Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 12. Dez. 2014 - 9 ZB 11.2567
vorgehend
Tenor
I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III.
Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 45.000,- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerinnen tragen die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerinnen können die Vollstreckung jeweils durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Antragstellerinnen wenden sich gegen die 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 111 A „L.-weg “ der Antragsgegnerin (im Folgenden: 1. Änderung).
3Die 1. Änderung hat folgenden Inhalt:
4„I.
5Der Bebauungsplan Nr. 111 A „L.-weg “ vom 28.01.2000 wird geändert (1. Änderung).
6II.
7Als Grenze des räumlichen Geltungsbereichs der 1. Änderung wird das in der beigefügten Planzeichnung durch eine unterbrochene dicke schwarze Linie gekennzeichnete Gebiet bestimmt. Die Planzeichnung ist Bestandteil der Satzung.
8III.
9Die zeichnerischen Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 111 A gelten fort.
10IV.
11In den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 111 A wird der Abschnitt B.I.3 neu gefasst:
12„3. Im GE-2-Gebiet:
13Gemäß § 1 Abs. 10 BauNVO sind abweichend von der Regelung unter der Ziffer 1 Erneuerungen und Änderungen der vorhandenen Anlagen des Schlacht- und Zerlegebetriebs, L1.-weg 6, zulässig, wenn durch eine atypische Betriebsart/-weise oder durch besondere bauliche oder technische Maßnahmen i. S. des § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB die Emissionen soweit begrenzt oder die Ableitbedingungen so gestaltet werden, dass schädliche Umwelteinwirkungen i. S. des § 3 BImSchG einschließlich störender Gerüche in den benachbarten Wohngebieten vermieden werden. Die Ausnahmeregelung gilt nur für das bereits vorhandene Betriebsgrundstück L.-weg Nr. 6.
14Erweiterungen der Kapazität oder der Betriebsleistung über den bisher genehmigten Bestand hinaus sind nicht zulässig.“
15V.
16In den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 111 A wird im Abschnitt B.I.1 der Text „Einzelhandelsbetriebe mit zentren- und nahversorgungsrelevanten Sortimenten i. S. des Anhangs I, Teil A und B des Einzelhandelserlasses NW vom 07.05.1998 sowie großflächige Einzelhandelsbetriebe jeglicher Art“ durch folgenden Text ersetzt:
17„- Verkaufsstätten des Einzelhandels“
18VI.
19In den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 111 A wird nach dem Abschnitt B.I.3 der folgende Abschnitt ergänzt:
20„4. Ausnahmen gemäß § 31 Abs. 1 BauGB:
21Verkaufsstätten von zulässigen Betrieben imGE-2-Gebiet können ausnahmsweise zugelassen werden, wenn
22- das angebotene Sortiment aus eigener Herstellung auf dem Betriebsgrundstück stammt oder im Zusammenhang mit den hier hergestellten Waren bzw. angebotenen Leistungen steht,
23- die Verkaufsfläche im Sinne von § 8Abs. 3 BauNVO den Betrieb zugeordnet und in Grundfläche und Baumassen untergeordnet ist.“
24VII...
25VIII.
26Die übrigen textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 111 A gelten fort.“
27Der Ausgangsbebauungsplan Nr. 111 A trifft bzw. traf hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung diese Bestimmungen:
28„I. Art der baulichen Nutzung
29Gemäß § 1 Abs. 4 BauNVO wird das Gewerbegebiet wie folgt gegliedert:
30- 31
1. Im gesamten Plangebiet sind unzulässig:
- Anlagen der Abstandsklasse I-VI sowie der Nr. 192-195 und 207 der Abstandsklasse VII der Abstandsliste 1998 zum Abstandserlass vom 02.04.1998 (SMBl. NW 283) und Anlagen mit ähnlichem Emissionsverhalten,
33- Anlagen für sportliche Zwecke,
34- Vergnügungsstätten,
35- Einzelhandelsbetriebe mit zentren- und nahversorgungsrelevanten Sortimenteni. S. des Anhangs I, Teil A und B des Einzelhandelserlasses NW vom 07.05.1998 sowie großflächige Einzelhandelsbetriebe jeglicher Art,
36- Lagerplätze für Schüttgüter.
37- 38
2. Im GE-1-Gebiet
können sonstige Anlagen der Abstandsklasse VII der o. a. Abstandsliste nur als Ausnahme i. S. des § 31 Abs. 1 BauGB zugelassen werden, wenn durch besondere bauliche und/oder technische Vorkehrungen i. S. des§ 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB oder durch Betriebsbeschränkungen die Emissionen so weit begrenzt oder die Ableitbedingungen so gestaltet werden, dass das Emissionsverhalten dem eines nicht wesentlich störenden Betriebs im Sinne des § 6 BauNVO entspricht (atypische Betriebe).
40- 41
3. Im GE-2-Gebiet
Gemäß § 1 Abs. 10 BauNVO sind abweichend von der Regelung unter der Ziffer 1 Erneuerungen und Änderungen der vorhandenen Anlagen des Schlacht- und Zerlegebetriebs, L.-weg 6, zulässig, wenn durch eine atypische Betriebsart/-weise oder durch besondere bauliche oder technische Maßnahmen i. S. des § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB die Emissionen soweit begrenzt oder die Ableitbedingungen so gestaltet werden, dass schädliche Umwelteinwirkungen i. S. des § 3 BImSchG einschließlich störender Gerüche in den benachbarten Wohngebieten vermieden werden. Die Ausnahmeregelung gilt nur für das bereits vorhandene Betriebsgrundstück L.-weg Nr. 6.“
43In der Planbegründung zur 1. Änderung führt die Antragsgegnerin im Zusammenhang mit der Beschlussvorlage Nr. 289/2012 für den Satzungsbeschluss aus: Wesentliche Ziele der 1. Änderung seien die Klarstellung der textlichen Festsetzung B.I.3, wonach der Bestandsschutz Betriebserweiterungen sowohl räumlich als auch von der Schlachtkapazität her nicht umfasse, die dauerhafte Sicherstellung der Verträglichkeit der Nutzung des Schlachthofs mit der umgebenden Wohnnutzung für die Zukunft sowie die dauerhafte Sicherung des Betriebs des Schlachthofs in der aktuell bestehenden Form. Das Plangebiet befinde sich in einer Gemengelage zwischen Wohnen und Gewerbe. Beide Nutzungsarten unterlägen dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme. Im Sinne des Verbesserungsgebots behalte die 1. Änderung die im Ursprungsbebauungsplan getroffene Gliederung des Gewerbegebiets in Anlehnung an die Abstandsliste 1998 bei und übernehme den für den Schlachthof geltenden erweiterten Bestandsschutz nach § 1 Abs. 10 BauNVO. Um weiteren Konfliktverschärfungen unmissverständlich entgegenzutreten, werde in den textlichen Festsetzungen klargestellt, dass die Ausnahmeregelungen für Erneuerungen und Änderungen für Erweiterungen der Anlage einschließlich Kapazitätserweiterungen über den bisher genehmigten Bestand hinaus nicht gelten. Sollte sich in zukünftigen gerichtlichen Entscheidungen erweisen, dass durch die 1. Änderung doch eine Einschränkung der baulichen Nutzung eintrete, werde diese nach Abwägung der öffentlichen und privaten Belange für vertretbar gehalten und würden die wirtschaftlichen Interessen des Schlachthofbetreibers gegenüber den Belangen der Wohnnachbarschaft insoweit zurückgestellt. Weiterhin werde das Ziel verfolgt, die ursprüngliche Zweckbestimmung des Gebiets für gewerbliche Nutzungen aufrechtzuerhalten. Zur Vermeidung unumkehrbarer städtebaulicher Fehlentwicklungen würden daher Einzelhandelsbetriebe ausgeschlossen und die Flächen für das produzierende und verarbeitende Gewerbe gesichert. Verkaufsflächen seien nur im Rahmen von Werksverkäufen als Ausnahme vorgesehen.
44Zur Begründung des Ausgangsbebauungsplans Nr. 111 A hatte die Antragsgegnerin u. a. ausgeführt: Wesentliches Planungsziel sei, städtebauliche Fehlentwicklungen im Bereich des Einzelhandels zulasten des zentralen Versorgungsbereichs zu vermeiden und das unmittelbare Nebeneinander von Wohnen und Gewerbe verträglich zu gestalten. Dazu werde das Gewerbegebiet in Anlehnung an die Abstandsliste 1998 gegliedert und durchgrünt. Der vorhandene Schlachthof halte den nach dem Abstandserlass an sich vorgeschlagenen Abstand von 500 m zu der Wohnbebauung entlang der E.-straße nicht ein. Insgesamt könne aber von einer atypischen Situation ausgegangen werden. Erneuerungen und Änderungen dieses Betriebs seien unter Berücksichtigung besonderer betrieblicher oder technischer Vorkehrungen zum Schutz der Wohnnachbarschaft möglich. Zur Verbesserung der Konfliktsituation werde die Erschließung von Wohngebiet und Gewerbegebiet getrennt. Der L.-weg werde baulich abgebunden.
45Die 1. Änderung hat den nachfolgenden Hintergrund:
46Die Antragstellerin zu 1. bzw. ihre Rechtsvorgänger betreiben seit dem Jahr 1962 einen Rinderschlachthof auf dem der Antragstellerin zu 2. gehörenden Grundstück L.-weg 6.
47Am 7. August 2006 erteilte das Staatliche Amt für Umwelt und Arbeitsschutz - der Rechtsvorgängerin der Antragstellerin zu 1. - einen Genehmigungsbescheid „zur wesentlichen Änderung der Anlage zum Schlachten von Tieren durch Kapazitätserhöhung“ aufgrund von §§ 16, 19 BImSchG. Tenoriert wurde eine Genehmigung zur wesentlichen Änderung und zum geänderten Betrieb der Anlage an dem Standort Schlachthof H., L.-weg 6, zum Schlachten von Rindern mit einer Leistung von weniger als 50 t Lebendgewicht pro Tag. Gegenstand der Genehmigung war eine Erhöhung der Schlachtkapazität, eine Veränderung der Betriebszeiten und eine Erweiterung der Hofraumüberdachung.
48Am 12. Mai 2010 beantragte die Antragstellerin zu 1. bei dem Kreis H. eine Erhöhung der Schlachtleistung gemäß § 16 BImSchG. Die Antragstellerin zu 1. plant, die derzeit genehmigte Schlachtkapazität auf 120 t Lebendgewicht je Tag zu erhöhen. Dies entspricht nach ihren Angaben einer Zahl von ca. 200 Tieren pro Tag mit einem durchschnittlichen Lebendgewicht von 600 kg pro Tier. Die Erhöhung soll durch eine Verlängerung der Schlachtzeit erreicht werden. Eine räumliche Erweiterung sei nicht beabsichtigt. Hinsichtlich der Kuttelei, wo der Pansen abgetrennt und gereinigt werde, sei geplant, diese unter der überdachten Hoffläche umzubauen. Mit dem Änderungsgenehmigungsantrag legte die Antragstellerin zu 1. ein Lärmgutachten vom 15. April 2010 und ein Geruchsgutachten vom 11. Mai 2010 vor.
49Mit Schreiben vom 8. Juli 2010 verweigerte die von dem Kreis H. am immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren beteiligte Antragsgegnerin ihr Einvernehmen zu der von der Antragstellerin zu 1. beantragten Kapazitätserweiterung. Diese sei keine Änderung im Sinne der textlichen Festsetzung B.I.3 des Bebauungsplans Nr. 111 A. Zur näheren Begründung bezog die Antragsgegnerin sich auf eine hausinterne Stellungnahme vom 14. Juli 2009. In dieser heißt es, die textliche Festsetzung B.I.3 gestatte lediglich Erneuerungen und Änderungen der vorhandenen Anlagen. Die Antragstellerin zu 1. wolle die Kapazitätserweiterung indessen ohne einen baulichen Eingriff vornehmen und ihren Betrieb auf diesem Weg auch nicht erneuern.
50Unter dem 8. November 2010 bezogen die Prozessbevollmächtigten der Antragstellerinnen im Nachgang zu einer ersten Stellungnahme vom 2. November 2010 zu einer von der Antragsgegnerin ins Auge gefassten möglichen Änderung des Bebauungsplans Nr. 111 A Position. Zum einen entstehe dadurch ein Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens nach § 39 BauGB. Zum anderen sei zweifelhaft, ob eine Einschränkung der Zulässigkeit einer Kapazitätserweiterung rechtlich fehlerfrei gelingen könne. Schon jetzt gelte eine Beschränkung des Schlachthofs auf das bisherige Gelände kombiniert mit Einschränkungen des Emissionsverhaltens, die sicherstellten, dass an der benachbarten Wohnbebauung nur wohngebietsverträgliche Werte erreicht würden. Schärfere Anforderungen könnten an den Schlachthofbestand nicht gestellt werden, ohne dass der Bebauungsplan abwägungsfehlerhaft würde. Die Gewichte der abwägungsrelevanten Interessen würden ansonsten ohne jede planerische Rechtfertigung zulasten des Schlachthofs verschoben. Die jetzige textliche Festsetzung B.I.3 erlaube Erneuerungen und Änderungen. Letzteres sei im Hinblick auf die geplante Erhöhung der Schlachtkapazität der Fall. Diese beziehe sich auf eine bestehende bauliche Anlage und könne entweder in einer Veränderung der äußeren Gestalt oder des Inneren der Anlage bestehen. Es sei nicht zwangsläufig erforderlich, dass es sich (auch) um bautechnische Änderungen handele. Jede andere Sichtweise würde dazu führen, dass immissionsschutzrechtlich genehmigungspflichtige Vorhaben, die die bisherige Nutzung aufrecht erhielten und nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz genehmigungspflichtige Änderungen ohne bauliche Änderungen durchführen wollten, weder als Nutzungsänderung noch als Änderung zu qualifizieren seien. Sei mit ihnen auch keine Erweiterung oder Erneuerung des Anlagenbestands verbunden, so würden sie sinnwidrig aus dem Anwendungsbereich des § 1 Abs. 10 BauNVO herausfallen. Man würde dem vorliegenden Vorgang überhaupt keine bauplanungsrechtliche Relevanz unterstellen. Dass es sich um eine Nutzungsänderung handele, sei auszuschließen. Die beantragte Erhöhung führe allenfalls zu einer quantitativen Intensivierung der Nutzung, nicht aber zu einer qualitativen. Schon bisher sei der Schlachthof eine immissionsschutzrechtlich genehmigungspflichtige Anlage gewesen. Genau diese Nutzung sei weiterhin beabsichtigt. Die weiteren Voraussetzungen für die Zulässigkeit der geplanten Änderung seien erfüllt. Die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen lägen vor. Schädliche Umwelteinwirkungen würden nicht hervorgerufen.
51In seiner Sitzung am 11. November 2010 beschloss der Planungsausschuss des Rats der Antragsgegnerin die Aufstellung der 1. Änderung.
52Mit Schreiben vom 18. November 2010 - ergänzt durch ein weiteres Schreiben vom 14. März 2011 - an die Antragsgegnerin legten deren Prozessbevollmächtigte die textliche Festsetzung B.I.3 des Bebauungsplans Nr. 111 A dahingehend aus, dass diese nur Erneuerungen und Änderungen des Schlachtbetriebs zulasse, nicht dagegen Erweiterungen und Nutzungsänderungen. Die Antragstellerin zu 1. plane weder eine Erneuerung noch eine Änderung der Schlachtanlage. Sie beabsichtige eine nicht zugelassene Nutzungsänderung. Mit einer Erhöhung der Schlachtleistung unterfalle die Anlage nicht mehr Nr. 7.2, Spalte 2, des Anhangs zur 4. BImSchV, sondern sei nunmehr deren Spalte 1 zuzuordnen, die für Schlachtbetriebe mit einer Schlachtleistung von mehr als 50 t/Tag die Durchführung eines förmlichen Genehmigungsverfahrens verlange. Die Erhöhung der Betriebsleistung habe also die Umwandlung einer gewerblichen in eine industrielle Anlage zur Folge. Zu dem gleichen Ergebnis führe die Überlegung, dass die beantragte Erhöhung der Betriebsleistung auch andere materiell-rechtliche Anforderungen an die zu erteilende Genehmigung stelle, als dies bisher der Fall gewesen sei. Danach sei eine Änderung des Bebauungsplans nicht erforderlich. Da diese Einschätzung aber nicht völlig sicher sei - etwa teile sie der Kreis H. nicht -, erscheine es sinnvoll, durch Änderung der textlichen Festsetzung B.I.3 klarzustellen, dass die zu § 1 Abs. 10 BauNVO getroffene Regelung eine Erhöhung der Kapazität auf 50 t/Tag und mehr nicht zulasse.
53Am 26. November 2010 beschloss der Rat der Antragsgegnerin eine Veränderungssperre für den Bereich der zukünftigen 1. Änderung. Die Antragsgegnerin machte die Veränderungssperre in ihrem Amtsblatt vom 29. November 2010 öffentlich bekannt.
54Im Zuge der frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit machten die Prozessbevollmächtigten der Antragstellerinnen am 22. Dezember 2010 Anregungen zu dem Planentwurf. Keines der Planungsziele könne mit der 1. Änderung erreicht werden. Die Erhöhung der Schlachtkapazität sei nach dem geltenden Bebauungsplan Nr. 111 A zulässig. Somit sei die 1. Änderung keinesfalls lediglich eine Klarstellung. Sie stelle sich gegenüber dem bisherigen Bebauungsplan als eine gravierende Einschränkung der Nutzungsmöglichkeiten auf dem Gelände des Schlachthofs dar. Die geplante Erhöhung der Schlachtkapazität sei der Sache nach eine Änderung, die unter bestimmten immissionsschutzrechtlichen Rahmenbedingungen nach dem derzeitigen Bebauungsplan zulässig sei. Dies sei auch die Auffassung des Kreises H. Die Erhöhung der Betriebsleistung sei keine Nutzungsänderung. Der Sprung von der Spalte 2 in die Spalte 1 des Anhangs zur 4. BImSchV habe spezifisch immissionsschutzrechtliche Gründe und mit planungsrechtlichen Rahmenbedingungen nichts zu tun. Die Erhöhung der Schlachtkapazität sei lediglich eine Intensivierung der bisher ausgeübten Nutzung. Die Verträglichkeit der Nutzung auf dem Schlachthofgelände mit der umgebenden Wohnnutzung sei auch ohne die 1. Änderung sichergestellt. Aus denselben Gründen könne es kein taugliches planungsrechtliches Ziel sein, den Schlachthofbetrieb in der aktuell bestehenden Form dauerhaft zu sichern. Dieses Ziel werde durch die avisierte Änderung gerade verfehlt. Danach fehle es sowohl an der Planrechtfertigung als auch an der Abwägungsfehlerfreiheit. Es gebe keinen Grund, Änderungen des vorhandenen Schlachtbetriebs auszuschließen. Wie die Fachgutachter im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren bestätigt hätten, würden die Belange der umgebenden Wohnnutzung aufgrund einer Erweiterung der Schlachtkapazitäten nicht beeinträchtigt. Weitere Erhöhungen des Schutzanspruchs könne die benachbarte Wohnnutzung nicht verlangen.
55Unter dem 30. Dezember 2010 bat die Antragsgegnerin den Kreis H., den Genehmigungsantrag der Firma Schlachthof H. wegen der in Kraft getretenen Veränderungssperre abzulehnen. Über den Genehmigungsantrag ist noch nicht entschieden.
56Vor der öffentlichen Auslegung des Planentwurfs wandten sich die Prozessbevollmächtigten der Antragstellerinnen am 31. Januar 2012 erneut an die Antragsgegnerin. Sie machten nochmals geltend, die Annahme der Antragsgegnerin sei rechtlich falsch, die für den Schlachthof beantragte Kapazitätserweiterung von weniger als 50 t auf 120 t Lebendgewicht je Tag sei durch den Bebauungsplan in der geltenden Fassung nicht gedeckt. Falsch sei auch, wenn die Begründung des Planentwurfs nahe lege, nur im Zuge der im Jahr 2006 erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung sei die Verträglichkeit der Einwirkungen des Schlachtbetriebs auf die Nachbarschaft nachgewiesen worden. Dies sei auch in dem anhängigen Genehmigungsverfahren der Fall. Das von der Antragsgegnerin verfolgte Planungsziel sei ein Etikettenschwindel. Es sei kein taugliches planungsrechtliches Ziel, den Betrieb des Schlachthofs dauerhaft zu sichern. Tatsächlich handele es sich um eine gravierende Einschränkung der nach dem geltenden Plan bestehenden Entwicklungsmöglichkeiten, die seinerzeit gemäß § 1 Abs. 10 BauNVO zugestanden worden seien.
57In der Zeit vom 8. März 2012 bis einschließlich 13. April 2012 lag der Entwurf der 1. Änderung öffentlich aus.
58Am 11. April 2012 erhoben die Antragstellerinnen Einwendungen. Diese decken sich im Wesentlichen mit den Einwänden ihrer Schreiben vom 2. November 2010 und vom 22. Dezember 2010, welche die Antragstellerinnen in ihren Einwendungen ausdrücklich in Bezug nehmen.
59In seiner Stellungnahme vom 10. April 2012 erklärte der Kreis H., eine Beschränkung der Schlachtkapazität sei aus Sicht des vorbeugenden Immissionsschutzes nicht nötig. Auch bei der von der Antragstellerin zu 1. geplanten Kapazitätserweiterung seien die Richtwerte für Lärm- und Geruchsimmissionen ausweislich der im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren vorgelegten Gutachten deutlich unterschritten.
60In seiner Sitzung am 12. November 2012 beschloss der Rat der Antragsgegnerin die 1. Änderung als Satzung. Die Bürgermeisterin der Antragsgegnerin fertigte die 1. Änderung am 13. November 2012 aus. Am 28. November 2012 machte die Antragsgegnerin die 1. Änderung in ihrem Amtsblatt öffentlich bekannt.
61Am 11. März 2013 haben die Antragstellerinnen den vorliegenden Normenkontrollantrag gestellt.
62Zur Begründung tragen sie im Kern wiederholend und ergänzend vor, der Antrag sei zulässig. Das Rechtsschutzbedürfnis fehle nicht. Eine Unwirksamkeitserklärung der 1. Änderung könne für sie in jedem Fall von Nutzen sein. In der Sache sei die textliche Festsetzung B.I.3 nicht städtebaulich erforderlich. Die Antragsgegnerin habe keine Befugnis zur Planänderung. Eine geordnete städtebauliche Entwicklung sei auch ohne die 1. Änderung hinreichend gewährleistet. Die von der Antragsgegnerin angeführten Planungsziele könnten mit der 1. Änderung nicht erreicht werden. Es sei davon auszugehen, dass es sich um eine Verhinderungsplanung in Gestalt einer Gefälligkeitsplanung handele. Die Antragsgegnerin habe keine andere Möglichkeit gesehen, die immissionsschutzrechtliche Genehmigung der Erhöhung der Schlachtkapazität zu verhindern. Sie habe sich wohl gehalten gesehen, dem gegen das Vorhaben der Antragstellerinnen geäußerten „Bürgerunmut“ beizutreten. Die neugefasste textliche Festsetzung B.I.3 sei keine bloße Klarstellung der bisherigen Festsetzung. Die geplante Erhöhung der Schlachtkapazität - mittels einer technischen Optimierung - falle unter den Begriff der Änderung im Sinne des § 1 Abs. 10 BauNVO. Es sei beabsichtigt, die Anlage im Inneren zu verändern und zwar dergestalt, dass an einer Stelle eine neue trennende Wand eingezogen werde. Auch solle die Maschinentechnik erneuert werden. Die Kuttelei solle umgebaut werden. Es sei nicht zwangsläufig erforderlich, dass es sich bei einer Änderung (auch) um bautechnische Änderungen handele, wie bereits in der Stellungnahme vom 2. November 2010 dargelegt. Wenn das beabsichtigte Vorhaben schon jetzt von dem Anwendungsbereich der Festsetzung erfasst sei, könne die Antragsgegnerin mit einer Klarstellung nicht das genaue Gegenteil dessen erreichen. Dies sei ein Etikettenschwindel. Vorsorglich werde darauf hingewiesen, dass das Änderungsvorhaben der Antragstellerinnen auch als bloße Nutzungsintensivierung zulässig sei. Die Genehmigungsfrage stelle sich nicht neu. Die gegenwärtige Nutzung als Schlachthof solle beibehalten werden. Die Nutzungsintensivierung habe bloß einen quantitativen Charakter. Bodenrechtlich relevante Spannungen erzeuge sie nicht. Im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren sei dargelegt worden, dass das Änderungsvorhaben immissionsschutzrechtlich genehmigungsfähig sei. Dies gelte insbesondere für Gerüche und für Lärm. Festzuhalten bleibe, dass die Kapazitätserhöhung nicht anhand des § 1 Abs. 10 BauNVO gesteuert werden könne. Darüber hinaus widerspreche das Ziel der Klarstellung dem Sinn und Zweck der Festsetzung. Da für den Betrieb durch den Bebauungsplan sogar ein erweiterter Bestandsschutz zugelassen werde, stehe es im Widerspruch zu dem Ziel der Klarstellung, bauliche Veränderungen zu gestatten, weniger eingreifende Maßnahmen wie die geplante Kapazitätserhöhung aber nicht mehr zuzulassen. Durch die ergänzende Festsetzung werde erstmals der einfache Bestandsschutz tangiert. Denn mit der neuen Festsetzung müsse die Antragstellerin zu 2. mit den gegenwärtigen Nutzungsmöglichkeiten Vorlieb nehmen. Ihr würden jegliche Entwicklungschancen genommen. Diese seien aber auch in gewissem Umfang Teil der vorhandenen Genehmigung. Ursprünglich habe die Antragsgegnerin nicht gewollt, die Antragstellerin zu 1. auf den einfachen Bestandsschutz zu verweisen. Bei der nunmehrigen Auslegung durch die Antragsgegnerin sei ihre eigene Festsetzung quasi funktionslos. Im Jahr 2000 habe die Antragsgegnerin mit der Festsetzung alles umfassen wollen, was nach immissionsschutzrechtlichen Maßstäben zulässig sei. Die Kapazitätserhöhung erfülle diese Voraussetzungen. Im Übrigen sei es auch im Rahmen des im Jahr 2006 durchgeführten immissionsschutzrechtlichen Änderungsverfahrens um eine Kapazitätserhöhung gegangen. Dagegen habe die Antragsgegnerin seinerzeit keine Einwände erhoben. Das Planungsziel, die Nutzungsverträglichkeit des Schlachthofs mit der Wohnbebauung für die Zukunft sicherzustellen, könne mit der 1. Änderung nicht weitergehend gefördert werden, als dies bisher schon der Fall gewesen sei. Auch bislang seien Erneuerungen und Änderungen Einschränkungen bezüglich des Emissionsverhaltens unterworfen gewesen. Die von der Antragsgegnerin angeblich verfolgte dauerhafte Sicherstellung des Schlachthofbetriebs in der aktuellen Form stelle sich als überflüssig dar. Alle von der Antragsgegnerin angeführten Planungsziele seien vorgeschoben, um das Änderungsvorhaben der Antragstellerinnen zu verhindern. Eine Verletzung des Abwägungsgebots liege darin, dass die textliche Festsetzung B.I.3 unverhältnismäßig in das Eigentumsrecht aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG eingreifen. Die Festsetzung greife in den genehmigten Bestand ein und verhindere selbst das Ausnutzen der erteilten Genehmigung. Insofern müsse Beachtung finden, dass die Bandbreite einer Genehmigung grundsätzlich auch Nutzungsintensivierungen erfasse, sofern die Schwelle zu einer Nutzungsänderung nicht überschritten sei. Diese Nutzungsintensivierungen verwehre die 1. Änderung nunmehr. Eine sachliche Rechtfertigung dafür gebe es nicht. Die Auffassung der Antragsgegnerin, diese Rechtfertigung lasse sich aus dem Wechsel des Vorhabens von der Spalte 2 in die Spalte 1 zu Nr. 7.2 des Anhangs zur 4. BImSchV herleiten, sei nicht haltbar. Der Spaltenwechsel allein sei bauplanungsrechtlich irrelevant. Faktisch laufe diese Sichtweise auf eine Enteignung hinaus. Den Antragstellerinnen werde jeglicher Spielraum innerhalb der bestandsgeschützten Nutzung genommen. Die Antragsgegnerin habe nicht den Eigentumsbelangen im Einzelfall Rechnung getragen. Das Entwicklungsinteresse der Antragstellerinnen müsse höher gewichtet werden als das Interesse der Wohnbebauung, vor mit der geplanten Leistungserhöhung angeblich verbundenen vermehrten Immissionen geschützt zu werden. Eine Kapazitätserhöhung unter Berücksichtigung des Gebots der gegenseitigen Rücksichtnahme sei nicht zu beanstanden. Wie im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren nachgewiesen worden sei, nehme das Änderungsvorhaben ausreichend Rücksicht auf die Umgebung. Ohnehin sei die Pflichtigkeit des Betreibers von der Umgebungssituation abhängig. Diese Umgebung träfen unter Umständen gesteigerte Duldungspflichten.
63Die Antragstellerinnen beantragen,
64die 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 111 A „L.-weg “ der Antragsgegnerin für unwirksam zu erklären.
65Die Antragsgegnerin beantragt,
66den Antrag abzulehnen.
67Sie trägt vor, der Antrag sei unzulässig. Ihm fehle das Rechtsschutzinteresse. Eigentliches Ziel der Antragstellerinnen sei, eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Erhöhung der Schlachtkapazität auf 120 t Lebendgewicht pro Tag zu erhalten. Dieses Ziel könnten sie aber auch dann nicht erreichen, wenn die 1. Änderung für unwirksam erklärt würde. Denn das Änderungsvorhaben sei auch nach dem Ausgangsbebauungsplan Nr. 111 A unzulässig. Die 1. Änderung sei lediglich eine Klarstellung dieser Rechtslage. Das Änderungsvorhaben der Antragstellerinnen sei eine Nutzungsänderung. Die Nutzung solle so intensiviert werden, dass die geänderte Anlage anderen öffentlich-rechtlichen Anforderungen zu unterwerfen sei. Dies folge schon aus dem Spaltenwechsel des Änderungsvorhabens von der Spalte 2 in die Spalte 1 der Nr. 7.2 des Anhangs zur 4. BImSchV. Aber auch abgesehen davon sei die Änderung von bauplanungsrechtlicher Relevanz. Der Antrag sei darüber hinaus unbegründet. Legitimes Planungsziel der 1. Änderung sei, im Planbereich eine mit der benachbarten Wohnbebauung vereinbare gewerbliche Nutzung zu ermöglichen und den Bestand des bestehenden Schlachtbetriebs zu sichern. In der Nähe der Wohnbebauung habe die Antragsgegnerin im Plangebiet keine industriellen Anlagen zulassen wollen. Folglich müsse sie das Änderungsvorhaben der Antragstellerinnen nicht deswegen als industrielle Nutzung tolerieren, weil dieses unter immissionsschutzrechtlichen Gesichtspunkten möglicherweise unbedenklich sei. Ein Verstoß gegen Art. 14 GG liege nicht vor.
68Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der von der Antragsgegnerin vorgelegten Aufstellungsvorgänge verwiesen.
69E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
70Der Antrag ist zulässig (dazu I.), aber unbegründet (dazu II.).
71I. Der Antrag ist zulässig.
721. Die Antragstellerinnen sind im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt.
73Nach dieser Vorschrift kann den Normenkontrollantrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift, die Gegenstand des Normenkontrollantrags ist, oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Dabei sind an die Geltendmachung einer Rechtsverletzung keine höheren Anforderungen zu stellen als § 42 Abs. 2 VwGO es tut. Es genügt, wenn der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch die Festsetzungen des Bebauungsplans in einem Recht verletzt wird. Das ist regelmäßig der Fall, wenn sich der Eigentümer eines im Plangebiet gelegenen Grundstücks gegen eine Festsetzung wendet, die sein Grundstück unmittelbar betrifft oder - wenn er sein Eigentum nicht unmittelbar betreffende Festsetzungen angreift -, wenn sein aus dem Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB folgendes Recht verletzt sein kann, d. h. die Planung einen abwägungserheblichen Belang berührt, auf den der Antragsteller sich berufen kann und der möglicherweise fehlerhaft behandelt worden ist.
74Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 17. Dezember 2012 - 4 BN 19.12 -, BauR 2013, 753 = juris Rn. 3, vom 13. November 2012 - 4 BN 23.12 -, juris Rn. 3, und vom 22. August 2000 - 4 BN 38.00 -, BRS 63 Nr. 45 = juris Rn. 5, Urteil vom 10. März 1998 - 4 CN 6.97 -, BRS 60 Nr. 44 = juris Rn. 12.
75Antragsbefugt sein kann nicht nur der Grundstückseigentümer. Soweit durch einen Bebauungsplan wirtschaftliche Interessen eines bloß obligatorisch an dem Betriebsgrundstück Berechtigten berührt werden, die als individualisierter Belang für den Plangeber erkennbar waren, kann deren Beeinträchtigung auch ohne dingliche Berechtigung eine Rechtsverletzung im Sinne von §§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO, 1 Abs. 7 BauGB hervorbringen. Dies gilt auch für eine Beeinträchtigung des durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1GG geschützten Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.
76Vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16. April 2008 - 3 S 3005/06 -, BRS 73 Nr. 140 = juris Rn. 37 f.; Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Auflage 2010, § 47 Rn. 218.
77Ausgehend davon sind die Antragstellerinnen antragsbefugt.
78Die Antragstellerin zu 2. kann als Eigentümerin des Grundstücks L.-weg 6 geltend machen, die 1. Änderung verletze sie in ihrem Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG. Die textliche Festsetzung B.I.3 beschränkt die Nutzungsmöglichkeiten dieses Grundstücks genauso wie der daneben eingeführte Einzelhandelsausschluss. Was die textliche Festsetzung B.I.3 anbelangt, gilt dies unabhängig davon, ob es sich bei deren Neufassung durch die 1. Änderung um eine - wie die Antragsgegnerin (übrigens zu Recht; dazu im Einzelnen weiter unten) meint - bloße „Klarstellung“ der nach dem Ausgangsbebauungsplan Nr. 111 A geltenden Rechtslage in Verbindung mit der Genehmigungslage im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses handelt oder, ob diese - wie die Antragstellerinnen vertreten - mit einem erstmaligen (neuen) Rechtseingriff verbunden ist. Zur Überprüfung des Gerichts steht die textliche Festsetzung B.I.3 in ihrer neuen - im Sinne von § 1 Abs. 8 BauGB ergänzten - Form einschließlich des Zusatzes hinsichtlich der Unzulässigkeit einer Erweiterung der (Schlacht-)Kapazität oder der Betriebsleistung in jedem Fall. Sie hat für sich genommen das Potential, die Antragstellerin zu 2. in ihren Rechten zu verletzen. Die vermeintlichen Vor- und Nachteile einer Änderungsplanung für einen Antragsteller im Vergleich zu dem Ausgangsbebauungsplan sind im Rahmen der Antragsbefugnis nicht zu bilanzieren.
79Vgl. insoweit BVerwG, Urteil vom 10. März 1998 - 4 CN 6.97 -, BRS 60 Nr. 44 = juris Rn. 13, und Beschluss vom 6. Januar 1993 - 4 NB 38.92 -, BRS 55 Nr. 26 = juris Rn. 13; OVG NRW, Urteil vom 29. März 2011 - 2 D 44/09.NE -, juris Rn. 52.
80Die 1. Änderung betrifft daran anschließend die Antragstellerin zu 1. in einem nach § 1 Abs. 7 BauGB abwägungsrelevanten eigenen Belang aus § 1 Abs. 6 Nr. 8 a) BauGB (Belange der Wirtschaft) bzw. in ihrem von Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG protegierten Recht an einem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Die Antragstellerin zu 1. betreibt auf dem Grundstück L.-weg 6 einen Schlachthof. Dessen Entwicklungsmöglichkeiten werden durch die textliche Festsetzungen B.I.3 in der Gestalt der 1. Änderung - Klarstellung oder nicht - restringiert. Die Festsetzung läuft auf eine Festschreibung der aktuell durch die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 7. August 2006 genehmigten Schlachtleistung von bis zu 50 t Lebendgewicht je Tag hinaus.
812. Im nächsten Schritt kann den Antragstellerinnen auch das Rechtsschutzbedürfnis für den Normenkontrollantrag nicht abgesprochen werden.
82Das Rechtsschutzbedürfnis für einen Normenkontrollantrag fehlt nur, wenn sich die Inanspruchnahme des Gerichts als nutzlos erweisen würde, weil der Antragsteller durch die von ihm angestrebte Unwirksamkeitserklärung des angefochtenen Bebauungsplans keine tatsächlichen Vorteile ziehen und auch seine Rechtsstellung (aktuell) nicht verbessern kann. Dies ist der Fall, wenn der Antragsteller - nach den jeweiligen Verhältnissen im Einzelfall - unabhängig vom Ausgang des Normenkontrollverfahrens keine reale Chance hat, sein eigentliches Ziel zu erreichen. Von diesem Grundsatz ist auch die Fallgestaltung erfasst, dass sich die fehlende Verbesserung der Rechtsstellung daraus ergibt, dass bei einem Erfolg der Normenkontrolle ein früherer Bebauungsplan wieder in Kraft tritt. Andererseits genügt es zur Bejahung des Rechtsschutzinteresses, wenn zu erwarten ist, dass die Gemeinde einen neuen Bebauungsplan mit möglicherweise für den Antragsteller günstigeren Festsetzungen aufstellen wird.
83Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 4. Juni 2008 - 4 BN 13.08 -, BRS 73 Nr. 51 = juris Rn. 5, und vom 19. November 2007 - 4 BN 49.07 -, BRS 71 Nr. 44 = juris Rn. 2, Urteil vom 23. April 2002 - 4 CN 3.01 -, BRS 65 Nr. 50 = juris Rn. 9 f., Beschluss vom 30. September 1992 - 4 NB 22.92 -, juris Rn. 8, Urteile vom 18. Juli 1989 - 4 N 3.87 -, BVerwGE 82, 225 = BRS 49 Nr. 34 = juris Rn. 22 und 26 f., und vom 28. August 1987 - 4 N 3.86 -, BVerwGE 78, 85 = BRS 47 Nr. 185 = juris Rn. 18 f.
84Gemessen daran ist ein Rechtsschutzbedürfnis zu bejahen.
85Der Normenkontrollantrag kann für die Antragstellerinnen von Nutzen sein und ihre Rechtsstellung absehbar verbessern. Die Antragstellerinnen können mit dem Antrag erreichen, dass der durch die 1. Änderung der textlichen Festsetzung B.I.3 hinzugefügte Zusatz betreffend die Beschränkung der Schlachtkapazität entfällt. Schlösse sich die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbehörde - der Kreis H. - oder später ggf. ein Verwaltungsgericht der Sichtweise der Antragstellerinnen an, dass eine Erhöhung der Schlachtkapazität auf 50 t Lebendgewicht je Tag oder mehr unter der im Falle einer Unwirksamkeit der 1. Änderung wieder auflebenden Geltung des Ursprungsplans Nr. 111 A,
86vgl. zu dieser Rechtsfolge auch BVerwG, Beschluss vom 19. April 2010 - 4 VR 2.09 -, juris Rn. 2, Urteil vom 10. August 1990 - 4 C 3.90 -, BVerwGE 85, 289 = BRS 50 Nr. 97 = juris Rn. 21; OVG NRW, Urteil vom 21. Dezember 2010 - 2 A 1419/09 -, DVBl. 2011, 570 = juris Rn. 100,
87als Änderung oder Erneuerung zulässig wäre, würde die textliche Festsetzung B.I.3 dem parallel anhängigen immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigungsantrag der Antragstellerin zu 1. zumindest nicht mehr von vornherein entgegengehalten werden können. Die Antragstellern zu 1. würde so ihrem Ziel näher kommen, für die Erhöhung der Schlachtkapazität auf 120 t Lebendgewicht pro Tag die beantragte Änderungsgenehmigung nach § 16 BImSchG zu erhalten.
883. Die Antragstellerinnen sind nicht gemäß § 47 Abs. 2 a) VwGO präkludiert. Sie haben rechtzeitig während der öffentlichen Auslegung des Planentwurfs am 11. April 2012 Einwendungen erhoben. Der Normenkontrollantrag wurde auch innerhalb der Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestellt.
89II. Der Antrag ist jedoch unbegründet.
90Die 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 111 A „L.-weg “ der Antragsgegnerin ist wirksam.
91Formelle Fehler machen die Antragstellerinnen nicht geltend. Solche sind auch nicht ersichtlich.
92Die 1. Änderung ist des Weiteren in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden.
93Die 1. Änderung und ihre Festsetzungen sind im Sinne von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB prinzipiell städtebaulich erforderlich (dazu 1.). Insbesondere die Neufassung der textlichen Festsetzung B.I.3 durch die 1. Änderung (dazu 2. a) sowie der von ihr eingeführte Einzelhandelsausschluss mit der Ausnahme für produktionsbezogenen Annexhandel sind jeweils von einer einschlägigen Ermächtigungsgrundlage gedeckt (dazu 2. b) und hinreichend bestimmt. Die 1. Änderung verstößt auch nicht gegen das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB (dazu 3.).
941. Die 1. Änderung und ihre Festsetzungen sind grundsätzlich im Sinne von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB städtebaulich erforderlich.
95Was im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB städtebaulich erforderlich ist, bestimmt sich maßgeblich nach der jeweiligen Konzeption der Gemeinde. Welche städtebaulichen Ziele die Gemeinde sich setzt, liegt in ihrem planerischen Ermessen. Der Gesetzgeber ermächtigt sie, die „Städtebaupolitik“ zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht. Nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB sind demgegenüber in aller Regel nur solche Bauleitpläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind. § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB ist ferner verletzt, wenn ein Bebauungsplan, der aus tatsächlichen oder Rechtsgründen auf Dauer oder auf unabsehbare Zeit der Vollzugsfähigkeit entbehrt, die Aufgabe der verbindlichen Bauleitplanung nicht zu erfüllen vermag. In dieser Auslegung setzt § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB der Bauleitplanung lediglich eine erste, wenn auch strikt bindende Schranke, die lediglich grobe und einigermaßen offensichtliche Missgriffe ausschließt. Sie betrifft die generelle Erforderlichkeit der Planung, nicht hingegen die Einzelheiten einer konkreten planerischen Lösung. Dafür ist das Abwägungsgebot maßgeblich, das im Hinblick auf gerichtliche Kontrolldichte, Fehlerunbeachtlichkeit und heranzuziehende Erkenntnisquellen abweichenden Maßstäben unterliegt. Deswegen kann die Abgewogenheit einer Bauleitplanung und ihrer Festsetzungen nicht bereits zum Maßstab für deren städtebauliche Erforderlichkeit gemacht werden.
96Vgl. BVerwG, Urteile vom 27. März 2013 - 4 C 13.11 -, BauR 2013, 1399 = juris Rn. 9, und vom 27. März 2013 - 4 CN 6.11 -, BauR 2013, 1402 = juris Rn. 9, Beschluss vom 11. Mai 1999 - 4 BN 15.99 -, BRS 62 Nr. 19 = juris Rn. 4; OVG NRW, Urteil vom 14. Oktober 2013 - 2 D 103/12.NE -, juris Rn. 36.
97Gemessen an diesem Maßstab ist die 1. Änderung mitsamt ihren Festsetzungen im Grundsatz städtebaulich gerechtfertigt. Ihr liegt ausweislich der Planbegründung eine von städtebaulich legitimen Zielen getragene positive Planungskonzeption zugrunde. Sie ist keine verbotene Verhinderungsplanung.
98Die Antragsgegnerin verfolgt mit der textlichen Festsetzung B.I.3 erklärtermaßen vorrangig die städtebaulichen Belange des § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB (Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse) und § 1 Abs. 6 Nr. 7 c) und e) BauGB (Belange des Umweltschutzes und Vermeidung von Emissionen). Vermittels des Ausschlusses einer Erhöhung der Schlachtkapazität des Schlachthofs der Antragstellerin zu 1. über den gegenwärtig genehmigten Umfang hinaus will die Antragsgegnerin die nahegelegene Wohnbebauung in der gegebenen Gemengelage von Wohnen und Gewerbe vor einer weiteren Verschärfung des Immissionskonflikts durch Gewerbelärm, Verkehrslärm und Gerüche schützen.
99Damit trägt die Antragsgegnerin dem Trennungsgrundsatz des § 50 BImSchG Rechnung. Dieser allgemein anerkannter Planungsgrundsatz ist im Rahmen der bauleitplanerischen Abwägung zu beachten und daher auch auf der vorgelagerten Ebene des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB ein konzeptionell tragfähiger städtebaulicher Grund. Der Trennungsgrundsatz stellt kein zwingendes Gebot dar, aber eine Abwägungsdirektive. Er gestattet Ausnahmen, wenn - wie es die Antragsgegnerin über die Gebietsgliederung nach § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO (zu dieser Vorschrift im Einzelnen noch weiter unten) mit dem Ausgangsbebauungsplan Nr. 111 A und dessen streitgegenständlicher Fortschreibung anstrebt - sichergestellt werden kann, dass von der projektierten Nutzung im Plangebiet nur unerhebliche Immissionen ausgehen und im Einzelfall besondere städtebauliche Gründe von besonderem Gewicht hinzutreten, die es rechtfertigen, eine planerische Vorsorge durch räumliche Trennung zurücktreten zu lassen.
100Vgl. zum Trennungsgrundsatz zuletzt etwa BVerwG, Beschluss vom 6. März 2013 - 4 BN 39.12 -, juris Rn. 4, m. w. N.
101Vor dem Hintergrund dieser positiven und städtebaulich grundierten Zielsetzung lässt die - festsetzungsimmanente - Ausschlusskomponente der Planung die städtebauliche Erforderlichkeit - wie auch sonst - nicht entfallen.
102Vgl. dazu in neuerer Zeit OVG NRW, Beschluss vom 29. August 2013 - 2 B 875/13 -, juris Rn. 7, m. w. N.
103Ob die textliche Festsetzung B.I.3 durch die 1. Änderung im Einzelnen rechtmäßig ausgestaltet und den von Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG gestützten Belangen der Antragstellerinnen in ausreichendem Maß gerecht wird, ist keine Frage der - prinzipiellen - städtebaulichen Rechtfertigung gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB mehr, sondern im Zusammenhang mit der Ermächtigungsgrundlage des § 1 Abs. 10 BauNVO und - vor allem auch - dem Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB zu behandeln.
104Das der 1. Änderung zugrunde liegende Konzept ist ferner nicht anderweit rechtserheblich unstimmig, weil es nur vorgeschoben,
105vgl. zu dieser Komponente einer Verhinderungsplanung zuletzt BVerwG, Beschluss vom 22. Januar 2013 - 4 BN 7.13 -, juris Rn. 3,
106oder sonst ein Etikettenschwindel wäre.
107Ein Etikettenschwindel liegt nur dann vor, wenn eine planerische Festsetzung nicht dem entspricht, was von der Gemeinde tatsächlich gewollt wird, sondern nur vorgeschoben ist, um das eigentliche (unzulässige) Planungsziel zu verdecken.
108Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2002 - 4 CN 5.01 -, BRS 65 Nr. 67 = juris Rn. 32, Beschluss vom 8. Februar 2000 - 4 BN 1.00 -, juris Rn. 10; OVG NRW, Urteile vom 4. Februar 2013 -2 D 108/11.NE -, BauR 2013, 912 = juris Rn. 52, und vom 6. Oktober 2011 - 2 D 132/09.NE -, juris Rn. 169.
109Dies trifft insbesondere auf die Neufassung textlichen Festsetzung B.I.3 durch die 1. Änderung nicht zu. Diese entspricht in ihrer Hauptzielrichtung exakt dem planerischen Willen der Antragsgegnerin, welche die Entwicklungsmöglichkeiten des Schlachthofs der Antragstellerin zu 1. in dem festgesetzten Sinn vor dem Hintergrund des parallel laufenden immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens auf Erhöhung der Schlachtkapazität - wie schon mit dem Ausgangsbebauungsplan Nr. 111 A - deckeln will.
110Es ist kein Anzeichen für eine verdeckte Verhinderungsplanung, dass die Antragsgegnerin in der Planbegründung als Planungsziel neben dem Immissionsschutz der Nachbarschaft die Sicherung des Bestands des Schlachthofs der Antragstellerin zu 1. nennt.
111Von dem - zumal objektiv richtigen (siehe dazu noch unten) - Rechtsstandpunkt der Antragsgegnerin aus ist dies konsequent, weil sie die textliche Festsetzung B.I.3 lediglich als Klarstellung der bisherigen bauplanungsrechtlichen Rechtslage bzw. der im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses vorgefundenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungslage qualifiziert. Insofern ist die Formulierung der Antragsgegnerin in der Planbegründung korrekt, die auf der Grundlage der erweiterten Bestandsschutzregelung des § 1 Abs. 10 BauNVO getroffene Festsetzung sei geeignet, den Betrieb des Schlachthofs der Antragstellerin zu 1. in der aktuell bestehenden Form dauerhaft zu sichern. Damit wird die Rechtswirkung der Zuerkennung erweiterten Bestandsschutzes in der limitierten Form, wie er von der Antragsgegnerin umgesetzt ist, im Kern - und für die Darlegung der städtebaulichen Erforderlichkeit im Sinne von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB ausreichend - zutreffend beschrieben.
112Aber auch unbeschadet der Perspektive der Antragsgegnerin fügt sich die textliche Festsetzung B.I.3 - Klarstellung oder nicht - in der Fassung der 1. Änderung in das Gesamtkonzept des Bebauungsplans Nr. 111 A objektiv bruchlos ein.
113Der Bebauungsplan Nr. 111 A setzt gemäß § 1 Abs. 4 BauNVO gegliederte Gewerbegebiete GE 1 und GE 2 fest. Er greift dazu auf die Abstandsliste des Abstandserlasses 1998 zurück.
114Die auf § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO beruhende Feinsteuerung von Industrie- und Gewerbegebieten nach der Abstandsliste zum Abstandserlass ist ein generell taugliches Mittel, um dem - oben im Vorgriff erwähnten - Trennungsgrundsatz des § 50 BImSchG Genüge zu tun. Sie dient in besonderem Maß dem Umwelt- und Immissionsschutz. Hierbei können Betriebe und Anlagen nach ihren notwendigen Schutzabständen zu Wohngebieten gegliedert werden. Die Abstandsliste enthält dazu - der Abwägung unterliegende - Empfehlungen zu Mindestabständen bestimmter Betriebstypen zur nächstgelegenen Wohnnutzung. Die Schutzabstände berücksichtigen das gesamte Emissionsverhalten der Betriebe und Anlagen. Sie sind das Ergebnis der Auswertung der einschlägigen Verwaltungsvorschriften, Richtlinien und Normen sowie Erfahrungen. Sie kennzeichnen mit dem Abstanderfordernis das Emissionsverhalten und somit eine besondere Eigenschaft der Betriebe und Anlagen. Die Abstandsliste ordnet die Betriebsarten verschiedenen Abstandsklassen zu. Der für die Betriebsarten der Abstandsklasse I vorgeschlagene Schutzabstand ist mit Blick auf deren Emissionspotential mit 1.500 m am höchsten, der der Betriebe der Abstandsklasse VII mit 100 m am niedrigsten.
115Vgl. zum Ganzen OVG NRW, Urteile vom 20. Januar 2012 - 2 D 141/09.NE -, juris Rn. 165 und 169, und vom 21. Juli 2011 - 2 D 59/09.NE -, BRS 78 Nr. 62 = juris Rn. 137, Beschluss vom 17. Juni 2009 - 8 B 1864/08 -, BRS 74 Nr. 73 = juris Rn. 11 ff., Urteil vom 7. März 2006 - 10 D 63/03.NE -, BRS 70 Nr. 21 = juris Rn. 77 f.
116Dieser Feingliederungsmöglichkeit hat sich auch die Antragsgegnerin - wie die Begründung des Ausgangsbebauungsplans bestätigt - bedient und - durch statische Verweisung auf die Abstandsliste zum Abstandserlass 1998 - bestimmt, dass im gesamten Plangebiet - also auch in dem von der 1. Änderung allein betroffenen GE 2 einschließlich des Grundstücks L.-weg 6 mit dem Schlachtbetrieb der Antragstellerin zu 1. - u. a. Anlagen der Abstandsklasse I bis VI sowie der Nrn. 192 bis 195 und 207 der Abstandsklasse VII der Abstandsliste 1998 und Anlagen mit ähnlichem Emissionsverhalten unzulässig sein sollen. Diesen Ausschluss, der die in die Abstandsklasse V, laufende Nr. 114, der Abstandsliste 1998 fallende Schlachtanlage der Antragstellerin zu 1. erfasst und sie als grundsätzlich unzulässigen Fremdkörper in dem Gewerbegebiet markiert, hat die Antragsgegnerin durch die erweiterte Bestandsschutzfestsetzung B.I.3 zugunsten der Betriebs- und Eigentumsinteressen der Schlachthofbetreiberin und der Grundstückseigentümerin für das Grundstück L.-weg 6 zur Herstellung einer Ausgewogenheit der Planung wieder ein Stück weit zurückgenommen. Allerdings hat die Antragsgegnerin der Schlachthofbetreiberin bzw. der Grundstückseigentümerin nicht die gesamten Möglichkeiten des erweiterten Bestandsschutzes aus § 1 Abs. 10 Satz 1 BauNVO zugestanden, sondern nur die Modalitäten der Erneuerung und der Änderung vorhandener Anlagen. Zusätzlich hat die Antragsgegnerin die zugelassenen Erneuerungs- und Änderungsmöglichkeiten unter den Vorbehalt der Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen in den benachbarten Wohngebieten gestellt.
117Auf dieser konzeptionellen Linie, die den Ausgleich zwischen den Betriebsinteressen der Antragstellerin zu 1. - deren Schlachthof, wie erläutert, im GE 2 ein Fremdkörper ist - und den Eigentümerinteressen der Antragstellerin zu 2. einerseits und der Wohnnachbarschaft andererseits sucht, liegt es, wenn die Antragsgegnerin nunmehr mittels der 1. Änderung die textliche Festsetzung B.I.3 dahingehend ergänzt, mit den ausnahmsweise nach Maßgabe des § 1 Abs. 10 BauNVO zugelassenen Erneuerungen und Änderungen seien Erweiterungen der Kapazität oder der Betriebsleistung über den genehmigten Anlagenbestand nicht gemeint (gewesen). Es ist konzeptionell schlüssig, dass die Antragsgegnerin zu verhindern beabsichtigt, dass sich die Schlachtanlage der Antragstellerin zu 1. trotz ihrer Fremdkörpereigenschaft in dem Gewerbegebiet weiter in Richtung einer Industriegebietstypik entwickelt. Denn eine solche Entwicklung würde das Grundgerüst der Feindifferenzierung des Gewerbegebiets durch den Bebauungsplan Nr. 111 A unmittelbar oder absehbar konzeptwidrig konterkarieren. Wie gesagt, liegt es im Weiteren außerhalb des - eher grobrasterigen - Prüfungsprogramms des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB, ob die textliche Festsetzung B.I.3 in der Gestalt der 1. Änderung der Antragsgegnerin jenseits ihrer allgemeinen städtebaulichen Konzeptgemäßheit auch im Detail rechtmäßig gelungen ist.
118Die 1. Änderung ist zum Weiteren keine Gefälligkeitsplanung.
119Eine unzulässige Gefälligkeitsplanung ist nur eine solche, die ausschließlich den Zweck hat, private Interessen zu befriedigen. Ein Bebauungsplan ist aber selbst dann an bodenrechtlich relevanten Ordnungskriterien ausgerichtet und entspricht einer geordneten städtebaulichen Entwicklung, wenn er auch den Wünschen privater Gewerbetreibender im Sinne einer die Einzelhandelsansiedlung steuernden Standortpolitik entgegenkommt.
120Vgl. insoweit etwa BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 1999 - 4 BN 15.99 -, BRS 62 Nr. 19 = juris Rn. 5; OVG NRW, Urteile vom 18. Februar 2013 - 2 D 38/12.NE -, juris Rn. 53, und vom 13. September 2012 - 2 D 38/11.NE -, BauR 2013, 1408 = juris Rn. 52.
121Die 1. Änderung weist demnach keine Merkmale einer Gefälligkeitsplanung auf. Sie dient - wie ausgeführt - über § 50 BImSchG sowie § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO namentlich der Implementierung öffentlicher städtebaulicher Belange der Immissionsvorsorge und des Immissionsschutzes im Verhältnis des Plangebiets zu seiner Wohnnachbarschaft. Dass die Antragsgegnerin mit der 1. Änderung auch Bürgereinwendungen gegen das Erweiterungsprojekt der Antragsgegnerin zu 1. Rechnung tragen mag, welche anlässlich des Erörterungstermins im immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigungsverfahren im September 2010 geäußert worden sind, ist unschädlich. Es ist gerade Aufgabe der planenden Gemeinde, im Rahmen ihrer städtebaulichen Steuerungsaufgabe solche potentiell konfliktträchtigen städtebaulichen Strömungen aufzugreifen und rechtsförmig planerisch in konfliktbewältigender Weise zu lenken. Bei ihrer Planung ist die Antragsgegnerin nicht gezwungen, sich nur an die gegenwärtigen Gegebenheiten im Plangebiet zu halten. Sie kann daneben und/oder stattdessen auf von ihr erwartete oder erwünschte städtebauliche Geschehensabläufe reagieren, um diese in die von ihr gewollte Richtung zu schieben.
122Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 19. September 2002 - 4 CN 1.02 -, BVerwGE 117, 58 = BRS 65 Nr. 20 = juris Rn. 33, Beschlüsse vom 8. September 1999 - 4 BN 14.99 -, BRS 62 Nr. 2 = juris Rn. 5, vom 11. Mai 1999 - 4 BN 15.99 -, BRS 62 Nr. 19 = juris Rn. 5, und vom 14. August 1995 - 4 NB 21.95 -, juris Rn. 3; OVG NRW, Urteile vom 18. Februar 2013 - 2 D 38/12.NE -, juris Rn. 55, und vom 17. Februar 2012 - 2 D 50/10.NE -, juris Rn. 67.
123Die städtebauliche Erforderlichkeit des Einzelhandelsausschlusses mit der Ausnahme für produktionsbezogenen Annexhandel begegnet keinen Bedenken. Die auf diese Weise von der Antragsgegnerin gewollte Reservierung von Flächen für das produzierende Gewerbe, das konzeptionell regelmäßig in Gewerbegebieten stattfinden soll, ist allgemein städtebaulich legitim.
124Vgl. insoweit etwa OVG NRW, Urteil vom 29. Januar 2013 - 2 D 102/11.NE -, BauR 2013, 896 = juris Rn. 93, m. w. N.
1252. a) Die Neufassung der textlichen Festsetzung B.I.3 ist von § 1 Abs. 10 BauNVO gedeckt.
126Nach dieser Vorschrift kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen von Anlagen allgemein zulässig sind oder ausnahmsweise zugelassen werden können, wenn bei Festsetzung eines Baugebiets nach den §§ 2 bis 9 BauNVO in überwiegend bebauten Gebieten diese bestimmten vorhandenen baulichen und sonstigen Anlagen unzulässig wären (Satz 1). Im Bebauungsplan können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden (Satz 2). Die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets muss in seinen übrigen Teilen gewahrt bleiben (Satz 3). § 1 Abs. 10 Satz 1 bis 3 BauNVO gilt auch für die Änderung und Ergänzung von Bebauungsplänen (Satz 4).
127§ 1 Abs. 10 BauNVO ermöglicht eine am Bestand orientierte Planung und schafft insbesondere für Gewerbebetriebe Planungs- und Investitionsschutz. Macht die Gemeinde von dem Instrument des § 1 Abs. 10 BauNVO Gebrauch, so bedeutet dies, dass der Betriebsinhaber nicht mit den Nutzungsmöglichkeiten Vorlieb nehmen muss, die ihm sonst nur im Rahmen des herkömmlichen Bestandsschutzes verbleiben und die sich im Wesentlichen in Reparatur- und Erhaltungsmaßnahmen erschöpfen. Stattdessen wird er je nach der Reichweite der getroffenen Regelung in die Lage versetzt, weiterhin Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen vorzunehmen. Vorhandenen Nutzungen werden auf diese Weise Entwicklungschancen offen gehalten, selbst wenn sie dem Gebietscharakter an sich fremd sind. Eine solche Bestandssicherung wertet der Gesetzgeber als berechtigtes planerisches Anliegen unabhängig davon, aus welchem Grund die Anlage, der der erweiterte Schutz zuteil werden soll, im konkreten Planungsfall unzulässig ist. Die Unzulässigkeit kann sich auch daraus ergeben, dass die betreffende Anlage einer Nutzungsart zuzurechnen ist, die in dem betreffenden Gebiet einem Nutzungsausschluss nach § 1 Abs. 4 ff. BauNVO unterliegt. Nicht maßgeblich ist hingegen die konkrete Gebietsverträglichkeit der vorhandenen Anlage mit ihren spezifischen individuellen Besonderheiten.
128Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 30. Oktober 2007 - 4 BN 38.07 -, BRS 71 Nr. 18 = juris Rn. 7, und vom 11. Mai 1999 - 4 BN 15.99 -, BRS 62 Nr. 19 = juris Rn. 12; OVG NRW, Urteile vom 13. September 2007 - 7 D 91/06.NE -, juris Rn. 84, und vom 8. Februar 2001 - 7a D 169/98.NE -, BRS 40 Nr. 32 = juris Rn. 9; Roeser, in: König/ Roeser/Stock, BauNVO, 2. Auflage 2003, § 1 Rn. 105; Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Auflage 2008, § 1 Rn. 140.
129§ 1 Abs. 10 BauNVO ist § 1 Abs. 4 ff. BauNVO systematisch nachgeordnet. Er räumt dem Plangeber kein über die Differenzierungen des § 1 Abs. 4 ff. BauNVO hinausgehendes typisierendes Anlagenerfindungsrecht ein. Vielmehr setzt er eine derartige typisierte Festsetzung im betreffenden Bebauungsplan, die zur Unzulässigkeit der Anlage führt, voraus.
130Vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 25. September 2007 - 3 S 1492/06 -, BRS 71 Nr. 19 = juris Rn. 24.
131Die Begriffe der Änderung und der Nutzungsänderung entnimmt § 1 Abs. 10 Satz 1 BauNVO der Bestimmung des § 29 BauGB. Änderungen - und als deren Unterfall Erweiterungen - sind danach bauliche Maßnahmen, die eine Umgestaltung einer baulichen Anlage durch Anbau, Umbau, Ausbau sowie Vergrößerung oder Verkleinerung bewirken. Eine Nutzungsänderung (mit oder ohne bauliche Maßnahmen) liegt dagegen vor, wenn die jeder Art von Nutzungen eigene Variationsbreite verlassen wird, die Änderung die in § 1 Abs. 6 BauGB genannten Belange berührt und sich daher die Genehmigungsfrage neu stellt. Kurz gesagt, ist eine Nutzungsänderung eine Änderung der genehmigten Nutzungsart in eine andere Nutzungsart. Dies ist etwa auch dann der Fall, wenn die Änderung der Nutzungsweise für die Nachbarschaft erhöhte Belastungen mit sich bringen kann.
132Vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Auflage 2008, § 1 Rn. 142; Roeser, in: König/ Roeser/Stock, BauNVO, 2. Auflage 2003, § 1 Rn. 106,
133mit zahlreichen Hinweisen auf die einschlägige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, zur Nutzungsänderung siehe insbesondere auch dessen Beschluss vom 7. November 2002 - 4 B 64.02 -, BRS 66 Nr. 70 = juris Rn. 6; zum Begriff der Änderung und Nutzungsänderung außerdem OVG NRW, Beschluss vom 17. Juli 2012 - 2 A 2843/12-, BRS 70 Nr. 179 = juris Rn. 15.
134Eine Erneuerung im Sinne von § 1 Abs. 10 Satz 1 BauNVO ist die nach einem Verfall, einer Zerstörung oder einer Beseitigung der vorhandenen Anlage erfolgende Neuerrichtung einer gleichartigen Anlage von gleicher Nutzungsart an gleicher Stelle in moderner Form und Ausstattung.
135Vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Auflage 2008, § 1 Rn. 142; Roeser, in: König/ Roeser/Stock, BauNVO, 2. Auflage 2003, § 1 Rn. 106.
136Die Festsetzung erweiterten Bestandsschutzes kann auf einzelne oder auf eine der in § 1 Abs. 10 Satz 1 BauNVO aufgezählten Maßnahmen beschränkt werden.
137Vgl. Ziegler, in: Brügelmann, BauGB, Band 6, Stand September 2010, § 1 BauNVO Rn. 457.
138Aufgrund des § 1 Abs. 10 Satz 2 BauNVO kann die Gemeinde weiterhin festsetzen, unter welchen Voraussetzungen Vorhaben im Zusammenhang mit den vorhandenen Anlagen zulässig sein sollen. Sie kann die näheren Bestimmungen über die Zulässigkeit auswählen. Neben baurechtlichen Bestimmungen kommen insofern namentlich solche in Betracht, die den Betriebsablauf oder technische Vorkehrungen im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB zum Gegenstand haben. Im Übrigen müssen für diese Festsetzungen städtebauliche Gründe gegeben sein. So verstanden wirkt eine Festsetzung nach § 1 Abs. 10 BauNVO wie eine anlagen- und einzelfallbezogene Befreiungsregelung, wobei allerdings keine Bindung an die Befreiungsvoraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB besteht. Im Gegenteil kann die Gemeinde die Voraussetzungen des erweiterten Bestandsschutzes nach ihrem Ermessen in den Grenzen des § 1 Abs. 10 Satz 3 BauNVO in gebietsverträglicher Weise selbst festlegen.
139Vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. Mai 1993 - 4 BN 32/92 -, BRS 55 Nr. 10 = juris Rn. 18, Bay. VGH, Beschluss vom 23. Dezember 2013 - 15 CS 13.1865 -, juris Rn. 15; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 25. September 2007 - 3 S 1492/06 -, BRS 71 Nr. 19 = juris Rn. 24; Roeser, in: König/ Roeser/Stock, BauNVO, 2. Auflage 2003, § 1 Rn. 101 und 107; Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Auflage 2008, § 1 Rn. 133, 144 und 146; Ziegler, in: Brügelmann, BauGB, Band 6, Stand September 2010, § 1 BauNVO Rn. 460 und 464 ff.
140Auf keinen Fall darf ein durch die vorhandene unzulässig werdende Nutzung bereits bestehender städtebaulicher Missstand durch eine Festsetzung nach § 1 Abs. 10 BauNVO festgeschrieben oder sogar verstärkt werden. Hier gilt das ungeschriebene, sich aus dem Zusammenhang mit § 1 Abs. 6 und 7 BauGB zwingend ergebende Verbesserungsgebot bzw. Verschlechterungsverbot. Das bedeutet, dass gebietsfremde bzw. unzulässige Nutzungen, soweit sie nicht bereits gebietsverträglich sind, durch Anwendung des § 1 Abs. 10 BauNVO gebietsvertraglich gestaltet werden müssen. Etwa bestehende bodenrechtliche Spannungen müssen weit gehend beseitigt werden.
141Vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Auflage 2008, § 1 Rn. 137.
142Nach diesen Maßgaben kann sich die Neufassung der textlichen Festsetzung B.I.3 auf § 1 Abs. 10 BauNVO stützen.
143aa) Der im GE 2 vorhandene Schlacht- und Zerlegebetrieb der Antragstellerin zu 1. ist dort - wie erwähnt - von seiner Art her unzulässig, weil er dem Ausschluss des Ausgangsbebauungsplans Nr. 111 A nach § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO unterfällt. Da die Schlachtanlage in dem gegliederten Gewerbegebiet einen Fremdkörper bildet, kann die Antragsgegnerin zu ihren Gunsten § 1 Abs. 10 BauNVO in Ansatz bringen, um den Betrieb - wie es auch in der Planbegründung zur 1. Änderung nochmals heißt - in seinem vorhandenen Bestand dauerhaft zu sichern.
144bb) Die Antragsgegnerin durfte von den Bestandsschutzmöglichkeiten, die § 1 Abs. 10 Satz 1 BauNVO statuiert, die Varianten der Erneuerung und der Änderung auswählen.
145Städtebaulicher Grund für diese eingegrenzte Auswahl ist die - auch schon erwähnte - Schaffung eines Ausgleichs zwischen den berechtigten betrieblichen Interessen der Antragstellerin zu 1. und den Eigentumsinteressen der Antragstellerin zu 2. auf der einen sowie dem Interesse der Wohnnachbarschaft auf der anderen Seite, vor Immissionen geschützt zu werden, die weitergehende Entwicklungsmöglichkeiten des (fremdkörperhaften) Schlachtbetriebs an diesem Standort befürchten lassen. Im Hintergrund dieses - austarierten - Planungsansatzes stehen der Trennungsgrundsatz des § 50 BImSchG und dessen teilweise Relativierung im Interesse der Antragstellerinnen. Diese finden aufgrund des Regelungsansatzes des Ausgangsbebauungsplans Nr. 111 A von vornherein nur konzeptgemäß beschränkte betriebliche Entwicklungsmöglichkeiten am Standort L.-weg 6 vor. Diese Lage greift die 1. Änderung unter Berücksichtigung des am 7. August 2006 genehmigten Anlagenbestands lediglich auf und schreibt sie unter dem Eindruck des neuerlichen Änderungsgenehmigungsantrags der Antragstellerin zu 1. an diese Genehmigungssituation angepasst fort. Plankonzeptionell gesehen hat sich danach im Gesamtgefüge des Bebauungsplans Nr. 111 A und dessen Intentionen weder die städtebauliche Position der Antragstellerinnen noch diejenige der Antragsgegnerin verändert. Die Antragstellerinnen konnten und durften nicht damit rechnen, dass sie die Fremdkörperqualität des Schlachtbetriebs über den Genehmigungsumfang von 7. August 2006 hinaus würden ausbauen dürfen. Der Bebauungsplan Nr. 111 A gestattete und gestattet im Grundsatz nur gewerbegebietsverträgliche Nutzungen. Er ließ und lässt nicht zu, dass die - gegliederten - Gewerbegebietsfestsetzungen über den Umweg immissionsschutzrechtlicher Änderungsgenehmigungsverfahren gleichsam in Industriegebiete uminterpretiert und funktionslos zu werden drohen. Entsprechende Entwicklungen auf dem Grundstück L.-weg 6 im Gewerbegebiet GE 2 darf die Antragsgegnerin mit städtebaulichen Grund ausschließen.
146cc) Die Antragsgegnerin ist nach Lage der Dinge aufgrund von § 1 Abs. 10 Satz 2 BauNVO nicht nur befugt, sondern auch gehalten, die Voraussetzungen, unter denen Änderungen und Erneuerungen des Schlachtbetriebs der Antragstellerin zu 1. stattfinden dürfen - auch aus Gründen der Bestimmtheit - näher zu umschreiben. Diese zur Steuerung der Abweichungsmöglichkeit der textlichen Festsetzung B.I.3 von dem grundsätzlichen Ausschluss u. a. von Schlachthöfen im GE 2 gebotene Definition der näheren Umstände, an die der gewährte erweiterte Bestandsschutz im Einzelfall geknüpft ist, darf die Antragsgegnerin nicht nur dadurch leisten, dass sie im Ausgangsbebauungsplan Nr. 111 A auf eine atypische Betriebsart/Betriebsweise und auf besondere bauliche oder technische Maßnahmen im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB zurückgreift, über welche die Nachbarrechtsverträglichkeit des Schlachtbetriebs sichergestellt werden soll. Die Antragsgegnerin hat die ihr durch § 1 Abs. 10 Satz 2 BauNVO eingeräumte Befugnis - bzw. auferlegte Pflicht - zur Konkretisierung der Abweichungsvoraussetzungen für den Fremdkörper „Schlachtbetrieb“ auch mit der 1. Änderung ausgefüllt bzw. präzisiert. Diese legt, zusätzlich oder als Klarstellung, jedoch ohne in beiden Fällen die Ermächtigungsgrundlage zu überschreiten, fest, dass Erweiterungen der Kapazität oder der Betriebsleistung über den bisher genehmigten Bestand nicht zulässig sind.
147dd) Der Antragsgegnerin steht schließlich für diese Ergänzung der textlichen Festsetzung B.I.3 ein spezifischer städtebaulicher Grund zur Seite. Zum einen beseitigt die Antragsgegnerin dadurch die Unsicherheit, ob und dass Nutzungsänderungen, wie sie die Antragstellerin zu 1. mit der Erhöhung der Schlachtkapazität auf 120 t Lebendgewicht je Tag anstrebt, über die textliche Festsetzung B.I.3 nicht zulässig sind. Zum anderen wird die Antragsgegnerin mit der Ergänzung der Vorgabe des § 1 Abs. 10 Satz 3 BauNVO gerecht, die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets auch in seinen übrigen Teilen zu wahren. Durch eine Begrenzung der Schlachtkapazität wird verhindert, dass der Schlachtbetrieb der Antragstellerin zu 1. seine Industriegebietstypik vertiefen und dadurch die Gebietstypik des im Übrigen ausgewiesenen gegliederten Gewerbegebiets durch seine gebietsprägende Kraft verschieben kann.
148Im Wege der Ergänzung der textlichen Festsetzung B.I.3 blockiert die Antragsgegnerin im Einklang mit ihrem schlüssigen Gesamtplanungskonzept eine Interpretation der Festsetzung, die eine Erhöhung der Schlachtleistung auf 120 t Lebendgewicht je Tag durch die Antragstellerin zu 1. den Begriffen der Änderung oder Erneuerung im Sinne des § 1 Abs. 10 Satz 1 BauNVO zuordnete und als bauplanungsrechtlich zulässig akzeptierte. Auf der Grundlage der begrifflichen Arbeit bei der Exegese der Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 Abs. 10 Satz 1 BauNVO wird gleichzeitig klar, dass die Antragsgegnerin mit der Einschätzung richtig liegt, bei der Neufassung der textlichen Festsetzungen B.I.3 durch die 1. Änderung handele es sich um eine reine Klarstellung der Rechtslage unter Berücksichtigung der durch die immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung von 7. August 2006 geschaffenen Genehmigungslage. Diese definiert den von dem erweiterten Bestandsschutz der 1. Änderung inkorporierten genehmigten Bestand der vorhandenen Anlage.
149Nach dem entwickelten Terminus der Nutzungsänderung ist dieser die in Rede stehende Kapazitätserhöhung ohne Weiteres zu subsumieren. Sie berührt jedenfalls potentiell die städtebaulichen Belange des § 1 Abs. 6 Nr. 1, Nr. 7 c) und e) BauGB sowie den Trennungsgrundsatz des § 50 BImSchG und wirft die Genehmigungsfrage sowohl deswegen als auch aus der Warte des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsrechts für das Gesamtvorhaben „Schachtanlage“ neu auf.
150Zum einen geht aus der mit dem immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigungsantrag vorgelegten schalltechnischen Untersuchung vom 15. April 2010 hervor, dass die Antragstellerin zu 1. die Schlachtzeit auf 9 Stunden pro Tag in der Zeit von ca. 7 Uhr bis etwa 21 Uhr ausdehnen will. Nach dem Schlachten sollen Reinigungsarbeiten über ungefähr 3 Stunden pro Tag durchgeführt werden. Durch die zuvor erteilte Genehmigung vom 7. August 2006 war lediglich eine Schlachtzeit von werktäglich 5 Stunden zwischen 8 Uhr und 22 Uhr genehmigt. Allein aufgrund dieser Ausweitung erscheint neuerlich überprüfungsbedürftig, ob der nunmehr beantragte Gesamtbetrieb einschließlich des von ihm hervorgerufenen und in der Betriebsbeschreibung zum Schallgutachten vom 15. April 2010 dargestellten betriebsbedingten Lkw-Verkehrs nachbarrechtsverträglich ist oder nicht. Dasselbe Bild zeichnet die in das Geruchsgutachten vom 11. Mai 2010 eingegangene Betriebsbeschreibung, welche die Antragstellerin zu 1. mit ihrem Änderungsgenehmigungsantrag beigebracht hat. Ob das Änderungsvorhaben schlussendlich nachbarrechtsverträglich durchgeführt werden kann, kann sich rechtslogisch erst am Ende des Genehmigungsverfahrens ergeben. Dieser Befund hat auf die am Anfang der Genehmigungsprüfung stehenden Frage des Entstehens einer Änderungsgenehmigungspflicht oder auf die - parallele - Annahme einer Nutzungsänderung im Sinne des § 1 Abs. 10 Satz 1 BauNVO keinen Einfluss.
151Zum anderen vertieft die von der Antragstellerin zu 1. begehrte Erhöhung der Schlachtleistung von bisher unter 50 t Lebendgewicht je Tag auf 120 t Lebendgewicht je Tag die Industriegebietstypik des Schlachtbetriebs, so dass dieser den durch die Ausweisung des gegliederten Gewerbegebiets des Bebauungsplans Nr. 111 A und den der Entwicklungsmöglichkeit des Schlachtbetriebs durch die textliche Festsetzung B.I.3 gesetzten Rahmen immer weiter - konzeptwidrig - zu verlassen droht. Die Geltung und Tragweite des Trennungsgrundsatzes des § 50 BImSchG wird so in der gegebenen Planungssituation in Frage gestellt. Auch dies wirft die Genehmigungsfrage für sich genommen insgesamt neu auf und berechtigt die Antragsgegnerin, die dahingehende Entwicklung des Schlachtbetriebs aus plankonzeptionell plausiblen städtebaulichen Gründen zu verhindern.
152Die in der 4. BImSchV aufgeführten immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlagen, zu denen gemäß Nr. 7.2 des Anhangs auch Anlagen zum Schlachten von Tieren gehören, sind nicht schon allein wegen ihrer Aufnahme in diese Verordnung im Gewerbegebiet unzulässig, wie § 15 Abs. 3 BauNVO belegt. Allerdings muss bei diesen Anlagen in aller Regel ein konkretes, die Gebietsprägung beeinträchtigendes Störpotential unterstellt werden, wenn kein atypischer Ausnahmefall vorliegt.
153Vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. Februar 2000 - 4 B 87.99 -, BRS 63 Nr. 190 = juris Rn. 10, Urteil vom 24. September 1992 - 7 C 7.92 -, BRS 54 Nr. 56 = juris Rn. 12 f.
154Dies trifft bei typisierender Betrachtungsweise auch auf den Schlachtbetrieb der Antragstellerin zu 1. zu. Von diesem ist nicht zu ersehen, dass er - zumal in der zur Änderungsgenehmigung gestellten Form - einen atypischen Ausnahmefall der Gewerbegebietsverträglichkeit darstellt. Vielmehr ist sein Wechsel von der Spalte 2 der Nr. 7.2 des Anhangs der 4. BImSchV in die Spalte 1 mit der Überschreitung der Schlachtkapazität von 50 t Lebendgewicht je Tag, die mit dem Erfordernis eines förmlichen Genehmigungsverfahrens nach § 10 BImSchG einhergeht (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der 4. BImSchV), ein zusätzliches Indiz für die (zunehmende) Industriegebietstypik der Schlachtanlage. § 1 Abs. 5 der 4. BImSchV besagt, dass die gesamte Anlage der Genehmigung bedarf, wenn die für die Genehmigungsbedürftigkeit maßgebende Leistungsgrenze oder Anlagengröße durch die Erweiterung einer bestehenden Anlage erstmals überschritten werden soll. Daraus folgt, dass in einem solchen Fall nicht nur für die vorgesehene Änderung eine (Änderungs-)Genehmigung nach § 16 BImSchG erforderlich ist. Die Gesamtanlage ist wie eine neu zu errichtende Anlage zu behandeln, d. h. die behördliche Prüfung und die Genehmigung müssen sich auf alle zur Anlage gehörenden Teile und Nebeneinrichtungen erstrecken.
155Vgl. Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band IV, Stand September 2005, § 1 der 4. BImSchV Rn. 31 f.
156Unterliegt aber die geänderte Schlachtanlage insgesamt der immissionsschutzrechtlichen (Änderungs-)Genehmigungsprüfung, kann ihr (erheblich) gesteigerter Leistungsumfang nicht anders als vermehrte Entwicklung in Richtung einer Industriegebietstypik gewertet werden.
157Im Übrigen unterstreicht das gerade Gesagte, dass die Erhöhung der Schlachtleistung auf 120 t Lebendgewicht je Tag im Lichte der textlichen Festsetzung B.I.3 gleichfalls nur als Nutzungsänderung begriffen werden kann. Andernfalls setzte man sich in Widerspruch zu dem Begriff der wesentlichen Änderung des § 16 BImSchG und der immissionsschutzrechtlichen Lage, welche die Antragstellerin zu 1. im Hinblick auf die Leistungserhöhung einer umfassenden immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsprüfung unterwirft. Dies hat die Antragstellerin zu 1. der Sache nach anerkannt, als sie einen immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigungsantrag gestellt hat. Dieser wäre überflüssig, wenn die beantragte Kapazitätssteigerung schon von der Legalisierungswirkung der alten Genehmigung vom 7. August 2006 erfasst wäre.
158All dies schließt zugleich aus, von der geplanten Erhöhung der Schlachtkapazität als von einer Nutzungsintensivierung zu sprechen, die unter der Schwelle der Nutzungsänderung bliebe.
159Die Frage nach dem Vorliegen einer bloßen Nutzungsintensivierung ist nach objektiven Kriterien zu beurteilen. Anders gewendet, erlischt der durch eine Baugenehmigung oder immissionsschutzrechtliche Genehmigung vermittelte Bestandsschutz erst dann, wenn anstelle der genehmigten Nutzung eine qualitativ andersartige Nutzung aufgenommen wird.
160Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Juli 2001 - 4 B 36.0 1 -, BRS 64 Nr. 73 = juris Rn. 8, Urteil vom 29. Oktober 1998 - 4 C 9.97 -, BRS 60 Nr. 68 = juris Rn. 14; OVG NRW, Urteil vom 5. Februar 1996 - 10 A 994/91 -, NWVBl. 1997, 11 = juris Rn. 26.
161In den Begriffen des § 1 Abs. 10 Satz 1 BauNVO und nach dem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsrecht unterscheidet sich ein Schlachtbetrieb im Umfang von 50 t oder mehr Lebendgewicht je Tag indes wie dargelegt qualitativ wesentlich von einem Anlagenumfang, dessen Grenze bei einer Schlachtleistung von 50 t Lebendgewicht je Tag liegt.
162Die Ausführungen insbesondere des Geschäftsführers der Antragstellerin zu 1. in der mündlichen Verhandlung am 11. Februar 2014 ändern an dieser rechtlichen Einschätzung nichts. Es mag sein, dass der ökonomische Trend der Branche der Schlachtbetriebe derzeit starke Konzentrationstendenzen aufweist, in deren Verlauf sich Großbetriebe mit Schlachtleistungen von 600 t Lebendgewicht je Tag am Markt etablieren. Es mag weiterhin sein, dass angesichts dessen aus wirtschaftlicher Sicht Betriebe mit einer genehmigten Schlachtkapazität wie derjenigen der Antragstellerin zu 1. am Standort L.-weg 6 im Vergleich nicht als „Industriebetriebe“ erscheinen. Jedoch spiegelt sich dies weder in den immissionsschutzrechtlich allein erheblichen Größenordnungen der Schlachtleistungen der Nr. 7.2 des Anhangs der 4. BImSchV wider noch hindert es die Antragsgegnerin daran, mit den Mitteln des Bauplanungsrechts die Gewerbegebietstypik der durch den Bebauungsplan Nr. 111 A ausgewiesenen Gewerbegebiete gegen - aus der Warte des Plangebers - ungewollte Fehlentwicklungen im Plangebiet zu verteidigen.
1632. b) Der Einzelhandelsausschluss und die Ausnahme für produktionsbezogenen Annexhandel der 1. Änderung sind jeweils von einer einschlägigen Ermächtigungsgrundlage gedeckt und hinreichend bestimmt. Diese Regelung kann die Antragsgegnerin auf § 1 Abs. 5, Abs. 9 BauNVO gründen. Der Senat hat wortgleiche bzw. entsprechende Regelungen in der Vergangenheit bereits mehrfach bestätigt. Darauf kann Bezug genommen werden, weil der zu entscheidende Fall demgegenüber keine Besonderheiten aufweist.
164Vgl. im Einzelnen etwa OVG NRW, Urteile vom 14. Oktober 2013 - 2 D 103/12.NE -, juris Rn. 51 ff. und 111 ff., vom 29. Januar 2013 - 2 D 102/11.NE -, BauR 2013, 896 = juris Rn. 71 ff. und 95 ff., und vom 9. November 2012 - 2 D 63/11.NE -, juris Rn. 146 ff.
1653. Die 1. Änderung verstößt nicht gegen das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB. Insbesondere hat die Antragsgegnerin die von Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten Betriebs- und Erweiterungsinteressen bzw. die Eigentümerinteressen der Antragstellerinnen nicht verletzt.
166Die Gemeinde darf durch ihre Bauleitplanung die bauliche Nutzbarkeit von Grundstücken verändern und dabei auch die privaten Nutzungsmöglichkeiten einschränken oder gar aufheben. Einen Planungsgrundsatz, nach dem die vorhandene Bebauung eines Gebiets nach Art und Maß auch bei einer Überplanung weiterhin zugelassen werden muss, gibt es nicht. Allerdings setzt eine wirksame städtebauliche Planung voraus, dass hinreichend gewichtige städtebaulich beachtliche Allgemeinbelange für sie bestehen. Diese städtebaulich beachtlichen Allgemeinbelange müssen umso gewichtiger sein, je stärker die Festsetzungen eines Bebauungsplans die Befugnisse des Eigentümers einschränken oder Grundstücke von einer Bebauung ganz ausschließen. Das durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistete Eigentumsrecht gehört in hervorgehobener Weise zu den von der Bauleitplanung zu berücksichtigenden Belangen. Es umfasst neben der Substanz des Eigentums auch die Beachtung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und des allgemeinen Gleichheitssatzes. Die Beschränkung der Nutzungsmöglichkeiten eines Grundstücks muss daher von der Gemeinde als ein wichtiger Belang privater Eigentümerinteressen in der nach § 1 Abs. 7 BauGB gebotenen Abwägung der öffentlichen und der privaten Belange beachtet werden. Will eine Gemeinde ein bereits bebautes Gebiet in einem Bebauungsplan hinsichtlich des zulässigen Nutzungsspektrums neu ordnen, setzt eine rechtmäßige Abwägung daher auch eine hinreichende Ermittlung der insoweit zu berücksichtigenden gegenläufigen (privaten) Belange durch eine sorgfältige Bestandsanalyse voraus. Im Rahmen der planerischen Abwägung muss das private Interesse am Erhalt bestehender baulicher Nutzungsrechte mit dem öffentlichen Interesse an einer städtebaulichen Neuordnung des Plangebiets abgewogen werden. In die Abwägung ist einzustellen, dass sich der Entzug baulicher Nutzungsmöglichkeiten für den Betroffenen wie eine (Teil-)Enteignung auswirken kann.
167Vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 19. Dezember 2002 - 1 BvR 1402/01 - NVwZ 2003, 727 = juris Rn. 15; BVerwG, Beschluss vom 15. Mai 2013 - 4 BN 1.13 -, ZfBR 2013, 573 = juris Rn. 17; OVG NRW, Urteile vom 29. Januar 2013 - 2 D 102/11.NE -, BauR 2013, 896 = juris Rn. 118, und vom 19. Dezember 2011 - 2 D 31/10.NE -, S. 24 des amtlichen Umdrucks.
168Werden vorhandene Nutzungen in einem Bebauungsplan auf den bloßen passiven Bestandsschutz gesetzt, ist regelmäßig - um Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG Rechnung zu tragen - zu prüfen, ob ihnen im Interesse einer Erhaltung der Nutzungsmöglichkeiten des privaten Eigentums in gewissem Umfang Möglichkeiten zu ihrer weiteren Entwicklung einzuräumen sind. Hierzu kommt eine Festsetzung erweiterten Bestandsschutzes in Betracht. Dies gilt gerade dann, wenn ein konkreter Ansiedlungs- oder Erweiterungswunsch eines Gewerbetreibenden oder Grundstückseigentümers vorliegt und an die Gemeinde herangetragen wird.
169Vgl. OVG NRW, Urteile vom 14. Oktober 2013 - 2 D 103/12.NE -, juris Rn. 69 und 90, vom 29. Januar 2013 - 2 D 102/11.NE -, BauR 2013, 896 = juris Rn. 121, vom 30. November 2010 - 2 D 138/08.NE -, juris Rn. 115 und Rn. 118, und vom 22. November 2010 - 7 D 1/09.NE -, BRS 76 Nr. 47 = juris Rn. 136 und 140.
170Dass eine derartige Absicherung vorhandene Nutzungen möglich ist, bedeutet nicht, dass sie auch regelmäßig durch den Plangeber zu erfolgen hat. Eine Gemeinde kann im Grundsatz die vorhandene Nutzung auch auf den bloßen passiven Bestandsschutzes festschreiben, um die mit (potentiellen) Erweiterungen verbundenen Auswirkungen zu verhindern. Ob eine derartige Festsetzung abwägungsfehlerfrei ist und ob dabei der Schutz des Eigentums seiner Bedeutung entsprechend gewichtet ist, entzieht sich einer generellen Aussage. Maßgeblich ist auch insofern, ob im konkreten Fall gewichtige, der Bestandsschutzgarantie des Eigentums entgegenzuhaltende städtebauliche Gründe vorliegen, die die Zurücksetzung der der privaten Belange des auf den passiven Bestandsschutz gesetzten Grundstückseigentümers rechtfertigen.
171Vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. November 2005 - 4 BN 36.05 -, BRS 69 Nr. 31 = juris Rn. 10; OVG NRW, Urteile vom 14. Oktober 2013 - 2 D 103/12.NE -, juris Rn. 92, vom 29. Januar 2013 - 2 D 102/11.NE -, BauR 2013, 896 = juris Rn. 123, vom 30. November 2010 - 2 D 138/08.NE -, juris Rn. 120, und vom 22. November 2010 - 7 D 1/09.NE -, BRS 76 Nr. 47 = juris Rn. 142.
172Diese Abwägungsparameter hat die Antragsgegnerin gegenüber den Antragstellerinnen nicht verfehlt. Die 1. Änderung greift nicht unverhältnismäßig in deren Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG ein.
173Der Bebauungsplan Nr. 111 A bleibt auch in der Fassung, die er durch die 1. Änderung gefunden hat, eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung der Eigentumsnutzung auf dem Grundstück L.-weg 6 im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Die 1. Änderung lässt die Nutzungsoptionen der Antragstellerinnen hinsichtlich der im Zentrum des Normenkontrollantrags stehenden textlichen Festsetzung B.I.3 unverändert. Die textliche Festsetzung B.I.3 stattet den Schlachtbetrieb der Antragstellerin zu 1. unverändert nach wie vor mit einem - auf die Varianten der Änderung und Erneuerung zurückgenommenen - erweiterten Bestandsschutz nach § 1 Abs. 10 BauNVO aus. Diesen hat die Antragsgegnerin - wie gezeigt - am Maßstab der Ermächtigungsgrundlage gemessen rechtmäßig und überdies konzeptionell stimmig ausgestaltet. Zu mehr war die Antragsgegnerin nicht verpflichtet. Die Entwicklungsmöglichkeiten der Schachtanlage waren seit dem Inkrafttreten des Bebauungsplans Nr. 111 A im Jahr 2000 auf Änderungen und Erneuerungen festgelegt, soweit diese nachbarrechtskonform sind. Die Antragstellerinnen haben keinen Anspruch darauf, dass die textliche Festsetzung B.I.3 um die erweiterte Bestandsschutzvariante der Nutzungsänderung ergänzt wird, worunter - wie dargelegt - auch Erhöhungen der Schlachtkapazität über den mit Genehmigungsbescheid vom 7. August 2006 genehmigten Umfang hinaus fallen. Die Antragstellerinnen müssen hinnehmen, dass der Standort L.-weg 6 in einer Gemengelage zu Wohnbebauung situiert ist, in der die Antragsgegnerin berechtigt ist, den Trennungsgrundsatz des § 50 BImSchG als (zusätzliche) Inhalts- und Schrankenbestimmung nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zur Planrechtfertigung in Ansatz zu bringen. Diese Abwägungsdirektive und die Immissionsvorsorge sind der hinreichend tragfähige städtebauliche Grund, um den Betriebs-, Erweiterungs- und sonstigen Eigentümerinteressen der Antragstellerinnen typisierende Grenzen zu setzen. In dem vor und mit der 1. Änderung gesetzten Rahmen können die Antragstellerinnen den Schlachtbetrieb (baulich) verändern oder im Bedarfsfall erneuern. An der bauplanungs- und immissionsschutzrechtlich zu beachtenden gewichtigen Situationsgebundenheit des Grundstücks L.‑weg 6 ändert dies nichts.
174Der Trennungsgrundsatz gemäß § 50 BImSchG stellt - dies sei wiederholt - kein zwingendes Gebot dar. Er kann im Rahmen der planerischen Abwägung durch andere Belange von hohem Gewicht überwunden werden. Eine Zurückstellung immissionsschutzrechtlicher Belange ist nicht nur dann abwägungsfehlerfrei, wenn die Planung durch entgegenstehende Belange mit hohem Gewicht zwingend geboten ist. Ob sich eine Abwägungsdirektive wie der Grundsatz der Trennung unverträglicher Raumnutzungen in der Abwägung durchsetzt, entscheidet sich erst in einer Bewertung der konkreten Einzelfallumstände. Vom Trennungsgrundsatz sind Ausnahmen zulässig, wenn sichergestellt werden kann, dass von der projektierten Nutzung im Plangebiet nur unerhebliche Immissionen ausgehen, und wenn im Einzelfall städtebauliche Gründe von besonderem Gewicht hinzutreten, die es rechtfertigen, eine planerische Vorsorge durch räumliche Trennung zurücktreten zu lassen
175Vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. März 2013 - 4 BN 39.12 -, juris Rn. 4, Urteil vom 19. April 2012 - 4 CN 3.11 -, BVerwGE 143, 24 = BRS 79 Nr 20 = juris Rn. 29, m. w. N.
176Legt man diesen Maßstab an, hat der von der Antragsgegnerin ins Feld geführte Trennungsgrundsatz immer noch ausreichend Gewicht, um nicht von den Betriebs-, Erweiterungs- und sonstigen Eigentümerinteressen der Antragstellerinnen verdrängt zu werden. Da der Schlachtbetrieb den nach der Abstandsliste 1998 für ihn empfohlenen Mindestabstand zur nächstgelegen Wohnbebauung an der E.‑straße schon im Jahr 2000 unterschritt (siehe dazu die Planbegründung zum Ausgangsbebauungsplan Nr. 111 A), erfährt der Trennungsgrundsatz bereits durch dessen fremdkörperhafte Zulassung im Gewerbegebiet eine nicht unerhebliche Einschränkung. Die Antragstellerinnen haben nicht ohne Weiteres Anspruch darauf, dass die Antragsgegnerin diese Einschränkung fortentwickelt, indem sie dem Schlachtbetrieb nicht nur überhaupt einen erweiterten Bestandsschutzes gibt, sondern diesen erweiterten Bestandsschutz auf Nutzungsänderungen - wie z. B. Erhöhungen der Schlachtkapazität - oder auf sonstige Erweiterungen jenseits des genehmigten Anlagenbestands ausdehnt. Würde man dies der Antragsgegnerin ohne konkreten sachlichen Grund ansinnen, würde man sie von ihrem Plankonzept entfernen, die Zulässigkeit von Änderungen und Erneuerungen des Schlachtbetriebs zunächst an eine typisierende Betrachtung zu knüpfen und sie ansonsten von den Einzelfallumständen des Immissionsschutzrechts abhängig zu machen.
177Die Antragstellerinnen haben dagegen im Planaufstellungsverfahren nicht vorgetragen, dass sie auf die Erhöhung der Schlachtkapazität auf 120 t Lebendgewicht je Tag wirtschaftlich dringend oder aus sonst überwiegenden Gründen angewiesen seien. Erst in der mündlichen Verhandlung am 11. Februar 2014 hat der Geschäftsführer der Antragstellerin zu 1. vorgebracht, mit Blick auf die aktuellen Marktentwicklungen sei ein derart beschränkter Standort wie derjenige am L.‑weg 6 nicht rentabel. Er hat diese betriebswirtschaftliche Einschätzung aber auch jetzt nicht weiter substantiiert, so dass ebenso gut denkbar ist, dass der Standort die Nachfrage nach Rinderschlachtungen für regionale Zulieferer weiterhin bedient, um hier keine Nachfragelücken entstehen zu lassen, oder dass sich die von dem Geschäftsführer der Antragstellerin zu 1. geschilderte Tendenz zur Ausbildung von Großschlachtbetrieben wieder umkehren wird.
178Ob der Antragstellerin zu 1. im immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigungsverfahren der Nachweis gelingen könnte, die Erhöhung der Schlachtkapazität auf 120 t Lebendgewicht je Tag sei in nachbarrechtskonformer Weise möglich, ist in dem streitgegenständlichen planungsrechtlichen Kontext ohne Belang. Dies entkräftet das Gewicht des Trennungsgrundsatzes in der Abwägung nicht wesentlich. Diese Nachweismöglichkeit betrifft allein die aus der Perspektive des Bebauungsplans nachgelagerte Ebene des immissionsschutzrechtlichen (Änderungs-)Genehmigungsverfahrens und der Anwendung des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG in diesem Genehmigungsverfahren. Sie kann keine unmittelbaren und zwingenden Auswirkungen darauf haben, wie die Antragsgegnerin die vorgelagerte bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von Betrieben und Anlagen im Plangebiet typisierend strukturiert. Hierbei handelt es sich um planerische Immissionsvorsorge.
179Dass die Antragstellerinnen nunmehr auf den passiven Bestandsschutz gesetzt seien, trifft demzufolge nicht zu. Namentlich das Recht zur Erneuerung nach der textlichen Festsetzung B.I.3 geht über reinen passiven Bestandsschutz hinaus. Dieser würde mit einem Wegfall der Schlachtanlage erlöschen. Wegen des Rechts zur Erneuerung aus der textlichen Festsetzung B.I.3 haben die Antragstellerinnen demgegenüber jedoch ein Recht zur Wiedererrichtung der Anlage in modernisierter Form.
180Auch dessen ungeachtet berührt die 1. Änderung die am 7. August 2006 erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung nicht. Von dieser kann die Antragstellerin zu 1. losgelöst von der 1. Änderung Gebrauch machen. Da die Genehmigung vom 7. August 2006 den Genehmigungsumfang auf eine Gesamtkapazität der Anlage von weniger als 50 t Lebendgewicht je Tag begrenzt, räumt sie der Antragstellerin zu 1. aus sich heraus keine Entwicklungsmöglichkeiten ein, die über diesen Genehmigungsausspruch bzw. über die textliche Festsetzung B.I.3 hinausreichen. Die Antragstellerin zu 1. bleibt jenseits dieser Genehmigung an die erweiterten Bestandsschutzmodalitäten der Änderung und der Erneuerung des Bebauungsplans Nr. 111 A gebunden.
181Welche Haltung die Antragsgegnerin im Vorfeld der Genehmigungserteilung vom 7. August 2006 eingenommen hat, beeinflusst diese objektive Rechtslage nicht. Die Antragsgegnerin hat sich dadurch weder im Hinblick auf eine etwaige Änderung des Bebauungsplans Nr. 111 A noch hinsichtlich zukünftiger immissionsschutzrechtlicher Änderungsgenehmigungsverfahren gebunden. Dies gilt selbst dann, wenn die Antragsgegnerin die vorhergehende Erhöhung der Schlachtkapazität auf 50 t Lebendgewicht je Tag fehlerhaft als Änderung oder Erneuerung im Sinne der textlichen Festsetzung B.I.3 verstanden haben sollte. Ein derartiger Rechtsirrtum würde keine schutzwürdige und mit überwiegendem Gewicht ausgestattete Abwägungsposition der Antragstellerinnen zu kreieren vermögen.
182Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 100 Abs. 1 ZPO.
183Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 ZPO.
184Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.
Gründe
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I.
- 1
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Die Antragsteller wenden sich im Wege der Normenkontrolle gegen § 4 der Verordnung des Landkreises S. über die Entsorgung bestimmter pflanzlicher Gartenabfälle außerhalb von Abfallentsorgungsanlagen durch Verbrennen - GartAbfVO. Die Vorschrift lässt das Verbrennen von pflanzlichen Gartenabfällen in der Zeit vom 1. Oktober bis 30. November und vom 1. Februar bis 15. März unter bestimmten Bedingungen zu. Das Oberverwaltungsgericht hat den am 4. Juni 2012 gestellten Normenkontrollantrag als unzulässig abgelehnt, weil er nicht innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der GartAbfVO beim Gericht eingegangen ist. Eine Abweichung von der Ausschlussfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO sei auch nicht deshalb geboten, weil die GartAbfVO - wie die Antragsteller ergänzend vortrügen - jedenfalls nicht mehr mit dem am 1. Juni 2012 in Kraft getretenen KrWG vereinbar sei. Auch die Vereinbarkeit der GartAbfVO mit dem neuen KrWG könne im Rahmen der den Antragstellern eröffneten indirekten Rechtsschutzmöglichkeiten überprüft werden.
- 2
-
Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen seinen Beschluss nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsteller.
-
II.
- 3
-
Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde ist unbegründet.
- 4
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1. Der geltend gemachte Verfahrensfehler liegt nicht vor.
- 5
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Im Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht hatten die Antragsteller geltend gemacht, dass inzwischen, also nach Erlass der GartAbfVO, im Landkreis ausreichend Einrichtungen für die durch das Abfallrecht geforderte Entsorgung von Gartenabfällen geschaffen worden seien; damit sei die Ermächtigung zur Regelung einer Beseitigung außerhalb von Entsorgungsanlagen entfallen (Schriftsatz vom 31. Mai 2012 S. 5). Mit der Beschwerde rügen sie, dass sich das Oberverwaltungsgericht mit diesem Vorbringen nicht auseinandergesetzt und dadurch ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt habe.
- 6
-
Eine Verletzung rechtlichen Gehörs kommt nur in Betracht, wenn das betreffende Vorbringen nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts entscheidungserheblich war. Das ist hier nicht der Fall. Auf die Begründetheit des Normenkontrollantrags, in dessen Rahmen die Antragsteller zur zwischenzeitlichen Schaffung von Entsorgungseinrichtungen vorgetragen hatten, kam es nach der Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts nicht an; nach seiner Auffassung war der Antrag bereits unzulässig. Dass die GartAbfVO durch die Schaffung von Entsorgungseinrichtungen funktionslos geworden sei und in einem solchen Fall die Antragsfrist keine Anwendung finden könne, hatten die Antragsteller selbst nicht geltend gemacht. Ohne einen entsprechenden Vortrag musste das Oberverwaltungsgericht diesen Gedanken nicht in Erwägung ziehen. Anhaltspunkte für eine Funktionslosigkeit der GartAbfVO ergaben sich aus dem Vortrag der Antragsteller nicht. Funktionslos kann eine Norm nur werden, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der ihre Verwirklichung auf unabsehbare Zeit ausschließt, und diese Tatsache so offensichtlich ist, dass ein in die Fortgeltung der Norm gesetztes Vertrauen keinen Schutz verdient (Urteile vom 3. Dezember 1998 - BVerwG 4 CN 3.97 - BVerwGE 108, 71 <76> = Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 128 S. 121 f. und vom 18. November 2004 - BVerwG 4 CN 11.03 - BVerwGE 122, 207 <214> = Buchholz 406.251 § 17 UVPG Nr. 1 S. 10, jeweils zu Bebauungsplänen). Dass eine Verwirklichung des § 4 GartAbfVO ausgeschlossen und ein Vertrauen auf die Fortgeltung der Norm nicht mehr schutzwürdig sein könnte, ergibt sich aus dem Vortrag der Antragsteller nicht; sie machen vielmehr selbst geltend, dass von der durch § 4 GartAbfVO eröffneten Möglichkeit, Gartenabfälle zu verbrennen, weiterhin umfangreich Gebrauch gemacht werde.
- 7
-
2. Bereits aus diesem Grund kann auch die im Hinblick auf die unterlassene Prüfung der Funktionslosigkeit geltend gemachte Abweichung von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. Dezember 1998 (a.a.O.) nicht vorliegen. Sie ist im Übrigen nicht in der nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderlichen Weise (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133
VwGO Nr. 26) dargelegt. Mit welchem die Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz das Oberverwaltungsgericht von einem ebensolchen Rechtssatz des Urteils vom 3. Dezember 1998 abgewichen sein sollte, zeigt die Beschwerde nicht auf.
- 8
-
3. Die Rechtssache hat schließlich nicht die von der Beschwerde geltend gemachte rechtsgrundsätzliche Bedeutung. Als klärungsbedürftig bezeichnet die Beschwerde die Frage,
-
ob der Ablauf der Klagefrist des § 47 VwGO auch dann den Normenkontrollantrag unzulässig werden lässt, wenn die Verordnung infolge Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse zwar nicht mehr rechtmäßig ist, dem Antragsteller aber andere Rechtsmittel zur Verfügung stehen, um seine Rechte zu wahren.
- 9
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Nicht jede Frage sachgerechter Auslegung und Anwendung einer Vorschrift enthält zugleich eine gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO erst im Revisionsverfahren zu klärende Fragestellung. Hieran fehlt es, wenn sich die aufgeworfene Rechtsfrage auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne Weiteres beantworten lässt. So liegt es hier. Die Frage ist im Sinne des Oberverwaltungsgerichts zu beantworten. Jedenfalls für Normenkontrollanträge nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO gilt die Antragsfrist von einem Jahr nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift auch dann, wenn der Antragsteller geltend macht, die Rechtsvorschrift sei erst nach ihrer Bekanntmachung infolge einer Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse rechtswidrig geworden (so auch VGH Mannheim, Urteil vom 17. Oktober 2002 - 1 S 2114/99 - juris Rn. 53 f.; M. Redeker, in: Redeker/von Oertzen, VwGO, 15. Aufl. 2010, § 47 Rn. 26). Die in der obergerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum umstrittene Frage, welche Bedeutung dem Fristerfordernis im Fall von Normenkontrollanträgen nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO zukommt, wenn die Feststellung eingetretener Funktionslosigkeit eines Bebauungsplans beantragt wird, braucht im vorliegenden Verfahren nicht entschieden zu werden (offengelassen auch im Urteil vom 3. Dezember 1998 a.a.O. S. 75 bzw. S. 121 und im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 15. September 2011 - 1 BvR 2232/10 - NVwZ 2012, 429 Rn. 51). Die hier in Streit stehende GartAbfVO ist - wie dargelegt - nicht funktionslos geworden. Es geht auch nicht um einen Normenkontrollantrag nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO.
- 10
-
In der Literatur wird allerdings verbreitet gefordert, das an die Bekanntmachung der Rechtsvorschrift anknüpfende Fristerfordernis des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht anzuwenden, wenn mit dem Normenkontrollantrag geltend gemacht wird, eine Rechtsvorschrift sei erst nach ihrer Bekanntmachung rechtswidrig geworden (Gerhardt/Bier, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Bd. 1, Stand: August 2012, § 47 Rn. 38; Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 47 Rn. 290; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 47 Rn. 85; Giesberts, in: Posser/Wolf, VwGO, 2008, § 47 Rn. 55). Dem steht aber bereits der Wortlaut des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO entgegen. Nach dieser Vorschrift kann der Antrag nur innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift gestellt werden; das gilt unabhängig davon, welche Gründe für die Unwirksamkeit der Rechtsvorschrift der Antragsteller geltend macht.
- 11
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Aus den Gesetzgebungsmaterialien ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine einschränkende Auslegung des Fristerfordernisses. Ursprünglich waren Normenkontrollanträge unbefristet zulässig. Durch das 6. VwGOÄndG vom 1. November 1996 (BGBl I S. 1626) wurde zunächst eine Frist von zwei Jahren ab Bekanntmachung der Rechtsvorschrift eingeführt; durch das Gesetz zur Erleichterung von Planungsvorhaben für die Innenentwicklung der Städte vom 21. Dezember 2006 (BGBl I S. 3316) wurde diese Frist auf ein Jahr verkürzt. Zur Begründung wurde ausgeführt, ohne Fristbindung sei es möglich, dass Normen, die bereits lange praktiziert würden und auf deren Rechtsgültigkeit sowohl die Behörden als auch die Bürger vertraut hätten, als Rechtsgrundlage für nicht bestandskräftige Entscheidungen entfielen; dies könne zu erheblichen Beeinträchtigungen der Rechtssicherheit führen (BTDrucks 13/3993 S. 10, 16/2496 S. 17 f.). Zur hier in Rede stehenden Fallgruppe verhalten sich die Gesetzgebungsmaterialien nicht. Die Einführung der Antragsfrist und ihre nachfolgende Verkürzung zeigen jedoch, dass eine prinzipale Normenkontrolle nach der Vorstellung des Gesetzgebers nur in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Erlass der Rechtsvorschrift zulässig sein soll. Im Übrigen soll es bei den außerhalb von § 47 VwGO gegebenen Rechtsschutzmöglichkeiten und der in diesen Verfahren gegebenen Befugnis der Verwaltungsgerichte bleiben, die Rechtsvorschrift inzident auf ihre Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht zu prüfen (vgl. BTDrucks 13/3993 S. 10).
- 12
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Auch Sinn und Zweck der Normenkontrolle nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO rechtfertigen es nicht, das Fristerfordernis des § 47 Abs. 2 VwGO auf Anträge, mit denen eine nachträglich eingetretene Rechtswidrigkeit der Rechtsvorschrift geltend gemacht wird, nicht anzuwenden. Das Fristerfordernis führt zwar dazu, dass ein nachträgliches Rechtswidrigwerden einer Rechtsnorm mit einem Normenkontrollantrag nach § 47 VwGO in aller Regel nicht geltend gemacht werden kann. Insoweit kann die Normenkontrolle ihren Zweck, die Verfahrensökonomie und den Rechtsschutz des Einzelnen zu verbessern (BTDrucks 3/1094 S. 6), nicht erreichen. Eine Notwendigkeit, die Normenkontrolle in diesen Fällen unbefristet oder innerhalb einer im Wege richterlicher Rechtsfortbildung festzulegenden Frist zuzulassen, ergibt sich hieraus jedoch nicht.
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Verfassungsrecht gebietet es nicht, eine prinzipale Normenkontrolle gegen untergesetzliche Rechtsnormen einzuführen (BVerfG, Entscheidung vom 27. Juli 1971 - 2 BvR 443/70 - BVerfGE 31, 364 <370>; BVerwG, Beschlüsse vom 2. April 1993 - BVerwG 7 B 38.93 - Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 117 = NVwZ-RR 1993, 513<514> und vom 2. September 1983 - BVerwG 4 BN 1.83 - BVerwGE 68, 12 <14>). Über die bestehenden Klagemöglichkeiten kann jedes subjektive Recht durchgesetzt werden; damit ist den Anforderungen des Gebots effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) genügt. Dass eine Rechtsvorschrift von Anfang an unwirksam war oder infolge einer Änderung der Sach- oder Rechtslage nachträglich rechtswidrig geworden ist, kann auch im Rahmen dieser Verfahren geltend gemacht werden; die Gerichte müssen die Wirksamkeit der Rechtsvorschrift, soweit entscheidungserheblich, auch nach Ablauf der Jahresfrist des § 47 Abs. 2 VwGO inzident prüfen.
- 14
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Außerhalb des Städtebaurechts überlässt § 47 VwGO den Ländern die Entscheidung, ob die Normenkontrolle gegen im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschriften eröffnet werden soll oder nicht (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO); ein lückenloser Rechtsschutz im Wege der prinzipalen Normenkontrolle wird insoweit nicht gewährleistet. Würden Normenkontrollanträge in Ländern, die die Normenkontrolle eröffnet haben, in der hier in Rede stehenden Konstellation ohne Einhaltung einer Frist zugelassen, würde dies dem Ziel des Bundesgesetzgebers widersprechen, die Zulässigkeit von Normenkontrollen im Interesse der Rechtssicherheit zeitlich zu beschränken. Die durch die Nichtanwendung der Antragsfrist des § 47 Abs. 2 VwGO entstehende Lücke könnte auch im Wege der Rechtsfortbildung nicht ohne Weiteres geschlossen werden. Insbesondere bei einer Änderung der tatsächlichen Verhältnisse ist unklar, durch welches Ereignis die Frist (erneut) in Lauf gesetzt werden sollte. Aber auch bei einer Rechtsänderung kommen unter Umständen verschiedene Anknüpfungspunkte in Betracht. Im Übrigen müsste nicht nur die Frist, sondern auch der Prüfungsmaßstab modifiziert werden. Denn wenn ein Normenkontrollantrag, mit dem ein nachträgliches Rechtswidrigwerden einer Rechtsvorschrift geltend gemacht wird, zu einer Vollüberprüfung der Rechtsvorschrift einschließlich ihrer ursprünglichen Wirksamkeit führen würde, würde das Fristerfordernis des § 47 Abs. 2 VwGO umgangen. Jedenfalls im Anwendungsbereich des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO ist für eine solche Rechtsfortbildung kein Raum. Die praktischen Schwierigkeiten, mit denen sich die Antragsteller bei der gerichtlichen Durchsetzung eines Anspruchs auf behördliches Einschreiten gegen das Verbrennen von Gartenabfällen konfrontiert sehen, würden unabhängig von der hier in Rede stehenden Fristproblematik auch in den Bundesländern bestehen, die die Normenkontrolle nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO nicht zugelassen haben.
(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.
(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).
(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.
(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.
(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.
(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:
- 1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung, - 2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung, - 3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung, - 4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, - 5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes, - 6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge, - 7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere - a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt, - b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes, - c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt, - d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter, - e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern, - f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie, - g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts, - h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden, - i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d, - j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
- 8.
die Belange - a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung, - b)
der Land- und Forstwirtschaft, - c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen, - d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus, - e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit, - f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
- 9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung, - 10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften, - 11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung, - 12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden, - 13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung, - 14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.
(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.
(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.
(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.
(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.
(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.
(1) Gewerbegebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben.
(2) Zulässig sind
- 1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe, - 2.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude, - 3.
Tankstellen, - 4.
Anlagen für sportliche Zwecke.
(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden
(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.
(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und
- 1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder - 2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder - 3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 21. November 2011 wird abgelehnt.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens zu tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes für das Zulassungsverfahren wird auf 345.000,00 € festgesetzt.
Gründe
- 1
Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nrn. 1, 2 und 4 VwGO liegen nicht vor.
- 2
Das Verwaltungsgericht hat die auf Erteilung eines positiven Bauvorbescheides für die Nutzungsänderung von Lagerhallen in acht Spielhallen, hilfsweise auf Neubescheidung des entsprechenden Antrages gerichtete Klage im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, dass das Vorhaben bauplanungsrechtlich nicht zulässig sei. Das Gebiet, in dem sich das Vorhaben befinde, sei als faktisches Gewerbegebiet anzusehen. In einem derartigen Gewerbegebiet seien Vergnügungsstätten nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO nur ausnahmsweise zulässig. Die Beklagte habe indes bei der Entscheidung, eine derartige Ausnahme nicht zuzulassen, ihr Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Insoweit sei davon auszugehen, dass es sich bei der von dem Kläger beabsichtigten Nutzung um eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte handele. Dies gelte bereits für jede einzelne Spielhalle, könne aber auch bei einer Gesamtbetrachtung aller Spielhallen angenommen werden, da diese eine betriebliche Einheit bildeten. Mit der Zulassung einer solchen Vergnügungsstätte und der damit verbundenen Schaffung eines Berufungsfalles bestehe die Gefahr, dass das Gewerbegebiet sich zu einem Vergnügungsviertel hin entwickle. Außerdem sei eine Gebietsabwertung zu befürchten, da sich der Kundenkreis von dem der vorhandenen Gewerbebetriebe unterscheide, wodurch der Gewerbestandort an Seriosität einbüße. Weiterhin sei mit einer Verdrängung klassischer Gewerbebetriebe durch Anstieg der Miet- und Immobilienpreise zu rechnen.
- 3
An der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
- 4
Das Verwaltungsgericht hat zu Recht sowohl den mit dem Hauptantrag des Klägers geltend gemachten Anspruch auf Erteilung eines positiven Bauvorbescheides verneint als auch das hilfsweise formulierte Begehren auf erneute Entscheidung über seinen entsprechenden Antrag abgelehnt. Der Bescheid der Beklagten vom 31. Mai 2010, mit dem die Bauvoranfrage des Klägers hinsichtlich der Spielhallen abgelehnt wurde, lässt nämlich keine Rechtsfehler erkennen.
- 5
Grundlage der Entscheidung der Beklagten ist § 72 LBauO i.V.m. § 70 LBauO. Nach § 72 Satz 1 LBauO kann der Bauherr zu einzelnen Fragen des Vorhabens vor Einreichung des Bauantrags einen schriftlichen Bescheid (Bauvorbescheid) beantragen. Der Antrag des Klägers vom 15. Februar 2010 ist dahin auszulegen, dass er die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der von ihm beabsichtigten Nutzungsänderung von Lagerhallen in acht Spielhallen mit Büro- und Sozialräumen festgestellt wissen wollte. Die Voraussetzungen für einen antragsgemäßen Bauvorbescheid nach § 70 Abs. 1 LBauO in entsprechender Anwendung liegen indessen nicht vor. Dem Vorhaben stehen nämlich baurechtliche Vorschriften entgegen.
- 6
Das geplante Vorhaben ist in einem faktischen Gewerbegebiet, als das sich dessen nähere Umgebung darstellt, nicht allgemein zulässig. Zudem lässt die Entscheidung der Beklagten, den Spielhallenkomplex auch nicht ausnahmsweise zuzulassen, keinen Ermessensfehler erkennen. Die Erteilung einer Befreiung kommt ebenfalls nicht in Betracht.
- 7
Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der beabsichtigten Nutzungsänderung bestimmt sich nach § 34 Abs. 2 BauGB. Nach dieser Vorschrift richtet sich die Zulässigkeit eines Vorhabens im unbeplanten Innenbereich, wenn dessen nähere Umgebung einem der Baugebiete nach der BauNVO entspricht, seiner Art nach allein danach, ob es in diesem Gebiet allgemein zulässig wäre. Auf nach der BauNVO ausnahmsweise zulässige Vorhaben ist § 31 Abs. 1 BauGB, im Übrigen - hinsichtlich der Möglichkeit einer Befreiung - § 31 Abs. 2 BauGB entsprechend anzuwenden. Wie sich bereits aus dem Wortlaut des § 34 Abs. 2 BauGB ergibt, sind in einem solchen Fall die Zulässigkeitskriterien für die Art der baulichen Nutzung allein den Vorschriften der Baunutzungsverordnung zu entnehmen. Ein ergänzender Rückgriff auf § 34 Abs. 1 BauGB, wie ihn der Kläger nahelegt, kommt daher nicht in Betracht (vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 102. EL 2011, § 34 Rn. 77).
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Die nähere Umgebung des Vorhabengrundstücks stellt sich nach den schlüssigen Darlegungen des Verwaltungsgerichts, auf die verwiesen werden kann, als Gewerbegebiet nach § 8 BauNVO dar. In einem derartigen Gewerbegebiet sind Vergnügungsstätten, zu denen Spielhallen gehören, gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO nur ausnahmsweise zulässig. Die Frage, ob eine Ausnahme in entsprechender Anwendung des § 31 Abs. 1 BauGB erteilt werden kann, eröffnet der Behörde im Regelfall Ermessen, wobei grundsätzlich auch kerngebietstypische Vergnügungsstätten zugelassen werden können (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. August 1992 - 4 C 54.89 -, BRS 54 Nr. 137 und juris, Rn. 14).
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Die Entscheidung der Beklagten, eine Ausnahme hinsichtlich der vom Kläger geplanten acht Spielhallen nicht zuzulassen, lässt keine Ermessensfehler erkennen. Sie beruht auf sachgerechten Erwägungen.
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Die Beklagte hat hierzu in nachvollziehbarer Weise darauf abgestellt, dass es sich bei dem Vorhaben des Klägers um eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte von außergewöhnlicher Größe handele, die geeignet sei, das Gebiet zu prägen und negativ zu verändern.
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Insoweit kann dahinstehen, ob sich die acht einzelnen Spielhallen als betriebliche Einheit darstellen und daher bauplanungsrechtlich als ein Vorhaben zu betrachten sind. Denn jedenfalls kann die von der Beklagten befürchtete Prägung des Gebiets auch dann angenommen werden, wenn jede Spielhalle ein Einzelvorhaben darstellte. Denn auch insoweit würde es sich um eine gewichtige Ansammlung kerngebietstypischer Spielhallen handeln, die geeignet ist, das Gepräge des Gewerbegebiets maßgeblich zu verändern. Jede einzelne der Spielhallen erreicht mit 12 Spielgeräten die nach § 3 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz der Verordnung über Spielgeräte und andere Spiele mit Gewinnmöglichkeit - Spielverordnung - für eine Spielhalle vorgesehene Höchstzahl. Außerdem überschreitet jede einzelne Einheit die von der Rechtsprechung als Anhaltspunkt für eine Kerngebietstypik entwickelte Flächenschwelle von 100 m² (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Oktober 1992 - 4 B 103.92 -, GewArchiv 1993, 84 und juris, Rn. 4). Hiernach kann aber schon allein aus der Größe jeder einzelnen der geplanten Spielhallen angenommen werden, dass sie nicht lediglich der Entspannung oder Freizeitbetätigung in einem begrenzten Stadtteil dienen soll, sondern als zentraler Dienstleistungsbetrieb auf ein größeres und allgemeines Publikum aus einem größeren Einzugsbereich ausgerichtet ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. August 1992 - 4 C 57.89 -, GewArchiv 1993, 35 und juris, Rn. 21). Hierfür spricht im Übrigen auch der Umstand, dass das Spielhallengelände verkehrsgünstig an einer vierspurigen Ausfallstraße gelegen ist und daher von Kunden aus einem erweiterten Einzugsgebiet ohne Schwierigkeiten erreicht werden kann.
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Eine Konzentration von acht derartigen Spielhallen entfaltet eine solche Ausstrahlungswirkung auf das in seiner räumlichen Ausdehnung beschränkte Gewerbegebiet, dass es hierdurch eine Veränderung seiner Prägung erfährt. Dieser Umstand wird durch die Schaffung eines Berufungsfalles für andere kerngebietstypische Vergnügungsstätten verstärkt. Ein derartiger prägender Einfluss auf das Gebiet ist aber mit dem in § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO zum Ausdruck kommenden Ausnahmecharakter nicht zu vereinbaren (vgl. OVG RP, Beschluss vom 22. Juli 2009 - 8 A 10293/09.OVG -; Söfker, a.a.O., § 31 BauGB, Rn. 25). Allein dieser Umstand rechtfertigt bereits ein Absehen von der Erteilung einer Ausnahme. Insoweit kann sich der Kläger auch nicht darauf berufen, dass alle in dem Gewerbegebiet ansässigen Betriebe einen Kundenkreis aus einem weiteren Einzugsbereich ansprächen. Die bislang vorhandenen Betriebe sind nämlich in einem Gewerbegebiet allgemein zulässig, so dass hierfür andere Maßstäbe gelten. Soweit er anführt, dass die Gefahr von Berufungsfällen ausgeschlossen sei, weil im Gebiet keine Baulücken mehr vorhanden seien, kann darauf verwiesen werden, dass die Einrichtung von Vergnügungsstätten - wie im Falle des Klägers - auch auf schon bebauten Grundstücken durch Umnutzung möglich ist.
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Keinen Ermessensfehler lässt auch die weitergehende von der Beklagten gegen die Zulassung einer Ausnahme angeführte Begründung erkennen. Hiernach ist nämlich bei Zulassung einer Ausnahme zugunsten einer großflächigen Vergnügungsstätte oder einer Konzentration mehrerer kerngebietstypischen Spielhallen auf einer entsprechenden Fläche die Gefahr einer Gebietsabwertung („trading-down“) nicht von der Hand zu weisen. Insoweit ist von dem Erfahrungssatz auszugehen, dass sich Vergnügungsstätten negativ auf die Umgebung auswirken können (vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. September 2008 - 4 BN 9.08 -, BRS 73 Nr. 26 und juris, Rn. 8). Angesichts der prägenden Wirkung des Gesamtvorhabens des Klägers auf das vergleichsweise kleine faktische Gewerbegebiet besteht in nachvollziehbarer Weise die Gefahr einer Verdrängung zu Lasten im Gewerbegebiet allgemein zulässiger Betriebe. Durch eine Zulassungsentscheidung zugunsten des Klägers würde auch für andere Betreiber von Spielhallen entsprechender Größe ein Berufungsfall geschaffen, der zur Folge hätte, dass die Immobilienpreise wegen der Ertragsstärke der Spielhallenbetriebe anstiegen und das Gebiet deshalb für die Ansiedlung eines großen Teils herkömmlicher Gewerbetreibender nicht mehr attraktiv wäre. Allein dieser Gesichtspunkt würde einen trading-down-Effekt auslösen, so dass es nicht mehr auf die Frage ankommt, inwieweit sich mögliche Verschiebungen des Kundenkreises negativ auf den Gebietscharakter auswirkten.
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Erscheint hiernach die Versagung einer Ausnahme als sachlich gerechtfertigt, so ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass es Absicht der Beklagten ist, Vergnügungsstätten im Stadtgebiet grundsätzlich nicht zuzulassen. Selbst wenn die Darstellung des Klägers zutreffen sollte, dass insbesondere in den Kerngebieten der Beklagten die Zulässigkeit von Vergnügungsstätten ausgeschlossen ist, so lässt sich der in seinem Falle getroffenen Ermessensentscheidung keine derartige Festlegung für das gesamte Stadtgebiet entnehmen. Vielmehr hat die Beklagte eine auf die besonderen Verhältnisse des Vorhabens und seiner näheren Umgebung abstellende Einzelfallentscheidung getroffen.
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Soweit der Kläger erstmals im Berufungszulassungsverfahren darauf verweist, dass in seinem Fall die Voraussetzungen einer Befreiung in entsprechender Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB gegeben seien, kann ihm hierin ebenfalls nicht gefolgt werden. Zwar ist eine derartige Befreiung nicht von einem über die Bauvoranfrage hinausgehenden Antrag des Klägers abhängig (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Mai 1990 - 4 B 56.90 -, NVwZ-RR 1990, 529 und juris, Rn. 2). Indessen liegen die Voraussetzungen für eine Befreiung nicht vor. Sie wäre nämlich mit den Elementen, die den Gebietscharakter tragen („Grundzüge der Planung“), nicht vereinbar. Vielmehr bestünde nach dem zuvor Gesagten durch die Zulassung des Vorhabens die Gefahr, dass das Gebiet eine andere Prägung erfahren könnte.
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Die Rechtssache weist auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf, da schon im Zulassungsverfahren festgestellt werden kann, dass keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung bestehen (vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 124 Rn. 113).
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Soweit der Kläger eine Abweichung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts von näher bezeichneten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts rügt (§ 124 Abs.2 Nr. 4 VwGO), fehlt es bereits an der für die Geltendmachung eines derartigen Zulassungsgrundes erforderlichen Darlegung eines abstrakten Rechtssatzes, von dem das Verwaltungsgericht abgewichen sein soll.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.
(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und
- 1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder - 2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder - 3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung maßgebend, die den Rechtszug einleitet.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.