Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 06. Juli 2010 - 2 O 52/10
Gericht
Gründe
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Die gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 und 3 GKG zulässige Beschwerde des Klägers ist teilweise begründet.
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Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Streitwertfestsetzung zwar nicht schon deshalb zu beanstanden, weil das Verwaltungsgericht bereits im Beschluss vom 21.07.2008 den Streitwert vorläufig in anderer Höhe festgesetzt hatte. Die vorläufige Streitwertfestsetzung nach § 63 Abs. 1 Satz 1 GKG dient der Bestimmung der vom Kläger als Vorschuss zu leistenden Gerichtsgebühren. Sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht, setzt das Gericht den Gebührenstreitwert endgültig von Amts wegen fest (§ 63 Abs. 2 Satz 1 GKG). Dabei ist es nicht an die vorläufige Streitwertfestsetzung gebunden (vgl. OVG NW, Beschl. v. 06.08.2009 – 1 E 727/09 – Juris; BayVGH, Beschl. v. 06.03.2009 – 20 C 09.376 –, Juris).
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Die Streitwertfestsetzung ist aber im tenorierten Umfang herabzusetzen.
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Nach § 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert grundsätzlich nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bei Nachbarklagen ist die Höhe des Streitwertes abhängig von den Rechtsgütern, die der Kläger schützen möchte, und von der Art der Beeinträchtigungen, gegen die er sich wehrt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 09.08.1990 – 4 B 95/90 –, DÖV 1990, 1062). Zur Bestimmung dieses Interesses folgt auch der Senat der Empfehlung im Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327). Dieser sieht in Nr. 9.7.1 bei baurechtlichen Klagen eines Nachbarn als Streitwert einen Betrag von 7.500,00 €, mindestens aber den Betrag einer Grundstückswertminderung vor.
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Wie die Vorinstanz richtig entschieden hat, kann bei der Streitwertfestsetzung aber nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Kläger seine Klage, mit der er ursprünglich nur die Beseitigung des Wintergartens des Beigeladenen begehrt hatte, mit Schriftsatz vom 29.12.2008 dahingehend erweitert hat, dass die Beklagte auch dazu verpflichtet werden sollte, dem Beigeladenen die Nutzung seiner Garage zu untersagen und ihm die teilweise Beseitigung einer Aufschüttung aufzugeben. Gemäß § 39 Abs. 1 GKG werden in demselben Verfahren und in demselben Rechtszug die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist. Die Zusammenrechnung nach § 39 Abs. 1 GKG unterbleibt zwar, wenn die vorliegenden Anträge keine selbständige Bedeutung haben, sondern das gleiche Interesse betreffen und somit von einer ideellen Identität auszugehen ist; oder wenn ein wirtschaftlich identischer Streitgegenstand vorliegt (OVG LSA, Beschl. v. 30.04.2010 – 4 O 69/10 –, Juris, m. w. Nachw.). Das ist hier aber nicht der Fall. Gegenstand des Beseitigungs- bzw. Untersagungsverlangens sind unterschiedliche bauliche Anlagen. Durch jede einzelne von ihnen sieht sich der Kläger beeinträchtigt.
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Die Erhöhung des Streitwerts darf allerdings nicht dergestalt erfolgen, dass für jede Anlage der oben genannte Streitwert von 7.500,00 € angesetzt wird und die Werte dann zusammengerechnet werden. Eine solche pauschale Vervielfachung des Streitwerts nach der Zahl der vom Nachbarn angegriffenen baulichen Anlagen kann im Einzelfall zu einer der Bedeutung des Abwehrinteresses nicht gerecht werdenden Erhöhung führen (vgl. HessVGH, Beschl. v. 17.11.1987 – 3 TG 3125/87 –, Juris). Dem entsprechend hat auch das Verwaltungsgericht den Wert von 7.500,00 € nicht verdreifacht. Da sich der Kläger hauptsächlich gegen den Wintergarten wendet und die Nutzung der neuen Garage sowie die Aufschüttung nach seinem Vortrag (mittelbare) Folgen der Errichtung des Wintergartens sind, hält der Senat allerdings eine Erhöhung des Streitwerts um insgesamt (nur) 2.500,00 € für angemessen.
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Der Senat sieht davon ab, eine nach Verfahrensabschnitten gestufte Streitwertfestsetzung vorzunehmen. Im Fall der Klageerweiterung ist zwar der Streitwert für den Zeitraum vor und nach der Klageerweiterung festzusetzen, wenn in den Zeitabschnitten voneinander verschiedene Gebühren (z. B. Verfahrens- und Terminsgebühr nach Nr. 3100, 3104 VV-RVG) angefallen sind (vgl. Schneider/Herget, Streitwert-Kommentar, 12. Aufl., RdNr. 3116). Dies ist hier aber nicht der Fall. Da keiner der Verfahrensbeteiligten anwaltlich vertreten war, ist nur eine 3,0-Gerichtsgebühr für das Verfahren im Allgemeinen nach Nr. 5110 KV-GKG angefallen. Eine Urteilsgebühr entsteht nicht mehr. Eine Verfahrensgebühr entsteht grundsätzlich mit der unbedingten Einreichung der Klage bei Gericht (Hartmann, Kostengesetze, 309. Aufl., KV 1210, RdNr. 13). Sie entsteht ferner, soweit der Kläger die Klage durch einen mündlichen Vortrag oder durch die Einreichung eines Schriftsatzes erweitert (Hartmann, a. a. O., RdNr. 14, 25). In letzterem Fall ist der im Sinne des § 40 GKG maßgebliche Zeitpunkt für die Wertberechnung der Tag des Eingangs des Klageerweiterungsschriftsatzes (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.01.2009 – 24 W 87/08 –, AGS 2009, 127). Mithin ist hier allein der alle Streitgegenstände umfassende Streitwert von 10.000,00 € maßgeblich und festzusetzen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 68 Abs. 3 GKG.
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(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.
(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.
(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.
(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
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vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
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die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung maßgebend, die den Rechtszug einleitet.
(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.
(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.