Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 18. Juni 2014 - 2 B 209/14

published on 18/06/2014 00:00
Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 18. Juni 2014 - 2 B 209/14
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Gericht

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Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 26. Februar 2014 – 5 L 72/14 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 10.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen eine mit Sofortvollzugsanordnung versehene Anordnung der Antragsgegnerin, mit der ihr unter Androhung eines Zwangsgeldes von 5.000,- EUR die Nutzung des Gebäudes auf der Parzelle Nr. 6/7 in Flur 28 der Gemarkung S…(G... Straße ...) als Bordell („Cabaret L…“) untersagt wurde. Das Grundstück liegt nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans.

In der Verbotsverfügung vom Dezember 2013 wurde die Antragstellerin zur sofortigen Einstellung der „ohne die erforderliche Baugenehmigung ausgeübten“ Nutzung aufgefordert. In der Begründung heißt es, „hilfsweise“ werde darauf hingewiesen, dass ein Bordellbetrieb als Vergnügungsstätte in einem gemäß § 34 BauGB als „Gemengelage: Gewerbe mit der Prägung allgemeines Wohnen“ zu klassifizierenden Baugebiet „grundsätzlich“ unzulässig sei. Auch unter dem Gesichtspunkt sei daher die Nutzung zu untersagen gewesen. Eine Anordnung, einen Bauantrag einzureichen, hätte dazu geführt, dass der Bordellbetrieb während des Genehmigungsverfahrens weiter stattgefunden hätte, wobei eine positive Bescheidung „nicht in Aussicht stünde“. Somit sei die Nutzungsuntersagung im Rahmen der Ermessensentscheidung das adäquate Mittel zur Herstellung rechtmäßiger Zustände. Zur Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit des Nutzungsverbots ist ausgeführt, das öffentliche Interesse an einer sofortigen Beendigung der illegalen Benutzung sei höher zu bewerten, als die „eigenmächtig erlangte Position“ eines Bauherrn und dessen Interesse, die Anlage während des Verfahrens weiter nutzen zu dürfen.

Gegen die im Januar 2014 zugestellte Verfügung hat die Antragstellerin Widerspruch erhoben und beim Verwaltungsgericht die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfs beantragt. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, sie unterhalte im Erdgeschoss des Hauses einen barähnlichen Betrieb sowie im ersten Obergeschoss eine fünf Zimmer umfassende gewerbliche Zimmervermietung. Das Gebäude werde seit über 40 Jahren entsprechend genutzt. Sie selbst sei Mieterin seit November 1996. In einem Aktenvermerk der Antragsgegnerin über eine Besprechung vor Ort sei festgehalten worden, dass wegen fehlender Akten eine chronologische Bestandsaufnahme nicht möglich sei. Dass seit Jahrzehnten ein Barbetrieb ausgeübt werde, sei bekannt und in der Vergangenheit auch Gegenstand verschiedener Presseberichte gewesen. Die Begründung der Sofortvollzugsanordnung genüge gerade mit Blick darauf nicht den dafür geltenden gesetzlichen Anforderungen. Seien – wie hier – Grundrechte des Adressaten betroffen, sei bereits insoweit eine eingehende Prüfung notwendig. Im Rahmen ihrer Ermessensbetätigung sei die Antragsgegnerin von falschen Voraussetzungen ausgegangen. Sie – die Antragstellerin – habe seit ihrer Anmeldung die Nutzung nicht in einer das Genehmigungserfordernis auslösenden Weise geändert, jedoch in jüngerer Vergangenheit Investitionen getätigt. Da die Antragsgegnerin in ihrem Bescheid die Möglichkeit einer positiven Bescheidung eines Bauantrags verneint habe, könne sie sich nicht auf die formelle Illegalität berufen. Das Fehlen einer Genehmigung werde auch „vorsorglich bestritten“. Das Anwesen sei früher unter der Adresse „S… Straße ...“ geführt worden. Solange ein Vorhandensein entsprechender Bestandsakten nicht abschließend geklärt sei, sei das Nutzungsverbot unverhältnismäßig. Erwägungen der Antragsgegnerin, weshalb die Schließung nun „von einem auf den anderen Tag“ verhältnismäßig sein sollte, fänden sich in der Begründung nicht, obwohl bei einer Schließung des seit 40 Jahren vorhandenen Barbetriebs mit gewerblicher Zimmervermietung an Prostituierte für die Dauer des Genehmigungsstreits ihre Existenz auf dem Spiel stehe. Die Nutzung sei darüber hinaus, sofern nicht ohnehin bereits genehmigt, jedenfalls bauplanungsrechtlich zulässig. Die Antragsgegnerin gehe hinsichtlich der konkret vorhandenen Umgebungsbebauung zu Recht von einer sowohl durch gewerbliche Nutzung als auch durch Wohnnutzung geprägten „Gemengelage“ aus. Letztere finde sich allerdings nur in einem untergeordneten Umfang. Hier füge sich ihr Betrieb ein. Insbesondere sei mit der Spielhalle auf dem Nachbaranwesen (Nr. ...) eine weitere Vergnügungsstätte vorhanden. Auch das Rücksichtnahmegebot sei nicht verletzt. Die Zahl der Gäste sei begrenzt und Stellplätze seien in ausreichendem Maße vorhanden. Beschwerden habe es nie gegeben.

Die Antragsgegnerin hat ihre Entscheidung verteidigt und darauf verwiesen, dass es für die Rechtmäßigkeit einer Nutzungsuntersagung grundsätzlich auf die nachträgliche Genehmigungsfähigkeit der Nutzung nicht ankomme. Sie habe tragend auf die formelle Illegalität abgestellt. Für das Anwesen existiere lediglich eine vom Februar 1946 datierende „vorläufige gewerberechtliche Genehmigung“ zum Betrieb einer „unbeschränkten Schankwirtschaft“. An die Ermessensentscheidung seien in diesen Fällen keine hohen Anforderungen zu stellen. Bauaufsichtliche Einschreitensbefugnisse unterlägen keiner Verwirkung. Auch ein mit Blick auf die Eigentumsgarantie zu berücksichtigender Bestandsschutz komme nicht in Betracht. Das Bordell als Vergnügungsstätte sei auch in der „mehr dem allgemeinen Wohngebiet entsprechenden Umgebung“ beziehungsweise in der durch überwiegende Wohnnutzung geprägten „Gemengelage“ nicht genehmigungsfähig.

Durch Abänderungsbescheid von Anfang Februar 2014 wurde der Antragstellerin eine Frist zur Aufgabe der Nutzung von sechs Wochen nach Bekanntgabe dieser Verfügung eingeräumt. Auch dagegen hat die Antragstellerin Widerspruch erhoben und zu dessen Begründung unter anderem darauf hingewiesen, dass die Nutzungsuntersagung auch auf das Fehlen der aus ihrer Sicht „erkennbaren“ materiellen Genehmigungsfähigkeit gestützt worden sei.

Das Verwaltungsgericht hat den Aussetzungsantrag Ende Februar 2014 zurückgewiesen. In der Begründung heißt es unter anderem, die Begründung des Sofortvollzugs genüge den insoweit geltenden lediglich formalen Anforderungen. Die nach dem Wortlaut der Verfügung tragend auf die formelle Illegalität des Bordells gestützte Nutzungsuntersagung sei nach derzeitigem Erkenntnisstand offensichtlich rechtmäßig. Ob die Antragstellerin selbst eine Nutzungsänderung vorgenommen habe, sei nicht maßgebend. Das vorsorgliche Bestreiten des Fehlens der Genehmigung durch die insoweit beweispflichtige Antragstellerin sei unbeachtlich. Ein Bestandsschutz wegen „formeller und materieller“ Rechtmäßigkeit des Baubestands zu einem „namhaften Zeitpunkt“ könne ebenfalls nicht angenommen werden. Entgegen der Einschätzung der Antragstellerin sei die Bordellnutzung auch nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Das gelte bereits für die insoweit notwendige bauplanungsrechtliche Beurteilung. Für die zum Beweis dafür angebotene Ortsbesichtigung sei im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes kein Raum. Mangels Vorliegens von Plänen lasse sich weder die Art des einschlägigen Genehmigungsverfahrens noch die Einhaltung bauordnungsrechtlicher Anforderungen, etwa des Brandschutzes, beurteilen. Der Hinweis auf die formelle Illegalität rechtfertige regelmäßig auch die Annahme einer ordnungsgemäßen Ermessensentscheidung und genüge dem insoweit geltenden Begründungserfordernis. Ein Ausnahmefall sei nicht ersichtlich. Eine schutzwürdige Vertrauensposition erlange der Bauherr erst durch eine – hier nicht vorliegende – positive Entscheidung der zuständigen Bauaufsichtsbehörde in dem jeweils einschlägigen Zulassungsverfahren. Dass die inzwischen in die Anordnung aufgenommene „Abwicklungsfrist“ von 6 Wochen nicht ausreichend bemessen sei, mache die Antragstellerin selbst nicht geltend. Die Zwangsgeldbewehrung entspreche den einschlägigen verwaltungsvollstreckungsrechtlichen Vorschriften.

Gegen den Beschluss richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin.

II.

Die gemäß § 146 VwGO statthafte Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 26.2.2014 – 5 L 72/14 –, mit der sie ihr Begehren auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die im Bescheid der Antragsgegnerin vom 19.12.2013 enthaltene Nutzungsuntersagung in der Fassung des die Befolgungsfrist betreffenden Änderungsbescheids vom 3.2.2014 weiter verfolgt, muss erfolglos bleiben. Die nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO den gerichtlichen Prüfungsumfang im Beschwerdeverfahren bestimmende Beschwerdebegründung vom 7.4.2014 rechtfertigt keine abweichende Beurteilung des Eilrechtsschutzbegehrens (§ 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat das Interesse der Antragstellerin an der Wiederherstellung des Suspensiveffekts (§ 80 Abs. 1 VwGO) mit Blick auf die aller Voraussicht nach fehlenden Erfolgsaussichten des Anfechtungsbegehrens in der Hauptsache zu Recht als nachrangig eingestuft.

Die Antragsgegnerin hat zunächst bei der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit entgegen der Ansicht der Antragstellerin den formalen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO entsprochen. Sie hat auf die Illegalität der untersagten Nutzung hingewiesen sowie auf ein dringendes öffentliches Interesse an deren sofortiger Beendigung und auf dessen Vorrangigkeit gegenüber der von der Antragstellerin „eigenmächtig erlangten Position“. Eine solche – mit deren Worten – „formelhafte“ Begründung ist in diesen Fällen mit Blick auf die Intentionen des Gesetzgebers bei Eröffnung dieser Einschreitensmöglichkeit für die Unteren Bauaufsichtsbehörden ausreichend. Eine fallbezogen inhaltliche Kontrolle hinsichtlich der „Richtigkeit“ ist nicht geboten. Die Formulierung des Bescheids macht ohne weiteres deutlich, dass sich die Antragsgegnerin des Ausnahmecharakters der Anordnung mit Blick auf § 80 Abs. 1 VwGO bewusst gewesen ist. Das genügt insoweit.

Die Rechtmäßigkeit der Nutzungsuntersagung der Antragsgegnerin vom 19.12.2013 ist in bauordnungsrechtlicher Hinsicht am Maßstab des § 82 Abs. 2 LBO 2004 zu beurteilen. Danach kann eine Nutzung baulicher Anlagen von der zuständigen Unteren Bauaufsichtsbehörde – hier gemäß §§ 58 Abs. 2, 59 Abs. 1 LBO 2004, § 1 ZustVO(vgl. die Zuständigkeitsverordnung zur Bauordnung für das Saarland vom 23.6.2008, Amtsblatt Seite 1149) der Antragsgegnerin – untersagt werden, wenn sie im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften erfolgt. Insoweit rechtfertigt, wie die Antragsgegnerin und das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt haben, in aller Regel bereits die sich aus dem Fehlen einer im Einzelfall notwendigen Baugenehmigung für die konkrete Nutzung einer baulichen Anlage ergebende formelle Illegalität den Erlass einer Nutzungsuntersagung, weil der Landesgesetzgeber bei Erlass dieser Ermächtigungsgrundlage insbesondere auch die Einhaltung des baurechtlichen Genehmigungserfordernisses im Blick hatte.(ständige Rechtsprechung des Senats im Anschluss an OVG des Saarlandes, Urteil vom 9.3.1984 – 2 R 175/82 –, BRS 42 Nr. 227, damals noch zu § 104 LBO 1974/80, vgl. zu § 82 Abs. 2 LBO 2004 etwa die Beschlüsse vom 3.7.2007 – 2 B 219/07 –, SKZ 2008, 77, Leitsatz Nr. 25, vom 24.4.2009 – 2 B 265/09 –, SKZ 2009, 244, Leitsatz Nr. 40, und vom 6.1.2012 – 2 B 398/11 und 2 B 400/11 –, SKZ 2012, 168 Leitsatz Nr. 15 und 169 Leitsatz Nr. 16, jeweils m.w.N.) Letzteres ergibt sich im konkreten Fall aus § 60 Abs. 1 LBO 2004. Da das Grundstück an der G… Straße – nach dem Vortrag der Beteiligten unstreitig – nicht mit vom Geltungsbereich eines qualifizierten oder vorhabenbezogenen Bebauungsplans (§§ 30 Abs. 1 und Abs. 2, 12 BauGB) erfasst wird, scheidet insbesondere eine Genehmigungsfreistellung nach § 63 Abs. 1 LBO 2004 aus. Die Voraussetzungen für eine Verfahrensfreistellung nach § 61 Abs. 3 LBO 2004 liegen ebenfalls offensichtlich nicht vor.

Soweit die Antragstellerin in der Beschwerdebegründung darauf verweist, dass im Erdgeschoss in einer „eigenen Nutzungseinheit“ ein „barähnlicher Betrieb“ geführt werde, ist festzuhalten, dass der Antragstellerin eine bestimmte Nutzung des Gebäudes, nämlich eine solche als „Bordell“ untersagt worden ist, die – nach ihren eigenen Angaben – jedenfalls im Obergeschoss unter der Bezeichnung „gewerbliche Zimmervermietung“ (an Prostituierte) stattfindet. Weshalb es, wie die Antragstellerin mit der Beschwerde weiter geltend macht, der Antragsgegnerin versagt sein sollte, sich auf das Fehlen einer notwendigen Baugenehmigung zu berufen, wenn sie im Vorfeld des Erlasses der Nutzungsuntersagung im Rahmen einer Bauberatung auf eine aus ihrer Sicht auch gegebene materielle Illegalität hingewiesen hat, erschließt sich nicht im Ansatz. Nach der gesetzlichen Konzeption im Bauverfahrensrecht ist es – eindeutig – Sache des Bauherrn oder der Bauherrin, der oder die ein genehmigungsbedürftiges Bauvorhaben, hier eine Nutzung, ins Werk setzen möchte, die dafür notwendige Genehmigung vor Nutzungsaufnahme einzuholen.

Dass die Antragsgegnerin in der Begründung ihrer Nutzungsuntersagung „hilfsweise“ auch darauf hingewiesen hat, dass der Betrieb der Antragstellerin von der Art der baulichen Nutzung her auf der Grundlage des § 34 BauGB „nicht genehmigungsfähig“ sei, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Darin ist keine selbständig tragende materiell-rechtliche Begründung für die Nutzungsuntersagung zu sehen, die eine weitergehende Prüfung der materiellen baurechtlichen Zulässigkeit der Nutzung auf der Grundlage des auch insoweit differierenden Sachvortrags der Beteiligten im Rahmen der – hier prognostischen – Prüfung der Rechtmäßigkeit der Nutzungsuntersagung (§ 82 Abs. 2 LBO 2004) unter Ermessensgesichtspunkten erfordern würde.(vgl. dazu etwa OVG des Saarlandes, Beschluss vom 2.2.2009 – 2 B 439/08 –, BRS 74 Nr. 201) Dass es der Antragsgegnerin entsprechend dem Wortlaut der Verfügung entscheidend auf den Verstoß gegen ein von ihr bejahtes Baugenehmigungserfordernis (§ 60 Abs. 1 LBO 2004) ankam, belegt auch ihr Vorbringen im gerichtlichen Verfahren. So heißt es beispielsweise in ihrer Beschwerdeerwiderung vom 30.4.2014, sie sei ungeachtet einer der Antragstellerin im Rahmen einer Bauberatung genannten materiellen Illegalität wegen der „Genehmigungslosigkeit der Nutzung“ des Gebäudes als Bordell eingeschritten.

Auch die für die Überprüfung der Ordnungsmäßigkeit der Ermessensentscheidung in diesen Fällen geltenden Grundsätze sind in dem angegriffenen Beschluss des Verwaltungsgerichts zutreffend wiedergegeben. Soweit die Bauaufsichtsbehörde – wie hier – die Nichtbeachtung des Genehmigungserfordernisses zum Anlass für den Erlass einer Nutzungsuntersagung nimmt, sind grundsätzlich auch an die Ausübung des Entschließungsermessens und an deren Begründung (§ 39 SVwVfG) geringe Anforderungen zu stellen. In der Regel genügt insoweit ein Verweis auf das Vorliegen des formellen Gesetzesverstoßes. Da bauaufsichtsbehördliche Einschreitensbefugnisse grundsätzlich auch keiner Verwirkung unterliegen, begründet das bloße Nichteinschreiten der Bauaufsichtsbehörde gegen ihr bekannte illegale bauliche Anlagen oder deren Nutzung auch über einen längeren Zeitraum für sich genommen noch kein im Rahmen der Ermessensausübung beim Erlass einer Nutzungsuntersagung beachtliches schutzwürdiges Vertrauen der Betroffenen, hier der Antragstellerin. Schließlich könnte eine Ermessensbindung unter dem Aspekt eines „Bestandsschutzes“ allenfalls in Betracht gezogen werden, wenn der in Rede stehende, nicht förmlich zugelassene Baubestand mit der untersagten Benutzung zu irgendeinem Zeitpunkt jedenfalls ohne Zweifel materiell geltendem Baurecht entsprochen hätte und damit „genehmigungsfähig“ gewesen wäre. Davon kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Dass die Antragstellerin möglicherweise nicht die erste Betreiberin des nicht genehmigten Bordells in dem Gebäude ist, daher nur die „geänderte“ Nutzung von einem früheren Betreiber „übernommen“ und deswegen nicht selbst in dem Sinne „geändert“ haben könnte, spielt in dem Zusammenhang keine Rolle. Das verdeutlicht schon der Wortlaut des § 82 Abs. 2 LBO 2004.(vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 6.1.2012 – 2 B 400/11 –, SKZ 2012, 168, Leitsatz Nr. 15, wonach es auch nicht darauf ankommt, ob dem aktuellen Eigentümer oder Nutzer einer baulichen Anlage das Fehlen notwendiger Baugenehmigungen bekannt ist)

Die von der Antragstellerin unter Verweis auf zahlreiche Nutzungen in der Umgebung und eine entsprechende Fotodokumentation geltend gemachte materielle Genehmigungsfähigkeit des Bordellbetriebs am Maßstab des § 34 BauGB lässt sich im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nicht zuverlässig beurteilen. Von einer den Erlass der Nutzungsuntersagung (§ 82 Abs. 2 LBO 2004) insoweit ausnahmsweise hindernden „offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit“ kann dabei allerdings nicht ausgegangen werden. Unter Verhältnismäßigkeitsaspekten können sich Bindungen auf Seiten der Bauaufsichtsbehörde im Rahmen des § 82 Abs. 2 LBO 2004 insoweit allenfalls ergeben, wenn es sich um einfache, in jeder Hinsicht einwandfrei abschließend (positiv) zu beurteilende Vorhaben handelt.(vgl. etwa OVG des Saarlandes, Beschluss vom 24.4.2009 – 2 B 265/09 –, Leitsatz Nr. 40, ständige Rechtsprechung) Das ist hier nicht der Fall. Für eine im Einzelfall erforderliche weitere Sachverhaltsermittlung speziell durch eine Ortseinsicht ist in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes grundsätzlich kein Raum.

Auch wenn man wegen der zeitlichen Abläufe in dem Umstand, dass die beanstandete Nutzung des Gebäudes als Bordell, die schon seit Jahrzehnten – nach dem Vortrag der Antragstellerin seit über 40 Jahren – bekannter Maßen wegen „prominenter Gäste“ Gegenstand zahlreicher Veröffentlichungen in der – auch – überregionalen Presse gewesen ist,(vgl. Der Spiegel, Heft 3/1993, „Die Geschichten des O.“, taz vom 6.5.2003, „Wo Hand in Hand greift“) offenbar bisher „beanstandungsfrei“ auch „unter den Augen“ verschiedener Ordnungsbehörden erfolgte, einen im Rahmen der Interessenabwägung zu beachtenden Aspekt sehen wollte, ergibt sich vorliegend nichts anderes. Die Fortdauer der Ausschaltung des Suspensiveffekts des Rechtsbehelfs der Antragstellerin durch die von der Antragsgegnerin getroffene Sofortvollzugsanordnung (§§ 80 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) erscheint bei der nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO gebotenen Abwägung der beteiligten Interessen zumindest nach dem heutigen Sachstand auch insoweit gerechtfertigt. Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin zunächst durch Änderung des Bescheides unter dem 3.2.2014 zunächst eine großzügigere „Abwicklungsfrist“ (§ 19 Abs. 1 Satz 2 SVwVG) eingeräumt. Im Verlaufe des Beschwerdeverfahrens hat sie ferner ausdrücklich ihre Bereitschaft erklärt, der Antragstellerin für den Fall der Stellung eines entsprechenden Bauantrags die für die Durchführung eines solchen Baugenehmigungsverfahrens notwendige Zeit „von zunächst drei Monaten“ einzuräumen, um ihr die Klärung der materiell-rechtlichen Zulässigkeit des Bordells an diesem Standort im Baugenehmigungsverfahren zu ermöglichen. Sie hat ferner in Aussicht gestellt, diese Frist einer Nichtdurchsetzung der Anordnung vom Dezember 2013 erforderlichenfalls weiter zu verlängern, wenn sich die Entscheidung aus Gründen verzögert, die nicht in den Verantwortungsbereich der Antragstellerin fallen. Einen solchen Bauantrag zur Legalisierung des Bordells hat die Antragstellerin trotz mehrfacher Ankündigung indes bisher nicht gestellt. Beantragt wurde nur die Genehmigung für eine „gewerbliche Vermietung“ der Räume im Obergeschoss des Hauses,(vgl. den Bauantrag der Antragstellerin vom 9.4.2014, Blatt 219 der Gerichtsakte, der als Nutzungsangabe für die Räume lediglich die Angabe „Zimmer“ enthält) woraufhin die Antragsgegnerin unter dem 13.5.2014 eine Konkretisierung durch eine ergänzende Betriebsbeschreibung gefordert hat. Die Antragsgegnerin hat unter dem 13.6.2014 gegenüber dem Gericht erklärt, dass „nach aktuellem Stand keinerlei neue Unterlagen eingereicht worden“ seien. Die hierüber durch Telefax in Kenntnis gesetzte Antragstellerin hat dem nicht widersprochen. Vor dem Hintergrund kann von einem im Rahmen der Abwägung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO überwiegenden Interesse der Antragstellerin an der Widerherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen das Nutzungsverbot jedenfalls nicht ausgegangen werden.

Daher war die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu bestätigen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf dem § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in den §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 2, 52 Abs. 1, 47 GKG.

Der Beschluss ist nicht anfechtbar.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

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(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltun
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published on 02/02/2009 00:00

Tenor Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 30.10.2008 – 5 L 804/08 – abgeändert und die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen die unter dem 20.6.2008 für sofort vollziehbar erklärte
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published on 07/08/2015 00:00

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt. Gründe I. Die Antragstellerin
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Annotations

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.