Sozialgericht Landshut Beschluss, 17. Okt. 2018 - S 11 AY 153/18 ER

bei uns veröffentlicht am17.10.2018

Gericht

Sozialgericht Landshut

Tenor

I. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig verpflichtet, der Antragstellerin Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) für die Zeit vom 04.10.2018 bis zum 31.01.2019 in Höhe von insgesamt 320,14 Euro monatlich, für Oktober 2018 anteilig, zu zahlen.

II. Der Antragsgegner trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin.

III. Der Antragstellerin wird Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt S…, … … .., … … bewilligt. Ratenzahlungen sind nicht zu erbringen.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung, ihr vorläufig weiterhin Leistungen nach § 3 AsylbLG ohne Anspruchseinschränkung zu gewähren. Umstritten ist insoweit eine Anspruchseinschränkung nach § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG.

Die 1982 geborene Antragstellerin ist nigerianische Staatsangehörige und reiste am …11.2016 mit dem Bus in die Bundesrepublik Deutschland ein. Sie lebt zusammen mit ihren am …11.2012 und …05.2014 geborenen Töchtern aus erster Ehe und der am …07.2018 geborenen Tochter, deren Vater in einer nahegelegenen Asylunterkunft in M. lebt. Der Antragstellerin und ihren Töchtern wurde eine Unterkunft im Landkreis L. zur Verfügung gestellt. Der Antragsgegner erfuhr erst im Juli 2017, dass die Antragstellerin über einen unbefristeten italienischen Aufenthaltstitel sowie einen Reisepass verfügt. Die Antragstellerin lebte zuvor über zehn Jahre lang in Italien. Der Antrag auf Gewährung von Asyl vom 08.12.2016 wurde mit Bescheid vom 17.09.2018 durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) abgelehnt. Die Antragstellerin wurde aufgefordert, die Bundesrepublik binnen 30 Tagen zu verlassen. Über die am 21.09.2018 erhobene Klage der Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Regensburg wurde bisher nicht entschieden.

Die Antragstellerin erhielt zunächst für den Zeitraum 01.12.2016 bis 31.07.2017 Leistungen gem. § 3 AsylbLG vom Antragsgegner.

Mit Schreiben 26.07.2017 hörte der Antragsgegner die Antragstellerin zur beabsichtigten Leistungskürzung an. Aus der Akte ist keine Stellungnahme der Antragstellerin zu erkennen.

Mit Bescheid vom 16.08.2017 gewährte der Antragsgegner der Antragstellerin ab dem 01.08.2017 bis voraussichtlich 31.01.2018 Leistungen nach dem AsylbLG nur noch eingeschränkt. Die Antragstellerin erhielt nunmehr Leistungen in Höhe von mtl. 151,11 EUR zzgl. Unterkunft, Energie und Hausrat durch Sachleistung.

Aufgrund der Einreise nach Deutschland trotz des bestehenden Aufenthaltsrechts in Italien würden lediglich Leistungen nach § 1a Abs. 4 AsylbLG gewährt werden. Der Antragstellerin sei erklärt worden, wegen des Aufenthaltsrechtes in Italien die Bundesrepublik Deutschland verlassen zu müssen. Der Nach § 1a Abs. 4 S. 2 AsylbLG seien die Leistungen gem. § 1a Abs. 2 AsylbLG einzuschränken.

Mit Bescheid vom 31.01.2018 folgte eine erneute Leistungsbewilligung nach § 1a Abs. 4 S. 2 AsylbLG für den Zeitraum Februar bis Juli 2018. Die tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse seien unverändert.

Zuletzt wurden mit Bescheid vom 01.08.2018 Leistungen wieder nach § 1a Abs. 4 S. 2 AsylbLG für den Zeitraum 01.08.2018 bis 31.01.2019 bewilligt. An der Begründung änderte sich nichts.

Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 05.08.2018 legte die Antragstellerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 01.08.2018 ein.

Der Vater der jüngsten Tochter lebe in Deutschland. Eine Ausreise der Mutter führte zu einer dauerhaften Trennung des Kindes von seinem Vater und sei somit unzumutbar.

Über den Widerspruch wurde bisher, soweit ersichtlich, noch nicht entschieden.

Mit ihrem Antrag vom 04.10.2018 auf einstweiligen Rechtsschutz hat sich die Antragstellerin, vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigten, an das Sozialgericht Landshut gewandt.

Zur Begründung des Antrags wiederholt die Antragstellerin die Begründung des Widerspruchs und ergänzt, dass eine Pflichtverletzung Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 1a Abs. 4 AsylbLG sei. Das Verweilen im Bundesgebiet sei nicht pflichtwidrig. Die Antragstellerin verfüge über keine Rücklagen, dass Existenzminimum sei nicht gesichert.

Die Antragstellerin beantragt,

  • 1.Die aufschiebende Wirkung gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 01.08.2018 anzuordnen und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin ab 04.10.2018 vorläufig Leistungen gem. § 3 AsylbLG zu gewähren.

  • 2.Der Antragstellerin Prozesskostenhilfe zu gewähren.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Die Antragstellerin habe in einer persönlichen Vorsprache am 04.08.2017 angegeben, dass sie auf keinen Fall nach Italien zurückkehren werde. Sie habe dort Probleme. Die Voraussetzungen des § 1a Abs. 4 S. 2 AsylbLG seien eindeutig erfüllt. Hinzu komme, dass die Antragstellerin bis Juli 2017 falsche Angaben zu ihren Identität- und Aufenthaltsdokumenten gemacht habe. Zum Zeitpunkt des Ausschlusses der Rückkehr, sei der Antragstellerin die Rückkehr durchaus möglich und zumutbar gewesen.

Das die Anspruchseinschränkung auslösende Fehlverhalten bestehe darin, dass sich die Antragstellerin mit ihren Kindern in das Bundesgebiet begeben habe und dort auf Dauer tatsächlich verweile, obgleich bereits in einem Mitgliedstaat der EU ein unbefristetes Aufenthaltsrecht gewährt worden sei. Eine Korrektur des Fehlverhaltens hätte durch eine Ausreise vollzogen werden können. Der ungerechtfertigte weitere Aufenthalt in Deutschland könne nicht dazu führen, dass durch die Geburt eines weiteren Kindes, dessen Vater in Deutschland lebe, dieser Aufenthalt nun geheilt werde. Nach sechs Monaten erfolge eine regelmäßige Überprüfung, ob die Voraussetzungen noch vorliegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes sowie dem weiteren Vortrag der Beteiligten wird auf die Akte des Gerichts und die beigezogene Akte der Antragsgegnerin verwiesen.

II.

Der Antrag ist als Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung statthaft, zulässig und begründet.

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 01.08.2018.

Maßgebend für die Bestimmung, in welcher Weise vorläufiger gerichtlicher Rechtsschutz zu gewähren ist, ist der im Hauptsacheverfahren statthafte Rechtsbehelf. Richtige Klageart im Hauptsacheverfahren wäre eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach §§ 54 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4, 56 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Antragstellerin strebt eine Erweiterung ihrer Rechtspositionen an; daher ist eine einstweilige Anordnung in Form einer Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG statthaft.

Der Eilantrag ist statthaft als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG, weil kein Fall des § 86b Abs. 1 SGG vorliegt. Die Antragstellerin kann ihr Rechtsschutzziel - die (vorläufige) Gewährung höherer Leistungen - nicht mit der Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 01.08.2018 gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG erreichen. Ein Widerspruch gegen die Feststellung einer Einschränkung des Leistungsanspruchs nach § 1a AsylbLG hat zwar keine aufschiebende Wirkung (§ 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG i.V.m. § 11 Abs. 4 Nr. 2 AsylbLG). Aus der Anordnung der aufschiebenden Wirkung würde sich aber nur dann die Verpflichtung des Leistungsträgers zur Gewährung höherer Leistungen ergeben, wenn und soweit für den streitigen Zeitraum zuvor höhere Leistungen bewilligt worden wären. Mit dem Bescheid vom 01.08.2018 sind der Antragstellerin jedoch erstmals Leistungen für die Zeit ab August 2018 bewilligt worden.

Der zulässige Antrag auf einstweilige Anordnung in Form einer Regelungsanordnung ist ab Antragstellung begründet.

Einstweilige Anordnungen nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG sind zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Eine solche Anordnung setzt sowohl einen Anordnungsanspruch (das materielle Recht, für das einstweiliger Rechtsschutz geltend gemacht wird) als auch einen Anordnungsgrund (Eilbedürftigkeit im Sinne der Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung, weil ein Abwarten auf eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht zumutbar ist) voraus. Sowohl Anordnungsanspruch als auch Anordnungsgrund müssen glaubhaft sein (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2, § 294 Zivilprozessordnung (ZPO)).

Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage im vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vorgegebenen Umfang (BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 -) das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist bzw. wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen. Sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu.

Soweit existenzsichernde Leistungen in Frage stehen, sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch weniger streng zu beurteilen. In diesem Fall ist ggf. auch anhand einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers zu entscheiden (BVerfG vom 12.05.2005, a. a. O, Nichtannahmebeschluss vom 15. Januar 2007 - 1 BvR 2971/06 -).

Der Eilantrag ist auch begründet. Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Regelungsanordnung liegen vor. Die Antragstellerin hat sowohl einen Anordnungsanspruch als auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).

Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Sie gehört, da sie sich tatsächlich im Bundesgebiet aufhält und wegen des anhängigen Asylverfahrens über eine Aufenthaltsgestattung verfügt, zum Kreis der Leistungsberechtigten gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 AsylbLG, die Anspruch auf Grundleistungen nach §§ 3 ff. AsylbLG haben.

In Betracht kommt allein eine Anspruchseinschränkung nach § 1a Abs. 4 S. 2 AsylbLG.

Nach dieser mit dem Integrationsgesetz vom 31.07.2016 eingefügten und zum 06.08.2016 in Kraft getretenen Regelung gilt § 1a Abs. 4 Satz 1 AsylbLG entsprechend für Leistungsberechtigte nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 oder 5 AsylbLG, denen bereits von einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder einem am Verteilmechanismus teilnehmenden Drittstaat im Sinne von Satz 1 internationaler Schutz oder aus anderen Gründen ein Aufenthaltsrecht gewährt worden ist, wenn der internationale Schutz oder das aus anderen Gründen gewährte Aufenthaltsrecht fortbesteht. Der Zweck der Regelung besteht in der Begrenzung der Sekundärmigration insbesondere aus anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union nach Deutschland. Nach dem Gesetzentwurf vom 31. Mai 2016 dient sie der Vervollständigung der Regelung nach § 1a Abs. 4 Satz 1 AsylbLG (BT-Drucksache 18/8615, Seite 35), wonach eine Anspruchseinschränkung für bestimmte Fälle vorgesehen ist, in denen ein anderer Mitgliedsstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Bereits im Gesetzgebungsverfahren zu § 1a Abs. 4 AsylbLG in der ab dem 24. Oktober 2015 geltenden Fassung war gefordert worden, dass eine Leistungseinschränkung auch („erst recht“) bei Personen erfolgt, deren Asylverfahren in einem anderen Mitgliedsstaat durch Gewährung eines Schutzstatus bereits positiv abgeschlossen worden sind (Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 07. Februar 2018 - L 8 AY 23/17 B ER -, m. w. N.).

Unter Berücksichtigung des dargestellten Normzwecks und des Regelungszusammenhangs hält die Kammer eine teleologische Reduktion von § 1a Abs. 4 S. 2 AsylbLG für geboten. Eine teleologische Reduktion ist dadurch gekennzeichnet, dass eine Vorschrift entgegen ihrem Wortlaut hinsichtlich eines Teils der von ihr erfassten Fälle nicht zur Anwendung kommt, weil der Sinn und Zweck, die Entstehungsgeschichte und der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen gegen eine uneingeschränkte Anwendung sprechen (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 4. Dezember 2014 - B 2 U 18/13 R -, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RE 2/16 R -). Auch das Bayerische Landessozialgericht hält eine teleologische Reduktion des § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG aus verfassungsrechtlichen Gründen für geboten. Rein seinem Wortlaut nach wird eine Leistungskürzung allein aus dem Grund vorgenommen, dass der Leistungsberechtigte einem europäischen Asylregime unterworfen ist, ohne dass explizit an ein konkretes Fehlverhalten des Leistungsberechtigten angeknüpft wird. Im Gesetzgebungsverfahren zum Integrationsgesetz wurden (verfassungs-)rechtliche Bedenken an der Norm geäußert. Soweit § 1a Abs. 4 AsylbLG, jedenfalls dem Wortlaut nach, eine Anspruchseinschränkung ohne Anknüpfung an ein Fehlverhalten vorsieht, widerspricht dies dem bisherigen Sanktionssystem sowohl im AsylbLG als auch in der Grundsicherung für Arbeitsuchende (Zweites Buch Sozialgesetzbuch - SGB II) und der Sozialhilfe (Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB XII), wonach die Kürzung der Leistungen stets ein bestimmtes, vorwerfbares Verhalten oder Unterlassen des Leistungsberechtigten zur Voraussetzung hat. Demnach muss es der Leistungsberechtigte selbst in der Hand haben, eine Leistungskürzung zu vermeiden bzw. zu beenden (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 17. September 2018 - L 8 AY 13/18 B ER -, m. w. N.)

§ 1a Abs. 4 S. 2 AsylbLG war zum Zeitpunkt der Einreise der Antragstellerin in die Bundesrepublik am 18.11.2016 bereits in Kraft. Daher konnte der Zweck der Regelung - Begrenzung der Sekundärmigration - zum Zeitpunkt der Einreise erreicht werden.

Eine verfassungskonforme Auslegung erfordert nicht bereits die Annahme, der zu erfüllende Bedarf sei allein das uneingeschränkte soziokulturelle Existenzminimum. Die generelle Verfassungswidrigkeit des § 1a AsylbLG würde im Ergebnis bedeuten, dass sämtliche den Einzelfall betreffenden Sanktionsregelungen, die ein Zurückbleiben des Gesamtleistungsanspruches hinter dem allgemeinen soziokulturellen Existenzminimum zur Folge hätten, als verfassungswidrig einzustufen wären. Eine derartige allgemeine Privilegierung der Leistungsberechtigten nach dem AsylbLG, insbesondere gegenüber dem Adressatenkreis der Sanktionen nach dem SGB II, ist zudem nicht zu begründen (Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 19. Juni 2014 - L 8 AY 15/13 B ER -). Das Bundesverfassungsgericht hat sich in seinem Urteil vom 18.07.2012 (Az.: 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11) zur Anspruchseinschränkung nach § 1a AsylbLG aF nicht verhalten. Die Entscheidung bezieht sich auf die Regelungen in § 3 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 und 2, Abs. 2 Satz 2 Nr. 1, 2 und 3 und Abs. 2 Satz 3 AsylbLG aF und verpflichtet den Gesetzgeber, unverzüglich für den Anwendungsbereich des AsylbLG eine Neuregelung - die sodann zum 01.01.2015 in Kraft getreten ist - zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums zu treffen. Soweit das Bundesverfassungsgericht einfordert, dass die in Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) garantierte Menschenwürde migrationspolitisch nicht zu relativieren sei, können migrationspolitische Erwägungen, Leistungen an Asylbewerber niedrig zu halten, um Anreize für Wanderbewegungen durch ein zu hohes Leistungsniveau zu vermeiden, in zulässiger Weise nicht weiter erwogen werden.

Hieraus folgt aber nicht, dass gegen einreisende Leistungsempfänger keine leistungsrechtlichen Konsequenzen möglich sind. Kernaussage des Urteils des BVerfG vom 18.07.2012 ist, dass nicht zu geringe Leistungen gewährt werden dürfen, die das vollständige Existenzminimum der Einreisenden nicht zu sichern vermögen, um mögliche Nachahmer abzuschrecken.

Es ist jedoch durch diese Vorgabe nicht ausgeschlossen, ein - nach Auffassung des Gesetzgebers - pflichtwidriges Verhalten der Antragsteller einzudämmen. Bei einer irregulären Sekundärmigration innerhalb der EU gilt, dass die Ausreise in den zuständigen Dublin-Staat jederzeit möglich ist, weil im Schengenraum eine Bewegungsfreiheit herrscht, die die Bedeutung des staatlichen Territoriums zwar nicht aufhebt, aber dennoch relativiert (Thym in NVwZ 2015, 1625).

Erforderlich ist demnach ein pflichtwidriges Verhalten. Dieses kann vorliegend nur darin zu sehen sein, dass eine Einreise erfolgte, obwohl bereits die Gewährung eines Aufenthaltsrechts (Schutzstatus) in einem anderen EU-Mitgliedstaat bestand.

Als Pflichtverletzung ist indes vorliegend nicht das bloße Verweilen in Deutschland anzusehen. Die Antragstellerin ist derzeit nicht zur Ausreise verpflichtet. Der Antragstellerin ist der Aufenthalt in Deutschland zur Durchführung des Asylverfahrens nach § 55 Abs. 1 Asylgesetz (AsylG) gestattet. Anders wäre dies erst ab dem Zeitpunkt, zu dem die Antragstellerin mit einem (unanfechtbaren) Ausreiseverlangen konfrontiert wird. Gegen den Bescheid des BAMF hat die Antragstellerin Klage erhoben, so dass dieser nicht bestandskräftig und damit gegenüber der Antragstellerin nicht bindend geworden ist.

Nach dem Ablauf der ersten Sanktion für den Zeitraum von sechs Monaten ist vorliegend eine weitere Sanktionierung nicht mehr möglich.

Wegen der pflichtwidrigen Einreise ist eine Einschränkung nach § 1a Abs. 4 S. 2 AsylbLG nur für maximal sechs Monate möglich (§ 14 Abs. 1 AsylbLG). § 14 Abs. 2 AsylbLG lässt zudem keine befristeten Kettenanspruchseinschränkungen zu; die Norm ist keine Rechtsgrundlage für Daueranspruchseinschränkungen (Oppermann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 14 AsylbLG 1. Überarbeitung, Rn. 14; a. A. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20. September 2018 - L 23 AY 19/18 B ER -). Maßgeblich ist der grundrechtlich verbürgte Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, der eine Abwägung des Individualinteresses (Sicherung des Existenzminimums) und des öffentlichen Interesses (Verhinderung von Missbrauch) erfordert (Wahrendorf in Grube/ Wahrendorf, SGB XII 6. Auflage 2018, § 14 Rn. 8).

Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebietet es, dass ein nicht mehr abänderbares, zurückliegendes Fehlverhalten in einer Sanktion nicht mehr fortwirkt. Die Anspruchseinschränkung ist daher nur bei einer Fortsetzung des pflichtwidrigen Verhaltens aufrecht zu erhalten (BT-Drs. 18/6185, S. 47f). Das Verbleiben in Deutschland ist derzeit wegen der Aufenthaltsgestattung nicht pflichtwidrig. Regelmäßig ist weder in der Stellung eines Asylantrags selbst noch im Verbleiben des Ausländers während des Asylverfahrens bis zur Rechtskraft einer ablehnenden Entscheidung ein Rechtsmissbrauch zu sehen (vgl. BSG, Urteil vom 17. Juni 2008 - B 8/9b AY 1/07 R -). Das zurückliegende Fehlverhalten (Einreise) wurde bereits (mehrfach) sanktioniert. Eine erneute Sanktionierung scheidet wegen § 14 AsylbLG aus.

Es kann hier somit dahinstehen, ob die Antragstellerin an der Ausreise wegen des Vaters des dritten Kindes gehindert ist und ob für das Beispiel Italien im einstweiligen Rechtsschutz existenzsichernde Leistungen in vollem Umfang bereits deshalb zu gewähren sind, weil die Abschiebung in einen anderen EU-Staat wegen einer dort drohenden unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK nicht möglich ist (so SG Lüneburg, Beschluss vom 06. Juni 2017 - S 26 AY 10/17 ER -; Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit SG München, S 42 AY 114/18 ER).

Der Antragsgegner sollte dringend überdenken, ob die Auskunft an die Antragstellerin, dass diese wegen des Aufenthaltsrechtes in Italien die Bundesrepublik Deutschland verlassen müsse, aufgrund der derzeitigen Aufenthaltsgestattung der Antragstellerin nicht zurückgenommen bzw. präzisiert werden muss.

Eine erneute Anhörung vor Erlass des Bescheides vom 01.08.2018 wurde, soweit ersichtlich, desgleichen nicht durchgeführt.

Auch ein Anordnungsgrund liegt vor. An diesen sind bereits wegen des oben geschilderten funktionalen Zusammenhangs von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund keine hohen Anforderungen zu stellen, da eine große Erfolgsaussicht in der Hauptsache besteht. Im Übrigen ergibt sich die Eilbedürftigkeit auch aus der Tatsache, dass die Antragstellerin sonst längere Zeit unterhalb des (soziokulturellen) Existenzminimums leben müsste.

Der Antragsgegner war daher vorläufig zu verpflichten, der Antragstellerin für die Zeit ab 04.10.2018 (Tag der Antragstellung) Leistungen zu gewähren.

Dauer und Höhe der zuzusprechenden Leistungen liegen gemäß § 86b Abs. 1 Satz 4 SGG i.V.m. § 938 Abs. 1 ZPO im Ermessen des Gerichts.

Die Dauer orientiert sich an dem Regelungszeitraum des Bescheides vom 01.08.2018. Das Gericht spricht vorläufige Leistungen in beantragter Höhe nach § 3 AsylbLG zu. Dabei wird berücksichtigt, dass Unterkunft, Energie und Wohnungsinstandhaltung, Innenausstattung, Haushaltsgeräte und Haushaltsgegenstände zusätzlich durch Sachleistung gewährt werden. Die Zahlung kann grundsätzlich, soweit möglich, auch durch Warengutscheine erfolgen.

Das Gericht weist ausdrücklich darauf hin, dass Leistungen, die mittels einstweiligen Rechtsschutzes erlangt werden, lediglich vorläufig gewährt werden. Wenn sich im Hauptsacheverfahren herausstellen sollte, dass die Leistungen tatsächlich nicht zustehen, sind die erlangten Leistungen zurückzuzahlen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Der Antragstellerin war Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Verfahrensbevollmächtigten ab Antragstellung zu bewilligen (§ 73a SGG i.V.m. §§ 114 ff ZPO), da die Antragstellerin nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen aus derzeitiger Sicht nicht in der Lage ist, die Kosten der Prozessführung aufzubringen und die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bot und nicht mutwillig erschien. Der Antragstellerin wird aufgegeben, jede Änderung ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse unverzüglich und ohne weitere Aufforderung durch das Gericht mitzuteilen.

Eine Beschwerde gegen diesen Beschluss ist gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ausgeschlossen, weil auch in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,- EUR nicht übersteigt. Streitig ist die Differenz zwischen den begehrten Leistungen nach § 3 AsylbLG in Höhe von 320,14 Euro und den abgesenkten Leistungen, wie sie mit Bescheid vom 01.08.2018 in Höhe von 151,11 EUR für die Zeit von Oktober 2018 bis Januar 2019 bewilligt wurden. Diese beläuft sich auf 169,03 EUR monatlich, so dass sich die Beschwer des Antragsgegners für die Zeit vom 04.10.2018 bis zum 31.01.2019 in Höhe von unter 700 EUR ergibt.

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(2) Bei einer Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen im Sinne von § 44 Absatz 1 des Asylgesetzes wird der notwendige Bedarf durch Sachleistungen gedeckt. Kann Kleidung nicht geleistet werden, so kann sie in Form von Wertgutscheinen oder anderen vergleichbaren unbaren Abrechnungen gewährt werden. Gebrauchsgüter des Haushalts können leihweise zur Verfügung gestellt werden. Der notwendige persönliche Bedarf soll durch Sachleistungen gedeckt werden, soweit dies mit vertretbarem Verwaltungsaufwand möglich ist. Sind Sachleistungen für den notwendigen persönlichen Bedarf nicht mit vertretbarem Verwaltungsaufwand möglich, können auch Leistungen in Form von Wertgutscheinen, von anderen vergleichbaren unbaren Abrechnungen oder von Geldleistungen gewährt werden.

(3) Bei einer Unterbringung außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen im Sinne des § 44 Absatz 1 des Asylgesetzes sind vorbehaltlich des Satzes 3 vorrangig Geldleistungen zur Deckung des notwendigen Bedarfs zu gewähren. Anstelle der Geldleistungen können, soweit es nach den Umständen erforderlich ist, zur Deckung des notwendigen Bedarfs Leistungen in Form von unbaren Abrechnungen, von Wertgutscheinen oder von Sachleistungen gewährt werden. Der Bedarf für Unterkunft, Heizung und Hausrat sowie für Wohnungsinstandhaltung und Haushaltsenergie wird, soweit notwendig und angemessen, gesondert als Geld- oder Sachleistung erbracht. Absatz 2 Satz 3 ist entsprechend anzuwenden. Der notwendige persönliche Bedarf ist vorbehaltlich des Satzes 6 durch Geldleistungen zu decken. In Gemeinschaftsunterkünften im Sinne von § 53 des Asylgesetzes kann der notwendige persönliche Bedarf soweit wie möglich auch durch Sachleistungen gedeckt werden.

(4) Bedarfe für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen neben den Leistungen nach den Absätzen 1 bis 3 entsprechend den §§ 34, 34a und 34b des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gesondert berücksichtigt. Die Regelung des § 141 Absatz 5 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.

(5) Leistungen in Geld oder Geldeswert sollen der oder dem Leistungsberechtigten oder einem volljährigen berechtigten Mitglied des Haushalts persönlich ausgehändigt werden. Stehen die Leistungen nicht für einen vollen Monat zu, wird die Leistung anteilig erbracht; dabei wird der Monat mit 30 Tagen berechnet. Geldleistungen dürfen längstens einen Monat im Voraus erbracht werden. Von Satz 3 kann nicht durch Landesrecht abgewichen werden.

(6) (weggefallen)

(1) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 5, für die ein Ausreisetermin und eine Ausreisemöglichkeit feststehen, haben ab dem auf den Ausreisetermin folgenden Tag keinen Anspruch auf Leistungen nach den §§ 2, 3 und 6, es sei denn, die Ausreise konnte aus Gründen, die sie nicht zu vertreten haben, nicht durchgeführt werden. Ihnen werden bis zu ihrer Ausreise oder der Durchführung ihrer Abschiebung nur noch Leistungen zur Deckung ihres Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege gewährt. Nur soweit im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, können ihnen auch andere Leistungen im Sinne von § 3 Absatz 1 Satz 1 gewährt werden. Die Leistungen sollen als Sachleistungen erbracht werden.

(2) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5 und Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 6, soweit es sich um Familienangehörige der in § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5 genannten Personen handelt, die sich in den Geltungsbereich dieses Gesetzes begeben haben, um Leistungen nach diesem Gesetz zu erlangen, erhalten nur Leistungen entsprechend Absatz 1.

(3) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5, bei denen aus von ihnen selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können, erhalten ab dem auf die Vollziehbarkeit einer Abschiebungsandrohung oder Vollziehbarkeit einer Abschiebungsanordnung folgenden Tag nur Leistungen entsprechend Absatz 1. Können bei nach § 1 Absatz 1 Nummer 6 leistungsberechtigten Ehegatten, Lebenspartnern oder minderjährigen Kindern von Leistungsberechtigten nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 oder 5 aus von ihnen selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden, so gilt Satz 1 entsprechend.

(4) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, 1a oder 5, für die in Abweichung von der Regelzuständigkeit nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31) nach einer Verteilung durch die Europäische Union ein anderer Mitgliedstaat oder ein am Verteilmechanismus teilnehmender Drittstaat, der die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 anwendet, zuständig ist, erhalten ebenfalls nur Leistungen entsprechend Absatz 1. Satz 1 gilt entsprechend für Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 oder 1a, denen bereits von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder von einem am Verteilmechanismus teilnehmenden Drittstaat im Sinne von Satz 1

1.
internationaler Schutz oder
2.
aus anderen Gründen ein Aufenthaltsrecht gewährt worden ist,
wenn der internationale Schutz oder das aus anderen Gründen gewährte Aufenthaltsrecht fortbesteht. Satz 2 Nummer 2 gilt für Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 5 entsprechend.

(5) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, 1a oder 7 erhalten nur Leistungen entsprechend Absatz 1, wenn

1.
sie ihrer Pflicht nach § 13 Absatz 3 Satz 3 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
2.
sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 4 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
3.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge festgestellt hat, dass sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 5 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
4.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge festgestellt hat, dass sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 6 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
5.
sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 7 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
6.
sie den gewährten Termin zur förmlichen Antragstellung bei der zuständigen Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge oder dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht wahrgenommen haben oder
7.
sie den Tatbestand nach § 30 Absatz 3 Nummer 2 zweite Alternative des Asylgesetzes verwirklichen, indem sie Angaben über ihre Identität oder Staatsangehörigkeit verweigern,
es sei denn, sie haben die Verletzung der Mitwirkungspflichten oder die Nichtwahrnehmung des Termins nicht zu vertreten oder ihnen war die Einhaltung der Mitwirkungspflichten oder die Wahrnehmung des Termins aus wichtigen Gründen nicht möglich. Die Anspruchseinschränkung nach Satz 1 endet, sobald sie die fehlende Mitwirkungshandlung erbracht oder den Termin zur förmlichen Antragstellung wahrgenommen haben.

(6) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1, die nach Vollendung des 18. Lebensjahres vorsätzlich oder grob fahrlässig Vermögen, das gemäß § 7 Absatz 1 und 5 vor Eintritt von Leistungen nach diesem Gesetz aufzubrauchen ist,

1.
entgegen § 9 Absatz 3 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 60 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch nicht angeben oder
2.
entgegen § 9 Absatz 3 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 60 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch nicht unverzüglich mitteilen
und deshalb zu Unrecht Leistungen nach diesem Gesetz beziehen, haben nur Anspruch auf Leistungen entsprechend Absatz 1.

(7) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 oder 5, deren Asylantrag durch eine Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 31 Absatz 6 des Asylgesetzes als unzulässig abgelehnt wurde und für die eine Abschiebung nach § 34a Absatz 1 Satz 1 zweite Alternative des Asylgesetzes angeordnet wurde, erhalten nur Leistungen entsprechend Absatz 1, auch wenn die Entscheidung noch nicht unanfechtbar ist. Satz 1 gilt nicht, sofern ein Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung angeordnet hat.

(1) Leistungsberechtigte nach § 1 erhalten Leistungen zur Deckung des Bedarfs an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheitspflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushalts (notwendiger Bedarf). Zusätzlich werden ihnen Leistungen zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens gewährt (notwendiger persönlicher Bedarf).

(2) Bei einer Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen im Sinne von § 44 Absatz 1 des Asylgesetzes wird der notwendige Bedarf durch Sachleistungen gedeckt. Kann Kleidung nicht geleistet werden, so kann sie in Form von Wertgutscheinen oder anderen vergleichbaren unbaren Abrechnungen gewährt werden. Gebrauchsgüter des Haushalts können leihweise zur Verfügung gestellt werden. Der notwendige persönliche Bedarf soll durch Sachleistungen gedeckt werden, soweit dies mit vertretbarem Verwaltungsaufwand möglich ist. Sind Sachleistungen für den notwendigen persönlichen Bedarf nicht mit vertretbarem Verwaltungsaufwand möglich, können auch Leistungen in Form von Wertgutscheinen, von anderen vergleichbaren unbaren Abrechnungen oder von Geldleistungen gewährt werden.

(3) Bei einer Unterbringung außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen im Sinne des § 44 Absatz 1 des Asylgesetzes sind vorbehaltlich des Satzes 3 vorrangig Geldleistungen zur Deckung des notwendigen Bedarfs zu gewähren. Anstelle der Geldleistungen können, soweit es nach den Umständen erforderlich ist, zur Deckung des notwendigen Bedarfs Leistungen in Form von unbaren Abrechnungen, von Wertgutscheinen oder von Sachleistungen gewährt werden. Der Bedarf für Unterkunft, Heizung und Hausrat sowie für Wohnungsinstandhaltung und Haushaltsenergie wird, soweit notwendig und angemessen, gesondert als Geld- oder Sachleistung erbracht. Absatz 2 Satz 3 ist entsprechend anzuwenden. Der notwendige persönliche Bedarf ist vorbehaltlich des Satzes 6 durch Geldleistungen zu decken. In Gemeinschaftsunterkünften im Sinne von § 53 des Asylgesetzes kann der notwendige persönliche Bedarf soweit wie möglich auch durch Sachleistungen gedeckt werden.

(4) Bedarfe für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen neben den Leistungen nach den Absätzen 1 bis 3 entsprechend den §§ 34, 34a und 34b des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gesondert berücksichtigt. Die Regelung des § 141 Absatz 5 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.

(5) Leistungen in Geld oder Geldeswert sollen der oder dem Leistungsberechtigten oder einem volljährigen berechtigten Mitglied des Haushalts persönlich ausgehändigt werden. Stehen die Leistungen nicht für einen vollen Monat zu, wird die Leistung anteilig erbracht; dabei wird der Monat mit 30 Tagen berechnet. Geldleistungen dürfen längstens einen Monat im Voraus erbracht werden. Von Satz 3 kann nicht durch Landesrecht abgewichen werden.

(6) (weggefallen)

(1) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 5, für die ein Ausreisetermin und eine Ausreisemöglichkeit feststehen, haben ab dem auf den Ausreisetermin folgenden Tag keinen Anspruch auf Leistungen nach den §§ 2, 3 und 6, es sei denn, die Ausreise konnte aus Gründen, die sie nicht zu vertreten haben, nicht durchgeführt werden. Ihnen werden bis zu ihrer Ausreise oder der Durchführung ihrer Abschiebung nur noch Leistungen zur Deckung ihres Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege gewährt. Nur soweit im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, können ihnen auch andere Leistungen im Sinne von § 3 Absatz 1 Satz 1 gewährt werden. Die Leistungen sollen als Sachleistungen erbracht werden.

(2) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5 und Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 6, soweit es sich um Familienangehörige der in § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5 genannten Personen handelt, die sich in den Geltungsbereich dieses Gesetzes begeben haben, um Leistungen nach diesem Gesetz zu erlangen, erhalten nur Leistungen entsprechend Absatz 1.

(3) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5, bei denen aus von ihnen selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können, erhalten ab dem auf die Vollziehbarkeit einer Abschiebungsandrohung oder Vollziehbarkeit einer Abschiebungsanordnung folgenden Tag nur Leistungen entsprechend Absatz 1. Können bei nach § 1 Absatz 1 Nummer 6 leistungsberechtigten Ehegatten, Lebenspartnern oder minderjährigen Kindern von Leistungsberechtigten nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 oder 5 aus von ihnen selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden, so gilt Satz 1 entsprechend.

(4) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, 1a oder 5, für die in Abweichung von der Regelzuständigkeit nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31) nach einer Verteilung durch die Europäische Union ein anderer Mitgliedstaat oder ein am Verteilmechanismus teilnehmender Drittstaat, der die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 anwendet, zuständig ist, erhalten ebenfalls nur Leistungen entsprechend Absatz 1. Satz 1 gilt entsprechend für Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 oder 1a, denen bereits von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder von einem am Verteilmechanismus teilnehmenden Drittstaat im Sinne von Satz 1

1.
internationaler Schutz oder
2.
aus anderen Gründen ein Aufenthaltsrecht gewährt worden ist,
wenn der internationale Schutz oder das aus anderen Gründen gewährte Aufenthaltsrecht fortbesteht. Satz 2 Nummer 2 gilt für Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 5 entsprechend.

(5) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, 1a oder 7 erhalten nur Leistungen entsprechend Absatz 1, wenn

1.
sie ihrer Pflicht nach § 13 Absatz 3 Satz 3 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
2.
sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 4 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
3.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge festgestellt hat, dass sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 5 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
4.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge festgestellt hat, dass sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 6 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
5.
sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 7 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
6.
sie den gewährten Termin zur förmlichen Antragstellung bei der zuständigen Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge oder dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht wahrgenommen haben oder
7.
sie den Tatbestand nach § 30 Absatz 3 Nummer 2 zweite Alternative des Asylgesetzes verwirklichen, indem sie Angaben über ihre Identität oder Staatsangehörigkeit verweigern,
es sei denn, sie haben die Verletzung der Mitwirkungspflichten oder die Nichtwahrnehmung des Termins nicht zu vertreten oder ihnen war die Einhaltung der Mitwirkungspflichten oder die Wahrnehmung des Termins aus wichtigen Gründen nicht möglich. Die Anspruchseinschränkung nach Satz 1 endet, sobald sie die fehlende Mitwirkungshandlung erbracht oder den Termin zur förmlichen Antragstellung wahrgenommen haben.

(6) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1, die nach Vollendung des 18. Lebensjahres vorsätzlich oder grob fahrlässig Vermögen, das gemäß § 7 Absatz 1 und 5 vor Eintritt von Leistungen nach diesem Gesetz aufzubrauchen ist,

1.
entgegen § 9 Absatz 3 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 60 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch nicht angeben oder
2.
entgegen § 9 Absatz 3 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 60 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch nicht unverzüglich mitteilen
und deshalb zu Unrecht Leistungen nach diesem Gesetz beziehen, haben nur Anspruch auf Leistungen entsprechend Absatz 1.

(7) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 oder 5, deren Asylantrag durch eine Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 31 Absatz 6 des Asylgesetzes als unzulässig abgelehnt wurde und für die eine Abschiebung nach § 34a Absatz 1 Satz 1 zweite Alternative des Asylgesetzes angeordnet wurde, erhalten nur Leistungen entsprechend Absatz 1, auch wenn die Entscheidung noch nicht unanfechtbar ist. Satz 1 gilt nicht, sofern ein Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung angeordnet hat.

(1) Leistungsberechtigte nach § 1 erhalten Leistungen zur Deckung des Bedarfs an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheitspflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushalts (notwendiger Bedarf). Zusätzlich werden ihnen Leistungen zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens gewährt (notwendiger persönlicher Bedarf).

(2) Bei einer Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen im Sinne von § 44 Absatz 1 des Asylgesetzes wird der notwendige Bedarf durch Sachleistungen gedeckt. Kann Kleidung nicht geleistet werden, so kann sie in Form von Wertgutscheinen oder anderen vergleichbaren unbaren Abrechnungen gewährt werden. Gebrauchsgüter des Haushalts können leihweise zur Verfügung gestellt werden. Der notwendige persönliche Bedarf soll durch Sachleistungen gedeckt werden, soweit dies mit vertretbarem Verwaltungsaufwand möglich ist. Sind Sachleistungen für den notwendigen persönlichen Bedarf nicht mit vertretbarem Verwaltungsaufwand möglich, können auch Leistungen in Form von Wertgutscheinen, von anderen vergleichbaren unbaren Abrechnungen oder von Geldleistungen gewährt werden.

(3) Bei einer Unterbringung außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen im Sinne des § 44 Absatz 1 des Asylgesetzes sind vorbehaltlich des Satzes 3 vorrangig Geldleistungen zur Deckung des notwendigen Bedarfs zu gewähren. Anstelle der Geldleistungen können, soweit es nach den Umständen erforderlich ist, zur Deckung des notwendigen Bedarfs Leistungen in Form von unbaren Abrechnungen, von Wertgutscheinen oder von Sachleistungen gewährt werden. Der Bedarf für Unterkunft, Heizung und Hausrat sowie für Wohnungsinstandhaltung und Haushaltsenergie wird, soweit notwendig und angemessen, gesondert als Geld- oder Sachleistung erbracht. Absatz 2 Satz 3 ist entsprechend anzuwenden. Der notwendige persönliche Bedarf ist vorbehaltlich des Satzes 6 durch Geldleistungen zu decken. In Gemeinschaftsunterkünften im Sinne von § 53 des Asylgesetzes kann der notwendige persönliche Bedarf soweit wie möglich auch durch Sachleistungen gedeckt werden.

(4) Bedarfe für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen neben den Leistungen nach den Absätzen 1 bis 3 entsprechend den §§ 34, 34a und 34b des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gesondert berücksichtigt. Die Regelung des § 141 Absatz 5 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.

(5) Leistungen in Geld oder Geldeswert sollen der oder dem Leistungsberechtigten oder einem volljährigen berechtigten Mitglied des Haushalts persönlich ausgehändigt werden. Stehen die Leistungen nicht für einen vollen Monat zu, wird die Leistung anteilig erbracht; dabei wird der Monat mit 30 Tagen berechnet. Geldleistungen dürfen längstens einen Monat im Voraus erbracht werden. Von Satz 3 kann nicht durch Landesrecht abgewichen werden.

(6) (weggefallen)

(1) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 5, für die ein Ausreisetermin und eine Ausreisemöglichkeit feststehen, haben ab dem auf den Ausreisetermin folgenden Tag keinen Anspruch auf Leistungen nach den §§ 2, 3 und 6, es sei denn, die Ausreise konnte aus Gründen, die sie nicht zu vertreten haben, nicht durchgeführt werden. Ihnen werden bis zu ihrer Ausreise oder der Durchführung ihrer Abschiebung nur noch Leistungen zur Deckung ihres Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege gewährt. Nur soweit im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, können ihnen auch andere Leistungen im Sinne von § 3 Absatz 1 Satz 1 gewährt werden. Die Leistungen sollen als Sachleistungen erbracht werden.

(2) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5 und Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 6, soweit es sich um Familienangehörige der in § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5 genannten Personen handelt, die sich in den Geltungsbereich dieses Gesetzes begeben haben, um Leistungen nach diesem Gesetz zu erlangen, erhalten nur Leistungen entsprechend Absatz 1.

(3) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5, bei denen aus von ihnen selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können, erhalten ab dem auf die Vollziehbarkeit einer Abschiebungsandrohung oder Vollziehbarkeit einer Abschiebungsanordnung folgenden Tag nur Leistungen entsprechend Absatz 1. Können bei nach § 1 Absatz 1 Nummer 6 leistungsberechtigten Ehegatten, Lebenspartnern oder minderjährigen Kindern von Leistungsberechtigten nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 oder 5 aus von ihnen selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden, so gilt Satz 1 entsprechend.

(4) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, 1a oder 5, für die in Abweichung von der Regelzuständigkeit nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31) nach einer Verteilung durch die Europäische Union ein anderer Mitgliedstaat oder ein am Verteilmechanismus teilnehmender Drittstaat, der die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 anwendet, zuständig ist, erhalten ebenfalls nur Leistungen entsprechend Absatz 1. Satz 1 gilt entsprechend für Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 oder 1a, denen bereits von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder von einem am Verteilmechanismus teilnehmenden Drittstaat im Sinne von Satz 1

1.
internationaler Schutz oder
2.
aus anderen Gründen ein Aufenthaltsrecht gewährt worden ist,
wenn der internationale Schutz oder das aus anderen Gründen gewährte Aufenthaltsrecht fortbesteht. Satz 2 Nummer 2 gilt für Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 5 entsprechend.

(5) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, 1a oder 7 erhalten nur Leistungen entsprechend Absatz 1, wenn

1.
sie ihrer Pflicht nach § 13 Absatz 3 Satz 3 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
2.
sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 4 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
3.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge festgestellt hat, dass sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 5 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
4.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge festgestellt hat, dass sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 6 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
5.
sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 7 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
6.
sie den gewährten Termin zur förmlichen Antragstellung bei der zuständigen Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge oder dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht wahrgenommen haben oder
7.
sie den Tatbestand nach § 30 Absatz 3 Nummer 2 zweite Alternative des Asylgesetzes verwirklichen, indem sie Angaben über ihre Identität oder Staatsangehörigkeit verweigern,
es sei denn, sie haben die Verletzung der Mitwirkungspflichten oder die Nichtwahrnehmung des Termins nicht zu vertreten oder ihnen war die Einhaltung der Mitwirkungspflichten oder die Wahrnehmung des Termins aus wichtigen Gründen nicht möglich. Die Anspruchseinschränkung nach Satz 1 endet, sobald sie die fehlende Mitwirkungshandlung erbracht oder den Termin zur förmlichen Antragstellung wahrgenommen haben.

(6) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1, die nach Vollendung des 18. Lebensjahres vorsätzlich oder grob fahrlässig Vermögen, das gemäß § 7 Absatz 1 und 5 vor Eintritt von Leistungen nach diesem Gesetz aufzubrauchen ist,

1.
entgegen § 9 Absatz 3 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 60 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch nicht angeben oder
2.
entgegen § 9 Absatz 3 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 60 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch nicht unverzüglich mitteilen
und deshalb zu Unrecht Leistungen nach diesem Gesetz beziehen, haben nur Anspruch auf Leistungen entsprechend Absatz 1.

(7) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 oder 5, deren Asylantrag durch eine Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 31 Absatz 6 des Asylgesetzes als unzulässig abgelehnt wurde und für die eine Abschiebung nach § 34a Absatz 1 Satz 1 zweite Alternative des Asylgesetzes angeordnet wurde, erhalten nur Leistungen entsprechend Absatz 1, auch wenn die Entscheidung noch nicht unanfechtbar ist. Satz 1 gilt nicht, sofern ein Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung angeordnet hat.

(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

(1) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 5, für die ein Ausreisetermin und eine Ausreisemöglichkeit feststehen, haben ab dem auf den Ausreisetermin folgenden Tag keinen Anspruch auf Leistungen nach den §§ 2, 3 und 6, es sei denn, die Ausreise konnte aus Gründen, die sie nicht zu vertreten haben, nicht durchgeführt werden. Ihnen werden bis zu ihrer Ausreise oder der Durchführung ihrer Abschiebung nur noch Leistungen zur Deckung ihres Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege gewährt. Nur soweit im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, können ihnen auch andere Leistungen im Sinne von § 3 Absatz 1 Satz 1 gewährt werden. Die Leistungen sollen als Sachleistungen erbracht werden.

(2) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5 und Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 6, soweit es sich um Familienangehörige der in § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5 genannten Personen handelt, die sich in den Geltungsbereich dieses Gesetzes begeben haben, um Leistungen nach diesem Gesetz zu erlangen, erhalten nur Leistungen entsprechend Absatz 1.

(3) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5, bei denen aus von ihnen selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können, erhalten ab dem auf die Vollziehbarkeit einer Abschiebungsandrohung oder Vollziehbarkeit einer Abschiebungsanordnung folgenden Tag nur Leistungen entsprechend Absatz 1. Können bei nach § 1 Absatz 1 Nummer 6 leistungsberechtigten Ehegatten, Lebenspartnern oder minderjährigen Kindern von Leistungsberechtigten nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 oder 5 aus von ihnen selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden, so gilt Satz 1 entsprechend.

(4) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, 1a oder 5, für die in Abweichung von der Regelzuständigkeit nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31) nach einer Verteilung durch die Europäische Union ein anderer Mitgliedstaat oder ein am Verteilmechanismus teilnehmender Drittstaat, der die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 anwendet, zuständig ist, erhalten ebenfalls nur Leistungen entsprechend Absatz 1. Satz 1 gilt entsprechend für Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 oder 1a, denen bereits von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder von einem am Verteilmechanismus teilnehmenden Drittstaat im Sinne von Satz 1

1.
internationaler Schutz oder
2.
aus anderen Gründen ein Aufenthaltsrecht gewährt worden ist,
wenn der internationale Schutz oder das aus anderen Gründen gewährte Aufenthaltsrecht fortbesteht. Satz 2 Nummer 2 gilt für Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 5 entsprechend.

(5) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, 1a oder 7 erhalten nur Leistungen entsprechend Absatz 1, wenn

1.
sie ihrer Pflicht nach § 13 Absatz 3 Satz 3 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
2.
sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 4 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
3.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge festgestellt hat, dass sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 5 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
4.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge festgestellt hat, dass sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 6 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
5.
sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 7 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
6.
sie den gewährten Termin zur förmlichen Antragstellung bei der zuständigen Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge oder dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht wahrgenommen haben oder
7.
sie den Tatbestand nach § 30 Absatz 3 Nummer 2 zweite Alternative des Asylgesetzes verwirklichen, indem sie Angaben über ihre Identität oder Staatsangehörigkeit verweigern,
es sei denn, sie haben die Verletzung der Mitwirkungspflichten oder die Nichtwahrnehmung des Termins nicht zu vertreten oder ihnen war die Einhaltung der Mitwirkungspflichten oder die Wahrnehmung des Termins aus wichtigen Gründen nicht möglich. Die Anspruchseinschränkung nach Satz 1 endet, sobald sie die fehlende Mitwirkungshandlung erbracht oder den Termin zur förmlichen Antragstellung wahrgenommen haben.

(6) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1, die nach Vollendung des 18. Lebensjahres vorsätzlich oder grob fahrlässig Vermögen, das gemäß § 7 Absatz 1 und 5 vor Eintritt von Leistungen nach diesem Gesetz aufzubrauchen ist,

1.
entgegen § 9 Absatz 3 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 60 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch nicht angeben oder
2.
entgegen § 9 Absatz 3 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 60 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch nicht unverzüglich mitteilen
und deshalb zu Unrecht Leistungen nach diesem Gesetz beziehen, haben nur Anspruch auf Leistungen entsprechend Absatz 1.

(7) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 oder 5, deren Asylantrag durch eine Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 31 Absatz 6 des Asylgesetzes als unzulässig abgelehnt wurde und für die eine Abschiebung nach § 34a Absatz 1 Satz 1 zweite Alternative des Asylgesetzes angeordnet wurde, erhalten nur Leistungen entsprechend Absatz 1, auch wenn die Entscheidung noch nicht unanfechtbar ist. Satz 1 gilt nicht, sofern ein Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung angeordnet hat.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung.

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt

1.
bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten,
2.
in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts und der Bundesagentur für Arbeit bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung entziehen oder herabsetzen,
3.
für die Anfechtungsklage in Angelegenheiten der Sozialversicherung bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung herabsetzen oder entziehen,
4.
in anderen durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen,
5.
in Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten ist und die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung mit schriftlicher Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung anordnet.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 kann die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder die über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 soll die Aussetzung der Vollziehung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 ist in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts die nächsthöhere Behörde zuständig, es sei denn, diese ist eine oberste Bundes- oder eine oberste Landesbehörde. Die Entscheidung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Die Stelle kann die Entscheidung jederzeit ändern oder aufheben.

(4) Die aufschiebende Wirkung entfällt, wenn eine Erlaubnis nach Artikel 1 § 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1995 (BGBl. I S. 158), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 23. Juli 2001 (BGBl. I S. 1852) geändert worden ist, aufgehoben oder nicht verlängert wird. Absatz 3 gilt entsprechend.

(1) Im Rahmen von Leistungen nach diesem Gesetz ist auf die Leistungen bestehender Rückführungs- und Weiterwanderungsprogramme, die Leistungsberechtigten gewährt werden können, hinzuweisen; in geeigneten Fällen ist auf eine Inanspruchnahme solcher Programme hinzuwirken.

(2) Leistungsberechtigten darf in den Teilen der Bundesrepublik Deutschland, in denen sie sich einer asyl- oder ausländerrechtlichen räumlichen Beschränkung zuwider aufhalten, von der für den tatsächlichen Aufenthaltsort zuständigen Behörde regelmäßig nur eine Reisebeihilfe zur Deckung des unabweisbaren Bedarfs für die Reise zu ihrem rechtmäßigen Aufenthaltsort gewährt werden. Leistungsberechtigten darf in den Teilen der Bundesrepublik Deutschland, in denen sie entgegen einer Wohnsitzauflage ihren gewöhnlichen Aufenthalt nehmen, von der für den tatsächlichen Aufenthaltsort zuständigen Behörde regelmäßig nur eine Reisebeihilfe zur Deckung des unabweisbaren Bedarfs für die Reise zu dem Ort gewährt werden, an dem sie entsprechend der Wohnsitzauflage ihren gewöhnlichen Aufenthalt zu nehmen haben. Die Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 können als Sach- oder Geldleistung erbracht werden.

(2a) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1a erhalten bis zur Ausstellung eines Ankunftsnachweises nach § 63a des Asylgesetzes nur Leistungen entsprechend § 1a Absatz 1. An die Stelle der Leistungen nach Satz 1 treten die Leistungen nach den §§ 3 bis 6, auch wenn dem Leistungsberechtigten ein Ankunftsnachweis nach § 63a Absatz 1 Satz 1 des Asylgesetzes noch nicht ausgestellt wurde, sofern

1.
die in § 63a des Asylgesetzes vorausgesetzte erkennungsdienstliche Behandlung erfolgt ist,
2.
der Leistungsberechtigte von der Aufnahmeeinrichtung, auf die er verteilt worden ist, aufgenommen worden ist, und
3.
der Leistungsberechtigte die fehlende Ausstellung des Ankunftsnachweises nicht zu vertreten hat.
Der Leistungsberechtigte hat die fehlende Ausstellung des Ankunftsnachweises insbesondere dann nicht zu vertreten, wenn in der für die Ausstellung seines Ankunftsnachweises zuständigen Stelle die technischen Voraussetzungen für die Ausstellung von Ankunftsnachweisen noch nicht vorliegen. Der Leistungsberechtigte hat die fehlende Ausstellung des Ankunftsnachweises zu vertreten, wenn er seine Mitwirkungspflichten nach § 15 Absatz 2 Nummer 1, 3, 4, 5 oder 7 des Asylgesetzes verletzt hat. Die Sätze 1 bis 4 gelten auch
1.
für Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 5, die aus einem sicheren Drittstaat (§ 26a des Asylgesetzes) unerlaubt eingereist sind und als Asylsuchende nach den Vorschriften des Asylgesetzes oder des Aufenthaltsgesetzes erkennungsdienstlich zu behandeln sind, und
2.
für Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 7, die einer Wohnverpflichtung nach § 71 Absatz 2 Satz 2 oder § 71a Absatz 2 Satz 1 des Asylgesetzes in Verbindung mit den §§ 47 bis 50 des Asylgesetzes unterliegen.

(3) Die zuständige Behörde überprüft die Personen, die Leistungen nach diesem Gesetz beziehen, auf Übereinstimmung der ihr vorliegenden Daten mit den der Ausländerbehörde über diese Personen vorliegenden Daten. Sie darf für die Überprüfung nach Satz 1 Name, Vorname (Rufname), Geburtsdatum, Geburtsort, Staatsangehörigkeiten, Geschlecht, Familienstand, Anschrift, Aufenthaltsstatus und Aufenthaltszeiten dieser Personen sowie die für diese Personen eingegangenen Verpflichtungen nach § 68 des Aufenthaltsgesetzes der zuständigen Ausländerbehörde übermitteln. Die Ausländerbehörde führt den Abgleich mit den nach Satz 2 übermittelten Daten durch und übermittelt der zuständigen Behörde die Ergebnisse des Abgleichs. Die Ausländerbehörde übermittelt der zuständigen Behörde ferner Änderungen der in Satz 2 genannten Daten. Die Überprüfungen können auch regelmäßig im Wege des automatisierten Datenabgleichs durchgeführt werden.

(3a) Soweit nach einem Datenabruf aus dem Ausländerzentralregister Zweifel an der Identität einer Person, die Leistungen nach diesem Gesetz als Leistungsberechtigter nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, 2, 4, 5 oder 7 beantragt oder bezieht, fortbestehen, erhebt die zuständige Behörde zur weiteren Überprüfung der Identität Fingerabdrücke der Person und nimmt eine Überprüfung der Identität mittels der Fingerabdruckdaten durch Abfrage des Ausländerzentralregisters vor. Die Befugnis nach Satz 1 setzt keinen vorherigen Datenabgleich mit der Ausländerbehörde nach Absatz 3 voraus. Von den Regelungen des Verwaltungsverfahrens in den Sätzen 1 und 2 kann durch Landesrecht nicht abgewichen werden.

(3b) Die Verarbeitung der Identifikationsnummer nach dem Identifikationsnummerngesetz durch die zuständige Behörde ist zum Zwecke der Erbringung von Verwaltungsleistungen nach dem Onlinezugangsgesetz zulässig.

(4) Keine aufschiebende Wirkung haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, mit dem

1.
eine Leistung nach diesem Gesetz ganz oder teilweise entzogen oder die Leistungsbewilligung aufgehoben wird oder
2.
eine Einschränkung des Leistungsanspruchs nach § 1a oder § 11 Absatz 2a festgestellt wird.

(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich aller Beweismittel bedienen, auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden.

(2) Eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, ist unstatthaft.

(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Leistungsberechtigt nach diesem Gesetz sind Ausländer, die sich tatsächlich im Bundesgebiet aufhalten und die

1.
eine Aufenthaltsgestattung nach dem Asylgesetz besitzen,
1a.
ein Asylgesuch geäußert haben und nicht die in den Nummern 1, 2 bis 5 und 7 genannten Voraussetzungen erfüllen,
2.
über einen Flughafen einreisen wollen und denen die Einreise nicht oder noch nicht gestattet ist,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzen
a)
wegen des Krieges in ihrem Heimatland nach § 23 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes,
b)
nach § 25 Absatz 4 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder
c)
nach § 25 Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes, sofern die Entscheidung über die Aussetzung ihrer Abschiebung noch nicht 18 Monate zurückliegt,
4.
eine Duldung nach § 60a des Aufenthaltsgesetzes besitzen,
5.
vollziehbar ausreisepflichtig sind, auch wenn eine Abschiebungsandrohung noch nicht oder nicht mehr vollziehbar ist,
6.
Ehegatten, Lebenspartner oder minderjährige Kinder der in den Nummern 1 bis 5 genannten Personen sind, ohne daß sie selbst die dort genannten Voraussetzungen erfüllen,
7.
einen Folgeantrag nach § 71 des Asylgesetzes oder einen Zweitantrag nach § 71a des Asylgesetzes stellen oder
8.
a)
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes besitzen, die ihnen nach dem 24. Februar 2022 und vor dem 1. Juni 2022 erteilt wurde, oder
b)
eine entsprechende Fiktionsbescheinigung nach § 81 Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 3 oder Absatz 4 des Aufenthaltsgesetzes besitzen, die nach dem 24. Februar 2022 und vor dem 1. Juni 2022 ausgestellt wurde,
und bei denen weder eine erkennungsdienstliche Behandlung nach § 49 des Aufenthaltsgesetzes oder nach § 16 des Asylgesetzes durchgeführt worden ist, noch deren Daten nach § 3 Absatz 1 des AZR-Gesetzes gespeichert wurden; das Erfordernis einer erkennungsdienstlichen Behandlung gilt nicht, soweit eine erkennungsdienstliche Behandlung nach § 49 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorgesehen ist.

(2) Die in Absatz 1 bezeichneten Ausländer sind für die Zeit, für die ihnen ein anderer Aufenthaltstitel als die in Absatz 1 Nr. 3 bezeichnete Aufenthaltserlaubnis mit einer Gesamtgeltungsdauer von mehr als sechs Monaten erteilt worden ist, nicht nach diesem Gesetz leistungsberechtigt.

(3) Die Leistungsberechtigung endet mit der Ausreise oder mit Ablauf des Monats, in dem die Leistungsvoraussetzung entfällt. Für minderjährige Kinder, die eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes besitzen und die mit ihren Eltern in einer Haushaltsgemeinschaft leben, endet die Leistungsberechtigung auch dann, wenn die Leistungsberechtigung eines Elternteils, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes besitzt, entfallen ist.

(3a) Sofern kein Fall des Absatzes 1 Nummer 8 vorliegt, sind Leistungen nach diesem Gesetz mit Ablauf des Monats ausgeschlossen, in dem Leistungsberechtigten, die gemäß § 49 des Aufenthaltsgesetzes erkennungsdienstlich behandelt worden sind und eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes beantragt haben, eine entsprechende Fiktionsbescheinigung nach § 81 Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 3 oder Absatz 4 des Aufenthaltsgesetzes ausgestellt worden ist. Der Ausschluss nach Satz 1 gilt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde über den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 24 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes. Das Erfordernis einer erkennungsdienstlichen Behandlung in den Sätzen 1 und 2 gilt nicht, soweit eine erkennungsdienstliche Behandlung nach § 49 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorgesehen ist.

(4) Leistungsberechtigte nach Absatz 1 Nummer 5, denen bereits von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder von einem am Verteilmechanismus teilnehmenden Drittstaat im Sinne von § 1a Absatz 4 Satz 1 internationaler Schutz gewährt worden ist, haben keinen Anspruch auf Leistungen nach diesem Gesetz, wenn der internationale Schutz fortbesteht. Hilfebedürftigen Ausländern, die Satz 1 unterfallen, werden bis zur Ausreise, längstens jedoch für einen Zeitraum von zwei Wochen, einmalig innerhalb von zwei Jahren nur eingeschränkte Hilfen gewährt, um den Zeitraum bis zur Ausreise zu überbrücken (Überbrückungsleistungen); die Zweijahresfrist beginnt mit dem Erhalt der Überbrückungsleistungen nach Satz 2. Hierüber und über die Möglichkeit der Leistungen nach Satz 6 sind die Leistungsberechtigten zu unterrichten. Die Überbrückungsleistungen umfassen die Leistungen nach § 1a Absatz 1 und nach § 4 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2. Sie sollen als Sachleistung erbracht werden. Soweit dies im Einzelfall besondere Umstände erfordern, werden Leistungsberechtigten nach Satz 2 zur Überwindung einer besonderen Härte andere Leistungen nach den §§ 3, 4 und 6 gewährt; ebenso sind Leistungen über einen Zeitraum von zwei Wochen hinaus zu erbringen, soweit dies im Einzelfall auf Grund besonderer Umstände zur Überwindung einer besonderen Härte und zur Deckung einer zeitlich befristeten Bedarfslage geboten ist. Neben den Überbrückungsleistungen werden auf Antrag auch die angemessenen Kosten der Rückreise übernommen. Satz 7 gilt entsprechend, soweit die Personen allein durch die angemessenen Kosten der Rückreise die in Satz 4 genannten Bedarfe nicht aus eigenen Mitteln oder mit Hilfe Dritter decken können. Die Leistung ist als Darlehen zu erbringen.

(1) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 5, für die ein Ausreisetermin und eine Ausreisemöglichkeit feststehen, haben ab dem auf den Ausreisetermin folgenden Tag keinen Anspruch auf Leistungen nach den §§ 2, 3 und 6, es sei denn, die Ausreise konnte aus Gründen, die sie nicht zu vertreten haben, nicht durchgeführt werden. Ihnen werden bis zu ihrer Ausreise oder der Durchführung ihrer Abschiebung nur noch Leistungen zur Deckung ihres Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege gewährt. Nur soweit im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, können ihnen auch andere Leistungen im Sinne von § 3 Absatz 1 Satz 1 gewährt werden. Die Leistungen sollen als Sachleistungen erbracht werden.

(2) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5 und Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 6, soweit es sich um Familienangehörige der in § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5 genannten Personen handelt, die sich in den Geltungsbereich dieses Gesetzes begeben haben, um Leistungen nach diesem Gesetz zu erlangen, erhalten nur Leistungen entsprechend Absatz 1.

(3) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5, bei denen aus von ihnen selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können, erhalten ab dem auf die Vollziehbarkeit einer Abschiebungsandrohung oder Vollziehbarkeit einer Abschiebungsanordnung folgenden Tag nur Leistungen entsprechend Absatz 1. Können bei nach § 1 Absatz 1 Nummer 6 leistungsberechtigten Ehegatten, Lebenspartnern oder minderjährigen Kindern von Leistungsberechtigten nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 oder 5 aus von ihnen selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden, so gilt Satz 1 entsprechend.

(4) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, 1a oder 5, für die in Abweichung von der Regelzuständigkeit nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31) nach einer Verteilung durch die Europäische Union ein anderer Mitgliedstaat oder ein am Verteilmechanismus teilnehmender Drittstaat, der die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 anwendet, zuständig ist, erhalten ebenfalls nur Leistungen entsprechend Absatz 1. Satz 1 gilt entsprechend für Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 oder 1a, denen bereits von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder von einem am Verteilmechanismus teilnehmenden Drittstaat im Sinne von Satz 1

1.
internationaler Schutz oder
2.
aus anderen Gründen ein Aufenthaltsrecht gewährt worden ist,
wenn der internationale Schutz oder das aus anderen Gründen gewährte Aufenthaltsrecht fortbesteht. Satz 2 Nummer 2 gilt für Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 5 entsprechend.

(5) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, 1a oder 7 erhalten nur Leistungen entsprechend Absatz 1, wenn

1.
sie ihrer Pflicht nach § 13 Absatz 3 Satz 3 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
2.
sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 4 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
3.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge festgestellt hat, dass sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 5 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
4.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge festgestellt hat, dass sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 6 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
5.
sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 7 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
6.
sie den gewährten Termin zur förmlichen Antragstellung bei der zuständigen Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge oder dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht wahrgenommen haben oder
7.
sie den Tatbestand nach § 30 Absatz 3 Nummer 2 zweite Alternative des Asylgesetzes verwirklichen, indem sie Angaben über ihre Identität oder Staatsangehörigkeit verweigern,
es sei denn, sie haben die Verletzung der Mitwirkungspflichten oder die Nichtwahrnehmung des Termins nicht zu vertreten oder ihnen war die Einhaltung der Mitwirkungspflichten oder die Wahrnehmung des Termins aus wichtigen Gründen nicht möglich. Die Anspruchseinschränkung nach Satz 1 endet, sobald sie die fehlende Mitwirkungshandlung erbracht oder den Termin zur förmlichen Antragstellung wahrgenommen haben.

(6) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1, die nach Vollendung des 18. Lebensjahres vorsätzlich oder grob fahrlässig Vermögen, das gemäß § 7 Absatz 1 und 5 vor Eintritt von Leistungen nach diesem Gesetz aufzubrauchen ist,

1.
entgegen § 9 Absatz 3 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 60 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch nicht angeben oder
2.
entgegen § 9 Absatz 3 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 60 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch nicht unverzüglich mitteilen
und deshalb zu Unrecht Leistungen nach diesem Gesetz beziehen, haben nur Anspruch auf Leistungen entsprechend Absatz 1.

(7) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 oder 5, deren Asylantrag durch eine Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 31 Absatz 6 des Asylgesetzes als unzulässig abgelehnt wurde und für die eine Abschiebung nach § 34a Absatz 1 Satz 1 zweite Alternative des Asylgesetzes angeordnet wurde, erhalten nur Leistungen entsprechend Absatz 1, auch wenn die Entscheidung noch nicht unanfechtbar ist. Satz 1 gilt nicht, sofern ein Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung angeordnet hat.

(1) Leistungsberechtigt nach diesem Gesetz sind Ausländer, die sich tatsächlich im Bundesgebiet aufhalten und die

1.
eine Aufenthaltsgestattung nach dem Asylgesetz besitzen,
1a.
ein Asylgesuch geäußert haben und nicht die in den Nummern 1, 2 bis 5 und 7 genannten Voraussetzungen erfüllen,
2.
über einen Flughafen einreisen wollen und denen die Einreise nicht oder noch nicht gestattet ist,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzen
a)
wegen des Krieges in ihrem Heimatland nach § 23 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes,
b)
nach § 25 Absatz 4 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder
c)
nach § 25 Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes, sofern die Entscheidung über die Aussetzung ihrer Abschiebung noch nicht 18 Monate zurückliegt,
4.
eine Duldung nach § 60a des Aufenthaltsgesetzes besitzen,
5.
vollziehbar ausreisepflichtig sind, auch wenn eine Abschiebungsandrohung noch nicht oder nicht mehr vollziehbar ist,
6.
Ehegatten, Lebenspartner oder minderjährige Kinder der in den Nummern 1 bis 5 genannten Personen sind, ohne daß sie selbst die dort genannten Voraussetzungen erfüllen,
7.
einen Folgeantrag nach § 71 des Asylgesetzes oder einen Zweitantrag nach § 71a des Asylgesetzes stellen oder
8.
a)
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes besitzen, die ihnen nach dem 24. Februar 2022 und vor dem 1. Juni 2022 erteilt wurde, oder
b)
eine entsprechende Fiktionsbescheinigung nach § 81 Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 3 oder Absatz 4 des Aufenthaltsgesetzes besitzen, die nach dem 24. Februar 2022 und vor dem 1. Juni 2022 ausgestellt wurde,
und bei denen weder eine erkennungsdienstliche Behandlung nach § 49 des Aufenthaltsgesetzes oder nach § 16 des Asylgesetzes durchgeführt worden ist, noch deren Daten nach § 3 Absatz 1 des AZR-Gesetzes gespeichert wurden; das Erfordernis einer erkennungsdienstlichen Behandlung gilt nicht, soweit eine erkennungsdienstliche Behandlung nach § 49 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorgesehen ist.

(2) Die in Absatz 1 bezeichneten Ausländer sind für die Zeit, für die ihnen ein anderer Aufenthaltstitel als die in Absatz 1 Nr. 3 bezeichnete Aufenthaltserlaubnis mit einer Gesamtgeltungsdauer von mehr als sechs Monaten erteilt worden ist, nicht nach diesem Gesetz leistungsberechtigt.

(3) Die Leistungsberechtigung endet mit der Ausreise oder mit Ablauf des Monats, in dem die Leistungsvoraussetzung entfällt. Für minderjährige Kinder, die eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes besitzen und die mit ihren Eltern in einer Haushaltsgemeinschaft leben, endet die Leistungsberechtigung auch dann, wenn die Leistungsberechtigung eines Elternteils, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes besitzt, entfallen ist.

(3a) Sofern kein Fall des Absatzes 1 Nummer 8 vorliegt, sind Leistungen nach diesem Gesetz mit Ablauf des Monats ausgeschlossen, in dem Leistungsberechtigten, die gemäß § 49 des Aufenthaltsgesetzes erkennungsdienstlich behandelt worden sind und eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes beantragt haben, eine entsprechende Fiktionsbescheinigung nach § 81 Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 3 oder Absatz 4 des Aufenthaltsgesetzes ausgestellt worden ist. Der Ausschluss nach Satz 1 gilt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde über den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 24 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes. Das Erfordernis einer erkennungsdienstlichen Behandlung in den Sätzen 1 und 2 gilt nicht, soweit eine erkennungsdienstliche Behandlung nach § 49 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorgesehen ist.

(4) Leistungsberechtigte nach Absatz 1 Nummer 5, denen bereits von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder von einem am Verteilmechanismus teilnehmenden Drittstaat im Sinne von § 1a Absatz 4 Satz 1 internationaler Schutz gewährt worden ist, haben keinen Anspruch auf Leistungen nach diesem Gesetz, wenn der internationale Schutz fortbesteht. Hilfebedürftigen Ausländern, die Satz 1 unterfallen, werden bis zur Ausreise, längstens jedoch für einen Zeitraum von zwei Wochen, einmalig innerhalb von zwei Jahren nur eingeschränkte Hilfen gewährt, um den Zeitraum bis zur Ausreise zu überbrücken (Überbrückungsleistungen); die Zweijahresfrist beginnt mit dem Erhalt der Überbrückungsleistungen nach Satz 2. Hierüber und über die Möglichkeit der Leistungen nach Satz 6 sind die Leistungsberechtigten zu unterrichten. Die Überbrückungsleistungen umfassen die Leistungen nach § 1a Absatz 1 und nach § 4 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2. Sie sollen als Sachleistung erbracht werden. Soweit dies im Einzelfall besondere Umstände erfordern, werden Leistungsberechtigten nach Satz 2 zur Überwindung einer besonderen Härte andere Leistungen nach den §§ 3, 4 und 6 gewährt; ebenso sind Leistungen über einen Zeitraum von zwei Wochen hinaus zu erbringen, soweit dies im Einzelfall auf Grund besonderer Umstände zur Überwindung einer besonderen Härte und zur Deckung einer zeitlich befristeten Bedarfslage geboten ist. Neben den Überbrückungsleistungen werden auf Antrag auch die angemessenen Kosten der Rückreise übernommen. Satz 7 gilt entsprechend, soweit die Personen allein durch die angemessenen Kosten der Rückreise die in Satz 4 genannten Bedarfe nicht aus eigenen Mitteln oder mit Hilfe Dritter decken können. Die Leistung ist als Darlehen zu erbringen.

(1) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 5, für die ein Ausreisetermin und eine Ausreisemöglichkeit feststehen, haben ab dem auf den Ausreisetermin folgenden Tag keinen Anspruch auf Leistungen nach den §§ 2, 3 und 6, es sei denn, die Ausreise konnte aus Gründen, die sie nicht zu vertreten haben, nicht durchgeführt werden. Ihnen werden bis zu ihrer Ausreise oder der Durchführung ihrer Abschiebung nur noch Leistungen zur Deckung ihres Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege gewährt. Nur soweit im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, können ihnen auch andere Leistungen im Sinne von § 3 Absatz 1 Satz 1 gewährt werden. Die Leistungen sollen als Sachleistungen erbracht werden.

(2) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5 und Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 6, soweit es sich um Familienangehörige der in § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5 genannten Personen handelt, die sich in den Geltungsbereich dieses Gesetzes begeben haben, um Leistungen nach diesem Gesetz zu erlangen, erhalten nur Leistungen entsprechend Absatz 1.

(3) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5, bei denen aus von ihnen selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können, erhalten ab dem auf die Vollziehbarkeit einer Abschiebungsandrohung oder Vollziehbarkeit einer Abschiebungsanordnung folgenden Tag nur Leistungen entsprechend Absatz 1. Können bei nach § 1 Absatz 1 Nummer 6 leistungsberechtigten Ehegatten, Lebenspartnern oder minderjährigen Kindern von Leistungsberechtigten nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 oder 5 aus von ihnen selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden, so gilt Satz 1 entsprechend.

(4) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, 1a oder 5, für die in Abweichung von der Regelzuständigkeit nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31) nach einer Verteilung durch die Europäische Union ein anderer Mitgliedstaat oder ein am Verteilmechanismus teilnehmender Drittstaat, der die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 anwendet, zuständig ist, erhalten ebenfalls nur Leistungen entsprechend Absatz 1. Satz 1 gilt entsprechend für Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 oder 1a, denen bereits von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder von einem am Verteilmechanismus teilnehmenden Drittstaat im Sinne von Satz 1

1.
internationaler Schutz oder
2.
aus anderen Gründen ein Aufenthaltsrecht gewährt worden ist,
wenn der internationale Schutz oder das aus anderen Gründen gewährte Aufenthaltsrecht fortbesteht. Satz 2 Nummer 2 gilt für Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 5 entsprechend.

(5) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, 1a oder 7 erhalten nur Leistungen entsprechend Absatz 1, wenn

1.
sie ihrer Pflicht nach § 13 Absatz 3 Satz 3 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
2.
sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 4 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
3.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge festgestellt hat, dass sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 5 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
4.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge festgestellt hat, dass sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 6 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
5.
sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 7 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
6.
sie den gewährten Termin zur förmlichen Antragstellung bei der zuständigen Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge oder dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht wahrgenommen haben oder
7.
sie den Tatbestand nach § 30 Absatz 3 Nummer 2 zweite Alternative des Asylgesetzes verwirklichen, indem sie Angaben über ihre Identität oder Staatsangehörigkeit verweigern,
es sei denn, sie haben die Verletzung der Mitwirkungspflichten oder die Nichtwahrnehmung des Termins nicht zu vertreten oder ihnen war die Einhaltung der Mitwirkungspflichten oder die Wahrnehmung des Termins aus wichtigen Gründen nicht möglich. Die Anspruchseinschränkung nach Satz 1 endet, sobald sie die fehlende Mitwirkungshandlung erbracht oder den Termin zur förmlichen Antragstellung wahrgenommen haben.

(6) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1, die nach Vollendung des 18. Lebensjahres vorsätzlich oder grob fahrlässig Vermögen, das gemäß § 7 Absatz 1 und 5 vor Eintritt von Leistungen nach diesem Gesetz aufzubrauchen ist,

1.
entgegen § 9 Absatz 3 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 60 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch nicht angeben oder
2.
entgegen § 9 Absatz 3 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 60 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch nicht unverzüglich mitteilen
und deshalb zu Unrecht Leistungen nach diesem Gesetz beziehen, haben nur Anspruch auf Leistungen entsprechend Absatz 1.

(7) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 oder 5, deren Asylantrag durch eine Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 31 Absatz 6 des Asylgesetzes als unzulässig abgelehnt wurde und für die eine Abschiebung nach § 34a Absatz 1 Satz 1 zweite Alternative des Asylgesetzes angeordnet wurde, erhalten nur Leistungen entsprechend Absatz 1, auch wenn die Entscheidung noch nicht unanfechtbar ist. Satz 1 gilt nicht, sofern ein Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung angeordnet hat.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 7. November 2013 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten auch des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Hinterbliebenenleistungen nach dem Tod ihres Ehemanns (Versicherter).

2

Der im Jahre 1943 geborene Versicherte war als Verwaltungsangestellter und Amtsbetreuer auch für eine Vielzahl von Koma-Patienten verantwortlich. Am 7.9.2006 wurde er auf dem Weg von seiner Arbeitsstelle nach Hause von einem herannahenden Motorrad erfasst und schlug mit dem Kopf ohne Helm auf der Bordsteinkante auf. Hierbei zog er sich ua ein schweres Schädelhirntrauma zu und verlor das Bewusstsein. Als Folge des Schädelhirntraumas bestand ein apallisches Syndrom (Wachkoma); willkürliche Reaktionen waren nicht mehr möglich. Der Versicherte war vollständig auf pflegerische Hilfe angewiesen. Die Extremitäten waren tetraplegisch. Wegen einer Dysphagie war der Versicherte seither mit einem Tracheostoma versorgt und wurde künstlich über eine Magensonde ernährt. Er war stuhl- und harninkontinent. Der Versicherte wurde Ende 2006 zur zustandserhaltenden Pflege in ein Wachkomazentrum verlegt und dort stationär pflegerisch, physiotherapeutisch, ergotherapeutisch und logopädisch behandelt; am fortbestehenden Wachkoma änderte sich nichts.

3

Die Klägerin wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Bernau vom 19.3.2007 für alle Angelegenheiten des Versicherten zur Betreuerin bestellt. Die Beklagte erkannte mit Bescheid vom 18.3.2008 das Ereignis vom 7.9.2006 als Arbeitsunfall an. Sie gewährte dem Versicherten eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 100 vH. In der Folgezeit setzte die Beklagte die Verletztenrente wegen des Zusammentreffens mit der Heimunterbringung auf die Hälfte herab (Bescheid vom 1.12.2009 und Widerspruchsbescheid vom 23.9.2010).

4

Das Unfallkrankenhaus B stellte in einem Bericht vom 29.3.2010 ua fest, dass eine positive Veränderung des Gesundheitszustands des Versicherten nicht mehr zu erwarten sei. In der Folgezeit reifte bei der Klägerin der Entschluss, bei dem Versicherten die Versorgung über die Magensonde einzustellen. Die Klägerin und ihre erwachsenen Söhne erstellten am 9.7.2010 einen von ihnen unterschriebenen Vermerk, in dem sie festhielten, dass der Versicherte, bei dem keine Patientenverfügung in schriftlicher Form vorlag, "zu Zeiten vor seinem Unfall wiederholt und ganz klar geäußert hat, niemals nur durch lebensverlängernde Maßnahmen weiterleben zu wollen". Die Klägerin und ihre Söhne hätten deshalb am 4.7.2010 einvernehmlich entschieden "sein Leiden nach fast vier Jahren zu beenden und ihn sterben zu lassen".

5

Die Klägerin durchtrennte nach Absprache mit der Heimleitung am 12.7.2010 die der Ernährung des Versicherten dienende Magensonde. Der Versicherte verstarb am 20.7.2010 an Unterernährung, ohne nach dem Unfall das Bewusstsein wiedererlangt zu haben. Als Todesursache wurde Marasmus infolge Beendigung der Nahrungszufuhr festgestellt. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 26.8.2010 die von der Klägerin beantragte Hinterbliebenenrente und die Gewährung von Sterbegeld ab. Ein rechtlich wesentlicher Ursachenzusammenhang zwischen den anerkannten Unfallfolgen und dem Tod des Versicherten lasse sich nicht feststellen. Der Widerspruch blieb erfolglos (Bescheid vom 23.2.2011).

6

Die Klägerin hat Klage zum SG Berlin erhoben und geltend gemacht, es sei ausgeschlossen gewesen, dass sich der Gesundheitszustand des Versicherten wieder bessern würde. Unter dem Eindruck des zur Straflosigkeit eines Behandlungsabbruchs ergangenen Urteils des BGH vom 25.6.2010 (2 StR 454/09) habe sie sich zusammen mit ihren Söhnen entschlossen, den Versicherten sterben zu lassen.

7

Die Staatsanwaltschaft Berlin hat das strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen die Klägerin mangels hinreichenden Tatverdachts eines Tötungsdelikts mit Verfügung vom 26.11.2012 gemäß § 170 Abs 2 StPO eingestellt.

8

Das SG hat die Bescheide der Beklagten aufgehoben und diese verurteilt, der Klägerin Hinterbliebenenrente und Sterbegeld zu zahlen (Urteil vom 16.1.2012). Das LSG hat durch Urteil vom 7.11.2013 die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe als Witwe des Versicherten einen Anspruch auf Sterbegeld gemäß § 64 Abs 1 SGB VII und auf Witwenrente aus § 65 SGB VII iVm § 63 Abs 1 SGB VII, weil der Tod des Versicherten infolge des Versicherungsfalls eingetreten sei und kein Anspruchsausschluss nach § 101 Abs 1 SGB VII vorliege. Es liege ein Arbeitsunfall gemäß § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII vor, weil der Versicherte "im Wesentlichen" wegen der Folgen des Unfalls vom 7.9.2006 verstorben sei. In dem aufgrund des Unfallereignisses eingetretenen Gesundheitserstschaden, der zunächst zu einem Wachkoma geführt habe, liege eine wesentliche Ursache für den am 20.7.2010 eingetretenen Tod des Versicherten. Der Versicherte habe so schwere Verletzungen davongetragen, dass der Todeseintritt durch die intensivmedizinische Sofortbehandlung und die unmittelbar anschließende, ununterbrochene Intensivpflege letztlich nur aufgeschoben habe werden können. Der Versicherte sei unfallbedingt nicht mehr selbständig lebensfähig gewesen, sondern todgeweiht. Nach Ablauf von fast vier Jahren sei nach Meinung der behandelnden Ärzte eine funktionelle Erholung letztlich ausgeschlossen gewesen. Dementsprechend sei der Tod schließlich allein schon nach dem Unterlassen weiterer künstlicher Ernährung eingetreten. Dieses Unterlassen könne dem Unfall das Gepräge der alles überragenden Ursache für das Versterben des Versicherten nicht nehmen; es ebene dem nach dem Unfall natürlichen Sterbeprozess letztlich nur wieder den Weg. Hiernach könne dahinstehen, ob darin, dass die Klägerin die Magensonde durchtrennt habe, eine (weitere) wesentliche Ursache zu sehen sei, denn die Durchtrennung der Magensonde ändere nichts daran, dass wesentliche Todesursache die beim Unfall zugezogenen Verletzungen gewesen seien.

9

Der Anspruch sei auch nicht nach § 101 Abs 1 SGB VII ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift haben Personen, welche den Tod von Versicherten vorsätzlich herbeigeführt haben, keinen Anspruch auf Leistungen. Die Vorschrift regele einen Sonderfall der Verwirkung, nach der ein von der Rechtsordnung missbilligtes Verhalten nicht durch eine Entschädigung aus der Sozialversicherung "belohnt" werden solle. Der Ausschluss setze mithin nicht nur strafrechtliche Vorwerfbarkeit voraus, sondern greife seinem Sinn und Zweck nach selbst dann nicht, wenn eine Tötung auf Verlangen iS von § 216 StGB vorliege. Strafrechtlich nicht sanktionierte Sterbehilfe für einen Schwerstverletzten durch Behandlungsabbruch mit seinem tatsächlichen oder mutmaßlichen Willen, die den Tod als mittelbare Unfallfolge herbeiführe, schließe daher Ansprüche nicht aus. Bei der von der Klägerin am Versicherten vorgenommenen Sterbehilfe sei kein von der Rechtsordnung missbilligtes Verhalten zu erkennen, welches nach dem Sinn und Zweck des § 101 SGB VII Hinterbliebenenansprüche ausschließen könne. Es liege kein strafbewehrtes Tötungsdelikt vor. Die Staatsanwaltschaft Berlin habe das strafrechtliche Ermittlungsverfahren wegen eines Tötungsdelikts mangels hinreichenden Tatverdachts im Hinblick auf das Urteil des BGH vom 25.6.2010 - 2 StR 454/09 - nachvollziehbar eingestellt. Hiernach sei Sterbehilfe durch Unterlassen, Begrenzen oder Beenden einer begonnenen medizinischen Behandlung (Behandlungsabbruch) gerechtfertigt, wenn dies dem tatsächlichen oder mutmaßlichen Patientenwillen entspreche (vgl §§ 1901a ff BGB)und dazu diene, einem ohne Behandlung zum Tode führenden Krankheitsprozess seinen Lauf zu lassen. Ebenso wie die Staatsanwaltschaft Berlin habe der Senat keine durchgreifenden Zweifel daran, dass der Behandlungsabbruch dem mutmaßlichen Willen des Versicherten entsprochen habe. Nach der von der Klägerin und den gemeinsamen drei erwachsenen Söhnen unterschriebenen Erklärung habe der Versicherte keine bloß lebensverlängernden Maßnahmen über sich ergehen lassen wollen. Dass er sich zu Lebzeiten gegenüber seinen Angehörigen in diesem Sinne geäußert habe, erscheine angesichts seiner beruflichen Tätigkeit als Betreuer für Koma-Patienten ohne weiteres nachvollziehbar. Die Klägerin habe sich zu einem derart behaupteten Patientenwillen auch nicht selbst in Widerspruch gesetzt, indem sie noch kurz vor dem Tod des Versicherten der Durchführung einer Blasen- und einer Zahnoperation zugestimmt, auf der Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit der zwischenzeitlich nicht mehr durchlässigen Magensonde bestanden und ferner auf die weitere Durchführung von Ergotherapie und Logopädie Wert gelegt habe. Hierzu habe die Klägerin plausibel ausgeführt, dass sie, als diese Behandlungsmaßnahmen notwendig geworden seien, schnell auf den Behandlungsbedarf habe reagieren müssen und nicht unter dem Eindruck dieses Behandlungsbedarfs über eine etwaige Sterbehilfe habe entscheiden wollen. Dass der Entschluss zur Sterbehilfe letztlich erst durch das Urteil des BGH vom 25.6.2010 befördert worden sei, sei nachvollziehbar. Auch die zweite Voraussetzung einer straffreien Sterbehilfe, dass der Behandlungsabbruch dazu diente, einem ohne Behandlung zum Tode führenden Krankheitsprozess seinen Lauf zu lassen, liege vor.

10

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Revision. Sie rügt insbesondere eine Verletzung des § 101 SGB VII. Anders als in § 101 Abs 2 SGB VII bedürfe es nach dem Wortlaut des § 101 Abs 1 SGB VII keiner Verurteilung wegen eines Verbrechens oder vorsätzlichen Vergehens. § 101 Abs 1 SGB VII setze für den Leistungsausschluss lediglich vorsätzliches Handeln voraus. Das LSG setze sich mit seiner Rechtsprechung insoweit in Widerspruch zu der Rechtsprechung des BSG zu § 105 SGB VI(Hinweis auf BSG vom 17.4.2012 - B 13 R 347/10 B). Die vom LSG hinzugezogene Kommentarliteratur sei in ihrer Argumentation zirkulär, weil sie sich für ihre Rechtsansicht weitgehend auf das erstinstanzliche Urteil des SG Berlin beziehe. Es werde zudem "Aufklärungsrüge" erhoben. Das LSG hätte den "Patientenwillen" des Versicherten im Sinne der Patientenverfügung gemäß § 1901a BGB aufklären und hierzu die Klägerin und deren Söhne persönlich anhören müssen. Des Weiteren hätte sich das LSG gedrängt fühlen müssen, zu den Voraussetzungen des § 1904 Abs 2 und Abs 4 BGB Ermittlungen durchzuführen. Es sei unklar geblieben, ob zwischen den behandelnden Ärzten und der Klägerin Einvernehmen über den Patientenwillen bestanden habe. Wenn ein Einvernehmen bestanden hätte, dann hätte es eines Durchtrennens der Magensonde durch die Klägerin persönlich überhaupt nicht bedurft. Schließlich sei auch der Tod des Versicherten nicht infolge des Arbeitsunfalls eingetreten. Soweit das LSG davon ausgehe, dass der Versicherte infolge des unfallbedingten Wachkomas todgeweiht gewesen sei, widerspreche dies der herrschenden medizinischen Lehrmeinung, weil der Wachkomapatient gerade kein sterbender und damit todgeweihter Patient sei.

11

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 7. November 2013 und des Sozialgerichts Berlin vom 16. Januar 2012 aufzuheben und die Klagen abzuweisen.

12

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

13

Sie beruft sich auf die angefochtenen Entscheidungen. Ergänzend trägt sie vor, sie habe sich bei dem zuständigen Betreuungsgericht um eine Zustimmung zum Behandlungsabbruch bemüht. Dort habe man ihr mitgeteilt, einer Zustimmung des Gerichts bedürfe es nicht. Sie sei sich mit der Heimleitung und den behandelnden Ärzten einig gewesen, dass eine Unterbrechung der Magensonde dem Patientenwillen entspreche.

Entscheidungsgründe

14

Die statthafte und zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Zu Recht hat das LSG entschieden, dass der Klägerin Ansprüche auf Leistungen bei Tod gemäß § 63 Abs 1 SGB VII zustehen. Der Tod des Versicherten am 20.7.2010 ist infolge eines Arbeitsunfalls iS des § 8 Abs 1 SGB VII eingetreten(vgl unter 1.). Leistungen an die Klägerin aus diesem Versicherungsfall sind auch nicht gemäß § 101 Abs 1 SGB VII ausgeschlossen(iE unter 2.).

15

Wie der Senat bereits entschieden hat (vgl BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 26/10 R - UV-Recht Aktuell 2012, 412; vom 12.1.2010 - B 2 U 5/08 R - SozR 4-2700 § 9 Nr 17 RdNr 26 ff), umfasst der von der Klägerin bestimmte Streitgegenstand das Begehren auf Verurteilung der Beklagten zur Zahlung einer Witwenrente und von Sterbegeld unter jedem rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkt. Diesen Anspruch hat die Beklagte mit den Ablehnungsentscheidungen in ihren Bescheiden verneint. Nach § 63 Abs 1 SGB VII ist Voraussetzung eines jeden Hinterbliebenenrechts(§§ 64 bis 71 SGB VII), dass in der Person des Versicherten ein Versicherungsfall eingetreten war und er infolgedessen verstorben ist. Die Frage, ob ein Versicherungsfall vorgelegen hat und welcher es genau war, ist kein selbstständiger Gegenstand des Verwaltungsverfahrens, über den durch Verwaltungsakt entschieden werden dürfte, sondern nur eine Tatbestandsvoraussetzung des streitgegenständlichen Anspruchs. Wird dieser Anspruch durch negativ feststellenden Verwaltungsakt verneint, ist die Äußerung des Trägers, ein Versicherungsfall habe nicht vorgelegen, nur ein unselbstständiges Begründungselement des Verwaltungsakts. Der Hinterbliebene kann sich daher darauf beschränken vorzutragen, beim Versicherten habe ein Versicherungsfall vorgelegen, der dessen Tod herbeigeführt habe. Der Träger muss dann allein darüber entscheiden, ob das vom Hinterbliebenen verfolgte Recht auf Hinterbliebenenleistungen besteht oder nicht besteht.

16

1. Der Tod des Versicherten am 20.7.2010 ist infolge eines Arbeitsunfalls gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII eingetreten. Nach § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb "Versicherter" ist. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität; vgl BSG vom 26.6.2014 - B 2 U 4/13 R und B 2 U 7/13 R -; vom 15.5.2012 - B 2 U 16/11 R - BSGE 111, 52 = SozR 4-2700 § 2 Nr 21, RdNr 10 mwN; vom 24.7.2012 - B 2 U 9/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 44 RdNr 26 f; vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr 46, RdNr 20; vom 18.6.2013 - B 2 U 10/12 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 47 RdNr 12; vom 4.7.2013 - B 2 U 3/13 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 50 RdNr 10 und B 2 U 12/12 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 49 RdNr 14).

17

Der Tod des Versicherten ist rechtlich wesentlich aufgrund des Arbeitsunfalls/Wegeunfalls vom 7.9.2006 eingetreten. An diesem Tag wurde der Ehemann der Klägerin auf dem versicherten Weg von seiner Arbeitsstelle nach Hause (§ 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII) von einem herannahenden Motorrad erfasst (äußeres Ereignis) und schlug mit dem Kopf auf der Bordsteinkante unbehelmt auf, wodurch er sich erhebliche Verletzungen zuzog und seitdem im Koma lag.

18

Der am 20.7.2010 eingetretene Tod des Versicherten hat seine rechtlich wesentliche Ursache in dieser durch den Sturz auf die Bordsteinkante bedingten Einwirkung auf den Körper des Versicherten und den dadurch verursachten Gesundheitsschäden "infolge" der Verrichtung der versicherten Tätigkeit (Heimweg von der Arbeitsstelle).

19

Bei der objektiven Verursachung kommt es darauf an, dass die versicherte Verrichtung für das Unfallereignis und dadurch für den Gesundheitserstschaden oder hier den Tod eine (Wirk-) Ursache war (BSG vom 26.6.2014 - B 2 U 4/13 R; vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr 46, RdNr 31 ff; hierzu auch Ricke, WzS 2013, 241). (Wirk-) Ursachen sind nur solche Bedingungen, die erfahrungsgemäß die infrage stehende Wirkung ihrer Art nach notwendig oder hinreichend herbeiführen. Insoweit ist Ausgangspunkt die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie, nach der schon jeder beliebige Umstand als notwendige Bedingung eines Erfolgs gilt, der nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Ob die versicherte Verrichtung eine Wirkursache in diesem Sinne war, ist eine rein tatsächliche Frage. Sie muss aus der nachträglichen Sicht (ex post) nach dem jeweils neuesten anerkannten Stand des Fach- und Erfahrungswissens über Kausalbeziehungen (ggf unter Einholung von Sachverständigengutachten) beantwortet werden (grundlegend BSG vom 24.7.2012 - B 2 U 9/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 44 RdNr 55 ff; BSG vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr 46, RdNr 31 ff). Steht die versicherte Tätigkeit als eine der (Wirk-) Ursachen fest, muss sich auf der zweiten Stufe die Einwirkung rechtlich unter Würdigung auch aller weiteren auf der ersten Stufe festgestellten mitwirkenden unversicherten Ursachen als Realisierung einer in den Schutzbereich des jeweils erfüllten Versicherungstatbestands fallenden Gefahr darstellen. Bei dieser reinen Rechtsfrage nach der "Wesentlichkeit" der versicherten Verrichtung für den Erfolg der Einwirkung muss entschieden werden, ob sich durch das versicherte Handeln ein Risiko verwirklicht hat, gegen das der jeweils erfüllte Versicherungstatbestand gerade Schutz gewähren soll (BSG vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr 46, RdNr 37).

20

Hier trat zu dem Unfallereignis als weitere (Wirk-) Ursache des Todes der Behandlungsabbruch durch die Durchtrennung der Magensonde hinzu, der auf dem rechtlich geschützten Willen des Versicherten beruhte, keinen lebensverlängernden Maßnahmen ausgesetzt zu sein. Die Klägerin war durch Beschluss des Amtsgerichts Bernau vom 19.3.2007 zur Betreuerin des Versicherten bestellt worden. Dementsprechend war die Klägerin gemäß § 1901a Abs 1 Satz 2 BGB als Betreuerin verpflichtet, dem Willen des Betreuten in der medizinischen Behandlungssituation Ausdruck und Geltung zu verschaffen. Das LSG hat hierzu für den Senat bindend (§ 163 SGG) festgestellt, dass der Behandlungsabbruch bzw die Durchtrennung der Magensonde dem mutmaßlichen Willen des Versicherten entsprach. Nach § 1901a Abs 2 Satz 1 BGB hat der Betreuer den mutmaßlichen Willen des Patienten zu ermitteln, wenn - wie im vorliegenden Fall - keine Patientenverfügung vorlag. Das LSG hat seinerseits im Einzelnen Feststellungen dazu getroffen, dass und warum die Klägerin und ihre erwachsenen Söhne den mutmaßlichen Willen des Versicherten zutreffend wiedergegeben haben. Soweit die Beklagte hiergegen Verfahrensrügen erhebt, greifen diese nicht durch. Die Beklagte macht insbesondere geltend, die Klägerin und ihre Söhne hätten vom LSG als Zeugen gehört werden bzw das LSG habe sich selbst einen persönlichen Eindruck von der Klägerin verschaffen müssen. Eine ordnungsgemäße Verfahrensrüge setzt die Bezeichnung der Tatsachen voraus, die den behaupteten Mangel ergeben (§ 164 Abs 2 Satz 3 SGG) und aus denen die Möglichkeit folgt, dass das Gericht ohne die geltend gemachte Verfahrensverletzung anders entschieden hätte. Das Revisionsgericht muss in die Lage versetzt werden, sich allein anhand der Revisionsbegründung ein Urteil darüber zu bilden, ob die angegriffene Entscheidung auf einem Verfahrensmangel beruhen kann (BSG vom 15.9.2011 - B 2 U 22/10 R - UV-Recht Aktuell 2012, 42, Juris RdNr 20 ff; BSG vom 23.8.2007 - B 4 RS 3/06 R - SozR 4-8570 § 1 Nr 16 RdNr 31). Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung nicht gerecht. Sie hätte insoweit aufzeigen müssen, dass sich das LSG von seinem sachlich-rechtlichen Standpunkt aus zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen. Dabei ist darzulegen, inwiefern nach den dem LSG vorliegenden Beweismitteln Fragen zum tatsächlichen Sachverhalt aus seiner rechtlichen Sicht erkennbar offengeblieben sind und damit zu einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts zwingende Veranlassung bestanden hat und die so zu ermittelnden Tatsachen nach der Rechtsauffassung des LSG entscheidungserheblich sind. Außerdem ist anzugeben, wann und in welcher Form die zu ermittelnden Tatsachen in der Berufungsinstanz vorgebracht wurden (BSG vom 11.12.2008 - B 9 VS 1/08 R - BSGE 102, 149 = SozR 4-1100 Art 85 Nr 1, Juris RdNr 69 f).

21

(Wirk-) Ursachen für den Tod des Versicherten waren mithin der Unfall vom 7.9.2006 und die dabei erlittenen schwersten Verletzungen sowie das Durchtrennen der Magensonde aufgrund des rechtlich geschützten Willens des Verstorbenen, im Wachkoma keinen weiteren Behandlungsmaßnahmen ausgesetzt zu sein, den die Klägerin gemäß § 1901a Abs 1 Satz 2 BGB gehalten war, umzusetzen. Die reine Rechtsfrage nach der "Wesentlichkeit" der versicherten Verrichtung für den Erfolg ist hier - wie in jedem anderen Falle - danach zu entscheiden, ob sich durch das versicherte Handeln ein Risiko verwirklicht hat, gegen das der jeweils erfüllte Versicherungstatbestand gerade Schutz gewähren soll (BSG vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr 46, RdNr 37). Der Senat geht hier davon aus, dass die rechtlich wesentliche Ursache für den Tod des Versicherten in dem Zurücklegen des nach § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII versicherten Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit zu erblicken ist. Der dabei erlittene Unfall hat bei ihm so schwere Verletzungen ausgelöst, dass sein - vom LSG bindend festgestellter - bereits zuvor bestehender Wunsch, keinen lebensverlängernden Maßnahmen ausgesetzt zu sein, durch den Versicherungsfall maßgebend zum Tragen kam. Vom Schutzzweck der Beschäftigtenversicherung nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII (noch) mitumfasst ist ein Unfallversicherungsschutz für ein Verhalten des Versicherten, das durch Verletzungen bedingt ist, die - wie hier unproblematisch - im versicherten Schutzbereich der unfallbringenden Tätigkeit erlitten bzw zugefügt wurden. Die versicherte Tätigkeit in der gesetzlichen Unfallversicherung gemäß § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII iVm § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII umfasst nach dem im 3. Betreuungsrechtsänderungsgesetz vom 29.7.2009 (BGBI I 2286) insbesondere in § 1901a BGB zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers auch die durch die Autonomie und Menschenwürde(Art 1 GG) des einzelnen Versicherten getragene Entscheidung, keine lebensverlängernden Maßnahmen erdulden zu müssen, wenn aufgrund eines Arbeitsunfalls so schwere Verletzungen vorliegen wie im vorliegenden Fall. Rechtlich wesentliche und daher vom Schutzzweck des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII noch umfasste (Wirk-) Ursache für den Tod des Versicherten waren mithin seine Verletzungen aus dem Arbeitsunfall vom 7.9.2006.

22

Dem steht die frühere Rechtsprechung des Senats, wonach die Verweigerung einer Bluttransfusion durch ein Mitglied der Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas als rechtlich wesentliche Ursache den Unfallversicherungsschutz ausschließt (BSG vom 9.12.2003 - B 2 U 8/03 R - SozR 4-2200 § 589 Nr 1), nicht entgegen. Die Verweigerung der Bluttransfusion war dort gerade nicht durch den Arbeitsunfall, sondern einzig durch die individuelle Glaubensausrichtung des Verletzten bedingt. Demgegenüber realisiert sich der in der mutmaßlichen Patientenverfügung niedergelegte Wille des Versicherten hier nur und gerade deshalb, weil der Versicherte einen Arbeitsunfall (mit schweren Folgen) erlitten hat. Infolgedessen kommt es auch nicht darauf an, ob die Verletzungen aus dem Wegeunfall ohnehin tödlich verlaufen wären, was hier für das LSG offensichtlich von entscheidender Bedeutung war. Soweit das LSG die Wesentlichkeit der unfallbedingten Verletzungen für den Tod des Versicherten daraus ableiten will, dass die Behandlungsmaßnahmen den Tod lediglich aufgeschoben hätten, werden hier allerdings rechtlich problematische Erwägungen zur überholenden Kausalität angestellt. Maßgebend ist nicht, ob die Verletzungen aus dem Arbeitsunfall ohnehin tödlich verlaufen wären, sondern, dass durch einen Versicherungsfall so schwere Verletzungen eingetreten sind, dass gerade dadurch der (verfassungs-)rechtlich geschützte autonome Wunsch des Versicherten, sterben zu wollen, zum Tragen gekommen ist.

23

2. Die beantragten Hinterbliebenenleistungen der Klägerin gemäß §§ 63 ff SGB VII sind auch nicht gemäß § 101 Abs 1 SGB VII ausgeschlossen. Diese Vorschrift bestimmt: "Personen, die den Tod von Versicherten vorsätzlich herbeigeführt haben, haben keinen Anspruch auf Leistungen". Die Klägerin hat den Tod des Versicherten zwar vorsätzlich herbeigeführt (hierzu unter a). Allerdings ist die Norm des § 101 Abs 1 SGB VII einschränkend im Wege der teleologischen Reduktion dahingehend auszulegen, dass jedenfalls bei einer strafrechtlich gerechtfertigten Sterbehilfe durch Behandlungsabbruch iS der neueren Rechtsprechung des BGH(Urteil vom 25.6.2010 - 2 StR 454/09 - BGHSt 55, 191 = NJW 2010, 2963) ein Leistungsausschluss nicht in Betracht kommt. Dahinstehen kann insoweit, ob § 101 Abs 1 SGB VII generell dann nicht in Betracht kommt, wenn die zum Tode führende vorsätzliche Handlung straffrei ist(hierzu unter b). Schließlich hat das LSG auch zutreffend festgestellt und subsumiert, dass die vom BGH (aaO) im Einzelnen aufgestellten Kriterien für einen straffreien Behandlungsabbruch bei der Klägerin gegeben waren (vgl unter c).

24

a) Die Klägerin hat den Tod des Versicherten vorsätzlich herbeigeführt. Ein vorsätzliches Handeln liegt vor, wenn der Handelnde den Erfolg bewusst und gewollt herbeigeführt hat (vgl Fischer, StGB, 61. Aufl 2014, § 15 RdNr 2 ff). Der Vorwurf der Rechtsordnung lautet bei vorsätzlichem Handeln: "Du hast gewusst und gewollt, was du tatest" (iE Sternberg-Lieben/Schuster in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl 2014, § 15 RdNr 8 ff). Nach dieser auch im Rahmen des § 101 Abs 1 SGB VII anwendbaren(vgl H. Becker in LPK-SGB VII, 4. Aufl 2014, § 101 RdNr 1b; Köhler in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 101 RdNr 5; XI/10) strafrechtlichen Definition hat die Klägerin vorsätzlich gehandelt. Sie hat die Magensonde bewusst und gewollt entfernt, um den Tod des Versicherten herbeizuführen.

25

b) § 101 Abs 1 SGB VII ist hingegen so auszulegen, dass er auch bei einem vorsätzlichen Herbeiführen des Todes im Falle einer gerechtfertigten Sterbehilfe durch Behandlungsabbruch keine Anwendung findet. Die Leistungsausschlussnorm fordert für das Herbeiführen des Todes lediglich das vorsätzliche Handeln des Hinterbliebenen bzw der "Person", die Rechtsansprüche aus dem Tod ableiten möchte. Anders als § 101 Abs 2 SGB VII setzt § 101 Abs 1 SGB VII gerade nicht voraus, dass ein rechtskräftiges strafrechtliches Urteil hinsichtlich der Handlung vorliegt. § 101 Abs 1 SGB VII dürfte von daher einen engeren Begriff des Vorsatzes umfassen, der gerade nicht die strafrechtlichen Prüfungsschritte der Rechtswidrigkeit und Schuld umfasst. Demgegenüber wird vom LSG und einem Teil der Literatur in § 101 Abs 1 SGB VII entgegen dem Wortlaut der Norm das Erfordernis hineingelesen, dass auch die todbringende, vorsätzliche Handlung rechtswidrig und schuldhaft gewesen sein muss(vgl explizit Reyels in jurisPK-SGB VII, 2. Aufl 2014, § 101 RdNr 21 ff; Lüdtke, SGb 2013, 309). Habe der Täter nicht rechtswidrig gehandelt (zB in Notwehr), so komme nach Sinn und Zweck der Vorschrift des § 101 Abs 1 SGB VII ein Leistungsausschluss nicht in Betracht. Das Gleiche gelte bei nicht schuldhaftem Handeln (Köhler in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 101 RdNr 5; XI/10). Darüber hinaus wird vereinzelt die Position vertreten, selbst bei strafbarem Verhalten, wie einer Tötung auf Verlangen gemäß § 216 StGB, sei der Geltungsbereich des § 101 Abs 1 SGB VII einzuschränken(Reyels in jurisPK-SGB VII, 2. Aufl 2014, § 101 RdNr 25).

26

Der Senat hat Bedenken gegen eine so weitgehende Auslegung des § 101 Abs 1 SGB VII, ist doch zu unterstellen, dass der Gesetzgeber des § 101 SGB VII sich im Klaren über die strafrechtlichen Begriffe war, als er zum 1.1.1997 mit dem UVEG § 101 SGB VII in der Nachfolge des § 553 RVO schuf. Jedenfalls erhellen auch die Gesetzesmaterialien (vgl BT-Drucks 13/2204, S 99) und der dort enthaltene Hinweis auf eine Fortführung der geltenden Rechtslage zu § 553 RVO nicht, dass mit dem bloßen Verwenden des Erfordernisses des Vorsatzes zugleich ein Abweichen von der strafrechtsdogmatischen Begrifflichkeit gemeint gewesen sein könnte, nach der hier ausnahmsweise mit Vorsatz ein rechtswidriges und schuldhaftes Handeln gemeint wäre. Auch soweit in der Literatur § 101 SGB VII als Verwirkungsvorschrift bezeichnet wird(Köhler in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 101 RdNr 1; XI/10), findet sich hierfür keinerlei Beleg. Betrachtet man § 101 SGB VII hingegen als Ausfluss des allgemeinen zivilrechtlichen Grundsatzes des venire contra factum proprium, nach dem wer einen Schaden durch eigenes vorsätzliches Tun herbeigeführt hat, nicht aus diesem Schaden Ansprüche ableiten dürfe(so Merten in Eichenhofer/Wenner, SGB VII, 2010, § 101 RdNr 3), so wäre unter einem solchen versicherungsrechtlichen Blickwinkel ein Leistungsausschluss bei bloß vorsätzlichem Herbeiführen des Erfolgs durchaus zu rechtfertigen (vgl auch Voelzke, Die Herbeiführung des Versicherungsfalls im Sozialversicherungsrecht, 2004, S 48).

27

Letztlich kann dies jedoch dahinstehen, weil auch dann, wenn man das hier zweifelsohne vorliegende vorsätzliche Handeln der Klägerin ausreichen lassen würde, um den Tatbestand des § 101 Abs 1 SGB VII auszulösen, die Vorschrift einschränkend auszulegen ist. Dies gilt jedenfalls für Fälle der gerechtfertigten Sterbehilfe durch Behandlungsabbruch iS der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 25.6.2010 - 2 StR 454/09 - BGHSt 55, 191 = NJW 2010, 2963), denn für diesen Regelungsbereich ist § 101 Abs 1 SGB VII einschränkend anzuwenden. Der Senat hat zuletzt die Grenzen einer teleologischen Reduktion von sozialrechtlichen Normen aufgezeigt (vgl BSG vom 19.12.2013 - B 2 U 17/12 R - SozR 4-2700 § 73 Nr 1 RdNr 20 ff). Die teleologische Reduktion gehört zu den anerkannten, verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Auslegungsgrundsätzen (BVerfG Beschluss vom 15.10.2004 - 2 BvR 1316/04 - NJW 2005, 352, 353; BVerfG Beschluss vom 7.4.1997 - 1 BvL 11/96 - NJW 1997, 2230, 2231; BVerfG Beschluss vom 14.3.2011 - 1 BvL 13/07 - NZS 2011, 812). Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass sie die auszulegende Vorschrift entgegen ihrem Wortlaut hinsichtlich eines Teils der von ihr erfassten Fälle für unanwendbar hält, weil deren Sinn und Zweck, die Entstehungsgeschichte und der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen gegen eine uneingeschränkte Anwendung sprechen (BVerfG Beschluss vom 7.4.1997 - 1 BvL 11/96 - NJW 1997, 2230, 2231; BSG vom 18.8.2011 - B 10 EG 7/10 R - BSGE 109, 42 = SozR 4-7837 § 2 Nr 10). Bei einem nach wortlautgetreuer Auslegung drohenden Grundrechtsverstoß kann eine zulässige und mit der Verfassung zu vereinbarende Auslegung der Norm entgegen deren Wortlaut sogar geboten sein.

28
        

So liegen die Verhältnisse hier. Der Senat sieht sich durch die Neuregelungen des sog Patientenverfügungsgesetzes (3. Betreuungsrechtsänderungsgesetz, aaO) , das sich auf eine breite, überparteiliche Parlamentsmehrheit stützten konnte (vgl die den Gesetzentwurf vom 6.3.2008 tragenden Abgeordneten, BT-Drucks 16/8442) und die strafgerichtliche Rechtsprechung des BGH zum Behandlungsabbruch (aaO) veranlasst, jedenfalls die vorsätzliche Herbeiführung des Todes eines Versicherten, die strafrechtlich die Kriterien einer gerechtfertigten Sterbehilfe erfüllt, aus dem Anwendungsbereich des § 101 Abs 1 SGB VII auszuschließen. Der BGH hat in seinem Urteil vom 25.6.2010 eingehend die Motive des Gesetzgebers des 3. Betreuungsrechtsänderungsgesetzes referiert (aaO, RdNr 23 f ):

        

"a) Der Gesetzgeber hat den betreuungsrechtlichen Rahmen einer am Patientenwillen orientierten Behandlungsbegrenzung durch Gesetz vom 29. Juli 2009 - so genanntes Patientenverfügungsgesetz - (BGBl I 2286) festgelegt. Das am 1. September 2009 in Kraft getretene Gesetz hatte vor allem auch zum Ziel, Rechts- und Verhaltenssicherheit zu schaffen (vgl. Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses BT-Drucks. 16/13314 S. 3 f. und 7 f.). Maßstäbe für die gesetzliche Neuordnung waren zum einen das verfassungsrechtlich garantierte Selbstbestimmungsrecht der Person, welches das Recht zur Ablehnung medizinischer Behandlungen und gegebenenfalls auch lebensverlängernder Maßnahmen ohne Rücksicht auf ihre Erforderlichkeit einschließt, zum anderen der ebenfalls von der Verfassung gebotene Schutz des menschlichen Lebens, der unter anderem in den strafrechtlichen Normen der §§ 212, 216 StGB seinen Ausdruck findet.

        

In Abwägung dieser Grundsätze hat der Gesetzgeber des Dritten Betreuungsrechtsänderungsgesetzes nach umfassenden Beratungen und Anhörungen unter Einbeziehung einer Vielzahl von Erkenntnissen und Meinungen unterschiedlichster Art entschieden, dass der tatsächliche oder mutmaßliche, etwa in konkreten Behandlungswünschen zum Ausdruck gekommene Wille eines aktuell einwilligungsunfähigen Patienten unabhängig von Art und Stadium seiner Erkrankung verbindlich sein und den Betreuer sowie den behandelnden Arzt binden soll (§ 1901a Abs. 3 BGB; vgl. dazu die Begründung des Gesetzentwurfs BT-Drucks. 16/8442 S. 11 f.; Diederichsen in Palandt BGB 69. Aufl. § 1901a Rn. 16 ff. u. 29). Eine betreuungsgerichtliche Genehmigungsbedürftigkeit für Entscheidungen über die Vornahme, das Unterlassen oder den Abbruch medizinischer Maßnahmen ist auf Fälle von Meinungsdivergenzen zwischen Arzt und Betreuer oder Bevollmächtigtem über den Willen des nicht selbst äußerungsfähigen Patienten oder über die medizinische Indikation von Maßnahmen beschränkt (§ 1904 Abs. 2 und 4 BGB). Die Regelungen der §§ 1901a ff. BGB enthalten zudem betreuungsrechtliche Verfahrensregeln zur Ermittlung des wirklichen oder mutmaßlichen Willens des Betreuten (vgl. dazu Diederichsen aaO Rn. 4 ff. u. 21 ff.; Diehn/Rebhan NJW 2010, 326; Höfling NJW 2009, 2849, 2850 f.)."

29

Hieraus hat der BGH die Schlussfolgerung gezogen, dass diese Änderungen auch für das Strafrecht "Wirkung" zeigen müssten (aaO, RdNr 25) und ist bei ansonsten unveränderter Rechtslage im StGB zu einer Straffreiheit des Behandlungsabbruchs unter bestimmten Voraussetzungen gelangt. Dieses Urteil ist im Schrifttum weitgehend auf Zustimmung gestoßen (vgl nur Eidam, GA 2011, 232; Gaede, NJW 2010, 2925, Hirsch, JR 2011, 37; Lipp, FamRZ 2010, 1555; Rissing-van Saan, ZIS 2011, 544; Schumann, JR 2011, 142; Wolfslast/Weinrich, StV 2011, 286). Der Senat hält es daher auch mit Blick auf die dem Strafrecht immanente Legitimation staatlichen Strafens einerseits und das der Verwirklichung sozialer Gerechtigkeit und sozialer Sicherheit dienende Leistungsrecht des Sozialgesetzbuchs andererseits für geboten, die vom Gesetzgeber gewollten, weitgehenden Änderungen in § 1901a BGB und die diesen gesetzgeberischen Willen im Strafrecht umsetzende Rechtsprechung des BGH auch im Sozialrecht zur Geltung zu bringen. Liegen mithin die vom BGH in seinem Urteil vom 25.6.2010 genannten Kriterien vor, so kann ein straffreier Behandlungsabbruch, der den Willen des Patienten zum Ausdruck brachte, auch im Sozialrecht nicht mehr zu leistungsrechtlich negativen Konsequenzen für Personen führen, die diesen von der Rechtsordnung gebilligten Willen des Versicherten durch ihr vorsätzliches Handeln verwirklicht haben.

30

Auch schließt der "objektive Zweck" des § 101 Abs 1 SGB VII eine solche teleologische Reduktion des Geltungsbereichs der Norm nicht aus(hierzu Lüdtke, SGb 2013, 309, 310). § 101 SGB VII entsprach - wie bereits ausgeführt - weitgehend § 553 RVO, der seinerseits durch das Unfallversicherungsneuregelungsgesetz(UVNG vom 30.4.1963, BGBl I 241) an die Stelle des zuvor geltenden § 556 RVO getreten ist, der seit Inkrafttreten der Reichversicherungsordnung 1911 weitgehend unverändert bestimmte, dass dem "Verletzten und seinen Hinterbliebenen ein Anspruch nicht zu (steht), wenn sie den Unfall vorsätzlich herbeigeführt haben". Der Norm liegt damit der vom Senat grundsätzlich für weiterhin beachtlich gehaltene objektive Zweck zugrunde, das vorsätzliche Herbeiführen des Versicherungsfalls als leistungsausschließend zu berücksichtigen. Allerdings darf sich Rechtsprechung auch nicht den sich fortentwickelnden Lebensverhältnissen verschließen. Das Gesetz ist insofern nicht toter Buchstabe, sondern lebendig sich entwickelnder Geist, der mit den Lebensverhältnissen fortschreiten und ihnen sinnvoll angepasst weitergelten will, solange dies nicht die Form sprengt, in die er gegossen ist (Lüdtke, aaO unter Verweis auf BGH vom 29.1.1957 - 1 StR 333/56 - BGHSt 10, 157, 159). Das erst durch den medizinischen Fortschritt ermöglichte Überleben von schwerstverletzten Gehirngeschädigten durch die moderne Apparatemedizin mit seinen Implikationen für die Menschenwürde des behandelten Verunfallten war für den Gesetzgeber des Jahres 1911 ebenso wenig vorhersehbar wie für den Gesetzgeber des Jahres 1963 und auch partiell des Jahres 1996 (instruktiv zu den Problemen am Lebensende durch die Entwicklung der Apparatemedizin: Borasio, Über das Sterben, 2. Aufl 2012, insb S 107 ff und S 157 ff). Insofern geht der Senat - ebenso wie der BGH (aaO) - davon aus, dass dem 3. Betreuungsrechtsänderungsgesetz (aaO) der objektive Wille des Gesetzgebers zu entnehmen ist, die Patientenautonomie am Lebensende mit Ausstrahlungswirkung in alle Rechtsbereiche zu schützen. Eine strikt auf diesen Geltungsbereich des gerechtfertigten Behandlungsabbruchs beschränkte Reduktion des Geltungsbereichs des § 101 SGB VII entspricht mithin dem objektiven Willen des Gesetzgebers des 3. Betreuungsrechtsänderungsgesetzes (aaO).

31

Schließlich kann gegen dieses Ergebnis auch nicht - wie von der Beklagten - die rentenrechtliche Parallelvorschrift des § 105 SGB VI und die hierzu ergangene Rechtsprechung des BSG ins Feld geführt werden. Soweit sich die Beklagte auf den Beschluss des 13. Senats des BSG vom 17.4.2012 (B 13 R 347/10 B - SozR 4-2600 § 105 Nr 1 = SGb 2013, 307 mit Anm Lüdtke) bezieht, lag der zugrunde liegende Sachverhalt dort mehrere Jahre vor dem Inkrafttreten des 3. Betreuungsrechtsänderungsgesetzes aus dem Jahre 2009. Im Übrigen handelte es sich bei der dort vom 13. Senat entschiedenen Beschwerde um eine strafbare Tötung auf Verlangen iS des § 216 StGB (mit Strafurteil gegen die Rentenantragstellerin), die auch nach der Rechtsauffassung des Senats zu einer Anwendung des Leistungsausschlusses des § 101 SGB VII führen würde. Auch die früher zu § 1277 RVO - der Vorgängervorschrift des § 105 SGB VI - ergangene rentenrechtliche Rechtsprechung verhält sich ausschließlich zu Fallkonstellationen, in denen ein rechtswidriges und schuldhaftes Handeln mit strafgerichtlicher Verurteilung des Hinterbliebenen vorlag(BSG vom 26.11.1981 - 5b/5 RJ 138/80 - SozR 2200 § 1277 Nr 3, vom 1.6.1982 - 1 RA 45/81 - SozR 2200 § 1277 Nr 5). Liegt hingegen eine gerechtfertigte Sterbehilfe durch Behandlungsabbruch vor (sogleich noch unter c), so ist der Anwendungsbereich des § 101 Abs 1 SGB VII dahingehend einzuschränken, dass auch eine vorsätzliche Herbeiführung des Todes des Versicherten nicht zu einem Leistungsausschluss führt.

32

c) Das LSG hat auch zutreffend entschieden, dass bei der Klägerin die Voraussetzungen eines straffreien Behandlungsabbruchs iS der neuen Rechtsprechung des BGH (aaO) vorlagen. Es hat insofern die Entscheidung der Staatsanwaltschaft Berlin über die Einstellung des Strafverfahrens gegen die Klägerin nach § 170 Abs 2 StPO aufgrund eigener Feststellungen nochmals strafrechtlich nachvollzogen. Anders als in § 101 Abs 2 SGB VII besteht im Rahmen des § 101 Abs 1 SGB VII keine Bindungswirkung an die Entscheidungen der Strafgerichte. Das LSG hat hierbei die beiden Voraussetzungen für einen straffreien Behandlungsabbruch für den Senat gemäß § 163 SGG bindend festgestellt. Bei der Krankheit des Versicherten handelte es sich um einen ohne Behandlung zum Tode führenden Krankheitsprozess und der Patientenwille des Versicherten iS des § 1901a Abs 1 und Abs 2 BGB war auf einen Behandlungsabbruch im Sinne des nicht mehr Weiter-Ernährens gerichtet. Soweit die Beklagte rügt, der Sterbeprozess bei dem Versicherten sei nicht in der vom BGH geforderten Intensität festgestellt, weil der Wachkomapatient grundsätzlich kein sterbender Patient sei, so unterlässt sie es, im Einzelnen darzulegen, welcher medizinische Erfahrungssatz dieser von ihr behaupteten Aussage zugrunde liegt. Die Beklagte hat nicht konkret aufgezeigt, aufgrund welcher Erfahrungssätze das LSG davon ausgehen hätte müssen, dass aus der herrschenden medizinischen Lehrmeinung der einzig mögliche Schluss gezogen werden könne, dass der Versicherte kein sterbender Patient gewesen sei (vgl hierzu BSG vom 15.9.2011 - B 2 U 22/10 R - Juris RdNr 25 f). Insofern ist die für den Einzelfall des verstorbenen Versicherten getroffene tatsächliche Feststellung des LSG, dass dieser "todgeweiht" gewesen ist, nicht mit hinreichenden Verfahrensrügen angegriffen.

33

Soweit die Beklagte gegen die Feststellung des Willens des Versicherten durch eine unterlassene persönliche Einvernahme der Klägerin durch das LSG Verfahrensrügen erhoben hat, greifen diese, wie bereits oben unter 1. ausgeführt, nicht durch. Allerdings weist der Senat in diesem Zusammenhang darauf hin, dass auch unter Berücksichtigung neuerer Entscheidungen des BGH (insbesondere vom 17.9.2014 - XII ZB 202/13) für die Feststellung des behandlungsbezogenen Patientenwillens strenge Beweismaßstäbe gelten, insbesondere, wenn eine sog Patientenverfügung nicht vorliegt. Dabei mag in zukünftigen Fallkonstellationen auch eine Rolle spielen, dass mittlerweile das Erfordernis und die Möglichkeit einer Patientenverfügung in der Bevölkerung weitgehend bekannt sein dürften und das Internet zahlreiche Formulare leicht zugängig zur Verfügung hält. Da sich der hier ausschlaggebende Unfall jedoch 2006 ereignete, bleiben diese Gesichtspunkte vorliegend unberücksichtigt.

34

Soweit die Beklagte schließlich eine Zurückverweisung an das LSG anregt, um Feststellungen nachzuholen, ob eine Genehmigung des Betreuungsgerichts gemäß § 1904 BGB eingeholt wurde, so ist bereits zweifelhaft, welche rechtlichen Schlüsse aus einer solchen fehlenden Genehmigung überhaupt zu ziehen wären. Der Senat hat hier jedoch von einer weiteren Prüfung abgesehen, weil aus der Entscheidung der Berliner Staatsanwaltschaft über die Einstellung des Strafverfahrens nach § 170 Abs 2 StPO vom 26.11.2012, die vom LSG in Bezug genommen worden ist, hervorgeht, dass die Klägerin beim zuständigen Amtsgericht um eine solche Genehmigung nach § 1904 BGB nachgesucht hat, von dort aber von einem namentlich genannten Richter die Auskunft erhalten hat, einer solchen Genehmigung bedürfe es in ihrem Falle nicht.

35

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 SGG.

Tenor

Das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 28. Januar 2016 wird berichtigt: Der "Punkt" nach dem ersten Satz des Tenors wird durch ein "Komma" ersetzt und dem ersten Satz der Halbsatz angefügt, "soweit dieser den Beigeladenen betrifft".

Die Revision gegen das vorgenannte Urteil wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 14,40 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob für den Beigeladenen, der im Strafvollzug Verletztengeld bezogen hat, Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu entrichten sind.

2

Die Beklagte führte vom 10.3. bis 14.3.2008 bei der Klägerin eine Prüfung der Beitragszahlungen zur gesetzlichen Rentenversicherung für Strafgefangene im Verletztengeldbezug betreffend den Zeitraum 1.12.2003 bis 31.12.2007 durch. Der Beigeladene bezog von der Klägerin in der Zeit vom 4. bis 12.4.2007 Verletztengeld infolge eines Arbeitsunfalls, den er in der Justizvollzugsanstalt während der Ausübung von Arbeit iS von §§ 41, 43 Gesetz über den Vollzug der Freiheitsstrafe und der freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung - Strafvollzugsgesetz (StVollzG) erlitten hatte.

3

Nach vorheriger Anhörung setzte die Beklagte mit Bescheid vom 17.10.2008 gegen die Klägerin Rentenversicherungsbeiträge in Höhe von 123,81 Euro für insgesamt zehn Strafgefangene fest. Auf den Beigeladenen entfiel ein zu entrichtender Beitrag in Höhe von 14,40 Euro. Zur Begründung führte die Beklagte aus: Nach § 3 S 1 Nr 3 SGB VI seien Personen in der Zeit versicherungspflichtig, für die sie von einem innerstaatlichen Leistungsträger Verletztengeld bezögen, wenn sie im letzten Jahr vor Beginn der Leistung versicherungspflichtig gewesen seien. Die Bestimmung zur Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit gemäß § 5 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB VI finde keine Anwendung. Dass Strafgefangene im Regelfall in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht versicherungspflichtig seien, könne nicht dazu führen, dass sie beim Bezug von Verletztengeld den durch das Gesetz vorgegebenen Anspruch auf Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung verlören. Der Gesetzgeber habe bewusst eine Frist für die Vorpflichtversicherung von einem Kalenderjahr gewählt, um auch solche Versicherten, die nicht direkt vor dem Bezug von Entgeltersatzleistungen versicherungspflichtig gewesen seien, in die Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung einzubeziehen.

4

Auf die hiergegen gerichtete Anfechtungsklage hat das SG Frankfurt am Main den Beitragsbescheid der Beklagten aufgehoben und die zugleich erhobene Klage festzustellen, dass eine Pflicht zur Beitragsentrichtung nicht bestehe, mangels Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 20.9.2010).

5

Der 3. Senat des Hessischen LSG hat auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten die Berufung zugelassen (Beschluss vom 30.6.2011 - L 3 U 223/10 NZB). Nach Beiladung der betroffenen zehn Strafgefangenen (ehemalige Beigeladene zu 2 bis 11) sowie der Deutschen Rentenversicherung Hessen (ehemalige Beigeladene zu 1), bei der die ehemaligen Beigeladenen zu 2 bis 9 und 11 versichert sind (Beschlüsse vom 14.1.2014 und 15.1.2016), sowie späterer Abtrennung der die ehemaligen Beigeladenen zu 1 bis 9 und 11 betreffenden Verfahren (Beschluss vom 28.1.2016) hat der 8. Senat des Hessischen LSG die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 28.1.2016).

6

Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt: Der 8. Senat des Hessischen LSG sei nach dem zum Zeitpunkt des Eingangs der Nichtzulassungsbeschwerde geltenden Geschäftsverteilungsplan zur Entscheidung über den Rechtsstreit berufen gewesen. Unerheblich sei, dass der (unzuständige) 3. Senat des Hessischen LSG den Beschluss über die Zulassung der Berufung erlassen habe; denn dieser Beschluss sei unanfechtbar und damit bindend. Die Befugnis der Beklagten zur Prüfung der Beitragszahlung und zur Geltendmachung der Beitragsforderung durch Bescheid ergebe sich aus §§ 212 und 212a Abs 1 SGB VI. Gleichwohl sei der Bescheid der Beklagten rechtswidrig. Die Verpflichtung zur Entrichtung von Pflichtbeiträgen setze die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und beitragspflichtige Einnahmen voraus. Durch den Bezug von Verletztengeld sei im vorliegenden Fall aber keine Versicherungspflicht begründet worden; § 3 S 1 Nr 3 SGB VI sei insoweit nicht anwendbar. Zwar habe der Beigeladene in der Justizvollzugsanstalt einen Arbeitsunfall erlitten und in dessen Folge von der Beklagten als zuständiger Unfallversicherungsträgerin des Landes Hessen Verletztengeld gemäß §§ 26 Abs 1 S 1, 45 Abs 1 iVm § 47 Abs 6 SGB VII bezogen; auch sei er - wie sich aus dem von der Beklagten vorgelegten Versicherungsverlauf ergebe - im letzten Jahr vor Beginn dieser Leistungen zuletzt versicherungspflichtig gewesen. Dennoch seien die Voraussetzungen des § 3 S 1 Nr 3 SGB VI nicht erfüllt. Dies ergebe sich aus dem systematischen Zusammenhang sowie Sinn und Zweck der Norm. Die in dieser Bestimmung angeordnete Versicherungspflicht wegen des Bezugs von Entgeltersatzleistungen finde ihre Rechtfertigung darin, dass diese Leistungen ausfallendes Arbeitseinkommen ersetzten; dementsprechend sollten auch bei deren Bezug die Risiken des Alters und der Erwerbsminderung in der gesetzlichen Rentenversicherung abgesichert werden. Die Versicherungspflicht der Lohnersatzleistung sei mit der Versicherungspflicht der vorangehenden Erwerbstätigkeit akzessorisch verbunden. Häftlinge unterlägen jedoch bei ihrer Tätigkeit innerhalb der Strafanstalt nach Maßgabe der §§ 41, 43 StVollzG nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung iS von § 1 S 1 Nr 1 SGB VI, weil diese Norm nur freiwillig eingegangene Beschäftigungsverhältnisse erfasse, nicht aber die Pflichtarbeit im Strafvollzug. Die Einbeziehung von Strafgefangenen in die gesetzliche Rentenversicherung setze nach § 190 StVollzG eine besondere bundesrechtliche Regelung nach § 198 StVollzG voraus, an der es bisher fehle. Unterliege aber die eigentliche "Beschäftigung" im Strafvollzug keiner Versicherungspflicht, könne dies auch nicht für einen infolge eines Arbeitsunfalls entstehenden Anspruch auf Verletztengeld als Lohnersatzleistung gelten. Eine insoweit bestehende Rentenversicherungspflicht würde betroffene Strafgefangene bei Verletztengeldbezug ohne Sachgrund bevorzugen.

7

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 3 S 1 Nr 3 SGB VI. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor: Der Beigeladene erfülle sämtliche Voraussetzungen des § 3 S 1 Nr 3 SGB VI, was seine Beitragspflicht nach sich ziehe. Er habe während seiner Tätigkeit im Strafvollzug als "Wie-Versicherter" nach § 2 Abs 2 SGB VII der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Unfallversicherung unterlegen und rechtmäßig Verletztengeld bezogen. Da § 3 S 1 Nr 3 SGB VI den Bezug von Verletztengeld unmissverständlich der Rentenversicherungspflicht unterwerfe, bedürfe es keiner weiteren Auslegung dieser Bestimmung im Sinne einer teleologischen Reduktion, wie sie das LSG vorgenommen habe. Das Berufungsgericht verkenne, dass eine Gleichbehandlung aller Strafgefangenen im Hinblick auf deren Tätigkeit ohnehin nicht stattfinde, was sich am Beispiel der sog Freigänger zeige. Des Weiteren könne unbeachtet bleiben, dass der eine oder andere Strafgefangene auf seinem Rentenkonto minimale Steigerungen des Entgeltpunktebetrags konstatieren dürfe, wenn er Verletztengeld bezogen habe, während andere Strafgefangene, die nicht in den Genuss von Leistungen der Unfallversicherung gekommen seien, diesen Vorteil nicht hätten. Zudem sei nach der ursprünglichen Konzeption des StVollzG die Rentenversicherungspflicht für im Strafvollzug verrichtete Tätigkeiten vorgesehen gewesen; schon deswegen erscheine es systemwidrig, wollte man dem Bezieher von Verletztengeld, nur weil er innerhalb der Gefängnismauern einen Arbeitsunfall erlitten habe, die Rentenversicherung verweigern. Auch Verfassungsrecht spreche für diese Sicht der Rechtslage. Es gehe nicht an, zu Lasten des Beigeladenen im Wege einer die Grenzen der Gesetzesauslegung sprengenden Rechtsschöpfung Rentenanwartschaften zu verneinen, auf die nach den inhaltsbestimmenden Regelungen insbesondere des § 3 S 1 Nr 3 SGB VI ein von Art 14 Abs 1 GG garantierter Anspruch bestehe.

8

Die Beklagte beantragt,

        

das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 28. Januar 2016 vollständig und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 20. September 2010 insoweit aufzuheben, als er den Beigeladenen betrifft, und die Klage insoweit abzuweisen.

9

Die Klägerin beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

10

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

11

A. Der Tenor des angefochtenen Urteils ist gemäß § 138 S 1 SGG zu berichtigen.

12

Entgegen der scheinbar weiteren Fassung ihrer Anträge hat die Beklagte bei verständiger Würdigung ihres Begehrens lediglich die Aufhebung des Gerichtsbescheids des SG Frankfurt am Main vom 20.9.2010 sowie die Abweisung der Klage begehrt, soweit Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung des Beigeladenen - ursprünglich der Beigeladene zu 10 - betroffen sind. Ausweislich des Sitzungsprotokolls ist nach Anhörung der Beteiligten und mit deren Einverständnis das Verfahren betreffend die Beigeladenen zu 1 bis 9 und 11 abgetrennt und unter einem neuen Verfahrensaktenzeichen weitergeführt worden.

13

Im Tenor des Berufungsurteils ist die Berufung der Beklagten gegen den (gesamten) Gerichtsbescheid zurückgewiesen worden. Aus den Gründen der Entscheidung ergibt sich aber klar, dass das LSG die Berufung nur insoweit als unbegründet zurückgewiesen hat, als es um die Rentenversicherungsbeiträge des ehemaligen Beigeladenen zu 10 geht. So heißt es insbesondere auf S 6 des Urteils: "Die Klägerin ist nicht verpflichtet, den für den Beigeladenen in diesem Bescheid festgesetzten Beitrag in Höhe von 14,40 Euro an die Beklagte zu entrichten." Die Beitragspflicht in Höhe von 14,40 Euro betrifft allein den ehemaligen Beigeladenen zu 10.

14

Es handelt sich insoweit um eine offenbare Unrichtigkeit des Tenors iS von § 138 S 1 SGG, die von Amts wegen berichtigt werden kann(vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 138 RdNr 3c). Hierfür ist das mit der Sache befasste Rechtsmittelgericht zuständig, das im Rahmen der Entscheidung über das Rechtsmittel durch den gesamten Spruchkörper entscheidet (vgl BSGE 46, 34, 40 = SozR 1500 § 138 Nr 3 S 2; BSG Beschluss vom 6.3.2012 - B 1 KR 43/11 B - Juris RdNr 4; BGH Beschluss vom 8.2.2007 - VII ZR 121/06 - Juris RdNr 2 = BauR 2007, 746; BVerwG Beschluss vom 21.12.2006 - 6 PB 17/06 - Juris RdNr 5 = Buchholz 251.91 § 39 SächsPersVG Nr 1).

15

B. Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet.

16

1. Die Revision ist nicht schon deshalb im Sinne der Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet, weil mit dem 3. Senat des Hessischen LSG ein nach dem Geschäftsverteilungsplan unzuständiger Senat die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des SG zugelassen hat (Beschluss vom 30.6.2011). Ein damit denkbar verbundener Verstoß gegen Art 101 Abs 1 S 2 GG bzw § 31 SGG(vgl Burkiczak in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 31 RdNr 22; Peters/Sautter/Wolff, SGG, § 31 RdNr 6 mit RsprNachw - Stand 8/05) wäre nur dann berücksichtigungsfähig, wenn ein Beteiligter deren Verletzung ordnungsgemäß gerügt hätte (vgl BSGE 79, 41, 43 = SozR 3-2500 § 34 Nr 5 S 29 mit RsprNachw und BSGE 103, 106 = SozR 4-2500 § 94 Nr 2, RdNr 30), woran es vorliegend fehlt.

17

2. Im Ergebnis sind die vorinstanzlichen Entscheidungen nicht zu beanstanden. Zu Recht hat das LSG die Berufung der Beklagten gegen den klagstattgebenden Gerichtsbescheid des SG zurückgewiesen, soweit dieser die Entrichtung eines Beitrags für den Beigeladenen betrifft. Der Bescheid der Beklagten ist insoweit rechtswidrig. Der Beigeladene hat in der Zeit vom 4. bis 12.4.2007 nicht der Rentenversicherungspflicht unterlegen.

18

Gemäß § 3 S 1 Nr 3 SGB VI(in der hier maßgeblichen Fassung von Art 6 Nr 2 Buchst a Viertes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954) sind Personen in der Zeit versicherungspflichtig, für die sie von einem Leistungsträger ua Verletztengeld beziehen, wenn sie im letzten Jahr vor Beginn der Leistung zuletzt versicherungspflichtig waren.

19

Nach den Feststellungen des LSG übte der Beigeladene im Rahmen seines Strafvollzuges Arbeit iS von §§ 41, 43 StVollzG aus, erlitt hierbei in der Justizvollzugsanstalt einen Arbeitsunfall und bezog infolgedessen in der Zeit vom 4. bis 12.4.2007 von der Klägerin als Unfallversicherungsträgerin des Landes Hessen Verletztengeld gemäß §§ 45 Abs 1 iVm 46, 47 Abs 6 SGB VII. Unabhängig davon, ob den Feststellungen des LSG auch eine Erfüllung der gesetzlich geforderten Vorversicherungszeit durch den Beigeladenen entnommen werden kann, war dieser im hier maßgeblichen Zeitraum nicht rentenversicherungspflichtig.

20

Zwar sind grundsätzlich alle Personen in der gesetzlichen Rentenversicherung kraft Gesetzes pflichtversichert, die neben einer hinreichenden Vorbeziehung zu diesem Sicherungssystem von einem Leistungsträger ua Verletztengeld beziehen. Für Personen wie den Beigeladenen, die während einer Freiheitsentziehung wie Beschäftigte tätig werden und auf Grund dessen in der gesetzlichen Unfallversicherung pflichtversichert sind (§ 2 Abs 2 S 1 SGB VII), widerspräche die Einbeziehung in das System der gesetzlichen Rentenversicherung indes vorrangigen eigenen Leitentscheidungen des Gesetzgebers. § 3 S 1 Nr 3 SGB VI ist daher in der Weise einschränkend auszulegen, dass er entgegen dem vordergründigen Wortlaut lediglich den Bezug von Verletztengeld erfasst, das an die Stelle sonst rentenversicherungsrechtlich relevanter Einnahmen tritt (teleologische Reduktion). Auf eine Versicherungspflicht innerhalb der grundsätzlich einjährigen Rahmenfrist kommt es in Fällen der vorliegenden Art daneben nicht gesondert an.

21

Die Befugnis zur Korrektur des Wortlauts einer Vorschrift im Wege richterlicher Rechtsfortbildung steht den Gerichten ua dann zu, wenn diese nach ihrer grammatikalischen Fassung auch auf Sachverhalte Anwendung fände, die nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers aber nicht erfasst werden sollen, weil Sinn und Zweck, Entstehungsgeschichte und der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelung gegen eine uneingeschränkte Anwendung sprechen. In einem solchen Fall ist eine zu weit gefasste Regelung im Wege der teleologischen Reduktion auf den ihr zugedachten Anwendungsbereich zurückzuführen (BVerfG Beschluss vom 7.4.1997 - 1 BvL 11/96 - NJW 1997, 2230, 2231; BSG Urteil vom 18.8.2011 - B 10 EG 7/10 R - BSGE 109, 42 = SozR 4-7837 § 2 Nr 10, RdNr 27 f; Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl 1991, S 391 f). Erst wenn nach Maßgabe anerkannter juristischer Methoden der Regelungsbereich einer Norm bestimmt worden ist, lässt sich in Beachtung des Gesetzesvorbehalts iS von § 31 SGB I beurteilen, welche Rechte und Pflichten in den Sozialleistungsbereichen dieses Gesetzbuchs durch Verwaltungshandeln begründet, festgestellt, geändert oder aufgehoben werden dürfen.

22

a) Sinn und Zweck des § 3 S 1 Nr 3 SGB VI besteht darin, den Versicherten das Risiko abzunehmen, während einer Unterbrechung der Erwerbstätigkeit selbst für eine kontinuierliche Alterssicherung sorgen zu müssen und mit entsprechenden Beitragszahlungen belastet zu werden, sowie dem Entstehen von Lücken in der Alterssicherung vorzubeugen(vgl BSG Urteil vom 14.2.2001 - B 1 KR 25/99 R - SozR 3-2600 § 170 Nr 1 S 3). Einer Schließung derartiger Sicherungslücken bedarf es indes regelmäßig nicht, wenn Verletztengeld aus einer nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegenden Tätigkeit gezahlt wird. In derartigen Fällen gilt es keinen Schutz durch die gesetzliche Rentenversicherung aufrechtzuerhalten, welcher zuvor durch das Bestehen einer Beschäftigung vermittelt worden ist. Eine solche Sachverhaltskonstellation liegt hier jedoch vor. Das angegriffene Urteil ist zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass die vom Beigeladenen während der Verbüßung seiner Freiheitsstrafe verrichtete Arbeit, die auf Grund der Arbeitspflicht nach § 41 Abs 1 StVollzG in der Haftanstalt ausgeübt wurde, keine versicherungspflichtige Beschäftigung iS des § 1 S 1 Nr 1 SGB VI gewesen ist(vgl BSG Urteile vom 24.10.2013 - B 13 R 83/11 R - SozR 4-2600 § 43 Nr 20 RdNr 19 und vom 6.5.2010 - B 13 R 118/08 R - Juris RdNr 26 unter Hinweis auf die Regelung in § 190 Nr 13 iVm § 198 Abs 3 StVollzG).

23

In der Rechtsprechung des BSG ist geklärt, dass unter Zwang zustande gekommene und verrichtete Arbeit nicht als versicherungspflichtige Beschäftigung einzustufen ist, weil es an dem hierfür erforderlichen freien wirtschaftlichen Austausch von Arbeit und Lohn mangelt (vgl BSG Urteile vom 31.10.1967 - 3 RK 84/65 - BSGE 27, 197 = SozR Nr 54 zu § 165 RVO, vom 10.12.1974 - 4 RJ 379/73 - BSGE 38, 245, 246 = SozR 5070 § 14 Nr 2 S 6 f, vom 24.10.2013 - B 13 R 83/11 R - SozR 4-2600 § 43 Nr 20 RdNr 19 und vom 6.5.2010 - B 13 R 118/08 R - Juris RdNr 26 unter Hinweis auf die Regelung in § 190 Nr 13 iVm § 198 Abs 3 StVollzG; vgl auch Seewald in Kasseler Komm, § 7 SGB IV RdNr 35 f - Stand April 2012; Schorn, NZS 1995, 444, 445). Ein freies Austauschverhältnis fehlt insbesondere dann, wenn ein der Anstaltsgewalt unterworfener Strafgefangener unausweichlich Arbeit verrichten muss; er steht insoweit in einer öffentlich-rechtlichen Rechtsbeziehung eigener Art, welche nicht der Rentenversicherungspflicht unterliegt (vgl BSG Beschluss vom 5.12.2001 - B 7 AL 74/01 B - Juris RdNr 8; als frei gewählte Arbeit gilt hingegen die Arbeit von sog Freigängern, die außerhalb der Strafvollzugsanstalt eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt ausüben, vgl BSG Urteil vom 16.10.1990 - 11 RAr 3/90 - BSGE 67, 269, 271 = SozR 3-4100 § 103 Nr 2 S 11; Fichte in Hauck/Noftz, K § 1 SGB VI RdNr 36 - Stand 12/15). Damit fehlt es bei der vom Beigeladenen im Rahmen seiner Strafhaft abgeleisteten Pflichtarbeit iS von § 41 Abs 1 StVollzG an der Freiwilligkeit der Arbeitsleistung, sodass eine versicherungspflichtige Beschäftigung iS des § 1 S 1 Nr 1 SGB VI schon dem Grunde nach nicht vorliegt. Das Verletztengeld wiederum teilt das versicherungsrechtliche Schicksal des die Arbeit des Gefangenen anerkennenden Arbeitsentgelts (vgl § 43 StVollzG), an dessen Stelle es tritt.

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b) Gesetzessystematische Erwägungen bestätigen dieses Ergebnis. Erwerbstätige sollen für die Zeiten des Bezugs einer Entgeltersatzleistung rentenversicherungsrechtlich so gestellt werden, als ob sie ihre Erwerbstätigkeit nicht unterbrochen hätten. Die Versicherungspflicht von Lohnersatzleistungen stellt sich insoweit - worauf das Berufungsgericht zu Recht hinweist - nur als Abrundung bzw Ergänzung zur Versicherungspflicht nach §§ 1, 2 und 4 Abs 2 SGB VI dar(vgl Berchtold in Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 4. Aufl 2015, § 3 SGB VI RdNr 10; Knorr in juris-PK-SGB VI, 2. Aufl 2013, § 3 RdNr 47). Diese besondere Abhängigkeit des Verletztengeldanspruches von der Tätigkeit, auf Grund derer die Entgeltersatzleistung gezahlt wird, zeigt sich im Übrigen auch darin, dass Beiträge nicht aus der Lohnersatzleistung, sondern aus 80 % des dieser Leistung zu Grunde liegenden Arbeitsentgelts berechnet werden (vgl § 166 Abs 1 Nr 2 SGB VI). Die Rechtsauffassung der Beklagten würde hingegen in systemwidriger Weise dazu führen, dass dem vorübergehenden Bezug von Verletztengeld eine versicherungsrechtlich stärkere Stellung beigemessen wird als dem Regeltatbestand des Arbeitsentgeltbezuges (vgl § 43 StVollzG), aus welchem sich der Anspruch auf Verletztengeld seinerseits ableitet und das den Entgeltverlust (teilweise) auszugleichen bestimmt ist, den ein Versicherter infolge einer durch einen Versicherungsfall nach § 7 SGB VII bedingten Arbeitsunfähigkeit erlitten hat(vgl auch Gürtner in Kasseler Komm, § 4 SGB VI RdNr 19 - Stand September 2015; Fichte in Hauck/Noftz, K § 4 SGB VI RdNr 43 - Stand 3/13; vgl auch BSG Urteil vom 26.6.2007 - B 2 U 23/06 R - SozR 4-2700 § 45 Nr 1 RdNr 14).

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In dieselbe Richtung weist der systematische Vergleich mit Vorschriften des Unfall- und Arbeitslosenversicherungsrechts.

26

Nach § 2 Abs 2 S 2 SGB VII sind Personen, die während einer auf Grund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung oder auf Grund einer strafrichterlichen, staatsanwaltlichen oder jugendbehördlichen Anordnung wie Beschäftigte tätig werden, kraft Gesetzes unfallversichert. Dadurch soll der Unfallschutz der Gefangenen so vollständig wie möglich dem Unfallschutz der sonstigen von der gesetzlichen Unfallversicherung erfassten Personen angeglichen werden (vgl BT-Drucks IV/120 S 52 und die dortige Begründung zu § 540 RVO in der Fassung des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes (UVNG)vom 30.4.1963, BGBl I 241). Hieraus kann indes nicht geschlossen werden, dass für Verletztengeld beziehende Strafgefangene zugleich auch ein Versicherungsschutz in der gesetzlichen Rentenversicherung besteht bzw bestehen muss (vgl BSG Urteil vom 31.10.1967 - 3 RK 84/65 - BSGE 27, 197, 199 = SozR Nr 54 zu § 165 RVO Aa 68). Aus § 2 Abs 2 SGB VII lässt sich vielmehr im Gegenteil ableiten, dass der Gesetzgeber dann, wenn er Strafgefangene in den Schutzbereich eines sozialen Sicherungssystems einbezogen wissen will, konkretisierende und spezielle Regelungen erlässt, weil er sie von den allgemeinen Vorschriften als nicht erfasst ansieht(vgl auch BSG Urteil vom 6.11.1997 - 11 RAr 33/97 - BSGE 81, 162, 166 = SozR 3-4100 § 168 Nr 21 S 58). Dies zeigt auch der Vergleich mit der Bestimmung des § 26 Abs 1 Nr 4 SGB III. Danach sind Gefangene, die Arbeitsentgelt, Ausbildungsbeihilfe oder Ausfallentschädigung (§§ 43 bis 45, 176 und 177 des StVollzG) erhalten oder Ausbildungsbeihilfe nur wegen des Vorrangs von Leistungen zur Förderung der Berufsausbildung nach diesem Buch nicht erhalten, als "Sonstige Versicherungspflichtige" in der Arbeitslosenversicherung pflichtversichert (zur Beitragspflicht siehe §§ 345 Nr 3, 347 Nr 3 SGB III). Gleiches gilt für die Bezieher von Verletztengeld, deren Versicherungspflicht eigenständig durch § 26 Abs 2 Nr 1 SGB III begründet wird. In der gesetzlichen Rentenversicherung hat der Gesetzgeber hingegen lediglich die Bezieher von Verletztengeld der Versicherungspflicht unterworfen, ohne daneben eine Versicherungspflicht für Gefangene als "Sonstige Versicherte" iS von § 3 SGB VI einzuführen. Insoweit hat er hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass diese besondere Personengruppe nicht in den Schutz der gesetzlichen Rentenversicherung einbezogen werden soll. Dass der Gesetzgeber die rentenversicherungsrechtlichen Folgen einer Strafhaft nicht übersehen hat, zeigt die Regelung des § 205 SGB VI, die für den Fall entschädigungspflichtiger Strafverfolgungsmaßnahmen die Möglichkeit der Nachzahlung freiwilliger Beiträge eröffnet. Angesichts dessen lässt die Nichtregelung der Versicherungs- oder Beitragspflicht von Gefangenenarbeit in der gesetzlichen Rentenversicherung nur den Schluss zu, dass die Nichteinbeziehung der Strafgefangenen in den Schutz der gesetzlichen Rentenversicherung insoweit dem gesetzgeberischen Willen entspricht.

27

c) Die historische Auslegung führt zu keinem anderen Ergebnis. Soziale Sicherung erfuhren Gefangene erstmals durch ihre Einbeziehung in den Unfallversicherungsschutz. Insoweit galt zunächst das Gesetz betreffend die Unfallfürsorge für Gefangene vom 30.6.1900 (RGBl 536), das mit Wirkung ab 1.7.1963 durch Art 4 § 16 Abs 2 Nr 1 des UVNG vom 30.4.1963 (BGBl I 241) aufgehoben und durch § 540 RVO idF des UVNG ersetzt worden ist. Dadurch wurden auch die Personen unmittelbar in den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung nach dem Dritten Buch der RVO einbezogen, die während einer auf Grund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung oder auf Grund strafrichterlicher Anordnung wie ein nach § 539 Abs 1 RVO Versicherter tätig wurden(vgl BT-Drucks IV/120 S 52; BSG Urteil vom 30.10.1964 - 2 RU 164/60 - Juris RdNr 21). Vergleichbare Gesetze zum Schutz der Strafgefangenen in der Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung wurden zunächst weder erlassen noch bewusst ins Auge gefasst (vgl Schirmer, Soziale Sicherung von Strafgefangenen, 2008, S 27 ff). Erst durch das StVollzG vom 16.3.1976 (BGBl I 581) wurden die notwendigen Voraussetzungen zur Einbeziehung der Strafgefangenen auch in diese Zweige der Sozialversicherung geschaffen. Den in den Gesetzesmaterialien zum StVollzG niedergelegten Erwägungen ist dabei mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, dass der Gesetzgeber die Strafgefangenen nach bisherigem Recht als vom Schutzbereich der gesetzlichen Altersrentenversicherung nicht umfasst ansah (vgl BT-Drucks 7/918 S 68, 99 und 104 f; BT-Drucks 7/3998 S 3). Anders als in der Arbeitslosenversicherung (vgl § 26 Abs 1 Nr 4 SGB III, zuvor § 168 Abs 3 AFG) hat der Gesetzgeber ein besonderes Bundesgesetz, das die in § 190 Nr 13 bis 18 sowie § 191 StVollzG formulierte Ergänzung von § 1227 RVO über die versicherungspflichtige Beschäftigung von Strafgefangenen in Kraft setzen würde(vgl § 198 Abs 3 StVollzG), nicht erlassen. Es ist daher weiterhin davon auszugehen, dass deren Ausschluss von der gesetzlichen Rentenversicherung - gegebenenfalls - erst zukünftig beseitigt werden soll (vgl Senatsurteil vom 26.5.1988 - 5/5b RJ 20/87 - SozR 2200 § 1246 Nr 157 S 509 und BSG Urteil vom 24.10.2013 - B 13 R 83/11 R - SozR 4-2600 § 43 Nr 20 RdNr 36 - zur Verfassungsmäßigkeit der Nichteinbeziehung Strafgefangener in die Sozialversicherung siehe BVerfGE 98, 169, 204, 212).

28

d) Die vom erkennenden Senat für geboten erachtete teleologische Reduktion des § 3 S 1 Nr 3 SGB VI steht auch mit Verfassungsrecht im Einklang.

29

aa) Die Eigentumsgarantie des Art 14 Abs 1 GG ist nicht verletzt. Zwar fällt auch die Anwartschaft auf eine Rente aus eigener Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung in den Schutzbereich dieses Grundrechts (BVerfGE 117, 272, 292; 122, 151, 180; stRspr). Indes verkennt die Beklagte, dass eine derart verfassungsrechtlich verfestigte Anspruchsposition überhaupt erst dann entstehen kann, wenn ihr eine solche nach einfachem Recht auch zuerkannt worden ist. Dies wiederum misst sich am normativen Gehalt des § 3 S 1 Nr 3 SGB VI selbst, den zu ermitteln nicht Aufgabe einer isolierten Wortlautauslegung ist. Bindung an das Gesetz (Art 20 Abs 3, Art 97 Abs 1 GG) bedeutet nicht - wie der Senat bereits dargelegt hat - Bindung an dessen Buchstaben mit dem Zwang zu wörtlicher Auslegung (BVerfGE 35, 263, 278 f). Der Wortsinn bildet stets nur die vorläufige Grundlage bzw "erste Orientierung" der Auslegung von Gesetzen (Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl 1991, S 324; ausführlich Berchtold in Festschrift 50 Jahre BSG, 2004, S 97, 107 ff). Maßgebend ist der in der Norm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist (vgl BVerfGE 1, 299, 312; 11, 126, 130 f; 105, 135, 157; stRspr). Wie der Senat ebenfalls dargelegt hat, geht der objektive Wille des Gesetzgebers aber unzweifelhaft dahin, dass § 3 S 1 Nr 3 SGB VI keine Anwendung findet, wenn ein Strafgefangener Verletztengeld bezieht, weil er während seiner Pflichtarbeit in der Haftanstalt einen Arbeitsunfall erlitten hat.

30

bb) Zudem wird allein durch das vom Senat für zutreffend erachtete Verständnis des § 3 S 1 Nr 3 SGB VI ein dem allgemeinen Gleichheitssatz widersprechendes Ergebnis vermieden. Art 3 Abs 1 GG gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl BVerfGE 1, 14, 52; 98, 365, 385; 113, 167, 214 = SozR 4-2500 § 266 Nr 8 RdNr 83 - stRspr). Art 3 Abs 1 GG ist jedenfalls dann verletzt, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder ein sonst sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt (vgl BVerfGE 1, 14, 52; 113, 167, 214 = SozR 4-2500 § 266 Nr 8 RdNr 83 - stRspr). Würden nur Zeiten des Bezugs von Verletztengeld infolge eines während des Strafvollzuges erlittenen Arbeitsunfalls der Rentenversicherungspflicht unterfallen, nicht aber Zeiten, in denen ein Strafgefangener seiner grundsätzlich gemäß § 41 Abs 1 StVollzG bestehenden Arbeitspflicht nachkommt, wäre dies im Lichte des Art 3 Abs 1 GG nicht zu rechtfertigen. Der Senat vermag keine hinreichenden sachlichen Gründe dafür erkennen, warum dem nicht arbeitenden Strafgefangenen, der Verletztengeld bezieht, ein weitergehender rentenversicherungsrechtlicher Schutz zukommen sollte als demjenigen, der seiner gesetzlich auferlegten Arbeitspflicht tatsächlich nachkommt, zumal der Verletztengeldanspruch sich aus dem durch die Arbeitspflicht begründeten öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis eigener Art gerade ableitet. Keine nach Art 3 Abs 1 GG zu berücksichtigende Vergleichsgruppe stellen hingegen die Gefangenen dar, die außerhalb der Haftanstalt einer Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt nachgehen. Denn diese verrichten anders als die Pflichtarbeit nach § 41 Abs 1 StVollzG leistenden Strafgefangenen eine freiwillige Arbeit, die - wie jede freiwillige Beschäftigung - grundsätzlich in allen Zweigen der Sozialversicherung kraft Gesetzes versicherungspflichtig ist(vgl von Koch in Beck'scher Online-Kommentar Sozialrecht, § 1 SGB VI RdNr 6a - Stand 1.12.2016).

31

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Ein Ausspruch über die Erstattung von Kosten des Beigeladenen ist nicht veranlasst (vgl § 162 Abs 3 VwGO), da sich dieser am Verfahren nicht beteiligt hat.

32

Der Streitwert für das Revisionsverfahren war gemäß § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 GKG in Höhe des Betrags der streitigen Beitragsforderung festzusetzen.

(1) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 5, für die ein Ausreisetermin und eine Ausreisemöglichkeit feststehen, haben ab dem auf den Ausreisetermin folgenden Tag keinen Anspruch auf Leistungen nach den §§ 2, 3 und 6, es sei denn, die Ausreise konnte aus Gründen, die sie nicht zu vertreten haben, nicht durchgeführt werden. Ihnen werden bis zu ihrer Ausreise oder der Durchführung ihrer Abschiebung nur noch Leistungen zur Deckung ihres Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege gewährt. Nur soweit im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, können ihnen auch andere Leistungen im Sinne von § 3 Absatz 1 Satz 1 gewährt werden. Die Leistungen sollen als Sachleistungen erbracht werden.

(2) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5 und Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 6, soweit es sich um Familienangehörige der in § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5 genannten Personen handelt, die sich in den Geltungsbereich dieses Gesetzes begeben haben, um Leistungen nach diesem Gesetz zu erlangen, erhalten nur Leistungen entsprechend Absatz 1.

(3) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5, bei denen aus von ihnen selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können, erhalten ab dem auf die Vollziehbarkeit einer Abschiebungsandrohung oder Vollziehbarkeit einer Abschiebungsanordnung folgenden Tag nur Leistungen entsprechend Absatz 1. Können bei nach § 1 Absatz 1 Nummer 6 leistungsberechtigten Ehegatten, Lebenspartnern oder minderjährigen Kindern von Leistungsberechtigten nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 oder 5 aus von ihnen selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden, so gilt Satz 1 entsprechend.

(4) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, 1a oder 5, für die in Abweichung von der Regelzuständigkeit nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31) nach einer Verteilung durch die Europäische Union ein anderer Mitgliedstaat oder ein am Verteilmechanismus teilnehmender Drittstaat, der die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 anwendet, zuständig ist, erhalten ebenfalls nur Leistungen entsprechend Absatz 1. Satz 1 gilt entsprechend für Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 oder 1a, denen bereits von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder von einem am Verteilmechanismus teilnehmenden Drittstaat im Sinne von Satz 1

1.
internationaler Schutz oder
2.
aus anderen Gründen ein Aufenthaltsrecht gewährt worden ist,
wenn der internationale Schutz oder das aus anderen Gründen gewährte Aufenthaltsrecht fortbesteht. Satz 2 Nummer 2 gilt für Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 5 entsprechend.

(5) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, 1a oder 7 erhalten nur Leistungen entsprechend Absatz 1, wenn

1.
sie ihrer Pflicht nach § 13 Absatz 3 Satz 3 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
2.
sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 4 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
3.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge festgestellt hat, dass sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 5 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
4.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge festgestellt hat, dass sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 6 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
5.
sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 7 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
6.
sie den gewährten Termin zur förmlichen Antragstellung bei der zuständigen Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge oder dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht wahrgenommen haben oder
7.
sie den Tatbestand nach § 30 Absatz 3 Nummer 2 zweite Alternative des Asylgesetzes verwirklichen, indem sie Angaben über ihre Identität oder Staatsangehörigkeit verweigern,
es sei denn, sie haben die Verletzung der Mitwirkungspflichten oder die Nichtwahrnehmung des Termins nicht zu vertreten oder ihnen war die Einhaltung der Mitwirkungspflichten oder die Wahrnehmung des Termins aus wichtigen Gründen nicht möglich. Die Anspruchseinschränkung nach Satz 1 endet, sobald sie die fehlende Mitwirkungshandlung erbracht oder den Termin zur förmlichen Antragstellung wahrgenommen haben.

(6) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1, die nach Vollendung des 18. Lebensjahres vorsätzlich oder grob fahrlässig Vermögen, das gemäß § 7 Absatz 1 und 5 vor Eintritt von Leistungen nach diesem Gesetz aufzubrauchen ist,

1.
entgegen § 9 Absatz 3 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 60 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch nicht angeben oder
2.
entgegen § 9 Absatz 3 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 60 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch nicht unverzüglich mitteilen
und deshalb zu Unrecht Leistungen nach diesem Gesetz beziehen, haben nur Anspruch auf Leistungen entsprechend Absatz 1.

(7) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 oder 5, deren Asylantrag durch eine Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 31 Absatz 6 des Asylgesetzes als unzulässig abgelehnt wurde und für die eine Abschiebung nach § 34a Absatz 1 Satz 1 zweite Alternative des Asylgesetzes angeordnet wurde, erhalten nur Leistungen entsprechend Absatz 1, auch wenn die Entscheidung noch nicht unanfechtbar ist. Satz 1 gilt nicht, sofern ein Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung angeordnet hat.

Tenor

I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Landshut vom 22. Juni 2018 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I.

Streitig ist im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Höhe der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) in der Zeit vom 25.05.2018 bis 31.10.2018. Umstritten ist eine Leistungseinschränkung nach § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG.

Die 1997 geborene Antragstellerin (die Bezeichnung der Beteiligten aus dem erstinstanzlichen Verfahren wird beibehalten) ist afghanische Staatsangehörige und reiste am 28.05.2016 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Das griechische Ministry of Migration Policy hatte Deutschland („The German Dublin Unit“) mit Schreiben vom 11.06.2017 mitgeteilt, dass die Antragstellerin am 29.03.2017 (gemeint wohl 2016?) in Griechenland internationalen Schutz beantragt habe, der ab 18.04.2016 garantiert worden sei. Sie habe keine Aufenthaltserlaubnis erhalten und ihr sei die Entscheidung nicht zugegangen.

Die Antragstellerin wurde für die Zeit ab 06.12.2016 der Stadt A. zugewiesen (Unterbringung in der Gemeinschaftsunterkunft (GU) A-Stadt-Bahnhof) und erhielt dort seitdem Leistungen nach § 3 AsylbLG, von 01.01.2018 bis 31.03.2018 Leistungen nach § 2 AsylbLG in Höhe von 356,65 Euro (Bescheid vom 19.12.2017 für die Zeit vom 01.01.2018 bis 31.01.2018 mit dem Hinweis, dass für die folgenden Monate jeweils erneut über die weitere Hilfegewährung entschieden und diese ausgezahlt werde, ohne dass hierzu ein neuer Bescheid ergehe) und ab 01.04.2018 zunächst wieder Leistungen nach § 3 AsylbLG in Höhe von 320,14 Euro (Bescheid vom 29.03.2018 für die Zeit vom 01.04.2018 bis 30.04.2018, wiederum mit dem Hinweis, dass für die folgenden Monate jeweils erneut über die weitere Hilfegewährung entschieden und diese ausgezahlt werde, ohne dass hierzu ein neuer Bescheid ergehe).

Der Asylantrag der Antragstellerin vom 22.06.2016 wurde durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mit Bescheid vom 19.03.2018 als unzulässig abgelehnt, da Griechenland der Antragstellerin internationalen Schutz gewährt habe. Abschiebungsverbote lägen nicht vor. Es wurde in dem Bescheid eine Ausreisefrist von 30 Tagen verfügt. Über die Klage vom 05.04.2018 () hiergegen wurde vom zuständigen Verwaltungsgericht C-Stadt noch nicht entschieden. Eine Terminierung ist nach schriftlicher Auskunft des Verwaltungsgerichts vom 27.08.2018 noch nicht absehbar.

Am 10.04.2018 hörte die Antragsgegnerin die Antragstellerin zur beabsichtigten Leistungskürzung persönlich an, da das BAMF ihren Asylantrag mit Bescheid vom 19.03.2018 wegen der Zuerkennung des Flüchtlingsstatus´ in Griechenland abgelehnt und die Abschiebung nach Griechenland angeordnet habe.

Mit Bescheid vom 26.04.2018, der Antragstellerin am 04.05.2018 ausgehändigt, bewilligte die Antragsgegnerin der Antragstellerin für die Zeit vom 01.05.2018 bis 31.10.2018 vorläufig nur noch eingeschränkte Leistungen nach § 1a Abs. 4 iVm Abs. 2 AsylbLG (Sachleistungen für Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke, Gesundheits- und Körperpflege im Wert von insgesamt 165,84 Euro pro Monat, Unterkunft, Energie und Wohnungsinstandhaltung sowie Innenausstattung, Haushaltsgeräte und -gegenstände als Sachleistungen). Der Antragstellerin sei in Griechenland bereits die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden. Diese gelte drei Jahre lang. Folge sei die eingeschränkte Leistungsgewährung nach § 1a Abs. 4 AsylbLG.

Hiergegen (bezeichnet als Bescheid vom 04.05.2018) erhob die Bevollmächtigte der Antragstellerin Widerspruch. Wegen der Klageerhebung vor dem Verwaltungsgericht C-Stadt ende die Ausreisefrist erst 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens. Die Antragstellerin sei bis dahin im Besitz einer Aufenthaltsgestattung und falle nicht in den Anwendungsbereich des § 1a AsylbLG. Die Unzulässigkeitsentscheidung des BAMF sei rechtswidrig, da die Lebensbedingungen in Griechenland nicht den Anforderungen der Anerkennungsrichtlinie (2011/95/EU) der EU entsprächen. Eine Entscheidung über den Widerspruch ist bislang, soweit ersichtlich, noch nicht erfolgt.

Die Antragstellerin beantragte am 25.05.2018 beim Sozialgericht München einstweiligen Rechtsschutz, das den Rechtsstreit mit Beschluss vom 13.06.2018 an das örtlich zuständige Sozialgericht Landshut (SG) verwies. Die Antragstellerin führte aus, dass sie mit ihren Eltern und ihrer körperlich und geistig behinderten Schwester in Deutschland lebe. Diese seien auf ihre Hilfe erheblich angewiesen.

Die Antragsgegnerin wies darauf hin, die Leistungskürzung sei rechtmäßig erfolgt, da § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG diese zwingend ohne Ermessen der Behörde auch für Leistungsberechtigte nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 5 AsylbLG vorsehe, denen bereits von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union internationaler Schutz gewährt worden sei, wenn dieser fortbestehe. Nach Mitteilung des griechischen Ministry of Migration Policy sei der Schutz ab 18.04.2016 gewährt worden; dieser gelte drei Jahre. Die Ausführungen der Antragstellerin zur Rechtswidrigkeit der Unzulässigkeitsentscheidung des BAMF seien für die Leistungskürzung nach § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG ohne Bedeutung, da es sich um zwei verschiedene Rechtsbereiche handele. Es komme daher auch nicht darauf an, ob die Lebensbedingungen in Griechenland den Anforderungen für anerkannte Flüchtlinge entsprächen oder ob die Trennung der Kernfamilie eine Rückführungsmaßnahme ausschließe.

Das SG verpflichtete die Antragsgegnerin mit Beschluss vom 22.06.2018, der Antragstellerin vorläufig Leistungen nach dem AsylbLG für die Zeit vom 25.05.2018 bis 31.10.2018 in Höhe von insgesamt 320,14 Euro monatlich, für Mai 2018 anteilig, zu zahlen und lehnte den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz im Übrigen ab. Der Zweck der zum 06.08.2016 in Kraft getretenen Anspruchseinschränkung nach § 1a Abs. 4 S. 2 AsylbLG bestehe in der Begrenzung der Sekundärmigration insbesondere aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union nach Deutschland. Nach dem Gesetzentwurf vom 31. Mai 2016 diene sie der Vervollständigung der Regelung nach § 1a Abs. 4 Satz 1 AsylbLG (BT-Drs. 18/8615, S. 35), wonach eine Anspruchseinschränkung für bestimmte Fälle vorgesehen ist, in denen ein anderer Mitgliedstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Bereits im Gesetzgebungsverfahren zu § 1a Abs. 4 AsylbLG in der ab dem 24. Oktober 2015 geltenden Fassung sei gefordert worden, dass eine Leistungseinschränkung auch („erst recht“) bei Personen erfolge, deren Asylverfahren in einem anderen Mitgliedstaat durch Gewährung eines Schutzstatus bereits positiv abgeschlossen worden seien (Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 07.02.2018 - L 8 AY 23/17 B ER -, m. w. N.). Unter Berücksichtigung des dargestellten Normzwecks und des Regelungszusammenhangs sei eine teleologische Reduktion von § 1a Abs. 4 S. 2 AsylbLG geboten. § 1a Abs. 4 S. 2 AsylbLG sei zum Zeitpunkt der Einreise der Antragstellerin in die Bundesrepublik am 28.05.2016 noch nicht in Kraft gewesen. Daher habe der Zweck der Regelung - Begrenzung der Sekundärmigration - nach der Einreise der Antragstellerin schon nicht mehr erreicht werden können. Nur diese Auslegung der Norm und die Heranziehung des Zeitpunktes der Einreise ermögliche eine verfassungskonforme Auslegung. Erforderlich sei ein pflichtwidriges Verhalten. Dieses könne vorliegend nur darin zu sehen sein, dass eine Einreise und eine Asylantragstellung erfolgt seien, obwohl bereits die Gewährung eines Aufenthaltsrechts (Schutzstatus) in einem anderen EU-Mitgliedstaat bestand. Zum Zeitpunkt der Einreise und damit der (möglichen) Pflichtverletzung sei jedoch das Verhalten der Antragstellerin gesetzlich noch nicht sanktioniert gewesen. Die leistungsrechtliche Konsequenz bzw. deren Androhung habe daher das Ziel der Verhinderung der Pflichtverletzung nicht erreichen können. Hinzu komme vorliegend, dass der Antragstellerin zum Zeitpunkt der möglichen Pflichtverletzung (Einreise) die Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch Griechenland nach Mitteilung der dort zuständigen Stelle noch nicht bekannt gewesen sei, so dass ein Verschulden der Antragstellerin nicht zu erkennen sei. Es könne somit dahinstehen, ob für das Beispiel Griechenland im einstweiligen Rechtsschutz existenzsichernde Leistungen in vollem Umfang bereits deshalb zu gewähren seien, weil die Abschiebung in einen anderen EU-Staat wegen einer dort drohenden unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK nicht möglich sei. Die Eilbedürftigkeit ergebe sich auch aus der Tatsache, dass die Antragstellerin sonst längere Zeit unterhalb des (soziokulturellen) Existenzminimums leben müsse. Zugesprochen würden Leistungen für die Zeit ab Stellung des Eilantrags ab 25.05.2018 bis 31.10.2018 und in beantragter Höhe nach § 3 AsylbLG. Dabei werde berücksichtigt, dass Unterkunft, Energie und Wohnungsinstandhaltung, Innenausstattung, Haushaltsgeräte und Haushaltsgegenstände zusätzlich durch Sachleistung gewährt würden. Die Zahlung könne grundsätzlich, soweit möglich, auch durch Warengutscheine erfolgen.

Gegen den ihr am 26.06.2018 zugestellten Beschluss des SG hat die Antragsgegnerin am 10.07.2018 Beschwerde beim SG eingelegt, das diese am 11.07.2018 an das Bayerische Landessozialgericht (LSG) weiterleitete. Zur Begründung wird ausgeführt, das SG verkenne den Zweck des § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG: Die Begrenzung der Sekundärmigration könne auch dadurch erreicht werden, dass nicht nur die Einreise trotz Gewährung in einem anderen Mitgliedstaat sanktioniert werde, sondern auch das tatsächliche Verweilen in der Bundesrepublik trotz anderweitiger Anerkennung. Die Kürzung sei dann als Anreiz zur Rückreise zu sehen. Der Wortlaut des § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG stelle nicht explizit nur auf die Einreise als mögliche sanktionsbewehrte Handlung ab. Auch ein pflichtwidriges Verhalten, wie es das SG fordere, finde sich in der Norm nicht als Voraussetzung. Der Vergleich mit § 1a Abs. 2 Satz 1 AsylbLG, wonach eine Kürzung dann ausscheide, wenn eine Ausreise aus Gründen, die der Leistungsberechtigte nicht zu vertreten habe, nicht durchgeführt werden könne, zeige, dass § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG allein das tatsächliche Vorliegen eines Schutzstatus in einem anderen Mitgliedstaat zur Voraussetzung habe. Auch das positive Kennen oder Kennenmüssen des Schutzstatus in dem anderen Mitgliedstaat sei nicht Voraussetzung für die Leistungskürzung. Nur so könne sichergestellt werden, dass die Dublin-III-Verordnung eingehalten und eine unberechtigte Sekundärmigration verhindert werde. Das pflichtwidrige Verhalten der Antragstellerin bestehe jedenfalls darin, dass sie trotz Anerkennung in Griechenland in der Bundesrepublik verweile und nicht ausreise. Spätestens mit Zustellung des Bescheides des BAMF vom 19.03.2018 habe die Antragstellerin Kenntnis von der Anerkennung in Griechenland erhalten; sie sei auch im Rahmen der Anhörung am 10.04.2018 nochmals auf den dort bereits bestehenden Schutzstatus hingewiesen worden.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Landshut vom 22. Juni 2018 abzuändern und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Bevollmächtigte der Antragstellerin verwies auf die Ausführungen des SG im Beschluss vom 22.06.2018.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Antragsgegnerin sowie der Ausländerakte verwiesen.

II.

Die zum Teil zulässige Beschwerde gegen den Beschluss des SG Landshut vom 22.06.2018 führt in der Sache nicht zum Erfolg. Zu Recht hat das SG mit der einstweiligen Anordnung die Antragsgegnerin vorläufig zur Gewährung höherer Leistungen nach dem AsylbLG in der Zeit vom 25.05.2018 bis 31.10.2018 verpflichtet.

Die nach § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Beschwerde wurde form- und fristgerecht nach § 173 SGG erhoben. Die Beschwerde ist auch nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG iVm § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG ausgeschlossen, da der Beschwerdewert oberhalb von 750,- Euro liegt. Streitig ist die Differenz zwischen den begehrten Leistungen nach § 3 AsylbLG in Höhe von 320,14 Euro und den abgesenkten Leistungen, wie sie mit Bescheid vom 26.04.2018 in Höhe von 165,84 Euro für die Zeit von Mai bis Oktober 2018 bewilligt wurden. Diese beläuft sich auf 154,30 Euro monatlich, so dass sich die Beschwer der Antragsgegnerin für die Zeit vom 25.05.2018 bis 31.10.2018 in Höhe von insgesamt 807,50 Euro ergibt.

Der Beschwerde der Antragsgegnerin fehlt es hinsichtlich der Leistungsgewährung an die Antragstellerin bis zur Zustellung dieser Entscheidung des Senats an einem Rechtsschutzbedürfnis. Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschluss vom 08.02.2017 - L 8 SO 269/16 B ER und Beschluss vom 25.06.2018 - L 8 SO 49/18 B ER) liegt ein Rechtsschutzbedürfnis nicht mehr vor, soweit die Behörde die Leistung im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens bereits erbracht hat. Soweit der Sozialhilfeträger aufgrund der vorläufigen Verpflichtung durch das Sozialgericht leistet, sind seine Beschwer und damit auch das Rechtsschutzbedürfnis für die Beschwerde entfallen. Er ist insoweit auf das Hauptsacheverfahren zu verweisen. Ein rechtlicher oder tatsächlicher Vorteil ergibt sich durch die Aufhebung der Regelungsanordnung für den Sozialhilfeträger nicht, da der Rückzahlungsanspruch erst mit der rechtskräftigen Entscheidung des Hauptsacheverfahrens entsteht (vgl. ausführlich die Begründung des Beschlusses des Senats vom 25.06.2018 - L 8 SO 49/18 B ER, Rdnr. 20 ff., juris).

Jedenfalls für den Zeitraum ab Bekanntgabe der Entscheidung des Senats ist für den Fall der Verpflichtung des Sozialhilfeträgers zu - wie hier - laufenden Zahlungen aber ein Rechtsschutzbedürfnis gegeben, da bei einer Abänderung oder Aufhebung der Regelungsanordnung für die Zeit ab Bekanntgabe der Beschwerdeentscheidung niedrigere bzw. keine Leistungen mehr zu erbringen wären (vgl. Beschluss des Senats vom 25.06.2018 - L 8 SO 49/18 B ER, Rdnr. 30, juris).

Die Beschwerde ist jedoch auch insoweit nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Antragsgegnerin verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig für die Zeit vom 25.05.2018 bis 31.10.2018 höhere Leistungen nach § 3 AsylbLG zu gewähren.

Dass SG hat zutreffend entschieden, dass der Eilantrag als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG statthaft ist, da kein Fall des § 86b Abs. 1 SGG vorliegt. Die Antragstellerin kann ihr Rechtsschutzziel - die (vorläufige) Gewährung höherer Leistungen - nicht mit der Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid vom 26.04.2018 nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG erreichen. Zwar hat der Widerspruch gegen die Feststellung einer Einschränkung des Leistungsanspruchs nach § 1a AsylbLG gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG iVm § 11 Abs. 4 Nr. 2 AsylbLG keine aufschiebende Wirkung. Aus der Anordnung der aufschiebenden Wirkung würde sich aber nur dann die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Gewährung höherer Leistungen ergeben, wenn zuvor für den streitigen Zeitraum höhere Leistungen bewilligt worden wären. Dies ist jedoch vorliegend nicht der Fall, da die zuvor ergangenen Bewilligungsbescheide nur den Zeitraum bis April 2018 zum Gegenstand hatten (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 07.02.2018 - L 8 AY 23/17 B ER, Rdnr. 12, juris; Beschlüsse des Senats vom 08.07.2016 - L 8 AY 14/16 B ER, vom 13.09.2016 - L 8 AY 21/16 B ER sowie - zur Fassung des § 11 Abs. 4 Nr. 2 AsylbLG ab 06.08.2016 (eingefügt durch Art. 4 des Integrationsgesetzes vom 31.07.2016 (BGBl. 2016, I Nr. 39, S. 1939 ff.)) - Beschluss des Senats vom 21.12.2016 - L 8 AY 31/16 B ER, Rdnr. 30 ff., juris).

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG ist auch begründet. Die Antragstellerin hat sowohl einen Anordnungsanspruch als auch einen Anordnungsgrund hinsichtlich der Gewährung höherer Leistungen glaubhaft gemacht. Der Anspruch der Antragstellerin auf Gewährung höherer Leistungen nach § 3 AsylbLG ergibt sich vorliegend aus einer verfassungsrechtlich gebotenen teleologischen Reduktion des § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG.

Streitgegenständlich ist allein die Frage der Rechtmäßigkeit der Leistungseinschränkung nach § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG. Nach dieser Regelung gilt § 1a Abs. 4 Satz 1 AsylbLG, der als Rechtsfolge die Leistungsgewährung nach § 1a Abs. 2 AsylbLG (grundsätzlich nur Leistungen zur Deckung des Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege als Sachleistungen) anordnet, für Leistungsberechtigte nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 5 AsylbLG entsprechend, denen bereits von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem am Verteilmechanismus teilnehmenden Drittstaat iSd § 1a Abs. 4 Satz 1 AsylbLG internationaler Schutz oder aus anderen Gründen ein Aufenthaltsrecht gewährt worden ist, wenn der internationale Schutz oder das aus anderen Gründen gewährte Aufenthaltsrecht fortbesteht. Zweck der Regelung ist - wie das SG zutreffend ausführt - die Begrenzung der Sekundärmigration insbesondere aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union nach Deutschland (vgl. auch Oppermann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-AsylbLG, 2. Auf. 2014, § 1a AsylbLG, 2. Überarbeitung, Rdnr. 97 ff.).

Der Antragstellerin ist der Aufenthalt in Deutschland zur Durchführung des Asylverfahrens nach § 55 Abs. 1 AsylG gestattet; sie ist damit leistungsberechtigt nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 AsylbLG. Laut Mitteilung des Ministry of Migration Policy in Griechenland vom 11.06.2017 wurde der Antragstellerin dort mit Wirkung ab 18.04.2016 internationaler Schutz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG zuerkannt, wovon die Antragstellerin jedoch erst durch den Bescheid des BAMF vom 19.03.2018 erfahren hat.

Auch der Senat hält - wie das SG - eine teleologische Reduktion des § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG aus verfassungsrechtlichen Gründen für geboten. Rein seinem Wortlaut nach wird eine Leistungskürzung allein aus dem Grund vorgenommen, dass der Leistungsberechtigte einem europäischen Asylregime unterworfen ist, ohne dass explizit an ein konkretes Fehlverhalten des Leistungsberechtigten angeknüpft wird (vgl. auch Oppermann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-AsylbLG, 2. Auf. 2014, § 1a AsylbLG, 2. Überarbeitung, Rdnr. 97). Bereits im Gesetzgebungsverfahren zum Integrationsgesetz wurden (verfassungs-)rechtliche Bedenken an der Norm geäußert (vgl. die Empfehlung verschiedener Bundesratsausschüsse zum Entwurf des Integrationsgesetzes vom 06.06.2016, BR-Drs. 266/1/16). Soweit § 1a Abs. 4 AsylbLG, jedenfalls dem Wortlaut nach, eine Anspruchseinschränkung ohne Anknüpfung an ein Fehlverhalten vorsieht, widerspricht dies dem bisherigen Sanktionssystem sowohl im AsylbLG als auch in der Grundsicherung für Arbeitsuchende (Zweites Buch Sozialgesetzbuch - SGB II) und der Sozialhilfe (Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB XII), wonach die Kürzung der Leistungen stets ein bestimmtes, vorwerfbares Verhalten oder Unterlassen des Leistungsberechtigten zur Voraussetzung hat. Demnach hat es der Leistungsberechtigte selbst in der Hand, eine Leistungskürzung zu vermeiden bzw. zu beenden. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18.07.2012 (1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11), das zur Verfassungswidrigkeit der Höhe der Geldleistungen nach § 3 Abs. 2 Satz 2, 3 iVm § 3 Abs. 1 Satz 4 AsylbLG a.F. erging, können migrationspolitische Erwägungen, die Leistungen an Asylbewerber und Flüchtlinge niedrig zu halten, um Anreize für Wanderungsbewegungen durch ein im internationalen Vergleich eventuell hohes Leistungsniveau zu vermeiden, von vorneherein kein Absenken des Leistungsstandards unter das physische und soziokulturelle Existenzminimum rechtfertigen. Die in Art. 1 Abs. 1 GG garantierte Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren (vgl. BVerfG, Urteil vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 21 BvL 2/11, Rdnr. 95, juris).

Mit Blick hierauf ist auch für die Anspruchseinschränkung nach § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG - im Wege der normerhaltenden, teleologischen Reduktion - zu fordern, dass dem Leistungsberechtigten ein pflichtwidriges Verhalten vorzuwerfen ist. Zu Recht hat das SG hierauf abgestellt.

Die teleologische Reduktion gehört zu den anerkannten, verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Auslegungsgrundsätzen (BVerfG, Beschluss vom 15.10.2004 - 2 BvR 1316/04; BVerfG, Beschluss vom 07.04.1997 - 1 BvL 11/96; BVerfG, Beschluss vom 14.03.2011 - 1 BvL 13/07). Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass sie die auszulegende Vorschrift entgegen ihrem Wortlaut hinsichtlich eines Teils der von ihr erfassten Fälle für unanwendbar hält, weil deren Sinn und Zweck, die Entstehungsgeschichte und der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen gegen eine uneingeschränkte Anwendung sprechen (BVerfG, Beschluss vom 07.04.1997 - 1 BvL 11/96; BSG, Urteil vom 18.08.2011 - B 10 EG 7/10 R). Bei einem nach wortlautgetreuer Auslegung drohenden Grundrechtsverstoß kann eine zulässige und mit der Verfassung zu vereinbarende Auslegung der Norm entgegen deren Wortlaut sogar geboten sein (vgl. BSG, Urteil vom 19.12.2013 - B 2 U 17/12 R, Rdnr. 20, juris; BSG, Urteil vom 04.12.2014 - B 2 U 18/13 R; BSG, Urteil vom 15.12.2016 - B 5 RE 2/16 R). Die Grenzen verfassungskonformer Auslegung ergeben sich aus dem ordnungsgemäßen Gebrauch der anerkannten Auslegungsmethoden. Eine Norm ist nur dann für verfassungswidrig zu erklären, wenn keine nach den anerkannten Auslegungsgrundsätzen zulässige und mit der Verfassung vereinbare Auslegung möglich ist. Lassen der Wortlaut, die Entstehungsgeschichte, der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelung und deren Sinn und Zweck mehrere Deutungen zu, von denen eine zu einem verfassungsmäßigen Ergebnis führt, so ist diese geboten. Die Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung endet allerdings dort, wo sie mit dem Wortlaut und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers in Widerspruch träte (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.12.2014 - 1 BvR 2142/11). Es ist also zu beachten, dass im Wege der Auslegung einem nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Gesetz nicht ein entgegengesetzter Sinn verliehen, der normative Gehalt der auszulegenden Norm nicht grundlegend neu bestimmt oder das gesetzgeberische Ziel nicht in einem wesentlichen Punkt verfehlt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25.01.2011 - 1 BvR 918/10).

Höchstrichterliche Rechtsprechung zu Sanktionen im Bereich der Existenzsicherung gibt es bislang insbesondere zur Höhe von leistungsrechtlichen Sanktionen im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II. Das Argument für die nach Auffassung des 14. Senats des BSG gegebene Verfassungskonformität der Leistungskürzungen war, dass existenzsichernde Leistungen nicht voraussetzungslos zur Verfügung gestellt werden müssen und dass die Sanktionen auf ein korrigierbares Fehlverhalten des Leistungsberechtigten zurückgingen (vgl. BSG, Urteile vom 29.04.2015 - B 14 AS 19/14 R und vom 09.03.2016 - B 14 AS 20/15 R). In seiner Entscheidung vom 12.05.2017 (B 7 AY 1/16 R) hat der 7. Senat des BSG zu § 1a Nr. 2 AsylbG a.F. entschieden, dass die „an ein persönliches Fehlverhalten anknüpfende“ Vorschrift weder aufgrund der Bindungswirkung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 18.07.2012 noch aufgrund der dort entwickelten verfassungsrechtlichen Maßstäbe durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken begegne. Leistungseinschränkungen seien gegenüber dem durch den Menschenwürdeschutz und das Sozialstaatsprinzip vorgegebenen Niveau nicht generell als solche unzulässig. Sofern diese an die Nichteinhaltung rechtlich zulässiger Voraussetzungen geknüpft seien, werde die staatliche Verantwortung gelockert; sie rechtfertige eine Absicherung auf einem niedrigeren Niveau. § 1a Nr. 2 AsylbLG a.F. knüpfe allein an ein missbräuchliches Verhalten in der Verantwortung des Einzelnen an, dessen Aufgabe dieser jederzeit in der Hand habe, nicht dagegen an generell-abstrakt gefasste migrationspolitische Erwägungen, das Leistungsniveau niedrig zu halten (vgl. BSG, Urteil vom 12.05.2017 - B 7 AY 1/16 R, Rdnr. 29, 32, juris).

Im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11) und dessen Ausstrahlungswirkung (vgl. Oppermann, Leistungseinschränkungen und Sanktionen als Mittel zur Bewältigung der Flüchtlingswelle, ZESAR, 2017, S. 56) sowie unter Berücksichtigung der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Verfassungsmäßigkeit von Sanktionen im Bereich des SGB II und AsylbLG, hält es der Senat für problematisch, eine Leistungseinschränkung, wie der Wortlaut des § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG zunächst nahelegt, allein auf die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Personenkreis zu stützen, ohne dass das konkrete Verhalten des Leistungsberechtigten dabei in den Blick genommen wird.

Der Senat verweist auf seine bisherige Rechtsprechung zu § 1a AsylbLG, wonach im Hinblick auf das Grundrecht auf Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 iVm Art. 20 Abs. 1 Grundgesetz (GG) und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eine restriktive Auslegung des § 1a AsylbLG geboten ist (vgl. Beschluss des Senats vom 21.12.2016 - L 8 AY 31/16 B ER; s. auch Oppermann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-AsylbLG, 2. Auf. 2014, § 1a AsylbLG, 2. Überarbeitung, Rdnr. 154 ff.). Das Gebot der restriktiven Auslegung folgt insbesondere daraus, dass Leistungen nach §§ 3 ff. AsylbLG im Vergleich zu Leistungen nach dem SGB II und SGB XII ohnehin bereits reduziert sind, so dass jede weitere Leistungseinschränkung eine nochmalige Absenkung des Leistungsniveaus zur Folge hat. Bei einer zu großzügigen Handhabung des § 1a AsylbLG besteht die Gefahr einer unzulässigen Unterschreitung des von Verfassung wegen stets zu gewährleistenden menschenwürdigen Existenzminimums der Leistungsberechtigten und ihrer Familienangehörigen (vgl. Hohm in: Gemeinschaftskommentar zum AsylbLG, § 1a, Stand: Februar 2017, Rdnr. 42).

Dafür, dass der Gesetzgeber auch bei § 1a Abs. 4 AsylbLG ein pflichtwidriges Verhalten sanktionieren wollte, spricht die systematische Verortung dieser Anspruchseinschränkung in § 1a AsylbLG. Hintergrund aller Leistungseinschränkungen in dieser Norm ist - wie sich aus der Gesamtzusammenschau der verschiedenen Tatbestände des § 1a AsylbLG ergibt - ein konkretes, selbst zu vertretendes (ausländerrechtliches) Fehlverhalten, als Folge dessen die Leistungseinschränkung greift (s. auch Hohm in: Gemeinschaftskommentar zum AsylbLG, § 1a, Stand: Februar 2017, Rdnr. 352, wonach alle anspruchseinschränkenden Tatbestände des § 1a AsylbLG an ein individuelles Fehlverhalten leistungsberechtigter Personen anknüpfen bzw. explizit zu § 1a Abs. 4 und 5 AsylbLG Rdnr. 43.4; a.A. für § 1a Abs. 4 AsylbLG Oppermann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-AsylbLG, 2. Aufl. 2014, 2. Überarbeitung, § 1a, Rdnr. 97; Birk in: Bieritz-Harder/Conradis/Thie, Sozialgesetzbuch XII, 11. Aufl. 2018, § 1a AsylbLG, Rdnr. 6; Korff in: BeckOK Sozialrecht, Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, Stand: 01.06.2018, § 1a AsylbLG, Rdnr. 24; SG Lüneburg, Beschluss vom 03.05.2017 - S 26 AY 28/17 ER; SG Lüneburg, Beschluss vom 06.06.2017 - S 26 AY 10/17 ER). Dass der Gesetzgeber dies bei allen Tatbestandsvarianten im Sinn hatte, zeigt auch der Wortlaut des § 14 Abs. 2 AsylbLG (Dauer der Anspruchseinschränkung, Abs. 2 mit Wirkung zum 24.10.2015 durch das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20.10.2015 (BGBl. I, 1722) eingefügt), der eine Verlängerung der Anspruchseinschränkung bei „fortbestehender Pflichtverletzung“ vorsieht.

Auch für die Leistungseinschränkung nach § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG ist daher zu fordern, dass in der Einreise bzw. nicht erfolgenden Ausreise ein Fehlverhalten des Leistungsberechtigten liegen muss (vgl. auch Hohm, aaO., § 1a AsylbLG, Rdnr. 362: auch § 1a Abs. 4 AsylbLG knüpfe an ein individuelles Fehlverhalten von Asylsuchenden an). Ein pflichtwidriges Fehlverhalten der Antragstellerin lag - wie das SG zutreffend entschieden hat - hier nicht in der Einreise der Antragstellerin im Mai 2016 nach Deutschland, da sie zu diesem Zeitpunkt noch keine Kenntnis von der ihr durch Griechenland mit Wirkung ab 18.04.2016 gewährten Flüchtlingseigenschaft hatte. So wird auch in der Literatur zu Recht gefordert, dass vom personalen Anwendungsbereich des § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG (nur) Fälle erfasst werden, in denen Leistungsberechtigten nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 oder 5 AsylbLG durch einen anderen EU-Mitgliedstaat oder einen am Verteilmechanismus teilnehmenden Drittstaat bereits internationaler Schutz oder ein Aufenthaltsrecht aus anderen Gründen gewährt worden ist, dieser Schutzstatus oder das Aufenthaltsrecht noch andauert und die leistungsberechtigten Personen sich ungeachtet dessen in die Bundesrepublik Deutschland begeben haben und dort weiterhin verweilen (vgl. Hohm, aaO., § 1a, Rdnr. 356).

Zwar gibt der Senat der Antragsgegnerin Recht darin, dass ein vorwerfbares Fehlverhalten der Antragstellerin grundsätzlich auch im Verweilen im Bundesgebiet liegen kann. Dies setzt jedoch voraus, dass die Antragstellerin bereits mit einem (unanfechtbaren) Ausreiseverlangen konfrontiert wurde. Zwar hat das BAMF vorliegend mit Bescheid vom 19.03.2018 eine sogenannte Unzulässigkeitsentscheidung getroffen und den Asylantrag der Antragstellerin nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG abgelehnt, da sie in Griechenland bereits internationalen Schutz genieße. Verfügt wurde dabei eine Ausreisefrist von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung. Die Antragstellerin hat aber erstmals mit dem Bescheid des BAMF vom 19.03.2018 überhaupt davon erfahren, dass ihr in Griechenland offenbar internationaler Schutz gewährt wurde. Denn nach Mitteilung des griechischen Ministry of Migration Policy vom 11.06.2017 hat die Antragstellerin die dortige Entscheidung wie auch die Aufenthaltserlaubnis nicht erhalten. Gegen den Bescheid des BAMF hat die Antragstellerin Klage erhoben, so dass dieser nicht bestandskräftig und damit gegenüber der Antragstellerin nicht bindend geworden ist.

Der Senat geht in dieser besonderen Fallkonstellation nicht davon aus, dass der Antragstellerin ein individuelles Fehlverhalten vorzuwerfen ist. Denn sie hat von der ihr rechtlich gewährten Möglichkeit Gebrauch gemacht, gegen den Bescheid des BAMF, mit dem sie erstmals auf den ihr bereits in Griechenland gewährten internationalen Schutz verwiesen und daher ihre Ausreise gefordert wird, zu klagen. Jedenfalls für die Leistungsberechtigten nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 AsylbLG, die bei Einreise keine Kenntnis von dem ihnen bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem am Verteilmechanismus teilnehmenden Drittstaat iSd § 1a Abs. 4 Satz 1 AsylbLG gewährten internationalen Schutz oder Aufenthaltsrecht aus anderen Gründen hatten und die erst durch die Entscheidung des BAMF hiervon erfahren, ist nach Auffassung des Senats, insbesondere auch aus Gründen der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) mit den ebenfalls in diese Anspruchseinschränkung nach § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG einbezogenen Leistungsberechtigten nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG (vollziehbar Ausreisepflichtige), zu fordern, dass die entsprechende ablehnende (Unzulässigkeits-)Entscheidung des BAMF bestands- bzw. rechtskräftig geworden ist (vgl. mit ähnlicher Begründung auch Hohm aaO., § 1a AsylbLG, Rdnr. 351 zur Anspruchseinschränkung nach § 1a Abs. 4 Satz 1 AsylbLG, der aus dem Wortlaut der Norm „zuständig ist“ folgert, dass diese Anspruchseinschränkung erst mit der bestands- oder rechtskräftig festgestellten Zuständigkeit eines anderen EU-Mitgliedstaates oder eines am Verteilmechanismus teilnehmenden Drittstaates beginnt.).

Über die am 05.04.2018 erhobene Klage beim Verwaltungsgericht C-Stadt wurde nach Auskunft von dort bislang noch nicht entschieden. Die Klage hat, da das BAMF in dem Bescheid nicht nach § 36 Abs. 1 AsylG eine Ausreisefrist von einer Woche, sondern eine Ausreisefrist von 30 Tagen verfügte, nach § 75 Abs. 1 iVm § 38 Abs. 1 AsylG aufschiebende Wirkung, so dass dieser Bescheid noch nicht vollziehbar geworden ist. Im Falle der Klageerhebung endet nach § 38 Abs. 1 Satz 2 AsylG die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens. Maßgebend für den Eintritt der aufschiebenden Wirkung der Klage ist nicht die Länge der nach den gesetzlichen Vorgaben (hier nach § 36 Abs. 1 AsylG eigentlich 1 Woche) zu setzenden Ausreisefrist, sondern die von der Behörde tatsächlich getroffene Entscheidung zu Ausreisefrist und Abschiebungsandrohung. Denn obgleich für Asylverfahren die Dauer der mit der Abschiebungsandrohung zu setzenden Ausreisefrist zwingend gesetzlich vorgegeben ist, ist es Sache der zuständigen Behörde, die Frist im konkreten Einzelfall festzusetzen (vgl. VG Hamburg, Beschluss vom 06.07.2018 - 9 AE 2692/18; BVerwG, Urteil vom 17.08.2010 - 10 C 18/09, juris, Rdnr. 18).

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt kann der Antragstellerin daher, insbesondere mit Blick auf die durch Art. 19 Abs. 4 GG verfassungsrechtlich garantierte Gewährung effektiven Rechtsschutzes, ein individuelles Fehlverhalten nicht vorgeworfen werden. Da sie die Entscheidung der griechischen Behörde nicht erhalten und erst durch den - von ihr mittels Klage angefochtenen - Bescheid des BAMF vom 19.03.2018 von dem ihr in Griechenland gewährten Flüchtlingsstatus erfahren hat, kann ihr aus Sicht des Senats nicht vorgeworfen werden, dass sie derzeit noch im Bundesgebiet verweilt. Die Fallgestaltung unterscheidet sich von den Fällen, in denen Asylsuchende im Wissen um den ihnen bereits in einem anderen Staat gewährten Schutz dennoch in das Bundesgebiet einreisen und dort verweilen. Das Verlangen an die Antragstellerin, aus der Bundesrepublik Deutschland auszureisen, steht unanfechtbar erst dann und für den Fall fest, dass das Verwaltungsgericht über die Klage der Antragstellerin gegen den Bescheid des BAMF vom 19.03.2018 negativ entschieden hat und die Frist von 30 Tagen nach Unanfechtbarkeit der Entscheidung abgelaufen ist.

Der Anordnungsgrund ergibt sich vorliegend aus dem existenzsichernden Charakter der von der Antragstellerin geltend gemachten Leistungen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nach § 177 SGG unanfechtbar.

(1) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 5, für die ein Ausreisetermin und eine Ausreisemöglichkeit feststehen, haben ab dem auf den Ausreisetermin folgenden Tag keinen Anspruch auf Leistungen nach den §§ 2, 3 und 6, es sei denn, die Ausreise konnte aus Gründen, die sie nicht zu vertreten haben, nicht durchgeführt werden. Ihnen werden bis zu ihrer Ausreise oder der Durchführung ihrer Abschiebung nur noch Leistungen zur Deckung ihres Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege gewährt. Nur soweit im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, können ihnen auch andere Leistungen im Sinne von § 3 Absatz 1 Satz 1 gewährt werden. Die Leistungen sollen als Sachleistungen erbracht werden.

(2) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5 und Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 6, soweit es sich um Familienangehörige der in § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5 genannten Personen handelt, die sich in den Geltungsbereich dieses Gesetzes begeben haben, um Leistungen nach diesem Gesetz zu erlangen, erhalten nur Leistungen entsprechend Absatz 1.

(3) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5, bei denen aus von ihnen selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können, erhalten ab dem auf die Vollziehbarkeit einer Abschiebungsandrohung oder Vollziehbarkeit einer Abschiebungsanordnung folgenden Tag nur Leistungen entsprechend Absatz 1. Können bei nach § 1 Absatz 1 Nummer 6 leistungsberechtigten Ehegatten, Lebenspartnern oder minderjährigen Kindern von Leistungsberechtigten nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 oder 5 aus von ihnen selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden, so gilt Satz 1 entsprechend.

(4) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, 1a oder 5, für die in Abweichung von der Regelzuständigkeit nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31) nach einer Verteilung durch die Europäische Union ein anderer Mitgliedstaat oder ein am Verteilmechanismus teilnehmender Drittstaat, der die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 anwendet, zuständig ist, erhalten ebenfalls nur Leistungen entsprechend Absatz 1. Satz 1 gilt entsprechend für Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 oder 1a, denen bereits von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder von einem am Verteilmechanismus teilnehmenden Drittstaat im Sinne von Satz 1

1.
internationaler Schutz oder
2.
aus anderen Gründen ein Aufenthaltsrecht gewährt worden ist,
wenn der internationale Schutz oder das aus anderen Gründen gewährte Aufenthaltsrecht fortbesteht. Satz 2 Nummer 2 gilt für Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 5 entsprechend.

(5) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, 1a oder 7 erhalten nur Leistungen entsprechend Absatz 1, wenn

1.
sie ihrer Pflicht nach § 13 Absatz 3 Satz 3 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
2.
sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 4 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
3.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge festgestellt hat, dass sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 5 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
4.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge festgestellt hat, dass sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 6 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
5.
sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 7 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
6.
sie den gewährten Termin zur förmlichen Antragstellung bei der zuständigen Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge oder dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht wahrgenommen haben oder
7.
sie den Tatbestand nach § 30 Absatz 3 Nummer 2 zweite Alternative des Asylgesetzes verwirklichen, indem sie Angaben über ihre Identität oder Staatsangehörigkeit verweigern,
es sei denn, sie haben die Verletzung der Mitwirkungspflichten oder die Nichtwahrnehmung des Termins nicht zu vertreten oder ihnen war die Einhaltung der Mitwirkungspflichten oder die Wahrnehmung des Termins aus wichtigen Gründen nicht möglich. Die Anspruchseinschränkung nach Satz 1 endet, sobald sie die fehlende Mitwirkungshandlung erbracht oder den Termin zur förmlichen Antragstellung wahrgenommen haben.

(6) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1, die nach Vollendung des 18. Lebensjahres vorsätzlich oder grob fahrlässig Vermögen, das gemäß § 7 Absatz 1 und 5 vor Eintritt von Leistungen nach diesem Gesetz aufzubrauchen ist,

1.
entgegen § 9 Absatz 3 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 60 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch nicht angeben oder
2.
entgegen § 9 Absatz 3 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 60 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch nicht unverzüglich mitteilen
und deshalb zu Unrecht Leistungen nach diesem Gesetz beziehen, haben nur Anspruch auf Leistungen entsprechend Absatz 1.

(7) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 oder 5, deren Asylantrag durch eine Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 31 Absatz 6 des Asylgesetzes als unzulässig abgelehnt wurde und für die eine Abschiebung nach § 34a Absatz 1 Satz 1 zweite Alternative des Asylgesetzes angeordnet wurde, erhalten nur Leistungen entsprechend Absatz 1, auch wenn die Entscheidung noch nicht unanfechtbar ist. Satz 1 gilt nicht, sofern ein Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung angeordnet hat.

(1) Leistungsberechtigte nach § 1 erhalten Leistungen zur Deckung des Bedarfs an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheitspflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushalts (notwendiger Bedarf). Zusätzlich werden ihnen Leistungen zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens gewährt (notwendiger persönlicher Bedarf).

(2) Bei einer Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen im Sinne von § 44 Absatz 1 des Asylgesetzes wird der notwendige Bedarf durch Sachleistungen gedeckt. Kann Kleidung nicht geleistet werden, so kann sie in Form von Wertgutscheinen oder anderen vergleichbaren unbaren Abrechnungen gewährt werden. Gebrauchsgüter des Haushalts können leihweise zur Verfügung gestellt werden. Der notwendige persönliche Bedarf soll durch Sachleistungen gedeckt werden, soweit dies mit vertretbarem Verwaltungsaufwand möglich ist. Sind Sachleistungen für den notwendigen persönlichen Bedarf nicht mit vertretbarem Verwaltungsaufwand möglich, können auch Leistungen in Form von Wertgutscheinen, von anderen vergleichbaren unbaren Abrechnungen oder von Geldleistungen gewährt werden.

(3) Bei einer Unterbringung außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen im Sinne des § 44 Absatz 1 des Asylgesetzes sind vorbehaltlich des Satzes 3 vorrangig Geldleistungen zur Deckung des notwendigen Bedarfs zu gewähren. Anstelle der Geldleistungen können, soweit es nach den Umständen erforderlich ist, zur Deckung des notwendigen Bedarfs Leistungen in Form von unbaren Abrechnungen, von Wertgutscheinen oder von Sachleistungen gewährt werden. Der Bedarf für Unterkunft, Heizung und Hausrat sowie für Wohnungsinstandhaltung und Haushaltsenergie wird, soweit notwendig und angemessen, gesondert als Geld- oder Sachleistung erbracht. Absatz 2 Satz 3 ist entsprechend anzuwenden. Der notwendige persönliche Bedarf ist vorbehaltlich des Satzes 6 durch Geldleistungen zu decken. In Gemeinschaftsunterkünften im Sinne von § 53 des Asylgesetzes kann der notwendige persönliche Bedarf soweit wie möglich auch durch Sachleistungen gedeckt werden.

(4) Bedarfe für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen neben den Leistungen nach den Absätzen 1 bis 3 entsprechend den §§ 34, 34a und 34b des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gesondert berücksichtigt. Die Regelung des § 141 Absatz 5 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.

(5) Leistungen in Geld oder Geldeswert sollen der oder dem Leistungsberechtigten oder einem volljährigen berechtigten Mitglied des Haushalts persönlich ausgehändigt werden. Stehen die Leistungen nicht für einen vollen Monat zu, wird die Leistung anteilig erbracht; dabei wird der Monat mit 30 Tagen berechnet. Geldleistungen dürfen längstens einen Monat im Voraus erbracht werden. Von Satz 3 kann nicht durch Landesrecht abgewichen werden.

(6) (weggefallen)

(1) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 5, für die ein Ausreisetermin und eine Ausreisemöglichkeit feststehen, haben ab dem auf den Ausreisetermin folgenden Tag keinen Anspruch auf Leistungen nach den §§ 2, 3 und 6, es sei denn, die Ausreise konnte aus Gründen, die sie nicht zu vertreten haben, nicht durchgeführt werden. Ihnen werden bis zu ihrer Ausreise oder der Durchführung ihrer Abschiebung nur noch Leistungen zur Deckung ihres Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege gewährt. Nur soweit im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, können ihnen auch andere Leistungen im Sinne von § 3 Absatz 1 Satz 1 gewährt werden. Die Leistungen sollen als Sachleistungen erbracht werden.

(2) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5 und Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 6, soweit es sich um Familienangehörige der in § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5 genannten Personen handelt, die sich in den Geltungsbereich dieses Gesetzes begeben haben, um Leistungen nach diesem Gesetz zu erlangen, erhalten nur Leistungen entsprechend Absatz 1.

(3) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5, bei denen aus von ihnen selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können, erhalten ab dem auf die Vollziehbarkeit einer Abschiebungsandrohung oder Vollziehbarkeit einer Abschiebungsanordnung folgenden Tag nur Leistungen entsprechend Absatz 1. Können bei nach § 1 Absatz 1 Nummer 6 leistungsberechtigten Ehegatten, Lebenspartnern oder minderjährigen Kindern von Leistungsberechtigten nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 oder 5 aus von ihnen selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden, so gilt Satz 1 entsprechend.

(4) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, 1a oder 5, für die in Abweichung von der Regelzuständigkeit nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31) nach einer Verteilung durch die Europäische Union ein anderer Mitgliedstaat oder ein am Verteilmechanismus teilnehmender Drittstaat, der die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 anwendet, zuständig ist, erhalten ebenfalls nur Leistungen entsprechend Absatz 1. Satz 1 gilt entsprechend für Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 oder 1a, denen bereits von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder von einem am Verteilmechanismus teilnehmenden Drittstaat im Sinne von Satz 1

1.
internationaler Schutz oder
2.
aus anderen Gründen ein Aufenthaltsrecht gewährt worden ist,
wenn der internationale Schutz oder das aus anderen Gründen gewährte Aufenthaltsrecht fortbesteht. Satz 2 Nummer 2 gilt für Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 5 entsprechend.

(5) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, 1a oder 7 erhalten nur Leistungen entsprechend Absatz 1, wenn

1.
sie ihrer Pflicht nach § 13 Absatz 3 Satz 3 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
2.
sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 4 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
3.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge festgestellt hat, dass sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 5 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
4.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge festgestellt hat, dass sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 6 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
5.
sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 7 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
6.
sie den gewährten Termin zur förmlichen Antragstellung bei der zuständigen Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge oder dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht wahrgenommen haben oder
7.
sie den Tatbestand nach § 30 Absatz 3 Nummer 2 zweite Alternative des Asylgesetzes verwirklichen, indem sie Angaben über ihre Identität oder Staatsangehörigkeit verweigern,
es sei denn, sie haben die Verletzung der Mitwirkungspflichten oder die Nichtwahrnehmung des Termins nicht zu vertreten oder ihnen war die Einhaltung der Mitwirkungspflichten oder die Wahrnehmung des Termins aus wichtigen Gründen nicht möglich. Die Anspruchseinschränkung nach Satz 1 endet, sobald sie die fehlende Mitwirkungshandlung erbracht oder den Termin zur förmlichen Antragstellung wahrgenommen haben.

(6) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1, die nach Vollendung des 18. Lebensjahres vorsätzlich oder grob fahrlässig Vermögen, das gemäß § 7 Absatz 1 und 5 vor Eintritt von Leistungen nach diesem Gesetz aufzubrauchen ist,

1.
entgegen § 9 Absatz 3 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 60 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch nicht angeben oder
2.
entgegen § 9 Absatz 3 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 60 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch nicht unverzüglich mitteilen
und deshalb zu Unrecht Leistungen nach diesem Gesetz beziehen, haben nur Anspruch auf Leistungen entsprechend Absatz 1.

(7) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 oder 5, deren Asylantrag durch eine Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 31 Absatz 6 des Asylgesetzes als unzulässig abgelehnt wurde und für die eine Abschiebung nach § 34a Absatz 1 Satz 1 zweite Alternative des Asylgesetzes angeordnet wurde, erhalten nur Leistungen entsprechend Absatz 1, auch wenn die Entscheidung noch nicht unanfechtbar ist. Satz 1 gilt nicht, sofern ein Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung angeordnet hat.

(1) Die Anspruchseinschränkungen nach diesem Gesetz sind auf sechs Monate zu befristen.

(2) Im Anschluss ist die Anspruchseinschränkung bei fortbestehender Pflichtverletzung fortzusetzen, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen der Anspruchseinschränkung weiterhin erfüllt werden.

(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

(1) Das Gericht bestimmt nach freiem Ermessen, welche Anordnungen zur Erreichung des Zweckes erforderlich sind.

(2) Die einstweilige Verfügung kann auch in einer Sequestration sowie darin bestehen, dass dem Gegner eine Handlung geboten oder verboten, insbesondere die Veräußerung, Belastung oder Verpfändung eines Grundstücks oder eines eingetragenen Schiffes oder Schiffsbauwerks untersagt wird.

(1) Leistungsberechtigte nach § 1 erhalten Leistungen zur Deckung des Bedarfs an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheitspflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushalts (notwendiger Bedarf). Zusätzlich werden ihnen Leistungen zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens gewährt (notwendiger persönlicher Bedarf).

(2) Bei einer Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen im Sinne von § 44 Absatz 1 des Asylgesetzes wird der notwendige Bedarf durch Sachleistungen gedeckt. Kann Kleidung nicht geleistet werden, so kann sie in Form von Wertgutscheinen oder anderen vergleichbaren unbaren Abrechnungen gewährt werden. Gebrauchsgüter des Haushalts können leihweise zur Verfügung gestellt werden. Der notwendige persönliche Bedarf soll durch Sachleistungen gedeckt werden, soweit dies mit vertretbarem Verwaltungsaufwand möglich ist. Sind Sachleistungen für den notwendigen persönlichen Bedarf nicht mit vertretbarem Verwaltungsaufwand möglich, können auch Leistungen in Form von Wertgutscheinen, von anderen vergleichbaren unbaren Abrechnungen oder von Geldleistungen gewährt werden.

(3) Bei einer Unterbringung außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen im Sinne des § 44 Absatz 1 des Asylgesetzes sind vorbehaltlich des Satzes 3 vorrangig Geldleistungen zur Deckung des notwendigen Bedarfs zu gewähren. Anstelle der Geldleistungen können, soweit es nach den Umständen erforderlich ist, zur Deckung des notwendigen Bedarfs Leistungen in Form von unbaren Abrechnungen, von Wertgutscheinen oder von Sachleistungen gewährt werden. Der Bedarf für Unterkunft, Heizung und Hausrat sowie für Wohnungsinstandhaltung und Haushaltsenergie wird, soweit notwendig und angemessen, gesondert als Geld- oder Sachleistung erbracht. Absatz 2 Satz 3 ist entsprechend anzuwenden. Der notwendige persönliche Bedarf ist vorbehaltlich des Satzes 6 durch Geldleistungen zu decken. In Gemeinschaftsunterkünften im Sinne von § 53 des Asylgesetzes kann der notwendige persönliche Bedarf soweit wie möglich auch durch Sachleistungen gedeckt werden.

(4) Bedarfe für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen neben den Leistungen nach den Absätzen 1 bis 3 entsprechend den §§ 34, 34a und 34b des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gesondert berücksichtigt. Die Regelung des § 141 Absatz 5 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.

(5) Leistungen in Geld oder Geldeswert sollen der oder dem Leistungsberechtigten oder einem volljährigen berechtigten Mitglied des Haushalts persönlich ausgehändigt werden. Stehen die Leistungen nicht für einen vollen Monat zu, wird die Leistung anteilig erbracht; dabei wird der Monat mit 30 Tagen berechnet. Geldleistungen dürfen längstens einen Monat im Voraus erbracht werden. Von Satz 3 kann nicht durch Landesrecht abgewichen werden.

(6) (weggefallen)

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, nicht Gebrauch, wird auf Antrag des Beteiligten der beizuordnende Rechtsanwalt vom Gericht ausgewählt. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer oder Rentenberater beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Prozeßkostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn der Beteiligte durch einen Bevollmächtigten im Sinne des § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 bis 9 vertreten ist.

(3) § 109 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(4) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(5) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(6) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 4 und 5 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(7) § 155 Absatz 4 gilt entsprechend.

(8) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 4 und 5 kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet.

(9) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 4 bis 8 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte findet die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Vertagungsbeschlüsse, Fristbestimmungen, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen und Sachverständigen können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Die Beschwerde ist ausgeschlossen

1.
in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte,
2.
gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe, wenn
a)
das Gericht die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint,
b)
in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte oder
c)
das Gericht in der Sache durch Beschluss entscheidet, gegen den die Beschwerde ausgeschlossen ist,
3.
gegen Kostengrundentscheidungen nach § 193,
4.
gegen Entscheidungen nach § 192 Abs. 4, wenn in der Hauptsache kein Rechtsmittel gegeben ist und der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro nicht übersteigt.

(1) Leistungsberechtigte nach § 1 erhalten Leistungen zur Deckung des Bedarfs an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheitspflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushalts (notwendiger Bedarf). Zusätzlich werden ihnen Leistungen zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens gewährt (notwendiger persönlicher Bedarf).

(2) Bei einer Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen im Sinne von § 44 Absatz 1 des Asylgesetzes wird der notwendige Bedarf durch Sachleistungen gedeckt. Kann Kleidung nicht geleistet werden, so kann sie in Form von Wertgutscheinen oder anderen vergleichbaren unbaren Abrechnungen gewährt werden. Gebrauchsgüter des Haushalts können leihweise zur Verfügung gestellt werden. Der notwendige persönliche Bedarf soll durch Sachleistungen gedeckt werden, soweit dies mit vertretbarem Verwaltungsaufwand möglich ist. Sind Sachleistungen für den notwendigen persönlichen Bedarf nicht mit vertretbarem Verwaltungsaufwand möglich, können auch Leistungen in Form von Wertgutscheinen, von anderen vergleichbaren unbaren Abrechnungen oder von Geldleistungen gewährt werden.

(3) Bei einer Unterbringung außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen im Sinne des § 44 Absatz 1 des Asylgesetzes sind vorbehaltlich des Satzes 3 vorrangig Geldleistungen zur Deckung des notwendigen Bedarfs zu gewähren. Anstelle der Geldleistungen können, soweit es nach den Umständen erforderlich ist, zur Deckung des notwendigen Bedarfs Leistungen in Form von unbaren Abrechnungen, von Wertgutscheinen oder von Sachleistungen gewährt werden. Der Bedarf für Unterkunft, Heizung und Hausrat sowie für Wohnungsinstandhaltung und Haushaltsenergie wird, soweit notwendig und angemessen, gesondert als Geld- oder Sachleistung erbracht. Absatz 2 Satz 3 ist entsprechend anzuwenden. Der notwendige persönliche Bedarf ist vorbehaltlich des Satzes 6 durch Geldleistungen zu decken. In Gemeinschaftsunterkünften im Sinne von § 53 des Asylgesetzes kann der notwendige persönliche Bedarf soweit wie möglich auch durch Sachleistungen gedeckt werden.

(4) Bedarfe für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen neben den Leistungen nach den Absätzen 1 bis 3 entsprechend den §§ 34, 34a und 34b des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gesondert berücksichtigt. Die Regelung des § 141 Absatz 5 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.

(5) Leistungen in Geld oder Geldeswert sollen der oder dem Leistungsberechtigten oder einem volljährigen berechtigten Mitglied des Haushalts persönlich ausgehändigt werden. Stehen die Leistungen nicht für einen vollen Monat zu, wird die Leistung anteilig erbracht; dabei wird der Monat mit 30 Tagen berechnet. Geldleistungen dürfen längstens einen Monat im Voraus erbracht werden. Von Satz 3 kann nicht durch Landesrecht abgewichen werden.

(6) (weggefallen)