Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 11. Aug. 2014 - 27 L 1576/14.A
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe:
2Der am 10. Juli 2014 gestellte, sinngemäß auszulegende Antrag,
3die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, gegenüber der Ausländerbehörde sicherzustellen, dass bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Klageverfahren 27 K 4468/14.A die Abschiebung der Antragstellerin auf der Grundlage der in dem früheren Asylverfahren ergangenen Abschiebungsandrohung nicht vollzogen wird,
4ist zulässig, aber unbegründet.
5Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Die Notwendigkeit der einstweiligen Sicherung (Anordnungsgrund) und der geltend gemachte materielle Anspruch (Anordnungsanspruch) sind in diesem Fall vom Antragsteller glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 der Zivilprozessordnung – ZPO).
6Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.
71. Eine Abschiebung der Antragstellerin begegnet zunächst im Hinblick auf ihren Folgeantrag keinen Bedenken. Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 3. Juli 2014, mit dem die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens abgelehnt wird, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
8Ein Folgeantrag im Sinne des § 71 Abs. 1 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) führt nur unter den Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
9Die Antragstellerin kann sich nicht mit ihrem Hinweis auf ihre Zugehörigkeit zum Volk der Roma und die Lage der Roma in Serbien auf eine zu ihren Gunsten geänderte Sach- und Rechtslage berufen, § 71 AsylVfG i.V.m. § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG. Denn die Antragstellerin hat eine zu ihren Gunsten geänderte, im Verhältnis zu der der früheren Asylentscheidung zugrundegelegten Sach- und Rechtslage nicht schlüssig, glaubhaft und substantiiert vorgetragen.
10Vgl. zu diesen Anforderungen: BVerfG, Beschluss vom 11. Mai 1993 – 2 BvR 2245/92 –, InfAuslR 1993, 196; BVerwG, Urteil vom 23. Juni 1987 – 9 C 251.86 –, DVBl. 1987, 1120.
11Insoweit genügt es nicht, dass der Antragsteller unter Hinweis auf verschiedene Auskünfte und Erkenntnisse und auf Ereignisse und Vorgänge in seinem Heimatland (nach Abschluss des Erstverfahrens) eine Änderung der Sachlage pauschal behauptet, sondern es muss im einzelnen dargelegt werden, worin die Veränderung gegenüber der der vorangegangenen Entscheidung zugrundeliegenden Sachlage besteht. Die Zugehörigkeit der Antragstellerin zum Volk der Roma und die Lage der Roma in Serbien war bereits Gegenstand des vorangegangenen, vom Bundesamt abschlägig beschiedenen Asylantrags (Bescheid vom 14. März 2014); die Klage gegen diesen Bescheid hat das Gericht mit rechtskräftigem Gerichtsbescheid vom 17. April 2014 – 24 K 2131/14.A – abgewiesen. In diesem abgeschlossenen Verfahren hat das Gericht unter Bezugnahme auf den Ablehnungsbescheid des Bundesamtes eine Verfolgung der Roma aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit verneint. Eine Veränderung der Situation der Roma in diesen bis heute nunmehr knapp vier vergangenen Monaten hat die Antragstellerin aber weder dargelegt noch glaubhaft gemacht. Ihre Begründung des Folgeantrags bezieht sich auch im Kern auf die Aussage der sachverständigen Zeugin Dr. X. und damit auf den Wiederaufgreifensgrund des neuen Beweismittels in § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG.
12Die Antragstellerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf eine zu ihren Gunsten geänderte Rechtslage unter Hinweis auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. März 2014 – A 11 K 5036/13 – beziehen und zwar unabhängig davon, wann dieses Urteil ihr oder ihrem Prozessbevollmächtigten bekannt geworden ist. Denn eine Entscheidung eines erstinstanzlichen Verwaltungsgerichts ist hierzu nicht geeignet.
13Auf ein neues Beweismittel, welches eine für sie günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde, § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG, kann die Antragstellerin ihr Begehren aber ebenfalls nicht stützen.
14Zwar können neue Auskünfte von Sachverständigen ein neues Beweismittel im Sinne dieser Bestimmung sein.
15Str., siehe zum Meinungsstand Funke-Kaiser in: Gemeinschaftskommentar zum Asylverfahrensgesetz (GK-AsylVfG), Stand Februar 2011, § 71 Rn. 179 ff.
16Es kann aber nicht festgestellt werden, dass dieses neue Beweismittel eine der Antragstellerin günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde. Auf ein neues Beweismittel kann ein Antragsteller seinen Folgeantrag nur dann stützen, wenn er schlüssig vorträgt, dass dieses Beweismittel geeignet ist, eine für ihn günstigere Entscheidung herbeizuführen. Insbesondere muss das Beweismittel geeignet sein, gerade die Richtigkeit derjenigen Feststellungen in Frage zu stellen, die für die rechtskräftige Entscheidung in dem abgeschlossenen Asylverfahren tragend waren.
17Vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. November 1991 – 2 BvR 1216/91 –, InfAuslR 1992, 122; BVerwG, Urteil vom 21. April 1982 – 8 C 75.80 –, DVBl 1982, 998; Funke-Kaiser in: GK-AsylVfG, § 71 Rn. 90.
18Das heißt, das Vorbringen des Antragstellers muss die gut begründbare und nachvollziehbare Schlussfolgerung erlauben, dass eine die Entscheidung tragende Tatsachenfeststellung bei Verwendung des neuen Beweismittels günstiger ausgefallen wäre.
19Vgl. Funke-Kaiser in: GK-AsylVfG, § 71 Rn. 189.
20An einem derartigen Vortrag fehlt es hier. Die in Bezug genommene Aussage von Frau Dr. X. gegenüber dem VG Stuttgart am 25. März 2014 lässt einen nachvollziehbaren Schluss auf eine Gruppenverfolgung der Roma in Serbien – sei es durch staatliche oder durch nichtstaatliche Akteure – nicht zu.
21Es entspricht der ständigen Rechtsprechung sowohl der erkennenden Kammer als auch des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), dass keine Hinweise darauf bestehen, dass Roma in Serbien – trotz ihrer prekären Lebenssituation –politisch verfolgt werden.
22Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 7. November 2012 – 5 A 1695/12.A –, juris (Rn. 4), 19. August 2011 – 5 A 416/11.A –, juris (Rn. 7) und 14. Dezember 2009 – 5 A 2716/09.A –, juris (Rn. 2),ebenso: OVG Sachsen, Urteil vom 19.05.2009 - A 4 B 229/07 -, VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.02.2010 - A 11 S 331/07 - AuAS 2010, 190, VG Sigmaringen, Urteil vom 25. April 2014– 1 K 234/14 -, juris; VG Regensburg, Urteil vom 7. Mai 2014 – RO 6 K 14.30326 –, juris; VG Freiburg, Urteil vom 30. Juni 2014 – A 3 K 2238/12 –, juris; VG Stuttgart, Urteil vom 28. Mai 2014– A 12 K 4301/12 –, juris.
23Dies gilt auch für eine unmittelbare politische Verfolgung durch den serbischen Staat. Nach dem aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 18. Oktober 2013 sind zwar Vorbehalte und Vorurteile gegenüber Roma unverändert weit verbreitet, es gibt aber keine Anzeichen für systematische staatliche Verfolgungsmaßnahmen. Vielmehr sind in bestimmten Bereichen Fortschritte zu verzeichnen, wie eine höhere Einschulungsquote von Roma-Kindern oder der Einsatz von pädagogischen Assistenten und Roma-Mediatorinnen (S. 11 des Berichts). Die serbische Regierung bemüht sich auch, die Lage der Roma durch eine aktive Minderheitenpolitik zu verbessern. Hierzu gehört unter anderem ein am 10. Juni 2013 verabschiedeter Aktionsplan zur Verbesserung der Lage der Roma u.a. in den Bereichen Bildung, Krankenschutz, Arbeitsaufnahme, Wohnbedingungen, amtliche Registrierung und sozialer Schutz (S. 13 f. des Berichts). Diese Beschreibung der Situation der Roma entspricht im Wesentlichen auch den Darstellungen von Amnesty International (Jahresberichte Serbien [einschließlich Kosovo] 2009 bis 2013) und für Südserbien der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (Südserbien: Soziale Situation vertriebener Personen vom 28. Februar 2011, Zugang Angehöriger der Roma-Ethnie zu Gesundheitsdiensten und Sozialhilfe in Serbien vom 4. Oktober 2012).
24Vgl. VG Regensburg, Urteil vom 07. Mai 2014 – RO 6 K 14.30326 –, juris.
25Die Ausführungen von Frau Dr. X. enthalten keine Feststellungen, die den nachvollziehbaren Schluss erlauben, dass diese Einschätzung der Sachlage unzutreffend ist. In ihrer Aussage nimmt sie zu diesen Bemühungen des serbischen Staates nicht Stellung, bezweifelt auch nicht ihre Richtigkeit. Sie beschreibt vielmehr die extremen Lebensbedingungen der Roma in Serbien, insbesondere die Schwierigkeiten der Roma bei der Sicherstellung ihres Lebensunterhaltes im täglichen Leben aufgrund ihrer Armut und der Vorbehalte in der Bevölkerung, die Probleme, Sozialleistungen und eine gesundheitliche Versorgung zu erhalten sowie einen Arbeitsplatz und Wohnraum zu finden.
26Einen nachvollziehbaren Schluss auf eine staatliche Gruppenverfolgung der Roma in Serbien lassen die Ausführungen von Frau Dr. X. aber auch im Hinblick auf etwaige Behinderungen bei der Ausreise serbischer Staatsangehöriger sowie die zum 1. Januar 2013 eingeführte Vorschrift des Art. 350a des serbischen Strafgesetzbuches (serbStGB) nicht zu.
27Nach den vorliegenden aktuellen Erkenntnissen trifft es zwar zu, dass Serbien die Grenzkontrollen an Grenzübergängen verschärft hat, um einen Missbrauch des Asylrechts in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu verhindern,
28Vgl. Europäische Kommission, Fourth Report on the Post-Visa Liberalisation Monitoring for the Western Balkan Countries in accordance with the Commission Statement of 8 November 2010, abrufbar unter: http://www.ipex.eu/IPEXL-WEB/dossier/files/download/082dbcc5429d1f4a01429e0b3bd30421.do,
29und ausdrücklich zur Vermeidung des Missbrauchs des visumsfreien Regimes Mitte 2011 eine “Verordnung zur näheren Regelung der Art der Ausübung der polizeilichen Befugnisse der Grenzpolizisten und den Pflichten der Personen, die die Grenze überqueren“ in Kraft getreten ist, die vorsieht, dass Grenzpolizisten außer dem Reisepass noch die Vorlage weiterer Unterlagen zum Reisezweck und der Rückkehrbereitschaft, insbesondere auch zum Besitz ausreichender finanzieller Mittel für den Aufenthalt im EU-Ausland verlangen können.
30Vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft an das Verwaltungsgericht Münster vom 1. Juli 2014, wiedergegeben in: VG Münster, Beschluss vom 8. Juli 2014 – 4 L 461/14.A –, juris (Rn. 25); Chachipe, “Selective Freedom – The visa liberalisation and restrictions on the right to travel in the Balkans”, Juni 2012, S. 19, abrufbar unter: http://romarights.files.wordpress.com/2012/07/chachipe_visa_liberalisation_report_270612.pdf; PRO ASYL/Dr. X.-ringo , Gutachten zur faktischen Menschenrechtssituation in Serbien, Mazedonien und Bosnien und Herzegowina, April 2014, S. 79, abrufbar unter: http://www.proasyl.de/fileadmin/fm-dam/NEWS/2014/Pro_Asyl_Gutachten_zum_Vorhaben_der_Einstufung_von_Serbien__Mazedonien_und_Bosnien_und_Herzegowina_als__sichere_Herkunftsstaaten_.pdf.
31Nach verschiedenen Quellen wurden seit Mai 2011 Tausende serbischer Bürgerinnen und Bürger wegen Nichterfüllung dieser Bestimmungen daran gehindert, Serbien zu verlassen: So spricht ein Bericht der serbischen Kommission zur Beobachtung des visumsfreien Regimes aus Oktober 2011 insoweit für den Zeitraum vom 24. Februar bis zum 15. Oktober 2011 von 1715 Personen,
32vgl. Chachipe, “Selective Freedom – The visa liberalisation and restrictions on the right to travel in the Balkans”, Juni 2012, S. 20, abrufbar unter: http://romarights.files.wordpress.com/2012/07/chachipe_visa_liberalisation_report_270612.pdf,
33während eine Analyse der europäischen Grenzagentur Frontex für das Jahr 2012 insgesamt von etwa 6700 Reisenden berichtet und der serbische Staatssekretär im Innenministerium im Januar 2014 verkündete, dass seit Mai 2011 6300 Personen an der Grenze zurückgewiesen worden seien.
34Vgl. PRO ASYL/Dr. X.-ringo , Gutachten zur faktischen Menschenrechtssituation in Serbien, Mazedonien und Bosnien und Herzegowina, April 2014, S. 80 m.w.N., abrufbar unter: http://www.proasyl.de/fileadmin/fm-dam/NEWS/2014/Pro_Asyl_Gutachten_zum_Vorhaben_der_Einstufung_von_Serbien__Mazedonien_und_Bosnien_und_Herzegowina_als__sichere_Herkunftsstaaten_.pdf.
35Dem entspricht auch die von der Antragstellerin in Bezug genommene Angabe von Frau Dr. X. bei ihrer Vernehmung vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart am 25. März 2014, dass in den Jahren 2012 und 2013 einer großen Zahl Roma die Ausreise wegen der neuen Bestimmungen zur Grenzkontrolle verweigert worden sei.
36Vgl. Wiedergabe im Tatbestand des Urteil des VG Stuttgart vom 25.3.2014 – A 11 K 5036/13 –, juris (Rn. 20).
37Unabhängig von der Frage, ob Beeinträchtigungen in dieser Größenordnung angesichts der Zahl der Asylantragsteller aus der Republik Serbien, die sich allein in der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2012 auf insgesamt 12.812 und im Jahr 2013 auf 18.001 Erst- und Folgeanträge belief,
38vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft an das Verwaltungsgericht Münster vom 1. Juli 2014, wiedergegeben in: VG Münster, Beschluss vom 8. Juli 2014 – 4 L 461/14.A –, juris (Rn. 24),
39die unten darstellten Anforderungen an die für die Annahme einer Gruppenverfolgung notwendige Verfolgungsdichte erfüllen,
40und angesichts dieser Zahlen die weitere Einschätzung von Frau Dr. X.-ringo zutreffen kann, dass eine legale Ausreise für Roma mit Ausweispapieren kaum vorstellbar sei,
41begründen sie keinen Anhaltspunkt für die Annahme einer schwerwiegenden Verletzung der grundlegenden Menschenrechte im Sinne des § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG.
42Zu den dort insbesondere in Bezug genommenen Rechten, von denen gemäß Art. 15 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) keine Abweichung zulässig ist, zählen das Recht auf Leben, das Verbot der Folter, das Verbot der Sklaverei und der Zwangsarbeit und das Verbot von Strafe ohne Gesetz (Art. 2-4 und Art. 7 EMRK). Zu diesen Rechten zählt die Reisefreiheit eindeutig nicht. Das Recht, das eigene Land zu verlassen, findet sich auch im Übrigen nicht in der von allen Vertragsparteien ratifizierten Fassung der Konvention. Art. 5 EMRK, der das Recht auf Freiheit und Sicherheit gewährleistet, betrifft nur die unmittelbare Bewegungsfreiheit, d.h. den Schutz vor Verhaftung, Inhaftierung und anderer Freiheitsentziehung. Das Recht jeder Person, jedes Land, einschließlich des eigenen, zu verlassen, ist allerdings in Art. 2 Abs. 2 des Protokolls Nr. 4 zur EMRK vom 16. September 1963 (BGBl. 2002 II S. 1074) gewährleistet, das jedoch nicht in allen Vertragsstaaten gilt.
43Vgl.http://www.conventions.coe.int/Treaty/Commun/ChercheSig.asp?CL=GER&CM=&NT=046&DF=26/11/2012&VL=.
44Vor diesem Hintergrund ist ungeachtet seiner Bedeutung in der Geschichte speziell der Bundesrepublik Deutschland
45vgl. hierauf besonders abstellend: VG Stuttgart, Urteil vom 28. Mai 2014 – A 11 K 1996/14 –, juris (Rn. 44 ff.),
46bereits zweifelhaft, ob die Ausreisefreiheit ein grundlegendes Menschenrecht i.S.v. § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG darstellt.
47Vgl. ablehnend: VG Stuttgart, Urteil vom 28. Mai 2014 – A 12 K 4301/12 –, juris (Rn. 43); bejahend: VG Stuttgart, Urteile vom 25. März 2014 – A 11 K 5036/13 –, juris (Rn. 33 ff.) und vom 28. Mai 2014 – A 11 K 1996/14 –, juris (Rn. 44 ff.).
48Jedenfalls handelt es sich bei den Einschränkungen, die der Antragstellerin insoweit bei einer Rückkehr nach Serbien drohen könnten, nicht um schwerwiegende Verletzungen der Freizügigkeit. Denn die Antragstellerin kann sich innerhalb Serbiens frei bewegen und soweit ersichtlich regelmäßig das Land auch verlassen, wenn sie den serbischen Grenzkontrollposten plausibel ein Reiseziel und einen Zweck ihrer Reise darlegt, der nicht in der Durchführung eines Asylverfahrens im EU-Ausland besteht.
49Vgl. zu alledem bereits im Hinblick auf die vergleichbare Situation in der Ehemaligen Jugoslawischen Republik Mazedonien: VG Düsseldorf, Beschluss vom 26. November 2012 – 27 L 2201/12.A –, juris (Rn. 29 ff.); ebenso zu Serbien: VG Stuttgart, Urteil vom 28. Mai 2014 – A 12 K 4301/12 –, juris (Rn. 44); VG Sigmaringen, Urteil vom 25. April 2014 – 1 K 234/14 –, juris (Rn. 40); VG Freiburg (Breisgau), Urteil vom 30. Juni 2014 – A 3 K 2238/12 –, juris (Rn. 23).
50Schließlich ist auch nicht ersichtlich, dass die Entscheidung über den Asylantrag der Antragstellerin unter Berücksichtigung der Angaben von Frau Dr. X. zu den Folgen einer Asylantragstellung im Ausland, insbesondere der zum 1. Januar 2013 eingeführten Vorschrift des Art. 350a serbStGB günstiger ausgefallen wäre. Soweit Frau Dr. X. ausweislich des Tatbestandes des Urteils des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. März 2014 dort erklärt hat, dass die Stellung eines Asylantrages in der Bundesrepublik Deutschland nach serbischem Recht strafbar sei und hierzu unter anderem auch auf die Vorschrift des § 350a serbStGB Bezug genommen hat,
51vgl. Wiedergabe im Tatbestand des Urteil des VG Stuttgart vom 25.3.2014 – A 11 K 5036/13 –, juris (Rn. 20),
52fehlt dieser Einschätzung die tatsächliche Grundlage.
53Bisher war soweit ersichtlich unstreitig, dass es Sanktionen, insbesondere eine Kriminalisierung wegen der Stellung eines Asylantrages im Ausland selbst in der Republik Serbien bisher weder de jure noch de facto gibt.
54Vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Serbien vom 18. Oktober 2013, S. 23.
55Tragfähige Anhaltspunkte dafür, dass ein Asylantragsteller selbst nunmehr wegen der Antragstellung nach der neuen Vorschrift des § 350a serbStGB strafrechtlich verfolgt werden könnte, sind nicht ersichtlich. Eine solche Einschätzung ist mit dem Wortlaut der Vorschrift nicht vereinbar und es auch nicht ersichtlich, dass es tatsächlich zu entsprechenden Ermittlungsverfahren gekommen ist.
56Wie das erkennende Gericht bereits in seinem Beschluss vom 14. November 2013 – 27 L 2246/13.A – ausgeführt hat, stellt Art. 350a serbStGB nicht die Ausreise und/oder die Stellung eines Asylantrags im Ausland durch den betreffenden Bürger unter Strafe, sondern lediglich Unterstützungsleistungen Dritter wie Transport, Schleusung und Bereitstellen einer Unterkunft, die es einem serbischen Staatsangehörigen ermöglichen im Ausland unter Täuschung über seine Menschenrechte und Grundfreiheiten einen Asylantrag zu stellen.
57Vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Serbien vom 18. Oktober 2013, S. 23 f.; Gesetzestext in englischer Sprache unter http://www.seio.gov.rs/upload/documents/ekspertske%20misije/ccaditions_amendments.pdf: “Whoever, in an intention to obtain certain gain for themselves or another, carries out or organizes transport, transfer, acceptance, accommodation, hiding or else to enable that a citizen of Serbia may, by giving a false impression of his human rights and fundamental freedoms being threatened, seek asylum in a foreign country, shall be punished with imprisonment from three months to three years.”
58Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift ist nicht die falsche Darstellung der Gefährdungslage in Serbien seitens des Asylantragstellers Anknüpfungspunkt der Strafbarkeit,
59so aber VG Stuttgart, Urteil vom 25. März 2014 – A 11 K 5036/13 –, juris (Rn. 39),
60sondern die Unterstützungshandlung des Dritten. Die Gesetzesänderung richtet sich mithin im Kern gegen Aktivitäten von Schleppern und sonstigen Fluchthelfern.
61So auch: VG Stuttgart, Urteil vom 28. Mai 2014 – A 12 K 4301/12 –, juris (Rn. 46); VG Gelsenkirchen, Urteil vom 8. Mai 2014 – 17a K 2848/13.A –, juris (Rn. 37 ff.); VG Regensburg, Urteil vom 7. Mai 2014 – RO 6 K 14.30326 –, juris (Rn. 20); VG Sigmaringen, Urteil vom 25. April 2014 – 1 K 234/14 –, juris (Rn. 39); VG Freiburg (Breisgau), Urteil vom 30. Juni 2014 – A 3 K 2238/12 –, juris (Rn. 22).
62Des Weiteren liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass es tatsächlich bereits wegen der Asylantragstellung gegen einzelne Antragsteller zu entsprechenden strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gekommen ist. Dies lässt sich insbesondere nicht der weiteren Feststellung des Ergebnisses der Vernehmung von Frau Dr. X. im Urteil vom 25. März 2014 entnehmen, dass nach dem Fortschrittsbericht der EU 2013 aufgrund der Vorschrift des § 350a serbStGB sieben Strafverfahren gegen acht Personen betrieben worden seien. Der Fortschrittsbericht der Europäischen Kommission 2013 zu Serbien vom 16. Oktober 2013 enthält keine Angaben zur Zahl entsprechender Ermittlungsverfahren. In ihm wird lediglich ausgeführt, dass das serbische Strafgesetzbuch unter anderem um eine Regelung zur Strafbarkeit der Beihilfe zum Missbrauch des Asylrechts im Ausland ergänzt worden ist und seit ihrer Einführung im Dezember Kontrollen in Reisebüros und bei Transportunternehmen durchgeführt worden sind.
63Vgl. S. 40 und 49 des Berichts, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/enlargement/pdf/key_documents/2013/package/brochures/serbia_2013.pdf.
64Im vierten Bericht der Europäischen Kommission vom 28. November 2013 über das Monitoring nach der Visumsliberalisierung für die westlichen Balkanländer wird ebenfalls in Bezug auf die Vorschrift zur Strafbarkeit der Unterstützung des Asylmissbrauchs im Ausland lediglich die Aufnahme von Untersuchungen von Transportunternehmen und Reisebüros festgestellt, die unter dem Verdacht stehen, illegale Migration in die EU zu unterstützen. In erkennbarem Zusammenhang hiermit steht die anschließende Feststellung, dass die Behörden sieben Anklagen gegen acht Personen auf der Grundlage der neuen Strafvorschrift erhoben hätten.
65Vgl. S. 10, abrufbar unter: http://www.ipex.eu/IPEXL-WEB/dossier/files/download/082dbcc5429d1f4a01429e0b3bd30421.do.
66Genau dies gibt Frau Dr. X. im Übrigen auch in ihrem anderweitigen Gutachten zur faktischen Menschenrechtssituation in Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina wieder.
67Vgl. PRO ASYL/Dr. X. , Gutachten zur faktischen Menschenrechtssituation in Serbien, Mazedonien und Bosnien und Herzegowina, April 2014, S. 84, abrufbar unter: http://www.proasyl.de/fileadmin/fm-dam/NEWS/2014/Pro_Asyl_Gutachten_zum_Vorhaben_der_Einstufung_von_Serbien__Mazedonien_und_Bosnien_und_Herzegowina_als__sichere_Herkunftsstaaten_.pdf.
68Schließlich folgt aus der Aussage von Frau Dr. X. auch kein schlüssiger Ansatz für die Annahme einer mittelbaren Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure (vgl. § 3c Nr. 3 AsylVfG). Hier fehlt es schon an der Darlegung der erforderlichen Verfolgungsdichte.
69Die Annahme einer alle Gruppenmitglieder erfassenden gruppengerichteten Verfolgung setzt grundsätzlich eine bestimmte "Verfolgungsdichte" voraus, welche die "Regelvermutung" eigener Verfolgung rechtfertigt. Hierfür ist die Gefahr einer so großen Vielzahl von Eingriffshandlungen in flüchtlingsrechtlich geschützte Rechtsgüter erforderlich, dass es sich dabei nicht mehr nur um vereinzelt bleibende individuelle Übergriffe oder um eine Vielzahl einzelner Übergriffe handelt. Die Verfolgungshandlungen müssen vielmehr im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit entsteht.
70Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. April 2009 – 10 C 11.08 –, juris (Rn. 13) m.w.N.
71Die von Frau Dr. X. geschilderte Zunahme von Gewalt gegen Roma und das mangelnde Einschreiten der Polizei mag ebenso zutreffend sein, wie die Annahme einer gesteigerten Aggressivität gegen Roma, insbesondere seit der Diskussion über eine mögliche Wiedereinführung der Visumspflicht für Reisen in die EU. Auch nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes ist es in der Vergangenheit zu einer Reihe zum Teil gewalttätiger Übergriffe auf Roma durch Privatpersonen gekommen (vgl. Auswärtiges Amt, Lageberichte Serbien vom 22. September 2008 (Stand: August 2008), vom 4. Juni 2010 (Stand: Mai 2010), vom 12. März 2012 (Stand: März 2012), vom 29. Januar 2013 (Stand: Januar 2013) und vom 18. Oktober 2013 (Stand: August 2013)). Indes kann den Ausführungen von Frau Dr. X. nicht entnommen werden, dass diese Vorfälle zahlenmäßig ein Ausmaß erreichen, dass für jeden Gruppenangehörigen ohne weiteres eine aktuelle Gefährdung eigener Betroffenheit besteht; dies gilt umso mehr, als sich in Serbien nach Schätzungen von Roma-Verbänden 700.000 bis 800.000 Roma aufhalten. Die tatsächliche Zahl dürfte laut OSZE zwischen 300.000 und 500.000 liegen (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 18. Oktober 2013). Frau Dr. X. räumt hierzu ein, dies sei aktuell nur schwer greifbar, weil Zwischenfälle und Übergriffe nicht mehr dokumentiert würden, so dass man auf Medienberichte angewiesen sei. Die von ihr benannten Fälle bleiben zahlenmäßig indes eingeschränkt: Im Jahre 2013 seien 11 Fälle dokumentiert, darunter die Tötung eines 17-jährigen Roma in Becej durch eine Skinheadgruppe. Als Täter solcher Übergriffe seien regelmäßig Skinheads, Fußballhooligans und spontaner Mob (z. B. beim Zuzug von Roma) festzustellen.
72Auch soweit Frau Dr. X. weiter ausführt, obwohl die Täter häufig aus dem direkten näheren Umfeld stammten, blieben Strafanzeigen in der Regel folgenlos, weil die Täter angeblich nicht zu ermitteln seien, und, wenn Angehörige der Roma die Polizei bei Angriffen rufen würden, komme diese häufig nicht und, wenn sie komme, unternehme sie nichts, werden diese Feststellungen von ihr nicht belegt und konkretisiert. Insoweit ist einzuräumen, dass nach den Erkenntnissen auch des Auswärtigen Amtes (Lagebericht vom 18. Oktober 2013 - Stand: August 2013) die staatlichen Bemühungen zur Prävention bzw. Ermittlung und Strafverfolgung bei (drohenden) Angriffen Dritter gegenüber Roma bisweilen als unzureichend bewertet werden. Um hieraus aber den Schluss ziehen zu können, der serbische Staat sei erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens, Schutz vor der Verfolgung zu bieten (§ 3c Nr. 3 AsylVfG) bedarf es zumindest dann, wenn eine generelle, an die Ethnie anknüpfende Schutzverweigerung des Staates behauptet wird, konkreter und gesicherter Anhaltspunkte dafür, dass der Staat keine zureichenden Vorkehrungen zur Eindämmung privater Gewalt gegenüber bestimmten Bevölkerungsgruppen getroffen hat bzw. seine Machtmittel zur Ahndung gewaltsamer Übergriffe nicht ausreichen.
73Vgl. VG Sigmaringen, Urteil vom 25. April 2014 – 1 K 234/14 –, juris (Rn. 35); Hessischer VGH, Urteil vom 20. Oktober 2005 – 7 UE 1365/05.A –, juris.
74Der Umstand allein, dass die staatlichen Organe trotz prinzipieller Schutzbereitschaft nicht immer in der Lage sind, die Betroffenen vor derartigen Übergriffen wirkungsvoll zu schützen, reicht hierfür nicht aus. Kein Staat vermag einen schlechthin perfekten, lückenlosen Schutz zu gewähren und sicherzustellen, dass Fehlverhalten, Fehlentscheidungen einschließlich sog. Amtswalterexzesse bei der Erfüllung der ihm zukommenden Aufgabe der Wahrung des inneren Friedens nicht vorkommen. Deshalb lässt weder eine Lückenhaftigkeit des Systems staatlicher Schutzgewährung überhaupt noch eine im Einzelfall von den Betroffenen erfahrene Schutzversagung als solche schon staatliche Schutzbereitschaft oder Schutzfähigkeit entfallen. Umgekehrt ist eine grundsätzliche Schutzbereitschaft des Staates zu bejahen, wenn die zum Schutz der Bevölkerung bestellten (Polizei-)Behörden bei Übergriffen Privater zur Schutzgewährung ohne Ansehen der Person verpflichtet und dazu von der Regierung auch landesweit angehalten sind, was in Serbien der Fall ist, auch wenn die Polizei wie bereits ausgeführt, nach dem aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 18. Oktober 2013 nach wie vor nicht in allen Fällen mit der gebotenen Konsequenz gegen Übergriffe auf Minderheiten (vor allem Roma und Homosexuelle) vorgeht. Jedoch führen Anzeigen von Roma wegen Körperverletzung auch in der Praxis zu Gerichtsprozessen.
75Vgl. VG Sigmaringen, Urteil vom 25. April 2014 – 1 K 234/14 –, juris (Rn. 35).
762. Auch die weitere Entscheidung des Bundesamtes, die Abänderung der in seinem vorangegangenen Bescheid vom 14. März 2014 getroffenen (negativen) Feststellung zu Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und 7 des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (AufenthG) abzulehnen, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Unter welchen Voraussetzungen ein diesbezüglicher Wiederaufgreifensanspruch besteht und warum die Antragstellerin diese Voraussetzungen nicht erfüllt, hat das Bundesamt in dem angefochtenen Bescheid dargelegt. Hierauf wird analog § 77 Abs. 2 AsylVfG Bezug genommen. Soweit das Bundesamt insoweit auf seine Ausführungen zu § 51 VwVfG hinsichtlich des geltend gemachten Asylanspruchs verweist, wird stattdessen insoweit auf die obigen Ausführungen des Gerichts Bezug genommen.
77Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83b AsylVfG.
78Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylVfG.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 11. Aug. 2014 - 27 L 1576/14.A
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Urteil einreichenVerwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 11. Aug. 2014 - 27 L 1576/14.A zitiert oder wird zitiert von 12 Urteil(en).
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
- 1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat; - 2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden; - 3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 21. August 2006 - A 2 K 11717/04 - wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens in beiden Rechtszügen. Der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
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Tenor
Die Klagen werden abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens je zur Hälfte.
Tatbestand
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Tenor
Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG für den Kläger zu 1 bezüglich Serbien vorliegt.
Nr. 3 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 09.11.2012 wird aufgehoben, soweit sie dem entgegensteht. Nr. 4 dieses Bescheids wird aufgehoben, soweit sie den Kläger zu 1 betrifft.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens zu 7/8, die Beklagte zu 1/8.
Tatbestand
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Tenor
Die aufschiebende Wirkung der Klage 4 K 1252/14.A der Antragsteller gegen die in dem Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 6.6.2014 enthaltene Abschiebungsandrohung wird angeordnet.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
G r ü n d e
2Der sinngemäße Antrag der Antragsteller,
3die aufschiebende Wirkung ihrer Klage 4 K 1252/14.A gegen die in dem Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 6. 6. 2014 enthaltene Abschiebungsandrohung anzuordnen,
4ist zulässig und begründet. Es bestehen im Sinne des Art. 16 a Abs. 4 GG, § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung des Bundesamtes.
5Gegenstand der gerichtlichen Prüfung im asylrechtlichen Aussetzungsverfahren (§ 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO, § 36 Abs. 3 und Abs. 4 AsylVfG) ist die Frage, ob das Bundesamt die Anträge der Antragsteller auf Anerkennung als Asylberechtigte und Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 13 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 AsylVfG) zu Recht als offensichtlich unbegründet abgelehnt hat. Dabei ist die gerichtliche Prüfung gemäß § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG auf die Frage beschränkt, ob ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Offensichtlichkeitsurteils bestehen. Ernstliche Zweifel in diesem Sinne liegen nur dann vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die angefochtene Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält.
6Vgl. nur BVerfG, Urteil vom 14. 5. 1996 - 2 BvR 1516/93 -, NVwZ 1996, 678 (680), und Beschluss vom 2. 5. 1984 - 2 BvR 1413/83 -, BVerfGE 67, 43 ff.
7So liegt es hier. Es sprechen derzeit erhebliche Gründe dafür, dass die Entscheidung des Bundesamtes keinen Bestand haben wird. Der Bescheid des Bundesamtes beruht maßgeblich auf der Prämisse, dass den Antragstellern als Zugehörige der Volksgruppe der Roma im Falle ihrer Rückkehr nach Serbien offensichtlich keine im asylrechtlichen Verfahren relevanten Nachteile drohen. An dieser Einschätzung des Bundesamtes bestehen ernstliche Zweifel. Derzeit ist nicht offensichtlich, dass den Antragstellern im Falle ihrer Rückkehr nach Serbien keine asylrechtlich beachtlichen Nachteile drohen.
8Offensichtlichkeit im Sinne des § 30 Abs. 1 AsylVfG liegt dann vor, wenn im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise kein Zweifel bestehen kann und sich bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung (nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre) die Ablehnung des Asylantrags geradezu aufdrängt. Unter welchen Voraussetzungen sich ein Asylantrag als offensichtlich aussichtslos erweisen kann, so dass sich ihre Abweisung dem Gericht "geradezu aufdrängt", lässt sich nicht abstrakt bestimmen, sondern bedarf der jeweiligen Beurteilung im Einzelfall. Soweit eine kollektive Verfolgungssituation geltend gemacht wird kommt die Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet in der Regel nur bei Fallgestaltungen in Betracht, denen eine gefestigte obergerichtliche Rechtsprechung zugrunde liegt. Dies schließt nicht aus, dass auch bei Sachverhalten, bei denen von einer "anerkannten Rechtsauffassung" noch nicht ausgegangen werden kann, die Unbegründetheit des Asylantrags offensichtlich sein kann. Dazu wird es aber regelmäßig eindeutiger und widerspruchsfreier Auskünfte und Stellungnahmen sachverständiger Stellen bedürfen, auf denen die Erkenntnis des Gerichts beruht, eine asylrechtlich relevante politische Verfolgung der Angehörigen einer kollektiv bezeichneten Gruppe liege offensichtlich nicht vor.
9Vgl. nur BVerfG, Beschlüsse vom 12. 7. 1983 – 1 BvR 1470/82 -, juris, Rdn. 57, und vom 21. 7. 2000 – 2 BvR 1429/98 -, juris, Rdn. 3.
10Diese Voraussetzungen sind derzeit in Bezug auf die Verfolgungssituation der Roma in Serbien nicht erfüllt.
11Eine obergerichtliche Rechtsprechung, die die aktuelle Auskunftslage hinsichtlich der Verfolgungssituation der Roma in Serbien berücksichtigt, gibt es nicht. Bislang hat kein Oberverwaltungsgericht die Angaben von Dr. Waringo, die im beim VG Stuttgart anhängig gewesenen Klageverfahren A 11 K 5036/13 als Zeugin vernommenen worden ist und die von der Kammer im hier noch anhängigen Verfahren 4 K 802/13 eingeholten Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 1. 7. 2014 – 508-516.80/4817 – berücksichtigt. Nach den Angaben von Dr. Waringo sind die neuen serbischen Ausreise- und Grenzkontrollbestimmungen dazu bestimmt und werden diese Bestimmungen tatsächlich in asylrechtlich erheblicher Weise dazu eingesetzt, unter anderem Roma unter Missachtung des grundlegenden Menschenrechts der Ausreisefreiheit die Ausreise aus Serbien zu erschweren oder unmöglich zu machen.
12Der wesentliche Inhalt der Aussage der Zeugin Dr. Waringo ist in dem Urteil des VG Stuttgart vom 25. 3. 2014 – A 11 K 5036/13 – abgedruckt; das Urteil kann im Internet etwa unter www.proasyl.de abgerufen werden.
13Das Auswärtige Amt hat diesen Angaben von Dr. Waringo in seiner Auskunft vom 1. 7. 2014 aus den unten dargelegten Gründen nicht widersprochen, aber auch nicht bestätigt.
14Es kann auch nicht unabhängig von einer gefestigten obergerichtlichen Rechtsprechung eine „anerkannte Rechtsauffassung“ angenommen werden.
15Die erstinstanzliche Rechtsprechung ist in der Bewertung der asylerheblichen Relevanz der Aussagen der Zeugin Dr. Waringo uneinheitlich. Während das VG Stuttgart in seinem Urteil vom 25. 3. 2014, a. a. O., maßgeblich unter Hinweis auf die Aussage der Zeugin und ihre Ausführungen in „Serbien – ein sicherer Herkunftsstaat von Asylsuchenden in Deutschland? Eine Auswertung von Quellen zur Menschenrechtssituation“,
16abrufbar im Internet unter www.proasyl.de,
17das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG in Bezug auf die klagenden Roma aus Serbien bejaht hat, lehnen das VG Sigmaringen, Urteil vom 28. 5. 2014 – 1 K 234/14 -, juris, und das VG Regensburg, Urteil vom 7. 5. 2014 – RO 6 K 14.30326 -, juris, auch unter Berücksichtigung der Angaben der von Dr. Waringo eine Gruppenverfolgung der Roma in Serbien und eine asylrechtlich beachtliche Einschränkung ihrer Ausreisefreiheit ab. Aus den Urteilen des VG Sigmaringen und des VG Regensburg ergibt sich nicht, dass Dr. Waringo und ihr folgend das VG Stuttgart einer sich aufdrängenden Fehleinschätzung der Situation der Roma in Serbien unterliegen. Das VG Sigmaringen und das VG Regensburg haben vielmehr die Einschätzung des VG Stuttgart und die tatsächlichen Angaben und Einschätzungen der Zeugin Dr. Waringo nicht durchgreifend in Frage gestellt.
18Das VG Sigmaringen stützt seine in Bezug auf die Ausreisefreiheit der Roma vom VG Stuttgart abweichende Einschätzung maßgeblich darauf, dass die dem VG Sigmaringen vorliegenden Erkenntnisquellen keine hinreichende Tatsachengrundlage für die Richtigkeit der Angaben der vom VG Stuttgart vernommenen Zeugin Waringo enthielten. Diese Auffassung des VG Sigmaringen überzeugt (jedenfalls) nicht in einer das Offensichtlichkeitsurteil des Bundesamtes in dem Bescheid vom 6. 6. 2014 tragenden Weise. Abgesehen davon, dass das VG Sigmaringen die in seinem Urteil angesprochenen Erkenntnisquellen nicht im Einzelnen dargelegt hat, lassen sich allein daraus, dass andere (ältere) Erkenntnisquellen die Angaben der Zeugin Waringo nicht stützen, keine durchgreifenden Zweifel an der Richtigkeit der Angaben der Zeugin herleiten. Denn aus dem Urteil des VG Sigmaringen geht nicht hervor, dass dem Gericht Erkenntnisquellen vorliegen, die sich mit der Einschätzung der Zeugin Waringo auseinandersetzen.
19Soweit das VG Regensburg, a. a. O., Rdn. 20, darauf verweist, dass Art. 17 der serbischen Verfassung ausdrücklich ein Recht auf Bewegungsfreiheit vorsehe, welches das Recht beinhalte, Serbien zu verlassen und wieder nach Serbien zurückzukehren, trifft dies zu und wird dieser rechtliche Ausgangspunkt auch von der Zeugin Dr. Waringo und dem VG Stuttgart zugrundegelegt. Der Verweis auf Art. 17 der serbischen Verfassung besagt aber nichts über die tatsächliche Anwendung der serbischen Ausreisebestimmungen. Der weitere Verweis des VG Regensburg, a. a. O., Rdn. 20, darauf, dass Verstöße gegen das bayerische Meldegesetz bußgeldbewehrt sind, ist auch im Ansatz nicht geeignet, die asylerhebliche Beachtlichkeit des serbischen Meldegesetzes in Frage zu stellen, wonach sich Personen, die länger als 90 Tage im Ausland bleiben, vor ihrer Ausreise und bei ihrer Rückkehr sich bei den zuständigen serbischen Behörden melden müssen und Verstöße hiergegen mit Geldstrafen geahndet werden können. Denn nach den Angaben von Dr. Waringo, die sie auf Informationen des Center for Minorities stützt, werden die serbischen melderechtlichen Bestimmungen tatsächlich selektiv auf Roma angewendet.
20Dr. Waringo, Serbien – ein sicherer Herkunftsstaat von Asylsuchenden in Deutschland? Eine Auswertung von Quellen zur Menschenrechtssituation, a. a. O., S. 41.
21Diese tatsächliche Anwendung des serbischen Meldegesetzes und der damit beabsichtigten Zielrichtung der serbischen Stellen wird durch den bloßen Verweis auf das bayerische Melderecht nicht in Frage gestellt.
22Schließlich liegt auch keine eindeutige und widerspruchsfreie Auskunftslage vor, die die Ablehnung der Asylanträge der Antragsteller als offensichtlich unbegründet rechtfertigt.
23Nach den Angaben von Dr. Waringo in dem beim VG Stuttgart anhängig gewesenen Verfahren A 11 K 5036/13 zielen die geltenden serbischen Ausreise- und Grenzkontrollbestimmungen unter anderem darauf, den Roma die Ausreise aus Serbien zu erschweren oder unmöglich zu machen; diese Zielrichtung werde auch in der Praxis umgesetzt. Es drängt sich nicht auf, dass diese Angaben unzutreffend sind.
24Das Auswärtige Amt hat in seiner Auskunft vom 1. 7. 2014 den Angaben von Dr. Waringo nicht widersprochen, die Angaben aber auch nicht bestätigt. Es hat zu den Ausreisebeschränkungen in seiner Auskunft vom 1. 7. 2014 ausgeführt:
25„Die Antragszahlen (Erst- und Folgeanträge serbischer Asylbewerber in Deutschland) sind in den letzten Jahren massiv angestiegen (2012: 12.812 Asylanträge, 2013: 18.001 Asylanträge). Die serbischen Asylbewerber reisen überwiegend legal mit Reisebussen ins Schengengebiet ein.
26Eine gesetzliche Regelung, die die Behinderung oder Verhinderung der Ausreise von serbischen Staatsangehörigen vorsieht, existiert nicht. Allerdings sieht die ‚Verordnung zur näheren Regelung der Art der Ausübung der polizeilichen Befugnisse der Grenzpolizisten und den Pflichten der Personen, die die Grenze überqueren’, vor, dass Grenzpolizisten außer dem Reisepass noch die Vorlage weiterer Unterlagen zum Reisezweck und der Rückkehrbereitschaft (z. B. Hotelbuchung, Einladung etc.) von Personen, die die serbische Grenze überqueren, verlangen können. Diese Verordnung ist Mitte 2011 in Kraft getreten. Es finden außerdem umfangreiche Aufklärungskampagnen unter Einschluss aller Print- und elektronischen Medien statt. Flyer und Plakate an Grenzübergängen erläutern die Voraussetzungen der visafreien Einreise in das Schengengebiet und die Problematik der missbräuchlichen Asylantragstellung.“
27Diese Auskunft ist unergiebig. Denn das Auswärtige Amt geht auf die tatsächliche Zielrichtung der Praxis der serbischen Grenzbehörden und der Aufklärungskampagnen über die Voraussetzungen der visafreien Einreise in das Schengengebiet und die „Problematik“ der missbräuchlichen Asylantragstellung nicht ein. Die Auskunft des Auswärtigen Amtes erschöpft sich darin, die Befugnis der serbischen Grenzpolizei darzustellen und auf serbische Aufklärungskampagnen über die visafreie Ausreise in das Schengengebiet und die Problematik einer missbräuchlichen Asylantragstellung hinzuweisen. Die ausdrücklich in dem Beweisbeschluss der Kammer vom 22. 5. 2014 – 4 K 802/13.A – angesprochene Frage, ob die neuen serbischen Ausreise- und Grenzkontrollbestimmungen ausdrücklich dazu bestimmt und eingesetzt werden, Angehörigen von Minderheiten die Ausreise aus Serbien zu erschweren oder diese unmöglich zu machen, ist damit (formell) nicht beantwortet worden. Offen ist auch, ob das Auswärtige Amt hierzu deshalb nicht näher Stellung genommen hat, weil es die Angaben von Dr. Waringo und die darauf gestützte Einschätzung des VG Stuttgart hinsichtlich der Ausreisefreiheit der Roma in Serbien für zutreffend hält.
28Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83 b AsylVfG.
29Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).
Tenor
Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG zuzuerkennen. Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 28.3.2014 wird aufgehoben soweit er dem entgegen steht.
Die Beklagte trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
Tatbestand
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Tenor
Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG für den Kläger zu 1 bezüglich Serbien vorliegt.
Nr. 3 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 09.11.2012 wird aufgehoben, soweit sie dem entgegensteht. Nr. 4 dieses Bescheids wird aufgehoben, soweit sie den Kläger zu 1 betrifft.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens zu 7/8, die Beklagte zu 1/8.
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Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG zuzuerkennen. Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 28.3.2014 wird aufgehoben soweit er dem entgegen steht.
Die Beklagte trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
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Tenor
Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG für den Kläger zu 1 bezüglich Serbien vorliegt.
Nr. 3 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 09.11.2012 wird aufgehoben, soweit sie dem entgegensteht. Nr. 4 dieses Bescheids wird aufgehoben, soweit sie den Kläger zu 1 betrifft.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens zu 7/8, die Beklagte zu 1/8.
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Tenor
Die Klagen werden abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens je zur Hälfte.
Tatbestand
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Tenor
Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG für den Kläger zu 1 bezüglich Serbien vorliegt.
Nr. 3 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 09.11.2012 wird aufgehoben, soweit sie dem entgegensteht. Nr. 4 dieses Bescheids wird aufgehoben, soweit sie den Kläger zu 1 betrifft.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens zu 7/8, die Beklagte zu 1/8.
Tatbestand
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Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet
1
Tatbestand:
2Die im Jahre 1957 geborene Klägerin ist serbische Staatsangehörige und gehört dem Volk der Roma an.
3Seit mindestens dem Jahr 1995 betrieb sie zusammen mit ihrem Ehemann in der Bundesrepublik Deutschland mehrfach Asylverfahren, die sämtlich, zumeist nach Durchführung gerichtlicher Verfahren vor dem erkennenden Gericht, erfolglos blieben. Auf ihren 3. Asylfolgeantrag wurden mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 7. Januar 2011 die Anträge auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens und die Anträge auf Abänderung des nach altem Recht ergangenen Bescheides vom 11. September 1998 (Az.: °°°°°°°) bezüglich der Feststellung zu § 51 Abs. 1 bis 6 des Ausländergesetzes (gemeint: § 53 AuslG) abgelehnt; die Voraussetzungen subsidiären Schutzes gemäß § 60 Abs. 2 bis 7 des Aufenthaltsgesetzes – AufenthG – lägen nicht vor. Die dagegen erhobene Klage wurde nach Rücknahme mit Beschluss vom 4. April 2011 eingestellt (VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 4. April 2011 – 7a K 443/11.A -).
4Wegen der Einzelheiten der in den Verfahren ergangenen Bescheide des Bundesamtes (vormals Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge) wird auf die einschlägigen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen (BA Hefte 1, 3, 4 und 5).
5Am 12. Oktober 2012 stellte die Klägerin zusammen mit ihrem Ehemann einen Asylfolgeantrag, nachdem diese auf dem Landweg erneut in das Bundesgebiet eingereist waren. Zur Begründung ihres Folgeantrages gaben sie im Wesentlichen an: Bis zum Jahr 2005 hätten sie 15 Jahre in der Bundesrepublik Deutschland gelebt, wo auch noch ein Sohn lebe. Sie seien dann einmal nach T. abgeschoben worden und einmal freiwillig zurückgekehrt. Zuletzt hätten sie sich von April 2011 bis Oktober 2012 in T. , wie zuvor in C. , aufgehalten. Dort habe der Ehemann der Klägerin trotz seines Diploms nur Gelegenheitsarbeiten verrichten können. Sie seien mit eigenen Pässen ausgereist, hätten diese aber beim Fahrer als „Garantie“ abgegeben. Hauptgrund für die erneute Wiedereinreise sei der schlechte Gesundheitszustand der Klägerin. Sie leide schon seit langer Zeit an Depressionen, zudem unter Schlaflosigkeit, Angststörungen, Panikattacken, an Herzschmerzen, Herzrasen mit hohem Blutdruck und einer Erkrankung der Schilddrüse. Sie sei in T. regelmäßig in ärztlicher Behandlung gewesen und u.a. einen Monat stationär behandelt worden. Ihre bis zu fünf Medikamente pro Tag hätten sie selbst bezahlen müssen; das sei schon eine große Summe gewesen. In den staatlichen Apotheken habe es die wenigsten Medikamente gegeben, dort zahle man weniger. Die Arztbesuche seien für Arbeitslose kostenfrei. Sie seien in der Krankenversicherung für Arbeitslose gewesen.
6Die Klägerin hat eine Bescheinigung des Dr. Med., Dipl.-Psych. X. X1. vom 25. Februar 2013 über ihre seit November 2012 andauernde ambulante nervenärztliche Behandlung in Deutschland sowie mehrere Belege über ihre Behandlung in T. vorgelegt, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird.
7Mit Bescheid vom 5. Juni 2013 lehnte das Bundesamt die Anträge der Klägerin und ihres Ehemannes auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens sowie auf Abänderung des Bescheides vom 7. Januar 2011 bezüglich der darin getroffenen Feststellungen zu § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG ab. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des Bescheides Bezug genommen.
8Die Klägerin hat am 14. Juni 2013 Klage erhoben, mit der sie zunächst ausschließlich das Bestehen zielstaatsbezogener Abschiebungshindernisse geltend gemacht hat.
9Zur Begründung vertieft sie im Wesentlichen ihre Lebenssituation als Zugehörige zur Volksgruppe der Roma im Anschluss an ihre Abschiebung aus Deutschland im Jahr 2005, deren Umstände für sie sehr belastend gewesen seien. Hauptgrund für ihre erste Rückkehr nach Deutschland im Dezember 2010 sei der Umstand, dass sie die Trennung von ihren Kindern nicht habe ertragen können und einen Suizidversuch unternommen gehabt habe. Nach ihrer Rückkehr nach T. hätten sie sich in C. eine Wohnung angemietet und ihr Ehemann habe nur unter großen Schwierigkeiten als Schwarzhändler etwas Geld verdienen können; dabei sei er von der Polizei erwischt und mehrere Tage inhaftiert worden. Ihre Lebenssituation habe sich weiter verschlechtert. Sie habe gelegentlich Tabletten genommen, je nachdem wie sie diese habe bezahlen können. Ihre Suizidgedanken seien immer schlimmer geworden.
10Die Klägerin hat eine weitere ärztliche Bescheinigung des Dr. X1. vom 30. Juli 2013 vorgelegt, in der eine gegenwärtig mittelgradig bis schwer ausgeprägte rezidivierende depressive Störung sowie eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert werden. Weiter wird ausgeführt, dass selbst bei einer psychiatrischen – psychotherapeutischen Behandlung im Herkunftsland es zu einer gesundheitlichen Verschlechterung kommen werde, „da die Ursachen aus dem Herkunftsland stammen“; es bestehe voraussichtlich mehrere Monate psychiatrischer Behandlungsbedarf, um eine tragfähige Stabilisierung zu gewährleisten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Bescheinigung Bezug genommen.
11Mit Schriftsatz vom 17. April 2014 wird bezugnehmend auf das neue serbische Strafrecht, aktuelle Erkenntnisse und eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. März 2014 geltend gemacht, dass Roma bei Inanspruchnahme ihres Menschenrechts auf Ausreisefreiheit und in Fällen der Asylantragstellung im Ausland im Rückkehrfall flüchtlingsschutzrelevante Bestrafung i.S.d. § 3a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 AsylVfG drohe. Sie selbst sei im Jahr 2012 unter Nutzung der Visa-Freiheit in das Bundesgebiet eingereist und daher von derartiger Verfolgung bedroht.
12Die Klägerin hat zunächst angekündigt zu beantragen,
13die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 5. Juni 2013 zu verpflichten festzustellen, dass in der Person der Klägerin die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen.
14Die Klägerin beantragt in letzter Fassung,
15die Beklagte unter Änderung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 5. Juni 2013 zu verpflichten festzustellen,
16dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß §§ 3, 3a bis 3 e AsylVfG,
17hilfsweise des subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 AsylVfG,
18weiter hilfsweise Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG in der Person der Klägerin vorliegen.
19Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
20die Klage abzuweisen.
21Sie nimmt Bezug auf den angefochtenen Bescheid.
22Mit Beschluss der Kammer vom 11. April 2014 ist der Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden.
23Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Bundesamtes Bezug genommen.
24E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
25Die Klage hat keinen Erfolg.
26Die Klage ist wegen der Versäumung der zweiwöchigen Klagefrist gemäß § 74 Abs.1 AsylVfG bereits unzulässig, soweit mit dem Klageantrag letzten Standes die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylVfG begehrt wird.
27Die Klägerin hat mit ihrem Klageschriftsatz vom 14. Juni 2013 ausdrücklich einen auf die Zuerkennung von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG begrenzten Klageantrag formuliert und klagebegründend zudem unter Ankündigung der Übersendung weiterer ärztlicher Belege klargestellt, insoweit (ausschließlich) zunächst zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote geltend zu machen. Mit dieser Beschränkung in Einklang stehend, hat die Klägerin nachfolgend mit Schriftsatz vom 23. Oktober 2013 lediglich eine weitere ärztliche Bescheinigung übersandt.
28Damit ist davon auszugehen, dass die anwaltlich vertretene Klägerin ihr Klagebegehren bewusst nicht auf die Zuerkennung der Asylberechtigung und auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft i.S.d. § 3 AsylVfG erstrecken wollte und auch nicht erstreckt hat. Auch wenn die Ansprüche auf Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16 a GG und auf Feststellung der Voraussetzungen der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylVfG (vormals § 60 Abs.1 AufenthG bzw. § 51 Abs. 1 AuslG) sowie die Ansprüche auf Gewährung subsidiären Schutzes gemäß § 4 AsylVfG (vormals § 60 Abs. 2, 3, 7 Satz 2 AufenthG, bzw. § 53 Abs. 1, 2 AuslG) und die Zuerkennung von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG (vormals § 53 Abs. 4, Abs. 6 Satz 1 AuslG) regelmäßig in einem Asylprozess und im Verhältnis von Haupt- und Hilfsbegehren geltend gemacht werden, steht nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts außer Frage, dass diese jedenfalls rechtlich abtrennbare Streitgegenstandsteile sind, die ausnahmsweise verfahrensrechtlich gesondert geltend gemacht werden können.
29Vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 2004 – 1 B 68/04 -, Urteil vom 24. Juni 2008 – 10 C 43.07 – und Beschluss vom 10. November 2011 – 10 B 24.11 -, jeweils juris.
30Letzteres ist hier der Fall. Eine solche bewusste Begrenzung des Klagegenstandes war vor dem Hintergrund der ursprünglichen Klagebegründung auch durchaus folgerichtig, weil insoweit allein Umstände in Gestalt gesundheitlicher Gründe vorgetragen worden waren, die ausschließlich im Rahmen der Gewährung eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz1 AufenthG von Bedeutung sein können.
31Die Begrenzung des Klagebegehrens hat zur Folge, dass der bundesamtliche Bescheid vom 5. Juni 2013 in Bestandskraft erwachsen und folglich einer rechtlichen Überprüfung durch das Gericht entzogen ist, soweit darin (auch) die Wiederaufnahme des Verfahrens bzgl. der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft abgelehnt worden ist.
32Soweit der Prozessbevollmächtigte der Klägerin nach Bekanntwerden des Urteils des VG T1. vom 25. März 2014 – A 11 K 5036/13 - erstmals auch die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft für die Klägerin reklamiert hat, ist dieses Begehren folglich nicht mehr zulässiger Gegenstand des vorstehenden Klageverfahrens. Eine Wiedereinsetzung in die insoweit versäumte Klagefrist gemäß § 60 VwGO ist weder beantragt worden, noch mangels ersichtlicher Wiedereinsetzungsgründe von Amts wegen zu gewähren.
33Unabhängig von den vorstehenden Ausführungen ist selbständig tragend festzustellen, dass die Klage insoweit auch unbegründet wäre, weil die Voraussetzungen des § 3 AsylVfG in der Person der Klägerin nicht erfüllt sind.
34Der Bescheid des Bundesamtes vom 5. Juni 2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche im gemäß § 77 Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung unabhängig davon nicht zu, ob die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen nach §§ 51 Abs. 1 bis 3 und 5, 48, 49 VwVfG vorliegen. Das gilt auch unter Berücksichtigung des zwischenzeitlich in Kraft getretenen Asylverfahrensgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 28. August 2013 (BGBl. I S. 3474) geändert worden ist.
35Danach ist einem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslandes befindet. Gemäß § 3c Nr. 1. bis 3. AsylVfG kann eine Verfolgung im vorstehenden Sinne ausgehen von dem Staat, Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen, oder nichtstaatlichen Akteuren, sofern die vorgenannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht, es sei denn, es besteht eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 3e AsylVfG). Die relevanten Verfolgungshandlungen und Verfolgungsgründe ergeben sich aus § 3a und § 3b AsylVfG.
36Die Klägerin hat in T. eine Verfolgung als Roma in Gestalt schwerwiegender Verletzungen der grundlegenden Menschenrechte (§ 3a Abs. 1 AsylVfG) weder durch den Staat oder durch Parteien und Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen, noch eine Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu befürchten. Im Hinblick auf die allgemeine Lage der Roma ist weder auf der Grundlage der aktuellen Erkenntnislage noch der ständigen Rechtsprechung der Kammer und anderer Gerichte von einer drohenden schwerwiegenden Verletzung der Menschenrechte auszugehen.
37Vgl. Lagebericht T. des Auswärtigen Amtes vom 18. Oktober 2013; OVG NRW, Beschlüsse vom 04. April 2011 - 5 A 427/11.A - und vom 15. Dezember 2011- 5 A 1295/11.A -; VG Gelsenkirchen, Urteile vom 17. April 2014 – 17a K 4588/13.A -, 18. Mai 2012 - 1a K 261/11.A - und 18. August 2010 - 7a K 2060/10.A -; Sächsisches OVG, Urteil vom 21. Juli 2009 - 4 B 554/07 -.
38Soweit das Verwaltungsgericht T1. in dem Urteil vom 25. März 2014 – A 11 K 5036/13 – demgegenüber nach Einvernahme der sachverständigen Zeugin Dr. X2. für aus T. stammende Roma im Wesentlichen wegen vermeintlich erheblicher Beschränkungen und Diskriminierungen von Angehörigen dieser Volksgruppe bei der Wahrnehmung deren elementaren Rechts auf Freizügigkeit/Ausreisefreiheit die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 i.V.m. § 3a Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 2 AsylVfG bejaht, vermag dem die Kammer aus folgenden Gründen nicht zu folgen:
39Das Verwaltungsgericht T1. stellt entscheidungstragend darauf ab, dass Angehörigen der Roma die Ausreise aus T. erschwert oder unmöglich gemacht werden soll sowie Bestrafungen nach dem neuen serbischen Meldegesetz selektiv gegen diese Volksgruppe erfolgen (S. 9 f des amtlichen Abdrucks) und verweist in diesem Zusammenhang „entscheidend“ auf den neu eingeführten § 350a des serbischen StGB (S. 11 des amtlichen Abdrucks). Die insoweit in Bezug genommene „aktuelle Auskunftslage“ sowie „Informationen des Regional Center for Minorities“ werden indessen weder inhaltlich wiedergegeben noch sonst konkretisiert.
40Auch die zudem in Bezug genommenen „Erklärungen der Zeugin Dr. X2. in der mündlichen Verhandlung“ belegen eine solch weitgehende Schlussfolgerung nicht. Soweit deren Aussage im Tatbestand des Urteils mit den Worten wiedergegeben wird, dass „die Stellung eines Asylantrags in der Bundesrepublik Deutschland …nach serbischem Recht strafbar (sei)“ (S. 4 des amtlichen Abdrucks), lässt sich eine solche einschränkungslose Aussage der Zeugenaussage gerade nicht entnehmen. Ausweislich des dem Einzelrichter vorliegenden Sitzungsprotokolls hat Dr. X2. auf die gerichtliche Frage, ob die Stellung eines Asylantrags in der Bundesrepublik Deutschland nach serbischem Recht strafbar sei, vielmehr geantwortet: „Ende 2012 wurde das serbische Strafgesetzbuch reformiert. Nach den nun geltenden §§ 350 und 350a ist der unerlaubte Grenzübertritt und Menschenschmuggel sowie die Ermöglichung des Asylmissbrauchs im Ausland strafbar.“
41Auf der Grundlage des Wortlauts der deutschen Übersetzung der §§ 350, 350 a serbisches StGB, wie sie ausweislich des Sitzungsprotokoll von Dr. X2. wiedergegeben worden ist, ist die rechtliche Bewertung im Urteil des VG T1. , wonach Asylbewerber gemäß § 350 a Abs. 1 StGB „allein wegen der Stellung eines Asylantrags im Ausland mit strafrechtlicher Verfolgung und Verurteilung zu rechnen (haben)“ (S. 11 des amtlichen Abdrucks), schwerlich tragfähig.
42§ 350 a serbisches StGB lautet hiernach wie folgt:
43(1) Wer versucht, in der Absicht, sich selbst oder jemand anderem einen Vorteil zu verschaffen, einen Transport, eine Verlegung, eine Aufnahme, eine Unterkunft, ein Versteck organisiert oder auf eine andere Weise ermöglicht, dass ein(e) Staatsbürger(in) Serbiens mittels einer falschen Darstellung der Gefährdung seiner/ihrer Menschenrechte und Grundfreiheiten im Ausland Asyl beantragt, erhält eine Haftstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren.
44Dem Wortlaut nach ist die bloße Stellung eines Asylantrages durch einen Asylbewerber für diesen nicht unter Strafe gestellt. Vielmehr ist nach näherer Maßgabe (schon) der Versuch strafbar, durch Unterstützungsleistungen (wie Transport, Schleusung etc.) einem serbischen Staatsbürger zu ermöglichen, einen missbräuchlichen Asylantrag im Ausland zu stellen. Die Regelung zielt damit ersichtlich auf Schleuser bzw. Schlepper oder sonstige Dritte ab, die einem Asylbewerber die Stellung eines Asylantrages bspw. in der Bundesrepublik Deutschland ermöglichen wollen; dieser Asylantrag muss zudem durch eine „falsche Darstellung der Gefährdung…“ gekennzeichnet sein.
45In diesem Sinne wird die Bestimmung, die nach den vorliegenden Erkenntnissen vor dem Hintergrund der Sorge Serbiens, dass die Ende Dezember 2009 eingeführte Visumfreiheit im Schengen-Raum „wegen des Fehlverhaltens einer Minorität („Wirtschaftsflüchtlinge“, über 90 % Roma)“ für alle serbischen Staatsangehörigen wieder suspendiert werden könnte, am 1. Januar 2013 in Kraft getreten ist, auch durch das Auswärtige Amt bewertet.
46Vgl. Lagebericht T. vom 18. Oktober 2013, S. 23, 24, wonach es strafbar sei, durch Unterstützungsleistungen einem serbischen Staatsangehörigen zu ermöglichen, einen missbräuchlichen Asylantrag im Ausland zu stellen.
47Ein anderes, weitergehendes Verständnis des § 350a Abs. 1 serbisches StGB ist auch nicht aufgrund der Strafschärfungsregelungen in Absätzen 2 und 3 gerechtfertigt.
48Darüber, dass § 350 a Abs. 1 serbisches StGB entgegen seines Wortlauts in der Praxis auf Asylbewerber allein wegen der bloßen Stellung eines Asylantrages tatsächlich Anwendung findet, liegen keine verifizierbaren Erkenntnisse vor. Das Auswärtige Amt hebt im vorzitierten Lagebericht im Gegenteil hervor, dass es Sanktionen wegen der Stellung eines Asylantrages im Ausland bisher „weder de jure noch de facto“ gebe. Angesichts dessen, dass seit 2013 zahlreiche serbische Staatsangehörige und darunter vornehmlich Roma nach erfolgloser Stellung eines Asylantrages im Ausland nach T. zurückgekehrt sind, wie gerichtsbekannt ist, wäre zu erwarten, dass eine solche etwaige Praxis zwischenzeitlich bekannt geworden wäre.
49Gegenteilige Erkenntnisse werden auch in dem Urteil des Verwaltungsgerichts T1. vom 25. März 2014 nicht benannt. Soweit in dem Tatbestand Frau Dr. X2. mit der Erklärung zitiert wird, dass nach dem Fortschrittsbericht der EU 2013 aufgrund der Vorschrift des § 350a sieben Strafverfahren gegen acht Personen betrieben worden seien (S. 4 des amtlichen Abdrucks), findet die unmittelbar anschließende, im Sitzungsprotokoll festgehaltene weitere Aussage der Zeugin, wonach nach ihrer Kenntnis „noch kein Urteil“ vorliege, keine Erwähnung. Gerade diese Aussage stützt indessen nachdrücklich die vom Auswärtigen Amt benannte Erkenntnislage.
50Die bereits zitierte weitere Erklärung bzw. Bewertung der Frau Dr. X2. , wonach (auch) der unerlaubte Grenzübertritt strafbar sei, trifft nach Maßgabe des Wortlauts des § 350 serbisches StGB in dieser Allgemeinheit ebenfalls nicht zu.
51§ 350 serbisches StGB lautet nach der im Sitzungsprotokoll zitierten Übersetzung:
52(1) Wer ohne vorschriftsmäßige Erlaubnis die Grenze Serbiens überquert oder versucht, diese zu überqueren, bewaffnet oder unter Anwendung von Gewalt, erhält eine Haftstrafe von bis zu einem Jahr.
53Es spricht alles dafür, dass hiernach nur der bewaffnete oder unter Anwendung von Gewalt erfolgte unerlaubte Grenzübertritt unter Strafe gestellt wird. Unabhängig davon ist nicht ohne weiteres ersichtlich, inwieweit eine Norm, die die unerlaubte Grenzüberquerung als solche unter Strafe stellt, erst Recht wenn dies bewaffnet oder unter Anwendung von Gewalt erfolgt, eine im Rahmen des § 3 AsylVfG (oder des subsidiären Schutzes gemäß § 4 AsylVfG bzw. von § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG) relevante Maßnahme beinhalten sollte.
54Nach allem steht für die Klägerin eine Bestrafung nach § 350a (und/oder nach § 350) serbisches StGB oder eine sonstige, nach Maßgabe von §§ 3 bis 3 c AsylVfG flüchtlingsschutzerhebliche Behandlung im Rückkehrfall prognostisch keinesfalls mit der erforderlichen beachtlichen Wahrscheinlichkeit zu befürchten. Neben den vorstehenden generellen Erwägungen folgt dies auch daraus, dass die Klägerin nach ihren eigenen Angaben unter Verwendung ihres gültigen serbischen Reisepasses, demnach also nicht „illegal“, ausgereist ist.
55Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Gewährung von subsidiärem Schutz gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 AsylVfG (entsprechend § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG). Nach diesen Vorschriften ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn ihm in seinem Herkunftsland die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder ihm als Zivilperson eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3) droht. Derartige Gefahren drohen der Klägerin bei einer Rückkehr nach T. nicht.
56Auch ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG ist für die Klägerin nicht zu bestätigen. Nach dieser Vorschrift darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Es entspricht gesicherter (Kammer-)Rechtsprechung, dass ein Abschiebungsverbot nach diesen Normen zu Gunsten von Angehörigen der Volksgruppe der Roma aus T. regelmäßig nicht besteht.
57Vgl. die obigen Rechtsprechungszitate; vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 18. Februar 2014 – 5 A 195/14.A -.
58Aus den Erwägungen des Verwaltungsgerichts T1. in der mehrfach zitierten Entscheidung vom 25. März 2014 folgt insoweit wiederum nichts anderes. Dies deshalb, weil den entscheidungstragenden Darlegungen, die u.a. einen angenommenen Verstoß gegen das Recht auf freie Ausreise und damit gegen ein grundlegendes Menschenrecht begründen sollen – auch wenn es nicht ausdrücklich in Art. 15 Abs. 2 der Konvention genannt ist (vgl. S. 8, 9 des amtlichen Abdrucks) –, zur Überzeugung des Einzelrichters weder vom Rechtlichen (Anwendungsbereich der §§ 350, 350a serbisches StGB), noch vom Tatsächlichen (selektive Anwendung/Diskriminierung/Bestrafung gegenüber den Angehörigen der Roma in der Praxis) zu folgen ist. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen in Zusammenhang mit der Zuerkennung von Flüchtlingsschutz verwiesen.
59Es bedarf deshalb keiner Entscheidung, ob die von etwaigen Verstößen gegen die Reisefreiheit Betroffenen, die von ihrem Grundrecht auf Asyl bzw. auf Zuerkennung von Flüchtlingsschutz Gebrauch machen wollen bzw. gemacht haben, zumutbar auf die Inanspruchnahme von Rechtsschutz im Abschiebezielstaat bzw. durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu verweisen sind.
60Vgl. zu behaupteten staatlichen Maßnahmen zu Lasten ausreisewilliger bzw. zurückkehrender Asylbewerber (Roma) aus Mazedonien: OVG NRW, Beschluss vom 30. Oktober 2013 – 5 A 2439/12. A – unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteile vom 27. April 2010 – 10 C 5.09 - und 7. Dezember 2004 – 1 C 14.04 -, juris.
61Insoweit ist lediglich anzumerken, dass (auch) T. Signaturstaat der Europäischen Menschenrechtskonvention ist.
62Vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 18. Oktober 2013, S. 17.
63Schließlich liegen in der Person der Klägerin auch die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vor.
64Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Unerheblich ist dabei, von wem die Gefahr ausgeht und auf welchen Ursachen sie beruht. Entscheidend ist allein, ob für den Ausländer eine konkrete individuelle Gefahr für die in der Vorschrift genannten Rechtsgüter besteht und die Gefahr dem Einzelnen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit landesweit droht.
65Vgl. BVerwG, Urteile vom 17.Oktober 1995 - 9 C 9.95 – und 17. Oktober 2006 – 1 C 18.05 -, jeweils juris.
66Ein Abschiebungsverbot nach dieser Vorschrift kann auch darin begründet sein, dass sich die individuelle Erkrankung eines ausreisepflichtigen Ausländers alsbald nach der Rückkehr in seinen Heimatstaat wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlimmern würde, weil die Behandlungsmöglichkeiten dort unzureichend sind und er auch anderswo wirksame Hilfe nicht in Anspruch nehmen könnte.
67Vgl. dazu z. B. BVerwG, Urteil vom 29. Juli 1999- 9 C 2.99 - sowie Urteil vom 25.November 1997- 9 C 58.96 -, Beschluss vom 17. August 2011 – 10 B 13/11 -, jeweils zitiert nach juris.
68Hiernach sind indes regelmäßig nur solche Umstände relevant, die für den betreffenden Ausländer den Aufenthalt im Zielland der angedrohten Abschiebung unzumutbar machen und damit in Gefahren begründet liegen, welche diesem im Zielstaat drohen (zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote). Treten die befürchteten negativen Auswirkungen jedoch allein durch die Abschiebung als solche und nicht wegen der spezifischen Verhältnisse im Zielstaat der Abschiebung ein, so handelt es sich um ein sogenanntes inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis. Ein solches ist nicht durch das zuständige Bundesamt der Beklagten bei der Entscheidung über Abschiebungsverbote, sondern durch die zuständige Ausländerbehörde zu berücksichtigen.
69Vgl. BVerwG, Urteile vom 21.September 1999 - 9 C 8.99 - und vom 15.Oktober 1999 - 9 C 7.99 -, jeweils zitiert nach juris.
70Für die Prognose einer Gefährdung nach Rückkehr in das Herkunftsland im dargestellten Sinn ist die beachtliche Wahrscheinlichkeit der so umschriebenen Gefahr erforderlich. Daraus folgt, dass die im konkreten Einzelfall für eine zu erwartende Rechtsgutverletzung sprechenden Umstände die dagegen sprechenden Umstände überwiegen müssen. Dies erfordert die zusammenfassende verständige Würdigung aller objektiven Umstände unter Einbeziehung des Ranges des gefährdeten Rechtsgutes und der Zumutbarkeit des mit der Rückkehr verbundenen Risikos aus der Sicht eines vernünftig denkenden, besonnenen Dritten dahingehend, ob die Umstände die erhebliche Gefahr einer Rechtsgutverletzung alsbald erwarten lassen.
71Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Juli 2001 - 1 B 71.01 -, Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 46
72Das Tatbestandsmerkmal der Erheblichkeit der zu erwartenden Gefährdungssituation ist dabei nur dann gegeben, wenn der Eintritt der Gefahr eine bedeutende Rechtsgutbeeinträchtigung nach sich zieht. Ausgehend von einer unzureichenden medizinischen Behandlungsmöglichkeit liegt das für die hieraus resultierende akute Lebensgefahr auf der Hand und heißt für den Fall der befürchteten Verschlimmerung einer bereits vorhandenen Erkrankung, dass sich der Gesundheitszustand nach Ankunft im Zielland der Abschiebung in absehbarer Zeit wesentlich oder sogar lebensbedrohlich verschlechtern wird. Der Begriff der wesentlichen Verschlechterung liegt nur dann vor, wenn die befürchtete ungünstige Entwicklung des Gesundheitszustandes nach Rückkehr derart gravierend sein wird, dass außergewöhnlich schwere körperliche oder psychische Schäden oder existenzbedrohende Zustände zu erwarten sind.
73Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. September 2006- 13 A 1740/05.A -.
74Daraus leitet sich zugleich ab, dass eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes nicht schon dann vorliegt, wenn von einer Heilung der Erkrankung im Zielland der Abschiebung wegen der dortigen Verhältnisse nicht auszugehen ist, die Erkrankung sich aber auch nicht gravierend zu verschlimmern droht. Das Abschiebungsverbot dient nämlich nicht dazu, dem ausreisepflichtigen erkrankten Ausländer die Heilung seiner Erkrankung im Rahmen des sozialen Systems der Bundesrepublik Deutschland zu eröffnen; vielmehr stellt es alleine den Schutz vor einer gravierenden Beeinträchtigung von Leib und Leben im Zielland einer Abschiebung oder Rückkehr sicher. Der Ausländer muss sich grundsätzlich auf den Behandlungsstandard, der in seinem Herkunftsland für die von ihm geltend gemachten Erkrankungen allgemein besteht, verweisen lassen, wenn damit keine grundlegende Gefährdung verbunden ist.
75Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. September 2003- 13 A 3253/03.A -.
76Zu berücksichtigen ist dabei ferner, ob der Ausländer voraussichtlich in der Lage sein wird, ohne Schädigung des Existenzminimums im Sinne der Gefahr drohender Verelendung, die erforderliche, eine Verschlimmerung der Erkrankung verhindernde, im Herkunftsland mögliche Behandlung zu finanzieren. Hierzu sind seine genannten voraussichtlichen Lebensumstände im Herkunftsland aber auch eventuelle finanzielle Unterstützungen, z. B. durch Inanspruchnahme von Sozialleistungen oder durch Verwandte im Ausland, in den Blick zu nehmen.
77Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. September 2011- 13 A 1660/11.A -.
78Hiervon ausgehend lässt sich nach Maßgabe der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung der Kammer für die Klägerin ein Abschiebungsverbot aus § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht herleiten.
79In tatsächlicher Hinsicht geht die Kammer davon aus, dass die Klägerin unter den im Tatbestand benannten Erkrankungen leidet.
80Es ist indessen nicht beachtlich wahrscheinlich, dass sich ihr Gesundheitszustand im Falle ihrer Rückkehr nach T. wegen fehlender Behandlungsmöglichkeiten, ihrer ethnischen Herkunft oder aus finanziellen Gründen wesentlich verschlechtern wird.
81Die attestierten Erkrankungen können nach den der Kammer vorliegenden und in das Verfahren eingeführten Erkenntnissen in T. behandelt werden, wobei ggfs. notwendige Medikamente ebenfalls zur Verfügung stehen.
82Vgl. Lageberichte des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik T. vom 29. Januar 2013 und 18. Oktober 2013, S. 22 f.; Auskünfte der deutschen Botschaft C. an das Verwaltungsgericht Bremen vom 10. und 7. Juni 2013.
83Hiernach können jedenfalls in den größeren medizinischen Zentren, wie bspw. in Nis, C. u.a. nicht nur Herzerkrankungen, sondern insbesondere auch Patienten, die an psychischen Erkrankungen, wie bspw. depressiven Störungen leiden, zureichend behandelt werden.
84Vgl. dazu auch VG Gelsenkirchen, Urteile vom 18. Mai 2012 – 17a K 5213/10.A – und 13. März 2013 – 7a K 5298/12.A -, juris.
85Auch insoweit ist eine hinreichende medikamentöse Versorgung regelmäßig gewährleistet. Es stehen insbesondere zahlreiche Psychopharmaka/Antidepressiva zur Verfügung. Vorliegend ist nichts für die Annahme substantiiert worden oder sonst ersichtlich, dass die von der Klägerin benötigten Medikamente oder jedenfalls gleichwertige Präparate für sie in T. nicht erhältlich sind.
86Mit dieser Erkenntnislage in Einklang stehend, haben die Klägerin und ihr Ehemann anlässlich ihrer informatorischen Befragung am 13. Februar 2013 gegenüber dem Bundesamt ausdrücklich angegeben, dass die Klägerin in C. regelmäßig, teilweise stationär, (auch) wegen ihrer psychischen Erkrankung behandelt und in diesem Zusammenhang auch mit Medikamenten versorgt worden sei - wenn auch möglicherweise auf einem anderen Niveau als in Deutschland.
87Ein Verweis auf eine grundsätzlich mögliche Behandlung in ihrem Heimatland ist für die Klägerin - gemessen an den Anforderungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG -auch nicht aufgrund der Aussagen in der ärztlichen Bescheinigung des Arztes für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie Dr. X1. vom 30. Juli 2013 unzumutbar. Dabei legt die Kammer, wie erwähnt, die darin diagnostizierten Erkrankungen (gegenwärtig mittelgradig bis schwer ausgeprägte rezidivierende depressive Störung, somatoforme Schmerzstörung) der vorstehenden Entscheidung zu Grunde. Diese sind nach Maßgabe der obigen Ausführungen in T. indessen grundsätzlich zureichend behandelbar.
88Soweit darüber hinaus ausgeführt wird, dass es selbst bei einer psychiatrischen-psychotherapeutischen Behandlung im Herkunftsland zu einer gesundheitlichen Verschlechterung kommen werde, „da die Ursachen aus dem Herkunftsland stammen“, folgt auch hieraus nicht, dass in der Person der Klägerin mit der erforderlichen beachtlichen Wahrscheinlichkeit ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot besteht.
89Dr. X1. erachtet einen psychiatrischen Behandlungsbedarf für einen Zeitraum von „voraussichtlich mehreren Monate(n)“ für erforderlich, um eine „tragfähige Stabilisierung“ zu gewährleisten. Ein solcher Zeitraum ist bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bereits deutlich verstrichen. Es ist weder vorgetragen, noch durch ärztliche Bescheinigungen belegt worden, dass eine derartige Stabilisierung des Gesundheitszustandes der Klägerin nicht eingetreten ist oder sich dieser gar verschlechtert haben könnte.
90Unabhängig davon ist mangels jeglicher weiterer Substantiierung weder aus der ärztlichen Bescheinigung ableitbar, noch sonst ersichtlich, dass die für den Fall einer Behandlung der Klägerin im Herkunftsland vage prognostizierte Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes die Schwelle der Erheblichkeit im oben aufgezeigten Sinne überschreiten würde.
91Schließlich vermag das Gericht nicht der für die prognostizierte Verschlechterung des Gesundheitszustandes angegebenen Begründung zu folgen. Dr. X1. hat insoweit angenommen, die Ursachen (der Erkrankung) stammten aus dem Herkunftsland. Für eine solche Annahme fehlt jegliche ärztliche Erklärung. Eine solche Annahme ist aufgrund des Inhalts der dem Gericht vorliegenden Akten, insbesondere der Angaben der Klägerin (und ihres Ehemannes) in dem aktuellen und den früheren Asyl(folge)verfahren, die dem behandelnden Arzt schwerlich bekannt waren, eher fernliegend. Hiernach liegen die wesentlichen Ursachen für die psychische Erkrankung der Klägerin in den Umständen ihrer Abschiebung aus der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2005 begründet, die sie als „traumatisch“ empfunden hat (Anhörung vom 13. Februar 2013: „Wir wollten eigentlich unseren Aufenthalt bei der Ausländerbehörde verlängern. Wir wurden dann festgehalten für eine Nacht und ich musste mich am Flughafen vor einer Frau komplett ausziehen und das kann ich alles einfach nicht vergessen, das ist für mich wie ein Trauma. Seither ist es so schlimm. Das ist eigentlich die Ursache für meine schlechte psychische Situation.“, Bl. 69 BA Heft 2). Entsprechendes wird in der Klagebegründung vertieft, mit dem ergänzenden Bemerken, dass die Klägerin, insbesondere die Trennung von ihren in Deutschland zurückgebliebenen Kindern nicht habe ertragen können und (deshalb) einen Suizidversuch unternommen habe.
92Diese Umstände liegen folglich nicht in den im Heimatland herrschenden Verhältnissen begründet und bilden keine taugliche Grundlage für die Annahme eines im vorliegenden Verfahren allein beachtlichen zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Für die Prüfung etwaiger aus der Durchführung der Abschiebung resultierender und sonstiger sog. inlandsbezogener und tatsächlicher Vollstreckungshindernisse ist demgegenüber, wie ausgeführt, allein die Ausländerbehörde zuständig.
93BVerwG, Beschluss vom 10. Oktober 2012 - 10 B 39.12 -, juris, m.w.Nw.
94Das Gericht ist desweiteren davon überzeugt, dass für die Klägerin im Fall ihrer Rückkehr nach T. die erforderliche Behandlung ihrer Krankheiten tatsächlich erreichbar ist.
95Dabei ist der Zugang zu medizinischen Behandlungen des öffentlichen Gesundheitssystems für die Bevölkerung in T. unabhängig von der ethnischen Herkunft gewährleistet.
96Vgl. den zitierten Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 18. Oktober 2013, S. 21 sowie Auskünfte der deutschen Botschaft C. an das Verwaltungsgericht Bremen vom 10. und 7. Juni 2013.
97Die Kammer ist weiter davon überzeugt, dass die Klägerin auch nicht aus Mangel an finanziellen Mitteln an einer Inanspruchnahme der notwendigen medizinischen Behandlung gehindert sein wird. Das gilt selbst dann, wenn zugrunde gelegt wird, dass es ihr jedenfalls wegen der herrschenden prekären wirtschaftlichen Lage in T. nicht gelingen wird, ihren Lebensunterhalt selber sicherzustellen.
98Sollten Kosten der notwendigen medizinischen Behandlung der Klägerin von der gesetzlichen Krankenversicherung nicht in voller Höhe übernommen werden (vgl. dazu den zitierten Lagebericht T. , S. 21 f.) und durch Sozialhilfeleistungen nicht oder nicht vollständig gedeckt werden können, muss sich die Klägerin auch hinsichtlich des im Übrigen notwendigen Lebensunterhalts nicht zuletzt mit Blick auf den bei Roma-Familien besonders ausgeprägten familiären Zusammenhalt auf die Unterstützung durch die Familie verweisen lassen. Die Klägerin hat insoweit – in Übereinstimmung mit der Auskunftslage – angegeben, in T. als Arbeitslose Mitglied der Krankenversicherung gewesen zu sein, sie aber diejenigen Medikamente, die nicht in staatlichen Apotheken erhältlich gewesen seien, in den privaten Apotheken habe bezahlen müssen.
99Für eine solche ergänzende Unterstützung kommen neben dem ausreisepflichtigen Ehemann der Klägerin und der nach eigenen Angaben in T. lebenden Großfamilie vor allem der in Deutschland aufhältige Sohn der Klägerin in Betracht, der sie nicht nur finanziell unterstützen, sondern ihr auch ggf. benötigte Medikamente besorgen und zusenden kann. Mit dieser Bewertung in Einklang stehend, hat die Klägerin in einem früheren Folgeverfahren im Januar 2010 gegenüber dem Bundesamt ausdrücklich angegeben, sie sei von ihren zwei seinerzeit in Deutschland lebenden Kindern in T. finanziell unterstützt worden (Bl. 49 BA Heft 3). Dass eine solche Möglichkeit zur - wenn auch im Einzelfall nur geringen - ergänzenden finanziellen Unterstützung der Klägerin auch durch (sonstige) nahe Verwandte nunmehr ausgeschlossen ist, etwa wegen eigener unzureichender Geldmittel, ist aufgrund des Hinweises auf die Arbeitslosigkeit ihres Sohnes nicht hinreichend substantiiert worden oder sonst ersichtlich.
100Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG.
101Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
102Eine, vom Prozessbevollmächtigen der Klägerin angeregte, Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht ist gemäß § 78 Abs. 2, Abs. 3 AsylVfG nicht eröffnet.
Tenor
Die Klagen werden abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens je zur Hälfte.
Tatbestand
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(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
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sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat; - 2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden; - 3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.