Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 21. Okt. 2014 - 4 L 195/13

ECLI:ECLI:DE:OVGST:2014:1021.4L195.13.0A
21.10.2014

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen einen Schmutzwassergebührenbescheid des Beklagten, mit dem sie zur Zahlung einer Grund- und Verbrauchsgebühr für einen Gebührenzeitraum im Jahr 2010 herangezogen wird.

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Sie ist Eigentümerin des Wohngrundstücks B-Straße, das im Baugebiet „(S.)“ im Verbandsgebiet des Beklagten liegt, der bis zum Beitritt einer weiteren Mitgliedsgemeinde am 1. Juli 2009 die Bezeichnung AZV (...) trug.

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Nach dem im August 2000 genehmigten Bebauungsplan Nr. 2 „(S.) O-Stadt“ der ehemaligen Gemeinde S. sollten in dem neu zu erschließenden Baugebiet dreizehn Einfamilienhäuser sowie eine Trennkanalisation mit einer Tropfkörperkleinkläranlage als Sammelkläranlage errichtet werden. Nach einer Vereinbarung zwischen dem Erschließungsträger und dem AZV (...) sollte der Erschließungsträger die Anlage errichten und der Verband sie nach Beendigung der Arbeiten und Erreichen bestimmter Abwasserwerte übernehmen. Die Anlage wurde in der Folgezeit nur teilweise errichtet und seit dem Jahr 2003 als abflusslose Sammelgrube für die Abwässer der Grundstücke des Baugebietes betrieben; eine Fertigstellung erfolgte nicht.

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Anfang des Jahres 2008 wurde die Tropfkörperkleinkläranlage im Auftrag von Anwohnern zu einer biologischen Kleinkläranlage umgerüstet. Der Überlauf entwässerte in freies Gelände; eine wasserrechtliche Erlaubnis lag nicht vor. Nachdem die Gemeinde S. zunächst eine Schmutzwasserentsorgung durch dezentrale Anlagen auf den Grundstücken des Baugebietes geplant hatte, beschloss ihr Gemeinderat im April 2009, zur Abwasserentsorgung in dem Baugebiet eine Trennkanalisation und eine Sammelkläranlage neu errichten zu lassen. Die Teilabnahme des in dem Zeitraum vom 10. August 2009 bis 31. Mai 2010 errichten Abwasserleitungssystems und der Sammelkläranlage, einer SBR-Kleinkläranlage, erfolgte am 16. Dezember 2009. Mit Bescheid vom 13. November 2009 hatte der Burgenlandkreis dem Beklagten die wasserrechtliche Erlaubnis zur Einleitung von biologisch gereinigtem häuslichem Schmutzwasser und von unverschmutztem Niederschlagswasser aus dem Wohnbaugebiet „(S.)“ unter Benutzung einer Kleinkläranlage mit 16 Einwohnerwerten erteilt. Das auf dem klägerischen Grundstück und mehreren benachbarten Grundstücken anfallende Schmutzwasser wird seit Anfang 2010 über eine im Baugebiet verlegte Sammelleitung dieser Anlage zugeführt und von dort nach Reinigung in das Gewässer Aga geleitet.

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Nach einer Freistellungssatzung des AZV (...) vom 13. März 2008 sollten u.a. die in der Gemeinde S. gelegenen Grundstücke mit der Straßenbezeichnung (S.) 01 bis 14 ab 29. März 2008 gem. § 151 Abs. 5 Satz 1 WG LSA von seiner Abwasserbeseitigungspflicht ausgenommen werden.

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Mit Bescheid vom 24. September 2010 setzte der Beklagte gegenüber der Klägerin für den Zeitraum vom 18. Februar 2010 bis 25. Juni 2010 eine Grund- und Verbrauchsgebühr in Höhe von insgesamt 220,86 € fest.

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Nach erfolgloser Durchführung eines Widerspruchsverfahrens hat die Klägerin am 20. Juli 2012 Anfechtungsklage beim Verwaltungsgericht Halle erhoben. Sie hat im Wesentlichen vorgetragen, das Grundstück sei an eine dezentrale Gemeinschaftskläranlage angeschlossen, so dass die Erhebung einer zentralen Gebühr nicht gerechtfertigt sei. Weiterhin sei infolge der Freistellungssatzung des Beklagten vom 13. März 2008 eine Gebührenpflicht nicht gegeben.

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Das Verwaltungsgericht hat auf die mündliche Verhandlung vom 23. Juli 2013 den Gebührenbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Juni 2012 aufgehoben. Die Klägerin habe im streitigen Zeitraum keine öffentliche Schmutzwassereinrichtung des Beklagten in Anspruch genommen. Zwar sei die Kleinkläranlage in dem Baugebiet „(S.)“ zunächst Teil der öffentlichen Einrichtung des Beklagten gewesen. Auch habe der Beklagte die Kläranlage im streitigen Zeitraum betrieben. Dazu sei er berechtigt gewesen, da ihm die Aufgabe der Abwasserbeseitigung übertragen worden sei. Allerdings habe der Beklagte die durch konkludente Widmung bestimmte Nutzung der Kläranlage durch die Grundstücke des Baugebiets „(S.)“ mit einer konkludenten Entwidmung im Jahr 2008 wieder aufgehoben. Ausweislich der Freistellungssatzung vom 13. März 2008 habe er die Grundstücke in dem Baugebiet von der Abwasserbeseitigungspflicht ausgenommen. Würden sämtliche Grundstücke, die - wie hier - in eine für sie bestimmte Entwässerungsanlage entwässerten, wirksam von der Abwasserbeseitigungspflicht ausgeschlossen, so könne dies nur bedeuten, dass die bislang öffentliche Entwässerungsanlage nicht mehr Teil der öffentlichen Einrichtung sein solle. Für eine Ausgliederung der Kläranlage spreche im Übrigen ebenfalls der in der mündlichen Verhandlung eingeworfene Vorschlag des Beklagten, eine Übernahme der Kläranlage durch die Bewohner des Baugebiets „(S.)“ werde begrüßt.

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Auf den Antrag des Beklagten hat der erkennende Senat mit Beschluss vom 13. November 2013 die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils zugelassen.

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Der Beklagte trägt vor, das streitbefangene Grundstück sei zwar im Jahre 2008 dauerhaft von der zentralen Abwasserbeseitigung befreit worden. Die Voraussetzungen für den Erlass der Freistellungssatzung seien gegeben gewesen, da die Satzung auf einem wasserrechtlich genehmigten Abwasserbeseitigungskonzept beruhe. Eine Übernahme von Abwasser durch den Verband sei wegen des unverhältnismäßig hohen Aufwands nicht angezeigt gewesen. Nach Inkrafttreten der Satzung sei ihm auf seinen Antrag jedoch eine wasserrechtliche Erlaubnis für eine zentrale Entsorgung erteilt worden. Die Sammelkläranlage sei erst nach Vorliegen dieser Erlaubnis von ihm betrieben worden. Zudem hätten sich das Leitungssystem und die Kläranlage stets in seinem Anlagevermögen und auch in dessen Lageverzeichnis befunden. Damit liege eine konkludente Widmung dieser Anlage vor. Dem stehe die Freistellungssatzung nicht entgegen, denn diese verpflichte den jeweiligen Grundstückseigentümer dazu, sein Abwasser zukünftig eigenständig zu entsorgen. Sie verpflichte aber den Verband nicht dazu, keine öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlagen im jeweiligen Gebiet zu betreiben. Dies würde zwar betriebswirtschaftlich keinen Sinn machen, wenn sämtliche Grundstückseigentümer im Wohngebiet ihrer satzungsrechtlichen Pflicht zur eigenständigen Beseitigung des Abwassers nachkommen würden. Untersagt sei dies dadurch aber nicht. Außerdem habe er ja feststellen können, dass die Grundstückseigentümer nach wie vor trotz der Freistellungssatzung ihr Abwasser der Sammelkläranlage zuführten. Die Klägerin sei ihrer satzungsrechtlichen Pflicht, selbständig die Abwasserbeseitigung durchzuführen, nicht nachgekommen und habe insoweit rechtswidrig gehandelt. Dies sei für das Entstehen des Gebührenanspruchs aber irrelevant, da jedenfalls eine tatsächliche Inanspruchnahme der Kläranlage durch sie erfolgt sei. Schließlich bestünden selbst fehlender Widmung der Anlage jedenfalls Bereicherungsanspruche gegen die Klägerin, der wohl den streitbefangenen Gebührenanspruch übersteige.

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Der Beklagte beantragt,

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das auf die mündliche Verhandlung vom 23. Juli 2013 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Halle - 4. Kammer - abzuändern und die Klage abzuweisen.

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Die Klägerin beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Sie macht geltend, Umbau und Betrieb der als abflusslose Sammelgrube betriebene Tropfkörperkleinkläranlage durch die Anwohner als Gemeinschafts-Kleinkläranlage sei ausweislich eines Aktenvermerks des Burgenlandkreises vom 24. Februar 2009 mit dem Beklagten abgestimmt gewesen. Die umgebaute Anlage habe auch einwandfrei funktioniert. Den Betrieb der neuen Sammelkläranlage habe der Beklagte nach eigenen Angaben in einer Verbandsversammlung vom 12. Dezember 2011 erstmals Anfang 2011 übernommen. Dass einem der Grundstückseigentümer in dem Baugebiet eine wasserrechtliche Erlaubnis für den Betrieb einer Kleinkläranlage auf dem Grundstück erteilt worden und dieser nicht an die Gemeinschaftskläranlage angeschlossen sei, sei ein untrügliches Indiz dafür, dass der Beklagte sich an die satzungsrechtlich erklärte Freistellung der Grundstücke im Baugebiet dauerhaft gebunden habe und keine öffentlich-rechtliche Zweckbestimmung bezüglich der Schmutzwasserentsorgung im Baugebiet vornehmen wolle. Von einer öffentlich-rechtlichen Sachherrschaft an der streitbefangenen Kläranlage könne keine Rede sein, sondern der Ausschluss von der zentralen Schmutzwasserbeseitigung sei im allseitigen Einvernehmen in die Tat umgesetzt worden. Der Beklagte habe die Anlage entgegen seiner Behauptung auch nicht in seinen Anlagebestand übernommen. Da der Beklagte an dem Ausschluss des Grundstücks von seiner Abwasserbeseitigungspflicht mit einer Freistellungssatzung vom 18. Februar 2013 festgehalten habe, dürfte für konkludente Erklärungen zur Widmung bzw. Entwidmung kein Raum mehr sein. Außerdem sei der Beklagte selbst ausweislich eines Protokolls einer Verbandsversammlung vom 30. Januar 2012 von einer dezentralen Entsorgung ausgegangen.

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Im Übrigen betreibe der Beklagte seine zu einer einheitlichen öffentlichen Einrichtung zusammengefassten zentralen Kanalisations- und Abwasserbehandlungsanlagen auf Grund der ihm obliegenden Abwasserbeseitigungspflicht. Abgaben dürfe ein Verband nur für Einrichtungen erheben, dessen Betrieb ihm als eigene gesetzliche Aufgabe obliege. Die ursprünglich einmal vorhandene öffentliche Aufgabe Abwasserbeseitigung für das Baugebiet „(S.)“ sei mit In-Kraft-Treten der Freistellungssatzung vom 13. März 2008 entfallen, so dass der Beklagte mit dem Weiterbetrieb der Anlage keine ihm bisher obliegende Abwasserbeseitigungspflicht mehr erfüllt habe. Eine Freistellung sei auf Grund der Siedlungsstruktur angezeigt gewesen. Für freiwillig übernommene Aufgaben habe der allgemeine Gebührenzahler keine allgemeine Nutzungsgebühr zu entrichten. Deshalb komme es auch nicht in erster Linie darauf an, ob eine konkludente Entwidmung und konkludente erneute Widmung erfolgt sei. Der Argumentation in der Berufungsbegründung, dem Beklagten sei es nicht verboten, im „Freistellungsgebiet“ eine Abwasserbeseitigungsanlage zu betreiben, werde zugestimmt. Allerdings könne die tatsächliche Inanspruchnahme allenfalls einen zivilrechtlichen Entgeltanspruch auslösen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und des Burgenlandkreises Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet.

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Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Der Gebührenbescheid des Beklagten vom 24. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juni 2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

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Rechtsgrundlage für die Gebührenerhebung ist § 5 KAG LSA i.V.m. der Beitrags-, Gebühren- und Grundstücksanschlusskostensatzung des Beklagten vom 19. Juli 2010 - BGGS -, die gem. ihrem § 26 rückwirkend zum 1. Januar 2009 in Kraft getreten ist und nach ihrem § 1 Abs. 1 Satz 2 für das Entsorgungsgebiet des ehemaligen AZV „(...)“ gilt.

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1. Einwände gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Gebührensatzung sind weder geltend gemacht noch sonst nach dem im Berufungsverfahren maßgeblichen Prüfungsmaßstab ersichtlich.

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2. Die Voraussetzungen für eine Erhebung einer Benutzungsgebühr in Form einer Verbrauchs- und Grundgebühr sind erfüllt.

23

Gemäß § 9 Abs. 1 GKG LSA, § 5 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA i.V.m. § 14 BGGS erhebt der Beklagte als Gegenleistung für die Inanspruchnahme u.a. der öffentlichen zentralen Schmutzwasserbeseitigungsanlage verbrauchsabhängige Schmutzwassergebühren, die in Verbrauchs- und Grundgebühren unterteilt sind.

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a) Die im Zeitraum August 2009 bis Mai 2010 neu errichtete Sammelkläranlage in dem Baugebiet „(S.)“ sowie die ebenfalls neu gelegten Leitungen zu dieser Anlage waren entgegen der Auffassung der Klägerin im streitbefangenen Gebührenzeitraum Teil der öffentlichen Einrichtung des Beklagten zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung.

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(1) Eine ausreichende Widmung dieser Anlagen(teile) als Teil einer öffentlichen Einrichtung des Beklagten zur Schmutzwasserbeseitigung liegt vor.

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Eine Anlage oder ein Anlagenteil kann auch durch eine konkludente Widmung zum Bestandteil einer öffentlichen leitungsgebundenen Einrichtung i.S. der Gemeindeordnung Sachsen-Anhalt bzw. des Kommunalabgabengesetzes Sachsen-Anhalt werden. Dazu ist eine Würdigung der Gesamtumstände erforderlich (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschlüsse v. 21. Juni 2013 - 4 L 187/12 - und v. 30. August 2011 - 4 L 226/10 -; vgl. auch Beschl. v. 25. August 2009 - 4 L 417/08 -; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 10. Februar 2012 - 15 A 2020/11 -, zit. nach JURIS; OVG Thüringen, Urt. v. 3. September 2008 - 1 KO 559/07 -, zit. nach JURIS -).

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Eine konkludente Widmung der streitbefangenen Anlage(nteile) folgt hier aus dem Betrieb der wasserrechtlich genehmigten Sammelkläranlage, mit der die Entsorgung eines Baugebietes sichergestellt werden sollte (vgl. dazu auch VGH Bayern, Urt. v. 21. Dezember 2000 - 23 B 00.2132 -, zit. nach JURIS), der Erhebung von Benutzungsgebühren (vgl. dazu OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 13. Mai 2011 - 15 A 2825/10 -, zit. nach JURIS; Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG, 2011, § 58 Rdnr. 17) sowie aus mehreren ausdrücklichen Erklärungen des Beklagten gegenüber den angeschlossenen Grundstückseigentümern. Der Beklagte hat die Sammelkläranlage auf der Grundlage der ihm erteilten wasserrechtlichen Erlaubnis vom 13. November 2009 im maßgeblichen Gebührenzeitraum zur Klärung von Abwässern der Grundstücke des Baugebiets „(S.)“ und zur Einleitung der vorgeklärten Abwässer in das Gewässer Aga betrieben. Dass der Geschäftsführer des Beklagten in einer Verbandsversammlung vom 12. Dezember 2011 erklärte, die Anlage werde „seit Anfang des Jahres vom Betriebsführer“ betrieben, steht dem nicht entgegen. Es ist unstreitig, dass die Anlage zumindest seit Februar 2010 betrieben worden ist. Dass jemand anderer als der Beklagte dies getan haben sollte, ist weder ersichtlich noch substanziiert geltend gemacht. Vielmehr hat der Beklagte in einem Schreiben vom 12. Januar 2010 ausdrücklich erklärt, er habe die Anlage in Betrieb genommen und u.a. die Angabe des Standes der Wasseruhr angefordert. Es handelt sich danach bei der Aussage in der Verbandsversammlung entweder um einen Irrtum oder um den Hinweis auf die Beauftragung eines Dritten zum Betrieb der Anlage. Weiterhin hat die Verbandsversammlung des Beklagten am 12. November 2011 ausdrücklich - wie schon im April 2009 angekündigt - die Übernahme der Sammelkläranlage, der Schmutzwasserleitung und der Hausanschlüsse von der Gemeinde zu einem bestimmten Herstellungswert beschlossen, und der Beklagte hat nicht nur für die Nutzung der Anlage Benutzungsgebühren erhoben, sondern auch schon vor dem Gebührenzeitraum mit Schreiben vom 15. Februar 2010 erklärt, alle Einleiter unterlägen der Satzungshoheit des Verbandes. Ob die Anlage(nteile) im Bestandsverzeichnis des Beklagten aufgeführt sind, ist danach nicht maßgeblich. Von vornherein keine Bedeutung für das Vorliegen einer Widmung hat der vom Verwaltungsgericht angesprochene Vorschlag des Vertreters des Beklagten in der mündlichen Verhandlung, eine Übernahme der Kläranlage durch die Bewohner des Baugebiets werde begrüßt.

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(2) Durch die Widmung erfolgte auch eine Einbeziehung der Anlage(nteile) in die Einrichtung zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung.

29

Nach § 1 Abs. 1 der für den streitbefangenen Zeitraum noch gültigen Schmutzwasserbeseitigungssatzung des AZV (...) vom 24. August 2005 - SBS -, teilweise i.d.F. der 1. Änderungssatzung vom 18. April 2007, teilweise i.d.F. der 2. Änderungssatzung 19. Juli 2010, betrieb der Beklagte zur Abwasserbeseitigung in seinem Entsorgungsgebiet je eine rechtlich selbständige Abwasseranlage als öffentliche Einrichtung zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung [a)], Entsorgung von Kleinkläranlagen (KKA) einschließlich öffentlicher Abflussleitungen zur Ableitung vorgeklärten Schmutzwassers [b)] und Entsorgung von abflusslosen Gruben [c)]. Die Abwasserbeseitigung erfolgte gem. § 1 Abs. 2 SBS mittels zentraler Kanalisations- und Abwasserbehandlungsanlagen (Kläranlage) und mittels Einrichtung und Vorkehrung zur Abfuhr und Behandlung von Abwasser einschließlich Fäkalschlamm (dezentrale Abwasseranlage) und Fortleitung vorgeklärten Abwassers.

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Die Einrichtung des Beklagten zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung ist nach diesen Regelungen eine öffentliche leitungsgebundene Einrichtung i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA, bei der mehrere Grundstücke ihr Schmutzwasser über ein Leitungsnetz in eine oder mehrere Kläranlagen ableiten. Im Gegensatz dazu stehen die beiden dezentralen Einrichtungen zur Entsorgung des Schmutzwassers über jeweils auf dem Grundstück befindliche, abflusslose Sammelgruben oder Kleinkläranlagen. Diese Unterscheidung ergibt sich aus den Begrifflichkeiten in § 1 Abs. 1 SBS und aus der Bestimmung in § 1 Abs. 2 SBS. Als Kleinkläranlagen i.S.d. § 1 Abs. 1 Buchst. b SBS sind nach Sinn und Zweck der Regelungen nur solche Anlagen anzusehen, die sich auf dem Grundstück befinden. Die streitbefangene Sammelkläranlage, an die nutzungsberechtigte Grundstücke eines Baugebietes angeschlossen werden können und die zur Aufnahme des gesamten auf den angeschlossenen Grundstücken anfallenden Schmutzwassers bestimmt ist, sowie das dazugehörige Leitungsnetz sind daher als Teil einer öffentlichen Einrichtung zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung anzusehen (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 25. Juli 2011 - 4 L 182/10 -, Urt. v. 4. September 2003 - 1 L 493/02 -, jeweils zit. nach JURIS; Wellmann/Queitsch/Fröhlich, WHG, 2010, § 56 Rdnr. 32). Zwar handelt es sich bei einer solchen Sammelkläranlage, die technisch auch als Kleinkläranlage bezeichnet wird, wasserrechtlich wohl um eine Anlage zu dezentralen Abwasserbehandlung i.S.d. § 18a Abs. 1 Satz 2 WHG a.F. bzw. § 55 Satz 2 WHG (Kotulla, WHG, 2. A., § 55 Rdnr. 14; Sieder/Zeitler/Dahme, WHG, § 18a Rdnr. 13a; vgl. auch Czychowski/Reinhardt, WHG, 11. A., § 55 Rdnr. 11, 12; Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, § 55 WHG Rdnr. 18, 19; Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG 2011, § 55 Rdnr. 14 ff.). Dies hat aber für die Bestimmung des Umfangs der jeweiligen öffentlichen Einrichtung keine Bedeutung, da selbst leitungsmäßig voneinander getrennte Entwässerungssysteme als rechtlich einheitliche Einrichtung betrieben werden dürfen (vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 24. September 2008 - 2 LB 2/08 -, zit. nach JURIS, m.w.N.). Auch eine möglicherweise entgegenstehende Äußerung in der Verbandsversammlung des Beklagten vom 30. Januar 2012 ist rechtlich ohne Relevanz.

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Ein Verstoß gegen das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG liegt darin nicht (vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 21. Juni 2006 - 4 L 105/06 -). Das Willkürverbot des Art. 3 GG ist erst dann verletzt, wenn technisch voneinander unabhängige Entwässerungssysteme rechtlich zu einer Einrichtung zusammengefasst werden, die infolge ihrer unterschiedlichen Arbeitsweise und/oder Arbeitsergebnisse den anzuschließenden Grundstücken so unterschiedliche Vorteile vermitteln, dass sie schlechterdings nicht vergleichbar sind (OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 28. September 2009 - 4 K 356/08 -; Beschl. v. 21. Juni 2006 - 4 L 105/06 -, jeweils zit. nach JURIS, m.w.N.). Die streitige Sammelkläranlage und größere Kläranlagen stellen durchaus vergleichbare Entwässerungssysteme dar, weil dort jeweils nicht vorgeklärtes Schmutzwasser über Leitungen gesammelt, (vor)behandelt und in den Vorfluter geleitet wird. Demgegenüber besteht mit den jeweils zu Einrichtungen für die dezentrale Entsorgung zusammengefassten Anlagen i.S.d. § 1 Abs. 1 Buchst. b und c SBS keine solche Vergleichbarkeit. Die Grundstückseigentümer, deren Grundstücke über Leitungen mit einer für ein Baugebiet errichteten Sammelkläranlage verbunden sind und die keine Vorklärung durchführen müssen, haben gegenüber den Grundstückseigentümern, die ihre Abwässer über auf den eigenen Grundstücken befindliche Hauskläranlagen oder Sammelgruben entsorgen, eine deutlich unterschiedliche Vorteilssituation. Auch sind keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass sich die Reinigungsergebnisse der Sammelkläranlage und der größerer Kläranlagen wesentlich unterscheiden.

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(3) Die Freistellungssatzung des AZV (...) vom 18. März 2008 steht einer Widmung nicht entgegen.

33

(a) Es kann offen bleiben, ob die Gemeinden und damit die Zweckverbände mit einer öffentlichen Einrichtung grundsätzlich nur eine in ihren Wirkungskreis fallende Aufgabe erfüllen dürfen, so dass sich jedenfalls die Widmung der Einrichtung im Rahmen des Aufgabenbereichs der Körperschaft halten muss und auch eine Benutzungsgebührenpflicht nur für eine in diesem Rahmen erbrachte Aufgabenerfüllung bestehen kann (vgl. zu Niederschlagswassergebühren OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 28. Mai 2013 - 4 L 231/11 -, zit. nach JURIS, m.w.N.). Denn die Freistellungssatzung war hinsichtlich der Grundstücke in dem Baugebiet „(S.)“ teilweise nichtig, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen der Ermächtigungsnorm jedenfalls für die Schmutzwasserbeseitigung nicht erfüllt waren.

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Gemäß § 151 Abs. 5 Satz 1 WG LSA in der von 22. April 2005 bis 31. März 2011 gültigen Fassung - WG LSA a.F. - kann die Gemeinde auf der Grundlage ihres genehmigten Abwasserbeseitigungskonzepts durch Satzung Abwasser aus ihrer Beseitigungspflicht ganz oder teilweise ausschließen, wenn

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1. das Abwasser wegen seiner Art oder Menge nicht zusammen mit dem in Haushaltungen anfallenden Abwasser beseitigt werden kann,

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2. eine Übernahme des Abwassers wegen technischer Schwierigkeiten, wegen des unverhältnismäßig hohen Aufwandes oder aufgrund der Siedlungsstruktur nicht angezeigt ist oder

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3. dies aus anderen Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses geboten ist

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und eine gesonderte Beseitigung des Abwassers das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt.

39

Aus der bundesrechtlichen Rahmenregelung des § 18a Abs. 2 WHG a.F. bzw. § 56 WHG ergibt sich, dass die Abwasserbeseitigungspflicht grundsätzlich der öffentlichen Hand übertragen sein soll und nur ausnahmsweise eine Verlagerung auf private Dritte in Betracht kommen kann (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 14. September 2000 - 3 M 166/00 -, zit. nach JURIS). Darauf basierende landesrechtliche Bestimmungen stellen daher eng auszulegende Ausnahmeregelungen dar (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 4. Juli 2014 - 2 L 126/12 - und Urt. v. 4. November 2004 - 1 K 345/03 -; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 21. Dezember 1995 - 1 A 10571/95 -, jeweils zit. nach JURIS; Czychowski/Reinhardt, WHG, 11. A., § 56 Rdnr. 18; Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, § 56 Rdnr. 19).

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Das von den Wohngrundstücken in dem Baugebiet „(S.)“ stammende Schmutzwasser war zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Freistellungssatzung weder nach Art noch nach Menge i.S.d. § 151 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 WG LSA a.F. ungeeignet, zusammen mit dem in Haushaltungen anfallenden Abwasser zentral beseitigt zu werden.

41

Eine Übernahme des auf den Grundstücken anfallenden Schmutzwassers war weiterhin nicht i.S.d. § 151 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 WG LSA a.F. wegen technischer Schwierigkeiten, wegen des unverhältnismäßig hohen Aufwandes oder auf Grund der Siedlungsstruktur angezeigt. Anhaltspunkte dafür, dass eine zentrale Abwasserbeseitigung in dem Baugebiet wegen technischer Schwierigkeiten im Jahr 2008 nicht möglich war, gibt es nicht. Auch hatte eine zentrale Entsorgung keinen unverhältnismäßig hohen Aufwand zur Folge. Angesichts des Schutzzwecks des § 151 Abs. 5 Satz 1 WG LSA a.F. und der überragenden Bedeutung, die einer ordnungsgemäßen schadlosen Abwasserbeseitigung zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen zukommt, ist bei der Frage, welcher Aufwand einer eigentlich abwasserbeseitigungspflichtigen Körperschaft zuzumuten ist, um eine ordnungsgemäße zentrale Abwasserbeseitigung zu gewährleisten, ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 4. November 2004, a.a.O.; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 21. Dezember 1995, a.a.O.). Dass die Kosten einer zentralen Schmutzwasserbeseitigung zu dem Nutzen durch die dauerhafte Sicherung einer ordnungsgemäßen Abwasserbeseitigung durch einen Anschluss der betroffenen Grundstücke in dem Baugebiet an eine zentrale Schmutzwasserbeseitigung außer Verhältnis standen, ist weder ersichtlich noch substanziiert geltend gemacht. Dagegen spricht schon der Umstand, dass die Gemeinde S. nur etwas mehr als ein Jahr nach Erlass der Freistellungssatzung mit Unterstützung des Verbandes die Entscheidung getroffen hatte, eine zentrale Entwässerung herzustellen. Zudem betrug der Herstellungswert der von der Gemeinde dann errichteten Sammelkläranlage mit 16 Einwohnerwerten, der Schmutzwasserleitung und der Hausanschlüsse, zu dem der Beklagte diese Anlagenteile übernommen hat, nach einem Beschluss der Verbandsversammlung des Beklagten vom 12. Dezember 2011 nur 36.430,59 €. Schließlich stand auch die Siedlungsstruktur einer zentralen Entsorgung nicht entgegen. Ob diese Tatbestandsvoraussetzung neben den beiden anderen Voraussetzungen des § 151 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 WG LSA a.F. noch einen eigenständigen Regelungsgehalt hat (vgl. dazu § 151 Abs. 4 Satz 1 WG LSA i.d.F. der Bekanntmachung vom 21. April 1998), kann dahinstehen. Ebenfalls offen bleiben kann, ob insoweit nur auf die tatsächliche Umgebungsbebauung der betroffenen Grundstücke oder die zu erwartende Bebauung abzustellen ist. Jedenfalls wenn - wie hier - die Grundstücke in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Neubaugebiet liegen, ist die bauliche Planung maßgeblich. Bei dem Baugebiet „(S.)“ handelte es sich nach der genehmigten Bauleitplanung um ein einheitliches Neubaugebiet für dreizehn Einfamilienhäuser. Eine derartige Siedlungsstruktur führt nicht zu der Annahme, dass eine dezentrale Entsorgung des Baugebietes angezeigt ist.

42

Die Vorgabe des § 151 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 WG LSA a.F. war schließlich ebenfalls nicht erfüllt. Es handelt sich dabei um einen Auffangtatbestand, der allein dann eingreift, wenn nicht nur ein überwiegendes öffentliches Interesse gegeben ist, sondern der Ausschluss deshalb auch geboten ist. Eine abschließende Bestimmung des Regelungsgehalts dieser Norm ist nicht erforderlich (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 4. Juli 2014, a.a.O., zu § 79a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WG LSA, zit. nach JURIS; vgl. auch VG Magdeburg, Urt. v. 6. Juni 2012 - 9 A 23/11 -, zu § 79a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WG LSA, zit. nach JURIS). Jedenfalls lag angesichts der ursprünglichen Planung für ein Neubaugebiet mit zentraler Abwasserbeseitigung, auf Grund derer tatsächlich auch Wohnhäuser errichtet worden sind, kein überwiegendes öffentliches Interesse für eine Entsorgung des Schmutzwassers der Grundstücks dieses Baugebietes über Kleinkläranlagen und abflusslose Sammelgruben vor. Dass sowohl die Gemeinde S. als auch der AZV (...) zwischenzeitlich andere Vorstellungen entwickelt hatten, ändert daran ebenso wenig wie der Umstand, dass die ursprüngliche Planung auf dem mit Gesetz vom 15. April 2005 (GVBl. S. 208) aufgehobenen § 151 Abs. 4 Satz 3 WG LSA i.d.F. der Bekanntmachung vom 21. April 1998 beruhte, nach dem für Neubaugebiete keine Freistellung erfolgen sollte.

43

Nicht entschieden werden muss danach, ob eine gesonderte Beseitigung des Abwassers in dem Baugebiet durch die Klägerin und die Kläger in den Parallelverfahren nicht schon deshalb das Wohl der Allgemeinheit beeinträchtigte, weil diese weder zum Zeitpunkt des Erlasses der Freistellungssatzung noch zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Satzung für ihre Grundstücke technisch über die Möglichkeit verfügten, der Abwasserbeseitigungspflicht selbst nachzukommen.

44

Dass das Abwasserbeseitigungskonzept des AZV (...) im Zeitpunkt des Erlasses der Freistellungssatzung keine zentrale Entsorgung der Grundstücke in dem Baugebiet „(S.)“ vorsah, führt zu keinem anderen Ergebnis. Eine entgegenstehende Festlegung in dem Abwasserbeseitigungskonzept des Verbandes ist hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Übertragung der Abwasserbeseitigungspflicht unbeachtlich, wenn sie gegen die maßgeblichen Regelungen des Wassergesetzes verstößt (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 4. Juli 2014, a.a.O.). Ein Vorrang dieses Konzepts gegenüber den gesetzlichen Vorgaben besteht auch nicht deshalb, weil die eigentlich abwasserbeseitigungspflichtige Körperschaft die Satzung über den Ausschluss von der Beseitigungspflicht gem. § 151 Abs. 5 Satz 1 WG LSA a.F. nur „auf der Grundlage ihres genehmigten Abwasserbeseitigungskonzepts“ beschließen darf. Damit wird lediglich sichergestellt, dass die Satzung und das Abwasserbeseitigungskonzept übereinstimmen und mittelbar eine Vorprüfung durch die Wasserbehörde stattgefunden hat (vgl. auch die Gesetzesbegründung in LT-DrS 4/1789 vom 2. September 2005, S. 94).

45

Offen bleiben kann, ob nicht selbst bei einer Wirksamkeit der Freistellungssatzung auf Grund des tatsächlich erfolgten Anschlusses von Grundstücken zumindest eine Verpflichtung des Beklagten bestand, nach § 151 Abs. 7 Satz 1 WG LSA a.F. den Ausschluss von der Abwasserbeseitigungspflicht für diese Grundstücke aufzuheben, und welche Folgen diese Verpflichtung für den Umfang der Aufgabenerfüllung durch den Beklagten hätte.

46

(b) Aus der Freistellungssatzung vom 13. März 2008 ergibt sich auch - unabhängig von deren Teilnichtigkeit - kein die konkludente Widmung ausschließender Rechtsschein.

47

Zwar war auf Grund der Beschlussfassung der Satzung der Wille des AZV (...) erkennbar, im März 2008 einen Ausschluss von seiner Abwasserbeseitigungspflicht für die Grundstücke in dem Baugebiet „(S.)“ zu veranlassen. Die Freistellung hat gem. § 151 Abs. 5 Satz 2, 6 Satz 1 WG LSA a.F. zur Folge, dass die eigentlich gem. § 151 Abs. 1 Satz 1 WG LSA a.F. beseitigungspflichtige Körperschaft nicht mehr - außer hinsichtlich des abflusslosen Gruben gesammelten Abwassers und Schlamms aus Absetz- und Ausfaulgruben (vgl. § 151 Abs. 1 Satz 2 WG LSA a.F.) - zur Beseitigung des Abwassers der erfassten Grundstücke verpflichtet ist, sondern derjenige, bei dem es anfällt. Damit war gleichzeitig auch ersichtlich, dass der Verband die damals auf Veranlassung von Anwohnern umgebaute Tropfkörperkleinkläranlage nicht als Bestandteil seiner Einrichtung ansah und davon ausging, die Anwohner könnten die Abwasserbeseitigungspflicht übernehmen. Diese Willensbekundung des Verbandes wurde aber durch den später erfolgten Bau einer neuen Sammelkläranlage, die Beantragung der wasserrechtlichen Genehmigung und das darauf folgende tatsächliche Verhalten des Beklagten derart überlagert, dass sie einer konkludenten Widmung dieser Anlage(nteile) nicht entgegenstand. Dass der Beklagte den Ausschluss des Abwassers der Grundstücke von der Abwasserbeseitigungspflicht nicht gem. § 151 Abs. 7 Satz 1 WG LSA a.F. aufgehoben hat, ist angesichts der die konkludente Widmung tragenden Gesamtumstände ebenfalls unbeachtlich. Auf die Freistellungssatzung des Beklagten vom 18. Februar 2013, die nach dem streitigen Gebührenzeitraum erlassen wurde, kommt es von vornherein nicht an.

48

b) Die Benutzungsgebühr ist eine Gegenleistung für die Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung. Eine solche Inanspruchnahme durch die Klägerin lag im Gebührenzeitraum vor, weil das Schmutzwasser ihres Grundstücks unstreitig über die Sammelkläranlage entsorgt worden ist.

49

3. Durchgreifende Einwände gegen die materielle Rechtmäßigkeit der Gebührensatzung im Übrigen sowie gegen die Berechnung der Gebühren sind weder geltend gemacht noch sonst nach dem im Berufungsverfahren maßgeblichen Prüfungsmaßstab ersichtlich.

50

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

51

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

52

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe vorliegt.


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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Gebühr für die Anmeldung eines Anspruchs zum Musterverfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz wird mit Einreichung der Anmeldungserklärung fällig. Die Auslagen des Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz werden mit dem rechtskräftigen Abschluss des Musterverfahrens fällig.

(2) Im Übrigen werden die Gebühren und die Auslagen fällig, wenn

1.
eine unbedingte Entscheidung über die Kosten ergangen ist,
2.
das Verfahren oder der Rechtszug durch Vergleich oder Zurücknahme beendet ist,
3.
das Verfahren sechs Monate ruht oder sechs Monate nicht betrieben worden ist,
4.
das Verfahren sechs Monate unterbrochen oder sechs Monate ausgesetzt war oder
5.
das Verfahren durch anderweitige Erledigung beendet ist.

(3) Die Dokumentenpauschale sowie die Auslagen für die Versendung von Akten werden sofort nach ihrer Entstehung fällig.

(1) Abwasser ist so zu beseitigen, dass das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird. Dem Wohl der Allgemeinheit kann auch die Beseitigung von häuslichem Abwasser durch dezentrale Anlagen entsprechen.

(2) Niederschlagswasser soll ortsnah versickert, verrieselt oder direkt oder über eine Kanalisation ohne Vermischung mit Schmutzwasser in ein Gewässer eingeleitet werden, soweit dem weder wasserrechtliche noch sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften noch wasserwirtschaftliche Belange entgegenstehen.

(3) Flüssige Stoffe, die kein Abwasser sind, können mit Abwasser beseitigt werden, wenn eine solche Entsorgung der Stoffe umweltverträglicher ist als eine Entsorgung als Abfall und wasserwirtschaftliche Belange nicht entgegenstehen.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - Einzelrichter der 4. Kammer - vom 30. März 2007 geändert.

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Der Kläger trägt auch insoweit die Kosten des Verfahrens.

Hinsichtlich der Kostenentscheidung ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abzuwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 2.042,28 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich noch gegen die Heranziehung zu einem Anschlussbeitrag für die Schmutzwasserwasserentsorgung im Gebiet des Beklagten.

2

Der Beklagte baute in der zweiten Hälfte der 90er Jahre in der Gemeinde Riepsdorf die zentrale Abwasserkanalisation und schloss in der Ortslage Thomsdorf im Januar 1998 die Arbeiten an den Entsorgungseinrichtungen ab und stellte das Mischkanalsystem betriebsfertig her (Veröffentlichung zur Betriebsfertigkeit erfolgte am 16.01.1998). Das gesammelte Abwasser wird abgeleitet und in der Klärteichanlage Altratjensdorf in der Gemeinde Riepsdorf gereinigt.

3

Der Kläger und seine Ehefrau erwarben im September 1999 zu je ½ Eigentum an dem Hausgrundstück ... in der Ortslage Thomsdorf, Flurstück … der Flur …. Dieses Grundstück hat für die Schmutz- und Niederschlagswasserentsorgung einen Anschluss erhalten.

4

Mit Bescheid vom 12.10.2001 zog der Beklagte den Kläger zu einem Anschlussbeitrag für die Schmutzwasserentsorgung in Höhe von 4.117,50 DM und zu einem Anschlussbeitrag für die Oberflächenentwässerung in Höhe von 4.018,68 DM, insgesamt also zu 8.136,18 DM, heran. Den vom Kläger eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.09.2003 zurück und setzte den Abwasserbeitrag für Schmutzwasser- und Niederschlagswasser auf insgesamt 4.150,44 Euro neu fest. Zur Begründung führte er an, dass die jetzt erfolgte Beitragsfestsetzung zu einer leichten Reduzierung des angeforderten Beitrags führe, da eine Neuberechnung der Beitragskalkulation im Zusammenhang mit der Währungsumstellung von DM auf Euro stattgefunden habe.

5

Am 13.10.2003 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen geltend gemacht, dass der Voreigentümer, von dem die Eheleute das Grundstück im Jahr 1999 erworben hätten, herangezogen werden müsste. Auch entsprächen die jeweils festgesetzten Beträge nicht dem maßgeblichen Satzungsrecht.

6

Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,

7

den Beitragsbescheid des Beklagten vom 12.10.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.09.2003 aufzuheben.

8

Der Beklagte hat beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Zur Begründung hat der Beklagte darauf hingewiesen, dass der Kläger als Eigentümer im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Bescheide beitragspflichtig sei, und zwar gesamtschuldnerisch neben seiner Ehefrau.

11

Mit Urteil vom 30.03.2007 hat das Verwaltungsgericht die maßgeblichen Bescheide insoweit aufgehoben, als der festgesetzte Beitrag den Betrag von 2.108,16 Euro übersteigt. Zur Begründung hat das Gericht im Wesentlichen darauf abgestellt, dass in Ermangelung eines tragfähigen Ortsrechts der Bescheid rechtswidrig sei, soweit in ihm ein Beitrag für die Schmutzwasserentsorgung festgesetzt worden sei. Dem Ortsrecht des Beklagten liege die rechtswidrige Entscheidung zugrunde, technisch getrennte und infolge ihrer unterschiedlichen Arbeitsweise und Arbeitsergebnisse den anzuschließenden Grundstücken unterschiedliche Vorteile bietende Entwässerungssysteme zu einer öffentlichen Einrichtung „Schmutzwasserentsorgung“ zusammenzufassen. Zur Begründung wiederholt das Verwaltungsgericht seine Ausführungen aus dem rechtskräftigen Urteil vom 26.04.2002 (9 A 9/99), wonach die Reinigungsleistung der Klärteichanlagen hinter der des Zentralklärwerks zurückbleibe und daher die Entscheidung des Beklagten zur Zusammenfassung der Entwässerungssysteme vom Organisationsermessen nicht mehr gedeckt sei. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen, da der Kläger gemäß § 8 Abs. 5 Satz 1 KAG persönlich beitragspflichtig sei.

12

Gegen dieses ihm am 16.04.2007 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 14.05.2007 einen Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt. Der Senat hat mit Beschluss vom 07.01.2008 die Berufung zugelassen.

13

In der Berufungsbegründung macht der Beklagte geltend, dass er verschiedene, hinsichtlich der Leitungssysteme technisch getrennte Schmutzwasserreinigungssysteme, die zu einer rechtlichen Einheit als einer Schmutzwassereinrichtung für ca. 85.700 Einwohnerwerte (EW) zusammengefasst seien, betreibe. Wie sich aus der aktuell gültigen Kalkulation ergebe, würden neben dem zentralen Klärwerk in Cismar, eine Belebtanlage für 60.000 EW, mit einem entsprechend weitläufigen Leitungssystem etc. und sechs Klärteichanlagen für bis zu 815 EW, auch verschiedene kleinere Belebt- und Tropfkörperanlagen für bis zu 620 EW zur Sammlung, zentralen Reinigung und Ableitung des Schmutzwassers betrieben. Der Kläger leite wie die übrigen Bewohner aus der Ortslage Thomsdorf in der Gemeinde Riepsdorf seine häuslichen Abwässer über das verbandseigene Sammelleitungssystem in die Klärteichanlage Altratjensdorf ein.

14

Die Entscheidung des Beklagten, die Kläranlage Altratjensdorf ebenso wie die anderen kleineren Systeme mit dem Zentralklärwerk in Cismar zu einer Anlage zusammen zu fassen, sei nicht willkürlich. Den angeschlossenen Grundstücken würden vergleichbare Vorteile geboten und zwar sowohl hinsichtlich der Arbeitsweise wie auch hinsichtlich der Arbeitsergebnisse. Das Verwaltungsgericht habe sich in seiner Urteilsbegründung mit dem Beurteilungsmaßstab „schlechterdings unvergleichbar“ nicht auseinander gesetzt. Soweit das Verwaltungsgericht ausführe, die Reinigungswirkung der Klärteichanlagen etc. bleibe erklärtermaßen hinter der des Klärwerks zurück, sei diese Aussage als Behauptung sachlich falsch. Die Beitragskalkulation „Abwasserbeiträge 2000“ enthalte die Passage: „Bei Abfallen der Reinigungsleistung infolge schädlicher, nicht satzungsgemäßer Einleitung wird die Biologie der kleinen Belebungsanlagen mittels Belebungsschlamm aus dem Zentralklärwerk Cismar wieder optimiert.“ Dieser Satz enthalte keine Aussage zur generellen Vergleichbarkeit der Anlagen, sondern greife lediglich eine seltene Sondersituation als Reaktion auf einen Störfall auf, der vor allem dem Hinweis auf eine Verzahnung der ansonsten technisch getrennten Systeme in der Arbeitspraxis des Verbandes diene. Auch setze sich das Verwaltungsgericht, trotz Kenntnis des Beschlusses des OVG vom 20.12.2006 - 2 MB 14/06 -, nicht mit der Frage auseinander, dass nicht jede Abweichung in absoluten Zahlen beim Arbeitsergebnis so wesentlich sei, dass eine Zusammenfassung unter rechtlichen Gesichtspunkten nicht zulässig wäre. Die damalige Kalkulation aus dem Jahre 2000 sei extern aufgestellt worden und diese Aussagen seien in die aktuelle Beitragskalkulation nicht übernommen worden.

15

Auch werde der Maßstab des Verwaltungsgerichts, der bei dem Stichwort Arbeitsweise angelegt worden sei, nicht deutlich. Es komme insoweit lediglich auf drei verschiedene Stufen an, eine mechanische, eine mechanisch-biologische und eine chemische Abwasserbehandlung. Hinsichtlich der Arbeitsweise enthielten sämtliche zentralen Klärsysteme, nach dem Investitionsvolumen, wie es als Grundlage für die Beitragshöhe in die Kalkulation als Aufwand aufgenommen worden sei, einheitlich verschiedene Klärstufen. Beispielhaft werde auf die Systemzeichnung vom Juli 2002 des Reinigungssystems in Marxdorf, Gemeinde Schashagen, verwiesen. Systemisch sei diese Zeichnung auf das Zentralklärwerk zu übertragen. Einheitlich enthielten die Reinigungssysteme für Schmutzwasser je eine mechanische Reinigungsstufe. Diese bestehe im Zentralklärwerk aus Rechenanlage, Sandfang und Vorklärbecken. Bei allen kleinen Systemen werde diese mechanische Reinigungsstufe von zwei Schächten übernommen. Die Reinigungssysteme enthielten zudem eine biologische Reinigungsstufe mit der Verminderung von Kohlenstoff- und Stickstoffverbindungen. Eine mögliche biologische Phosphat-Elimination sei in keiner der verbandseigenen Anlagen in der biologischen Reinigungsstufe vorhanden. Dieser Reinigungsstufe seien aus der juristisch missverständlichen vom Verwaltungsgericht erneut zitierten Aufstellung der Klärtechnik des Zentralklärwerks in der Kalkulation 2000 die biologische Reinigung, sowie die Nitrifikation und Denitrifikation zuzuordnen. Die in dieser Aufstellung aufgelistete biologische Reinigung sei vermutlich von der externen Verfasserin in einem engeren Sinne aufgefasst und auf den Abbau von Kohlenstoff bezogen worden. Unzweifelhaft gehörten indes auch Nitrifikation und Denitrifikation zur biologischen Reinigungsstufe. In ein und denselben Klärwerken erfolge nämlich unter diesen Begriffen bei gezieltem Einsatz von Bakterien die Verminderung auch der Stickstoffbelastung des Schmutzwassers. Soweit in dem Schema zwei nacheinander geschaltete Schächte für die biologische Reinigung aufgeführt seien, so enthielten die Klärteichanlagen zwei Teiche hintereinander, die unter Einsatz von Klärwerkstechnik in gleicher Weise der biologischen Reinigung des Schmutzwassers dienten. Ebenfalls einheitlich für alle Klärsysteme gleich welcher Art seien in der Beitragskalkulation die Kosten für die Phosphatfällung als chemischer Reinigungsstufe enthalten. Die Systemzeichnung weise diese Stufe vergleichbar mit der Zentralkläranlage und den Klärteichen durch den Hinweis einer FeCl 2 (Eisenchlorid) - Zugabe aus.

16

Nach der Kommentarliteratur sei eine weitere Differenzierung von Reinigungsleistungen nicht erforderlich. Rein vorsorglich werde aber darauf hingewiesen, dass für alle Systeme gleichermaßen vor Ableitung der geklärten Abwässer eine Nachklärung mit anschließender Filtration stattfinde. Dies lasse auch die Systemzeichnung erkennen, denn es folge dem Schacht für die Nachklärung ein Probeentnahmeschacht, der mit einem Vliesfilter ausgestattet sei. Der Umstand, dass das Zentralklärwerk zusätzlich mit einer UV-Anlage bestückt sei, sei im Beitragsrecht nicht relevant, da diese Baumaßnahme zur Wahrung der Badewasserqualität in den Aufwand für die Beiträge nicht eingeflossen sei. Die UV-Anlage sei nach Beschlussfassung durch die Verbandsversammlung zur Verminderung der Anzahl der Keime im Abwasser gebaut und den drei genannten Reinigungsstufen, Mechanik, Biologie und Chemie nachgeschaltet worden. Es handele sich um eine freiwillige Maßnahme zur Verminderung von Keimen, da das gereinigte Schmutzwasser aus der Belebtanlage des Zentralklärwerks Cismar in einen Vorfluter eingeleitet werde, der wenige hundert Meter weiter in die Ostsee münde und zwar in einem Bereich, der noch zum Badestrand der Gemeinde Grömitz gehöre.

17

Hinsichtlich der Arbeitsergebnisse sei ebenfalls eine Vergleichbarkeit bei all den Klärsystemen gegeben. Jedenfalls könne man bei den unterschiedlichen Ergebnissen nicht von schlechterdings unvergleichbar sprechen. Auch insoweit stelle die Organisationsentscheidung keine Überschreitung des Willkürverbotes dar. Für die Vergleichbarkeit im Sinne der grundstücksbezogenen Vorteilslage sei nicht auf die regelmäßig zu ermittelnden Messergebnisse im Klärwerksbetrieb abzustellen, sondern auf die zulässigen Ableitungswerte, und zwar auf die Werte, die die Konzentration der Parameter auswiesen und nicht die der Schmutzfracht. Auf die Schmutzfracht als Vergleichsmaßstab könne nicht abgestellt werden, da dies eine Vergleichbarkeit der Arbeitsergebnisse bei unterschiedlich großen Reinigungsanlagen immer ausschließen würde. Vielmehr seien als Vergleichsmaßstab die zulässigen Einleitungswerte aus den wasserrechtlichen Erlaubnisbescheiden über die Konzentration, ausdrückt in Milligramm pro Liter, anzuwenden. Es werde für problematisch erachtet, wenn auf die regelmäßig zu erhebenden Messergebnisse abgestellt werden würde, die abhängig von vielen Faktoren Schwankungen unterlägen. In diesem Fall wäre dann zu klären, ob es auf Durchschnittswerte wöchentlich, monatlich oder aufs ganze Jahr gesehen ankomme. Gerade aufgrund des Tourismusgeschäfts in den Küstenbereichen komme es im Jahresverlauf zu großen Schwankungen in den Messergebnissen. Auch komme es regelmäßig in allen Klärsystemen, welcher Art auch immer, je nach Witterung zu erheblichen Schwankungen durch Kälte oder Hitze, durch Trockenheit oder Starkregenereignisse. Auch im Bereich der biologischen Reinigungsstufe bestehe eine große Störanfälligkeit.

18

Allein die vergleichbare Arbeitsweise in all den Klärsystemen intendiere und indiziere die Vergleichbarkeit der Arbeitsergebnisse. Die vergleichbare Arbeitsweise beschränke sich nämlich nicht auf die drei großen Bereiche Mechanik, Biologie und Chemie. Vielmehr enthielten die Anlagen - beitragsrechtlich relevant - einheitlich die Investitionen für die Reinigung von Sperrstoffen, nicht bindigen Stoffen und festen organischen Stoffen, für Kohlenstoff- und Stickstoff-Elimination, für die Phosphatfällung, für eine Nachklärung und für einen abschließenden Filter. Einheitlich für die Systeme werde so die Vorgabe des Optimierungsgebotes für Kläranlagen aus dem Wasserrecht erfüllt.

19

Bei der Planung der zentralen Schmutzwassersysteme seien auch betriebswirtschaftliche Aspekte in den Blick zu nehmen. Ob also ein Ort oder eine Ortslage über eine längere Druckrohrleitung an die große Zentralanlage in Cismar angeschlossen werde oder werden solle oder ein eigenes Leitungssystem mit Reinigungsmöglichkeiten erhalte, hänge im Wesentlichen vom Kostenfaktor ab, wobei die Frage des jeweiligen Reinigungssystems wesentlich von der Geländetopografie mitbestimmt werde. Bei der Entscheidung zur Ableitung der häuslichen Abwässer in Thomsdorf habe man sich aus Kostengründen in dem Abwasserkonzept entschieden, die zentrale Entwässerung nicht an eine Druckrohrleitung anzuschließen, sondern an die Klärteichanlage Altratjensdorf (Anlage 2, GA Bl. 105). Von dieser wirtschaftlichen Vorgehensweise profitierten im konkreten Fall sowohl die an die Zentralkläranlage angeschlossenen Grundstückseigentümer wie auch diejenigen der Klärteichanlage.

20

Bei der Betrachtung vergleichbarer Vorteile müsse die jeweilige Größe eines Systems in besonderer Weise beachtet werden. Die Anforderungen an Reinigungsleistungen seien nämlich nach den einschlägigen Rechtsvorschriften des Wasserrechts je nach Größe unterschiedlich ausgestaltet. Die notwendige Einleitungserlaubnis der Landeswasserbehörde zur Ableitung der geklärten Abwässer in ein Gewässer werde bei dem Zentralklärwerk nur bei strengeren Einleitungsgrenzwerten erteilt, als bei den kleineren Anlagen. Der Beklagte sehe über die Vorgaben hinaus die Stickstoff-Elimination und auch die Phosphatfällung auch in seinen kleinen Anlagen vor, obwohl er nach den Vorgaben dazu nicht verpflichtet sei. Die Differenzierung je nach Größe des Reinigungssystems sei vor allem darauf zurückzuführen, dass bei der Ableitung der gereinigten Abwässer die enthaltene Schmutzfracht vom Gewässer verkraftet werden müsse. Diese unterschiedlichen Anforderungen an die Reinigungssysteme aus den wasserrechtlichen Einleitungserlaubnissen hinsichtlich der Ergebnisse der Reinigung bei der Schadstoffkonzentration je nach Größe vermittelten, wenn und solange sie dem wasserrechtlichen Optimierungsgebot des Wasserhaushaltsrechts und dem Landeswasserrecht Rechnung trügen und genügten, wie dies hier der Fall sei, den jeweils angeschlossenen Grundstücken einen vergleichbaren Erschließungsvorteil.

21

Im Übrigen begegne das anzuwendende Satzungsrecht und die darauf beruhende Beitragsveranlagung keinen durchgreifenden Bedenken. Die Tiefenbegrenzungsregelung und die Regelung zur Veranlagung von Außenbereichsgrundstücken sei nicht zu beanstanden.

22

Der Beklagte beantragt,

23

das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 30.03.2007 zu ändern und die Klage vollständig abzuweisen.

24

Der Kläger beantragt,

25

die Berufung zurückzuweisen.

26

Zur Begründung beruft er sich auf die Begründung des Verwaltungsgerichts.

27

Die Verwaltungsvorgänge des Beklagten haben dem Gericht bei Beratung und Entscheidung vorgelegen und sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden. Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten im Übrigen wird auf den Akteninhalt sowie auf die wechselseitigen Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

28

Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Der angegriffene Bescheid über die Heranziehung zu einem Anschlussbeitrag vom 12. Oktober 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. September 2003 ist auch im Hinblick auf den Anschlussbeitrag für die Schmutzwasserentsorgung rechtmäßig. Daher ist das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

29

Rechtsgrundlage für die Heranziehung des Klägers zu einem Anschlussbeitrag für die Schmutzwasserentsorgung ist § 8 Abs. 1 KAG i.V.m. der Beitragssatzung zur Satzung des Zweckverbandes Karkbrook über die Entwässerung von Grundstücken und den Anschluss an zentrale oder dezentrale Abwasseranlagen in der Fassung des 2. Nachtrages vom 12.02.2003 (BS) in Verbindung mit der Satzung über die Entwässerung der Grundstücke und den Anschluss an zentrale oder dezentrale Abwasseranlagen des Zweckverbandes Karkbrook sowie für das Einsammeln, Abfahren und Behandeln des in Hauskläranlagen anfallenden Schlamms einschließlich der Abwälzung der Abwasserabgabe auf Kleineinleiter in der Fassung des 3. Nachtrages vom 12.02.2003 (AS).

30

Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BS betreibt der Beklagte die Abwasserentsorgung als drei selbständige öffentliche Einrichtungen für die Schmutzwasserentsorgung (a), Niederschlagsentwässerung (b) und die Fäkalschlammentsorgung (c).

31

Gemäß § 2 BS wird ein Beitrag zur Deckung des Aufwands für die Herstellung und Aus- und den Umbau der zentralen und dezentralen Abwasserentsorgungsanlagen erhoben, soweit dieser nicht durch Zuschüsse, Abwassergebühren oder auf andere Art gedeckt wird. Nach § 2 Abs. 2 lit. a BS sind Bestandteile der Abwasseranlage bei einem Trennsystem dessen Schmutzwasserkanalnetz einschließlich der Hauptsammler, Druckrohrleitung, Schmutzwasserpumpstationen, Schmutzwasserreinigungsanlagen, Grundstücksanschlussleitungen innerhalb des öffentlichen Verkehrsraumes, nach § 2 Abs. 2 lit. b BS beim Mischwassersystem das Mischwasserkanalnetz einschließlich der Hauptsammler, Übergabe- und Auslaufbauwerke, Klärteichanlagen und Grundstücksanschlussleitungen innerhalb des öffentlichen Verkehrsraumes. Die aus den Teileinrichtungen gebildete Gesamtanlage stellt nach § 2 Abs. 2 Satz 2 BS eine tatsächliche und technische untrennbare Einheit dar.

32

Die dem Ortsrecht zugrunde liegende Entscheidung des Beklagten, die technisch und funktional getrennten Entwässerungssysteme zu einer öffentlichen Einrichtung „Schmutzwasserentsorgung“ zusammenzufassen, ist nicht zu beanstanden.

33

Eine Gemeinde ist aufgrund ihres Organisationsermessens grundsätzlich berechtigt, leitungsmäßig voneinander getrennte Entwässerungseinrichtungen als rechtlich einheitliche Einrichtung mit einheitlichen Entwässerungsabgaben zu betreiben (std. Rechtsprechung vgl. OVG Münster, Urteil vom 17.11.1975 - II A 203/74 -, E 31, S. 252, OVG Lüneburg, Urteil vom 24.05.1989 - 9 L 3/89 -, Die Gemeinde 1990, S. 29 = NVwZ-RR 1990, 507; Senatsurteile vom 26.03.1992 - 2 L 167/91 -, Die Gemeinde 1992, S. 322 = KStZ 1992, S. 157 und vom 24.10.2001 - 2 L 29/00 -, Die Gemeinde 2002, S. 69 = NordÖR 2002, S. 239 und dem 22.01.2003 - 2 K 1/01, SchlHA 2003, S. 155).

34

Entscheidend ist insoweit nicht die technische Ausgestaltung, sondern die rechtliche Bestimmung durch die Gemeinde. Die satzungsrechtliche Zusammenfassung technisch voneinander unabhängiger Entwässerungssysteme ist aus Rechtsgründen allein dann ausgeschlossen, wenn sie in ihrer Arbeitsweise und in ihren Arbeitsergebnissen so unterschiedlich sind, dass eine Vergleichbarkeit der Anlagen schlechterdings ausgeschlossen ist (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 03.07.1978 - 7 B 118 - 124/78 -, Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 40 sowie Senatsurteil vom 24.10.2001 - 2 L 29/00 -, a.a.O.). Dies ist indes nur anzunehmen, wenn das Äquivalenzprinzip oder der Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG verletzt ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.03.1985 - 8 B 11/84 -, KStZ 1985, S. 129 und Urteil vom 20.12.2000 - 11 C 7.00 -, DVBl. 2001, S. 488 zur Abfallgebühr) und eine Zusammenfassung als rechtliche Einheit mit gleichen Beitragssätzen als willkürlich erscheint. Eine Gemeinde kann danach mehrere technisch getrennte, funktionell gleichartige leitungsgebundene Ent- und Versorgungssysteme zu einer Einrichtung im Rechtssinne zusammenfassen, wenn den anzuschließenden Grundstückseigentümern vergleichbare Vorteile geboten werden (Senatsurteil vom 22.01.2003 - 2 L 170/01 -).

35

Nach diesen Maßstäben ist gegen die dem Satzungsrecht zugrundeliegende Organisationsentscheidung nichts zu erinnern.

36

Dem beklagten Zweckverband gehören zehn Gemeinden an, deren Schmutzwasser teils in dem Zentralklärwerk in Cismar (mechanische Reinigung mit Rechenanlage, Sandfang und Vorklärbecken, biologische Reinigung, Phosphatfällung, Nitrifikation und Denitrifikation, Filtration, UV-Anlage) und teils Klärteichanlagen (Belebungs- bzw. Tropfkörperanlagen) zugeführt wird. Das klägerische Grundstück leitet in die Klärteichanlage Altratjensdorf ein und ist damit an eine der dezentralen Abwasserreinigungsanlagen angeschlossen.

37

Bei der Beurteilung der Vergleichbarkeit der Abwasseranlagen ist in beitragsrechtlicher Hinsicht auf die mit der Einrichtung verbundene Vorteilsvermittlung abzustellen. Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 KAG sind die Beiträge nach Vorteilen zu bemessen, wobei der Vorteil der Inanspruchnahmemöglichkeit einer öffentlichen Abwassereinrichtung in der Erhöhung des Gebrauchswertes des Grundstücks besteht. Unterschiedliche Vorteile können Folge unterschiedlicher Arbeitsergebnisse der Systeme sein, aber auch mit unterschiedlichen Arbeitsergebnissen zusammenhängen (vgl. Habermann, KAG-Kommentar, in Praxis der Kommunalverwaltung, § 8 Rdnr. 413 m.w.N.).

38

Eine grundsätzliche Vergleichbarkeit der Reinigungsleistungen, das sind die Arbeitsergebnisse, und damit der Vorteilslage, kann anhand der wasserrechtlichen Erlaubnisse belegt werden (vgl. Habermann, a.a.O., § 8 Rn. 413). Die wasserrechtlich normierten Einleitungsverpflichtungen nach § 31 LWG i.V.m. §§ 7a, 18a WHG geben einen Hinweis darauf, welche Mindeststandards bei der möglichst unschädlichen Abwasserbeseitigung einzuhalten sind. Die in der Abwasserverordnung geregelten Anforderungen an die Qualität des kommunalen Abwassers (vgl. Abwasserverordnung vom 15.10.2002, BGBl. I 2002, S. 4048, Anhang 1, Abschnitt C.) bei seiner Einleitung in Gewässer geben einen Maßstab ab, der je nach Größenklasse der Abwasserbehandlungsanlage die Leistungsfähigkeit der Anlage kennzeichnet. Die Leistungsfähigkeit der Anlagen wird dadurch vergleichbar, was dann auch beitragsrechtlich zugrunde zu legen ist.

39

Demgegenüber erscheinen andere Maßstäbe zu einer Vergleichbarkeit der Leistungsfähigkeit der Abwasserbehandlungsanlagen weniger tauglich, da sie, wie z.B. bei einem Abstellen auf die Einleitungsergebnisse, von vielen weiteren, mehr oder wenig zufällig eintretenden Faktoren abhängen.

40

Nach der Darstellung des Beklagten wird durch die verschiedenen Abwasserbehandlungsanlagen in Bezug auf die zulässigen Einleitungswerte einheitlich dem Optimierungsgebot nach dem Wasserhaushaltsgesetz und der dazu ergangenen Einleitungsverordnung Rechnung getragen.

41

Die Arbeitsweise der Klärteichanlagen unterscheidet sich systematisch nicht von der des zentralen Klärwerks in Cismar. Dies hat der Beklagte hinsichtlich der Arbeitsweisen dargetan. Das Wasser wird jeweils durch mechanische Reinigung, eine biologische Reinigungsstufe und eine chemische Reinigungsstufe zur Phosphatfällung behandelt. Auch eine Filtration erfolgt einheitlich.

42

Da die Zusammenfassung der Einrichtungen nicht zu beanstanden ist, durfte auch der jeweils entsprechende Aufwand berücksichtigt und in die Kalkulation eingestellt werden. Die Erhebung eines einheitlichen Anschlussbeitrages ist zulässig.

43

In die Aufwandsverteilung ist aber nur solcher Aufwand einzustellen, der zu den vergleichbaren Arbeitsweisen und -ergebnissen beiträgt. Der Aufwand für die UV-Bestrahlung, die nur im Zentralklärwerk Cismar stattfindet, ist danach nicht zu berücksichtigen. Die zusätzlich im Zentralklärwerk in Cismar durchgeführte UV-Bestrahlung zur Keimreduzierung ist eine freiwillige Leistung und im umzulegenden Aufwand nicht berücksichtigt worden. Aber sehr wohl zu berücksichtigen ist der Aufwand für die überobligatorische Stickstoff-Elimination und Phosphatfällung, die in den verschiedenen Anlagentypen gleichermaßen stattfindet. Denn eine Verbesserung der Abwasserklärung schafft einen zusätzlichen Vorteil, weil die von den Grundstücken nach der Abwasserbehandlung nur in ein Gewässer eingeleitet werden dürfen, wenn ihre Schadstofffracht so gering wie möglich gehalten, zumindest jedoch nach den allgemeinen Regeln der Technik reduziert worden ist (vgl. Senatsurteil v. 30.11.1992 - 2 L 285/91-, SchlHA 1993, S. 121).

44

Danach ist festzustellen, dass die Zusammenfassung der verschiedenen Einrichtungen zulässig ist, da eine Unterschiedlichkeit der Arbeitsweise und des Arbeitsergebnisses eine Vergleichbarkeit nicht schlechterdings ausschließt und den an die unterschiedlichen Anlagen anzuschließenden Grundstücken eine gleiche Vorteilslage geboten wird.

45

Anhaltspunkte dafür, dass sich der Aufwand pro Leistungseinheit (EW) für das Zentralklärwerk einerseits und die übrigen Kläranlagen andererseits nennenswert unterscheidet, sind nicht ersichtlich. Jedenfalls begründen die Unterschiede keine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes und des dem Beitragsrecht innewohnenden Äquivalenzprinzips. Auf der Rechtsgrundlage des KAG und des Satzungsrechts des Beklagten ist es nicht zu beanstanden, dass er auch wirtschaftliche Überlegungen derart in seine Planungen einstellt, dass er die für alle Anschlusspflichtigen günstigsten Aufwandslösungen favorisiert, von dem Bau langer Anschlussleitungen absieht und die dezentralen Klärteichanlagen weiter betreibt. Eine mögliche Alternative des Anschlusses aller oder jedenfalls weiterer Anschlusspflichtiger an das Zentralklärwerk stellt unter Aufwandsgesichtspunkten für die Anschlussbeitragspflichtigen nicht unbedingt eine günstigere Alternative dar.

46

Die vom Verwaltungsgericht in der in Bezug genommenen Entscheidung zum Verfahren 9 A 9/99 beanstandeten Regelungen zur Tiefenbegrenzung in § 5 a Abs. 3 c BS sind aufgrund der Einheitlichkeit der Siedlungsstruktur der Verbandsgemeinden und wegen der Vielzahl von Innenbereichssatzungen von wenig praktischer Bedeutung. Nach der Rechtsprechung führt eine fehlerhafte Tiefenbegrenzung nur dann zur Rechtswidrigkeit der Beitragssatzung, wenn sich daraus eine zu geringe Beitragsfläche ergibt. In der Regel kann jedoch ausgeschlossen werden, dass die durchschnittliche Bebauungstiefe von 50 m im Verbandsgebiet überschritten wird, insoweit fehlen hier konkrete Anhaltspunkte für eine solche Überschreitung. Sofern wegen unterschiedlicher Verhältnisse in den Baugebieten eine Differenzierung geboten sein sollte, berührte dies im Übrigen die Beitragsbemessung im Einzelfall, nicht aber die Kalkulation des Beitragssatzes (so Senatsbeschluss vom 20.12.2006 - 2 MB 14/06 - unter Bezug auf Senatsurteil vom 25.01.2003 - 2 L 170/01 -; Urteil vom 07.04.2004 - 2 LB 45/03 -; Beschluss erging zum Satzungsrecht des Beklagten).

47

Auch die Satzungsregelung zu Behandlung von Außenbereichsgrundstücken führt nicht zur Heranziehung des Klägers zu einem fehlerhaften Beitragssatz. Soweit das Ortsrecht keine vorteilsgerechte Verteilungsvorsorge in Bezug auf bebaute Außenbereichsgrundstücke enthält, weil insofern nur auf tatsächlich angeschlossene und nicht auch auf nur anschließbare Baulichkeiten abgestellt wird, ist zweifelhaft, ob sich daraus ein fehlerhafter Beitragssatz ergeben könnte. Der Beklagte führt dazu aus, dass es im gesamten Verbandsgebiet tatsächlich kein Außenbereichsgrundstück gäbe, das eine Anschlussmöglichkeit an die öffentliche Abwasserentsorgung hätte, ohne von dieser Anschlussmöglichkeit Gebrauch gemacht zu haben (Zustand konkreter Vollständigkeit). Sofern der Beklagte alle anschließbaren Baulichkeiten im Außenbereich in die Kalkulation eingestellt hat, läge danach trotz fehlerhafter Satzung kein unzutreffender Beitragssatz vor (so Senatsbeschluss vom 04.02.2003 - 2 L 83/02 - zum Satzungsrecht des Beklagten).

48

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Nebenentscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

49

Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe hierfür nicht vorliegen (§ 132 Abs. 2 VwGO).


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tatbestand

1

Die Klägerin ist Eigentümerin eines Grundstücks im Verbandsgebiet des Beklagten, das in den hier maßgeblichen Erhebungszeiträumen 1. Januar 2004 bis 31. Dezember 2007 an eine zentrale Einrichtung des Beklagten zur Niederschlagswasserbeseitigung angeschlossen war. Mit Bescheid vom 17. November 2008 setzte der Beklagte für diese Zeiträume Niederschlagswassergebühren in Höhe von insgesamt 454,05 € fest. Nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens hat die Klägerin am 18. Mai 2009 beim Verwaltungsgericht Magdeburg fristgerecht Anfechtungsklage erhoben.

2

Auf Grund eines Vertrages vom 25. März 2010 sind die Aufgaben der Schmutz- und Niederschlagswasserbeseitigung mit Wirkung zum 1. Januar 2011 auf den WAZV B-W übergegangen. Zu diesem Zeitpunkt wurde der Beklagte aufgelöst und befindet sich seitdem in Abwicklung.

3

Auf die mündliche Verhandlung vom 17. November 2011 hat das Verwaltungsgericht den Gebührenbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. April 2009 aufgehoben.

4

Der Beklagte sei nach der Änderung des Wassergesetzes ab 1. September 2003 nur noch für Grundstücke niederschlagswasserbeseitigungspflichtig, bei denen ein gesammeltes Fortleiten erforderlich sei, um eine Beeinträchtigung des Wohles der Allgemeinheit zu verhüten. Ab diesem Zeitpunkt sei in Bezug auf die Erhebung der Niederschlagswassergebühr ausschließlich danach zu fragen, für welche Grundstücke die Beseitigungspflicht dem Zweckverband obliege. Nur der Aufwand, der dafür entstehe, sei ins Verhältnis zu den dadurch „bevorteilten“ Grundstücksflächen zu setzen. Aus Gründen der Leistungsproportionalität könne eine Benutzungsgebühr jedenfalls nicht von den Grundstückseigentümern verlangt werden, die ab dem 1. September 2003 verpflichtet seien, das Niederschlagswasser selbst zu beseitigen. Andererseits könne auch nicht den Grundstückseigentümern, für deren Grundstücke die Aufgabe der Niederschlagswasserbeseitigung dem Beklagten obliege, die gesamte „Kostenlast“ für die Altanlage nur deshalb auferlegt werden, weil der Einrichtungsträger diese in Ansehung anderer rechtlicher Vorgaben errichtet habe. Es sei aber weder vorgetragen noch gebe es greifbare Anhaltspunkte dafür, dass die Beseitigungspflicht des Beklagten jedenfalls eine Einrichtung in einer Ausdehnung erfordert hätte, wie dies nunmehr durch die der Ermittlung des Gebührensatzes zu Grunde gelegten Kosten seinen Ausdruck finde.

5

Darüber hinaus seien die für die Erhebungszeiträume 2004 bis 2006 festgesetzten Gebührensätze auch deshalb unwirksam, weil die maßgeblichen Gebührensatzungen überhöhte und damit nichtige Schmutzwassergebührensätze beinhalteten.

6

Der Beklagte hat fristgerecht die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung erhoben. Er trägt vor, die Widmung der öffentlichen Einrichtung habe sich durch die zum 1. September 2003 geänderte Rechtslage nicht geändert. Die (freiwillige) Entwässerung des Niederschlagswassers von Grundstücken, bei denen der Eigentümer eigentlich selbst beseitigungspflichtig sei, gehöre noch zu den öffentlichen Aufgaben, zu deren Erfüllung eine öffentliche Einrichtung gewidmet werden dürfe. Dies ergebe sich aus § 116 Abs. 2 Satz 1 GO LSA. Die unter Maßgabe des Wassergesetzes in der bis 31. August 2003 geltenden Fassung errichtete Einrichtung sei bedarfsgerecht gewesen und die tatsächliche Inanspruchnahme der angeschlossenen Grundstücke über den 1. September 2003 hinaus sei im Übrigen Beleg dafür, dass ein Bedarf weiterhin bestanden habe, zumal die Klägerseite auch unter der neuen Rechtslage die Nutzung der Einrichtung nicht abgestellt habe. Er habe außerdem weder zum 1. September 2003 noch später die Widmung der Einrichtung eingeschränkt, sondern sie weiter tatsächlich auch jenen Grundstücken zur Verfügung gestellt, auf denen gegebenenfalls selbst eine Versickerung stattfinden konnte. Im Übrigen komme es für die Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung nach seiner Satzung lediglich auf die objektiv bestehende Einleitung von Niederschlagswasser an. Es bestehe auch keine gesetzliche Verpflichtung des beseitigungspflichtigen Grundstückseigentümers, versickerungsfähiges Niederschlagswasser auf dem Grundstück versickern zu lassen.

7

Sollte eine rückwirkende Satzungsänderung notwendig sein, fehlte dem WAZV B-W die Satzungsbefugnis, da dieser wegen der Aufgabenübertragung seitens der einzelnen Mitgliedsgemeinden nicht sein Rechtsnachfolger sei. Demnach bliebe nur die Möglichkeit, dass er eine rückwirkende Satzung erlasse und insoweit von einer Erforderlichkeit im Sinne des § 14 Abs. 4 Satz 1 GKG auszugehen sei. Ansonsten wäre die in Anspruch genommene Leistung kostenlos, was nicht sachgerecht sei. Es bliebe nur die Möglichkeit der Geltendmachung eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs, bei dem sich das Problem der Verjährung stelle.

8

Soweit in der Abwasserbeseitigungssatzung zwei öffentliche Einrichtungen zur Niederschlagswasserbeseitigung genannt worden seien, sei nachfolgend in den Gebührensatzungen jeweils wieder nur von einer einheitlichen öffentlichen Einrichtung die Rede. Diesen aktuelleren Satzungen komme das ausschlaggebende Gewicht zu. Unabhängig davon habe er durch Festsetzung eines einheitlichen Gebührensatzes stets deutlich gemacht, dass er von einer einheitlichen Einrichtung zur Niederschlagswasserbeseitigung ausgehe. Auch das Verwaltungsgericht habe insoweit die Maßgeblichkeit der Gebührensatzungen angenommen.

9

Zwischenzeitlich habe er die tatsächlich angeschlossenen und einleitenden Flächen in dem Zeitraum 2007 bis 2009 im Einzelnen ermittelt. Es ergebe sich danach ein Gebührensatz von 2,63 €/m2, so dass der in der Vorauskalkulation ermittelte Satz von 2,75 €/ m2 nicht überschritten werde. Für den Fall, dass die Auffassung des Verwaltungsgerichts richtig wäre, würde sich nach einer Nachkalkulation 2007 bis 2009 vom 23. Mai 2013 für das Jahr 2007 ein Gebührensatz von 2,33 €/ m2 ergeben. Dass die Niederschlagswassergebührensätze für 2004 bis 2006 nicht überhöht seien, sei nachweisbar. Die Gebührensätze für diese Zeiträume seien auch nicht deshalb unwirksam, weil die Schmutzwassergebührensätze nichtig seien. Was für das Verhältnis von Mengen- und Grundgebühr gelten möge, sei nicht übertragbar, jedenfalls dann nicht, wenn - wie vorliegend - nicht nur Anhaltspunkte für den hypothetischen Willen des Satzungsgebers vorlägen, sondern dieser Wille in einer rückwirkenden Satzung seinen Niederschlag gefunden habe. Er habe sich bewusst dafür entschieden, es für den Zeitraum vor dem 1. Januar 2007 bei den niedrigeren Niederschlagswassergebühren zu belassen.

10

Der Beklagte beantragt,

11

das auf die mündliche Verhandlung vom 17. November 2011 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg - 9. Kammer - abzuändern und die Klage abzuweisen.

12

Die Klägerin beantragt,

13

die Berufung zurückzuweisen.

14

Sie tritt der Berufung entgegen.

15

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

16

Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet.

17

Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Der Gebührenbescheid des Beklagten vom 17. November 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. April 2009 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

18

Gemäß § 5 Abs. 1 KAG LSA erheben die Landkreise und Gemeinden als Gegenleistung die für die Inanspruchnahme öffentlicher Einrichtungen erforderlichen Benutzungsgebühren, soweit nicht ein privatrechtliches Entgelt gefordert wird (Satz 1). Das Gebührenaufkommen soll die Kosten der jeweiligen Einrichtung decken, jedoch nicht überschreiten (Satz 2 HS 1). Mit der Entstehung eines Zweckverbandes gehen die entsprechenden Befugnisse gem. § 9 Abs. 1 GKG LSA auf den Zweckverband über.

19

Der streitigen Erhebung von Gebühren für die Beseitigung von Niederschlagswasser auf der Grundlage von Satzungen des Beklagten über die Erhebung von Gebühren für die zentrale Abwasserbeseitigung vom 20. Februar 2003 (für den Zeitraum 1. Januar 2004 bis 28. Mai 2004), vom 3. Mai 2004 (für den Zeitraum 29. Mai 2004 bis 31. Dezember 2006) sowie vom 30. Juni 2009 (für den Zeitraum ab 1. Januar 2007) steht schon entgegen, dass der Beklagte nach § 1 Abs. 1 Buchst. a und b der insoweit maßgeblichen Abwasserbeseitigungssatzungen vom 31. Juli 1995 i.d.F. der Änderungssatzung vom 5. April 2001 sowie vom 16. Dezember 2004 zwei rechtlich jeweils selbständige Anlagen zur zentralen Niederschlagswasserbeseitigung (einmal im Trennsystem, einmal im Mischsystem) betrieb. Die für eine Einrichtung (im Trenn- und Mischsystem) vorgenommene Festsetzung eines einheitlichen Gebührensatzes ist daher nichtig. Werden rechtlich getrennte öffentliche Einrichtungen gebildet, sind wegen der Bezugnahme in § 5 Abs. 1 KAG LSA auf die Kosten der (jeweiligen) Einrichtung zwangsläufig getrennte Gebührensätze zu ermitteln.

20

Dass der Beklagte nach § 1 Abs. 1 Buchst. c der Gebührensatzungen die Abwasseranlagen als einheitliche öffentliche Einrichtung zur zentralen Niederschlagswasserbeseitigung im Trenn- und Mischsystem betrieb, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn die Einrichtungsbestimmung in den Gebührensatzungen erfolgte ausdrücklich nach Maßgabe der Abwasserbeseitigungssatzung in der jeweils geltenden Fassung. Damit hat die Einrichtungsbestimmung in den Abwasserbeseitigungssatzungen Vorrang. Die tatsächliche Festsetzung eines einheitlichen Gebührensatzes für die Beseitigung von Niederschlagswasser durch den Beklagten ändert an der Satzungslage ebenso wenig wie die Tatsache, dass das Verwaltungsgericht diese Frage in der angegriffenen Entscheidung nicht problematisiert hat.

21

Weiterhin sind die für die Erhebungszeiträume 1. Januar 2004 bis 31. Dezember 2006 festgesetzten Niederschlagswassergebührensätze auch deshalb nichtig, weil die für diese Zeiträume geltenden Gebührensatzungen vom 20. Februar 2003 und vom 3. Mai 2004 überhöhte Schmutzwassergebühren beinhalteten.

22

Hinsichtlich der Nichtigkeit der Schmutzwassergebührensätze wird auf die umfassenden Darlegungen in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 18. März 2009 (- 9 A 242/07 MD -) Bezug genommen, wonach das Kostenüberschreitungsverbot deshalb verletzt sei, weil der Beklagte zu Unrecht Kosten aus dem Betrieb der Niederschlagswasserbeseitigung berücksichtigt habe. Gegen diese Ausführungen, auf die das Verwaltungsgericht in dem angegriffenen Urteil ausdrücklich verwiesen hat, hat der Beklagte keine Einwendungen erhoben. Fehler sind auch nicht ersichtlich.

23

Die Nichtigkeit der Schmutzwassergebührensätze hat wiederum die Gesamtnichtigkeit der in Rede stehenden Gebührensatzungen zur Folge. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Beschl. v. 13. Januar 2012 - 9 B 56/11 -, zit. nach JURIS m.w.N.) hängt die Entscheidung, ob ein Rechtsmangel zur Gesamtnichtigkeit der Satzung oder nur zur Nichtigkeit einzelner Vorschriften führt, davon ab, ob - erstens - die Beschränkung der Nichtigkeit eine mit höherrangigem Recht vereinbare sinnvolle (Rest-)Regelung des Lebenssachverhalts belässt und ob - zweitens - hinreichend sicher ein entsprechender hypothetischer Wille des Normgebers angenommen werden kann. Anhaltspunkte für einen solchen Willen des Beklagten, dass die Niederschlagswassergebührensätze trotz einer Nichtigkeit der Festsetzung der Schmutzwassergebührensätze weiter bestehen bleiben sollten, sind aber weder ersichtlich noch in ausreichender Weise geltend gemacht. Die nachträgliche Entscheidung des Beklagten, mit der Gebührensatzung vom 30. Juni 2009 die Niederschlagswassergebührensätze nur rückwirkend ab dem 1. Januar 2007 zu ändern, lässt keinerlei Rückschlüsse auf dessen hypothetischen Willen zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der ursprünglichen Gebührensatzungen zu. Es ist vielmehr ohne deutliche entgegenstehende Anhaltspunkte gerade nicht davon auszugehen, dass sich ein Satzungsgeber derart in seiner Entscheidungsfreiheit zur Festsetzung der verschiedenen Gebührensätze binden will. Denn es kann durchaus vorkommen, dass - wie auch hier - die Nichtigkeit von einzelnen Gebührensätzen aus einer fehlerhaften Kostenzuordnung resultiert.

24

Ohne dass dies abschließend zu entscheiden ist, ist im Übrigen davon auszugehen, dass der Beklagte als aufgelöster und in Abwicklung befindlicher Zweckverband keine rückwirkende Gebührensatzung mehr erlassen darf (vgl. auch Sponer, LKV 2009, 401, 403; a.M.: Wiegand, Kommunalverfassungsrecht Sachsen-Anhalt, GKG LSA, § 14 Nr. 2 S. 6). Gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 GKG LSA gilt ein Zweckverband nach seiner Auflösung zwar als fortbestehend, solange und soweit der Zweck der Abwicklung dies erfordert. Ausweislich der Gesetzesbegründung zu § 26 Abs. 3 Satz 2 GKG LSA a.F., der § 14 Abs. 4 Satz 1 GKG weitestgehend entsprach, sollte „Satz 2 gewährleisten, daß der Zweckverband über den Zeitpunkt seines Erlöschens als Rechtssubjekt hinaus eine eingeschränkte Handlungsfähigkeit zum Zweck der Abwicklung erhält. Der aufgelöste Zweckverband bleibt als Liquiditätsverband rechtsfähig, solange und soweit Abwicklungshandlungen vorzunehmen sind; in diesem Rahmen bleiben auch die Verbandsorgane und die Funktionen des Verbandsvorsitzenden, z. B. bei Verpflichtungserklärungen, bestehen“ (LT-Drucksache 1/1107, Seite 13). Wenn - wie hier - die Verbandsversammlung für die Abwicklung einen speziellen Abwickler bestellt, ist dieser für die Abwicklungshandlungen zuständig und kann sich dazu auf die Fiktionswirkung des § 14 Abs. 4 Satz 1 GKG LSA berufen. Die Abwicklung umfasst sämtliche Handlungen, die zur Beendigung der laufenden Geschäfte einschließlich des Einzugs von Forderungen notwendig sind (OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 18. Juli 2002 - 1 L 22/02 -), so auch die Durchsetzung der vor der Auflösung bereits entstandenen Abgabeansprüche (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 9. August 2004 - 1 M 277/04 -, zu einem Beitragsanspruch). Zur Abwicklung gehört jedoch aller Voraussicht nach nicht der Erlass einer rückwirkenden Gebührensatzung, durch die Abgabenansprüche erst zum Entstehen gebracht werden sollen. Soweit das Oberverwaltungsgericht Thüringen (Beschl. v. 28. Februar 2012 - 4 EO 1317/05 -, zit. nach JURIS) den Erlass einer Anpassungssatzung durch einen Abwickler für zulässig erachtet hat, ging es dabei um die Erfüllung einer speziellen gesetzlichen Verpflichtung zur Rückzahlung von gezahlten Abwasserbeiträgen. Die Berechnung der Rückzahlungsansprüche habe die Anpassung der Beitragssatzung an bestimmte Regelungen des ThürKAG vorausgesetzt, so dass die Abwicklung den Erlass der Anpassungssatzung erfordert habe. Das Gericht zählte also die Rückzahlungsverpflichtungen zu den (noch) bestehenden Abgabeschuldverhältnissen des Zweckverbands, deren Beendigung von der Abwicklung umfasst war.

25

Da der Beklagte deshalb wohl keine rechtliche Möglichkeit (mehr) hat, für Eigentümer von tatsächlich angeschlossenen bzw. entwässernden Grundstücken, die nicht bestandskräftig zur Zahlung von Niederschlagswasserbeseitigungsgebühren herangezogen worden sind, nachträglich Benutzungsgebühren festzusetzen, dürfte ihm die Geltendmachung öffentlich-rechtlicher Erstattungsansprüche offenstehen (vgl. dazu OVG Thüringen, Urt. v. 15. November 2012 - 4 KO 1057/06 -, zit. nach JURIS). Der Beginn der Verjährungsfrist richtet sich nach dem wohl analog anzuwendenden § 199 Abs. 1 BGB; sollte die Verjährungsfrist schon vor Erlass der Gebührenbescheide begonnen haben zu laufen, kommt eine entsprechende Anwendung des § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB in Betracht.

26

Offen bleiben kann, ob seit der zum 1. September 2003 erfolgten Änderung des Wassergesetzes Sachsen-Anhalt - WG LSA 2003 - in der Kalkulation der Niederschlagswasserbeseitigungsgebühren sowohl bei der Aufwandsermittlung als auch der Flächenberechnung nur noch die im Kalkulationszeitraum tatsächlich angeschlossenen bzw. entwässernden Grundstücke berücksichtigt werden durften, für die der Verband gem. § 151 Abs. 1 und 3 WG LSA 2003 niederschlagswasserbeseitigungspflichtig war.

27

Die Gebührensatzungen des Beklagten sahen in ihren §§ 2, 7 eine Gebührenpflicht hinsichtlich der tatsächlich angeschlossenen bzw. entwässernden Grundstücke vor, obwohl damit auch Grundstücke erfasst wurden, für die seit dem 1. September 2003 die Grundstückseigentümer gem. § 151 Abs. 3 Nr. 1 WG LSA 2003 niederschlagswasserbeseitigungspflichtig geworden sind, weil ein Anschluss- und Benutzungszwang nicht erforderlich war, um eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit zu verhüten. Es stellt sich jedoch die Frage, ob Benutzungsgebühren nicht erforderlich i.S.d. § 5 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA sind, soweit Kosten zu deren Berechnung herangezogen werden, die nicht zur Verfolgung des gesetzmäßigen Zwecks der Einrichtung entstanden sind, und der festgesetzte Gebührensatz deshalb das Kostenüberschreitungsverbot des § 5 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA verletzt. Dann dürften solche Nutzer, welche die Einrichtung nicht in Einklang mit dem gesetzmäßigen Zweck nutzen, nicht zu Benutzungsgebühren herangezogen werden können. Die Beantwortung dieser Frage hängt davon ab, ob unabhängig von der Zweckbestimmung der Einrichtung und des gesetzlichen Aufgabenbereichs des Einrichtungsträgers alle an eine Einrichtung zur Niederschlagswasserbeseitigung tatsächlich angeschlossenen oder in sie entwässernden Grundstücke diese Einrichtung gebührenpflichtig i.S.d. § 5 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA in Anspruch nehmen und eine Gebührenschuldnerschaft i.S.d. § 5 Abs. 5 Satz 1 KAG LSA besteht (so i.E. VG Halle, Beschl. v. 24. Januar 2011 - 4 A 108/10 HAL -, zit. nach JURIS; Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 6 Rdnr. 759d; vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 7. Oktober 1996 - 9 A 4145/94 -; OVG Saarland, Urt. v. 5. September 2007 - 1 A 43/07 -, jeweils zit. nach JURIS) oder ob, wofür Einiges spricht, die Gemeinden und damit die Zweckverbände mit einer öffentlichen Einrichtung grundsätzlich nur eine in ihren Wirkungskreis fallende Aufgabe erfüllen dürfen (vgl. OVG Niedersachsen, Beschl. v. 11. Dezember 2012 - 10 ME 130/12 -, zit. nach JURIS m.w.N.), so dass sich jedenfalls die Widmung der Einrichtung im Rahmen des Aufgabenbereichs der Körperschaft halten muss (vgl. auch § 6 GKG LSA) und auch eine Benutzungsgebührenpflicht nur für eine in diesem Rahmen erbrachte Aufgabenerfüllung bestehen kann (vgl. Rosenzweig/Freese, NdsKAG, § 6 Rdnr. 199; i.E. auch Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 6 Rdnr. 707a).

28

Geht man mit der angegriffenen Entscheidung von letzterem aus, dürften schon die Regelungen der §§ 2, 7 der Gebührensatzungen des Beklagten nichtig sein. Selbst wenn man annimmt, dass die von dem Beklagten vorgenommene Widmung seiner Einrichtungen zur Niederschlagswasserbeseitigung trotz der - möglicherweise nur statischen - Verweise in seinen Verbandssatzungen auf die Regelungen des Wassergesetzes Sachsen-Anhalt keine Zweckbestimmung zur Beseitigung von Niederschlagswasser nur von wasserrechtlich anschlusspflichtigen Grundstücke vorsah, würde eine weitergehende Widmung aller Voraussicht nach mit höherrangigem Recht nicht in Einklang stehen. Denn die Entwässerung des Niederschlagswassers von Grundstücken, bei denen der Grundstückseigentümer selbst nach den wasserrechtlichen Vorschriften beseitigungspflichtig ist, dürfte nicht zu den öffentlichen Aufgaben der Gemeinden und Zweckverbände gehören. Die Abwasserbeseitigung stellt trotz der allgemeinen Formulierung „Kanalisation“ in § 8 Nr. 2 Satz 1 GO LSA und der Festlegung in § 116 Abs. 2 Satz 1 GO LSA, dass Betätigungen der Gemeinde u.a. im Bereich der Abwasserbeseitigung einem öffentlichen Zweck dienen und unter der Voraussetzung des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 zulässig sind, nicht schon an sich eine Aufgabe der Gemeinden dar (vgl. auch OVG Thüringen, Urt. v. 29. September 2008 - 4 KO 1313/05 -, a.a.O.; insoweit missverständlich BGH, Urt. v. 18. Juli 2002 - III ZR 287/01 -, zit. nach JURIS). Das Wassergesetz Sachsen-Anhalt nimmt mit der nur unter bestimmten Voraussetzungen erfolgten Übertragung der Abwasserbeseitigungspflichten auf die Gemeinden wohl eine spezielle Aufgabenübertragung vor, was sich schon aus der ausdrücklichen Zuweisung dieser Aufgaben zum eigenen Wirkungskreis der Gemeinde ergibt (vgl. § 151 Abs. 1 Satz 2 WG LSA 2003; § 151 Abs. 1 Satz 3 WG LSA in der ab 22. April 2005 geltenden Fassung; § 78 Abs. 1 Satz 4 WG LSA in der ab 1. April 2011 bis 30. März 2013 geltenden Fassung; § 78 Abs. 1 Satz 2 WG LSA). Die Regelungen des Wassergesetzes, wonach sich Abwasserbeseitigungspflichtige zur Erfüllung dieser Pflicht Dritter bedienen dürfen (vgl. § 151 Abs. 7 WG LSA 2003, § 151 Abs. 9 WG LSA in von 22. April 2005 bis 31. März 2011 geltenden Fassung), haben für die Entstehung einer Gebührenpflicht keine Bedeutung.

29

Ob weiterhin das Kostenüberschreitungsverbot des § 5 Abs. 1 Satz 2 HS 1 KAG LSA verletzt wäre, richtete sich danach, ob bei einer Verteilung des konkret entstandenen Aufwandes für die Entsorgung des Niederschlagswassers von tatsächlich angeschlossenen bzw. entwässernden Grundstücken, für die der Verband niederschlagswasserbeseitigungspflichtig war, auf die der Gebührenermittlung zugrunde zu legenden Flächen solcher Grundstücke der höchstzulässige Gebührensatz überschritten wäre.

30

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

31

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

32

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe vorliegt.


Abwasser ist von den juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu beseitigen, die nach Landesrecht hierzu verpflichtet sind (Abwasserbeseitigungspflichtige). Die Länder können bestimmen, unter welchen Voraussetzungen die Abwasserbeseitigung anderen als den in Satz 1 genannten Abwasserbeseitigungspflichtigen obliegt. Die zur Abwasserbeseitigung Verpflichteten können sich zur Erfüllung ihrer Pflichten Dritter bedienen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Verpflichtung des Beklagten zur Genehmigung einer Änderung seines Abwasserbeseitigungskonzepts dahin, dass das Grundstück der Beigeladenen aus seiner Beseitigungspflicht ausgeschlossen ist.

2

Der Kläger ist ein in seinem Verbandsgebiet abwasserbeseitigungspflichtiger Zweckverband. Zu seinem Verbandsgebiet gehört die Gemeinde A-Stadt. Die Beigeladene ist ein Fruchtsafthersteller mit einer Betriebsstätte in A-Stadt.

3

Anfang der neunziger Jahre wurde im Zuge der Erschließung des Gewerbegebiets in A-Stadt von der Firma N. GmbH, der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen, und der Gemeinde A-Stadt eine gemeinschaftliche Kläranlage errichtet, in der sowohl die kommunalen als auch die betrieblichen Abwässer behandelt werden sollten. Hierzu wurde die Firma Entsorgungsgesellschaft ... mbH (... GmbH) als Kläranlagenbetreiber gegründet. Gesellschafter der ... GmbH waren bis 2009 der Kläger zu 60 % und die Beigeladene zu 40 %. Mit Wirkung zum 01.01.2010 verkaufte der Kläger seine Geschäftsanteile an die Firma A…GmbH (A. GmbH), eine Tochtergesellschaft der G. AG.

4

In der Kläranlage der ... GmbH in A-Stadt wird sowohl das Abwasser der Beigeladenen als auch das Abwasser mehrerer weiterer in dem Gewerbegebiet „Das Neue Land“ in A-Stadt angesiedelter Gewerbebetriebe sowie das kommunale Abwasser der Gemeinde A-Stadt behandelt. Das Abwasser der Beigeladenen wird dabei über einen eigenständigen Zulauf in die Kläranlage geleitet und zunächst gesondert vorbehandelt. Nach dieser Vorbehandlung wird das Abwasser der Beigeladenen gemeinsam mit dem Abwasser der anderen Gewerbetreibenden und dem kommunalen Abwasser in der Belebungsstufe der Kläranlage gereinigt. Nach den Angaben des Klägers liegt der Anteil der Beigeladenen an der Einleitmenge in die Kläranlage A-Stadt bei ca. 60 % (ca. 194.000 m³ im Jahr 2010), während der Anteil des Klägers bei ca. 40 % (ca. 120.000 m³ im Jahr 2010) liegt.

5

Die Mengen und Frachten des in der Kläranlage A-Stadt behandelten Abwassers wurden vom Beklagten im Jahr 2009 wie folgt angegeben:

6
        

m³/d min

m³/d max

CSB mittel
in mg/l

CSB min
in kg/d

CSB max
in kg/d

Beigeladene

0       

1.300 

2.500 

0       

3.250 

Kläger

200     

450     

1.200 

240     

540     

Zentrat des Dekanters

0       

160     

3.000 

0       

480     

Zentrat Schlamm

0       

200     

3.000 

0       

600     

Fremdwasser

0       

1.000 

300     

0       

300     

Gesamt

200     

3.110 

        

240     

5.170 

7

Bis Ende 2008 wurde die Entsorgung durch Rechnungslegung der ... GmbH gegenüber der Beigeladenen abgerechnet, was der Beigeladenen den Vorsteuerabzug ermöglichte. Diese Praxis wurde auf Drängen der Kommunalaufsicht zum 31.12.2008 beendet. Für das Jahr 2009 erließ der Kläger gegen die Beigeladene einen Gebührenbescheid, auf dem keine Umsatzsteuer ausgewiesen wurde.

8

Um der Beigeladenen den Vorsteuerabzug wieder zu ermöglichen, beschloss die Verbandsversammlung des Klägers am 31.08.2009 eine Änderung des Abwasserbeseitigungskonzepts dahin, dass das Grundstück der Beigeladenen von der Beseitigungspflicht ausgeschlossen ist.

9

Mit Antrag vom 07.10.2009 beantragte der Kläger bei dem Beklagten die Genehmigung dieser Änderung seines Abwasserbeseitigungskonzepts. Hierbei wies er darauf hin, dass nach dem Vertrag über den Verkauf der Geschäftsanteile der ... GmbH an die A. GmbH als Voraussetzung für die vollständige Kaufpreiszahlung vorgesehen sei, dass eine Möglichkeit gefunden werde, der Beigeladenen wieder den Vorsteuerabzug zu ermöglichen. Zur Begründung des Antrags führte er aus, die Voraussetzungen des § 151 Abs. 5 Nr. 1 WG LSA a.F. seien erfüllt. Das Abwasser der Beigeladenen könne wegen seiner Art oder Menge nicht zusammen mit dem in Haushaltungen anfallenden Abwasser beseitigt werden, denn es unterscheide sich in der Schmutzfracht deutlich von den üblichen Abwässern aus Haushaltungen und werde über eigene Rohrleitungssysteme in die Anlage geleitet. Bisher habe die Behandlung gemeinsam mit den kommunalen Abwässern stattgefunden, was für alle Beteiligten den Nachteil von unnötig hohen Kosten zur Folge habe. Auf Grund seiner Beschaffenheit mit einer rund zehnfach höheren CSB-Konzentration als das kommunale Abwasser erfordere das Abwasser der Beigeladenen eine individuelle Vorbehandlung. Daher werde speziell für dieses Abwasser von der A. GmbH eine anaerobe Vorbehandlung errichtet, die ohne Zugabe von Sauerstoff die CSB-Fracht überwiegend in Methangas umwandle. Auf diese Weise würden rund 80 % der Verschmutzung des Abwassers abgebaut. In diesem Prozess werde möglicherweise eine geringe Menge des kommunalen Abwassers als Nährstoffträger zugegeben. Anschließend erfolge die gemeinsame Behandlung des vorgereinigten Abwassers der Beigeladenen mit dem kommunalen Abwasser in der Belebungsstufe der Kläranlage. Hiermit werde faktisch eine gesonderte Behandlung des Abwassers der Beigeladenen durchgeführt. § 151 Abs. 5 Nr. 1 WG LSA a.F. erfasse nicht nur Fälle der absoluten Unmöglichkeit der gemeinsamen Beseitigung, sondern auch Fälle, in denen eine getrennte Beseitigung zweckmäßiger sei. Nach der ursprünglichen Fassung des § 151 Abs. 5 WG LSA sei eine Freistellung der Gemeinde von der Pflicht zur Beseitigung von Abwasser aus gewerblichen Betrieben möglich gewesen, soweit das Abwasser wegen seiner Art oder Menge zweckmäßiger von demjenigen beseitigt werde, bei dem es anfalle. Durch die Neufassung des § 151 Abs. 5 WG LSA durch das Vierte Gesetz zur Änderung des WG LSA im Jahr 2005 sei eine Änderung des Zweckmäßigkeitskriteriums nicht beabsichtigt gewesen. Hierunter falle vor allem eine wirtschaftlichere Beseitigung. Selbst wenn hier kein Fall der Unmöglichkeit der gemeinsamen Entsorgung vorliegen sollte, liege jedenfalls ein überwiegendes öffentliches Interesse an dem Ausschluss von der Beseitigungspflicht im Sinne des § 151 Abs. 5 Nr. 3 WG LSA a.F. vor. Mit dem Begriff des öffentlichen Interesses seien alle möglichen Interessen der Allgemeinheit erfasst. Eine Beschränkung auf Gründe des Gewässer- oder Umweltschutzes lasse sich dem Gesetz nicht entnehmen. Bei den Abwasserkosten handele es sich für die Beigeladene um eine relevante Kostenposition. Insoweit sei es aus wirtschaftspolitischen Gründen geboten, hier eine Lösung zu finden, die bei vollständiger Wahrung der wasserrechtlichen Verpflichtungen eine preisgünstigere Lösung für die Beigeladene ermögliche. Dies stelle auch einen anderen Grund des überwiegenden öffentlichen Interesses dar. Das öffentliche Interesse überwiege auch das wasserrechtliche Interesse an der Abwasserbeseitigung durch ihn, da sich tatsächlich weder an der Methode noch an der Anlage der Abwasserentsorgung etwas ändere. Eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit sei nicht gegeben. Die geplante anaerobe Vorbehandlung führe auch zu einer besseren Reinhaltung der Gewässer. Wirtschaftliche Voraussetzung sei jedoch der Ausschluss der Abwässer der Beigeladenen aus der Beseitigungspflicht. Die Befreiung sei auch geboten. Ausreichend sei, dass es keine bessere Alternative gebe. Es sei nicht zu erkennen, warum andere Modelle, etwa das Konzessionsmodell, besser oder günstiger seien als die hier vorgeschlagene Befreiung. Beide Möglichkeiten seien vielmehr gleichrangig. Bei gleichwertigen Alternativen müsse die Wahl vor dem Hintergrund der kommunalen Selbstverwaltung im Ermessen des Entsorgungspflichtigen stehen. Ermessensfehler seien nicht erkennbar.

10

Mit Bescheid vom 04.12.2009 lehnte der Beklagte die Genehmigung der Änderung des Abwasserbeseitigungskonzepts des Klägers ab und führte zur Begründung aus, der Ausschluss der Abwässer der Beigeladenen von der Abwasserbeseitigungspflicht des Klägers verstoße gegen geltendes Recht. Die kommunalen Körperschaften seien zur Abwasserbeseitigung vorrangig verpflichtet. Eine Überwälzung der Beseitigungspflicht auf private Nutzungsberechtigte komme nur in Ausnahmefällen in Betracht, denn diese böten nicht in gleichem Maße wie öffentlich-rechtliche Träger die Gewähr dafür, dass das anfallende Abwasser ordnungsgemäß gereinigt und entsorgt werde. Die Voraussetzungen für einen Ausschluss von der Beseitigungspflicht nach § 151 Abs. 5 Nr. 1 WG LSA a.F. lägen nicht vor. Zwar werde das Abwasser der Beigeladenen mit einer hohen organischen Schmutzfracht in die Kläranlage A-Stadt eingeleitet. Es erfolge jedoch eine Behandlung zusammen mit den kommunalen Abwässern, wenn auch nur in Teilen der Anlage. Die Mehrkosten bei der Reinigung der stark belasteten Gewerbeabwässer könnten nach dem Verursacherprinzip umgelegt oder durch Vorgaben nach § 151 Abs. 2 WG LSA a.F. ausgeschlossen werden. Auch nach der geplanten Vorreinigung in einer anaeroben Vorbehandlungsanlage werde im weiteren Reinigungsprozess sämtliches der Kläranlage zugeführtes Abwasser mit biologischen Behandlungsmethoden gemeinsam gereinigt und danach über eine gemeinsame Einleitstelle in die Vorflut Ohre eingeleitet. Hierfür existiere auch nur eine wasserrechtliche Erlaubnis. In A-Stadt sei von Anfang an eine gemeinsame Behandlung der kommunalen und gewerblichen Abwässer beabsichtigt gewesen. Auch zukünftig werde durch die auf der Kläranlage geplanten Maßnahmen keine gesonderte Behandlung der Abwässer der Beigeladenen erfolgen. Vor diesem Hintergrund wäre auch nach alter Rechtslage eine Freistellung des Klägers nicht möglich gewesen. Auch die Voraussetzungen für einen Ausschluss von der Beseitigungspflicht nach § 151 Abs. 5 Nr. 3 WG LSA a.F. lägen nicht vor. Finanzielle Gründe könnten nur dann zur Begründung der Freistellung herangezogen werden, wenn sie die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens ernsthaft beeinträchtigten und damit dessen Fortbestand gefährdeten. Das sei hier nicht der Fall, da es im Kern um die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs für die Behandlung der betrieblichen Abwässer gehe. Der Gesichtspunkt der Vorsteuerabzugsberechtigung könne für die spezifisch wasserrechtliche Frage des Ausschlusses von der Abwasserbeseitigungspflicht nicht von entscheidender Bedeutung sein.

11

Am 08.12.2009 wurde der Entsorgungsvertrag zwischen dem Kläger und der ... GmbH dahingehend abgeändert, dass die von der ... GmbH erbrachten Leistungen bezüglich der Abwasserentsorgung des industriellen Abwassers der Beigeladenen von der ... GmbH gegenüber der Beigeladenen im eigenen Namen und für eigene Rechnung abgerechnet werden. Eine befreiende Aufgabenübertragung auf die ... GmbH im Sinne einer Privatisierung der Aufgabe oder Beleihung sei damit nicht verbunden. Die Abwasserbeseitigung für das industrielle Abwasser der Beigeladenen bleibe eine pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe des Klägers. Zur öffentlichen Anlage des Klägers gehöre auch die Kläranlage A-Stadt.

12

Mit Schreiben vom 04.01.2010 legte der Kläger gegen den Bescheid des Beklagten vom 04.12.2009 Widerspruch ein. Zur Begründung wiederholte und vertiefte er die Argumentation aus dem Antrag vom 07.10.2009.

13

Mit Widerspruchsbescheid vom 03.11.2010 wies das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt den Widerspruch zurück. Die Voraussetzungen für einen Ausschluss von der Beseitigungspflicht lägen nicht vor. Das Abwasser der Beigeladenen könne ohne weiteres nach seiner Art und Menge zusammen mit den in Haushaltungen anfallenden Abwassermengen beseitigt werden. Eine gesonderte Behandlung der Abwässer der Beigeladenen sei auch in Zukunft nicht vorgesehen. Der Ausschluss von der Beseitigungspflicht sei nur für solche Fälle vorgesehen, in denen im Abwasser bestimmte Stoffe enthalten seien, die behandlungsbedürftig seien, aber in einer kommunalen Kläranlage nicht behandelt würden oder durch die Vermischung mit anderem Abwasser einer Behandlung nicht mehr oder nicht mehr so gut zugänglich seien (z.B. Schwermetalle). Wenn eine Behandlung solcher Stoffe in der Kläranlage nicht möglich sei, liege ein Ausschlussgrund vor. Das sei aber bei den gewerblichen Abwässern der Beigeladenen nicht so. Zwar weise Abwasser aus der Lebensmittelproduktion betriebsbedingt einen höheren CSB-Gehalt auf als kommunale Abwässer. In ihrem Schadstoffspektrum seien beide Abwässer jedoch nicht wesentlich verschieden, so dass eine gemeinsame Behandlung beider Abwässer möglich sei. Dies sei auch seit Inbetriebnahme der Kläranlage so gehandhabt worden. Die Errichtung einer anaeroben Vorbehandlung ändere daran nichts. Es lägen auch keine anderen Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses vor, die einen Ausschluss gebieten würden. Der Ausschluss des gewerblichen Abwassers der Beigeladenen aus der Abwasserbeseitigungspflicht des Klägers diene allein ihrem wirtschaftlichen Interesse. Der Kläger habe kein Ermessen, um eine preisgünstige Entsorgung für die Beigeladene zu ermöglichen. Es sei sachwidrig, das Abwasserbeseitigungskonzept nach den wirtschaftlichen Bedürfnissen und Interessen eines einzelnen Beitrags- und Gebührenzahlers auszurichten. Es seien auch keine Gründe erkennbar, weshalb das unternehmerische Interesse der Beigeladenen an niedrigen Abwasserkosten das öffentliche Interesse an einer funktionierenden und ordnungsgemäßen Abwasserbeseitigung überwiegen soll. Ein Ausschluss des Abwassers der Beigeladenen von der Beseitigungspflicht sei auch nicht geboten. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass der Kläger in dem Vertrag über den Verkauf der Geschäftsanteile der ... GmbH an die A. GmbH die Kaufpreiszahlung daran geknüpft habe, dass die Beigeladene zum Vorsteuerabzug für die Abwasserbeseitigung berechtigt sei. Damit habe sich der Kläger auf eine Bedingung eingelassen, die er nicht gewährleisten könne.

14

Am 03.12.2010 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Klage erhoben und zur Begründung die Argumente aus dem Antrag vom 07.10.2009 und dem Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft. Ergänzend hat er ausgeführt, wegen der Mehrbelastung der Beigeladenen in Höhe der Umsatzsteuer von 19 % sei der Standort in A-Stadt gefährdet. Zudem lägen die Voraussetzungen eines Ausschlusses aus der Beseitigungspflicht nach § 78 Abs. 6 Satz 2 des neuen Wassergesetzes vom 16. März 2011 vor.

15

Der Kläger hat beantragt,

16

den Bescheid des Beklagten vom 04.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 03.11.2010 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die am 07.10.2009 beantragte Änderung seines Abwasserbeseitigungskonzeptes zu genehmigen.

17

Der Beklagte hat beantragt,

18

die Klage abzuweisen.

19

Er hat den angefochtenen Bescheid sowie den Widerspruchsbescheid verteidigt und ergänzend ausgeführt, die Voraussetzungen des neuen § 78 Abs. 6 Satz 2 WG LSA lägen nicht vor. Diese Vorschrift sei eine Nachfolgeregelung zu § 151 Abs. 8 WG LSA (sog. Leuna-Paragraph), die auf Industrie- oder Gewerbegebiete verweise, die mit den Großflächen der früheren Kombinate vergleichbar seien.

20

Die Beigeladene hat den gleichen Antrag wie der Kläger gestellt.

21

Mit dem angefochtenen Urteil vom 06.06.2012 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf eine Genehmigung der am 31.08.2009 beschlossenen Änderung seines Abwasserbeseitigungskonzepts, denn dieses verstoße gegen Rechtsvorschriften. Der Ausschluss des Grundstücks der Beigeladenen aus der Beseitigungspflicht des Klägers sei unzulässig, da die Voraussetzungen des § 78 Abs. 6 WG LSA nicht vorlägen. § 78 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 WG LSA greife nicht ein, weil seit 17 Jahren die gemeinsame Abwasserbeseitigung stattfinde. Auch die Voraussetzungen des § 78 Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 WG LSA seien nicht gegeben, weil eine drohende Standortschließung kein wasserrechtliches öffentliches Interesse darstellen könne. Zudem enthalte der Vortrag insoweit keine hinreichende Substantiierung. Die bis 2008 praktizierte Rechnungslegung gegenüber der Beigeladenen mit der Möglichkeit des Vorsteuerabzugs könne nicht fortgesetzt werden, da diese rechtswidrig gewesen sei. Die Abwässer der Beigeladenen seien nicht aus der Abwasserbeseitigungspflicht des Klägers entlassen und damit gebührenfähig. Auf die vom Kläger gegenüber der Beigeladenen zu erbringende Leistung dürfe keine Umsatzsteuer erhoben werden. Der Anwendungsbereich des § 78 Abs. 6 Satz 2 WG LSA sei ebenfalls nicht eröffnet, denn die Kläranlage A-Stadt sei keine technisch selbständige Abwasserbeseitigungseinrichtung. Die Einleitmenge bestehe zu 60 % aus den industriellen Abwässern der Beigeladenen und im Übrigen aus den häuslichen Abwässern des Entsorgungsgebietes des Klägers. Das Abwasser weise daher auch nicht überwiegend gewerbliche oder industrielle Anteile auf.

22

Mit Schriftsatz vom 26.07.2012 hat der Kläger gegen das ihm am 04.07.2012 zugestellte Urteil die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 29.08.2012 begründet.

23

Zur Begründung trägt er vor: Die Änderung seines Abwasserbeseitigungskonzepts verstoße nicht gegen Rechtsvorschriften. Die Voraussetzungen des Ausschlusses aus der Beseitigungspflicht nach § 78 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 WG LSA lägen vor. Eine gemeinsame Beseitigung der Abwässer des Klägers und der Beigeladenen sei nicht möglich. Aufgrund seiner Beschaffenheit mit einer rund zehnfach höheren CSB-Konzentration als das kommunale Abwasser erfordere das Abwasser der Beigeladenen eine individuelle Vorbehandlung. Erst danach erfolge die gemeinsame Behandlung des vorgereinigten Abwassers der Beigeladenen mit dem kommunalen Abwasser in der Belebungsstufe der Kläranlage. Die Vorschrift erfasse zudem auch Fälle, in denen eine getrennte Beseitigung - wie hier - zweckmäßiger sei. Zudem sei der Ausschluss aus der Beseitigungspflicht auch gemäß § 78 Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 WG LSA wegen überwiegender öffentlicher Interessen geboten. Bei der Ermessensentscheidung über die inhaltliche Ausgestaltung eines Abwasserbeseitigungskonzepts sei der Gemeinde ein weites Ermessen eingeräumt. Hierbei sei die Begrenzung der Kosten für die Abwassererzeuger maßgeblich zu berücksichtigen. Bei den Abwasserkosten für die Beigeladene handele es sich um eine relevante Kostenposition eines großen privaten Arbeitgebers im Verbandsgebiet. Insofern sei auch aus wirtschaftspolitischen Gründen eine Lösung geboten, die bei vollständiger Wahrung der wasserrechtlichen Verpflichtungen eine preisgünstigere Entsorgung für die Beigeladene ermögliche. Dieses öffentliche wirtschaftspolitische Interesse überwiege auch das wasserrechtliche Interesse an der Abwasserbeseitigung durch ihn, da sich tatsächlich weder an der Methode noch an der Anlage der Abwasserentsorgung etwas ändere. Der Ausschluss sei auch geboten, da es keine bessere Alternative gebe. Der Ausschluss aus der Beseitigungspflicht und das Konzessionsmodell seien materiell gleichwertige Möglichkeiten. Das Verwaltungsgericht habe nicht ausreichend gewürdigt, dass die fehlende Vorsteuerabzugsfähigkeit der Beigeladenen negative wirtschaftliche und wasserrechtliche Auswirkungen habe. Eine Standortschließung würde nicht nur in der Region Arbeitsplätze vernichten und zu Steuerausfällen führen, sondern sich auch negativ auf die kommunale Wasserwirtschaft auswirken. Bei einer Standortschließung und dem damit verbundenen Wegfall der Einleitmengen der Beigeladenen wäre eine deutliche Gebührenerhöhung notwendig. Die gesonderte Beseitigung der Abwässer der Beigeladenen stelle auch keine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit dar. Eine derartige Praxis sei bis 2008 mit der Rechnungslegung der ... GmbH gegenüber der Beigeladenen geduldet worden und werde durch die derzeit geltende Konzessionslösung fortgeführt. Auch die Voraussetzungen des § 78 Abs. 6 Satz 2 WG LSA seien erfüllt. Das Abwasser der Beigeladenen weise vollständig gewerbliche oder industrielle Anteile auf, da es zu 100 % aus der Getränkeherstellung stamme. Das Abwasser werde auch in einem Gebiet über eine technisch selbständige Abwasserbeseitigungseinrichtung beseitigt. Die Kläranlage A-Stadt sei in diesem Sinne technisch selbständig, denn sie benötige zur ordnungsgemäßen Behandlung des Abwassers der Beigeladenen technisch nicht das kommunale Abwasser. Die Regelung gebe allen Gemeinden die Möglichkeit zum Ausschluss von industriellen Abwässern aus ihrer Beseitigungspflicht, die durch die industriellen oder gewerblichen Erzeuger ohne ihr Zutun in technisch selbständigen Anlagen beseitigt werden könnten. Zweck des Gesetzes sei der haftungsrechtliche und wirtschaftliche Schutz der Gemeinden vor Gefahren gewerblicher oder industrieller Abwässer. Die Übernahme des Abwassers der Beigeladenen in die gemeindliche Abwasseranlage sei auch nicht erforderlich.

24

Der Kläger beantragt,

25

das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 6. Juni 2012 – 9 A 23/11 MD – zu ändern und den Bescheid des Beklagten vom 04.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 03.11.2010 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die am 07.10.2009 beantragte Genehmigung der Änderung seines Abwasserbeseitigungskonzepts zu erteilen.

26

Der Beklagte beantragt,

27

die Berufung zurückzuweisen.

28

Zur Begründung trägt er vor: Die Voraussetzungen des § 78 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 WG LSA lägen nicht vor. In der Kläranlage A-Stadt würden die kommunalen Abwässer und die Abwässer der Beigeladenen gemeinsam behandelt. Beide Abwasserströme durchliefen nach ihrer Zusammenführung in einem Mischtank gemeinsam sämtliche Verfahrensstufen der Abwasserreinigung. Die Voraussetzungen des § 78 Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 WG LSA seien ebenfalls nicht erfüllt. Die Vorschrift erfasse allein wasserrechtliche öffentliche Interessen. Wollte man andere als wasserrechtliche Interessen für den Ausschluss von Abwasser aus der Beseitigungspflicht der Gemeinde genügen lassen, so wäre damit die gesetzgeberische Grundentscheidung für eine Abwasserbeseitigung durch die öffentlichen kommunalen Aufgabenträger unterlaufen, denn dann wäre die weit reichende Möglichkeit eröffnet, ganz unterschiedliche wasserrechtsfremde Gründe geltend zu machen und mit ihrer Hilfe Abwasser aus der Beseitigungspflicht des öffentlichen Aufgabenträgers herauszulösen. Der Gesetzgeber habe jedoch nur in eng begrenzten Ausnahmefällen den Ausschluss aus der gemeindlichen Abwasserentsorgung zulassen wollen. Auch die Voraussetzungen des § 78 Abs. 6 Satz 2 WG LSA seien nicht erfüllt. Die Regelung unterscheide zwischen gemeindlichen Abwasseranlagen und technisch selbständigen Abwasserbeseitigungseinrichtungen in einem Gebiet. Die Bestimmung setze daher zwei technisch voneinander unabhängige und in diesem Sinne selbständige Abwasserbeseitigungssysteme voraus. Die Kläranlage A-Stadt sei in diesem Sinne nicht selbständig. Der Kläger könne die Änderung seines Abwasserbeseitigungskonzepts auch deshalb nicht auf § 78 Abs. 6 Satz 2 WG LSA stützen, weil nach dieser Vorschrift eine Ermessensentscheidung erforderlich sei, an der es fehle.

29

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

30

Zur beabsichtigten Entscheidungsform sind die Beteiligten angehört worden.

31

Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens im Einzelnen wird auf die Schriftsätze in beiden Rechtszügen und auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

32

Über die Berufung kann durch Beschluss entschieden werden, da der Senat das Rechtsmittel einstimmig für unbegründet sowie eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 130a VwGO). Die Ausführungen des Klägers in seinem Schriftsatz vom 03.07.2014 geben dem Senat keinen Anlass, von einer Entscheidung durch Beschluss gemäß § 130a VwGO abzusehen.

33

I. Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

34

Der Bescheid des Beklagten vom 04.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 03.11.2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Genehmigung der am 31.08.2009 beschlossenen Änderung seines Abwasserbeseitigungskonzepts (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

35

Die Genehmigungsfähigkeit der vom Kläger beschlossenen Änderung seines Abwasserbeseitigungskonzepts ist anhand der Vorschriften des Wassergesetzes für das Land Sachsen-Anhalt (WG LSA) vom 16.03.2011 (GVBl. S. 492) in der Fassung des Gesetzes zur Änderung wasserrechtlicher Vorschriften vom 21. März 2013 (GVBl. S. 116) zu beurteilen, da für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt der Entscheidung des Senats maßgeblich ist. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass bei der Entscheidung über Verpflichtungsklagen grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz maßgeblich ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 17.06.2003 - BVerwG 4 B 14.03 -, Juris RdNr. 9). So liegt es mangels einer abweichenden materiell-rechtlichen Regelung auch hier, wobei an die Stelle der letzten mündlichen Verhandlung bei einer Entscheidung gemäß § 130a VwGO der Zeitpunkt der Beschlussfassung tritt.

36

Die am 31.08.2009 beschlossene Änderung des Abwasserbeseitigungskonzepts ist nicht genehmigungsfähig, da sie gegen Rechtsvorschriften verstößt. Nach § 79 Abs. 3 Satz 1 WG LSA bedarf das von den Gemeinden aufzustellende Schmutzwasserbeseitigungskonzept der Genehmigung durch die Wasserbehörde, die gemäß § 79 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 WG LSA zu versagen ist, wenn es gegen Rechtsvorschriften verstößt. So liegt es hier. Der Ausschluss von Abwasser aus der Beseitigungspflicht der Gemeinde ist nur unter den in § 79a Abs. 1 WG LSA genannten Voraussetzungen zulässig, die hier nicht vorliegen.

37

1. Die Voraussetzungen eines Ausschluss des Abwassers der Beigeladenen aus der Beseitigungspflicht des Klägers gemäß § 79a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WG LSA sind nicht gegeben. Nach dieser Vorschrift ist ein Ausschluss von Abwasser aus der Beseitigungspflicht vorzunehmen, wenn das Abwasser wegen seiner Art oder Menge nicht zusammen mit dem in Haushaltungen anfallenden Abwasser beseitigt werden kann und eine gesonderte Beseitigung des Abwassers das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt. Die Vorschrift hat die bislang in § 78 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 WG LSA enthaltene Regelung unverändert übernommen (vgl. Drs. 6/1423, S. 87) und stimmt in ihren Voraussetzungen mit der früheren Regelung des § 151 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 WG LSA a.F. in der Fassung des Gesetzes vom 15. April 2005 (GVBl. S. 208) überein. Grundlegende Voraussetzung eines Ausschlusses nach § 79a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WG LSA ist die fehlende Möglichkeit, das Abwasser in der kommunalen, für das in Haushaltungen anfallende Abwasser ausgelegten Kläranlage zu beseitigen mit der Folge, dass eine gesonderte Beseitigung des Abwassers außerhalb der Abwasserbeseitigungsanlage der Gemeinde erforderlich ist. Vor dem Hintergrund der vorrangigen Beseitigungspflicht der kommunalen Körperschaften gemäß § 78 Abs. 1 Satz 1 WG LSA kommt ein Ausschluss nach § 79a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WG LSA nur dann in Betracht, wenn die Möglichkeit einer gemeinsamen Beseitigung auch durch vorgeschaltete Maßnahmen im Sinne des § 78 Abs. 2 WG LSA, insbesondere durch eine Vorbehandlung, nicht geschaffen werden kann. Soweit das betreffende Abwasser nach einer Vorbehandlung im Sinne des § 78 Abs. 2 Nr. 2 WG LSA in der Kläranlage der Gemeinde zusammen mit dem kommunalen Abwasser behandelt werden kann, liegen die Voraussetzungen eines Ausschlusses nach § 79a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WG LSA nicht vor.

38

Nach diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen des § 79a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WG LSA hier ersichtlich nicht vor. Das Abwasser der Beigeladenen kann zusammen mit dem kommunalen Abwasser der Gemeinde A-Stadt beseitigt werden. Es wird auch tatsächlich seit Inbetriebnahme der Kläranlage A-Stadt im Jahr 1993 zusammen mit diesem in dieser Kläranlage beseitigt. Ohne Belang ist, dass das Abwasser der Beigeladenen zunächst über eine eigenständige Zuleitung in die Kläranlage gelangt und in einem gesonderten Speichertank vorbehandelt wird. Dies ändert nichts daran, dass das Abwasser nach dieser Vorbehandlung in einem Mischtank mit dem kommunalen Abwasser vermischt wird und anschließend alle weiteren Behandlungsstufen der Kläranlage, einschließlich der anaeroben Vorbehandlung, soweit diese realisiert wird, durchläuft. Von einer fehlenden Möglichkeit der gemeinsamen Beseitigung des Abwassers der Beigeladenen mit kommunalem Abwasser im Sinne des § 79a Abs. 1 Satz 1 WG LSA kann daher keine Rede sein. Der Einholung des vom Kläger zuletzt in seinem Schriftsatz vom 03.07.2014 beantragten Sachverständigengutachtens zu der Frage, ob die von der Beigeladenen in die Kläranlage A-Stadt eingeleiteten Industrieabwässer gemeinsam mit den getrennt hiervon in die Kläranlage eingeleiteten Abwässern aus Haushaltungen beseitigt werden können, bedarf es vor diesem Hintergrund nicht.

39

Zu Unrecht macht der Kläger unter Berufung auf die ursprüngliche Fassung des § 151 Abs. 5 WG LSA geltend, ein Ausschluss von der Beseitigungspflicht müsse auch dann möglich sein, wenn die gemeinsame Beseitigung zwar nicht unmöglich, eine getrennte Entsorgung aber zweckmäßiger sei. Nach § 151 Abs. 5 Satz 1 WG LSA in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. April 1998 (GVBl. S. 186) konnte die Wasserbehörde die Gemeinde auf ihren Antrag befristet und widerruflich ganz oder teilweise von der Pflicht zur Beseitigung von Abwasser aus gewerblichen Betrieben und anderen Anlagen freistellen und diese Pflicht auf den Inhaber des gewerblichen Betriebs und den Betreiber der Anlage übertragen, soweit Abwasser wegen seiner Art oder Menge zweckmäßigerweise von demjenigen beseitigt wird, bei dem es anfällt. Mit der Neufassung des § 151 Abs. 5 WG LSA durch das Gesetz vom 15. April 2005 ist die Möglichkeit einer Freistellung von der Beseitigungspflicht allein aus Zweckmäßigkeitsgründen weggefallen und stattdessen an konkrete Tatbestandsvoraussetzungen geknüpft worden (vgl. Drs. 4/1789, S. 94). Darüber hinaus setzte auch die Freistellung von der Beseitigungspflicht nach § 151 Abs. 5 Satz 1 WG LSA in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. April 1998 voraus, dass die Beseitigung des Abwassers statt von der Gemeinde von demjenigen, bei dem es anfällt, vorgenommen wird. Daher wäre im vorliegenden Fall auch unter den Voraussetzungen dieser Fassung des § 151 Abs. 5 WG LSA a.F. eine Freistellung von der Beseitigungspflicht nicht möglich, da nach den Vorstellungen des Klägers das Abwasser der Beigeladenen zwar aus seiner Beseitigungspflicht ausgeschlossen werden, die Beseitigung des Abwassers jedoch weiterhin unverändert durch ihn selbst in der zu seiner öffentlichen Einrichtung gehörenden Kläranlage A-Stadt erfolgen soll.

40

An der Zugehörigkeit der Kläranlage A-Stadt zur öffentlichen Einrichtung des Klägers bestehen keine Zweifel. Dies wird auch im 1. Nachtrag zum Entsorgungsvertrag vom 08.12.2009 zwischen der ... GmbH und dem Kläger unter § 1 Abs. 1 Satz 3 noch einmal bekräftigt. Auch bei der hier vorgenommenen Erteilung einer sog. Konzession an die ... GmbH betreibt der Dritte - hier: die ... GmbH - eine öffentliche Einrichtung der Gemeinde (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 06.09.2011 - 5 B 205/10 -, Juris RdNr. 51).

41

2. Das Abwasser der Beigeladenen kann auch nicht gemäß § 79a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WG LSA aus der Beseitigungspflicht des Klägers ausgeschlossen werden. Nach dieser Vorschrift ist ein Ausschluss aus der Beseitigungspflicht auch dann vorzunehmen, wenn dies aus anderen Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses geboten ist und eine gesonderte Beseitigung des Abwassers das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt. Diese Vorschrift hat die bislang in § 78 Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 WG LSA enthaltene Regelung unverändert übernommen und stimmt in ihren Voraussetzungen mit der früheren Regelung des § 151 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 WG LSA a.F. in der Fassung des Gesetzes vom 15. April 2005 überein. Wie sich aus dem Merkmal der „gesonderte(n) Beseitigung des Abwassers“ in § 79a Abs. 1 Satz 1 WG LSA sowie aus dem systematischen Zusammenhang mit der Regelung des § 79 Abs. 2 Nr. 3 WG LSA ergibt, setzt auch ein Ausschluss aus der Beseitigungspflicht nach § 79a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WG LSA wegen überwiegenden öffentlichen Interesses voraus, dass das betreffende (gewerbliche oder industrielle) Abwasser nicht durch die Abwasserbeseitigungsanlagen der Gemeinde, sondern gemäß § 79a Abs. 2 Satz 1 WG LSA durch denjenigen, bei dem das Abwasser anfällt, beseitigt wird.

42

Hiernach sind auch die Voraussetzungen des § 79a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WG LSA nicht gegeben. Dabei kann dahingestellt bleiben, aus welchen Gründen sich ein überwiegendes öffentliches Interesse im Sinne dieser Vorschrift im Allgemeinen ergeben kann und ob hierzu auch der Wunsch nach wirtschaftlichen Vergünstigungen für einen Großeinleiter zur Vermeidung einer Standortschließung gehört. Dies dürfte indessen sehr zweifelhaft sein, da das Gesetz mit der in § 79a WG LSA nur für Ausnahmefälle zugelassenen Durchbrechung der Abwasserbeseitigungspflicht der Gemeinden von der Erwägung ausgeht, dass die Wahrnehmung der Aufgabe unter der Verantwortung einer juristischen Person des öffentlichen Rechts in besonderer Weise Gewähr dafür bietet, dass das Abwasser schadlos und ohne das Wohl der Allgemeinheit zu beeinträchtigen beseitigt wird. Das gilt nicht nur deshalb, weil die Gemeinde als Träger öffentlicher Aufgaben eher in der Lage ist, zu übersehen, welchen Anforderungen sie nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik bei der schadlosen Abwasserbeseitigung zu genügen hat, sondern insbesondere deshalb, weil der den Wasserbehörden entstehende Überwachungsaufwand durch eine Verringerung der Zahl der Direkteinleiter auf das unabdingbare Maß gesenkt wird (vgl. OVG LSA, Urt. v. 04.11.2004 - 1 K 345/03 -, Juris RdNr. 41). Ein Ausschluss des Abwassers der Beigeladenen aus der Beseitigungspflicht gemäß § 79a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WG LSA kommt in vorliegenden Fall jedenfalls deshalb nicht in Betracht, weil eine gesonderte Beseitigung dieses Abwassers im Sinne dieser Vorschrift nicht vorgesehen ist. Wie bereits ausgeführt, soll nach den Vorstellungen des Klägers das Abwasser der Beigeladenen aus seiner Beseitigungspflicht ausgeschlossen, aber weiterhin unverändert durch ihn in der zu seiner öffentlichen Einrichtung gehörenden Kläranlage A-Stadt beseitigt werden. Diese Konstruktion ist mit § 79a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WG LSA nicht vereinbar.

43

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die abwasserbeseitigungspflichtige Körperschaft bei der Aufstellung eines Abwasserbeseitigungskonzepts ein regelmäßig als Planungsermessen bezeichneter Gestaltungsspielraum zukommt, der seine Grenze erst im Willkürverbot findet (vgl. OVG LSA, Urt. v. 28.10.2009 - 4 L 117/07 -, Juris RdNr. 26). Hierbei dürfte auch der Gesichtspunkt der Begrenzung der Kosten für die Abwassererzeuger zu berücksichtigen sein. Hieraus ergibt sich jedoch nichts für den Umfang der Befugnis zum Ausschluss von Abwasser aus der Beseitigungspflicht, denn dieser ist an die Tatbestandsvoraussetzungen des § 79a Abs. 1 WG LSA gebunden, die hier nicht vorliegen.

44

3. Schließlich liegen auch die Voraussetzungen für einen Ausschluss aus der Beseitigungspflicht nach § 79a Abs. 1 Satz 2 WG LSA nicht vor. Diese Vorschrift hat die bislang in § 78 Abs. 6 Satz 2 WG LSA enthaltene Regelung unverändert übernommen. In diese Vorschrift war aus systematischen Gründen die Regelung des § 151 Abs. 8 WG LSA a.F. in der Fassung des Gesetzes vom 15. April 2005 integriert worden, ohne dessen Regelungsinhalt zu ändern (vgl. Drs. 5/2875, S. 97). Nach § 79a Abs. 1 Satz 2 WG LSA ist ein Ausschluss aus der Beseitigungspflicht zulässig, wenn das Abwasser überwiegend gewerbliche oder industrielle Anteile aufweist, es in einem Gebiet über eine technisch selbstständige Einrichtung zur Abwasserbeseitigung beseitigt wird und die Übernahme des Abwassers in gemeindliche Abwasseranlagen nicht erforderlich ist. Diese Vorschrift setzt ebenso wie § 79a Abs. 1 Satz 1 WG LSA voraus, dass das aus der Beseitigungspflicht auszuschließende Abwasser gesondert beseitigt wird, also keiner gemeindlichen Abwasseranlage, sondern einer „technisch selbstständigen Einrichtung zur Abwasserbeseitigung“ zugeführt wird, die die „in einem Gebiet“ anfallenden Abwässer mit überwiegend gewerblichen oder industriellen Anteilen aufnimmt und - getrennt vom kommunalen Abwasser - beseitigt. Das ist hier nicht der Fall. Wie bereits ausgeführt, soll das Abwasser der Beigeladenen auch nach dem Ausschluss aus der Beseitigungspflicht der Kläranlage A-Stadt zugeführt werden. Bei dieser handelt es sich indessen gerade nicht um eine für einen Ausschluss nach § 79a Abs. 1 Satz 2 WG LSA erforderliche technisch selbstständige Einrichtung, sondern um eine gemeindliche Abwasseranlage.

45

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

46

III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

47

IV. Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.


Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Genehmigung einer Änderung des Abwasserbeseitigungskonzepts des Klägers. Der Kläger ist in seinem Gebiet Träger der Abwasserbeseitigungspflicht, die Beigeladene dortiger Großeinleiterin industrieller Abwässer.

2

Die Abwässer der Beigeladenen, die am Standort D-Stadt Getränke herstellt, werden seit Inbetriebnahme direkt in die errichtete Kläranlage der Entsorgungsgesellschaft „Neues Land“ (NL) eingeleitet. Anteilseigner der Entsorgungsgesellschaft sind zu 60 % der Kläger und zu 40 % die Beigeladene. Die im Jahre 1993 im Gewerbegebiet D-Stadt gemeinsam von der abwasserbeseitigungspflichtigen Gemeinde D-Stadt und der Firma N. GmbH – einer Rechtsvorgängerin der Beigeladenen – errichtete Kläranlage reinigt seitdem auch die kommunalen Abwässer des Klägers gemeinsam mit den betrieblichen Abwässern der Beigeladenen. Beide Abwasserarten sind insofern vergleichbar, als sie, wenn auch in unterschiedlich hoher Fracht im Wesentlichen mit organischen Schadstoffen belastet sind. Das Anteilsverhältnis der Einleitermenge in die Kläranlage D-Stadt liegt nach Angaben des Klägers bei ca. 60 % der Beigeladenen (ca. 194.000 m³/2010) und 40 % beim Kläger (ca. 120.000 m³/2010). Die Beigeladene beschäftigt ca. 300 Mitarbeiter und ist damit einer der größten Arbeitsgeber in der Region. Bis zum Ablauf des Jahres 2008 wurde die Entsorgung durch Rechnungslegung der Entsorgungsgesellschaft gegenüber der Beigeladenen abgerechnet, was der Beigeladenen den Vorsteuerabzug ermöglichte. Diese Abrechnungsmethode wurde in der Folgezeit geändert, so dass die Beigeladene seit 2009 einen Gebührenbescheid des Klägers erhält, auf den keine Umsatzsteuer ausgewiesen wird.

3

Der Kläger beschloss in seiner Verbandsversammlung am 31.03.2009 die Änderung des Abwasserbeseitigungskonzepts (ABK) vom 04.04.2007. Geändert wurde das ABK dahingehend, dass das Grundstück der Beigeladenen von der Beseitigungspflicht ausgeschlossen ist.

4

Mit Bescheid vom 04.12.2009 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers auf Genehmigung des geänderten Abwasserbeseitigungskonzeptes ab. Die vorrangige Verpflichtung kommunaler Körperschaften zur Abwasserbeseitigung sei vom Gesetzgeber bewusst gewollt. Der sich daraus ergebenden Verantwortung der Gemeinden für das Wohl der Allgemeinheit würde es nicht entsprechen, die Beseitigungspflicht generell auf private Nutzungsberechtigte zu übertragen. Eine Überwälzung der Abwasserbeseitigungspflicht auf sie könne nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen. Denn diese böten nach den Vorstellungen des Gesetzgebers nicht in gleichem Maße wie öffentlich-rechtliche Träger die Gewähr dafür, dass das anfallende Abwasser in vergleichbarer Weise gereinigt und entsorgt werde, wie von einem öffentlichen Träger. An das Vorliegen der Voraussetzungen, unter denen die Beseitigungspflicht auf Dritte übertragen werden könne, seien daher angesichts des Ausnahmecharakters der Übertragung strenge Anforderungen zu stellen. Ein Ausschluss von der Abwasserbeseitigungspflicht komme daher nur in Betracht, wenn die Voraussetzungen nach § 151 Abs. 5 Wassergesetz Sachsen-Anhalt (WG LSA [a. F.]) erfüllt seien; also wenn

5
1. das Abwasser wegen seiner Art oder Menge nicht zusammen mit den in Haushaltungen anfallenden Abwasser beseitigt werden könne,
6
2. eine Übernahme des Abwassers wegen technischer Schwierigkeiten, wegen des unverhältnismäßig hohen Aufwands oder aufgrund der Siedlungsstruktur nicht angezeigt oder
7
3. dies aus anderen Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses geboten sei
8

und eine gesonderte Beseitigung des Abwassers das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtige.

9

Die Voraussetzungen nach § 151 Abs. 5 Nr. 1 WG LSA seien nicht erfüllt. Diesbezüglich enthalte der Antrag bereits keine substantiierten Angaben. Die vom Kläger angeführten Mehrkosten bei der Reinigung der stark belasteten Gewerbeabwässer stellten keinen Hinderungsgrund im Sinne des Gesetzes zur gemeinsamen Abwasserbeseitigung dar. Auch für die von der Beigeladenen angeführte Zweckmäßigkeit der Abwasserbeseitigung durch sie selbst stelle keinen gesetzlichen Grund dar. Nach der vorgesehenen anaeroben Vorbehandlung der Gewerbeabwässer werde schon ein Teilstrom häuslicher Abwasser dem Prozess zugeführt und in den weiteren Reinigungsstufen erfolge die komplette gemeinsame Weiterbehandlung bis zur Ableitung in die Vorfluter. Auch zukünftig werde durch die auf der Kläranlage geplante Maßnahme keine gesonderte Behandlung der Abwässer der Beigeladenen erfolgen. Bereits aus den historischen Sachverhalten sei ersichtlich, dass die gemeinsame Behandlung der kommunalen und gewerblichen Abwässer eindeutig beabsichtigt und möglich sei.

10

Die Ausschlussmöglichkeit nach § 151 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 WG LSA (a. F.) sei ebenso nicht gegeben. Ein Ausschluss aus anderen Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses sei nicht ersichtlich. Mit der Formulierung „andere Gründe“ lasse der Gesetzgeber Spielräume. Dies könnten wirtschaftliche, umweltpolitische und ähnliche Gründe sein. Primär sei aber das wasserrechtliche Umweltschutzziel zu beachten, so dass die durch die Beigeladene geltend gemachten „finanziellen Gründe“ nur dann tragfähig seien, wenn sie besonders schwerwiegender Art seien, z. B. die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens ernsthaft beeinträchtigten und damit den Fortbestand des Unternehmens gefährdeten. Dies sei hier allein wegen des Erreichens der Vorsteuerabzugsberechtigung ersichtlich nicht der Fall.

11

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 03.11.2010 unter der vertieften Begründung des Ausgangsbescheides zurückgewiesen.

12

Mit der dagegen fristgerecht erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter und ist der Auffassung, dass die Voraussetzungen des § 151 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 und 3 WG LSA (a. F.) gegeben seien. Die in den Haushaltungen und bei der Beigeladenen anfallenden Abwässer könnten nicht zusammen beseitigt werden. Denn die Schmutzfracht der Abwässer der Beigeladenen sei deutlich über den üblichen Abwässern aus Haushaltungen. Die Historie der Klägeranlage habe gezeigt, dass die einst beschlossene gemeinsame Behandlung für alle Beteiligten den Nachteil sei und unnötig hohe Abwasserreinigungskosten zur Folge habe. Die Norm spreche nicht nur Fälle der absoluten Unmöglichkeit der gemeinsamen Beseitigung an, sondern auch solche, in denen eine getrennte Beseitigung zweckmäßiger sei.

13

Darüber hinaus seien die Voraussetzungen des § 151 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 WG LSA (a. F.) gegeben. Bei dem geforderten öffentlichen Interesse seien auch die wirtschaftlichen Überlegungen der Beigeladenen zu berücksichtigen. Die Formulierung „andere Gründe“ im Gesetz mache deutlich, dass nicht nur abwasserrechtliche Gründe von Bedeutung seien, sondern auch andere öffentliche Interessen wie die Standortentscheidung der Beigeladenen. Bei einer anderweitigen Standortentscheidung der Beigeladenen mit dem damit zusammenhängenden Wegfall der Einleitermengen folge, dass der Kläger sodann für bestimmte Mengen unabhängige Kostenarten wie z. B. Kapitaldienst(Zinsen/Tilgung), Abschreibungen, Versicherungen und Grundstückssteuer allein aufkommen müsse. Dies hätte eine deutliche Gebührenerhöhung zur Folge. Darüber hinaus sei die Beigeladene einer der größten Arbeitsgeber in der Region. Der Ausschluss der Abwässer der Beigeladenen aus der Beseitigungspflicht sei daher erforderlich, geeignet und geboten.

14

Die Voraussetzungen des § 151 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 WG LSA (a. F.) seien ebenfalls gegeben. Denn eine gesonderte Beseitigung des Abwassers der Beigeladenen beeinträchtige das Wohl der Allgemeinheit nicht.

15

Schließlich sei die Klage nach der Neuregelung des WG LSA vom 16.11.2011 begründet. Denn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 78 Abs. 6 Satz 2 WG LSA seien erfüllt.

16

Der Kläger beantragt,

17

den Bescheid vom 04.12.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.11.2010 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die am 07.10.2009 beantragte Änderung des Abwasserbeseitigungskonzeptes des Klägers zu genehmigen.

18

Der Beklagte beantragt,

19

die Klage abzuweisen

20

und verteidigt die Bescheide und die darin geäußerte Rechtsauffassung. Insbesondere macht er weitere Ausführungen zur Schadstofffracht der gemeinsamen Abwässer und dazu, dass die finanziellen Interessen der Beigeladenen (Vorsteuerabzug) in wasserrechtlicher Hinsicht nicht tragfähig seien. Die Aufgabe des Standortes D-Stadt durch die Beigeladene sei keine im Rahmen der wasserrechtlichen Genehmigung zu prüfende Rechtsfrage.

21

§ 78 Abs. 6 Satz 2 WG LSA sei vorliegend nicht anwendbar. Bei dieser Norm handele es sich um eine Nachfolgeregelung des § 151 Abs. 8 WG LSA (a. F.). Dieser sogenannte „Leuna-Paragraph“ sei geschaffen worden, um die Fälle der aus Zeiten der früheren DDR stammenden Großkombinate zu regeln. Diese vor allem im Bereich der Chemieproduktion tätigen Betriebe umfassten oftmals Flächen einer Kleinstadt, sodass sie über autarke Abwasserbeseitigungsanlagen verfügten. Den Nachfolgeunternehmen auf diesen Arealen sollte die Möglichkeit eingeräumt werden, ihr Abwasser selbst zu beseitigen. Denn wegen der anfallenden Abwassermengen und im Vergleich zu dem häuslichen Abwasser oft völlig anderen Zusammensetzung der industriellen Abwässer, seien die kommunalen Abwasserbeseitigungspflichten regelmäßig überfordert. Das Tatbestandsmerkmal „in einem Gebiet“ weise auf ein Industrie- und Gewerbe-“Gebiet“ bzw. einen Industrie- oder Gewerbe-Park, also eine Vergleichbarkeit mit den Großflächen der früheren Kombinate hin. Bei der Beigeladenen handele es sich hingegen um ein Einzelunternehmen und nicht um eine Gesamtheit von Unternehmen „in einem Gebiet“.

22

Die Beigeladene schließt sich dem Antrag und der rechtlichen Argumentation des Klägers an und weist auf die finanziellen Mehrbelastungen aufgrund des fehlenden Vorsteuerabzuges hin. Das „öffentliche Interesse“ im Sinne des § 151 Abs. 5 WG LSA (a. F.) sei aufgrund der von der Beigeladenen zu überdenkenden Standortfrage beachtlich.

23

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

24

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der streitbefangene Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Genehmigung der unter dem 31.08.2009 beschlossenen Änderung seines Abwasserbeseitigungskonzeptes mit dem Ziel der Entlassung des auf dem Grundstück der Beigeladenen anfallenden Abwassers aus der kommunalen Abwasserbeseitigungspflicht.

25

1.) Anwendbar ist vorliegend das Wassergesetz Sachsen-Anhalt (WG LSA) vom 16.03.2011. Denn jedenfalls im Rahmen einer Verpflichtungsklage (§ 42 VwGO), die auf Erlass eines nicht im Ermessen stehenden Verwaltungsaktes gerichtet ist, ist auf den Sach- und Streitstand und die rechtlichen Grundlagen zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Gerichts abzustellen.

26

a.) Nach § 78 Abs. 1 WG LSA; § 151 Abs. 1 WG LSA (a. F.) sind die Gemeinden für das gesamte, auf ihrem Gebiet anfallende Abwasser beseitigungspflichtig, soweit nach dem Gesetz nicht andere dazu verpflichtet sind. Dazu stellen die Gemeinden ein Abwasserbeseitigungskonzept auf (78 Abs. 4 WG LSA; § 151 Abs. 4 WG LSA [a. F.]). Das Abwasserbeseitigungskonzept bedarf der Genehmigung durch die Wasserbehörde (§ 78 Abs. 5 Satz 1 WG LSA; § 151 Abs. 4 Satz 3 WG LSA [a. F.]), welche u. a. nur versagt werden darf, wenn das Abwasserbeseitigungskonzept gegen Rechtsvorschriften verstößt (§ 78 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 WG LSA; § 151 Abs. 4 Satz 4 WG LSA [a. F.]). Demnach ist im Umkehrschluss die beantragte Genehmigung der Änderung des vorhandenen und genehmigten Abwasserbeseitigungskonzeptes, welches die Abwasserbeseitigung der Abwässer der Beigeladenen gerade einschließt, rechtlich nur zulässig, wenn die (Neu-)Genehmigung des veränderten Abwasserbeseitigungskonzeptes mit dem Ausschuss der Abwässer der Beigeladenen, zulässig ist. Dies ist deshalb im Rahmen der Genehmigung eines Abwasserbeseitigungskonzeptes zu prüfen, weil dasselbe nach § 78 Abs. 4 Satz 2 Ziffer 5 WG LSA Tatsachen zu enthalten hat, die das Vorliegen eines Ausschlussgrundes nach Absatz 6 belegen, sofern die Übernahme des Abwassers deshalb ausgeschlossen werden soll. Ein Abwasserbeseitigungskonzept, welches Abwasser entgegen § 78 Abs. 6 WG LSA von der Übernahme ausschließt, verstößt gegen Rechtsvorschriften, was seiner Genehmigung entgegensteht (§ 78 Abs. 5 Satz 2 Ziffer 1 WG LSA).

27

b.) Diese Genehmigungsvoraussetzungen nach § 78 Abs. 5 WG LSA; § 151 Abs. 4 WG LSA (a. F.) liegen nicht vor. Das geänderte Abwasserbeseitigungskonzept des Klägers verstößt gegen Rechtsvorschriften (§ 78 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 WG LSA; § 151 Abs. 4 Satz 4 WG LSA [a. F.]). Denn der Ausschluss aus der gemeindlichen Abwasserbeseitigungspflicht ist nur zulässig, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen nach 78 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 bis 3 WG LSA; § 151 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 3 WG (a. F.) vorliegen. Dies ist nicht der Fall.

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a. a.) § 78 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 WG LSA; § 151 Abs. 5 Satz 1 Satz 1 Nr. 1 WG LSA [a. F.] (unterschiedliche Art oder Mängel der Abwässer) greift bereits deshalb nicht, weil seit 17 Jahren die gemeinsame Abwasserbeseitigung stattfindet. Die Ausführungen des Klägers, dass sich dies in der Vergangenheit nicht bewährt und zu unverhältnismäßig hohen Kosten geführt habe, sind nicht nachvollziehbar. Das Gericht schließt sich dazu den zutreffenden Ausführungen in den streitbefangenen Bescheiden an und darf darauf verweisen (§ 117 Abs. 5 VwGO). Die dortigen Angaben zur Schmutzwasserfracht sind zugrunde zu legen.

29

b. b.) Ebenso liegen die von dem Kläger und der Beigeladenen geltend gemachten Gründe nach § 78 Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 WG LSA; § 151 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 WG LSA [a. F] (aus anderen Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses geboten) nicht vor. Kläger und Beigeladene drohen diesbezüglich mit dem Verlust der regionalen Arbeitsplätze bei der Beigeladenen durch eine Standortschließung. Dies kann bereits kein wasserrechtliches „öffentliches Interesse“ darstellen. Allein dieses ist jedoch maßgeblich, was sich sowohl aus der Normierung dieser Anforderungen im Wasserrecht als auch aus seiner Einbindung im Rahmen spezieller wasserrechtlicher Gründe (Ziffern 1 und 2) quasi als Auffangvorschrift im Sinne eines „anderen wasserrechtlichen“ Grundes ergibt. Auch soweit man sich überhaupt darauf einlassen würde, beinhaltet der Vortrag keine hinreichende Substantiierung. Denn zum einen handelt es sich um bloße Absichtserklärungen - ja Drohungen - und zum anderen müsste die Beigeladene auch an einem anderen Standort die gesetzliche Umsatzsteuer entrichten. Denn das Interesse der Beigeladenen am Ausschluss von der kommunalen Abwasserbeseitigungspflicht liegt allein im finanziellen Vorteil durch den Vorsteuerabzug. Dass dadurch die Wirtschaftlichkeit der Beigeladenen derart infrage gestellt ist, dass es zu einer Standortschließung kommt, ist vollkommen ungewiss und mag letztendlich einer unternehmerischen Entscheidung vorbehalten bleiben. Jedenfalls – und das ist rechtlich entscheidend – handelt es sich nicht um ein unter dem Regime des Wasserrechts zu berücksichtigendes „Interesse“ und schon gar nicht um ein „öffentliches“, welches dazu noch „überwiegend“ sein muss, sodass der Ausschluss der Abwasserbeseitigungspflicht „geboten“ ist. Bereits die Verwendung dieser Fülle von unbestimmten Rechtsbegriffen verdeutlicht, dass der Gesetzgeber nur in ganz eng begrenzten Ausnahmefällen den Ausschluss der gesetzlich vorgeschriebenen gemeindlichen Abwasserentsorgung zulassen wollte. Allein das Tatbestandsmerkmals „geboten“ in der Regelung, intendiert nahezu eine Aufdrängung in dem Sinne, dass jede andere Entscheidung unvertretbar wäre, zumal dann als genereller Grund noch zu verlangen wäre, dass die „gesonderte Beseitigung des Abwassers, das Wohl der Allgemeinheit nicht beinträchtigen“ darf (§ 78 Abs. 6 Satz 1 letzter HS WG LSA; § 151 Abs. 5 Satz 1 letzter HS WG LSA [a. F.]). Das Gericht folgt daher auch hier den zutreffenden Ausführungen des Beklagten in den streitbefangenen Bescheiden und darf darauf verweisen (§ 117 Abs. 5 VwGO). Zu Recht beschränkt der Beklagte die Entlassung aus der gemeindlichen Abwasserbeseitigungspflicht auf eng begrenzte Ausnahmefälle, die hier nicht vorliegen (vgl. dazu: OVG Schleswig-Holstein, Urteil v. 24.02.1999, 2 L 68/97; juris).

30

Soweit sich der Beigeladene mit dem Kläger darauf beruft, es gelte, den in der Vergangenheit geschaffenen tatsächlichen Umständen nunmehr auch rechtlich Rechnung zu tragen, zumal bis 2008 gerade deshalb eine Rechnungslegung und eine damit verbundene Möglichkeit des Vorsteuerabzugs aufgrund der Direkteinleitung und des seinerzeitigen Engagements der Beigeladenen im Zusammenhang mit der Errichtung der Kläranlage D-Stadt Beachtung gefunden hat, so führt dies nicht weiter. Denn dieser Zustand war rechtswidrig, da die Abwässer der Beigeladenen nicht aus der Abwasserbeseitigungspflicht des Klägers entlassen waren, was ihre Gebührenfähigkeit begründet. Zwar mag es sich bei der durch die (private) Entsorgungsgesellschaft für den Kläger zu erbringende Abwasserbehandlung um eine umsatzsteuerpflichtige Leistung handeln, die dem Einleiterentgelt zugrunde gelegt werden darf. Die von dem Kläger auch gegenüber der Beigeladenen zu erbringende Leistung ist jedoch lediglich eine solche im gebührenrechtlichen und nicht im umsatzsteuerrechtlichen Sinne; Umsatzsteuer darf darauf nicht erhoben werden (vgl. BFH, Urt. v. 08.01.1998, V R 32/97, juris).

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c.) Der Klage verhilft auch die Neuregelung in § 78 Abs. 6 Satz 2 WG LSA nicht zum Erfolg. Danach kann die Gemeinde auf der Grundlage ihres genehmigten Abwasserbeseitigungskonzeptes durch Satzung auch Abwasser aus ihrer Beseitigungspflicht ganz oder teilweise ausschließen, wenn das Abwasser überwiegend gewerbliche oder industrielle Anteile aufweist, es in einem Gebiet über eine technisch selbständige Abwasserbeseitigungseinrichtung beseitigt wird und die Übernahme des Abwassers in gemeindliche Abwasseranlagen nicht erforderlich ist.

32

Der Anwendungsbereich der Norm ist vorliegend nicht eröffnet. Denn die tatbestandlichen Voraussetzungen, dass das Abwasser „in einem Gebiet über eine technisch selbständige Abwasserbeseitigungseinrichtung beseitigt wird“, liegen nicht vor. Der Gesetzesbegründung ist hierzu zwar nichts zu entnehmen (vgl. LT-Drs. 5/2875). Mit dem Beklagten geht das Gericht aufgrund des Wortlautes der Vorschrift jedoch davon aus, das diese Voraussetzung auf ein Industrie- und/oder Gewerbe “Gebiet“ bzw. eine Industrie-/Gewerbe-Park verweist, welche mit den Großflächen der frühren vorwiegend im Bereich der Chemieproduktion tätigen Kombinate vergleichbar sind (sog. Leuna-Paragraph). Diese Regelung war erforderlich, weil nach der Übertragung der Abwasserbeseitigungspflicht auf Dritte auf der Grundlage der Vorgängervorschriften des WG LSA dieser Rechtszustand zwar fortdauerte, für dessen Berücksichtigung im Rahmen der Abwasserbeseitigungskonzepte jedoch keine normative Regelung vorhanden war. Wegen der dort anfallenden industriellen Abwassermengen, die sich auch hinsichtlich der Zusammensetzung von dem häuslichen Abwasser maßgeblich unterscheiden, ist der kommunale Aufgabenträger regelmäßig überfordert. Hinzu kommen muss die autarke „technisch selbständige Abwasserbeseitigungseinrichtung“ in diesem Gebiet. Dies ist in Bezug auf die Abwässer der Beigeladenen nicht der Fall. Mag die Kläranlage D-Stadt auch auf dem Grundstück der Beigeladenen errichtet sein, so stellt die Beigeladene dort den einzigen Gewerbebetrieb und die Anlage ist in diesem Sinne nicht autark. Sie stellt keine „technisch selbständige Abwasserbeseitigungseinrichtung“ im Sinne einer von der Norm ebenfalls verlangten Gebietsbezogenheit dar. Denn neben der ca. 60%igen Einleitermenge der industriellen Abwässer der Beigeladenen, fließen 40 % der häuslichen Abwässer des Entsorgungsgebietes des Klägers in die Kläranlage D-Stadt. Bei einem derartigen Größenverhältnis der Einleitermengen kann man weder von einer „technisch selbständigen Abwasserbeseitigungseinrichtung“ noch davon sprechen, dass das Abwasser überwiegend gewerbliche oder industrielle Anteile aufweist. Vielmehr ist die Abwasserbeseitigungseinrichtung in das Abwasserbeseitigungsgebiet des Klägers eingebunden und dient damit maßgeblich auch der Abwasserbeseitigung der häuslichen Abwässer.

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2.) Da die Auslegung der Neuregelung des § 78 Abs. 6 Satz 2 WG LSA im Sinne einer Rechtseinheit einer Klärung bedarf, hat die Kammer die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache angenommen und die Berufung zugelassen (§§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 124 a Abs.1 Nr. 1 VwGO).

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3.) Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Beigeladene war nach § 154 Abs. 3 VwGO mit in die Kostenpflicht zu nehmen. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Streitwertfestsetzung erfolgt nach § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. d. Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit und nach Anhörung der Beteiligten in Höhe der vorläufigen Festsetzung.


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.