Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 02. Feb. 2009 - 2 B 439/08

published on 02/02/2009 00:00
Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 02. Feb. 2009 - 2 B 439/08
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Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 30.10.2008 – 5 L 804/08 – abgeändert und die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen die unter dem 20.6.2008 für sofort vollziehbar erklärte Nutzungsuntersagung im Bescheid des Antragsgegners vom 15.5.2008 wieder hergestellt.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.800,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller wenden sich gegen ein mit Sofortvollzugsanordnung versehenes Verbot des Antragsgegners einer Pferdehaltung auf ihrem Grundstück Parzelle Nr. .../1 in Flur 9 der Gemarkung B in einem älteren, hinter dem straßennah errichteten Wohnhaus (Anwesen A-Straße) befindlichen Gebäude. Das Grundstück liegt in Ortslage und nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans.

Im Anschluss an eine durch Nachbarbeschwerden veranlasste Baukontrolle im September 2006 forderte der Antragsgegner die Antragsteller wiederholt, zuletzt im Januar 2007 förmlich, zur Einreichung eines Bau- und Befreiungsantrags für dieses und zwei weitere im rückwärtigen Grundstücksbereich festgestellte Gebäude auf. Ein Widerspruch der Antragsteller, die unter anderem eine Errichtung des beim Kauf des Grundstücks durch sie vorhandenen und von ihnen lediglich instand gesetzten „Stalls“ bereits im Jahre 1937 geltend gemacht hatten, wurde im November 2007 unter Verweis auf die Genehmigungsbedürftigkeit der Anlagen zurückgewiesen. (vgl. den Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses vom 27.11.2007 – KRA 6484-42/07 –)

Im April 2008 reichten die Antragsteller einen Bauantrag für die drei Gebäude ein. In den Plänen wurde das hier streitgegenständliche 5 m x 6,28 m große Gebäude als „Schuppen“ bezeichnet und hinsichtlich der beabsichtigten Nutzung „Zimmer“ angegeben.

Mit Bescheid vom 15.5.2008 untersagte der Antragsgegner den Antragstellern die Nutzung dieses Gebäudes als Pferdestall binnen eines Monats und drohte ihnen für den Fall der Nichtbefolgung ein Zwangsgeld von je 500,- EUR an. Zur Begründung ist ausgeführt, die Antragsteller seien bereits in einem früheren Verfahren auf die „voraussichtliche“ Unzulässigkeit der Pferdehaltung auf dem Grundstück hingewiesen worden. Dennoch werde das Gebäude, wie eine Baukontrolle vom 13.5.2008 ergeben habe, weiterhin entsprechend genutzt. Die nähere Umgebung sei unzweifelhaft als allgemeines Wohngebiet im Sinne des § 4 BauNVO einzustufen Hier sei eine Pferdehaltung grundsätzlich unzulässig und daher „erst gar nicht genehmigungsfähig“. Aus diesem Grund habe die Kreisstadt St. Wendel zu einer entsprechenden Bauvoranfrage der Voreigentümerin das Einvernehmen versagt. Auch das Landesamt für Umwelt- und Arbeitsschutz habe wegen Belästigungen für Anwohner erhebliche Bedenken geäußert.

Mit Eingang am 9.6.2008 erhoben die Antragsteller Widerspruch und „erweiterten“ den eingereichten Bauantrag dahingehend, dass eine Nutzung des Gebäudes als Pferdestall „beantragt“ werde.

Nach einer erneuten Beschwerde aus der Nachbarschaft ordnete der Antragsgegner unter dem 20.6.2008 die sofortige Vollziehbarkeit des Nutzungsverbots an. In der Begründung heißt es, die Pferdehaltung im hinteren Grundstücksteil sei bereits 2001 Gegenstand eines bauaufsichtlichen Verfahrens gewesen. Seinerzeit hätten weder die Kreisstadt St. Wendel noch die Fachbehörde für Immissionsschutz zugestimmt. Letztere habe auf erhebliche Belästigungen für die teilweise nur 10 m bis 20 m entfernten Wohnanwesen hingewiesen. Gleiches treffe auf die Haltung von Pferden durch die Antragsteller zu. Die schädlichen Immissionen seien den Anwohnern nicht weiter zuzumuten. Demgegenüber entstünden den Antragstellern keine „unwiderruflichen Nachteile“. Die Pferde könnten „sonstwo“ untergebracht und bei einem Erfolg des Rechtsbehelfs ohne größeren Aufwand zurückgebracht werden.

Mit dem im August 2008 gestellten Aussetzungsantrag haben die Antragsteller unter Darlegung von Nutzungen der Grundstücke vor allem an der Z. Straße im Wesentlichen geltend gemacht, der Umgebungscharakter entspreche einem Dorfgebiet, in dem die Pferdehaltung zulässig sei. Hinter den Anwesen Nr. 32 und Nr. 36 würden ebenfalls Pferde gehalten. Mehrere baufreie Grundstücke in der Straße dienten heute noch landwirtschaftlichen Zwecken. In ganz B würden bei ca. 2.500 Einwohnern etwa 150 Pferde gehalten, unter anderem auch in dem 200 m von ihrem Grundstück entfernten Anwesen N Straße 52. Dort (Nr. 5) befinde sich ferner ein landwirtschaftlicher Betrieb. Das eigene Anwesen habe als sog. „Grubenbauernhaus“ wie umliegende Grundstücke auch einer landwirtschaftlichen Nutzung gedient und genieße insoweit Bestandsschutz. Das gelte auch für die Benutzung des im Streit befangenen, 1937 errichteten Gebäudes als Pferdestall. Nach Angaben des Herrn J, der auf dem Anwesen zwischen 1937 und 1958 gewohnt habe, seien in dieser Zeit dort Pferde gehalten worden. Nach dessen Auszug habe sein Vater dort bis in die 1970er Jahren Pferde gehalten. Anschließend habe der Enkel, Herr S, bis in die 1990er Jahre die Pferdehaltung fortgesetzt. Damals seien zunächst Rückepferde und anschließend Kutschpferde gehalten worden und zwar bis zum Verkauf des Anwesens an die Eheleute K. Von 2000 bis 2004 habe dann Frau K die Pferdehaltung in dem im Streit befangenen Stall fortgesetzt, bevor sie – die Antragsteller – das Grundstück erworben hätten. Vor diesem Hintergrund sei auch die nachträgliche Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit des Verbots durch den Antragsgegner, der auf eine Anhörung verzichtet habe und sich seit zwei Jahren mit der Sache befasse, nicht nachzuvollziehen. Die jahrzehntelange Haltung von Pferden könnten auch die Eheleute A bezeugen. Sie und weitere Nachbarn bestätigten ferner, dass von ihren Pferden keine Belästigungen ausgingen. Die Tiere seien ohnehin tagsüber auf der ihrem Anwesen gegenüberliegenden Koppel. Belästigt fühle sich nur der Anzeiger R, dessen Beschwerden persönliche Gründe hätten. Nach einer gemeinsamen Begehung mit Mitarbeitern des Landesamts für Umwelt- und Arbeitsschutz habe auch dieses in einer Stellungnahme vom 24.7.2008 keine grundsätzlichen Bedenken geäußert. Die in dem Schreiben enthaltenen Auflagen könnten problemlos eingehalten werden. Eine Beeinträchtigung des konkret Beschwerde führenden Nachbarn sei ausgeschlossen worden. Zum Beleg ihrer Angaben haben die Antragsteller Ablichtungen schriftlicher Erklärungen des Herrn J und der Nachbarn T, A sowie S zur Akte gereicht.

Der Antragsgegner hat darauf verwiesen, dass bereits die formelle Illegalität der Nutzung deren Untersagung rechtfertige. Die Genehmigungsbedürftigkeit der Pferdehaltung ergebe sich aus dem bestandskräftigen Widerspruchsbescheid vom November 2007. Sie sei auch nicht genehmigungsfähig. Die Umgebung könne nicht als Dorfgebiet eingestuft werden. In ihr fänden sich keine landwirtschaftlichen Betriebe. Die von den Antragstellern reklamierten Pferdehaltungen auf den Anwesen Nr. 32, Nr. 36 und Nr. 38 seien keine landwirtschaftlich privilegierten Nutzungen. Die Grundstücke lägen auch auf der anderen Straßenseite mit „Blickrichtung zum Außenbereich“. Bestandschutz könne der Pferdehaltung der Antragsteller nicht zugebilligt werden. Den Anwohnern im Wohngebiet stehe gegen die Nutzung baurechtlicher Drittschutz zu. Die Anordnung des Sofortvollzugs sei stichhaltig begründet.

Der Antragsgegner hat eine Bauakte vorgelegt, wonach einem Herrn J im Mai 1950 die Errichtung eines „Holzschuppens (Heuschober)“ 5 m hinter dem im Lageplan als Bestand verzeichneten Wohngebäude auf der linken Grenze zum Nachbarn genehmigt worden ist. (vgl. hierzu den Bauschein Nr. 541/50 mit Befreiungsbeschluss vom 19.5.1950) Weitere Unterlagen zu dem Anwesen seien nicht vorhanden.

Das Verwaltungsgericht hat den Aussetzungsantrag mit Beschluss vom 30.10.2008 zurückgewiesen. In der Begründung heißt es, der Antragsgegner habe seine Verfügung tragend darauf gestützt, dass die Nutzung der Baulichkeit als Pferdestall „voraussichtlich baurechtlich nicht zulässig“ sei. Nach ständiger Rechtsprechung der saarländischen Verwaltungsgerichte rechtfertige bereits die ohne erforderliche Baugenehmigung aufgenommene Nutzung die Untersagung, sofern diese Nutzung nicht Bestandsschutz genieße oder offensichtlich genehmigungsfähig sei. Eine förmliche Genehmigung gebe es nicht. Eine offensichtliche Genehmigungsfähigkeit liege nicht vor. Die von den Antragstellern angeführte landwirtschaftliche Nutzung der Baulücken in der Straße rechtfertige nicht die Annahme eines Dorfgebiets. Der landwirtschaftliche Betrieb in der N Straße gehöre aller Voraussicht nach nicht mehr zur maßgeblichen Umgebungsbebauung. Bei den behaupteten Pferdehaltungen auf der Südseite der Z. Straße spreche vieles dafür, dass diese im Außenbereich stattfänden. Die aktuelle Pferdehaltung der Antragsteller sei nicht prägend für den Gebietscharakter. Diese könnten sich aller Voraussicht nach auch nicht auf Bestandsschutz berufen. „Nichts aber auch gar nichts“ spreche für die Annahme, dass sich die zuständigen Behörden mit der von den Antragstellern behaupteten jahrzehntelangen Tierhaltung abgefunden hätten. Die behauptete Pferdehaltung seit 1937 werde durch den Bauschein aus dem Jahre 1950 „eindeutig widerlegt“. Der damals genehmigte Holzschuppen sei offenkundig ein völlig anderes Bauwerk als der streitige massive Pferdestall mit teilweise identischem Standort. Pferdehaltung sei damals offenkundig nicht mit bauaufsichtlicher Billigung erfolgt, da es sonst keinen Sinn gemacht habe, das genehmigte Bauwerk als „Heuschober“ zu bezeichnen. Dass die Antragsteller bei ihrem Bauantrag im März 2008 selbst die Nutzungsangabe „Zimmer“ verwandt hätten, unterstreiche mit Nachdruck die eigene Einschätzung, dass die Pferdehaltung stets unter dem Damoklesschwert gestanden habe, bei Bekanntwerden wegen Unvereinbarkeit mit dem Gebietscharakter untersagt zu werden. Das gelte auch für die behaupteten sonstigen Pferdehaltungen, soweit diese im Innenbereich erfolgten. Dies könne nur im Rahmen einer Ortsbesichtigung geklärt werden, für die im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes kein Raum sei. Bauaufsichtliche Befugnisse unterlägen keiner Verwirkung und bloßes Nichteinschreiten über einen längeren Zeitraum begründe kein schutzwürdiges Vertrauen. Es spreche vieles für die Richtigkeit der vom Antragsgegner vorgenommenen Einstufung der Umgebung als allgemeines Wohngebiet, in dem eine Großtierhaltung unabhängig vom Einverständnis einzelner Nachbarn nicht zulässig sei. Dem Hinweis der Antragsteller auf eine ihrerseits beabsichtigte landwirtschaftliche Erwerbstätigkeit komme daher keine Bedeutung zu. Die Beeinträchtigungen durch Tiergerüche seien auch von der Windrichtung abhängig. Wirtschaftliche Folgen für den Pflichtigen spielten keine Rolle, da ansonsten derjenige privilegiert werde, der sich möglichst intensiv über das formelle Genehmigungserfordernis hinwegsetze. Die Nutzungsuntersagung sei offensichtlich rechtmäßig.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde.

II.

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 30.10.2008 – 5 L 804/08 –, mit der sie ihr Aussetzungsbegehren weiter verfolgen, ist begründet. Die nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO den gerichtlichen Prüfungsumfang im Beschwerdeverfahren bestimmende Beschwerdebegründung vom 8.12.2008 gebietet eine abweichende Beurteilung des Eilrechtsschutzbegehrens (§ 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat das Interesse der Antragsteller an der begehrten Wiederherstellung des Suspensiveffekts (§ 80 Abs. 1 VwGO) ihres Rechtsbehelfs zu Unrecht als nachrangig eingestuft.

Nach dem Ergebnis des Beschwerdeverfahrens bestehen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des von der Antragsgegnerin im Bescheid vom 15.5.2008 ausgesprochenen Verbots, das darin bezeichnete Gebäude auf der Parzelle Nr. .../1 in Flur 9 der Gemarkung B als Pferdestall zu benutzen. Der Ausgang des Hauptsacheverfahrens muss nach gegenwärtigem Erkenntnisstand zumindest als offen bezeichnet werden.

Zweifelhaft ist bereits das Vorliegen der in der einschlägigen Ermächtigungsgrundlage des § 82 Abs. 2 LBO 2004 genannten Voraussetzungen für den Erlass eines Nutzungsverbots. Nach dieser Vorschrift kann die zuständige Bauaufsichtsbehörde – hier gemäß §§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 1 LBO 2004 der Antragsgegner – die Nutzung baulicher Anlagen untersagen, wenn sie im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt werden. Zwar rechtfertigt – wie das Verwaltungsgericht im Grundsatz zutreffend herausgestellt und wie auch der Antragsgegner in der Antragserwiderung vom 2.9.2008 richtig ausgeführt hat – regelmäßig bereits die sich aus dem Nichtvorliegen einer im Einzelfall notwendigen Baugenehmigung für die Benutzung einer baulichen Anlage ergebende formelle Illegalität (Genehmigungsbedürftigkeit) einer Nutzung deren Untersagung. (ständige Rechtsprechung des Senats im Anschluss an OVG des Saarlandes, Urteil vom 9.3.1984 – 2 R 175/82 –, BRS 42 Nr. 227, damals noch zu § 104 LBO 1974/80, zuletzt Beschluss vom 3.7.2007 – 2 B 219/07 –, SKZ 2008, 77, Leitsatz Nr. 25)

Hierauf hat der Antragsgegner, wie die Antragsteller in der Beschwerdebegründung zu Recht hervorheben, in der hier maßgeblichen Verfügung vom 15.5.2008 jedoch gerade nicht tragend abgestellt. In der dort gegebenen Begründung für die gemäß § 82 Abs. 2 LBO 2004 in das Ermessen der Behörde gestellte Nutzungsuntersagung werden ausschließlich materiellrechtliche Gesichtspunkte bezogen auf die aus Sicht des Antragsgegners fehlende materielle Zulässigkeit (Genehmigungsfähigkeit) der Nutzung angeführt, was auch für die Rechtmäßigkeitsprüfung im gerichtlichen Anfechtungsstreit die Frage der materiellen Illegalität der Nutzung aufwirft. (vgl. dazu etwa Bitz/Schwarz/Seiler-Dürr/Dürr, Baurecht Saarland, 2. Auflage 2005, Kp. IX RNr. 30 mit Rechtsprechungsnachweisen; zuletzt OVG des Saarlandes, Beschluss vom 19.9.2007 – 2 B 355/07 –, SKZ 2008, 78, Leitsatz Nr. 27) Im Bescheid vom 15.5.2008 heißt es dazu, die nähere Umgebung lasse sich „zweifelsfrei als allgemeines Wohngebiet … einstufen“. Dort sei die Pferdehaltung „grundsätzlich unzulässig“. Ferner wurde auf vom Landesamt für Umwelt und Arbeitsschutz geäußerte erhebliche Bedenken „wegen Belästigungen für die Anwohner“ durch die „Unterhaltung eines Pferdestalls“ in einem von der Voreigentümerin K eingeleiteten Vorbescheidsverfahren verwiesen. Die bisher nicht legalisierte Nutzung sei daher „erst gar nicht genehmigungsfähig“ und deswegen zu untersagen gewesen. Aus diesen Ausführungen erschließt sich ohne Weiteres, dass für den Antragsgegner im konkreten Fall bei Ausübung des ihm eingeräumten Entschließungsermessens die – aus seiner Sicht – materielle baurechtliche Unzulässigkeit der Haltung der beiden Pferde in dem Stallgebäude, und zwar allein in planungsrechtlicher Hinsicht, entscheidend für das Einschreiten gewesen ist. Nichts anderes ergibt sich im Übrigen aus der nachträglich unter dem 20.6.2008 vorgenommenen Anordnung sofortiger Vollziehbarkeit des Nutzungsverbots. Auch darin wird wesentlich auf die nach Auffassung des Antragsgegners fehlende materielle Genehmigungsfähigkeit der Pferdehaltung und die sich (gerade) daraus ergebende mangelnde Erfolgsaussicht des Rechtsbehelfs der Antragsteller in der Hauptsache abgestellt.

Nach Aktenlage ist keine Entscheidung über den Widerspruch der Antragsteller ergangen, so dass unter Ermessensgesichtspunkten allein die Begründung des Antragsgegners im Ausgangsbescheid vom 15.5.2008 maßgeblich bleibt. Ausweislich eines in den Bauakten eingehefteten Protokolls über die Sitzung des Kreisrechtsausschusses am 5.9.2008 – KRA 6568-52/08 – wurde das Widerspruchsverfahren mit Blick auf Bemühungen der Antragsteller um Erwerb eines „alternativen“ Grundstücks bis Ende Februar 2009 ausgesetzt. Auf die bloße Möglichkeit einer Änderung der Begründung der Ermessenentscheidung durch die Widerspruchsbehörde kommt es insoweit nicht an.

Die damit vom Antragsgegner tragend angeführte materiellrechtliche Unzulässigkeit und dementsprechend fehlende Genehmigungsfähigkeit lässt sich angesichts des streitigen Vorbringens der Beteiligten gegenwärtig mit den eingeschränkten Erkenntnismitteln des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens nicht abschließend beurteilen, so dass auch unter dem Gesichtspunkt nicht von der vom Verwaltungsgericht angenommenen offensichtlichen Rechtmäßigkeit des Nutzungsverbots ausgegangen werden kann. In materieller Hinsicht hat im Übrigen auch das Verwaltungsgericht zumindest im Ansatz lediglich die Frage einer evidenten („offensichtlichen“) Genehmigungsfähigkeit aufgeworfen. Selbst in der hauptsachebezogen streitgegenständlichen Nutzungsuntersagung vom 15.5.2008 ist zumindest einleitend eher zurückhaltend lediglich die Rede davon, dass die Pferdehaltung „voraussichtlich“ nicht zulässig sei.

Zwar steht außer Frage, dass eine Großtierhaltung in einer (faktisch) einem reinen oder einem allgemeinen Wohngebiet im Verständnis der §§ 3 oder 4 BauNVO 1990 entsprechenden Umgebungsbebauung der nicht qualifiziert beplanten Ortslage (§ 34 Abs. 2 BauGB) mit dem Gebietscharakter nicht vereinbar und daher unzulässig ist. Zweifelhaft ist jedoch, ob die hier maßgebliche Umgebungsbebauung „gebietsrein“ in diesem Sinne eingeordnet werden kann. Die Antragsteller haben immer vorgetragen, dass seit Jahrzehnten durchgängig von verschiedenen Eigentümern oder Nutzern des Anwesens in dem hier zur Rede stehenden Gebäude Großtiere, speziell Pferde, gehalten worden seien. Für die Richtigkeit dieser Behauptung haben sie mehrere Zeugen benannt und entsprechende schriftliche Erklärungen von Anwohnern vorgelegt. Sollte tatsächlich, wofür es nach dem Gesagten ernst zu nehmende Anhaltspunkte gibt, über viele Jahrzehnte durchgängig und unbeanstandet eine (Groß-)Tierhaltung auf dem Grundstück stattgefunden haben, so erscheint zweifelhaft, ob sich die maßgebliche Umgebung „gebietsrein“ einem Wohngebiet nach den Kategorien der Baunutzungsverordnung zuordnen ließ und lässt. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob – wie die Antragsteller meinen – nach den entsprechenden Kriterien von einem „reinen“ Dorfgebiet im Verständnis des § 5 BauNVO 1990 ausgegangen werden kann. Naheliegend erscheint auch, dass die Umgebung durch unterschiedliche Nutzungen geprägt ist und der insoweit im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB maßgebliche Nutzungsrahmen auch mit Blick auf die von den Antragstellern angeführten sonstigen Pferdehaltungen in der unmittelbaren Nachbarschaft, auch eine Großtier-, konkret eine Pferdehaltung, umfasst. Daraus könnte sich vorbehaltlich einer Beachtung der Anforderungen des Rücksichtnahmegebots eine Zulässigkeit jedenfalls nach planungsrechtlichen Kriterien ergeben.

Die sich mit Blick auf das baurechtliche Gebot nachbarlicher Rücksichtnahme (§ 34 Abs. 1 bzw. Abs. 2 i.V.m. § 15 BauNVO) stellende Frage, ob durch unsachgemäße Haltung oder Behandlung der Ausscheidungen der Pferde tatsächlich unzumutbare Belästigungen für die Anwohner hervorgerufen werden, kann abschließend ebenfalls erst im Hauptsacheverfahren beantwortet werden. Dabei würde es sich indes eher um Missstände handeln, die nicht primär die baurechtliche Genehmigungsfähigkeit einer Pferdehaltung als solcher betreffen, sondern gegebenenfalls die Frage der Notwendigkeit polizeilicher Gegenmaßnahmen zur Abhilfe aufwerfen würden. Die Antragsteller, die das in Abrede stellen und sich angeblich insoweit dem „Terror“ eines bestimmten Nachbarn aus persönlichen Motiven heraus ausgesetzt sehen, haben jedenfalls unwidersprochen vorgetragen und durch ein Schreiben des Landesamts für Umwelt- und Arbeitsschutz vom 24.7.2008 belegt, dass dort nach Überprüfung der Örtlichkeit bei Beachtung bestimmter – erfüllbarer – Auflagen hinsichtlich der Immissionen der Tierhaltung „keine grundsätzlichen Bedenken“ bestünden. Sie haben darüber hinaus Erklärungen der Eigentümer der unmittelbar rechts und links anschließenden Nachbargrundstücke vorgelegt, wonach es durch die Pferdehaltung der Antragsteller in der Vergangenheit „weder zu störenden Geruchs- oder zu Lärmemissionen“ gekommen sein soll. Die Frage einer baurechtlichen Rücksichtslosigkeit der konkreten Pferdehaltung der Antragsteller, die nach ihren ebenfalls unwidersprochenen Angaben die beiden Pferde zudem tagsüber auf eine Koppel jenseits der Straße verbringen, kann daher gegenwärtig allenfalls als offen bezeichnet werden.

Abschließend geklärt werden können die insoweit aufgeworfenen Fragen eines möglicherweise „diffusen“ Umgebungscharakters gerade hinsichtlich des jeweiligen Umfangs und der Zeiträume der Pferdehaltungen, ihrer prägenden Wirkung auf den Umgebungscharakter des Anwesens der Antragsteller wie auch der Unzumutbarkeit (Rücksichtslosigkeit) speziell ihrer Pferdehaltung gegenüber der unmittelbar angrenzenden Nachbarschaft nur durch eine weitere Sachverhaltsermittlung und eine Ortseinsicht, für die im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes grundsätzlich kein Raum ist. (dazu zuletzt OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 6.9.2004 – 2 W 26/04 –, SKZ 2005, 94, Leitsatz Nr. 94 (Nachbarschutz), vom 26.1.2007 – 2 W 27/06 –, SKZ 2007, 135 ff. (Nachbarschutz), vom 29.3.2007 – 2 B 7/07 –, NVwZ-RR 2007, 581 (Baueinstellung), BRS 71 Nr. 185, Beschluss vom 19.9.2007 – 2 B 355/07 –, SKZ 2008, 78, Leitsatz Nr. 27 (Nutzungsverbot), vom 31.10.2008 – 2 B 347/08 – und vom 15.1.2009 – 2 B 376/08 –)

Auf der Rechtsfolgenseite unterliegt die Nutzungsuntersagung des Antragsgegners unter Ermessensgesichtspunkten (§ 82 Abs. 2 LBO 2004) ferner rechtlichen Bedenken, soweit die Antragsteller ebenfalls wiederholt vorgetragen haben, dass auf zwei in der näheren Umgebung befindlichen Grundstücken ebenfalls Pferde gehalten würden, ohne dass sich der Antragsgegner in seiner Verfügung oder in sonstigen Stellungnahmen damit auseinandergesetzt hätte. Hierin könnte eine Verletzung des im Rahmen des Eingriffsermessens zu beachtenden Willkürverbots (Art. 3 Abs. 1 GG) liegen.

Sind aber nach dem Gesagten die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs der Antragsteller bezogen auf das Nutzungsverbot gegenwärtig offen, so ist ihrem Interesse an der Aussetzung der Vollziehbarkeit der Anordnung nach gegenwärtigem Erkenntnisstand insbesondere angesichts der Wertungsvorgabe des § 80 Abs. 1 VwGO der Vorrang einzuräumen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf dem § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in den §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 3, 52 Abs. 1, 47 GKG.

Der Beschluss ist nicht anfechtbar.

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(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Reine Wohngebiete dienen dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Anlagen zur Kinderbetreuung, die den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Läden und nicht störende Handwerksbetriebe, die zur Deckung des täglichen Bedarfs für die Bewohner des Gebiets dienen, sowie kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige Anlagen für soziale Zwecke sowie den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienende Anlagen für kirchliche, kulturelle, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(4) Zu den nach Absatz 2 sowie den §§ 2, 4 bis 7 zulässigen Wohngebäuden gehören auch solche, die ganz oder teilweise der Betreuung und Pflege ihrer Bewohner dienen.

(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Dorfgebiete dienen der Unterbringung der Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe, dem Wohnen und der Unterbringung von nicht wesentlich störenden Gewerbebetrieben sowie der Versorgung der Bewohner des Gebiets dienenden Handwerksbetrieben. Auf die Belange der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe einschließlich ihrer Entwicklungsmöglichkeiten ist vorrangig Rücksicht zu nehmen.

(2) Zulässig sind

1.
Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe und die dazugehörigen Wohnungen und Wohngebäude,
2.
Kleinsiedlungen einschließlich Wohngebäude mit entsprechenden Nutzgärten und landwirtschaftliche Nebenerwerbsstellen,
3.
sonstige Wohngebäude,
4.
Betriebe zur Be- und Verarbeitung und Sammlung land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse,
5.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
6.
sonstige Gewerbebetriebe,
7.
Anlagen für örtliche Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
8.
Gartenbaubetriebe,
9.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 zugelassen werden.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.