassen eine vergnügungsstättentypische Wirkung wie eine Spielhalle erwarten. Die drei Betriebe „bilden räumlich und funktional eine einheitliche, von Spielhallenfluidum geprägte bauliche Anlage“ (vgl. VGH BW, B. v. 03.01.1990 - 3 S 2502/89 -, juris) und wirken entsprechend zusammen, und zwar unabhängig davon, ob sie baurechtlich als ein einheitliches Vorhaben oder als separate Vorhaben in ihrem Zusammenwirken zu betrachten sind. Die Betriebe sind direkt nebeneinander geplant und über eine gemeinsame Treppe und Freifläche zu betreten. Der Kunde trifft dort auf eine für das Spielen attraktive Häufung und Konzentration von Geldspielmöglichkeiten, die spielhallentypisch ist, die aber in Verbindung mit dem geplanten Alkoholausschank das nach § 3 Abs. 3 SpielV zulässige Höchstmaß von Geldspielgeräten in Spielhallen sogar noch übertrifft. Soweit die Betriebe leicht voneinander abweichende gastronomische Angebote sowie Unterschiede in der Innenarchitektur aufweisen, rechtfertigt dies nicht die Annahme, dass sie in ihren für Vergnügungsstätten typischen Wirkungen hinter einer Spielhalle zurückbleiben. Denn die Auflockerung des Erscheinungsbilds der Betriebe durch ihre Innenarchitektur und Angebotsvarianz steigert gerade die Effektivität des Gesamtangebots der Betriebe, weil es dadurch facettenreicher und umso interessanter erscheint; dies trägt eher zusätzlich dazu bei, dass der gemeinsame Standort der drei Betriebe gerade als solcher aufgesucht wird, um eine Spielgelegenheit zu ergreifen. Dafür, dass diese Häufung und Konzentration von Geldspielgeräten an einem Standort hinsichtlich ihrer Vergnügungsstätten kennzeichnenden Wirkung einer Spielhalle entspricht, sprechen schließlich auch die zur Unterscheidung von kerngebietstypischen und nicht-kerngebietstypischen Vergnügungsstätten entwickelten Kriterien. Sie tragen der unterschiedlichen Intensität der Auswirkungen kerngebietstypischer und nicht-kerngebietstypischer Vergnügungsstätten Rechnung (vgl. VGH BW, B. v. 28.11.2006 - 3 S 2377/06 -, juris; U. v. 22.02.2011 - 3 S 445/09 -, juris). Gemessen an diesen Kriterien ist zu erwarten, dass die Folgewirkungen der auf dem Baugrundstück vorgesehenen drei Betriebe insgesamt jedenfalls nicht hinter dem zurückbleiben, was schon für nicht-kerngebietstypische Vergnügungsstätten kennzeichnend ist. Denn der für (nicht-)kerngebietstypische Spielhallen typische „Störungsgrad“ lässt sich vorbehaltlich einer Betrachtung aller Einzelfallumstände in erster Linie nach der Zahl und Art ihrer Spielgeräte, ihrer Fläche und ihrer Besucherplätze bestimmen (VGH BW, U. v. 22.02.2011 - 3 S 445/09 -, juris). Von Bedeutung sind insofern vor allem Art und Anzahl der Spielgeräte, denn nach ihnen richtet sich „maßgeblich die Attraktivität der Spielhalle und damit regelmäßig de[r] Umfang des Zuspruchs sowie de[r] Grad der mit der Benutzung der Spielhalle für die Wohnnutzung typischerweise verbundenen Störungen“ (vgl. VGH BW, U. v. 22.02.2011 - 3 S 445/09 -, juris); die Fläche ist demgegenüber, obwohl baurechtlich u.U. leichter zu handhaben, in der Sache als Abgrenzungskriterium von untergeordneter Bedeutung, denn ab welcher Flächengröße eine Vergnügungsstätte kerngebietstypisch ist, wird gerade anhand der zulässigen Anzahl von Geldspielgeräten je Quadratmeter berechnet. In der Regel ist eine Spielhalle ab einer Ausstattung mit mindestens acht Geldspielgeräten bzw. mit der für diese Anzahl notwendigen Fläche als kerngebietstypisch anzusehen (VGH BW, U. v. 02.11.2006 - 8 S 1891/05 -, juris; U. v. 09.10.2013 - 5 S 29/12 -, juris). Die vorliegend auf dem Baugrundstück geplanten Betriebe bieten insgesamt neun Geldspielgeräte samt Alkoholausschank an. Geht man außerdem davon aus, dass eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte i.d.R. ab einer Zahl von 40 Plätzen vorliegt (vgl. VGH BW, U. v. 22.02.2011 - 3 S 445/09 -, juris, unter Verweis auf Stüer, ZfWG 2010, 387), entsprechen die drei auf dem Baugrundstück geplanten Betriebe auch hinsichtlich der Besucherplätze einer kerngebietstypischen Vergnügungsstätte. Denn in den drei Betrieben sind nach dem Vortrag der Kläger 63 Bewirtungsplätze (10 bei der Klägerin sowie 25 bzw. 28 Plätze in den Nachbarbetrieben) und 9 Geldspielplätze geplant.
59 
Eine Befreiung von dem im Bebauungsplan festgesetzten Ausschluss der Zulässigkeit von Vergnügungsstätten ist für das Vorhaben nicht zu erteilen. Gemäß § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen eines Bebauungsplans unter Umständen befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Zu den Grundzügen der Planung gehören solche Festsetzungen, „die für die Planung tragend sind“ (Siegmund, in: Spannowsky/Uechtritz, BauGB, 2. Aufl. 2014, § 31, Rdn. 61). Tragend für die Planung ist eine Festsetzung, die ein „Bestandteil eines Planungskonzepts ist, der das gesamte Plangebiet oder doch maßgebliche Teile davon gleichsam wie ein roter Faden durchzieht, so dass eine Abweichung zu weitreichenden Folgen führt“ (BayVGH, U. v. 21.04.2009 - 9 B 06.1823 -, juris; VG Freiburg U. v. 22.08.2007 - 4 K 1989/06 -, juris; HambOVG, U. v. 26.08.1999 - 2 Bf 17/96 -, juris). Die dem Vorhaben der Klägerin widerstreitende Festsetzung des Bebauungsplans XXX über den Ausschluss von Vergnügungsstätten gehört danach zu den Grundzügen der Planung, denn sie ist für die Planung tragend. Wie aus der Planbegründung hervorgeht, bildet sie ein zentrales Element des planerischen Konzepts zur Verhinderung einer Häufung von Vergnügungsstätten (sowie Bordellen und Werbeanlagen), das sich wie ein roter Faden durch die davon betroffenen Teile des Plangebiets zieht. Eine Abweichung davon würde die Planung in ihrem Kern treffen.
60 
Dahingestellt bleiben kann, ob das Vorhaben, wenn es nicht als Vergnügungsstätte im bauplanungsrechtlichen Sinne zu behandeln wäre, bei einer Einordnung als Schank- und Speisewirtschaft mit Geldspielgeräten im Zusammenwirken mit den Nachbarvorhaben als eine „städtebaulich bedenkliche Ansammlung“ solcher Betriebe gebietsunverträglich und nach § 15 Abs. 1 S. 1 BauNVO unzulässig wäre (vgl. VGH BW, B. v. 15.09.2010 - 3 S 1105/10 -) oder ob es als Schank- und Speisewirtschaft mit Geldspielgeräten im Zusammenwirken mit den geplanten Nachbarbetrieben zu Belästigungen oder Störungen i.S.v. § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO führte und auch deswegen unzulässig wäre.
61 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
62 
Aufgrund der Abweisung der Klage ist über den Antrag, die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären, nicht zu entscheiden.
63 
Ein Grund, gemäß §§ 124a Abs. 1 S. 1, 124 Abs. 2 Nrn. 3, 4 VwGO die Berufung gegen dieses Urteil zuzulassen, liegt nicht vor.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 7. August 2006 - 16 K 2707/05 - geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 15. März 2005 und deren Widerspruchsbescheid vom 13. Juli 2005 werden aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme einer Bescheinigung nach
§ 7h EStG (in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung).
Er ist Eigentümer des Wohnbaugrundstücks ... ... (.... ...) in Stuttgart, Gemarkung Zuffenhausen. Dieses Grundstück lag im räumlichen Geltungsbereich des Sanierungsgebiets „Zuffenhausen 3-Zehnthof“; die Sanierungssatzung wurde nach Abschluss der Sanierung am 29.07.1999 aufgehoben.
Auf Antrag des Klägers vom 31.08.1995 wurde mit Bescheid der Beklagten vom 21.12.1995 ein „Anbau und bauliche Änderungen am Wohnhaus“ mit der Nebenbestimmung sanierungsrechtlich genehmigt, dass „Material und Farben der Balkone, des Vordaches der Garagentore und der Pergola sowie die Begrünung des Garagendachs vor Ausführung mit der Stadt abzustimmen“ sind. Am 13.11.1997 erteilte die Beklagte dem Kläger eine Bescheinigung nach § 7h EStG. Darin wird bestätigt, dass das Gebäude ... ... im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet liegt und es sich bei dem Anbau und den baulichen Änderungen um Maßnahmen nach § 177 BauGB gehandelt habe, die der Durchführung der Sanierung gedient hätten. Ergänzend dazu bescheinigte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 05.07.1999, dass sich die anerkannten Kosten der durchgeführten Baumaßnahmen auf 777.262,93 DM brutto für die Jahre 1995 bis 1998 belaufen hätten.
Mit Schreiben vom 15.03.2002 rügte das Finanzamt Stuttgart III gegenüber der Beklagten, dass die Bescheinigung nach § 7h EStG auf einer unzureichenden Prüfung des Sachverhalts beruhe. Die auf den Anbau entfallenden Kosten seien steuerlich nicht begünstigt; nach der vorläufigen Aufstellung des Architekten entfielen nur 160.000,-- DM auf die Sanierung. Außerdem seien Baumaßnahmen auch dann nicht begünstigt, wenn sie ohne vorherige Abstimmung mit der Fachbehörde oder ohne konkrete vertragliche Vereinbarungen auf freiwilliger Grundlage durchgeführt worden seien; das Finanzamt bitte um Mitteilung, ob und inwieweit die Baumaßnahmen vorher mit der Beklagten abgesprochen und ob sie gemäß diesen Absprachen durchgeführt worden seien. Mit Schreiben vom 22.05.2002 teilte die Beklagte dem Finanzamt Stuttgart III mit, über die Baumaßnahmen sei zwar keine Modernisierungsvereinbarung abgeschlossen worden, sie seien jedoch vor Baubeginn - u.a. auch im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens - mit ihr abgestimmt worden. Da es sich bei dem Anbau um eine untergeordnete Erweiterung der Bestandsfläche handle, könnten auch die hierfür entstandenen Neubaukosten als sanierungsbedingte Modernisierungs- und Instandhaltungskosten anerkannt werden.
Am 01.08.2003 leitete das Finanzamt Stuttgart III gegenüber der Beklagten
- Amt für Stadterneuerung - auf Weisung des Rechnungsprüfungsamts und in Übereinstimmung mit der Oberfinanzdirektion Stuttgart ein Remonstrationsverfahren mit dem Ziel der Rücknahme der Bescheinigung vom 13.11.1997 ein. Zur Begründung wird ausgeführt: Gegenüber dem Kläger sei offenbar kein Modernisierungs- und Instandsetzungsgebot im Sinne des § 177 BauGB ausgesprochen worden. Ausweislich des Schreibens der Beklagten vom 22.05.2002 habe sich der Kläger auch nicht vertraglich gegenüber der Beklagten zur Durchführung solcher Maßnahmen verpflichtet; eine eventuelle Abstimmung im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens sei nicht geeignet, eine förmliche Vereinbarung über bestimmte Modernisierungsmaßnahmen zu ersetzen. Somit lägen die Voraussetzungen für eine Steuerbegünstigung nach § 7h EStG nicht vor; die Bescheinigung vom 13.11.1997 sei unrichtig und von der Beklagten zurückzunehmen.
Die Beklagte - Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung - führte mit Schreiben vom 23.09.2003 gegenüber dem Finanzamt Stuttgart III u.a. aus, ein förmliches Modernisierungs- und Instandsetzungsgebot habe ihr Gemeinderat bislang noch nie beschlossen. Vielmehr verpflichte sich der Eigentümer regelmäßig im Rahmen einer einvernehmlichen Modernisierungsabsprache gegenüber der Stadt zur Durchführung bestimmter Maßnahmen im Sinne des § 177 BauGB. Allerdings sei bis zum Erlass der gemeinsamen Bekanntmachung des Wirtschaftsministeriums und des Finanzministeriums vom 11.06.2001 (Bescheinigungsrichtlinie) eine (schriftliche) Modernisierungsvereinbarung nur dann geschlossen worden, wenn der Eigentümer eine Sanierungsforderung in Anspruch genommen habe. Seit Erlass der Bescheinigungsrichtlinie werde eine Modernisierungsvereinbarung auch ohne Inanspruchnahme eines Sanierungszuschusses dann geschlossen, wenn der Eigentümer eine Steuerbegünstigung nach § 7h EStG in Anspruch nehmen wolle. Da es sich hier um einen Altvorgang vor dem Juni 2001 ohne Gewährung eines Zuschusses aus Landesmitteln handle, sei folglich keine Modernisierungsvereinbarung geschlossen worden.
Mit Schreiben vom 08.10.2003 erwiderte das Finanzamt Stuttgart III, die Beklagte könne sich für die Änderung ihrer Praxis im Jahre 2001 nicht auf die damals ergangene Bescheinigungsrichtlinie berufen, die an den gesetzlichen Voraussetzungen für die Steuerbegünstigung nichts geändert habe. Danach habe jedoch stets die Notwendigkeit des Abschlusses einer Vereinbarung vor Beginn der Baumaßnahmen bestanden, wie sich bereits den Einkommenssteuerrichtlinien 1993 in R 83 a Abs. 6 und der Einkommenssteuerkommentierung von Schmidt in der 15. Aufl. (1996) entnehmen lasse. An der Forderung nach Rücknahme der Bescheinigung werde daher festgehalten.
10 
Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 28.11.2003 an das Finanzamt Stuttgart III erneut ab. Das Bauvorhaben des Klägers sei, wie in Sanierungsgebieten üblich, vor Baubeginn mit dem Amt für Stadterneuerung abgestimmt worden. Dem Amt für Stadterneuerung seien die Anforderungen der Finanzverwaltung und insbesondere die Notwendigkeit einer konkreten vertraglichen Vereinbarung zwischen Eigentümer und Gemeinde als Voraussetzung für die Begünstigung nach § 7h EStG erst durch die Bekanntmachung der Bescheinigungsrichtlinie vom 11.06.2001 bewusst geworden. Bis dahin seien keine solchen Vereinbarungen geschlossen worden, was auch bei anderen Städten und Gemeinden so üblich gewesen und bis dahin von den Finanzbehörden auch akzeptiert worden sei. Man sehe sich daher außer Stande, die erteilte Bescheinigung zurückzunehmen.
11 
Mit Schreiben vom 21.04.2004 bat das Finanzministerium Baden-Württemberg das Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg, die Beklagte zur Rücknahme der Bescheinigung zu veranlassen. Mit Schreiben vom 03.05.2004 teilte das Wirtschaftsministerium dem Regierungspräsidium Stuttgart mit, dass nach Auffassung der Finanzverwaltung die Voraussetzungen der §§ 177 BauGB, 7h EStG für die Erteilung der Bescheinigung nicht vorgelegen hätten und bat um weitere Veranlassung im Rahmen der Fach- und Rechtsaufsicht. Das Regierungspräsidium Stuttgart bat daraufhin die Beklagte mit Schreiben vom 18.08.2004, die dem Kläger erteilte Bescheinigung zurückzunehmen. Mit Schreiben vom 06.09.2004 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die Rücknahme der Bescheinigung sei beabsichtigt und gab Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von vier Wochen.
12 
Nachdem sich der Kläger geäußert hatte, nahm die Beklagte die Bescheinigung vom 13.11.1997 mit Bescheid vom 15.03.2005 mit Wirkung für die Vergangenheit zurück. Die Bescheinigung hätte nur erteilt werden dürfen, wenn die Modernisierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen aufgrund einer konkreten vertraglichen Verpflichtung durchgeführt worden wären. Die Rücknahme sei angemessen. Sie sei das „mildeste Mittel“, um die rechtswidrige Bescheinigung zu beseitigen und die Bindung des Finanzamts an dieselbe zu beenden. Das Interesse des Klägers an deren Aufrechterhaltung müsse demgegenüber zurücktreten. Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 LVwVfG sei noch nicht abgelaufen. Sie sei nicht durch die Aufforderung zur Rücknahme mit Schreiben des Finanzamts Stuttgart III vom 30.07.2003 in Gang gesetzt worden. Denn sie selbst habe noch mit Schreiben vom 28.11.2003 dem Finanzamt mitgeteilt, dass die Bescheinigung für rechtmäßig gehalten werde und sie sich zur Rücknahme außer Stande sehe. Erst durch die Weisung zur Rücknahme mit Schreiben des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 18.08.2004 im laufenden Remonstrationsverfahren habe die Frist zu laufen begonnen. Den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Bescheid vom 13.07.2005 aus den im Ausgangsbescheid genannten Gründen zurück.
13 
Mit seiner am 17.08.2005 beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhobenen Klage hat der Kläger beantragt, den Bescheid der Beklagten über die Rücknahme der Bescheinigung nach § 7h EStG und deren Widerspruchsbescheid vom 13.07.2005 aufzuheben. Die Beklagte hat Abweisung der Klage beantragt.
14 
Mit Urteil vom 07.08.2006 - 16 K 2707/05 - hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Verwaltungsrechtsweg sei zwar gegeben. Die Klage sei jedoch nicht begründet. Die Rücknahme der Bescheinigung für die Vergangenheit sei rechtmäßig. § 7h Abs.1 EStG 1997 beziehe sich nicht nur auf § 177 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 BauGB, in denen näher umschrieben werde, was Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen seien, sondern auf die gesamte Vorschrift. Daher setze eine Bescheinigung nach § 7h Abs. 1 EStG voraus, dass steuerlich zu fördernde Maßnahmen auf einem entsprechenden städtebaurechtlichen Gebot der Gemeinde nach § 177 Abs. 1 BauGB beruhten. Da solche Anordnungen in der Praxis nur geringe Bedeutung besäßen, stehe der hoheitlichen Anordnung eines solchen Gebots ein dieses Gebot ersetzender städtebaulicher Vertrag gleich. Solche Verträge bedürften indes der Schriftform. Die hier zwischen dem Kläger und der Beklagten getroffenen mündlichen Absprachen über die Beseitigung von Missständen und Mängeln am Wohngebäude reichten daher nicht aus. Die Beklagte sei im Rahmen des Ermessens auch zutreffend davon ausgegangen, dass das öffentliche (fiskalische) Interesse an der Beseitigung nicht gerechtfertigter Steuerbegünstigungen das Vertrauen des Klägers in deren Fortbestand überwiege. Maßgebend hierfür sei der Umstand, dass die Baumaßnahmen zum Zeitpunkt der Erteilung der Bescheinigung bereits abgeschlossen gewesen seien. Zur Frage der wirtschaftlichen Bedeutung der Rücknahme der Bescheinigung habe der Kläger vor deren Erlass nichts vorgetragen. Im Übrigen gebe es auch keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger die Baumaßnahmen deshalb mit der Beklagten abgesprochen habe, um eine Steuervergünstigung zu erreichen. Dagegen spreche, dass die Beklagte in allen Fällen, in denen die Baumaßnahmen - wie hier - nicht mit Sanierungsmitteln bezuschusst worden seien, die Bescheinigung bis zum Erlass der Richtlinien vom 11.06.2001 nicht davon abhängig gemacht habe, dass ein Gebot oder ein städtebaulicher Vertrag vorgelegen habe. Auch aus den der Baugenehmigung beigefügten Nebenbestimmungen könne nicht hergeleitet werden, dass es eine Absprache gegeben habe. Denn diese Nebenbestimmungen seien ordnungsrechtlicher Natur. Die Jahresfrist für die Rücknahme sei gewahrt. Sie beginne erst zu laufen, wenn die Behörde die Rechtswidrigkeit erkannt habe und ihr die für die Rücknahmeentscheidung erheblichen Tatsachen vollständig bekannt seien. Zu den entscheidungserheblichen Tatsachen gehörten auch alle Umstände, die für die Beurteilung der Frage von Bedeutung seien, ob der Begünstigte in schutzwürdiger Weise auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut habe. Es könne offen bleiben, ob die Jahresfrist danach erst mit Ablauf der dem Kläger mit Schreiben vom 06.09.2004 gesetzten Frist für eine Stellungnahme zur geplanten Rücknahme zu laufen begonnen habe. Denn jedenfalls habe sie frühestens in dem Zeitpunkt begonnen, in dem das Regierungspräsidium Stuttgart als Rechtsaufsichtsbehörde die Beklagte mit Schreiben vom 18.08.2004 zur Rücknahme der Bescheinigung vom 13.11.1997 aufgefordert habe. Somit sei die Rücknahme mit Bescheid vom 15.03.2005 noch innerhalb der Jahresfrist erfolgt. Das Urteil wurde dem Kläger am 15.08.2006 zugestellt.
15 
Am 29.08.2006 hat der Kläger die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Er beantragt,
16 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 07. August 2006 - 16 K 2707/05 - zu ändern und den Rücknahmebescheid der Stadt Stuttgart vom 15. März 2005 sowie deren Widerspruchsbescheid vom 13. Juli 2005 aufzuheben.
17 
Er trägt zur Begründung vor: Die ihm erteilte Bescheinigung nach § 7h EStG sei nicht rechtswidrig. Der Gesetzgeber verweise in § 7h EStG nicht auf das Modernisierungs- und Instandsetzungsgebot nach § 177 Abs. 1 BauGB, sondern allein auf die in § 177 Abs. 2 und 3 BauGB umschriebenen Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen. Zweck der Verweisung sei die Beschränkung der steuerlichen Begünstigung auf die städtebaulich, sozialpolitisch und denkmalpflegerisch erwünschte Beseitigung von Missständen und Mängeln. Für diese Auslegung spreche auch, dass Gebäudemodernisierungen in Sanierungsgebieten ohnehin stets aufgrund von Absprachen mit den Kommunen erfolgten, welche gemäß §§ 144, 145 BauGB die „Durchführungsverantwortung“ für die Gestaltung des Sanierungsgebiets und seiner Gebäude hätten, und zwar unabhängig davon, ob eine förmliche Modernisierungsvereinbarung getroffen worden sei oder nicht. Solche förmlichen Modernisierungsvereinbarungen seien nur dann notwendig, wenn die Kommune einen Zuschuss zu den Maßnahmen zahle. Auch nach Auffassung der Finanzverwaltung sei die Gewährung der Steuervergünstigung nicht daran geknüpft, dass ein solcher Zuschuss bezahlt worden sei. Aus der Regelung des § 7h Abs. 1 Satz 2 EStG sei nicht zu folgern, dass die Steuerbegünstigung nur im Falle einer vertraglichen Verpflichtung zur Vornahme von Modernisierungsmaßnahmen gegenüber der Gemeinde zu gewähren sei. Denn hier handle es sich um eine Erstreckung der Steuervergünstigung auf denkmalbezogene Maßnahmen, die über Maßnahmen zur Modernisierung hinausgingen und für die schon aus kompetenzrechtlichen Gründen von vornherein kein Modernisierungsgebot nach § 177 Abs. 1 BauGB in Betracht käme. Die hier in Rede stehenden Maßnahmen seien auch in Absprache mit der Beklagten durchgeführt worden. Vertreter des Amtes für Stadterneuerung der Beklagten hätten ihm zunächst die sanierungsrechtlichen Verpflichtungen und Möglichkeiten zur Modernisierung und Instandsetzung seines Wohngebäudes erläutert. Er habe daraufhin seine Bereitschaft hierzu bekundet. Die Vertreter der Beklagten hätten ihn zwar darauf hingewiesen, dass keine Kostenerstattung nach § 177 Abs. 4 BauGB erfolgen werde, hätten ihm indes zugesichert, die Bescheinigung nach § 7h EStG zu erteilen. Er habe die Ergebnisse des Gesprächs in seinem Baugesuch und seinem Antrag auf Erteilung der sanierungsrechtlichen Genehmigung absprachegemäß umgesetzt. Mit Erteilung der Baugenehmigung und der sanierungsrechtlichen Genehmigung habe die Beklagte zumindest konkludent die geplanten Baumaßnahmen gebilligt; zudem habe sie ausdrücklich gefordert, dass „Material und Farben der Balkone, des Vordachs der Garagentore und der Pergola sowie die Begrünung des Garagendaches mit der Stadt abzustimmen“ seien. Sein Antrag und die Bewilligung durch die Beklagte stellten somit der Sache nach eine schriftliche Modernisierungsabsprache dar. In einer gesondert formulierten Modernisierungsabsprache hätte nichts weiter geregelt werden können, zumal keine Kostenerstattung erfolgt sei. Auch vor diesem Hintergrund sei die Bescheinigung nach § 7h EStG zu Recht ergangen. Außerdem sei die Bescheinigung erst nach Ablauf der Jahresfrist zurückgenommen worden. Die Beklagte sei durch das Schreiben des Finanzamts Stuttgart III vom 30.07.2003 auf die Rechtswidrigkeit der Bescheinigung hingewiesen worden, habe diese jedoch erst mit Bescheid vom 15.03.2005 zurückgenommen. Sie könne sich nicht darauf berufen, dass sie diesen Rechtsstandpunkt erst auf der Grundlage der fachaufsichtlichen Weisung des Regierungspräsidiums akzeptiert habe. Denn sie hätte sich innerhalb eines Jahres nach dem Schreiben des Finanzamts Klarheit über die Rechtslage verschaffen müssen. Schließlich hätte die Bescheinigung auch deshalb nicht zurückgenommen werden dürfen, weil er auf deren Fortbestand habe vertrauen dürfen und dieses Vertrauen schutzwürdig gewesen sei. Er habe die Bauinvestitionen in vollem Vertrauen auf die von der Beklagten zugesagten Steuervergünstigungen nach § 7h EStG und in Absprache mit der Beklagten vorgenommen. Das fiskalische Interesse an der Beseitigung der Steuerbegünstigung wiege demgegenüber nicht schwer. Dabei sei zu berücksichtigen, dass bei Kenntnis der Rechtsauffassung der Finanzverwaltung eine förmliche Modernisierungsvereinbarung zwischen ihm und der Beklagten abgeschlossen worden wäre. Für die Jahre 1997 bis 1999 habe er die steuerliche Vergünstigungen erhalten; sie seien jedoch von der Finanzverwaltung wieder „zurückgefordert“ worden. Er habe gegen alle Steuerbescheide seit 1997 Einsprüche eingelegt, über die wegen des vorliegenden Verfahrens noch nicht entscheiden worden sei.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie erwidert: Die dem Kläger erteilte Bescheinigung nach § 7h EStG sei von Anfang an rechtswidrig gewesen. § 7h Abs. 1 Satz 1 EStG verweise nach seinem Wortlaut auf die gesamte Vorschrift des § 177 BauGB und damit auch auf Abs. 1, in dem der Erlass von Modernisierungs- und Instandsetzungsgeboten geregelt sei. Zwar stehe der hoheitlichen Anordnung eines solchen Gebotes eine schriftliche Modernisierungsvereinbarung gleich, in der sich der Eigentümer gegenüber der Gemeinde verpflichte, im einzelnen umschriebene Maßnahmen zur Behebung von Missständen und Mängeln vorzunehmen. Die schriftliche Antragstellung des Klägers und die schriftliche Genehmigung der Baumaßnahmen erfüllten diese Voraussetzungen nicht. Die Jahresfrist habe erst mit Aufforderung des Regierungspräsidiums zur Rücknahme der Bescheinigung mit Schreiben vom 18.08.2004 zu laufen begonnen, weil der Behörde erst zu diesem Zeitpunkt die Rechtswidrigkeit derselben bewusst geworden sei. Das öffentliche Interesse in Gestalt des Interesses an der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und der Beseitigung ungerechtfertigter Steuervergünstigungen überwiege das Vertrauen des Klägers in den Fortbestand der ihm erteilten Bescheinigung. Auch gebe es kein milderes Mittel, um die Bindung der Finanzbehörden an die Bescheinigung als Grundlagenbescheid für die Gewährung der Steuervergünstigung zu beseitigen und rechtmäßige Zustände herzustellen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakten sowie die Akten des Verwaltungsgerichts und der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
22 
Die Berufung ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hätte den Bescheid der Beklagten vom 15.03.2005 über die Rücknahme der dem Kläger nach § 7h Abs. 2 Satz 1 EStG erteilten Bescheinigung und deren Widerspruchsbescheid vom 13.07.2005 aufheben müssen, weil sie rechtswidrig sind und den Kläger in seinen Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Allerdings teilt der Senat die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die § 7h-Bescheinigung vom 13.11.1997 rechtswidrig ist. Denn sie bestätigt zu Unrecht - mit Bindungswirkung gegenüber dem Finanzamt -, dass die vom Kläger an seinem Gebäude ... ... durchgeführten Modernisierungsmaßnahmen die Voraussetzungen des § 7h Abs. 1 Satz 1 EStG erfüllen. Nach dieser Vorschrift können bei Gebäuden in Sanierungsgebieten erhöhte Absetzungen von den Herstellungskosten für Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen im Sinne des § 177 BauGB vorgenommen werden. Entgegen der Auffassung des Klägers ist § 7h Abs. 1 Satz 1 EStG nicht einschränkend dahingehend auszulegen, dass die Voraussetzungen für die steuerliche Förderung bereits dann gegeben sind, wenn am Gebäude Mängel oder Missstände im Sinne des § 177 Abs. 2 und 3 BauGB vorlagen und diese behoben wurden. Denn § 7h Abs. 1 Satz 1 EStG verweist nach seinem Wortlaut auf die Vorschrift des § 177 BauGB im Ganzen und damit auch auf dessen Absatz 1, der die Gemeinden ermächtigt, die Modernisierung und Instandsetzung von Gebäuden in Sanierungsgebieten durch entsprechende Anordnungen durchzusetzen. Anstelle solcher Gebote schließen die Gemeinden in der Praxis meist städtebauliche Verträge nach § 11 BauGB mit den Eigentümern, in denen diese sich zur Durchführung näher bestimmter Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen verpflichten (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 8. Aufl., § 177 Rn. 21). Diese Vorgehensweise trägt dem Kooperationsgedanken Rechnung, von dem das Sanierungsrecht geprägt ist (vgl. § 175 Abs. 1 BauGB), und erfüllt daher ebenfalls die Voraussetzungen für eine steuerliche Förderung (vgl. Einkommenssteuerrichtlinien 2005, BStBl. I Sondernr. 1 R 7h (6); Gemeinsame Bekanntmachung des Wirtschaftsministeriums und des Finanzministeriums vom 11.06.2001 - Bescheinigungsrichtlinie - GABl. 2001, 793, TZ 3.1; vgl. auch BFH, Beschluss vom 06.12.2002 - 9 B 109/02 -, BFH/NV 2003, 469). Demgegenüber stellen freiwillige Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen auch dann keine Maßnahmen im Sinne des § 7h Abs. 1 Satz 1 EStG dar, wenn sie in Absprache mit der Gemeinde erfolgen und der Beseitigung von Mängeln und Missständen im Sinne von § 177 Abs. 2 und 3 BauGB dienen, sondern nur dann, wenn sie auf der Grundlage eines Gebots nach § 177 Abs. 1 BauGB oder einer vertraglichen Verpflichtung gegenüber der Gemeinde durchgeführt wurden. Der Senat schließt sich damit der bislang von der obergerichtlichen Rechtsprechung und Kommentarliteratur vertretenen Auffassung an (vgl. OVG Niedersachsen, Urteil vom 24.04.1997 - 6 L 2067/96 - und OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 08.06.2004 - 3 L 64/02 -, NVwZ 2005, 835; Blümich, EStG, Bd. 1, § 7h Rn. 23 f.; Kirchhof, EStG, 2001, § 7h RdNr. 3; Schmidt, EStG, 25. Aufl. § 7h Rn. 3).
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Für diese Auffassung spricht neben der uneingeschränkten Verweisung auf § 177 BauGB in § 7h Abs. 1 Satz 1 EStG auch Satz 2 dieser Vorschrift, welcher die steuerliche Förderung auf denkmalbezogene Maßnahmen unter der Voraussetzung erstreckt, dass sich der Eigentümer hierzu gegenüber der Gemeinde verpflichtet hat. Eine entsprechende ausdrückliche Regelung ist hinsichtlich der sanierungsbezogenen Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen entbehrlich, weil deren verpflichtender Charakter bereits durch die umfassende Verweisung auf § 177 BauGB - und damit auch auf dessen Absatz 1 - in § 7h Abs. 1 Satz 1 EStG zur Voraussetzung für die steuerliche Begünstigung gemacht wird. Demgegenüber ermächtigt § 177 BauGB nicht zur Anordnung städtebaulicher Gebote hinsichtlich der in § 7h Abs. 1 Satz 2 EStG genannten denkmalbezogenen Maßnahmen. Dieser Auslegung kann auch nicht entgegen gehalten werden, dass sich freiwillige Modernisierungsmaßnahmen, die in Absprache mit der Gemeinde realisiert werden, nicht von den auf Grundlage vertraglicher Verpflichtungen durchzuführenden Maßnahmen unterscheiden, wie der Kläger meint. Abgesehen davon, dass die Gemeinden keine Möglichkeit haben, mündliche Absprachen über Modernisierungsmaßnahmen gegebenenfalls zwangsweise durchzusetzen, kann vom Eigentümer nur dann verlangt werden, sich vertraglich zur Durchführung im einzelnen bezeichneter Modernisierungsmaßnahmen in einem bestimmten Zeitraum (vgl. § 177 Abs. 1 Satz 3 BauGB) als Ersatz für eine ansonsten mögliche einseitige Anordnung von Geboten nach § 177 Abs. 1 BauGB (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, a.a.O., § 177 Rn. 34) zu verpflichten, wenn gemäß § 175 Abs. 2 BauGB die alsbaldige Durchführung der Maßnahmen aus städtebaulichen Gründen erforderlich ist. Mit der Anknüpfung der steuerlichen Begünstigung an Modernisierungsmaßnahmen verpflichtenden Charakters wird daher zugleich erreicht, dass diese auf Maßnahmen mit städtebaulicher Dringlichkeit beschränkt wird. Hier hat der Kläger die Modernisierungsmaßnahmen nicht aufgrund einer vertraglichen Verpflichtung gegenüber der Beklagten, sondern freiwillig durchgeführt. Daran ändert nichts, dass er sie unter Beachtung mündlicher Absprachen mit Mitarbeitern der Beklagten gemäß der ihm erteilten Baugenehmigung und der darin enthaltenen sanierungsrechtlichen Auflagen realisiert hat. Denn hierzu war der Kläger nicht verpflichtet. Somit ist die ihm erteilte Bescheinigung rechtswidrig.
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Die Rücknahme der Bescheinigung mit Bescheid vom 15.03.2005 erfolgte jedoch nicht innerhalb der Rücknahmefrist nach § 48 Abs. 4 LVwVfG und ist daher ihrerseits rechtswidrig.
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Nach dieser Vorschrift ist die Rücknahme ab dem Zeitpunkt, in dem die Behörde von Tatsachen Kenntnis erhält, welche die Rücknahme des rechtswidrigen Verwaltungsakts rechtfertigen, nur innerhalb eines Jahres zulässig. Die Jahresfrist beginnt, sobald die Rücknahmebehörde die Rechtswidrigkeit des erlassenen Verwaltungsakts erkannt hat und ihr die für die Rücknahmeentscheidung außerdem erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind. Dazu gehören die Umstände, deren Kenntnis es der Behörde objektiv ermöglicht, ohne weitere Sachaufklärung unter sachgerechter Ausübung ihres Ermessens über die Rücknahme zu entscheiden. Denn § 48 Abs. 4 LVwVfG ist nicht im Sinne einer „Bearbeitungsfrist“ zu verstehen, die mit der Kenntnis der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes zu laufen beginnt und der Behörde ein Jahr Zeit lässt, um hinsichtlich des Vorliegens der weiteren Rücknahmevoraussetzungen Entscheidungsreife herbeizuführen. Eine solche „Bearbeitungsfrist“ wäre nicht sachgerecht, weil es nicht allein vom Willen der Behörde abhängt, ob die Sache in diesem Zeitraum tatsächlich entscheidungsreif gemacht werden kann; vielmehr kann sich die Aufklärung der entscheidungserheblichen Tatsachen aus den unterschiedlichsten Gründen verzögern (zum Beispiel Zeugenvernehmung oder Einholung von Sachverständigengutachten). Nach Sinn und Zweck der Regelung handelt es sich daher um eine „Entscheidungsfrist“, die grundsätzlich mit dem Zeitpunkt des Eintritts der Entscheidungsreife zu laufen beginnt (grundlegend BVerwG Großer Senat, Beschl. vom 19.12.1984 - GrSen 1.84, GrSen 2.84 -, BVerwGE 70, 356; vgl. auch Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 48 Rn. 219 ff.). Hingegen vermag ein auf die weiteren Rücknahmevoraussetzungen bezogener Rechtsirrtum der Behörde - anders als ein Rechtsirrtum in Bezug auf die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts - den Fristbeginn nicht zu hindern. Denn andernfalls wäre die Entscheidungsreife abhängig von der rechtlichen Erkenntnisfähigkeit der handelnden Behörde; je geringer diese ausgeprägt ist, desto großzügiger wäre die zur Verfügung stehende Rücknahmefrist. Eine solche Auslegung wäre nicht vereinbar mit dem Zweck der Jahresfrist, Rechtssicherheit hinsichtlich des Bestandes von Verwaltungsakten herbeizuführen. Sie würde ferner die in § 48 Abs. 4 LVwVfG normierte Beschränkung der Kenntnis auf „Tatsachen“ „ins Leere laufen“ lassen (vgl. BVerwG, Urt. vom 05.08.1996 - 5 C 6.95 -, NWVBl. 1997, 293 unter Hinweis darauf, dass ein Rechtsirrtum über die Erforderlichkeit von Ermessenserwägungen den Beginn der Jahresfrist nicht hinausschiebt mit der Folge, dass ein Rücknahmebescheid, welcher einen fristgerecht erlassenen ersten Rücknahmebescheid ersetzt, verfristet sein kann; vgl. auch BVerwG, Urt. vom 19.12.1995 - 5 C 10.94 -, BVerwGE 100, 199; ebenso mit eingehender Begründung BSG, Urt. vom 27.07.1989 - 11/7 RAr 115/87 -, BSGE 65, 221 und Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 46 Rn. 141). Ausgehend davon wurde die dem Kläger erteilte Bescheinigung nach § 7h EStG erst nach Ablauf der Ausschlussfrist des § 48 Abs. 4 LVwVfG zurückgenommen.
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Der Irrtum der Beklagten über die Rechtmäßigkeit ihrer Praxis, Bescheinigungen nach § 7h EStG auch bei freiwilligen Modernisierungsmaßnahmen ohne konkrete vertragliche Verpflichtungen auszustellen, war nach eigenem Bekunden mit Bekanntmachung der verbindlichen Vorgaben zur Auslegung und Anwendung unter anderem des § 7h EStG in der Bescheinigungsrichtlinie des Wirtschafts- und Finanzministeriums vom 11.06.2001 (a.a.O.) behoben. Bezogen auf das vorliegende Verfahren war der entsprechende Rechtsirrtum bei der zuständigen Behörde spätestens im November 2003 entfallen. Denn das Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung hat im Rahmen des Remonstrationsverfahrens, das der streitgegenständlichen Rücknahme vorangegangen war, mit Schreiben vom 28.11.2003 gegenüber dem Finanzamt Stuttgart III ausdrücklich angegeben, ihm sei aufgrund der Bescheinigungsrichtlinie bewusst geworden, dass die Begünstigung nach § 7h EStG eine konkrete vertragliche Vereinbarung zwischen Eigentümer und Gemeinde voraussetze. Damit hat die zuständige Behörde zu erkennen gegeben, dass sie nunmehr von der Rechtswidrigkeit ihrer früheren Verwaltungspraxis ausgeht. Zwar hat das Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung in diesem Schreiben weiter ausgeführt, dass es sich - gleichwohl - außerstande sehe, die dem Kläger erteilte Bescheinigung zurückzunehmen, weil bis zum Erlass der Bescheinigungsrichtlinie keine konkreten vertraglichen Vereinbarungen zwischen Eigentümer und Stadt abgeschlossen worden seien und diese - auch bei anderen Gemeinden übliche - Vorgehensweise von der Finanzbehörde bis dahin akzeptiert worden sei. Diese Aussage relativiert jedoch nicht die zuvor geäußerte Feststellung zur Rechtswidrigkeit der früheren Verwaltungspraxis in Bezug auf die dem Kläger erteilte Bescheinigung. Denn mit der Bescheinigungsrichtlinie hinsichtlich der Frage der Notwendigkeit konkreter vertraglicher Modernisierungspflichten sind nicht etwa Konsequenzen aus einer Rechtsänderung gezogen worden. Vielmehr ist der steuerrechtliche Begünstigungstatbestand hinsichtlich der umfassenden Verweisung auf § 177 BauGB seit Erteilung der Bescheinigung im November 1997 unverändert geblieben. Damit war für die Beklagte klar, dass auch die Praxis vor Erlass der Bescheinigungsrichtlinie rechtswidrig gewesen war. Ihre Annahme, die dem Kläger erteilte Bescheinigung trotz erkannter Rechtswidrigkeit nicht zurücknehmen zu können, bezieht sich daher auf das Fehlen weiterer Rücknahmevoraussetzungen. Offenbar war sie der Auffassung, dass ein Vertrauenstatbestand vorliege, hinter dem das öffentliche Interesse an der Rücknahme zurücktreten müsse; an dieser Rechtsauffassung hat sie dann in der Folgezeit festgehalten, bis sie vom Regierungspräsidium mit Schreiben vom 18.08.2004 zur Rücknahme der dem Kläger erteilten Bescheinigung angewiesen wurde. Wie ausgeführt, kommt es daher für den Beginn der Rücknahmefrist nicht darauf an, ob die zuständige Behörde hinsichtlich solcher weiterer Rücknahmevoraussetzungen einem Rechtsirrtum unterlegen ist oder nicht.
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Im vorliegenden Fall begann nach alledem die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 LVwVfG Ende November 2003 zu laufen, als das Amt für Stadtplanung bezogen auf das konkrete Verfahren (spätestens) Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Bescheinigung erlangt und zugleich angenommen hat, die weiteren Rücknahmevoraussetzungen lägen nicht vor. Dies hat zur Folge, dass die „Entscheidungsfrist“ des § 48 Abs. 4 LVwVfG bei Erlass des Rücknahmebescheids am 15. März 2005 bereits abgelaufen war. Zwar trifft die von der Beklagten zunächst vertretene Auffassung, die vor Erlass der Bescheinigungsrichtlinie rechtswidrig erteilten Bescheinigungen könnten mit Blick auf die damalige, von der Finanzverwaltung akzeptierte Praxis generell nicht zurückgenommen werden, nicht zu; vielmehr war dies von einer einzelfallbezogenen Würdigung insbesondere unter Vertrauensschutzgesichtspunkten abhängig. Auch spricht viel dafür, dass bei zutreffender Anwendung der Rücknahmevoraussetzungen der Sachverhalt im Zeitpunkt der Kenntnis der Rechtswidrigkeit der Bescheinigung noch nicht hinreichend geklärt war. Insbesondere war der zuständigen Behörde damals noch nicht bekannt, ob der Kläger die ihm bereits gewährten Steuervergünstigungen im Sinne des § 48 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG verbraucht hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.04.1997 - 3 C 3.95 -, BVerwGE 104, 289 zur Anwendbarkeit des § 48 Abs. 2 VwVfG auf Verwaltungsakte, die Grundlage für eine bezifferbare Steuerverschonung sind; vgl. BVerwG, Urteil vom 28.01.1993 - 2 C 15.91 -, DVBl. 1993, 947 zum Leistungsverbrauch). Ein solcher Klärungsbedarf hindert jedoch den Fristbeginn hier nicht. Denn mit Blick auf den Zweck der Ausschlussfrist des § 48 Abs. 4 LVwVfG als „Entscheidungsfrist“ kommt es allein darauf an, ob a u s S i c h t d e r B e h ö r d e Entscheidungsreife gegeben ist. Hat diese - wie hier - zu erkennen gegeben, dass sie eine Rücknahme des rechtswidrigen Verwaltungsakts von vornherein - ohne Klärung konkreter Vertrauensschutzaspekte - für unzulässig hält, beginnt die Jahresfrist auch dann zu laufen, wenn diese Rechtsauffassung unzutreffend ist und eine Rücknahme bei hinreichender Aufklärung des Sachverhalts in Betracht kommt. Denn ein auf die weiteren Rücknahmevoraussetzungen bezogener Rechtsirrtum hat - wie oben dargelegt - keine fristhemmende Wirkung. Käme es für die Frage der Entscheidungsreife nicht auf die Rechtsauffassung der Rücknahmebehörde, sondern auf die zutreffende Anwendung der Rücknahmevoraussetzungen an, wäre es von den Rechtskenntnissen der Behörde abhängig, ob und wann sie die zur Herbeiführung der Entscheidungsreife notwendige Sachaufklärung vornimmt. Die zur Verfügung stehende Rücknahmefrist wäre also um so länger bemessen, je geringer die Rechtskenntnisse der jeweiligen Behörde sind. Dies wäre aber mit dem Zweck der Jahresfrist, Rechtssicherheit und Rechtsklarheit im Hinblick auf den Bestand von Verwaltungsakten zu gewährleisten, nicht zu vereinbaren. Im Übrigen läge auch treuwidriges Verhalten vor, wenn sich eine Rücknahmebehörde, die zu erkennen gegeben hatte, dass aus ihrer Sicht Entscheidungsreife vorlag, später hinsichtlich des Fristablaufs auf die Notwendigkeit weiterer Sachaufklärung beriefe. Somit beginnt die Jahresfrist zu laufen, wenn der Behörde alle Tatsachen bekannt sind, die nach ihrer Rechtsauffassung für die Entscheidung über eine Rücknahme des - als rechtswidrig erkannten - Verwaltungsakts erheblich sind. Wie ausgeführt, bestand hier für die Beklagte im Zeitpunkt der Kenntnis der Rechtswidrigkeit der Bescheinigung kein Anlass für weitere Sachaufklärung, weil sie deren Rücknahme unabhängig von den konkreten Einzelfallumständen für unzulässig hielt, so dass die Jahresfrist (spätestens) im November 2003 zu laufen begann.
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Die Beklagte ist schließlich auch in der Folgezeit bis zum Ablauf der Jahresfrist davon ausgegangen, dass sie ohne weitere Sachverhaltsaufklärung über die Frage einer Rücknahme der Bescheinigung entscheiden könne. Das Schreiben des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 18.08.2004, mit dem sie zur Rücknahme der dem Kläger erteilten Bescheinigung angewiesen wurde, hat daran nichts geändert. Denn diese Weisung wurde nicht von einer Würdigung der Einzelfallumstände abhängig gemacht, sondern galt unbedingt. Dementsprechend finden sich im Rücknahmebescheid und im Widerspruchsbescheid der Beklagten auch keine auf die konkreten Umstände bezogenen Ermessenserwägungen. Die Anhörung des Klägers mit Schreiben vom 07.09.2004 im Anschluss an die Weisung des Regierungspräsidiums stellt sich vor diesem Hintergrund lediglich als formelle Wahrung des rechtlichen Gehörs dar und war nicht auf weitere Sachaufklärung gerichtet.
30 
Unabhängig davon ist die Rücknahme der Bescheinigung auch wegen fehlender Ermessenserwägungen rechtswidrig. Im Rücknahmebescheid der Beklagten vom 15.03.2005 und in deren Widerspruchsbescheid vom 13.07.2005 wird zwar ausgeführt, dass das Interesse des Klägers an der Aufrechterhaltung der Bescheinigung gegenüber dem Interesse am rechtmäßigen Verwaltungshandeln zurücktreten müsse. Als Begründung wird jedoch lediglich angegeben, dass es kein „milderes Mittel“ gebe, um den rechtswidrigen Bescheid und damit die Bindung des Finanzamts an die Bescheinigung des Vorliegens der Voraussetzungen für die steuerliche Begünstigung zu beseitigen. Für die Rücknahmeentscheidung war demnach allein ausschlaggebend, dass die Bindung der Finanzverwaltung an die Bescheinigung als Grundlagenbescheid für die steuerliche Begünstigung nicht auf andere Weise aufgehoben werden kann; auf eine konkrete Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse am rechtmäßigen Verwaltungshandeln und dem privaten Interesse des Klägers an der Aufrechterhaltung der steuerlichen Begünstigung kam es der Beklagten erkennbar nicht an.
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Dieser „Nichtgebrauch“ des Ermessens ist mit § 48 LVwVfG nicht vereinbar. Gemäß § 48 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG ist die Vorschrift auch auf solche Verwaltungsakte anzuwenden, die - wie hier die Bescheinigung nach § 7h EStG -Voraussetzung für die Gewährung von Geldleistungen sind. Das Rücknahmeermessen ist demnach nicht erst von der Finanzverwaltung im Rahmen der Entscheidung darüber auszuüben, ob bereits gewährte steuerliche Vergünstigungen zurückgefordert werden sollen. Davon abgesehen stellt die Bescheinigung auch die Grundlage für die Bewilligung noch nicht gewährter steuerlicher Vergünstigungen dar. Hier bestand auch Anlass, den konkreten Sachverhalt im Rahmen der Ermessensausübung zu würdigen. Das gilt einmal mit Blick auf das öffentliche Interesse an der Beseitigung zu Unrecht erlangter Steuerbegünstigungen. Dessen Gewicht hängt u.a. wesentlich davon ab, ob bei Kenntnis der zutreffenden Auslegung des § 7h Abs. 1 Satz 1 EStG eine verpflichtende Modernisierungsvereinbarung über die abgesprochenen und tatsächlich auch ausgeführten baulichen Maßnahmen getroffen worden wäre. In diesem Fall wären die vom Kläger vorgenommenen Modernisierungsmaßnahmen der Sache nach steuerlich förderungswürdig gewesen, was den fehlenden Vertragsschluss im Nachhinein als eher formalen Mangel erscheinen ließe und das Gewicht des fiskalischen Interesses minderte. Ferner hat der Kläger angegeben, dass er die Modernisierungsmaßnahme nur deshalb durchgeführt habe, weil Mitarbeiter der Beklagten ihm die Erteilung der Bescheinigung nach § 7h EStG mündlich zugesichert hätten. Dieser Umstand kann zwar nicht mit den in § 48 Abs. 2 LVwVfG genannten Vertrauenstatbeständen gleichgesetzt werden, welche eine Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte ausschließen; für die ermessensgerechte Berücksichtigung des Vertrauensschutzes ist er aber durchaus von Belang. Schließlich war nicht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu klären, ob die eben genannten ermessensrelevanten Umstände vorliegen. Denn die Beklagte hat diesbezüglich überhaupt keine Ermessenserwägungen angestellt. Das Gericht kann jedoch eine unterbliebene Ermessensausübung nicht anstelle der Behörde nachholen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14.08.1989 - 4 NB 24.88 -, DVBl. 1989, 1105 m.w.N.).
32 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
33 
Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
34 
Beschluss
vom 03. April 2007
35 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 50.000,-- EUR festgesetzt.
36 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
22 
Die Berufung ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hätte den Bescheid der Beklagten vom 15.03.2005 über die Rücknahme der dem Kläger nach § 7h Abs. 2 Satz 1 EStG erteilten Bescheinigung und deren Widerspruchsbescheid vom 13.07.2005 aufheben müssen, weil sie rechtswidrig sind und den Kläger in seinen Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
23 
Allerdings teilt der Senat die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die § 7h-Bescheinigung vom 13.11.1997 rechtswidrig ist. Denn sie bestätigt zu Unrecht - mit Bindungswirkung gegenüber dem Finanzamt -, dass die vom Kläger an seinem Gebäude ... ... durchgeführten Modernisierungsmaßnahmen die Voraussetzungen des § 7h Abs. 1 Satz 1 EStG erfüllen. Nach dieser Vorschrift können bei Gebäuden in Sanierungsgebieten erhöhte Absetzungen von den Herstellungskosten für Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen im Sinne des § 177 BauGB vorgenommen werden. Entgegen der Auffassung des Klägers ist § 7h Abs. 1 Satz 1 EStG nicht einschränkend dahingehend auszulegen, dass die Voraussetzungen für die steuerliche Förderung bereits dann gegeben sind, wenn am Gebäude Mängel oder Missstände im Sinne des § 177 Abs. 2 und 3 BauGB vorlagen und diese behoben wurden. Denn § 7h Abs. 1 Satz 1 EStG verweist nach seinem Wortlaut auf die Vorschrift des § 177 BauGB im Ganzen und damit auch auf dessen Absatz 1, der die Gemeinden ermächtigt, die Modernisierung und Instandsetzung von Gebäuden in Sanierungsgebieten durch entsprechende Anordnungen durchzusetzen. Anstelle solcher Gebote schließen die Gemeinden in der Praxis meist städtebauliche Verträge nach § 11 BauGB mit den Eigentümern, in denen diese sich zur Durchführung näher bestimmter Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen verpflichten (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 8. Aufl., § 177 Rn. 21). Diese Vorgehensweise trägt dem Kooperationsgedanken Rechnung, von dem das Sanierungsrecht geprägt ist (vgl. § 175 Abs. 1 BauGB), und erfüllt daher ebenfalls die Voraussetzungen für eine steuerliche Förderung (vgl. Einkommenssteuerrichtlinien 2005, BStBl. I Sondernr. 1 R 7h (6); Gemeinsame Bekanntmachung des Wirtschaftsministeriums und des Finanzministeriums vom 11.06.2001 - Bescheinigungsrichtlinie - GABl. 2001, 793, TZ 3.1; vgl. auch BFH, Beschluss vom 06.12.2002 - 9 B 109/02 -, BFH/NV 2003, 469). Demgegenüber stellen freiwillige Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen auch dann keine Maßnahmen im Sinne des § 7h Abs. 1 Satz 1 EStG dar, wenn sie in Absprache mit der Gemeinde erfolgen und der Beseitigung von Mängeln und Missständen im Sinne von § 177 Abs. 2 und 3 BauGB dienen, sondern nur dann, wenn sie auf der Grundlage eines Gebots nach § 177 Abs. 1 BauGB oder einer vertraglichen Verpflichtung gegenüber der Gemeinde durchgeführt wurden. Der Senat schließt sich damit der bislang von der obergerichtlichen Rechtsprechung und Kommentarliteratur vertretenen Auffassung an (vgl. OVG Niedersachsen, Urteil vom 24.04.1997 - 6 L 2067/96 - und OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 08.06.2004 - 3 L 64/02 -, NVwZ 2005, 835; Blümich, EStG, Bd. 1, § 7h Rn. 23 f.; Kirchhof, EStG, 2001, § 7h RdNr. 3; Schmidt, EStG, 25. Aufl. § 7h Rn. 3).
24 
Für diese Auffassung spricht neben der uneingeschränkten Verweisung auf § 177 BauGB in § 7h Abs. 1 Satz 1 EStG auch Satz 2 dieser Vorschrift, welcher die steuerliche Förderung auf denkmalbezogene Maßnahmen unter der Voraussetzung erstreckt, dass sich der Eigentümer hierzu gegenüber der Gemeinde verpflichtet hat. Eine entsprechende ausdrückliche Regelung ist hinsichtlich der sanierungsbezogenen Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen entbehrlich, weil deren verpflichtender Charakter bereits durch die umfassende Verweisung auf § 177 BauGB - und damit auch auf dessen Absatz 1 - in § 7h Abs. 1 Satz 1 EStG zur Voraussetzung für die steuerliche Begünstigung gemacht wird. Demgegenüber ermächtigt § 177 BauGB nicht zur Anordnung städtebaulicher Gebote hinsichtlich der in § 7h Abs. 1 Satz 2 EStG genannten denkmalbezogenen Maßnahmen. Dieser Auslegung kann auch nicht entgegen gehalten werden, dass sich freiwillige Modernisierungsmaßnahmen, die in Absprache mit der Gemeinde realisiert werden, nicht von den auf Grundlage vertraglicher Verpflichtungen durchzuführenden Maßnahmen unterscheiden, wie der Kläger meint. Abgesehen davon, dass die Gemeinden keine Möglichkeit haben, mündliche Absprachen über Modernisierungsmaßnahmen gegebenenfalls zwangsweise durchzusetzen, kann vom Eigentümer nur dann verlangt werden, sich vertraglich zur Durchführung im einzelnen bezeichneter Modernisierungsmaßnahmen in einem bestimmten Zeitraum (vgl. § 177 Abs. 1 Satz 3 BauGB) als Ersatz für eine ansonsten mögliche einseitige Anordnung von Geboten nach § 177 Abs. 1 BauGB (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, a.a.O., § 177 Rn. 34) zu verpflichten, wenn gemäß § 175 Abs. 2 BauGB die alsbaldige Durchführung der Maßnahmen aus städtebaulichen Gründen erforderlich ist. Mit der Anknüpfung der steuerlichen Begünstigung an Modernisierungsmaßnahmen verpflichtenden Charakters wird daher zugleich erreicht, dass diese auf Maßnahmen mit städtebaulicher Dringlichkeit beschränkt wird. Hier hat der Kläger die Modernisierungsmaßnahmen nicht aufgrund einer vertraglichen Verpflichtung gegenüber der Beklagten, sondern freiwillig durchgeführt. Daran ändert nichts, dass er sie unter Beachtung mündlicher Absprachen mit Mitarbeitern der Beklagten gemäß der ihm erteilten Baugenehmigung und der darin enthaltenen sanierungsrechtlichen Auflagen realisiert hat. Denn hierzu war der Kläger nicht verpflichtet. Somit ist die ihm erteilte Bescheinigung rechtswidrig.
25 
Die Rücknahme der Bescheinigung mit Bescheid vom 15.03.2005 erfolgte jedoch nicht innerhalb der Rücknahmefrist nach § 48 Abs. 4 LVwVfG und ist daher ihrerseits rechtswidrig.
26 
Nach dieser Vorschrift ist die Rücknahme ab dem Zeitpunkt, in dem die Behörde von Tatsachen Kenntnis erhält, welche die Rücknahme des rechtswidrigen Verwaltungsakts rechtfertigen, nur innerhalb eines Jahres zulässig. Die Jahresfrist beginnt, sobald die Rücknahmebehörde die Rechtswidrigkeit des erlassenen Verwaltungsakts erkannt hat und ihr die für die Rücknahmeentscheidung außerdem erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind. Dazu gehören die Umstände, deren Kenntnis es der Behörde objektiv ermöglicht, ohne weitere Sachaufklärung unter sachgerechter Ausübung ihres Ermessens über die Rücknahme zu entscheiden. Denn § 48 Abs. 4 LVwVfG ist nicht im Sinne einer „Bearbeitungsfrist“ zu verstehen, die mit der Kenntnis der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes zu laufen beginnt und der Behörde ein Jahr Zeit lässt, um hinsichtlich des Vorliegens der weiteren Rücknahmevoraussetzungen Entscheidungsreife herbeizuführen. Eine solche „Bearbeitungsfrist“ wäre nicht sachgerecht, weil es nicht allein vom Willen der Behörde abhängt, ob die Sache in diesem Zeitraum tatsächlich entscheidungsreif gemacht werden kann; vielmehr kann sich die Aufklärung der entscheidungserheblichen Tatsachen aus den unterschiedlichsten Gründen verzögern (zum Beispiel Zeugenvernehmung oder Einholung von Sachverständigengutachten). Nach Sinn und Zweck der Regelung handelt es sich daher um eine „Entscheidungsfrist“, die grundsätzlich mit dem Zeitpunkt des Eintritts der Entscheidungsreife zu laufen beginnt (grundlegend BVerwG Großer Senat, Beschl. vom 19.12.1984 - GrSen 1.84, GrSen 2.84 -, BVerwGE 70, 356; vgl. auch Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 48 Rn. 219 ff.). Hingegen vermag ein auf die weiteren Rücknahmevoraussetzungen bezogener Rechtsirrtum der Behörde - anders als ein Rechtsirrtum in Bezug auf die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts - den Fristbeginn nicht zu hindern. Denn andernfalls wäre die Entscheidungsreife abhängig von der rechtlichen Erkenntnisfähigkeit der handelnden Behörde; je geringer diese ausgeprägt ist, desto großzügiger wäre die zur Verfügung stehende Rücknahmefrist. Eine solche Auslegung wäre nicht vereinbar mit dem Zweck der Jahresfrist, Rechtssicherheit hinsichtlich des Bestandes von Verwaltungsakten herbeizuführen. Sie würde ferner die in § 48 Abs. 4 LVwVfG normierte Beschränkung der Kenntnis auf „Tatsachen“ „ins Leere laufen“ lassen (vgl. BVerwG, Urt. vom 05.08.1996 - 5 C 6.95 -, NWVBl. 1997, 293 unter Hinweis darauf, dass ein Rechtsirrtum über die Erforderlichkeit von Ermessenserwägungen den Beginn der Jahresfrist nicht hinausschiebt mit der Folge, dass ein Rücknahmebescheid, welcher einen fristgerecht erlassenen ersten Rücknahmebescheid ersetzt, verfristet sein kann; vgl. auch BVerwG, Urt. vom 19.12.1995 - 5 C 10.94 -, BVerwGE 100, 199; ebenso mit eingehender Begründung BSG, Urt. vom 27.07.1989 - 11/7 RAr 115/87 -, BSGE 65, 221 und Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 46 Rn. 141). Ausgehend davon wurde die dem Kläger erteilte Bescheinigung nach § 7h EStG erst nach Ablauf der Ausschlussfrist des § 48 Abs. 4 LVwVfG zurückgenommen.
27 
Der Irrtum der Beklagten über die Rechtmäßigkeit ihrer Praxis, Bescheinigungen nach § 7h EStG auch bei freiwilligen Modernisierungsmaßnahmen ohne konkrete vertragliche Verpflichtungen auszustellen, war nach eigenem Bekunden mit Bekanntmachung der verbindlichen Vorgaben zur Auslegung und Anwendung unter anderem des § 7h EStG in der Bescheinigungsrichtlinie des Wirtschafts- und Finanzministeriums vom 11.06.2001 (a.a.O.) behoben. Bezogen auf das vorliegende Verfahren war der entsprechende Rechtsirrtum bei der zuständigen Behörde spätestens im November 2003 entfallen. Denn das Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung hat im Rahmen des Remonstrationsverfahrens, das der streitgegenständlichen Rücknahme vorangegangen war, mit Schreiben vom 28.11.2003 gegenüber dem Finanzamt Stuttgart III ausdrücklich angegeben, ihm sei aufgrund der Bescheinigungsrichtlinie bewusst geworden, dass die Begünstigung nach § 7h EStG eine konkrete vertragliche Vereinbarung zwischen Eigentümer und Gemeinde voraussetze. Damit hat die zuständige Behörde zu erkennen gegeben, dass sie nunmehr von der Rechtswidrigkeit ihrer früheren Verwaltungspraxis ausgeht. Zwar hat das Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung in diesem Schreiben weiter ausgeführt, dass es sich - gleichwohl - außerstande sehe, die dem Kläger erteilte Bescheinigung zurückzunehmen, weil bis zum Erlass der Bescheinigungsrichtlinie keine konkreten vertraglichen Vereinbarungen zwischen Eigentümer und Stadt abgeschlossen worden seien und diese - auch bei anderen Gemeinden übliche - Vorgehensweise von der Finanzbehörde bis dahin akzeptiert worden sei. Diese Aussage relativiert jedoch nicht die zuvor geäußerte Feststellung zur Rechtswidrigkeit der früheren Verwaltungspraxis in Bezug auf die dem Kläger erteilte Bescheinigung. Denn mit der Bescheinigungsrichtlinie hinsichtlich der Frage der Notwendigkeit konkreter vertraglicher Modernisierungspflichten sind nicht etwa Konsequenzen aus einer Rechtsänderung gezogen worden. Vielmehr ist der steuerrechtliche Begünstigungstatbestand hinsichtlich der umfassenden Verweisung auf § 177 BauGB seit Erteilung der Bescheinigung im November 1997 unverändert geblieben. Damit war für die Beklagte klar, dass auch die Praxis vor Erlass der Bescheinigungsrichtlinie rechtswidrig gewesen war. Ihre Annahme, die dem Kläger erteilte Bescheinigung trotz erkannter Rechtswidrigkeit nicht zurücknehmen zu können, bezieht sich daher auf das Fehlen weiterer Rücknahmevoraussetzungen. Offenbar war sie der Auffassung, dass ein Vertrauenstatbestand vorliege, hinter dem das öffentliche Interesse an der Rücknahme zurücktreten müsse; an dieser Rechtsauffassung hat sie dann in der Folgezeit festgehalten, bis sie vom Regierungspräsidium mit Schreiben vom 18.08.2004 zur Rücknahme der dem Kläger erteilten Bescheinigung angewiesen wurde. Wie ausgeführt, kommt es daher für den Beginn der Rücknahmefrist nicht darauf an, ob die zuständige Behörde hinsichtlich solcher weiterer Rücknahmevoraussetzungen einem Rechtsirrtum unterlegen ist oder nicht.
28 
Im vorliegenden Fall begann nach alledem die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 LVwVfG Ende November 2003 zu laufen, als das Amt für Stadtplanung bezogen auf das konkrete Verfahren (spätestens) Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Bescheinigung erlangt und zugleich angenommen hat, die weiteren Rücknahmevoraussetzungen lägen nicht vor. Dies hat zur Folge, dass die „Entscheidungsfrist“ des § 48 Abs. 4 LVwVfG bei Erlass des Rücknahmebescheids am 15. März 2005 bereits abgelaufen war. Zwar trifft die von der Beklagten zunächst vertretene Auffassung, die vor Erlass der Bescheinigungsrichtlinie rechtswidrig erteilten Bescheinigungen könnten mit Blick auf die damalige, von der Finanzverwaltung akzeptierte Praxis generell nicht zurückgenommen werden, nicht zu; vielmehr war dies von einer einzelfallbezogenen Würdigung insbesondere unter Vertrauensschutzgesichtspunkten abhängig. Auch spricht viel dafür, dass bei zutreffender Anwendung der Rücknahmevoraussetzungen der Sachverhalt im Zeitpunkt der Kenntnis der Rechtswidrigkeit der Bescheinigung noch nicht hinreichend geklärt war. Insbesondere war der zuständigen Behörde damals noch nicht bekannt, ob der Kläger die ihm bereits gewährten Steuervergünstigungen im Sinne des § 48 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG verbraucht hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.04.1997 - 3 C 3.95 -, BVerwGE 104, 289 zur Anwendbarkeit des § 48 Abs. 2 VwVfG auf Verwaltungsakte, die Grundlage für eine bezifferbare Steuerverschonung sind; vgl. BVerwG, Urteil vom 28.01.1993 - 2 C 15.91 -, DVBl. 1993, 947 zum Leistungsverbrauch). Ein solcher Klärungsbedarf hindert jedoch den Fristbeginn hier nicht. Denn mit Blick auf den Zweck der Ausschlussfrist des § 48 Abs. 4 LVwVfG als „Entscheidungsfrist“ kommt es allein darauf an, ob a u s S i c h t d e r B e h ö r d e Entscheidungsreife gegeben ist. Hat diese - wie hier - zu erkennen gegeben, dass sie eine Rücknahme des rechtswidrigen Verwaltungsakts von vornherein - ohne Klärung konkreter Vertrauensschutzaspekte - für unzulässig hält, beginnt die Jahresfrist auch dann zu laufen, wenn diese Rechtsauffassung unzutreffend ist und eine Rücknahme bei hinreichender Aufklärung des Sachverhalts in Betracht kommt. Denn ein auf die weiteren Rücknahmevoraussetzungen bezogener Rechtsirrtum hat - wie oben dargelegt - keine fristhemmende Wirkung. Käme es für die Frage der Entscheidungsreife nicht auf die Rechtsauffassung der Rücknahmebehörde, sondern auf die zutreffende Anwendung der Rücknahmevoraussetzungen an, wäre es von den Rechtskenntnissen der Behörde abhängig, ob und wann sie die zur Herbeiführung der Entscheidungsreife notwendige Sachaufklärung vornimmt. Die zur Verfügung stehende Rücknahmefrist wäre also um so länger bemessen, je geringer die Rechtskenntnisse der jeweiligen Behörde sind. Dies wäre aber mit dem Zweck der Jahresfrist, Rechtssicherheit und Rechtsklarheit im Hinblick auf den Bestand von Verwaltungsakten zu gewährleisten, nicht zu vereinbaren. Im Übrigen läge auch treuwidriges Verhalten vor, wenn sich eine Rücknahmebehörde, die zu erkennen gegeben hatte, dass aus ihrer Sicht Entscheidungsreife vorlag, später hinsichtlich des Fristablaufs auf die Notwendigkeit weiterer Sachaufklärung beriefe. Somit beginnt die Jahresfrist zu laufen, wenn der Behörde alle Tatsachen bekannt sind, die nach ihrer Rechtsauffassung für die Entscheidung über eine Rücknahme des - als rechtswidrig erkannten - Verwaltungsakts erheblich sind. Wie ausgeführt, bestand hier für die Beklagte im Zeitpunkt der Kenntnis der Rechtswidrigkeit der Bescheinigung kein Anlass für weitere Sachaufklärung, weil sie deren Rücknahme unabhängig von den konkreten Einzelfallumständen für unzulässig hielt, so dass die Jahresfrist (spätestens) im November 2003 zu laufen begann.
29 
Die Beklagte ist schließlich auch in der Folgezeit bis zum Ablauf der Jahresfrist davon ausgegangen, dass sie ohne weitere Sachverhaltsaufklärung über die Frage einer Rücknahme der Bescheinigung entscheiden könne. Das Schreiben des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 18.08.2004, mit dem sie zur Rücknahme der dem Kläger erteilten Bescheinigung angewiesen wurde, hat daran nichts geändert. Denn diese Weisung wurde nicht von einer Würdigung der Einzelfallumstände abhängig gemacht, sondern galt unbedingt. Dementsprechend finden sich im Rücknahmebescheid und im Widerspruchsbescheid der Beklagten auch keine auf die konkreten Umstände bezogenen Ermessenserwägungen. Die Anhörung des Klägers mit Schreiben vom 07.09.2004 im Anschluss an die Weisung des Regierungspräsidiums stellt sich vor diesem Hintergrund lediglich als formelle Wahrung des rechtlichen Gehörs dar und war nicht auf weitere Sachaufklärung gerichtet.
30 
Unabhängig davon ist die Rücknahme der Bescheinigung auch wegen fehlender Ermessenserwägungen rechtswidrig. Im Rücknahmebescheid der Beklagten vom 15.03.2005 und in deren Widerspruchsbescheid vom 13.07.2005 wird zwar ausgeführt, dass das Interesse des Klägers an der Aufrechterhaltung der Bescheinigung gegenüber dem Interesse am rechtmäßigen Verwaltungshandeln zurücktreten müsse. Als Begründung wird jedoch lediglich angegeben, dass es kein „milderes Mittel“ gebe, um den rechtswidrigen Bescheid und damit die Bindung des Finanzamts an die Bescheinigung des Vorliegens der Voraussetzungen für die steuerliche Begünstigung zu beseitigen. Für die Rücknahmeentscheidung war demnach allein ausschlaggebend, dass die Bindung der Finanzverwaltung an die Bescheinigung als Grundlagenbescheid für die steuerliche Begünstigung nicht auf andere Weise aufgehoben werden kann; auf eine konkrete Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse am rechtmäßigen Verwaltungshandeln und dem privaten Interesse des Klägers an der Aufrechterhaltung der steuerlichen Begünstigung kam es der Beklagten erkennbar nicht an.
31 
Dieser „Nichtgebrauch“ des Ermessens ist mit § 48 LVwVfG nicht vereinbar. Gemäß § 48 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG ist die Vorschrift auch auf solche Verwaltungsakte anzuwenden, die - wie hier die Bescheinigung nach § 7h EStG -Voraussetzung für die Gewährung von Geldleistungen sind. Das Rücknahmeermessen ist demnach nicht erst von der Finanzverwaltung im Rahmen der Entscheidung darüber auszuüben, ob bereits gewährte steuerliche Vergünstigungen zurückgefordert werden sollen. Davon abgesehen stellt die Bescheinigung auch die Grundlage für die Bewilligung noch nicht gewährter steuerlicher Vergünstigungen dar. Hier bestand auch Anlass, den konkreten Sachverhalt im Rahmen der Ermessensausübung zu würdigen. Das gilt einmal mit Blick auf das öffentliche Interesse an der Beseitigung zu Unrecht erlangter Steuerbegünstigungen. Dessen Gewicht hängt u.a. wesentlich davon ab, ob bei Kenntnis der zutreffenden Auslegung des § 7h Abs. 1 Satz 1 EStG eine verpflichtende Modernisierungsvereinbarung über die abgesprochenen und tatsächlich auch ausgeführten baulichen Maßnahmen getroffen worden wäre. In diesem Fall wären die vom Kläger vorgenommenen Modernisierungsmaßnahmen der Sache nach steuerlich förderungswürdig gewesen, was den fehlenden Vertragsschluss im Nachhinein als eher formalen Mangel erscheinen ließe und das Gewicht des fiskalischen Interesses minderte. Ferner hat der Kläger angegeben, dass er die Modernisierungsmaßnahme nur deshalb durchgeführt habe, weil Mitarbeiter der Beklagten ihm die Erteilung der Bescheinigung nach § 7h EStG mündlich zugesichert hätten. Dieser Umstand kann zwar nicht mit den in § 48 Abs. 2 LVwVfG genannten Vertrauenstatbeständen gleichgesetzt werden, welche eine Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte ausschließen; für die ermessensgerechte Berücksichtigung des Vertrauensschutzes ist er aber durchaus von Belang. Schließlich war nicht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu klären, ob die eben genannten ermessensrelevanten Umstände vorliegen. Denn die Beklagte hat diesbezüglich überhaupt keine Ermessenserwägungen angestellt. Das Gericht kann jedoch eine unterbliebene Ermessensausübung nicht anstelle der Behörde nachholen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14.08.1989 - 4 NB 24.88 -, DVBl. 1989, 1105 m.w.N.).
32 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
33 
Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
34 
Beschluss
vom 03. April 2007
35 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 50.000,-- EUR festgesetzt.
36 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 16. Juni 2010 - 1 K 2586/08 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen die Rücknahme einer Baugenehmigung.
Die Klägerin ist seit 2002 Eigentümerin des im Außenbereich gelegenen Grundstücks Flst.Nr. xxx auf dem Gebiet der Gemeinde Neulußheim. Das Grundstück wurde aus den früheren Grundstücken Flst.Nr. xxx bis xxx gebildet, auf denen sich ursprünglich ein Sägewerk mit Nebengebäude und Holzlagerplatz befand. Die Grundstücke wurden Anfang der siebziger Jahre von der Fa. xxx xxx GmbH erworben, die auf ihnen einen Baustoffhandel betrieb. Für die Errichtung eines Baustofflagers erteilte die Beklagte der Fa. xxx xxx Baugesellschaft mbH & Co. KG am 10.12.1985 nachträglich eine Baugenehmigung.
Die Fa. xxx beantragte am 5.1.1990 die Erteilung einer Baugenehmigung für den Neubau eines Baustoffzentrums mit Freilagerfläche auf den Grundstücken. Die eingereichten Pläne sahen in ihrer ursprünglichen Form den Abbruch der drei vorhandenen - 2.296,50 m2, 252 m2 bzw. 290,15 m2 großen - Gebäude, die Errichtung einer neuen, (32,45 m x 150,45 m =) 4.882,10 m2 großen Halle sowie die Anlegung eines ausgedehnten Freilagers mit einer Fläche von insgesamt 24.231 m2 vor.
In der Folgezeit fanden wegen dieses Bauvorhabens mehrere Besprechungen zwischen der Beklagten, der Gemeinde Neulußheim und dem damaligen Regionalverband Unterer Neckar statt. Der Regionalverband teilte zunächst mit, dass er keine Einwendungen gegen eine gewerbliche Nutzung an diesem Standort vorzubringen habe. In der Folgezeit vertrat er aber die Meinung, dass sich der geplante Neubau am bisherigen Bestand orientieren müsse und eine Erweiterung nur in geringem Umfange stattfinden dürfe. Erforderlich seien ferner umfangreiche grünordnerische Maßnahmen.
Die Fa. xxx reichte in der Folgezeit mehrfach geänderte Bauvorlagen ein, zuletzt solche, nach denen die neue Halle eine Größe von nur noch (32,45 m x 113,60 m =) 3.692 m2 erreichen soll. Die Pläne sehen ferner eine Eingrünung der insgesamt 24.231 m2 großen Freiflächen vor, die nach den Plänen als Lagerflächen genutzt werden sollen. Auf der Grundlage dieser Pläne erteilte die Beklagte am 10.11.1995 die beantragte Baugenehmigung. Die Genehmigung enthält unter “IV. Besondere Bedingungen und Auflagen“ folgende Bestimmung: „(Der) Abriss der bestehenden Gebäude und der Neubau entsprechen hinsichtlich der Gewerbefläche einer zulässigen baulichen Erweiterung gemäß § 35 Abs. 4 Nr. 6 BauGB, womit sich unter Beachtung der grünordnerischen Vollzugsmaßnahmen die Zulässigkeit des Bauvorhabens im Außenbereich ergibt. Der Begrünungsplan ist als Bestandteil der Baugenehmigung bis zur Schlussabnahme zu vollziehen.“
Die Geltungsdauer der Baugenehmigung wurde von der Beklagten in der Folgezeit dreimal verlängert. Die letzte Verlängerung erfolgte auf Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 21.12.2004 bis zum 9.11.2007. Mit Schreiben vom 16.8.2007 kündigte die Klägerin an, dass mit den Bauarbeiten nunmehr begonnen werde. Mit Schreiben vom 12.10.2007 teilte sie der Beklagten mit, dass die „Grabarbeiten der Fundamente für die Außenwände eines Teils der genehmigten Halle“ inzwischen durchgeführt worden seien.
Im Zusammenhang mit der von der Beklagten gewünschten Ansiedelung eines Baumarkts innerhalb des Gewerbegebiets „Mörscher Weg“ in Hockenheim-Talhaus erörterte sie am 22.10.2007 zusammen mit dem Regierungspräsidium Karlsruhe die Möglichkeit eines Zielabweichungsverfahrens nach § 24 LplG im Hinblick auf den diesem Vorhaben entgegen stehenden Teilregionalplan „Einzelhandel“ für die Region Rhein-Neckar-Odenwald. Bei einer weiteren Besprechung am 30.10.2007 mit Vertretern des Verbands Region Rhein-Neckar vertraten diese die Meinung, dass in dem für das Zielabweichungsverfahren beizubringenden Marktgutachten hinsichtlich der Auswirkungen des geplanten Baumarkts auf die benachbarten Mittelzentren auch die Flächen des der Rechtsvorgängerin der Klägerin genehmigten Baustoffzentrums berücksichtigt werden müssten. In diesem Zusammenhang wurde die Frage der Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung und der Möglichkeit einer Rücknahme aufgeworfen, da sich das Baustoffzentrum im Außenbereich befinde und eine bauliche Erweiterung um rund 30 % nicht aus dem Bestandsschutz herzuleiten sei. Nach einem weiteren Gespräch, das am 6.11.2007 beim Regierungspräsidium Karlsruhe stattfand, beauftragte die Beklagte ihren Prozessbevollmächtigten mit der Erstellung eines Gutachtens zu diesen Fragen, das der Beklagten mit Schreiben vom 13.12.2007 übersandt wurde.
Mit Bescheid vom 3.1.2008 nahm die Beklagte die Baugenehmigung vom 10.11.1995 ohne vorherige Anhörung der Klägerin zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Genehmigung sei wegen eines Verstoßes gegen § 35 Abs. 2 BauGB rechtswidrig, da das Vorhaben den Darstellungen des Flächennutzungsplans widersprochen habe und die Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lasse. Das raumbedeutsame Vorhaben habe ferner den Zielen der Raumordnung widersprochen, da großflächige Einzelhandelsbetriebe nach Ziff. 2.5 des Regionalplans Unterer Neckar in seiner seinerzeit geltenden Fassung aus raumordnerischen Gründen nur zulässig seien, wenn die Funktionsfähigkeit der zentralen Orte in ihren regionalen Aufgaben nicht beeinträchtigt werde. Der genehmigte großflächige Einzelhandelsbetrieb beeinträchtige die Funktion des Unterzentrums Hockenheim. Das Vorhaben liege außerdem außerhalb eines Siedlungskerns und sei städtebaulich nicht integriert. § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 BauGB sei nicht anwendbar, da Gegenstand der Baugenehmigung nicht die Erweiterung der bestehenden Gebäude gewesen sei, sondern der Neubau einer Halle mit einer Fläche von 3.686,32 m2 als Ersatz für die abzubrechenden alten Gebäude. Da mit der Baugenehmigung vom 10.11.1995 auch ein Freilager von über 24.000 m2 genehmigt worden sei, könne zudem nicht mehr von einer angemessenen Erweiterung gesprochen werden. Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 LVwVfG sei eingehalten, da die Stadt erst in der Besprechung ihrer Sachbearbeiter mit Vertretern des Regierungspräsidiums Karlsruhe am 6.11.2007 von der Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung vollständige Kenntnis erlangt habe. Im Rahmen der Ermessensentscheidung werde nicht verkannt, dass die Rücknahme der Baugenehmigung mit Nachteilen für die Klägerin verbunden sei. Die Beklagte habe jedoch erst im Jahre 2007 nach langer Untätigkeit mit einigen untergeordneten Baumaßnahmen begonnen, so dass ihre bisher getätigten Investitionen nur gering seien. Gegenüber den Interessen der Klägerin stünden der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und die negativen raumordnerischen Auswirkungen auf das Unterzentrum Hockenheim.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 14.1.2008 Widerspruch ein, zu dessen Begründung sie geltend machte, es werde nicht in Abrede gestellt, dass die Baugenehmigung vom 10.11.1995 zu Unrecht erteilt worden sei. Die Rücknahme sei jedoch deshalb rechtswidrig, weil die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 LVwVfG abgelaufen gewesen sei. Die Beklagte habe entgegen ihrer Darstellung nicht erst am 6.11.2007 vollständige Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung erlangt. Vielmehr sei ihr bereits im Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung deren Rechtswidrigkeit bekannt gewesen. Die Rücknahme verstoße ferner gegen den Vertrauensschutzgrundsatz. Sie habe das Grundstück im Hinblick auf die Baugenehmigung im Insolvenzverfahren zu einem Preis von 500.000 EUR erworben. Der bisherige Aufwand für die Erstellung des genehmigten Gebäudes betrage ca. 400.000 EUR. Zudem habe die Beklagte durch die dreimalige Verlängerung der Baugenehmigung ihre Befugnis zur Rücknahme verwirkt.
10 
Mit Bescheid vom 31.7.2008, zugestellt am 6.8.2008, wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte es aus, die Frist des § 48 Abs. 4 Satz 1 LVwVfG sei eingehalten. Nach Aktenlage und nach schlüssiger Darlegung der Beklagten habe die Baurechtsbehörde erst nach Rücksprache mit dem Regierungspräsidium am 6.11.2007 vollständige Kenntnis darüber erlangt, dass die Baugenehmigung rechtswidrig sei. Aus den vorliegenden Bauakten ergebe sich, dass zwischen den Jahren 1950 bis 1985 elf Baugenehmigungen erteilt worden seien, darunter die am 10.12.1985 erteilte Genehmigung für ein Baustofflager. Aufgrund dieser Entwicklung sei die Beklagte der Auffassung gewesen, dass der Neubau eines Baustoffzentrums am geplanten Standort vertretbar sei. Die Beklagte habe im Verfahren den ehemaligen Regionalverband Unterer Neckar beteiligt, der gegen die Verlängerung der Baugenehmigung keine Einwendungen erhoben habe. Erst in einem Gespräch am 30.10.2007 beim Verband Region Rhein-Neckar seien der Beklagten Zweifel über die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung aufgekommen. Bei dem nachfolgenden Gespräch im Regierungspräsidium sei deutlich gemacht worden, dass die Baugenehmigung nicht hätte erteilt werden dürfen. Entgegen der Auffassung der Klägerin habe die Baurechtsbehörde ihr Recht auf Rücknahme der Baugenehmigung nicht verwirkt. Durch die mehrmalige Verlängerung der Baugenehmigung sei kein besonderer Vertrauenstatbestand geschaffen worden. Auch die Ermessensausübung sei fehlerfrei. Es sei nicht zu beanstanden, dass die Beklagte dem öffentlichen Interesse an der Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände den Vorrang vor dem Vertrauen der Klägerin auf den Bestand der Baugenehmigung eingeräumt habe. Die von der Klägerin in schutzwürdigem Vertrauen getätigten Aufwendungen seien ihr im Rahmen des § 48 Abs. 3 LVwVfG auf Antrag zu ersetzen.
11 
Die Klägerin hat am 5.9.2008 beim Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage erhoben und zur Begründung geltend gemacht, der angegriffene Bescheid sei rechtswidrig, da die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 LVwVfG nicht eingehalten sei. Die Beklagte habe nicht erst nachträglich von der Rechtswidrigkeit der ihrer Rechtsvorgängerin erteilten Baugenehmigung Kenntnis erlangt. Die Baugenehmigung sei offensichtlich rechtswidrig, da es sich eindeutig nicht um eine Erweiterung im Sinne des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 BauGB, sondern um einen Neubau gehandelt habe. Die Kenntnis dieser Vorschrift gehöre zu den Grundvoraussetzungen für die Tätigkeit einer Baurechtsbehörde. Im Übrigen habe die Beklagte ihr Recht zur Rücknahme der Baugenehmigung verwirkt, da durch die dreimalige Verlängerung der Baugenehmigung ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden sei. Der angegriffene Bescheid leide auch an Ermessensfehlern, da der bestehende Betrieb mit einer Verkaufsfläche von ca. 2.300 m2 ohne die Möglichkeit einer Modernisierung nicht mehr konkurrenzfähig sei.
12 
Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt und erwidert: Die Jahresfrist des § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG sei eingehalten. Sie habe erst zu laufen begonnen, als ihre Mitarbeiter bei einer Besprechung mit Vertretern des Regierungspräsidiums Karlsruhe am 6.11.2007 darauf hingewiesen worden seien, dass die streitgegenständliche Baugenehmigung wegen Verstoßes gegen § 35 BauGB rechtswidrig sein könnte. Das Ermessen sei fehlerfrei ausgeübt worden. Das Recht zur Rücknahme sei auch nicht verwirkt.
13 
Das Verwaltungsgericht hat in der mündlichen Verhandlung den Leiter des Baurechtsamts der Beklagten als Zeugen vernommen. Mit Urteil vom 16.6.2010 hat es die Verfügung der Beklagten vom 3.1.2008 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 31.7.2008 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig. Die mit dem Bescheid zurückgenommene Baugenehmigung sei unter Verstoß gegen § 35 BauGB erteilt worden. Bei dem Vorhaben handele es sich um ein sonstiges Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB. Seine Ausführung beeinträchtige öffentliche Belange, weil es den Darstellungen des Flächennutzungsplanes widerspreche und die Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lasse. Auf die Privilegierung des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 BauGB habe sich die Rechtsvorgängerin der Klägerin nicht berufen können, da zum einen nicht eine bauliche Erweiterung eines bestehenden Betriebs, sondern ein Neubau zur Genehmigung gestellt worden sei und zum anderen es an der Angemessenheit der Erweiterung fehle. Das Vorhaben habe außerdem den Zielen der Raumordnung widersprochen. Die Frage der Privilegierung stelle sich hier nicht. Nach § 48 Abs. 4 Satz 1 LVwVfG sei aber die Rücknahme der Baugenehmigung nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt zulässig, zu dem die Behörde von Tatsachen Kenntnis erhalten habe, welche die Rücknahme rechtfertigten. Das Gericht habe trotz seiner Bemühungen, den Sachverhalt aufzuklären, nicht die Überzeugung gewinnen können, dass die Frist des § 48 Abs. 4 Satz 1 LVwVfG eingehalten sei. Die Vernehmung des Zeugen habe im Gegenteil ergeben, dass die in dem angegriffenen Bescheid aufgestellte Behauptung, die Beklagte habe erstmals anlässlich der Besprechung am 6.11.2007 vollständig von der Rechtswidrigkeit Kenntnis erlangt, allenfalls auf Mutmaßungen beruhe. Denn der Zeuge habe angegeben, er könne sich nur noch wenig an den Ablauf des Baugenehmigungsverfahrens erinnern. Die bei den Akten der Beklagten befindlichen handschriftlichen Notizen ließen ohne weiteres den Schluss zu, dass der Zeuge die Rechtslage zutreffend dahin eingeschätzt habe, dass das Vorhaben weder nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegiert noch nach § 35 Abs. 2 BauGB als sonstiges Vorhaben zulässig gewesen sei und auch die Anwendung des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 BauGB nicht in Betracht komme. Dafür, dass der Zeuge im Laufe des Verfahrens seine Rechtsauffassung geändert habe, sei den Akten nichts zu entnehmen. Auch seine Vernehmung als Zeuge habe dafür nichts ergeben. Die unterlassene Nachfrage bei der höheren Baubehörde und die ungewöhnliche Ziffer 1 im Abschnitt über besondere Auflagen und Bedingungen in der Baugenehmigung dürften jedoch darauf hindeuten, dass er die Baugenehmigung erteilt habe, um dem Wunsch und den Vorgaben des damaligen Bürgermeisters der Beklagten zu entsprechen. Dies gelte umso mehr, als die Baugenehmigung eindeutig rechtswidrig sei und die Rechtslage bereits damals leicht zu beurteilen gewesen sei. Es spreche danach Vieles dafür, dass die Frist des § 48 Abs. 4 Satz 1 LVwVfG bereits im Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung zu laufen begonnen habe. Jedenfalls habe sich das Gericht nicht die Überzeugung verschaffen können, dass der Beklagten die für eine Rücknahmeentscheidung außerdem maßgeblichen Tatsachen erst im November 2007 bekannt geworden seien. Die objektive Beweislast für die Einhaltung der Jahresfrist trage die Beklagte.
14 
Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts richtet sich die vom Senat mit Beschluss vom 7.9.2011 zugelassene Berufung der Beklagten. Zu deren Begründung macht die Beklagte geltend, die Frist des § 48 Abs. 4 Satz 1 LVwVfG sei erst am 6.11.2007 in Lauf gesetzt worden. Sowohl die Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung als auch die bei dem Gespräch am 6.11.2007 geäußerte Bitte des Regierungspräsidiums, die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung sowie die Möglichkeit einer Rücknahme zu prüfen, hätten für sie neue Kenntnisse dargestellt, die im Rahmen der ordnungsgemäßen Ausübung des Ermessens im Sinne des § 48 Abs. 2 VwVfG hätten berücksichtigt werden müssen. Die vom Verwaltungsgericht angestellten Überlegungen rechtfertigten keine andere Entscheidung. Aus dem Umstand, dass sich der Leiter ihres Baurechtsamts nicht mehr an die Einzelheiten des Verfahrens erinnern könne, könne nicht darauf geschlossen werden, dass er bereits vor dem 6.11.2007 Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung gehabt habe. Der vom Verwaltungsgericht genannte Notizzettel sei nicht mit einem Datum versehen. Wann die Notizen gemacht worden seien, sei daher ungewiss. Der Umstand, dass der Inhalt der Notizen Gegenstand der Besprechung am 6.11.2007 gewesen sei, spreche aber dafür, dass sie erst nach der Besprechung verfasst worden seien. Das Verwaltungsgericht sei auch zu Unrecht der Ansicht, dass sie, die Beklagte, die objektive Beweislast dafür trage, dass ihr die maßgeblichen Tatsachen für die Rücknahmeentscheidung erst am 6.11.2007 bekannt geworden seien. Mit der Aktennotiz über die Besprechung an diesem Tag habe sie den Zeitpunkt aktenkundig gemacht, zu dem sie die neuen Erkenntnisse gewonnen habe. Wenn die Klägerin einen früheren Zeitpunkt der Kenntniserlangung behaupte, trage sie hierfür die Beweislast.
15 
Die Beklagte beantragt,
16 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 16. Juni 2010 - 1 K 2586/08 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
17 
Die Klägerin beantragt,
18 
die Berufung zurückzuweisen.
19 
Sie erwidert: Der Prüfungsauftrag des Regierungspräsidiums habe an der Rechtslage bezüglich der Baugenehmigung nichts geändert. Die Baugenehmigung sei von Anfang an rechtswidrig gewesen. Dafür, dass dem Leiter des Baurechtsamts der Beklagten die Rechtswidrigkeit der Genehmigung nicht bekannt gewesen sei, gebe es keine Anhaltspunkte, da es im vorliegenden Fall nicht um eine schwierige Auslegungsfrage gegangen sei, sondern nur darum, den insoweit eindeutigen Gesetzestext auf den gegebenen Sachverhalt anzuwenden. Auch aus den Vorgängen, die das Verwaltungsgericht detailliert geschildert habe, werde deutlich, dass die Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung für den Leiter des Baurechtsamt offenkundig gewesen sei.
20 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten des Verwaltungsgerichts sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

21 
Die Berufung der Beklagten ist begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin deshalb nicht in ihren Rechten. Das Verwaltungsgericht hat der Klage danach zu Unrecht stattgegeben.
22 
I. Die Klage ist zulässig. Die Klägerin besitzt insbesondere das erforderliche Rechtsschutzinteresse an einer Aufhebung des angefochtenen Bescheids. Dem steht nicht entgegen, dass die mit diesem Bescheid gemäß § 48 LVwVfG zurückgenommene Baugenehmigung nicht der Klägerin, sondern der Firma xxx Baugesellschaft mbh & Co KG erteilt worden ist, da eine Baugenehmigung gemäß § 58 Abs. 2 LBO auch für und gegen den Rechtsnachfolger des Bauherrn gilt. Die Klägerin ist in ihrer Eigenschaft als Eigentümerin des Baugrundstücks Rechtsnachfolgerin der Firma xxx. Auf die Umstände ihres Erwerbs kommt es dabei nicht an.
23 
Die am 10.11.1995 erteilte Baugenehmigung war im Zeitpunkt der Rücknahme nicht gemäß § 62 LBO erloschen, da ihre zunächst auf drei Jahre begrenzte Gültigkeit mit den Bescheiden der Beklagten vom 22.12.1998, 4.12.2001 und 21.12.2004 dreimal verlängert wurde. Die letzte Verlängerung erfolgte bis 9.11.2007. Die Klägerin hat noch vor Ablauf dieser Frist mit der Bauausführung begonnen. Nach ihrem an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 12.10.2007 wurden bis dahin die „Grabarbeiten der Fundamente für die Außenwände eines Teils der genehmigten Halle“ durchgeführt. Die bei den Akten der Beklagten befindlichen Fotografien der Baustelle dokumentieren die Durchführung dieser Arbeiten. Die Fotografien lassen auch keinen Zweifel daran, dass die durchgeführten Arbeiten über bloße Vorbereitungs- und Sicherungsarbeiten hinausgehen, die für einen Beginn der Bauausführung im Sinne des § 62 Abs. 1 LBO nicht genügten. Hierüber besteht auch zwischen den Beteiligten kein Streit.
24 
Die Baugenehmigung ist auch nicht deshalb erloschen, weil die Bauausführung nach der Rücknahme der Baugenehmigung unterbrochen wurde. Die in § 62 Abs. 1 LBO getroffene Regelung hat nur die Fälle im Auge, in denen der Bauherr aus Gründen, die allein in seiner Risikosphäre liegen, mit der Verwirklichung seines Vorhabens nicht begonnen oder die Bauausführung unterbrochen hat. Die in der Vorschrift vorgesehene Rechtsfolge tritt daher nach allgemeiner Meinung nicht ein, wenn der Ausnutzung der Genehmigung Umstände entgegenstehen, die außerhalb des Einwirkungsbereichs des Bauherrn liegen. Einen solchen Umstand stellt es nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs insbesondere dar, wenn gegen die Genehmigung von einem Nachbarn Widerspruch eingelegt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn dieser Widerspruch - der Regel des § 212a BauGB entsprechend - keine aufschiebende Wirkung hat. Zwar ist der Bauherr in einem solchen Fall rechtlich nicht daran gehindert, von der Baugenehmigung schon vor Eintritt der Bestandskraft Gebrauch zu machen. Er setzt sich damit jedoch dem Risiko aus, dass er im Falle eines Erfolgs des Widerspruchs die bereits erstellten Bauteile wieder abbrechen oder unter Umständen kostspielige Umbaumaßnahmen vornehmen muss oder - je nach Fallgestaltung - die bauliche Anlage nicht in der von ihm geplanten Weise nutzen darf. Ob er dies in Kauf nehmen will, muss ihm überlassen bleiben. Er kann daher nicht mittelbar zur Übernahme der genannten Risiken gezwungen werden, indem er nur durch die Aufnahme der Bauarbeiten bei einem sich länger hinziehenden Widerspruchs- oder Klageverfahren das Erlöschen der Baugenehmigung verhindern kann (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.3.1999 - 8 S 218/99 - VBlBW 1999, 269). Diese Überlegungen gelten für den hier gegebenen Fall der Rücknahme der Baugenehmigung entsprechend.
25 
II. Die Klage ist jedoch entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht begründet. Der angefochtene Bescheid ist sowohl in formeller als auch in materiellrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden.
26 
1. Das Baugrundstück liegt nicht auf dem Gebiet der Beklagten, sondern auf dem Gebiet der Gemeinde Neulußheim. Die Zuständigkeit der Beklagten sowohl für die Erteilung der Baugenehmigung vom 10.11.1995 als auch deren Rücknahme ergibt sich jedoch daraus, dass zwischen der Beklagten und der Gemeinde Neulußheim eine Verwaltungsgemeinschaft existiert, nach der die Beklagte die Baurechtsangelegenheiten der Gemeinde Neulußheim miterledigt.
27 
Die unterbliebene Anhörung der Klägerin vor dem Erlass des angefochtenen Bescheids ist gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 in Verbindung mit Abs. 2 LVwVfG unbeachtlich, da die erforderliche Anhörung bis zum Abschluss des Vorverfahrens nachgeholt wurde. Die Klägerin hatte im Widerspruchsverfahren Gelegenheit, ihre Einwendungen gegen die Rücknahme der Baugenehmigung vorzubringen. Das Regierungspräsidium hat diese Einwendungen bei seiner Entscheidung über den Widerspruch der Klägerin berücksichtigt.
28 
2. Der angefochtene Bescheid findet seine Rechtsgrundlage in § 48 LVwVfG. Nach Abs. 1 Satz 1 dieser Vorschrift kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Sofern es sich bei dem Verwaltungsakt - wie hier - um einen begünstigenden Verwaltungsakt handelt, ist eine Rücknahme allerdings gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 LVwVfG nur unter den sich aus den Absätzen 2 bis 4 ergebenden Einschränkungen möglich. Die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakt ist danach nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt zulässig, in dem die Behörde von Tatsachen Kenntnis erlangt hat, welche die Rücknahme des Verwaltungsakts rechtfertigen (§ 48 Abs. 4 LVwVfG).
29 
Der angefochtene Bescheid genügt diesen Bedingungen. Die mit dem Bescheid zurückgenommene Baugenehmigung vom 10.11.1995 wurde rechtswidrig erteilt (a). Die Rücknahme erfolgte innerhalb der Frist des § 48 Abs. 4 LVwVfG (b). Die Beklagte hat ihre Befugnis zu einer Rücknahme der Baugenehmigung auch nicht verwirkt (c). Die Ausübung des der Beklagten im Rahmen des § 48 Abs. 1 LVwVfG zustehenden Ermessens ist ebenfalls nicht zu beanstanden (d).
30 
a) Die von der Beklagten zurückgenommene Baugenehmigung vom 10.11.1995 wurde rechtswidrig erteilt.
31 
aa) Die Beklagte hat mit ihrem Bescheid die Baugenehmigung vom 10.11.1995 zurückgenommen und nicht - was aus ihrer Sicht ebenfalls in Betracht gekommen wäre - ihren Bescheid vom 21.12.2004, mit dem sie die Gültigkeitsdauer der Baugenehmigung bis zum 9.11.2007 verlängert hat. Ob die Baugenehmigung rechtswidrig ist, bestimmt sich nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ihrer Erteilung. Auf die Vereinbarkeit des genehmigten Vorhabens mit dem im Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe erwähnten Landesentwicklungsplan 2002 kommt es daher nicht an, da dieser Plan erst nach Erteilung der Baugenehmigung in Kraft getreten ist. Für den vom Regierungspräsidium ebenfalls angesprochenen Teilregionalplan Einzelhandel der Region Rhein-Neckar gilt das Gleiche.
32 
bb) Das Grundstück der Klägerin liegt im Außenbereich. Die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens ist daher nach § 35 BauGB in seiner im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung geltenden Fassung vom 8.12.1986 zu beurteilen, der sich, soweit im vorliegenden Fall von Interesse, nicht von der heute gültigen Fassung dieser Vorschrift unterscheidet. Bei dem Vorhaben handelt es sich unzweifelhaft um kein gemäß § 35 Abs. 1 BauGB privilegiertes Vorhaben, sondern um ein sonstiges Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB. Seine planungsrechtliche Zulässigkeit hängt somit davon ab, dass durch seine Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt werden.
33 
Die Baugenehmigung wurde danach zu Unrecht erteilt, da das Vorhaben den Darstellungen des seinerzeit geltenden Flächennutzungsplans widersprach, der das Grundstück als Fläche für die Landwirtschaft auswies. Das Vorhaben beeinträchtigte ferner insoweit öffentliche Belange, als es die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigte und die Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten ließ.
34 
cc) Die Beeinträchtigung der genannten öffentlichen Belange war nicht gemäß § 35 Abs. 4 Satz 1 BauGB unbeachtlich.
35 
Nach dieser Vorschrift kann den in ihr bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB die Beeinträchtigung bestimmter öffentlicher Belange nicht entgegengehalten werden, nämlich ein Widerspruch zu den Darstellungen des Flächennutzungs- oder eines Landschaftsplans, eine Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft sowie der Umstand, dass das Vorhaben die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt. Zu den in der Vorschrift bezeichneten sonstigen Vorhaben zählt nach Nr. 6 „die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist“.
36 
Wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, wird die von der Beklagten erteilte Genehmigung von dieser Vorschrift nicht gedeckt. Das ist schon deshalb der Fall, weil die Vorschrift nur die „Erweiterung“ eines vorhandenen Betriebs erlaubt, nicht aber die Neuerrichtung des gesamten Betriebs (Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 35 Rn. 162). Der geplante Abriss des gesamten Gebäudebestands und seine Ersetzung durch einen (an anderer Stelle geplanten) Neubau wird daher von § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 BauGB nicht gedeckt.
37 
Der Umstand, dass zu dem Betrieb bereits 1995 ein ausgedehntes Freilager gehörte, das zwar verändert, aber als solches erhalten bleiben soll, ändert daran nichts. Zwar sind bei der Frage, ob die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten Betriebs im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude „angemessen“ ist, nicht nur die bestehenden Betriebsgebäude, sondern auch die sonstigen betrieblich genutzten Flächen zu berücksichtigen (Söfker, a.a.O., § 35 Rn. 163). Für das genannte Freilager gab es aber bis dahin keine Genehmigung. Die Nutzung der betreffenden Flächen zur Lagerung von Baustoffen wird insbesondere nicht von der am 10.12.1985 nachträglich erteilten Baugenehmigung für die Errichtung eines Baustofflagers auf den damaligen Grundstücken Flst.Nr. xxx, xxx gedeckt, auch wenn zu vermuten ist, dass die Flächen bereits zu dieser Zeit von der Rechtsvorgängerin der Klägerin in gleicher oder zumindest ähnlicher Weise wie heute zu Lagerzwecken genutzt worden sind. Inhalt und Umfang einer Baugenehmigung werden durch den Bauantrag und die damit vorzulegenden Bauvorlagen bestimmt (Sauter, LBO für Baden-Württemberg, § 59 Rn. 32).
38 
Die genehmigten Pläne geben aber über die beabsichtigte Nutzung der sich an die drei vorhandenen Gebäude anschließenden Freiflächen keinen Aufschluss. Eine Ausnahme gilt nur für drei kleine, im Übersichtsplan rot umrandete Teilflächen im Inneren des Geländes, die mit „Lager I bis III“ bezeichnet sind, eine ebenfalls rot umrandete Teilfläche, deren Nutzung mit „Fertiggarage zur Ausstellung“ angegeben wird, sowie zwei weitere Teilflächen, auf denen insgesamt 40 Stellplätze als Bestand eingezeichnet sind. Die Baugenehmigung vom 10.12.1985 kann danach nicht dahingehend verstanden werden, dass mit ihr auch eine Nutzung der gesamten Freifläche als Lagerplatz gestattet werden sollte, auch wenn die Beklagte möglicherweise diese Vorstellung hatte, da mit der nachträglichen Erteilung der Baugenehmigung für insgesamt rechtmäßige Zustände auf den Grundstücken gesorgt werden sollte.
39 
Ist demzufolge davon auszugehen, dass der mit der Baugenehmigung vom 10.11.1995 beschiedene Bauantrag auch die erstmalige Gestattung der Nutzung der Freifläche zu Lagerzwecken zum Gegenstand hatte, so scheidet die Anwendung des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 BauGB auch deshalb aus, weil bei Einbeziehung dieser insgesamt über 24.000 m² großen Freifläche von einer „angemessenen“ Erweiterung des vorhandenen Betriebs unzweifelhaft nicht mehr gesprochen werden kann.
40 
b) Nach ständiger Rechtsprechung beginnt die Frist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG erst zu laufen, sobald die Rücknahmebehörde die Rechtswidrigkeit des erlassenen Verwaltungsakts erkannt hat und ihr die für die Rücknahmeentscheidung außerdem erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind (vgl. u.a. BVerwG, Beschl. v. 19.12.1984 -Gr.Sen. 1 und 2.84 - BVerwGE 70, 356; Urt. v. 24.1.2001 - 7 C 6.01 - NVwZ 2002, 485; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.4.2007 - 8 S 2090/06 - VBlBW 2007, 347). Dazu gehören die Umstände, deren Kenntnis es der Behörde objektiv ermöglicht, ohne weitere Sachaufklärung unter sachgerechter Ausübung ihres Ermessens über die Rücknahme zu entscheiden.
41 
Das Verwaltungsgericht ist der Meinung, es spreche vieles dafür, dass die Beklagte bereits im Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung gewusst habe, dass die Genehmigung dem geltenden Recht widerspreche. Für die Frage, wann ihr die für eine Rücknahmeentscheidung erheblichen Tatsachen vollständig bekannt gewesen seien, sei deshalb an den Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung anzuknüpfen. Da zu diesem Zeitpunkt keine Gründe vorgelegen hätten, die einer Rücknahme der Baugenehmigung entgegengestanden hätten, spreche vieles dafür, dass die Frist des § 48 Abs. 4 Satz 1 LVwVfG bereits zu diesem Zeitpunkt zu laufen begann. Jedenfalls habe sich das Gericht nicht die Überzeugung verschaffen können, dass der Beklagten die für eine Rücknahmeentscheidung außerdem maßgeblichen Tatsachen erst im November 2007 bekannt geworden seien. Hierfür trage die Beklagte die objektive Beweislast.
42 
Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Das Verwaltungsgericht stützt seine Vermutung, die Beklagte habe bereits im Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung gewusst, dass die Genehmigung dem geltenden Recht widerspreche, zu Unrecht auf einen sich bei den Akten der Beklagten befindlichen Notizzettel, der an der Innenseite des den am 5.1.1990 eingereichten Bauantrag betreffenden Aktenbands angeheftet wurde. Der Notizzettel betrifft offenbar den Bauantrag in seiner ursprünglichen Form, worauf auch die auf ihm vermerkte Größenabgabe („GF 4.800 m²“) hindeutet. Die auf dem Zettel befindlichen weiteren Notizen („§ 35 Abs. 1 nicht, § 35 Abs. 2 nicht, § 35 Abs. 4 Nr.6 nicht“) lassen zwar vermuten, dass die Beklagte den Bauantrag in dieser Form nicht für genehmigungsfähig gehalten hat. Der Bauantrag hat jedoch im weiteren Verlauf des Verfahrens erhebliche Veränderungen erfahren, nachdem sich gezeigt hatte, dass es zu der zunächst erwogenen Aufstellung eines Bebauungsplans für das betreffende Gebiet nicht kommen würde und eine Genehmigung des Vorhabens deshalb nur auf der Grundlage des § 35 Abs. 4 BauGB erteilt werden könne. Im Zuge dieser Änderungen hat die Rechtsvorgängerin der Klägerin die Grundfläche der geplanten neuen Halle von ca. 4.743 m² auf ca. 3.686 m² reduziert. Verglichen mit der Grundfläche der drei bereits vorhandenen Gebäude von zusammen 2.837 m² ergab sich daraus eine Zunahme von nur noch 30 %. Im Hinblick auf die ferner geplanten grünordnerischen Maßnahmen gab der Regionalverband daraufhin seinen anfänglichen Widerstand gegen das Vorhaben auf.
43 
Für die Annahme, der Beklagten sei von Anfang bewusst gewesen, dass die von ihr erteilte Baugenehmigung rechtswidrig sei, gibt auch der übrige Inhalt der Bauakten nichts her. Bei den verschiedenen von den Mitarbeitern der Beklagten mit dem Vertreter des Regionalverbands geführten Gesprächen über die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens ging es außer der vom Regionalverband geforderten landschaftsgerechten Einbindung des Vorhabens allein um die Frage, ob die geplante „Erweiterung“ noch als angemessen angesehen werden könne, wobei diese Frage offenbar allein an Hand eines Vergleichs zwischen der Grundfläche der bestehenden Gebäude mit der Grundfläche der geplanten neuen Halle beurteilt wurde. Den Akten lässt sich dagegen nicht entnehmen, dass von irgendeiner Seite die Frage aufgeworfen wurde, ob § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 BauGB überhaupt zur Anwendung kommen könne, obwohl die vorhandenen Gebäude nicht bestehen bleiben, sondern abgerissen werden sollten. Auch die Frage, ob in den Vergleich außer der Grundfläche der geplanten neuen Halle auch die Flächen des Freilagers einbezogen werden müssten, wurde offenbar nicht erörtert.
44 
Nimmt man hinzu, dass die sich aus dem genannten Grundflächenvergleich ergebende Zunahme von 30 % nicht die Grenzen dessen überschreitet, was in Rechtsprechung und Literatur als eine noch angemessene Erweiterung im Sinne des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 BauGB angesehen wird, so sieht der Senat keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme, der Beklagten sei bereits bei der Erteilung der Baugenehmigung deren Rechtswidrigkeit bewusst gewesen. Er hält diese Annahme für umso weniger gerechtfertigt, als nach der zuletzt erfolgten Änderung der Pläne der Regionalverband bereit war, dem Vorhaben auch oder gerade im Hinblick auf die Regelung in § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 BauGB zuzustimmen. Durch diese Zustimmung war die Beklagte zwar nicht ihrer Pflicht enthoben, die Vereinbarkeit des Vorhabens mit dieser Vorschrift ihrerseits zu prüfen. Die Vermutung, dass sie nach der Zustimmung des Regionalverbands eine Genehmigung des Vorhabens in seiner geänderten Form auf der Grundlage der genannten Vorschrift als zumindest vertretbar angesehen hat, liegt jedoch zumindest wesentlich näher als die Annahme, die Beklagte sei trotz der Zustimmung von der Rechtswidrigkeit des Vorhabens ausgegangen. Die Beklagte mag danach zwar Zweifel gehabt haben, ob die von ihr erteilte Baugenehmigung einer rechtlichen Prüfung standhalten würde. Das bedeutet jedoch nicht, dass ihr bereits bei der Erteilung der Baugenehmigung deren Rechtswidrigkeit bewusst gewesen ist.
45 
Der Senat geht nach alledem davon aus, dass die Beklagte erst durch das von ihr eingeholte Rechtsgutachten positive Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung vom 10.11.1995 erhalten hat. Das Gutachten wurde der Beklagten Mitte Dezember 2007 vorgelegt. Die am 3.1.2008 ausgesprochene Rücknahme der Baugenehmigung ist somit fristgerecht erfolgt.
46 
c) Entgegen der Ansicht der Klägerin hat die Beklagte ihre Befugnis zu einer Rücknahme der rechtswidrig erteilten Baugenehmigung nicht deshalb verwirkt, weil sie in der Zeit nach der Erteilung der Genehmigung deren Gültigkeit dreimal verlängert hat.
47 
Ein Recht ist verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht und der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat und nach dem gesamten Verhalten darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde (vgl. u.a. BVerwG, Urt. v. 18.7.2012 - 8 C 4.11 - BVerwGE 143, 335; Urt. v. 7.7.2005 - 8 C 15.04 - Buchholz 428 § 36 VermG Nr. 9 S. 11 f.) Die Annahme einer Verwirkung setzt somit neben dem Zeitablauf das Vorliegen besonderer ein solches Vertrauen des Verpflichteten begründender Umstände voraus.
48 
Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Für die Verlängerung der Geltungsdauer einer Baugenehmigung gelten dieselben Voraussetzungen wie für die Neuerteilung einer solchen Genehmigung. Der Bauherr hat nur dann einen Rechtsanspruch auf Verlängerung einer Baugenehmigung, wenn das Vorhaben im Zeitpunkt der Verlängerung dem geltenden Baurecht entspricht (OVG Niedersachsen, Urt. v. 22.6.2010 - 12 LB 213/07 - NVwZ-RR 2010, 916; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 2.12.1987 - 11 A 1942/87 - BRS 47 Nr. 140). Aus der Tatsache, dass die Beklagte die Baugenehmigung auf die Anträge der Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin dreimal anstandslos verlängert hat, konnte deshalb die Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin nur schließen, dass die Beklagte nach wie vor der Meinung ist, das Vorhaben stehe im Einklang mit dem geltenden Recht. Dass die Beklagte die Baugenehmigung bei einer anderen Beurteilung der Rechtslage nicht zurücknehmen werde, ergibt sich daraus nicht.
49 
d) Die Beklagte hat schließlich auch das ihr im Rahmen des § 48 Abs. 1 LVwVfG zustehende Ermessen fehlerfrei ausgeübt.
50 
Die Beklagte hat nicht verkannt, dass die Rücknahme der Baugenehmigung trotz des nur geringen Umfangs der bisher entwickelten Bautätigkeit mit Nachteilen für die Klägerin verbunden ist. Sie hat jedoch dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung Vorrang vor den Interessen der Klägerin eingeräumt und dabei in erster Linie auf die negativen raumordnerischen Auswirkungen des genehmigten Vorhabens abgestellt, mit dem ein Gewerbeschwerpunkt außerhalb des Siedlungsbereichs geschaffen werde. Sie hat ferner berücksichtigt, dass die Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin lange Zeit keine Anstalten unternommen haben, mit der Ausführung des bereits 1995 genehmigten Vorhabens zu beginnen. Im Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe wird ergänzend darauf hingewiesen, dass der Klägerin für die von ihr in schutzwürdigem Vertrauen getätigten Aufwendungen gemäß § 48 Abs. 3 LVwVfG einen Ausgleich verlangen könne.
51 
Gegen diese Überlegungen bestehen keine Bedenken. Das gilt auch in Anbetracht des Einwands der Klägerin, die Beklagte und das Regierungspräsidium hätten übersehen, dass der bestehende Betrieb mit einer Verkaufsfläche von ca. 2.300 m² ohne die Möglichkeit einer Modernisierung nicht mehr konkurrenzfähig sei. Die Klägerin ist durch die Rücknahme der Baugenehmigung nicht an einer Modernisierung der vorhandenen Gebäude gehindert, sondern nur daran, die Gebäude abzubrechen und durch einen (erheblich) größeren Neubau zu ersetzen. Ob eine solche Maßnahme erforderlich ist, um im Wettbewerb bestehen zu können, kann dahinstehen, da das Interesse der Klägerin an einer Ausdehnung ihres im Außenbereich gelegenen Betriebs nur insoweit schutzwürdig ist, als § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 BauGB eine solche Ausdehnung gestattet. Das Vorhaben, dessen Verwirklichung durch die Rücknahme der Baugenehmigung verhindert werden soll, wird aber, wie ausgeführt, von dieser Vorschrift gerade nicht gedeckt.
52 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
53 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
54 
Beschluss
55 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 125.700 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG).
56 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

21 
Die Berufung der Beklagten ist begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin deshalb nicht in ihren Rechten. Das Verwaltungsgericht hat der Klage danach zu Unrecht stattgegeben.
22 
I. Die Klage ist zulässig. Die Klägerin besitzt insbesondere das erforderliche Rechtsschutzinteresse an einer Aufhebung des angefochtenen Bescheids. Dem steht nicht entgegen, dass die mit diesem Bescheid gemäß § 48 LVwVfG zurückgenommene Baugenehmigung nicht der Klägerin, sondern der Firma xxx Baugesellschaft mbh & Co KG erteilt worden ist, da eine Baugenehmigung gemäß § 58 Abs. 2 LBO auch für und gegen den Rechtsnachfolger des Bauherrn gilt. Die Klägerin ist in ihrer Eigenschaft als Eigentümerin des Baugrundstücks Rechtsnachfolgerin der Firma xxx. Auf die Umstände ihres Erwerbs kommt es dabei nicht an.
23 
Die am 10.11.1995 erteilte Baugenehmigung war im Zeitpunkt der Rücknahme nicht gemäß § 62 LBO erloschen, da ihre zunächst auf drei Jahre begrenzte Gültigkeit mit den Bescheiden der Beklagten vom 22.12.1998, 4.12.2001 und 21.12.2004 dreimal verlängert wurde. Die letzte Verlängerung erfolgte bis 9.11.2007. Die Klägerin hat noch vor Ablauf dieser Frist mit der Bauausführung begonnen. Nach ihrem an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 12.10.2007 wurden bis dahin die „Grabarbeiten der Fundamente für die Außenwände eines Teils der genehmigten Halle“ durchgeführt. Die bei den Akten der Beklagten befindlichen Fotografien der Baustelle dokumentieren die Durchführung dieser Arbeiten. Die Fotografien lassen auch keinen Zweifel daran, dass die durchgeführten Arbeiten über bloße Vorbereitungs- und Sicherungsarbeiten hinausgehen, die für einen Beginn der Bauausführung im Sinne des § 62 Abs. 1 LBO nicht genügten. Hierüber besteht auch zwischen den Beteiligten kein Streit.
24 
Die Baugenehmigung ist auch nicht deshalb erloschen, weil die Bauausführung nach der Rücknahme der Baugenehmigung unterbrochen wurde. Die in § 62 Abs. 1 LBO getroffene Regelung hat nur die Fälle im Auge, in denen der Bauherr aus Gründen, die allein in seiner Risikosphäre liegen, mit der Verwirklichung seines Vorhabens nicht begonnen oder die Bauausführung unterbrochen hat. Die in der Vorschrift vorgesehene Rechtsfolge tritt daher nach allgemeiner Meinung nicht ein, wenn der Ausnutzung der Genehmigung Umstände entgegenstehen, die außerhalb des Einwirkungsbereichs des Bauherrn liegen. Einen solchen Umstand stellt es nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs insbesondere dar, wenn gegen die Genehmigung von einem Nachbarn Widerspruch eingelegt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn dieser Widerspruch - der Regel des § 212a BauGB entsprechend - keine aufschiebende Wirkung hat. Zwar ist der Bauherr in einem solchen Fall rechtlich nicht daran gehindert, von der Baugenehmigung schon vor Eintritt der Bestandskraft Gebrauch zu machen. Er setzt sich damit jedoch dem Risiko aus, dass er im Falle eines Erfolgs des Widerspruchs die bereits erstellten Bauteile wieder abbrechen oder unter Umständen kostspielige Umbaumaßnahmen vornehmen muss oder - je nach Fallgestaltung - die bauliche Anlage nicht in der von ihm geplanten Weise nutzen darf. Ob er dies in Kauf nehmen will, muss ihm überlassen bleiben. Er kann daher nicht mittelbar zur Übernahme der genannten Risiken gezwungen werden, indem er nur durch die Aufnahme der Bauarbeiten bei einem sich länger hinziehenden Widerspruchs- oder Klageverfahren das Erlöschen der Baugenehmigung verhindern kann (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.3.1999 - 8 S 218/99 - VBlBW 1999, 269). Diese Überlegungen gelten für den hier gegebenen Fall der Rücknahme der Baugenehmigung entsprechend.
25 
II. Die Klage ist jedoch entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht begründet. Der angefochtene Bescheid ist sowohl in formeller als auch in materiellrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden.
26 
1. Das Baugrundstück liegt nicht auf dem Gebiet der Beklagten, sondern auf dem Gebiet der Gemeinde Neulußheim. Die Zuständigkeit der Beklagten sowohl für die Erteilung der Baugenehmigung vom 10.11.1995 als auch deren Rücknahme ergibt sich jedoch daraus, dass zwischen der Beklagten und der Gemeinde Neulußheim eine Verwaltungsgemeinschaft existiert, nach der die Beklagte die Baurechtsangelegenheiten der Gemeinde Neulußheim miterledigt.
27 
Die unterbliebene Anhörung der Klägerin vor dem Erlass des angefochtenen Bescheids ist gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 in Verbindung mit Abs. 2 LVwVfG unbeachtlich, da die erforderliche Anhörung bis zum Abschluss des Vorverfahrens nachgeholt wurde. Die Klägerin hatte im Widerspruchsverfahren Gelegenheit, ihre Einwendungen gegen die Rücknahme der Baugenehmigung vorzubringen. Das Regierungspräsidium hat diese Einwendungen bei seiner Entscheidung über den Widerspruch der Klägerin berücksichtigt.
28 
2. Der angefochtene Bescheid findet seine Rechtsgrundlage in § 48 LVwVfG. Nach Abs. 1 Satz 1 dieser Vorschrift kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Sofern es sich bei dem Verwaltungsakt - wie hier - um einen begünstigenden Verwaltungsakt handelt, ist eine Rücknahme allerdings gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 LVwVfG nur unter den sich aus den Absätzen 2 bis 4 ergebenden Einschränkungen möglich. Die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakt ist danach nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt zulässig, in dem die Behörde von Tatsachen Kenntnis erlangt hat, welche die Rücknahme des Verwaltungsakts rechtfertigen (§ 48 Abs. 4 LVwVfG).
29 
Der angefochtene Bescheid genügt diesen Bedingungen. Die mit dem Bescheid zurückgenommene Baugenehmigung vom 10.11.1995 wurde rechtswidrig erteilt (a). Die Rücknahme erfolgte innerhalb der Frist des § 48 Abs. 4 LVwVfG (b). Die Beklagte hat ihre Befugnis zu einer Rücknahme der Baugenehmigung auch nicht verwirkt (c). Die Ausübung des der Beklagten im Rahmen des § 48 Abs. 1 LVwVfG zustehenden Ermessens ist ebenfalls nicht zu beanstanden (d).
30 
a) Die von der Beklagten zurückgenommene Baugenehmigung vom 10.11.1995 wurde rechtswidrig erteilt.
31 
aa) Die Beklagte hat mit ihrem Bescheid die Baugenehmigung vom 10.11.1995 zurückgenommen und nicht - was aus ihrer Sicht ebenfalls in Betracht gekommen wäre - ihren Bescheid vom 21.12.2004, mit dem sie die Gültigkeitsdauer der Baugenehmigung bis zum 9.11.2007 verlängert hat. Ob die Baugenehmigung rechtswidrig ist, bestimmt sich nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ihrer Erteilung. Auf die Vereinbarkeit des genehmigten Vorhabens mit dem im Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe erwähnten Landesentwicklungsplan 2002 kommt es daher nicht an, da dieser Plan erst nach Erteilung der Baugenehmigung in Kraft getreten ist. Für den vom Regierungspräsidium ebenfalls angesprochenen Teilregionalplan Einzelhandel der Region Rhein-Neckar gilt das Gleiche.
32 
bb) Das Grundstück der Klägerin liegt im Außenbereich. Die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens ist daher nach § 35 BauGB in seiner im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung geltenden Fassung vom 8.12.1986 zu beurteilen, der sich, soweit im vorliegenden Fall von Interesse, nicht von der heute gültigen Fassung dieser Vorschrift unterscheidet. Bei dem Vorhaben handelt es sich unzweifelhaft um kein gemäß § 35 Abs. 1 BauGB privilegiertes Vorhaben, sondern um ein sonstiges Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB. Seine planungsrechtliche Zulässigkeit hängt somit davon ab, dass durch seine Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt werden.
33 
Die Baugenehmigung wurde danach zu Unrecht erteilt, da das Vorhaben den Darstellungen des seinerzeit geltenden Flächennutzungsplans widersprach, der das Grundstück als Fläche für die Landwirtschaft auswies. Das Vorhaben beeinträchtigte ferner insoweit öffentliche Belange, als es die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigte und die Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten ließ.
34 
cc) Die Beeinträchtigung der genannten öffentlichen Belange war nicht gemäß § 35 Abs. 4 Satz 1 BauGB unbeachtlich.
35 
Nach dieser Vorschrift kann den in ihr bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB die Beeinträchtigung bestimmter öffentlicher Belange nicht entgegengehalten werden, nämlich ein Widerspruch zu den Darstellungen des Flächennutzungs- oder eines Landschaftsplans, eine Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft sowie der Umstand, dass das Vorhaben die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt. Zu den in der Vorschrift bezeichneten sonstigen Vorhaben zählt nach Nr. 6 „die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist“.
36 
Wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, wird die von der Beklagten erteilte Genehmigung von dieser Vorschrift nicht gedeckt. Das ist schon deshalb der Fall, weil die Vorschrift nur die „Erweiterung“ eines vorhandenen Betriebs erlaubt, nicht aber die Neuerrichtung des gesamten Betriebs (Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 35 Rn. 162). Der geplante Abriss des gesamten Gebäudebestands und seine Ersetzung durch einen (an anderer Stelle geplanten) Neubau wird daher von § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 BauGB nicht gedeckt.
37 
Der Umstand, dass zu dem Betrieb bereits 1995 ein ausgedehntes Freilager gehörte, das zwar verändert, aber als solches erhalten bleiben soll, ändert daran nichts. Zwar sind bei der Frage, ob die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten Betriebs im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude „angemessen“ ist, nicht nur die bestehenden Betriebsgebäude, sondern auch die sonstigen betrieblich genutzten Flächen zu berücksichtigen (Söfker, a.a.O., § 35 Rn. 163). Für das genannte Freilager gab es aber bis dahin keine Genehmigung. Die Nutzung der betreffenden Flächen zur Lagerung von Baustoffen wird insbesondere nicht von der am 10.12.1985 nachträglich erteilten Baugenehmigung für die Errichtung eines Baustofflagers auf den damaligen Grundstücken Flst.Nr. xxx, xxx gedeckt, auch wenn zu vermuten ist, dass die Flächen bereits zu dieser Zeit von der Rechtsvorgängerin der Klägerin in gleicher oder zumindest ähnlicher Weise wie heute zu Lagerzwecken genutzt worden sind. Inhalt und Umfang einer Baugenehmigung werden durch den Bauantrag und die damit vorzulegenden Bauvorlagen bestimmt (Sauter, LBO für Baden-Württemberg, § 59 Rn. 32).
38 
Die genehmigten Pläne geben aber über die beabsichtigte Nutzung der sich an die drei vorhandenen Gebäude anschließenden Freiflächen keinen Aufschluss. Eine Ausnahme gilt nur für drei kleine, im Übersichtsplan rot umrandete Teilflächen im Inneren des Geländes, die mit „Lager I bis III“ bezeichnet sind, eine ebenfalls rot umrandete Teilfläche, deren Nutzung mit „Fertiggarage zur Ausstellung“ angegeben wird, sowie zwei weitere Teilflächen, auf denen insgesamt 40 Stellplätze als Bestand eingezeichnet sind. Die Baugenehmigung vom 10.12.1985 kann danach nicht dahingehend verstanden werden, dass mit ihr auch eine Nutzung der gesamten Freifläche als Lagerplatz gestattet werden sollte, auch wenn die Beklagte möglicherweise diese Vorstellung hatte, da mit der nachträglichen Erteilung der Baugenehmigung für insgesamt rechtmäßige Zustände auf den Grundstücken gesorgt werden sollte.
39 
Ist demzufolge davon auszugehen, dass der mit der Baugenehmigung vom 10.11.1995 beschiedene Bauantrag auch die erstmalige Gestattung der Nutzung der Freifläche zu Lagerzwecken zum Gegenstand hatte, so scheidet die Anwendung des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 BauGB auch deshalb aus, weil bei Einbeziehung dieser insgesamt über 24.000 m² großen Freifläche von einer „angemessenen“ Erweiterung des vorhandenen Betriebs unzweifelhaft nicht mehr gesprochen werden kann.
40 
b) Nach ständiger Rechtsprechung beginnt die Frist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG erst zu laufen, sobald die Rücknahmebehörde die Rechtswidrigkeit des erlassenen Verwaltungsakts erkannt hat und ihr die für die Rücknahmeentscheidung außerdem erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind (vgl. u.a. BVerwG, Beschl. v. 19.12.1984 -Gr.Sen. 1 und 2.84 - BVerwGE 70, 356; Urt. v. 24.1.2001 - 7 C 6.01 - NVwZ 2002, 485; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.4.2007 - 8 S 2090/06 - VBlBW 2007, 347). Dazu gehören die Umstände, deren Kenntnis es der Behörde objektiv ermöglicht, ohne weitere Sachaufklärung unter sachgerechter Ausübung ihres Ermessens über die Rücknahme zu entscheiden.
41 
Das Verwaltungsgericht ist der Meinung, es spreche vieles dafür, dass die Beklagte bereits im Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung gewusst habe, dass die Genehmigung dem geltenden Recht widerspreche. Für die Frage, wann ihr die für eine Rücknahmeentscheidung erheblichen Tatsachen vollständig bekannt gewesen seien, sei deshalb an den Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung anzuknüpfen. Da zu diesem Zeitpunkt keine Gründe vorgelegen hätten, die einer Rücknahme der Baugenehmigung entgegengestanden hätten, spreche vieles dafür, dass die Frist des § 48 Abs. 4 Satz 1 LVwVfG bereits zu diesem Zeitpunkt zu laufen begann. Jedenfalls habe sich das Gericht nicht die Überzeugung verschaffen können, dass der Beklagten die für eine Rücknahmeentscheidung außerdem maßgeblichen Tatsachen erst im November 2007 bekannt geworden seien. Hierfür trage die Beklagte die objektive Beweislast.
42 
Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Das Verwaltungsgericht stützt seine Vermutung, die Beklagte habe bereits im Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung gewusst, dass die Genehmigung dem geltenden Recht widerspreche, zu Unrecht auf einen sich bei den Akten der Beklagten befindlichen Notizzettel, der an der Innenseite des den am 5.1.1990 eingereichten Bauantrag betreffenden Aktenbands angeheftet wurde. Der Notizzettel betrifft offenbar den Bauantrag in seiner ursprünglichen Form, worauf auch die auf ihm vermerkte Größenabgabe („GF 4.800 m²“) hindeutet. Die auf dem Zettel befindlichen weiteren Notizen („§ 35 Abs. 1 nicht, § 35 Abs. 2 nicht, § 35 Abs. 4 Nr.6 nicht“) lassen zwar vermuten, dass die Beklagte den Bauantrag in dieser Form nicht für genehmigungsfähig gehalten hat. Der Bauantrag hat jedoch im weiteren Verlauf des Verfahrens erhebliche Veränderungen erfahren, nachdem sich gezeigt hatte, dass es zu der zunächst erwogenen Aufstellung eines Bebauungsplans für das betreffende Gebiet nicht kommen würde und eine Genehmigung des Vorhabens deshalb nur auf der Grundlage des § 35 Abs. 4 BauGB erteilt werden könne. Im Zuge dieser Änderungen hat die Rechtsvorgängerin der Klägerin die Grundfläche der geplanten neuen Halle von ca. 4.743 m² auf ca. 3.686 m² reduziert. Verglichen mit der Grundfläche der drei bereits vorhandenen Gebäude von zusammen 2.837 m² ergab sich daraus eine Zunahme von nur noch 30 %. Im Hinblick auf die ferner geplanten grünordnerischen Maßnahmen gab der Regionalverband daraufhin seinen anfänglichen Widerstand gegen das Vorhaben auf.
43 
Für die Annahme, der Beklagten sei von Anfang bewusst gewesen, dass die von ihr erteilte Baugenehmigung rechtswidrig sei, gibt auch der übrige Inhalt der Bauakten nichts her. Bei den verschiedenen von den Mitarbeitern der Beklagten mit dem Vertreter des Regionalverbands geführten Gesprächen über die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens ging es außer der vom Regionalverband geforderten landschaftsgerechten Einbindung des Vorhabens allein um die Frage, ob die geplante „Erweiterung“ noch als angemessen angesehen werden könne, wobei diese Frage offenbar allein an Hand eines Vergleichs zwischen der Grundfläche der bestehenden Gebäude mit der Grundfläche der geplanten neuen Halle beurteilt wurde. Den Akten lässt sich dagegen nicht entnehmen, dass von irgendeiner Seite die Frage aufgeworfen wurde, ob § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 BauGB überhaupt zur Anwendung kommen könne, obwohl die vorhandenen Gebäude nicht bestehen bleiben, sondern abgerissen werden sollten. Auch die Frage, ob in den Vergleich außer der Grundfläche der geplanten neuen Halle auch die Flächen des Freilagers einbezogen werden müssten, wurde offenbar nicht erörtert.
44 
Nimmt man hinzu, dass die sich aus dem genannten Grundflächenvergleich ergebende Zunahme von 30 % nicht die Grenzen dessen überschreitet, was in Rechtsprechung und Literatur als eine noch angemessene Erweiterung im Sinne des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 BauGB angesehen wird, so sieht der Senat keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme, der Beklagten sei bereits bei der Erteilung der Baugenehmigung deren Rechtswidrigkeit bewusst gewesen. Er hält diese Annahme für umso weniger gerechtfertigt, als nach der zuletzt erfolgten Änderung der Pläne der Regionalverband bereit war, dem Vorhaben auch oder gerade im Hinblick auf die Regelung in § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 BauGB zuzustimmen. Durch diese Zustimmung war die Beklagte zwar nicht ihrer Pflicht enthoben, die Vereinbarkeit des Vorhabens mit dieser Vorschrift ihrerseits zu prüfen. Die Vermutung, dass sie nach der Zustimmung des Regionalverbands eine Genehmigung des Vorhabens in seiner geänderten Form auf der Grundlage der genannten Vorschrift als zumindest vertretbar angesehen hat, liegt jedoch zumindest wesentlich näher als die Annahme, die Beklagte sei trotz der Zustimmung von der Rechtswidrigkeit des Vorhabens ausgegangen. Die Beklagte mag danach zwar Zweifel gehabt haben, ob die von ihr erteilte Baugenehmigung einer rechtlichen Prüfung standhalten würde. Das bedeutet jedoch nicht, dass ihr bereits bei der Erteilung der Baugenehmigung deren Rechtswidrigkeit bewusst gewesen ist.
45 
Der Senat geht nach alledem davon aus, dass die Beklagte erst durch das von ihr eingeholte Rechtsgutachten positive Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung vom 10.11.1995 erhalten hat. Das Gutachten wurde der Beklagten Mitte Dezember 2007 vorgelegt. Die am 3.1.2008 ausgesprochene Rücknahme der Baugenehmigung ist somit fristgerecht erfolgt.
46 
c) Entgegen der Ansicht der Klägerin hat die Beklagte ihre Befugnis zu einer Rücknahme der rechtswidrig erteilten Baugenehmigung nicht deshalb verwirkt, weil sie in der Zeit nach der Erteilung der Genehmigung deren Gültigkeit dreimal verlängert hat.
47 
Ein Recht ist verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht und der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat und nach dem gesamten Verhalten darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde (vgl. u.a. BVerwG, Urt. v. 18.7.2012 - 8 C 4.11 - BVerwGE 143, 335; Urt. v. 7.7.2005 - 8 C 15.04 - Buchholz 428 § 36 VermG Nr. 9 S. 11 f.) Die Annahme einer Verwirkung setzt somit neben dem Zeitablauf das Vorliegen besonderer ein solches Vertrauen des Verpflichteten begründender Umstände voraus.
48 
Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Für die Verlängerung der Geltungsdauer einer Baugenehmigung gelten dieselben Voraussetzungen wie für die Neuerteilung einer solchen Genehmigung. Der Bauherr hat nur dann einen Rechtsanspruch auf Verlängerung einer Baugenehmigung, wenn das Vorhaben im Zeitpunkt der Verlängerung dem geltenden Baurecht entspricht (OVG Niedersachsen, Urt. v. 22.6.2010 - 12 LB 213/07 - NVwZ-RR 2010, 916; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 2.12.1987 - 11 A 1942/87 - BRS 47 Nr. 140). Aus der Tatsache, dass die Beklagte die Baugenehmigung auf die Anträge der Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin dreimal anstandslos verlängert hat, konnte deshalb die Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin nur schließen, dass die Beklagte nach wie vor der Meinung ist, das Vorhaben stehe im Einklang mit dem geltenden Recht. Dass die Beklagte die Baugenehmigung bei einer anderen Beurteilung der Rechtslage nicht zurücknehmen werde, ergibt sich daraus nicht.
49 
d) Die Beklagte hat schließlich auch das ihr im Rahmen des § 48 Abs. 1 LVwVfG zustehende Ermessen fehlerfrei ausgeübt.
50 
Die Beklagte hat nicht verkannt, dass die Rücknahme der Baugenehmigung trotz des nur geringen Umfangs der bisher entwickelten Bautätigkeit mit Nachteilen für die Klägerin verbunden ist. Sie hat jedoch dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung Vorrang vor den Interessen der Klägerin eingeräumt und dabei in erster Linie auf die negativen raumordnerischen Auswirkungen des genehmigten Vorhabens abgestellt, mit dem ein Gewerbeschwerpunkt außerhalb des Siedlungsbereichs geschaffen werde. Sie hat ferner berücksichtigt, dass die Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin lange Zeit keine Anstalten unternommen haben, mit der Ausführung des bereits 1995 genehmigten Vorhabens zu beginnen. Im Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe wird ergänzend darauf hingewiesen, dass der Klägerin für die von ihr in schutzwürdigem Vertrauen getätigten Aufwendungen gemäß § 48 Abs. 3 LVwVfG einen Ausgleich verlangen könne.
51 
Gegen diese Überlegungen bestehen keine Bedenken. Das gilt auch in Anbetracht des Einwands der Klägerin, die Beklagte und das Regierungspräsidium hätten übersehen, dass der bestehende Betrieb mit einer Verkaufsfläche von ca. 2.300 m² ohne die Möglichkeit einer Modernisierung nicht mehr konkurrenzfähig sei. Die Klägerin ist durch die Rücknahme der Baugenehmigung nicht an einer Modernisierung der vorhandenen Gebäude gehindert, sondern nur daran, die Gebäude abzubrechen und durch einen (erheblich) größeren Neubau zu ersetzen. Ob eine solche Maßnahme erforderlich ist, um im Wettbewerb bestehen zu können, kann dahinstehen, da das Interesse der Klägerin an einer Ausdehnung ihres im Außenbereich gelegenen Betriebs nur insoweit schutzwürdig ist, als § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 BauGB eine solche Ausdehnung gestattet. Das Vorhaben, dessen Verwirklichung durch die Rücknahme der Baugenehmigung verhindert werden soll, wird aber, wie ausgeführt, von dieser Vorschrift gerade nicht gedeckt.
52 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
53 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
54 
Beschluss
55 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 125.700 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG).
56 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.