Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 21. Okt. 2014 - 1 B 285/14

bei uns veröffentlicht am21.10.2014

Tenor

Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 5. Mai 2014 - 2 L 38/14 - wird dem Antragsgegner aufgegeben, den Antragsteller vorläufig bis zum Ergehen einer abschließenden Entscheidung im Hauptsacheverfahren 2 K 78/14 an den im Rahmen des Programms „Zukunftssichere Landesverwaltung“ stattfindenden gemeinsamen Gesprächen zwischen den Gewerkschaften und der Landesregierung zu beteiligen, soweit diese Themen zum Gegenstand haben, die - zumindest auch - Rechte und Pflichten der Richter und Staatsanwälte im Landesdienst berühren.

Die Kosten des Verfahrens fallen dem Antragsgegner zur Last.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2500 EUR festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde gegen den im Tenor bezeichneten Beschluss des Verwaltungsgerichts ist zulässig und nach Maßgabe der klarstellenden Konkretisierungen im Beschlusstenor begründet.

Die Voraussetzungen eines Anordnungsanspruchs (1) und eines Anordnungsgrundes (2) liegen vor.

1. Der Anordnungsanspruch ergibt sich aus den §§ 53 BeamtStG, 71 DRiG, 104 SBG, 4 SRiG i.V.m. dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

Die Voraussetzungen eines auf diesen Vorschriften basierenden Anordnungsanspruchs sind dargelegt. Nach der für Landesbeamte geltenden Rahmenvorschrift des § 53 Satz 1 BeamtStG, die gemäß § 71 DRiG auf Richter im Landesdienst entsprechende Anwendung findet, sind die Spitzenorganisationen der zuständigen Gewerkschaften und Berufsverbände bei der Vorbereitung gesetzlicher Regelungen der beamten-/ bzw. richterrechtlichen Verhältnisse durch die obersten Landesbehörden zu beteiligen.

Der Antragsteller ist als Berufsverband der saarländischen Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälten, in dem mehr als die Hälfte der saarländischen Richter und Staatsanwälte organisiert sind, eine Spitzenorganisation im Sinne dieser Vorschriften.(vgl. zum Begriff der Spitzenorganisation: BVerwG, Urteile vom 12.10.1978 - II C 17.76 - und vom 29.11.1979 - II C 14.77-, jew. juris) Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig und unterliegt aus Sicht des Senats keinem Zweifel. Hinsichtlich der weiteren Tatbestandsvoraussetzungen und der Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 104 SBG, 4 SRiG ist - gemessen an den Anforderungen einer im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen nur summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage - dargetan und glaubhaft gemacht, dass die Spitzengespräche zwischen dem Antragsgegner und verschiedenen Gewerkschaften, an denen der Antragsteller teilnehmen will, dem Anwendungsbereich der genannten Vorschriften unterfallen, wobei eine letztlich abschließende Prüfung der aufgeworfenen Fragen dem Hauptsacheverfahren vorbehalten ist.

Der Einwand des Antragsgegners, dass es fallbezogen nicht um die Vorbereitung gesetzlicher Regelungen der richterlichen Verhältnisse durch die obersten Landesbehörden gehe, verfängt nicht (1.1.). Abgesehen hiervon dürfte das saarländische Landesrecht ein Beteiligungsrecht der Spitzenorganisationen zulässigerweise nicht nur bezüglich der Vorbereitung gesetzlicher Regelungen, sondern ebenso bezüglich allgemeiner Regelungen beamtenrechtlicher Verhältnisse zuerkennen (1.2.). Entscheidend ist nicht, ob die §§ 53 BeamtStG und 104 SBG einer Spitzenorganisation grundsätzlich ein Recht vermitteln, die Durchführung gemeinsamer Spitzengespräche zu verlangen (1.3). Im Kern konzentriert der verfahrensgegenständliche Streit sich vielmehr auf die Frage der inhaltlichen Ausgestaltung des in den genannten Vorschriften vorgesehenen Beteiligungsrechts. Die vom Antragsgegner praktizierte Handhabung der Beteiligung einerseits der gewerkschaftlichen Spitzenorganisationen und andererseits des Antragstellers dürfte einer Überprüfung am Maßstab des Gleichheitssatzes nicht standhalten. Soweit der Antragsgegner mit den Gewerkschaften gemeinsame Spitzengespräche durchführt, die unter der Prämisse stattfinden, dass die dort getroffenen Absprachen ohne realistische Option eines erneuten Überdenkens mit Wirkung auch für die Richter im Landesdienst verbindlich umgesetzt werden, ist bei summarischer Prüfung nicht ersichtlich, was einem Anspruch des Antragstellers als dem Berufsverband der Richter und Staatsanwälte im Saarland auf Beteiligung an diesen gemeinsamen Gesprächen entgegenstehen könnte (1.4).

1.1. Ausweislich der zur Akte gereichten Tagesordnung zu dem im Rahmen der unter der Bezeichnung „Zukunftssichere Landesverwaltung“ am 17.1.2014 in Fortsetzung des Spitzengesprächs vom 8.6.2013 und in Anlehnung an die dort getroffenen Vereinbarungen geführten gemeinsamen Spitzengespräch zwischen den Gewerkschaften - Deutscher Gewerkschaftsbund Saar, Deutscher Beamtenbund, Tarifunion Saar, Gewerkschaft öffentlicher Dienst und Dienstleistungen, Gewerkschaft der Polizei im Saarland und Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaften Saarland (ver.di Landesbezirk Saar ist auf eigenen Wunsch aus den Gesprächen ausgestiegen) - und der Landesregierung werden in diesen gemeinsamen Gesprächen zwar nicht ausschließlich, aber auch Themen und Problemkreise behandelt, die regelmäßig im Rahmen der Vorbereitung gesetzlicher Regelungen der beamten- und richterrechtlichen Verhältnisse aufgeworfen sind (z.B. Besoldungs- und Versorgungserhöhungen, Urlaubsregelungen, Altersgrenzen, Familienpflegezeitgesetz, Elternzeit für Großeltern, Ansparen von Erholungsurlaub bei Kinderbetreuung, Dienstbefreiung bei Erkrankung eines Kindes). Unbestritten zielen die gemeinsamen Gespräche darauf, über die einzelnen insoweit relevanten Punkte Einvernehmen zu erzielen. Letzteres ist im Spitzengespräch vom 17.1.2014 ausweislich der zur Akte gereichten Berichterstattung der Saarbrücker Zeitung aus Sicht aller Teilnehmer weitgehend gelungen.

Der Tatbestand des § 53 BeamtStG ist fallbezogen auch hinsichtlich des Merkmals „durch die obersten Landesbehörden“ erfüllt. Die Spitzengespräche, an denen der Antragsteller teilnehmen will, werden von der Landesregierung einberufen und unter Mitwirkung aller federführend betroffenen Ministerien geführt. Sie sind daher Teil der Vorbereitung gesetzlicher Regelungen durch die obersten Landesbehörden und können diese Eigenschaft nicht im Nachhinein dadurch verlieren, dass die Punkte, über die Einvernehmen erzielt wird, nicht im Wege eines Regierungsentwurfs, sondern eines Gesetzesentwurfs aus der Mitte des Landtags in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht werden.

Dass im Rahmen der Gespräche auch Themen besprochen werden, die nicht speziell die Vorbereitung gesetzlicher Regelungen zum Gegenstand haben, sondern allgemeine beamten- bzw. richterrechtliche Verhältnisse betreffen, kann einem Eingreifen des § 53 BeamtStG nicht entgegenstehen. Denn die Vorschrift stellt wie die Vorgängervorschrift des § 58 BRRG(BVerwG, Urteil vom 12.10.1978, a.a.O., Rdnr. 26) Mindestanforderungen an den Landesgesetzgeber, die dieser jedenfalls auszuschöpfen hat. Sie regelt mithin zwar positiv eine verbindliche und insoweit abschließende Festlegung des vorgesehenen Beteiligungsgebots, ihr ist aber negativ kein Ausschluss einer weitergehenden Beteiligung nach Landesrecht zu entnehmen. Den Ländern ist es unbenommen, ein Beteiligungsrecht auch hinsichtlich allgemeiner Regelungen der beamten- bzw. richterrechtlichen Verhältnisse zu gewähren.(Plog/Wiedow, BBG, Kommentar, Stand 346. Erg.lief. August 2014, § 53 BeamtStG Rdnr. 9, § 94 BBG (alt) Rdnrn. 5 und 13) Vor diesem Hintergrund kann das durch § 53 BeamtStG vorgegebene Beteiligungsgebot nicht dadurch hinfällig werden, dass die Gesprächsthemen neben der Vorbereitung gesetzlicher Regelungen auch die Vorbereitung allgemeiner Regelungen zum Gegenstand haben.

1.2. Im Übrigen legen der Wortlaut des § 104 SBG n.F. und der Vorgängervorschrift des § 111 SBG a.F. sowie die Gesetzesbegründung zu der Neuregelung den Schluss nahe, dass § 104 SBG n.F. ein Beteiligungsrecht der Spitzenverbände nicht auf die Vorbereitung gesetzlicher Regelungen beschränkt, sondern daneben bezüglich der Vorbereitung allgemeiner Regelungen der beamtenrechtlichen bzw. der richterrechtlichen Verhältnisse ein Beteiligungsrecht vorgibt.

Ein solch weites Beteiligungsgebot war in § 111 SBG a.F. ausdrücklich vorgesehen. Abs. 1 Satz 1 der Vorschrift lautete wie folgt:

„Die Spitzenorganisationen der zuständigen Gewerkschaften und Berufsverbände sind bei der Vorbereitung allgemeiner Regelungen der beamtenrechtlichen Verhältnisse zu beteiligen.“

In der Gesetzesbegründung zu § 104 SBG n.F. heißt es einleitend, die Regelung entspreche inhaltlich § 111 SBG a.F., soweit nicht in § 53 BeamtStG enthalten. Sie regele den Adressatenkreis, soweit dieser nicht bereits in § 53 BeamtStG festgelegt sei. § 53 BeamtStG könne im SBG lediglich um landesspezifische Regelungen (hier: Kommunale Spitzenverbände) ergänzt werden. Das Beteiligungsrecht als solches folge unmittelbar aus § 53 BeamtStG. Der Bund habe im Rahmen seiner konkurrierenden Gesetzgebung eine abschließende Regelung getroffen.

Diese Ausführungen sind wenig erhellend. Auf den ersten Blick könnte ihnen zu entnehmen sein, dass der Gesetzgeber meint, er sei nur zur Erweiterung des Adressatenkreises befugt - wovon er durch Einbeziehung der Kommunalen Spitzenverbände Gebrauch gemacht habe - und dürfe im Übrigen über den bundesrechtlichen Rahmen nicht hinausgehen. Die Annahme einer solch eingeschränkten landesgesetzgeberischen Kompetenz entspricht indes nicht dem durch § 53 BeamtStG eröffneten Handlungsspielraum. In der Gesetzesbegründung des Bundesgesetzgebers heißt es ausdrücklich, dass die Neuregelung mit § 58 BRRG übereinstimme und weitergehende Beteiligungsrechte, wie sie bereits praktiziert würden, davon unberührt seien.(BT-Drs. 16/4027, S. 35) Unter der Geltung des § 58 BRRG, der als Rahmenvorschrift ein Beteiligungsrecht nur bezüglich der Vorbereitung gesetzlicher Regelungen verbindlich vorgeschrieben hatte, war - wie ausgeführt - geklärt, dass die Landesgesetzgeber über diesen Bereich hinausgehen durften. Wie § 111 SBG a.F. belegt, stand auch für den saarländischen Landesgesetzgeber außer Zweifel, dass er befugt war, das Beteiligungsrecht auf allgemeine Regelungen der beamtenrechtlichen Verhältnisse auszudehnen. Im Übrigen enthält die landesrechtliche Regelung in § 104 Abs. 1 SBG n.F. nicht nur hinsichtlich des Kreises der Anspruchsberechtigten (Kommunale Spitzenverbände) eine Erweiterung zu § 53 BeamtStG, sondern erstreckt das Beteiligungsrecht in ihrem Abs. 1 durchaus - wie die Vorgängervorschrift des § 111 SBG a.F. - auf die Vorbereitung allgemeiner Regelungen der beamtenrechtlichen Verhältnisse. Dass dieser weite Anwendungsbereich nach dem Willen des Landesgesetzgebers nur hinsichtlich beamtenrechtlicher Fragen, die gleichzeitig kommunale Interessen berühren, gelten soll, ist der Gesetzesbegründung nicht zu entnehmen und wäre nach dem Erkenntnisstand des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens durch nichts zu rechtfertigen. Die Erweiterung des Anwendungsbereichs auf allgemeine Regelungen stellt sich auch keineswegs als saarländische Besonderheit dar, sondern findet sich ebenso im heutigen (§ 118 BBG n.F.) wie im früheren Bundesrecht (§ 94 BBG a.F.) und nach den Recherchen von Baßlberger(Baßlsperger, Beteiligung der Spitzenorganisationen von Gewerkschaften nach § 53 BeamtStG/§ 118 BBG und Streikrecht der Beamten, PersV 2012, 287, 288, 290), der keinen Zweifel daran hat, dass die saarländische Vorschrift im Sinne eines weiten Beteiligungsrechts zu verstehen ist, in den Landesbeamtengesetzen aller Bundesländer. § 53 BeamtStG stellt lediglich einen Mindeststandard sicher und belässt den Ländern die Möglichkeit, ein Beteiligungsgebot auch für die Vorbereitung allgemeiner Regelungen der beamtenrechtlichen Verhältnisse vorzugeben.(Baßlsperger, a.a.O., S. 287) Genau dies dürfte angesichts der Bezugnahme auf die insoweit eindeutige Vorgängervorschrift der Wille des saarländischen Landesgesetzgebers gewesen sein.

Für ein weites Verständnis im Sinne der Vorbereitung allgemeiner Regelungen beamten- bzw. richterrechtlicher Verhältnisse spricht nicht zuletzt die tatsächlich vom Antragsgegner als dem durch die Vorschrift in die Pflicht Genommenen praktizierte Umsetzung der Vorschrift. In den Spitzengesprächen mit den Gewerkschaften werden keineswegs nur Fragestellungen erörtert, die im Rahmen der Vorbereitung gesetzlicher Regelungen aufgeworfen sein können. So geht es beispielsweise auch um die Entwicklung eines Personalmanagementkonzepts oder um den Ausbau von Dienstleistungszentren, d.h. der Antragsgegner macht Themen zum Gegenstand der Gespräche, die typischerweise nicht durch den Erlass von Gesetzen abgearbeitet werden. Dies indiziert, dass der Antragsgegner selbst sich als Kopf der Regierung, die den Gesetzesentwurf zur Neufassung des Saarländischen Beamtengesetzes in das Gesetzgebungsverfahren als Regierungsentwurf eingebracht und begründet hat, bisher in Bezug auf die Vorbereitung allgemeiner beamtenrechtlicher Regelungen durch die Vorschrift genauso in die Pflicht genommen gesehen hat, wie dies unter der Geltung der Vorgängervorschrift der Fall war.

Gegen die vom Antragsgegner insbesondere erstinstanzlich geforderte enge Auslegung des § 104 SBG n.F. sprechen schließlich die Vorgaben des Art. 11 EMRK.

Das Bundesverwaltungsgericht hat erst kürzlich klargestellt, dass Art. 11 EMRK in seiner bindenden Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte(EMRK (GK), Urteile vom 12.11.2008 - Nr. 34503/97 -, NZA 2010,1425, und vom 21.4.2009 - Nr. 68959/01 -, NZA 2010,1423) allen Angehörigen des öffentlichen Dienstes sowie ihren Gewerkschaften ein Recht auf Kollektivverhandlungen und, soweit sie nicht in den Streitkräften, der Polizei oder der genuinen Hoheitsverwaltung tätig sind, sogar auf darauf bezogene kollektive Kampfmaßnahmen gewährleistet.(BVerwG, Urteil vom 27.2.2014 - 2 C 1/13 -, juris Rdnrn. 35 ff.) Der hierdurch bedingte Konflikt mit Art. 33 Abs. 5 GG, nach dem kollektive Kampfmaßnahmen für alle Beamten ausgeschlossen sind, könne nur durch den Gesetzgeber gelöst werden. Diesem obliege es, nach dem Grundsatz der praktischen Konkordanz einen Ausgleich der sich gegenseitig ausschließenden Rechtspositionen aus Art. 33 Abs. 5 GG und Art. 11 EMRK herbeizuführen. Erforderlich erscheine jedenfalls eine erhebliche Erweiterung der Beteiligungsrechte der Gewerkschaften in Richtung eines Verhandlungsmodells. Die derzeit eingeräumten Beteiligungsrechte nach § 118 BBG, 53 BeamtStG genügten nicht.(BVerwG, Urteil vom 27.2.2014, a.a.O., Rdnrn. 47 ff., 64) Im Schrifttum wird ebenfalls nachhaltig dafür plädiert, die auch für Beamte durch Art. 9 Abs. 3 GG garantierte individuelle und kollektive Koalitionsfreiheit durch eine anderweitige Sicherstellung der Einbeziehung mit Leben zu füllen. Damit die verfassungsrechtlichen Garantien nicht leerliefen, müssten die eingeschränkten Beteiligungsoptionen kompensiert werden.(Böhm, Wege zur Stärkung der Mitbestimmung im öffentlichen Dienst, ZBR 2013,181,182) Als „verfassungsrechtliche Mindestkompensation“ komme in Betracht, die gesetzliche Ausgestaltung des Beteiligungsverfahrens in der Vorbereitungsphase allgemeiner Regelungen weitest möglich zu effektuieren.(Lorse, Die Beteiligung gewerkschaftlicher Spitzenorganisationen bei der Ausgestaltung der allgemeinen Beamtenverhältnis - aktuelle Entwicklungstendenzen, ZBR 2012, 361, 368)

Mit der vom Bundesverwaltungsgericht aufgezeigten Konsequenz der Notwendigkeit eines gesetzgeberischen Tätigwerdens zur Sicherstellung der Vereinbarkeit des innerstaatlichen Rechts mit den völkerrechtlichen Vorgaben des Art. 11 EMRK wäre nach alldem eine einschränkende Auslegung bereits geltender Vorschriften - § 104 SBG n.F. - durch die Gerichte nicht zu vereinbaren.

1.3. Dem Antragsgegner ist grundsätzlich darin zuzustimmen, dass die §§ 53 BeamtStG i.V.m. 104 SBG den Spitzenorganisationen bei Vorliegen der übrigen Tatbestandsvoraussetzungen zwar ein Recht auf Beteiligung garantieren, nicht aber darauf, dass diese Beteiligung gerade im Wege gemeinsamer Spitzengespräche zu erfolgen hat.

Seit langem ist - wie das Bundesverwaltungsgericht in oben zitierter Entscheidung nachhaltig bekräftigt - anerkannt, dass dem Beteiligungsgebot im Hinblick auf das berufsbezogene Koalitionsrecht der Beamten (Art. 9 Abs. 3 GG, § 33 Abs. 5 GG) inhaltlich erhebliche grundsätzliche Bedeutung zukommt. Den Spitzenorganisationen wird an Stelle des nicht gegebenen Tarif- und Streikrechts ein eigenständiges Instrument des Interessenausgleichs im Vorfeld der beamtenrechtlichen Gesetzgebung zur Verfügung gestellt.(Plog/Wiedow, a.a.O., § 53 BeamtStG Rdnr. 2, § 94 BBG (alt) Rdnr. 1; Baßlsperger, a.a.O., S. 288; Lorse, a.a.O., S. 361) Es handelt sich um ein eigenständiges Instrument des Interessenausgleichs, das über die Verpflichtung zur rechtzeitigen Anhörung hinausgeht.(Lorse, a.a.O., S. 362) Nach neueren Überlegungen im Schrifttum(Böhm, a.a.O., S. 182) ist in diesem Zusammenhang auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Grundrechtsschutz durch Verfahren in den Blick zu nehmen. Hiernach beeinflussen Grundrechte - hier Art. 9 Abs. 3 GG - nicht nur die Ausgestaltung des materiellen Rechts, sondern setzen zugleich Maßstäbe für eine den Grundrechtsschutz effektuierende Organisations- und Verfahrensgestaltung sowie für eine grundrechtsfreundliche Anwendung vorhandener Verfahrensvorschriften.(BVerfG, Beschluss vom 14.5.1985 - 1 BvR 233, 341/81 -, BVerfGE 69, 315, 355) Die Ausgestaltung der Beteiligung muss angesichts dessen dem Ziel eines effizienten Interessensausgleichs gerecht werden, was gebietet, dass ausreichend Zeit zur Stellungnahme eingeräumt wird. Die obersten Landesbehörden müssen sich mit den von den Spitzenorganisationen geltend gemachten Gesichtspunkten auseinandersetzen und sie gegen die eigenen Gesichtspunkte abwägen.(Plog/Wiedow, a.a.O., § 53 BeamtStG Rdnr. 7, § 94 BBG (alt) Rdnr. 10) Die Spitzenorganisationen dürfen insbesondere nicht mit einer bereits abgeschlossenen Willensbildung konfrontiert, sondern müssen zu einem Zeitpunkt beteiligt werden, in dem sie noch eine echte Möglichkeit der Einflussnahme haben.(Plog/Wiedow, a.a.O., § 94 BBG (alt) Rdnr. 10; Baßlsperger, a.a.O., S. 292) Schon 1969 hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in diesem Zusammenhang festgestellt, dass die verantwortliche Mitbeteiligung bis zum Abschluss der Vorbereitung „nach dem Geist des Koalitionsrechts“ zu geschehen habe.(OVG Rheinland-Pfalz, ZBR 1969, 346; Baßlsperger, a.a.O., S. 288) Die damit gebotene frühzeitige Einbindung der Spitzenorganisationen in die Gesetzesvorbereitung bzw. die Vorbereitung allgemeiner Regelungen der beamtenrechtlichen Verhältnisse kann indes nicht nur im Wege gemeinsamer Spitzengespräche, sondern daneben, da eine bestimmte Form der Beteiligung nicht vorgegeben ist, auch auf andere Weise - beispielsweise durch Zuleitung von Entwürfen zur Stellungnahme - gewährleistet werden. Ferner ist anerkannt, dass Spitzengespräche - wie in § 6 Satz 2 der zu § 94 BBG a.F. geschlossenen Vereinbarung vom 20.5.1996 über die Beteiligung der Spitzenorganisationen der Gewerkschaften bei allgemeinen Regelungen der beamtenrechtlichen Verhältnisse(abgedruckt in Plog/Wiedow, a.a.O., § 94 BBG (alt) Rdnr. 3) ausdrücklich festgehalten - sowohl getrennt als auch gemeinsam geführt werden können.(Baßlsperger, a.a.O., S. 293) Mithin vermitteln die § 53 BeamtStG i.V.m. 104 SBG einer Spitzenorganisation zwar keinen immer und uneingeschränkt geltenden Anspruch darauf, dass zur Gewährleistung der gebotenen Beteiligung gemeinsame Spitzengespräche mit allen von den Regelungsvorhaben betroffenen Spitzenorganisationen geführt werden, sie verlangen aber die Sicherstellung, dass das Beteiligungsverfahren in jedem konkreten Einzelfall so ausgestaltet wird, dass eine echte Möglichkeit der Einflussnahme auf die Willensbildung gewährleistet ist.

1.4. Nach den Erkenntnismöglichkeiten des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens steht dem Antragsteller vor dem aufgezeigten Hintergrund fallbezogen zur Sicherstellung seiner ordnungsgemäßen Beteiligung ein Anspruch auf Erlass einer einstweiligen Anordnung des Inhalts zu, dass der Antragsgegner ihn vorläufig an den weiteren - insbesondere im Rahmen des Programms „Zukunftssichere Landesverwaltung“ stattfindenden - gemeinsamen Gesprächen zwischen den Gewerkschaften und der Landesregierung beteiligt, soweit es um Themen geht, die nicht ausschließlich die Beamtenschaft, sondern gleichermaßen die Richter im Landesdienst betreffen.

Dies dürfte sich bereits aus dem grundgesetzlich verankerten Gleichheitssatz herleiten, denn ein sachlicher Grund, der es rechtfertigen könnte, nur die Gewerkschaften als Vertreter der Beamtenschaft, nicht aber auch den Antragsteller als Vertreter der von den Regelungsvorhaben weitgehend gleich betroffenen Richterschaft an den für die anderen Organisationen gemeinsam veranstalteten Spitzengesprächen zu beteiligen, sondern ihn auf Einzelgespräche zu verweisen, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Insbesondere vermag sich die Forderung einer Gewerkschaft, den Antragsteller nicht an den Gesprächen zu beteiligen, nicht als ein die Ungleichbehandlung rechtfertigender sachlicher Grund darzustellen. Wenngleich einer zu beteiligenden Spitzenorganisation unbenommen ist, für sich selbst ein Einzelgespräch zu fordern, steht ihr jedenfalls ein Recht, eine bestimmte andere Spitzenorganisationen von mit weiteren Spitzenorganisationen geplanten gemeinsamen Gesprächen auszuschließen, nicht zu und - das ist entscheidend - darf der Antragsgegner diese ablehnende Haltung nicht zum Anlass nehmen, eine Spitzenorganisation, deren Beteiligung rechtlich geboten ist, von den gemeinsamen Gesprächen auszuschließen.

Entscheidend ist jedenfalls der seitens des Antragstellers glaubhaft gemachte Umstand, dass Landesregierung und Gewerkschaften die gemeinsamen Spitzengespräche führen, um sich u.a. zu Fragen, die einer gesetzlichen oder allgemeinen Regelung bedürfen, auf Absprachen zu verständigen, wobei alle Seiten diese Absprachen als verbindlich anerkennen und der Antragsgegner sodann Sorge dafür trägt, dass Gesetzesentwürfe bzw. sonstige Regelungswerke erstellt werden, die diese Vorabsprachen sowohl mit Wirkung für die Landesbeamten als auch für die Richter im Landesdienst umsetzen.

Angesichts dieser Verfahrensweise steht fest, dass der Antragsgegner den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften im Verlauf der Vorbereitung bestimmter Gesetze weitergehende Beteiligungs- und damit Einflussmöglichkeiten zubilligt als dem Antragsteller als dem für die saarländische Richter- und Staatsanwaltschaft zuständigem Berufsverband. Diesem werden die Gesprächsergebnisse zwar mitgeteilt und erläutert und er darf eingehend Stellung nehmen, kann hierdurch aber kein echtes Überdenken des Vorhabens mehr auslösen, weil die Landesregierung sich an die mit den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften getroffenen Absprachen, die im Übrigen teilweise bereits über die Presse als Einigung kommuniziert werden, kraft Vereinbarung gebunden und zu ihrer Umsetzung durch Gesetze oder allgemeiner Regelungen politisch verpflichtet fühlt. Diese dem Antragsteller eine realistische Einwirkungsmöglichkeit verwehrende Handhabung, für die es wie bereits angesprochen keine sachliche Rechtfertigung gibt, verletzt den Antragsteller in seinem Beteiligungsrecht.

Er kann nach derzeitigem Erkenntnisstand verlangen, in gleicher Weise und gleichem Umfang wie die Spitzenorganisationen der Gewerkschaften an der Vorbereitung gesetzlicher bzw. allgemeiner Regelungen der beamtenrechtlichen Verhältnisse, soweit diese auch für die saarländischen Richter und Staatsanwälte gelten sollen, beteiligt zu werden.

Nur so kann unter der Prämisse der Fortführung des Programms „Zukunftssichere Landesverwaltung“ sichergestellt werden, dass auch der Antragsteller so frühzeitig in die Vorbereitung der dort mit dem Ziel einvernehmlicher Lösungen diskutierten Problemfelder eingebunden wird, dass hierdurch dem Charakter der Beteiligung als eigenständigem Instrument des Interessensausgleichs Rechnung getragen wird.

2. Der Anordnungsgrund, der eine vorläufige Regelung des streitigen Rechtsverhältnisses rechtfertigt, liegt darin, dass der Antragsgegner die Spitzengespräche „Zukunftssichere Landesverwaltung“ als ständiges Instrument der Interessenabstimmung praktiziert und den Antragsteller weiterhin von einer Teilnahme ausschließen will, wobei ausweislich der Vorankündigung im Spitzengespräch vom 17.1.2014 voraussichtlich in Kürze mit einer neuen Gesprächsrunde zu rechnen ist.

Angesichts dessen erscheint der Erlass der im Tenor verfügten einstweiligen Anordnung objektiv nötig im Sinn des § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO, um einen wesentlichen Nachteil des Antragstellers in Gestalt einer Verletzung seines Beteiligungsrechts aus dem §§ 53 BeamtStG, 71 DRiG, 104 SBG, 4 Abs. 1 SRiG abzuwenden.

Der Antragsteller bemüht sich seinem glaubhaften Vorbringen zufolge bereits seit Ende 2012 um eine Teilnahme an den verfahrensgegenständlichen Spitzengesprächen zwischen der Landesregierung und den Gewerkschaften. Diese ist ihm bisher versagt geblieben. Entsprechende Gespräche wurden am 1.12.2012, am 8.6.2013 und am 17.1.2014 - jeweils ohne ihn - geführt. Das nächste Gespräch ist für das vierte Quartal 2014 angekündigt und dürfte daher in naher Zukunft stattfinden.

Eine erneute Gesprächsführung ohne den Antragsteller würde unter der Prämisse, dass - wie in den vorangegangenen Gesprächen - Themen, besprochen werden, die in Vereinbarungen münden könnten, deren Umsetzung auch für die Richter im Landesdienst Wirkung entfalten würde, das Beteiligungsrecht des Antragstellers in Bezug auf die konkret vorbereiteten Normsetzungsverfahren unwiederbringlich verletzen. Denn die Tatsache der Rechtsverletzung würde die Wirksamkeit entsprechender Gesetze, Rechtsverordnungen, Verwaltungsvorschriften oder sonstiger beamtenrechtlicher Regelungen unberührt lassen(BVerwG, Urteil vom 23.2.2012 - 2 C 76.10 -, juris Rdnr. 47; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 7.3.2013 - 6 A 93/12, juris Rdnr. 29), letztlich also folgenlos bleiben. Zwar gibt es Stimmen, die als Folge der Verletzung des Beteiligungsrechts die Nichtigkeit der so ergangenen Regelung befürworten(Nachweise bei Baßlsperger, a.a.O., S. 294), mangels Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 VwGO wäre den Spitzenorganisationen aber der Weg einer abstrakten Normenkontrolle verschlossen. Das Beteiligungsrecht des Antragstellers kann daher nur durch Erlass der im Tenor verfügten einstweiligen Anordnung mit sofortiger Wirkung durchgesetzt werden.

Es bedarf nach alldem einer einstweiligen Anordnung, die dem Antragsgegner aufgibt, den Antragsteller an weiteren gemeinsamen Spitzengesprächen mit den Gewerkschaften, die noch vor Ergehen einer abschließenden Entscheidung in der Hauptsache anberaumt und Themen zum Gegenstand haben werden, die - zumindest auch - Rechte und Pflichten der Richter und Staatsanwälte im Landesdienst berühren, zu beteiligen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 63 Abs. 2, 47 Abs. 1 und 52 Abs. 1 und Abs. 2 GKG und berücksichtigt die Vorläufigkeit der getroffenen Anordnung.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 21. Okt. 2014 - 1 B 285/14

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 21. Okt. 2014 - 1 B 285/14

Referenzen - Gesetze

Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 21. Okt. 2014 - 1 B 285/14 zitiert 19 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 123


(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 33


(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten. (2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte. (3) Der Genuß bürgerlicher und st

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 47


(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit 1. von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 de

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 9


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden. (2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverstä

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 11


(1) Alle Deutschen genießen Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet. (2) Dieses Recht darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes und nur für die Fälle eingeschränkt werden, in denen eine ausreichende Lebensgrundlage nicht vorhanden ist und der

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 53 Beteiligung der Spitzenorganisationen


Bei der Vorbereitung gesetzlicher Regelungen der beamtenrechtlichen Verhältnisse durch die obersten Landesbehörden sind die Spitzenorganisationen der zuständigen Gewerkschaften und Berufsverbände zu beteiligen. Das Beteiligungsverfahren kann auch dur

Deutsches Richtergesetz - DRiG | § 71 Geltung des Beamtenstatusgesetzes


Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, gelten für das Statusrecht der Richter im Landesdienst bis zu einer besonderen Regelung die Vorschriften des Beamtenstatusgesetzes entsprechend.

Bundesbeamtengesetz - BBG 2009 | § 118 Beteiligung der Spitzenorganisationen


Die Spitzenorganisationen der zuständigen Gewerkschaften sind bei der Vorbereitung allgemeiner Regelungen der beamtenrechtlichen Verhältnisse zu beteiligen.

Bundesbeamtengesetz - BBG 2009 | § 94 Hinweispflicht


Wird eine Verkürzung der Arbeitszeit oder eine langfristige Beurlaubung beantragt, sind die Beamtinnen und Beamten auf die Folgen verkürzter Arbeitszeit oder langfristiger Beurlaubungen hinzuweisen, insbesondere auf die Folgen für Ansprüche aufgrund

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 21. Okt. 2014 - 1 B 285/14 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 21. Okt. 2014 - 1 B 285/14 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 27. Feb. 2014 - 2 C 1/13

bei uns veröffentlicht am 27.02.2014

Tatbestand 1 Die Klägerin war bis zu ihrem Ausscheiden während des Revisionsverfahrens Lehrerin im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit im Dienst des beklagten Landes.

Referenzen

Bei der Vorbereitung gesetzlicher Regelungen der beamtenrechtlichen Verhältnisse durch die obersten Landesbehörden sind die Spitzenorganisationen der zuständigen Gewerkschaften und Berufsverbände zu beteiligen. Das Beteiligungsverfahren kann auch durch Vereinbarung ausgestaltet werden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Bei der Vorbereitung gesetzlicher Regelungen der beamtenrechtlichen Verhältnisse durch die obersten Landesbehörden sind die Spitzenorganisationen der zuständigen Gewerkschaften und Berufsverbände zu beteiligen. Das Beteiligungsverfahren kann auch durch Vereinbarung ausgestaltet werden.

Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, gelten für das Statusrecht der Richter im Landesdienst bis zu einer besonderen Regelung die Vorschriften des Beamtenstatusgesetzes entsprechend.

Bei der Vorbereitung gesetzlicher Regelungen der beamtenrechtlichen Verhältnisse durch die obersten Landesbehörden sind die Spitzenorganisationen der zuständigen Gewerkschaften und Berufsverbände zu beteiligen. Das Beteiligungsverfahren kann auch durch Vereinbarung ausgestaltet werden.

Wird eine Verkürzung der Arbeitszeit oder eine langfristige Beurlaubung beantragt, sind die Beamtinnen und Beamten auf die Folgen verkürzter Arbeitszeit oder langfristiger Beurlaubungen hinzuweisen, insbesondere auf die Folgen für Ansprüche aufgrund beamtenrechtlicher Regelungen sowie auf die Möglichkeit einer Befristung mit Verlängerung und deren Folgen.

Bei der Vorbereitung gesetzlicher Regelungen der beamtenrechtlichen Verhältnisse durch die obersten Landesbehörden sind die Spitzenorganisationen der zuständigen Gewerkschaften und Berufsverbände zu beteiligen. Das Beteiligungsverfahren kann auch durch Vereinbarung ausgestaltet werden.

Die Spitzenorganisationen der zuständigen Gewerkschaften sind bei der Vorbereitung allgemeiner Regelungen der beamtenrechtlichen Verhältnisse zu beteiligen.

Wird eine Verkürzung der Arbeitszeit oder eine langfristige Beurlaubung beantragt, sind die Beamtinnen und Beamten auf die Folgen verkürzter Arbeitszeit oder langfristiger Beurlaubungen hinzuweisen, insbesondere auf die Folgen für Ansprüche aufgrund beamtenrechtlicher Regelungen sowie auf die Möglichkeit einer Befristung mit Verlängerung und deren Folgen.

Bei der Vorbereitung gesetzlicher Regelungen der beamtenrechtlichen Verhältnisse durch die obersten Landesbehörden sind die Spitzenorganisationen der zuständigen Gewerkschaften und Berufsverbände zu beteiligen. Das Beteiligungsverfahren kann auch durch Vereinbarung ausgestaltet werden.

Tatbestand

1

Die Klägerin war bis zu ihrem Ausscheiden während des Revisionsverfahrens Lehrerin im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit im Dienst des beklagten Landes.

2

Im Januar und Februar 2009 nahm die Klägerin als Mitglied der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) innerhalb von zwei Wochen dreimal an Warnstreiks teil, zu denen die GEW während der Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst aufgerufen hatte. Die Gewerkschaft forderte eine Gehaltserhöhung für tarifbeschäftigte Lehrer und strebte die Übernahme des Tarifabschlusses für die Beamtenbesoldung an. Die Klägerin hatte ihre Teilnahme an den Warnstreiks vorab der Schulleitung angekündigt. Diese hatte sie darauf hingewiesen, dass ihr als Beamtin kein Streikrecht zustehe. An den drei Streiktagen versäumte die Klägerin insgesamt zwölf Unterrichtsstunden.

3

Aus diesem Grund wurde sie durch Disziplinarverfügung mit einer Geldbuße von 1 500 € belegt. Das Verwaltungsgericht hat die Verfügung aufgehoben, weil Verstöße beamteter Lehrer gegen das Streikverbot aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zur Zulässigkeit von Streiks im öffentlichen Dienst nicht mehr disziplinarrechtlich sanktioniert werden könnten. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht die Klage aus im Wesentlichen folgenden Gründen abgewiesen:

4

Die Teilnahme an den Warnstreiks stelle ein Dienstvergehen dar, weil es Beamten generell verboten sei, zur Förderung der Arbeitsbedingungen kollektive Kampfmaßnahmen zu ergreifen oder zu unterstützen. Dieses Verbot stelle einen unmittelbar geltenden hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums dar, der auch ohne gesetzliche Verbotsregelung von allen Beamten zu beachten sei. Für Tarifverhandlungen und darauf bezogene Streiks sei kein Raum, weil Besoldung und sonstige Arbeitsbedingungen der Beamten von den Dienstherrn einseitig festgelegt würden.

5

Die Zulässigkeit kollektiver Kampfmaßnahmen sei mit der Rechtsnatur des Beamtenverhältnisses als eines auf Lebenszeit angelegten öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnisses unvereinbar. Derartige Maßnahmen zerstörten das austarierte Gefüge von Rechten und Pflichten, das durch die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums verfassungsrechtlich vorgegeben sei. Danach seien Beamte verpflichtet, dem Dienstherrn ihre gesamte Arbeitskraft während des Berufslebens zur Verfügung zu stellen und die ihnen übertragenen Aufgaben uneigennützig und mit vollem Einsatz zu erfüllen. Dafür stelle ihnen der Dienstherr lebenslang die Mittel für eine dem Amt angemessene Lebensführung zur Verfügung. Diese Rechtsgrundsätze beanspruchten für alle Beamtenverhältnisse gleichermaßen Geltung; eine Differenzierung nach Verwaltungszweigen und Aufgabenbereichen sei ausgeschlossen.

6

An dieser Rechtslage ändere die neuere Rechtsprechung des EGMR zum Recht der außerhalb der Hoheitsverwaltung tätigen Angehörigen des öffentlichen Dienstes auf Tarifverhandlungen und kollektive Kampfmaßnahmen auch dann nichts, wenn sie auf deutsche Beamte anwendbar sein sollte. Bei der dann bestehenden Kollision zwischen Verfassungs- und Konventionsrecht habe das Grundgesetz Vorrang vor der Europäischen Menschenrechtskonvention, die im Rang eines Bundesgesetzes stehe. Das umfassende Verbot für alle Beamten, sich an kollektiven Kampfmaßnahmen zu beteiligen, stelle ein unverzichtbares Strukturprinzip der durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten Institution Berufsbeamtentum dar.

7

Mit der Revision macht die Klägerin geltend, es sei im Hinblick auf die verfassungs- und konventionsrechtlich geschützte Koalitionsfreiheit nicht zu rechtfertigen, auch denjenigen Beamten das Streikrecht zu verweigern, die außerhalb der Hoheitsverwaltung tätig seien. Außerhalb dieses Bereichs entschieden die Dienstherrn ohne rechtliche Bindungen nach politischen und fiskalischen Gesichtspunkten, ob sie Beamte oder Tarifbeschäftigte für die Aufgabenerfüllung einsetzten.

8

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 7. März 2012 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 15. Dezember 2010 zurückzuweisen.

9

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

10

Der Beklagte und der Vertreter des Bundesinteresses, der eine Stellungnahme des Bundesministeriums des Innern eingereicht hat, verteidigen das Berufungsurteil.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Klägerin ist im Wesentlichen nicht begründet. Das Berufungsurteil verstößt nicht gegen revisibles Recht, soweit das Oberverwaltungsgericht die angefochtene Disziplinarverfügung als dem Grunde nach rechtmäßig angesehen hat. Dagegen erweist sich die verhängte Geldbuße bei Anwendung der revisiblen Bemessungsvorgaben des § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 4 des Disziplinargesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16. November 2004 - LDG NRW - (GV. NRW. S. 624) als unangemessen hoch.

12

1. Die Voraussetzungen für eine Sachentscheidung über das Revisionsbegehren sind nach wie vor gegeben, obwohl die Klägerin während des Revisionsverfahrens auf ihren Antrag aus dem Beamtenverhältnis ausgeschieden ist.

13

a) Die mit der Anfechtungsklage angestrebte Aufhebung der Disziplinarverfügung ist allerdings nicht mehr möglich, weil diese Verfügung durch die antragsgemäße Entlassung der Klägerin aus dem Beamtenverhältnis ihre Rechtswirksamkeit verloren hat; sie hat sich erledigt (§ 43 Abs. 2 VwVfG NRW, § 3 Abs. 1 LDG NRW).

14

Ein Verwaltungsakt verliert seine Rechtswirkungen u.a. dann, wenn er aufgrund einer nachträglichen Änderung der Sach- oder Rechtslage seinen Regelungszweck nicht mehr erreichen kann. Der Geltungsanspruch des Verwaltungsakts, der darauf gerichtet ist, ein Rechtsverhältnis zu begründen, aufzuheben, inhaltlich zu ändern oder festzustellen, muss erloschen sein.

15

Dies ist bei einer Disziplinarverfügung der Fall, wenn der Beamte aus dem Beamtenverhältnis ausscheidet. Durch dieses Ereignis verliert die Disziplinarverfügung ihren Geltungsanspruch, weil feststeht, dass ihr Zweck nicht mehr erreicht werden kann. Das Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis lässt das disziplinarrechtliche Sanktionsbedürfnis entfallen.

16

Der Zweck des Disziplinarrechts besteht darin, die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung und das Ansehen des öffentlichen Dienstes aufrechtzuerhalten und wiederherzustellen. Daher werden Disziplinarmaßnahmen im Unterschied zu Kriminalstrafen nicht verhängt, um begangenes Unrecht zu vergelten.

17

Vielmehr sollen die Disziplinarmaßnahmen des Verweises, der Geldbuße und der Kürzung der Dienstbezüge, die durch Disziplinarverfügung ausgesprochen werden, den aktiven Beamten die Bedeutung der verletzten Dienstpflichten für die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung vor Augen führen und sie dazu anhalten, sich künftig pflichtgemäß zu verhalten. Sie sind darauf gerichtet, den ordnungsgemäßen Betrieb der öffentlichen Verwaltung sicherzustellen und weitere Funktions- oder Ansehensbeeinträchtigungen zu vermeiden (Urteile vom 23. Januar 1973 - BVerwG 1 D 25.72 - BVerwGE 46, 64 <66 f.>; vom 5. Mai 1998 - BVerwG 1 D 12.97 - juris Rn. 19 § 54 satz 2 bbg nr. 16>; Beschluss vom 13. Oktober 2005 - BVerwG 2 B 19.05 - Buchholz 235.1 § 15 BDG Nr. 2 Rn. 5).

18

Aus diesem Grund steht der Geltungsanspruch von Disziplinarverfügungen unter dem Vorbehalt, dass die gemaßregelten Betroffenen weiterhin die beamtenrechtlichen Pflichten zu beachten haben. Dies ist nicht mehr der Fall, wenn sie aus dem Beamtenverhältnis ausgeschieden sind. Ein früherer Beamter kann nicht mehr gemahnt werden, Pflichten zu beachten, die für ihn nicht mehr gelten. Er kann auch nicht mehr die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung oder das Ansehen des öffentlichen Dienstes beeinträchtigen.

19

b) Der Antrag, die Rechtswidrigkeit der erledigten Disziplinarverfügung festzustellen, ist als nachrangiges Begehren in dem weitergehenden Aufhebungsantrag enthalten (Urteil vom 28. April 2005 - BVerwG 2 C 1.04 - BVerwGE 123, 308 <312> = Buchholz 240 § 72a BBesG Nr. 1 S. 3 f.). Der Fortsetzungsfeststellungsantrag ändert weder das Rechtsschutzziel noch den Sach- und Streitstoff des Revisionsverfahrens (Urteile vom 2. Juli 1982 - BVerwG 8 C 101.81 - BVerwGE 66, 75 <78> = Buchholz 448.11 § 43 ZDG Nr. 2 S. 3 f.; vom 21. Oktober 1993 - BVerwG 6 C 12.92 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 320 S. 306 und vom 15. Dezember 2011 - BVerwG 2 C 44.10 - juris Nr. 8).

20

Das berechtigte Interesse der Klägerin an der beantragten Feststellung nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO folgt aus dem Umstand, dass sie unter Berufung auf die neuere Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) geltend macht, die disziplinarrechtliche Maßregelung habe ihre Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 GG, Art. 11 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verletzt.

21

2. Der Beklagte hat zu Recht angenommen, dass die Klägerin durch die Teilnahme an den Warnstreiks ein Dienstvergehen begangen hat. Sie blieb an den drei Tagen, an denen sie aus diesem Grund den Unterricht versäumte, vorsätzlich dem Dienst unerlaubt fern (§ 83 Abs. 1 Satz 1, § 79 Abs. 1 Satz 1 des Beamtengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen in der bis zum 31. März 2009 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 1. Mai 1981 - LBG NRW a.F. - ).

22

Der Tatbestand des unerlaubten Fernbleibens nach § 79 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW a.F. knüpft an die formale Dienstleistungspflicht an. Diese beamtenrechtliche Grundpflicht fordert von Beamten vor allem, sich während der vorgeschriebenen Zeit an dem vorgeschriebenen Ort aufzuhalten und dort die ihm übertragenen dienstlichen Aufgaben wahrzunehmen (stRspr; vgl. Urteil vom 11. Oktober 2006 - BVerwG 1 D 10.05 - Buchholz 232 § 73 BBG Nr. 30 Rn. 34). Wer dem Dienst vorsätzlich unerlaubt fernbleibt, missachtet damit zwangsläufig die Dienstpflichten zum vollen beruflichen Einsatz und zur Befolgung dienstlicher Anordnungen. Die Teilnahme der Klägerin an den Warnstreiks war unerlaubt, weil sie nicht nach Art. 9 Abs. 3 GG oder nach Art. 11 EMRK von ihren Unterrichtspflichten befreit war.

23

3. Beamte sind nicht berechtigt, sich an kollektiven Kampfmaßnahmen zu beteiligen oder diese zu unterstützen. Insoweit enthält Art. 33 Abs. 5 GG ein umfassendes Verbot für alle Beamten, das deren Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 GG beschränkt und auch ohne gesetzliche Verbotsregelungen beachtet werden muss. Demgegenüber nimmt der EGMR in zwei Entscheidungen aus den Jahren 2008 und 2009 an, dass die Gewährleistungen der Koalitionsfreiheit nach Art. 11 EMRK denjenigen Angehörigen des öffentlichen Dienstes ein Recht auf Tarifverhandlungen und kollektive Kampfmaßnahmen einräumen, die nach ihrem Aufgabenbereich nicht an der Ausübung genuin hoheitlicher Befugnisse beteiligt sind. Es ist Aufgabe des Bundesgesetzgebers, einen Ausgleich zwischen den inhaltlich unvereinbaren Anforderungen des Art. 33 Abs. 5 GG und des Art. 11 EMRK herzustellen. Solange dies nicht geschehen ist, beansprucht das Verbot nach Art. 33 Abs. 5 GG Geltung.

24

4. Nach Art. 33 Abs. 5 GG ist das Recht des öffentlichen Dienstes unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln. Damit stellt das Grundgesetz die von ihm vorgefundene Institution des Berufsbeamtentums unter verfassungsrechtlichen Schutz. Unter dem Begriff der hergebrachten Grundsätze ist ein prägender Kernbestand an rechtlichen Strukturprinzipien zu verstehen, die sich in der Tradition entwickelt und bewährt haben. Sie müssen während eines längeren Zeitraums, vor allem während der Geltung der Weimarer Reichsverfassung, als verbindlich anerkannt gewesen sein und das Bild des Berufsbeamtentums maßgeblich geprägt haben. Dies ist anzunehmen, wenn ihre Beseitigung dessen Charakter als Institution grundlegend verändern würde (stRspr; BVerfG, Beschlüsse vom 19. September 2007 - 2 BvF 3/02 - BVerfGE 119, 247 <260 f.> und vom 28. Mai 2008 - 2 BvL 11/07 - BVerfGE 121, 205 <219 f.>).

25

Das Grundgesetz gewährleistet die hergebrachten Grundsätze als die funktionswesentlichen tradierten Grundstrukturen einer Institution, die auf Sachwissen, fachlicher Leistung und loyaler Pflichterfüllung beruht. Das Berufsbeamtentum soll erhalten werden, weil es aufgrund seiner rechtlichen Strukturen als befähigt angesehen wird, eine stabile Verwaltung zu sichern und die rechtsstaatlichen Bindungen jedes staatlichen Handelns auch gegenüber den politischen Kräften zur Geltung zu bringen (stRspr; BVerfG, Beschlüsse vom 19. September 2007 a.a.O. und vom 28. Mai 2008 a.a.O.).

26

Die rechtliche Bedeutung der hergebrachten Grundsätze hängt von ihrem Inhalt ab: Geben sie einen ausfüllungsbedürftigen Rahmen vor, ist der Gesetzgeber zur inhaltlichen Konkretisierung berechtigt und verpflichtet, wobei er die verfassungsrechtlichen Grenzen beachten muss (stRspr; vgl. Urteil vom 20. März 2008 - BVerwG 2 C 49.07 - BVerwGE 131, 20 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 94, jeweils Rn. 20). Hat ein hergebrachter Grundsatz dagegen einen hinreichend bestimmten Inhalt, folgen daraus unmittelbar Rechte und Pflichten für das Beamtenverhältnis; einer gesetzlichen Regelung bedarf es nicht.

27

Die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums stehen in einem inhaltlichen Zusammenhang; sie ergeben in ihrer Gesamtheit das besondere, für das Beamtenverhältnis charakteristische Regelungsgefüge aus Rechten und Pflichten. So folgt aus hergebrachten Grundsätzen des Lebenszeitprinzips, des Leistungsprinzips und der Hauptberuflichkeit, dass der Beamte grundsätzlich verpflichtet ist, dem Dienstherrn lebenslang seine volle Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen, die übertragenen dienstlichen Aufgaben mit vollem beruflichen Einsatz sowie uneigennützig zu erfüllen, sich dabei ausschließlich an Gesetz und Recht zu orientieren und sich gegenüber dem Dienstherrn loyal zu verhalten. Im Gegenzug verpflichtet der Alimentationsgrundsatz den Dienstherrn, dem Beamten und seiner Familie lebenslang denjenigen Unterhalt zu gewähren, der nach den wirtschaftlichen Verhältnissen für eine dem Statusamt entsprechende Lebensführung erforderlich ist. Dadurch wird die wirtschaftliche Unabhängigkeit des Beamten sichergestellt, die ihn in die Lage versetzt, sein Amt uneigennützig nach den Erfordernissen des Rechts zu führen (BVerfG, Beschlüsse vom 19. September 2007 a.a.O. S. 263 f. und vom 28. Mai 2008 a.a.O. S. 221; Urteil vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - BVerfGE 130, 263 <292 f.>).

28

Art. 33 Abs. 5 GG erteilt dem Gesetzgeber den Auftrag, das Beamtenrecht zu regeln und fortzuentwickeln. Daher hat er die Befugnis, die hergebrachten Grundsätze "in die Zeit zu stellen", indem er den vorgegebenen Rahmen ausfüllt oder ihren Geltungsbereich einschränkt. Umfang und Reichweite des dem Gesetzgeber hierbei eröffneten Gestaltungsspielraums hängen davon ab, welche Bedeutung dem jeweiligen hergebrachten Grundsatz für die dem Berufsbeamtentum zugedachte Aufgabe zukommt, eine rechtsstaatliche Verwaltung zu sichern. Art. 33 Abs. 5 GG verbietet tiefgreifende strukturelle Eingriffe, die das Wesen der Institutionsgarantie Berufsbeamtentum verändern (BVerfG, Beschlüsse vom 19. September 2007 a.a.O. S. 262 f. und vom 28. Mai 2008 a.a.O. S. 220 f.). Die Aufnahme des Fortentwicklungsgebots in den Wortlaut des Art. 33 Abs. 5 GG durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 (BGBl S. 2034) hat den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers nicht erweitert (BVerfG, Beschlüsse vom 19. September 2007 a.a.O. S. 273 und vom 28. Mai 2008 a.a.O. S. 232).

29

Es stellt ein durch Art. 33 Abs. 5 GG vorgegebenes prägendes Strukturprinzip der Institution des Berufsbeamtentums dar, dass das Gefüge aufeinander bezogener und sich ergänzender Rechte und Pflichten einseitig von den Dienstherrn inhaltlich konkretisiert wird. Der Grundsatz der hoheitlichen Gestaltung des Beamtenverhältnisses hat in zahlreichen Vorschriften der Beamtengesetze Ausdruck gefunden. So ist die Beamtenbesoldung durch Gesetz zu regeln (§ 2 Abs. 1 und 2 BBesG). Grundlegende Arbeitsbedingungen der Beamten wie Arbeitszeit und Urlaub sind unmittelbar durch Gesetz oder aufgrund gesetzlicher Ermächtigung durch Rechtsverordnung geregelt (vgl. § 87 ff. BBG, § 44 BeamtStG). Gesetz- und Verordnungsgeber sind bei der Festlegung der Besoldung und der weiteren Arbeitsbedingungen an die Vorgaben insbesondere des Art. 33 Abs. 5 GG gebunden; dieser Bindung entsprechen subjektive Rechte der Beamten. Es liegt in der Verantwortung von Gesetz- und Verordnungsgeber, insbesondere die verfassungsrechtlichen Grenzen ihres Regelungsauftrags zu beachten und auf diese Weise das beamtenrechtliche Regelungsgefüge in einem austarierten Zustand zu halten (BVerfG, Beschlüsse vom 11. Juni 1958 - 1 BvR 1/52, 46/52 - BVerfGE 8, 1 <17 f.>; vom 30. März 1977 - 2 BvR 1039, 1045/75 - BVerfGE 44, 249 <264> und vom 19. September 2007 a.a.O. S. 263 f.).

30

Mit der Rechtsnatur des Beamtenverhältnisses als eines hoheitlich ausgestalteten Dienst- und Treueverhältnisses lässt sich nicht vereinbaren, dass die Konkretisierung des beamtenrechtlichen Regelungsgefüges zur Disposition der Tarifparteien gestellt, d.h. zwischen den Dienstherrn und den Gewerkschaften der Beamten ausgehandelt und vereinbart wird. Die Institution des Berufsbeamtentums würde tiefgreifend verändert, wenn die Fragen der Besoldung, der Arbeitszeiten oder der Altersgrenzen für die Einstellung und den Eintritt in den Ruhestand durch Tarifverträge geregelt würden und die Gewerkschaften der Beamten ihren Forderungen während der Tarifverhandlungen durch kollektive Kampfmaßnahmen Nachdruck verleihen könnten. Denn die tarifliche Gestaltung des Beamtenrechts setzt Tarifautonomie und damit einen Verzicht der Dienstherrn auf ihre hoheitlichen Regelungsbefugnisse voraus. An deren Stelle träte die Rechtsverbindlichkeit der ausgehandelten Tarifabschlüsse. Die Ausgewogenheit des beamtenrechtlichen Regelungsgefüges, insbesondere die Beachtung der Vorgaben des Art. 33 Abs. 5 GG, hinge in erster Linie davon ab, dass zwischen den Tarifparteien Kampfparität besteht.

31

Das Verbot für Beamte, zur Durchsetzung von Arbeitsbedingungen kollektive Kampfmaßnahmen zu ergreifen, ist als hergebrachter Grundsatz im Sinne von Art. 33 Abs. 5 GG anerkannt. Bis zum Ende der Monarchie im November 1918 wurde Beamten selbst die Teilnahme an Veranstaltungen der wenigen Berufsverbände verboten. Erst gegen Ende der Monarchie wurden Vertreter der organisierten Beamtenschaft von der preußischen Regierung angehört. Art. 130 Abs. 2 der Weimarer Reichsverfassung (WRV) sicherte den Beamten das Recht auf politische Gesinnungsfreiheit und Vereinigungsfreiheit zu. Art. 130 Abs. 3 WRV gewährte ihnen das Recht auf Berufsvertretungen nach näherer gesetzlicher Bestimmung. Ein Gesetzesentwurf des Allgemeinen Deutschen Beamtenbundes aus dem Jahr 1926 sah vor, dass Beamtenvertretungen berechtigt sein sollten, statt hoheitlicher Regelungen der Arbeitsbedingungen kollektive Vereinbarungen zu verlangen. Diese Vorstellungen trafen auf grundsätzliche Kritik und wurden nicht verwirklicht. Die in der Anfangszeit der Weimarer Republik umstrittene Frage der Zulässigkeit von Beamtenstreiks wurde während des Eisenbahnerstreiks im Jahr 1922 geklärt: Durch die auf Art. 48 Abs. 2 WRV gestützte Notverordnung vom 1. Februar 1922 (RGBl I S. 187) verbot der Reichspräsident den Beamten der Reichsbahn ebenso wie allen übrigen Beamten, die Arbeit einzustellen oder zu verweigern. Die Notverordnung wurde am 9. Februar 1922 aufgehoben. In der Folgezeit bestätigten Reichsgericht und Reichsdisziplinarhof das Verbot, weil Beamte zum Staat in einem öffentlich-rechtlichen Gewaltverhältnis stünden. Daher seien sie in besonderer Weise zu Treue, Gehorsam und gewissenhafter Aufgabenerfüllung verpflichtet (zum Ganzen: Krause, Rechtshistorische Reihe - 357 -, Die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums, 2008, S. 36 ff.).

32

Dementsprechend ist das Verbot kollektiver Kampfmaßnahmen als notwendige Ergänzung sowohl in den grundlegenden, durch Art. 33 Abs. 5 GG vorgegebenen Beamtenpflichten zum vollen beruflichen Einsatz, zur Befolgung dienstlicher Anordnungen und zur Loyalität als auch in dem Strukturprinzip der hoheitlichen Gestaltung des Beamtenverhältnisses verankert. Es gilt aufgrund seiner inhaltlichen Bestimmtheit unmittelbar und geht dem Grundrecht der Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 GG vor, soweit sein Anwendungsbereich reicht (BVerfG, Beschlüsse vom 11. Juni 1958 a.a.O. S. 17; vom 30. März 1977 a.a.O. S. 264 und vom 19. September 2007 - 2 BvF 3/02 - BVerfGE 119, 247 ).

33

Das Verbot gilt für alle Beamten gleichermaßen. Es knüpft wie das beamtenrechtliche Regelwerk in seiner Gesamtheit nicht an den Einsatz- und Aufgabenbereich der Beamten, sondern an den Beamtenstatus an. Dies gilt ungeachtet des Umstands, dass die Dienstherrn außerhalb der Bereiche der genuin hoheitlichen Verwaltung, die nach Art. 33 Abs. 4 GG in der Regel Beamten vorbehalten sind, von Verfassungs wegen nicht gehindert sind, nach politischen und fiskalischen Gesichtspunkten zu entscheiden, ob sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben Beamte oder Tarifbeschäftigte einsetzen (BVerfG, Beschluss vom 19. September 2007 a.a.O. S. 267; Urteil vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - BVerfGE 130, 263 <297 f.>).

34

5. Nach Art. 11 Abs. 1 EMRK hat jede Person das Recht, sich friedlich mit anderen zu versammeln und sich frei mit anderen zusammenzuschließen; dazu gehört auch das Recht, zum Schutz ihrer Interessen Gewerkschaften zu gründen und Gewerkschaften beizutreten. Diese Rechte können nach Maßgabe des Art. 11 Abs. 2 Satz 1 und 2 EMRK eingeschränkt werden.

35

Nach der Rechtsprechung des EGMR umfasst Art. 11 Abs. 1 EMRK auch das Recht des Einzelnen, Gewerkschaften zu bilden und deren Aktivitäten zur Förderung der Arbeitsbedingungen zu unterstützen, sowie das Recht dieser Gewerkschaften, im Namen ihrer Mitglieder Kollektivverhandlungen mit dem Arbeitgeber über die Arbeitsbedingungen zu führen. Dies gilt auch für die Angehörigen des öffentlichen Dienstes. Die Gewährleistungen des Art. 11 EMRK verpflichten den Staat als Arbeitgeber, ohne dass es darauf ankommt, ob die Beziehungen zu den Staatsbediensteten dem öffentlichen Recht oder dem Privatrecht zuzuordnen sind. Die Europäische Menschenrechtskonvention macht keinen Unterschied zwischen der Tätigkeit der Konventionsstaaten als Träger hoheitlicher Gewalt einerseits und ihren Pflichten als Arbeitgeber andererseits. Einschränkungen der Koalitionsfreiheit sind nur zulässig, wenn sie von den Schranken des Art. 11 Abs. 2 Satz 1 und 2 EMRK gedeckt sind (EGMR (GK), Urteil vom 12. November 2008 - Nr. 34503/97, Demir und Baykara - NZA 2010, 1425).

36

Art. 11 Abs. 2 Satz 1 und 2 EMRK enthält Einschränkungen für die Ausübung der Rechte nach Absatz 1: Nach Satz 1 setzen Einschränkungen voraus, dass sie gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sind unter anderem für die nationale oder öffentliche Sicherheit, zur Aufrechterhaltung der Ordnung oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer. Nach Satz 2 steht Art. 11 rechtmäßigen Einschränkungen der Ausübung dieser Rechte für Angehörige der Streitkräfte, der Polizei oder der Staatsverwaltung nicht entgegen. Während die erstgenannten Gruppen eindeutig abgrenzbar sind, ist der Begriff "Angehörige der Staatsverwaltung" nicht aus sich heraus verständlich.

37

Der EGMR bestimmt diesen Schutzbereich der individuellen und kollektiven Koalitionsfreiheit nach Art. 11 Abs. 1 EMRK ausdrücklich in Übereinstimmung mit völkerrechtlichen Vereinbarungen wie der Konvention Nr. 98 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und Teil II Art. 6 Nr. 1 der Europäischen Sozialcharta sowie mit Art. 28 der Europäischen Grundrechtecharta und der Praxis der großen Mehrheit der europäischen Staaten. Damit hat er die Spruchpraxis des Sachverständigenausschusses der ILO und des Europäischen Ausschusses für Soziale Rechte übernommen (zum Ganzen: Seifert, KritV 2009, 357 <363 f.>).

38

Im Anschluss an das Urteil vom 12. November 2008 (a.a.O.) hat der EGMR das durch Art. 11 Abs. 1 EMRK geschützte Recht auf Kollektivverhandlungen der Angehörigen des öffentlichen Dienstes und ihrer Gewerkschaften um das Streikrecht ergänzt. Dabei bezieht er sich wiederum auf die Europäische Sozialcharta, die das Streikrecht als ein Mittel zur wirksamen Ausübung des Rechts auf Kollektivverhandlungen gewährleiste. Das Streikrecht sei von den Kontrollorganen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) als untrennbarer Teil der Vereinigungsfreiheit anerkannt (EGMR, Urteil vom 21. April 2009 - Nr. 68959/01, Enerji Yapi-Yol Sen - NZA 2010, 1423).

39

In den angeführten Entscheidungen nimmt der EGMR auch zu den Einschränkungen der Koalitionsfreiheit Stellung. In dem Urteil vom 21. April 2009 (a.a.O.) heißt es zu Art. 11 Abs. 2 Satz 2 EMRK, es könne mit der Koalitionsfreiheit vereinbar sein, Streiks von Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu verbieten, die im Namen des Staates Hoheitsgewalt ausübten. Ein Streikverbot könne zwar für bestimmte Gruppen von Angehörigen des öffentlichen Dienstes, nicht aber für den öffentlichen Dienst insgesamt oder für Angestellte staatlicher Wirtschafts- und Industrieunternehmen ausgesprochen werden. Vorschriften über das Streikrecht müssten die erfassten Gruppen so eindeutig und begrenzt wie möglich bestimmen.

40

Demnach versteht der EGMR den Begriff "Angehörige der Staatsverwaltung" im Sinne von Art. 11 Abs. 2 Satz 2 EMRK nicht statusbezogen, sondern funktional (aufgabenbezogen): Das Streikrecht kann generell für diejenigen Staatsbediensteten ausgeschlossen werden, die an der Ausübung von Hoheitsgewalt im Namen des Staates beteiligt sind.

41

Mit dieser Auslegung des Begriffs der Staatsverwaltung im Sinne von Art. 11 Abs. 2 Satz 2 EMRK führt der EGMR seine Rechtsprechung fort, wonach es für die Zuerkennung und Einschränkung von Konventionsrechten der Angehörigen des öffentlichen Dienstes entscheidend auf deren Aufgabenbereich ankommt. Dieses funktionale Kriterium hat die Große Kammer des EGMR in dem Urteil vom 8. Dezember 1999 (- Nr. 28541/95, Pellegrin - NVwZ 2000, 661 <663>) zur Bestimmung des Anwendungsbereichs des Art. 6 Abs. 1 EMRK entwickelt. Der EGMR wendet es seitdem an; auch in dem Urteil vom 21. April 2009 (a.a.O.) nimmt er darauf Bezug (vgl. z.B. EGMR, Entscheidung vom 22. November 2001 - Nr. 39799/98, Volkmer - NJW 2002, 3087 <3089>).

42

Diese Rechtsprechung beruht auf dem Verständnis des EGMR von der Bedeutung der Konventionsrechte. Der Gerichtshof will sicherstellen, dass Personen, die sich in einer im Wesentlichen gleichen Situation befinden, in Bezug auf die Ausübung der Konventionsrechte in allen Konventionsstaaten gleich behandelt werden. Staatsbedienstete mit gleichen Aufgaben sollen in allen Konventionsstaaten gleich behandelt werden, d.h. gleiche Rechte nach der Europäischen Menschenrechtskonvention haben (Urteil vom 8. Dezember 1999 a.a.O.).

43

In dem Urteil vom 12. November 2008 (a.a.O.) verlangt der EGMR für die Notwendigkeit einer Einschränkung der Koalitionsfreiheit nach Art. 11 Abs. 2 Satz 1 EMRK eine strikte Verhältnismäßigkeitsprüfung. Die Koalitionsfreiheit dürfe nicht in ihrem Wesensgehalt angetastet werden; ihre Einschränkung müsse durch ein dringendes gesellschaftliches Bedürfnis gerechtfertigt sein. Hierfür obliege den Konventionsstaaten die Darlegungspflicht. Diese Ausführungen lassen den Schluss zu, dass der EGMR den Konventionsstaaten nur einen geringen Spielraum für die Annahme eines dringenden Bedürfnisses im Sinne von Art. 11 Abs. 2 Satz 1 EMRK einräumt (Nußberger, RdA 2012, 270<272>).

44

Nach alledem interpretiert der Senat die Rechtsprechung des EGMR zu Art. 11 Abs. 2 EMRK dahingehend, dass Einschränkungen der Koalitionsfreiheit von Staatsbediensteten nur zulässig sind, wenn dies aus Gründen der Funktionsfähigkeit der staatlichen Institutionen dringend geboten ist. Diese Voraussetzung kann generell, d.h. unabhängig von einem konkreten Anlass, nur für die Bediensteten angenommen werden, die in Streitkräften, Polizei und Staatsverwaltung im Sinne von Art. 11 Abs. 2 Satz 2 EMRK, d.h. in der Hoheitsgewalt ausübenden Verwaltung, eingesetzt sind.

45

Die dargestellten Aussagen des EGMR zum Bedeutungsgehalt von Art. 11 Abs. 1 und 2 EMRK sind für das Verständnis dieser Regelungen maßgeblich, weil der EGMR die Stellung eines authentischen Interpreten der Europäischen Menschenrechtskonvention innehat. Seiner Rechtsprechung kommt über den entschiedenen Fall hinaus eine Leit- und Orientierungsfunktion zu (BVerfG, Urteil vom 4. Mai 2011 - 2 BvR 2365/09 u.a. - BVerfGE 128, 326 <368 f.> = NJW 2011, 1931 Rn. 89). Der EGMR legt die Konvention autonom aus, wobei er deren Systematik und Zielsetzung, völkerrechtliche Grundsätze und Vereinbarungen sowie die Staatenpraxis in den Blick nimmt. Die Konventionsstaaten haben in der Erklärung von Brighton bekräftigt, dass ein wichtiger Beitrag zur Erleichterung der Arbeit des EGMR darin bestehe, dessen Rechtsgrundsätze zur Auslegung der Europäischen Menschenrechtskonvention zu befolgen und nicht erst eine Verurteilung abzuwarten (Nußberger, a.a.O. S. 273).

46

Lehrer an deutschen öffentlichen Schulen sind keine Angehörigen der Staatsverwaltung im Sinne von Art. 11 Abs. 2 Satz 2 EMRK, weil sie keine genuin hoheitlichen Aufgaben wahrnehmen (vgl. zu Art. 6 Abs. 1 EMRK: EGMR, Entscheidung vom 22. November 2001 a.a.O.). Dies gilt für beamtete und tarifbeschäftigte Lehrer gleichermaßen, weil beide Beschäftigtengruppen gleiche Aufgaben haben. Dem entspricht, dass Lehrer keine Aufgaben wahrnehmen, die wegen ihrer hoheitlichen Prägung nach Art. 33 Abs. 4 GG in der Regel Beamten vorbehalten sind. Die öffentlichen Schulen gehören nicht zu denjenigen Bereichen der öffentlichen Verwaltung, in denen schwerpunktmäßig hoheitsrechtliche Befugnisse ausgeübt werden (BVerfG, Beschluss vom 19. September 2007 - 2 BvF 3/02 - BVerfGE 119, 247 <267>). Daher haben die Dienstherrn die Wahl, ob sie die Lehrer als Beamte oder als Tarifbeschäftigte beschäftigen. Dementsprechend verfolgen die Bundesländer als personelle Schulträger eine sehr unterschiedliche, mitunter wechselnde Personalpolitik (zum Ganzen: Battis, Streikverbot für Beamte, 2013, S. 19).

47

6. Das umfassende Verbot kollektiver Kampfmaßnahmen nach Art. 33 Abs. 5 GG und die nach Art. 11 Abs. 2 EMRK zulässigen Einschränkungen der konventionsrechtlichen Koalitionsfreiheit sind inhaltlich unvereinbar:

48

Das verfassungsrechtliche Verbot ist statusbezogen; es gilt für alle Beamten unabhängig von ihrem Aufgabenbereich. Die Arbeitsbedingungen für die Angehörigen des öffentlichen Dienstes werden je nach ihrem Personalstatus auf unterschiedliche Weise festgelegt, auch wenn sie die gleichen Aufgaben wahrnehmen. Dies wird am Beispiel der Lehrer an öffentlichen Schulen besonders deutlich: Die Arbeitsbedingungen beamteter Lehrer werden normativ festgelegt, sodass für Kollektivverhandlungen zwischen Dienstherrn und Gewerkschaften mit dem Ziel der tarifvertraglichen Vereinbarung der Arbeitsbedingungen kein Raum ist. Kollektive Kampfmaßnahmen zur Veränderung der Arbeitsbedingungen sind generell unzulässig. Dagegen werden die Arbeitsbedingungen der tarifbeschäftigten Kollegen zwischen den Tarifparteien ausgehandelt und vereinbart; kollektive Kampfmaßnahmen sind als Druckmittel während der Verhandlungen nach Maßgabe des deutschen Arbeitskampfrechts zulässig.

49

Demgegenüber lässt Art. 11 Abs. 2 EMRK ein generelles Verbot von Kollektivverhandlungen und darauf bezogenen Kampfmaßnahmen, das an den Personalstatus anknüpft, in der öffentlichen Verwaltung gerade nicht zu. Ein derartiges Verbot kann nur funktional, d.h. durch den Aufgabenbereich, gerechtfertigt werden. Den Angehörigen des öffentlichen Dienstes und ihren Gewerkschaften kann das Recht auf Kollektivverhandlungen und darauf bezogene Kampfmaßnahmen generell nur verwehrt werden, wenn sie an der Ausübung von hoheitlichen Befugnissen zumindest beteiligt sind. Dies gilt für alle Angehörigen der Hoheitsverwaltung unabhängig davon, ob sie Beamte oder Tarifbeschäftigte sind. In den anderen Bereichen der öffentlichen Verwaltung können diese Gewährleistungen der konventionsrechtlichen Koalitionsfreiheit auch für die dort beschäftigten Beamten - anders als es Art. 33 Abs. 5 GG vorsieht - nicht umfassend ausgeschlossen werden.

50

Dies gilt ungeachtet dessen, dass aufgrund der hoheitlichen Regelung der Arbeitsbedingungen in der deutschen Rechtsordnung keine tariffähige Situation für Beamte besteht. Die Europäische Menschenrechtskonvention stellt ein autonomes völkerrechtliches Regelwerk dar, dessen Bedeutung für die Rechtsordnung der Konventionsstaaten nicht in Abrede gestellt werden kann, wenn das nationale Recht Besonderheiten aufweist, die in Widerspruch zur Europäischen Menschenrechtskonvention stehen (zum Ganzen: Seifert, KritV 2009, 357 f.; Schubert, AöR 2012, 92 f.; Traulsen, JZ 2013, 65 ff.).

51

Daher verstieß die Teilnahme der Klägerin an den Warnstreiks gegen das Verbot nach Art. 33 Abs. 5 GG, war aber durch Art. 11 EMRK gedeckt. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts, die den Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO binden, steht fest, dass die Warnstreiks nach deutschem Arbeitskampfrecht rechtmäßig waren. Die Gewerkschaft GEW befand sich in Tarifverhandlungen über die Vergütung der tarifbeschäftigten Lehrer und strebte die Übernahme der Tarifabschlüsse in die gesetzliche Beamtenbesoldung an. Zwischen den Tarifabschlüssen für den öffentlichen Dienst und der Beamtenbesoldung besteht ein rechtlicher Zusammenhang aufgrund der Bindungen, denen die Besoldungsgesetzgeber aufgrund des Alimentationsgrundsatzes nach Art. 33 Abs. 5 GG unterliegen. Allerdings war die Berechtigung der Klägerin nach Art. 11 EMRK nicht geeignet, ihre beamtenrechtliche Pflichtenstellung zu verändern. Angesichts des entgegen stehenden verfassungsrechtlichen Verbots bedürfen die Gewährleistungen des Art. 11 EMRK einer Umsetzung durch den Gesetzgeber, um Rechtswirkungen für den einzelnen Beamten zu entfalten (vgl. unter 8.).

52

7. Die Europäische Menschenrechtskonvention ist Bestandteil der deutschen Rechtsordnung im Rang eines Bundesgesetzes (Gesetz vom 7. August 1952, BGBl II S. 685 in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 17. Mai 2002, BGBl II S. 1054). Dies bedeutet nicht, dass sich inhaltlich entgegen stehendes Verfassungsrecht im Kollisionsfall bereits aufgrund des höheren Rangs durchsetzt. Zum einen ist die Bundesrepublik Deutschland völkervertragsrechtlich verpflichtet, der Konvention (in ihrer Auslegung durch den EGMR) innerstaatliche Geltung zu verschaffen, d.h. das deutsche Recht grundsätzlich konventionskonform zu gestalten (vgl. Art. 1 EMRK). Zum anderen folgt diese Verpflichtung aus dem Verfassungsgrundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes (BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2004 - 2 BvR 1481/04 - BVerfGE 111, 307 <322 f.> = NJW 2004, 3407 <3408 f.>; Urteil vom 4. Mai 2011 - 2 BvR 2365/09 u.a. - BVerfGE 128, 326 <371 f.> = NJW 2011, 1931 Rn. 93 f.).

53

Daher muss die Bundesrepublik Deutschland sicherstellen, dass ihre Rechtsordnung in der Gesamtheit nach Möglichkeit mit der Konvention übereinstimmt. Diese dient als Auslegungshilfe für die Bestimmung von Inhalt und Reichweite der Grundrechte und der rechtsstaatlichen Grundsätze des Grundgesetzes, sofern dies nicht zu einer Minderung des Grundrechtsschutzes nach dem Grundgesetz führt. Die Verwaltung und insbesondere die Gerichte sind verpflichtet, im Rahmen ihrer Befugnisse das gesamte innerstaatliche Recht in Einklang mit der Europäischen Menschenrechtskonvention auszulegen (Gebot der konventionskonformen Auslegung). Allerdings setzt eine derartige Auslegung voraus, dass sie nach den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung und Verfassungsinterpretation vertretbar erscheint. Auch ist zu berücksichtigen, welche Folgen die Geltung eines konventionsrechtlichen Rechtsgrundsatzes für das Regelungsgefüge eines nationalen Teilrechtssystems hat (BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2004 a.a.O. S. 327 und 329 bzw. 3410; Urteil vom 4. Mai 2011 a.a.O. S. 371 bzw. Rn. 93).

54

Es liegt nahe, dass für die konventionskonforme Auslegung diejenigen Regeln Anwendung finden, die für die verfassungskonforme Auslegung entwickelt worden sind. Demnach findet auch diese Auslegung ihre Grenze in dem eindeutigen Wortlaut der Norm sowie in dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers; sie darf Wortlaut und gesetzgeberischem Willen nicht widersprechen (Urteil vom 28. Februar 2013 - BVerwG 2 C 3.12 - BVerwGE 146, 98 Rn. 49).

55

Die völker- und verfassungsrechtliche Pflicht, der Europäischen Menschenrechtskonvention innerstaatlich Geltung zu verschaffen, erledigt sich nicht, wenn eine vollständige Anpassung des nationalen Rechts an einen konventionsrechtlichen Rechtsgrundsatz im Wege der konventionskonformen Auslegung des innerstaatlichen Rechts nicht möglich ist. Vielmehr tritt der Rechtsgrundsatz nur zurück, wenn nur auf diese Weise ein Verstoß gegen tragende Verfassungsgrundsätze abzuwenden ist (BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2004 a.a.O. S. 329).

56

8. Nach diesen Maßstäben ist das statusbezogene beamtenrechtliche Streikverbot nach wie vor geltendes Recht bis zu einer Auflösung der dargestellten Kollisionslage durch den dazu allein berufenen Gesetzgeber.

57

a) Die verfassungs- und völkerrechtliche Verpflichtung, die Vorgaben des Art. 11 EMRK zur Koalitionsfreiheit der Angehörigen des öffentlichen Dienstes in die deutsche Rechtsordnung zu integrieren, kann nicht durch eine konventionskonforme Auslegung des Art. 33 Abs. 5 GG erfüllt werden (a.A. VG Kassel, Urteil vom 27. Juli 2011 - 28 K 574/10.KS.D - ZBR 2011, 386; Polakiewicz/Kessler, NVwZ 2012, 841 <844>). Wie unter 4. dargestellt gelten die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums mit demjenigen Inhalt, der sich im traditionsbildenden Zeitraum herausgebildet hat. Dieser Traditionsbestand darf nicht im Wege der Auslegung geändert werden. Vielmehr kann allein der Gesetzgeber den Geltungsanspruch eines hergebrachten Grundsatzes in Wahrnehmung seines Auftrags zur Regelung und Fortentwicklung des Beamtenrechts in Grenzen einschränken.

58

Aufgrund dessen ist eine Auflösung der Kollisionslage im Wege richterlicher Rechtsfortbildung nicht möglich. Insoweit unterscheidet sich der Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits von dem Streit über Geltung und Reichweite der Koalitionsfreiheit in kirchlichen Einrichtungen, für den das Bundesarbeitsgericht in der Tradition dieses durch Richterrecht geprägten Rechtsgebiets, ohne durch einen entsprechenden Gesetzesvorbehalt eingeschränkt zu sein, eine Lösung in Gestalt des sog. "Dritten Wegs" entwickelt hat (BAG, Urteil vom 20. November 2012 - 1 AZR 179/11 - BAGE 143, 354 Rn. 118 ff.)

59

Aufgrund der konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes für das Statusrecht der Beamten nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 27 GG ist es Sache des Bundesgesetzgebers, darüber zu entscheiden, ob und inwieweit die verfassungsunmittelbare Geltung des statusbezogenen Verbots kollektiver Kampfmaßnahmen für Beamte im Hinblick auf die Gewährleistungen des Art. 11 EMRK eingeschränkt werden soll.

60

b) Das Verbot kollektiver Kampfmaßnahmen muss für diejenigen Beamten von vornherein nicht relativiert werden, die in den von Art. 33 Abs. 4 GG erfassten Bereichen der öffentlichen Verwaltung tätig sind. Nach dieser Vorschrift ist die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen. Demnach muss der Dienstherr zur Erfüllung der Aufgaben der genuin hoheitlichen Verwaltung regelmäßig Beamte einsetzen; eine Wahl zwischen dem Einsatz von Beamten und Tarifbeschäftigten besteht insoweit nicht. Dieser Beamtenvorbehalt findet seine Rechtfertigung darin, dass der Beamtenstatus aufgrund der besonderen Rechte- und Pflichtenstellung besondere Gewähr für eine qualifizierte, loyale und gesetzestreue Aufgabenerfüllung bietet (BVerfG, Beschluss vom 19. September 2007 - 2 BvF 3/02 - BVerfGE 119, 247 <261>; Urteil vom 18. Januar 2012 - 2 BvR 133/10 - BVerfGE 130, 76 <111 f.>). Damit verweist Art. 33 Abs. 4 GG auf die besonderen Verlässlichkeits- und Rechtsstaatlichkeitsgarantien des Berufsbeamtentums, die durch Art. 33 Abs. 5 GG verfassungsrechtlich abgesichert sind.

61

Die Annahme liegt nahe, dass die Verwaltung, in der hoheitsrechtliche Befugnisse im Sinne des Art. 33 Abs. 4 GG ausgeübt werden, der Staatsverwaltung im Sinne des Art. 11 Abs. 2 Satz 2 EMRK entspricht, für deren Angehörige die durch Art. 11 Abs. 1 EMRK gewährleisteten Rechte auf Kollektivverhandlungen und diese begleitenden kollektiven Kampfmaßnahmen eingeschränkt werden können. Zur genuin hoheitlichen Verwaltung in diesem Sinne dürften neben den Streitkräften und der Polizei sonstige Ordnungskräfte, Rechtspflege, Steuerverwaltung, Diplomatie sowie Verwaltungsstellen auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene gehören, die mit der Ausarbeitung von Rechtsakten, deren Durchführung und mit hoheitlichen Aufsichtsfunktionen betraut sind. Nicht erfasst sein dürften etwa die staatlichen Bildungs- und Wissenschaftseinrichtungen und sonstige Einrichtungen der Daseinsvorsorge unabhängig von ihrer Rechtsform (vgl. Traulsen, JZ 2013, 65 <69 f.>). Die praktikable Abgrenzung der Bereiche obliegt dem Gesetzgeber.

62

c) Für diejenigen Bereiche der öffentlichen Verwaltung, die nicht zur genuin hoheitlichen Verwaltung im Sinne von Art. 33 Abs. 4 GG, Art. 11 Abs. 2 Satz 2 EMRK gehören, obliegt es der verfassungsrechtlich nicht gebundenen Entscheidung der Dienstherrn, ob sie zur Aufgabenerfüllung Beamte oder Tarifbeschäftigte einsetzen (BVerfG, Beschluss vom 19. September 2007 a.a.O. S. 267; Urteil vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - BVerfGE 130, 263 <297 f.>). Daher können die Dienstherrn die Kollisionslage zwischen dem Verbot des Art. 33 Abs. 5 GG und den Gewährleistungen des Art. 11 EMRK, die für die hier beschäftigten Beamten besteht, auf Dauer dadurch auflösen, dass sie für diese Verwaltungsbereiche, etwa im öffentlichen Schulwesen, künftig nur noch Tarifbeschäftigte einstellen (vgl. jetzt schon § 5 BBG, § 3 Abs. 2 BeamtStG). Außerdem ist außerhalb des Bereichs des Art. 33 Abs. 4 GG an ein Wahlrecht der Bewerber zu denken, als Beamte oder als Tarifbeschäftigte eingesetzt zu werden, ggf. auch an ein Wahlrecht für bereits ernannte Beamte, in diesem Status zu bleiben oder in ein Tarifbeschäftigtenverhältnis zu wechseln (vgl. Schubert, AöR 2012, 92 <116>).

63

Die vorhandenen Beamten können die von Art. 11 EMRK vermittelten Rechte auf Tarifverhandlungen und kollektive Kampfmaßnahmen derzeit nicht durchsetzen: Zum einen besteht aufgrund der einseitig hoheitlichen Festlegung der Arbeitsbedingungen keine tariffähige Situation, sodass kollektive Kampfmaßnahmen nach deutschem Arbeitskampfrecht schon aus diesem Grund nicht in Betracht kommen. Zum anderen erstreckt sich das statusbezogene Verbot kollektiver Kampfmaßnahmen nach Art. 33 Abs. 5 GG auch auf die Unterstützung derartiger Maßnahmen der Tarifbeschäftigten.

64

Davon ausgehend muss der Gesetzgeber für die Beamten außerhalb der genuin hoheitlichen Verwaltung nach dem Grundsatz der praktischen Konkordanz einen Ausgleich der sich gegenseitig ausschließenden Rechtspositionen aus Art. 33 Abs. 5 GG und Art. 11 EMRK herbeiführen. Zur Auflösung dieser Kollisionslage stehen ihm insoweit verschiedene Möglichkeiten offen, die bereits jetzt in der Literatur diskutiert werden: Erforderlich erscheint jedenfalls eine erhebliche Erweiterung der Beteiligungsrechte der Gewerkschaften in Richtung eines Verhandlungsmodells. Die derzeit eingeräumten Beteiligungsrechte nach § 118 BBG, § 53 BeamtStG genügen nicht (Schubert, a.a.O. S. 109 f.). In Betracht kommt ferner ein Verhandlungs- und Schlichtungsmodell unter paritätischer Beteiligung der Gewerkschaften in der Art des "Dritten Wegs", wie es das Bundesarbeitsgericht für die Einrichtungen der Kirchen entwickelt hat (Greiner, DÖV 2013, 623 <625 f.>; BAG, Urteil vom 20. November 2012 a.a.O.).

65

Erweiterte Beteiligungsrechte ändern nichts daran, dass kollektive Kampfmaßnahmen von Beamten als Druckmittel zur Durchsetzung konkreter Arbeitsbedingungen "echte" Tarifverhandlungen über die Gestaltung der Arbeitsbedingungen der Beamten und damit eine Abkehr von der hoheitlichen Regelung des Beamtenverhältnisses voraussetzen. Eine Öffnung des Beamtenrechts für eine tarifautonome Gestaltung kommt für den Bereich der innerdienstlichen, sozialen und personellen Angelegenheiten der Beamten in Betracht, wenn und soweit diese auf der Dienstellenebene durch Dienstvereinbarungen mit dem Personalrat geregelt werden können (Seifert, KritV 2009, 357 <373>).

66

Eine darüber hinausgehende Tarifautonomie stellt den durch Art. 33 Abs. 4 und Abs. 5 GG vorgegebenen Charakter des Beamtenverhältnisses als öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnis in Frage. Es ist zu besorgen, dass der prägende, durch Art. 33 Abs. 5 GG vorgegebene Inhalt grundlegender Beamtenpflichten wie der Pflichten zum vollen beruflichen Einsatz oder zur Loyalität angetastet würde, wenn diese Pflichten tarifvertraglich konkretisiert werden könnten. Beispielhaft ist an die Pflicht zur unentgeltlichen und gering vergüteten Mehrarbeit zu denken. Bei einem Wegfall oder einer Abschwächung derartiger Pflichten entfällt die Rechtfertigung für die lebenslange Alimentation. Entsprechendes gilt für Altersgrenzen für die Einstellung und den Eintritt in den Ruhestand, die eine angemessene, die lebenslange Altersversorgung der Beamten rechtfertigende Dauer der Dienstleistungsverpflichtung sicherstellen (Urteil vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 C 76.10 - BVerwGE 142, 59 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 54, jeweils Rn. 18 f.).

67

Eine Sonderstellung nimmt allerdings die Beamtenbesoldung ein. Deren Entwicklung steht seit jeher in einem engen, durch den Alimentationsgrundsatz nach Art. 33 Abs. 5 GG vermittelten Zusammenhang mit der Entwicklung der Gehälter der Tarifbeschäftigten, d.h. mit den Tarifabschlüssen für den öffentlichen Dienst. Die nach Art. 33 Abs. 5 GG gebotene Amtsangemessenheit der Alimentation bemisst sich vor allem aufgrund eines Vergleichs mit den Nettoeinkommen der Tarifbeschäftigten des öffentlichen Dienstes. Vorrangig anhand dieses Maßstabs ist zu beurteilen, ob die Beamtenbesoldung verfassungswidrig von der allgemeinen Einkommensentwicklung abgekoppelt wird. Dies dürfte der Fall sein, wenn der Gesetzgeber die Besoldungsentwicklung an Parameter knüpft, die die Tarifabschlüsse für den öffentlichen Dienst nicht mehr in den Blick nehmen (BVerfG, Urteil vom 27. September 2005 - 2 BvR 1387/02 - BVerfGE 114, 258 <293 f.>; Beschlüsse vom 20. März 2007 - 2 BvL 11/04 - BVerfGE 117, 372 <388>; BVerwG, Urteile vom 20. März 2008 - BVerwG 2 C 49.07 - BVerwGE 131, 20 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 94, jeweils Rn. 26 und vom 23. Juli 2009 - BVerwG 2 C 76.08 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 108 Rn. 7 und 13).

68

Aufgrund dieser Besonderheiten kann die Beamtenbesoldung in die Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst einbezogen werden, ohne die Balance des beamtenrechtlichen Regelungsgefüges zu gefährden. Dies hätte zur Folge, dass die Gewerkschaften der Beamten an den Tarifverhandlungen teilnehmen und sich die Beamten außerhalb der von Art. 33 Abs. 4 GG erfassten Bereiche der öffentlichen Verwaltung insoweit an kollektiven Kampfmaßnahmen beteiligen könnten.

69

Es kann dahingestellt bleiben, ob die engen Grenzen einer tarifvertraglichen Gestaltung des Beamtenrechts für die Beamten außerhalb der genuin hoheitlichen Verwaltung auf Dauer auch dann aufrechterhalten werden können, wenn sich die Dienstherrn weiterhin für den Einsatz von Beamten an Stelle oder zusammen mit Tarifbeschäftigten entscheiden. Aufgrund der neueren Rechtsprechung des EGMR zu Art. 11 EMRK besteht jedenfalls gesetzgeberischer Handlungsbedarf.

70

9. Art. 28 der Europäischen Grundrechtecharta (EuGrCh), der ein Recht auf Kollektivverhandlungen und kollektive Arbeitskampfmaßnahmen einschließlich Streiks gewährleistet, ist nicht anwendbar.

71

Die Charta gilt nach Art. 51 Abs. 1 Satz 1 EuGrCh für die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union. Nach Art. 51 Abs. 2 EuGrCh dehnt sie den Geltungsbereich des Unionsrechts nicht über die Zuständigkeiten der Union aus; sie begründet weder neue Zuständigkeiten noch neue Aufgaben der Union (vgl. EuGH, Urteil vom 26. Februar 2013 - Rs. C-617/10 - Aerberg Fransson, NJW 2013, 1415 Rn. 19 ff.). Daher ist das Recht der Mitgliedstaaten nur dann an den Grundrechten der Charta zu messen, wenn es in den Geltungsbereich des Unionsrechts fällt (vgl. EuGH, Urteil vom 26. Februar 2013 a.a.O. Rn. 19; BVerfG, Urteil vom 24. April 2013 - 1 BvR 1215/07 - NJW 2013, 1499 Rn. 90). Dies ist insbesondere der Fall, wenn nationales Recht erlassen wird, um eine unionsrechtliche Umsetzungspflicht zu erfüllen.

72

Aufgrund dessen besteht bei Regelungen des kollektiven Arbeitsrechts - gleich welchen Inhalts - keine Bindung an Art. 28 EuGrCh, weil dieses Rechtsgebiet nicht nach inhaltlichen Vorgaben des Unionsrechts zu gestalten ist. Auch nimmt Art. 28 EuGrCh ausdrücklich auf die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten Bezug. Es kommt nicht darauf an, ob und inwieweit es eine Rechtsetzungskompetenz der Europäischen Union ermöglicht, auch Regelungen des kollektiven Arbeitsrechts zu erlassen (Niedobitek, ZBR 2010, 361 <364>).

73

10. Hätte sich die angefochtene Disziplinarverfügung nicht während des Revisionsverfahrens erledigt, wäre der Senat berechtigt gewesen, die angemessene Disziplinarmaßnahme unter Beachtung des Verschlechterungsverbots aufgrund einer eigenen Bemessungsentscheidung nach § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 4 LDG NRW festzusetzen (Urteile vom 15. Dezember 2005 - BVerwG 2 A 4/04 - Buchholz 235.1 § 24 BDG Nr. 1 Rn. 23, vom 27. Juni 2013 - BVerwG 2 A 2.12 - IÖD 2013, 257 Rn. 9 und vom 25. Juli 2013 - BVerwG 2 C 63.11 - NVwZ-RR 2014, 105 Rn. 9).

74

Die dreimalige Verletzung der Dienstleistungspflicht löste ein disziplinarrechtliches Sanktionsbedürfnis aus. Die Gewährleistungen des Art. 11 EMRK waren nicht geeignet, das verfassungsrechtliche Streikverbot ohne ein Tätigwerden des Gesetzgebers außer Kraft zu setzen. In Anbetracht der Sach- und Rechtslage hätte der Senat allerdings eine Geldbuße von 300 € für ausreichend gehalten. Die Sanktionierung diente dem Zweck, der Klägerin vor Augen zu führen, dass der Dienstherr ihr Verhalten nicht hinnahm. Dadurch sollte sie von Wiederholungen abgehalten werden. Die Klägerin war disziplinarisch nicht vorbelastet. Sie hatte die Streikteilnahme der Schulleitung angekündigt, sodass diese Vertretungsregelungen treffen konnte. Im Nachhinein hat die Klägerin Vertretungsstunden in einem Umfang übernommen, der über den von ihr verursachten Unterrichtsausfall hinausging.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

(1) Alle Deutschen genießen Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet.

(2) Dieses Recht darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes und nur für die Fälle eingeschränkt werden, in denen eine ausreichende Lebensgrundlage nicht vorhanden ist und der Allgemeinheit daraus besondere Lasten entstehen würden oder in denen es zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes, zur Bekämpfung von Seuchengefahr, Naturkatastrophen oder besonders schweren Unglücksfällen, zum Schutze der Jugend vor Verwahrlosung oder um strafbaren Handlungen vorzubeugen, erforderlich ist.

Die Spitzenorganisationen der zuständigen Gewerkschaften sind bei der Vorbereitung allgemeiner Regelungen der beamtenrechtlichen Verhältnisse zu beteiligen.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.

(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.

(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.

Bei der Vorbereitung gesetzlicher Regelungen der beamtenrechtlichen Verhältnisse durch die obersten Landesbehörden sind die Spitzenorganisationen der zuständigen Gewerkschaften und Berufsverbände zu beteiligen. Das Beteiligungsverfahren kann auch durch Vereinbarung ausgestaltet werden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.

(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.

(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.

Bei der Vorbereitung gesetzlicher Regelungen der beamtenrechtlichen Verhältnisse durch die obersten Landesbehörden sind die Spitzenorganisationen der zuständigen Gewerkschaften und Berufsverbände zu beteiligen. Das Beteiligungsverfahren kann auch durch Vereinbarung ausgestaltet werden.

Wird eine Verkürzung der Arbeitszeit oder eine langfristige Beurlaubung beantragt, sind die Beamtinnen und Beamten auf die Folgen verkürzter Arbeitszeit oder langfristiger Beurlaubungen hinzuweisen, insbesondere auf die Folgen für Ansprüche aufgrund beamtenrechtlicher Regelungen sowie auf die Möglichkeit einer Befristung mit Verlängerung und deren Folgen.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.

(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.

(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.

Bei der Vorbereitung gesetzlicher Regelungen der beamtenrechtlichen Verhältnisse durch die obersten Landesbehörden sind die Spitzenorganisationen der zuständigen Gewerkschaften und Berufsverbände zu beteiligen. Das Beteiligungsverfahren kann auch durch Vereinbarung ausgestaltet werden.

Wird eine Verkürzung der Arbeitszeit oder eine langfristige Beurlaubung beantragt, sind die Beamtinnen und Beamten auf die Folgen verkürzter Arbeitszeit oder langfristiger Beurlaubungen hinzuweisen, insbesondere auf die Folgen für Ansprüche aufgrund beamtenrechtlicher Regelungen sowie auf die Möglichkeit einer Befristung mit Verlängerung und deren Folgen.

Bei der Vorbereitung gesetzlicher Regelungen der beamtenrechtlichen Verhältnisse durch die obersten Landesbehörden sind die Spitzenorganisationen der zuständigen Gewerkschaften und Berufsverbände zu beteiligen. Das Beteiligungsverfahren kann auch durch Vereinbarung ausgestaltet werden.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

Bei der Vorbereitung gesetzlicher Regelungen der beamtenrechtlichen Verhältnisse durch die obersten Landesbehörden sind die Spitzenorganisationen der zuständigen Gewerkschaften und Berufsverbände zu beteiligen. Das Beteiligungsverfahren kann auch durch Vereinbarung ausgestaltet werden.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.