Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 12. Okt. 2018 - 7 K 556/18
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt, an das klagende Krankenhaus 7.549,67 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 30.07.2017 zu zahlen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Das klagende Universitätsklinikum nimmt den Beklagten auf die Zahlung von Kosten für dessen stationäre Unterbringung in Anspruch.
3Der Beklagte wurde am 30.10.2016 vom durch seinen Bruder verständigten Rettungsdienst in die Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des klagenden Universitätsklinikums eingeliefert. Die Versicherungssituation des Beklagten konnte bei Einlieferung zunächst nicht geklärt werden, da er weder zu Ort, Zeit noch Situation orientiert war. Aus medizinischen Gründen wurde der Beklagte unabhängig davon sofort aufgenommen und blieb bis zum 17.01.2017 in stationärer Behandlung wegen Alkoholdemenz, DD Korsakowsyndrom, Alkoholabhängigkeitssyndrom und Polyneuropathie.
4Noch am 30.10.2016 unterschrieb der Beklagte eine Anzeige zur Pflichtversicherung, auf der jedoch außer Name und Adresse keinerlei Angaben z.B. zur bisherigen Versicherungssituation, zu ausgeübten Tätigkeiten, zu Einnahmen und zum Beitragszahlungskonto gemacht wurden. Eine Krankenversicherung wurde nicht eingetragen. Er willigte weiterhin in eine Direktabrechnung des klagenden Universitätsklinikums mit der Krankenversicherung / dem Sozialhilfeträger ein und erklärte die Abtretung seiner Ansprüche an das klagende Universitätsklinikum. Am 08.11.2016 unterzeichnete er einen Behandlungsvertrag, zwei Datenschutzerklärungen und erneut ein Einverständnis mit der Direktabrechnung / eine erneute Abtretungserklärung seiner Ansprüche an das klagende Universitätsklinikum. Im weiteren Verlauf gab er an, in der Vergangenheit privat krankenversichert und beihilfeberechtigt gewesen zu sein. Der Krankenversicherungsvertrag bestehe jedoch nicht mehr, da er die Beiträge seit Jahren nicht ordnungsgemäß bezahlt habe. Als frühere Versicherung benannte er die Postbeamtenkrankenkasse. Das klagende Universitätsklinikum leitete unter dem 30.11.2016 die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung in die Wege.
5Bereits am 01.11.2016 hatte das Ordnungsamt der Stadt B. die sofortige Unterbringung verfügt. Mit Beschluss vom 01.11.2016 - Az. 870u XIV(L) 150/16 D - ordnete das Amtsgerichts Aachen auf Antrag des Ordnungsamtes der Stadt Aachen die Unterbringung des Beklagten in einer geschützten Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses einstweilen bis zum 05.12.2016 an. Mit Beschluss vom 02.12.2016 - ebenfalls Az. 870u XIV(L) 150/16 D - wurde wiederum auf Antrag des Ordnungsamtes der Stadt Aachen im Wege der einstweiligen Anordnung die Unterbringung des Beklagten längstens bis zum 30.12.2016 in einem psychiatrischen Fachkrankenhaus oder einer psychiatrischen Fachabteilung eines Krankenhauses angeordnet. Zur Begründung wurde in den gerichtlichen Beschlüssen ausgeführt, der Beklagte leide nach ärztlichen Stellungnahmen vom 01.11.2016 und vom 01.12.2016 an einem Korsakow-Syndrom und einer depressiven Symptomatik mit deutlichen Hinweisen auf wahnhaftes Verkennen von Personen und Situationen einhergehend mit Verwahrlosung und desorganisiertem Verhalten. Er sei selbst innerhalb der geschlossenen Abteilung desorientiert und verlaufe sich. Es bestehe die gegenwärtige Gefahr erheblicher Selbstschädigung und/oder erheblicher Gefährdung bedeutender Rechtsgüter anderer.
6Vom 31.12.2016 bis zum 17.01.2017 verblieb der Beklagte ohne Unterbringungsbeschluss in der stationären Behandlung.
7Mit Rechnung vom 26.01.2017 stellte das klagende Universitätsklinikum gegenüber dem Beklagten 24.115,57 € an Unterbringungs- und Behandlungskosten in Rechnung, wobei es sich nach Auskunft des klagenden Universitätsklinikums um die Abrechnung allgemeiner Krankenhausleistungen, nicht aber Wahlleistungen handelt. Die Beihilfe übernahm hiervon 16.565,90 €. Den noch offenen Betrag von 7.549,67 € stellte das klagende Universitätsklinikum dem Beklagten erneut unter dem 20.04.2018 in Rechnung.
8Die Betreuerin des Beklagten wandte sich mit Schreiben vom 19.06.2017 an die Beigeladene und verlangte eine „Versicherungsbestätigung“ mit der Begründung, der Beklagte sei zuletzt dort versichert gewesen und somit auch weiterhin zu versichern. Er gelte gem. § 193 Abs. 3 VVG als fortwährend krankenversichert.
9Auf Antrag des klagenden Universitätsklinikums vom 27.07.2017 wurde ein Mahnbescheid über eine Hauptforderung von 7.748,86 € zzgl. Zinsen gegen den Beklagten durch das Amtsgericht Euskirchen erlassen und diesem am 29.07.2017 zugestellt. Daraufhin legte der Beklagte am 12.08.2017 - vertreten durch seine Betreuerin - Widerspruch ein und das Verfahren wurde am 14.08.2017 an das Landgericht Aachen abgegeben, wo es am 23.08.2017 einging. Nach Streitverkündung durch den Beklagten trat die Beigeladene dem Rechtsstreit auf Seiten des klagenden Universitätsklinikums bei. Das Landgericht Aachen hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 30.01.2018 - 11 O 310/17 - an das Verwaltungsgericht Aachen verwiesen.
10Das klagende Universitätsklinikum trägt vor, es habe zunächst einen Anspruch gegen den Beklagten auf Erstattung der im Rahmen der Unterbringung nach PsychKG vom 30.10.2016 bis zum 30.12.2016 entstandenen Kosten nach den Vorschriften des PsychKG i.V.m. § 17b Abs. 1 KHG, § 8 Abs. 1 S. 1 KHEntgG, § 7 Abs. 1 Nr. 1 BPflV und der für das Jahr 2016 vereinbarten PEPP Entgeltkataloge. Es habe den Beklagten im Rahmen einer notfallmäßig gebotenen stationären Behandlung mit den nach Art und Schwere der Krankheit notwendigen Krankenhausleistungen versorgt und damit eine öffentliche Aufgabe im Rahmen der Gefahrenabwehr wahrgenommen. Der Betroffene habe die Kosten der Behandlung selbst zu tragen, soweit sie nicht vom Unterhaltspflichtigen, einem Träger der Sozialversicherung, einem Träger der Sozialhilfe oder anderen zu zahlen seien. Dabei sei es unerheblich, ob der Betroffene mit der Unterbringung generell oder nur unter der Voraussetzung einverstanden sei, dass ein Dritter die Kosten trage, denn die Zustimmung werde durch die gerichtliche Entscheidung ersetzt. Ein vorrangig Verpflichteter sei nicht vorhanden. Der Krankenversicherungsschutz bei der Beigeladenen sei schon 1993 durch diese gekündigt worden. Ob die Betreuerin des Beklagten einen Sozialhilfeantrag beim Sozialhilfeträger gestellt habe, sei nicht bekannt und im Übrigen unerheblich. Jedenfalls könne sich der Beklagte nicht auf eine vorrangige Zahlungspflicht des Sozialhilfeträgers berufen, da sozialhilferechtliche Ansprüche einen ungedeckten Bedarf und somit die Zahlungspflicht des Beklagten voraussetzen würden.
11Der verbleibende Zahlungsanspruch für die nicht aufgrund einer Unterbringung nach PsychKG beruhende Behandlung vom 31.12.2016 bis zum 17.01.2017 beruhe auf Vertrag oder den Vorschriften zur Geschäftsführung ohne Auftrag i.V.m. § 17b Abs. 1 KHG, § 8 Abs. 1 S. 1 KHEntgG, § 7 Abs. 1 S. 1 BPflV und der für das Jahr 2016 vereinbarten PEPP-Entgeltkataloge. Die Beigeladene habe die Kosten nicht gezahlt. Der Beklagte sei zwar geschäftsunfähig. Weder er noch die - bereits während des stationären Aufenthaltes bestellte - Betreuerin hätten jedoch der Behandlung widersprochen und die Entlassung gefordert. Vielmehr habe die Betreuerin den Beklagten in der stationären Behandlung belassen, wozu sie auch verpflichtet gewesen sei. Die Behandlung sei absolut indiziert und alternativlos gewesen. Durch die Inanspruchnahme der Krankenhausleistungen über den 30.12.2016 hinaus sei ein konkludenter Behandlungsvertrag zustande gekommen. Jedenfalls habe die Betreuerin den schwebend unwirksamen Behandlungsvertrag konkludent genehmigt. Falls kein Behandlungsvertrag vorliege, sei nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag zu berücksichtigen, dass der Bruder des Beklagten die Aufnahme in die Wege geleitet habe. Es, das klagende Universitätsklinikum, sei daraufhin zur notfallmäßigen Behandlung verpflichtet gewesen.
12Unabhängig davon gelte der Beklagte gem. § 193 Abs. 3 VVG im Verhältnis zur Beigeladenen als fortwährend krankenversichert. Er habe noch am Tag der Aufnahme eine Anzeige zur Pflichtversicherung unterschrieben und lediglich keine Krankenversicherung eingetragen, da er aus gesundheitlichen Gründen die letzte nicht habe benennen können. Die Betreuerin habe die Anzeige konkludent genehmigt. Dieser Aufnahmeantrag i.V.m. einer späteren Kontaktaufnahme der Betreuerin mit der Beigeladenen sei als Abgabe eines annahmefähigen Angebots anzusehen. Infolge des in § 193 VVG vorgesehenen Kontrahierungszwangs sei von einem rückwirkend ab Antragstellung am 30.10.2016 bestehenden Versicherungsschutz auszugehen. Anfragen bei der vom Beklagten anfangs einmal benannten Postbeamtenkrankenkasse sowie bei der AOK und BEK seien hingegen negativ verlaufen.
13Von den noch offenen 7.549,67 € entfielen 5.850,94 € auf die Unterbringung nach PsychKG vom 30.10.2016 bis zum 30.12.2016 (7.549,67 € / 80 Tage = 94,37 / Tag x 62 Tage) und 1.698,66 € auf die verbleibende Behandlung bis zum 17.01.2017 (7.549,67 € / 80 Tage = 94,37 / Tag x 18 Tage).
14Es bestehe außerdem ein Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit.
15Das klagende Universitätsklinikum beantragt,
16den Beklagten zu verurteilen, an es 7.549,67 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
17Der Beklagte beantragt,
18die Klage abzuweisen.
19Er trägt vor, er sei nicht geschäftsfähig und habe deshalb auch keinen wirksamen Behandlungsvertrag abschließen können. Er sei zuletzt bei der Beigeladenen krankenversichert gewesen. Gemäß § 193 Abs. 3 VVG gelte er im Verhältnis zur Beigeladenen als fortwährend krankenversichert.
20Die Beigeladene beantragt,
21den Beklagten zu verurteilen, an das klagende Universitätsklinikum 7.549,67 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
22Sie bestreitet die Geschäftsunfähigkeit des Beklagten zum Zeitpunkt der stationären Aufnahme. Jedenfalls ergebe sich aber ein Anspruch des klagenden Universitätsklinikums gegen den Beklagten aus Geschäftsführung ohne Auftrag.
23Sie trägt weiter vor, der Beklagte sei lediglich bis März 1993 bei ihr versichert gewesen. Sie habe den Versicherungsvertrag wegen Zahlungsrückständen unter dem 01.03.1993 nach dem damals geltenden § 39 VVG gekündigt. Es sei für sie nicht feststellbar, ob es sich dabei um die zeitliche letzte Versicherung des Beklagten handle, oder ob zwischenzeitlich noch eine anderweitige Versicherung bestanden habe.
24§ 193 VVG sei vorliegend nicht heranzuziehen, da der Versicherungsvertrag schon seit 1993 nicht mehr bestehe, § 193 VVG jedoch erst 2008 in Kraft getreten sei. Unabhängig davon ergebe sich aus der Norm lediglich die Pflicht einer im Inland wohnenden Person, bei einem in Deutschland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmen eine Krankheitskostenversicherung abzuschließen und aufrecht zu erhalten. Es werde hingegen nicht das Fortbestehen eines Versicherungsvertrages fingiert. Selbst wenn der Beklagte einen Versicherungsvertrag nach § 193 VVG bei ihr habe abschließen wollen, lasse sich daraus kein rückwirkender Versicherungsschutz vor Vertragsschluss herleiten. Die Betreuerin des Klägers habe sich erst mit Schreiben vom 19.06.2017 an sie gewandt und eine „Versicherungsbestätigung“ verlangt. Sie, die Beigeladene, habe daraufhin mitgeteilt, dass eine formlose Aufnahme und Bestätigung eines Versicherungsschutzes in den alten Tarif nicht möglich sei. Den Antrag vom 30.10.2016 habe sie nicht erhalten.
25Soweit der Beklagte nach PsychKG untergebracht worden sei, greife außerdem der in der PKV übliche Ausschluss für durch Verwahrung bedingte Unterbringung. Wenn überhaupt könne der Beklagte nur eine Aufnahme in den branchenweit üblichen einheitlichen Basistarif verlangen, dem die Musterbedingungen des PKV-Verbandes zum Basistarif (AVB/BT 2009) zugrunde lägen. Gem. § 5 Abs. 1f AVB/BT 2009 seien Kosten für eine durch Verwahrung bedingte Unterbringung nicht vom Versicherungsschutz umfasst. Da die Unterbringung nach dem PsychKG in erster Linie der Gefahrenabwehr diene und ausweislich der vom Kläger vorgelegten Unterlagen der Beklagte im Zustand der Willenlosigkeit gem. § 10 Abs. 2 PsychKG eingeliefert worden sei, greife der Leistungsausschluss.
26Der Vorsitzende der Kammer hat am 07.03.2018 als Berichterstatter einen Erörterungstermin durchgeführt.
27Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
28Entscheidungsgründe
29Die Klage ist zulässig und begründet.
30I.
31Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage im Verwaltungsrechtsweg zulässig.
321.
33Hinsichtlich des geltend gemachten Zahlungsanspruchs nach §§ 32 Abs. 1 S. 1, 33 des Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten (PsychKG) vom 17.12.1999 in der vom 14.12.2011 bis zum 31.12.2016 gültigen Fassung (aktuell §§ 34 Abs. 1 S. 1, 35 PsychkG) wegen Unterbringung ist der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO eröffnet, da die zugrunde liegenden Rechtsnormen dem öffentlichen Recht angehören. Die Rechtsbeziehungen zwischen dem Krankenhausträger und dem betroffenen Patienten sind wegen des bestehenden Über-Unterordnungsverhältnisses dem öffentlichen Recht zuzuordnen.
34Vgl. VGH BW, Beschluss vom 18.07.1990 - 10 S 763/89 -, juris Rn. 2; VG Köln, Urteil vom 21.02.2017 - 7 K 7492/15 -, juris Rn. 19, Urteil vom 15.11.2016 - 7 K 7626/13 -, juris Rn. 43 und Urteil vom 21.02.2013 - 7 K 3423/13 -, juris Rn. 37; VG Gelsenkirchen, Gerichtsbescheid vom 18.05.2012 - 7 K 3537/11 -, juris Rn. 14; VG Minden, Gerichtsbescheid vom 05.01.2007 - 6 K 553/05 -, juris Rn. 17.
352.
36Im Übrigen, also soweit der Beklagte sich ohne Unterbringungsbeschluss in stationärer Behandlung befand, finden die vom klagenden Universitätsklinikum geltend gemachten Ansprüche ihre Rechtsgrundlage hingegen im Zivilrecht. Das Verwaltungsgericht ist jedoch an den Verweisungsbeschluss des Landgerichts Aachen vom 30.01.2018 gebunden.
37Die Heilbehandlung von Kranken, insbesondere auch in öffentlichen Krankenhäusern, ist regelmäßig nicht Ausübung einer öffentlichen Aufgabe. Ein öffentlich-rechtliches Benutzungsverhältnis ist daher nur anzunehmen, wenn weitere öffentlich-rechtliche Elemente hinzutreten, was indes i.d.R. bei einer Krankenhausbehandlung nicht der Fall ist.
38Vgl. BGH, Urteil vom 19.01.1984 - III ZR 172/82 -, juris Rn. 17 ff.
39Etwas anderes gilt nur, wenn sich die ärztliche Maßnahme als Zwangsbehandlung darstellt. Insofern ist die höchstrichterliche Rechtsprechung zwar davon ausgegangen, dass die Behandlung eines Patienten in der geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Landeskrankenhauses auch dann öffentlich-rechtlicher Natur ist, wenn sie im Einverständnis des Patienten und nicht etwa aufgrund einer hoheitlichen Unterbringung erfolgt. Die Aufgabe eines Landeskrankenhauses besteht in der Verwahrung und Heilbehandlung von Geistes- und Gemütskranken und gegebenenfalls auch in dem Schutz der Außenwelt vor ihnen und somit in der Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe. Dies allein reicht für die Zuordnung zum öffentlichen Recht jedoch noch nicht aus, da sich der Staat zur Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben grundsätzlich auch der Mittel des Privatrechts bedienen kann. Es kommt daher entscheidend darauf an, wie das Verhältnis der Anstalt zu den Benutzern rechtlich ausgestaltet ist und ob die Ausgestaltung den Willen des Staates erkennen lässt, die Krankenanstalt so zu führen, wie es in entsprechenden privaten Einrichtungen geschieht, mithin die der Anstalt gestellten Aufgaben auf der Ebene der Gleichordnung zu erfüllen, oder ob diese Ordnung den Willen zum Ausdruck bringt, die in Rede stehenden Aufgaben im Rahmen hoheitlicher staatlicher Betätigung durchzuführen. Letzteres ist insbesondere anzunehmen bei einer hoheitlich geprägten und für alle Patienten - also freiwillige und zwangsweise eingewiesene - gleichermaßen gültigen Anstaltsordnung. Bei einer solchen Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses führt ein Einverständnis des Patienten nicht zu einer vertraglichen Abmachung, sondern es hat lediglich die Bedeutung, dass es eines gesetzlichen Unterbringungsverfahrens nicht bedarf und die mit der Unterbringung verbundenen Freiheitsbeschränkungen nicht rechtswidrig sind.
40Vgl. BGH, Urteil vom 24.09.1962 - III ZR 201/61 -, juris, bestätigt durch Beschluss vom 31.01.2008 - III ZR 186/06 -, juris Rn. 3 ff.
41Vorliegend ist der ab dem 31.12.2016 freiwillige Aufenthalt des Beklagten in der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des klagenden Universitätsklinikums als Anstalt des öffentlichen Rechts - soweit er überhaupt noch auf der geschlossenen Station stattgefunden hat - nicht vergleichbar mit der Behandlung in der geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Landeskrankenhauses und die Rechtsbeziehung zum klagenden Universitätsklinikum ist demgemäß nicht dem öffentlichen Recht zuzuordnen.
42Die psychiatrische Abteilung einer Universitätsklinik übernimmt zwar auch die Unterbringung aufgrund PsychKG und somit eine öffentliche Aufgabe. Im Übrigen bietet ein Universitätsklinikum im Allgemeinen und dessen psychiatrische Abteilung im Besonderen jedoch ein breites Spektrum an u.a. psychiatrischen und psychologischen Behandlungen in unterschiedlichen Bereichen an und ist somit schon in seinem Aufgabenbereich insgesamt nicht vergleichbar mit einem typischen psychiatrischen Landeskrankenhaus. Vielmehr stellt die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben nach dem PsychKG nur einen Bruchteil des Tätigkeitsfeldes dar. Das Verhältnis zu den Patienten im Übrigen - und somit in der Mehrheit der Fälle - ist hingegen eindeutig dem bürgerlichen Recht zuzuordnen. So besteht kein Zweifel daran, dass das klagende Universitätsklinikum im „Normalfall“ mit den Patienten einen privatrechtlichen Behandlungsvertrag abschließt und dies lediglich bei der Unterbringung nach PsychKG - die insofern den Ausnahmefall darstellt - unterlässt. Dass die zwangsweise Unterbringung aus Sicht des klagenden Universitätsklinikums einen Sonderfall darstellt, kommt vorliegend exemplarisch darin zum Ausdruck, dass dem Beklagten irrtümlich trotz der Unterbringungsbeschlüsse des Amtsgerichts Aachen am 08.11.2016 ein Behandlungsvertrag zur Unterschrift vorgelegt wurde. Das Rechtsverhältnis zum Patienten ist somit grundsätzlich privatrechtlich ausgestaltet und unterfällt lediglich im Ausnahmefall der Unterbringung nach PsychKG - die hier ab dem 31.12.2016 nicht mehr gegeben war - dem öffentlichen Recht.
43Insofern ist die Kammer jedoch gem. § 17a Abs. 2 GVG an den Verweisungsbeschluss des Landgerichts Aachen vom 30.01.2018 - unabhängig von dessen inhaltlicher Richtigkeit - gebunden. Die Grenze der Bindungswirkung ist erst erreicht bei schweren und offensichtlichen Rechtsverstößen, also bei einem Verweisungsbeschluss, der jeder rechtlichen Grundlage entbehrt.
44Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17.03.1999 - 1 WB 80/98 -, juris.
45Davon ist vorliegend nicht auszugehen, da das Landgericht Aachen lediglich irrtümlich von einer Unterbringung aufgrund PsychKG während der gesamten Behandlungsdauer ausgegangen ist.
46II.
47Die Klage ist auch begründet.
481.
49Das klagende Universitätsklinikum hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 5.850,99 € für die Unterbringung nach PsychKG vom 30.10.2016 bis zum 30.12.2016.
50Rechtsgrundlage für den Zahlungsanspruch sind §§ 32 Abs. 1 S. 1, 33 PsychKG NRW in der vom 14.12.2011 bis zum 31.12.2016 gültigen Fassung. Danach sind die Kosten einer nach diesem Gesetz durchgeführten Unterbringung in einem Krankenhaus sowie einer ambulanten oder stationären ärztlichen und psychotherapeutischen Behandlung von dem Betroffenen zu tragen, soweit sie nicht von Unterhaltspflichtigen, einem Träger der Sozialversicherung, einem Träger der Sozialhilfe oder anderen zu zahlen sind. Ausnahmsweise trägt gem. § 32 Abs. 2 PsychKG die Staatskasse die Kosten der Unterbringung, wenn der Antrag auf Anordnung der Unterbringung abgelehnt oder zurückgenommen wird oder aus anderen Gründen seine Erledigung findet und die Voraussetzungen für die Unterbringung von Anfang an nicht vorgelegen haben. Nach § 32 Abs. 3 PsychKG kann das nach § 12 PsychKG zuständige Amtsgericht auch der Gebietskörperschaft, deren Behörde den Antrag gestellt hat, die Kosten auferlegen, wenn das Verfahren ergeben hat, dass ein begründeter Anlass zur Antragstellung nicht vorlag.
51Die Voraussetzungen des Zahlungsanspruchs sind erfüllt.
52a) Eine nach dem PsychKG durchgeführte Unterbringung in einem Krankenhaus und eine dortige ärztliche Behandlung liegen vor. Mit Beschlüssen vom 01.11.2016 und vom 02.12.2016 ordnete das Amtsgericht Aachen die Unterbringung nach PsychKG bis zum 30.12.2016 an.
53b) Die Kosten der Unterbringung sind nicht ausnahmsweise gemäß § 32 Abs. 2 oder 3 PsychKG von der Staatskasse zu tragen. Das für die Kostenentscheidung zuständige Amtsgericht hat keine Kostenentscheidung nach § 32 Abs. 4 PsychKG getroffen und somit die Kosten weder der Staatskasse noch der zuständigen Gebietskörperschaft auferlegt. Die Beschlüsse des Amtsgerichts Aachen enthalten keine Entscheidung über die Kosten. Es kann dahinstehen, ob das Verwaltungsgericht bei der Entscheidung über die Zahlungsklage an diese Entscheidung gebunden ist. Denn die Voraussetzungen der § 32 Abs. 2 oder Abs. 3 PsychKG liegen auch nach Auffassung der Kammer nicht vor. Ein Fall des § 32 Abs. 2 PsychKG kommt ersichtlich nicht in Betracht. Auch die Voraussetzungen des § 32 Abs. 3 PsychKG sind nicht gegeben. Es lag aus Sicht der Kammer ein begründeter Anlass für die sofortige Unterbringung i.S.d. § 11 PsychKG vor. Nach § 11 Abs. 1 S. 1 PsychKG ist die Unterbringung Betroffener nur zulässig, wenn durch deren krankheitsbedingtes Verhalten gegenwärtig eine erhebliche Selbstgefährdung oder eine erhebliche Gefährdung bedeutender Rechtsgüter anderer besteht, die anders nicht abgewendet werden kann. Der Beklagte wies im Unterbringungszeitraum deutliche Symptome einer psychischen Erkrankung auf und stellte durch sein krankheitsbedingtes Verhalten eine erhebliche Gefahr für sich selbst dar. Bei Aufnahme hatte er laut Bescheinigungen der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik vom 24.01.2017 nach Angaben seines Bruders seit Tagen die Nahrungsaufnahme verweigert. Er war in einem deutlich reduzierten Allgemeinzustand und verwahrlost, wies deutliche mnestische Defizite auf, wusste nicht, wie er ins Krankenhaus gekommen war und war weder zu Ort noch Situation oder Zeit orientiert. Das Amtsgericht kam auf Grundlage ärztlicher Stellungnahmen in den Beschlüssen vom 01.11.2016 und vom 02.12.2016 zu dem Schluss, dass der Beklagte an einem Korsakow-Syndrom und einer depressiven Symptomatik mit deutlichen Hinweisen auf wahnhaftes Verkennen von Personen und Situationen einhergehend mit Verwahrlosung und desorganisiertem Verhalten litt. Er war desorientiert und verlief sich sogar auf der geschlossenen Abteilung. Daraus folgte die gegenwärtige Gefahr erheblicher Selbstschädigung und/oder erheblicher Gefährdung bedeutender Rechtsgüter anderer.
54c) Der Anspruch auf Zahlung der Kosten setzt weiter voraus, dass die Unterbringung und Behandlung rechtmäßig war.
55Vgl. VG Köln, Urteil vom 21.02.2017 - 7 K 7492/15 -, juris Rn. 21 ff. und Urteil vom 15.11.2016 - 7 K 7626/13 -, juris Rn. 82 ff.
56Es bestehen vorliegend - insbesondere in Anbetracht der obigen Ausführungen zum gesundheitlichen Zustand des Beklagten bei Einlieferung - keine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Unterbringung und Behandlung. Solche sind durch die Beteiligten auch nicht vorgebracht worden.
57d) Der Anspruch des klagenden Universitätsklinikums gegen den Beklagten ist auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Kosten der Unterbringung von einem Unterhaltspflichtgen, einem Träger der Sozialversicherung, einem Träger der Sozialhilfe oder anderen zu zahlen sind.
58aa) §§ 32 Abs. 1 S. 1, 33 PsychKG sind teleologisch einschränkend dahingehend auszulegen, dass dem Zahlungsanspruch des Krankenhausträgers nur entgegengehalten werden kann, dass ein Dritter die Kosten tatsächlich getragen hat oder sich zur Zahlung bereit erklärt hat. Eine reine Zahlungsverpflichtung eines Dritten reicht hingegen nach dem Sinn und Zweck der Norm nicht aus.
59Nach dem Wortlaut ist darauf abzustellen, ob die Kosten "von anderen zu zahlen sind". Diese Formulierung deutet zwar eher darauf hin, dass die Zahlungspflicht des Untergebrachten dann nicht besteht, wenn andere zur Zahlung verpflichtet sind, wenn also der Untergebrachte einen Anspruch gegen einen Dritten auf Zahlung der Unterbringungskosten hat. Bei dieser Auslegung müsste das Verwaltungsgericht umfassend aufklären und prüfen, ob der Beklagte Ansprüche gegen Unterhaltspflichtige, Krankenversicherungen, Sozialhilfeträger oder andere hat, und in diesem Fall die Klage abweisen. Dies würde vorliegend insbesondere die Prüfung von Zahlungsansprüchen des Beklagten gegen die Beigeladene nach sich ziehen.
60So VG Düsseldorf, Gerichtsbescheid vom 14.08.2014 - 7 K 9652/13 - juris Rn. 30 ff.; VG Minden, Gerichtsbescheid vom 05.01.2007 - 6 K 553/05 -, juris Rn. 23 ff.; siehe auch OVG Hamburg, Urteil vom 03.03.1989 - Bf IV 22/89 -, juris Rn. 23 ff.
61Die Vorschrift ist jedoch ihrem Sinn und Zweck nach dahingehend auszulegen, dass dem Zahlungsanspruch des Krankenhausträgers nur entgegengehalten werden kann, dass ein Dritter die Kosten tatsächlich getragen hat oder sich zur Zahlung bereit erklärt hat. Dies muss der Betroffene als Anspruchsinhaber darlegen und beweisen, was der Beklagte aber nicht getan hat.
62Der Zahlungsanspruch gegen den Beklagten soll nach dem erkennbaren Sinn der Regelung nur dann bestehen, wenn die Kosten nicht von einer Krankenversicherung oder dem Sozialhilfeträger übernommen werden, was der Regelfall sein dürfte. Wenn sich kein Dritter als Kostenträger findet, soll im Verhältnis zwischen Krankenhaus und Untergebrachtem der Patient als Verursacher die Kosten tragen. Eine Auslegung der Norm, die eine Prüfung und den Ausschluss von Ansprüchen des Beklagten gegen Dritte fordert, würde den Krankenhausträger dem Risiko aussetzen, dass seine Zahlungsklage wegen eines anderweitigen Anspruchs des Beklagten gegen Dritte abgelehnt wird, er die Ansprüche des Beklagten gegen Dritte aber nicht durchsetzen kann und damit letztlich keine Kostenerstattung erlangen kann. Dieses Problem entsteht, wenn ein Dritter zwar zahlungspflichtig ist, aber die Zahlung verweigert. Durch das verwaltungsgerichtliche Urteil betreffend den Krankenhausträger und den Untergebrachten wird der Dritte nicht verpflichtet, weil er u.U. schon nicht beteiligt ist. Er kann auch nicht für den Krankenhausträger erzwingbar durch eine notwendige Beiladung beteiligt werden, weil seine rechtlichen Interessen durch eine Abweisung der Klage nur mittelbar berührt werden und somit allenfalls eine einfache Beiladung in Betracht kommt, die im Ermessen des Gerichts steht. Denn die Frage, ob ein Dritter kostenpflichtig ist, ist nur eine Vorfrage der Entscheidung über den Zahlungsanspruch gegen den Untergebrachten und nimmt daher auch nicht an der Rechtskraftwirkung teil. Es wird also im Fall der Abweisung einer Zahlungsklage wegen eines Anspruchs des Beklagten gegen den Dritten dieser nicht rechtkräftig zur Zahlung verurteilt. Das hätte zur Folge, dass der Kläger leer ausgeht, weil er seine berechtigten Forderungen weder gegenüber dem Beklagten noch gegenüber dem Dritten durchsetzen kann, wenn dieser die Zahlung verweigert. Denn mangels Aktivlegitimation kann er die Ansprüche des Beklagten gegen den dritten Leistungsträger nicht im Klageweg realisieren. Er wäre also darauf angewiesen, dass der Beklagte die Kostenpflicht gegen den Dritten in einem eigenen Prozess durchsetzt oder den Anspruch an den Kläger abtritt. Einen Anspruch hat er insofern aber nicht. Darauf, dass vorliegend eine (allerdings möglicherweise aufgrund von Geschäftsunfähigkeit des Beklagten unwirksame) Abtretungserklärung freiwillig unterzeichnet wurde, kann es für die grundsätzliche und über den Einzelfall hinausgehende Auslegung der Norm nicht ankommen. Auch ein gesetzlicher Forderungsübergang des Untergebrachten auf den Krankenhausträger existiert nicht. In diesem Fall würde also letztlich der Krankenhausträger die Kosten selbst tragen. Dieses Ergebnis entspricht aber nicht dem erkennbaren Sinn der gesetzlichen Regelung. Da allein der Untergebrachte seine Ansprüche auf Kostentragung gegenüber Dritten durchsetzen kann, können diese Ansprüche seine Zahlungspflicht gegenüber dem Krankenhausträger nur dann ausschließen, wenn der Dritte geleistet hat oder zumindest die Leistungspflicht schon anerkannt hat. Notfalls muss der Untergebrachte diese Rechte gegenüber Dritten gerichtlich durchsetzen. Solange er hierbei keinen Erfolg erzielt hat, ist er gegenüber dem Krankenhausträger zahlungspflichtig.
63Vgl. VG Köln, Urteil vom 21.02.2017 - 7 K 3423/13 -, juris Rn. 63 ff. und Urteil vom 15.11.2016 - 7 K 7626/13 - , juris Rn.61 ff.
64Im vorliegenden Verfahren sind bisher keine Zahlungen durch Dritte geleistet oder Zahlungsverpflichtungen anerkannt worden. Vielmehr hat die Beigeladene jegliche Zahlungsverpflichtung von sich gewiesen.
65bb) Selbst wenn man jedoch eine bloße Zahlungsverpflichtung eines Dritten ausreichen ließe, wäre eine solche nicht gegeben und würde somit den Anspruch des klagenden Universitätsklinikums auch nicht ausschließen.
66Anhaltspunkte für Ansprüche des Beklagten gegen Unterhaltspflichtige liegen nicht vor.
67Es bestehen weiterhin weder nach dem Vortrag des Beklagten noch anderweitig Anhaltspunkte dafür, dass die für Ansprüche auf Sozialhilfeleistungen erforderliche Bedürftigkeit beim Beklagten besteht, noch dass ein entsprechender Antrag beim Sozialhilfeträger gestellt worden wäre. Selbst wenn man davon ausgeht, dass im verwaltungsgerichtlichen Prozess Zahlungsverpflichtungen Dritter zu prüfen sind, müssen jedenfalls vom Beklagten konkrete Anhaltspunkte für das Bestehen eines entsprechenden Anspruchs und das Vorliegen der jeweiligen Voraussetzungen vorgetragen werden. Eine Prüfung ins Blaue hinein hat nicht zu erfolgen. Unabhängig davon vermögen etwaige sozialhilferechtliche Ansprüche des Beklagten eine vorrangige Zahlungspflicht des Sozialhilfeträgers nicht zu begründen, weil sie einen ungedeckten Bedarf des Beklagten und damit dessen Zahlungspflicht voraussetzen.
68Vgl. VG Minden, Gerichtsbescheid vom 05.01.2007 - 6 K 553/05 -, juris Rn. 23.
69Auch ist keine Zahlungsverpflichtung der Beigeladenen oder einer anderen Versicherung feststellbar. Der ursprünglich bei der Beigeladenen bestehende Krankenversicherungsvertrag wurde bereits 1993 gekündigt. Anhaltspunkte für anderweitigen Krankenversicherungsschutz bestehen nicht.
70Entgegen der Auffassung des Beklagten ergibt sich auch kein Versicherungsschutz durch die Beigeladene aufgrund der Vorschrift des § 193 Abs. 3 des Gesetzes über den Versicherungsvertrag - Versicherungsvertragsgesetz (VVG) in seiner aktuellen, seit dem 01.01.2016 gleich gebliebenen Fassung. Nach § 193 Abs. 3 VVG ist jede Person mit Wohnsitz in Deutschland verpflichtet, bei einem in Deutschland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmen eine Krankheitskostenversicherung mit dem dort definierten Leistungsspektrum und vorbehaltlich der dort definierten Ausnahmen abzuschließen und aufrechtzuerhalten. § 193 Abs. 4 VVG sieht Prämienzuschläge für den Fall vor, dass der Vertragsschluss mindestens später als einen Monat nach Entstehen der Versicherungspflicht beantragt wird. Gem. § 193 Abs. 5 S. 1 VVG ist der Versicherer verpflichtet, u.a. Personen, die beihilfeberechtigt sind oder vergleichbare Ansprüche haben, soweit sie zur Erfüllung der Pflicht nach Abs. 3 S. 1 ergänzenden Versicherungsschutz benötigen, Versicherung im Basistarif nach § 152 des Versicherungsaufsichtsgesetzes zu gewähren.
71Zwar unterschrieb der Beklagte noch am 30.10.2016 eine Anzeige zur Pflichtversicherung. Außerdem wandte sich die Betreuerin des Beklagten mit Schreiben vom 19.06.2017 an die Beigeladene und verlangte eine „Versicherungsbestätigung“, woraufhin die Beigeladene mitteilte, dass eine formlose Aufnahme und Bestätigung eines Versicherungsschutzes in den alten Tarif nicht möglich sei.
72Zunächst ist jedoch nicht davon auszugehen, dass es sich bei der Anzeige zur Pflichtversicherung um ein annahmefähiges Angebot handelte. Vorbehaltlich der Frage, ob der Beklagte insofern geschäftsfähig war bzw. eine Genehmigung durch seine Betreuerin erfolgte, fehlten außer Name und Adresse jegliche Angaben z.B. zur letzten Versicherung, zu ausgeübten Tätigkeiten, zu Einnahmen und zum Beitragszahlungskonto. Insbesondere wurde eine Krankenversicherung nicht eingetragen. Vermutlich dadurch bedingt hat die Beigeladene diese Anzeige nach eigenen, unbestritten gebliebenen Angaben auch nie erhalten, sodass ein etwaiges - ohnehin unvollständiges - Angebot der Beigeladenen nicht zuging und ohnehin nie wirksam werden konnte.
73Die bloße Mitteilung der Betreuerin vom 19.06.2017, sie verlange eine Versicherungsbestätigung, kann schon nicht als Angebot auf Abschluss eines Versicherungsvertrages ausgelegt werden, impliziert sie doch, dass die Betreuerin vielmehr von einem bereits bestehenden Versicherungsvertrag ausging. Selbst wenn man jedoch ein annahmefähiges Angebot unterstellen würde, zu dessen Annahme die Beigeladene verpflichtet wäre,
74vgl. dazu, dass die Annahme trotz Kontrahierungszwangs nicht entbehrlich ist, OLG München, Beschluss vom 28.10.2011 - 25 W 1742/11 -, juris Rn. 8; Langheid/Rixecker, VVG, 5. Aufl. 2016, § 193 Rn. 68a,
75ergäbe sich kein Anspruch auf rückwirkenden Versicherungsschutz.
76Vgl. OLG Köln, Urteil vom 18.10.2013 - I-20 U 142/13, 20 U20 U 142/13 -, juris Rn. 12; Langheid/Rixecker, VVG, 5. Aufl. 2016, § 193 Rn. 41a.
77Hierzu hat das OLG Köln im Urteil vom 20.12.2013 - I-20 U 120/13, 20 U 1220 U 120/13 - Rn. 17 ff. ausgeführt:
78„Für eine Verpflichtung des Versicherers, Versicherungsschutz rückwirkend auf einen Zeitpunkt vor Abgabe eines annahmefähigen Angebots zu gewähren, bietet das Gesetz keine Grundlage.
79(aa) § 193 Abs. 4 S. 1 VVG bestimmt zwar, dass dann, wenn der Vertragsschluss später als einen Monat nach Entstehen der Versicherungspflicht beantragt wird, von dem Versicherungsnehmer ein Prämienzuschlag zu entrichten ist. Dieser beträgt nach S. 2 für jeden angefangenen Monat der Nichtversicherung einen Monatsbeitrag, ab dem sechsten Monat der Nichtversicherung für jeden weiteren angefangenen Monat ein Sechstel eines Monatsbeitrags.
80Daraus lässt sich aber nicht herleiten, dass der Versicherer im Gegenzug verpflichtet wäre, Versicherungsschutz rückwirkend ab dem Zeitpunkt des Entstehens der Versicherungspflicht zu gewähren (Senat, Urteil vom 18.10.2013, Az. 20 U 142/13; so auch Prölss/Martin-Voit, aaO, § 193 Rn. 21 m.w.N.). Bei § 193 Abs. 4 VVG handelt es sich vielmehr - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - allein um eine Sanktionsvorschrift für diejenigen Versicherungsnehmer, die trotz Bestehens einer Versicherungspflicht keine Krankheitskostenversicherung abschließen. Durch den Prämienzuschlag sollen ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16 4247, S. 67 zur Vorgängerreglung § 178a Abs. 6 VVG a.F.) materielle Vorteile bei Personen begrenzt werden, die sich nicht bereits mit Eintritt der Pflicht zur Versicherung, sondern erst später versichern, um die Prämie zu sparen. Ein solches Verhalten würde - insbesondere im Hinblick auf den dann zu befürchtenden Behandlungsrückstau - der Versichertengemeinschaft schaden. Daher soll durch den Prämienzuschlag auch ein Ausgleich für diesen Schaden geschaffen werden.
81(bb) Auch der vom Gesetzgeber mit der Regelung des § 193 VVG verfolgte Zweck erfordert die Gewährung rückwirkenden Versicherungsschutzes nicht. Ziel der Versicherungspflicht und des damit korrespondierenden Kontrahierungszwangs der Versicherer ist es, sicherzustellen, dass niemand ohne Versicherungsschutz bleibt und dadurch im Bedarfsfall nicht ausreichend versorgt oder auf steuerfinanzierte staatliche Leistungen angewiesen ist (BT-Drs. 16 4247, S. 66 zur Vorgängerreglung § 178a Abs. 6 VVG a.F.). Dieses Ziel soll nach dem Willen des Gesetzgebers aber durch eine Pflicht des jeweiligen Versicherungsnehmers, eine Krankheitskostenversicherung abzuschließen, und nicht durch das Fingieren von Versicherungsschutz erreicht werden. Die von der Klägerin gewünschte Auslegung würde dem zuwiderlaufen; denn hierdurch würden Personen begünstigt, die - aus welchen Gründen auch immer - eine Krankheitskostenversicherung erst bei Eintritt oder Absehbarkeit von konkretem Behandlungsbedarf abschließen und dann rückwirkenden Versicherungsschutz - zu ggf. sogar durch § 193 Abs. 4 VVG ermäßigten Prämien - erhalten würden.“
82Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer vollumfänglich an.
83Zuletzt besteht nach § 5 Abs. 1 f) der Allgemeinen Versicherungsbedingungen 2009 für den Basistarif (AVB/BT 2009) im Basistarif keine Leistungspflicht für durch Verwahrung bedingte Unterbringung. Eine durch Verwahrung bedingte Unterbringung besteht, wenn die versicherte Person auf Grund behördlicher oder gerichtlicher Anordnung in einem Krankenhaus untergebracht ist, ohne dass sie sich dem widersetzen könnte, sie mithin dort zur Verwahrung untergebracht ist, was u.a. bei Unterbringung nach dem PsychKG anzunehmen ist.
84Vgl. LG Dortmund, Urteil vom 19.02.2009 - 2 O 265/08 -, juris Rn. 22.
85Es spricht außerdem nichts dafür, dass der Beklagte dem Notlagentarif nach § 193 Abs. 7 VVG unterfällt, denn dies würde gem. Art. 7 S. 2 EGVVG einen bei Inkrafttreten des § 193 Abs. 7 VVG am 01.08.2013 ruhend gestellten Versicherungsvertrag voraussetzen.
86Vgl. BGH, Urteil vom 06.07.2016 - IV ZR 169/15 -, juris; OLG Hamm, 15.07.2015 - I-20 U 234/14, 20 U 2320 U 234/14 -, juris Rn. 12 ff.; Langheid/Rixecker, VVG, 5. Aufl. 2016, § 193 Rn. 91; a.A. OLG Köln, Urteil vom 06.03.2015 - I-20 U 131/14, 20 U20 U 131/14 -, juris Rn. 41 ff.
87Die Beigeladene hatte jedoch 1993 den Versicherungsvertrag abschließend gekündigt.
88cc) Der Zahlungsverpflichtung des Beklagten steht auch nicht entgegen, dass teilweise Zweifel daran geäußert werden, ob die gesetzliche Risikoverteilung hinsichtlich der Unterbringungskosten zulasten des Betroffenen noch sachgemäß ist und der besonderen Situation des Untergebrachten in einem öffentlich-rechtlichen Über-Unterordnungsverhältnis gerecht wird. Insofern wird teilweise eine Auslegung der §§ 32 Abs. 1 S. 1, 33 PsychKG unter Berücksichtigung des auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben in Betracht gezogen, die einen Zahlungsanspruch des Krankenhausträgers von der Erfüllung seiner Obliegenheiten gegenüber dem Betroffenen abhängig macht bzw. eine Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch des Betroffenen ermöglicht. Es sei zwar grundsätzlich eine Angelegenheit des Betroffenen, rechtliche Ansprüche gegen andere Leistungsträger oder Unterhaltsverpflichtete zu begründen und durchzusetzen. Jedoch sei dieser in der Regel und typischerweise in der Situation der Unterbringung durch seine psychische Erkrankung und die durch die Unterbringung hervorgerufene belastende Ausnahmesituation nicht in der Lage, seine Angelegenheiten wahrzunehmen. Er sei häufig geschäftsunfähig im Sinne des § 104 BGB und im Unterbringungsverfahren werde beim Amtsgericht auch regelmäßig ein Verfahrenspfleger bestellt. Es sei daher fraglich, ob ihm seine fehlende Mitwirkung bei der Stellung der erforderlichen Anträge bei Versicherungen, beim Sozialhilfeträger oder beim Sozialversicherungsträger angelastet werden könne. Daraus könne sich eventuell eine gesteigerte Fürsorgepflicht des Krankenhausträgers ergeben, die sich nicht nur auf die ärztliche Behandlung erstrecke, sondern auch zum Ziel habe, den Betroffenen nicht im Nachhinein mit einem beträchtlichen Schuldenberg zu belasten, wenn keine Krankenversicherung und kein Sozialhilfebezug bestehe. Beispielsweise gebe es die Praxis mancher Krankenhausträger, bei einer Unterbringung vorsorglich sofort ggf. erforderliche Anträge beim Sozialhilfeträger oder beim Sozialversicherungsträger zu stellen, auch wenn der Betroffene nicht mitwirkt, und zwar zunächst als Vertreter ohne Vertretungsmacht. Es komme dann später eine rückwirkende Genehmigung entweder durch den Betroffenen oder einen bestellten Betreuer oder einen Verfahrenspfleger in Betracht. Dies liege auch im Interesse des Krankenhausträgers, da er seinen Zahlungsanspruch gegen den Betroffenen in zahlreichen Fällen kaum realisieren könne.
89Vgl. VG Köln, Urteil vom 21.02.2017 - 7 K 3423/13 -, juris Rn. 69 ff.
90Ob dem Krankenhausträger die Erfüllung von Obliegenheiten zugunsten des Patienten abzuverlangen ist, kann jedoch vorliegend dahinstehen. Denn eine Obliegenheitsverletzung durch das klagende Universitätsklinikum ist hier nicht anzunehmen. Das klagende Universitätsklinikum hat nämlich die Einrichtung einer Betreuung in die Wege geleitet und außerdem versucht, im Zusammenwirken mit dem Beklagten eine Anzeige zur Pflichtversicherung zu erstellen. Diese Maßnahmen waren zwar letztlich nicht geeignet, die Kostentragungspflicht des Beklagten vorliegend zu vermeiden. Dies ist aber zum einen nicht dem klagenden Universitätsklinikum anzulasten. Zum anderen hat es durch das Hinwirken auf eine gesetzliche Betreuung den Weg dafür geebnet, dass anstelle des psychisch kranken Klägers die Betreuerin dessen Angelegenheiten regelt. Darüber hinaus kann ihm aus Sicht der Kammer nicht aufgebürdet werden, anstelle des Patienten bzw. der für diesen verantwortlichen Personen die Antragstellung bei Behörden und Versicherungen selbst zu übernehmen. Dies würde deutlich über den Verantwortungskreis des das klagenden Universitätsklinikums hinausgehen und wäre ihm - auch wenn diese „Serviceleistung“ teilweise von Krankenhäusern freiwillig angeboten werden mag - grundsätzlich nicht zumutbar.
91So im Ergebnis letztlich auch VG Köln, Urteil vom 21.02.2017 - 7 K 3423/13 -, juris Rn. 69 ff.
92e) Bedenken gegen die Höhe der geltend gemachten Forderung im Gesamtbetrag von 7.549,67 € sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. Es ist hier lediglich klarstellend anzumerken, dass die Berechnung durch das klagende Universitätsklinikum, die dazu führt, dass die Addition der Einzelsummen von 5.850,94 € für die Unterbringung nach PsychKG (7.549,67 € / 80 Tage = 94,37 / Tag x 62 Tage) und 1.698,66 € für den freiwilligen Aufenthalt (7.549,67 € / 80 Tage = 94,37 / Tag x 18 Tage) nicht exakt die eingeklagte Gesamtsumme von 7.549,67 €, sondern nur 7.549,60 € ergibt, auf einer Berechnung mit gerundeten Beträgen beruht (Multiplikationsfaktor von 94,37 statt exakt 94,370875). Unter Berücksichtigung der Berechnungsmethode des klagenden Universitätsklinikums und des exakten Multiplikationsfaktors ergeben sich somit bei Rundung auf die zweite Kommastelle Beträge von 5.850,99 € und 7.549,67 €, die sich in der Gesamtsumme auf 7.549,67 € belaufen und die die Kammer zugrunde gelegt hat.
932.
94Das klagende Universitätsklinikum hat weiterhin gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 1.698,68 € für die Behandlung vom 31.12.2016 bis zum 17.01.2017. Der Anspruch auf eine Vergütung für den stationären Aufenthalt des Beklagten ist auf § 611 i.V.m. § 630a BGB, jedenfalls aber auf die Grundsätze einer Geschäftsführung ohne Auftrag im Sinne der §§ 677 ff. BGB zu stützen. Insofern kann dahinstehen, ob der Beklagte während des Zeitraums der Behandlung geschäftsfähig war - was allerdings in Anbetracht der in den Akten befindlichen ärztlichen Stellungnahmen und insbesondere der Ausführungen der Oberärztin Dr. W. in der mündlichen Verhandlung sehr unwahrscheinlich ist - oder nicht.
95Dagegen findet das PsychKG keine Anwendung mehr. § 26 PsychKG trifft für eine freiwillige Fortführung der Behandlung lediglich eine Regelung dahingehend, dass, wenn der Betroffene nach Ablauf der Unterbringungszeit aufgrund rechtswirksamer Einwilligung weiter im Krankenhaus verbleibt, dies u.a. dem Gericht, der Ordnungsbehörde und dem gesetzlichen Vertreter des Betroffenen mitzuteilen ist.
96a) Im Falle der Geschäftsfähigkeit verpflichtete sich der Beklagte zur Übernahme der Behandlungskosten, indem er zum einen am 08.11.2016 einen Behandlungsvertrag unterzeichnete und zum anderen die Behandlung tatsächlich in Anspruch nahm.
97Nach § 630a Abs. 1 BGB wird durch den Behandlungsvertrag derjenige, welcher die medizinische Behandlung eines Patienten zusagt (Behandelnder), zur Leistung der versprochenen Behandlung, der andere Teil (Patient) zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet, soweit nicht ein Dritter zur Zahlung verpflichtet ist. Danach beinhaltet der Aufnahmevertrag insbesondere keine Verpflichtung zur Zahlung der Behandlungskosten bei Patienten, die gesetzlich versichert oder sozialhilfeberechtigt sind; die Honoraransprüche sind dann nämlich gegen die Krankenkasse bzw. den Sozialhilfeträger zu richten, die aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Leistungsbeziehung eintrittspflichtig sind.
98Vgl. OLG Köln, Beschluss vom 21.03.2003 - 5 W 72/011 -, juris Rn. 8; OLG Saarbrücken, Urteil vom 12.04.2000 - 1 U 771/99 - 191, 1 U 7711 U 771/99 -, juris Rn. 9 f.; Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 630a Rn. 8; Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 630a Rn. 31.
99Dies war vorliegend aber gerade nicht der Fall. Der Beklagte war nicht gesetzlich krankenversichert. Dies war den Beteiligten auch bewusst. Denn der Beklagte erklärte im Verlauf des Aufenthalts, dass er in der Vergangenheit privat krankenversichert und beihilfeberechtigt gewesen sei, der Krankenversicherungsvertrag jedoch nicht mehr bestehe, da er die Beiträge seit Jahren nicht ordnungsgemäß bezahlt habe. Insoweit war - die Geschäftsfähigkeit des Beklagten unterstellt - der Wille der Beteiligten auf Abschluss eines Krankenhausaufnahmevertrags einschließlich Zahlungsverpflichtung des Beklagten gerichtet. Dem steht auch nicht entgegen, dass er bei Aufnahme eine (unvollständig ausgefüllte) Anzeige zur Pflichtversicherung unterzeichnete und weiterhin sowohl bei Aufnahme als auch erneut am 08.11.2016 in eine Direktabrechnung des Klägers mit der Krankenversicherung / dem Sozialhilfeträger einwilligte, denn diese Erklärungen erfolgten lediglich vorsorglich. Es ist weiterhin weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich, dass der Beklagte sozialhilfeberechtigt gewesen wäre.
100Der Pflicht zur Kostentragung steht auch kein etwaiger Aufklärungsmangel des klagenden Universitätsklinikums gegenüber dem Beklagten bezüglich der Frage, wer für die Kosten der Krankenhausbehandlung aufkommt, entgegen.
101Vgl. zu dieser Überlegung OLG Köln, Beschluss vom 21.03.2003 - 5 W 72/01 -, juris Rn. 11 ff.
102Denn der Beklagte war selbst am besten über seine Versicherungssituation informiert und hatte das klagende Universitätsklinikum im Verlauf der Behandlung auf den nicht mehr bestehenden Versicherungsschutz hingewiesen. Unter diesen Umständen war das klagende Universitätsklinikum nicht mehr gehalten, ihn dahingehend aufzuklären, dass er die Behandlungskosten möglicherweise persönlich tragen muss.
103Weiterhin entfällt die Kostentragungspflicht nicht durch einen etwaigen Verstoß gegen § 630c Abs. 3 S. 1 BGB. Danach muss der Behandelnde, wenn er weiß, dass eine vollständige Übernahme der Behandlungskosten durch einen Dritten nicht gesichert ist, oder sich nach den Umständen hierfür hinreichende Anhaltspunkte ergeben, den Patienten vor Beginn der Behandlung über die voraussichtlichen Kosten der Behandlung in Textform informieren. Nach Abs. 4 der Vorschrift bedarf es der Information des Patienten nicht, soweit diese ausnahmsweise aufgrund besonderer Umstände entbehrlich ist, insbesondere, wenn die Behandlung unaufschiebbar ist.
104Zunächst spricht einiges dafür, dass die Weiterbehandlung des Beklagten unaufschiebbar war, da er in verwahrlostem Zustand eingeliefert wurde, er damals ersichtlich nicht in der Lage war, eigenständig und ohne medizinische Hilfe zurecht zu kommen, und er folglich erst am 17.01.2017 entlassen wurde, da bis zu diesem Zeitpunkt eine Entlassung wohl medizinisch nicht verantwortbar gewesen wäre. Unabhängig davon führt ein Verstoß gegen die Aufklärungspflicht aber nicht zur Nichtigkeit des Vertrages, sondern allenfalls zu Schadensersatzansprüchen, wenn der Patient die Behandlung bei richtiger Information nicht in Anspruch genommen hätte.
105Vgl. Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 630c Rn. 11 f.; jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 630c Rn. 38 ff.; a.A. Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 630a Rn. 40.
106Dafür, dass der Beklagte die nach den unbestritten gebliebenen Angaben des klagenden Universitätsklinikums medizinisch indizierte Behandlung bei entsprechender Aufklärung nicht in Anspruch genommen hätte, bestehen jedoch keine Anhaltspunkte.
107b) Sollte der Beklagte hingegen geschäftsunfähig i.S.d. § 104 BGB gewesen sein, so war seine Willenserklärung gem. § 105 Abs. 1 BGB nichtig. Auch eine Genehmigung gem. § 108 Abs. 1 BGB durch die Betreuerin käme nicht mehr in Betracht, denn sie ist nur bei Willenserklärungen wenigstens beschränkt Geschäftsfähiger möglich. Ob in diesem Fall durch die Betreuerin ein wirksamer Aufnahmevertrag (konkludent durch Belassen des Beklagten im Krankenhaus) abgeschlossen wurde, hängt davon ab, wann die gesetzliche Betreuung eingerichtet wurde, was aus den Akten jedoch nicht ersichtlich ist. Nach Angaben des klagenden Universitätsklinikums wurde die Betreuerin während des stationären Aufenthaltes bestellt. Im Übrigen wäre im Falle einer geschlossenen Unterbringung diese nur mit gerichtlicher Genehmigung nach § 1906 Abs. 2 BGB zulässig gewesen. Letztendlich kann aber auch die Frage eines konkludenten Vertragsschlusses durch die Betreuerin dahinstehen.
108Kommt man nämlich zu dem Schluss, dass zwischen dem klagenden Universitätsklinikum und dem Beklagten weder ausdrücklich noch konkludent ein wirksamer Behandlungsvertrag zustande gekommen ist, ergibt sich der Anspruch des klagenden Universitätsklinikums aus den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag gem. §§ 677, 683, 670 BGB.
109Es wäre grundsätzlich Sache des Beklagten selbst gewesen, sich die eigene medizinische Versorgung bei einem Arzt zu verschaffen. Mit der weiteren Unterbringung im Krankenhaus hat das klagende Universitätsklinikum deshalb ein objektiv fremdes Geschäft, jedenfalls aber ein sog. auch-fremdes Geschäft besorgt, bei dem der Fremdgeschäftsführungswille vermutet wird.
110Vgl. BGH, Urteil vom 16.11.2007 - V ZR 208/06 -, juris Rn. 18; Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 677 Rn. 4 ff.; Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 677 Rn. 12, 15 und speziell zur Heilbehandlung Rn. 27.
111Das klagende Universitätsklinikum handelte auch ohne Auftrag oder sonstige Berechtigung, denn ein nichtiges Vertragsverhältnis stellt, auch wenn der Geschäftsführer es irrtümlich für wirksam hält, keine Berechtigung dar, sodass die Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag anwendbar sind.
112Vgl. BGH, Beschluss vom 27.11.2014 - III ZA 19/14 -, juris Rn. 6, Urteil vom 21.06.2012 - III ZR 291/11 -, juris Rn. 27 und Urteil vom 04.11.2004 - III ZR 172/03 -, juris Rn. 14; zum Meinungsstand Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 677 Rn. 11.
113Es hatte weiterhin das Bestreben, eine grundsätzlich dem Beklagten obliegende Aufgabe zu erledigen. Zwar mögen sich die behandelnden Ärzte aus ethischen Gründen bzw. um den Vorwurf einer unterlassenen Hilfeleistung zu vermeiden, außerstande gesehen haben, den hilfsbedürftigen Beklagten frühzeitig zu entlassen; die Erfüllung einer eigenen ethischen Verpflichtung bzw. die Vermeidung einer unterlassenen Hilfeleistung schließt aber den Fremdgeschäftsführungswillen nicht aus.
114Vgl. zur unterlassenen Hilfeleistung gem. § 323c StGB Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 677 Rn. 11; Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 677 Rn. 49.
115Darüber hinaus entsprach die weitere stationäre Unterbringung dem Interesse und dem (mutmaßlichen) Willen des Beklagten i.S.v. § 683 BGB. Dass der Beklagte ggf. geschäftsunfähig war, steht der Geschäftsführung ohne Auftrag grundsätzlich nicht entgegen. Soweit es auf seinen Willen ankommt, tritt der Wille des gesetzlichen Vertreters an seine Stelle.
116Vgl. Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 682 Rn. 3; Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 683 Rn. 9.
117Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die fortlaufende Behandlung nicht medizinisch indiziert und somit objektiv nützlich war. In Anbetracht dessen musste auch dem Beklagten bzw. seiner Betreuerin daran gelegen sein, bis zu einer medizinisch verantwortbaren Entlassung den Aufenthalt im Krankenhaus sicherzustellen.
118c) Bedenken gegen die Höhe der geltend gemachten Forderung sind wiederum weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. Das klagende Universitätsklinikum war nach § 611 i.V.m. § 630a BGB oder nach den §§ 677, 683, 670 BGB berechtigt, die für seine Leistungen angemessene und übliche Vergütung in Rechnung zu stellen bzw. Ersatz der Aufwendungen, die es den Umständen nach für erforderlich halten durfte, zu verlangen, was der Höhe nach einer angemessenen Vergütung entspricht. Denn im Rahmen eines Aufwendungsersatzanspruches aus Geschäftsführung ohne Auftrag gilt, dass nach dem Rechtsgedanken des § 1835 Abs. 3 BGB für Leistungen, die zum Beruf oder Gewerbe des Geschäftsführers gehören, die übliche Vergütung verlangt werden kann.
119Vgl. BGH, Urteil vom 26.01.2005 - VIII ZR 66/04 -, juris Rn. 28; Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 683 Rn. 8; Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 683 Rn. 14.
1203.
121Die Klage ist auch begründet, soweit das klagende Universitätsklinikum die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von Prozesszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf die Hauptforderung ab Rechtshängigkeit verlangt. In entsprechender Anwendung der §§ 291, 288 BGB sind auch für öffentlich-rechtliche Geldforderungen Prozesszinsen zu entrichten, wenn nicht das einschlägige Fachrecht - wofür hier nichts ersichtlich ist - eine abweichende Regelung trifft.
122Vgl. BVerwG, Urteil vom 12.06.2002 - 9 C 6/01 -, juris Rn. 54 und Urteil vom 25.11.2005 - 4 C 15/04 -, juris Rn. 31.
123Die Voraussetzungen der §§ 291, 288 BGB liegen vor. Die Hauptforderung war mit dem Zugang der Rechnung fällig und ist am 29.07.2017 mit Zustellung des Mahnbescheides rechtshängig geworden. Nach § 696 Abs. 3 ZPO gilt die Streitsache als mit Zustellung des Mahnbescheids rechtshängig geworden, wenn sie alsbald nach der Erhebung des Widerspruchs an das Prozessgericht abgegeben wird. Die Voraussetzung für die in der Vorschrift angeordnete Fiktion der Rückwirkung des Rechtshängigkeitsbeginns, die alsbaldige Abgabe von der Mahnabteilung an die Prozessabteilung entsprechend § 696 Abs. 1 ZPO, lag hier vor. Zwischen dem Eingang des Widerspruchs am 12.08.2017 und der Abgabe an das Prozessgericht am 14.08.2017 lagen nur zwei Tage, bis zum Eingang am Landgericht 23.08.2017 vergingen insgesamt nur elf Tage. Die Verweisung des Rechtsstreits vom Landgericht an das Verwaltungsgericht wirkt sich auf die Frage, wann der Anspruch der Klägerin auf Prozesszinsen entstanden ist, nicht aus. Nach § 17b Abs. 1 S. 2 GVG bleiben im Falle der Verweisung die Wirkungen der Rechtshängigkeit bestehen. Nach § 187 Abs. 1 BGB wird, wenn für den Anfang einer Frist ein Ereignis maßgebend ist, bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis fällt.
124Vgl. zu einer entsprechenden Konstellation BVerwG, Urteil vom 25.11.2005 - 4 C 15.04 -, juris Rn. 33.
125Daraus folgt vorliegend, dass Prozesszinsen ab dem 30.07.2017, also ab dem Tag nach fingierter Rechtshängigkeit, zu zahlen sind.
126Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, da diese einen Sachantrag gestellt und sich somit selbst einem Kostenrisiko ausgesetzt hat.
127Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 S. 2 ZPO.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 12. Okt. 2018 - 7 K 556/18
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(1) Die Krankenversicherung kann auf die Person des Versicherungsnehmers oder eines anderen genommen werden. Versicherte Person ist die Person, auf welche die Versicherung genommen wird.
(2) Soweit nach diesem Gesetz die Kenntnis und das Verhalten des Versicherungsnehmers von rechtlicher Bedeutung sind, ist bei der Versicherung auf die Person eines anderen auch deren Kenntnis und Verhalten zu berücksichtigen.
(3) Jede Person mit Wohnsitz im Inland ist verpflichtet, bei einem in Deutschland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmen für sich selbst und für die von ihr gesetzlich vertretenen Personen, soweit diese nicht selbst Verträge abschließen können, eine Krankheitskostenversicherung, die mindestens eine Kostenerstattung für ambulante und stationäre Heilbehandlung umfasst und bei der die für tariflich vorgesehene Leistungen vereinbarten absoluten und prozentualen Selbstbehalte für ambulante und stationäre Heilbehandlung für jede zu versichernde Person auf eine betragsmäßige Auswirkung von kalenderjährlich 5.000 Euro begrenzt ist, abzuschließen und aufrechtzuerhalten; für Beihilfeberechtigte ergeben sich die möglichen Selbstbehalte durch eine sinngemäße Anwendung des durch den Beihilfesatz nicht gedeckten Vom-Hundert-Anteils auf den Höchstbetrag von 5.000 Euro. Die Pflicht nach Satz 1 besteht nicht für Personen, die
- 1.
in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert oder versicherungspflichtig sind oder - 2.
Anspruch auf freie Heilfürsorge haben, beihilfeberechtigt sind oder vergleichbare Ansprüche haben im Umfang der jeweiligen Berechtigung oder - 3.
Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz haben oder - 4.
Empfänger laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten und Siebten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und Empfänger von Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch sind für die Dauer dieses Leistungsbezugs und während Zeiten einer Unterbrechung des Leistungsbezugs von weniger als einem Monat, wenn der Leistungsbezug vor dem 1. Januar 2009 begonnen hat.
(4) Wird der Vertragsabschluss später als einen Monat nach Entstehen der Pflicht nach Absatz 3 Satz 1 beantragt, ist ein Prämienzuschlag zu entrichten. Dieser beträgt einen Monatsbeitrag für jeden weiteren angefangenen Monat der Nichtversicherung, ab dem sechsten Monat der Nichtversicherung für jeden weiteren angefangenen Monat der Nichtversicherung ein Sechstel eines Monatsbeitrags. Kann die Dauer der Nichtversicherung nicht ermittelt werden, ist davon auszugehen, dass der Versicherte mindestens fünf Jahre nicht versichert war. Der Prämienzuschlag ist einmalig zusätzlich zur laufenden Prämie zu entrichten. Der Versicherungsnehmer kann vom Versicherer die Stundung des Prämienzuschlages verlangen, wenn den Interessen des Versicherers durch die Vereinbarung einer angemessenen Ratenzahlung Rechnung getragen werden kann. Der gestundete Betrag ist zu verzinsen. Wird der Vertragsabschluss bis zum 31. Dezember 2013 beantragt, ist kein Prämienzuschlag zu entrichten. Dies gilt für bis zum 31. Juli 2013 abgeschlossene Verträge für noch ausstehende Prämienzuschläge nach Satz 1 entsprechend.
(5) Der Versicherer ist verpflichtet,
- 1.
allen freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten - a)
innerhalb von sechs Monaten nach Einführung des Basistarifes, - b)
innerhalb von sechs Monaten nach Beginn der im Fünften Buch Sozialgesetzbuch vorgesehenen Wechselmöglichkeit im Rahmen ihres freiwilligen Versicherungsverhältnisses,
- 2.
allen Personen mit Wohnsitz in Deutschland, die nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig sind, nicht zum Personenkreis nach Nummer 1 oder Absatz 3 Satz 2 Nr. 3 und 4 gehören und die nicht bereits eine private Krankheitskostenversicherung mit einem in Deutschland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmen vereinbart haben, die der Pflicht nach Absatz 3 genügt, - 3.
Personen, die beihilfeberechtigt sind oder vergleichbare Ansprüche haben, soweit sie zur Erfüllung der Pflicht nach Absatz 3 Satz 1 ergänzenden Versicherungsschutz benötigen, - 4.
allen Personen mit Wohnsitz in Deutschland, die eine private Krankheitskostenversicherung im Sinn des Absatzes 3 mit einem in Deutschland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmen vereinbart haben und deren Vertrag nach dem 31. Dezember 2008 abgeschlossen wird,
- 1.
den Versicherungsvertrag wegen Drohung oder arglistiger Täuschung angefochten hat oder - 2.
vom Versicherungsvertrag wegen einer vorsätzlichen Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht zurückgetreten ist.
(6) Ist der Versicherungsnehmer in einer der Pflicht nach Absatz 3 genügenden Versicherung mit einem Betrag in Höhe von Prämienanteilen für zwei Monate im Rückstand, hat ihn der Versicherer zu mahnen. Der Versicherungsnehmer hat für jeden angefangenen Monat eines Prämienrückstandes an Stelle von Verzugszinsen einen Säumniszuschlag in Höhe von 1 Prozent des Prämienrückstandes zu entrichten. Ist der Prämienrückstand einschließlich der Säumniszuschläge zwei Monate nach Zugang der Mahnung höher als der Prämienanteil für einen Monat, mahnt der Versicherer ein zweites Mal und weist auf die Folgen nach Satz 4 hin. Ist der Prämienrückstand einschließlich der Säumniszuschläge einen Monat nach Zugang der zweiten Mahnung höher als der Prämienanteil für einen Monat, ruht der Vertrag ab dem ersten Tag des nachfolgenden Monats. Das Ruhen des Vertrages tritt nicht ein oder endet, wenn der Versicherungsnehmer oder die versicherte Person hilfebedürftig im Sinne des Zweiten oder Zwölften Buches Sozialgesetzbuch ist oder wird; die Hilfebedürftigkeit ist auf Antrag des Versicherungsnehmers vom zuständigen Träger nach dem Zweiten oder dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch zu bescheinigen.
(7) Solange der Vertrag ruht, gilt der Versicherungsnehmer als im Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes versichert. Risikozuschläge, Leistungsausschlüsse und Selbstbehalte entfallen während dieser Zeit. Der Versicherer kann verlangen, dass Zusatzversicherungen ruhen, solange die Versicherung nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes besteht. Ein Wechsel in den oder aus dem Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes ist ausgeschlossen. Ein Versicherungsnehmer, dessen Vertrag nur die Erstattung eines Prozentsatzes der entstandenen Aufwendungen vorsieht, gilt als in einer Variante des Notlagentarifs nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes versichert, die Leistungen in Höhe von 20, 30 oder 50 Prozent der versicherten Behandlungskosten vorsieht, abhängig davon, welcher Prozentsatz dem Grad der vereinbarten Erstattung am nächsten ist.
(8) Der Versicherer übersendet dem Versicherungsnehmer in Textform eine Mitteilung über die Fortsetzung des Vertrages im Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes und über die zu zahlende Prämie. Dabei ist der Versicherungsnehmer in herausgehobener Form auf die Folgen der Anrechnung der Alterungsrückstellung nach § 153 Absatz 2 Satz 6 des Versicherungsaufsichtsgesetzes für die Höhe der künftig zu zahlenden Prämie hinzuweisen. Angaben zur Versicherung im Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes kann der Versicherer auf einer elektronischen Gesundheitskarte nach § 291a Absatz 1a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vermerken.
(9) Sind alle rückständigen Prämienanteile einschließlich der Säumniszuschläge und der Beitreibungskosten gezahlt, wird der Vertrag ab dem ersten Tag des übernächsten Monats in dem Tarif fortgesetzt, in dem der Versicherungsnehmer vor Eintritt des Ruhens versichert war. Dabei ist der Versicherungsnehmer so zu stellen, wie er vor der Versicherung im Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes stand, abgesehen von den während der Ruhenszeit verbrauchten Anteilen der Alterungsrückstellung. Während der Ruhenszeit vorgenommene Prämienanpassungen und Änderungen der Allgemeinen Versicherungsbedingungen gelten ab dem Tag der Fortsetzung.
(10) Hat der Versicherungsnehmer die Krankenversicherung auf die Person eines anderen genommen, gelten die Absätze 6 bis 9 für die versicherte Person entsprechend.
(11) Bei einer Versicherung im Basistarif nach § 152 des Versicherungsaufsichtsgesetzes kann das Versicherungsunternehmen verlangen, dass Zusatzversicherungen ruhen, wenn und solange ein Versicherter auf die Halbierung des Beitrags nach § 152 Absatz 4 des Versicherungsaufsichtsgesetzes angewiesen ist.
(1) Für die Vergütung der allgemeinen Krankenhausleistungen gilt ein durchgängiges, leistungsorientiertes und pauschalierendes Vergütungssystem, soweit Absatz 4 keine abweichenden Regelungen enthält. Das Vergütungssystem hat Komplexitäten und Komorbiditäten abzubilden; sein Differenzierungsgrad soll praktikabel sein. Mit den Entgelten nach Satz 1 werden die allgemeinen voll- und teilstationären Krankenhausleistungen für einen Behandlungsfall vergütet. Die Fallgruppen und ihre Bewertungsrelationen sind bundeseinheitlich festzulegen. Die Bewertungsrelationen sind als Relativgewichte auf eine Bezugsleistung zu definieren; sie sind für Leistungen, bei denen in erhöhtem Maße wirtschaftlich begründete Fallzahlsteigerungen eingetreten oder zu erwarten sind, gezielt abzusenken oder in Abhängigkeit von der Fallzahl bei diesen Leistungen abgestuft vorzugeben. Um mögliche Fehlanreize durch eine systematische Übervergütung der Sachkostenanteile bei voll- und teilstationären Leistungen jährlich zu analysieren und geeignete Maßnahmen zum Abbau vorhandener Übervergütung zu ergreifen, sind auf der Grundlage eines Konzepts des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus sachgerechte Korrekturen der Bewertungsrelationen der Fallpauschalen zu vereinbaren; die Korrekturen der Bewertungsrelationen sind erstmals für die Weiterentwicklung des Vergütungssystems für das Jahr 2021 ausschließlich innerhalb der Fallpauschalenvergütung durchzuführen. Soweit dies zur Ergänzung der Fallpauschalen in eng begrenzten Ausnahmefällen erforderlich ist, können die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 Zusatzentgelte für Leistungen, Leistungskomplexe oder Arzneimittel vereinbaren, insbesondere für die Behandlung von Blutern mit Blutgerinnungsfaktoren oder für eine Dialyse, wenn die Behandlung des Nierenversagens nicht die Hauptleistung ist. Sie vereinbaren auch die Höhe der Entgelte; diese kann nach Regionen differenziert festgelegt werden. Nach Maßgabe des Krankenhausentgeltgesetzes können Entgelte für Leistungen, die nicht durch die Entgeltkataloge erfasst sind, durch die Vertragsparteien nach § 18 Absatz 2 vereinbart werden. Besondere Einrichtungen, deren Leistungen insbesondere aus medizinischen Gründen, wegen einer Häufung von schwerkranken Patienten oder aus Gründen der Versorgungsstruktur mit den Entgeltkatalogen noch nicht sachgerecht vergütet werden, können zeitlich befristet aus dem Vergütungssystem ausgenommen werden; unabhängig davon, ob die Leistungen mit den Entgeltkatalogen sachgerecht vergütet werden, ist bei Palliativstationen oder -einheiten, die räumlich und organisatorisch abgegrenzt sind und über mindestens fünf Betten verfügen, dafür ein schriftlicher oder elektronischer Antrag des Krankenhauses ausreichend. Entstehen bei Patientinnen oder Patienten mit außerordentlichen Untersuchungs- und Behandlungsabläufen extrem hohe Kostenunterdeckungen, die mit dem pauschalierten Vergütungssystem nicht sachgerecht finanziert werden (Kostenausreißer), sind entsprechende Fälle zur Entwicklung geeigneter Vergütungsformen vertieft zu prüfen. Zur Förderung der palliativmedizinischen Versorgung durch Palliativdienste ist die Kalkulation eines Zusatzentgelts zu ermöglichen; im Einvernehmen mit der betroffenen medizinischen Fachgesellschaft sind die hierfür erforderlichen Kriterien bis zum 29. Februar 2016 zu entwickeln. Zur sachgerechten Abbildung der Kosten von telekonsiliarärztlichen Leistungen haben die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 auf der Grundlage eines Konzepts des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus spätestens bis zum 30. September 2024 Entgelte zu vereinbaren.
(1a) Soweit allgemeine Krankenhausleistungen nicht oder noch nicht in die Entgelte nach Absatz 1 Satz 1 einbezogen werden können, weil der Finanzierungstatbestand nicht in allen Krankenhäusern vorliegt, sind bundeseinheitliche Regelungen für Zu- oder Abschläge zu vereinbaren, insbesondere für
- 1.
die Notfallversorgung, - 2.
die besonderen Aufgaben nach § 2 Absatz 2 Satz 2 Nummer 4 des Krankenhausentgeltgesetzes, - 3.
(weggefallen) - 4.
die Beteiligung der Krankenhäuser an Maßnahmen zur Qualitätssicherung auf der Grundlage der §§ 136 und 136b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und die Beteiligung ganzer Krankenhäuser oder wesentlicher Teile der Einrichtungen an einrichtungsübergreifenden Fehlermeldesystemen, sofern diese den Festlegungen des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 136a Absatz 3 Satz 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch entsprechen, - 5.
befristete Zuschläge für die Finanzierung von Mehrkosten auf Grund von Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses, - 6.
die Finanzierung der Sicherstellung einer für die Versorgung der Bevölkerung notwendigen Vorhaltung von Leistungen, - 7.
die Aufnahme von Begleitpersonen nach § 2 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 des Krankenhausentgeltgesetzes und § 2 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 der Bundespflegesatzverordnung, - 8.
den Ausbildungszuschlag nach § 17a Absatz 6, - 9.
den Aufwand, der den verantwortlichen Gesundheitseinrichtungen im Sinne des § 2 Nummer 5 Buchstabe a des Implantateregistergesetzes auf Grund ihrer Pflichten nach den §§ 16 und 17 Absatz 1 des Implantateregistergesetzes sowie den §§ 18, 20, 24 und 25 des Implantateregistergesetzes und für die zu zahlenden Gebühren nach § 33 Absatz 1 Nummer 1 des Implantateregistergesetzes entsteht.
(2) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren entsprechend den Vorgaben der Absätze 1, 1a und 3 mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft ein Vergütungssystem, das sich an einem international bereits eingesetzten Vergütungssystem auf der Grundlage der Diagnosis Related Groups (DRG) orientiert, seine jährliche Weiterentwicklung und Anpassung, insbesondere an medizinische Entwicklungen, Kostenentwicklungen, Verweildauerverkürzungen und Leistungsverlagerungen zu und von anderen Versorgungsbereichen, und die Abrechnungsbestimmungen, soweit diese nicht im Krankenhausentgeltgesetz vorgegeben werden. Sie orientieren sich dabei unter Wahrung der Qualität der Leistungserbringung an wirtschaftlichen Versorgungsstrukturen und Verfahrensweisen; insbesondere wirken sie mit den Abrechnungsbestimmungen darauf hin, dass die Voraussetzungen, unter denen bei Wiederaufnahme von Patientinnen und Patienten eine Zusammenfassung der Falldaten zu einem Fall und eine Neueinstufung in eine Fallpauschale vorzunehmen sind, dem Wirtschaftlichkeitsgebot hinreichend Rechnung tragen. Die Prüfungsergebnisse nach § 137c des Fünften Buches Sozialgesetzbuch sind zu beachten. Der Bundesärztekammer ist Gelegenheit zur beratenden Teilnahme an den Sitzungen der Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 zu geben, soweit medizinische Fragen der Entgelte und der zu Grunde liegenden Leistungsabgrenzung betroffen sind; dies gilt entsprechend für einen Vertreter der Berufsorganisationen der Krankenpflegeberufe. Die betroffenen Fachgesellschaften und, soweit deren Belange berührt sind, die Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Industrie und der Industrie für Medizinprodukte erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Für die gemeinsame Beschlussfassung des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen und des Verbandes der privaten Krankenversicherung haben der Spitzenverband Bund der Krankenkassen zwei Stimmen und der Verband der privaten Krankenversicherung eine Stimme. Das Bundesministerium für Gesundheit kann an den Sitzungen der Vertragsparteien teilnehmen und erhält deren fachliche Unterlagen. Die Vertragsparteien veröffentlichen in geeigneter Weise die Ergebnisse der Kostenerhebungen und Kalkulationen; die der Kalkulation zugrunde liegenden Daten einzelner Krankenhäuser sind vertraulich.
(3) Die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 vereinbaren bis zum 30. Juni 2000 die Grundstrukturen des Vergütungssystems und des Verfahrens zur Ermittlung der Bewertungsrelationen auf Bundesebene (Bewertungsverfahren), insbesondere der zu Grunde zu legenden Fallgruppen, sowie die Grundzüge ihres Verfahrens zur laufenden Pflege des Systems auf Bundesebene. Die Vertragsparteien vereinbaren die Bewertungsrelationen und die Bewertung der Zu- und Abschläge nach Absatz 1a. Die Bewertungsrelationen werden auf der Grundlage der Fallkosten einer sachgerechten und repräsentativen Auswahl von Krankenhäusern kalkuliert. Auf der Grundlage eines vom Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus zu entwickelnden Vorschlags vereinbaren die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 bis spätestens zum 31. Dezember 2016 ein praktikables Konzept für eine repräsentative Kalkulation nach Satz 3; zur Gewährleistung einer repräsentativen Kalkulation der nach Absatz 4 auszugliedernden Pflegepersonalkosten hat das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus das Konzept anzupassen. Das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus bestimmt auf der Grundlage des Konzepts nach Satz 4, welche Krankenhäuser an der Kalkulation teilnehmen; diese Krankenhäuser sind zur Übermittlung der für die Durchführung der Kalkulation erforderlichen Daten an das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus verpflichtet.
(3a) Das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus hat für jede nicht erfolgte, nicht vollständige oder nicht fristgerechte Übermittlung der für die Durchführung der Kalkulation nach Absatz 3 Satz 4 erforderlichen Daten einen Abschlag von den pauschalierten Pflegesätzen nach § 17 Absatz 1 je Standort eines Krankenhauses festzulegen. Eine Übermittlung gilt als nicht vollständig, wenn die Daten von weniger als 95 Prozent der für den jeweiligen Standort eines Krankenhauses an das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus übermittelten voll- und teilstationären Krankenhausfälle verwertbar sind. Der Abschlag nach Satz 1 ergibt sich aus der Multiplikation der Anzahl der voll- und teilstationären Krankenhausfälle, deren Daten durch das Krankenhaus je Krankenhausstandort nicht übermittelt werden oder zwar übermittelt werden, aber durch das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus nicht verwertbar sind, mit einem fallbezogenen Abschlagswert. Der fallbezogene Abschlagswert beträgt im ersten Jahr der Datenübermittlung, in dem eine Übermittlung nicht, nicht vollständig oder nicht fristgerecht erfolgt, 20 Euro je voll- und teilstationären Krankenhausfall, dessen Daten nicht übermittelt werden oder zwar übermittelt werden, aber durch das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus nicht verwertbar sind. Für jedes weitere Jahr der Datenübermittlung, in dem eine Übermittlung nicht, nicht vollständig oder nicht fristgerecht erfolgt, erhöht sich der fallbezogene Abschlagswert nach Satz 4 um jeweils 10 Euro. Abweichend von den Sätzen 3 bis 5 beträgt der Abschlag nach Satz 1 mindestens 20 000 Euro und höchstens 500 000 Euro pro Jahr der Datenübermittlung. Das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus unterrichtet jeweils die Vertragsparteien nach § 18 Absatz 2 über Verstöße und die Höhe des jeweiligen Abschlags nach Satz 1. Die Vertragsparteien nach § 18 Absatz 2 berücksichtigen den Abschlag nach Satz 1 bei der Vereinbarung nach § 11 des Krankenhausentgeltgesetzes und § 11 der Bundespflegesatzverordnung.
(4) Die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 haben auf der Grundlage eines Konzepts des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus die Pflegepersonalkosten für die unmittelbare Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen und in Kreißsälen aus dem Vergütungssystem auszugliedern und eine neue Pflegepersonalkostenvergütung zu entwickeln; ab dem Jahr 2025 haben die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 auf der Grundlage eines angepassten Konzepts des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus die Pflegepersonalkosten für die unmittelbare Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen und in Kreißsälen nach den Vorgaben des Absatzes 4a aus dem Vergütungssystem auszugliedern und die Pflegepersonalkostenvergütung weiterzuentwickeln. Hierfür haben sie insbesondere erstmals bis zum 31. Januar 2019 eine eindeutige, bundeseinheitliche Definition der auszugliedernden Pflegepersonalkosten zu vereinbaren und dabei auch Regelungen für die Zuordnung von Kosten von Pflegepersonal festzulegen, das überwiegend in der unmittelbaren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen tätig ist. Die Krankenhäuser haben die Vorgaben zur Ausgliederung und zur bundeseinheitlichen Definition nach Satz 1 erster Halbsatz und Satz 2 für die Abgrenzung ihrer Kosten und Leistungen rückwirkend ab dem 1. Januar 2019 anzuwenden; für die Vereinbarungen ab dem Jahr 2025 haben die Krankenhäuser ab dem 1. Januar 2023 die Vorgaben zur Ausgliederung und zur bundeseinheitlichen Definition nach Absatz 4a für die Abgrenzung ihrer Kosten und Leistungen anzuwenden. Die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 haben die Bewertungsrelationen für das DRG-Vergütungssystem erstmals für das Jahr 2020 um die Summe der Bewertungsrelationen der nach Satz 1 auszugliedernden Pflegepersonalkosten und die Zusatzentgelte um die pflegerelevanten Kosten zu vermindern sowie auf dieser Grundlage die Fallpauschalenvereinbarung bis zum 30. September 2019 abzuschließen. Sie haben die nach Satz 1 auszugliedernden Pflegepersonalkosten bis zum 30. September 2019 in einem Katalog mit bundeseinheitlichen Bewertungsrelationen je voll oder teilstationärem Belegungstag auszuweisen und den Katalog jährlich weiterzuentwickeln. Der Katalog ist erstmals für das Jahr 2020 von den Vertragsparteien nach § 18 Absatz 2 für die Abzahlung des Pflegebudgets nach § 6a des Krankenhausentgeltgesetzes anzuwenden. Für die Ausgliederung der Pflegepersonalkosten und die Entwicklung einer neuen Pflegepersonalkostenvergütung nach Satz 1 sowie für die Vereinbarung einer bundeseinheitlichen Definition nach Satz 2 oder Absatz 4a Satz 1 gelten die Regelungen nach Absatz 2 Satz 4 bis 7 zur Einbindung der Berufsorganisationen der Krankenpflegeberufe, zur Beschlussfassung sowie zu den Teilnahme- und Zugangsrechten des Bundesministeriums für Gesundheit entsprechend. Für die Ausweisung der auszugliedernden Pflegepersonalkosten in einem Katalog mit bundeseinheitlichen Bewertungsrelationen und die Weiterentwicklung des Katalogs nach Satz 5 gelten die Veröffentlichungspflichten nach Absatz 2 Satz 8 entsprechend. Die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 berichten dem Bundesministerium für Gesundheit über die Auswirkungen, die die Einführung des Pflegebudgets nach § 6a des Krankenhausentgeltgesetzes auf die Entwicklung der Pflegepersonalstellen und -kosten in den Jahren 2020 bis 2024 hat. Sie haben hierzu zum 31. August 2022 einen Zwischenbericht und zum 31. August 2025 einen abschließenden Bericht vorzulegen.
(4a) Für die Jahre ab 2025 haben die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 erstmals bis zum 31. Dezember 2022 zu vereinbaren, dass in der eindeutigen bundeseinheitlichen Definition der auszugliedernden Pflegepersonalkosten nach Absatz 4 Satz 2 ausschließlich das Pflegepersonal und die Pflegepersonalkosten der folgenden Berufsgruppen zu berücksichtigen sind:
- 1.
als Pflegefachkräfte Personen, die über die Erlaubnis zum Führen einer Berufsbezeichnung nach § 1 Absatz 1 des Pflegeberufegesetzes oder § 58 Absatz 1 oder Absatz 2 des Pflegeberufegesetzes verfügen oder deren Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung nach dem Krankenpflegegesetz in der am 31. Dezember 2019 geltenden Fassung oder nach dem Altenpflegegesetz in der am 31. Dezember 2019 geltenden Fassung nach § 64 des Pflegeberufegesetzes fortgilt, - 2.
als Pflegehilfskräfte - a)
Personen, die erfolgreich eine landesrechtlich geregelte Assistenz- oder Helferausbildung in der Pflege von mindestens einjähriger Dauer abgeschlossen haben, die die von der 89. Arbeits- und Sozialministerkonferenz 2012 und der 86. Gesundheitsministerkonferenz 2013 als Mindestanforderungen beschlossenen Eckpunkte für die in Länderzuständigkeit liegenden Ausbildungen zu Assistenz- und Helferberufen in der Pflege (BAnz AT 17.02.2016 B3) erfüllt, - b)
Personen, die erfolgreich eine landesrechtlich geregelte Ausbildung in der Krankenpflegehilfe oder in der Altenpflegehilfe von mindestens einjähriger Dauer abgeschlossen haben, - c)
Personen, denen auf der Grundlage des Krankenpflegegesetzes in der am 31. Dezember 2003 geltenden Fassung eine Erlaubnis als Krankenpflegehelferin oder Krankenpflegehelfer erteilt worden ist, - d)
Medizinische Fachangestellte, die erfolgreich eine Ausbildung nach der Verordnung über die Berufsausbildung zum Medizinischen Fachangestellten/zur Medizinischen Fachangestellten abgeschlossen haben oder eine Qualifikation vorweisen, die dieser Ausbildung entspricht, - e)
Anästhesietechnische Assistentinnen und Anästhesietechnische Assistenten, die über die Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung nach § 1 Absatz 1 des Anästhesietechnische- und Operationstechnische-Assistenten-Gesetzes verfügen, und - f)
Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter, denen die Erlaubnis zum Führen einer Berufsbezeichnung nach § 1 Absatz 1 des Notfallsanitätergesetzes erteilt worden ist, und
- 3.
als Hebammen Personen mit einer Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung nach § 5 Absatz 1 des Hebammengesetzes, auch in Verbindung mit den §§ 73 und 74 Absatz 1 des Hebammengesetzes.
(5) Zur Finanzierung der ihnen übertragenen Aufgaben nach den Absätzen 1 bis 4 sowie § 10 Abs. 2 und § 17d vereinbaren die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1
- 1.
einen Zuschlag für jeden abzurechnenden Krankenhausfall, mit dem die Entwicklung, Einführung und laufende Pflege des Vergütungssystems finanziert werden (DRG-Systemzuschlag); der Zuschlag dient der Finanzierung insbesondere der Entwicklung der DRG-Klassifikation und der Kodierregeln, der Ermittlung der Bewertungsrelationen, der Bewertung der Zu- und Abschläge, der Ermittlung der Richtwerte nach § 17a Abs. 4b, von pauschalierten Zahlungen für die Teilnahme von Krankenhäusern oder Ausbildungsstätten an der Kalkulation und der Vergabe von Aufträgen, auch soweit die Vertragsparteien die Aufgaben durch das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus wahrnehmen lassen oder das Bundesministerium für Gesundheit nach Absatz 7 anstelle der Vertragsparteien entscheidet, - 2.
Maßnahmen, die sicherstellen, dass die durch den Systemzuschlag erhobenen Finanzierungsbeträge ausschließlich zur Umsetzung der in diesem Absatz genannten Aufgaben verwendet werden, - 3.
das Nähere zur Weiterleitung der entsprechenden Einnahmen der Krankenhäuser an die Vertragsparteien, - 4.
kommt eine Vereinbarung nicht zustande, entscheidet auf Antrag einer Vertragspartei die Schiedsstelle nach § 18a Abs. 6.
(6) (weggefallen)
(7) Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates
- 1.
Vorschriften über das Vergütungssystem einschließlich Vorschriften über die Pflegepersonalkostenvergütung nach Absatz 4 zu erlassen, soweit eine Einigung der Vertragsparteien nach Absatz 2 ganz oder teilweise nicht zustande gekommen ist und eine der Vertragsparteien insoweit das Scheitern der Verhandlungen erklärt hat; die Vertragsparteien haben zu den strittigen Punkten ihre Auffassungen und die Auffassungen sonstiger Betroffener darzulegen und Lösungsvorschläge zu unterbreiten, - 2.
abweichend von Nummer 1 auch ohne Erklärung des Scheiterns durch eine Vertragspartei nach Ablauf vorher vorgegebener Fristen für Arbeitsschritte zu entscheiden, soweit dies erforderlich ist, um die Einführung des Vergütungssystems einschließlich der Pflegepersonalkostenvergütung nach Absatz 4 und die jährliche Weiterentwicklung fristgerecht sicherzustellen, - 3.
Leistungen oder besondere Einrichtungen nach Absatz 1 Satz 9 und 10 zu bestimmen, die mit dem DRG-Vergütungssystem noch nicht sachgerecht vergütet werden können; für diese Bereiche können die anzuwendende Art der Vergütung festgelegt sowie Vorschriften zur Ermittlung der Entgelthöhe und zu den vorzulegenden Verhandlungsunterlagen erlassen werden, - 4.
unter den Voraussetzungen nach den Nummern 1 und 2 Richtwerte nach § 17a Abs. 4b zur Finanzierung der Ausbildungskosten vorzugeben.
(7a) Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Vorschriften über die Unterlagen, die von den Krankenhäusern für die Budgetverhandlungen vorzulegen sind, zu erlassen.
(8) Die Vertragsparteien nach Absatz 2 führen eine Begleitforschung zu den Auswirkungen des neuen Vergütungssystems, insbesondere zur Veränderung der Versorgungsstrukturen und zur Qualität der Versorgung, durch; dabei sind auch die Auswirkungen auf die anderen Versorgungsbereiche sowie die Art und der Umfang von Leistungsverlagerungen zu untersuchen. Sie schreiben dazu Forschungsaufträge aus und beauftragen das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus, insbesondere die Daten nach § 21 des Krankenhausentgeltgesetzes auszuwerten. Die Kosten dieser Begleitforschung werden mit dem DRG-Systemzuschlag nach Absatz 5 finanziert. Die Begleitforschung ist mit dem Bundesministerium für Gesundheit abzustimmen.
(9) (weggefallen)
(10) Über die nach Absatz 1 Satz 11 vorzunehmende vertiefte Prüfung von Kostenausreißern hinausgehend beauftragen die Vertragsparteien nach Absatz 2 bis zum 31. Dezember 2013 das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus mit der Festlegung von Kriterien zur Ermittlung von Kostenausreißern und einer auf dieser Grundlage erfolgenden systematischen Prüfung, in welchem Umfang Krankenhäuser mit Kostenausreißern belastet sind. Das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus entwickelt ein Regelwerk für Fallprüfungen bei Krankenhäusern, die an der DRG-Kalkulation teilnehmen. Zur sachgerechten Beurteilung der Kostenausreißer hat das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus von den an der Kalkulation teilnehmenden Krankenhäusern über den Kalkulationsdatensatz hinausgehende detaillierte fallbezogene Kosten- und Leistungsdaten zu erheben. Das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus veröffentlicht die Prüfergebnisse jährlich im Rahmen eines Extremkostenberichts, erstmals bis zum 31. Dezember 2014. In dem Bericht sind auch die Gründe von Kostenausreißerfällen und Belastungsunterschieden zwischen Krankenhäusern darzulegen. Auf der Grundlage des Berichts sind geeignete Regelungen für eine sachgerechte Vergütung von Kostenausreißern im Rahmen des Entgeltsystems zu entwickeln und durch die Vertragsparteien nach Absatz 2 zu vereinbaren.
(1) Die Entgelte für allgemeine Krankenhausleistungen sind für alle Benutzer des Krankenhauses einheitlich zu berechnen; § 17 Abs. 5 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes bleibt unberührt. Bei Patienten, die im Rahmen einer klinischen Studie behandelt werden, sind die Entgelte für allgemeine Krankenhausleistungen nach § 7 zu berechnen; dies gilt auch bei klinischen Studien mit Arzneimitteln. Die Entgelte dürfen nur im Rahmen des Versorgungsauftrags berechnet werden; dies gilt nicht für die Behandlung von Notfallpatienten. Der Versorgungsauftrag des Krankenhauses ergibt sich
- 1.
bei einem Plankrankenhaus aus den Festlegungen des Krankenhausplans in Verbindung mit den Bescheiden zu seiner Durchführung nach § 6 Abs. 1 in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Satz 3 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes sowie einer ergänzenden Vereinbarung nach § 109 Abs. 1 Satz 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, - 2.
bei einer Hochschulklinik aus der Anerkennung nach den landesrechtlichen Vorschriften, dem Krankenhausplan nach § 6 Abs. 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes sowie einer ergänzenden Vereinbarung nach § 109 Abs. 1 Satz 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, - 3.
bei anderen Krankenhäusern aus dem Versorgungsvertrag nach § 108 Nr. 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch.
(2) Fallpauschalen werden für die Behandlungsfälle berechnet, die in dem Fallpauschalen-Katalog nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bestimmt sind. Für die Patienten von Belegärzten werden gesonderte Fallpauschalen berechnet. Zusätzlich zu einer Fallpauschale dürfen berechnet werden:
- 1.
Zusatzentgelte nach dem Katalog nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 oder nach § 6 Abs. 1 bis 2a, insbesondere für die Behandlung von Blutern mit Blutgerinnungsfaktoren sowie für eine Dialyse, wenn die Behandlung des Nierenversagens nicht die Hauptleistung ist, - 2.
Zu- und Abschläge nach § 17b Absatz 1a des Krankenhausfinanzierungsgesetzes und nach diesem Gesetz, - 3.
eine nachstationäre Behandlung nach § 115a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, soweit die Summe aus den stationären Belegungstagen und den vor- und nachstationären Behandlungstagen die Grenzverweildauer der Fallpauschale übersteigt; eine vorstationäre Behandlung ist neben der Fallpauschale nicht gesondert berechenbar; dies gilt auch für eine entsprechende Behandlung von Privatpatienten als allgemeine Krankenhausleistung, - 4.
Zuschläge nach den §§ 139c, 91 Abs. 2 Satz 6 und § 377 Absatz 1 und 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, - 5.
tagesbezogene Pflegeentgelte nach § 6a je voll- oder teilstationären Belegungstag.
(3) Hat nach dem Ergebnis einer Prüfung nach § 275c Absatz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch eine vollstationäre Behandlungsbedürftigkeit nicht vorgelegen, sind die vom Krankenhaus erbrachten Leistungen nach den für vorstationäre Behandlungen nach § 115a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch getroffenen Vereinbarungen zu vergüten, soweit keine andere Möglichkeit zur Abrechnung der erbrachten Leistung besteht.
(4) Hält das Krankenhaus seine Verpflichtungen zur Qualitätssicherung nicht ein, sind von den Fallpauschalen und Zusatzentgelten Abschläge nach § 137 Absatz 1 oder Absatz 2 oder nach § 137i Absatz 5 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vorzunehmen. Entgelte dürfen für eine Leistung nicht berechnet werden, wenn ein Krankenhaus die Vorgaben für Mindestmengen nach § 136b Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch nicht erfüllt, soweit kein Ausnahmetatbestand nach § 136b Absatz 5a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch geltend gemacht werden kann oder keine berechtigte mengenmäßige Erwartung nach § 136b Absatz 5 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch nachgewiesen wird. Ferner dürfen Entgelte für Leistungen nicht berechnet werden, wenn die Prüfung nach § 275d des Fünften Buches Sozialgesetzbuch ergibt, dass die für die Leistungserbringung maßgeblichen Strukturmerkmale nicht erfüllt werden.
(5) Werden Patientinnen oder Patienten, für die eine Fallpauschale abrechenbar ist, wegen einer Komplikation im Zusammenhang mit der durchgeführten Leistung innerhalb der oberen Grenzverweildauer wieder aufgenommen, hat das Krankenhaus eine Zusammenfassung der Falldaten zu einem Fall und eine Neueinstufung in eine Fallpauschale vorzunehmen. Näheres oder Abweichendes regeln die Vertragsparteien nach § 17b Abs. 2 Satz 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes oder eine Rechtsverordnung nach § 17b Abs. 7 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes. In anderen als den vertraglich oder gesetzlich bestimmten Fällen ist eine Fallzusammenführung insbesondere aus Gründen des Wirtschaftlichkeitsgebots nicht zulässig.
(6) Werden die mit einer Fallpauschale vergüteten Leistungen ohne Verlegung des Patienten durch mehrere Krankenhäuser erbracht, wird die Fallpauschale durch das Krankenhaus berechnet, das den Patienten stationär aufgenommen hat.
(7) Das Krankenhaus kann eine angemessene Vorauszahlung verlangen, wenn und soweit ein Krankenversicherungsschutz nicht nachgewiesen wird. Ab dem achten Tag des Krankenhausaufenthalts kann das Krankenhaus eine angemessene Abschlagszahlung verlangen, deren Höhe sich an den bisher erbrachten Leistungen in Verbindung mit der Höhe der voraussichtlich zu zahlenden Entgelte zu orientieren hat. Die Sätze 1 bis 2 gelten nicht, soweit andere Regelungen über eine zeitnahe Vergütung der allgemeinen Krankenhausleistungen in für das Krankenhaus verbindlichen Regelungen nach den §§ 112 bis 114 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder in der Vereinbarung nach § 11 Abs. 1 getroffen werden.
(8) Das Krankenhaus hat dem selbstzahlenden Patienten oder seinem gesetzlichen Vertreter die für ihn voraussichtlich maßgebenden Entgelte so bald wie möglich schriftlich oder in Textform bekannt zu geben, es sei denn, der Patient ist in vollem Umfang für Krankenhausbehandlung versichert. Im Übrigen kann jeder Patient verlangen, dass ihm unverbindlich die voraussichtlich abzurechnende Fallpauschale und deren Höhe sowie voraussichtlich zu zahlende, ergänzende Entgelte mitgeteilt werden. Stehen bei der Aufnahme eines selbstzahlenden Patienten die Entgelte noch nicht endgültig fest, ist hierauf hinzuweisen. Dabei ist mitzuteilen, dass das zu zahlende Entgelt sich erhöht, wenn das neue Entgelt während der stationären Behandlung des Patienten in Kraft tritt. Die voraussichtliche Erhöhung ist anzugeben.
(9) Die Rechnungen des Krankenhauses für selbstzahlende Patientinnen oder selbstzahlende Patienten sind in einer verständlichen und nachvollziehbaren Form zu gestalten. Dabei sind die Fallpauschalen und Zusatzentgelte mit der Nummerierung und den vollständigen Texten aus dem jeweils anzuwendenden Entgeltkatalog, den maßgeblichen Diagnose- und Prozedurenschlüsseln sowie bei Fallpauschalen den effektiven Bewertungsrelationen und dem Landesbasisfallwert auszuweisen. Zu den Diagnose- und Prozedurenschlüsseln sind außerdem die entsprechenden Textfassungen anzugeben. Weitere Entgelte sowie Zu- oder Abschläge sind mit kurzen verständlichen Texten zu bezeichnen. Die Zuschläge nach § 7 Abs. 1 Satz 3 werden in der Rechnung zusammengefasst und gemeinsam als „Systemzuschlag“ ausgewiesen. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft gibt zur Gestaltung der Rechnung eine entsprechende Empfehlung im Benehmen mit dem Verband der privaten Krankenversicherung ab. Das Verfahren nach § 301 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bleibt unberührt.
(10) Zur Förderung der pflegerischen Versorgung ist bei Patientinnen oder Patienten, die zur vollstationären Behandlung in das Krankenhaus aufgenommen werden, für Aufnahmen ab dem 1. Januar 2017 ein Pflegezuschlag abzurechnen und gesondert in der Rechnung auszuweisen. Die Höhe des Pflegezuschlags ist zu ermitteln, indem die jährliche Fördersumme für das Krankenhaus durch die vollstationäre Fallzahl geteilt wird, die für den Vereinbarungszeitraum des Erlösbudgets und der Erlössumme vereinbart oder festgesetzt wurde. Die jährliche Fördersumme für das Krankenhaus ist von den Vertragsparteien nach § 11 zu ermitteln, indem der Anteil der Personalkosten des Krankenhauses für das Pflegepersonal an den Personalkosten für das Pflegepersonal aller Krankenhäuser im Anwendungsbereich dieses Gesetzes errechnet wird und dieser krankenhausindividuelle Anteil auf die jährlich bundesweit zur Verfügung stehende Fördersumme von 500 Millionen Euro bezogen wird. Grundlage für die Personalkosten für das Pflegepersonal aller Krankenhäuser nach Satz 3 sind jeweils die vom Statistischen Bundesamt in der Fachserie 12 Reihe 6.1 ausgewiesenen Vollzeitstellen in der Pflege mit und ohne direktem Beschäftigungsverhältnis mit dem Krankenhaus. Von diesen Vollzeitstellen sind die ausgewiesenen Vollzeitstellen in Einrichtungen der Psychiatrie und der Psychosomatik sowie in Krankenhäusern ohne Versorgungsvertrag abzuziehen. Die nach den Sätzen 4 und 5 ermittelte Zahl der Vollzeitstellen ist zu multiplizieren mit den in der Fachserie 12 Reihe 6.3 ausgewiesenen bundesdurchschnittlichen Kosten pro Pflegekraft jeweils für das Jahr, das zwei Jahre vor dem Jahr liegt, in dem der Pflegezuschlag für das Folgejahr zu vereinbaren ist. Grundlage für die Personalkosten für Pflegepersonal des einzelnen Krankenhauses sind die Vollzeitstellen in der Pflege mit und ohne direktem Beschäftigungsverhältnis mit dem Krankenhaus, die für dasselbe Jahr vom Krankenhaus an das Statistische Landesamt übermittelt wurden und die Eingang in die Statistik gefunden haben. Von diesen Vollzeitstellen sind die ausgewiesenen Vollzeitstellen in seinen Fachabteilungen der Psychiatrie und der Psychosomatik abzuziehen. Die nach den Sätzen 7 und 8 ermittelte Zahl der Vollzeitstellen ist zu multiplizieren mit den in der Fachserie 12 Reihe 6.3 ausgewiesenen durchschnittlichen Kosten pro Pflegekraft im jeweiligen Land. § 5 Absatz 4 Satz 5, § 11 Absatz 4 Satz 3 und 4 sowie § 15 Absatz 2 gelten entsprechend. Der Pflegezuschlag ist bei Patientinnen oder Patienten abzurechnen, die vor dem 1. Januar 2020 zur vollstationären Behandlung in das Krankenhaus aufgenommen werden.
(11) Das Krankenhaus berechnet bei Patientinnen und Patienten, die im Zeitraum vom 1. Mai 2020 bis zum 31. Dezember 2020 zur voll- oder teilstationären Krankenhausbehandlung in das Krankenhaus aufgenommen werden, einen Zuschlag in Höhe von 0,42 Prozent des Rechnungsbetrags und weist diesen gesondert in der Rechnung aus. Der Zuschlag wird bei der Ermittlung der Erlösausgleiche nicht berücksichtigt.
Die allgemeinen Krankenhausleistungen werden gegenüber den Patientinnen und Patienten oder ihren Kostenträgern mit folgenden Entgelten abgerechnet:
- 1.
mit Bewertungsrelationen bewertete Entgelte nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 9), - 2.
Zusatzentgelte nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 9), - 3.
Ausbildungszuschlag (§ 17a Absatz 6 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes sowie § 33 Absatz 3 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes) und sonstige Zu- und Abschläge (§ 17d Absatz 2 Satz 4 und 5 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes und Qualitätssicherungsabschläge nach § 8 Absatz 3), - 4.
Entgelte für Leistungen, die noch nicht von den auf Bundesebene vereinbarten Entgelten erfasst werden (§ 6 Absatz 1 oder Absatz 3 Satz 3), und für regionale oder strukturelle Besonderheiten in der Leistungserbringung (§ 6 Absatz 2), - 5.
Entgelte für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die noch nicht in die Entgeltkataloge nach § 9 aufgenommen worden sind (§ 6 Absatz 4).
- 1.
der DRG-Systemzuschlag nach § 17b Absatz 5 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes, - 2.
der Systemzuschlag für den Gemeinsamen Bundesausschuss und das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen nach § 91 Absatz 3 Satz 1 in Verbindung mit § 139c des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und - 3.
der Telematikzuschlag nach § 377 Absatz 1 und 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch.
(1) Für die Vergütung der allgemeinen Krankenhausleistungen gilt ein durchgängiges, leistungsorientiertes und pauschalierendes Vergütungssystem, soweit Absatz 4 keine abweichenden Regelungen enthält. Das Vergütungssystem hat Komplexitäten und Komorbiditäten abzubilden; sein Differenzierungsgrad soll praktikabel sein. Mit den Entgelten nach Satz 1 werden die allgemeinen voll- und teilstationären Krankenhausleistungen für einen Behandlungsfall vergütet. Die Fallgruppen und ihre Bewertungsrelationen sind bundeseinheitlich festzulegen. Die Bewertungsrelationen sind als Relativgewichte auf eine Bezugsleistung zu definieren; sie sind für Leistungen, bei denen in erhöhtem Maße wirtschaftlich begründete Fallzahlsteigerungen eingetreten oder zu erwarten sind, gezielt abzusenken oder in Abhängigkeit von der Fallzahl bei diesen Leistungen abgestuft vorzugeben. Um mögliche Fehlanreize durch eine systematische Übervergütung der Sachkostenanteile bei voll- und teilstationären Leistungen jährlich zu analysieren und geeignete Maßnahmen zum Abbau vorhandener Übervergütung zu ergreifen, sind auf der Grundlage eines Konzepts des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus sachgerechte Korrekturen der Bewertungsrelationen der Fallpauschalen zu vereinbaren; die Korrekturen der Bewertungsrelationen sind erstmals für die Weiterentwicklung des Vergütungssystems für das Jahr 2021 ausschließlich innerhalb der Fallpauschalenvergütung durchzuführen. Soweit dies zur Ergänzung der Fallpauschalen in eng begrenzten Ausnahmefällen erforderlich ist, können die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 Zusatzentgelte für Leistungen, Leistungskomplexe oder Arzneimittel vereinbaren, insbesondere für die Behandlung von Blutern mit Blutgerinnungsfaktoren oder für eine Dialyse, wenn die Behandlung des Nierenversagens nicht die Hauptleistung ist. Sie vereinbaren auch die Höhe der Entgelte; diese kann nach Regionen differenziert festgelegt werden. Nach Maßgabe des Krankenhausentgeltgesetzes können Entgelte für Leistungen, die nicht durch die Entgeltkataloge erfasst sind, durch die Vertragsparteien nach § 18 Absatz 2 vereinbart werden. Besondere Einrichtungen, deren Leistungen insbesondere aus medizinischen Gründen, wegen einer Häufung von schwerkranken Patienten oder aus Gründen der Versorgungsstruktur mit den Entgeltkatalogen noch nicht sachgerecht vergütet werden, können zeitlich befristet aus dem Vergütungssystem ausgenommen werden; unabhängig davon, ob die Leistungen mit den Entgeltkatalogen sachgerecht vergütet werden, ist bei Palliativstationen oder -einheiten, die räumlich und organisatorisch abgegrenzt sind und über mindestens fünf Betten verfügen, dafür ein schriftlicher oder elektronischer Antrag des Krankenhauses ausreichend. Entstehen bei Patientinnen oder Patienten mit außerordentlichen Untersuchungs- und Behandlungsabläufen extrem hohe Kostenunterdeckungen, die mit dem pauschalierten Vergütungssystem nicht sachgerecht finanziert werden (Kostenausreißer), sind entsprechende Fälle zur Entwicklung geeigneter Vergütungsformen vertieft zu prüfen. Zur Förderung der palliativmedizinischen Versorgung durch Palliativdienste ist die Kalkulation eines Zusatzentgelts zu ermöglichen; im Einvernehmen mit der betroffenen medizinischen Fachgesellschaft sind die hierfür erforderlichen Kriterien bis zum 29. Februar 2016 zu entwickeln. Zur sachgerechten Abbildung der Kosten von telekonsiliarärztlichen Leistungen haben die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 auf der Grundlage eines Konzepts des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus spätestens bis zum 30. September 2024 Entgelte zu vereinbaren.
(1a) Soweit allgemeine Krankenhausleistungen nicht oder noch nicht in die Entgelte nach Absatz 1 Satz 1 einbezogen werden können, weil der Finanzierungstatbestand nicht in allen Krankenhäusern vorliegt, sind bundeseinheitliche Regelungen für Zu- oder Abschläge zu vereinbaren, insbesondere für
- 1.
die Notfallversorgung, - 2.
die besonderen Aufgaben nach § 2 Absatz 2 Satz 2 Nummer 4 des Krankenhausentgeltgesetzes, - 3.
(weggefallen) - 4.
die Beteiligung der Krankenhäuser an Maßnahmen zur Qualitätssicherung auf der Grundlage der §§ 136 und 136b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und die Beteiligung ganzer Krankenhäuser oder wesentlicher Teile der Einrichtungen an einrichtungsübergreifenden Fehlermeldesystemen, sofern diese den Festlegungen des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 136a Absatz 3 Satz 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch entsprechen, - 5.
befristete Zuschläge für die Finanzierung von Mehrkosten auf Grund von Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses, - 6.
die Finanzierung der Sicherstellung einer für die Versorgung der Bevölkerung notwendigen Vorhaltung von Leistungen, - 7.
die Aufnahme von Begleitpersonen nach § 2 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 des Krankenhausentgeltgesetzes und § 2 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 der Bundespflegesatzverordnung, - 8.
den Ausbildungszuschlag nach § 17a Absatz 6, - 9.
den Aufwand, der den verantwortlichen Gesundheitseinrichtungen im Sinne des § 2 Nummer 5 Buchstabe a des Implantateregistergesetzes auf Grund ihrer Pflichten nach den §§ 16 und 17 Absatz 1 des Implantateregistergesetzes sowie den §§ 18, 20, 24 und 25 des Implantateregistergesetzes und für die zu zahlenden Gebühren nach § 33 Absatz 1 Nummer 1 des Implantateregistergesetzes entsteht.
(2) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren entsprechend den Vorgaben der Absätze 1, 1a und 3 mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft ein Vergütungssystem, das sich an einem international bereits eingesetzten Vergütungssystem auf der Grundlage der Diagnosis Related Groups (DRG) orientiert, seine jährliche Weiterentwicklung und Anpassung, insbesondere an medizinische Entwicklungen, Kostenentwicklungen, Verweildauerverkürzungen und Leistungsverlagerungen zu und von anderen Versorgungsbereichen, und die Abrechnungsbestimmungen, soweit diese nicht im Krankenhausentgeltgesetz vorgegeben werden. Sie orientieren sich dabei unter Wahrung der Qualität der Leistungserbringung an wirtschaftlichen Versorgungsstrukturen und Verfahrensweisen; insbesondere wirken sie mit den Abrechnungsbestimmungen darauf hin, dass die Voraussetzungen, unter denen bei Wiederaufnahme von Patientinnen und Patienten eine Zusammenfassung der Falldaten zu einem Fall und eine Neueinstufung in eine Fallpauschale vorzunehmen sind, dem Wirtschaftlichkeitsgebot hinreichend Rechnung tragen. Die Prüfungsergebnisse nach § 137c des Fünften Buches Sozialgesetzbuch sind zu beachten. Der Bundesärztekammer ist Gelegenheit zur beratenden Teilnahme an den Sitzungen der Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 zu geben, soweit medizinische Fragen der Entgelte und der zu Grunde liegenden Leistungsabgrenzung betroffen sind; dies gilt entsprechend für einen Vertreter der Berufsorganisationen der Krankenpflegeberufe. Die betroffenen Fachgesellschaften und, soweit deren Belange berührt sind, die Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Industrie und der Industrie für Medizinprodukte erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Für die gemeinsame Beschlussfassung des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen und des Verbandes der privaten Krankenversicherung haben der Spitzenverband Bund der Krankenkassen zwei Stimmen und der Verband der privaten Krankenversicherung eine Stimme. Das Bundesministerium für Gesundheit kann an den Sitzungen der Vertragsparteien teilnehmen und erhält deren fachliche Unterlagen. Die Vertragsparteien veröffentlichen in geeigneter Weise die Ergebnisse der Kostenerhebungen und Kalkulationen; die der Kalkulation zugrunde liegenden Daten einzelner Krankenhäuser sind vertraulich.
(3) Die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 vereinbaren bis zum 30. Juni 2000 die Grundstrukturen des Vergütungssystems und des Verfahrens zur Ermittlung der Bewertungsrelationen auf Bundesebene (Bewertungsverfahren), insbesondere der zu Grunde zu legenden Fallgruppen, sowie die Grundzüge ihres Verfahrens zur laufenden Pflege des Systems auf Bundesebene. Die Vertragsparteien vereinbaren die Bewertungsrelationen und die Bewertung der Zu- und Abschläge nach Absatz 1a. Die Bewertungsrelationen werden auf der Grundlage der Fallkosten einer sachgerechten und repräsentativen Auswahl von Krankenhäusern kalkuliert. Auf der Grundlage eines vom Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus zu entwickelnden Vorschlags vereinbaren die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 bis spätestens zum 31. Dezember 2016 ein praktikables Konzept für eine repräsentative Kalkulation nach Satz 3; zur Gewährleistung einer repräsentativen Kalkulation der nach Absatz 4 auszugliedernden Pflegepersonalkosten hat das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus das Konzept anzupassen. Das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus bestimmt auf der Grundlage des Konzepts nach Satz 4, welche Krankenhäuser an der Kalkulation teilnehmen; diese Krankenhäuser sind zur Übermittlung der für die Durchführung der Kalkulation erforderlichen Daten an das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus verpflichtet.
(3a) Das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus hat für jede nicht erfolgte, nicht vollständige oder nicht fristgerechte Übermittlung der für die Durchführung der Kalkulation nach Absatz 3 Satz 4 erforderlichen Daten einen Abschlag von den pauschalierten Pflegesätzen nach § 17 Absatz 1 je Standort eines Krankenhauses festzulegen. Eine Übermittlung gilt als nicht vollständig, wenn die Daten von weniger als 95 Prozent der für den jeweiligen Standort eines Krankenhauses an das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus übermittelten voll- und teilstationären Krankenhausfälle verwertbar sind. Der Abschlag nach Satz 1 ergibt sich aus der Multiplikation der Anzahl der voll- und teilstationären Krankenhausfälle, deren Daten durch das Krankenhaus je Krankenhausstandort nicht übermittelt werden oder zwar übermittelt werden, aber durch das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus nicht verwertbar sind, mit einem fallbezogenen Abschlagswert. Der fallbezogene Abschlagswert beträgt im ersten Jahr der Datenübermittlung, in dem eine Übermittlung nicht, nicht vollständig oder nicht fristgerecht erfolgt, 20 Euro je voll- und teilstationären Krankenhausfall, dessen Daten nicht übermittelt werden oder zwar übermittelt werden, aber durch das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus nicht verwertbar sind. Für jedes weitere Jahr der Datenübermittlung, in dem eine Übermittlung nicht, nicht vollständig oder nicht fristgerecht erfolgt, erhöht sich der fallbezogene Abschlagswert nach Satz 4 um jeweils 10 Euro. Abweichend von den Sätzen 3 bis 5 beträgt der Abschlag nach Satz 1 mindestens 20 000 Euro und höchstens 500 000 Euro pro Jahr der Datenübermittlung. Das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus unterrichtet jeweils die Vertragsparteien nach § 18 Absatz 2 über Verstöße und die Höhe des jeweiligen Abschlags nach Satz 1. Die Vertragsparteien nach § 18 Absatz 2 berücksichtigen den Abschlag nach Satz 1 bei der Vereinbarung nach § 11 des Krankenhausentgeltgesetzes und § 11 der Bundespflegesatzverordnung.
(4) Die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 haben auf der Grundlage eines Konzepts des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus die Pflegepersonalkosten für die unmittelbare Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen und in Kreißsälen aus dem Vergütungssystem auszugliedern und eine neue Pflegepersonalkostenvergütung zu entwickeln; ab dem Jahr 2025 haben die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 auf der Grundlage eines angepassten Konzepts des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus die Pflegepersonalkosten für die unmittelbare Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen und in Kreißsälen nach den Vorgaben des Absatzes 4a aus dem Vergütungssystem auszugliedern und die Pflegepersonalkostenvergütung weiterzuentwickeln. Hierfür haben sie insbesondere erstmals bis zum 31. Januar 2019 eine eindeutige, bundeseinheitliche Definition der auszugliedernden Pflegepersonalkosten zu vereinbaren und dabei auch Regelungen für die Zuordnung von Kosten von Pflegepersonal festzulegen, das überwiegend in der unmittelbaren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen tätig ist. Die Krankenhäuser haben die Vorgaben zur Ausgliederung und zur bundeseinheitlichen Definition nach Satz 1 erster Halbsatz und Satz 2 für die Abgrenzung ihrer Kosten und Leistungen rückwirkend ab dem 1. Januar 2019 anzuwenden; für die Vereinbarungen ab dem Jahr 2025 haben die Krankenhäuser ab dem 1. Januar 2023 die Vorgaben zur Ausgliederung und zur bundeseinheitlichen Definition nach Absatz 4a für die Abgrenzung ihrer Kosten und Leistungen anzuwenden. Die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 haben die Bewertungsrelationen für das DRG-Vergütungssystem erstmals für das Jahr 2020 um die Summe der Bewertungsrelationen der nach Satz 1 auszugliedernden Pflegepersonalkosten und die Zusatzentgelte um die pflegerelevanten Kosten zu vermindern sowie auf dieser Grundlage die Fallpauschalenvereinbarung bis zum 30. September 2019 abzuschließen. Sie haben die nach Satz 1 auszugliedernden Pflegepersonalkosten bis zum 30. September 2019 in einem Katalog mit bundeseinheitlichen Bewertungsrelationen je voll oder teilstationärem Belegungstag auszuweisen und den Katalog jährlich weiterzuentwickeln. Der Katalog ist erstmals für das Jahr 2020 von den Vertragsparteien nach § 18 Absatz 2 für die Abzahlung des Pflegebudgets nach § 6a des Krankenhausentgeltgesetzes anzuwenden. Für die Ausgliederung der Pflegepersonalkosten und die Entwicklung einer neuen Pflegepersonalkostenvergütung nach Satz 1 sowie für die Vereinbarung einer bundeseinheitlichen Definition nach Satz 2 oder Absatz 4a Satz 1 gelten die Regelungen nach Absatz 2 Satz 4 bis 7 zur Einbindung der Berufsorganisationen der Krankenpflegeberufe, zur Beschlussfassung sowie zu den Teilnahme- und Zugangsrechten des Bundesministeriums für Gesundheit entsprechend. Für die Ausweisung der auszugliedernden Pflegepersonalkosten in einem Katalog mit bundeseinheitlichen Bewertungsrelationen und die Weiterentwicklung des Katalogs nach Satz 5 gelten die Veröffentlichungspflichten nach Absatz 2 Satz 8 entsprechend. Die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 berichten dem Bundesministerium für Gesundheit über die Auswirkungen, die die Einführung des Pflegebudgets nach § 6a des Krankenhausentgeltgesetzes auf die Entwicklung der Pflegepersonalstellen und -kosten in den Jahren 2020 bis 2024 hat. Sie haben hierzu zum 31. August 2022 einen Zwischenbericht und zum 31. August 2025 einen abschließenden Bericht vorzulegen.
(4a) Für die Jahre ab 2025 haben die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 erstmals bis zum 31. Dezember 2022 zu vereinbaren, dass in der eindeutigen bundeseinheitlichen Definition der auszugliedernden Pflegepersonalkosten nach Absatz 4 Satz 2 ausschließlich das Pflegepersonal und die Pflegepersonalkosten der folgenden Berufsgruppen zu berücksichtigen sind:
- 1.
als Pflegefachkräfte Personen, die über die Erlaubnis zum Führen einer Berufsbezeichnung nach § 1 Absatz 1 des Pflegeberufegesetzes oder § 58 Absatz 1 oder Absatz 2 des Pflegeberufegesetzes verfügen oder deren Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung nach dem Krankenpflegegesetz in der am 31. Dezember 2019 geltenden Fassung oder nach dem Altenpflegegesetz in der am 31. Dezember 2019 geltenden Fassung nach § 64 des Pflegeberufegesetzes fortgilt, - 2.
als Pflegehilfskräfte - a)
Personen, die erfolgreich eine landesrechtlich geregelte Assistenz- oder Helferausbildung in der Pflege von mindestens einjähriger Dauer abgeschlossen haben, die die von der 89. Arbeits- und Sozialministerkonferenz 2012 und der 86. Gesundheitsministerkonferenz 2013 als Mindestanforderungen beschlossenen Eckpunkte für die in Länderzuständigkeit liegenden Ausbildungen zu Assistenz- und Helferberufen in der Pflege (BAnz AT 17.02.2016 B3) erfüllt, - b)
Personen, die erfolgreich eine landesrechtlich geregelte Ausbildung in der Krankenpflegehilfe oder in der Altenpflegehilfe von mindestens einjähriger Dauer abgeschlossen haben, - c)
Personen, denen auf der Grundlage des Krankenpflegegesetzes in der am 31. Dezember 2003 geltenden Fassung eine Erlaubnis als Krankenpflegehelferin oder Krankenpflegehelfer erteilt worden ist, - d)
Medizinische Fachangestellte, die erfolgreich eine Ausbildung nach der Verordnung über die Berufsausbildung zum Medizinischen Fachangestellten/zur Medizinischen Fachangestellten abgeschlossen haben oder eine Qualifikation vorweisen, die dieser Ausbildung entspricht, - e)
Anästhesietechnische Assistentinnen und Anästhesietechnische Assistenten, die über die Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung nach § 1 Absatz 1 des Anästhesietechnische- und Operationstechnische-Assistenten-Gesetzes verfügen, und - f)
Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter, denen die Erlaubnis zum Führen einer Berufsbezeichnung nach § 1 Absatz 1 des Notfallsanitätergesetzes erteilt worden ist, und
- 3.
als Hebammen Personen mit einer Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung nach § 5 Absatz 1 des Hebammengesetzes, auch in Verbindung mit den §§ 73 und 74 Absatz 1 des Hebammengesetzes.
(5) Zur Finanzierung der ihnen übertragenen Aufgaben nach den Absätzen 1 bis 4 sowie § 10 Abs. 2 und § 17d vereinbaren die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1
- 1.
einen Zuschlag für jeden abzurechnenden Krankenhausfall, mit dem die Entwicklung, Einführung und laufende Pflege des Vergütungssystems finanziert werden (DRG-Systemzuschlag); der Zuschlag dient der Finanzierung insbesondere der Entwicklung der DRG-Klassifikation und der Kodierregeln, der Ermittlung der Bewertungsrelationen, der Bewertung der Zu- und Abschläge, der Ermittlung der Richtwerte nach § 17a Abs. 4b, von pauschalierten Zahlungen für die Teilnahme von Krankenhäusern oder Ausbildungsstätten an der Kalkulation und der Vergabe von Aufträgen, auch soweit die Vertragsparteien die Aufgaben durch das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus wahrnehmen lassen oder das Bundesministerium für Gesundheit nach Absatz 7 anstelle der Vertragsparteien entscheidet, - 2.
Maßnahmen, die sicherstellen, dass die durch den Systemzuschlag erhobenen Finanzierungsbeträge ausschließlich zur Umsetzung der in diesem Absatz genannten Aufgaben verwendet werden, - 3.
das Nähere zur Weiterleitung der entsprechenden Einnahmen der Krankenhäuser an die Vertragsparteien, - 4.
kommt eine Vereinbarung nicht zustande, entscheidet auf Antrag einer Vertragspartei die Schiedsstelle nach § 18a Abs. 6.
(6) (weggefallen)
(7) Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates
- 1.
Vorschriften über das Vergütungssystem einschließlich Vorschriften über die Pflegepersonalkostenvergütung nach Absatz 4 zu erlassen, soweit eine Einigung der Vertragsparteien nach Absatz 2 ganz oder teilweise nicht zustande gekommen ist und eine der Vertragsparteien insoweit das Scheitern der Verhandlungen erklärt hat; die Vertragsparteien haben zu den strittigen Punkten ihre Auffassungen und die Auffassungen sonstiger Betroffener darzulegen und Lösungsvorschläge zu unterbreiten, - 2.
abweichend von Nummer 1 auch ohne Erklärung des Scheiterns durch eine Vertragspartei nach Ablauf vorher vorgegebener Fristen für Arbeitsschritte zu entscheiden, soweit dies erforderlich ist, um die Einführung des Vergütungssystems einschließlich der Pflegepersonalkostenvergütung nach Absatz 4 und die jährliche Weiterentwicklung fristgerecht sicherzustellen, - 3.
Leistungen oder besondere Einrichtungen nach Absatz 1 Satz 9 und 10 zu bestimmen, die mit dem DRG-Vergütungssystem noch nicht sachgerecht vergütet werden können; für diese Bereiche können die anzuwendende Art der Vergütung festgelegt sowie Vorschriften zur Ermittlung der Entgelthöhe und zu den vorzulegenden Verhandlungsunterlagen erlassen werden, - 4.
unter den Voraussetzungen nach den Nummern 1 und 2 Richtwerte nach § 17a Abs. 4b zur Finanzierung der Ausbildungskosten vorzugeben.
(7a) Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Vorschriften über die Unterlagen, die von den Krankenhäusern für die Budgetverhandlungen vorzulegen sind, zu erlassen.
(8) Die Vertragsparteien nach Absatz 2 führen eine Begleitforschung zu den Auswirkungen des neuen Vergütungssystems, insbesondere zur Veränderung der Versorgungsstrukturen und zur Qualität der Versorgung, durch; dabei sind auch die Auswirkungen auf die anderen Versorgungsbereiche sowie die Art und der Umfang von Leistungsverlagerungen zu untersuchen. Sie schreiben dazu Forschungsaufträge aus und beauftragen das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus, insbesondere die Daten nach § 21 des Krankenhausentgeltgesetzes auszuwerten. Die Kosten dieser Begleitforschung werden mit dem DRG-Systemzuschlag nach Absatz 5 finanziert. Die Begleitforschung ist mit dem Bundesministerium für Gesundheit abzustimmen.
(9) (weggefallen)
(10) Über die nach Absatz 1 Satz 11 vorzunehmende vertiefte Prüfung von Kostenausreißern hinausgehend beauftragen die Vertragsparteien nach Absatz 2 bis zum 31. Dezember 2013 das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus mit der Festlegung von Kriterien zur Ermittlung von Kostenausreißern und einer auf dieser Grundlage erfolgenden systematischen Prüfung, in welchem Umfang Krankenhäuser mit Kostenausreißern belastet sind. Das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus entwickelt ein Regelwerk für Fallprüfungen bei Krankenhäusern, die an der DRG-Kalkulation teilnehmen. Zur sachgerechten Beurteilung der Kostenausreißer hat das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus von den an der Kalkulation teilnehmenden Krankenhäusern über den Kalkulationsdatensatz hinausgehende detaillierte fallbezogene Kosten- und Leistungsdaten zu erheben. Das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus veröffentlicht die Prüfergebnisse jährlich im Rahmen eines Extremkostenberichts, erstmals bis zum 31. Dezember 2014. In dem Bericht sind auch die Gründe von Kostenausreißerfällen und Belastungsunterschieden zwischen Krankenhäusern darzulegen. Auf der Grundlage des Berichts sind geeignete Regelungen für eine sachgerechte Vergütung von Kostenausreißern im Rahmen des Entgeltsystems zu entwickeln und durch die Vertragsparteien nach Absatz 2 zu vereinbaren.
(1) Die Entgelte für allgemeine Krankenhausleistungen sind für alle Benutzer des Krankenhauses einheitlich zu berechnen; § 17 Abs. 5 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes bleibt unberührt. Bei Patienten, die im Rahmen einer klinischen Studie behandelt werden, sind die Entgelte für allgemeine Krankenhausleistungen nach § 7 zu berechnen; dies gilt auch bei klinischen Studien mit Arzneimitteln. Die Entgelte dürfen nur im Rahmen des Versorgungsauftrags berechnet werden; dies gilt nicht für die Behandlung von Notfallpatienten. Der Versorgungsauftrag des Krankenhauses ergibt sich
- 1.
bei einem Plankrankenhaus aus den Festlegungen des Krankenhausplans in Verbindung mit den Bescheiden zu seiner Durchführung nach § 6 Abs. 1 in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Satz 3 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes sowie einer ergänzenden Vereinbarung nach § 109 Abs. 1 Satz 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, - 2.
bei einer Hochschulklinik aus der Anerkennung nach den landesrechtlichen Vorschriften, dem Krankenhausplan nach § 6 Abs. 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes sowie einer ergänzenden Vereinbarung nach § 109 Abs. 1 Satz 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, - 3.
bei anderen Krankenhäusern aus dem Versorgungsvertrag nach § 108 Nr. 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch.
(2) Fallpauschalen werden für die Behandlungsfälle berechnet, die in dem Fallpauschalen-Katalog nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bestimmt sind. Für die Patienten von Belegärzten werden gesonderte Fallpauschalen berechnet. Zusätzlich zu einer Fallpauschale dürfen berechnet werden:
- 1.
Zusatzentgelte nach dem Katalog nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 oder nach § 6 Abs. 1 bis 2a, insbesondere für die Behandlung von Blutern mit Blutgerinnungsfaktoren sowie für eine Dialyse, wenn die Behandlung des Nierenversagens nicht die Hauptleistung ist, - 2.
Zu- und Abschläge nach § 17b Absatz 1a des Krankenhausfinanzierungsgesetzes und nach diesem Gesetz, - 3.
eine nachstationäre Behandlung nach § 115a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, soweit die Summe aus den stationären Belegungstagen und den vor- und nachstationären Behandlungstagen die Grenzverweildauer der Fallpauschale übersteigt; eine vorstationäre Behandlung ist neben der Fallpauschale nicht gesondert berechenbar; dies gilt auch für eine entsprechende Behandlung von Privatpatienten als allgemeine Krankenhausleistung, - 4.
Zuschläge nach den §§ 139c, 91 Abs. 2 Satz 6 und § 377 Absatz 1 und 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, - 5.
tagesbezogene Pflegeentgelte nach § 6a je voll- oder teilstationären Belegungstag.
(3) Hat nach dem Ergebnis einer Prüfung nach § 275c Absatz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch eine vollstationäre Behandlungsbedürftigkeit nicht vorgelegen, sind die vom Krankenhaus erbrachten Leistungen nach den für vorstationäre Behandlungen nach § 115a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch getroffenen Vereinbarungen zu vergüten, soweit keine andere Möglichkeit zur Abrechnung der erbrachten Leistung besteht.
(4) Hält das Krankenhaus seine Verpflichtungen zur Qualitätssicherung nicht ein, sind von den Fallpauschalen und Zusatzentgelten Abschläge nach § 137 Absatz 1 oder Absatz 2 oder nach § 137i Absatz 5 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vorzunehmen. Entgelte dürfen für eine Leistung nicht berechnet werden, wenn ein Krankenhaus die Vorgaben für Mindestmengen nach § 136b Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch nicht erfüllt, soweit kein Ausnahmetatbestand nach § 136b Absatz 5a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch geltend gemacht werden kann oder keine berechtigte mengenmäßige Erwartung nach § 136b Absatz 5 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch nachgewiesen wird. Ferner dürfen Entgelte für Leistungen nicht berechnet werden, wenn die Prüfung nach § 275d des Fünften Buches Sozialgesetzbuch ergibt, dass die für die Leistungserbringung maßgeblichen Strukturmerkmale nicht erfüllt werden.
(5) Werden Patientinnen oder Patienten, für die eine Fallpauschale abrechenbar ist, wegen einer Komplikation im Zusammenhang mit der durchgeführten Leistung innerhalb der oberen Grenzverweildauer wieder aufgenommen, hat das Krankenhaus eine Zusammenfassung der Falldaten zu einem Fall und eine Neueinstufung in eine Fallpauschale vorzunehmen. Näheres oder Abweichendes regeln die Vertragsparteien nach § 17b Abs. 2 Satz 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes oder eine Rechtsverordnung nach § 17b Abs. 7 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes. In anderen als den vertraglich oder gesetzlich bestimmten Fällen ist eine Fallzusammenführung insbesondere aus Gründen des Wirtschaftlichkeitsgebots nicht zulässig.
(6) Werden die mit einer Fallpauschale vergüteten Leistungen ohne Verlegung des Patienten durch mehrere Krankenhäuser erbracht, wird die Fallpauschale durch das Krankenhaus berechnet, das den Patienten stationär aufgenommen hat.
(7) Das Krankenhaus kann eine angemessene Vorauszahlung verlangen, wenn und soweit ein Krankenversicherungsschutz nicht nachgewiesen wird. Ab dem achten Tag des Krankenhausaufenthalts kann das Krankenhaus eine angemessene Abschlagszahlung verlangen, deren Höhe sich an den bisher erbrachten Leistungen in Verbindung mit der Höhe der voraussichtlich zu zahlenden Entgelte zu orientieren hat. Die Sätze 1 bis 2 gelten nicht, soweit andere Regelungen über eine zeitnahe Vergütung der allgemeinen Krankenhausleistungen in für das Krankenhaus verbindlichen Regelungen nach den §§ 112 bis 114 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder in der Vereinbarung nach § 11 Abs. 1 getroffen werden.
(8) Das Krankenhaus hat dem selbstzahlenden Patienten oder seinem gesetzlichen Vertreter die für ihn voraussichtlich maßgebenden Entgelte so bald wie möglich schriftlich oder in Textform bekannt zu geben, es sei denn, der Patient ist in vollem Umfang für Krankenhausbehandlung versichert. Im Übrigen kann jeder Patient verlangen, dass ihm unverbindlich die voraussichtlich abzurechnende Fallpauschale und deren Höhe sowie voraussichtlich zu zahlende, ergänzende Entgelte mitgeteilt werden. Stehen bei der Aufnahme eines selbstzahlenden Patienten die Entgelte noch nicht endgültig fest, ist hierauf hinzuweisen. Dabei ist mitzuteilen, dass das zu zahlende Entgelt sich erhöht, wenn das neue Entgelt während der stationären Behandlung des Patienten in Kraft tritt. Die voraussichtliche Erhöhung ist anzugeben.
(9) Die Rechnungen des Krankenhauses für selbstzahlende Patientinnen oder selbstzahlende Patienten sind in einer verständlichen und nachvollziehbaren Form zu gestalten. Dabei sind die Fallpauschalen und Zusatzentgelte mit der Nummerierung und den vollständigen Texten aus dem jeweils anzuwendenden Entgeltkatalog, den maßgeblichen Diagnose- und Prozedurenschlüsseln sowie bei Fallpauschalen den effektiven Bewertungsrelationen und dem Landesbasisfallwert auszuweisen. Zu den Diagnose- und Prozedurenschlüsseln sind außerdem die entsprechenden Textfassungen anzugeben. Weitere Entgelte sowie Zu- oder Abschläge sind mit kurzen verständlichen Texten zu bezeichnen. Die Zuschläge nach § 7 Abs. 1 Satz 3 werden in der Rechnung zusammengefasst und gemeinsam als „Systemzuschlag“ ausgewiesen. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft gibt zur Gestaltung der Rechnung eine entsprechende Empfehlung im Benehmen mit dem Verband der privaten Krankenversicherung ab. Das Verfahren nach § 301 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bleibt unberührt.
(10) Zur Förderung der pflegerischen Versorgung ist bei Patientinnen oder Patienten, die zur vollstationären Behandlung in das Krankenhaus aufgenommen werden, für Aufnahmen ab dem 1. Januar 2017 ein Pflegezuschlag abzurechnen und gesondert in der Rechnung auszuweisen. Die Höhe des Pflegezuschlags ist zu ermitteln, indem die jährliche Fördersumme für das Krankenhaus durch die vollstationäre Fallzahl geteilt wird, die für den Vereinbarungszeitraum des Erlösbudgets und der Erlössumme vereinbart oder festgesetzt wurde. Die jährliche Fördersumme für das Krankenhaus ist von den Vertragsparteien nach § 11 zu ermitteln, indem der Anteil der Personalkosten des Krankenhauses für das Pflegepersonal an den Personalkosten für das Pflegepersonal aller Krankenhäuser im Anwendungsbereich dieses Gesetzes errechnet wird und dieser krankenhausindividuelle Anteil auf die jährlich bundesweit zur Verfügung stehende Fördersumme von 500 Millionen Euro bezogen wird. Grundlage für die Personalkosten für das Pflegepersonal aller Krankenhäuser nach Satz 3 sind jeweils die vom Statistischen Bundesamt in der Fachserie 12 Reihe 6.1 ausgewiesenen Vollzeitstellen in der Pflege mit und ohne direktem Beschäftigungsverhältnis mit dem Krankenhaus. Von diesen Vollzeitstellen sind die ausgewiesenen Vollzeitstellen in Einrichtungen der Psychiatrie und der Psychosomatik sowie in Krankenhäusern ohne Versorgungsvertrag abzuziehen. Die nach den Sätzen 4 und 5 ermittelte Zahl der Vollzeitstellen ist zu multiplizieren mit den in der Fachserie 12 Reihe 6.3 ausgewiesenen bundesdurchschnittlichen Kosten pro Pflegekraft jeweils für das Jahr, das zwei Jahre vor dem Jahr liegt, in dem der Pflegezuschlag für das Folgejahr zu vereinbaren ist. Grundlage für die Personalkosten für Pflegepersonal des einzelnen Krankenhauses sind die Vollzeitstellen in der Pflege mit und ohne direktem Beschäftigungsverhältnis mit dem Krankenhaus, die für dasselbe Jahr vom Krankenhaus an das Statistische Landesamt übermittelt wurden und die Eingang in die Statistik gefunden haben. Von diesen Vollzeitstellen sind die ausgewiesenen Vollzeitstellen in seinen Fachabteilungen der Psychiatrie und der Psychosomatik abzuziehen. Die nach den Sätzen 7 und 8 ermittelte Zahl der Vollzeitstellen ist zu multiplizieren mit den in der Fachserie 12 Reihe 6.3 ausgewiesenen durchschnittlichen Kosten pro Pflegekraft im jeweiligen Land. § 5 Absatz 4 Satz 5, § 11 Absatz 4 Satz 3 und 4 sowie § 15 Absatz 2 gelten entsprechend. Der Pflegezuschlag ist bei Patientinnen oder Patienten abzurechnen, die vor dem 1. Januar 2020 zur vollstationären Behandlung in das Krankenhaus aufgenommen werden.
(11) Das Krankenhaus berechnet bei Patientinnen und Patienten, die im Zeitraum vom 1. Mai 2020 bis zum 31. Dezember 2020 zur voll- oder teilstationären Krankenhausbehandlung in das Krankenhaus aufgenommen werden, einen Zuschlag in Höhe von 0,42 Prozent des Rechnungsbetrags und weist diesen gesondert in der Rechnung aus. Der Zuschlag wird bei der Ermittlung der Erlösausgleiche nicht berücksichtigt.
Die allgemeinen Krankenhausleistungen werden gegenüber den Patientinnen und Patienten oder ihren Kostenträgern mit folgenden Entgelten abgerechnet:
- 1.
mit Bewertungsrelationen bewertete Entgelte nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 9), - 2.
Zusatzentgelte nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 9), - 3.
Ausbildungszuschlag (§ 17a Absatz 6 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes sowie § 33 Absatz 3 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes) und sonstige Zu- und Abschläge (§ 17d Absatz 2 Satz 4 und 5 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes und Qualitätssicherungsabschläge nach § 8 Absatz 3), - 4.
Entgelte für Leistungen, die noch nicht von den auf Bundesebene vereinbarten Entgelten erfasst werden (§ 6 Absatz 1 oder Absatz 3 Satz 3), und für regionale oder strukturelle Besonderheiten in der Leistungserbringung (§ 6 Absatz 2), - 5.
Entgelte für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die noch nicht in die Entgeltkataloge nach § 9 aufgenommen worden sind (§ 6 Absatz 4).
- 1.
der DRG-Systemzuschlag nach § 17b Absatz 5 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes, - 2.
der Systemzuschlag für den Gemeinsamen Bundesausschuss und das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen nach § 91 Absatz 3 Satz 1 in Verbindung mit § 139c des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und - 3.
der Telematikzuschlag nach § 377 Absatz 1 und 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch.
(1) Die Krankenversicherung kann auf die Person des Versicherungsnehmers oder eines anderen genommen werden. Versicherte Person ist die Person, auf welche die Versicherung genommen wird.
(2) Soweit nach diesem Gesetz die Kenntnis und das Verhalten des Versicherungsnehmers von rechtlicher Bedeutung sind, ist bei der Versicherung auf die Person eines anderen auch deren Kenntnis und Verhalten zu berücksichtigen.
(3) Jede Person mit Wohnsitz im Inland ist verpflichtet, bei einem in Deutschland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmen für sich selbst und für die von ihr gesetzlich vertretenen Personen, soweit diese nicht selbst Verträge abschließen können, eine Krankheitskostenversicherung, die mindestens eine Kostenerstattung für ambulante und stationäre Heilbehandlung umfasst und bei der die für tariflich vorgesehene Leistungen vereinbarten absoluten und prozentualen Selbstbehalte für ambulante und stationäre Heilbehandlung für jede zu versichernde Person auf eine betragsmäßige Auswirkung von kalenderjährlich 5.000 Euro begrenzt ist, abzuschließen und aufrechtzuerhalten; für Beihilfeberechtigte ergeben sich die möglichen Selbstbehalte durch eine sinngemäße Anwendung des durch den Beihilfesatz nicht gedeckten Vom-Hundert-Anteils auf den Höchstbetrag von 5.000 Euro. Die Pflicht nach Satz 1 besteht nicht für Personen, die
- 1.
in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert oder versicherungspflichtig sind oder - 2.
Anspruch auf freie Heilfürsorge haben, beihilfeberechtigt sind oder vergleichbare Ansprüche haben im Umfang der jeweiligen Berechtigung oder - 3.
Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz haben oder - 4.
Empfänger laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten und Siebten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und Empfänger von Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch sind für die Dauer dieses Leistungsbezugs und während Zeiten einer Unterbrechung des Leistungsbezugs von weniger als einem Monat, wenn der Leistungsbezug vor dem 1. Januar 2009 begonnen hat.
(4) Wird der Vertragsabschluss später als einen Monat nach Entstehen der Pflicht nach Absatz 3 Satz 1 beantragt, ist ein Prämienzuschlag zu entrichten. Dieser beträgt einen Monatsbeitrag für jeden weiteren angefangenen Monat der Nichtversicherung, ab dem sechsten Monat der Nichtversicherung für jeden weiteren angefangenen Monat der Nichtversicherung ein Sechstel eines Monatsbeitrags. Kann die Dauer der Nichtversicherung nicht ermittelt werden, ist davon auszugehen, dass der Versicherte mindestens fünf Jahre nicht versichert war. Der Prämienzuschlag ist einmalig zusätzlich zur laufenden Prämie zu entrichten. Der Versicherungsnehmer kann vom Versicherer die Stundung des Prämienzuschlages verlangen, wenn den Interessen des Versicherers durch die Vereinbarung einer angemessenen Ratenzahlung Rechnung getragen werden kann. Der gestundete Betrag ist zu verzinsen. Wird der Vertragsabschluss bis zum 31. Dezember 2013 beantragt, ist kein Prämienzuschlag zu entrichten. Dies gilt für bis zum 31. Juli 2013 abgeschlossene Verträge für noch ausstehende Prämienzuschläge nach Satz 1 entsprechend.
(5) Der Versicherer ist verpflichtet,
- 1.
allen freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten - a)
innerhalb von sechs Monaten nach Einführung des Basistarifes, - b)
innerhalb von sechs Monaten nach Beginn der im Fünften Buch Sozialgesetzbuch vorgesehenen Wechselmöglichkeit im Rahmen ihres freiwilligen Versicherungsverhältnisses,
- 2.
allen Personen mit Wohnsitz in Deutschland, die nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig sind, nicht zum Personenkreis nach Nummer 1 oder Absatz 3 Satz 2 Nr. 3 und 4 gehören und die nicht bereits eine private Krankheitskostenversicherung mit einem in Deutschland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmen vereinbart haben, die der Pflicht nach Absatz 3 genügt, - 3.
Personen, die beihilfeberechtigt sind oder vergleichbare Ansprüche haben, soweit sie zur Erfüllung der Pflicht nach Absatz 3 Satz 1 ergänzenden Versicherungsschutz benötigen, - 4.
allen Personen mit Wohnsitz in Deutschland, die eine private Krankheitskostenversicherung im Sinn des Absatzes 3 mit einem in Deutschland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmen vereinbart haben und deren Vertrag nach dem 31. Dezember 2008 abgeschlossen wird,
- 1.
den Versicherungsvertrag wegen Drohung oder arglistiger Täuschung angefochten hat oder - 2.
vom Versicherungsvertrag wegen einer vorsätzlichen Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht zurückgetreten ist.
(6) Ist der Versicherungsnehmer in einer der Pflicht nach Absatz 3 genügenden Versicherung mit einem Betrag in Höhe von Prämienanteilen für zwei Monate im Rückstand, hat ihn der Versicherer zu mahnen. Der Versicherungsnehmer hat für jeden angefangenen Monat eines Prämienrückstandes an Stelle von Verzugszinsen einen Säumniszuschlag in Höhe von 1 Prozent des Prämienrückstandes zu entrichten. Ist der Prämienrückstand einschließlich der Säumniszuschläge zwei Monate nach Zugang der Mahnung höher als der Prämienanteil für einen Monat, mahnt der Versicherer ein zweites Mal und weist auf die Folgen nach Satz 4 hin. Ist der Prämienrückstand einschließlich der Säumniszuschläge einen Monat nach Zugang der zweiten Mahnung höher als der Prämienanteil für einen Monat, ruht der Vertrag ab dem ersten Tag des nachfolgenden Monats. Das Ruhen des Vertrages tritt nicht ein oder endet, wenn der Versicherungsnehmer oder die versicherte Person hilfebedürftig im Sinne des Zweiten oder Zwölften Buches Sozialgesetzbuch ist oder wird; die Hilfebedürftigkeit ist auf Antrag des Versicherungsnehmers vom zuständigen Träger nach dem Zweiten oder dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch zu bescheinigen.
(7) Solange der Vertrag ruht, gilt der Versicherungsnehmer als im Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes versichert. Risikozuschläge, Leistungsausschlüsse und Selbstbehalte entfallen während dieser Zeit. Der Versicherer kann verlangen, dass Zusatzversicherungen ruhen, solange die Versicherung nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes besteht. Ein Wechsel in den oder aus dem Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes ist ausgeschlossen. Ein Versicherungsnehmer, dessen Vertrag nur die Erstattung eines Prozentsatzes der entstandenen Aufwendungen vorsieht, gilt als in einer Variante des Notlagentarifs nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes versichert, die Leistungen in Höhe von 20, 30 oder 50 Prozent der versicherten Behandlungskosten vorsieht, abhängig davon, welcher Prozentsatz dem Grad der vereinbarten Erstattung am nächsten ist.
(8) Der Versicherer übersendet dem Versicherungsnehmer in Textform eine Mitteilung über die Fortsetzung des Vertrages im Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes und über die zu zahlende Prämie. Dabei ist der Versicherungsnehmer in herausgehobener Form auf die Folgen der Anrechnung der Alterungsrückstellung nach § 153 Absatz 2 Satz 6 des Versicherungsaufsichtsgesetzes für die Höhe der künftig zu zahlenden Prämie hinzuweisen. Angaben zur Versicherung im Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes kann der Versicherer auf einer elektronischen Gesundheitskarte nach § 291a Absatz 1a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vermerken.
(9) Sind alle rückständigen Prämienanteile einschließlich der Säumniszuschläge und der Beitreibungskosten gezahlt, wird der Vertrag ab dem ersten Tag des übernächsten Monats in dem Tarif fortgesetzt, in dem der Versicherungsnehmer vor Eintritt des Ruhens versichert war. Dabei ist der Versicherungsnehmer so zu stellen, wie er vor der Versicherung im Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes stand, abgesehen von den während der Ruhenszeit verbrauchten Anteilen der Alterungsrückstellung. Während der Ruhenszeit vorgenommene Prämienanpassungen und Änderungen der Allgemeinen Versicherungsbedingungen gelten ab dem Tag der Fortsetzung.
(10) Hat der Versicherungsnehmer die Krankenversicherung auf die Person eines anderen genommen, gelten die Absätze 6 bis 9 für die versicherte Person entsprechend.
(11) Bei einer Versicherung im Basistarif nach § 152 des Versicherungsaufsichtsgesetzes kann das Versicherungsunternehmen verlangen, dass Zusatzversicherungen ruhen, wenn und solange ein Versicherter auf die Halbierung des Beitrags nach § 152 Absatz 4 des Versicherungsaufsichtsgesetzes angewiesen ist.
(1) Im Fall der Beendigung des Versicherungsverhältnisses vor Ablauf der Versicherungsperiode steht dem Versicherer für diese Versicherungsperiode nur derjenige Teil der Prämie zu, der dem Zeitraum entspricht, in dem Versicherungsschutz bestanden hat. Wird das Versicherungsverhältnis durch Rücktritt auf Grund des § 19 Abs. 2 oder durch Anfechtung des Versicherers wegen arglistiger Täuschung beendet, steht dem Versicherer die Prämie bis zum Wirksamwerden der Rücktritts- oder Anfechtungserklärung zu. Tritt der Versicherer nach § 37 Abs. 1 zurück, kann er eine angemessene Geschäftsgebühr verlangen.
(2) Endet das Versicherungsverhältnis nach § 16, kann der Versicherungsnehmer den auf die Zeit nach der Beendigung des Versicherungsverhältnisses entfallenden Teil der Prämie unter Abzug der für diese Zeit aufgewendeten Kosten zurückfordern.
(1) Die Krankenversicherung kann auf die Person des Versicherungsnehmers oder eines anderen genommen werden. Versicherte Person ist die Person, auf welche die Versicherung genommen wird.
(2) Soweit nach diesem Gesetz die Kenntnis und das Verhalten des Versicherungsnehmers von rechtlicher Bedeutung sind, ist bei der Versicherung auf die Person eines anderen auch deren Kenntnis und Verhalten zu berücksichtigen.
(3) Jede Person mit Wohnsitz im Inland ist verpflichtet, bei einem in Deutschland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmen für sich selbst und für die von ihr gesetzlich vertretenen Personen, soweit diese nicht selbst Verträge abschließen können, eine Krankheitskostenversicherung, die mindestens eine Kostenerstattung für ambulante und stationäre Heilbehandlung umfasst und bei der die für tariflich vorgesehene Leistungen vereinbarten absoluten und prozentualen Selbstbehalte für ambulante und stationäre Heilbehandlung für jede zu versichernde Person auf eine betragsmäßige Auswirkung von kalenderjährlich 5.000 Euro begrenzt ist, abzuschließen und aufrechtzuerhalten; für Beihilfeberechtigte ergeben sich die möglichen Selbstbehalte durch eine sinngemäße Anwendung des durch den Beihilfesatz nicht gedeckten Vom-Hundert-Anteils auf den Höchstbetrag von 5.000 Euro. Die Pflicht nach Satz 1 besteht nicht für Personen, die
- 1.
in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert oder versicherungspflichtig sind oder - 2.
Anspruch auf freie Heilfürsorge haben, beihilfeberechtigt sind oder vergleichbare Ansprüche haben im Umfang der jeweiligen Berechtigung oder - 3.
Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz haben oder - 4.
Empfänger laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten und Siebten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und Empfänger von Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch sind für die Dauer dieses Leistungsbezugs und während Zeiten einer Unterbrechung des Leistungsbezugs von weniger als einem Monat, wenn der Leistungsbezug vor dem 1. Januar 2009 begonnen hat.
(4) Wird der Vertragsabschluss später als einen Monat nach Entstehen der Pflicht nach Absatz 3 Satz 1 beantragt, ist ein Prämienzuschlag zu entrichten. Dieser beträgt einen Monatsbeitrag für jeden weiteren angefangenen Monat der Nichtversicherung, ab dem sechsten Monat der Nichtversicherung für jeden weiteren angefangenen Monat der Nichtversicherung ein Sechstel eines Monatsbeitrags. Kann die Dauer der Nichtversicherung nicht ermittelt werden, ist davon auszugehen, dass der Versicherte mindestens fünf Jahre nicht versichert war. Der Prämienzuschlag ist einmalig zusätzlich zur laufenden Prämie zu entrichten. Der Versicherungsnehmer kann vom Versicherer die Stundung des Prämienzuschlages verlangen, wenn den Interessen des Versicherers durch die Vereinbarung einer angemessenen Ratenzahlung Rechnung getragen werden kann. Der gestundete Betrag ist zu verzinsen. Wird der Vertragsabschluss bis zum 31. Dezember 2013 beantragt, ist kein Prämienzuschlag zu entrichten. Dies gilt für bis zum 31. Juli 2013 abgeschlossene Verträge für noch ausstehende Prämienzuschläge nach Satz 1 entsprechend.
(5) Der Versicherer ist verpflichtet,
- 1.
allen freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten - a)
innerhalb von sechs Monaten nach Einführung des Basistarifes, - b)
innerhalb von sechs Monaten nach Beginn der im Fünften Buch Sozialgesetzbuch vorgesehenen Wechselmöglichkeit im Rahmen ihres freiwilligen Versicherungsverhältnisses,
- 2.
allen Personen mit Wohnsitz in Deutschland, die nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig sind, nicht zum Personenkreis nach Nummer 1 oder Absatz 3 Satz 2 Nr. 3 und 4 gehören und die nicht bereits eine private Krankheitskostenversicherung mit einem in Deutschland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmen vereinbart haben, die der Pflicht nach Absatz 3 genügt, - 3.
Personen, die beihilfeberechtigt sind oder vergleichbare Ansprüche haben, soweit sie zur Erfüllung der Pflicht nach Absatz 3 Satz 1 ergänzenden Versicherungsschutz benötigen, - 4.
allen Personen mit Wohnsitz in Deutschland, die eine private Krankheitskostenversicherung im Sinn des Absatzes 3 mit einem in Deutschland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmen vereinbart haben und deren Vertrag nach dem 31. Dezember 2008 abgeschlossen wird,
- 1.
den Versicherungsvertrag wegen Drohung oder arglistiger Täuschung angefochten hat oder - 2.
vom Versicherungsvertrag wegen einer vorsätzlichen Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht zurückgetreten ist.
(6) Ist der Versicherungsnehmer in einer der Pflicht nach Absatz 3 genügenden Versicherung mit einem Betrag in Höhe von Prämienanteilen für zwei Monate im Rückstand, hat ihn der Versicherer zu mahnen. Der Versicherungsnehmer hat für jeden angefangenen Monat eines Prämienrückstandes an Stelle von Verzugszinsen einen Säumniszuschlag in Höhe von 1 Prozent des Prämienrückstandes zu entrichten. Ist der Prämienrückstand einschließlich der Säumniszuschläge zwei Monate nach Zugang der Mahnung höher als der Prämienanteil für einen Monat, mahnt der Versicherer ein zweites Mal und weist auf die Folgen nach Satz 4 hin. Ist der Prämienrückstand einschließlich der Säumniszuschläge einen Monat nach Zugang der zweiten Mahnung höher als der Prämienanteil für einen Monat, ruht der Vertrag ab dem ersten Tag des nachfolgenden Monats. Das Ruhen des Vertrages tritt nicht ein oder endet, wenn der Versicherungsnehmer oder die versicherte Person hilfebedürftig im Sinne des Zweiten oder Zwölften Buches Sozialgesetzbuch ist oder wird; die Hilfebedürftigkeit ist auf Antrag des Versicherungsnehmers vom zuständigen Träger nach dem Zweiten oder dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch zu bescheinigen.
(7) Solange der Vertrag ruht, gilt der Versicherungsnehmer als im Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes versichert. Risikozuschläge, Leistungsausschlüsse und Selbstbehalte entfallen während dieser Zeit. Der Versicherer kann verlangen, dass Zusatzversicherungen ruhen, solange die Versicherung nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes besteht. Ein Wechsel in den oder aus dem Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes ist ausgeschlossen. Ein Versicherungsnehmer, dessen Vertrag nur die Erstattung eines Prozentsatzes der entstandenen Aufwendungen vorsieht, gilt als in einer Variante des Notlagentarifs nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes versichert, die Leistungen in Höhe von 20, 30 oder 50 Prozent der versicherten Behandlungskosten vorsieht, abhängig davon, welcher Prozentsatz dem Grad der vereinbarten Erstattung am nächsten ist.
(8) Der Versicherer übersendet dem Versicherungsnehmer in Textform eine Mitteilung über die Fortsetzung des Vertrages im Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes und über die zu zahlende Prämie. Dabei ist der Versicherungsnehmer in herausgehobener Form auf die Folgen der Anrechnung der Alterungsrückstellung nach § 153 Absatz 2 Satz 6 des Versicherungsaufsichtsgesetzes für die Höhe der künftig zu zahlenden Prämie hinzuweisen. Angaben zur Versicherung im Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes kann der Versicherer auf einer elektronischen Gesundheitskarte nach § 291a Absatz 1a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vermerken.
(9) Sind alle rückständigen Prämienanteile einschließlich der Säumniszuschläge und der Beitreibungskosten gezahlt, wird der Vertrag ab dem ersten Tag des übernächsten Monats in dem Tarif fortgesetzt, in dem der Versicherungsnehmer vor Eintritt des Ruhens versichert war. Dabei ist der Versicherungsnehmer so zu stellen, wie er vor der Versicherung im Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes stand, abgesehen von den während der Ruhenszeit verbrauchten Anteilen der Alterungsrückstellung. Während der Ruhenszeit vorgenommene Prämienanpassungen und Änderungen der Allgemeinen Versicherungsbedingungen gelten ab dem Tag der Fortsetzung.
(10) Hat der Versicherungsnehmer die Krankenversicherung auf die Person eines anderen genommen, gelten die Absätze 6 bis 9 für die versicherte Person entsprechend.
(11) Bei einer Versicherung im Basistarif nach § 152 des Versicherungsaufsichtsgesetzes kann das Versicherungsunternehmen verlangen, dass Zusatzversicherungen ruhen, wenn und solange ein Versicherter auf die Halbierung des Beitrags nach § 152 Absatz 4 des Versicherungsaufsichtsgesetzes angewiesen ist.
(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.
(2) Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben; dies gilt nicht für Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts sowie über den Rechtsweg bei Ausgleich von Vermögensnachteilen wegen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte bleiben unberührt.
Tenor
Das Verfahren wird eingestellt, soweit der Kläger die Klage bezüglich der Verzugszinsen zurückgenommen hat.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 24.502,96 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.12.2013 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger zu 16 %, der Beklagte zu 84 %.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Beide Beteiligte können die Vollstreckung durch den Prozessgegner durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der andere Beteiligte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand
2Der Kläger ist Träger der LVR-Klinik L. (Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie). Mit der Klage verlangt er die Zahlung der Kosten, die durch die vollstationäre Unterbringung des Beklagten nach dem PsychKG im Zeitraum vom 24.03.2010 bis zum 24.08.2010 entstanden sind. Dem liegt der folgende Sachverhalt zugrunde:
3Der am 00.00.0000 geborene Beklagte, der vermutlich georgischer Staatsbürger ist, gelangte nach eigenen Angaben im März 2009 mit einem Lastwagen auf dem Landweg nach Deutschland. Am 20.03.2009 wurde er in Köln wegen illegalen Aufenthalts festgenommen. Vom 20.03.2009 bis zum 17.09.2009 befand sich der Beklagte in Abschiebehaft. Unter dem 18.09.2009 erhielt der Kläger eine Aufenthaltsgestattung für den Regierungsbezirk Köln für den Zeitraum bis zum 7.10.2009, die später bis zum 10.03.2010 verlängert wurde.
4Sein erster Asylantrag vom 15.04.2009 wurde durch Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge – BAMF – vom 24.04.2009 als offensichtlich unbegründet abgelehnt, weil der Beklagte über einen sicheren Drittstaat eingereist war. Hiergegen erhob der Beklagte Klage vor dem VG Ansbach, die an das VG Minden verwiesen wurde (3 K 1267/09.A).
5Mit Schreiben vom 29.10.2009 wurde dem Beklagten die Abschiebung am 24.11.2009 angedroht. Ein Eilantrag seiner Prozessbevollmächtigten wurde durch Beschluss des VG Minden vom 24.11.2009 als offensichtlich unbegründet abgelehnt. Die Abschiebung konnte jedoch nicht erfolgen, weil der Beklagte untergetaucht war. Das Klageverfahren 3 K 1267/09.A wurde wegen Nichtbetreibens durch Beschluss vom 13.01.2010 eingestellt.
6Am 02.02.2010 stellt der Beklagte einen Asylfolgeantrag, der durch Bescheid des BAMF vom 25.02.2010 abgelehnt wurde. Ein Festnahmebeschluss des Amtsgerichts Köln vom 25.02.2010 konnte nicht ausgeführt werden, weil der Beklagte erneut unbekannten Aufenthalts war. Ein Eilantrag der Prozessbevollmächtigten des Beklagten wurde durch Beschluss des VG Köln vom 02.03.2010 abgelehnt (26 L 208/10.A). Am 02.03.2010 erhob die Prozessbevollmächtigte des Beklagten Klage auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens beim VG Köln (26 K 1281/10.A). Die Klage wurde mit Urteil des VG Köln vom 15.04.2010 als offensichtlich unbegründet abgewiesen. Ein weiterer Folgeantrag wurde mit Bescheid des BAMF vom 18.07.2011 abgewiesen.
7Am 24.03.2010 sprang der Beklagte in Köln von der Deutzer Brücke in den Rhein, wurde aber von den anwesenden Rettungskräften gerettet. Mit Verfügung vom 24.03.2010 ordnete die Stadt Köln wegen einer psychischen Störung und akuter Selbstmordgefahr die sofortige Unterbringung an. In dem beigefügten ärztlichen Attest des Dr. S. wurde ausgeführt, der Beklagte höre imperative Stimmen, die ihm den Tod prophezeiten. Er fühle sich von Abschiebung bedroht. Es bestehe akute Suizidalität.
8Mit Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 25.03.2010 - 175 a XIV 63.906/L - wurde die vorläufige Unterbringung des Beklagten nach § 14 PsychKG nach Anhörung des Beklagten bis zum 06.05.2010 im Wege der einstweiligen Anordnung angeordnet. Die Stationsärztin Dr. Henke bestätigte akute Suizidalität.
9Am 23.04.2010 beantragte die LVR-Klinik die Aufhebung der Unterbringung, weil der Beklagte die Behandlung freiwillig weiterführen wolle.
10Mit Verfügung vom 27.04.2010 ordnete die Stadt Köln erneut die sofortige Unterbringung unter Bezugnahme auf ein ärztliches Attest von Dr. B. an. In dem Attest heißt es, der Beklagte habe sich mit einer Rasierklinge am Unterarm zahlreiche Schnittverletzungen zugefügt, wahrscheinlich mit suizidaler Absicht. Durch Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 27.04.2010 wurde der Antrag auf vorläufige Unterbringung zunächst zurückgewiesen, weil der Beklagte der weiteren Behandlung zugestimmt habe.
11Durch einen erneuten Beschluss vom 28.04.2010 – 175 a XIV 64096.L – wurde die vorläufige Unterbringung nach Anhörung des Beklagten nach § 14 PsychKG bis zum 09.06.2010 zur Abwehr akuter Eigengefährdung nach Anhörung des Beklagten einstweilig angeordnet. Die anwesende Ärztin Dr. V. erklärte, der Beklagte habe zwar am Vortrag eine Freiwilligkeitserklärung abgegeben, jedoch kurz danach einen Impulsdurchbruch erlitten und sich selbst schwer verletzt. Die Erklärung sei in keiner Weise mehr tragfähig.
12Mit einem psychiatrischem Attest der Stationsärztin Dr. I. vom 01.06.2010 wurde die Verlängerung der Unterbringung beim Amtsgericht Köln beantragt. Darin hieß es, der Patient leide an einer paranoiden Schizophrenie und vermutlich einer emotional-instabilen Persönlichkeitsstörung mit optischen und akustischen Halluzinationen und selbstverletzendem Verhalten, zuletzt am 31.05.2010. Der Patient habe eine deutlich herabgesetzte Krankheitseinsicht und sei nur eingeschränkt behandlungswillig. Bei einer Entlassung sei ein Therapieabbruch höchst wahrscheinlich und derzeit nicht zu verantworten.
13Durch Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 04.06.2010 wurde die vorläufige Unterbringung bis zum 16.07.2010 nach Anhörung des Beklagten wegen unveränderter Selbstmordgefahr verlängert.
14Durch einen weiteren Beschluss des AG Köln vom 13.07.2010 wurde die „erstmals durch Beschluss vom 28.04.2010 angeordnete Unterbringung“, also die vorläufige Unterbringung bis zum 28.07.2010 wegen weiter bestehender akuter Eigen- und Fremdgefährdung verlängert.
15Unter dem 16.07.2010 erstellte Herr Dr. I1. (Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie) auf Anordnung des Amtsgerichts ein psychiatrisches Gutachten aufgrund einer eigenen Untersuchung des Beklagten. Darin wurde festgestellt, dass der Beklagte an einer paranoid-halluzinatorischen Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis und einer posttraumatischen Belastungsstörung leide. Es bestehe weiterhin Suizidgefahr, sodass eine Unterbringung über 3 weitere Monate erforderlich sei.
16Durch Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 22.07.2010 wurde die weitere Unterbringung des Beklagten nach § 11 PsychKG nach Anhörung des Beklagten und auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens bis zum 22.10.2010 mit sofortiger Wirksamkeit angeordnet.
17Am 24.08.2010 verließ der Beklagte eigenmächtig die Klinik. Am 02.09.2010 stellte die Klinik einen Antrag auf Aufhebung der Unterbringung, weil keine Eigen- oder Fremdgefährdung mehr vorliege. Unter dem gleichen Datum wurde die Unterbringung durch Beschluss des Amtsgerichts Köln aufgehoben.
18Der Kläger stellte unter dem 04.05.2010, dem 17.05.2010, dem 01.06.2010, dem 16.06.2010, dem 01.07.2010, dem 16.07.2010, dem 02.08.2010, dem 16.08.2010, dem 01.09.2010 und dem 17.12.2010 Rechnungen über die Unterbringungskosten in Höhe von insgesamt 29.948,32 € für den Zeitraum vom 24.03.2010 bis zum 24.08.2010 aus und übersandte diese an die Privatadresse des Beklagten in der N. . 00 in Köln.
19Am 23.09.2010 erteilt die Stadt Köln dem Beklagten eine Duldung. Unter dem 30.09.2010 stellte die Prozessbevollmächtigte des Klägers einen Antrag an die Stadt Köln auf Bewilligung von Leistungen nach dem SGB XII (Sozialhilfe), hilfsweise nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Gleichzeitig beantragte sie die rückwirkende Anmeldung in der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem 24.03.2010.
20Die Stadt Köln bewilligte dem Beklagten mit Schreiben vom 03.11.2010 Leistungen nach § 3 AsylbLG ab dem 19.10.2010. Mit einem weiteren Schreiben vom 05.11.2010 an die Prozessbevollmächtigte des Beklagten regte die Stadt Köln an, eine freiwillige Weiterversicherung bei der bisherigen Krankenversicherung zu beantragen. Die Beiträge würden auch rückwirkend übernommen.
21Durch Beschluss des Amtsgerichts Köln – Betreuungsgericht – vom 09.11.2010 wurde eine gesetzliche Betreuung für den Beklagten wegen krankheitsbedingter Geschäftsunfähigkeit (paranoide Schizophrenie, emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderlinetyp) eingerichtet und Frau J. H. als gesetzliche Betreuerin bestellt.
22Die Prozessbevollmächtigte des Beklagten stellte im November 2010 Anträge auf eine rückwirkende Krankenversicherung ab dem 24.03.2010 bei der DKV – Deutsche Krankenversicherung - und der AOK Rheinland/Hamburg. Die AOK Rheinland/Hamburg lehnte den Antrag auf eine Mitgliedschaft mit Schreiben vom 21.03.2011 ab, da der Beklagte Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehe und daher nicht der gesetzlichen Versicherungspflicht unterliege.
23Die DKV hatte dem Beklagten unter dem 16.10.2009 einen Versicherungsschein über eine Auslandsreisekrankenversicherung für den Zeitraum vom 24.09.2009 bis zum 24.09.2014 ausgestellt. Mit einem Schreiben vom 31.03.2010 an die LVR-Klinik hatte die DKV die Gewährung von Leistungen für den Beklagten bereits abgelehnt, weil kein Anspruch auf Versicherungsleistungen bestehe. Auf Anforderung des Gerichts hat die DKV mit Schreiben vom 16.11.2016 mitgeteilt, dass die Krankenversicherung mit Schreiben vom 15.03.2010 wegen Nichtzahlung der Beiträge zum 24.03.2010 durch den Versicherer gekündigt worden sei. Daher sei eine Kostenübernahme über den 24.03.2010 hinaus nicht möglich gewesen.
24Mit Schreiben vom 14.02.2011 legte die Betreuerin die Rechnungen der Klägerin über die Unterbringungskosten dem Sozialamt der Stadt Köln vor.
25In der Folgezeit wurden die Unterbringungskosten weder durch das Sozialamt der Stadt Köln noch durch eine der angeschriebenen Krankenkassen/Krankenversicherungen übernommen. Der Beklagte leistete ebenfalls keine Zahlungen.
26Daher erhob der Kläger am 06.12.2013 Klage gegen den Beklagten auf Zahlung von 29.948,32 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz wegen Zahlungsverzuges gemäß §§ 291, 288 BGB.
27Der Kläger vertritt die Auffassung, der Beklagte sei nach §§ 32, 33 PsychKG verpflichtet, die geltend gemachten Unterbringungskosten selbst zu tragen, da er im maßgeblichen Zeitraum nicht krankenversichert gewesen sei und auch keine Ansprüche auf Erstattung der Kosten aus Leistungen der Sozialhilfe habe. Die DKV habe telefonisch mitgeteilt, dass ein Versicherungsverhältnis mit dem Beklagten nicht mehr bestehe und auch nicht rückwirkend begründet worden sei. Kosten der Hilfen für psychisch Kranke nach § 31 PsychKG seien dem Beklagten nicht in Rechnung gestellt worden. Der Beklagte sei weiterhin verpflichtet die Kosten zu tragen, soweit er keinen Nachweis für die Möglichkeit eines anderweitigen Kostenträgers beibringe.
28Der Beklagte hält sich aktuell weiterhin in Deutschland auf und bezieht ausweislich des Bescheides des Jobcenters Köln vom 19.07.2016 Leistungen nach dem SGB II (Grundsicherung für Arbeitssuchende).
29Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 15.12.2015 die Klage hinsichtlich der Verzugszinsen zurückgenommen.
30Er beantragt nunmehr,
31den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 29.948,32 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
32Der Beklagte beantragt,
33die Klage abzuweisen.
34Seine Betreuerin trägt vor, der Beklagte habe im fraglichen Zeitraum der Unterbringung keine Krankenversicherung gehabt. Die Reisekrankenversicherung bei der DKV sei entfallen, weil der Beklagte keinen ständigen Aufenthalt mehr im Ausland gehabt habe. Der Beklagte habe auch seinerzeit keinen Antrag auf Sozialhilfe gestellt, weil er Angst vor Abschiebung gehabt habe. In der LVR-Klinik habe auch kein Antrag auf Sozialleistungen gestellt werden können, weil eine Kommunikation mit dem Beklagten nicht möglich gewesen sei. Alle Versuche der Kostenübernahme durch den Sozialhilfeträger seien letztlich gescheitert.
35Die Prozessbevollmächtigte des Beklagten trägt vor, der Beklagte habe bei der Einweisung in die LVR-Klinik keinen Versicherungsschein gehabt. Die DKV habe Leistungen abgelehnt. Der Kläger habe daher bei Einweisung gewusst, dass kein Krankenversicherungsschutz bestanden habe bzw. dieser ungeklärt sei.
36Der Beklagte habe aber alle möglichen Anträge gestellt, insbesondere einen Antrag auf Sozialleistungen und rückwirkende Krankenversicherung mit Schreiben vom 30.09.2010 bei der Stadt Köln. Die Stadt Köln habe auch eine Kostenzusage in dem Schreiben vom 05.11.2010 erteilt. Der Beklagte habe auch über seinen Hausarzt Dr. T. einen Antrag auf Mitgliedschaft in einer Krankenversicherung gestellt.
37Weiterhin sei bei der Aufnahme des Beklagten in der Klinik ein Antrag beim Dezernat 7 des Klägers auf Kostenübernahme im Wege der Eingliederungshilfe gemäß §§ 53 ff. Sozialgesetzbuch XII gestellt worden. Dies ergebe sich aus der vorgelegten Bescheinigung des Klägers vom 24.03.2010 und dem Schreiben des Mitarbeiters des Sozialdienstes, Herrn Martini vom 09.04.2010. Ein weiterer Antrag der gesetzlichen Betreuerin auf Eingliederungshilfe vom 31.10.2013 sei wegen Verfristung mit Bescheid vom 06.11.2013 abgelehnt worden. Daher sei von der Übernahme der Kosten durch einen Dritten auszugehen. Der Sozialdienst der Klägerin sei auch über die Möglichkeit unterrichtet worden, eine Unterstützung durch den Sozialfond des Verbands der Krankenversicherer zu erhalten.
38Die Ansprüche aus §§ 32, 33 PsychKG beträfen nur die Kosten der Unterbringung, aber nicht der Behandlung. Die Kosten der Behandlung trügen nach § 31 PsychKG die Kreise.
39Schließlich lägen die Rechnungen nicht vor. Sie ließen die Behandlungsart und den zugrunde liegenden Tarif nicht erkennen.
40Die Prozessbevollmächtigte des Beklagten hat auf Anforderung des Gerichts eine Verpflichtungserklärung eines in Deutschland lebenden Landsmannes des Beklagten vom 12.06.2009 vorgelegt, wonach dieser die Lebenshaltungskosten des Beklagten in Deutschland übernehme.
41Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die vom Kläger vorgelegten Verwaltungsvorgänge und Behandlungsakten sowie die vom Gericht beigezogenen Unterbringungsakten des Amtsgerichts Köln – 175 a XIV 63.906/L und 175 a XIV 64096.L – Bezug genommen.
42E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
43Soweit der Kläger die Klage hinsichtlich der Verzugszinsen zurückgenommen hat, war das Verfahren nach § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.
44Im Übrigen ist die Klage zulässig, aber nur teilweise begründet.
45Für den Zahlungsanspruch des Klägers aus § 32 PsychKG gegen den Beklagten auf Zahlung der Kosten der Unterbringung ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben, da die zugrunde liegende Rechtsnorm dem öffentlichen Recht angehört. Die Rechtsbeziehungen zwischen dem Kläger als Träger eines psychiatrischen Krankenhauses und dem Beklagten als einem von der Unterbringung betroffenen Patienten sind wegen des bestehenden Über-Unterordnungsverhältnisses dem öffentlichen Recht zuzuordnen,
46vgl. BGH, Urteil vom 05.02.1970 – VII ZR 65/68 – NJW 1970, 811; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 18.07.1990 – 10 S 763/89 - , NJW 1991, 2985; VG Minden, Gerichtsbescheid vom 05.01.2007 – 6 K 553/05 – juris; VG Köln, Gerichtsbescheid vom 19.02.2013 – 7 K 3373/12 – .
47Der Zahlungsanspruch kann mit der allgemeinen Leistungsklage nach § 43 Abs. 2 VwGO verfolgt werden. Diese ist gegenüber der Verpflichtungsklage nicht subsidiär. Der Kläger ist nicht berechtigt, den Anspruch durch Verwaltungsakt geltend zu machen, da eine entsprechende Ermächtigungsgrundlage fehlt. § 32 PsychKG bildet zwar die Rechtsgrundlage für den Zahlungsanspruch, enthält aber keine Ermächtigung zum Erlass eines Leistungsbescheides,
48vgl. VG Minden, Gerichtsbescheid vom 05.01.2007 – 6 K 553/05 – .
49Der Beklagte ist wegen seiner unstreitigen psychischen Erkrankung möglicherweise nicht prozessfähig, § 62 Abs. 1 Nr. 1 VwGO i.V.m. § 104 BGB. Er wird jedoch durch seine Betreuerin, Frau J. H. , wirksam gesetzlich vertreten, § 1902 BGB.
50Hinsichtlich der übrigen Sachurteilsvoraussetzungen bestehen keine rechtlichen Bedenken.
51Die Klage ist teilweise begründet. Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Zahlungsanspruch in Höhe von 24.502,96 Euro nebst Prozesszinsen. Hinsichtlich der darüber hinaus gehenden Forderung in Höhe von 5.445,36 Euro ist die Klage unbegründet.
52Rechtsgrundlage für den Zahlungsanspruch ist § 32 Abs. 1 PsychKG NRW. Danach sind die Kosten einer nach diesem Gesetz durchgeführten Unterbringung in einem Krankenhaus von dem Betroffenen zu tragen, soweit sie nicht von Unterhaltspflichtigen, einem Träger der Sozialversicherung, einem Träger der Sozialhilfe oder anderen zu zahlen sind. Ausnahmsweise trägt die Staatskasse die Kosten, wenn die Voraussetzungen für die Unterbringung von Anfang an nicht vorgelegen haben, § 32 Abs. 2 PsychKG. Nach § 32 Abs. 3 PsychKG kann das nach § 12 PsychKG zuständige Amtsgericht auch der Gebietskörperschaft, deren Behörde den Antrag gestellt hat, die Kosten auferlegen, wenn ein begründeter Anlass zur Antragstellung nicht vorlag.
53Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Zahlungsanspruchs nach § 32 Abs. 1 PsychKG sind für den Zeitraum vom 24.03.2010 bis zum 24.06.2010 und für den Zeitraum vom 22.07.2010 bis zum 24.08.2010 erfüllt (hierzu 1.). Dies entspricht Unterbringungskosten in Höhe von 24.502,96 Euro. Für den Zeitraum vom 25.06.2010 bis zum 21.07.2010 sind die Tatbestandsmerkmale des § 32 Abs. 1 PsychKG nicht erfüllt, weil in diesem Zeitraum keine rechtmäßige Unterbringung nach dem PsychKG bestand. Insoweit war die Klage daher abzuweisen (hierzu 2.).
541. Vom 24.03.2010 bis zum 24.08.2010 war der Beklagte ohne Unterbrechung im LVR-Krankenhaus des Klägers in Köln untergebracht. Hierbei lag zunächst eine sofortige Unterbringung nach § 14 PsychKG vor, die von der Stadt Köln als örtlicher Ordnungsbehörde am 24.03.2010 angeordnet worden war. Durch Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 25.03.2010 – 175 a XIV 63906.L - wurde die vorläufige Unterbringung des Beklagten bis zum 06.05.2010 angeordnet und durch die Beschlüsse vom 28.04.2010, vom 04.06.2010 und vom 13.07.2010 bis zum 28.07.2010 verlängert. Durch Beschluss vom 22.07.2010 wurde sodann die weitere Unterbringung nach § 11 PsychKG bis zum 22.10.2010 angeordnet.
55Als Kosten der Unterbringung hat der Kläger zutreffend die sogenannten „Hotelkosten“ geltend gemacht,
56vgl. Dodegge/Zimmermann, PsychKG NRW, Praxiskommentar, 3. Aufl. 2011, § 32 Anm. 1.
57Diese setzen sich aus dem Basispflegesatz und dem Abteilungspflegesatz, zuzüglich der gesetzlichen Zuschläge zusammen. Einwände gegen die Höhe der Kosten wurden nicht substantiiert erhoben und sind auch nicht ersichtlich. Behandlungskosten im Sinne des § 33 PsychKG oder Kosten von vorsorgenden Hilfen für psychisch Kranke nach § 31 i.V.m. §§ 8 und 9 PsychKG wurden nicht erhoben. Die Kosten sind nur bis zum 24.08.2010 entstanden, da der Beklagte zu diesem Zeitpunkt das Krankenhaus eigenmächtig verlassen hat. Der Kläger hat also zu Recht nur Rechnungen bis zu diesem Tag ausgestellt.
58Die Kosten sind nicht ausnahmsweise nach § 32 Abs. 2 oder Abs. 3 PsychKG von der Staatskasse oder von der Gebietskörperschaft, deren Behörde die Unterbringung angeordnet hat, zu tragen.
59Das für die Kostenentscheidung zuständige Amtsgericht, § 32 Abs. 4 PsychKG, hat die Kosten weder der Staatskasse noch der zuständigen Gebietskörperschaft auferlegt. Die Beschlüsse des Amtsgerichts Köln enthalten keine Entscheidung über die Kosten. Es kann dahinstehen, ob das Verwaltungsgericht bei der Entscheidung über die Zahlungsklage an diese Entscheidung gebunden ist. Denn die Voraussetzungen der § 32 Abs. 2 oder Abs. 3 PsychKG liegen auch nach Auffassung der Kammer nicht vor.
60Die Kosten sind nicht von der Staatskasse zu tragen. Das ist nach § 32 Abs. 2 PsychKG nur der Fall, wenn der Antrag auf Anordnung der Unterbringung abgelehnt oder zurückgenommen wird oder aus anderen Gründen seine Erledigung findet und die Voraussetzungen für die Unterbringung von Anfang an nicht vorgelegen haben. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Zwar wurde hier der zweite Antrag der Stadt Köln auf Anordnung der Unterbringung vom 27.04.2010 durch Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 27.04.2010 zunächst abgelehnt. Die Ablehnung ging jedoch ins Leere. Denn die Unterbringung für diesen Tag war bereits durch den Gerichtsbeschluss vom 25.03.2010 bis zum 06.05.2010 angeordnet und nicht aufgehoben worden. Demnach dauerte die Unterbringung auch an diesem Tag und danach an. Der Antrag hatte sich somit nicht erledigt.
61Die Kosten sind auch nicht ausnahmsweise der Gebietskörperschaft, deren Behörde den Antrag gestellt hat, also hier der Stadt Köln, aufzuerlegen. Nach § 32 Abs. 3 PsychKG kann das Gericht die Kosten der Unterbringung dann der Gebietskörperschaft auferlegen, wenn ein begründeter Anlass für die Antragstellung nicht vorlag. Im vorliegenden Verfahren war jedoch auch nach Auffassung der Kammer ein begründeter Anlass für die sofortige Unterbringung gegeben.
62Der Beklagte wies im Unterbringungszeitraum deutliche Symptome einer psychischen Erkrankung auf und stellte durch sein krankheitsbedingtes Verhalten eine erhebliche Gefahr für sich selbst dar, § 11 PsychKG. Nach allen vorliegenden psychiatrischen Gutachten bestanden Anzeichen für eine erhebliche psychische Erkrankung im Sinne einer paranoid-halluzinatorischen Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis. Die Erkrankung hatte am 24.03.2010 zu einem Selbstmordversuch (Sprung von der Rheinbrücke) und am 27.04.201 und am 31.05.2010 zu einer erheblichen Selbstverletzung geführt.
63Demnach hat der Beklagte die Kosten der Unterbringung für die oben genannten Zeiträume zu tragen, „soweit sie nicht von Unterhaltspflichtigen, einem Träger der Sozialversicherung, einem Träger der Sozialhilfe oder anderen zu zahlen sind“, § 32 Abs. 1 PsychKG.
64Im vorliegenden Verfahren haben Dritte keine Zahlungen zur Erfüllung der Unterbringungskosten geleistet. Vielmehr haben sowohl die früher bestehende private Krankenversicherung (DKV), als auch die AOK und der zuständige Sozialhilfeträger, hier die Stadt Köln, ebenso wie der für Leistungen der Eingliederungshilfe zuständige überörtliche Sozialhilfeträger Zahlungen abgelehnt.
65Somit ist der Beklagte zur Leistung verpflichtet, da diese nicht von Dritten übernommen werden.
66Nach dem Wortlaut des § 32 PsychKG ist zwar nicht darauf abzustellen, ob Dritte Zahlungen geleistet haben, sondern darauf, ob die Kosten „von anderen zu zahlen sind“. Diese Formulierung deutet zwar eher darauf hin, dass die Zahlungspflicht des Untergebrachten dann nicht besteht, wenn andere zur Zahlung verpflichtet sind, wenn also der Untergebrachte einen Anspruch gegen einen Dritten auf Zahlung der Unterbringungskosten hat. Bei dieser Auslegung müsste das Verwaltungsgericht umfassend aufklären und prüfen, ob der Beklagte Ansprüche gegen Unterhaltspflichtige, Krankenversicherungen, Sozialhilfeträger oder andere hat, und in diesem Fall die Klage abweisen.
67Soweit der Zahlungsanspruch aus § 32 Abs. 1 PsychKG Gegenstand der Rechtsprechung geworden ist, haben die Verwaltungsgerichte Ansprüche des Beklagten gegen Dritte in vollem Umfang geprüft,
68vgl. OVG Münster, Urteil vom 20.02.1984 – 13 A 2482/82 – ; OVG Hamburg,
69Urteil vom 03.03.1989 – Bf IV 22/89 – juris; VGH Mannheim, Beschluss vom 8.07.1990 – 10 S 763/89 – NJW 1991, 2985; VG Minden, Gerichtsbescheid vom 05.01.2007 – 6 K 553/05 – juris.
70Die Kammer ist jedoch der Meinung, dass der Zahlungsanspruch des Krankenhausträgers nach § 32 PsychKG nicht davon abhängig ist, dass das Verwaltungsgericht die Feststellung trifft, dass Ansprüche des Beklagten gegen Dritte nicht bestehen. Dies wäre mit Sinn und Zweck der Regelung nicht zu vereinbaren. Der Zahlungsanspruch gegen den Beklagten soll nach dem erkennbaren Sinn der Regelung nur dann bestehen, wenn die Kosten nicht von einer Krankenversicherung oder dem Sozialhilfeträger übernommen werden, was der Regelfall sein dürfte. Wenn sich kein Dritter als Kostenträger findet, soll im Verhältnis zwischen Krankenhaus und Untergebrachtem der Patient als Verursacher die Kosten tragen.
71Eine Auslegung der Norm, die eine Prüfung und Ausschluss von Ansprüchen des Beklagten gegen Dritte fordert, würde den Krankenhausträger dem Risiko aussetzen, dass seine Zahlungsklage wegen eines anderweitigen Anspruchs des Beklagten gegen Dritte abgelehnt wird, er die Ansprüche des Beklagten gegen Dritte aber nicht durchsetzen kann und damit letztlich keine Kostenerstattung erlangen kann.
72Dieses Problem entsteht, wenn ein Dritter zwar zahlungspflichtig ist, aber die Zahlung verweigert. Durch das verwaltungsgerichtliche Urteil zwischen dem Krankenhausträger und dem Untergebrachten wird der Dritte nicht verpflichtet, weil er nicht beteiligt ist. Er kann auch nicht durch eine Beiladung beteiligt werden, weil seine rechtlichen Interessen durch eine Abweisung der Klage nicht unmittelbar berührt werden. Denn die Frage, ob ein Dritter kostenpflichtig ist, ist nur eine Vorfrage der Entscheidung über den Zahlungsanspruch gegen den Untergebrachten und nimmt daher nicht an der Rechtskraftwirkung teil. Es wird also im Fall der Abweisung einer Zahlungsklage wegen eines Anspruchs des Beklagten gegen den Dritten dieser nicht rechtkräftig zur Zahlung verurteilt.
73Das hätte zur Folge, dass der Kläger leer ausgeht, weil er seine berechtigten Forderungen weder gegenüber dem Beklagten noch gegenüber dem Dritten durchsetzen kann, wenn dieser die Zahlung verweigert. Denn mangels Aktivlegitimation kann er die Ansprüche des Beklagten gegen den dritten Leistungsträger nicht im Klageweg realisieren. Er wäre also darauf angewiesen, dass der Beklagte die Kostenpflicht gegen den Dritten in einem eigenen Prozess durchsetzt oder den Anspruch an den Kläger abtritt. Darauf hat er aber keinen Anspruch. Auch ein gesetzlicher Forderungsübergang des Untergebrachten auf den Krankenhausträger existiert nicht.
74In diesem Fall würde also letztlich der Krankenhausträger die Kosten selbst tragen. Dieses Ergebnis entspricht aber nicht dem erkennbaren Sinn der gesetzlichen Regelung.
75Da allein der Untergebrachte seine Ansprüche auf Kostentragung gegenüber Dritten aus einem Unterhaltsrecht, einer Krankenversicherung oder auf Sozialleistungen durchsetzen kann, können diese Ansprüche seine Zahlungspflicht gegenüber dem Krankenhausträger nur dann ausschließen, wenn der Dritte geleistet hat oder zumindest die Leistungspflicht schon anerkannt hat. Notfalls muss der Untergebrachte diese Rechte gegenüber Dritten gerichtlich durchsetzen. Solange er hierbei keinen Erfolg erzielt hat, ist er gegenüber dem Krankenhausträger zahlungspflichtig.
76Der Kläger hat somit einen Zahlungsanspruch gegen den Beklagten für die oben genannten Zeiträume in Höhe von 24.502, 96 Euro.
77Die Klage ist auch begründet, soweit der Kläger die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von Prozesszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf die Hauptforderung verlangt. In entsprechender Anwendung der §§ 291, 288 BGB sind auch für öffentlich-rechtliche Geldforderungen Prozesszinsen zu entrichten, wenn nicht das einschlägige Fachrecht – wofür hier nichts ersichtlich ist – eine abweichende Regelung trifft,
78vgl. BVerwG, Urteil vom 12.06.2002 – 9 C 6/01 – , BVerwGE 116, 312.
79Die Voraussetzungen der §§ 291, 288 BGB liegen vor. Die Hauptforderung war mit dem Zugang der Rechnungen fällig und ist am 06.12.2013 mit der Erhebung der Klage rechtshängig geworden. Der Zinsanspruch besteht jedoch nur, soweit die Hauptforderung begründet ist, also auf einen Betrag von 24.502,96 Euro.
802. Die Klage ist teilweise unbegründet, soweit die Unterbringungskosten für den Zeitraum vom 25.06.2010 bis zum 21.07.2010 geltend gemacht werden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Bezahlung dieser Kosten gegen den Beklagten, weil die Unterbringung in dieser Zeit nicht rechtmäßig war.
81Die Unterbringung war in dem genannten Zeitraum von Mitte Juni bis Mitte Juli 2010 nicht rechtmäßig, weil die Voraussetzungen des PsychKG in Verbindung mit den formalen Voraussetzungen des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) für die Unterbringung zeitweilig nicht vorlagen.
82Gemäß § 13 PsychKG gelten für einstweilige und längerfristige Unterbringungen sowie für das gerichtliche Verfahren die Vorschriften des FamFG. Gemäß § 333 FamFG darf die durch eine einstweilige Anordnung des Amtsgerichts angeordnete vorläufige Unterbringung eine Gesamtdauer von 3 Monaten nicht überschreiten.
83Im vorliegenden Verfahren wurde diese Gesamtdauer überschritten. Die vorläufige Unterbringung wurde am 24.03.2010 angeordnet und durch Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 25.03.2010 bestätigt. Sie durfte daher nur bis zum 24.06.2010 dauern. Tatsächlich dauerte die vorläufige Unterbringung aber bis zum 21.07.2010. Erst am 22.07.2010 wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Köln die weitere Unterbringung nach Einholung des vorgeschriebenen Sachverständigengutachtens gemäߠ § 321 FamFG angeordnet. Demnach war die vorläufige Unterbringung in der Zeit vom 25.06.2010 bis zum 21.07.2010 nicht rechtmäßig.
84Die Kammer ist der Auffassung, dass der Anspruch des Klägers auf Zahlung der Kosten der Unterbringung gegen den Untergebrachten, neben den ausdrücklich in § 32 Abs. 1 PsychKG genannten Voraussetzungen auch erfordert, dass die Unterbringung rechtmäßig war. Dafür spricht zunächst der Wortlaut des Gesetzes. § 32 PsychKG erfasst nur „die Kosten einer nach diesem Gesetz durchgeführten Unterbringung“. Da § 13 PsychKG die Verfahrensvorschriften des FamFG für anwendbar erklärt, werden diese in die Regelungen des PsychKG einbezogen. Wird, wie hier, die gesetzliche Höchstdauer einer vorläufigen Unterbringung von 3 Monaten überschritten, liegt somit in diesem Zeitraum keine Unterbringung nach den Vorschriften des PsychKG vor.
85Dem steht nicht entgegen, dass die vorläufige Unterbringung bis zum 21.07.2010 durch einen wirksamen, aber rechtsfehlerhaften Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 13.07.2010 gedeckt war. Das Gericht war irrtümlich davon ausgegangen, dass die vorläufige Unterbringung erst seit dem 28.04.2010 bestand. Tatsächlich war der Beklagte, wie bereits ausgeführt, bereits seit dem 24.03.2010 vorläufig untergebracht, sodass die Verlängerung der vorläufigen Unterbringung über den 24.06.2010 hinaus rechtswidrig war.
86Die Auferlegung von Kosten einer rechtswidrigen Unterbringung greift unverhältnismäßig in die Rechte des Untergebrachten ein, sodass § 32 PsychKG im Hinblick auf diesen Eingriff einschränkend auszulegen ist. Der Untergebrachte muss zwar eine freiheitsentziehende Maßnahme dulden, die gegen seinen Willen wirksam durch gerichtlichen Beschluss angeordnet wird. Die Auferlegung der Kosten dieser Maßnahme ist aber ein zusätzlicher Eingriff, der auf dem Verursacher- bzw. Störerprinzip beruht. Da der Untergebrachte die Maßnahme durch sein selbst- oder fremdgefährdendes Verhalten veranlasst hat, muss er auch die Kosten tragen, wenn kein anderer Kostenpflichtiger vorhanden ist. Dies erscheint aber nicht gerechtfertigt, wenn die Maßnahme rechtswidrig war, insbesondere die gesetzliche Höchstdauer der vorläufigen Unterbringung überschritt. Die darauf entfallenden Kosten können nicht dem Untergebrachten zur Last gelegt werden, weil sie nicht in seinen Verantwortungsbereich fallen.
87Die Überschreitung der Höchstdauer der vorläufigen Unterbringung ist auch kein Verfahrensfehler, der nach § 46 VwVfG unbeachtlich oder nach § 45 VwVfG durch die später durchgeführte psychiatrische Begutachtung und Anordnung der weiteren Unterbringung nach § 11 PsychKG geheilt ist. Bei der Höchstdauer handelt es sich nicht nur um eine Verfahrensvorschrift, sondern um eine materielle Voraussetzung, die die Eigenart der vorläufigen Unterbringung prägt. Nach Ablauf von 3 Monaten muss nach § 321 FamFG ein psychiatrisches Gutachten von einem unabhängigen Sachverständigen vorliegen, das die Voraussetzungen der Unterbringung bestätigt. Liegt das Gutachten nicht vor, muss die vorläufige Unterbringung, die nur auf einem ärztlichen Zeugnis und damit auf einer vorläufigen Einschätzung beruht, beendet werden. Hierbei handelt es sich also um eine Schutzvorschrift zugunsten des Betroffenen. Er soll ohne ärztliches Gutachten nicht längere Zeit in seiner Freiheit eingeschränkt sein. Vor dem Hintergrund der Bedeutung des Grundrechts auf persönliche Freiheit, Art. 2 Abs. 2 GG, muss die Einhaltung der Regelung über die Gesamtdauer der vorläufigen Unterbringung strikt geboten sein. Dementsprechend kann der Kläger die Kosten der Unterbringung für den Zeitraum der Überschreitung der gesetzlichen Höchstfrist für die vorläufige Unterbringung nicht verlangen.
88Auf diese Zeit entfällt ein Rechnungsbetrag in Höhe von insgesamt 5.445,36 Euro. Dieser setzt sich wie folgt zusammen: Die Unterbringung war an 27 Tagen nicht durch die gesetzlichen Vorschriften gedeckt. Für jeden Tag hat der Kläger einen Betrag von 52,28 Euro als Basispflegesatz und 149,40 Euro als Abteilungspflegesatz berechnet. Multipliziert man die Summe dieser Tagessätze mit der Anzahl der Tage (27), ergibt sich ein Betrag in Höhe von 5.445,36 Euro. Dieser Betrag ist von der geltend gemachten Forderung in Höhe von 29.948, 32 Euro abzuziehen, sodass der Kläger von dem Beklagten nur einen Betrag in Höhe von 24.502,96 Euro verlangen kann. Hinsichtlich des Betrages von 5.445,36 Euro war die Klage daher abzuweisen.
89Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Satz 2 VwGO. Danach sind die Kosten verhältnismäßig zu teilen, wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt. Die Kostenquote entspricht dem Verhältnis der begründeten zu der unbegründeten Hauptforderung. Soweit die Klage wegen der Verzugszinsen zurückgenommen worden ist, war dies bei der Streitwertberechnung und damit auch bei der Kostenverteilung nicht zu berücksichtigen, § 43 Abs. 1 GKG.
90Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
(1) Hat ein Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg rechtskräftig für zulässig erklärt, sind andere Gerichte an diese Entscheidung gebunden.
(2) Ist der beschrittene Rechtsweg unzulässig, spricht das Gericht dies nach Anhörung der Parteien von Amts wegen aus und verweist den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges. Sind mehrere Gerichte zuständig, wird an das vom Kläger oder Antragsteller auszuwählende Gericht verwiesen oder, wenn die Wahl unterbleibt, an das vom Gericht bestimmte. Der Beschluß ist für das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, hinsichtlich des Rechtsweges bindend.
(3) Ist der beschrittene Rechtsweg zulässig, kann das Gericht dies vorab aussprechen. Es hat vorab zu entscheiden, wenn eine Partei die Zulässigkeit des Rechtsweges rügt.
(4) Der Beschluß nach den Absätzen 2 und 3 kann ohne mündliche Verhandlung ergehen. Er ist zu begründen. Gegen den Beschluß ist die sofortige Beschwerde nach den Vorschriften der jeweils anzuwendenden Verfahrensordnung gegeben. Den Beteiligten steht die Beschwerde gegen einen Beschluß des oberen Landesgerichts an den obersten Gerichtshof des Bundes nur zu, wenn sie in dem Beschluß zugelassen worden ist. Die Beschwerde ist zuzulassen, wenn die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn das Gericht von der Entscheidung eines obersten Gerichtshofes des Bundes oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht. Der oberste Gerichtshof des Bundes ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden.
(5) Das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, prüft nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist.
(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten für die in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, Familiensachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuständigen Spruchkörper in ihrem Verhältnis zueinander entsprechend.
Tenor
Das Verfahren wird eingestellt, soweit der Kläger die Klage bezüglich der Verzugszinsen zurückgenommen hat.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 24.502,96 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.12.2013 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger zu 16 %, der Beklagte zu 84 %.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Beide Beteiligte können die Vollstreckung durch den Prozessgegner durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der andere Beteiligte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand
2Der Kläger ist Träger der LVR-Klinik L. (Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie). Mit der Klage verlangt er die Zahlung der Kosten, die durch die vollstationäre Unterbringung des Beklagten nach dem PsychKG im Zeitraum vom 24.03.2010 bis zum 24.08.2010 entstanden sind. Dem liegt der folgende Sachverhalt zugrunde:
3Der am 00.00.0000 geborene Beklagte, der vermutlich georgischer Staatsbürger ist, gelangte nach eigenen Angaben im März 2009 mit einem Lastwagen auf dem Landweg nach Deutschland. Am 20.03.2009 wurde er in Köln wegen illegalen Aufenthalts festgenommen. Vom 20.03.2009 bis zum 17.09.2009 befand sich der Beklagte in Abschiebehaft. Unter dem 18.09.2009 erhielt der Kläger eine Aufenthaltsgestattung für den Regierungsbezirk Köln für den Zeitraum bis zum 7.10.2009, die später bis zum 10.03.2010 verlängert wurde.
4Sein erster Asylantrag vom 15.04.2009 wurde durch Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge – BAMF – vom 24.04.2009 als offensichtlich unbegründet abgelehnt, weil der Beklagte über einen sicheren Drittstaat eingereist war. Hiergegen erhob der Beklagte Klage vor dem VG Ansbach, die an das VG Minden verwiesen wurde (3 K 1267/09.A).
5Mit Schreiben vom 29.10.2009 wurde dem Beklagten die Abschiebung am 24.11.2009 angedroht. Ein Eilantrag seiner Prozessbevollmächtigten wurde durch Beschluss des VG Minden vom 24.11.2009 als offensichtlich unbegründet abgelehnt. Die Abschiebung konnte jedoch nicht erfolgen, weil der Beklagte untergetaucht war. Das Klageverfahren 3 K 1267/09.A wurde wegen Nichtbetreibens durch Beschluss vom 13.01.2010 eingestellt.
6Am 02.02.2010 stellt der Beklagte einen Asylfolgeantrag, der durch Bescheid des BAMF vom 25.02.2010 abgelehnt wurde. Ein Festnahmebeschluss des Amtsgerichts Köln vom 25.02.2010 konnte nicht ausgeführt werden, weil der Beklagte erneut unbekannten Aufenthalts war. Ein Eilantrag der Prozessbevollmächtigten des Beklagten wurde durch Beschluss des VG Köln vom 02.03.2010 abgelehnt (26 L 208/10.A). Am 02.03.2010 erhob die Prozessbevollmächtigte des Beklagten Klage auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens beim VG Köln (26 K 1281/10.A). Die Klage wurde mit Urteil des VG Köln vom 15.04.2010 als offensichtlich unbegründet abgewiesen. Ein weiterer Folgeantrag wurde mit Bescheid des BAMF vom 18.07.2011 abgewiesen.
7Am 24.03.2010 sprang der Beklagte in Köln von der Deutzer Brücke in den Rhein, wurde aber von den anwesenden Rettungskräften gerettet. Mit Verfügung vom 24.03.2010 ordnete die Stadt Köln wegen einer psychischen Störung und akuter Selbstmordgefahr die sofortige Unterbringung an. In dem beigefügten ärztlichen Attest des Dr. S. wurde ausgeführt, der Beklagte höre imperative Stimmen, die ihm den Tod prophezeiten. Er fühle sich von Abschiebung bedroht. Es bestehe akute Suizidalität.
8Mit Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 25.03.2010 - 175 a XIV 63.906/L - wurde die vorläufige Unterbringung des Beklagten nach § 14 PsychKG nach Anhörung des Beklagten bis zum 06.05.2010 im Wege der einstweiligen Anordnung angeordnet. Die Stationsärztin Dr. Henke bestätigte akute Suizidalität.
9Am 23.04.2010 beantragte die LVR-Klinik die Aufhebung der Unterbringung, weil der Beklagte die Behandlung freiwillig weiterführen wolle.
10Mit Verfügung vom 27.04.2010 ordnete die Stadt Köln erneut die sofortige Unterbringung unter Bezugnahme auf ein ärztliches Attest von Dr. B. an. In dem Attest heißt es, der Beklagte habe sich mit einer Rasierklinge am Unterarm zahlreiche Schnittverletzungen zugefügt, wahrscheinlich mit suizidaler Absicht. Durch Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 27.04.2010 wurde der Antrag auf vorläufige Unterbringung zunächst zurückgewiesen, weil der Beklagte der weiteren Behandlung zugestimmt habe.
11Durch einen erneuten Beschluss vom 28.04.2010 – 175 a XIV 64096.L – wurde die vorläufige Unterbringung nach Anhörung des Beklagten nach § 14 PsychKG bis zum 09.06.2010 zur Abwehr akuter Eigengefährdung nach Anhörung des Beklagten einstweilig angeordnet. Die anwesende Ärztin Dr. V. erklärte, der Beklagte habe zwar am Vortrag eine Freiwilligkeitserklärung abgegeben, jedoch kurz danach einen Impulsdurchbruch erlitten und sich selbst schwer verletzt. Die Erklärung sei in keiner Weise mehr tragfähig.
12Mit einem psychiatrischem Attest der Stationsärztin Dr. I. vom 01.06.2010 wurde die Verlängerung der Unterbringung beim Amtsgericht Köln beantragt. Darin hieß es, der Patient leide an einer paranoiden Schizophrenie und vermutlich einer emotional-instabilen Persönlichkeitsstörung mit optischen und akustischen Halluzinationen und selbstverletzendem Verhalten, zuletzt am 31.05.2010. Der Patient habe eine deutlich herabgesetzte Krankheitseinsicht und sei nur eingeschränkt behandlungswillig. Bei einer Entlassung sei ein Therapieabbruch höchst wahrscheinlich und derzeit nicht zu verantworten.
13Durch Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 04.06.2010 wurde die vorläufige Unterbringung bis zum 16.07.2010 nach Anhörung des Beklagten wegen unveränderter Selbstmordgefahr verlängert.
14Durch einen weiteren Beschluss des AG Köln vom 13.07.2010 wurde die „erstmals durch Beschluss vom 28.04.2010 angeordnete Unterbringung“, also die vorläufige Unterbringung bis zum 28.07.2010 wegen weiter bestehender akuter Eigen- und Fremdgefährdung verlängert.
15Unter dem 16.07.2010 erstellte Herr Dr. I1. (Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie) auf Anordnung des Amtsgerichts ein psychiatrisches Gutachten aufgrund einer eigenen Untersuchung des Beklagten. Darin wurde festgestellt, dass der Beklagte an einer paranoid-halluzinatorischen Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis und einer posttraumatischen Belastungsstörung leide. Es bestehe weiterhin Suizidgefahr, sodass eine Unterbringung über 3 weitere Monate erforderlich sei.
16Durch Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 22.07.2010 wurde die weitere Unterbringung des Beklagten nach § 11 PsychKG nach Anhörung des Beklagten und auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens bis zum 22.10.2010 mit sofortiger Wirksamkeit angeordnet.
17Am 24.08.2010 verließ der Beklagte eigenmächtig die Klinik. Am 02.09.2010 stellte die Klinik einen Antrag auf Aufhebung der Unterbringung, weil keine Eigen- oder Fremdgefährdung mehr vorliege. Unter dem gleichen Datum wurde die Unterbringung durch Beschluss des Amtsgerichts Köln aufgehoben.
18Der Kläger stellte unter dem 04.05.2010, dem 17.05.2010, dem 01.06.2010, dem 16.06.2010, dem 01.07.2010, dem 16.07.2010, dem 02.08.2010, dem 16.08.2010, dem 01.09.2010 und dem 17.12.2010 Rechnungen über die Unterbringungskosten in Höhe von insgesamt 29.948,32 € für den Zeitraum vom 24.03.2010 bis zum 24.08.2010 aus und übersandte diese an die Privatadresse des Beklagten in der N. . 00 in Köln.
19Am 23.09.2010 erteilt die Stadt Köln dem Beklagten eine Duldung. Unter dem 30.09.2010 stellte die Prozessbevollmächtigte des Klägers einen Antrag an die Stadt Köln auf Bewilligung von Leistungen nach dem SGB XII (Sozialhilfe), hilfsweise nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Gleichzeitig beantragte sie die rückwirkende Anmeldung in der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem 24.03.2010.
20Die Stadt Köln bewilligte dem Beklagten mit Schreiben vom 03.11.2010 Leistungen nach § 3 AsylbLG ab dem 19.10.2010. Mit einem weiteren Schreiben vom 05.11.2010 an die Prozessbevollmächtigte des Beklagten regte die Stadt Köln an, eine freiwillige Weiterversicherung bei der bisherigen Krankenversicherung zu beantragen. Die Beiträge würden auch rückwirkend übernommen.
21Durch Beschluss des Amtsgerichts Köln – Betreuungsgericht – vom 09.11.2010 wurde eine gesetzliche Betreuung für den Beklagten wegen krankheitsbedingter Geschäftsunfähigkeit (paranoide Schizophrenie, emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderlinetyp) eingerichtet und Frau J. H. als gesetzliche Betreuerin bestellt.
22Die Prozessbevollmächtigte des Beklagten stellte im November 2010 Anträge auf eine rückwirkende Krankenversicherung ab dem 24.03.2010 bei der DKV – Deutsche Krankenversicherung - und der AOK Rheinland/Hamburg. Die AOK Rheinland/Hamburg lehnte den Antrag auf eine Mitgliedschaft mit Schreiben vom 21.03.2011 ab, da der Beklagte Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehe und daher nicht der gesetzlichen Versicherungspflicht unterliege.
23Die DKV hatte dem Beklagten unter dem 16.10.2009 einen Versicherungsschein über eine Auslandsreisekrankenversicherung für den Zeitraum vom 24.09.2009 bis zum 24.09.2014 ausgestellt. Mit einem Schreiben vom 31.03.2010 an die LVR-Klinik hatte die DKV die Gewährung von Leistungen für den Beklagten bereits abgelehnt, weil kein Anspruch auf Versicherungsleistungen bestehe. Auf Anforderung des Gerichts hat die DKV mit Schreiben vom 16.11.2016 mitgeteilt, dass die Krankenversicherung mit Schreiben vom 15.03.2010 wegen Nichtzahlung der Beiträge zum 24.03.2010 durch den Versicherer gekündigt worden sei. Daher sei eine Kostenübernahme über den 24.03.2010 hinaus nicht möglich gewesen.
24Mit Schreiben vom 14.02.2011 legte die Betreuerin die Rechnungen der Klägerin über die Unterbringungskosten dem Sozialamt der Stadt Köln vor.
25In der Folgezeit wurden die Unterbringungskosten weder durch das Sozialamt der Stadt Köln noch durch eine der angeschriebenen Krankenkassen/Krankenversicherungen übernommen. Der Beklagte leistete ebenfalls keine Zahlungen.
26Daher erhob der Kläger am 06.12.2013 Klage gegen den Beklagten auf Zahlung von 29.948,32 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz wegen Zahlungsverzuges gemäß §§ 291, 288 BGB.
27Der Kläger vertritt die Auffassung, der Beklagte sei nach §§ 32, 33 PsychKG verpflichtet, die geltend gemachten Unterbringungskosten selbst zu tragen, da er im maßgeblichen Zeitraum nicht krankenversichert gewesen sei und auch keine Ansprüche auf Erstattung der Kosten aus Leistungen der Sozialhilfe habe. Die DKV habe telefonisch mitgeteilt, dass ein Versicherungsverhältnis mit dem Beklagten nicht mehr bestehe und auch nicht rückwirkend begründet worden sei. Kosten der Hilfen für psychisch Kranke nach § 31 PsychKG seien dem Beklagten nicht in Rechnung gestellt worden. Der Beklagte sei weiterhin verpflichtet die Kosten zu tragen, soweit er keinen Nachweis für die Möglichkeit eines anderweitigen Kostenträgers beibringe.
28Der Beklagte hält sich aktuell weiterhin in Deutschland auf und bezieht ausweislich des Bescheides des Jobcenters Köln vom 19.07.2016 Leistungen nach dem SGB II (Grundsicherung für Arbeitssuchende).
29Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 15.12.2015 die Klage hinsichtlich der Verzugszinsen zurückgenommen.
30Er beantragt nunmehr,
31den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 29.948,32 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
32Der Beklagte beantragt,
33die Klage abzuweisen.
34Seine Betreuerin trägt vor, der Beklagte habe im fraglichen Zeitraum der Unterbringung keine Krankenversicherung gehabt. Die Reisekrankenversicherung bei der DKV sei entfallen, weil der Beklagte keinen ständigen Aufenthalt mehr im Ausland gehabt habe. Der Beklagte habe auch seinerzeit keinen Antrag auf Sozialhilfe gestellt, weil er Angst vor Abschiebung gehabt habe. In der LVR-Klinik habe auch kein Antrag auf Sozialleistungen gestellt werden können, weil eine Kommunikation mit dem Beklagten nicht möglich gewesen sei. Alle Versuche der Kostenübernahme durch den Sozialhilfeträger seien letztlich gescheitert.
35Die Prozessbevollmächtigte des Beklagten trägt vor, der Beklagte habe bei der Einweisung in die LVR-Klinik keinen Versicherungsschein gehabt. Die DKV habe Leistungen abgelehnt. Der Kläger habe daher bei Einweisung gewusst, dass kein Krankenversicherungsschutz bestanden habe bzw. dieser ungeklärt sei.
36Der Beklagte habe aber alle möglichen Anträge gestellt, insbesondere einen Antrag auf Sozialleistungen und rückwirkende Krankenversicherung mit Schreiben vom 30.09.2010 bei der Stadt Köln. Die Stadt Köln habe auch eine Kostenzusage in dem Schreiben vom 05.11.2010 erteilt. Der Beklagte habe auch über seinen Hausarzt Dr. T. einen Antrag auf Mitgliedschaft in einer Krankenversicherung gestellt.
37Weiterhin sei bei der Aufnahme des Beklagten in der Klinik ein Antrag beim Dezernat 7 des Klägers auf Kostenübernahme im Wege der Eingliederungshilfe gemäß §§ 53 ff. Sozialgesetzbuch XII gestellt worden. Dies ergebe sich aus der vorgelegten Bescheinigung des Klägers vom 24.03.2010 und dem Schreiben des Mitarbeiters des Sozialdienstes, Herrn Martini vom 09.04.2010. Ein weiterer Antrag der gesetzlichen Betreuerin auf Eingliederungshilfe vom 31.10.2013 sei wegen Verfristung mit Bescheid vom 06.11.2013 abgelehnt worden. Daher sei von der Übernahme der Kosten durch einen Dritten auszugehen. Der Sozialdienst der Klägerin sei auch über die Möglichkeit unterrichtet worden, eine Unterstützung durch den Sozialfond des Verbands der Krankenversicherer zu erhalten.
38Die Ansprüche aus §§ 32, 33 PsychKG beträfen nur die Kosten der Unterbringung, aber nicht der Behandlung. Die Kosten der Behandlung trügen nach § 31 PsychKG die Kreise.
39Schließlich lägen die Rechnungen nicht vor. Sie ließen die Behandlungsart und den zugrunde liegenden Tarif nicht erkennen.
40Die Prozessbevollmächtigte des Beklagten hat auf Anforderung des Gerichts eine Verpflichtungserklärung eines in Deutschland lebenden Landsmannes des Beklagten vom 12.06.2009 vorgelegt, wonach dieser die Lebenshaltungskosten des Beklagten in Deutschland übernehme.
41Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die vom Kläger vorgelegten Verwaltungsvorgänge und Behandlungsakten sowie die vom Gericht beigezogenen Unterbringungsakten des Amtsgerichts Köln – 175 a XIV 63.906/L und 175 a XIV 64096.L – Bezug genommen.
42E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
43Soweit der Kläger die Klage hinsichtlich der Verzugszinsen zurückgenommen hat, war das Verfahren nach § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.
44Im Übrigen ist die Klage zulässig, aber nur teilweise begründet.
45Für den Zahlungsanspruch des Klägers aus § 32 PsychKG gegen den Beklagten auf Zahlung der Kosten der Unterbringung ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben, da die zugrunde liegende Rechtsnorm dem öffentlichen Recht angehört. Die Rechtsbeziehungen zwischen dem Kläger als Träger eines psychiatrischen Krankenhauses und dem Beklagten als einem von der Unterbringung betroffenen Patienten sind wegen des bestehenden Über-Unterordnungsverhältnisses dem öffentlichen Recht zuzuordnen,
46vgl. BGH, Urteil vom 05.02.1970 – VII ZR 65/68 – NJW 1970, 811; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 18.07.1990 – 10 S 763/89 - , NJW 1991, 2985; VG Minden, Gerichtsbescheid vom 05.01.2007 – 6 K 553/05 – juris; VG Köln, Gerichtsbescheid vom 19.02.2013 – 7 K 3373/12 – .
47Der Zahlungsanspruch kann mit der allgemeinen Leistungsklage nach § 43 Abs. 2 VwGO verfolgt werden. Diese ist gegenüber der Verpflichtungsklage nicht subsidiär. Der Kläger ist nicht berechtigt, den Anspruch durch Verwaltungsakt geltend zu machen, da eine entsprechende Ermächtigungsgrundlage fehlt. § 32 PsychKG bildet zwar die Rechtsgrundlage für den Zahlungsanspruch, enthält aber keine Ermächtigung zum Erlass eines Leistungsbescheides,
48vgl. VG Minden, Gerichtsbescheid vom 05.01.2007 – 6 K 553/05 – .
49Der Beklagte ist wegen seiner unstreitigen psychischen Erkrankung möglicherweise nicht prozessfähig, § 62 Abs. 1 Nr. 1 VwGO i.V.m. § 104 BGB. Er wird jedoch durch seine Betreuerin, Frau J. H. , wirksam gesetzlich vertreten, § 1902 BGB.
50Hinsichtlich der übrigen Sachurteilsvoraussetzungen bestehen keine rechtlichen Bedenken.
51Die Klage ist teilweise begründet. Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Zahlungsanspruch in Höhe von 24.502,96 Euro nebst Prozesszinsen. Hinsichtlich der darüber hinaus gehenden Forderung in Höhe von 5.445,36 Euro ist die Klage unbegründet.
52Rechtsgrundlage für den Zahlungsanspruch ist § 32 Abs. 1 PsychKG NRW. Danach sind die Kosten einer nach diesem Gesetz durchgeführten Unterbringung in einem Krankenhaus von dem Betroffenen zu tragen, soweit sie nicht von Unterhaltspflichtigen, einem Träger der Sozialversicherung, einem Träger der Sozialhilfe oder anderen zu zahlen sind. Ausnahmsweise trägt die Staatskasse die Kosten, wenn die Voraussetzungen für die Unterbringung von Anfang an nicht vorgelegen haben, § 32 Abs. 2 PsychKG. Nach § 32 Abs. 3 PsychKG kann das nach § 12 PsychKG zuständige Amtsgericht auch der Gebietskörperschaft, deren Behörde den Antrag gestellt hat, die Kosten auferlegen, wenn ein begründeter Anlass zur Antragstellung nicht vorlag.
53Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Zahlungsanspruchs nach § 32 Abs. 1 PsychKG sind für den Zeitraum vom 24.03.2010 bis zum 24.06.2010 und für den Zeitraum vom 22.07.2010 bis zum 24.08.2010 erfüllt (hierzu 1.). Dies entspricht Unterbringungskosten in Höhe von 24.502,96 Euro. Für den Zeitraum vom 25.06.2010 bis zum 21.07.2010 sind die Tatbestandsmerkmale des § 32 Abs. 1 PsychKG nicht erfüllt, weil in diesem Zeitraum keine rechtmäßige Unterbringung nach dem PsychKG bestand. Insoweit war die Klage daher abzuweisen (hierzu 2.).
541. Vom 24.03.2010 bis zum 24.08.2010 war der Beklagte ohne Unterbrechung im LVR-Krankenhaus des Klägers in Köln untergebracht. Hierbei lag zunächst eine sofortige Unterbringung nach § 14 PsychKG vor, die von der Stadt Köln als örtlicher Ordnungsbehörde am 24.03.2010 angeordnet worden war. Durch Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 25.03.2010 – 175 a XIV 63906.L - wurde die vorläufige Unterbringung des Beklagten bis zum 06.05.2010 angeordnet und durch die Beschlüsse vom 28.04.2010, vom 04.06.2010 und vom 13.07.2010 bis zum 28.07.2010 verlängert. Durch Beschluss vom 22.07.2010 wurde sodann die weitere Unterbringung nach § 11 PsychKG bis zum 22.10.2010 angeordnet.
55Als Kosten der Unterbringung hat der Kläger zutreffend die sogenannten „Hotelkosten“ geltend gemacht,
56vgl. Dodegge/Zimmermann, PsychKG NRW, Praxiskommentar, 3. Aufl. 2011, § 32 Anm. 1.
57Diese setzen sich aus dem Basispflegesatz und dem Abteilungspflegesatz, zuzüglich der gesetzlichen Zuschläge zusammen. Einwände gegen die Höhe der Kosten wurden nicht substantiiert erhoben und sind auch nicht ersichtlich. Behandlungskosten im Sinne des § 33 PsychKG oder Kosten von vorsorgenden Hilfen für psychisch Kranke nach § 31 i.V.m. §§ 8 und 9 PsychKG wurden nicht erhoben. Die Kosten sind nur bis zum 24.08.2010 entstanden, da der Beklagte zu diesem Zeitpunkt das Krankenhaus eigenmächtig verlassen hat. Der Kläger hat also zu Recht nur Rechnungen bis zu diesem Tag ausgestellt.
58Die Kosten sind nicht ausnahmsweise nach § 32 Abs. 2 oder Abs. 3 PsychKG von der Staatskasse oder von der Gebietskörperschaft, deren Behörde die Unterbringung angeordnet hat, zu tragen.
59Das für die Kostenentscheidung zuständige Amtsgericht, § 32 Abs. 4 PsychKG, hat die Kosten weder der Staatskasse noch der zuständigen Gebietskörperschaft auferlegt. Die Beschlüsse des Amtsgerichts Köln enthalten keine Entscheidung über die Kosten. Es kann dahinstehen, ob das Verwaltungsgericht bei der Entscheidung über die Zahlungsklage an diese Entscheidung gebunden ist. Denn die Voraussetzungen der § 32 Abs. 2 oder Abs. 3 PsychKG liegen auch nach Auffassung der Kammer nicht vor.
60Die Kosten sind nicht von der Staatskasse zu tragen. Das ist nach § 32 Abs. 2 PsychKG nur der Fall, wenn der Antrag auf Anordnung der Unterbringung abgelehnt oder zurückgenommen wird oder aus anderen Gründen seine Erledigung findet und die Voraussetzungen für die Unterbringung von Anfang an nicht vorgelegen haben. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Zwar wurde hier der zweite Antrag der Stadt Köln auf Anordnung der Unterbringung vom 27.04.2010 durch Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 27.04.2010 zunächst abgelehnt. Die Ablehnung ging jedoch ins Leere. Denn die Unterbringung für diesen Tag war bereits durch den Gerichtsbeschluss vom 25.03.2010 bis zum 06.05.2010 angeordnet und nicht aufgehoben worden. Demnach dauerte die Unterbringung auch an diesem Tag und danach an. Der Antrag hatte sich somit nicht erledigt.
61Die Kosten sind auch nicht ausnahmsweise der Gebietskörperschaft, deren Behörde den Antrag gestellt hat, also hier der Stadt Köln, aufzuerlegen. Nach § 32 Abs. 3 PsychKG kann das Gericht die Kosten der Unterbringung dann der Gebietskörperschaft auferlegen, wenn ein begründeter Anlass für die Antragstellung nicht vorlag. Im vorliegenden Verfahren war jedoch auch nach Auffassung der Kammer ein begründeter Anlass für die sofortige Unterbringung gegeben.
62Der Beklagte wies im Unterbringungszeitraum deutliche Symptome einer psychischen Erkrankung auf und stellte durch sein krankheitsbedingtes Verhalten eine erhebliche Gefahr für sich selbst dar, § 11 PsychKG. Nach allen vorliegenden psychiatrischen Gutachten bestanden Anzeichen für eine erhebliche psychische Erkrankung im Sinne einer paranoid-halluzinatorischen Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis. Die Erkrankung hatte am 24.03.2010 zu einem Selbstmordversuch (Sprung von der Rheinbrücke) und am 27.04.201 und am 31.05.2010 zu einer erheblichen Selbstverletzung geführt.
63Demnach hat der Beklagte die Kosten der Unterbringung für die oben genannten Zeiträume zu tragen, „soweit sie nicht von Unterhaltspflichtigen, einem Träger der Sozialversicherung, einem Träger der Sozialhilfe oder anderen zu zahlen sind“, § 32 Abs. 1 PsychKG.
64Im vorliegenden Verfahren haben Dritte keine Zahlungen zur Erfüllung der Unterbringungskosten geleistet. Vielmehr haben sowohl die früher bestehende private Krankenversicherung (DKV), als auch die AOK und der zuständige Sozialhilfeträger, hier die Stadt Köln, ebenso wie der für Leistungen der Eingliederungshilfe zuständige überörtliche Sozialhilfeträger Zahlungen abgelehnt.
65Somit ist der Beklagte zur Leistung verpflichtet, da diese nicht von Dritten übernommen werden.
66Nach dem Wortlaut des § 32 PsychKG ist zwar nicht darauf abzustellen, ob Dritte Zahlungen geleistet haben, sondern darauf, ob die Kosten „von anderen zu zahlen sind“. Diese Formulierung deutet zwar eher darauf hin, dass die Zahlungspflicht des Untergebrachten dann nicht besteht, wenn andere zur Zahlung verpflichtet sind, wenn also der Untergebrachte einen Anspruch gegen einen Dritten auf Zahlung der Unterbringungskosten hat. Bei dieser Auslegung müsste das Verwaltungsgericht umfassend aufklären und prüfen, ob der Beklagte Ansprüche gegen Unterhaltspflichtige, Krankenversicherungen, Sozialhilfeträger oder andere hat, und in diesem Fall die Klage abweisen.
67Soweit der Zahlungsanspruch aus § 32 Abs. 1 PsychKG Gegenstand der Rechtsprechung geworden ist, haben die Verwaltungsgerichte Ansprüche des Beklagten gegen Dritte in vollem Umfang geprüft,
68vgl. OVG Münster, Urteil vom 20.02.1984 – 13 A 2482/82 – ; OVG Hamburg,
69Urteil vom 03.03.1989 – Bf IV 22/89 – juris; VGH Mannheim, Beschluss vom 8.07.1990 – 10 S 763/89 – NJW 1991, 2985; VG Minden, Gerichtsbescheid vom 05.01.2007 – 6 K 553/05 – juris.
70Die Kammer ist jedoch der Meinung, dass der Zahlungsanspruch des Krankenhausträgers nach § 32 PsychKG nicht davon abhängig ist, dass das Verwaltungsgericht die Feststellung trifft, dass Ansprüche des Beklagten gegen Dritte nicht bestehen. Dies wäre mit Sinn und Zweck der Regelung nicht zu vereinbaren. Der Zahlungsanspruch gegen den Beklagten soll nach dem erkennbaren Sinn der Regelung nur dann bestehen, wenn die Kosten nicht von einer Krankenversicherung oder dem Sozialhilfeträger übernommen werden, was der Regelfall sein dürfte. Wenn sich kein Dritter als Kostenträger findet, soll im Verhältnis zwischen Krankenhaus und Untergebrachtem der Patient als Verursacher die Kosten tragen.
71Eine Auslegung der Norm, die eine Prüfung und Ausschluss von Ansprüchen des Beklagten gegen Dritte fordert, würde den Krankenhausträger dem Risiko aussetzen, dass seine Zahlungsklage wegen eines anderweitigen Anspruchs des Beklagten gegen Dritte abgelehnt wird, er die Ansprüche des Beklagten gegen Dritte aber nicht durchsetzen kann und damit letztlich keine Kostenerstattung erlangen kann.
72Dieses Problem entsteht, wenn ein Dritter zwar zahlungspflichtig ist, aber die Zahlung verweigert. Durch das verwaltungsgerichtliche Urteil zwischen dem Krankenhausträger und dem Untergebrachten wird der Dritte nicht verpflichtet, weil er nicht beteiligt ist. Er kann auch nicht durch eine Beiladung beteiligt werden, weil seine rechtlichen Interessen durch eine Abweisung der Klage nicht unmittelbar berührt werden. Denn die Frage, ob ein Dritter kostenpflichtig ist, ist nur eine Vorfrage der Entscheidung über den Zahlungsanspruch gegen den Untergebrachten und nimmt daher nicht an der Rechtskraftwirkung teil. Es wird also im Fall der Abweisung einer Zahlungsklage wegen eines Anspruchs des Beklagten gegen den Dritten dieser nicht rechtkräftig zur Zahlung verurteilt.
73Das hätte zur Folge, dass der Kläger leer ausgeht, weil er seine berechtigten Forderungen weder gegenüber dem Beklagten noch gegenüber dem Dritten durchsetzen kann, wenn dieser die Zahlung verweigert. Denn mangels Aktivlegitimation kann er die Ansprüche des Beklagten gegen den dritten Leistungsträger nicht im Klageweg realisieren. Er wäre also darauf angewiesen, dass der Beklagte die Kostenpflicht gegen den Dritten in einem eigenen Prozess durchsetzt oder den Anspruch an den Kläger abtritt. Darauf hat er aber keinen Anspruch. Auch ein gesetzlicher Forderungsübergang des Untergebrachten auf den Krankenhausträger existiert nicht.
74In diesem Fall würde also letztlich der Krankenhausträger die Kosten selbst tragen. Dieses Ergebnis entspricht aber nicht dem erkennbaren Sinn der gesetzlichen Regelung.
75Da allein der Untergebrachte seine Ansprüche auf Kostentragung gegenüber Dritten aus einem Unterhaltsrecht, einer Krankenversicherung oder auf Sozialleistungen durchsetzen kann, können diese Ansprüche seine Zahlungspflicht gegenüber dem Krankenhausträger nur dann ausschließen, wenn der Dritte geleistet hat oder zumindest die Leistungspflicht schon anerkannt hat. Notfalls muss der Untergebrachte diese Rechte gegenüber Dritten gerichtlich durchsetzen. Solange er hierbei keinen Erfolg erzielt hat, ist er gegenüber dem Krankenhausträger zahlungspflichtig.
76Der Kläger hat somit einen Zahlungsanspruch gegen den Beklagten für die oben genannten Zeiträume in Höhe von 24.502, 96 Euro.
77Die Klage ist auch begründet, soweit der Kläger die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von Prozesszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf die Hauptforderung verlangt. In entsprechender Anwendung der §§ 291, 288 BGB sind auch für öffentlich-rechtliche Geldforderungen Prozesszinsen zu entrichten, wenn nicht das einschlägige Fachrecht – wofür hier nichts ersichtlich ist – eine abweichende Regelung trifft,
78vgl. BVerwG, Urteil vom 12.06.2002 – 9 C 6/01 – , BVerwGE 116, 312.
79Die Voraussetzungen der §§ 291, 288 BGB liegen vor. Die Hauptforderung war mit dem Zugang der Rechnungen fällig und ist am 06.12.2013 mit der Erhebung der Klage rechtshängig geworden. Der Zinsanspruch besteht jedoch nur, soweit die Hauptforderung begründet ist, also auf einen Betrag von 24.502,96 Euro.
802. Die Klage ist teilweise unbegründet, soweit die Unterbringungskosten für den Zeitraum vom 25.06.2010 bis zum 21.07.2010 geltend gemacht werden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Bezahlung dieser Kosten gegen den Beklagten, weil die Unterbringung in dieser Zeit nicht rechtmäßig war.
81Die Unterbringung war in dem genannten Zeitraum von Mitte Juni bis Mitte Juli 2010 nicht rechtmäßig, weil die Voraussetzungen des PsychKG in Verbindung mit den formalen Voraussetzungen des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) für die Unterbringung zeitweilig nicht vorlagen.
82Gemäß § 13 PsychKG gelten für einstweilige und längerfristige Unterbringungen sowie für das gerichtliche Verfahren die Vorschriften des FamFG. Gemäß § 333 FamFG darf die durch eine einstweilige Anordnung des Amtsgerichts angeordnete vorläufige Unterbringung eine Gesamtdauer von 3 Monaten nicht überschreiten.
83Im vorliegenden Verfahren wurde diese Gesamtdauer überschritten. Die vorläufige Unterbringung wurde am 24.03.2010 angeordnet und durch Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 25.03.2010 bestätigt. Sie durfte daher nur bis zum 24.06.2010 dauern. Tatsächlich dauerte die vorläufige Unterbringung aber bis zum 21.07.2010. Erst am 22.07.2010 wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Köln die weitere Unterbringung nach Einholung des vorgeschriebenen Sachverständigengutachtens gemäߠ § 321 FamFG angeordnet. Demnach war die vorläufige Unterbringung in der Zeit vom 25.06.2010 bis zum 21.07.2010 nicht rechtmäßig.
84Die Kammer ist der Auffassung, dass der Anspruch des Klägers auf Zahlung der Kosten der Unterbringung gegen den Untergebrachten, neben den ausdrücklich in § 32 Abs. 1 PsychKG genannten Voraussetzungen auch erfordert, dass die Unterbringung rechtmäßig war. Dafür spricht zunächst der Wortlaut des Gesetzes. § 32 PsychKG erfasst nur „die Kosten einer nach diesem Gesetz durchgeführten Unterbringung“. Da § 13 PsychKG die Verfahrensvorschriften des FamFG für anwendbar erklärt, werden diese in die Regelungen des PsychKG einbezogen. Wird, wie hier, die gesetzliche Höchstdauer einer vorläufigen Unterbringung von 3 Monaten überschritten, liegt somit in diesem Zeitraum keine Unterbringung nach den Vorschriften des PsychKG vor.
85Dem steht nicht entgegen, dass die vorläufige Unterbringung bis zum 21.07.2010 durch einen wirksamen, aber rechtsfehlerhaften Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 13.07.2010 gedeckt war. Das Gericht war irrtümlich davon ausgegangen, dass die vorläufige Unterbringung erst seit dem 28.04.2010 bestand. Tatsächlich war der Beklagte, wie bereits ausgeführt, bereits seit dem 24.03.2010 vorläufig untergebracht, sodass die Verlängerung der vorläufigen Unterbringung über den 24.06.2010 hinaus rechtswidrig war.
86Die Auferlegung von Kosten einer rechtswidrigen Unterbringung greift unverhältnismäßig in die Rechte des Untergebrachten ein, sodass § 32 PsychKG im Hinblick auf diesen Eingriff einschränkend auszulegen ist. Der Untergebrachte muss zwar eine freiheitsentziehende Maßnahme dulden, die gegen seinen Willen wirksam durch gerichtlichen Beschluss angeordnet wird. Die Auferlegung der Kosten dieser Maßnahme ist aber ein zusätzlicher Eingriff, der auf dem Verursacher- bzw. Störerprinzip beruht. Da der Untergebrachte die Maßnahme durch sein selbst- oder fremdgefährdendes Verhalten veranlasst hat, muss er auch die Kosten tragen, wenn kein anderer Kostenpflichtiger vorhanden ist. Dies erscheint aber nicht gerechtfertigt, wenn die Maßnahme rechtswidrig war, insbesondere die gesetzliche Höchstdauer der vorläufigen Unterbringung überschritt. Die darauf entfallenden Kosten können nicht dem Untergebrachten zur Last gelegt werden, weil sie nicht in seinen Verantwortungsbereich fallen.
87Die Überschreitung der Höchstdauer der vorläufigen Unterbringung ist auch kein Verfahrensfehler, der nach § 46 VwVfG unbeachtlich oder nach § 45 VwVfG durch die später durchgeführte psychiatrische Begutachtung und Anordnung der weiteren Unterbringung nach § 11 PsychKG geheilt ist. Bei der Höchstdauer handelt es sich nicht nur um eine Verfahrensvorschrift, sondern um eine materielle Voraussetzung, die die Eigenart der vorläufigen Unterbringung prägt. Nach Ablauf von 3 Monaten muss nach § 321 FamFG ein psychiatrisches Gutachten von einem unabhängigen Sachverständigen vorliegen, das die Voraussetzungen der Unterbringung bestätigt. Liegt das Gutachten nicht vor, muss die vorläufige Unterbringung, die nur auf einem ärztlichen Zeugnis und damit auf einer vorläufigen Einschätzung beruht, beendet werden. Hierbei handelt es sich also um eine Schutzvorschrift zugunsten des Betroffenen. Er soll ohne ärztliches Gutachten nicht längere Zeit in seiner Freiheit eingeschränkt sein. Vor dem Hintergrund der Bedeutung des Grundrechts auf persönliche Freiheit, Art. 2 Abs. 2 GG, muss die Einhaltung der Regelung über die Gesamtdauer der vorläufigen Unterbringung strikt geboten sein. Dementsprechend kann der Kläger die Kosten der Unterbringung für den Zeitraum der Überschreitung der gesetzlichen Höchstfrist für die vorläufige Unterbringung nicht verlangen.
88Auf diese Zeit entfällt ein Rechnungsbetrag in Höhe von insgesamt 5.445,36 Euro. Dieser setzt sich wie folgt zusammen: Die Unterbringung war an 27 Tagen nicht durch die gesetzlichen Vorschriften gedeckt. Für jeden Tag hat der Kläger einen Betrag von 52,28 Euro als Basispflegesatz und 149,40 Euro als Abteilungspflegesatz berechnet. Multipliziert man die Summe dieser Tagessätze mit der Anzahl der Tage (27), ergibt sich ein Betrag in Höhe von 5.445,36 Euro. Dieser Betrag ist von der geltend gemachten Forderung in Höhe von 29.948, 32 Euro abzuziehen, sodass der Kläger von dem Beklagten nur einen Betrag in Höhe von 24.502,96 Euro verlangen kann. Hinsichtlich des Betrages von 5.445,36 Euro war die Klage daher abzuweisen.
89Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Satz 2 VwGO. Danach sind die Kosten verhältnismäßig zu teilen, wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt. Die Kostenquote entspricht dem Verhältnis der begründeten zu der unbegründeten Hauptforderung. Soweit die Klage wegen der Verzugszinsen zurückgenommen worden ist, war dies bei der Streitwertberechnung und damit auch bei der Kostenverteilung nicht zu berücksichtigen, § 43 Abs. 1 GKG.
90Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Gerichtsbescheid ist wegen der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Der Kläger macht als Träger der LVR–Klinik C. -I. gegen die Beklagte mit der Klage die Kosten für eine Unterbringung der Beklagten in dieser Klinik im Zeitraum vom 21. Dezember 2010 bis zum 6. Januar 2011 geltend.
3Die Beklagte wurde am 20. Dezember 2010 gegen 15:00 Uhr im ICE-Zug 000 von Amsterdam nach Frankfurt zwischen Emmerich und Wesel aufgegriffen. Nach den Feststellungen der Bundespolizeidirektion Sankt Augustin – Bundespolizeiinspektion Kleve – ist die Beklagte am 2. Februar 1982 in Kinshasa geboren und kongolesische Staatsangehörige. Sie sei im französischen Ausländerzentralregister für die zweite Jahreshälfte 2004 erfasst, aber seit dieser Zeit nicht mehr im Besitz eines Aufenthaltstitels für Frankreich und ohne feststellbaren Wohnsitz. Beim Aufgriff sei die Beklagte spärlich bekleidet gewesen, habe über keine Papiere verfügt und die Polizeibeamten mit Bissen und Kratzen angegriffen. Nach eigener Auskunft sei sie an HIV erkrankt.Die Bundespolizei erstatte Strafanzeige wegen Körperverletzung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, unerlaubter Einreise und unerlaubten Aufenthalts im Bundesgebiet.
4Nach Untersuchung durch Dr. E. aus H. , der unter dem 21. Dezember 2010 eine Erkrankung an „psychotischer Reaktion mit Gewalttätigkeiten“ diagnostizierte, wurde die Beklagte durch das Ordnungsamt der Stadt F. auf Grundlage des § 14 PsychKG in der LVR-Klinik C. -I. untergebracht.Mit Beschluss vom 21. Dezember 2010 – 18 XIV 457/10.L – des Amtsgerichts Kleve wurde die vorläufige Unterbringung der Beklagten nach Anhörung in der LVR-Klinik C. -I. für die Dauer von bis zu längstens sechs Wochen angeordnet.
5Unter dem 5. Januar 2011 unterzeichnete die Beklagte eine Einverständniserklärung über den freiwilligen Verbleib in einer geschlossenen Station oder Bereich und wurde am 6. Januar 2011 auf eigenen Wunsch gegen ärztlichen Rat ohne weitere Anzeichen von akuter Eigen- oder Fremdgefährdung entlassen.
6Einen anschließenden Aufenthaltsort hat der Kläger seither nicht ermitteln können.
7Mit Schreiben vom 19. September 2011 lehnte der Bürgermeister der Gemeinde C. -I. gegenüber dem Kläger die Kostenübernahme der stationären Behandlung für die Beklagte im Zeitraum vom 21. Dezember 2010 bis 6. Januar 2011 ab. In der Begründung wird ausgeführt, die Angaben zur Sachverhaltsüberprüfung bezüglich der Beklagten seien zu vage, selbst bei unterstellter Leistungsberechtigung sei die Frage der örtlichen Zuständigkeit ungeklärt.
8Der Kläger hat am 19. Dezember 2013 Klage erhoben. Die Beklagte sei in seiner LVR-Klinik im fraglichen Zeitraum vollstationär auf Grundlage der Einweisung nach PsychKG behandelt worden. Für diese Behandlung seien Kosten in Höhe von 4.375,18 Euro entstanden. Es handele sich der Höhe nach um die mit den Krankenkassen ausgehandelten Pflegesätze, die als übliche Vergütung anzusehen seien.
9Die Beklagte sei in dem fraglichen Zeitraum nicht krankenversichert gewesen und habe die Mitarbeit an der Beantragung von Sozialleistungen (Sozialhilfe, Arbeitslosengeld II) verweigert.
10Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
11die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 4.375,18 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
12Die Beklagte stellt keinen Antrag.
13Mit Beschluss vom 11. Februar 2014 hat die Kammer den Rechtsstreit auf den Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
14Mit gerichtlicher Verfügung vom 11. Februar 2014 sind die Beteiligten zur Möglichkeit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid angehört worden.
15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Klägers Bezug genommen.
16Entscheidungsgründe:
17Das Gericht entscheidet nach Anhörung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt (soweit entscheidungserheblich) geklärt ist.
18Die Klage hat keinen Erfolg.
19Sie begegnet allerdings nicht schon durchgreifenden Bedenken gegen ihre Zulässigkeit.
20Der Verwaltungsrechtsweg ist nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffnet, da es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art handelt und die Streitigkeit nicht durch Gesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen ist. Der geltend gemachte Zahlungsanspruch findet seine rechtliche Grundlage im öffentlichen Recht, nämlich in § 32 Abs. 1 Satz 1 PsychKG NRW. Bei einer zwangsweisen Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus sind die Rechtsbeziehungen zwischen Krankenhausträger und Patient dem öffentlichen Recht zuzuordnen, weil der Krankenhausträger insoweit dem Patienten im Rahmen eines Über- und Unterordnungsverhältnisses gegenüber tritt und es sich hierbei um die Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe handelt.
21Vgl. VG Minden, Gerichtsbescheid vom 5. Januar 2007 - 6 K 553/05 -, GesR 2007, 537 f.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 18. Juli 1990 - 10 S 763/89 -, NJW 1991, 2985; Fischer/Mann, Rechtsbeziehungen zwischen Psychiatrischen Landeskrankenhäusern und ihren Patienten, NJW 1992, 1539 ff. (1540) m.w.N.; VG Düsseldorf, Urteil vom 9. April 2008, - 7 K 492/07 – (n.v.).
22Das allgemeine Rechtsschutzinteresse fehlt nicht deshalb, weil der Kläger die erhobene Forderung möglicherweise im Wege eines Leistungsbescheides hätte geltend machen und nach dessen Bestandskraft im Verwaltungsvollstreckungsverfahren hätte beitreiben können. Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein Westfalen, besteht für den Erlass eines entsprechenden Leistungsbescheides durch den Kläger keine Ermächtigungsgrundlage.
23OVG NRW, Urteil vom 26. September 1991 - 13 A 876/90 -, JMBl NW 1992, 70 ff.
24Die Klage ist auch nicht wegen einer mangelbehafteten Bezeichnung der Beklagten unzulässig. Nach § 82 Abs. 1 VwGO muss die Klage den Beklagten bezeichnen, wozu neben dem Namen auch die Anschrift („ladungsfähige Anschrift“), unter der der Beteiligte zu erreichen ist, gehört.
25Vgl. Kopp, Kommentar zur VwGO, 19. Auflage 2013, § 82 Rz. 4.
26Diese Pflicht darf allerdings nicht dazu führen, dass der Kläger rechtsschutzlos gestellt wird, wenn ihm die Erfüllung dieser Pflicht ausnahmsweise unmöglich ist.
27Vgl. Kopp, a.a.O..
28So liegt der Fall hier. Der Kläger hat mit seinem Antrag auf öffentliche Zustellung der Klage dargetan, dass er alle ihm zur Verfügung stehenden Quellen und Mittel ausgeschöpft hat, um die Anschrift der Beklagten in Erfahrung zu bringen. So haben das Bundesamt für Justiz, das Einwohnermeldeamt und das Sozialamt der Stadt C. -I. , die Staatsanwaltschaft Kleve, die Kreispolizeibehörde Kleve sowie das Ausländeramt des Kreises Kleve auf entsprechende Anfragen des Klägers mitgeteilt, über keine aktuelle Anschrift der Beklagten zu verfügen. Nach dem Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge bieten sich auch keine weiterführenden Erkenntnismöglichkeiten oder Anhaltspunkte für weitere erfolgversprechende Recherchen. Vor diesem Hintergrund hat das Gericht auch die öffentliche Zustellung u.a. der Klage mit Beschluss vom 11. Februar 2014 angeordnet.
29Die Klage ist indes unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung keinen Anspruch auf Zahlung von 4.375,18 Euro für die stationäre Unterbringung im Zeitraum vom 21. Dezember 2010 bis zum 6. Januar 2011.
30Der geltend gemachte Anspruch des Klägers lässt sich nicht auf die allein in Betracht zu ziehenden §§ 32, 33 PsychKG NRW stützen. Danach sind die Kosten einer nach diesem Gesetz durchgeführten Unterbringung in einem Krankenhaus sowie die der ärztlichen und psychotherapeutischen Behandlung von den Betroffenen zu tragen, soweit sie nicht von Unterhaltspflichtigen, einem Träger der Sozialversicherung, einem Träger der Sozialhilfe oder anderen zu zahlen sind.
31Allerdings resultieren die in Rede stehenden Kosten aus einer nach dem PsychKG NRW durchgeführten Unterbringung. Denn die Ordnungsbehörde der Stadt F. hat die sofortige Unterbringung der Beklagten am 21. Dezember 2010 gem. § 14 Abs. 1 PsychKG auf einer geschlossenen Station der in der Trägerschaft des Klägers stehenden LVR-Klinik C. -I. angeordnet. Das Amtsgericht Kleve hatte darüber hinaus durch Beschluss vom 21. Dezember 2010 – 18 XIV 457/10.L – die vorläufige Unterbringung der Beklagten längstens bis zu sechs Wochen gemäß §§ 10 bis 13 PsychKG NRW angeordnet.
32Dem geltend gemachten Anspruch steht jedoch entgegen, dass mit der für die Beklagte während ihres Aufenthalts zuständigen Gemeinde ein nach den Vorschriften der §§ 32,33 PsychKG NRW vorrangig Verpflichteter vorhanden ist.Die Beklagte war im Zeitraum der Unterbringung nicht krankenversichert. Sie unterlag nach § 5 Abs. 11 Satz 3 SGB V
33das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477, 2482), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 21. Juli 2014 (BGBl. I S.1133) geändert worden ist,
34auch nicht der Versicherungspflicht. Nach dieser Vorschrift unterliegen Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz nicht der Versicherungspflicht nach § 13 Abs. 1 Nr. 13 SGB V. Denn eine Absicherung im Krankheitsfall besteht bereits dann, wenn ein Anspruch auf Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt nach § 4 des Asylbewerberleistungsgesetzes dem Grunde nach besteht.Vielmehr war die Beklagte im Zeitraum der Unterbringung Leistungsberechtigte nach § 1 AsylbLG,
35Asylbewerberleistungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. August 1997 (BGBl. I S. 2022), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 22. November 2011 (BGBl. I S. 2258) geändert worden ist.
36Nach dieser Vorschrift sind Ausländer, die sich tatsächlich im Bundesgebiet aufhalten und vollziehbar ausreisepflichtig sind (Nr. 5) leistungsberechtigt nach diesem Gesetz. Nach den Feststellungen der Bundespolizei, die sich der Kläger zu eigen macht und an denen berechtigte Zweifel nicht ersichtlich sind, ist die Beklagte kongolesische Staatsangehörige und wurde ohne Pass (§ 3 Abs. 1 Satz 1 AufenthG) und einen Aufenthaltstitel (§ 4 Abs. 1 Satz 1 AufenthG) für Deutschland bei vollzogener Einreise angetroffen. Sie ist damit gem. § 14 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AufenthG unerlaubt eingereist und nach § 58 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG vollziehbar ausreisepflichtig. Da für eine Anspruchseinschränkung nach § 1a AsylBlG keine Anhaltspunkte vorliegen, stand der Beklagten ein Anspruch nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG zu. Danach waren ihr zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände die erforderliche ärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln sowie sonstiger zur Genesung, zur Besserung oder zur Linderung von Krankheiten oder Krankheitsfolgen erforderlichen Leistungen zu gewähren.Das Gericht hat keinen Zweifel, dass die durch den Kläger bzw. sein LVR-Krankenhaus gegenüber der Beklagten erbrachten Leistungen, die er gemäß der Rechnung vom 5. Februar 2014 ihr gegenüber geltend macht, zur Behandlung ihrer akuten psychotischen Erkrankung erforderlich waren und damit dem Leistungskatalog des § 4 Abs. 1 AsylbLG unterfallen. Hieran ändert sich auch nichts dadurch, dass diese Unterbringungs- und Behandlungskosten durch das ordnungsbehördliche Eingreifen des Bürgermeisters der Stadt F. veranlasst wurden. Denn der Bedarf der Leistungsberechtigten wird damit nicht zu einem anderen Erstattungsregime unterliegenden Kosten der Gefahrenabwehr. Die Anordnung der sofortigen Unterbringung nach § 14 PsychKG bzw. die folgende Anordnung des AG Kleve nach §§ 10 bis 13 PsychKG ersetzt lediglich die freie Entscheidung der Beklagten, sich dieser Unterbringung und Behandlung zu unterziehen. Die hieraus entstehenden Kosten sind verursacht durch den Bedarf nach § 4 Abs. 1 AsylbLG.Damit stand der Beklagten ein Anspruch auf Gewährung der Unterbringungskosten gegenüber der nach §§ 10, 10a AsylbLG i. V. m. §§ 1 und 2 AG AsylBlG NRW
37Gesetz zur Ausführung des Asylbewerberleistungsgesetzes (AG AsylbLG) vom 29. November 1994, GV.NW S. 1087,
38zuständigen Behörde zu.
39Hieran ändert sich auch nichts, wenn man das Schreiben des Bürgermeisters der Gemeinde C. -I. vom 19. September 2011 als Verwaltungsakt ansieht, der in Bestandskraft erwachsen sein kann. In diesem Schreiben hat die für Leistungen nach dem AsylbLG zuständige Behörde in C. -I. dem Kläger gegenüber die Übernahme der Unterbringungskosten auf der Grundlage des AsylbLG abgelehnt. Dies kann aber einen Anspruch der Beklagten nicht entgegengehalten werden. Im Übrigen stellt der Gesetzeswortlaut des § 32 Abs. 1 Satz 1 PsychKG (am Ende) mit der Formulierung „zu zahlen sind“ ersichtlich auf die rechtliche Verpflichtung zur Leistung ab, und nicht darauf, ob tatsächlich diese Leistungen erfolgt sind.
40War damit die für Leistungen nach dem AsylbLG zuständige Behörde verpflichtet die Unterbringungskosten als Leistungen nach § 4 Abs. 1 AsylbLG zu gewähren, scheidet gem. § 32 Abs. 1 Satz 1 PsychKG ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte aus.
41Ein Anspruch auf geltend gemachte Zinsen kommt mangels tenorierter Hauptforderung nicht in Betracht.
42Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
43Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO, §§ 708, 711 ZPO.
44Beschluss:
45Der Streitwert wird auf 4.375,18 Euro festgesetzt.
46Gründe:
47Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 52 Abs. 3 GKG.
Tenor
Das Verfahren wird eingestellt, soweit der Kläger die Klage bezüglich der Verzugszinsen zurückgenommen hat.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 24.502,96 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.12.2013 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger zu 16 %, der Beklagte zu 84 %.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Beide Beteiligte können die Vollstreckung durch den Prozessgegner durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der andere Beteiligte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand
2Der Kläger ist Träger der LVR-Klinik L. (Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie). Mit der Klage verlangt er die Zahlung der Kosten, die durch die vollstationäre Unterbringung des Beklagten nach dem PsychKG im Zeitraum vom 24.03.2010 bis zum 24.08.2010 entstanden sind. Dem liegt der folgende Sachverhalt zugrunde:
3Der am 00.00.0000 geborene Beklagte, der vermutlich georgischer Staatsbürger ist, gelangte nach eigenen Angaben im März 2009 mit einem Lastwagen auf dem Landweg nach Deutschland. Am 20.03.2009 wurde er in Köln wegen illegalen Aufenthalts festgenommen. Vom 20.03.2009 bis zum 17.09.2009 befand sich der Beklagte in Abschiebehaft. Unter dem 18.09.2009 erhielt der Kläger eine Aufenthaltsgestattung für den Regierungsbezirk Köln für den Zeitraum bis zum 7.10.2009, die später bis zum 10.03.2010 verlängert wurde.
4Sein erster Asylantrag vom 15.04.2009 wurde durch Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge – BAMF – vom 24.04.2009 als offensichtlich unbegründet abgelehnt, weil der Beklagte über einen sicheren Drittstaat eingereist war. Hiergegen erhob der Beklagte Klage vor dem VG Ansbach, die an das VG Minden verwiesen wurde (3 K 1267/09.A).
5Mit Schreiben vom 29.10.2009 wurde dem Beklagten die Abschiebung am 24.11.2009 angedroht. Ein Eilantrag seiner Prozessbevollmächtigten wurde durch Beschluss des VG Minden vom 24.11.2009 als offensichtlich unbegründet abgelehnt. Die Abschiebung konnte jedoch nicht erfolgen, weil der Beklagte untergetaucht war. Das Klageverfahren 3 K 1267/09.A wurde wegen Nichtbetreibens durch Beschluss vom 13.01.2010 eingestellt.
6Am 02.02.2010 stellt der Beklagte einen Asylfolgeantrag, der durch Bescheid des BAMF vom 25.02.2010 abgelehnt wurde. Ein Festnahmebeschluss des Amtsgerichts Köln vom 25.02.2010 konnte nicht ausgeführt werden, weil der Beklagte erneut unbekannten Aufenthalts war. Ein Eilantrag der Prozessbevollmächtigten des Beklagten wurde durch Beschluss des VG Köln vom 02.03.2010 abgelehnt (26 L 208/10.A). Am 02.03.2010 erhob die Prozessbevollmächtigte des Beklagten Klage auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens beim VG Köln (26 K 1281/10.A). Die Klage wurde mit Urteil des VG Köln vom 15.04.2010 als offensichtlich unbegründet abgewiesen. Ein weiterer Folgeantrag wurde mit Bescheid des BAMF vom 18.07.2011 abgewiesen.
7Am 24.03.2010 sprang der Beklagte in Köln von der Deutzer Brücke in den Rhein, wurde aber von den anwesenden Rettungskräften gerettet. Mit Verfügung vom 24.03.2010 ordnete die Stadt Köln wegen einer psychischen Störung und akuter Selbstmordgefahr die sofortige Unterbringung an. In dem beigefügten ärztlichen Attest des Dr. S. wurde ausgeführt, der Beklagte höre imperative Stimmen, die ihm den Tod prophezeiten. Er fühle sich von Abschiebung bedroht. Es bestehe akute Suizidalität.
8Mit Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 25.03.2010 - 175 a XIV 63.906/L - wurde die vorläufige Unterbringung des Beklagten nach § 14 PsychKG nach Anhörung des Beklagten bis zum 06.05.2010 im Wege der einstweiligen Anordnung angeordnet. Die Stationsärztin Dr. Henke bestätigte akute Suizidalität.
9Am 23.04.2010 beantragte die LVR-Klinik die Aufhebung der Unterbringung, weil der Beklagte die Behandlung freiwillig weiterführen wolle.
10Mit Verfügung vom 27.04.2010 ordnete die Stadt Köln erneut die sofortige Unterbringung unter Bezugnahme auf ein ärztliches Attest von Dr. B. an. In dem Attest heißt es, der Beklagte habe sich mit einer Rasierklinge am Unterarm zahlreiche Schnittverletzungen zugefügt, wahrscheinlich mit suizidaler Absicht. Durch Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 27.04.2010 wurde der Antrag auf vorläufige Unterbringung zunächst zurückgewiesen, weil der Beklagte der weiteren Behandlung zugestimmt habe.
11Durch einen erneuten Beschluss vom 28.04.2010 – 175 a XIV 64096.L – wurde die vorläufige Unterbringung nach Anhörung des Beklagten nach § 14 PsychKG bis zum 09.06.2010 zur Abwehr akuter Eigengefährdung nach Anhörung des Beklagten einstweilig angeordnet. Die anwesende Ärztin Dr. V. erklärte, der Beklagte habe zwar am Vortrag eine Freiwilligkeitserklärung abgegeben, jedoch kurz danach einen Impulsdurchbruch erlitten und sich selbst schwer verletzt. Die Erklärung sei in keiner Weise mehr tragfähig.
12Mit einem psychiatrischem Attest der Stationsärztin Dr. I. vom 01.06.2010 wurde die Verlängerung der Unterbringung beim Amtsgericht Köln beantragt. Darin hieß es, der Patient leide an einer paranoiden Schizophrenie und vermutlich einer emotional-instabilen Persönlichkeitsstörung mit optischen und akustischen Halluzinationen und selbstverletzendem Verhalten, zuletzt am 31.05.2010. Der Patient habe eine deutlich herabgesetzte Krankheitseinsicht und sei nur eingeschränkt behandlungswillig. Bei einer Entlassung sei ein Therapieabbruch höchst wahrscheinlich und derzeit nicht zu verantworten.
13Durch Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 04.06.2010 wurde die vorläufige Unterbringung bis zum 16.07.2010 nach Anhörung des Beklagten wegen unveränderter Selbstmordgefahr verlängert.
14Durch einen weiteren Beschluss des AG Köln vom 13.07.2010 wurde die „erstmals durch Beschluss vom 28.04.2010 angeordnete Unterbringung“, also die vorläufige Unterbringung bis zum 28.07.2010 wegen weiter bestehender akuter Eigen- und Fremdgefährdung verlängert.
15Unter dem 16.07.2010 erstellte Herr Dr. I1. (Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie) auf Anordnung des Amtsgerichts ein psychiatrisches Gutachten aufgrund einer eigenen Untersuchung des Beklagten. Darin wurde festgestellt, dass der Beklagte an einer paranoid-halluzinatorischen Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis und einer posttraumatischen Belastungsstörung leide. Es bestehe weiterhin Suizidgefahr, sodass eine Unterbringung über 3 weitere Monate erforderlich sei.
16Durch Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 22.07.2010 wurde die weitere Unterbringung des Beklagten nach § 11 PsychKG nach Anhörung des Beklagten und auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens bis zum 22.10.2010 mit sofortiger Wirksamkeit angeordnet.
17Am 24.08.2010 verließ der Beklagte eigenmächtig die Klinik. Am 02.09.2010 stellte die Klinik einen Antrag auf Aufhebung der Unterbringung, weil keine Eigen- oder Fremdgefährdung mehr vorliege. Unter dem gleichen Datum wurde die Unterbringung durch Beschluss des Amtsgerichts Köln aufgehoben.
18Der Kläger stellte unter dem 04.05.2010, dem 17.05.2010, dem 01.06.2010, dem 16.06.2010, dem 01.07.2010, dem 16.07.2010, dem 02.08.2010, dem 16.08.2010, dem 01.09.2010 und dem 17.12.2010 Rechnungen über die Unterbringungskosten in Höhe von insgesamt 29.948,32 € für den Zeitraum vom 24.03.2010 bis zum 24.08.2010 aus und übersandte diese an die Privatadresse des Beklagten in der N. . 00 in Köln.
19Am 23.09.2010 erteilt die Stadt Köln dem Beklagten eine Duldung. Unter dem 30.09.2010 stellte die Prozessbevollmächtigte des Klägers einen Antrag an die Stadt Köln auf Bewilligung von Leistungen nach dem SGB XII (Sozialhilfe), hilfsweise nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Gleichzeitig beantragte sie die rückwirkende Anmeldung in der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem 24.03.2010.
20Die Stadt Köln bewilligte dem Beklagten mit Schreiben vom 03.11.2010 Leistungen nach § 3 AsylbLG ab dem 19.10.2010. Mit einem weiteren Schreiben vom 05.11.2010 an die Prozessbevollmächtigte des Beklagten regte die Stadt Köln an, eine freiwillige Weiterversicherung bei der bisherigen Krankenversicherung zu beantragen. Die Beiträge würden auch rückwirkend übernommen.
21Durch Beschluss des Amtsgerichts Köln – Betreuungsgericht – vom 09.11.2010 wurde eine gesetzliche Betreuung für den Beklagten wegen krankheitsbedingter Geschäftsunfähigkeit (paranoide Schizophrenie, emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderlinetyp) eingerichtet und Frau J. H. als gesetzliche Betreuerin bestellt.
22Die Prozessbevollmächtigte des Beklagten stellte im November 2010 Anträge auf eine rückwirkende Krankenversicherung ab dem 24.03.2010 bei der DKV – Deutsche Krankenversicherung - und der AOK Rheinland/Hamburg. Die AOK Rheinland/Hamburg lehnte den Antrag auf eine Mitgliedschaft mit Schreiben vom 21.03.2011 ab, da der Beklagte Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehe und daher nicht der gesetzlichen Versicherungspflicht unterliege.
23Die DKV hatte dem Beklagten unter dem 16.10.2009 einen Versicherungsschein über eine Auslandsreisekrankenversicherung für den Zeitraum vom 24.09.2009 bis zum 24.09.2014 ausgestellt. Mit einem Schreiben vom 31.03.2010 an die LVR-Klinik hatte die DKV die Gewährung von Leistungen für den Beklagten bereits abgelehnt, weil kein Anspruch auf Versicherungsleistungen bestehe. Auf Anforderung des Gerichts hat die DKV mit Schreiben vom 16.11.2016 mitgeteilt, dass die Krankenversicherung mit Schreiben vom 15.03.2010 wegen Nichtzahlung der Beiträge zum 24.03.2010 durch den Versicherer gekündigt worden sei. Daher sei eine Kostenübernahme über den 24.03.2010 hinaus nicht möglich gewesen.
24Mit Schreiben vom 14.02.2011 legte die Betreuerin die Rechnungen der Klägerin über die Unterbringungskosten dem Sozialamt der Stadt Köln vor.
25In der Folgezeit wurden die Unterbringungskosten weder durch das Sozialamt der Stadt Köln noch durch eine der angeschriebenen Krankenkassen/Krankenversicherungen übernommen. Der Beklagte leistete ebenfalls keine Zahlungen.
26Daher erhob der Kläger am 06.12.2013 Klage gegen den Beklagten auf Zahlung von 29.948,32 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz wegen Zahlungsverzuges gemäß §§ 291, 288 BGB.
27Der Kläger vertritt die Auffassung, der Beklagte sei nach §§ 32, 33 PsychKG verpflichtet, die geltend gemachten Unterbringungskosten selbst zu tragen, da er im maßgeblichen Zeitraum nicht krankenversichert gewesen sei und auch keine Ansprüche auf Erstattung der Kosten aus Leistungen der Sozialhilfe habe. Die DKV habe telefonisch mitgeteilt, dass ein Versicherungsverhältnis mit dem Beklagten nicht mehr bestehe und auch nicht rückwirkend begründet worden sei. Kosten der Hilfen für psychisch Kranke nach § 31 PsychKG seien dem Beklagten nicht in Rechnung gestellt worden. Der Beklagte sei weiterhin verpflichtet die Kosten zu tragen, soweit er keinen Nachweis für die Möglichkeit eines anderweitigen Kostenträgers beibringe.
28Der Beklagte hält sich aktuell weiterhin in Deutschland auf und bezieht ausweislich des Bescheides des Jobcenters Köln vom 19.07.2016 Leistungen nach dem SGB II (Grundsicherung für Arbeitssuchende).
29Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 15.12.2015 die Klage hinsichtlich der Verzugszinsen zurückgenommen.
30Er beantragt nunmehr,
31den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 29.948,32 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
32Der Beklagte beantragt,
33die Klage abzuweisen.
34Seine Betreuerin trägt vor, der Beklagte habe im fraglichen Zeitraum der Unterbringung keine Krankenversicherung gehabt. Die Reisekrankenversicherung bei der DKV sei entfallen, weil der Beklagte keinen ständigen Aufenthalt mehr im Ausland gehabt habe. Der Beklagte habe auch seinerzeit keinen Antrag auf Sozialhilfe gestellt, weil er Angst vor Abschiebung gehabt habe. In der LVR-Klinik habe auch kein Antrag auf Sozialleistungen gestellt werden können, weil eine Kommunikation mit dem Beklagten nicht möglich gewesen sei. Alle Versuche der Kostenübernahme durch den Sozialhilfeträger seien letztlich gescheitert.
35Die Prozessbevollmächtigte des Beklagten trägt vor, der Beklagte habe bei der Einweisung in die LVR-Klinik keinen Versicherungsschein gehabt. Die DKV habe Leistungen abgelehnt. Der Kläger habe daher bei Einweisung gewusst, dass kein Krankenversicherungsschutz bestanden habe bzw. dieser ungeklärt sei.
36Der Beklagte habe aber alle möglichen Anträge gestellt, insbesondere einen Antrag auf Sozialleistungen und rückwirkende Krankenversicherung mit Schreiben vom 30.09.2010 bei der Stadt Köln. Die Stadt Köln habe auch eine Kostenzusage in dem Schreiben vom 05.11.2010 erteilt. Der Beklagte habe auch über seinen Hausarzt Dr. T. einen Antrag auf Mitgliedschaft in einer Krankenversicherung gestellt.
37Weiterhin sei bei der Aufnahme des Beklagten in der Klinik ein Antrag beim Dezernat 7 des Klägers auf Kostenübernahme im Wege der Eingliederungshilfe gemäß §§ 53 ff. Sozialgesetzbuch XII gestellt worden. Dies ergebe sich aus der vorgelegten Bescheinigung des Klägers vom 24.03.2010 und dem Schreiben des Mitarbeiters des Sozialdienstes, Herrn Martini vom 09.04.2010. Ein weiterer Antrag der gesetzlichen Betreuerin auf Eingliederungshilfe vom 31.10.2013 sei wegen Verfristung mit Bescheid vom 06.11.2013 abgelehnt worden. Daher sei von der Übernahme der Kosten durch einen Dritten auszugehen. Der Sozialdienst der Klägerin sei auch über die Möglichkeit unterrichtet worden, eine Unterstützung durch den Sozialfond des Verbands der Krankenversicherer zu erhalten.
38Die Ansprüche aus §§ 32, 33 PsychKG beträfen nur die Kosten der Unterbringung, aber nicht der Behandlung. Die Kosten der Behandlung trügen nach § 31 PsychKG die Kreise.
39Schließlich lägen die Rechnungen nicht vor. Sie ließen die Behandlungsart und den zugrunde liegenden Tarif nicht erkennen.
40Die Prozessbevollmächtigte des Beklagten hat auf Anforderung des Gerichts eine Verpflichtungserklärung eines in Deutschland lebenden Landsmannes des Beklagten vom 12.06.2009 vorgelegt, wonach dieser die Lebenshaltungskosten des Beklagten in Deutschland übernehme.
41Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die vom Kläger vorgelegten Verwaltungsvorgänge und Behandlungsakten sowie die vom Gericht beigezogenen Unterbringungsakten des Amtsgerichts Köln – 175 a XIV 63.906/L und 175 a XIV 64096.L – Bezug genommen.
42E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
43Soweit der Kläger die Klage hinsichtlich der Verzugszinsen zurückgenommen hat, war das Verfahren nach § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.
44Im Übrigen ist die Klage zulässig, aber nur teilweise begründet.
45Für den Zahlungsanspruch des Klägers aus § 32 PsychKG gegen den Beklagten auf Zahlung der Kosten der Unterbringung ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben, da die zugrunde liegende Rechtsnorm dem öffentlichen Recht angehört. Die Rechtsbeziehungen zwischen dem Kläger als Träger eines psychiatrischen Krankenhauses und dem Beklagten als einem von der Unterbringung betroffenen Patienten sind wegen des bestehenden Über-Unterordnungsverhältnisses dem öffentlichen Recht zuzuordnen,
46vgl. BGH, Urteil vom 05.02.1970 – VII ZR 65/68 – NJW 1970, 811; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 18.07.1990 – 10 S 763/89 - , NJW 1991, 2985; VG Minden, Gerichtsbescheid vom 05.01.2007 – 6 K 553/05 – juris; VG Köln, Gerichtsbescheid vom 19.02.2013 – 7 K 3373/12 – .
47Der Zahlungsanspruch kann mit der allgemeinen Leistungsklage nach § 43 Abs. 2 VwGO verfolgt werden. Diese ist gegenüber der Verpflichtungsklage nicht subsidiär. Der Kläger ist nicht berechtigt, den Anspruch durch Verwaltungsakt geltend zu machen, da eine entsprechende Ermächtigungsgrundlage fehlt. § 32 PsychKG bildet zwar die Rechtsgrundlage für den Zahlungsanspruch, enthält aber keine Ermächtigung zum Erlass eines Leistungsbescheides,
48vgl. VG Minden, Gerichtsbescheid vom 05.01.2007 – 6 K 553/05 – .
49Der Beklagte ist wegen seiner unstreitigen psychischen Erkrankung möglicherweise nicht prozessfähig, § 62 Abs. 1 Nr. 1 VwGO i.V.m. § 104 BGB. Er wird jedoch durch seine Betreuerin, Frau J. H. , wirksam gesetzlich vertreten, § 1902 BGB.
50Hinsichtlich der übrigen Sachurteilsvoraussetzungen bestehen keine rechtlichen Bedenken.
51Die Klage ist teilweise begründet. Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Zahlungsanspruch in Höhe von 24.502,96 Euro nebst Prozesszinsen. Hinsichtlich der darüber hinaus gehenden Forderung in Höhe von 5.445,36 Euro ist die Klage unbegründet.
52Rechtsgrundlage für den Zahlungsanspruch ist § 32 Abs. 1 PsychKG NRW. Danach sind die Kosten einer nach diesem Gesetz durchgeführten Unterbringung in einem Krankenhaus von dem Betroffenen zu tragen, soweit sie nicht von Unterhaltspflichtigen, einem Träger der Sozialversicherung, einem Träger der Sozialhilfe oder anderen zu zahlen sind. Ausnahmsweise trägt die Staatskasse die Kosten, wenn die Voraussetzungen für die Unterbringung von Anfang an nicht vorgelegen haben, § 32 Abs. 2 PsychKG. Nach § 32 Abs. 3 PsychKG kann das nach § 12 PsychKG zuständige Amtsgericht auch der Gebietskörperschaft, deren Behörde den Antrag gestellt hat, die Kosten auferlegen, wenn ein begründeter Anlass zur Antragstellung nicht vorlag.
53Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Zahlungsanspruchs nach § 32 Abs. 1 PsychKG sind für den Zeitraum vom 24.03.2010 bis zum 24.06.2010 und für den Zeitraum vom 22.07.2010 bis zum 24.08.2010 erfüllt (hierzu 1.). Dies entspricht Unterbringungskosten in Höhe von 24.502,96 Euro. Für den Zeitraum vom 25.06.2010 bis zum 21.07.2010 sind die Tatbestandsmerkmale des § 32 Abs. 1 PsychKG nicht erfüllt, weil in diesem Zeitraum keine rechtmäßige Unterbringung nach dem PsychKG bestand. Insoweit war die Klage daher abzuweisen (hierzu 2.).
541. Vom 24.03.2010 bis zum 24.08.2010 war der Beklagte ohne Unterbrechung im LVR-Krankenhaus des Klägers in Köln untergebracht. Hierbei lag zunächst eine sofortige Unterbringung nach § 14 PsychKG vor, die von der Stadt Köln als örtlicher Ordnungsbehörde am 24.03.2010 angeordnet worden war. Durch Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 25.03.2010 – 175 a XIV 63906.L - wurde die vorläufige Unterbringung des Beklagten bis zum 06.05.2010 angeordnet und durch die Beschlüsse vom 28.04.2010, vom 04.06.2010 und vom 13.07.2010 bis zum 28.07.2010 verlängert. Durch Beschluss vom 22.07.2010 wurde sodann die weitere Unterbringung nach § 11 PsychKG bis zum 22.10.2010 angeordnet.
55Als Kosten der Unterbringung hat der Kläger zutreffend die sogenannten „Hotelkosten“ geltend gemacht,
56vgl. Dodegge/Zimmermann, PsychKG NRW, Praxiskommentar, 3. Aufl. 2011, § 32 Anm. 1.
57Diese setzen sich aus dem Basispflegesatz und dem Abteilungspflegesatz, zuzüglich der gesetzlichen Zuschläge zusammen. Einwände gegen die Höhe der Kosten wurden nicht substantiiert erhoben und sind auch nicht ersichtlich. Behandlungskosten im Sinne des § 33 PsychKG oder Kosten von vorsorgenden Hilfen für psychisch Kranke nach § 31 i.V.m. §§ 8 und 9 PsychKG wurden nicht erhoben. Die Kosten sind nur bis zum 24.08.2010 entstanden, da der Beklagte zu diesem Zeitpunkt das Krankenhaus eigenmächtig verlassen hat. Der Kläger hat also zu Recht nur Rechnungen bis zu diesem Tag ausgestellt.
58Die Kosten sind nicht ausnahmsweise nach § 32 Abs. 2 oder Abs. 3 PsychKG von der Staatskasse oder von der Gebietskörperschaft, deren Behörde die Unterbringung angeordnet hat, zu tragen.
59Das für die Kostenentscheidung zuständige Amtsgericht, § 32 Abs. 4 PsychKG, hat die Kosten weder der Staatskasse noch der zuständigen Gebietskörperschaft auferlegt. Die Beschlüsse des Amtsgerichts Köln enthalten keine Entscheidung über die Kosten. Es kann dahinstehen, ob das Verwaltungsgericht bei der Entscheidung über die Zahlungsklage an diese Entscheidung gebunden ist. Denn die Voraussetzungen der § 32 Abs. 2 oder Abs. 3 PsychKG liegen auch nach Auffassung der Kammer nicht vor.
60Die Kosten sind nicht von der Staatskasse zu tragen. Das ist nach § 32 Abs. 2 PsychKG nur der Fall, wenn der Antrag auf Anordnung der Unterbringung abgelehnt oder zurückgenommen wird oder aus anderen Gründen seine Erledigung findet und die Voraussetzungen für die Unterbringung von Anfang an nicht vorgelegen haben. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Zwar wurde hier der zweite Antrag der Stadt Köln auf Anordnung der Unterbringung vom 27.04.2010 durch Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 27.04.2010 zunächst abgelehnt. Die Ablehnung ging jedoch ins Leere. Denn die Unterbringung für diesen Tag war bereits durch den Gerichtsbeschluss vom 25.03.2010 bis zum 06.05.2010 angeordnet und nicht aufgehoben worden. Demnach dauerte die Unterbringung auch an diesem Tag und danach an. Der Antrag hatte sich somit nicht erledigt.
61Die Kosten sind auch nicht ausnahmsweise der Gebietskörperschaft, deren Behörde den Antrag gestellt hat, also hier der Stadt Köln, aufzuerlegen. Nach § 32 Abs. 3 PsychKG kann das Gericht die Kosten der Unterbringung dann der Gebietskörperschaft auferlegen, wenn ein begründeter Anlass für die Antragstellung nicht vorlag. Im vorliegenden Verfahren war jedoch auch nach Auffassung der Kammer ein begründeter Anlass für die sofortige Unterbringung gegeben.
62Der Beklagte wies im Unterbringungszeitraum deutliche Symptome einer psychischen Erkrankung auf und stellte durch sein krankheitsbedingtes Verhalten eine erhebliche Gefahr für sich selbst dar, § 11 PsychKG. Nach allen vorliegenden psychiatrischen Gutachten bestanden Anzeichen für eine erhebliche psychische Erkrankung im Sinne einer paranoid-halluzinatorischen Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis. Die Erkrankung hatte am 24.03.2010 zu einem Selbstmordversuch (Sprung von der Rheinbrücke) und am 27.04.201 und am 31.05.2010 zu einer erheblichen Selbstverletzung geführt.
63Demnach hat der Beklagte die Kosten der Unterbringung für die oben genannten Zeiträume zu tragen, „soweit sie nicht von Unterhaltspflichtigen, einem Träger der Sozialversicherung, einem Träger der Sozialhilfe oder anderen zu zahlen sind“, § 32 Abs. 1 PsychKG.
64Im vorliegenden Verfahren haben Dritte keine Zahlungen zur Erfüllung der Unterbringungskosten geleistet. Vielmehr haben sowohl die früher bestehende private Krankenversicherung (DKV), als auch die AOK und der zuständige Sozialhilfeträger, hier die Stadt Köln, ebenso wie der für Leistungen der Eingliederungshilfe zuständige überörtliche Sozialhilfeträger Zahlungen abgelehnt.
65Somit ist der Beklagte zur Leistung verpflichtet, da diese nicht von Dritten übernommen werden.
66Nach dem Wortlaut des § 32 PsychKG ist zwar nicht darauf abzustellen, ob Dritte Zahlungen geleistet haben, sondern darauf, ob die Kosten „von anderen zu zahlen sind“. Diese Formulierung deutet zwar eher darauf hin, dass die Zahlungspflicht des Untergebrachten dann nicht besteht, wenn andere zur Zahlung verpflichtet sind, wenn also der Untergebrachte einen Anspruch gegen einen Dritten auf Zahlung der Unterbringungskosten hat. Bei dieser Auslegung müsste das Verwaltungsgericht umfassend aufklären und prüfen, ob der Beklagte Ansprüche gegen Unterhaltspflichtige, Krankenversicherungen, Sozialhilfeträger oder andere hat, und in diesem Fall die Klage abweisen.
67Soweit der Zahlungsanspruch aus § 32 Abs. 1 PsychKG Gegenstand der Rechtsprechung geworden ist, haben die Verwaltungsgerichte Ansprüche des Beklagten gegen Dritte in vollem Umfang geprüft,
68vgl. OVG Münster, Urteil vom 20.02.1984 – 13 A 2482/82 – ; OVG Hamburg,
69Urteil vom 03.03.1989 – Bf IV 22/89 – juris; VGH Mannheim, Beschluss vom 8.07.1990 – 10 S 763/89 – NJW 1991, 2985; VG Minden, Gerichtsbescheid vom 05.01.2007 – 6 K 553/05 – juris.
70Die Kammer ist jedoch der Meinung, dass der Zahlungsanspruch des Krankenhausträgers nach § 32 PsychKG nicht davon abhängig ist, dass das Verwaltungsgericht die Feststellung trifft, dass Ansprüche des Beklagten gegen Dritte nicht bestehen. Dies wäre mit Sinn und Zweck der Regelung nicht zu vereinbaren. Der Zahlungsanspruch gegen den Beklagten soll nach dem erkennbaren Sinn der Regelung nur dann bestehen, wenn die Kosten nicht von einer Krankenversicherung oder dem Sozialhilfeträger übernommen werden, was der Regelfall sein dürfte. Wenn sich kein Dritter als Kostenträger findet, soll im Verhältnis zwischen Krankenhaus und Untergebrachtem der Patient als Verursacher die Kosten tragen.
71Eine Auslegung der Norm, die eine Prüfung und Ausschluss von Ansprüchen des Beklagten gegen Dritte fordert, würde den Krankenhausträger dem Risiko aussetzen, dass seine Zahlungsklage wegen eines anderweitigen Anspruchs des Beklagten gegen Dritte abgelehnt wird, er die Ansprüche des Beklagten gegen Dritte aber nicht durchsetzen kann und damit letztlich keine Kostenerstattung erlangen kann.
72Dieses Problem entsteht, wenn ein Dritter zwar zahlungspflichtig ist, aber die Zahlung verweigert. Durch das verwaltungsgerichtliche Urteil zwischen dem Krankenhausträger und dem Untergebrachten wird der Dritte nicht verpflichtet, weil er nicht beteiligt ist. Er kann auch nicht durch eine Beiladung beteiligt werden, weil seine rechtlichen Interessen durch eine Abweisung der Klage nicht unmittelbar berührt werden. Denn die Frage, ob ein Dritter kostenpflichtig ist, ist nur eine Vorfrage der Entscheidung über den Zahlungsanspruch gegen den Untergebrachten und nimmt daher nicht an der Rechtskraftwirkung teil. Es wird also im Fall der Abweisung einer Zahlungsklage wegen eines Anspruchs des Beklagten gegen den Dritten dieser nicht rechtkräftig zur Zahlung verurteilt.
73Das hätte zur Folge, dass der Kläger leer ausgeht, weil er seine berechtigten Forderungen weder gegenüber dem Beklagten noch gegenüber dem Dritten durchsetzen kann, wenn dieser die Zahlung verweigert. Denn mangels Aktivlegitimation kann er die Ansprüche des Beklagten gegen den dritten Leistungsträger nicht im Klageweg realisieren. Er wäre also darauf angewiesen, dass der Beklagte die Kostenpflicht gegen den Dritten in einem eigenen Prozess durchsetzt oder den Anspruch an den Kläger abtritt. Darauf hat er aber keinen Anspruch. Auch ein gesetzlicher Forderungsübergang des Untergebrachten auf den Krankenhausträger existiert nicht.
74In diesem Fall würde also letztlich der Krankenhausträger die Kosten selbst tragen. Dieses Ergebnis entspricht aber nicht dem erkennbaren Sinn der gesetzlichen Regelung.
75Da allein der Untergebrachte seine Ansprüche auf Kostentragung gegenüber Dritten aus einem Unterhaltsrecht, einer Krankenversicherung oder auf Sozialleistungen durchsetzen kann, können diese Ansprüche seine Zahlungspflicht gegenüber dem Krankenhausträger nur dann ausschließen, wenn der Dritte geleistet hat oder zumindest die Leistungspflicht schon anerkannt hat. Notfalls muss der Untergebrachte diese Rechte gegenüber Dritten gerichtlich durchsetzen. Solange er hierbei keinen Erfolg erzielt hat, ist er gegenüber dem Krankenhausträger zahlungspflichtig.
76Der Kläger hat somit einen Zahlungsanspruch gegen den Beklagten für die oben genannten Zeiträume in Höhe von 24.502, 96 Euro.
77Die Klage ist auch begründet, soweit der Kläger die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von Prozesszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf die Hauptforderung verlangt. In entsprechender Anwendung der §§ 291, 288 BGB sind auch für öffentlich-rechtliche Geldforderungen Prozesszinsen zu entrichten, wenn nicht das einschlägige Fachrecht – wofür hier nichts ersichtlich ist – eine abweichende Regelung trifft,
78vgl. BVerwG, Urteil vom 12.06.2002 – 9 C 6/01 – , BVerwGE 116, 312.
79Die Voraussetzungen der §§ 291, 288 BGB liegen vor. Die Hauptforderung war mit dem Zugang der Rechnungen fällig und ist am 06.12.2013 mit der Erhebung der Klage rechtshängig geworden. Der Zinsanspruch besteht jedoch nur, soweit die Hauptforderung begründet ist, also auf einen Betrag von 24.502,96 Euro.
802. Die Klage ist teilweise unbegründet, soweit die Unterbringungskosten für den Zeitraum vom 25.06.2010 bis zum 21.07.2010 geltend gemacht werden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Bezahlung dieser Kosten gegen den Beklagten, weil die Unterbringung in dieser Zeit nicht rechtmäßig war.
81Die Unterbringung war in dem genannten Zeitraum von Mitte Juni bis Mitte Juli 2010 nicht rechtmäßig, weil die Voraussetzungen des PsychKG in Verbindung mit den formalen Voraussetzungen des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) für die Unterbringung zeitweilig nicht vorlagen.
82Gemäß § 13 PsychKG gelten für einstweilige und längerfristige Unterbringungen sowie für das gerichtliche Verfahren die Vorschriften des FamFG. Gemäß § 333 FamFG darf die durch eine einstweilige Anordnung des Amtsgerichts angeordnete vorläufige Unterbringung eine Gesamtdauer von 3 Monaten nicht überschreiten.
83Im vorliegenden Verfahren wurde diese Gesamtdauer überschritten. Die vorläufige Unterbringung wurde am 24.03.2010 angeordnet und durch Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 25.03.2010 bestätigt. Sie durfte daher nur bis zum 24.06.2010 dauern. Tatsächlich dauerte die vorläufige Unterbringung aber bis zum 21.07.2010. Erst am 22.07.2010 wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Köln die weitere Unterbringung nach Einholung des vorgeschriebenen Sachverständigengutachtens gemäߠ § 321 FamFG angeordnet. Demnach war die vorläufige Unterbringung in der Zeit vom 25.06.2010 bis zum 21.07.2010 nicht rechtmäßig.
84Die Kammer ist der Auffassung, dass der Anspruch des Klägers auf Zahlung der Kosten der Unterbringung gegen den Untergebrachten, neben den ausdrücklich in § 32 Abs. 1 PsychKG genannten Voraussetzungen auch erfordert, dass die Unterbringung rechtmäßig war. Dafür spricht zunächst der Wortlaut des Gesetzes. § 32 PsychKG erfasst nur „die Kosten einer nach diesem Gesetz durchgeführten Unterbringung“. Da § 13 PsychKG die Verfahrensvorschriften des FamFG für anwendbar erklärt, werden diese in die Regelungen des PsychKG einbezogen. Wird, wie hier, die gesetzliche Höchstdauer einer vorläufigen Unterbringung von 3 Monaten überschritten, liegt somit in diesem Zeitraum keine Unterbringung nach den Vorschriften des PsychKG vor.
85Dem steht nicht entgegen, dass die vorläufige Unterbringung bis zum 21.07.2010 durch einen wirksamen, aber rechtsfehlerhaften Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 13.07.2010 gedeckt war. Das Gericht war irrtümlich davon ausgegangen, dass die vorläufige Unterbringung erst seit dem 28.04.2010 bestand. Tatsächlich war der Beklagte, wie bereits ausgeführt, bereits seit dem 24.03.2010 vorläufig untergebracht, sodass die Verlängerung der vorläufigen Unterbringung über den 24.06.2010 hinaus rechtswidrig war.
86Die Auferlegung von Kosten einer rechtswidrigen Unterbringung greift unverhältnismäßig in die Rechte des Untergebrachten ein, sodass § 32 PsychKG im Hinblick auf diesen Eingriff einschränkend auszulegen ist. Der Untergebrachte muss zwar eine freiheitsentziehende Maßnahme dulden, die gegen seinen Willen wirksam durch gerichtlichen Beschluss angeordnet wird. Die Auferlegung der Kosten dieser Maßnahme ist aber ein zusätzlicher Eingriff, der auf dem Verursacher- bzw. Störerprinzip beruht. Da der Untergebrachte die Maßnahme durch sein selbst- oder fremdgefährdendes Verhalten veranlasst hat, muss er auch die Kosten tragen, wenn kein anderer Kostenpflichtiger vorhanden ist. Dies erscheint aber nicht gerechtfertigt, wenn die Maßnahme rechtswidrig war, insbesondere die gesetzliche Höchstdauer der vorläufigen Unterbringung überschritt. Die darauf entfallenden Kosten können nicht dem Untergebrachten zur Last gelegt werden, weil sie nicht in seinen Verantwortungsbereich fallen.
87Die Überschreitung der Höchstdauer der vorläufigen Unterbringung ist auch kein Verfahrensfehler, der nach § 46 VwVfG unbeachtlich oder nach § 45 VwVfG durch die später durchgeführte psychiatrische Begutachtung und Anordnung der weiteren Unterbringung nach § 11 PsychKG geheilt ist. Bei der Höchstdauer handelt es sich nicht nur um eine Verfahrensvorschrift, sondern um eine materielle Voraussetzung, die die Eigenart der vorläufigen Unterbringung prägt. Nach Ablauf von 3 Monaten muss nach § 321 FamFG ein psychiatrisches Gutachten von einem unabhängigen Sachverständigen vorliegen, das die Voraussetzungen der Unterbringung bestätigt. Liegt das Gutachten nicht vor, muss die vorläufige Unterbringung, die nur auf einem ärztlichen Zeugnis und damit auf einer vorläufigen Einschätzung beruht, beendet werden. Hierbei handelt es sich also um eine Schutzvorschrift zugunsten des Betroffenen. Er soll ohne ärztliches Gutachten nicht längere Zeit in seiner Freiheit eingeschränkt sein. Vor dem Hintergrund der Bedeutung des Grundrechts auf persönliche Freiheit, Art. 2 Abs. 2 GG, muss die Einhaltung der Regelung über die Gesamtdauer der vorläufigen Unterbringung strikt geboten sein. Dementsprechend kann der Kläger die Kosten der Unterbringung für den Zeitraum der Überschreitung der gesetzlichen Höchstfrist für die vorläufige Unterbringung nicht verlangen.
88Auf diese Zeit entfällt ein Rechnungsbetrag in Höhe von insgesamt 5.445,36 Euro. Dieser setzt sich wie folgt zusammen: Die Unterbringung war an 27 Tagen nicht durch die gesetzlichen Vorschriften gedeckt. Für jeden Tag hat der Kläger einen Betrag von 52,28 Euro als Basispflegesatz und 149,40 Euro als Abteilungspflegesatz berechnet. Multipliziert man die Summe dieser Tagessätze mit der Anzahl der Tage (27), ergibt sich ein Betrag in Höhe von 5.445,36 Euro. Dieser Betrag ist von der geltend gemachten Forderung in Höhe von 29.948, 32 Euro abzuziehen, sodass der Kläger von dem Beklagten nur einen Betrag in Höhe von 24.502,96 Euro verlangen kann. Hinsichtlich des Betrages von 5.445,36 Euro war die Klage daher abzuweisen.
89Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Satz 2 VwGO. Danach sind die Kosten verhältnismäßig zu teilen, wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt. Die Kostenquote entspricht dem Verhältnis der begründeten zu der unbegründeten Hauptforderung. Soweit die Klage wegen der Verzugszinsen zurückgenommen worden ist, war dies bei der Streitwertberechnung und damit auch bei der Kostenverteilung nicht zu berücksichtigen, § 43 Abs. 1 GKG.
90Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
(1) Die Krankenversicherung kann auf die Person des Versicherungsnehmers oder eines anderen genommen werden. Versicherte Person ist die Person, auf welche die Versicherung genommen wird.
(2) Soweit nach diesem Gesetz die Kenntnis und das Verhalten des Versicherungsnehmers von rechtlicher Bedeutung sind, ist bei der Versicherung auf die Person eines anderen auch deren Kenntnis und Verhalten zu berücksichtigen.
(3) Jede Person mit Wohnsitz im Inland ist verpflichtet, bei einem in Deutschland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmen für sich selbst und für die von ihr gesetzlich vertretenen Personen, soweit diese nicht selbst Verträge abschließen können, eine Krankheitskostenversicherung, die mindestens eine Kostenerstattung für ambulante und stationäre Heilbehandlung umfasst und bei der die für tariflich vorgesehene Leistungen vereinbarten absoluten und prozentualen Selbstbehalte für ambulante und stationäre Heilbehandlung für jede zu versichernde Person auf eine betragsmäßige Auswirkung von kalenderjährlich 5.000 Euro begrenzt ist, abzuschließen und aufrechtzuerhalten; für Beihilfeberechtigte ergeben sich die möglichen Selbstbehalte durch eine sinngemäße Anwendung des durch den Beihilfesatz nicht gedeckten Vom-Hundert-Anteils auf den Höchstbetrag von 5.000 Euro. Die Pflicht nach Satz 1 besteht nicht für Personen, die
- 1.
in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert oder versicherungspflichtig sind oder - 2.
Anspruch auf freie Heilfürsorge haben, beihilfeberechtigt sind oder vergleichbare Ansprüche haben im Umfang der jeweiligen Berechtigung oder - 3.
Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz haben oder - 4.
Empfänger laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten und Siebten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und Empfänger von Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch sind für die Dauer dieses Leistungsbezugs und während Zeiten einer Unterbrechung des Leistungsbezugs von weniger als einem Monat, wenn der Leistungsbezug vor dem 1. Januar 2009 begonnen hat.
(4) Wird der Vertragsabschluss später als einen Monat nach Entstehen der Pflicht nach Absatz 3 Satz 1 beantragt, ist ein Prämienzuschlag zu entrichten. Dieser beträgt einen Monatsbeitrag für jeden weiteren angefangenen Monat der Nichtversicherung, ab dem sechsten Monat der Nichtversicherung für jeden weiteren angefangenen Monat der Nichtversicherung ein Sechstel eines Monatsbeitrags. Kann die Dauer der Nichtversicherung nicht ermittelt werden, ist davon auszugehen, dass der Versicherte mindestens fünf Jahre nicht versichert war. Der Prämienzuschlag ist einmalig zusätzlich zur laufenden Prämie zu entrichten. Der Versicherungsnehmer kann vom Versicherer die Stundung des Prämienzuschlages verlangen, wenn den Interessen des Versicherers durch die Vereinbarung einer angemessenen Ratenzahlung Rechnung getragen werden kann. Der gestundete Betrag ist zu verzinsen. Wird der Vertragsabschluss bis zum 31. Dezember 2013 beantragt, ist kein Prämienzuschlag zu entrichten. Dies gilt für bis zum 31. Juli 2013 abgeschlossene Verträge für noch ausstehende Prämienzuschläge nach Satz 1 entsprechend.
(5) Der Versicherer ist verpflichtet,
- 1.
allen freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten - a)
innerhalb von sechs Monaten nach Einführung des Basistarifes, - b)
innerhalb von sechs Monaten nach Beginn der im Fünften Buch Sozialgesetzbuch vorgesehenen Wechselmöglichkeit im Rahmen ihres freiwilligen Versicherungsverhältnisses,
- 2.
allen Personen mit Wohnsitz in Deutschland, die nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig sind, nicht zum Personenkreis nach Nummer 1 oder Absatz 3 Satz 2 Nr. 3 und 4 gehören und die nicht bereits eine private Krankheitskostenversicherung mit einem in Deutschland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmen vereinbart haben, die der Pflicht nach Absatz 3 genügt, - 3.
Personen, die beihilfeberechtigt sind oder vergleichbare Ansprüche haben, soweit sie zur Erfüllung der Pflicht nach Absatz 3 Satz 1 ergänzenden Versicherungsschutz benötigen, - 4.
allen Personen mit Wohnsitz in Deutschland, die eine private Krankheitskostenversicherung im Sinn des Absatzes 3 mit einem in Deutschland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmen vereinbart haben und deren Vertrag nach dem 31. Dezember 2008 abgeschlossen wird,
- 1.
den Versicherungsvertrag wegen Drohung oder arglistiger Täuschung angefochten hat oder - 2.
vom Versicherungsvertrag wegen einer vorsätzlichen Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht zurückgetreten ist.
(6) Ist der Versicherungsnehmer in einer der Pflicht nach Absatz 3 genügenden Versicherung mit einem Betrag in Höhe von Prämienanteilen für zwei Monate im Rückstand, hat ihn der Versicherer zu mahnen. Der Versicherungsnehmer hat für jeden angefangenen Monat eines Prämienrückstandes an Stelle von Verzugszinsen einen Säumniszuschlag in Höhe von 1 Prozent des Prämienrückstandes zu entrichten. Ist der Prämienrückstand einschließlich der Säumniszuschläge zwei Monate nach Zugang der Mahnung höher als der Prämienanteil für einen Monat, mahnt der Versicherer ein zweites Mal und weist auf die Folgen nach Satz 4 hin. Ist der Prämienrückstand einschließlich der Säumniszuschläge einen Monat nach Zugang der zweiten Mahnung höher als der Prämienanteil für einen Monat, ruht der Vertrag ab dem ersten Tag des nachfolgenden Monats. Das Ruhen des Vertrages tritt nicht ein oder endet, wenn der Versicherungsnehmer oder die versicherte Person hilfebedürftig im Sinne des Zweiten oder Zwölften Buches Sozialgesetzbuch ist oder wird; die Hilfebedürftigkeit ist auf Antrag des Versicherungsnehmers vom zuständigen Träger nach dem Zweiten oder dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch zu bescheinigen.
(7) Solange der Vertrag ruht, gilt der Versicherungsnehmer als im Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes versichert. Risikozuschläge, Leistungsausschlüsse und Selbstbehalte entfallen während dieser Zeit. Der Versicherer kann verlangen, dass Zusatzversicherungen ruhen, solange die Versicherung nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes besteht. Ein Wechsel in den oder aus dem Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes ist ausgeschlossen. Ein Versicherungsnehmer, dessen Vertrag nur die Erstattung eines Prozentsatzes der entstandenen Aufwendungen vorsieht, gilt als in einer Variante des Notlagentarifs nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes versichert, die Leistungen in Höhe von 20, 30 oder 50 Prozent der versicherten Behandlungskosten vorsieht, abhängig davon, welcher Prozentsatz dem Grad der vereinbarten Erstattung am nächsten ist.
(8) Der Versicherer übersendet dem Versicherungsnehmer in Textform eine Mitteilung über die Fortsetzung des Vertrages im Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes und über die zu zahlende Prämie. Dabei ist der Versicherungsnehmer in herausgehobener Form auf die Folgen der Anrechnung der Alterungsrückstellung nach § 153 Absatz 2 Satz 6 des Versicherungsaufsichtsgesetzes für die Höhe der künftig zu zahlenden Prämie hinzuweisen. Angaben zur Versicherung im Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes kann der Versicherer auf einer elektronischen Gesundheitskarte nach § 291a Absatz 1a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vermerken.
(9) Sind alle rückständigen Prämienanteile einschließlich der Säumniszuschläge und der Beitreibungskosten gezahlt, wird der Vertrag ab dem ersten Tag des übernächsten Monats in dem Tarif fortgesetzt, in dem der Versicherungsnehmer vor Eintritt des Ruhens versichert war. Dabei ist der Versicherungsnehmer so zu stellen, wie er vor der Versicherung im Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes stand, abgesehen von den während der Ruhenszeit verbrauchten Anteilen der Alterungsrückstellung. Während der Ruhenszeit vorgenommene Prämienanpassungen und Änderungen der Allgemeinen Versicherungsbedingungen gelten ab dem Tag der Fortsetzung.
(10) Hat der Versicherungsnehmer die Krankenversicherung auf die Person eines anderen genommen, gelten die Absätze 6 bis 9 für die versicherte Person entsprechend.
(11) Bei einer Versicherung im Basistarif nach § 152 des Versicherungsaufsichtsgesetzes kann das Versicherungsunternehmen verlangen, dass Zusatzversicherungen ruhen, wenn und solange ein Versicherter auf die Halbierung des Beitrags nach § 152 Absatz 4 des Versicherungsaufsichtsgesetzes angewiesen ist.
(1) Versicherungsunternehmen mit Sitz im Inland, die die substitutive Krankenversicherung betreiben, haben einen branchenweit einheitlichen Basistarif anzubieten, dessen Vertragsleistungen in Art, Umfang und Höhe jeweils den Leistungen nach dem Dritten Kapitel des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, auf die ein Anspruch besteht, vergleichbar sind. Der Basistarif muss jeweils eine Variante vorsehen für
- 1.
Kinder und Jugendliche; bei dieser Variante werden bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres keine Alterungsrückstellungen gebildet und - 2.
Personen, die nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Beihilfe haben sowie für deren berücksichtigungsfähige Angehörige; bei dieser Variante sind die Vertragsleistungen auf die Ergänzung der Beihilfe beschränkt.
(2) Der Versicherer ist verpflichtet, folgenden Personen eine Versicherung im Basistarif zu gewähren:
- 1.
allen freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten innerhalb von sechs Monaten nach Beginn der im Fünften Buch Sozialgesetzbuch vorgesehenen Wechselmöglichkeit im Rahmen ihres freiwilligen Versicherungsverhältnisses, - 2.
allen Personen mit Wohnsitz in Deutschland, die nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig sind, nicht zum Personenkreis nach Nummer 1 oder § 193 Absatz 3 Satz 2 Nummer 3 und 4 des Versicherungsvertragsgesetzes gehören und die nicht bereits eine private Krankheitskostenversicherung mit einem in Deutschland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmen vereinbart haben, die der Pflicht nach § 193 Absatz 3 des Versicherungsvertragsgesetzes genügt, - 3.
allen Personen, die beihilfeberechtigt sind oder vergleichbare Ansprüche haben, soweit sie zur Erfüllung der Pflicht nach § 193 Absatz 3 Satz 1 des Versicherungsvertragsgesetzes ergänzenden Versicherungsschutz benötigen, sowie - 4.
allen Personen mit Wohnsitz in Deutschland, die eine private Krankheitskostenversicherung mit einem in Deutschland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmen vereinbart haben und deren Vertrag nach dem 31. Dezember 2008 abgeschlossen wurde.
- 1.
den Versicherungsvertrag wegen Drohung oder arglistiger Täuschung angefochten hat oder - 2.
vom Versicherungsvertrag wegen einer vorsätzlichen Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht zurückgetreten ist.
(3) Der Beitrag für den Basistarif ohne Selbstbehalt und in allen Selbstbehaltsstufen darf den Höchstbeitrag der gesetzlichen Krankenversicherung nicht überschreiten. Dieser Höchstbeitrag ergibt sich aus der Multiplikation des allgemeinen Beitragssatzes zuzüglich des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes nach § 242a Absatz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch mit der jeweils geltenden Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung. Für Personen mit Anspruch auf Beihilfe nach beamtenrechtlichen Grundsätzen gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Höchstbeitrags der gesetzlichen Krankenversicherung ein Höchstbeitrag tritt, der dem prozentualen Anteil des die Beihilfe ergänzenden Leistungsanspruchs entspricht.
(4) Besteht Hilfebedürftigkeit im Sinne des Zweiten oder des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch oder würde allein durch die Zahlung des Beitrags nach Absatz 3 Satz 1 oder 3 Hilfebedürftigkeit entstehen, vermindert sich der Beitrag für die Dauer der Hilfebedürftigkeit oder für die Zeit, in der Hilfebedürftigkeit entstehen würde, um die Hälfte; die Hilfebedürftigkeit ist vom zuständigen Träger nach dem Zweiten oder dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch auf Antrag des Versicherten zu prüfen und zu bescheinigen.
(5) Die Beiträge für den Basistarif ohne die Kosten für den Versicherungsbetrieb werden auf der Basis gemeinsamer Kalkulationsgrundlagen einheitlich für alle beteiligten Unternehmen ermittelt.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 19. Juni 2013 verkündete Urteil der 23. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 23 O 408/12 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
G r ü n d e :
2I.
3Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 2 i.V.m. § 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.
4II.
5Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.
6Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Ersatz der streitgegenständlichen Behandlungskosten.
71.
8Ein solcher ergibt sich nicht aus der Kostenzusage der Beklagten vom 24. August 2010. Darin teilt die Beklagte zwar mit, die Klägerin erhalte „eine Erstattungszusage für den o.g. stationären Aufenthalt“. Im Betreff, auf den hierdurch Bezug genommen wird, heißt es aber: „Basistarif Kostenzusage ab 05.05.2010“. Daraus ergibt sich zweifelsfrei, dass die Kostenzusage erst für den Zeitraum ab dem 5. Mai 2010 erteilt worden ist. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass es in der darüber liegenden Zeile lautet: „Aufnahmedatum 18.04.2010“. Hiermit soll ersichtlich lediglich konkretisiert werden, für welchen stationären Aufenthalt die Kostenzusage gilt.
92.
10Der Klägerin steht ferner kein weiterer Erstattungsanspruch gegen die Beklagte aus § 192 Abs. 7 VVG zu. Die Beklagte hat zu Recht die von der Klägerin abgerechnete Fallpauschale für die stationäre Behandlung des Versicherungsnehmers Herr I in der Zeit vom 18. April bis zum 26. Mai 2010 lediglich anteilig für die ab dem 5. Mai 2010 erfolgte Behandlung erstattet.
11a.
12Vor dem 5. Mai 2010 bestand für den Versicherungsnehmer der Beklagten, Herrn I, kein Versicherungsschutz im Rahmen der hier streitgegenständlichen Krankheitskostenversicherung.
13Nach § 2 Abs. 1 der AVB/BT 2009 – deren Einbeziehung die Klägerin im Berufungsverfahren nicht mehr ausdrücklich in Abrede stellt - beginnt der Versicherungsschutz mit dem im Versicherungsschein bezeichneten Zeitpunkt, jedoch nicht vor Abschluss des Versicherungsvertrages. Vor und nach dem Abschluss des Vertrages eingetretene Versicherungsfälle sind für den Teil von der Leistungspflicht ausgeschlossen, der in die Zeit vor Versicherungsbeginn fällt.
14Der Versicherungsschein vom 19. August 2010 weist als Zeitpunkt des Vertragsschlusses den 5. Mai 2010 aus. Aus dem Umstand, dass im Versicherungsschein ferner als Tarifbeginn der 1. Mai 2010 bezeichnet ist, kann entgegen der Auffassung der Klägerin nicht gefolgert werden, dass der Versicherungsschutz bereits zu diesem Zeitpunkt begonnen hat. Hiermit ist nur der technische Versicherungsbeginn gemeint, d.h. der Zeitpunkt, von dem an die vereinbarte Prämie zu entrichten ist.
15Dies folgt für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer, auf dessen Horizont es bei der Auslegung nach § 133 BGB ankommt, zunächst aus der Wortwahl. Diesem werden zwar regelmäßig die versicherungsrechtlichen Feinheiten, insbesondere der Unterschied zwischen dem technischen und dem materiellen Versicherungsbeginn unbekannt sein; deshalb kann er unter dem Versicherungsbeginn den Beginn des materiellen Versicherungsschutzes verstehen (so auch OLG Hamm VersR 2003, 185 ff., VersR 1989, 506 f., Rüffer/Halbach/Schimikowski/Rogler, VVG, 2. Aufl., § 2 MB/KK Rn. 1). Die Beklagte hat den 5. Mai 2010 jedoch nicht als Versicherungs-, sondern als Tarifbeginn bezeichnet. Unter dem „Tarif“ wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer aber die Prämie, die für die vertraglich vereinbarten Leistungen zu zahlen ist, verstehen. Hinzu kommt, dass die Beklagte im Versicherungsschein unter „Vertragsgrundlagen“ ausdrücklich darauf hinweist, dass sie Versicherungsschutz nach den für den jeweiligen Tarif geltenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen übernimmt und besondere Vereinbarungen im Versicherungsschein aufgeführt sind. Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen schließen in § 2 Abs. 1 AVB/BT 2009 eine Rückwärtsversicherung grundsätzlich aus. Diese Regelung hat die Beklagte abbedungen, indem sie den Vertragsschluss unter „Besondere Vereinbarungen“ auf den 5. Mai 2010 vorverlegt hat. Dies schließt die Annahme aus, dass mit dem Tarifbeginn der Beginn des materiellen Versicherungsschutzes gemeint sein soll; denn dann wäre nicht erklärlich, warum als Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Versicherungsschein unter „Besondere Vereinbarungen“ ein späterer Zeitpunkt ausdrücklich bezeichnet worden ist.
16b.
17Die Beklagte war auch berechtigt, die von der Klägerin berechnete Fallpauschale lediglich pro rata temporis nach dem Verhältnis der in die Versicherungsdauer fallenden Behandlungstage zu dem Rechnungsbetrag zu erstatten.
18Bei den Fallpauschalen handelt es sich um einen bloßen Abrechnungsmodus; sie sind nicht als untrennbare Behandlungseinheit, sondern als eine teilbare Leistung anzusehen mit der Folge, dass sie einer numerischen Aufteilung zugänglich sind (BSG NZS 2008, 426 ff.). Deshalb wird bei einem Wechsel der Krankenkasse während der Dauer eines stationären Aufenthalts eine pro-rata-temporis-Aufteilung der Fallpauschale zwischen den jeweiligen Leistungsträgern für zulässig gehalten (BSG, a.a.O.). Eine Aufteilung der Fallpauschale pro rata temporis wird von der Rechtsprechung weiter dann vorgenommen, wenn eine private Krankenversicherung durch Kündigung des Versicherungsnehmers während der Dauer eines Krankenhausaufenthaltes beendet wird (OLG Hamm NJW-RR 2002, 1033 f.). Im vorliegenden Fall, in dem der Versicherungsschutz erst während der bereits begonnenen stationären Behandlung eingesetzt hat, kann nichts anderes gelten.
19Dem steht auch nicht entgegen, dass nach § 193 Abs. 3 VVG eine Versicherungspflicht für Personen mit Wohnsitz im Inland besteht, die der privaten Krankenversicherung zuzuordnen sind, und damit korrespondierend gemäß § 193 Abs. 5 VVG ein Kontrahierungszwang für den Versicherer im Basistarif. Daraus folgt keine Pflicht des Versicherers, dem Versicherungsnehmer rückwirkend Versicherungsschutz zu gewähren; vielmehr ergibt sich aus der Regelung des § 193 Abs. 4 VVG, welche die Erhebung von Prämienzuschlägen vorsieht, wenn der Versicherungsnehmer sich nicht rechtzeitig versichert, dass es trotz Bestehens der Versicherungspflicht dazu kommen kann, dass eine Person zeitweise keinen Versicherungsschutz genießt.
203.
21Ein Erstattungsanspruch der Klägerin besteht schließlich auch dann nicht, wenn die ursprünglich von dem Versicherungsnehmer bei der C Krankenversicherung AG unterhaltene Krankheitskostenversicherung nicht durch Kündigung beendet worden ist, sondern fortbesteht, wie sie behauptet. Zum Einen hat die Klägerin zu Inhalt und Umfang des angeblichen Versicherungsschutzes nicht vorgetragen, so dass nicht beurteilt werden kann, ob und in welchem Umfang die Beklagte als Rechtsnachfolgerin der C Krankenversicherung AG eintrittspflichtig wäre. Darüber hinaus wäre die Klägerin aber auch nicht aktivlegitimiert. Denn unstreitig ist der Versicherungsvertrag mit der C Krankenversicherung AG bereits vor dem Jahr 2001 geschlossen worden. Aufgrund dessen kann es sich dabei nicht um eine Krankheitskostenversicherung im Basistarif gehandelt haben. Nur bei einer solchen besteht aber ein Direktanspruch des Leistungserbringers nach § 192 Abs. 7 VVG.
224.
23Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
245.
25Die Voraussetzungen der Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht erfüllt, weil die Entscheidung lediglich auf einer Würdigung der konkreten Umstände des vorliegenden Einzelfalles beruht.
266.
27Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 6.194,50 €.
(1) Die Krankenversicherung kann auf die Person des Versicherungsnehmers oder eines anderen genommen werden. Versicherte Person ist die Person, auf welche die Versicherung genommen wird.
(2) Soweit nach diesem Gesetz die Kenntnis und das Verhalten des Versicherungsnehmers von rechtlicher Bedeutung sind, ist bei der Versicherung auf die Person eines anderen auch deren Kenntnis und Verhalten zu berücksichtigen.
(3) Jede Person mit Wohnsitz im Inland ist verpflichtet, bei einem in Deutschland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmen für sich selbst und für die von ihr gesetzlich vertretenen Personen, soweit diese nicht selbst Verträge abschließen können, eine Krankheitskostenversicherung, die mindestens eine Kostenerstattung für ambulante und stationäre Heilbehandlung umfasst und bei der die für tariflich vorgesehene Leistungen vereinbarten absoluten und prozentualen Selbstbehalte für ambulante und stationäre Heilbehandlung für jede zu versichernde Person auf eine betragsmäßige Auswirkung von kalenderjährlich 5.000 Euro begrenzt ist, abzuschließen und aufrechtzuerhalten; für Beihilfeberechtigte ergeben sich die möglichen Selbstbehalte durch eine sinngemäße Anwendung des durch den Beihilfesatz nicht gedeckten Vom-Hundert-Anteils auf den Höchstbetrag von 5.000 Euro. Die Pflicht nach Satz 1 besteht nicht für Personen, die
- 1.
in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert oder versicherungspflichtig sind oder - 2.
Anspruch auf freie Heilfürsorge haben, beihilfeberechtigt sind oder vergleichbare Ansprüche haben im Umfang der jeweiligen Berechtigung oder - 3.
Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz haben oder - 4.
Empfänger laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten und Siebten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und Empfänger von Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch sind für die Dauer dieses Leistungsbezugs und während Zeiten einer Unterbrechung des Leistungsbezugs von weniger als einem Monat, wenn der Leistungsbezug vor dem 1. Januar 2009 begonnen hat.
(4) Wird der Vertragsabschluss später als einen Monat nach Entstehen der Pflicht nach Absatz 3 Satz 1 beantragt, ist ein Prämienzuschlag zu entrichten. Dieser beträgt einen Monatsbeitrag für jeden weiteren angefangenen Monat der Nichtversicherung, ab dem sechsten Monat der Nichtversicherung für jeden weiteren angefangenen Monat der Nichtversicherung ein Sechstel eines Monatsbeitrags. Kann die Dauer der Nichtversicherung nicht ermittelt werden, ist davon auszugehen, dass der Versicherte mindestens fünf Jahre nicht versichert war. Der Prämienzuschlag ist einmalig zusätzlich zur laufenden Prämie zu entrichten. Der Versicherungsnehmer kann vom Versicherer die Stundung des Prämienzuschlages verlangen, wenn den Interessen des Versicherers durch die Vereinbarung einer angemessenen Ratenzahlung Rechnung getragen werden kann. Der gestundete Betrag ist zu verzinsen. Wird der Vertragsabschluss bis zum 31. Dezember 2013 beantragt, ist kein Prämienzuschlag zu entrichten. Dies gilt für bis zum 31. Juli 2013 abgeschlossene Verträge für noch ausstehende Prämienzuschläge nach Satz 1 entsprechend.
(5) Der Versicherer ist verpflichtet,
- 1.
allen freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten - a)
innerhalb von sechs Monaten nach Einführung des Basistarifes, - b)
innerhalb von sechs Monaten nach Beginn der im Fünften Buch Sozialgesetzbuch vorgesehenen Wechselmöglichkeit im Rahmen ihres freiwilligen Versicherungsverhältnisses,
- 2.
allen Personen mit Wohnsitz in Deutschland, die nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig sind, nicht zum Personenkreis nach Nummer 1 oder Absatz 3 Satz 2 Nr. 3 und 4 gehören und die nicht bereits eine private Krankheitskostenversicherung mit einem in Deutschland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmen vereinbart haben, die der Pflicht nach Absatz 3 genügt, - 3.
Personen, die beihilfeberechtigt sind oder vergleichbare Ansprüche haben, soweit sie zur Erfüllung der Pflicht nach Absatz 3 Satz 1 ergänzenden Versicherungsschutz benötigen, - 4.
allen Personen mit Wohnsitz in Deutschland, die eine private Krankheitskostenversicherung im Sinn des Absatzes 3 mit einem in Deutschland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmen vereinbart haben und deren Vertrag nach dem 31. Dezember 2008 abgeschlossen wird,
- 1.
den Versicherungsvertrag wegen Drohung oder arglistiger Täuschung angefochten hat oder - 2.
vom Versicherungsvertrag wegen einer vorsätzlichen Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht zurückgetreten ist.
(6) Ist der Versicherungsnehmer in einer der Pflicht nach Absatz 3 genügenden Versicherung mit einem Betrag in Höhe von Prämienanteilen für zwei Monate im Rückstand, hat ihn der Versicherer zu mahnen. Der Versicherungsnehmer hat für jeden angefangenen Monat eines Prämienrückstandes an Stelle von Verzugszinsen einen Säumniszuschlag in Höhe von 1 Prozent des Prämienrückstandes zu entrichten. Ist der Prämienrückstand einschließlich der Säumniszuschläge zwei Monate nach Zugang der Mahnung höher als der Prämienanteil für einen Monat, mahnt der Versicherer ein zweites Mal und weist auf die Folgen nach Satz 4 hin. Ist der Prämienrückstand einschließlich der Säumniszuschläge einen Monat nach Zugang der zweiten Mahnung höher als der Prämienanteil für einen Monat, ruht der Vertrag ab dem ersten Tag des nachfolgenden Monats. Das Ruhen des Vertrages tritt nicht ein oder endet, wenn der Versicherungsnehmer oder die versicherte Person hilfebedürftig im Sinne des Zweiten oder Zwölften Buches Sozialgesetzbuch ist oder wird; die Hilfebedürftigkeit ist auf Antrag des Versicherungsnehmers vom zuständigen Träger nach dem Zweiten oder dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch zu bescheinigen.
(7) Solange der Vertrag ruht, gilt der Versicherungsnehmer als im Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes versichert. Risikozuschläge, Leistungsausschlüsse und Selbstbehalte entfallen während dieser Zeit. Der Versicherer kann verlangen, dass Zusatzversicherungen ruhen, solange die Versicherung nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes besteht. Ein Wechsel in den oder aus dem Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes ist ausgeschlossen. Ein Versicherungsnehmer, dessen Vertrag nur die Erstattung eines Prozentsatzes der entstandenen Aufwendungen vorsieht, gilt als in einer Variante des Notlagentarifs nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes versichert, die Leistungen in Höhe von 20, 30 oder 50 Prozent der versicherten Behandlungskosten vorsieht, abhängig davon, welcher Prozentsatz dem Grad der vereinbarten Erstattung am nächsten ist.
(8) Der Versicherer übersendet dem Versicherungsnehmer in Textform eine Mitteilung über die Fortsetzung des Vertrages im Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes und über die zu zahlende Prämie. Dabei ist der Versicherungsnehmer in herausgehobener Form auf die Folgen der Anrechnung der Alterungsrückstellung nach § 153 Absatz 2 Satz 6 des Versicherungsaufsichtsgesetzes für die Höhe der künftig zu zahlenden Prämie hinzuweisen. Angaben zur Versicherung im Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes kann der Versicherer auf einer elektronischen Gesundheitskarte nach § 291a Absatz 1a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vermerken.
(9) Sind alle rückständigen Prämienanteile einschließlich der Säumniszuschläge und der Beitreibungskosten gezahlt, wird der Vertrag ab dem ersten Tag des übernächsten Monats in dem Tarif fortgesetzt, in dem der Versicherungsnehmer vor Eintritt des Ruhens versichert war. Dabei ist der Versicherungsnehmer so zu stellen, wie er vor der Versicherung im Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes stand, abgesehen von den während der Ruhenszeit verbrauchten Anteilen der Alterungsrückstellung. Während der Ruhenszeit vorgenommene Prämienanpassungen und Änderungen der Allgemeinen Versicherungsbedingungen gelten ab dem Tag der Fortsetzung.
(10) Hat der Versicherungsnehmer die Krankenversicherung auf die Person eines anderen genommen, gelten die Absätze 6 bis 9 für die versicherte Person entsprechend.
(11) Bei einer Versicherung im Basistarif nach § 152 des Versicherungsaufsichtsgesetzes kann das Versicherungsunternehmen verlangen, dass Zusatzversicherungen ruhen, wenn und solange ein Versicherter auf die Halbierung des Beitrags nach § 152 Absatz 4 des Versicherungsaufsichtsgesetzes angewiesen ist.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 19. Juni 2013 verkündete Urteil der 23. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 23 O 408/12 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
G r ü n d e :
2I.
3Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 2 i.V.m. § 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.
4II.
5Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.
6Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Ersatz der streitgegenständlichen Behandlungskosten.
71.
8Ein solcher ergibt sich nicht aus der Kostenzusage der Beklagten vom 24. August 2010. Darin teilt die Beklagte zwar mit, die Klägerin erhalte „eine Erstattungszusage für den o.g. stationären Aufenthalt“. Im Betreff, auf den hierdurch Bezug genommen wird, heißt es aber: „Basistarif Kostenzusage ab 05.05.2010“. Daraus ergibt sich zweifelsfrei, dass die Kostenzusage erst für den Zeitraum ab dem 5. Mai 2010 erteilt worden ist. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass es in der darüber liegenden Zeile lautet: „Aufnahmedatum 18.04.2010“. Hiermit soll ersichtlich lediglich konkretisiert werden, für welchen stationären Aufenthalt die Kostenzusage gilt.
92.
10Der Klägerin steht ferner kein weiterer Erstattungsanspruch gegen die Beklagte aus § 192 Abs. 7 VVG zu. Die Beklagte hat zu Recht die von der Klägerin abgerechnete Fallpauschale für die stationäre Behandlung des Versicherungsnehmers Herr I in der Zeit vom 18. April bis zum 26. Mai 2010 lediglich anteilig für die ab dem 5. Mai 2010 erfolgte Behandlung erstattet.
11a.
12Vor dem 5. Mai 2010 bestand für den Versicherungsnehmer der Beklagten, Herrn I, kein Versicherungsschutz im Rahmen der hier streitgegenständlichen Krankheitskostenversicherung.
13Nach § 2 Abs. 1 der AVB/BT 2009 – deren Einbeziehung die Klägerin im Berufungsverfahren nicht mehr ausdrücklich in Abrede stellt - beginnt der Versicherungsschutz mit dem im Versicherungsschein bezeichneten Zeitpunkt, jedoch nicht vor Abschluss des Versicherungsvertrages. Vor und nach dem Abschluss des Vertrages eingetretene Versicherungsfälle sind für den Teil von der Leistungspflicht ausgeschlossen, der in die Zeit vor Versicherungsbeginn fällt.
14Der Versicherungsschein vom 19. August 2010 weist als Zeitpunkt des Vertragsschlusses den 5. Mai 2010 aus. Aus dem Umstand, dass im Versicherungsschein ferner als Tarifbeginn der 1. Mai 2010 bezeichnet ist, kann entgegen der Auffassung der Klägerin nicht gefolgert werden, dass der Versicherungsschutz bereits zu diesem Zeitpunkt begonnen hat. Hiermit ist nur der technische Versicherungsbeginn gemeint, d.h. der Zeitpunkt, von dem an die vereinbarte Prämie zu entrichten ist.
15Dies folgt für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer, auf dessen Horizont es bei der Auslegung nach § 133 BGB ankommt, zunächst aus der Wortwahl. Diesem werden zwar regelmäßig die versicherungsrechtlichen Feinheiten, insbesondere der Unterschied zwischen dem technischen und dem materiellen Versicherungsbeginn unbekannt sein; deshalb kann er unter dem Versicherungsbeginn den Beginn des materiellen Versicherungsschutzes verstehen (so auch OLG Hamm VersR 2003, 185 ff., VersR 1989, 506 f., Rüffer/Halbach/Schimikowski/Rogler, VVG, 2. Aufl., § 2 MB/KK Rn. 1). Die Beklagte hat den 5. Mai 2010 jedoch nicht als Versicherungs-, sondern als Tarifbeginn bezeichnet. Unter dem „Tarif“ wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer aber die Prämie, die für die vertraglich vereinbarten Leistungen zu zahlen ist, verstehen. Hinzu kommt, dass die Beklagte im Versicherungsschein unter „Vertragsgrundlagen“ ausdrücklich darauf hinweist, dass sie Versicherungsschutz nach den für den jeweiligen Tarif geltenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen übernimmt und besondere Vereinbarungen im Versicherungsschein aufgeführt sind. Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen schließen in § 2 Abs. 1 AVB/BT 2009 eine Rückwärtsversicherung grundsätzlich aus. Diese Regelung hat die Beklagte abbedungen, indem sie den Vertragsschluss unter „Besondere Vereinbarungen“ auf den 5. Mai 2010 vorverlegt hat. Dies schließt die Annahme aus, dass mit dem Tarifbeginn der Beginn des materiellen Versicherungsschutzes gemeint sein soll; denn dann wäre nicht erklärlich, warum als Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Versicherungsschein unter „Besondere Vereinbarungen“ ein späterer Zeitpunkt ausdrücklich bezeichnet worden ist.
16b.
17Die Beklagte war auch berechtigt, die von der Klägerin berechnete Fallpauschale lediglich pro rata temporis nach dem Verhältnis der in die Versicherungsdauer fallenden Behandlungstage zu dem Rechnungsbetrag zu erstatten.
18Bei den Fallpauschalen handelt es sich um einen bloßen Abrechnungsmodus; sie sind nicht als untrennbare Behandlungseinheit, sondern als eine teilbare Leistung anzusehen mit der Folge, dass sie einer numerischen Aufteilung zugänglich sind (BSG NZS 2008, 426 ff.). Deshalb wird bei einem Wechsel der Krankenkasse während der Dauer eines stationären Aufenthalts eine pro-rata-temporis-Aufteilung der Fallpauschale zwischen den jeweiligen Leistungsträgern für zulässig gehalten (BSG, a.a.O.). Eine Aufteilung der Fallpauschale pro rata temporis wird von der Rechtsprechung weiter dann vorgenommen, wenn eine private Krankenversicherung durch Kündigung des Versicherungsnehmers während der Dauer eines Krankenhausaufenthaltes beendet wird (OLG Hamm NJW-RR 2002, 1033 f.). Im vorliegenden Fall, in dem der Versicherungsschutz erst während der bereits begonnenen stationären Behandlung eingesetzt hat, kann nichts anderes gelten.
19Dem steht auch nicht entgegen, dass nach § 193 Abs. 3 VVG eine Versicherungspflicht für Personen mit Wohnsitz im Inland besteht, die der privaten Krankenversicherung zuzuordnen sind, und damit korrespondierend gemäß § 193 Abs. 5 VVG ein Kontrahierungszwang für den Versicherer im Basistarif. Daraus folgt keine Pflicht des Versicherers, dem Versicherungsnehmer rückwirkend Versicherungsschutz zu gewähren; vielmehr ergibt sich aus der Regelung des § 193 Abs. 4 VVG, welche die Erhebung von Prämienzuschlägen vorsieht, wenn der Versicherungsnehmer sich nicht rechtzeitig versichert, dass es trotz Bestehens der Versicherungspflicht dazu kommen kann, dass eine Person zeitweise keinen Versicherungsschutz genießt.
203.
21Ein Erstattungsanspruch der Klägerin besteht schließlich auch dann nicht, wenn die ursprünglich von dem Versicherungsnehmer bei der C Krankenversicherung AG unterhaltene Krankheitskostenversicherung nicht durch Kündigung beendet worden ist, sondern fortbesteht, wie sie behauptet. Zum Einen hat die Klägerin zu Inhalt und Umfang des angeblichen Versicherungsschutzes nicht vorgetragen, so dass nicht beurteilt werden kann, ob und in welchem Umfang die Beklagte als Rechtsnachfolgerin der C Krankenversicherung AG eintrittspflichtig wäre. Darüber hinaus wäre die Klägerin aber auch nicht aktivlegitimiert. Denn unstreitig ist der Versicherungsvertrag mit der C Krankenversicherung AG bereits vor dem Jahr 2001 geschlossen worden. Aufgrund dessen kann es sich dabei nicht um eine Krankheitskostenversicherung im Basistarif gehandelt haben. Nur bei einer solchen besteht aber ein Direktanspruch des Leistungserbringers nach § 192 Abs. 7 VVG.
224.
23Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
245.
25Die Voraussetzungen der Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht erfüllt, weil die Entscheidung lediglich auf einer Würdigung der konkreten Umstände des vorliegenden Einzelfalles beruht.
266.
27Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 6.194,50 €.
(1) Die Krankenversicherung kann auf die Person des Versicherungsnehmers oder eines anderen genommen werden. Versicherte Person ist die Person, auf welche die Versicherung genommen wird.
(2) Soweit nach diesem Gesetz die Kenntnis und das Verhalten des Versicherungsnehmers von rechtlicher Bedeutung sind, ist bei der Versicherung auf die Person eines anderen auch deren Kenntnis und Verhalten zu berücksichtigen.
(3) Jede Person mit Wohnsitz im Inland ist verpflichtet, bei einem in Deutschland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmen für sich selbst und für die von ihr gesetzlich vertretenen Personen, soweit diese nicht selbst Verträge abschließen können, eine Krankheitskostenversicherung, die mindestens eine Kostenerstattung für ambulante und stationäre Heilbehandlung umfasst und bei der die für tariflich vorgesehene Leistungen vereinbarten absoluten und prozentualen Selbstbehalte für ambulante und stationäre Heilbehandlung für jede zu versichernde Person auf eine betragsmäßige Auswirkung von kalenderjährlich 5.000 Euro begrenzt ist, abzuschließen und aufrechtzuerhalten; für Beihilfeberechtigte ergeben sich die möglichen Selbstbehalte durch eine sinngemäße Anwendung des durch den Beihilfesatz nicht gedeckten Vom-Hundert-Anteils auf den Höchstbetrag von 5.000 Euro. Die Pflicht nach Satz 1 besteht nicht für Personen, die
- 1.
in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert oder versicherungspflichtig sind oder - 2.
Anspruch auf freie Heilfürsorge haben, beihilfeberechtigt sind oder vergleichbare Ansprüche haben im Umfang der jeweiligen Berechtigung oder - 3.
Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz haben oder - 4.
Empfänger laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten und Siebten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und Empfänger von Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch sind für die Dauer dieses Leistungsbezugs und während Zeiten einer Unterbrechung des Leistungsbezugs von weniger als einem Monat, wenn der Leistungsbezug vor dem 1. Januar 2009 begonnen hat.
(4) Wird der Vertragsabschluss später als einen Monat nach Entstehen der Pflicht nach Absatz 3 Satz 1 beantragt, ist ein Prämienzuschlag zu entrichten. Dieser beträgt einen Monatsbeitrag für jeden weiteren angefangenen Monat der Nichtversicherung, ab dem sechsten Monat der Nichtversicherung für jeden weiteren angefangenen Monat der Nichtversicherung ein Sechstel eines Monatsbeitrags. Kann die Dauer der Nichtversicherung nicht ermittelt werden, ist davon auszugehen, dass der Versicherte mindestens fünf Jahre nicht versichert war. Der Prämienzuschlag ist einmalig zusätzlich zur laufenden Prämie zu entrichten. Der Versicherungsnehmer kann vom Versicherer die Stundung des Prämienzuschlages verlangen, wenn den Interessen des Versicherers durch die Vereinbarung einer angemessenen Ratenzahlung Rechnung getragen werden kann. Der gestundete Betrag ist zu verzinsen. Wird der Vertragsabschluss bis zum 31. Dezember 2013 beantragt, ist kein Prämienzuschlag zu entrichten. Dies gilt für bis zum 31. Juli 2013 abgeschlossene Verträge für noch ausstehende Prämienzuschläge nach Satz 1 entsprechend.
(5) Der Versicherer ist verpflichtet,
- 1.
allen freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten - a)
innerhalb von sechs Monaten nach Einführung des Basistarifes, - b)
innerhalb von sechs Monaten nach Beginn der im Fünften Buch Sozialgesetzbuch vorgesehenen Wechselmöglichkeit im Rahmen ihres freiwilligen Versicherungsverhältnisses,
- 2.
allen Personen mit Wohnsitz in Deutschland, die nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig sind, nicht zum Personenkreis nach Nummer 1 oder Absatz 3 Satz 2 Nr. 3 und 4 gehören und die nicht bereits eine private Krankheitskostenversicherung mit einem in Deutschland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmen vereinbart haben, die der Pflicht nach Absatz 3 genügt, - 3.
Personen, die beihilfeberechtigt sind oder vergleichbare Ansprüche haben, soweit sie zur Erfüllung der Pflicht nach Absatz 3 Satz 1 ergänzenden Versicherungsschutz benötigen, - 4.
allen Personen mit Wohnsitz in Deutschland, die eine private Krankheitskostenversicherung im Sinn des Absatzes 3 mit einem in Deutschland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmen vereinbart haben und deren Vertrag nach dem 31. Dezember 2008 abgeschlossen wird,
- 1.
den Versicherungsvertrag wegen Drohung oder arglistiger Täuschung angefochten hat oder - 2.
vom Versicherungsvertrag wegen einer vorsätzlichen Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht zurückgetreten ist.
(6) Ist der Versicherungsnehmer in einer der Pflicht nach Absatz 3 genügenden Versicherung mit einem Betrag in Höhe von Prämienanteilen für zwei Monate im Rückstand, hat ihn der Versicherer zu mahnen. Der Versicherungsnehmer hat für jeden angefangenen Monat eines Prämienrückstandes an Stelle von Verzugszinsen einen Säumniszuschlag in Höhe von 1 Prozent des Prämienrückstandes zu entrichten. Ist der Prämienrückstand einschließlich der Säumniszuschläge zwei Monate nach Zugang der Mahnung höher als der Prämienanteil für einen Monat, mahnt der Versicherer ein zweites Mal und weist auf die Folgen nach Satz 4 hin. Ist der Prämienrückstand einschließlich der Säumniszuschläge einen Monat nach Zugang der zweiten Mahnung höher als der Prämienanteil für einen Monat, ruht der Vertrag ab dem ersten Tag des nachfolgenden Monats. Das Ruhen des Vertrages tritt nicht ein oder endet, wenn der Versicherungsnehmer oder die versicherte Person hilfebedürftig im Sinne des Zweiten oder Zwölften Buches Sozialgesetzbuch ist oder wird; die Hilfebedürftigkeit ist auf Antrag des Versicherungsnehmers vom zuständigen Träger nach dem Zweiten oder dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch zu bescheinigen.
(7) Solange der Vertrag ruht, gilt der Versicherungsnehmer als im Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes versichert. Risikozuschläge, Leistungsausschlüsse und Selbstbehalte entfallen während dieser Zeit. Der Versicherer kann verlangen, dass Zusatzversicherungen ruhen, solange die Versicherung nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes besteht. Ein Wechsel in den oder aus dem Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes ist ausgeschlossen. Ein Versicherungsnehmer, dessen Vertrag nur die Erstattung eines Prozentsatzes der entstandenen Aufwendungen vorsieht, gilt als in einer Variante des Notlagentarifs nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes versichert, die Leistungen in Höhe von 20, 30 oder 50 Prozent der versicherten Behandlungskosten vorsieht, abhängig davon, welcher Prozentsatz dem Grad der vereinbarten Erstattung am nächsten ist.
(8) Der Versicherer übersendet dem Versicherungsnehmer in Textform eine Mitteilung über die Fortsetzung des Vertrages im Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes und über die zu zahlende Prämie. Dabei ist der Versicherungsnehmer in herausgehobener Form auf die Folgen der Anrechnung der Alterungsrückstellung nach § 153 Absatz 2 Satz 6 des Versicherungsaufsichtsgesetzes für die Höhe der künftig zu zahlenden Prämie hinzuweisen. Angaben zur Versicherung im Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes kann der Versicherer auf einer elektronischen Gesundheitskarte nach § 291a Absatz 1a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vermerken.
(9) Sind alle rückständigen Prämienanteile einschließlich der Säumniszuschläge und der Beitreibungskosten gezahlt, wird der Vertrag ab dem ersten Tag des übernächsten Monats in dem Tarif fortgesetzt, in dem der Versicherungsnehmer vor Eintritt des Ruhens versichert war. Dabei ist der Versicherungsnehmer so zu stellen, wie er vor der Versicherung im Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes stand, abgesehen von den während der Ruhenszeit verbrauchten Anteilen der Alterungsrückstellung. Während der Ruhenszeit vorgenommene Prämienanpassungen und Änderungen der Allgemeinen Versicherungsbedingungen gelten ab dem Tag der Fortsetzung.
(10) Hat der Versicherungsnehmer die Krankenversicherung auf die Person eines anderen genommen, gelten die Absätze 6 bis 9 für die versicherte Person entsprechend.
(11) Bei einer Versicherung im Basistarif nach § 152 des Versicherungsaufsichtsgesetzes kann das Versicherungsunternehmen verlangen, dass Zusatzversicherungen ruhen, wenn und solange ein Versicherter auf die Halbierung des Beitrags nach § 152 Absatz 4 des Versicherungsaufsichtsgesetzes angewiesen ist.
BUNDESGERICHTSHOF
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Richter Felsch, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, den Richter Lehmann, die Richterinnen Dr. Brockmöller und Dr. Bußmann auf die mündliche Verhandlung vom 6. Juli 2016
für Recht erkannt:
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Kläger, ein Krankenversicherungsverein auf Gegenseitigkeit, macht gegen den bei ihm krankenversicherten Beklagten Ansprüche auf Zahlung rückständiger Prämien für den Zeitraum Mai 2012 bis Dezember 2012 geltend.
- 2
- Die monatliche Prämie betrug ursprünglich 429,52 €. Nachdem der Beklagte mit deren Zahlung in Verzug geraten war, stellte der Kläger mit Schreiben vom 3. Mai 2011 das Ruhen der Leistungen fest.
- 3
- Vom 25. März 2013 bis 14. November 2013 befand sich der Beklagte in Strafhaft. Weil er in dieser Zeit über die Justizbehörde krankenversichert war, bot der Kläger ihm mit Schreiben vom 8. Mai 2013 den Abschluss einer Anwartschaftsversicherung für die Haftdauer an. Dieses Angebot nahm der Beklagte unter dem 22. Mai 2013 an.
- 4
- Am 21. Dezember 2012 zahlte er einen Betrag von 1.389,54 €, wovon der Kläger den überwiegenden Teil auf ältere, teilweise bereits titulierte Beitragsforderungen sowie auf Pflegepflichtversicherungsbeiträge und lediglich 185,62 € auf den streitgegenständlichen Prämienzeitraum verrechnete. Jeweils weitere 429,52 € leistete der Beklagte am 8. März und am 28. Mai 2013 sowie 56,74 € am 7. August 2013.
- 5
- Er ist der Auffassung, dass damit alle Beitragsrückstände ausgeglichen seien, weil er gemäß der zum 1. August 2013 in Kraft getretenen Gesetzesänderung des § 193 VVG i.V.m. Art. 7 EGVVG rückwirkend ab Mai 2011 in den Notlagentarif nach § 12h VAG (in der bis zum 31. Dezember 2015 geltenden Fassung, im Folgenden § 12h VAG a.F.) einzustufen sei. Die monatliche Prämie in diesem Tarif betrug nur 100,92 €.
- 6
- Der Kläger meint, eine rückwirkende Einstufung in den Notlagentarif scheide aus, weil zum Stichtag 1. August 2013 kein ruhendes Versicherungsverhältnis mehr bestanden habe. Er hat zuletzt eine Forderung in Höhe von 2.334,76 € nebst Säumniszuschlägen sowie Auskunftskosten in Höhe von 0,69 € geltend gemacht.
- 7
- In den Vorinstanzen ist die Klage erfolglos geblieben.
- 8
- Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Schlussanträge aus der Berufungsinstanz weiter.
Entscheidungsgründe:
- 9
- Die Revision hat Erfolg.
- 10
- I. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Prämienzahlungsansprüche des Klägers erfüllt seien, weil für die Berechnung der Prämienhöhe der gesetzliche Notlagentarif nach § 12h VAG a.F. zugrunde zu legen sei. Der Regelung des Art. 7 EGVVG lasse sich eine Voraussetzung des Inhalts, dass auch für die rückwirkende Einstufung in den Notlagentarif eine am 1. August 2013 noch bestehende Ruhendstellung nach § 193 Abs. 6 VVG vorliegen müsse, nicht entnehmen.
- 11
- II. Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
- 12
- 1. Zu der Rechtsfrage, ob die Regelung des Art. 7 Satz 2 EGVVG voraussetzt, dass die Leistungen aus dem Vertrag am Tag des Inkrafttretens des Gesetzes noch gemäß § 193 Abs. 6 VVG ruhend gestellt sind, werden in Rechtsprechung und Schrifttum unterschiedliche Auffassungen vertreten.
- 13
- a) Ebenso wie die Vorinstanzen sind auch das Kammergericht (VersR 2015, 440) und das Oberlandesgericht Köln (r+s 2015, 454) der Ansicht, dass die in Art. 7 Satz 2 EGVVG angeordnete Rückwirkung des Notlagentarifs nicht voraussetze, dass die Versicherungsleistungen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der gesetzlichen Regelung noch ruhend gestellt waren.
- 14
- Diese Gerichte meinen, dass der Wortlaut des Gesetzes eine Einschränkung der angeordneten Rückwirkung auf am 1. August 2013 ruhend gestellte Verträge nicht enthalte und auch Sinn und Zweck des Gesetzes gegen eine dahingehende einschränkende Auslegung der Rückwirkungsfiktion sprächen. Die vom Gesetzgeber beabsichtigte Erleichterung der Schuldenlast werde anderenfalls verfehlt; insbesondere würden die finanziell besonders schwachen Versicherungsnehmer, die hilfebedürftig im Sinne des SGB XII sind, von der Begünstigung ausgeschlossen (KG aaO juris Rn. 31-36; OLG Köln aaO juris Rn. 43-45).
- 15
- b) Gegenteiliger Auffassung sind das Landgericht Dortmund (r+s 2014, 85; zustimmend Voit in Prölss/Martin, VVG 29. Aufl. § 193 Rn. 45), das Oberlandesgericht Hamm (r+s 2016, 136), das Landgericht Berlin (VersR 2015, 1015) jedenfalls für den Fall, dass das Versicherungsverhältnis am 1. August 2013 vollständig beendet war, sowie im Schrifttum Muschner (in HK-VVG, 3. Aufl. Art. 7 EGVVG Rn. 3 f.) und Mandler (VersR 2015, 818).
- 16
- Zur Begründung wird vor allem angeführt, aus der Gesetzesbegründung zur Neufassung des Art. 7 EGVVG (Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss), BT-Drucks. 17/13947 S. 31 f. zu Artikel 5) ergebe sich, dass der Gesetzgeber nur die Beitragsschuldner im Blick gehabt habe, deren Verträge bei Inkrafttreten der Regelung noch fortbestanden, und eine Gleichstellung von Versicherten , bei denen das Ruhen der Leistungen bis zum 1. August 2013 andauerte, mit denjenigen Altschuldnern, bei denen das Ruhen der Leistungen bereits vor dem 1. August 2013 beendet war, durch die neue Rechtslage nicht beabsichtigt worden sei (OLG Hamm aaO Rn. 13-15; LG Dortmund aaO; Mandler aaO S. 819) und dass eine dementsprechend enge Auslegung der Vorschrift auch aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten sei, weil die rückwirkende Einführung eines Notlagentarifs eine nur ausnahmsweise zulässige echte Rückwirkung darstelle (LG Berlin aaO; Muschner aaO Rn. 4; Mandler aaO S. 820). Teilweise wird auch darauf verwiesen, dass die in § 193 Abs. 8 VVG geregelte Belehrungspflicht des Versicherers nur für einen noch bestehenden und auf den Notlagentarif umgestellten Krankenversicherungsvertrag einen Sinn ergebe (LG Dortmund aaO; LG Berlin aaO).
- 17
- Zudem folge schon aus Wortlaut und Systematik des Gesetzes, dass von der rückwirkenden Regelung nur solche Versicherungsverhältnisse erfasst würden, die zum 1. August 2013 noch ruhend gewesen seien , weil der Gesetzgeber sich des Passiv Perfekts bedient habe ("ruhend gestellt worden sind") und die Versicherungsnehmer "ab" diesem Zeitpunkt als im Notlagentarif versichert gelten (Mandler aaO S. 818).
- 18
- 2. Zutreffend ist die zuletzt genannte Auffassung, nach der Art. 7 Satz 2 EGVVG nur anzuwenden ist, wenn ein Ruhen der Leistungen noch bei Inkrafttreten der Regelung am 1. August 2013 vorgelegen hat.
- 19
- a) Dies folgt in erster Linie aus Wortlaut und Systematik des Art. 7 EGVVG.
- 20
- Danach kann die Regelung über die rückwirkende Geltung des Notlagentarifs in Art. 7 Satz 2 bis 6 EGVVG nicht losgelöst von dem in Art. 7 Satz 1 EGVVG enthaltenen Grundtatbestand gesehen werden, nach der solche Versicherungsnehmer als im Notlagentarif versichert gelten, für die am 1. August 2013 das Ruhen der Leistungen gemäß § 193 Abs. 6 VVG festgestellt ist. Diese Grundvoraussetzung muss auch für die nach Maßgabe der Sätze 2 bis 6 vorgesehene zeitliche Rückwirkung erfüllt sein. Denn Art. 7 Satz 2 EGVVG ordnet seinem Wortlaut nach nur an, dass der Notlagentarif unter den dort genannten Voraussetzungen "ab" einem früheren Zeitpunkt gilt als nach der Grundregel des Satzes 1 vorgesehen.
- 21
- Ein hiervon abweichender Wille des Gesetzgebers dahingehend, dass nicht nur rückwirkend eine zeitliche Ausdehnung der Geltung des Notlagentarifs stattfinden soll, sondern von ihr auch solche Versicherungsnehmer erfasst sein sollen, für die die Regelung des Art. 7 Satz 1 EGVVG nicht gilt, weil ein Ruhen der Leistungen nur für einen früheren Zeitraum in der Vergangenheit vorgelegen hat, kommt im Gesetzeswortlaut nicht zum Ausdruck.
- 22
- b) Ein solcher Wille hätte auch wegen der verfassungsrechtlichen Problematik einer derartigen Regelung deutlich formuliert werden müssen.
- 23
- Die rückwirkende Einführung eines Notlagentarifs führt zum Wegfall oder der Herabsetzung bereits voll entstandener Beitragsansprüche der Versicherer und stellt damit eine echte Rückwirkung dar (Muschner in HK-VVG, 3. Aufl. Art. 7 EGVVG Rn. 4). Eine echte Rückwirkung liegt immer dann vor, wenn der Gesetzgeber nachträglich ändernd in einen abgeschlossenen, der Vergangenheit angehörenden Tatbestand eingreift (BVerfGE 114, 258, 300; 101, 239, 263; 95, 64, 86). Sie ist grundsätzlich unzulässig (BVerfGE aaO) und bedarf für ihre Zulässigkeit einer besonderen Rechtfertigung (BVerfGE 72, 200, 242).
- 24
- Insoweit sind verschiedene Fallgruppen für eine Zulässigkeit anerkannt (vgl. dazu Grzeszik in Maunz/Dürig, GG 76. EL Art. 20 VII Rn. 80 ff.; Jarass in Jarass/Pieroth, GG 12. Aufl. Art. 20 Rn. 72). Die Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 17/13947 S. 31 f.) stellt allerdings nicht fest, welchen dieser anerkannten Gründe der Gesetzgeber als gegeben betrachtete, um eine Rückwirkung zu rechtfertigen.
- 25
- Dabei ist zu erkennen, dass der Gesetzgeber von einer geringen Belastung der Versicherer durch die rückwirkende Versicherung im Notlagentarif ausging, weil die so begründete niedrigere Forderung aus dem Notlagentarif an die Stelle einer in vielen Fällen ohnehin nicht mehr beitreibbaren höheren Forderung trete, so dass der Wertberichtigungsbedarf für die Versicherungsunternehmen reduziert werde (BT-Drucks. 17/13947 S. 31 re. Sp. unten). Unter Berücksichtigung dieses Umstands erscheint es möglich, in dem vom Gesetzgeber beabsichtigten Schutz von säumigen Versicherungsnehmern vor weiterer Überschuldung einen überwiegenden, zwingenden Grund des Gemeinwohls zu sehen, der jedenfalls für den Fall von am Stichtag noch ruhenden Leistungen den Eingriff in eine entstandene und noch nicht ausgeglichene Prämienforderung rechtfertigt.
- 26
- Die Rückwirkungsproblematik gebietet eine möglichst enge Auslegung. Dies gilt umso mehr, als der Zweck des Gesetzes, die Zahlungsfähigkeit des Versicherungsnehmers schneller wiederherzustellen, damit der volle Versicherungsschutz zügig wiedererlangt werden könne, bei einem Versicherten, bei dem kein Ruhen der Leistungen mehr besteht, bereits insoweit erreicht ist, als er wieder vollen Versicherungsschutz genießt (zutreffend Mandler aaO S. 819).
- 27
- 3. In dieser Auslegung verstößt die Regelung auch nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.
- 28
- Dem Gesetzgeber ist bei der Schaffung von Übergangsregelungen notwendigerweise ein gewisser Spielraum einzuräumen. Denn gerade bei weitreichenden Änderungen ist es unmöglich, die unter dem alten Recht entstandenen und womöglich schon abgewickelten Rechtsverhältnisse vollständig dem neuem Recht zu unterstellen. Auch verlangt der Grundsatz der Rechtssicherheit klare schematische Entscheidungen über die zeitliche Abgrenzung zwischen dem alten und dem neuen Recht, so dass es unvermeidlich ist, dass sich in der Rechtsstellung der Betroffenen, je nachdem, ob sie dem alten oder dem neuen Recht zu entnehmen ist, Unterschiede ergeben, die dem Ideal der Rechtsgleichheit widersprechen. Die verfassungsrechtliche Prüfung von Stichtagsund anderen Übergangsvorschriften muss sich daher auf die Frage be- schränken, ob der Gesetzgeber den ihm zukommenden Spielraum in sachgerechter Weise genutzt hat, ob er die für die zeitliche Anknüpfung in Betracht kommenden Faktoren hinreichend gewürdigt hat und die gefundene Lösung sich im Hinblick auf den gegebenen Sachverhalt und das System der Gesamtregelung durch sachliche Gründe rechtfertigen lässt oder als willkürlich erscheint (BVerfG NJW 2013, 2103 Rn. 34 m.w.N.).
- 29
- Dieser Prüfung hält die Übergangsregelung des Art. 7 EGVVG stand, insbesondere weil sie nicht der Beseitigung eines verfassungswidrigen Zustands diente, sondern lediglich einer materiellen Besserstellung finanziell überforderter Versicherungsnehmer, die alte Rechtslage aber auch unzweifelhaft verfassungsgemäß war (vgl. hierzu BVerfG aaO Rn. 35 m.w.N.).
- 30
- 4. Nach alledem war der Beklagte nicht in den Notlagentarif einzustufen und schuldete für den mit der Klage geltend gemachten Zeitraum die ursprüngliche Prämie. Einwendungen gegen die vom Kläger auf dieser Grundlage errechnete und geltend gemachte Höhe der Prämienforderung sind nicht ersichtlich.
- 31
- Der Anspruch auf Zahlung der Säumniszuschläge beruht auf § 193 Abs. 6 VVG.
- 32
- 5. Unbegründet ist die Klage dagegen wegen der Auskunftskosten, da der Kläger nicht vorgetragen hat, wann und wofür diese Kosten entstanden sein sollen.
Dr. Brockmöller Dr. Bußmann
Vorinstanzen:
AG Essen, Entscheidung vom 13.08.2014- 22 C 9/14 -
LG Essen, Entscheidung vom 29.01.2015 - 10 S 325/14 -
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 13. Juni 2014 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Bonn ‑ 9 O 272/13 – unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1) Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.993,73 € zu zahlen nebst Säumniszuschlägen in Höhe von einem Prozent pro angefangenem Monat
a) auf Teilbeträge bis zum 1.8.2013 von jeweils 252,00 € seit dem 2.3.2010 und seit dem 2.4.2010 und 22,27 € seit dem 2.5.2010 sowie
b) fortlaufend auf einen Teilbetrag 229,73 € seit dem 2.5.2010 und auf Teilbeträge in Höhe von jeweils 252,00 € seit dem 2.6.2010, dem 2.7.2010, dem 2.8.2010, dem 2.9.2010, dem 2.10.2010, dem 2.11.2010 und dem 2.12.2010.
2) Es wird festgestellt, dass die Klage in Höhe eines Teilbetrages der ursprünglichen Klageforderung von 1.518,10 € in der Hauptsache erledigt ist.
3) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden gegeneinander aufgehoben, von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin 63 % und der Beklagte 37 % zu tragen.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung durch die Gegenseite durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht vor einer Vollstreckung die vollstreckende Partei Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zur Vollstreckung anstehenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugunsten der Klägerin zugelassen, soweit ihre Klage über den von ihr während des erstinstanzlichen Verfahrens zur Verrechnung gestellten Betrag von 526,27 € hinaus abgewiesen worden ist.
1
Gründe
2I.
3Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung rückständiger Krankenversicherungsbeiträge für die Zeit von März bis Dezember 2010 in Anspruch.
4Die Parteien schlossen im Jahre 2009 einen Krankheitskostenversicherungsvertrag. Versichert waren der Beklagte, seine Ehefrau und sein Sohn. Die beiden Letztgenannten sind ab dem 1.9.2011 nicht mehr mitversichert. Für die Zeit von März bis Dezember 2010 hat der Beklagte die Zahlung der Versicherungsbeiträge nicht gezahlt. Zur damaligen Zeit beliefen sich diese rechnerisch auf monatlich insgesamt 689,21 €, nämlich 235,81 € für den Beklagten selbst, 330,97 € für die Ehefrau und 122,43 € für den Sohn.
5Nachdem die Klägerin zunächst eine Gesamtforderung in Höhe von 6.892,10 € zuzüglich Säumniszuschlägen rechtshängig gemacht hatte, hat sie mit Rücksicht auf das zwischenzeitliche Inkrafttreten des Gesetzes zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung zum 1.8.2013 den Rechtsstreit in Höhe eines Betrages von 1.518,10 € nebst der darauf entfallenden Säumniszuschläge im Hinblick auf für den streitbefangenen Zeitraum reduzierte Krankenversicherungsbeiträge (nur) für den Beklagten persönlich auf den Notlagentarif von 84,00 € monatlich und wegen eines weiteren Betrages in Höhe von 526,27 € wegen der Verrechnung mit seit August 2013 entstandener Überzahlungen des Beklagten mit Zahlungsrückständen in der Hauptsache für erledigt erklärt.
6Die Klägerin hat die Meinung vertreten, die Beitragsreduzierung durch die Gesetzesänderung zum 1.8.2013 betreffe die für die Ehefrau und den Sohn des Beklagten zu zahlenden Versicherungsbeiträge nicht, weil die Versicherungen für diese Personen Anfang August 2013 nicht mehr bestanden haben.
7Die Klägerin hat beantragt,
8den Beklagten zu verurteilen, ihr 5.374,00 € nebst Säumniszuschlag in Höhe von 1 % pro angefangenem Monat
9auf einen Teilbetrag von 526,27 € vom 2.3. bis zum 1.8.2013,
10auf einen Teilbetrag von 11,13 € seit dem 2.3.2010,
11auf einen Teilbetrag von 537,40 € seit dem 2.4.2010,
12auf einen Teilbetrag von 537,40 € seit dem 2.5.2010,
13auf einen Teilbetrag von 537,20 € seit dem 2.6.2010,
14auf einen Teilbetrag von 537,40 € seit dem 2.7.2010,
15auf einen Teilbetrag von 537,40 € seit dem 2.8.2010,
16auf einen Teilbetrag von 537,40 € seit dem 2.9.2010,
17auf einen Teilbetrag von 537,40 € seit dem 2.10.2010,
18auf einen Teilbetrag von 537,40 € seit dem 2.11.2010,
19auf einen Teilbetrag von 537,40 € seit dem 2.12.2010
20und darüber hinaus vorgerichtliche Mahnkosten in Höhe von 12,50 € und Rechtsanwaltskosten in Höhe von 603,92 € sowie 40,14 € Auskunftskosten
21zu zahlen.
22Der Beklagte hat beantragt,
23die Klage abzuweisen.
24Er hat vorgetragen, Ansprüche der Klägerin seien nicht begründet, weil er seine Vertragserklärung wirksam widerrufen habe; außerdem seien die Berechnung der Klägerin unklar und das Gesetz verfassungswidrig.
25Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
26Das Landgericht hat der Klage unter Abweisung im Übrigen hinsichtlich der Hauptforderung unter Einschluss der geforderten Säumniszuschläge stattgegeben und insoweit zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
27Die Klägerin könne aufgrund des zwischen den Parteien bestehenden Vertrages (für den in Rede stehenden Zeitraum) eine monatliche Prämie in Höhe von 537,40 € fordern. Sie habe schlüssig vorgetragen, die Prämien aufgrund des für den Beklagten persönlich geltenden Notlagentarifs gemäߠ § 12h VAG in Höhe von 84,00 € monatlich neu berechnet zu haben. Dabei habe sie die Grundlagen der Berechnung hinreichend dargelegt. Da die Versicherung für die mitversicherten Familienangehörigen zum 31.8.2011 beendet worden sei, sei das Gesetz zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden insoweit nicht einschlägig und eine Reduzierung auf einen Notlagentarif nicht vorzunehmen. Gemäß Art. 7 EGVVG sei das Gesetz nur auf Versicherungen anwendbar, die zum 1.8.2013 Bestand gehabt und in denen die Leistungen geruht hätten. Säumniszuschläge schulde der Beklagte für die Zeit bis zum 31.7.2013 nach § 193 Abs. 6 S. 8 VVG a.F. und für die Folgezeit gemäß § 193 Abs. 6 S. 2 VVG n.F.
28Hiergegen richtet sich die fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten, der geltend macht, bereits in einem früheren Verfahren der Parteien vorgetragen und unter Beweis gestellt zu haben, dass er den am 1.4.2009 geschlossenen Krankheitskostenversicherungsvertrag mit Schreiben vom 8.4.2009 wirksam widerrufen habe; dies sei bisher nicht bestritten worden. Mangels eines wirksamen Vertrages stünden der Klägerin Ansprüche nicht zu.
29Der Beklagte stellt den Antrag,
30unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
31Die Klägerin beantragt,
32die Berufung zurückzuweisen.
33Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Sie ist der Ansicht, der nach ihrem Verständnis erstmals in der Berufungsbegründung erfolgte Vortrag des Beklagten zum Widerruf des Versicherungsvertrags sei verspätet und zudem unsubstanziiert.
34Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
35Die Akte des Verfahrens des Oberlandesgerichts Köln 20 U 50/11 (Landgericht Bonn 9 O 339/10) lag vor und war Gegenstand der Verhandlung.
36II.
37Die Berufung des Beklagten ist zulässig.
38Die Berufungsbegründung enthielt zwar keinen ausdrücklich formulierten Berufungsantrag und ist im Ganzen knapp gehalten. Für die Zulässigkeit der Berufung genügt es jedoch, wenn sich aus der Berufungsbegründung durch Auslegung hinreichend sicher das Berufungsziel ergibt und wenn sich die Berufungsbegründung in ausreichender Weise mit einem der im Gesetz genannten Berufungsgründe auseinandersetzt (vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 30. Aufl., § 520 Rn. 27). Aus der Berufungsbegründung lässt sich die Meinung des Beklagten entnehmen, ein wirksamer Krankheitskostenversicherungsvertrag sei wegen Widerrufs seiner Vertragserklärung nicht gegeben. Hiermit ist ein Berufungsgrund im Sinne von § 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO geltend gemacht.
39Die Berufung ist teilweise auch begründet.
40Die Klägerin hat gegen den Beklagten allerdings einen Anspruch auf Zahlung von rückständigen Krankenversicherungsprämien in der tenorierten Höhe aus § 1 S. 2 VVG i. V. m. dem Versicherungsvertrag.
41Dem Beklagten ist nicht darin zu folgen, dass Ansprüche der Klägerin mangels eines bestehenden Vertragsverhältnisses nicht gegeben wären. Im vorliegenden Verfahren hat der Beklagte nicht nachvollziehbar vorgetragen, dass er den unstreitig zwischen den Parteien geschlossenen Krankheitskostenversicherungsvertrag wirksam widerrufen hätte. Sein erstinstanzliches Vorbringen im Schriftsatz vom 28.2.2014, auch das Landgericht Bonn sei in seiner Entscheidung vom 7.2.2011 im Verfahren 3 O 339/10 davon ausgegangen, dass er den Vertrag wirksam widerrufen habe, lässt zwar nach Auffassung des Senats nicht daran zweifeln, dass der Beklagte selbst Entsprechendes vortragen wollte. Sein Vortrag stellt aber lediglich eine Rechtsbehauptung ohne tatsächliche Substanz dar. In Anbetracht des Umstands, dass der Senat in seinem Urteil vom 30.9.2011 – 20 U 50/11 –, das auf die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Bonn vom 7.2.2011 ergangen und durch das der Beklagte zur Zahlung von Versicherungsbeiträgen für die Zeit von Juli 2009 bis einschließlich Februar 2010 verurteilt worden ist, ausgeführt hat, dass der Beklagte seine Vertragsabschlusserklärung nicht fristgerecht widerrufen habe, war dieser Vortrag keinesfalls ausreichend. Im Übrigen nimmt der Senat Bezug auf seine diesbezüglichen Ausführungen im Urteil vom 30.9.2011.
42Begründet ist das Rechtsmittel dagegen zunächst wegen eines Teilbetrages in Höhe von 526,27 €. Auch in Höhe dieses Teilbetrages hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 16.12.2013 die Erledigung der Hauptsache erklärt, insoweit zwar nicht, weil sich durch die Rechtsänderung zum 1.8.2013 unmittelbar die vom Beklagten geschuldeten Versicherungsbeiträge im streitbefangenen Zeitraum verringert hätten, sondern weil die Rechtsänderung für die Zeit ab August 2013 zu Überzahlungen des Beklagten in entsprechender Höhe geführt hätten, die mit den im Verfahren geforderten Rückständen zu verrechnen seien. Im Schriftsatz vom 3.4.2014 (Seite 3) hat die Klägerin dann klargestellt, dass die Verrechnung auf die älteste Forderung erfolgt sei, so dass die noch offene Prämie für März 2010 bis auf einen Restbetrag von 11,13 € getilgt sei. Diese Aufrechnungserklärung ist im Folgenden sowohl von der Klägerin selbst bei ihrer Antragstellung als auch vom Landgericht übersehen worden. Die Reduzierung der ursprünglichen Klagehauptforderung in Höhe von 6.892,10 € auf 5.374,00 € berücksichtigt lediglich die Erledigungserklärung der Klägerin in Höhe des Betrages von 1.518,10 €, die sich unmittelbar aus der Reduzierung der vom Beklagten für seine Person geschuldeten Monatsbeiträge auf 84,00 € ergibt. Das wird deutlich aus der Forderungsaufstellung auf Seite 3 des Schriftsatzes vom 16.12.2013, die mit dem Betrag von 5.374,00 € abschließt, allerdings die Verrechnung mit Überzahlungen von 526,27 € nicht berücksichtigt.
43Weiter folgt der Senat nicht der Auffassung des Landgerichts, dass die Rechtsänderung zum 1.8.2013 auf die Höhe der für die Ehefrau und den Sohn des Beklagten geschuldeten Versicherungsbeiträge keine Auswirkungen habe, weil beide zum 1.8.2013 nicht mehr bei der Klägerin versichert waren.
44Ob die Anwendung des § 193 Abs. 7 S. 1 VVG, wonach der Versicherungsnehmer solange der Vertrag ruht als im Notlagentarif nach § 12h VAG versichert gilt, erfordert, dass das Versicherungsverhältnis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Regelungen, am 1.8.2013, ruhend Bestand hatte, wird in der bisher zu dieser Frage veröffentlichten Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet.
45Wie das Landgericht Bonn in der diesem Berufungsverfahren zu Grunde liegenden Entscheidung hat auch das Landgericht Dortmund im Urteil vom 19.12.2013 – 2O 315/13 - (juris) diese Frage bejaht. Bereits aus § 193 Abs. 8 VVG ergebe sich das Erfordernis eines fortbestehenden Vertragsverhältnisses. Denn danach habe der Versicherer dem Versicherungsnehmer in Textform eine Mitteilung über die Fortsetzung des Vertrages im Notlagentarif und über die zu zahlende Prämie zu übersenden, wobei der Versicherungsnehmer in herausgehobener Form auf die Folgen der Anrechnung der Altersrückstellung nach § 12h Abs. 2 S. 6 VAG für die Höhe der künftig zu zahlenden Prämien hinzuweisen sei. Diese Regelung mache nur Sinn in einem noch bestehenden und auf den Notlagentarif umgestellten Krankenversicherungsvertrag. Aus der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 17/13079 und 17/13402) ergebe sich zudem, dass dem Gesetzgeber eine Ungleichbehandlung von Altschuldnern und Neuschuldnern bewusst gewesen sei. Trotzdem sei die vom Bundesrat angeregte Überarbeitung im Sinne einer Gleichstellung nicht erfolgt.
46Der Senat hält diese Argumentation jedoch nicht für überzeugend und folgt vielmehr der Auffassung des Kammergerichts Berlin, das in einem Urteil vom 7.11.2014 – 6U 194/11 – (BeckRS 2014, 21695), gestützt auf Art. 7 S. 2 EGVVG n.F., eine rückwirkende Geltung des Notlagentarifs in einem Fall bejaht hat, in dem das Ruhen der Leistungen aus dem Krankheitskostenversicherungsvertrag gemäß § 193 Abs. 6 S. 5 VVG a.F. vor dem 1.8.2013 dadurch beendet war, dass die (frühere) Versicherungsnehmerin hilfebedürftig im Sinne des SGB XII geworden war. Mit dieser Entscheidung des Kammergerichts geht der Senat davon aus, dass sich aus dem Gesetz das Erfordernis eines am 1.8.2013 weiterhin bestehenden Vertragsverhältnisses für die Bestimmung der Rückwirkung des Notlagentarifs nicht ergibt. Art. 7 S. 2-6 EGVVG, die die Rückwirkung des Notlagentarifs anordnen und regeln, stehen unabhängig neben Art. 7 S. 1 EGVVG, der auf die Zukunft gerichtete Regelungen betrifft. Das macht die Formulierung in S. 1 deutlich, indem sich das dort genannte Erfordernis der Feststellung des Ruhens am 1.8.2013 nur auf die Zukunft erstreckt und nicht die in den Folgesätzen geregelte Rückwirkungsfiktion betrifft.
47Sinn und Zweck des Gesetzes sprechen gegen eine einschränkende Auslegung des Geltungsbereichs der Rückwirkungsfiktion. Art. 7 EGVVG n.F. ist Teil des Gesetzes zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung vom 15.07.2013, dem als zentrales gesetzgeberisches Motiv zugrunde lag, durch die Einführung eines Notlagentarifs in der privaten Krankenversicherung säumige Versicherungsnehmer vor weiterer Überschuldung zu schützen und in diesem Zusammenhang auch eine Lösung zu finden für die teilweise erheblichen Beitragsschulden, die säumige Versicherungsnehmer seit der Abschaffung der Kündigungsmöglichkeit wegen Zahlungsverzugs in der privaten Krankenversicherung aufgebaut hatten. Deshalb war vorgesehen, dass säumige Versicherungsnehmer rückwirkend von dem Zeitpunkt an als im Notlagentarif versichert gelten sollten, zu dem ihr Vertrag ruhend gestellt worden war (vgl. BT-Drucks. 17/13947 Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit vom 12.6.2013, S. 31).
48Folgt man der Auffassung des erstinstanzlichen Urteils und des Landgerichts Dortmund, wäre die rückwirkende Geltung des Notlagentarifs und die damit verbundene Erleichterung der Schuldenlast für finanziell besonders schwache Versicherungsnehmer, die hilfebedürftig im Sinne des Sozialgesetzbuchs SGB XII oder SGB II sind, ausgeschlossen und könnten nur die Versicherungsnehmer profitieren, die finanziell besser gestellt sind. Dieser Nachteil würde durch die Sozialleistungen nicht aufgefangen, weil Schulden von den Hilfeträgern nicht übernommen werden. Betroffen wären auch Personen, die – wie es dem Anliegen der Sozialgesetzgebung entspricht – darin erfolgreich sind, vorübergehende Hilfebedürftigkeit kurzfristig zu überwinden, allein weil ihr Versicherungsverhältnis am Stichtag 1.8.2013 aufgrund Sozialleistungsbezugs nicht bestand. Auch wären häufig gerade solche Personen nachteilig betroffen, die – wie vorliegend der Beklagte – in der Vergangenheit verhältnismäßig hohe Versicherungsprämien zu zahlen hatten, weil Ehegatten und Kinder mitversichert waren, und dadurch auch eher höhere Schulden aufgebaut haben. Die hier vorliegende Konstellation, dass aufgrund veränderter Familienverhältnisse (Heranwachsen der Kinder, Ehescheidung etc.) bei fortbestehender Versicherung des Versicherungsnehmers Altschulden auch in Form rückständiger Beiträge vormals mitversicherter Familienmitglieder aufgelaufen sind, dürfte nicht selten sein. Es erscheint nicht zu rechtfertigen, dieserart besonders bedürftige und belastete Personengruppen entgegen dem der Gesetzesreform zugrunde liegenden Zweck aus der Begünstigung herausnehmen.
49Demgegenüber liegt es nahe, Bestimmungen des Gesetzes, wie etwa § 193 Abs. 8 VVG, die Bedeutung nur für fortbestehende Versicherungsverhältnisse haben, entsprechend einschränkend nur in ihrem Wirkungsbereich Anwendung finden zu lassen. Wie der vorliegende Fall, in dem es insgesamt um Altschulden geht, zeigt, betrifft die Frage , ob die Anwendung des Notlagentarifs für die Vergangenheit ein am 1.8.2013 (ruhend) bestehendes Versicherungsverhältnis erfordert, auch nicht allein den vom Landgericht Dortmund in der zitierten Entscheidung angesprochenen Konflikt zwischen Alt- und Neuschuldnern.
50Demzufolge kann die Klägerin vom Beklagten für die Zeit von März bis Dezember 2010 auch für dessen Ehefrau und Sohn jeweils nur den Notlagentarif fordern. Dieser ist gemäß § 12h Abs. 2 S. 1 VAG für alle im Notlagentarif Versicherten als einheitliche Prämie zu kalkulieren. Der von der Klägerin mitgeteilte und dargelegte Monatsbeitrag in Höhe von 84,00 € gilt daher auch für Ehefrau und Sohn des Klägers.
51Die Anwendung des § 193 Abs. 7 VVG – soweit die mitversicherten Familienangehörigen betroffen sind vermittelt über § 193 Abs. 10 VVG – setzt zwar voraus, dass die Versicherungen im Zeitraum März bis Dezember 2010 ruhend gestellt waren. Das ist vorliegend nicht ausdrücklich vorgetragen. Auch aus der Akte zum Vorverfahren ergeben sich die Voraussetzungen des Ruhens gemäß § 193 Abs. 6 S. 2 VVG a.F. nicht. Im Ergebnis zu Recht sind erstinstanzlich Klägerin und Landgericht aber wohl übereinstimmend stillschweigend vom Vorliegen der Ruhensvoraussetzungen ausgegangen. Wenn auch der Versicherungsnehmer, sofern er sich auf die Umstellung in den Notlagentarif berufen will, den Eintritt des Ruhens der Leistungen darzulegen hat (LG Dortmund a.a.O.; Schubach, jurisPR-VersR 2/2014 Anm. 4), so war doch der Versicherer bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 193 Abs. 6 S. 1 u. 2 VVG a.F. gehalten, das Ruhen der Leistungen festzustellen. Wenn die Klägerin dem entgegen dem Gesetz nicht nachgekommen wäre, würde sie sich darauf nicht berufen dürfen (§ 242 BGB). In Anbetracht des Vorprozesses, in dem um Prämienrückstände für die Zeit von Juli 2009 bis Februar 2010 gestritten wurde, die der Beklagte nicht gezahlt hatte, ist nicht zu bezweifeln, dass die Klägerin weit vor März 2010 Veranlassung hatte, die Ruhensvoraussetzungen herbeizuführen.
52Es bestanden daher ab dem 1.8.2013 nur noch Beitragsrückstände in Gesamthöhe von 3 x 10 (Monate) x 84,00 €, also 2.520,00 €. Nach Abzug der Überzahlungen des Beklagten ab August 2013 in Höhe von 526,27 € bleiben 1.993,73 €, die – zzgl. Säumniszuschlägen – vom Beklagten an die Klägerin noch zu zahlen sind. Dieser Betrag von 1.993,73 € setzt sich aus 7 Einzelbeträgen in Höhe von (3 x 84,00 € =) 252,00 € für die Monate Juni bis Dezember 2010 und einem Restbetrag in Höhe von 229,73 € für Mai 2010 zusammen. Im Übrigen sind Rückstände für März bis Mai 2010 durch Verrechnung gegen die Überzahlungen des Beklagten erloschen.
53Säumniszuschläge sind für die Zeit bis zum 31.7.2013 aus § 193 Abs. 6 S. 8 VVG a.F. und für die Folgezeit aus § 193 Abs. 6 S. 2 VVG n.F. geschuldet. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Überzahlung des Beklagten in Höhe von 526,27 € entsprechend der Bestimmung der Klägerin mit den ältesten Beitragsrückständen, also den für März, April und – an letzter Stelle - Mai 2010, zu erfolgen hat; insoweit endet die zu titulierende Pflicht zur Zahlung von Säumniszuschlägen antragsgemäß am 1.8.2013.
54Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91a, 92 Abs. 1 ZPO. Die Klage war ursprünglich in vollem Umfang begründet. Die Klägerin hat der zwischenzeitlichen Gesetzesänderung zum 1.8.2013 aber nur unzulänglich Rechnung getragen, indem sie allein in Bezug auf die den Beklagten unmittelbar betreffenden Beiträge eine Anpassung an den Notlagentarif vorgenommen und die Erledigung der Hauptsache erklärt hat; insoweit entsprach es billigem Ermessen, dem Beklagten die Kosten aufzulegen. Im Umfang der Verrechnung eines Betrages von 526,27 € hat die Klägerin ihre Erledigungserklärung nicht durchgehalten; das musste sich im Rahmen der Kostenentscheidung zu ihren Lasten auswirken.
55Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10 und 711 ZPO.
56Die Frage, ob die auf Zeiten vor dem 1.8.2013 zurückwirkende Anwendung des Notlagentarifs ein zu diesem Zeitpunkt fortbestehendes Versicherungsvertragsverhältnis erfordert, ist in der Rechtsprechung noch nicht hinreichend geklärt und dürfte Bedeutung für nicht wenige Fälle haben. Deswegen war nach § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen, soweit die Entscheidung darauf beruht, dass der Senat diese Frage verneint hat. Soweit der Beklagte verurteilt und soweit die Klage wegen der von der Klägerin in Höhe von 526,27 € vorgenommenen Verrechnung abgewiesen wurde, liegen jedoch Gründe für eine Zulassung der Revision nicht vor.
57Berufungsstreitwert: 5.374,00 €
Geschäftsunfähig ist:
- 1.
wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat, - 2.
wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist.
(1) Durch den Behandlungsvertrag wird derjenige, welcher die medizinische Behandlung eines Patienten zusagt (Behandelnder), zur Leistung der versprochenen Behandlung, der andere Teil (Patient) zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet, soweit nicht ein Dritter zur Zahlung verpflichtet ist.
(2) Die Behandlung hat nach den zum Zeitpunkt der Behandlung bestehenden, allgemein anerkannten fachlichen Standards zu erfolgen, soweit nicht etwas anderes vereinbart ist.
(1) Behandelnder und Patient sollen zur Durchführung der Behandlung zusammenwirken.
(2) Der Behandelnde ist verpflichtet, dem Patienten in verständlicher Weise zu Beginn der Behandlung und, soweit erforderlich, in deren Verlauf sämtliche für die Behandlung wesentlichen Umstände zu erläutern, insbesondere die Diagnose, die voraussichtliche gesundheitliche Entwicklung, die Therapie und die zu und nach der Therapie zu ergreifenden Maßnahmen. Sind für den Behandelnden Umstände erkennbar, die die Annahme eines Behandlungsfehlers begründen, hat er den Patienten über diese auf Nachfrage oder zur Abwendung gesundheitlicher Gefahren zu informieren. Ist dem Behandelnden oder einem seiner in § 52 Absatz 1 der Strafprozessordnung bezeichneten Angehörigen ein Behandlungsfehler unterlaufen, darf die Information nach Satz 2 zu Beweiszwecken in einem gegen den Behandelnden oder gegen seinen Angehörigen geführten Straf- oder Bußgeldverfahren nur mit Zustimmung des Behandelnden verwendet werden.
(3) Weiß der Behandelnde, dass eine vollständige Übernahme der Behandlungskosten durch einen Dritten nicht gesichert ist oder ergeben sich nach den Umständen hierfür hinreichende Anhaltspunkte, muss er den Patienten vor Beginn der Behandlung über die voraussichtlichen Kosten der Behandlung in Textform informieren. Weitergehende Formanforderungen aus anderen Vorschriften bleiben unberührt.
(4) Der Information des Patienten bedarf es nicht, soweit diese ausnahmsweise aufgrund besonderer Umstände entbehrlich ist, insbesondere wenn die Behandlung unaufschiebbar ist oder der Patient auf die Information ausdrücklich verzichtet hat.
Geschäftsunfähig ist:
- 1.
wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat, - 2.
wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist.
(1) Schließt der Minderjährige einen Vertrag ohne die erforderliche Einwilligung des gesetzlichen Vertreters, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags von der Genehmigung des Vertreters ab.
(2) Fordert der andere Teil den Vertreter zur Erklärung über die Genehmigung auf, so kann die Erklärung nur ihm gegenüber erfolgen; eine vor der Aufforderung dem Minderjährigen gegenüber erklärte Genehmigung oder Verweigerung der Genehmigung wird unwirksam. Die Genehmigung kann nur bis zum Ablauf von zwei Wochen nach dem Empfang der Aufforderung erklärt werden; wird sie nicht erklärt, so gilt sie als verweigert.
(3) Ist der Minderjährige unbeschränkt geschäftsfähig geworden, so tritt seine Genehmigung an die Stelle der Genehmigung des Vertreters.
Wer ein Geschäft für einen anderen besorgt, ohne von ihm beauftragt oder ihm gegenüber sonst dazu berechtigt zu sein, hat das Geschäft so zu führen, wie das Interesse des Geschäftsherrn mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen es erfordert.
Entspricht die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn, so kann der Geschäftsführer wie ein Beauftragter Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. In den Fällen des § 679 steht dieser Anspruch dem Geschäftsführer zu, auch wenn die Übernahme der Geschäftsführung mit dem Willen des Geschäftsherrn in Widerspruch steht.
Macht der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist der Auftraggeber zum Ersatz verpflichtet.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin - eine Deutsche - verlangt vom Beklagten - ihrem spanischen Schwager - die Übertragung der von ihm noch gehaltenen Geschäftsanteile an der P. Sp. z o. o. - einer polnischen GmbH, die sich mit der Herstellung und Lieferung von Dachentwässerungssystemen befaßt - und die Zustimmung zum Übergang des Eigentums an bestimmten Maschinen sowie die Abtretung des Anspruchs auf Herausgabe dieser im Besitz der polnischen GmbH befindlichen Gegenstände. Die Geschäftsanteile wurden zunächst von der S. GmbH gehalten, die den Vertrieb der von der polnischen GmbH hergestellten Produkte übernommen hatte und an der die Klägerin als Gesellschafterin beteiligt war,
während an den Maschinen Rechte von der P. GmbH in Anspruch genommen wurden. Nachdem über das Vermögen der beiden genannten Gesellschaften das Konkursverfahren eröffnet worden war, übertrug der Konkursverwalter die Geschäftsanteile und die Rechte an den Maschinen durch Verträge vom 30. November 1994 zu einem Kaufpreis von 225.000 DM und 57.500 DM auf den Beklagten. Zur Aufbringung des Kaufpreises hatten die Eheleute B -K. , der Bruder der Klägerin und dessen Ehefrau, 100.000 DM, M. von C. , ein Bekannter und Geschäftspartner der Klägerin, 80.000 DM, A. P. , der Vater des Beklagten und der Schwiegervater der Klägerin, 48.000 DM und der Beklagte aus eigenen Mitteln 52.000 DM beigesteuert.
Die Klägerin hat behauptet, die aufgeführten Gelde r seien ihr darlehensweise zur Ersteigerung der Geschäftsanteile und der Rechte an den Maschinen zur Verfügung gestellt worden. Der Beklagte habe sich bereit erklärt, diese für sie treuhänderisch zu erwerben, weil wegen eines Konkurses ihres Ehemannes ihre Mithaftung für Kreditverbindlichkeiten im Raum gestanden habe. Der Beklagte hat dies in Abrede gestellt, der Klägerin aber am 14. Juni 1995 die Hälfte der von ihm gehaltenen Anteile ohne Entgelt übertragen. Die Klage hatte in den Vorinstanzen Erfolg. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
I.
Das Berufungsgericht ist in Übereinstimmung mit dem Lan dgericht davon ausgegangen, daß auf die in Rede stehenden Ansprüche deutsches Recht anzuwenden sei. Es ist auch den Feststellungen des Landgerichts gefolgt, das eine zwischen den Parteien mündlich geschlossene Treuhandabrede für nachgewiesen angesehen hat. Das Berufungsgericht hat die Auffassung vertreten, das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 19. April 1999 (BGHZ 141, 207) über den Formzwang von Treuhandabreden nach § 15 Abs. 4 GmbHG sei nicht einschlägig.
II.
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung jedenfalls im Ergebnis stand.
1. Unbegründet sind die Rügen der Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts , zwischen den Parteien sei die von der Klägerin behauptete Treuhandvereinbarung getroffen worden. Soweit sich die Revision im einzelnen mit der Würdigung der Beweisaufnahme durch das Landgericht befaßt, zeigt sie einen dem Berufungsgericht bei der Anwendung des § 529 ZPO unterlaufenen Rechtsfehler nicht auf. Im übrigen ist der angefochtenen Entscheidung
nen Rechtsfehler nicht auf. Im übrigen ist der angefochtenen Entscheidung zu entnehmen, daß sich das Berufungsgericht mit den Einwänden des Beklagten gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts auseinandergesetzt hat. Daß ihm hierbei beachtliche Rechtsfehler unterlaufen wären, ist nicht ersichtlich. Die Revision unternimmt hiergegen nur den ihr verschlossenen Versuch, die erhobenen Beweise in anderer Weise als die Vorinstanzen zu würdigen.
2. Die Parteien haben sich nicht näher dazu erklärt, welchem Recht die von der Klägerin behauptete Treuhandabrede nach Art. 27 Abs. 1 Satz 1 EGBGB unterliegen sollte. Das Landgericht, das zunächst eine Beweiserhebung zur Frage angeordnet hatte, ob der behauptete Treuhandvertrag der Form des Art. 180 des Polnischen Handelsgesetzbuches von 1934 unterliege, hat - nach einem entsprechenden rechtlichen Hinweis - ausgeführt, das auf den Treuhandvertrag anzuwendende Recht sei mangels einer Rechtswahl im Sinn des Art. 27 EGBGB nach Art. 28 EGBGB zu ermitteln. Es hat indes in dieser Richtung - wie das Berufungsgericht - keine Feststellungen getroffen, sondern im weiteren geprüft, ob die Treuhandvereinbarung alternativ nach dem inhaltlich maßgebenden Recht (Geschäftsrecht) oder nach dem Recht am Ort der Vornahme (vgl. Art. 11 Abs. 1 EGBGB) formwirksam ist. Letzteres haben die Vorinstanzen in bezug auf den Abschluß der Vereinbarung in Düsseldorf nach deutschem Recht bejaht, ohne auf das Geschäftsrecht näher einzugehen.
a) Die im Abschnitt "Recht der natürlichen Personen und der Rechtsgeschäfte" eingeordnete Bestimmung des Art. 11 EGBGB dürfte auf die hier zu beurteilende Treuhandvereinbarung anwendbar sein. Der Senat neigt dazu, daß dies nicht deshalb anders ist, weil die Vereinbarung die Beteiligung an einer polnischen GmbH und damit gesellschaftsrechtliche Vorgänge zum Ge-
genstand hat. Das Reichsgericht ist zu Art. 11 EGBGB in der Fassung vor dem Inkrafttreten des IPR-Gesetzes vom 25. Juli 1986 (BGBl. I S. 1142) ohne weiteres davon ausgegangen, daß jene Bestimmung auf Verträge, mit denen Geschäftsanteile an einer GmbH übertragen werden, grundsätzlich anwendbar ist (RGZ 160, 225, 229; vgl. auch BayObLG NJW 1978, 500 f; OLG Frankfurt a.M. DNotZ 1982, 186, 187); der Bundesgerichtshof hat für die Auffassung, Art. 11 Abs. 1 Satz 2 EGBGB a.F. gelte auch für gesellschaftsrechtliche Vorgänge, eine zustimmende Tendenz erkennen lassen (BGHZ 80, 76, 78). Ob die Neufassung des Art. 11 EGBGB durch das IPR-Gesetz hieran etwas geändert hat - namentlich wird insoweit auf die Regelung des Art. 37 Nr. 2 EGBGB und die Einzelbegründung zu Art. 11 im Gesetzgebungsverfahren (vgl. BT-Drucks. 10/504 S. 49) Bezug genommen (vgl. zum Ganzen Staudinger/Winkler von Mohrenfels, BGB, 13. Bearb. März 2000, Art. 11 EGBGB Rn. 279 ff m.zahlr.N.; Goette, Festschrift Boujong, 1996, S. 131, 136 ff, abgedruckt auch in DStR 1996, 709 ff) -, ist umstritten. Bei der hier in Rede stehenden schuldrechtlichen Vereinbarung, auf Verlangen Geschäftsanteile an einer ausländischen Gesellschaft übertragen zu müssen, geht es nicht um Fragen der inneren Verfassung der Gesellschaft, so daß die Anwendbarkeit von Art. 11 EGBGB nach Auffassung des Senats naheliegt.
b) Bei Anwendung deutschen Rechts als des für die Vornah me des Vertrages maßgebenden Ortsstatuts begegnet die Beurteilung der Vorinstanzen, der Treuhandvertrag habe hier formlos abgeschlossen werden können, in bezug auf die zu übertragenden Geschäftsanteile rechtlichen Bedenken. Wie der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 19. April 1999 entschieden hat, bedarf ein Treuhandvertrag hinsichtlich eines GmbH-Geschäftsanteils nach Gründung der Gesellschaft - und erst recht nach ihrer Eintragung - der notariellen Beurkun-
dung des § 15 Abs. 4 GmbHG (BGHZ 141, 207, 211 f). Da das Ortsrecht den Parteien im Sinne einer Erleichterung des Rechtsverkehrs den Abschluß eines formgültigen Vertrags ermöglichen soll, ohne daß sie sich darüber unterrichten müssen, welche Formanforderungen das Geschäftsstatut verlangt, ist im Rahmen der Anwendung des Art. 11 Abs. 1 Alt. 2 EGBGB nur die Frage zu prüfen, ob die betroffene Gesellschaftsform einer deutschen GmbH vergleichbar ist . Wollte man weitergehend in diesem Rahmen prüfen, ob in Polen Formvorschriften gelten, ob sie denen des deutschen Rechts vergleichbar sind und ob mit ihnen dieselben Zwecke verfolgt werden wie mit der Regelung in § 15 Abs. 3, 4 GmbHG, wäre der Sinn des Art. 11 Abs. 1 EGBGB, die Formgültigkeit eines Rechtsgeschäfts alternativ nach dem Geschäftsstatut oder dem Recht am Vornahmeort zu bestimmen, in bezug auf das Ortsstatut weitgehend in Frage gestellt. Da das deutsche GmbH-Recht von vielen Staaten - darunter auch von Polen im Handelsgesetzbuch von 1934 - rezipiert wurde (vgl. Grziwotz, Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 3, 2. Aufl. 2003, § 1 Rn. 39; Merkt ZIP 1994, 1417, 1422), liegt die Anwendung (und Beachtung) des § 15 Abs. 4 GmbHG im Rahmen der Beurteilung nach dem Recht am Vornahmeort nahe. Wollte man gleichwohl die Auffassung vertreten, das deutsche Recht enthalte für den hier betroffenen Vorgang, weil es ihn nicht kenne, keine (passende) Formvorschrift, wäre der Treuhandvertrag nicht etwa nach Ortsrecht formfrei wirksam; vielmehr müßte in einem solchen Fall der "Normleere" geprüft werden, welche Form nach dem Geschäftsrecht zu beachten ist (vgl. RGZ 160, 225, 230; Staudinger/Winkler von Mohrenfels, aaO Art. 11 EGBGB Rn. 187; MünchKomm-BGB/Spellenberg, 3. Aufl. 1998, Art. 11 EGBGB Rn. 69).
c) Bestehen damit gegen die Wirksamkeit der Treuhandabr ede in bezug auf die Geschäftsanteile nach dem Recht des Vornahmeortes Bedenken, müß-
te im weiteren geklärt werden, ob sich aus dem Geschäftsstatut (Art. 11 Abs. 1 Alt. 1 EGBGB) etwas anderes ergibt. Da die Parteien nach den Feststellungen des Landgerichts weder nach Art. 27 EGBGB vereinbart haben, welchem Recht die Treuhandabrede unterliegen sollte - die Zulässigkeit einer solchen Vereinbarung unterstellt (hiergegen etwa unter Bezugnahme auf Art. 37 Nr. 2 EGBGB Geyrhalter, ZIP 1999, 647, 648) - noch im Gerichtsverfahren von gelegentlichen Hinweisen auf die Rechtslage abgesehen von einer übereinstimmenden Anwendung eines bestimmten Rechts als Geschäftsstatut ausgegangen sind, ist das auf den Vertrag anzuwendende Recht nach Art. 28 EGBGB zu bestimmen. Hiernach kommt es darauf an, den Vertrag der Rechtsordnung zu unterstellen , mit der er am engsten verbunden ist. Wie der Regelung des Art. 28 Abs. 1 Satz 2 EGBGB zu entnehmen ist, kann bei einer Teilbarkeit des Vertrages in Betracht kommen, daß die Vertragsteile zu unterschiedlichen Rechtsordnungen die engste Verbindung aufweisen. Nach Art. 28 Abs. 2 EGBGB wird vermutet, daß der Vertrag die engsten Verbindungen mit dem Staat aufweist, in dem die Partei, welche die charakteristische Leistung zu erbringen hat, im Zeitpunkt des Vertragsschlusses ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Bei einem dem Auftragsrecht zu unterstellenden Treuhandvertrag wird die charakteristische Leistung durch den Beauftragten erbracht. Das spricht dafür, den Treuhandvertrag nach dem Aufenthaltsort des Beklagten in Deutschland ebenfalls dem deutschen Recht zu unterstellen. Allerdings ist zu beachten, daß die Ausgestaltung der Vertragsbeziehungen auch Bezüge zur Rechtsordnung von Polen aufweist. Die durch den Treuhandvertrag bewirkte Pflichtenstellung des Beauftragten zur Interessenwahrnehmung für den Treugeber, die bis zur Pflicht reicht, den Gesellschaftsanteil auf Verlangen an diesen zu übertragen, verlangt zugleich eine Berücksichtigung der Rechtsordnung, unter der diese Gesellschaft ihre Geschäfte führt.
Diese Bezüge reichen jedoch nach Art. 28 Abs. 5 EGBGB ni cht aus, die Vermutungswirkung des Art. 28 Abs. 2 EGBGB zu überspielen und dem Treuhandvertrag insgesamt eine engere Verbindung zu Polen zuzumessen. Auch aus Art. 28 Abs. 1 Satz 2 EGBGB läßt sich nichts anderes entnehmen, weil sich die Formwirksamkeit des Vertrags grundsätzlich nicht von seinem sonstigen Inhalt trennen läßt; eine einer natürlichen Betrachtungsweise widersprechende gespaltene Rechtswahl (Art. 27 Abs. 1 Satz 3 EGBGB) für die Form des Vertrages einerseits und seinen Inhalt und seine Durchführung andererseits haben die Parteien nicht vereinbart.
3. Die Revisionserwiderung meint, auch bei Anwendung deutschen Rechts als Geschäftsstatut sei die auf die deutsche GmbH zugeschnittene Vorschrift des § 15 Abs. 4 GmbHG auf den in Rede stehenden Treuhandvertrag nicht anwendbar (vgl. auch Gätsch/Schulte, ZIP 1999, 1909, 1913 f ; OLG München, NJW-RR 1993, 998, 999 zu einer kanadischen Limited; ähnlich KG, JW 1932, 3822, zu einer polnischen Gesellschaft mit dem Argument, es könne nur das Gesellschaftsstatut zur Beurteilung herangezogen werden; anders OLG Celle, NJW-RR 1992, 1126, 1127 f bei Annahme deutschen Schuldstatuts nach Art. 28 EGBGB für den Kauf polnischer GmbH-Geschäftsanteile). Wäre dem zu folgen, wäre der formfreie Abschluß des Treuhandvertrags möglich gewesen. Verneint man dies, wird im Schrifttum mit Rücksicht darauf, daß es unbefriedigend wäre, wenn sich das strengere deutsche Geschäftsrecht gegenüber dem milderen Gesellschaftsstatut durchsetzen würde, auch die Erwägung angestellt , ob - wozu der Senat neigt - in einer erweiternden Auslegung des Art. 11 EGBGB geprüft werden dürfe, ob das für die Übertragung eines Geschäftsanteils maßgebende Gesellschaftsstatut, hier das polnische Recht, den formfrei-
en Abschluß eines Treuhandvertrags ermöglicht (vgl. hierzu etwa Merkt, ZIP 1994, 1417, 1422 ff).
Die aufgeworfenen Fragen bedürfen jedoch keiner abschl ießenden Entscheidung durch den Senat. Wäre der Abschluß des Treuhandvertrages auch nach deutschem Recht als Geschäftsstatut oder nach polnischem Recht wegen mangelnder Form nicht wirksam, stünde der Klägerin der zuerkannte Anspruch nach dem in der mündlichen Revisionsverhandlung angesprochenen Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 681 Satz 2, 667 BGB) zu.
a) Nach Art. 39 Abs. 1 EGBGB unterliegen gesetzliche An sprüche aus der Besorgung eines fremden Geschäfts dem Recht des Staates, in dem das Geschäft vorgenommen worden ist. Die durch das ohne Übergangsregelung am 1. Juni 1999 in Kraft getretene Gesetz zum Internationalen Privatrecht für außervertragliche Schuldverhältnisse und für Sachen vom 21. Mai 1999 (BGBl I S. 1096) eingeführte Vorschrift ist im Streitfall anwendbar; insoweit hat Art. 39 Abs. 1 EGBGB die zuvor bereits geltende Grundregel des ungeschriebenen Kollisionsrechts (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 25. September 1997 - II ZR 113/96 - NJW 1998, 1321, 1322; MünchKomm-BGB/Kreuzer, aaO, II Vor Art. 38 EGBGB Rn. 2) übernommen. Nach dieser Grundregel ist deutsches Recht heranzuziehen, da das in Frage stehende Geschäft, insbesondere der verabredete Erwerb des polnischen Gesellschaftsanteils im Interesse der Klägerin , in Deutschland ausgeführt worden ist. Eine wesentlich engere Verbindung mit dem Recht eines anderen Staates, die nach Maßgabe des Art. 41 EGBGB beachtlich sein könnte, ist in diesem Zusammenhang ebenso wenig festzustellen wie bei der Frage, ob der geschlossene Treuhandvertrag nach Art. 27, 28 die engste Verbindung zu Polen aufweist. Da die Geschäftsführung
hier mit einer intendierten vertraglichen Beziehung in Zusammenhang steht, wird die Anwendung deutschen Rechts ferner durch Art. 32 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB gestützt.
b) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist seit lan gem anerkannt , daß im Falle der Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts wegen eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten auf die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag zurückgegriffen werden kann. Der Umstand, daß sich der Geschäftsführer zur Leistung verpflichtet hat bzw. für verpflichtet hält, steht dem nicht entgegen (vgl. BGHZ 37, 258, 262 f; 39, 87, 90; 101, 393, 399; Urteil vom 28. Oktober 1992 - VIII ZR 210/91 - NJWRR 1993, 200; Senatsurteile vom 11. Juli 1996 - III ZR 7/95 - WM 1996, 2159, 2162; vom 10. Oktober 1996 - III ZR 205/95 - NJW 1997, 47, 48; vom 4. Dezember 2003 - III ZR 30/02 - WM 2004, 182, 184, zum Abdruck in BGHZ 157, 168 vorgesehen). Treuhandvereinbarungen, die als Auftrags- oder Geschäftsbesorgungsverhältnisse zu qualifizieren sind, sind die klassischen Anwendungsfälle dieser Rechtsprechung, die vor allem auf dem Gedanken beruht, bei Nichtigkeit eines solchen Verhältnisses eine angemessene Risikoverteilung zwischen den Parteien des nichtigen Vertrags vorzunehmen. Das bedeutet nicht, wie der Senat bereits früher ausgeführt hat, daß einem von der Rechtsordnung mißbilligtem Vertrag auf einem anderen Weg wieder Geltung verschafft wird (vgl. Senatsurteil vom 10. Oktober 1996 aaO).
Diese Grundsätze lassen sich auch auf die hier zu beurteile nde Fallgestaltung , in der sich der mögliche rechtliche Mangel auf einen Formverstoß beschränkt , übertragen. Der Beklagte hat - auf der Grundlage der verabredeten Treuhandvereinbarung - mit Geldmitteln, die zu einem beträchtlichen Teil von
Familienangehörigen aufgebracht worden sind, im Interesse der Klägerin neben den Rechten an den Maschinen die Geschäftsanteile an der polnischen GmbH erworben. Der Treuhandvertrag ist damit unbeschadet der Frage seiner Formwirksamkeit, über die sich die Parteien seinerzeit keine Gedanken gemacht haben, ins Werk gesetzt worden. Sowohl nach Auftragsrecht als auch nach dem Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag trifft den Beauftragten/Geschäftsführer die Pflicht, das aus der Geschäftsführung Erlangte herauszugeben (§ 667 BGB, § 681 Satz 2 BGB). Daß auch im übrigen - bei Annahme einer Nichtigkeit der Treuhandvereinbarung - die Voraussetzungen für eine Geschäftsführung ohne Auftrag vorliegen, ist nicht zu bezweifeln. Der Anwendung dieser Grundsätze steht auch die Rechtsprechung des II. Zivilsenats über die Formbedürftigkeit einer Treuhandabrede hinsichtlich eines GmbH-Geschäftsanteils nach Gründung der Gesellschaft (BGHZ 141, 207) nicht entgegen, wie eine Anfrage an den II. Zivilsenat ergeben hat.
4. Da sich unter Berücksichtigung des vom Landgericht eingeholten Gutachtens nach polnischem Recht hinsichtlich der Form für die Veräußerung eines Geschäftsanteils keine weitergehenden Anforderungen als nach deutschem Recht ergeben, vielmehr insoweit die Schriftform genügt, bedarf es weiterer Ermittlungen, ob ein hierauf bezogener Treuhandvertrag ebenfalls einem Formzwang unterliegt, nicht. Denn auch dann hätte der Senat keine Bedenken, die Herausgabepflicht des Beklagten auf §§ 681 Satz 2, 667 BGB zu gründen.
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Strafgesetzbuch - StGB | § 323c Unterlassene Hilfeleistung; Behinderung von hilfeleistenden Personen
(1) Wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer in diesen Situationen eine Person behindert, die einem Dritten Hilfe leistet oder leisten will.
Entspricht die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn, so kann der Geschäftsführer wie ein Beauftragter Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. In den Fällen des § 679 steht dieser Anspruch dem Geschäftsführer zu, auch wenn die Übernahme der Geschäftsführung mit dem Willen des Geschäftsherrn in Widerspruch steht.
(1) Durch den Behandlungsvertrag wird derjenige, welcher die medizinische Behandlung eines Patienten zusagt (Behandelnder), zur Leistung der versprochenen Behandlung, der andere Teil (Patient) zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet, soweit nicht ein Dritter zur Zahlung verpflichtet ist.
(2) Die Behandlung hat nach den zum Zeitpunkt der Behandlung bestehenden, allgemein anerkannten fachlichen Standards zu erfolgen, soweit nicht etwas anderes vereinbart ist.
Wer ein Geschäft für einen anderen besorgt, ohne von ihm beauftragt oder ihm gegenüber sonst dazu berechtigt zu sein, hat das Geschäft so zu führen, wie das Interesse des Geschäftsherrn mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen es erfordert.
Entspricht die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn, so kann der Geschäftsführer wie ein Beauftragter Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. In den Fällen des § 679 steht dieser Anspruch dem Geschäftsführer zu, auch wenn die Übernahme der Geschäftsführung mit dem Willen des Geschäftsherrn in Widerspruch steht.
Macht der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist der Auftraggeber zum Ersatz verpflichtet.
Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Wird rechtzeitig Widerspruch erhoben und beantragt eine Partei die Durchführung des streitigen Verfahrens, so gibt das Gericht, das den Mahnbescheid erlassen hat, den Rechtsstreit von Amts wegen an das Gericht ab, das in dem Mahnbescheid gemäß § 692 Abs. 1 Nr. 1 bezeichnet worden ist, wenn die Parteien übereinstimmend die Abgabe an ein anderes Gericht verlangen, an dieses. Der Antrag kann in den Antrag auf Erlass des Mahnbescheids aufgenommen werden. Die Abgabe ist den Parteien mitzuteilen; sie ist nicht anfechtbar. Mit Eingang der Akten bei dem Gericht, an das er abgegeben wird, gilt der Rechtsstreit als dort anhängig. § 281 Abs. 3 Satz 1 gilt entsprechend.
(2) Ist das Mahnverfahren maschinell bearbeitet worden, so tritt, sofern die Akte nicht elektronisch übermittelt wird, an die Stelle der Akten ein maschinell erstellter Aktenausdruck. Für diesen gelten die Vorschriften über die Beweiskraft öffentlicher Urkunden entsprechend. § 298 findet keine Anwendung.
(3) Die Streitsache gilt als mit Zustellung des Mahnbescheids rechtshängig geworden, wenn sie alsbald nach der Erhebung des Widerspruchs abgegeben wird.
(4) Der Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens kann bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Antragsgegners zur Hauptsache zurückgenommen werden. Die Zurücknahme kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. Mit der Zurücknahme ist die Streitsache als nicht rechtshängig geworden anzusehen.
(5) Das Gericht, an das der Rechtsstreit abgegeben ist, ist hierdurch in seiner Zuständigkeit nicht gebunden.
(1) Nach Eintritt der Rechtskraft des Verweisungsbeschlusses wird der Rechtsstreit mit Eingang der Akten bei dem im Beschluß bezeichneten Gericht anhängig. Die Wirkungen der Rechtshängigkeit bleiben bestehen.
(2) Wird ein Rechtsstreit an ein anderes Gericht verwiesen, so werden die Kosten im Verfahren vor dem angegangenen Gericht als Teil der Kosten behandelt, die bei dem Gericht erwachsen, an das der Rechtsstreit verwiesen wurde. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.
(3) Absatz 2 Satz 2 gilt nicht in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.
(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.
(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.