Sozialgericht Duisburg Urteil, 28. Juli 2016 - S 1 U 408/13

ECLI:ECLI:DE:SGDU:2016:0728.S1U408.13.00
bei uns veröffentlicht am28.07.2016

Tenor

Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten und der Beigeladenen. Der Streitwert wird auf 179.022,21EUR festgesetzt.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18

ra.de-Urteilsbesprechung zu Sozialgericht Duisburg Urteil, 28. Juli 2016 - S 1 U 408/13

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Sozialgericht Duisburg Urteil, 28. Juli 2016 - S 1 U 408/13

Referenzen - Gesetze

Sozialgericht Duisburg Urteil, 28. Juli 2016 - S 1 U 408/13 zitiert 22 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 197a


(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskosten

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 136 Bescheid über die Zuständigkeit, Begriff des Unternehmers


(1) Der Unfallversicherungsträger stellt Beginn und Ende seiner Zuständigkeit für ein Unternehmen durch schriftlichen Bescheid gegenüber dem Unternehmer fest. Ein Unternehmen beginnt bereits mit den vorbereitenden Arbeiten für das Unternehmen. Bei in

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 121 Zuständigkeit der gewerblichen Berufsgenossenschaften


(1) Die gewerblichen Berufsgenossenschaften sind für alle Unternehmen (Betriebe, Verwaltungen, Einrichtungen, Tätigkeiten) zuständig, soweit sich nicht aus dem Zweiten und Dritten Unterabschnitt eine Zuständigkeit der landwirtschaftlichen Berufsgenos

Abgabenordnung - AO 1977 | § 68 Einzelne Zweckbetriebe


Zweckbetriebe sind auch:1.a)Alten-, Altenwohn- und Pflegeheime, Erholungsheime, Mahlzeitendienste, wenn sie in besonderem Maß den in § 53 genannten Personen dienen (§ 66 Abs. 3),b)Kindergärten, Kinder-, Jugend- und Studentenheime, Schullandheime und

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 132 Abweichende Zielvereinbarungen


(1) Leistungsträger und Träger der Leistungserbringer können Zielvereinbarungen zur Erprobung neuer und zur Weiterentwicklung der bestehenden Leistungs- und Finanzierungsstrukturen abschließen. (2) Die individuellen Leistungsansprüche der Leistun

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 131 Zuständigkeit für Hilfs- und Nebenunternehmen


(1) Umfaßt ein Unternehmen verschiedenartige Bestandteile (Hauptunternehmen, Nebenunternehmen, Hilfsunternehmen), die demselben Rechtsträger angehören, ist der Unfallversicherungsträger zuständig, dem das Hauptunternehmen angehört. § 129 Absatz 4 ble

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 122 Sachliche und örtliche Zuständigkeit


(1) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die sachliche Zuständigkeit der gewerblichen Berufsgenossenschaften nach Art und Gegenstand der Unternehmen unter Berücksichtigung der Präven

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 134 Sonderregelung zum Inhalt der Vereinbarungen zur Erbringung von Leistungen für minderjährige Leistungsberechtigte und in Sonderfällen


(1) In der schriftlichen Vereinbarung zur Erbringung von Leistungen für minderjährige Leistungsberechtigte zwischen dem Träger der Eingliederungshilfe und dem Leistungserbringer sind zu regeln:1.Inhalt, Umfang und Qualität einschließlich der Wirksamk

Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015) - SGB 1 | § 33c Benachteiligungsverbot


Bei der Inanspruchnahme sozialer Rechte darf niemand aus Gründen der Rasse, wegen der ethnischen Herkunft oder einer Behinderung benachteiligt werden. Ansprüche können nur insoweit geltend gemacht oder hergeleitet werden, als deren Voraussetzungen un

Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015) - SGB 1 | § 7 Zuschuß für eine angemessene Wohnung


Wer für eine angemessene Wohnung Aufwendungen erbringen muß, die ihm nicht zugemutet werden können, hat ein Recht auf Zuschuß zur Miete oder zu vergleichbaren Aufwendungen.

Sozialgesetzbuch (SGB) - Elftes Buch (XI) - Soziale Pflegeversicherung (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014) - SGB 11 | § 132 Zweck des Vorsorgefonds


Das Sondervermögen dient der langfristigen Stabilisierung der Beitragsentwicklung in der sozialen Pflegeversicherung. Es darf nach Maßgabe des § 136 nur zur Finanzierung der Leistungsaufwendungen der sozialen Pflegeversicherung verwendet werden.

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Sozialgericht Duisburg Urteil, 28. Juli 2016 - S 1 U 408/13 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Sozialgericht Duisburg Urteil, 28. Juli 2016 - S 1 U 408/13 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesverfassungsgericht Beschluss, 19. Dez. 2012 - 1 BvL 18/11

bei uns veröffentlicht am 19.12.2012

Tenor § 81 Absatz 6 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der Fassung des Gesetzes zur Bekämpfung von Preismissbrauch im Bereich der Energieversorgung und des Lebensmittelhandels vo

Finanzgericht Baden-Württemberg Urteil, 19. Okt. 2009 - 9 K 411/06

bei uns veröffentlicht am 19.10.2009

Tatbestand   1 Streitig ist, ob Leasinggeschäfte der Klägerin (Kl) durch den ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Bstb. a Umsatzsteuergesetz (UStG) begünstigt sind. 2 I. 1. Die Kl ist eine 100 %-ige Tochtergesellschaft der Stiftu

Referenzen

(1) Leistungsträger und Träger der Leistungserbringer können Zielvereinbarungen zur Erprobung neuer und zur Weiterentwicklung der bestehenden Leistungs- und Finanzierungsstrukturen abschließen.

(2) Die individuellen Leistungsansprüche der Leistungsberechtigten bleiben unberührt.

(3) Absatz 1 gilt nicht, soweit auch Leistungen nach dem Siebten Kapitel des Zwölften Buches gewährt werden.

(1) Der Unfallversicherungsträger stellt Beginn und Ende seiner Zuständigkeit für ein Unternehmen durch schriftlichen Bescheid gegenüber dem Unternehmer fest. Ein Unternehmen beginnt bereits mit den vorbereitenden Arbeiten für das Unternehmen. Bei in Eigenarbeit nicht gewerbsmäßig ausgeführten Bauarbeiten kann der Unfallversicherungsträger von der Feststellung seiner Zuständigkeit durch schriftlichen Bescheid absehen. War die Feststellung der Zuständigkeit für ein Unternehmen von Anfang an unrichtig oder ändert sich die Zuständigkeit für ein Unternehmen, überweist der Unfallversicherungsträger dieses dem zuständigen Unfallversicherungsträger. Die Überweisung erfolgt im Einvernehmen mit dem zuständigen Unfallversicherungsträger; sie ist dem Unternehmer von dem überweisenden Unfallversicherungsträger bekanntzugeben.

(2) Die Feststellung der Zuständigkeit war von Anfang an unrichtig, wenn sie den Zuständigkeitsregelungen eindeutig widerspricht oder das Festhalten an dem Bescheid zu schwerwiegenden Unzuträglichkeiten führen würde. Eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im Sinne des § 48 Abs. 1 des Zehnten Buches, die zu einer Änderung der Zuständigkeit führt, liegt vor, wenn das Unternehmen grundlegend und auf Dauer umgestaltet worden ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Zeitpunkt der Änderung der tatsächlichen Verhältnisse mehr als ein Jahr zurückliegt und seitdem keine der geänderten Zuständigkeit widersprechenden Veränderungen eingetreten sind oder wenn die Änderung der Zuständigkeit durch Zusammenführung, Aus- oder Eingliederung von abgrenzbaren Unternehmensbestandteilen bedingt ist. Eine Änderung gilt nicht als wesentlich, wenn ein Hilfsunternehmen im Sinne von § 131 Abs. 2 Satz 2 in eigener Rechtsform ausgegliedert wird, aber ausschließlich dem Unternehmen, dessen Bestandteil es ursprünglich war, dient. Satz 3 gilt nicht, wenn feststeht, dass die tatsächlichen Umstände, welche die Veränderung der Zuständigkeit begründen, innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren nach deren Eintritt entfallen. Stellt sich innerhalb eines Jahres nach Bestandskraft des Bescheides, mit dem erstmalig die Zuständigkeit für ein Unternehmen festgestellt wurde, heraus, dass die Zuständigkeit eines anderen Unfallversicherungsträgers gegeben ist, erfolgt eine Überweisung auch dann, wenn die weiteren Voraussetzungen in den Sätzen 1 bis 3 nicht erfüllt sind und kein Fall im Sinne des Satzes 5 vorliegt.

(3) Unternehmer ist

1.
die natürliche oder juristische Person oder rechtsfähige Personenvereinigung oder -gemeinschaft, der das Ergebnis des Unternehmens unmittelbar zum Vor- oder Nachteil gereicht,
2.
bei nach § 2 Absatz 1 Nummer 2 oder Nummer 15 Buchstabe a bis c versicherten Rehabilitanden der Rehabilitationsträger, bei nach § 2 Absatz 1 Nummer 15 Buchstabe d versicherten Teilnehmern an Präventionsmaßnahmen der Maßnahmeträger,
3.
bei Versicherten nach § 2 Absatz 1 Nummer 2, 8 und 14 Buchstabe b der Sachkostenträger,
4.
beim Betrieb eines Seeschiffs der Reeder,
5.
bei nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe a oder b Versicherten, die für eine privatrechtliche Organisation ehrenamtlich tätig werden oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen, die Gebietskörperschaft oder öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaft, in deren Auftrag oder mit deren Zustimmung die Tätigkeit erbracht wird,
6.
bei einem freiwilligen Dienst nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz oder einem Internationalen Jugendfreiwilligendienst nach § 2 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe c der zugelassene Träger oder, sofern eine Vereinbarung nach § 11 Abs. 2 des Jugendfreiwilligendienstegesetzes getroffen ist, die Einsatzstelle,
7.
bei einem Dienst nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz die Einsatzstelle.

(4) Absatz 1 Satz 1 gilt nicht für Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand.

(1) Umfaßt ein Unternehmen verschiedenartige Bestandteile (Hauptunternehmen, Nebenunternehmen, Hilfsunternehmen), die demselben Rechtsträger angehören, ist der Unfallversicherungsträger zuständig, dem das Hauptunternehmen angehört. § 129 Absatz 4 bleibt unberührt.

(2) Das Hauptunternehmen bildet den Schwerpunkt des Unternehmens. Hilfsunternehmen dienen überwiegend den Zwecken anderer Unternehmensbestandteile. Nebenunternehmen verfolgen überwiegend eigene Zwecke.

(3) Absatz 1 gilt nicht für

1.
Neben- und Hilfsunternehmen, die Seefahrt betreiben, welche über den örtlichen Verkehr hinausreicht,
2.
landwirtschaftliche Nebenunternehmen mit einer Größe von mehr als fünf Hektar, Friedhöfe sowie Nebenunternehmen des Wein-, Garten- und Tabakbaus und anderer Spezialkulturen in einer Größe von mehr als 0,25 Hektar. Die Unfallversicherungsträger können eine abweichende Vereinbarung für bestimmte Arten von Nebenunternehmen oder für bestimmte in ihnen beschäftigte Versichertengruppen treffen.

(1) Der Unfallversicherungsträger stellt Beginn und Ende seiner Zuständigkeit für ein Unternehmen durch schriftlichen Bescheid gegenüber dem Unternehmer fest. Ein Unternehmen beginnt bereits mit den vorbereitenden Arbeiten für das Unternehmen. Bei in Eigenarbeit nicht gewerbsmäßig ausgeführten Bauarbeiten kann der Unfallversicherungsträger von der Feststellung seiner Zuständigkeit durch schriftlichen Bescheid absehen. War die Feststellung der Zuständigkeit für ein Unternehmen von Anfang an unrichtig oder ändert sich die Zuständigkeit für ein Unternehmen, überweist der Unfallversicherungsträger dieses dem zuständigen Unfallversicherungsträger. Die Überweisung erfolgt im Einvernehmen mit dem zuständigen Unfallversicherungsträger; sie ist dem Unternehmer von dem überweisenden Unfallversicherungsträger bekanntzugeben.

(2) Die Feststellung der Zuständigkeit war von Anfang an unrichtig, wenn sie den Zuständigkeitsregelungen eindeutig widerspricht oder das Festhalten an dem Bescheid zu schwerwiegenden Unzuträglichkeiten führen würde. Eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im Sinne des § 48 Abs. 1 des Zehnten Buches, die zu einer Änderung der Zuständigkeit führt, liegt vor, wenn das Unternehmen grundlegend und auf Dauer umgestaltet worden ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Zeitpunkt der Änderung der tatsächlichen Verhältnisse mehr als ein Jahr zurückliegt und seitdem keine der geänderten Zuständigkeit widersprechenden Veränderungen eingetreten sind oder wenn die Änderung der Zuständigkeit durch Zusammenführung, Aus- oder Eingliederung von abgrenzbaren Unternehmensbestandteilen bedingt ist. Eine Änderung gilt nicht als wesentlich, wenn ein Hilfsunternehmen im Sinne von § 131 Abs. 2 Satz 2 in eigener Rechtsform ausgegliedert wird, aber ausschließlich dem Unternehmen, dessen Bestandteil es ursprünglich war, dient. Satz 3 gilt nicht, wenn feststeht, dass die tatsächlichen Umstände, welche die Veränderung der Zuständigkeit begründen, innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren nach deren Eintritt entfallen. Stellt sich innerhalb eines Jahres nach Bestandskraft des Bescheides, mit dem erstmalig die Zuständigkeit für ein Unternehmen festgestellt wurde, heraus, dass die Zuständigkeit eines anderen Unfallversicherungsträgers gegeben ist, erfolgt eine Überweisung auch dann, wenn die weiteren Voraussetzungen in den Sätzen 1 bis 3 nicht erfüllt sind und kein Fall im Sinne des Satzes 5 vorliegt.

(3) Unternehmer ist

1.
die natürliche oder juristische Person oder rechtsfähige Personenvereinigung oder -gemeinschaft, der das Ergebnis des Unternehmens unmittelbar zum Vor- oder Nachteil gereicht,
2.
bei nach § 2 Absatz 1 Nummer 2 oder Nummer 15 Buchstabe a bis c versicherten Rehabilitanden der Rehabilitationsträger, bei nach § 2 Absatz 1 Nummer 15 Buchstabe d versicherten Teilnehmern an Präventionsmaßnahmen der Maßnahmeträger,
3.
bei Versicherten nach § 2 Absatz 1 Nummer 2, 8 und 14 Buchstabe b der Sachkostenträger,
4.
beim Betrieb eines Seeschiffs der Reeder,
5.
bei nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe a oder b Versicherten, die für eine privatrechtliche Organisation ehrenamtlich tätig werden oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen, die Gebietskörperschaft oder öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaft, in deren Auftrag oder mit deren Zustimmung die Tätigkeit erbracht wird,
6.
bei einem freiwilligen Dienst nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz oder einem Internationalen Jugendfreiwilligendienst nach § 2 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe c der zugelassene Träger oder, sofern eine Vereinbarung nach § 11 Abs. 2 des Jugendfreiwilligendienstegesetzes getroffen ist, die Einsatzstelle,
7.
bei einem Dienst nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz die Einsatzstelle.

(4) Absatz 1 Satz 1 gilt nicht für Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand.

(1) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die sachliche Zuständigkeit der gewerblichen Berufsgenossenschaften nach Art und Gegenstand der Unternehmen unter Berücksichtigung der Prävention und der Leistungsfähigkeit der Berufsgenossenschaften und die örtliche Zuständigkeit bestimmen. Werden dabei bestehende Zuständigkeiten verändert, ist in der Rechtsverordnung zu regeln, inwieweit die bisher zuständige Berufsgenossenschaft Betriebsmittel und Mittel aus der Rücklage an die nunmehr zuständige Berufsgenossenschaft zu übertragen hat.

(2) Soweit nichts anderes bestimmt ist, bleibt jede Berufsgenossenschaft für die Unternehmensarten sachlich zuständig, für die sie bisher zuständig war, solange eine nach Absatz 1 erlassene Rechtsverordnung die Zuständigkeit nicht anders regelt.

(1) Die gewerblichen Berufsgenossenschaften sind für alle Unternehmen (Betriebe, Verwaltungen, Einrichtungen, Tätigkeiten) zuständig, soweit sich nicht aus dem Zweiten und Dritten Unterabschnitt eine Zuständigkeit der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft oder der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand ergibt.

(2) Die Berufsgenossenschaft Verkehrswirtschaft Post-Logistik Telekommunikation ist über § 122 hinaus zuständig

1.
für die Unternehmensarten, für die die Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft bis zum 31. Dezember 2015 zuständig war,
2.
für Unternehmen der Seefahrt, soweit sich nicht aus dem Dritten Unterabschnitt eine Zuständigkeit der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand ergibt,
3.
für die Bundesanstalt für Post und Telekommunikation Deutsche Bundespost,
4.
für die aus dem Sondervermögen der Deutschen Bundespost hervorgegangenen Aktiengesellschaften,
5.
für die Unternehmen, die
a)
aus den Unternehmen im Sinne der Nummer 4 ausgegliedert worden sind und von diesen überwiegend beherrscht werden oder
b)
aus den Unternehmen im Sinne des Buchstabens a ausgegliedert worden sind und von diesen überwiegend beherrscht werden
und unmittelbar und überwiegend Post-, Postbank- oder Telekommunikationsaufgaben erfüllen oder diesen Zwecken wie Hilfsunternehmen dienen,
6.
für die betrieblichen Sozialeinrichtungen und in den durch Satzung anerkannten Selbsthilfeeinrichtungen der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation Deutsche Bundespost,
7.
für die Bundesdruckerei GmbH und für die aus ihr ausgegliederten Unternehmen, sofern diese von der Bundesdruckerei GmbH überwiegend beherrscht werden und ihren Zwecken als Neben- oder Hilfsunternehmen überwiegend dienen,
8.
für die Museumsstiftung Post und Telekommunikation.
§ 125 Absatz 4 gilt entsprechend. Über die Übernahme von Unternehmen nach Satz 1 Nummer 3 bis 8 und den Widerruf entscheidet das Bundesministerium der Finanzen.

(3) Seefahrt im Sinne dieses Buches ist

1.
die Fahrt außerhalb der
a)
Festland- und Inselküstenlinie bei mittlerem Hochwasser,
b)
seewärtigen Begrenzung der Binnenwasserstraßen,
c)
Verbindungslinie der Molenköpfe bei an der Küste gelegenen Häfen,
d)
Verbindungslinie der äußeren Uferausläufe bei Mündungen von Flüssen, die keine Binnenwasserstraßen sind,
2.
die Fahrt auf Buchten, Haffen und Watten der See,
3.
für die Fischerei auch die Fahrt auf anderen Gewässern, die mit der See verbunden sind, bis zu der durch die Seeschiffahrtstraßen-Ordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. April 1987 (BGBl. I S. 1266), zuletzt geändert durch Artikel 3 der Verordnung vom 7. Dezember 1994 (BGBl. I S. 3744), bestimmten inneren Grenze,
4.
das Fischen ohne Fahrzeug auf den in den Nummern 1 bis 3 genannten Gewässern.
Die Fahrt von Binnenschiffen mit einer technischen Zulassung für die Zone 1 oder 2 der Binnenschiffs-Untersuchungsordnung vom 17. März 1988 (BGBl. I S. 238), zuletzt geändert durch Artikel 10 Abs. 1 der Verordnung vom 19. Dezember 1994 (BGBl. II S. 3822), binnenwärts der Grenzen nach Anlage 8 zu § 1 Abs. 1 der Schiffssicherheitsverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Oktober 1994 (BGBl. I S. 3281) gilt nicht als Seefahrt im Sinne des Satzes 1. Bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bestehende Zuständigkeiten für Unternehmen der gewerblichen Schiffahrt bleiben unberührt.

(1) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die sachliche Zuständigkeit der gewerblichen Berufsgenossenschaften nach Art und Gegenstand der Unternehmen unter Berücksichtigung der Prävention und der Leistungsfähigkeit der Berufsgenossenschaften und die örtliche Zuständigkeit bestimmen. Werden dabei bestehende Zuständigkeiten verändert, ist in der Rechtsverordnung zu regeln, inwieweit die bisher zuständige Berufsgenossenschaft Betriebsmittel und Mittel aus der Rücklage an die nunmehr zuständige Berufsgenossenschaft zu übertragen hat.

(2) Soweit nichts anderes bestimmt ist, bleibt jede Berufsgenossenschaft für die Unternehmensarten sachlich zuständig, für die sie bisher zuständig war, solange eine nach Absatz 1 erlassene Rechtsverordnung die Zuständigkeit nicht anders regelt.

(1) Der Unfallversicherungsträger stellt Beginn und Ende seiner Zuständigkeit für ein Unternehmen durch schriftlichen Bescheid gegenüber dem Unternehmer fest. Ein Unternehmen beginnt bereits mit den vorbereitenden Arbeiten für das Unternehmen. Bei in Eigenarbeit nicht gewerbsmäßig ausgeführten Bauarbeiten kann der Unfallversicherungsträger von der Feststellung seiner Zuständigkeit durch schriftlichen Bescheid absehen. War die Feststellung der Zuständigkeit für ein Unternehmen von Anfang an unrichtig oder ändert sich die Zuständigkeit für ein Unternehmen, überweist der Unfallversicherungsträger dieses dem zuständigen Unfallversicherungsträger. Die Überweisung erfolgt im Einvernehmen mit dem zuständigen Unfallversicherungsträger; sie ist dem Unternehmer von dem überweisenden Unfallversicherungsträger bekanntzugeben.

(2) Die Feststellung der Zuständigkeit war von Anfang an unrichtig, wenn sie den Zuständigkeitsregelungen eindeutig widerspricht oder das Festhalten an dem Bescheid zu schwerwiegenden Unzuträglichkeiten führen würde. Eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im Sinne des § 48 Abs. 1 des Zehnten Buches, die zu einer Änderung der Zuständigkeit führt, liegt vor, wenn das Unternehmen grundlegend und auf Dauer umgestaltet worden ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Zeitpunkt der Änderung der tatsächlichen Verhältnisse mehr als ein Jahr zurückliegt und seitdem keine der geänderten Zuständigkeit widersprechenden Veränderungen eingetreten sind oder wenn die Änderung der Zuständigkeit durch Zusammenführung, Aus- oder Eingliederung von abgrenzbaren Unternehmensbestandteilen bedingt ist. Eine Änderung gilt nicht als wesentlich, wenn ein Hilfsunternehmen im Sinne von § 131 Abs. 2 Satz 2 in eigener Rechtsform ausgegliedert wird, aber ausschließlich dem Unternehmen, dessen Bestandteil es ursprünglich war, dient. Satz 3 gilt nicht, wenn feststeht, dass die tatsächlichen Umstände, welche die Veränderung der Zuständigkeit begründen, innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren nach deren Eintritt entfallen. Stellt sich innerhalb eines Jahres nach Bestandskraft des Bescheides, mit dem erstmalig die Zuständigkeit für ein Unternehmen festgestellt wurde, heraus, dass die Zuständigkeit eines anderen Unfallversicherungsträgers gegeben ist, erfolgt eine Überweisung auch dann, wenn die weiteren Voraussetzungen in den Sätzen 1 bis 3 nicht erfüllt sind und kein Fall im Sinne des Satzes 5 vorliegt.

(3) Unternehmer ist

1.
die natürliche oder juristische Person oder rechtsfähige Personenvereinigung oder -gemeinschaft, der das Ergebnis des Unternehmens unmittelbar zum Vor- oder Nachteil gereicht,
2.
bei nach § 2 Absatz 1 Nummer 2 oder Nummer 15 Buchstabe a bis c versicherten Rehabilitanden der Rehabilitationsträger, bei nach § 2 Absatz 1 Nummer 15 Buchstabe d versicherten Teilnehmern an Präventionsmaßnahmen der Maßnahmeträger,
3.
bei Versicherten nach § 2 Absatz 1 Nummer 2, 8 und 14 Buchstabe b der Sachkostenträger,
4.
beim Betrieb eines Seeschiffs der Reeder,
5.
bei nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe a oder b Versicherten, die für eine privatrechtliche Organisation ehrenamtlich tätig werden oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen, die Gebietskörperschaft oder öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaft, in deren Auftrag oder mit deren Zustimmung die Tätigkeit erbracht wird,
6.
bei einem freiwilligen Dienst nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz oder einem Internationalen Jugendfreiwilligendienst nach § 2 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe c der zugelassene Träger oder, sofern eine Vereinbarung nach § 11 Abs. 2 des Jugendfreiwilligendienstegesetzes getroffen ist, die Einsatzstelle,
7.
bei einem Dienst nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz die Einsatzstelle.

(4) Absatz 1 Satz 1 gilt nicht für Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand.

(1) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die sachliche Zuständigkeit der gewerblichen Berufsgenossenschaften nach Art und Gegenstand der Unternehmen unter Berücksichtigung der Prävention und der Leistungsfähigkeit der Berufsgenossenschaften und die örtliche Zuständigkeit bestimmen. Werden dabei bestehende Zuständigkeiten verändert, ist in der Rechtsverordnung zu regeln, inwieweit die bisher zuständige Berufsgenossenschaft Betriebsmittel und Mittel aus der Rücklage an die nunmehr zuständige Berufsgenossenschaft zu übertragen hat.

(2) Soweit nichts anderes bestimmt ist, bleibt jede Berufsgenossenschaft für die Unternehmensarten sachlich zuständig, für die sie bisher zuständig war, solange eine nach Absatz 1 erlassene Rechtsverordnung die Zuständigkeit nicht anders regelt.

(1) Der Unfallversicherungsträger stellt Beginn und Ende seiner Zuständigkeit für ein Unternehmen durch schriftlichen Bescheid gegenüber dem Unternehmer fest. Ein Unternehmen beginnt bereits mit den vorbereitenden Arbeiten für das Unternehmen. Bei in Eigenarbeit nicht gewerbsmäßig ausgeführten Bauarbeiten kann der Unfallversicherungsträger von der Feststellung seiner Zuständigkeit durch schriftlichen Bescheid absehen. War die Feststellung der Zuständigkeit für ein Unternehmen von Anfang an unrichtig oder ändert sich die Zuständigkeit für ein Unternehmen, überweist der Unfallversicherungsträger dieses dem zuständigen Unfallversicherungsträger. Die Überweisung erfolgt im Einvernehmen mit dem zuständigen Unfallversicherungsträger; sie ist dem Unternehmer von dem überweisenden Unfallversicherungsträger bekanntzugeben.

(2) Die Feststellung der Zuständigkeit war von Anfang an unrichtig, wenn sie den Zuständigkeitsregelungen eindeutig widerspricht oder das Festhalten an dem Bescheid zu schwerwiegenden Unzuträglichkeiten führen würde. Eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im Sinne des § 48 Abs. 1 des Zehnten Buches, die zu einer Änderung der Zuständigkeit führt, liegt vor, wenn das Unternehmen grundlegend und auf Dauer umgestaltet worden ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Zeitpunkt der Änderung der tatsächlichen Verhältnisse mehr als ein Jahr zurückliegt und seitdem keine der geänderten Zuständigkeit widersprechenden Veränderungen eingetreten sind oder wenn die Änderung der Zuständigkeit durch Zusammenführung, Aus- oder Eingliederung von abgrenzbaren Unternehmensbestandteilen bedingt ist. Eine Änderung gilt nicht als wesentlich, wenn ein Hilfsunternehmen im Sinne von § 131 Abs. 2 Satz 2 in eigener Rechtsform ausgegliedert wird, aber ausschließlich dem Unternehmen, dessen Bestandteil es ursprünglich war, dient. Satz 3 gilt nicht, wenn feststeht, dass die tatsächlichen Umstände, welche die Veränderung der Zuständigkeit begründen, innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren nach deren Eintritt entfallen. Stellt sich innerhalb eines Jahres nach Bestandskraft des Bescheides, mit dem erstmalig die Zuständigkeit für ein Unternehmen festgestellt wurde, heraus, dass die Zuständigkeit eines anderen Unfallversicherungsträgers gegeben ist, erfolgt eine Überweisung auch dann, wenn die weiteren Voraussetzungen in den Sätzen 1 bis 3 nicht erfüllt sind und kein Fall im Sinne des Satzes 5 vorliegt.

(3) Unternehmer ist

1.
die natürliche oder juristische Person oder rechtsfähige Personenvereinigung oder -gemeinschaft, der das Ergebnis des Unternehmens unmittelbar zum Vor- oder Nachteil gereicht,
2.
bei nach § 2 Absatz 1 Nummer 2 oder Nummer 15 Buchstabe a bis c versicherten Rehabilitanden der Rehabilitationsträger, bei nach § 2 Absatz 1 Nummer 15 Buchstabe d versicherten Teilnehmern an Präventionsmaßnahmen der Maßnahmeträger,
3.
bei Versicherten nach § 2 Absatz 1 Nummer 2, 8 und 14 Buchstabe b der Sachkostenträger,
4.
beim Betrieb eines Seeschiffs der Reeder,
5.
bei nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe a oder b Versicherten, die für eine privatrechtliche Organisation ehrenamtlich tätig werden oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen, die Gebietskörperschaft oder öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaft, in deren Auftrag oder mit deren Zustimmung die Tätigkeit erbracht wird,
6.
bei einem freiwilligen Dienst nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz oder einem Internationalen Jugendfreiwilligendienst nach § 2 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe c der zugelassene Träger oder, sofern eine Vereinbarung nach § 11 Abs. 2 des Jugendfreiwilligendienstegesetzes getroffen ist, die Einsatzstelle,
7.
bei einem Dienst nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz die Einsatzstelle.

(4) Absatz 1 Satz 1 gilt nicht für Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand.

Zweckbetriebe sind auch:

1.
a)
Alten-, Altenwohn- und Pflegeheime, Erholungsheime, Mahlzeitendienste, wenn sie in besonderem Maß den in § 53 genannten Personen dienen (§ 66 Abs. 3),
b)
Kindergärten, Kinder-, Jugend- und Studentenheime, Schullandheime und Jugendherbergen,
c)
Einrichtungen zur Versorgung, Verpflegung und Betreuung von Flüchtlingen. Die Voraussetzungen des § 66 Absatz 2 sind zu berücksichtigen,
2.
a)
landwirtschaftliche Betriebe und Gärtnereien, die der Selbstversorgung von Körperschaften dienen und dadurch die sachgemäße Ernährung und ausreichende Versorgung von Anstaltsangehörigen sichern,
b)
andere Einrichtungen, die für die Selbstversorgung von Körperschaften erforderlich sind, wie Tischlereien, Schlossereien,
wenn die Lieferungen und sonstigen Leistungen dieser Einrichtungen an Außenstehende dem Wert nach 20 Prozent der gesamten Lieferungen und sonstigen Leistungen des Betriebs - einschließlich der an die Körperschaften selbst bewirkten - nicht übersteigen,
3.
a)
Werkstätten für behinderte Menschen, die nach den Vorschriften des Dritten Buches Sozialgesetzbuch förderungsfähig sind und Personen Arbeitsplätze bieten, die wegen ihrer Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können,
b)
Einrichtungen für Beschäftigungs- und Arbeitstherapie, in denen behinderte Menschen aufgrund ärztlicher Indikationen außerhalb eines Beschäftigungsverhältnisses zum Träger der Therapieeinrichtung mit dem Ziel behandelt werden, körperliche oder psychische Grundfunktionen zum Zwecke der Wiedereingliederung in das Alltagsleben wiederherzustellen oder die besonderen Fähigkeiten und Fertigkeiten auszubilden, zu fördern und zu trainieren, die für eine Teilnahme am Arbeitsleben erforderlich sind, und
c)
Inklusionsbetriebe im Sinne des § 215 Absatz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, wenn mindestens 40 Prozent der Beschäftigten besonders betroffene schwerbehinderte Menschen im Sinne des § 215 Absatz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch sind; auf die Quote werden psychisch kranke Menschen im Sinne des § 215 Absatz 4 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch angerechnet,
4.
Einrichtungen, die zur Durchführung der Fürsorge für blinde Menschen, zur Durchführung der Fürsorge für körperbehinderte Menschen und zur Durchführung der Fürsorge für psychische und seelische Erkrankungen beziehungsweise Behinderungen unterhalten werden,
5.
Einrichtungen über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder sonstige betreute Wohnformen,
6.
von den zuständigen Behörden genehmigte Lotterien und Ausspielungen, wenn der Reinertrag unmittelbar und ausschließlich zur Förderung mildtätiger, kirchlicher oder gemeinnütziger Zwecke verwendet wird,
7.
kulturelle Einrichtungen, wie Museen, Theater, und kulturelle Veranstaltungen, wie Konzerte, Kunstausstellungen; dazu gehört nicht der Verkauf von Speisen und Getränken,
8.
Volkshochschulen und andere Einrichtungen, soweit sie selbst Vorträge, Kurse und andere Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art durchführen; dies gilt auch, soweit die Einrichtungen den Teilnehmern dieser Veranstaltungen selbst Beherbergung und Beköstigung gewähren,
9.
Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen, deren Träger sich überwiegend aus Zuwendungen der öffentlichen Hand oder Dritter oder aus der Vermögensverwaltung finanziert. Der Wissenschaft und Forschung dient auch die Auftragsforschung. Nicht zum Zweckbetrieb gehören Tätigkeiten, die sich auf die Anwendung gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse beschränken, die Übernahme von Projektträgerschaften sowie wirtschaftliche Tätigkeiten ohne Forschungsbezug.

(1) In der schriftlichen Vereinbarung zur Erbringung von Leistungen für minderjährige Leistungsberechtigte zwischen dem Träger der Eingliederungshilfe und dem Leistungserbringer sind zu regeln:

1.
Inhalt, Umfang und Qualität einschließlich der Wirksamkeit der Leistungen (Leistungsvereinbarung) sowie
2.
die Vergütung der Leistung (Vergütungsvereinbarung).

(2) In die Leistungsvereinbarung sind als wesentliche Leistungsmerkmale insbesondere aufzunehmen:

1.
die betriebsnotwendigen Anlagen des Leistungserbringers,
2.
der zu betreuende Personenkreis,
3.
Art, Ziel und Qualität der Leistung,
4.
die Festlegung der personellen Ausstattung,
5.
die Qualifikation des Personals sowie
6.
die erforderliche sächliche Ausstattung.

(3) Die Vergütungsvereinbarung besteht mindestens aus

1.
der Grundpauschale für Unterkunft und Verpflegung,
2.
der Maßnahmepauschale sowie
3.
einem Betrag für betriebsnotwendige Anlagen einschließlich ihrer Ausstattung (Investitionsbetrag).
Förderungen aus öffentlichen Mitteln sind anzurechnen. Die Maßnahmepauschale ist nach Gruppen für Leistungsberechtigte mit vergleichbarem Bedarf zu kalkulieren.

(4) Die Absätze 1 bis 3 finden auch Anwendung, wenn volljährige Leistungsberechtigte Leistungen zur Schulbildung nach § 112 Absatz 1 Nummer 1 sowie Leistungen zur schulischen Ausbildung für einen Beruf nach § 112 Absatz 1 Nummer 2 erhalten, soweit diese Leistungen in besonderen Ausbildungsstätten über Tag und Nacht für Menschen mit Behinderungen erbracht werden. Entsprechendes gilt bei anderen volljährigen Leistungsberechtigten, wenn

1.
das Konzept des Leistungserbringers auf Minderjährige als zu betreuenden Personenkreis ausgerichtet ist,
2.
der Leistungsberechtigte von diesem Leistungserbringer bereits Leistungen über Tag und Nacht auf Grundlage von Vereinbarungen nach den Absätzen 1 bis 3, § 78b des Achten Buches, § 75 Absatz 3 des Zwölften Buches in der am 31. Dezember 2019 geltenden Fassung oder nach Maßgabe des § 75 Absatz 4 des Zwölften Buches in der am 31. Dezember 2019 geltenden Fassung erhalten hat und
3.
der Leistungsberechtigte nach Erreichen der Volljährigkeit für eine kurze Zeit, in der Regel nicht länger als bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, Leistungen von diesem Leistungserbringer weitererhält, mit denen insbesondere vor dem Erreichen der Volljährigkeit definierte Teilhabeziele erreicht werden sollen.

Tatbestand

 
Streitig ist, ob Leasinggeschäfte der Klägerin (Kl) durch den ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Bstb. a Umsatzsteuergesetz (UStG) begünstigt sind.
I. 1. Die Kl ist eine 100 %-ige Tochtergesellschaft der Stiftung ......... (XY). Sie erbrachte mit Hilfe der A-GmbH Leasingleistungen („Subleasingverträge“), auf die sie den ermäßigten Umsatzsteuersatz anwenden möchte. Der letzte von insgesamt 462 Leasingverträgen wurde von der Kl im Frühjahr 2006 abgeschlossen; davon bestehen noch rund 240 Verträge.
Das XY schloss am 11. November 2004 mit der A-GmbH mit Sitz in W.. einen Kooperationsvertrag (Ordner „XY GmbH Unterlagen USt-Ap“ Fach 1). Um neue Arbeitsplätze für behinderte Menschen zu schaffen und für die A-GmbH neue Kunden zu gewinnen, sollte die als Zweckbetrieb anerkannte Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) des XY ausschließlich für die A-GmbH Investitionsgüter an Endkunden weiterverleasen. Die Finanzdienstleistungsprodukte der XY wurden unter dem Namen „LeasingPlus“ in den Markt eingeführt.
Wie bereits in § 1 Abs. 2 des og. Kooperationsvertrages vom 11. November 2004 geplant, wurde am 21. Dezember 2004 die Kl als gemeinnützige GmbH gegründet, um die „LeasingPlus“-Geschäfte des XY in eine eigene gesellschaftsrechtliche Struktur außerhalb des XY auszugliedern. Gegenstand der Gesellschaft ist gemäß § 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages (Ordner „XY GmbH Unterlagen USt-Ap“ Fach 2) die Beschäftigung körper- und schwerbehinderter Menschen im Rahmen eines Integrationsprojektes im Sinne des § 68 Nr. 3 Bstb. c Abgabenordnung (AO) auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und die dafür erforderliche Qualifizierung dieses Personenkreises. Geschäftsführer der Kl wurde F.P., einer der beiden gemeinsam zur Vertretung berechtigten Vorstände des XY. Am 31. Januar 2005 schloss die A-GmbH mit der Kl einen Kooperationsvertrag, der inhaltlich dem mit dem XY geschlossenen Kooperationsvertrag vom 11. November 2004 entsprach (Ordner „XY GmbH Unterlagen USt-Ap“ Fach 4). Im dortigen § 1 Abs. 1 gingen die Parteien davon aus, dass die Kl ein „Zweckbetrieb im Sinne des § 68 Ziff. 3c AO“ sei, innerhalb dessen eine Fachabteilung Leasing eingerichtet werden sollte. Um „den Vertragszweck der Förderung behinderter Menschen nicht zu gefährden“, hatte die Kl nach § 1 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages dafür zu sorgen, dass sie als Integrationsunternehmen im Sinne des § 68 Ziff. 3c AO anerkannt wird und die Voraussetzungen eines Zweckbetriebes erfüllt.
Wie schon zuvor das XY sollte die Kl Investitionsgüter an Endkunden weiterverleasen (Subleasingverträge), die von der A-GmbH an sie verleast wurden (Headleasingverträge). Auch die Kl verpflichtete sich, sämtliche Leasinggeschäfte während der Dauer des Kooperationsvertrages ausschließlich zusammen mit der A-GmbH durchzuführen und abzuwickeln. Nach § 2 Abs. 1 des Kooperationsvertrages sollte sie gegenüber den Endkunden vollumfänglich die Funktion eines Leasinggebers übernehmen. Dies sollte beinhalten die Übernahme der Vertragsverwaltung, des Debitoren- und Kreditorenmanagements, des Assetmanagements, die Bearbeitung von Reklamationen und Garantiefällen sowie die Abwicklung und Rücknahme der Leasingobjekte. Nach § 2 Abs. 3 des Kooperationsvertrages sollten die Kl in ihrer Eigenschaft als selbständig und unternehmerisch tätiger Leasinggeber insbesondere folgende Aufgaben treffen: Teilnahme an Ausschreibungen, Überwachung von Angebots- und Zuschlagfristen, Verdatung von Vertragsparametern, systematische Erfassung von Subleasingmietscheinen, Schreiben und Versenden der Subleasinginstallationsbestätigungen, Gegenzeichnen von Bestätigungen und Versand an die Kunden, Schreiben und Versenden der Rechnungen, Buchen und Überwachen des Zahlungsverkehrs, Betreiben des Mahnwesens, Bearbeiten und Verdaten von Kündigungen sowie Schreiben, Verdaten und Versenden von Abbaubestätigungen. Nach § 2 Abs. 2 des Kooperationsvertrages hatte die Kl den Zweckbetrieb Leasing so zu organisieren und auszustatten, dass er organisatorisch und personell in der Lage war, die sich aus dem Kooperationsvertrag ergebenden unternehmerischen Aufgaben zu bewältigen. In § 10 des Kooperationsvertrages war vereinbart, dass sie sich dazu der Hilfe der A-GmbH bediente. Die A-GmbH übernahm gegen eine Vergütung in Form einer Marge von 0,4 % Dienstleistungen für die Kl. Sie hatte die Kl zu beraten, sie in der Gründungsphase bei der Planung und dem Aufbau der Infrastruktur zur Führung eines selbständigen Leasingunternehmens zu unterstützen, die Mitarbeiter der Kl zu schulen und einzuarbeiten, sie sollte den Vertrieb der Leasingprodukte übernehmen, Leasingnehmer an die Kl vermitteln, die Verträge kalkulieren und nach der Beendigung von Leasingverträgen die Sicherstellung und Rückführung der Mietgegenstände veranlassen. Nach § 3 Abs. 3 des Kooperationsvertrages sollten die Parteien bereits im Vorfeld der Vertragsabschlüsse mit den Endkunden die Konditionen der abzuschließenden Head- und Subleasingverträge aufeinander abstimmen. Die Konditionen der einzelnen Head- und Subleasingverträge waren von den Vertragsparteien jeweils so zu gestalten, dass bei der Kl jeweils eine Marge von 2 % des Nettoinvestitionsvolumens eines Leasingvertrages verbliebe (§ 7 Abs. 1 des Kooperationsvertrages). Nach § 4 des Kooperationsvertrages haftete die A-GmbH für die Verität der Forderungen der Kl an die Endkunden und trug das Bonitätsrisiko.
2. Der Bekl hatte dem XY am 11. August 2004 die verbindliche Auskunft erteilt, dass der Betrieb des neuen Dienstleistungssegmentes „Leasing Plus“ dem Zweckbetrieb im Sinne des § 68 Nr. 3 AO zuzuordnen sei und deshalb die Umsätze hieraus nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Bstb. a UStG dem ermäßigten Steuersatz unterlägen. Mit Schreiben vom 16. Dezember 2004 widerrief er die verbindliche Auskunft vom 16. Dezember 2004 mit Wirkung für die Zukunft. Die Qualifizierung des Leasinggeschäfts als Zweckbetrieb mit der Folge des ermäßigten Steuersatzes sei zweifelhaft, weil die Gefahr von Wettbewerbsverzerrungen bestehe. Daraufhin schlossen die Kl, das XY und die A-GmbH am 31. Januar 2005 eine „Zusatzvereinbarung“. Falls der Kl die Anwendung des Steuersatzes auf ihre Leasingumsätze versagt würde, sollten sie und das XY eine eventuelle Nachforderung des Differenzbetrages zwischen dem ermäßigten Steuersatz und dem Regelsteuersatz nur bis zur Höhe von 40.000 EUR übernehmen; die darüber hinaus gehenden Umsatzsteuerverbindlichkeiten sollten zu Lasten der A-GmbH gehen.
3. Am 1. Februar 2005 nahm die Kl ihre Geschäftstätigkeit auf. Zum 1. Juli 2005 trat sie in die Leasingverträge ein, welche das XY aufgrund seines Kooperationsvertrages mit der A-GmbH geschlossen hatte. Ab diesem Zeitpunkt war das XY nicht mehr im Leasinggeschäft tätig.
Neben ihrem -unentgeltlich tätigen- Geschäftsführer beschäftigte die Kl ab 1. Februar 2005 zwei Arbeitnehmerinnen. Frau V.M. war nicht behindert und zuvor bei der A-GmbH angestellt gewesen. Bei einer Wochenarbeitszeit von 40 Stunden bezog sie ein Bruttogehalt in Höhe von 2.253 EUR. Frau A.C. war wegen einer Rheumaerkrankung schwerbehindert (Grad der Behinderung 70 v.H.). Frau A.C. arbeitete 40 Wochenstunden und erhielt dafür ein Bruttogehalt in Höhe von 2.000 EUR. Ab 5. Dezember 2005 stellte die Kl den Schwerbehinderten T.N. als zu 50 % teilzeitbeschäftigten Sachbearbeiter ein. Dabei handelte es sich um ein bis zum 28. Februar 2006 befristetes Probearbeitsverhältnis zur Eingliederung des Betroffenen in den allgemeinen Arbeitsmarkt, bei dem Lohn und Sozialabgaben von der Bundesagentur für Arbeit übernommen wurden. Ab 1. März 2006 erhielt Herr T.N. ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, das bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden mit einem Bruttogehalt in Höhe von 850 EUR ausgestattet war.
Frau V.M., Frau A.C. und Herr T.N. arbeiteten gemeinsam in einem Büroraum, den die Kl vom XY angemietet hatte. Die komplette Hard- und Software wurde der Kl von der zur A -Unternehmensgruppe gehörenden A Systems GmbH gegen Entgelt zur Verfügung gestellt. Nach seiner Einstellung übernahm Herr T.N. die von der A-GmbH zuvor noch selbst ausgeübte Aufgabe, im Internet nach Ausschreibungen über Leasingnachfragen zu forschen. Er druckte die Ausschreibungen aus und sortierte sie den zuständigen Mitarbeitern in der Vertriebsabteilung der A-GmbH zu. Die von Herrn T.N. ausgedruckten Ausschreibungen wurden dem Geschäftsführer der Kl, Herrn Q., zugeleitet und vom Vertriebsleiter der A-GmbH gesichtet. Erschien eine Ausschreibung erfolgversprechend, wurden die Mitarbeiter der Kl angewiesen, weitere Unterlagen anzufordern. Nach ihrem Eingang bei der Kl leiteten deren Mitarbeiter sie an die Vertriebsbeauftragten bei der A-GmbH weiter. Die entsprechenden Angebote wurden von der A-GmbH kalkuliert; sie gingen danach zur Freigabe an den Geschäftsführer der Kl. Die Angebote wurden von der Kl geschrieben und unter ihrem Namen versandt; in den Angeboten für Neukunden wies die Kl darauf hin, dass sie ein Integrationsunternehmen sei und deshalb der ermäßigte Umsatzsteuersatz in Höhe von 7 % Anwendung finde. Die Kl überwachte auch die Angebots- und Zuschlagsfristen. Erhielt sie den Zuschlag, stimmte ein Vertriebsbeauftragter der A-GmbH die Verträge mit dem Endkunden ab. Abweichungen von den Allgemeinen Geschäftsbedingungen konnten nur mit Zustimmung bzw. Genehmigung des Geschäftsführers der Kl erfolgen. Nach den Vorlagen der A-GmbH stellte die Kl die Sublease-Mietscheine aus. Die Kl übersandte eine Kopie des Sublease-Mietscheines an die A-GmbH, die daraufhin die Headlease-Mietscheine erstellte. Die Headlease-Mietscheine wurden zusammen mit dem im Zusammenhang mit der Refinanzierung des Leasinggeschäftes abzuschließenden Forderungsabtretungsverträgen an die Kl weitergeleitet. Nach Erteilung der Refinanzierungszusage durch die A-GmbH verschickte die Kl die Sublease-Mietscheine an die Endkunden zur Unterschrift. Danach wurden die Sublease-Mietscheine vom Geschäftsführer der Kl unterzeichnet. Eine Ausfertigung des Sublease-Mietscheines versandte die auch für die Datenerfassung zuständige Kl an den Endkunden, eine weitere Ausfertigung nebst zwei Ausfertigungen des Headlease-Mietscheines und einer Ausfertigung des Forderungsabtretungsvertrages an die A-GmbH. Die Leasinggegenstände wurden von der A-GmbH gekauft und vom Lieferanten direkt beim Endkunden installiert. Um die Sublease-Installationsbestätigungen gegenüber Endkunden erstellen zu können, erhielt die Kl jeweils Rechnungskopien. Auf deren Grundlage erfasste sie die Leasinggegenstände und übersandte den Endkunden Sublease-Installationsbestätigungen. Die Kl selbst erhielt von der A-GmbH Headlease-Installations-bestätigungen, die von ihrem Geschäftsführer zu unterzeichnen waren. Die Kl stellte an die Endkunden Rechnungen und überwachte den Zahlungseingang. Über Zahlungsschwierigkeiten von Endkunden informierte sie die A-GmbH. Kündigungen von Leasingverträgen wurden von der Kl an die A-GmbH weitergeleitet. Sobald die vom Kunden unterzeichnete Sublease-Abbaubestätigung bei der Kl eingegangen war, reichte diese eine Ausfertigung an die A-GmbH weiter. Der Abbau der Leasinggegenstände beim Kunden wurde von der Kl koordiniert und überwacht. Soweit die A-GmbH der Kl ein Vorkaufsrecht auf den Leasinggegenstand eingeräumt hatte, entschied diese eigenständig, ob sie es ausüben wollte. Es war ihre Sache, ob sie die Altgeräte aufarbeiten und vermarkten oder recyceln wollte.
10 
Ab 1. September 2006 übernahm die Kl die Bereiche Debitorenmanagement, Logistik und Wiederaufbereitung von IT-Ware für die A-GmbH. Dafür wurden am 1. September 2006 und am 9. September 2006 durch Vermittlung des Integrationsfachdienstes drei neue Mitarbeiter eingestellt. R.Ä. und Ö.P. waren schwerbehindert und beide in Vollzeit tätig, B.V. war nicht behindert und arbeitete in Teilzeit (50 %). Die insoweit entfaltete Tätigkeit der Kl behandelte der Bekl als Zweckbetrieb.
11 
Die als besonders betroffene schwerbehinderte Menschen im Sinne des § 132 Abs. 2 Sozialgesetzbuch (SGB) X anzusehenden Arbeitnehmer der Kl wurden von Anfang an vom Integrationsfachdienst W.. betreut. Weitere Betreuung erfuhren sie durch den Sozialdienst des XY. Die Betreuung war mit Empfehlungen an die Geschäftsführung der Kl verbunden.
12 
4. Entsprechend ihrer Verpflichtung aus § 1 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages bemühte sich die Kl beim Kommunalverband für Jugend und Soziales (KVJS) um eine Anerkennung als Integrationsunternehmen im Sinne des § 68 Ziff. 3c AO. Von dort erhielt sie mit Schreiben vom 24. März 2005 (Anlagenband Anlage K 10) die Mitteilung, dass das Förderrecht für Integrationsprojekte weder eine formale Anerkennung noch die Erteilung von Bescheinigungen vorsehe. Als sich der Bekl um eine Auskunft des KVJS bemühte, erhielt er von dort mit Schreiben vom 2. Mai 2005 die Auskunft, dass die Kl derzeit die Fördervoraussetzungen als Integrationsprojekt im Sinne von § 132 SGB IX nicht erfülle. Für ein betriebswirtschaftliches Gutachten war zuvor aber eine Förderung erfolgt. Eine weitergehende Förderung konnte die Kl nicht erlangen, da sie die dafür erforderliche Zahl von acht Beschäftigten nicht erreichte.
13 
II. 1. Am 10. Mai 2006 reichte die Kl ihre Umsatzsteuererklärung für 2005 beim Beklagten (Bekl) ein. Sie erklärte darin ausschließlich Umsätze zum ermäßigten Steuersatz (7 %) in Höhe von 5.238.425 EUR. Bei einer Umsatzsteuer in Höhe von 366.689,75 EUR und geltend gemachter Vorsteuer in Höhe von 794.098,42 EUR meldete sie einen Vorsteuerüberschuss in Höhe von 427.408,67 EUR an. Nach einer ab August 2005 für den Prüfungszeitraum März 2005 bis März 2006 durchgeführten Umsatzsteuer-Außenprüfung erließ der Bekl am 30. Juni 2006 einen Umsatzsteuerbescheid, in dem er die Umsatzsteuer unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) auf -20.979,22 EUR festsetzte. Der Bekl lehnte die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes auf die Umsätze der Kl ab und errechnete die Umsatzsteuer aus den von ihr erzielten Einnahmen mit 773.119,20 EUR.  Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse erfülle die Kl nicht die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Zweckbetriebes, was für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Bstb. a UStG aber erforderlich sei. Nach einem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 2. März 2006 (BStBl I 2006, 242) dürfe die Anwendung des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Bstb. a UStG nicht zu ungerechtfertigten Steuervorteilen führen. Die Kl sei aber dafür eingerichtet worden. So werde der ermäßigte Steuersatz umfassend als Werbemittel eingesetzt. Die Kl sei lediglich in die Geschäfte der A-GmbH zwischengeschaltet. Im Prüfungszeitraum 1. Februar 2005 bis 31. März 2006 habe die Kl einen Steuervorteil in Höhe von 846.210,02 EUR erlangt, dem die Beschäftigung lediglich zweier Behinderter gegenübergestanden habe, von denen überdies einer zu 50 % teilzeitbeschäftigt gewesen sei. Auch die Umsatz- bzw. Betragsgrenzen des genannten BMF-Schreibens seien um ein Vielfaches überschritten worden.
14 
Gegen den Umsatzsteuerbescheid vom 30. Juni 2006 legte die Kl am 17. Juli 2006 Einspruch ein. Sie erfülle die Voraussetzungen eines Integrationsprojektes gemäß § 68 Nr. 3 Bstb. c AO und stelle daher kraft Gesetzes einen Zweckbetrieb dar.  
15 
2. Mit Entscheidung vom 12. September 2006 wies der Bekl den Einspruch als unbegründet zurück. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Bstb. a UStG ermäßige sich die Steuer für Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen, nur dann auf 7 %, wenn sie im Rahmen eines Zweckbetriebes erfolgten. Nach § 68 Nr. 3 Bstb. c Abgabenordnung (AO) gehörten zu den Zweckbetrieben auch Integrationsprojekte im Sinne des § 132 Abs.1 Sozialgesetzbuch (SGB) IX, wenn mindestens 40 vom Hundert der Beschäftigten besonders betroffene schwerbehinderte Menschen im Sinne des § 132 Abs. 1 SGB IX seien. Im Streitfall könne nicht eindeutig bestimmt werden, ob ein Integrationsunternehmen vorliege, nachdem der Kommunalverband für Jugend und Soziales wegen der zu geringen Anzahl Beschäftigter eine Anerkennung bisher abgelehnt habe. Im Übrigen sei nach dem BMF-Schreiben vom 2. März 2006 bei Leistungen von Integrationsprojekten zu prüfen, ob die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes zu ungerechtfertigten Steuervorteilen führt oder die Einrichtung in erster Linie der Erzielung von Steuervorteilen dient.
16 
Ein ungerechtfertigter Steuervorteil liege nach dem BMF-Schreiben vom 2. März 2006 insbesondere dann nicht vor, wenn der durch die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes im Kalenderjahr erzielte Steuervorteil insgesamt den Betrag nicht übersteige, welchen die Einrichtung im Rahmen der Beschäftigung aller besonders betroffenen schwer behinderten Menschen im Sinne des § 132 Abs. 1 SGB IX in diesem Zeitraum zusätzlich aufwende. Vorbehaltlich des Ausweises höherer tatsächlicher Aufwendungen könne als zusätzlich aufgewendeter Betrag die Summe der Löhne und Gehälter, die an die besonders betroffenen schwer behinderten Menschen im Sinne des § 132 Abs. 1 SGB IX gezahlt würden, zugrunde gelegt werden. Als erzielter Vorteil gelte die Differenz zwischen dem Betrag, der sich bei Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf den Gesamtumsatz der Einrichtung ergibt und dem Betrag, der sich bei Anwendung des Regelsteuersatzes auf ihre Umsätze errechnen würde. Im Streitfall seien diese Grenzen bei weitem überschritten worden.
  
17 
Eine Einrichtung diene der Erzielung von Steuervorteilen, wenn sie von anderen Unternehmern in die Erbringung von Leistungen lediglich zwischengeschaltet werde oder sich zur Erbringung eines wesentlichen Teils der Leistung anderer Subunternehmer, die selbst nicht steuerbegünstigt seien, bediene. Aufgrund der abgeschlossenen Verträge und ihrer tatsächlichen Durchführung sei die Kl wirtschaftlich vollkommen an die A-GmbH gebunden gewesen. Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass die Kl sämtliche Leasinggeschäfte ausschließlich mit A durchzuführen hatte, dass die A-GmbH versprochen hatte, über 40.000 EUR hinausgehende Steuerforderungen zu übernehmen, dass diese die Aufträge nicht nur kalkulierte, sondern auch die wichtigen, zur Durchführung der Leasingverträge erforderlichen Arbeiten selber vorgenommen und der Kl die zur Durchführung der Aufträge notwendigen sächlichen Mittel überlassen habe. Die von der Kl übernommenen Arbeiten seien mit denen der A-GmbH nicht gleichwertig, so dass von ihrer Zwischenschaltung auszugehen sei.
18 
Die Tätigkeit der Kl sei auch nicht durch ihren gemeinnützigen Zweck geprägt. So fehle medizinisches, psychologisches, pädagogisches oder anderweitig besonders geschultes Personal, welches in Hinblick auf die besonderen Belange der besonders betroffenen schwerbehinderten Menschen geeignet sei, deren Heranführung an das Erwerbsleben zu fördern. Die Beschäftigung der Behinderten erfolge nicht im Erwerbsbereich, sondern lediglich in einer reinen Hilfsfunktion. Die Geschäfte der Kl seien nicht auf die Belange der Behinderten abgestimmt gewesen, sondern darauf, Steuervorteile zu erzielen und mit diesen gezielt zu werben.
19 
Im Streitfall sei von einem Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 AO auszugehen. Die Zwischenschaltung der Kl habe nur dem Zweck gedient, den ermäßigten Umsatzsteuersatz anwenden zu können. Dadurch erziele die Kl Wettbewerbsvorteile bei nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten Kunden, welche den ausschließlichen Kreis der Geschäftspartner bildeten. Die Zwischenschaltung wäre nicht gewählt worden, wenn die Umsätze der Kl dem Regelsteuersatz zweifelsfrei unterlägen.
20 
III. 1. Am 11. Oktober 2006 hat die Kl Klage erhoben. Das BMF-Schreiben, auf das der  Bekl seine Einspruchsentscheidung gestützt habe, dürfe nicht angewendet werden. Es sei mit der Vorschrift des § 68 Nr. 3 Bstb. c AO unvereinbar. Denn § 68 Nr. 3 Bstb.c AO gehe als Spezialvorschrift § 65 AO vor. Da die Vorschrift des § 68 Nr. 3 Bstb.c AO einen Zweckbetrieb konstituiere, sei für die einschränkenden Voraussetzungen des § 65 AO kein Raum.
21 
2. Die Kl erfülle sämtliche Voraussetzungen eines Integrationsprojekts im Sinne von § 68 Nr. 3 Bstb. c AO i.V.m. § 132 Abs. 1 SGB IX. Der Begriff des Integrationsprojekts sei zwar gesetzlich nicht definiert, könne aber durch Auslegung bestimmt werden. Zwar verfüge die Kl über kein eigenes Personal, das die im Leasingbereich tätigen schwerbehinderten Arbeitnehmer A.C. und T.N. arbeitsbegleitend betreuen könnte.  Das sei aber auch nicht erforderlich, solange sie eine solche Betreuung anderweitig zur Verfügung stellen könne. Die Kl, erfülle auch den in § 68 Nr. 3 Bstb. c AO geforderten Mindestbeschäftigtenanteil an besonders betroffenen schwerbehinderten Menschen von 40 %. Der Geschäftsführer der Kl dürfe nicht zu den „Beschäftigten“ im Sinne des § 68 Nr. 3 Bstb. c AO gerechnet werden. Neben seiner Geschäftsführertätigkeit für die Kl habe er eine Vollzeitstelle als kaufmännischer Vorstand des XY bekleidet, sei Geschäftsführer derer Tochtergesellschaft H-GmbH und von 23. Juni 2005 bis 28. Februar 2006 Geschäftsführer der U-GmbH gewesen. Falls der Geschäftsführer doch zu den Beschäftigten der Kl gezählt werden müsse, dürfe dies keinesfalls mit einem Beschäftigungsgrad von 100 % geschehen. Die 2005 vorhandene relativ geringe Zahl von Arbeitnehmern stehe der Qualifikation der Kl als Integrationsunternehmen nicht entgegen. Leasinggeschäfte könnten im Allgemeinen mit wenigen Arbeitskräften abgewickelt werden. Wenn die Kl später nicht mehr Arbeitnehmer eingestellt habe, sei dies auf die Rechtsunsicherheit zurückzuführen, welche der Bekl durch seine restriktive Haltung in Bezug auf die Gewährung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes verursacht habe. Aus der Auskunft des KVJS vom 2. Mai 2005, wonach die Kl derzeit die Fördervoraussetzungen als Integrationsprojekt im Sinne von § 132 SGB IX nicht erfülle, dürfe nicht abgeleitet werden, dass sie kein Integrationsprojekt im Sinne des § 68 Nr. 3 Bstb. c AO sei. Die Frage der Eigenschaft als Integrationsprojekt sei von der Frage zu trennen, inwieweit ein solches förderfähig sei.
22 
Die Kl sei von der A-GmbH auch nicht lediglich zwischengeschaltet worden. Es habe sich um eine -zum 31. Dezember 2008 beendete-Kooperation unter gleichberechtigten Geschäftspartnern gehandelt. Trotz der Vielzahl gegenseitiger Abstimmungen sei die Kl Herrin des Subleasing-Verhältnisses mit ihren Endkunden geblieben- und damit auch im Headleasing-Vertrag. Schon die eigene Entscheidungsbefugnis der Kl zur Festlegung der ihr aus den einzelnen Verträgen verbleibenden Marge widerlege die Behauptung einer bloßen „Zwischenschaltung“. Daneben habe die Kl den in § 2 des Kooperationsvertrages festgelegten breiten Aufgabenkreis eigenverantwortlich zu erfüllen gehabt. Soweit ihr vorgehalten werde, sie habe den Vorteil eines ermäßigten Umsatzsteuersatzes zu Werbezwecken eingesetzt, treffe dies nicht zu. Entsprechende Hinweise auf der Homepage der Kl und in ihren Prospekten seien in ihrer Wirkung über eine bloße Information des Kunden nicht hinausgegangen. Wenn eine Vielzahl nicht zum Vorsteuerabzug berechtigter Unternehmen zum Kundenkreis der Kl gezählt habe, sei dies nicht beabsichtigt gewesen. Ob der gemeinnützige Zweck nach der Gesamtrichtung der Kl das Gepräge gebe, sei nicht von Bedeutung. Eine solche Erwägung sei § 65 AO entnommen.  Auf § 68 Nr. 3 Bstb. c AO dürfe sie keine Anwendung finden, da § 68 AO als Spezialvorschrift § 65 AO vorgehe. Aus demselben Grunde dürfe auch das Maß erlangter Steuervorteile nicht zu dem Aufwand ins Verhältnis gesetzt werden, der durch den Einsatz Behinderter entstehe. Soweit der Bekl die Tätigkeiten der im Leasinggeschäft eingesetzten behinderten Arbeitnehmer der Kl als bloße Hilfstätigkeiten abqualifiziere, treffe diese Beurteilung nicht zu. Wenn der Bekl in der Zusammenarbeit der Kl mit dem Bekl einen Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 AO sehe, verkenne er, dass § 42 AO aus gemeinschaftsrechtlichen Gründen auf die Umsatzsteuer nicht anwendbar sei. Außerdem liege kein Missbrauch vor: Die Kl sei zu dem guten Zweck der Behindertenhilfe lediglich neue Wege gegangen, die das Gesetz aber eröffne. Schließlich hat die Kl gegen die Rechtsauffassung des Bekl noch eine Reihe verfassungsrechtlicher Bedenken: Die Anwendung des BMF-Schreibens vom 2. März 2006 verstoße nicht nur gegen den Gesetzesvorbehalt des Art 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG), sondern auch gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung nach Art 20 Abs. 2 Satz 2 GG. Das BMF-Schreiben sei in seinen tragenden Vorgaben nicht „gesetzesakzessorisch“ und beeinträchtige die Kl in ihrer durch Art 2 Abs. 1 GG geschützten wirtschaftlichen Entfaltungsfreiheit. Die Falschbehandlung der Kl bewirke ferner eine gegen Art 3 Abs. 1 GG verstoßende Ungleichbehandlung, welche die Kl auch in ihrer durch Art 12 Abs. 1 GG geschützten Freiheit der Berufsausübung beeinträchtige. Soweit sich durch das Jahressteuergesetz 2007 vom 18. Dezember 2006 (BGBl I 2007,2878) die Rechtslage für die umsatzsteuerrechtliche Begünstigung von Integrationsprojekten verschärft habe, sei dies für das Streitjahr ohne Belang. Eine Heranziehung der neuen Gesetzes- und Verwaltungsvorschriften würde eine unzulässige Rückwirkung bedeuten. Die Gesetzesänderung zeige gerade, dass zuvor eine Gesetzeslücke bestanden habe, die Raum für die von der Kl gewählte Gestaltung gelassen habe.
23 
3.  Die Kl beantragt, die Einspruchsentscheidung vom 12. September 2006 aufzuheben und den Umsatzsteuerbescheid  2005 vom 30. Juni 2006 dahin zu ändern, dass die Umsatzsteuer auf -427.408,67 EUR festgesetzt wird, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
24 
Der Bekl beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
25 
4. Der Bekl hält an seiner Rechtsauffassung fest. Angesichts der hauptsächlichen Beanspruchung des Geschäftsführers der Kl für Vorstands- und Geschäftsführungsaufgaben beim XY und bei der H-GmbH habe er Zweifel, inwieweit dieser bei den streitgegenständlichen Leasinggeschäften noch eigene Entscheidungsbefugnisse der Kl sinnvoll habe wahrnehmen können. Anders als die Kl meine, sei gerade nicht geklärt, ob die Kl ein Integrationsprojekt im Sinne von § 68 Nr. 3 Bstb. c AO i. V. mit  § 132 SGB IX darstelle. Da es eine verbindliche Definition des Begriffs „Integrationsprojekt“ nicht gebe, sei zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 65 AO erfüllt seien. Er, der Bekl, sei weiterhin der Auffassung, dass das Head-/Subleasingmodell nur eingeführt worden sei, um sich Wettbewerbsvorteile zu verschaffen.   

Entscheidungsgründe

 
26 
I. Die Klage ist unbegründet. Die Umsätze der Kl aus den Subleasingverträgen unterliegen dem Regelsteuersatz.
27 
1. Der Senat teilt die Auffassung der Beteiligten, dass die Kl und nicht das XY die Umsatzsteuer aus den Subleasing-Umsätzen schuldet. Die Kl ist keine Organgesellschaft des XY.
28 
Gemäß § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG schuldet derjenige Unternehmer die Umsatzsteuer, der Leistungen im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Unternehmer ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Ist eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert (Organschaft), so wird gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nicht selbständig ausgeübt. Die Kl als juristische Person ist zu 100 % eine Tochtergesellschaft des XY und damit finanziell in dieses eingegliedert; zu den Voraussetzungen der finanziellen Eingliederung s. das BFH-Urteil vom 19. Mai 2005 V R 31/03, BFHE 210, 167, BStBl II 2005, 671. Sie ist auch wirtschaftlich eingegliedert, weil sie gemäß dem Willen des XY in engem wirtschaftlichem Zusammenhang mit diesem tätig wird (vgl. dazu BFH-Urteil vom 22. Juni 1967 V R 89/66, BFHE 89, 402, BStBl III 1967, 715). Es fehlt indes an der organisatorischen Eingliederung der Kl. Diese setzt voraus, dass nach den zwischen Organträger und Organgesellschaft bestehenden Beziehungen sichergestellt ist, dass eine vom Willen des Organträgers abweichende Willensbildung bei der Organtochter nicht möglich ist (BFH-Urteil vom 3. April 2008 V R 76/05, BFHE 221, 443, BStBl II 2008, 905). Bei der Kl erscheint die Möglichkeit einer abweichenden Willensbildung nicht ausgeschlossen. Theoretisch könnte ihr alleiniger Geschäftsführer F.P. dort Maßnahmen durchsetzen, für die es an der Zustimmung des Mitvorstandes bei der  XY fehlte.
29 
2. Die Kl kann für die Umsätze aus den Subleasingverträgen nicht den ermäßigten Umsatzsteuersatz in Anspruch nehmen. Bei der Auslegung von § 12 Abs. 2 Nr. 8 Bstb. a UStG ist zu berücksichtigen, dass grundsätzlich der normale Steuersatz gilt und der ermäßigte Steuersatz die Ausnahme ist. Dementsprechend sind Tatbestandsmerkmale, die zu dieser Ausnahme führen, eng auszulegen (vgl. Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften -EuGH- vom 18. Januar 2001 Rs. C-83/99, Kommission/Spanien, BFH/NV Beilage 2001, 124, mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des EuGH).
30 
a) Nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Bstb. a UStG vom 9. Juni 1999 (Bundesgesetzblatt -BGBl-1999, 1271) in der im Streitzeitraum anzuwendenden Fassung des Art 5 des Gesetzes zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften (Richtlinien-Umsetzungsgesetz -EURLUmsG-) vom 9. Dezember 2004 (BGBl I 2004, 3310, ber. 3843) ermäßigt sich die Umsatzsteuer auf sieben vom Hundert für Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen (§§ 51 bis 68 AO), außer es handelt sich um Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden. Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist gemäß § 14 AO eine selbständige nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden und die über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht. Schließt ein Steuergesetz eine Steuervergünstigung insoweit aus, als ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb im Sinne des § 14 AO unterhalten wird, so verliert gemäß § 64 Abs. 1 AO die Körperschaft die Steuervergünstigung für die dem Geschäftsbetrieb zuzuordnenden Besteuerungsgrundlagen (Einkünfte, Umsätze, Vermögen), soweit der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb kein Zweckbetrieb (§§ 65 bis 68 AO) ist. Nach § 65 AO ist ein Zweckbetrieb gegeben, wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen (§ 65 Nr. 1 AO), die Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können (§ 65 Nr. 2 AO) und der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist (§ 65 Nr. 3 AO). Gemäß § 68 Nr. 3 Bstb. c AO sind Zweckbetriebe auch Integrationsprojekte im Sinne des § 132 Abs. 1 des Neunten Sozialgesetzbuches (SGB IX), wenn mindestens 40 vom Hundert der Beschäftigten besonders betroffene schwerbehinderte Menschen im Sinne des § 132 Abs. 1 SGB IX sind. Nach § 132 Abs. 1 SGB IX sind Integrationsprojekte unter anderem rechtlich und wirtschaftlich selbständige Unternehmen (Integrationsunternehmen) zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, deren Teilhabe an einer sonstigen Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auf Grund von Art oder Schwere der Behinderung oder wegen sonstiger Umstände voraussichtlich trotz Ausschöpfens aller Fördermöglichkeiten und des Einsatzes von Integrationsfachdiensten auf besondere Schwierigkeiten stößt. Nach § 132 Abs. 2 SGB IX gehören zu den schwerbehinderten Menschen nach Absatz 1 insbesondere schwerbehinderte Menschen mit geistiger oder seelischer Behinderung oder mit einer schweren Körper-, Sinnes- oder Mehrfachbehinderung, die sich im Arbeitsleben besonders nachteilig auswirkt und allein oder zusammen mit weiteren vermittlungshemmenden Umständen die Teilhabe am allgemeinen Arbeitsmarkt außerhalb eines Integrationsprojekts erschwert oder verhindert (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 SGB IX), schwerbehinderte Menschen, die nach zielgerichteter Vorbereitung in einer Werkstatt für behinderte Menschen oder in einer psychiatrischen Einrichtung für den Übergang in einen Betrieb oder eine Dienststelle auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in Betracht kommen und auf diesen Übergang vorbereitet werden sollen (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX) sowie schwerbehinderte Menschen nach Beendigung einer schulischen Bildung, die nur dann Aussicht auf eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt haben, wenn sie zuvor in einem Integrationsprojekt an berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen teilnehmen und dort beschäftigt und weiterqualifiziert werden (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX). – Die bei der Kl beschäftigten Arbeitnehmer A.C. und T.N. sind besonders betroffene schwerbehinderte Menschen in diesem Sinne.
31 
b) Für Integrationsprojekte ist keine förmliche Anerkennung erforderlich (Kossens, in: Kossens/von der Heide/Maaß SGB IX Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen Kommentar 2. Aufl. 2006, § 132 Rz. 3). Gemäß § 134 SGB IX können Integrationsprojekte aus Mitteln der Ausgleichsabgabe Leistungen für Aufbau, Erweiterung, Modernisierung und Ausstattung einschließlich einer betriebswirtschaftlichen Beratung und für besonderen Aufwand erhalten. Die Tatsache der Gewährung solcher Mittel stellt daher ein gewisses Indiz dafür dar, dass ein Unternehmen die Voraussetzungen eines Integrationsprojektes im Sinne des § 68 Nr. 3 Bstb. c AO erfüllt. Die Kl hat entsprechende Anträge gestellt, die jedoch nur insoweit erfolgreich waren, als ein betriebswirtschaftliches Gutachten gefördert wurde. Ob daraus der Schluss gezogen werden kann, der Kl fehle die Eigenschaft eines Integrationsprojekts, kann allerdings letztlich dahingestellt bleiben. Denn auch wenn § 68 AO gegenüber § 65 AO als rechtssystematisch vorrangige Spezialvorschrift zu verstehen ist (BFH-Urteile vom 29. Januar 2009 V R 46/06, BStBl II 2009, 560; vom 4. Juni 2003 I R 25/02, BFHE 202, 391, BStBl II 2004, 660; vom 18. Januar 1995 V R 142/92, BFHE 177, 147, BStBl II 1995, 446), ist zu prüfen, ob sich die Einrichtung in ihrer Gesamtrichtung noch als Zweckbetrieb darstellt (BFH-Urteil vom 4. Juni 2003, a.a.O.). Letzteres ist bei der Kl nicht mehr der Fall.
32 
c) Gegenstand der Kl als gemeinnütziger GmbH ist gemäß § 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages die Beschäftigung von körper- und schwerbehinderten Menschen im Rahmen eines Integrationsprojektes im Sinne des § 68 Nr. 3 Bstb. c AO auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und die dafür erforderliche Qualifizierung dieses Personenkreises. Wie dies auch aus der Definition des Integrationsprojekts in § 132 Abs. 1 SGB IX („zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen“) ersichtlich ist, muss ein Integrationsprojekt der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen dienen. Auch aus § 133 SGB IX, wonach Integrationsprojekte den schwerbehinderten Menschen Beschäftigung und arbeitsbegleitende Betreuung anzubieten haben, wird dieser Zweck deutlich. Dass es die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen ist, die den ausschlaggebenden Grund für die steuerliche Begünstigung von Integrationsprojekten bildet, zeigt der Umstand, dass die Gemeinnützigkeit eine Beschäftigungsquote der besonders betroffenen schwerbehinderten Menschen von mindestens 40 vom Hundert (§ 68 Nr. 3 Bstb. c AO) statt von 25 vom Hundert wie im Sozialrecht (§ 132 Abs. 3 SGB IX) fordert.
33 
Wie bereits erwähnt, erfordert der Ausnahmecharakter des ermäßigten Steuersatzes eine enge, am Förderungszweck ausgerichtete Auslegung von § 68 Nr. 3 Bstb. c AO und § 12 Abs. 2 Nr. 8 Bstb. a UStG. Aus diesem Grunde muss zur Prüfung der Frage, ob die Kl mit ihren Subleasinggeschäften in der Gesamtrichtung noch ein Zweckbetrieb ist, auf den Zusammenhang der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen mit den von der Einrichtung erzielten Umsätzen abgestellt werden, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Mitwirkung nichtbehinderter Beschäftigter gemäß § 68 Nr. 3 Bstb. c AO bis zu einem Beschäftigtenanteil von 60 vom Hundert der Beschäftigten unschädlich ist.  Das bedeutet, dass sich die Leasingumsätze der Kl noch zu einem angemessenen Teil als Wertschöpfung der in den Grenzen des § 68 Nr. 3 Bstb. c AO von Nichtbehinderten begleiteten Behindertenarbeit darstellen müssen. Bei der Kl ist dies nicht mehr gewährleistet. Bis 4. Dezember 2005 beschäftigte sie nur zwei Arbeitnehmer, von denen einer behindert war; erst ab 5. Dezember 2005 kam ein weiterer, zu 50 % beschäftigter behinderter Arbeitnehmer hinzu. Die von der Kl für 2005 erklärten Leasingumsätze in Höhe von 5.238.425 EUR beruhten aber bei weitem nicht nur auf der Arbeit der genannten drei Arbeitnehmer. Ausweislich § 2 Abs. 3 des Kooperationsvertrages zwischen der A-GmbH und der Kl sollte letztere nur die mit den Leasinggeschäften verbundenen einfachen Verwaltungsarbeiten durchführen: Teilnahme an Ausschreibungen, Überwachung von Angebots- und Zuschlagfristen, Verdatung von Vertragsparametern, systematische Erfassung von Subleasingmietscheinen, Schreiben und Versenden der Subleasinginstallationsbestätigungen, Gegenzeichnen von Bestätigungen und Versand an die Kunden, Schreiben und Versenden der Rechnungen, Buchen und Überwachen des Zahlungsverkehrs, Betreiben des Mahnwesens, Bearbeiten und Verdaten von Kündigungen sowie Schreiben, Verdaten und Versenden von Abbaubestätigungen. Die das Leasinggeschäft prägenden und für seinen Erfolg wesentlichen Tätigkeiten wurden hingegen von Beschäftigten der A-GmbH wahrgenommen: Auswahl der Kunden, Kalkulation, Abstimmung der Verträge auf die Bedürfnisse der Endkunden,  Beschaffung der Finanzierung und der Leasinggegenstände, Entscheidung über Maßnahmen bei Zahlungsschwierigkeiten von Endkunden. Die Umsätze der Kl beruhen daher weitestgehend auf Arbeit, die nicht von Behinderten verrichtet wurde. Der Senat braucht sich nicht auf allgemeine Grenzen festzulegen, bei denen noch ein angemessenes Verhältnis zwischen der nach Maßgabe von § 68 Nr.3 Bstb. c AO begleiteten Behindertenarbeit und den daraus erzielten Umsätzen anzunehmen wäre. Bei Leasingumsätzen in Höhe von 5.238.425 EUR und der Beschäftigung im Wesentlichen nur eines Behinderten (der auch nur zu 50 % teilzeitbeschäftigte behinderte Arbeitnehmer T.N. kam erst kurz vor Jahresende 2005 hinzu) ist dieses angemessene Verhältnis offenkundig bei weitem überschritten. In ihrem wirtschaftlichen Kern beinhaltete die Kooperation zwischen der A-GmbH und der Kl, dass letztere für die A-GmbH Verwaltungsarbeiten verrichtete, die -wäre ein entsprechender Vertrag geschlossen worden- durchaus zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf die dann von der Kl an die A-GmbH erbrachten Umsätze hätten führen können. Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf die Umsätze der Kl mit den Leasingnehmern kommt jedoch nicht in Betracht, auch nicht für einen Teil der Umsätze.   
34 
d) Das vom Senat gefundene Ergebnis beruht auf einer am Gesetzeszweck des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Bstb. a UStG ausgerichteten engen Auslegung des Begriffes „Zweckbetrieb“, auf den dort über die Verweisung auf § 68 AO Bezug genommen ist. Diese enge Auslegung liegt auch dem BMF-Schreiben vom 2. März 2006 zugrunde. Die Einwände der Kl, der Bekl wende das BMF-Schreiben wie ein Gesetz an und verstoße damit gegen den Gesetzesvorbehalt des Art 20 Abs. 3 GG und gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung nach Art 20 Abs. 2 Satz 2 GG gehen ins Leere. Das BMF-Schreiben ist -um in der Sprache der Kl zu bleiben- in seinen tragenden Vorgaben „geset-zesakzessorisch“. Die Kl muss sich die Einschränkung ihrer Gestaltungsfreiheit durch die am Gesetzeszweck orientierte enge Auslegung des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Bstb. a UStG gefallen lassen; ihre durch Art 2 Abs. 1 GG geschützte wirtschaftliche Entfaltungsfreiheit wird dadurch nicht in verfassungswidriger Weise verletzt. Auch wird die Kl weder in einer gegen Art 3 Abs. 1 GG verstoßenden Weise sachwidrig ungleich behandelt noch in ihrer durch Art 12 Abs. 1 GG geschützten Freiheit der Berufsausübung in rechtswidriger Weise beeinträchtigt. Ihre wirtschaftliche Tätigkeit muss sie im Rahmen der Gesetze entfalten, deren Auslegung auch dann für sie maßgebend ist, wenn sie nicht ihren Wünschen entspricht.
35 
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).
36 
III. Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Fortbildung des Rechts zugelassen.

Gründe

 
26 
I. Die Klage ist unbegründet. Die Umsätze der Kl aus den Subleasingverträgen unterliegen dem Regelsteuersatz.
27 
1. Der Senat teilt die Auffassung der Beteiligten, dass die Kl und nicht das XY die Umsatzsteuer aus den Subleasing-Umsätzen schuldet. Die Kl ist keine Organgesellschaft des XY.
28 
Gemäß § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG schuldet derjenige Unternehmer die Umsatzsteuer, der Leistungen im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Unternehmer ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Ist eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert (Organschaft), so wird gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nicht selbständig ausgeübt. Die Kl als juristische Person ist zu 100 % eine Tochtergesellschaft des XY und damit finanziell in dieses eingegliedert; zu den Voraussetzungen der finanziellen Eingliederung s. das BFH-Urteil vom 19. Mai 2005 V R 31/03, BFHE 210, 167, BStBl II 2005, 671. Sie ist auch wirtschaftlich eingegliedert, weil sie gemäß dem Willen des XY in engem wirtschaftlichem Zusammenhang mit diesem tätig wird (vgl. dazu BFH-Urteil vom 22. Juni 1967 V R 89/66, BFHE 89, 402, BStBl III 1967, 715). Es fehlt indes an der organisatorischen Eingliederung der Kl. Diese setzt voraus, dass nach den zwischen Organträger und Organgesellschaft bestehenden Beziehungen sichergestellt ist, dass eine vom Willen des Organträgers abweichende Willensbildung bei der Organtochter nicht möglich ist (BFH-Urteil vom 3. April 2008 V R 76/05, BFHE 221, 443, BStBl II 2008, 905). Bei der Kl erscheint die Möglichkeit einer abweichenden Willensbildung nicht ausgeschlossen. Theoretisch könnte ihr alleiniger Geschäftsführer F.P. dort Maßnahmen durchsetzen, für die es an der Zustimmung des Mitvorstandes bei der  XY fehlte.
29 
2. Die Kl kann für die Umsätze aus den Subleasingverträgen nicht den ermäßigten Umsatzsteuersatz in Anspruch nehmen. Bei der Auslegung von § 12 Abs. 2 Nr. 8 Bstb. a UStG ist zu berücksichtigen, dass grundsätzlich der normale Steuersatz gilt und der ermäßigte Steuersatz die Ausnahme ist. Dementsprechend sind Tatbestandsmerkmale, die zu dieser Ausnahme führen, eng auszulegen (vgl. Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften -EuGH- vom 18. Januar 2001 Rs. C-83/99, Kommission/Spanien, BFH/NV Beilage 2001, 124, mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des EuGH).
30 
a) Nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Bstb. a UStG vom 9. Juni 1999 (Bundesgesetzblatt -BGBl-1999, 1271) in der im Streitzeitraum anzuwendenden Fassung des Art 5 des Gesetzes zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften (Richtlinien-Umsetzungsgesetz -EURLUmsG-) vom 9. Dezember 2004 (BGBl I 2004, 3310, ber. 3843) ermäßigt sich die Umsatzsteuer auf sieben vom Hundert für Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen (§§ 51 bis 68 AO), außer es handelt sich um Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden. Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist gemäß § 14 AO eine selbständige nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden und die über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht. Schließt ein Steuergesetz eine Steuervergünstigung insoweit aus, als ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb im Sinne des § 14 AO unterhalten wird, so verliert gemäß § 64 Abs. 1 AO die Körperschaft die Steuervergünstigung für die dem Geschäftsbetrieb zuzuordnenden Besteuerungsgrundlagen (Einkünfte, Umsätze, Vermögen), soweit der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb kein Zweckbetrieb (§§ 65 bis 68 AO) ist. Nach § 65 AO ist ein Zweckbetrieb gegeben, wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen (§ 65 Nr. 1 AO), die Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können (§ 65 Nr. 2 AO) und der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist (§ 65 Nr. 3 AO). Gemäß § 68 Nr. 3 Bstb. c AO sind Zweckbetriebe auch Integrationsprojekte im Sinne des § 132 Abs. 1 des Neunten Sozialgesetzbuches (SGB IX), wenn mindestens 40 vom Hundert der Beschäftigten besonders betroffene schwerbehinderte Menschen im Sinne des § 132 Abs. 1 SGB IX sind. Nach § 132 Abs. 1 SGB IX sind Integrationsprojekte unter anderem rechtlich und wirtschaftlich selbständige Unternehmen (Integrationsunternehmen) zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, deren Teilhabe an einer sonstigen Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auf Grund von Art oder Schwere der Behinderung oder wegen sonstiger Umstände voraussichtlich trotz Ausschöpfens aller Fördermöglichkeiten und des Einsatzes von Integrationsfachdiensten auf besondere Schwierigkeiten stößt. Nach § 132 Abs. 2 SGB IX gehören zu den schwerbehinderten Menschen nach Absatz 1 insbesondere schwerbehinderte Menschen mit geistiger oder seelischer Behinderung oder mit einer schweren Körper-, Sinnes- oder Mehrfachbehinderung, die sich im Arbeitsleben besonders nachteilig auswirkt und allein oder zusammen mit weiteren vermittlungshemmenden Umständen die Teilhabe am allgemeinen Arbeitsmarkt außerhalb eines Integrationsprojekts erschwert oder verhindert (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 SGB IX), schwerbehinderte Menschen, die nach zielgerichteter Vorbereitung in einer Werkstatt für behinderte Menschen oder in einer psychiatrischen Einrichtung für den Übergang in einen Betrieb oder eine Dienststelle auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in Betracht kommen und auf diesen Übergang vorbereitet werden sollen (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX) sowie schwerbehinderte Menschen nach Beendigung einer schulischen Bildung, die nur dann Aussicht auf eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt haben, wenn sie zuvor in einem Integrationsprojekt an berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen teilnehmen und dort beschäftigt und weiterqualifiziert werden (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX). – Die bei der Kl beschäftigten Arbeitnehmer A.C. und T.N. sind besonders betroffene schwerbehinderte Menschen in diesem Sinne.
31 
b) Für Integrationsprojekte ist keine förmliche Anerkennung erforderlich (Kossens, in: Kossens/von der Heide/Maaß SGB IX Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen Kommentar 2. Aufl. 2006, § 132 Rz. 3). Gemäß § 134 SGB IX können Integrationsprojekte aus Mitteln der Ausgleichsabgabe Leistungen für Aufbau, Erweiterung, Modernisierung und Ausstattung einschließlich einer betriebswirtschaftlichen Beratung und für besonderen Aufwand erhalten. Die Tatsache der Gewährung solcher Mittel stellt daher ein gewisses Indiz dafür dar, dass ein Unternehmen die Voraussetzungen eines Integrationsprojektes im Sinne des § 68 Nr. 3 Bstb. c AO erfüllt. Die Kl hat entsprechende Anträge gestellt, die jedoch nur insoweit erfolgreich waren, als ein betriebswirtschaftliches Gutachten gefördert wurde. Ob daraus der Schluss gezogen werden kann, der Kl fehle die Eigenschaft eines Integrationsprojekts, kann allerdings letztlich dahingestellt bleiben. Denn auch wenn § 68 AO gegenüber § 65 AO als rechtssystematisch vorrangige Spezialvorschrift zu verstehen ist (BFH-Urteile vom 29. Januar 2009 V R 46/06, BStBl II 2009, 560; vom 4. Juni 2003 I R 25/02, BFHE 202, 391, BStBl II 2004, 660; vom 18. Januar 1995 V R 142/92, BFHE 177, 147, BStBl II 1995, 446), ist zu prüfen, ob sich die Einrichtung in ihrer Gesamtrichtung noch als Zweckbetrieb darstellt (BFH-Urteil vom 4. Juni 2003, a.a.O.). Letzteres ist bei der Kl nicht mehr der Fall.
32 
c) Gegenstand der Kl als gemeinnütziger GmbH ist gemäß § 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages die Beschäftigung von körper- und schwerbehinderten Menschen im Rahmen eines Integrationsprojektes im Sinne des § 68 Nr. 3 Bstb. c AO auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und die dafür erforderliche Qualifizierung dieses Personenkreises. Wie dies auch aus der Definition des Integrationsprojekts in § 132 Abs. 1 SGB IX („zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen“) ersichtlich ist, muss ein Integrationsprojekt der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen dienen. Auch aus § 133 SGB IX, wonach Integrationsprojekte den schwerbehinderten Menschen Beschäftigung und arbeitsbegleitende Betreuung anzubieten haben, wird dieser Zweck deutlich. Dass es die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen ist, die den ausschlaggebenden Grund für die steuerliche Begünstigung von Integrationsprojekten bildet, zeigt der Umstand, dass die Gemeinnützigkeit eine Beschäftigungsquote der besonders betroffenen schwerbehinderten Menschen von mindestens 40 vom Hundert (§ 68 Nr. 3 Bstb. c AO) statt von 25 vom Hundert wie im Sozialrecht (§ 132 Abs. 3 SGB IX) fordert.
33 
Wie bereits erwähnt, erfordert der Ausnahmecharakter des ermäßigten Steuersatzes eine enge, am Förderungszweck ausgerichtete Auslegung von § 68 Nr. 3 Bstb. c AO und § 12 Abs. 2 Nr. 8 Bstb. a UStG. Aus diesem Grunde muss zur Prüfung der Frage, ob die Kl mit ihren Subleasinggeschäften in der Gesamtrichtung noch ein Zweckbetrieb ist, auf den Zusammenhang der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen mit den von der Einrichtung erzielten Umsätzen abgestellt werden, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Mitwirkung nichtbehinderter Beschäftigter gemäß § 68 Nr. 3 Bstb. c AO bis zu einem Beschäftigtenanteil von 60 vom Hundert der Beschäftigten unschädlich ist.  Das bedeutet, dass sich die Leasingumsätze der Kl noch zu einem angemessenen Teil als Wertschöpfung der in den Grenzen des § 68 Nr. 3 Bstb. c AO von Nichtbehinderten begleiteten Behindertenarbeit darstellen müssen. Bei der Kl ist dies nicht mehr gewährleistet. Bis 4. Dezember 2005 beschäftigte sie nur zwei Arbeitnehmer, von denen einer behindert war; erst ab 5. Dezember 2005 kam ein weiterer, zu 50 % beschäftigter behinderter Arbeitnehmer hinzu. Die von der Kl für 2005 erklärten Leasingumsätze in Höhe von 5.238.425 EUR beruhten aber bei weitem nicht nur auf der Arbeit der genannten drei Arbeitnehmer. Ausweislich § 2 Abs. 3 des Kooperationsvertrages zwischen der A-GmbH und der Kl sollte letztere nur die mit den Leasinggeschäften verbundenen einfachen Verwaltungsarbeiten durchführen: Teilnahme an Ausschreibungen, Überwachung von Angebots- und Zuschlagfristen, Verdatung von Vertragsparametern, systematische Erfassung von Subleasingmietscheinen, Schreiben und Versenden der Subleasinginstallationsbestätigungen, Gegenzeichnen von Bestätigungen und Versand an die Kunden, Schreiben und Versenden der Rechnungen, Buchen und Überwachen des Zahlungsverkehrs, Betreiben des Mahnwesens, Bearbeiten und Verdaten von Kündigungen sowie Schreiben, Verdaten und Versenden von Abbaubestätigungen. Die das Leasinggeschäft prägenden und für seinen Erfolg wesentlichen Tätigkeiten wurden hingegen von Beschäftigten der A-GmbH wahrgenommen: Auswahl der Kunden, Kalkulation, Abstimmung der Verträge auf die Bedürfnisse der Endkunden,  Beschaffung der Finanzierung und der Leasinggegenstände, Entscheidung über Maßnahmen bei Zahlungsschwierigkeiten von Endkunden. Die Umsätze der Kl beruhen daher weitestgehend auf Arbeit, die nicht von Behinderten verrichtet wurde. Der Senat braucht sich nicht auf allgemeine Grenzen festzulegen, bei denen noch ein angemessenes Verhältnis zwischen der nach Maßgabe von § 68 Nr.3 Bstb. c AO begleiteten Behindertenarbeit und den daraus erzielten Umsätzen anzunehmen wäre. Bei Leasingumsätzen in Höhe von 5.238.425 EUR und der Beschäftigung im Wesentlichen nur eines Behinderten (der auch nur zu 50 % teilzeitbeschäftigte behinderte Arbeitnehmer T.N. kam erst kurz vor Jahresende 2005 hinzu) ist dieses angemessene Verhältnis offenkundig bei weitem überschritten. In ihrem wirtschaftlichen Kern beinhaltete die Kooperation zwischen der A-GmbH und der Kl, dass letztere für die A-GmbH Verwaltungsarbeiten verrichtete, die -wäre ein entsprechender Vertrag geschlossen worden- durchaus zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf die dann von der Kl an die A-GmbH erbrachten Umsätze hätten führen können. Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf die Umsätze der Kl mit den Leasingnehmern kommt jedoch nicht in Betracht, auch nicht für einen Teil der Umsätze.   
34 
d) Das vom Senat gefundene Ergebnis beruht auf einer am Gesetzeszweck des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Bstb. a UStG ausgerichteten engen Auslegung des Begriffes „Zweckbetrieb“, auf den dort über die Verweisung auf § 68 AO Bezug genommen ist. Diese enge Auslegung liegt auch dem BMF-Schreiben vom 2. März 2006 zugrunde. Die Einwände der Kl, der Bekl wende das BMF-Schreiben wie ein Gesetz an und verstoße damit gegen den Gesetzesvorbehalt des Art 20 Abs. 3 GG und gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung nach Art 20 Abs. 2 Satz 2 GG gehen ins Leere. Das BMF-Schreiben ist -um in der Sprache der Kl zu bleiben- in seinen tragenden Vorgaben „geset-zesakzessorisch“. Die Kl muss sich die Einschränkung ihrer Gestaltungsfreiheit durch die am Gesetzeszweck orientierte enge Auslegung des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Bstb. a UStG gefallen lassen; ihre durch Art 2 Abs. 1 GG geschützte wirtschaftliche Entfaltungsfreiheit wird dadurch nicht in verfassungswidriger Weise verletzt. Auch wird die Kl weder in einer gegen Art 3 Abs. 1 GG verstoßenden Weise sachwidrig ungleich behandelt noch in ihrer durch Art 12 Abs. 1 GG geschützten Freiheit der Berufsausübung in rechtswidriger Weise beeinträchtigt. Ihre wirtschaftliche Tätigkeit muss sie im Rahmen der Gesetze entfalten, deren Auslegung auch dann für sie maßgebend ist, wenn sie nicht ihren Wünschen entspricht.
35 
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).
36 
III. Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Fortbildung des Rechts zugelassen.

Bei der Inanspruchnahme sozialer Rechte darf niemand aus Gründen der Rasse, wegen der ethnischen Herkunft oder einer Behinderung benachteiligt werden. Ansprüche können nur insoweit geltend gemacht oder hergeleitet werden, als deren Voraussetzungen und Inhalt durch die Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuchs im Einzelnen bestimmt sind.

Wer für eine angemessene Wohnung Aufwendungen erbringen muß, die ihm nicht zugemutet werden können, hat ein Recht auf Zuschuß zur Miete oder zu vergleichbaren Aufwendungen.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

§ 81 Absatz 6 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der Fassung des Gesetzes zur Bekämpfung von Preismissbrauch im Bereich der Energieversorgung und des Lebensmittelhandels vom 18. Dezember 2007 (Bundesgesetzblatt I Seite 2966) ist mit dem Grundgesetz vereinbar.

Gründe

A.

1

Die Vorlage betrifft die Frage, ob die Verzinsungsregelung für Kartellgeldbußen in § 81 Abs. 6 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

I.

2

1. Gemäß § 81 GWB handelt ordnungswidrig, wer gegen bestimmte kartellrechtliche Vorschriften des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (§ 81 Abs. 1 GWB) oder des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen verstößt (§ 81 Abs. 2 und 3 GWB).

3

Die vom vorlegenden Oberlandesgericht für verfassungswidrig gehaltene Vorschrift des § 81 Abs. 6 GWB regelt die Verzinsung der wegen einer solchen Ordnungswidrigkeit in einem Bußgeldbescheid festgesetzten Geldbuße. Die Vorschrift ist durch das Siebte Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vom 7. Juli 2005 (BGBl I S. 1954) in das Gesetz eingefügt worden. Sie blieb bei der Neufassung des § 81 GWB durch das Gesetz zur Bekämpfung von Preismissbrauch im Bereich der Energieversorgung und des Lebensmittelhandels vom 18. Dezember 2007 (BGBl I S. 2966 <2968>) unverändert und lautet:

4

§ 81

5

Bußgeldvorschriften

6

(1) bis (5) …

7

(6) Im Bußgeldbescheid festgesetzte Geldbußen gegen juristische Personen und Personenvereinigungen sind zu verzinsen; die Verzinsung beginnt zwei Wochen nach Zustellung des Bußgeldbescheides. § 288 Abs. 1 Satz 2 und § 289 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind entsprechend anzuwenden.

8

(7) bis (10) …

9

Zur Begründung der Vorschrift wird im Gesetzentwurf der Bundesregierung (BTDrucks 15/3640, S. 67) ausgeführt, in der Praxis habe sich gezeigt, dass für Unternehmen wegen des zum Teil erheblichen Zinsvorteils ein deutlicher Anreiz bestehen könne, die Zahlung der Geldbuße so lange wie möglich hinauszuzögern. Insbesondere im Falle hoher Geldbußen könnten Unternehmen allein dadurch einen erheblichen Zinsgewinn erzielen, dass sie gegen den Bußgeldbescheid Einspruch einlegten und diesen kurz vor der gerichtlichen Entscheidung wieder zurücknähmen. Die Zinspflicht sei keine zusätzliche Sanktion, sondern diene allein der Aufrechterhaltung der Sanktionswirkung der eigentlichen Geldbuße (BTDrucks 15/3640, S. 42).

10

Der Bundesrat hatte sich im Gesetzgebungsverfahren gegen die Verzinsungsregelung ausgesprochen, weil sie dem deutschen Ordnungswidrigkeits- und Strafrecht fremd sei und auf Bedenken hinsichtlich Art. 19 Abs. 4 GG stoße (BTDrucks 15/3640, S. 82).

11

2. Die Absätze 4 und 5 des § 81 GWB enthalten Regelungen über die Höhe der Kartellgeldbuße. § 81 Abs. 4 Satz 1 GWB sieht vor, dass die Ordnungswidrigkeit in bestimmten Fällen mit einer Geldbuße bis zu einer Million € geahndet werden kann. Gegen ein Unternehmen oder eine Unternehmensvereinigung kann darüber hinaus eine höhere Geldbuße verhängt werden, die 10 % des in dem der Behördenentscheidung vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes des Unternehmens oder der Unternehmensvereinigung nicht übersteigen darf (§ 81 Abs. 4 Satz 2 GWB). Bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße ist nach § 81 Abs. 4 Satz 6 GWB sowohl die Schwere der Zuwiderhandlung als auch deren Dauer zu berücksichtigen. Daneben ist nach überwiegender Auffassung die Bemessungsvorschrift des § 17 Abs. 3 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) anzuwenden (vgl. Cramer/Pananis, in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, 2. Aufl. 2009, § 81 Rn. 63 m.w.N.). Danach sind Grundlage für die Zumessung der Geldbuße die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und der Vorwurf, der den Täter trifft; auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters kommen als Anknüpfungspunkt in Betracht, bleiben jedoch bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten in der Regel unberücksichtigt (vgl. § 17 Abs. 3 Satz 2 OWiG).

12

3. Nach § 67 Abs. 1 Satz 1 OWiG können Betroffene gegen den Bußgeldbescheid innerhalb von zwei Wochen nach dessen Zustellung Einspruch einlegen. Der Einspruch steht der Vollstreckung des Bußgeldbescheids entgegen, weil Bußgeldentscheidungen nach § 89 OWiG erst nach Eintritt ihrer Rechtskraft vollstreckbar sind. Nach Einlegung eines Einspruchs entscheidet das zuständige Gericht über die Tat, ohne an den Bußgeldbescheid gebunden zu sein. Der Bußgeldbescheid kann aber gleichwohl noch rechtskräftig werden, falls der Einspruch zurückgenommen oder vom Gericht als unzulässig verworfen wird.

II.

13

1. Die Antragstellerin des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Antragstellerin) betreibt in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft ein Versicherungsunternehmen.

14

Mit Bescheid vom 17. März 2005 setzte das Bundeskartellamt gegen sie wegen mehrerer vorsätzlicher Verstöße gegen das Kartellverbot (§ 1 GWB) eine Geldbuße in Höhe von insgesamt 6,4 Mio. € fest. Gegen diesen Bußgeldbescheid legte die Antragstellerin Einspruch ein. Am 18. Mai 2009 verfügte das Kartellgericht gemäß § 47 Abs. 2 OWiG die Einstellung des Verfahrens hinsichtlich einer der Taten, für die eine anteilige Geldbuße von 400.000 € festgesetzt worden war. Am 15. Juli 2009 nahm die Antragstellerin ihren Einspruch im Übrigen zurück, was sie mit wirtschaftlichen Erwägungen insbesondere vor dem Hintergrund des für sie völlig unkalkulierbaren Risikos einer Erhöhung der Bußgeldsumme erklärt.

15

Nachdem die Antragstellerin in der Folgezeit die verbliebene Geldbuße in Höhe von 6 Mio. € beglichen hatte, wurde sie vom Bundeskartellamt mit Beschluss vom 11. März 2011, berichtigt durch Beschluss vom 28. April 2011, unter Hinweis auf § 81 Abs. 6 GWB aufgefordert, weitere 1.768.560 € als Zinsen auf die Geldbuße zu zahlen.

16

Dagegen wandte sich die Antragstellerin gemäß § 103 Abs. 1 Nr. 3 OWiG an das vorlegende Oberlandesgericht und machte insbesondere verfassungsrechtliche Einwendungen gegen die Zinsforderung geltend. Die zugrunde liegende Vorschrift des § 81 Abs. 6 GWB verstoße gegen die rechtsstaatliche Unschuldsvermutung und gegen das Verbot der Doppelbestrafung. Außerdem werde in ihre Berufsfreiheit und in ihr Eigentumsrecht in unverhältnismäßiger Weise eingegriffen. Eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung liege darin, dass nur bei einer Festsetzung durch Bußgeldbescheid, nach überwiegender Auffassung aber nicht bei einer Verurteilung durch das Oberlandesgericht im Einspruchsverfahren Zinsen zu zahlen seien. Ohnehin sei die gesetzliche Grundlage für die Geldbuße wegen Kartellverstößen in § 81 Abs. 4 GWB zu unbestimmt, weshalb auch die daran anknüpfende Verzinsungspflicht verfassungswidrig sei. Schließlich liege mit der Zinsbelastung auch ein Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG vor, weil sie zu einer unzumutbaren Erschwerung des Rechtswegs führe.

17

2. Das Oberlandesgericht hat das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht unter mehreren Gesichtspunkten die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob § 81 Abs. 6 GWB mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist.

18

Die gesetzgeberische Entscheidung, denjenigen Bußgeldschuldner mit einer Zinspflicht zu belasten, der die gegen ihn behördlich verhängte Geldbuße nicht zeitnah begleiche, bewirke zwar keine sachwidrige Behinderung des effektiven Rechtsschutzes und sei deshalb mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG verfassungsrechtlich unbedenklich. § 81 Abs. 6 GWB verstoße aber in dreifacher Hinsicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

19

Zunächst sei eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung zu Lasten von juristischen Personen und Personenvereinigungen darin zu sehen, dass nur sie der Verzinsungspflicht unterworfen seien, obwohl auch natürliche Personen etwa als einzelkaufmännische Unternehmensträger in gleicher Weise wie juristische Personen und Personenvereinigungen durch missbräuchliche Einlegung eines Einspruchs Zinsvorteile erlangen könnten. Dass natürliche Personen aufgrund der Höhe der gegen sie festgesetzten Geldbuße im Unterschied zu juristischen Personen und Personenvereinigungen im Allgemeinen kein Interesse hätten, nur zur Erzielung von Zinsvorteilen den Rechtsweg zu beschreiten, sei nicht festzustellen.

20

Ferner liege eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung darin, dass § 81 Abs. 6 GWB nur Kartellbußgeldschuldner einer Pflicht zur Verzinsung der Geldbuße unterwerfe, nicht aber auch die Schuldner von Geldbußen aus anderen Rechtsgebieten wie etwa dem Umweltrecht, dem Straßenverkehrsrecht oder dem Datenschutzrecht. Da § 81 Abs. 6 GWB Kartellgeldbußen ohne Rücksicht auf ihre Höhe der Verzinsung unterwerfe, könne die Ungleichbehandlung nicht mit der Erwägung gerechtfertigt werden, dass vor allem im Kartellbereich auch außerordentlich hohe Geldbußen festgesetzt würden. Ebenso wenig könne angenommen werden, dass Kartellgeldbußen an sich weitaus höher ausfallen müssten als Geldbußen wegen anderer Rechtsverstöße. Die unterschiedliche Behandlung der Kartellbußgeldschuldner könne insbesondere nicht mit der Erwägung begründet werden, dass im Kartellbußgeldbereich das Einspruchsrecht in besonderem Maße missbraucht würde, um Zinsvorteile zu erwirtschaften.

21

Schließlich verstoße es gegen Art. 3 Abs. 1 GG, dass nur der Schuldner eines kartellbehördlich festgesetzten Bußgeldes die Geldbuße zu verzinsen habe, der Schuldner einer durch das Kartellgericht festgesetzten Geldbuße hingegen nicht. Die Ungleichbehandlung sei willkürlich. Sie sei nicht deshalb unerheblich, weil das Kartellgericht bei seiner Strafzumessung den erzielten Zinsvorteil bußgelderhöhend berücksichtigen dürfe. Selbst wenn man diesem Standpunkt folgen wollte, läge eine relevante Ungleichbehandlung vor, weil § 81 Abs. 6 GWB für kartellbehördlich festgesetzte Geldbußen zwingend eine Verzinsung in exakt bestimmter Höhe vorschreibe, während das Kartellgericht insoweit einen Spielraum habe. Damit werde der Zweck, Kartellbußgeldschuldner davon abzuhalten, eine Geldbuße allein zur Erzielung von Zinsvorteilen anzufechten, weitgehend verfehlt. Wenn nämlich die gerichtlich verhängte Geldbuße zinsfrei bleibe, während die in einem Bußgeldbescheid festgesetzte Geldbuße zu verzinsen sei, fordere diese Rechtslage den Bußgeldschuldner geradezu auf, zur Erzielung von Zinsgewinnen Einspruch einzulegen.

22

Diese Ungleichbehandlungen könnten nicht durch eine verfassungskonforme Auslegung des § 81 Abs. 6 GWB vermieden werden. Der Inhalt der Vorschrift sei nach seinem Wortlaut und dem in den Gesetzesmaterialien verlautbarten Willen des Gesetzgebers eindeutig. Die Entscheidung des Verfahrens hänge mithin von der Gültigkeit des § 81 Abs. 6 GWB ab.

III.

23

Zu der Vorlage haben die Bundesregierung, das Bundeskartellamt und die Antragstellerin Stellung genommen; der Deutsche Bundestag und der Bundesrat haben von einer Stellungnahme abgesehen. Die Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen und Thüringen haben über die von ihnen bislang verhängten Kartellgeldbußen berichtet.

24

1. Die Bundesregierung hält die vorgelegte Vorschrift für verfassungskonform. Die in § 81 Abs. 6 GWB normierte Verzinsungspflicht verstoße nicht gegen Art. 19 Abs. 4 GG. Mit dieser Regelung habe der Gesetzgeber Rechtsschutz nicht schlechthin verweigern, sondern nur dessen Inanspruchnahme zugunsten eines systemwidrigen, finanziellen Vorteils verhindern wollen. Dies sei ein verfassungsrechtlich legitimer Zweck.

25

§ 81 Abs. 6 GWB verstoße auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Das Argument, § 81 Abs. 6 GWB sei objektiv willkürlich, weil die Vorschrift nur für Kartellgeldbußen, nicht aber für andere Geldbußen eine Verzinsungspflicht vorsehe, sei unhaltbar. Der allgemeine Gleichheitssatz enthalte kein verfassungsrechtliches Gebot, ähnliche Sachverhalte in verschiedenen Ordnungsbereichen gleich zu regeln. Nur vordergründig einleuchtend sei ferner die Auffassung, wonach es willkürlich sein solle, nur für behördliche, nicht aber für gerichtlich festgesetzte Kartellgeldbußen eine Verzinsungspflicht zu statuieren; denn das gerichtliche Bußgeldverfahren sei ein völlig eigenständiges Verfahren. Art. 3 Abs. 1 GG sei auch nicht deshalb verletzt, weil die Verzinsungspflicht lediglich juristische Personen und Personenvereinigungen treffe, nicht jedoch natürliche Personen. Entscheidend sei die verschiedene Höhe der Geldbußen. Die durchschnittliche Höhe der vom Bundeskartellamt gegen natürliche Personen mit oder ohne Unternehmenseigenschaft zwischen 1993 und 2010 festgesetzten Geldbußen betrage etwa 56.000 €. Eine natürliche Person ohne Unternehmenseigenschaft, die gemäß § 9 OWiG für ein Unternehmen handele, könne nach § 81 Abs. 4 Satz 1 GWB lediglich mit einer Geldbuße in Höhe von maximal 1 Mio. € belegt werden, das betroffene Unternehmen dagegen nach § 81 Abs. 4 Satz 2 GWB mit einer Geldbuße in Höhe von 10 % des Jahresumsatzes. Auch in Bezug auf natürliche Personen mit Unternehmenseigenschaft verstoße § 81 Abs. 6 GWB nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil in der Entscheidungspraxis des Bundeskartellamts seit 1993 keine Fälle bekannt seien, in denen gegen solche Betroffene Bußgeldbescheide ergangen seien, die aufgrund der Höhe der Geldbuße einen zinsbedingten Anreiz zur Einlegung eines Einspruchs gesetzt hätten.

26

2. Das Bundeskartellamt hält die Vorschrift des § 81 Abs. 6 GWB für verfassungsgemäß. Dem Gesetzgeber sei im Bereich des Kartellrechts ein weitreichender Einschätzungsspielraum zuzubilligen. Aufgrund der hohen Komplexität der Kartellbußgeldverfahren und der dadurch gebundenen Arbeitsressourcen bei Oberlandesgerichten, Generalstaatsanwaltschaften und Kartellbehörden gerate durch deren sinnlose Beanspruchung zur Erzielung von Zinsvorteilen das Gemeinwohlinteresse an einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege in Gefahr. Die Zinshöhe enthalte keine zusätzliche Sanktionierung und bewege sich innerhalb der Bandbreite der Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers. Die Nichteinbeziehung gerichtlicher Bußgeldentscheidungen in die Verzinsungspflicht sei rechtlich nicht zu beanstanden, weil die Inanspruchnahme der staatlichen Ressourcen in diesem Fall nicht fruchtlos allein zur Erlangung eines Zinsvorteils erfolgt sei. Art. 19 Abs. 4 GG enthalte nicht die Garantie, einen einmal eingelegten Rechtsbehelf jederzeit folgenlos zurücknehmen zu können. Selbst ein deutlicher Eingriff in die Rechtsweggarantie wäre mit dem Ziel der Verhinderung der unnötigen Inanspruchnahme der staatlichen Institutionen verfassungsrechtlich gerechtfertigt.

27

Ein Verstoß der Verzinsungsregelung gegen Art. 3 Abs. 1 GG könne ebenso wenig festgestellt werden. Die Verzinsungspflicht allein behördlich festgesetzter, nicht hingegen gerichtlich verhängter Geldbußen sei gerechtfertigt, weil dadurch für Personen, die ernsthaft gerichtlichen Rechtsschutz erstrebten, keine abschreckende Wirkung entfaltet werden solle.

28

Eine verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung bestehe auch nicht zwischen juristischen Personen und Personenvereinigungen auf der einen Seite und natürlichen Personen ohne Unternehmenseigenschaft auf der anderen Seite. Gegen natürliche Personen ohne Unternehmenseigenschaft würden deutlich niedrigere Geldbußen verhängt, so dass ein geringerer Anreiz zur Einspruchserhebung allein zur Zinsersparnis bestehe. Des Weiteren liege kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor, soweit natürliche Personen mit Unternehmenseigenschaft von der Zinszahlungspflicht ausgenommen seien, weil bei ihnen zum einen wegen der persönlichen Belastungen im Einspruchsverfahren mit geringerer Wahrscheinlichkeit mit einer Einspruchserhebung allein zum Zwecke eines Zinsvorteils zu rechnen sei. Zum anderen komme es nur sehr selten zur Verhängung von Kartellgeldbußen gegen natürliche Personen mit Unternehmenseigenschaft.

29

Schließlich liege eine verfassungsrechtlich relevante Ungleichbehandlung auch nicht deshalb vor, weil nur Kartellgeldbußen zu verzinsen seien, nicht jedoch Bußgelder aus anderen Rechtsbereichen. Die Differenzierung werde durch das spezifische Regelungsumfeld des Kartellrechts, die parallele Anwendung europäischen und nationalen Rechts sowie die Höhe der Kartellgeldbußen gerechtfertigt.

30

3. Nach Auffassung der Antragstellerin verletzt die Regelung des § 81 Abs. 6 GWB den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Die Gefahr missbräuchlicher Einspruchseinlegung von natürlichen Personen sei nicht wesentlich geringer als die von juristischen Personen. Selbst wenn man annähme, dass die Ungleichbehandlung gerechtfertigt werden könne, erfordere dies jedenfalls nicht die gesetzlich vorgeschriebene Zinshöhe.

31

Die Regelung verstoße außerdem gegen Art. 19 Abs. 4 GG. Da die Zinspflicht mit Ablauf der zweiwöchigen Einspruchsfrist beginne, könne die Zinszahlung nur vermieden werden, wenn auf den Einspruch verzichtet werde. Entgegen der gesetzgeberischen Absicht, lediglich die Zinsvorteile des Betroffenen abzuschöpfen, sei durch die Verweisung auf § 288 Abs. 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ein pauschaler Zinssatz angeordnet, der auf dem Kapitalmarkt dauerhaft kaum zu erreichen sei. Im Unterschied zu den Prozesskosten könne die Höhe der Zinslast nicht vorhergesehen werden. Die Zinsnachteile könnten auch nicht durch Zahlung der Geldbuße unter Vorbehalt vermieden werden; denn in diesem Fall würde der Bußgeldbescheid entgegen der Unschuldsvermutung bereits vor Bestandskraft Sanktionswirkungen entfalten.

32

§ 81 Abs. 6 GWB verletze darüber hinaus das Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG, weil kein Zinsrahmen mit einer klaren Obergrenze bestimmt sei und die verfassungswidrige Unbestimmtheit der Bußgeldregelung nach § 81 Abs. 4 GWB die Unbestimmtheit der Zinsregelung bewirke. Die Verzinsung der Geldbuße sei eine Strafe im Sinne des Art. 103 Abs. 2 GG, weil sie der Aufrechterhaltung der Sanktionsintensität diene. § 81 Abs. 6 GWB verstoße außerdem gegen das Prinzip schuldangemessenen Strafens und das Übermaßverbot. Schließlich liege auch ein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot des Art. 103 Abs. 2 GG vor.

B.

33

Die Vorlage ist zulässig.

34

Der Vorlagebeschluss legt ausreichend dar, dass das Ergebnis des Ausgangsrechtsstreits von der Gültigkeit der zur Entscheidung gestellten Regelung abhängt (I.). Darüber hinaus zeigt das vorlegende Gericht hinreichend auf, dass es jedenfalls in Bezug auf eine Ungleichbehandlung natürlicher und juristischer Personen im Bereich von § 81 Abs. 6 GWB von der Verfassungswidrigkeit der vorgelegten Norm überzeugt ist (II.).

I.

35

Gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG in Verbindung mit § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG muss das vorlegende Gericht darlegen, inwiefern seine Entscheidung von der Gültigkeit der zur Prüfung gestellten Norm abhängt (vgl. BVerfGE 105, 48 <56>; 105, 61 <67>). Dazu muss der Vorlagebeschluss mit hinreichender Deutlichkeit erkennen lassen, dass das vorlegende Gericht im Falle der Gültigkeit der in Frage gestellten Vorschrift zu einem anderen Ergebnis käme als im Falle ihrer Ungültigkeit und wie das Gericht dieses Ergebnis begründen würde (vgl. BVerfGE 105, 61 <67>). Für die Beurteilung der Zulässigkeit einer Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG ist dabei grundsätzlich die Rechtsauffassung des vorlegenden Gerichts maßgebend, sofern diese nicht offensichtlich unhaltbar ist (vgl. BVerfGE 2, 181 <190 f.>; 105, 61 <67>).

36

Diesen Voraussetzungen wird der Vorlagebeschluss gerecht. Für die Entscheidung des Rechtsstreits, dessen Gegenstand die Verpflichtung der Antragstellerin zur Zahlung von Zinsen auf die gegen sie verhängte Geldbuße ist, ist die Frage der Gültigkeit des § 81 Abs. 6 GWB als der für die Verzinsung maßgeblichen gesetzlichen Bestimmung unmittelbar entscheidungserheblich. Der Vorlagebeschluss enthält insoweit die erforderliche umfassende rechtliche Würdigung des Sachverhalts (vgl. BVerfGE 127, 224 <244>).

37

An der Entscheidungserheblichkeit fehlt es auch nicht, weil der im Ausgangsverfahren nach § 103 Abs. 1 Nr. 3 OWiG gestellte Antrag bereits unzulässig sein und sich daher die Frage der Gültigkeit der Vorschrift nicht stellen könnte. Allerdings ist eine Unstatthaftigkeit des gestellten Antrags nicht völlig fernliegend. Nach § 103 Abs. 1 Nr. 3 OWiG entscheidet das Gericht über die "sonst bei der Vollstreckung eines Bußgeldbescheids getroffenen Maßnahmen". In der Literatur wird jedoch auch die Auffassung vertreten, die Anforderung der Zinsen sei keine Maßnahme bei der Vollstreckung des Bußgeldbescheids, sondern als Nebenfolge der Ordnungswidrigkeit im Sinne des § 4 Abs. 5 OWiG zu behandeln (vgl. Burrichter, in: Festschrift für Rainer Bechtold zum 65. Geburtstag, 2006, S. 97 <117>). Dann wären die Zinsen nach § 66 Abs. 1 Nr. 5 OWiG Bestandteil des Bußgeldbescheids, so dass der Einspruch nach § 67 OWiG als der statthafte Rechtsbehelf angesehen werden müsste.

38

Der Vorlagebeschluss geht auf die Statthaftigkeit des Antrags nach § 103 Abs. 1 OWiG nicht ein. Allerdings hat das vorlegende Gericht diese Frage in seiner unmittelbar vorangehenden Entscheidung, mit der es die Vollstreckung der Zinsforderung ausgesetzt hat, erörtert und mit nicht offensichtlich unhaltbaren Erwägungen den Antrag nach § 103 Abs. 1 OWiG als statthaften Rechtsbehelf angesehen. Angesichts des engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhangs beider Entscheidungen bestehen keine vernünftigen Zweifel daran, dass das vorlegende Gericht die Frage der Statthaftigkeit des Antrags nach § 103 Abs. 1 OWiG im Vorlagebeschluss nicht abweichend beurteilen und an seiner Rechtsauffassung festhalten wollte. Dies macht eine nochmalige ausdrückliche Erörterung der Zulässigkeit des gestellten Antrags im Vorlagebeschluss entbehrlich.

II.

39

Für die Zulässigkeit einer Vorlage muss das Fachgericht ferner deutlich machen, mit welchem verfassungsrechtlichen Grundsatz die zur Prüfung gestellte Regelung seiner Ansicht nach nicht vereinbar ist und aus welchen Gründen es zu dieser Auffassung gelangt. Hierzu bedarf es eingehender, Rechtsprechung und Schrifttum einbeziehender Darlegungen (vgl. BVerfGE 78, 165 <171 f.>; 89, 329 <337>).

40

Daran gemessen hat das vorlegende Gericht seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit jedenfalls insoweit ausreichend dargelegt, als es für die Belastung mit Zinsen von einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung juristischer Personen und Personenvereinigungen einerseits und natürlicher Personen als Unternehmensträger andererseits ausgeht. Das vorlegende Gericht hat hierzu seinen verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab nachvollziehbar geschildert.

41

Für seine Prüfung ist das Bundesverfassungsgericht allerdings nicht auf die insoweit dargetanen verfassungsrechtlichen Bedenken beschränkt, sondern hat die in zulässiger Weise nach Art. 100 Abs. 1 GG vorgelegte Norm unter allen denkbaren verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten zu überprüfen (vgl. BVerfGE 93, 121 <133> m.w.N.).

C.

42

Die Regelung zur Verzinsung einer Geldbuße nach § 81 Abs. 6 GWB ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Sie missachtet weder den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG (I.), noch die Rechtsweggarantie aus Art. 19 Abs. 4 GG (II.), noch die verfassungsrechtlich garantierte Unschuldsvermutung (III.) oder den besonderen Gesetzesvorbehalt aus Art. 103 Abs. 2 GG (IV.).

I.

43

Die Verzinsungspflicht des § 81 Abs. 6 GWB verstößt - entgegen der Ansicht des vorlegenden Gerichts und entgegen in der Literatur geäußerter Bedenken (vgl. etwa Dannecker/Biermann, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, Bd. 2 GWB, 4. Aufl. 2007, § 81 Rn. 465; Vollmer, in: Münchener Kommentar zum Europäischen und Deutschen Wettbewerbsrecht , Bd. 2, 2008, § 81 Rn. 119) - unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

44

1. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfGE 120, 1 <29>; 122, 210 <230>; 129, 49 <68>; stRspr). Hieraus ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten, auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können (vgl. BVerfGE 126, 400 <416>; 127, 263 <280>; stRspr). Differenzierungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet nicht nur, dass die Ungleichbehandlung an ein der Art nach sachlich gerechtfertigtes Unterscheidungskriterium anknüpft, sondern verlangt auch für das Maß der Differenzierung einen inneren Zusammenhang zwischen den vorgefundenen Verschiedenheiten und der differenzierenden Regelung, der sich als sachlich vertretbarer Unterscheidungsgesichtspunkt von hinreichendem Gewicht erweist (vgl. BVerfGE 124, 199 <220>; 129, 49 <68 f.>). Der Gleichheitssatz ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (vgl. BVerfGE 129, 49 <69> m.w.N.).

45

Dabei gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (vgl. BVerfGE 129, 49 <68 f.>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 24. Januar 2012 - 1 BvL 21/11 -, NVwZ-RR 2012, S. 257 <258>). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers ist insbesondere anzunehmen, wenn die Differenzierung an Persönlichkeitsmerkmale anknüpft, wobei sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen umso mehr verschärfen, je weniger die Merkmale für Einzelne verfügbar sind (vgl. BVerfGE 88, 87 <96>; 129, 49 <69>) oder je mehr sie sich denen des Art. 3 Abs. 3 GG annähern (vgl. BVerfGE 124, 199 <220>; 129, 49 <69>). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich auch aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben (vgl. BVerfGE 88, 87 <96>; 129, 49 <69>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 24. Januar 2012 - 1 BvL 21/11 -, NVwZ-RR 2012, S. 257 <258>). Im Übrigen hängt das Maß der Bindung unter anderem davon ab, inwieweit die Betroffenen in der Lage sind, durch ihr Verhalten die Verwirklichung der Kriterien zu beeinflussen, nach denen unterschieden wird (BVerfGE 129, 49 <69> m.w.N.).

46

Der allgemeine Gleichheitssatz ist nicht verletzt, wenn hinreichende Sachgründe vorhanden sind, die eine Differenzierung verfassungsrechtlich rechtfertigen können. Dabei ist nicht ausschlaggebend, ob solche Gründe im Gesetzgebungsverfahren erwogen und etwa in den Materialien dokumentiert worden sind. Die Verfassungswidrigkeit lässt sich folglich nicht schon daraus herleiten, dass sich aus den Gesetzesmaterialien keine Gründe für die Verschiedenbehandlung ergeben (vgl. BVerfGE 21, 292 <299>; 85, 238 <245>).

47

2. Daran gemessen verstößt § 81 Abs. 6 GWB nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Eine den allgemeinen Gleichheitssatz missachtende Ungleichbehandlung liegt nicht deshalb vor, weil § 81 Abs. 6 GWB lediglich juristische Personen und Personenvereinigungen, nicht aber natürliche Personen mit oder ohne Unternehmenseigenschaft durch Zinsen auf gegen sie verhängte Geldbußen belastet (a). Des Weiteren folgt eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG weder daraus, dass das Gesetz die Verzinsung nur für Geldbußen aus dem Bereich des Kartellrechts, nicht aber auch für solche aus anderen Regelungsmaterien anordnet (b), noch daraus, dass § 81 Abs. 6 GWB nach überwiegender Ansicht lediglich die behördlich festgesetzte, nicht jedoch die durch eine gerichtliche Entscheidung verhängte kartellrechtliche Geldbuße einer Verzinsungspflicht unterwirft (c).

48

a) Entgegen der Ansicht des vorlegenden Gerichts ist § 81 Abs. 6 GWB nicht deshalb im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG gleichheitswidrig, weil die Verzinsungspflicht ausschließlich juristische Personen und Personenvereinigungen, nicht aber auch natürliche Personen trifft. Dies gilt im Vergleich zu beiden Gruppen natürlicher Personen, die von Kartellgeldbußen als natürliche Personen mit Unternehmenseigenschaft (aa) oder als natürliche Personen ohne Unternehmenseigenschaft (bb) betroffen sein können.

49

aa) Nach einhelliger Auffassung werden natürliche Personen von der Regelung in § 81 Abs. 6 GWB selbst dann nicht erfasst, wenn diese ein Unternehmen im Sinne von § 81 Abs. 4 Satz 2 GWB bilden (vgl. Dannecker/Biermann, in: Immenga/Mestmäcker, a.a.O., § 81 Rn. 465; Vollmer, in: Münchener Kommentar zum Europäischen und Deutschen Wettbewerbsrecht, a.a.O., § 81 Rn. 119). Da auch natürliche Personen nicht anders als juristische Personen oder Personenvereinigungen kartellrechtliche Ordnungswidrigkeiten begehen können (vgl. Emmerich, Kartellrecht, 11. Aufl. 2008, § 20 Rn. 5 ff.), liegt damit zwar eine Ungleichbehandlung vor, diese ist jedoch verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Insoweit sind strengere, über das Willkürverbot hinausgehende Anforderungen nicht zu stellen.

50

Die Beschränkung auf Kartellgeldbußen gegen juristische Personen oder Personenvereinigungen lässt sich auf einen hinreichenden Sachgrund stützen. Der Gesetzgeber umschreibt damit eine Fallgruppe, bei der er die tatsächliche Gefahr einer rechtsmissbräuchlichen Einlegung von Einsprüchen, der er zur Schonung staatlicher Ressourcen entgegenwirken will, für besonders groß halten darf. Diese Einschätzung ist nachvollziehbar und bewegt sich im Rahmen des Prognosespielraums des Gesetzgebers (vgl. BVerfGE 110, 141 <168 f.>). Er ist nicht gezwungen, das optimale Abgrenzungskriterium für die Erreichung seiner Ziele zu wählen, sondern kann sich darauf beschränken, ein Kriterium zu wählen, das zwar die wesentlichen, nicht aber alle denkbaren Fälle erfasst. Danach ist die Beschränkung auf Kartellgeldbußen gegen juristische Personen oder Personenvereinigungen nicht zu beanstanden. Abgesehen davon, dass Kartellgeldbußen gegen natürliche Personen als Unternehmensträger in der behördlichen Praxis faktisch kaum relevant sind (1), erreicht die durchschnittliche Höhe der gegen diese Personengruppe verhängten Kartellgeldbußen anders als bei juristischen Personen keinen Betrag, der finanzielle Vorteile erwarten lässt, um derentwillen eine Einspruchseinlegung nur aus Gründen der Verfahrensverzögerung erwartet werden müsste (2). Zudem können für natürliche Personen mit dem Einspruch individuelle Belastungen verbunden sein, die den Anreiz zur missbräuchlichen Einlegung des Rechtsbehelfs mindern (3).

51

(1) Ausweislich der Angaben in den vom Senat eingeholten Stellungnahmen lässt sich für natürliche Personen mit Unternehmenseigenschaft eine beachtliche Gefahr rechtsmissbräuchlicher Einspruchserhebung zur Erlangung finanzieller Vorteile, die in Form gesparter Kreditzinsen oder durch die weitere Verfügbarkeit vorhandener Mittel für das operative oder investive Geschäft entstehen können, bereits deshalb nicht feststellen, weil in nur unerheblicher Zahl Kartellgeldbußen gegen diese Personengruppe verhängt werden.

52

So hat das Bundeskartellamt im Berichtszeitraum von 1993 bis 2010 überhaupt nur gegen neun natürliche Personen mit Unternehmenseigenschaft Kartellgeldbußen verhängt, während die Behörde im gleichen Zeitraum 563 Kartellbußgeldbescheide gegen juristische Personen erlassen hat. Die gegen natürliche Personen mit Unternehmenseigenschaft ergangenen Bescheide machen demnach nur etwa 1,6 % der Kartellgeldbußen aus, die das Bundeskartellamt insgesamt gegen Unternehmen verhängt hat. Demgegenüber haben zwar die Landeskartellbehörden, deren Zuständigkeit in solchen Konstellationen häufiger gegeben ist (vgl. § 48 Abs. 2 GWB), öfter Geldbußen gegen natürliche Personen mit Unternehmenseigenschaft verhängt. Es waren aber gleichwohl insgesamt lediglich 48 natürliche Personen mit Unternehmenseigenschaft betroffen, was für nur 8 % der insgesamt gegen Unternehmen gerichteten Kartellbußgeldbescheide von Landesbehörden steht.

53

Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass sich diese geringe Zahl betroffener natürlicher Personen mit Unternehmenseigenschaft künftig spürbar erhöhen wird. Das Bundeskartellamt hat in seiner Stellungnahme nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass - nach der Insolvenz einer großen Drogeriekette Anfang 2012 - aktuell keine einzelkaufmännisch geführten Großunternehmen mehr bekannt sind, bei denen wegen des Geschäftsvolumens die Verhängung hoher Kartellgeldbußen unter Ausschöpfung des erweiterten Bußgeldrahmens des § 81 Abs. 4 Satz 2 GWB zu erwarten sei.

54

(2) Maßgeblich ist insoweit auch, dass die Höhe der Kartellgeldbußen, die sich an natürliche Personen als Unternehmensträger richten, typischerweise deutlich hinter den Beträgen zurückbleibt, die gegen juristische Personen als Geldbußen verhängt werden. Fehlt es an Geldbußen in beträchtlicher Höhe, so sind die zu erzielenden finanziellen Vorteile gering und werden oftmals noch nicht einmal die zusätzlichen Gerichts- und Verfahrenskosten ausgleichen können. Damit ist für natürliche Personen mit Unternehmenseigenschaft der Anreiz vermindert, allein zur Verzögerung des Eintritts der Bestandskraft des Bußgeldbescheids einen offensichtlich aussichtslosen Einspruch zu erheben.

55

Es ist einfachrechtlich bereits umstritten, ob gegenüber natürlichen Personen mit Unternehmenseigenschaft überhaupt der erhöhte, über 1 Mio. € hinausreichende erweitere Bußgeldrahmen des § 81 Abs. 4 Satz 2 GWB angewendet werden kann (bejahend etwa Emmerich, a.a.O., § 43 Rn. 20; verneinend hingegen Dannecker/Biermann, in: Immenga/Mestmäcker, a.a.O., § 81 Rn. 335 f.). Dessen ungeachtet wird ausweislich der vorgelegten Stellungnahmen in der kartellbehördlichen Praxis selbst der reguläre Höchstbetrag des § 81 Abs. 4 Satz 1 GWB im Regelfall nicht annähernd erreicht. So hat das Bundeskartellamt in der Vergangenheit gegen natürliche Personen mit Unternehmenseigenschaft Geldbußen lediglich in einer Höhe zwischen 15.000 € und 30.000 € festgesetzt, im Freistaat Bayern bewegten sich die Geldbußen zwischen 600 € und 1.600 €, in Niedersachen zwischen 13.000 € und 16.000 €. In Nordrhein-Westfalen betrug die durchschnittliche Höhe der Kartellgeldbußen gegen natürliche Personen mit Unternehmenseigenschaft etwa 5.000 €. Die vergleichsweise geringe Höhe dieser Geldbußen verspricht offenkundig keine finanziellen Vorteile bei Einlegung eines Einspruchs, die an die Beträge heranreichen können, wie sie sich insbesondere bei den Geldbußen erzielen lassen, die das Bundeskartellamt gegen juristische Personen in Höhe von durchschnittlich 4,6 Mio. € festgesetzt hat.

56

(3) Die vom Bundeskartellamt geschilderten Erfahrungen, nach denen natürliche Personen die mit der Erhebung des Einspruchs verbundenen persönlichen Belastungen regelmäßig intensiver spüren als die Vertreter juristischer Personen, belegen für diese Personengruppe noch ein weiteres spezifisches Hindernis gegen eine rechtsmissbräuchliche Einspruchserhebung.

57

Nach § 73 Abs. 1 OWiG ist der Betroffene grundsätzlich zum Erscheinen in der Hauptverhandlung verpflichtet. Die Durchführung eines Einspruchsverfahrens kann daher eine erhebliche persönliche Belastung bei einer natürlichen Person hervorrufen. Die Betroffenen sehen sich - einem Strafprozess vergleichbar - einer persönlichen Anschuldigung, unerwünschtem öffentlichen Interesse und unter Umständen auch einer Berichterstattung in den Medien ausgesetzt. Diese Umstände, die von der Erhebung offensichtlich aussichtsloser Einsprüche allein zur Erzielung eines finanziellen Vorteils abschrecken können, treten bei Kartellgeldbußen gegen juristische Personen nicht in vergleichbarem Maße auf, weil es regelmäßig an der unmittelbaren persönlichen Betroffenheit einzelner Verantwortlicher fehlt.

58

bb) Die Verzinsungspflicht des § 81 Abs. 6 GWB verstößt ferner nicht deshalb gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil sie nur juristische Personen und Personenvereinigungen, nicht aber nach § 9 OWiG haftende natürliche Personen ohne Unternehmenseigenschaft betrifft. Auch diese Differenzierung dient in nachvollziehbarer Weise zur Präzisierung der Fallgruppe, für die der Gesetzgeber die rechtsmissbräuchliche Einlegung von Einsprüchen zur Erzielung finanzieller Vorteile befürchtet.

59

Allerdings erreicht die Zahl der Bußgeldbescheide, die wegen Kartellverstößen gegen natürliche Personen ohne Unternehmenseigenschaft ergangen sind, eine Größenordnung, die der Zahl der Bußgeldbescheide gegen juristische Personen nahekommt. Nach den vorliegenden Stellungnahmen des Bundeskartellamts und der Landeskartellbehörden stehen für den Berichtszeitraum insgesamt 547 Bußgeldbescheide gegen natürliche Personen ohne Unternehmenseigenschaft den 658 Bußgeldbescheiden gegen juristische Personen gegenüber. Dass der Gesetzgeber gleichwohl keinen Anlass gesehen hat, die Verzinsungspflicht auf natürliche Personen ohne Unternehmenseigenschaft zu erstrecken, begegnet indessen wegen der typischerweise geringeren Höhe dieser Geldbußen keinen Bedenken.

60

Auch soweit natürliche Personen nicht als Unternehmen tätig werden, erreicht die Höhe der gegen sie nach Maßgabe des § 9 OWiG verhängten Geldbußen regelmäßig kein Niveau, das den Gesetzgeber zu der Annahme veranlassen müsste, Einsprüche dieser Personengruppe könnten in beträchtlicher Zahl allein mit der sachfremden Absicht der Erzielung finanzieller Vorteile eingelegt werden. Ausweislich der Stellungnahmen der Kartellbehörden erreichte die durchschnittliche Höhe der Geldbußen in Baden-Württemberg lediglich 2.200 €, in Hessen etwa 3.800 € und in Nordrhein-Westfalen etwa 11.000 €. Darüber geht die Höhe der Geldbußen in den vom Bundeskartellamt erlassenen insgesamt 510 Bescheiden mit im Durchschnitt etwa 56.000 € zwar erheblich hinaus, erreicht aber trotzdem nicht annähernd die durchschnittliche Bußgeldhöhe von 4,6 Mio. € der im gleichen Zeitraum gegen juristische Personen verhängten 563 Kartellbußgeldbescheide.

61

Diese Unterschiede in der Höhe der Geldbußen sind auch für die Zukunft zu erwarten; denn sie beruhen nicht auf Zufälligkeiten, sondern haben ihre Ursache in den geltenden rechtlichen Bestimmungen. So findet der erweiterte, über 1 Mio. € hinausreichende Bußgeldrahmen des § 81 Abs. 4 Satz 2 GWB ausdrücklich nur auf Unternehmen und Unternehmensvereinigungen Anwendung und damit nicht auf natürliche Personen ohne Unternehmenseigenschaft, die neben einem Unternehmen aufgrund der Organ- oder Vertreterhaftung nach § 9 OWiG mit einer Geldbuße belegt werden. Überdies erklärt sich die besondere Höhe der Geldbußen wegen Kartellverstößen daraus, dass bei ihrer Bemessung auch das Ziel der Abschöpfung des erlangten wirtschaftlichen Vorteils einfließen kann (vgl. § 81 Abs. 5 GWB, § 17 Abs. 4 OWiG). Diese aus der Ordnungswidrigkeit herrührenden Vorteile werden sich aber regelmäßig nicht im Vermögen des handelnden Organs oder Vertreters ergeben, sondern bei dem von ihnen repräsentierten Unternehmen, und sind daher durch eine entsprechend hohe Geldbuße dort abzuschöpfen. Danach erreichen Geldbußen gegen natürliche Personen auch bei fehlender Unternehmenseigenschaft typischerweise keine Beträge, die im Falle eines Einspruchs beachtliche finanzielle Vorteile erwarten lassen.

62

Zudem mindern die geschilderten persönlichen Belastungen im Zusammenhang mit der Hauptverhandlung (vgl. oben C. I. 2. a aa <3>) für natürliche Personen ohne Unternehmenseigenschaft, die aufgrund ihres Organ- oder Vertreterhandelns in die Ahndung von Kartellordnungswidrigkeiten nach § 9 OWiG einbezogen werden, den Anreiz zur Einspruchseinlegung in gleicher Weise wie für natürliche Personen mit Unternehmenseigenschaft. Angesichts all dieser Umstände durfte der Gesetzgeber mithin diese Betroffenen ebenfalls bei der Bestimmung der Fallgruppe unberücksichtigt lassen, bei der er einem Missbrauch von Rechtsmitteln durch die Verzinsung der Geldbußen entgegenwirken will.

63

b) Dem vorlegenden Gericht ist auch insoweit nicht zu folgen, als es eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG daraus herleiten will, dass die Rechtsordnung - soweit für das vorlegende Gericht ersichtlich - neben § 81 Abs. 6 GWB keine weiteren Regelungen zur Verzinsung von Geldbußen kennt. Zwar ist hiernach eine Zinsverpflichtung allein für Kartellgeldbußen geschaffen worden, während Geldbußen, die wegen Ordnungswidrigkeiten in anderen Rechtsgebieten festgesetzt werden, weiterhin nicht zu verzinsen sind. Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz lässt sich damit aber nicht begründen, weil es insoweit bereits an vergleichbaren Sachverhalten fehlt, deren unterschiedliche Behandlung am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG geprüft werden könnte. Verlangt wird eine Gleichbehandlung nur für "wesentlich Gleiches". An dieser Voraussetzung fehlt es bei Bestimmungen, die verschiedenen rechtlichen Ordnungsbereichen zugehörig sind und in anderen systematischen Zusammenhängen stehen (vgl. BVerfGE 40, 121 <139 f.> m.w.N.).

64

Die Differenzierung hinsichtlich der Verzinsung zwischen Kartellgeldbußen einerseits und sonstigen Geldbußen andererseits betrifft hiernach keine vergleichbaren Sachverhalte. Die Unterscheidung orientiert sich vielmehr an den Tatbeständen für Ordnungswidrigkeiten in den verschiedenen Rechtsgebieten. Nach Mitteilung der Bundesregierung finden sich Normen über die Ahndung von Gesetzesverstößen als Ordnungswidrigkeiten in mehr als dreihundert Gesetzen. Dabei sind die Tatbestände der Ordnungswidrigkeiten in Form eines Annexes dem jeweiligen Fachrecht als "typisches Verwaltungsunrecht" (vgl. BVerfGE 90, 145 <184>) aus unterschiedlichen Rechtsgebieten zugeordnet. Insoweit fehlt es an einem zusammenhängenden rechtlichen Ordnungsbereich, was bezüglich der einzelnen Bußgeldtatbestände der Annahme vergleichbarer Sachverhalte entgegensteht.

65

c) § 81 Abs. 6 GWB ist schließlich nicht deshalb mit dem allgemeinen Gleichheitssatz unvereinbar, weil die Norm eine Verzinsung lediglich für Geldbußen bestimmt, die in einem Bußgeldbescheid festgesetzt werden, nicht hingegen auch für solche Geldbußen, deren Festsetzung durch ein Kartellgericht erfolgt. Dieser eingeschränkte Anwendungsbereich der Vorschrift ist zwar einfachrechtlich nicht unumstritten, entspricht aber nicht nur dem Gesetzeswortlaut, sondern auch der nicht zu beanstandenden Auslegung durch das vorlegende Gericht, das damit der überwiegenden Meinung folgt (vgl. Raum, in: Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Bd. 1, 11. Aufl. 2010, § 81 Rn. 179; Achenbach, in: Frankfurter Kommentar zum Kartellrecht, 2011, § 81 GWB, Rn. 325; so wohl auch Vollmer, in: Münchener Kommentar zum Europäischen und Deutschen Wettbewerbsrecht, a.a.O., § 81 GWB, Rn. 121; a.A. Bechtold, Kartellgesetz, 6. Aufl. 2010, § 81 Rn. 43). Dieses nachvollziehbare, einfachrechtlich vertretbare Auslegungsergebnis ist der Prüfung der Vorlagefrage zugrunde zu legen (vgl. BVerfGE 117, 1 <27>).

66

Die Differenzierung zwischen behördlich und gerichtlich festgesetzten Geldbußen hinsichtlich der Verzinsung ist durch hinreichende Sachgründe gerechtfertigt. Maßgeblich ist insoweit ein großzügiger, auf das Willkürverbot beschränkter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab; denn für die Ungleichbehandlung knüpft das Gesetz weder an Persönlichkeitsmerkmale an, noch geben betroffene Freiheitsrechte Anlass zu einer strengeren Bindung. Die von der Ungleichbehandlung Betroffenen sind im Gegenteil dazu in der Lage, durch ihr Verhalten die Verwirklichung der Differenzierungskriterien zu beeinflussen. Ihnen bleibt es nämlich überlassen, ob sie mit dem Ziel einer gerichtlichen Überprüfung nicht nur Einspruch gegen den Bußgeldbescheid einlegen, sondern an diesem Rechtsbehelf auch bis zu einer Entscheidung des Kartellgerichts festhalten.

67

Angesichts des gesetzgeberischen Ziels, der rechtsmissbräuchlichen Einlegung von Einsprüchen zur Erlangung finanzieller Vorteile, entgegenzuwirken, ist es frei von Willkür, wenn nicht sogar naheliegend, dass § 81 Abs. 6 GWB bei einer Entscheidung des Kartellgerichts über die zu verhängende Geldbuße eine Verzinsung nicht zwingend vorschreibt. Denn dessen Regelungszweck verlangt bei einer gerichtlichen Sachentscheidung gerade keine Verzinsung. Führt das betroffene Unternehmen eine gerichtliche Sachentscheidung herbei, so hat es Kartellbehörde und Kartellgericht nicht zweckwidrig nur zur Verfahrensverzögerung belastet, um den Einspruch noch vor ihrer endgültigen Entscheidung zurückzunehmen, sondern es hat im Gegenteil die gerichtliche Sachentscheidung abgewartet, sich ihren rechtlichen Wirkungen einschließlich der Gefahr einer Verböserung der Rechtsfolge unterworfen und damit die staatlichen Institutionen entsprechend ihrer Funktion in Anspruch genommen. Das Gericht ist dann frei, die Höhe einer etwaigen Geldbuße unabhängig von deren bisheriger Höhe selbst festzusetzen und kann damit dem Einzelfall - auch im Blick auf die inzwischen verstrichene Zeit - sachgerecht Rechnung tragen.

II.

68

Die Pflicht zur Verzinsung von Kartellgeldbußen verstößt nicht gegen die Garantie effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG.

69

1. Der Rechtsweg, den Art. 19 Abs. 4 GG den Rechtsuchenden gewährleistet, bedarf der gesetzlichen Ausgestaltung. Rechtsschutz ist eine staatliche Leistung, deren Voraussetzungen erst geschaffen, deren Art näher bestimmt und deren Umfang im Einzelnen festgelegt werden müssen. Art. 19 Abs. 4 GG gibt dem Gesetzgeber dabei nur die Zielrichtung und die Grundzüge der Regelung vor, lässt ihm im Übrigen aber einen beträchtlichen Gestaltungsspielraum. Doch darf er die Notwendigkeit einer umfassenden Nachprüfung des Verwaltungshandelns in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht und eine dem Rechtsschutzbegehren angemessene Entscheidungsart und Entscheidungswirkung nicht verfehlen (BVerfGE 101, 106 <123 f.>; 118, 168 <207>). Damit sind Begrenzungen des Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz nicht ausgeschlossen (vgl. BVerfGE 100, 313 <364>; 109, 279 <364>). Die Ausgestaltung muss aber dem Schutzzweck des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG Genüge tun (vgl. BVerfGE 60, 253 <269>). Dies verbietet Maßnahmen, die darauf abzielen oder geeignet sind, den Rechtsschutz der Betroffenen zu vereiteln (vgl. BVerfGE 69, 1 <49>), insbesondere dürfen zu Lasten der Rechtsuchenden nicht unangemessen hohe verfahrensrechtliche Hindernisse für den Zugang zum Gericht geschaffen werden (vgl. BVerfGE 60, 253 <269>).

70

2. Daran gemessen führt die in § 81 Abs. 6 GWB geregelte Verzinsung weder zu einer gezielten Beeinträchtigung der Rechtsschutzgarantie (a) noch zu einer andersartigen verfassungswidrigen Beeinträchtigung dieses Grundrechts (b).

71

a) Durch die Möglichkeit des Einspruchs gegen Bußgeldbescheide trägt das Gesetz dem durch Art. 19 Abs. 4 GG gewährleisteten Recht des Betroffenen Rechnung, gegen einen ihn belastenden Akt der öffentlichen Gewalt ein Gericht anzurufen (vgl. BVerfGE 40, 46 <49>). Demgegenüber verfolgt der Gesetzgeber mit der Einführung der Verzinsungspflicht für Kartellgeldbußen nach § 81 Abs. 6 GWB zwar das Ziel, Unternehmen von Einsprüchen gegen Kartellbußgeldbescheide abzuhalten; er zielt damit jedoch nur auf Einsprüche, die allein zur Erlangung finanzieller Vorteile eingelegt und noch vor dem Ergehen einer gerichtlichen Entscheidung zurückgenommen werden sollen.

72

Mit der Abwehr eines solchermaßen zweckwidrigen Gebrauchs eines Rechtsmittels ist keine für Art. 19 Abs. 4 GG relevante Beeinträchtigung des Rechtswegs verbunden. Der Zugang zu den Gerichten wird vom Grundgesetz nicht lediglich als formelles Recht, die Gerichte anzurufen, garantiert, sondern zielt auf die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes (vgl. BVerfGE 93, 1 <13>; 112, 185 <207>). Der damit garantierte Rechtsschutz erfolgt durch eine grundsätzlich umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung des Streitgegenstandes sowie eine verbindliche richterliche Entscheidung (vgl. BVerfGE 112, 185 <207>). Dies entspricht jedoch nicht der Absicht der betroffenen Unternehmen, die mit dem Einspruch lediglich den Eintritt der Bestandskraft des Bußgeldbescheids verzögern wollen, um auf diese Weise finanzielle Vorteile durch die verspätete Zahlung der gegen sie festgesetzten Geldbuße erzielen zu können. Sie erstreben keine gerichtliche Prüfung und Entscheidung über die ihnen zur Last gelegten Ordnungswidrigkeiten, sondern wollen diese im Gegenteil vermeiden und nehmen daher ihre Rechtsmittel noch vor einer Sachentscheidung durch das Gericht zurück. Diese Betroffenen nutzen den Einspruch nicht um Rechtsschutz zu erlangen, sondern in zweckwidriger, rechtsmissbräuchlicher Weise nur als Mittel der Verzögerung, um finanzielle Vorteile zu erzielen. Eine Inanspruchnahme der Gerichte zu diesem Zweck steht außerhalb des Schutzes von Art. 19 Abs. 4 GG. In gleicher Weise gilt das für Fälle, in denen Betroffene wegen der drohenden Zinsbelastung von der Einlegung eines unzulässigen Einspruchs abgehalten werden; hier ist die Rechtsweggarantie nicht berührt.

73

b) Die Pflicht zur Verzinsung von Kartellgeldbußen kann aber auf andere Weise als Beeinträchtigung des Zugangs zu den Gerichten wirken und damit die Garantie des Art. 19 Abs. 4 GG berühren. § 81 Abs. 6 GWB kann nämlich dazu führen, dass betroffene Unternehmen, auch wenn sie ernsthaft eine gerichtliche Überprüfung anstreben, wegen der drohenden Zinsbelastung von der Einlegung des Einspruchs abgehalten werden.

74

aa) Die Befürchtung, aufgrund des § 81 Abs. 6 GWB über die festgesetzte Geldbuße hinaus zusätzlich noch mit Zinsen belastet zu werden, ist allerdings mit Blick auf die nach einem Einspruch ergehende Sachentscheidung des Kartellgerichts nicht gerechtfertigt und kann somit nicht zu einer unverhältnismäßigen Einschränkung von Art. 19 Abs. 4 GG führen. Insoweit ist die vertretbare Auslegung des § 81 Abs. 6 GWB durch das vorlegende Gericht zugrunde zu legen, wonach die Verzinsung ausschließlich für behördlich, nicht aber auch für gerichtlich verhängte Geldbußen gilt (vgl. oben C. I. 2. c). Mithin kann ein betroffenes Unternehmen durch Aufrechterhalten des eingelegten Einspruchs der Zinsbelastung entgehen, wird also durch § 81 Abs. 6 GWB von dem Weg zum Gericht nicht abgehalten, soweit dieser - gemäß der Funktion des Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG - ernsthaft und mit Ziel einer kartellgerichtlichen Sachentscheidung beschritten wird.

75

Nichts anderes folgt aus dem Hinweis in den Gesetzesmaterialien, angesichts des § 81 Abs. 6 GWB möge das Gericht "bei seiner Überprüfung auch den Zeitfaktor (…) berücksichtigen" (BTDrucks 15/3640, S. 67). Für diese Anregung, zwischenzeitlich entstandene finanzielle Vorteile aufgrund der allgemeinen Bemessungsvorschriften in die Bestimmung der Höhe der gerichtlich festgesetzten Geldbuße einfließen zu lassen, war die Einführung der Verzinsungspflicht allenfalls Anlass, nicht jedoch rechtliche Grundlage. Maßgeblich für die gerichtliche Entscheidung über die Höhe der Geldbuße sind auch insoweit allein die Bestimmungen, die nach wie vor generell die Bußgeldbemessung im Ordnungswidrigkeitenrecht regeln und aus verfassungsrechtlicher Sicht auch schon vor Inkrafttreten des § 81 Abs. 6 GWB nicht der Berücksichtigung der finanziellen Vorteile entgegenstanden, die durch die verzögerte Zahlung der Geldbuße ermöglicht wurden.

76

bb) Hingegen berührt die Verzinsungspflicht des § 81 Abs. 6 GWB die Rechtsschutzgarantie aus Art. 19 Abs. 4 GG auch insoweit, als sich bei zunächst ernsthaft mit dem Ziel einer gerichtlichen Sachentscheidung eingelegtem Einspruch für das betroffene Unternehmen nachträglich ein berechtigtes Interesse an der Rücknahme des Einspruchs ergeben kann. Der Betroffene kann den Einspruch gemäß § 71 Abs. 1 OWiG, § 411 Abs. 3 Satz 1 der Strafprozessordnung (StPO) bis zum Ergehen einer gerichtlichen Entscheidung zurücknehmen und bedarf hierfür erst nach Beginn der Hauptverhandlung der Zustimmung des Gegners (§ 71 Abs. 1 OWiG, § 303 Satz 1 und § 411 Abs. 3 Satz 2 StPO).

77

(1) Ein berechtigtes Interesse an der Rücknahme des Einspruchs kann insbesondere dann bestehen, wenn sich im Lauf des gerichtlichen Verfahrens mit Blick auf die Ahndung der Tat als Ordnungswidrigkeit die Gefahr einer Verböserung manifestiert. Das Kartellgericht ist bei seiner Entscheidung nicht an den Bußgeldbescheid gebunden, sondern setzt die Höhe der Geldbuße selbständig fest (§ 71 Abs. 1 OWiG, § 411 Abs. 4 StPO). Damit muss der Einspruchsführer aber zu seinen Lasten auch mit einer Verböserung (reformatio in peius) im Sinne einer strengeren Ahndung der ihm vorgeworfenen Ordnungswidrigkeit rechnen (vgl. Bechtold, a.a.O., vor § 81 Rn. 6). Lediglich im Falle des § 72 OWiG, wenn ohne Hauptverhandlung durch Beschluss entschieden wird und die Beteiligten dieser Vorgehensweise nicht widersprechen, kann gemäß § 72 Abs. 3 Satz 2 OWiG von der im Bußgeldbescheid getroffenen Entscheidung nicht zum Nachteil des Betroffenen abgewichen werden. Das Kartellgericht kann demnach das betroffene Unternehmen zur Zahlung einer Geldbuße verurteilen, die die im behördlichen Verfahren festgesetzte Geldbuße um ein Vielfaches überschreitet. Erkennt der Betroffene diese Möglichkeit nach Einlegung des Einspruchs als ernsthafte Gefahr, ist ihm, um sich der Verböserung durch ein Urteil des Kartellgerichts zu entziehen, ein legitimes Interesse an der Rücknahme seines Einspruchs nicht abzusprechen.

78

Mit der Rücknahme des Einspruchs geht allerdings der Eintritt der Bestandskraft des angefochtenen Bußgeldbescheids einher, womit dann auch die dort festgesetzte Geldbuße nach Maßgabe des § 81 Abs. 6 GWB rückwirkend zu verzinsen ist. Das von einer Kartellgeldbuße betroffene Unternehmen muss daher in Erwägung ziehen, dass es nach Einlegung eines Einspruchs einer sich möglicherweise - etwa nach gerichtlichem Hinweis - abzeichnenden Verböserung nur um den Preis einer Verzinsung der angegriffenen Geldbuße zu entgehen vermag. Als Ergebnis dieser Überlegungen könnte einzelnen Betroffenen die Inanspruchnahme von Rechtsschutz wirtschaftlich derart risikobehaftet erscheinen, dass sie von der Einlegung des Einspruchs von Anfang an absehen.

79

(2) Der Umstand, dass die durch die Kartellbehörde festgesetzte Geldbuße im Falle einer Rücknahme des Einspruchs zu verzinsen wäre, kann demnach rechtsschutzhemmende Wirkung entfalten. Dies verstößt jedoch nicht gegen die Verfassung. Der Gesetzgeber hat mit § 81 Abs. 6 GWB bei der ihm übertragenen Ausgestaltung des Rechtsschutzes zwar von der grundsätzlich nicht ausgeschlossenen Möglichkeit einer Begrenzung (vgl. BVerfGE 100, 313 <364>; 109, 279 <364>) Gebrauch gemacht, dabei aber den Zugang zu den Gerichten nicht in unzumutbarer Weise erschwert.

80

(a) Aus Art. 19 Abs. 4 GG folgt, dass die Inanspruchnahme von Rechtsschutz nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden darf (vgl. BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 78, 88 <99>; 88, 118 <124>). Dies bedeutet allerdings nicht, dass den Rechtsuchenden der Zugang zu den Gerichten kostenlos oder auch nur ohne Kostenrisiko zur Verfügung stehen muss. Ferner ist es dem Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht verwehrt, mit einer Gebührenregelung neben der Deckung der dem Staat entstehenden Kosten auch das Ziel zu verfolgen, einer leichtfertigen oder gar missbräuchlichen Einlegung von Rechtsbehelfen entgegenzuwirken (vgl. BVerfGE 10, 264 <268>; 50, 217 <230 f.>; 85, 337 <346 f.>).

81

Allerdings darf die Bemessung der Verfahrenskosten nicht in einer Weise erfolgen, die es den Betroffenen praktisch unmöglich macht, das Gericht anzurufen (vgl. BVerfGE 11, 139 <143>; 54, 39 <41>). Hierzu muss die Höhe der Kosten gesetzlich so geregelt sein, dass sie vorher überschaubar ist und bei vernünftiger Abwägung mit den Erfolgsaussichten nicht von vornherein rechtsschutzhemmend wirkt (vgl. BVerfGE 11, 139 <143>; 54, 39 <41>). Außerdem dürfen die Kosten nicht außer Verhältnis zu dem wirtschaftlichen Wert stehen, den das gerichtliche Verfahren für die einzelnen Beteiligten hat (vgl. BVerfGE 85, 337 <347>). Eine an sich gerechtfertigte Regelung darf schließlich nicht so gestaltet werden, dass sie in ihrer tatsächlichen Auswirkung tendenziell dazu führt, Rechtsschutz vornehmlich nach Maßgabe wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit zu eröffnen (vgl. BVerfGE 50, 217 <231>; 117, 163 <197>).

82

(b) Die geschilderten Maßstäbe wurden zwar nicht für den Fall einer Verzinsung von Geldschulden entwickelt, die als staatliche Sanktion entstanden sind. Mit der Zinspflicht für Kartellgeldbußen gemäß § 81 Abs. 6 GWB verfolgt das Gesetz aber ebenso, wie dies auch für die Kostenpflichtigkeit von Gerichtsverfahren zulässig ist, das Ziel, von einer missbräuchlichen Einlegung von Rechtsmitteln abzuhalten. Die geschilderten Grundsätze können daher auch für die Prüfung herangezogen werden, ob der in § 81 Abs. 6 GWB statuierten Pflicht zur Zinszahlung eine unzumutbare rechtsschutzhemmende Wirkung zukommt. Ein solcher prohibitiver Effekt lässt sich jedoch nicht feststellen.

83

(aa) So können die Betroffenen die Größenordnung der möglicherweise anfallenden Zinsen hinreichend im Voraus überschauen. Da eine präzise Prognose aufgrund der Unwägbarkeiten gerichtlicher Verfahren unmöglich ist, kann auch die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG nicht gewährleisten, dass den Rechtsuchenden bereits vor Erhebung des Rechtsmittels der genaue Betrag aller im Verfahren anfallenden Kosten vor Augen steht. Ausreichend ist vielmehr, dass für sie absehbar ist, welche Kosten dem Grunde nach überhaupt anfallen und welche Höhe diese Kosten erreichen können.

84

Für ein betroffenes Unternehmen ist aufgrund der Regelung in § 81 Abs. 6 GWB bereits vor Erhebung des Einspruchs ausreichend deutlich zu erkennen, dass und in welchen Fällen Zinsen zu tragen sind. Zwar entscheiden letztlich die künftige Entwicklung des Basiszinssatzes, auf den § 81 Abs. 6 GWB in Verbindung mit § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB verweist, und die Dauer des gerichtlichen Einspruchsverfahrens über die genaue Höhe einer etwaigen Zinslast. Diese Faktoren lassen sich jedoch zumindest insoweit abschätzen und in ihrer Entwicklung kontrollieren, als die anfallenden Kosten der Größenordnung nach überschaubar und damit nicht weniger ungewiss als die üblichen Kosten gerichtlicher Verfahren sind.

85

(bb) Zudem erreichen die nach § 81 Abs. 6 GWB auf die Geldbuße zu zahlenden Zinsen im Regelfall keine Größenordnung, die bei vernünftiger Betrachtung den Rechtsweg für die betroffenen Unternehmen aus wirtschaftlichen Gründen verstellen oder auch nur spürbar erschweren könnte. Der Annahme einer rechtsschutzhemmenden Wirkung steht entgegen, dass die Betroffenen bis zur Rücknahme des Einspruchs oder dessen gerichtlicher Verwerfung als unzulässig die Möglichkeit hatten, während der gesamten Dauer des gerichtlichen Verfahrens entweder Zinsen für Kredite zu sparen oder durch Einsatz der Gelder im operativen oder investiven Geschäftsbereich Einnahmen zu erzielen.

86

(α) Ob es dem betroffenen Unternehmen im Einzelfall möglich war, tatsächlich die gesamte später nach § 81 Abs. 6 GWB zu entrichtende Zinssumme auf dem Kapitalmarkt zu erwirtschaften (vgl. dazu BGH, Urteil vom 24. April 2012 - XI ZR 360/11 -, NJW 2012, S. 2266 ff.), ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Denn Art. 19 Abs. 4 GG bietet keinen Schutz vor finanziellen Belastungen als Konsequenz der Erfolglosigkeit eines Rechtsmittels. Lediglich die Höhe der anfallenden finanziellen Nachteile darf keine abschreckende und rechtsschutzhemmende Wirkung entfalten, die einen wirtschaftlich vernünftig Denkenden von Anfang an von der Anrufung der staatlichen Gerichte abhalten könnte. Im Regelfall ist das aber nicht zu erwarten. Gerade die von der Verzinsung der Geldbuße allein betroffenen Unternehmen werden sich als gewinnorientierte Wirtschaftsbetriebe typischerweise nicht durch eine etwaige Differenz zwischen dem nach § 81 Abs. 6 GWB zu zahlenden Zins und den auf dem Kapitalmarkt zu erwirtschaftenden Erträgen von der Erhebung eines ernsthaft verfolgten Einspruchs abschrecken lassen.

87

(β) Im Übrigen verbleibt einem betroffenen Unternehmen, das befürchtet, auf dem Kapitalmarkt den von § 81 Abs. 6 GWB geforderten Zins nicht erwirtschaften zu können und deshalb im Falle einer Rücknahme oder einer Verwerfung des Einspruchs erheblichen finanziellen Nachteilen ausgesetzt zu sein, die Möglichkeit, die geforderte Bußgeldsumme ungeachtet der noch ausstehenden Vollstreckbarkeit innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Bußgeldbescheids zunächst unter Vorbehalt zu zahlen und diese nach Erfolg seines Einspruchs zurückzufordern. Der Einwand, der Bußgeldbescheid würde in diesem Fall seine ahndende Wirkung bereits vor Bestandskraft entfalten und somit gegen die Unschuldsvermutung verstoßen, verkennt, dass der Betroffene nicht zur Zahlung der Geldbuße unter Vorbehalt verpflichtet ist, sondern ihm dieser Weg lediglich zur Reduzierung möglicher Zinsverluste offensteht.

88

(γ) Dem gesetzgeberischen Ziel, lediglich rechtsmissbräuchliche Einsprüche zu verhindern, trägt die Höhe des Zinssatzes nach § 81 Abs. 6 GWB in Verbindung mit § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB Rechnung, entfaltet mithin ebenfalls keine rechtsschutzhemmende Wirkung. Die in § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB geregelte Zinshöhe orientiert sich am Marktzins und soll mit fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz lediglich den Schaden ausgleichen, den der Gläubiger typischerweise durch den Zahlungsverzug erleidet und der umgekehrt den dem Schuldner typischerweise entstehenden Vorteilen entspricht (vgl. Grüneberg, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 72. Aufl. 2013, § 288 Rn. 2). Anhaltspunkte, die einen Verweis auf die Höhe der Verzugszinsen des Bürgerlichen Gesetzbuchs willkürlich oder mit Blick auf die Rechtsschutzgewährung auch nur sachwidrig erscheinen ließen, sind nicht erkennbar. Das Ziel der Orientierung am Marktzins wird auch dadurch belegt, dass das Gesetz nicht auf die - an sich naheliegende - qualifizierte Zinshöhe des § 288 Abs. 2 BGB verweist, die im Falle eines Zahlungsverzugs ohne Verbraucherbeteiligung gilt, sich aber aus Gründen der Abschreckung säumiger Schuldner (vgl. Grüneberg, in: Palandt, a.a.O., § 288 Rn. 3) mit acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz vom Marktzins deutlich entfernt.

III.

89

Entgegen einer bisweilen in der Literatur zum Kartellrecht vertretenen Auffassung (vgl. etwa Dannecker/Biermann, in: Immenga/Mestmäcker, a.a.O., § 81 Rn. 463; Achenbach, in: Frankfurter Kommentar zum Kartellrecht, a.a.O., § 81 GWB, Rn. 327; Vollmer, in: Münchener Kommentar zum Europäischen und Deutschen Wettbewerbsrecht, a.a.O., § 81 Rn. 119) missachtet die in § 81 Abs. 6 GWB geregelte Verzinsung der Geldbuße nicht die verfassungsrechtlich garantierte Unschuldsvermutung.

90

1. Die Unschuldsvermutung ist nicht nur kraft Art. 6 Abs. 2 EMRK Bestandteil des positiven Rechts der Bundesrepublik Deutschland, vielmehr kommt ihr als einer besonderen Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 3 GG) Verfassungsrang zu (vgl. BVerfGE 74, 358 <370>; 110, 1 <22>). Sie gilt auch, wenn eine Tat nicht strafrechtlich als Delikt, sondern als Ordnungswidrigkeit geahndet werden soll (vgl. BVerfGE 9, 167 <170>). Aus dem Grundsatz der Unschuldsvermutung ergibt sich hier, dass den Betroffenen Tat und Schuld nachgewiesen werden müssen (vgl. BVerfGE 9, 167 <169>; 74, 358 <371>). Solange der gesetzliche Nachweis der Schuld nicht geführt ist, sind die Betroffenen auch vor Nachteilen geschützt, die einem Schuldspruch oder einer Strafe gleichkommen, denen aber kein rechtsstaatliches prozessordnungsgemäßes Verfahren zur Schuldfeststellung und Strafbemessung vorausgegangen ist (vgl. BVerfGE 74, 358 <371>; 110, 1 <23> m.w.N.).

91

2. Zweifelhaft ist bereits, ob die Regelung des § 81 Abs. 6 GWB überhaupt zu Nachteilen führt, die im Sinne der Unschuldsvermutung einem Schuldspruch oder einer Ahndung gleichkommen. Selbst wenn dies unterstellt wird, ist sie jedenfalls mit der Unschuldsvermutung vereinbar. Zwar beginnt die Verzinsungspflicht bereits zwei Wochen nach der Zustellung des Bußgeldbescheids und erfasst somit auch noch nicht bestandskräftig geahndete Ordnungswidrigkeiten. Entscheidend ist jedoch, dass diese Verpflichtung bei Erfolg des Einspruchs wieder rückwirkend entfällt, der Betroffene also von Anfang an keine Zinsen schuldet und zwischenzeitlich auch nicht auf Zahlung in Anspruch genommen werden kann. Die Regelung des § 81 Abs. 6 GWB ändert nämlich nichts an dem Zeitpunkt der Fälligkeit, die nicht nur für die Geldbuße, sondern auch für die aus ihr zu zahlenden Zinsen gemäß § 89 OWiG - wie alle festgesetzten Tatfolgen (vgl. Mitsch, in: Karlsruher Kommentar zum OWiG, 3. Aufl. 2006, § 89 Rn. 1) - erst mit der Bestandskraft des Bußgeldbescheids eintritt. Die Verzinsungspflicht des § 81 Abs. 6 GWB hat demnach nur Auswirkungen auf die Höhe der insgesamt zu entrichtenden Geldsumme, sie verlagert aber die Zahlungspflicht als solche nicht auf einen Zeitpunkt vor bestandskräftiger Festsetzung der Geldbuße und damit nicht auf einen Zeitpunkt vor einer rechtskräftigen Entscheidung über die Täterschaft und die Schuld der Betroffenen.

IV.

92

Schließlich widerspricht die Regelung zur Verzinsung der Geldbuße gemäß § 81 Abs. 6 GWB nicht dem strengen Gesetzesvorbehalt aus Art. 103 Abs. 2 GG (vgl. BVerfGE 126, 170 <194>).

93

1. An Art. 103 Abs. 2 GG sind zwar auch Sanktionen zu messen, die keine Strafe sind, aber wie eine Strafe wirken (vgl. BVerfGE 35, 311 <320>; 74, 358 <375 f.>; 110, 1 <13 f.>). Diese Voraussetzung ist allerdings nicht schon dann erfüllt, wenn eine Maßnahme mit einer Einbuße an Freiheit oder Vermögen verbunden ist und damit faktisch die Wirkung eines Übels entfaltet. Bei der Beurteilung des pönalen Charakters einer Rechtsfolge sind vielmehr weitere wertende Kriterien heranzuziehen, insbesondere der Rechtsgrund der Anordnung und der vom Gesetzgeber mit ihr verfolgte Zweck (vgl. BVerfGE 110, 1 <14>).

94

Hiernach stellt die Verzinsungspflicht keine strafähnliche Maßnahme dar; denn ihr soll nach dem Willen des Gesetzgebers keine zusätzliche Ahndungswirkung zukommen. Ihr Ziel ist vielmehr, die Angemessenheit der Sanktion, deren Vollstreckbarkeit durch den Einspruch hinausgeschoben wird, trotz der eingetretenen Verzögerung aufrecht zu erhalten, um auf diese Weise von der rechtsmissbräuchlichen Einlegung des Rechtsmittels abzuhalten. Dem trägt die gesetzliche Regelung Rechnung (vgl. oben C. II. 2. b bb <2. b bb>).

95

2. Dessen ungeachtet lässt sich die Bestimmtheit des § 81 Abs. 6 GWB nicht mit dem Argument in Frage stellen, die gesetzlichen Regelungen zur Bemessung der Kartellgeldbuße, an die die Verzinsung anknüpft, seien ihrerseits wegen Unbestimmtheit verfassungswidrig (so aber Hassemer/Dallmeyer, Gesetzliche Orientierung im deutschen Recht der Kartellgeldbußen und das Grundgesetz, 2010, S. 76 f.). Dabei kann dahinstehen, ob die einschlägigen Bußgeldvorschriften im Bereich des Kartellrechts hinreichend bestimmt sind. Sollten sie sich als verfassungswidrig erweisen, so beträfe dieser Mangel lediglich die Normen zur Bußgeldbemessung. Bei deren Nichtigkeit wäre zwar auch der Verzinsungspflicht die Grundlage entzogen, dies beruhte indessen nicht auf einer Verfassungswidrigkeit der Verzinsungsvorschrift des § 81 Abs. 6 GWB, sondern auf dem Umstand, dass dann eine wirksam festgesetzte Geldbuße fehlte, an der die Verzinsung anknüpfen könnte. Eine etwaige Unbestimmtheit der Regelung zur Bemessung der Hauptschuld ist als solche für die Bestimmtheit der daran anschließenden Zinsregelung ohne Belang.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.