Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 01. Sept. 2017 - 4 MB 38/17

ECLI:ECLI:DE:OVGSH:2017:0901.4MB38.17.00
bei uns veröffentlicht am01.09.2017

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts – 6. Kammer – vom 26. Juni 2017 geändert:

Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragsteller zu 1. – 5. vom 26. Mai 2015 – 6 A 97/15 – gegen den Planfeststellungsbeschluss des Antragsgegners vom 16. März 2015 wird insoweit wiederhergestellt, als mit ihr die Umgestaltung des Sperrwerkes in ein Schöpfwerk in B-Stadt angefochten wird.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen der Antragsgegner 5/9 und die Antragsteller zu 6. – 9. je 1/9.

Die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens werden wie folgt verteilt: Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners tragen der Antragsgegner 65 %, die Antragstellerin zu 6. 20 % und die Antragsteller zu 7. – 9. je 5 %. Die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller zu 1. – 5. trägt der Antragsgegner. Die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller zu 6. – 9. tragen diese jeweils selbst.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 150.000 Euro festgesetzt. Davon entfallen auf die Antragsteller:

zu 1. 

30.000 Euro

zu 2. 

30.000 Euro

zu 3. und 4.

30.000 Euro

zu 5. 

7.500 Euro

zu 6. 

30.000 Euro

zu 7. 

7.500 Euro

zu 8. 

7.500 Euro

zu 9. 

7.500 Euro

Gründe

I.

1

Die Antragsteller begehren vorläufigen Rechtsschutz gegen einen Planfeststellungsbeschluss.

2

Mit Allgemeinverfügung vom 7. Juli 2014 (im Folgenden: Einziehungsverfügung) entschied das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie des Landes Schleswig-Holstein:

3

1. Der Hafen B-Stadt wird als öffentlicher Hafen innerhalb der am 21. Mai 1993 bekannt gemachten Hafengrenzen mit Wirkung vom 01. Januar 2015 eingezogen.

4

2. Diese Entscheidung ergeht unter dem Vorbehalt des Widerrufs gemäß § 107 Abs. 2 Nr. 3 Landesverwaltungsgesetz Schleswig-Holstein (LVwG).

5

3. Bis zum Baubeginn eines Schöpfwerkes wird das Hafensperrwerk als Entwässerungsanlage weiter betrieben.

6

4. Die Widmung von landseitigen Verkehrsflächen innerhalb der Hafengrenzen bleibt unberührt.

7

Hiergegen wurden Klagen beim Verwaltungsgericht anhängig gemacht.

8

Mit Planfeststellungsbeschluss vom 16. März 2015 stellte der Antragsgegner den Plan für die Umgestaltung des Sperrwerkes in ein Schöpfwerk in B-Stadt fest und ordnete die sofortige Vollziehung sowohl für die Umgestaltung des Sperrwerkes in ein Schöpfwerk als auch für die Umlegung der Rückführungsleitung/Abwasserleitung der Seehundstation B-Stadt e.V. an. Im Entscheidungsteil des Beschlusses (Teil A) ist unter Ziffer 1.3 folgender „Vorbehalt“ aufgenommen:

9

1.3.1 Vorbehalt der Hafeneinziehung

10

Dieser Planfeststellungsbeschluss ergeht unter der Bedingung, dass der Hafen B-Stadt seine Funktion als öffentlicher Hafen im Sinne des § 140 LWG verloren hat. Dieser Vorbehalt gilt nicht für die Rückführleitung/Abwasserleitung der Seehundstation, die nördlich des Sperrwerks den Landesschutzdeich unterquert und in das Außentief (ehemaliger Hafenpriel) mündet.

11

Unter dem 2. April 2015 ordnete das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie die sofortige Vollziehung der Einziehungsverfügung mit Wirkung zum 1. Juni 2015 an.

12

Das Verwaltungsgericht wies die gegen die Einziehungsverfügung erhobenen Klagen mit Urteilen vom 19. Mai 2015 – 3 A 165/14 und 3 A 166/14 – ab. Hiergegen wurden Rechtsschutzverfahren (Berufung bzw. Anträge auf Zulassung der Berufung) beim Senat anhängig gemacht.

13

Die Antragsteller erhoben am 26. Mai 2015 gegen den Planfeststellungsbeschluss bei dem Verwaltungsgericht Klage (6 A 97/15), über die erstinstanzlich noch nicht entschieden ist.

14

Mit Beschluss vom 20. Oktober 2015 – 1 MB 20/15 – stellte das Oberverwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragsteller zu 1. – 5. gegen den Planfeststellungsbeschluss insoweit wieder her, als mit ihr die Umgestaltung des Sperrwerkes in ein Schöpfwerk in B-Stadt angefochten wird. In den Gründen heißt es:

15

Die Rüge, es fehle bereits an den Voraussetzungen für eine Sofortvollzugsanordnung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO, ist gerechtfertigt. Nach dieser Vorschrift entfällt die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage, wenn die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten besonders angeordnet hat. Als Voraussetzung für eine behördliche Vollziehungsanordnung nennt die Vorschrift mithin ein öffentliches oder ein überwiegendes Vollzugsinteresse eines Beteiligten, das das Suspensivinteresse überwiegt; zugleich impliziert sie das Erfordernis der Dringlichkeit. An einer Dringlichkeit fehlt es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts u.a. dann, wenn der angefochtene Planfeststellungsbeschluss mit einer aufschiebenden Bedingung versehen ist, dass die vorgesehenen Maßnahmen erst nach Unanfechtbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses zu einem anderen Abschnitt eines Gesamtvorhabens realisiert werden dürfen (Beschluss vom 13.06.2013 - 9 VR 3/13 -, zit. nach juris). Ein vergleichbarer Fall fehlender Dringlichkeit liegt auch hier vor. Der Planfeststellungsbeschluss vom 16. März 2015 ist hinsichtlich der Umgestaltung des Sperrwerkes in ein Schöpfwerk unter der ausdrücklichen „Bedingung“ ergangen, dass der Hafen B-Stadt seine Funktion als öffentlicher Hafen im Sinne des § 140 LWG verloren hat (Teil A, Ziffer 1.3.1 - Vorbehalt der Hafeneinziehung). Jener Bedingungseintritt, der nach der gewählten Formulierung - „...verloren hat“ - einen in der Vergangenheit abgeschlossenen Vorgang voraussetzt, ist aktuell ersichtlich nicht erfüllt. Die Einziehungsverfügung des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie des Landes Schleswig-Holstein vom 07. Juli 2014 ist angefochten; gegen das klageabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts ist die hinsichtlich des Klagebegehrens einer Klägerin zugelassene Berufung von dieser eingelegt worden und bei dem Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht unter dem Aktenzeichen 4 LB 9/15 unverändert anhängig. Zwar ist unter dem 02. April 2015 mit Wirkung vom 01. Juni 2015 die sofortige Vollziehung der Einziehungsverfügung angeordnet worden; die (bloße) Vollziehbarkeitsanordnung zeitigt indessen nicht dieselben Wirkungen wie die nach der dem Planfeststellungsbeschluss beigefügten Bedingung vorausgesetzte Bestandskraft der Hafeneinziehung. Die bei dieser Sachlage gleichwohl angeordnete sofortige Vollziehung des Sperrwerksumbaus in ein Schöpfwerk ist widersprüchlich und nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Gefahr eines eventuell erforderlichen Rückbaus bei negativem Ausgang des Einziehungsverfahrens nicht geeignet, eine Dringlichkeit bereits jetzt anzunehmen.

16

Mit Urteilen vom 28. April 2016 – 4 LB 9/15 und 4 LB 23/15 – wies der Senat die zugelassenen Berufungen gegen die Urteile des Verwaltungsgerichts vom 19. Mai 2015 zurück. Eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision wies das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 6. April 2017 – 7 B 10.16 – zurück.

17

Unter dem 18. April 2017 ordnete der Antragsgegner abermals die sofortige Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses an, in diesem Fall ohne inhaltliche Beschränkung.

18

Den hiergegen gerichteten Antrag der Antragsteller auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 26. Juni 2017 abgelehnt. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt: Der Antrag sei zulässig. Die Klage der Antragsteller entfalte aufgrund der Anordnung der sofortigen Vollziehung vom 18. April 2017 keine aufschiebende Wirkung. Der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 20. Oktober 2015 komme keine über den Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft der Einziehung des Hafens B-Stadt hinausgehende Bindungswirkung zu. Die materielle Bindungswirkung gerichtlicher Entscheidungen erfasse lediglich die Entscheidung über den Streitgegenstand, wie sie sich aus dem Entscheidungssatz ergebe. Zwar lasse der Tenor des Beschlusses vom 20. Oktober 2015 keine zeitliche Begrenzung erkennen. Jedoch ergebe sich aus den Gründen des Beschlusses offensichtlich und eindeutig, dass die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragsteller zu 1. – 5. nur bis zur Rechtskraft der Entscheidung über die Einziehung des Hafens B-Stadt bestehe. Das Oberverwaltungsgericht habe der Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses allein deshalb die Dringlichkeit abgesprochen, weil dieser unter der „Bedingung“ der Hafeneinziehung erlassen worden sei und die Bedingung erst mit der Rechtskraft der Entscheidung über die Hafeneinziehung eintrete. Das Oberverwaltungsgericht habe sich in seinem Beschluss nicht mit der Rechtmäßigkeit der sofortigen Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses über den Zeitpunkt der Rechtskraft der Entscheidung über die Hafeneinziehung hinaus auseinandergesetzt. Die Anträge seien jedoch unbegründet. Mangels Erfolgsaussichten der Hauptsache überwiege das Aussetzungsinteresse der Antragsteller das Interesse am Vollzug des Planfeststellungsbeschlusses nicht.

19

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsteller. Die Antragsteller sind der Auffassung, der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 20. Oktober 2015 entfalte weiterhin Bindungswirkung.

20

Der Antragsgegner tritt der Beschwerde entgegen. Der Sachverhalt habe sich in der Zwischenzeit erheblich verändert. Hätte er – der Antragsgegner – eine Änderung des Beschlusses vom 20. Oktober 2015 gemäß § 80 Abs. 7 VwGO beantragt, wäre Grundlage für die sofortige Vollziehung weiterhin die Anordnung der sofortigen Vollziehung aus dem Planfeststellungsbeschluss. Wenn man die damalige Begründung mit der jetzigen Situation vergleiche, müsse man zugestehen, dass die Begründung zumindest in Teilen nicht mehr aktuell sei. Da das Nachschieben von Gründen nicht so ohne weiteres möglich sei, habe er – der Antragsgegner – sich entschieden, eine neue Anordnung mit aktualisierter Begründung zu erlassen.

II.

21

Die Beschwerde hat nach Maßgabe der dargelegten Gründe (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) teilweise Erfolg.

22

1. Die Beschwerde der Antragsteller zu 1. – 5. ist im Wesentlichen begründet.

23

Der Behörde ist es nach einer Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO durch das Gericht grundsätzlich (d.h. von dem hier nicht gegebenen Fall des Begründungsmangels abgesehen; vgl. Senat, Beschlüsse vom 19. Juni 1991 – 4 M 43/91 –, juris Rn. 30, und vom 21. Mai 1992 – 4 M 44/92 –, juris Rn. 3; Kopp/Schenke, VwGO, 23. Auflage 2017, § 80 Rn. 172; Puttler, in: Sodan/ Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 80 Rn. 154) verwehrt, die sofortige Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes selbst bei einer Änderung der Sach- oder Rechtslage erneut anzuordnen; sie kann unter dieser Voraussetzung eine sofortige Vollziehung des Verwaltungsaktes grundsätzlich nur in dem Änderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO erreichen. Ordnet sie gleichwohl die sofortige Vollziehung des Verwaltungsaktes erneut an, ist auf Antrag gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung allein wegen der Nichtbeachtung der Bindungswirkung des Gerichtsbeschlusses wiederherzustellen (OVG Lüneburg, Beschluss vom 6. Juli 2000 – 3 M 561/00 –, juris Rn. 4; Kopp/Schenke, VwGO, 23. Auflage 2017, § 80 Rn. 172, Funke-Kaiser, in: Quaas/Zuck, Prozesse in Verwaltungssachen, 2008, § 4 Rn. 370; a.A. VGH Kassel, Beschluss vom 2. April 2007 – 7 TG 501/07 –, juris Rn. 11; Schoch, in: Schoch u.a., VwGO, Stand 2016, § 80 Rn. 443: Feststellung der aufschiebenden Wirkung).

24

a) Eine die erneute Anordnung der sofortigen Vollziehung hindernde Sperrwirkung ist hier gegeben, soweit der Planfeststellungsbeschluss die Umgestaltung des Sperrwerkes in ein Schöpfwerk vorsieht. In diesem Punkt hat das Oberverwaltungsgericht mit dem Beschluss vom 20. Oktober 2015 die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss wiederhergestellt.

25

Der Beschluss hat sich nicht dadurch erledigt, dass die Einziehungsverfügung mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. April 2017 bestandskräftig geworden ist. Das Oberverwaltungsgericht hat die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nicht mit einer entsprechenden auflösenden Bedingung versehen. Eine solche Bedingung findet sich in der Entscheidungsformel des Beschlusses vom 20. Oktober 2015 nicht. Der Tenor ist eindeutig formuliert und enthält keine Unklarheiten.

26

Die Voraussetzungen für eine Berichtigung des Beschlusses gemäß § 122 Abs. 1 i.V.m. § 118 Abs. 1 VwGO liegen nicht vor. Danach sind Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten in einem Beschluss jederzeit vom Gericht zu berichtigen. Eine Unrichtigkeit im Sinne des § 118 Abs. 1 VwGO liegt vor, wenn in der Formulierung der Entscheidung etwas anderes ausgesagt wurde als das Gericht gewollt hat, oder etwas nicht ausgesagt wurde, was das Gericht gewollt hat. Offensichtlich ist die Unrichtigkeit dann, wenn sie sich unschwer aus der Entscheidung selbst, insbesondere auch aus anderen Teilen der Entscheidung, aus den Umständen des vorausgegangenen Verfahrens, den Umständen der Verkündung oder unzweifelhaft aus dem Inhalt der Akten und aus jederzeit erreichbaren Urkunden erkennbar ist. Entscheidend ist, dass den Beteiligten aus einer solchen Konstellation heraus die Unrichtigkeit ohne weiteres auffällt (OVG Magdeburg, Beschluss vom 1. Juli 2010 – 2 O 154/09 –, juris Rn. 19 m.w.N.).

27

Nach diesen Maßstäben weist der Beschluss vom 20. Oktober 2015 keine offenbare Unrichtigkeit im Sinne des § 118 Abs. 1 VwGO auf. Zwar wird in den dortigen Gründen ausgeführt, dass ein dringendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses mangels Bestandskraft der Einziehungsverfügung zu verneinen ist. Die Gründe gehen jedoch mit keinem Wort auf den – aus der damaligen Sicht hypothetischen – Fall ein, dass sämtliche Klagen gegen die Einziehungsverfügung rechtskräftig abgewiesen werden sollten. Insbesondere findet sich in den Gründen keine darauf bezogene Interessenabwägung. Es fehlt daher ein Anhaltspunkt dafür, dass das Oberverwaltungsgericht die zeitliche Reichweite seiner Entscheidung begrenzen und die sofortige Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses ab Bestandskraft der Einziehungsverfügung ermöglichen wollte.

28

Eine nachträgliche Änderung der Entscheidungsformel, die über § 118 Abs. 1 VwGO hinausgeht, ist vom Gesetzgeber nicht vorgesehen (BVerwG, Beschluss vom 17. September 2007 – 8 B 30/07 –, juris Rn. 10; vgl. auch Clausing, in: Schoch u.a., VwGO, Stand 2016, § 121 Rn. 51). Der Antragsgegner ist daher an die zeitlich unbeschränkte Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung in dem Beschluss vom 20. Oktober 2015 gebunden und auf die Möglichkeit eines Antrags nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO zu verweisen. Um in diesem Verfahren veränderte Umstände geltend machen zu können, bedarf es keiner erneuten Anordnung der sofortigen Vollziehung.

29

b) Soweit der Planfeststellungsbeschluss über die Umgestaltung des Sperrwerkes in ein Schöpfwerk hinaus weitere Maßnahmen vorsieht, hat die Beschwerde der Antragsteller zu 1. – 5. keinen Erfolg. Insoweit ist die aufschiebende Wirkung ihrer Klage in dem Beschluss vom 20. Oktober 2015 nicht angeordnet worden.

30

2. Die Beschwerde der Antragsteller zu 6. – 9. ist unbegründet. Die aufschiebende Wirkung ihrer Klage ist in dem Beschluss vom 20. Oktober 2015 nicht angeordnet worden.

31

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 155 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 VwGO.

32

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 34.2 und 34. 3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf die zutreffende Begründung des Streitwertbeschlusses des Verwaltungsgerichts vom 3. Juli 2015 Bezug genommen.

33

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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Tenor

Die Klagen werden abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger (jeweils zu 1/10).

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger dürfen die Vollstreckung jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von jeweils 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Berufung wird zugelassen, soweit das Urteil das Klagebegehren der Klägerin zu 2) betrifft.

Tatbestand

1

Die Kläger wenden sich gegen eine Allgemeinverfügung des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie des Landes Schleswig-Holstein, mit der die Einziehung des Landeshafens A-Stadt verfügt wird.

2

Der Hafen A-Stadt ist ein an der Nordseeküste gelegener Landeshafen im Eigentum des Landes Schleswig-Holstein. Der Hafen besteht aus einem etwa 700 m langen Hafenbecken mit Kaianlage, einer Hochwasserschutzschleuse und seeseitig einem ca. 2 km langen Hafenpriel mit einem Leitdamm. Über den Hafen werden 2 Köge entwässert, er dient damit auch als Vorfluter für ein Einzugsgebiet von ca. 35 qkm.

3

Ein Vorläufer des Hafens entstand um das Jahr 1854 herum nach der vollendeten Eindeichung des Friedrichskooges im Außentief vor dem damals neuen Seedeichsiel. Der preußische Domänenfiskus legte damals für Landgewinnungsarbeiten ein Stichbecken für die Landgewinnungsfahrzeuge an. Daraus entwickelte sich zunächst ein Seehandel und seit 1883 siedelten sich dort Krabbenkutter an. In den Jahren 1934/1935 wurde im Rahmen der Eindeichung der ... Bucht vor dem Hafenbecken eine Hochwasserschleuse mit zwei Fluttorpaaren gebaut. Dadurch erlangte der Hafen seine heutige Form eines sturmflutsicheren Binnenhafens. A-Stadt wurde damals zu einem bedeutenden Fischereihafen (um die 70 Kutter). Im Jahre 1937 ging die Hafenunterhaltung aus der preußischen Staats- und Domänenverwaltung wegen der Bedeutung für die Fischerei in die Zuständigkeit der Wasserstraßenverwaltung des Deutschen Reiches über.

4

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde der Hafen vom Land Schleswig-Holstein als Rechtsnachfolgerin übernommen und wird seitdem als landeseigener Hafen betrieben.

5

Im Jahre 1950 wurde der Hafendamm um weitere 200 m Basaltleitdamm bis zum Hafenfeuer verlängert, um die Strömung, die zur Verschlickung des Hafens führt, noch weitergehend abzufangen. Zur Erläuterung dieser Arbeiten wurde in der Norddeutschen Rundschau am 20.4.1950 berichtet (Beiakte D), schon seit Jahren mache sich eine Verflachung der Hafeneinfahrt bemerkbar und gefährde die Leistungsfähigkeit und die Existenz des Hafens und derer, die auf ihn angewiesen seien.

6

Diese bauliche Maßnahme hat die Verschlickung nicht aufgehalten. Mit der Flut gelangen jeweils mehr Sedimente in den Hafenpriel und das Hafenbecken, als bei dem langsameren Abfluss des Wassers bei Ebbe wieder weggetragen werden. Grund des Versandungsproblems sind nach Einschätzung der Fachleute die geomorphologischen Verhältnisse, die dazu führen, dass die Dithmarscher Küste im Bereich der Elbmündung seit jeher zu den Nordseeküstenabschnitten mit den höchsten Aufschlickungs- und Anwachsraten zählt. Insbesondere nach der Eindeichung des ... Kooges zeigten sich starke Veränderungen des Wattenmeeres westlich von A-Stadt im Elbmündungstrichter. Es zeigt sich ein starkes Versandungs- bzw. Verschlammungsproblem im Hafenbereich, aber auch im Küstenvorfeld.

7

Zur Aufrechterhaltung des Hafenbetriebes werden seit Jahrzehnten laufend Cutterbaggerungen durchgeführt. Die Baggerungen finden im Hafenbecken und im Bereich des Sperrwerkes auch im Hafenpriel statt. Das landeseigene Baggerschiff „Isern Hinnerk II" schafft einen jährlichen Aushub von mindestens 100.000 cbm mit einem Kostenaufwand von durchschnittlich 320.000,- € auf Spülfelder. Im Hafenpriel ist in letzter Zeit zusätzlich ein Schlepper mit Egge („Hafenretter“) zum Einsatz gekommen. Da auch damit bisher keine Fahrwassertiefe von 2,5 m in Hafen, Hafenpriel und vorgelagerten Wattgebieten gewährleistet ist, sind viele Fischer nach Büsum ausgewichen, wo der Hafen tideunabhängig auch von Fischkuttern mit einem Tiefgang von mehr als 1,90 m sicher genutzt werden kann. In A-Stadt wurden deshalb im Jahre 2013 nur rd. 52 t Krabben angelandet. In einer Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage vom 22.06.2010 (Ds. 17/613) heißt es, es seien noch 27 Haupterwerbsfischereibetriebe (Krabbenkutter) mit Heimathafen in A-Stadt gemeldet, aber lediglich neun Betriebe, die Kutter mit geringem Tiefgang hätten, nutzten den Hafen noch regelmäßig.

8

Nachdem im Hafen immer weniger Anlandungen von Fisch und Krabben stattfanden, bemängelte der Landesrechnungshof schon in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts, dass der Hafen unwirtschaftlich sei. Das Marschenbauamt Heide berichtete am 02.03.1973 über die geomorphologischen Verhältnisse und wies auf eine starke Verlandungstendenz hin. Die Gesamtsituation werde sich weiter nachteilig entwickeln. Die Wasser- und Schifffahrtsdirektion B-Stadt und das Landesamt für Wasserhaushalt und Küsten kamen mit einem Bericht vom 28.05.1974 ebenfalls zu dem Schluss, Hafen und Zufahrt würden in überschaubarer Zeit Opfer der Anlandungsprozesse werden. Es sollten rechtzeitig Folgerungen gezogen werden, indem auf die unabänderliche Entwicklung und eine Entwidmung des Hafens hingewiesen werde.

9

Als dies an die Öffentlichkeit gelangte, kam es damals zu heftigen Protesten der Bevölkerung vor Ort, insbesondere seitens der Fischer, die eine Bedrohung der Existenzgrundlage beklagten.

10

Mit Rücksicht hierauf ließ die Landesregierung technische Lösungsmöglichkeiten zur kostengünstigeren Aufrechterhaltung des Hafenbetriebes prüfen. Prof. ... kam in einem Gutachten aus Oktober 1975 zu dem Ergebnis, die Analyse der Ämter sei richtig. Man könne jedoch die Strömungsverhältnisse verbessern, indem mit einem Aufwand von 6 Mio. DM ein Spülpolder gebaut werde; das sei eine „unkonventionelle Baumaßnahme, die mit Risiken behaftet ist". Die Wasser- und Schifffahrtsdirektion B-Stadt nahm dazu kritisch Stellung: Die Idee eines solchen Spülpolders sei nicht neu, sie sei schon 1963 vom Wasser- und Schifffahrtsamt Tönning erwogen worden, Probespülungen hätten dazu geführt diesen Versuch aufzugeben, weil nicht habe erhärtet werden können, dass die Investition in einem vernünftigen Ergebnis zum Erfolg stehe. Eine Entscheidung für einen Polder wurde daraufhin nicht getroffen, es wurden weiterhin Baggerungen durchgeführt.

11

Im Jahre 1990 wurden dann im Zusammenhang mit einer Deichbaumaßnahme im ...koog vom Amt für Land- und Wasserwirtschaft Sedimentationsbecken vor dem Hafen - also eine Art Spülpolder - durch Entnahme von 350.000 cbm Sand geschaffen. Zu den Erfahrungen damit heißt es in einer Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage (Drucksache 17/613 vom 22.06.2010), diese Becken seien sehr schnell verlandet.

12

In einem Bericht vom 29.09.1997 bemängelte der Landesrechnungshof nochmals, unbedeutende Umsätze im Hafen und hohe Aufwendungen dafür würden das Engagement des Landes nicht rechtfertigen. Das Wirtschaftsministerium sei gefordert, eine Lösung zu finden, um die dauerhafte Kostenbelastung zu beenden; hierbei sei auch die Möglichkeit einer Entwidmung als öffentlicher Hafen einzubeziehen.

13

Es wurden daraufhin nochmals technische Lösungen zur Minderung des Aufwandes geprüft. Der Landesbetrieb Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz (LKN) kam am 10.12.2009 zu dem Ergebnis, dass keine der Alternativen eine signifikante Entlastung von den hohen Bagger- und Hafenbetriebskosten erwarten lasse.

14

Ein hierzu eingeholtes Gutachten von Prof. ... (CAU B-Stadt) kam im Februar 2010 nach Prüfung verschiedener Varianten zu dem Ergebnis, Baumaßnahmen (Spülpolder etc.) zur Lösung des Problems seien mit Vorsicht zu betrachten, da mit hoher Wahrscheinlichkeit Folgeprobleme und -kosten entstünden; Varianten mit einer Optimierung durch baggertechnische Vertiefung könnten zur Reduzierung der Baggervolumina führen, allerdings auf Kosten einer erhöhten Baggerfrequenz.

15

Im Jahre 2012 empfahl die Haushaltsstrukturkommission des Landes die Schließung des Hafens.

16

In der Folgezeit wurde von der Landesregierung mit dem Kreis Dithmarschen, der Gemeinde A-Stadt und der örtlichen Wirtschaft über eine andere Eigentümer- und Betreiberstruktur verhandelt. Das Land machte dabei deutlich, dass es eine einvernehmliche Lösung anstrebe, eine weitere Trägerschaft für den Hafen jedoch ablehne. Es wurden Möglichkeiten in Betracht gezogen, den Hafen in Trägerschaft der Gemeinde über den Erlös aus noch zu errichtenden Windkraftanlagen zu finanzieren. Es kam zu einem „letter of intent" vom 07.06.2012, der die Prüfung einer Kompromisslösung vorsah: Das Eigentum am Hafen sollte auf die Gemeinde übergehen, das Land wollte einen Kostenanteil (Betriebskosten für das Sperrwerk) übernehmen. Als eine Voraussetzung wurde die Rechtskraft des Regionalplans IV (Eignungsflächen für Windenergie) festgehalten. Diese Lösung wurde von der Gemeinde A-Stadt letztlich abgelehnt, weil wegen der Kostenrisiken keine Bereitschaft bestand, die Trägerschaft des Hafens zu übernehmen.

17

Im April 2012 gab das Land Schleswig-Holstein die Entwidmungsabsicht für den Hafen öffentlich bekannt und legte einen entsprechenden Erläuterungsbericht vom 02.04.2012 im Zeitraum vom 26.04.2012 bis 29.05.2012 öffentlich aus. Daraufhin wurden 79 Einwendungen erhoben, darunter auch Einwendungen der Kläger. Hinsichtlich der Einwendungen wird auf die beigezogene Beiakte B Bezug genommen.

18

Mit Allgemeinverfügung vom 07.07.2014 traf das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie des Landes Schleswig-Holstein folgende Entscheidung:

19
1. „Der Hafen A-Stadt wird als öffentlicher Hafen innerhalb der am 21. Mai 1993 bekannt gemachten Hafengrenzen mit Wirkung vom 01. Januar 2015 eingezogen.
20
2. Diese Entscheidung ergeht unter dem Vorbehalt des Widerrufs gemäß § 107 Abs. 2 Nr. 3 Landesverwaltungsgesetz Schleswig-Holstein (LVwG).
21
3. Bis zum Baubeginn eines Schöpfwerkes wird das Hafensperrwerk als Entwässerungsanlage weiter betrieben.
22
4. Die Widmung von landseitigen Verkehrsflächen innerhalb der Hafengrenzen bleibt unberührt.“
23

Zur Begründung wurde ausgeführt, der Hafen A-Stadt stelle eine dem Gemeingebrauch gewidmete öffentliche Sache dar, deren Einziehung in Analogie zu § 8 Abs. 1 Straßen- und Wegegesetz Schleswig-Holstein (StrWG) verfügt werde, weil die Fortführung des Hafens aus Steuermitteln dem Land nicht mehr zumutbar sei und die Einziehung des Hafens in Abwägung mit privaten Interessen aus Gründen des öffentlichen Wohles erforderlich sei. Der Betrieb und die Instandhaltung des Hafens und des Sperrwerkes führten zu regelmäßigen jährlichen Kosten in Höhe von ca. 700.000 bis 1 Mio. Euro. Die jährlichen Einnahmen lägen in der Größenordnung von ca. 40.000 Euro. Es ergebe sich für den Hafenbetrieb ein Mittelwert von knapp 800.000 Euro als jährlicher Zuschussbedarf. Kurzfristig müssten zudem rund 2 Mio. Euro in die bestehenden Anlagen investiert werden. Mittelfristig bestehe ein weiterer Sanierungsbedarf von rund 1,8 Mio. Euro. Für die Daseinsvorsorge (Versorgung der Bevölkerung) sei der Hafen nicht mehr erforderlich, da die Umschlagsmengen zu gering seien und auch nicht der Versorgung der Bevölkerung dienten.

24

Auch sei der Hafen nicht zur Erschließung der angrenzenden Flurstücke erforderlich. Die Entwässerung des angrenzenden Einzugsgebietes werde durch den - mit einer Hafenschließung notwendigerweise verbundenen - Bau eines Schöpfwerkes insgesamt verbessert. Die Tideniedrigwasserstände am Außenpegel des Sperrwerkes A-Stadt würden seit Jahren um mehr als 2 cm pro Jahr ansteigen, so dass angesichts der Höhenlage des Einzugsgebietes (+ 1,0 m NHN bis + 2,0 m NHN) die Entwässerung des Binnenlandes in freier Vorflut in 10 - 15 Jahren nicht mehr möglich wäre.

25

Belange der Nutzer des Hafens (Sportboote, Fischer, Werft und hafenaffine Dienstleistungen) seien zwar beeinträchtigt, das öffentliche Wohl überwiege aber.

26

Für die Gemeinde A-Stadt sei der Tourismus ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, denn der Hafen sei ein Anziehungspunkt neben Attraktionen des Wals, der Seehundstation und dem maritimen Umfeld. Die Schließung des Hafens werde aber voraussichtlich nur geringe negative Auswirkungen auf die touristische Gesamtattraktivität haben; die Gewerbesteuereinnahmen würden sich höchstens um 30.000,-- € vermindern.

27

Eine schwerwiegende negative Veränderung der unmittelbaren hafenbezogenen wirtschaftlichen Aktivitäten sei nicht anzunehmen. Vielmehr sei anzunehmen, dass die Kutter, die derzeit noch den Hafen anliefen, auch weiterhin auf andere Häfen, wie etwa Büsum, ausweichen könnten.

28

Für den ortsansässigen Werftbetrieb stelle die Einschränkung des gepachteten wasserseitigen Zuganges eine Beeinträchtigung seiner Belange dar, es sei dem Werftbetrieb aber insgesamt zuzumuten, seine Aktivitäten gänzlich auf andere Standorte, wie etwa Büsum, zu verlagern.

29

Angesichts der geringen Verkehrsbedeutung und der erheblichen Kosten für den Betrieb des Hafens bei einem geringen Ertrag stellten sich bei einer Gesamtabwägung die Schließung des Landeshafens und der Bau eines Schöpfwerkes als vorzugswürdig dar. Der Bau eines Schöpfwerkes werde rd. 3,5 Mio. € kosten, bei jährlichen Betriebskosten von rd. 160.000,- €; ein Kostenvergleich ergebe die Vorzugswürdigkeit eines Schöpfwerkes, das die Entwässerungssituation überdies verbessere, weil die Entwässerung nicht mehr von Außenwasserständen abhängig wäre.

30

Am 25.09.2014 haben die Kläger Klage erhoben.

31

Die Kläger tragen vor:

32

Die streitige Allgemeinverfügung sei aufzuheben, denn sie sei rechtswidrig und verletzte die Rechte der Kläger. Die Entwidmung verstoße gegen den Vorbehalt des Gesetzes.

33

Es fehle eine gesetzliche Grundlage, die die Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer Einziehung eines Hafens regele. Eine solche Rechtsgrundlage sei notwendig, da es hier um Grundrechtseingriffe gehe. Betroffen sei Art. 2 Abs. 1 GG, aber auch der eigentumsrechtliche Schutz des Anliegergebrauchs, der für den Zugang zu Straßen anerkannt sei. Eine Einziehung eines Hafens in analoger Anwendung von Vorschriften des Straßen- und Wegegesetzes sei deshalb nicht zulässig, zumal damit die wasserrechtlichen Besonderheiten und Härten nicht erfasst würden.

34

Außerdem habe der Hafen noch eine Verkehrsbedeutung und es würden hier überwiegende private Interessen gegen die Einziehung sprechen. Die Einziehung des Hafens würde im Zusammenhang mit dem Bau eines Schöpfwerkes praktisch zu einer endgültigen Schließung des Hafens führen. Die Verbindung zur Nordsee würde entfallen. Dies beeinträchtige die Rechte der Kläger.

35

Der Hafen werde noch für die Fischerei und den Wassersport genutzt, wie sich aus einer Aufstellung der Mitglieder des Sportbootvereins und der Fischer, aber auch aus den Verwaltungsakten ergebe. Nach den Berechnungen des Sportbootclubs habe es noch mehr Anläufe von Sportbooten gegeben, als vom Beklagten angegeben.

36

Darüber hinaus sei die Einziehung des Hafens unverhältnismäßig. Zwar sei die Zahl der Anläufe von Wasserfahrzeugen und der Anlandungen von Krabben rückläufig, dies sei jedoch auf die mangelnde Unterhaltung des Hafens durch den Beklagten und auf Fehlentscheidungen zurückzuführen, so dass sich der Beklagte nun nicht auf die mangelnde Verkehrsbedeutung und hohe Kosten berufen könne. Festzustellen sei hierbei, dass die Zahl der Anläufe und Anlandungen parallel zu den Baggermengen und Baggerkosten zurückgingen:

37
- Im Jahr 2000 seien 143.000 m3 Sand aus der Hafenzufahrt ausgehoben worden.
38
- Im Jahr 2006 seien 147.000 m3 Sand ausgehoben worden.
39
- Im Jahr 2011 seien jedoch nur 125.000 m3 Sand ausgehoben worden.
40
- Im Jahr 2013 seien nur noch 100.000 m3 Sand gebaggert worden.
41

Der Zusammenhang ergebe sich deutlich aus folgenden Darstellungen:

42

Baggeraushub/Anläufe von Fischereifahrzeugen

43
        

2000   

2001   

2002   

2003   

2004   

2005   

2006   

2007   

Aushub
in Tausend
m3

143     

120     

130     

130     

135     

125     

ca. 147

ca. 122

Anläufe
Fischereifahrzeuge

859     

877     

807     

789     

575     

593     

500     

248     

44
        

2008   

2009   

2010   

2011   

2012   

2013   

Aushub
in Tausend
m3

ca. 120

ca. 115

ca. 120

ca. 125

Menge
nicht
bekannt

ca. 100

Anläufe
Fischereifahrzeuge

117     

155     

159     

65    

73    

104     

Abbildung
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45

Die Baggermengen seien danach seit 2006 signifikant zurückgegangen. Es sei rechtsmissbräuchlich, den Hafen erst versanden zu lassen, so dass den Fischern eine Einfahrt nicht mehr möglich sei, und später eine Einziehung damit zu begründen, dass die Anzahl der Anläufe gering sei.

46

Desweiteren habe der Beklagte bereits bei der Planfeststellung zur Fahrrinnenanpassung der Unter- und Außenelbe angemahnt, dass die Verbringung des Elbschlicks in die Elbmündung zu einer Versandung des Hafens A-Stadt führen werde. Auch hieraus ergebe sich, dass der Hafen zunehmend versande, der Beklagte aber die Baggermengen nicht angepasst habe. Die Fischer würden anführen, dass sich die Situation des Hafens schon nach der Elbvertiefung 1999 wesentlich verschlechtert habe; seinerzeit hätten weitere 7 Mio. Kubikmeter Schlick im Elbmündungsarm gelagert werden sollen. Mit jeder Flut werde der Sand kilometerweit Richtung Land getragen, so dass der Elbschlick in A-Stadt angelandet werde.

47

Der Beklagte habe zu hohe Kosten des Hafenbetriebs angenommen (durchschnittlich 800.000,- €). Tatsächlich ergebe sich aus dem finanziellen Gesamtaufwand von 2000 bis 2010 ein durchschnittlicher jährlicher Zuschussbedarf von rund 700.000,- €.

48

Es sei auch zu bezweifeln, ob der Zustand des Sperrwerks tatsächlich so schlecht sei, wie dies vom Land angegeben werde, so dass auch der angegebene Sanierungsaufwand zweifelhaft sei.

49

Auch sei es nicht richtig, wenn der Beklagte anführe, eine Kostenreduzierung sei nicht möglich. Bereits 1978 seien Vorschläge zur Kostenreduzierung gemacht worden. Gleichwohl seien keine Maßnahmen getroffen worden, um eine Versandung des Hafens zu unterbinden oder zu verringern. So sei nicht der Empfehlung des Landesbetriebes Küstenschutz, Naturschutz und Meeresschutz vom 10.12.2009 gefolgt worden, die Maßnahme „Anschluss des vorhandenen Grüppensystems im Vorlandbereich südlich des Hafenpriels als Spülpolder“ kurzfristig umzusetzen. Auch der Bau eines Spülpolders hätte den Baggeraufwand deutlich reduzieren können, worauf die Bundesanstalt für Wasserbau im Juni 2014 hingewiesen habe. Ungünstig wirke sich auch die Umgestaltung des Sperrwerks in den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts aus; damals sei ein zu niedriger Drempel gebaut worden, so dass nun der Ebbstrom aufgrund einer größeren Tiefe im Bereich des Sperrwerks gebremst werde. Es sei zu verlangen, dass dies baulich verändert werde, um einen besseren Rückfluss der Sedimente zu ermöglichen. Hinzukomme, dass das Land um das Jahr 2000 herum einen „Schachtpriel“ südlich des Hafenpriels geschlossen, und auf Anregung der Fischer erst im Jahre 2011 teilweise (Rohrleitungen) wieder geöffnet habe; auch dies habe sich ungünstig auf die Sedimentablagerung ausgewirkt.

50

Es sei folglich versäumt worden, die Kosten für die Instandhaltung des Hafens zu senken, so dass es verfehlt sei, sich heute auf die hohen Instandhaltungskosten des Hafens zu berufen. Dies hätte im Rahmen der Abwägung stärker zugunsten der Kläger gewichtet werden müssen.

51

Weiterhin berufe sich der Beklagte in seinem Bescheid zu Unrecht darauf, dass die Entwässerung durch ein zu bauendes Schöpfwerk verbessert werde, da die Entwässerung dann nicht mehr von den Außenwasserständen abhängig sei. Es erscheine schon problematisch, dieses Argument für die Einziehung des Hafens heranzuziehen, da das Planfeststellungsverfahren für das Schöpfwerk noch nicht abgeschlossen sei. Es stehe also noch gar nicht fest, ob ein Schöpfwerk gebaut werden könne. Wenn nun, wie angekündigt, die Baggerungen eingestellt würden, werde es nicht mehr möglich sein, die anliegenden Gebiete zu entwässern. Sollte man dennoch von dem Bau eines Schöpfwerkes ausgehen, wäre die Wassersituation in A-Stadt auch in diesem Fall nicht besser. Durch ein Schöpfwerk würde das Hafenbecken zu einem Binnengewässer ohne Fließbewegung werden. Dies werde dazu führen, dass das Wasserbecken aussüßen werde, mit der Folge einer stärkeren Algenentwicklung und entsprechenden Geruchsbelästigungen in den Sommermonaten. Die bereits im Hafenbereich ansässigen Lebensgemeinschaften würden verdrängt. Für ein Schöpfwerk werde überdies ein Wasserstand im Hafenbecken von 40 cm unter Normalnull angestrebt. Aufgrund des im Vergleich zum Hochwasser bei einem offenen Hafen um ca. 2,2 m massiv abgesenkten Wasserstandes werde das Grundwasser in der Umgebung des Hafens um mehrere Meter sinken. Dies führe erfahrungsgemäß zu einer Absenkung des Bodens, was wiederum zu Schäden an Häusern in der Umgebung des Hafens führen werde.

52

Der Beklagte habe auch die touristischen Belange nicht richtig bewertet. Es seien neben den Gewerbesteuereinnahmen auch die umsatzsteuerpflichtigen Lieferungen und Leistungen in den Blick zu nehmen. Im Jahre 2007 habe das Gastgewerbe umsatzsteuerpflichtige Lieferungen und Leistungen in Höhe von 2.911.000,- € erbracht. Im Bereich der Fischerei und Fischzucht hätten sich die umsatzsteuerpflichtigen Lieferungen und Leistungen sogar auf rund 7.000.000,- € belaufen. Laut einer Umfrage bei den Gewerbebetreibenden aus A-Stadt würden durch die Schließung des Hafens Umsatzeinbußen von 20 bis 100 % erwartet. Auch würden durch die Hafenschließung ca. 183 Arbeitsplätze konkret bedroht. Eine Studie aus 2005 habe ergeben, dass die Hafenschließung zu einem Kaufkraftverlust von 900.000,- € und zum Verlust von Arbeitsplätzen führe. Dies würde zu einer beachtlichen Beeinträchtigung des sozialen Friedens innerhalb der Gemeinde führen.

53

Die Aussage, dass die Wirtschaft in A-Stadt nur geringe Einnahmerückgänge hinnehmen müsse und dass der Hafen nicht Hauptattraktion der Gemeinde sei, sei falsch. Der Hafen stelle sehr wohl einen touristischen Mittelpunkt von A-Stadt dar. Allein durch die jährlich stattfindenden Regatten und Hafenfeste würden mehrere Tausend Besucher angezogen.

54

Desweiteren seien die Kläger dadurch beeinträchtigt, dass die Grundstücke in A-Stadt an Wert verlieren würden, wenn der Hafen eingezogen werde. Überdies könne es durch die Folgen des Schöpfwerkbaus durch Absenkungen des Bodens kommen und hierdurch würden sowohl Grundstücke als auch die hierauf gebauten Häuser nachhaltig geschädigt werden.

55

Soweit die Beklagte meine, für die Fischer und die Werft sei eine Umsiedlung nach Büsum zumutbar, sei dies unzutreffend. In Büsum stünden keine geeigneten Flächen zur Verfügung. Selbst wenn solche Kapazitäten zur Verfügung stünden, wäre die Errichtung einer neuen Werft und neuer Anlegestellen für die Fischer dort mit enormen Kosten verbunden. Bereits jetzt hätten die Fischer in Büsum Nachteile, da sie dort keine festen Liegeplätze hätten; sie hätten hohe Fahrtkosten, da sie 2-3 täglich nach Büsum fahren müssten. Bereits jetzt seien 20 Fischer dazu bereit, ihren ständigen Liegeplatz wieder in den Hafen A-Stadt zu verlegen, wenn eine uneingeschränkte Hafeneinfahrt wieder ermöglicht werde.

56

Der Kläger zu 1), der A., werde aufgrund einer Einziehung des Hafens faktisch liquidiert, da dann keine Fischerei mehr in A-Stadt ansässig sei. Darüber hinaus befinde sich das Vereinsheim des Klägers zu 1) direkt am Hafenbecken. Sollte es infolge einer Absenkung des Grundwasserspiegels zu einer Absenkung des Bodens kommen, wäre der Kläger zu

57
1) hierdurch in seinem Recht aus Art. 14 GG verletzt, da durch die Bodenabsenkungen mindestens Risse und Spalten an dem Gebäude des Klägers entstehen würden. Darüber hinaus verstoße auf Sekundärebene die Ungleichbehandlung der Seehundstations A- Stadt e. V. und des Klägers zu 1) gegen Art. 3 GG. Anders als die Seehundstation erhalte der Kläger zu 1) keinerlei Kompensation für die Einziehung des Hafens.
58

Auch die Klägerin zu 2), die D., werde durch die Einziehung des Hafens in ihren Rechten verletzt, da sie mit ihrer Werft auf den Hafen angewiesen sei. Die Werft sei gut ausgelastet, und sei mit ihren Spezialmaschinen für die Fischer alternativlos. Der Hafen sei der einzige Zufahrtsweg zur Nordsee. Eine wasserseitige Erreichbarkeit der Werft sei essentiell für deren Betrieb. Sollte auch noch ein Schöpfwerk gebaut werden, wäre eine Hafeneinfahrt für die Kunden der Klägerin gänzlich unmöglich. Die Klägerin zu 2) habe einen einfachrechtlichen Abwehranspruch, da sie in ihren Anliegerrechten beeinträchtigt werde. Außerdem stelle die Einziehung des Hafens einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin zu 2) dar. Aufgrund der Hafenschließung werde die Werft wasserseitig nicht mehr erreichbar sein und würde schließen müssen. Dadurch würde es zum Verlust von Arbeitsplätzen und zu erheblichen Einkommensverlusten kommen. Darüber hinaus verstoße die Unterscheidung zwischen der Klägerin zu 2) und der Seehundstation A-Stadt gegen Art. 3 GG, da der Klägerin zu 2) anders als der Seehundstation keine Kompensation oder Ausgleichsmaßnahme angeboten worden sei. So wäre es z. B. möglich, ein Schiffshebewerk für die Kunden der Klägerin zu 2) zu errichten, um so das Schöpfwerk zu überbrücken.

59

Die Klägerin zu 3), die G., werde durch die Einziehung des Hafens in ihren privaten Rechten verletzt, denn durch die Einziehung des Hafens greife der Beklagte in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ein. Durch die Hafeneinziehung werde es zu Umsatzeinbußen kommen, da die Klägerin zu 3) hauptsächlich Arbeiten für ortsansässige Gewerbetreibende und Privatleute ausführe. Bei den Gewerbetreibenden werde es infolge der Hafeneinziehung zu Umsatzeinbußen kommen, so dass weniger Kapital zur Verfügung stehe, um beispielsweise die Klägerin zu 3) zu beauftragen.

60

Auch die Klägerin zu 4), die J., werde durch die Einziehung des Hafens in ihren Rechten verletzt. Durch den Bau des Schöpfwerkes werde es bei der Klägerin infolge der Bodenabsenkungen zu Schäden an dem von ihr geführten Appartementhaus kommen. In dem Mauerwerk des Hauses würden Risse und auch andere Schäden entstehen, welche nur durch einen unverhältnismäßig hohen Aufwand wieder zu beheben wären. Auch in dem

61

Garten des Appartementhauses würde es zu Absackungen des Bodens kommen und so eine Begehung wesentlich erschwert werden. Dies stelle einen Eingriff in Art. 14 GG dar. Desweiteren stelle die Einziehung des Hafens auch hinsichtlich der Klägerin zu 4) einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar. Dies ergebe sich aus zu erwartenden Umsatzeinbußen und dementsprechend Einkommensverlusten.

62

Auch der Kläger zu 5), der Sportbootclub A-Stadt e. V., werde durch die Einziehung des Hafens in seinen Rechten verletzt werden. Würde der Hafen eingezogen, könnten die Bootsanleger des Klägers nicht mehr angefahren werden. Darüber hinaus wären der Betrieb und die Instandhaltung der Bootsanleger und der vereinseigenen Boote nicht mehr möglich. Eine wasserseitige Erreichbarkeit des Klägers sei essentiell für den Betrieb des Vereins und für die Erfüllung des Vereinszwecks. Sollte der Hafen eingezogen werden, müsste der Verein faktisch liquidiert werden, da Ausweichmöglichkeiten in der erforderlichen Größenordnung und in zumutbarer Entfernung nicht vorhanden seien. Auch gelte hinsichtlich des Klägers zu 5), dass dieser als Anlieger des Hafenbeckens auf die Verbindung hinaus zur Nordsee angewiesen sei. Darüber hinaus sei auch insoweit eine Ungleichbehandlung gegenüber der Seehundstation zu bemängeln.

63

Auch die Klägerin zu 6), die P., werde durch die Einziehung in ihren Rechten verletzt. Durch die Entwidmung des Hafens werde die Gaststätte objektiv an Attraktivität verlieren, da die Hafennähe für viele Gäste ein Auswahlkriterium darstelle. Dies führe zu Umsatzrückgängen und damit auch zu Einkommensverlusten. Darüber hinaus seien aufgrund der zu erwartenden Änderung des Wasserstandes im Rückhaltebecken Schäden an dem Gebäude der Klägerin zu 6) zu befürchten, das direkt am Hafen liege und somit von einer Bodenabsenkung unmittelbar betroffen wäre. Hinzukomme, dass es durch den Bau eines Schöpfwerkes zu einer Aussüßung des Hafenbeckens kommen werde, verbunden mit einer starken Algenentwicklung und Fäulnisgeruch im Sommer. Die Verschlechterung der Wasserqualität betreffe alle Anwohner und anliegenden Gewerbetreibenden. Dies gehe mit einem Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb einher.

64

Der Kläger zu 7), Herr S., werde in seinen Rechten verletzt, weil Schäden an seinen Grundstücken und Gebäuden zu befürchten seien. Das Wohngebäude des Klägers liege ca. 380 m entfernt vom Hafen. Aufgrund einer Absenkung des Grundwasserspiegels sei mit Schäden an Grundstücken und Häusern zu rechnen.

65

Entsprechendes gelte für die Kläger zu 8) und 9).

66

Auch der Kläger zu 10), Herr AB., werde als Betreiber eines Restaurants in seinem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb beeinträchtigt, wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergebe.

67

Die Kläger beantragen,

68

die Entscheidung des Beklagten über die Einziehung des Hafens A-Stadt als Landeshafen vom 07. Juli 2014 aufzuheben.

69

Der Beklagte beantragt,

70

die Klage abzuweisen.

71

Der Beklagte trägt vor:

72

Für die Klagen dürfte bereits die erforderliche Klagebefugnis fehlen, mit Ausnahme der Klägerin zu 2), einer Werft, die den Hafen zu Verkehrszwecken nutze und sich auf ihren Anliegergebrauch berufen habe.

73

Die Klage sei insgesamt jedenfalls unbegründet. Die Einziehung des Hafens sei rechtlich nicht zu beanstanden, denn dadurch würden Rechte von Anliegern und bisherigen Teilnehmern am Gemeingebrauch nicht verletzt.

74

Soweit die Kläger mit der aus ihrer Sicht höheren Anzahl der Liegetage von Booten und Schiffen in dem Hafen argumentierten, könne dies nicht überzeugen. Die von dem Beklagten herangezogenen Zahlen für die Verkehrsbewegungen und Umschlagsmengen stellten einen geeigneteren Maßstab für die Beurteilung der Verkehrsbedeutung des Hafens dar. Die Verkehre, die das Sperrwerk passierten, würden von den Mitarbeitern des Landes tag- und schiffsgenau erfasst.

75

Die Behauptung der Kläger, das Land habe aufgrund nicht hinreichender Baggermengen in Kenntnis zunehmender Verschlickung die mangelnde Verkehrsbedeutung selbst herbeigeführt, sei unzutreffend. Die Unterhaltungspflicht des Landes bestehe nur im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit. Es gebe keinen Rechtssatz, dass das Land auf veränderte Umweltbedingungen durch massiv ausgeweitete Baggerungen reagieren müsse. Die Baggerungen seien nach einem sachgerechten Konzept in einem erheblichen Umfang vorgenommen worden. Dabei sei es schon im Interesse des Küstenschutzes unabdingbar gewesen, im Bereich des Sperrwerks eine größere Tiefe zu halten, um den Betrieb der Tore zu gewährleisten. Von einer Ausdehnung der Baggerungen noch weiter in den Hafenpriel hinein, habe man sich keinen nachhaltigen Erfolg versprochen. Diese Einschätzung habe sich im Jahre 2012 bestätigt, als man im Hafenpriel bis zu 1 km vor dem Sperrwerk gebaggert habe; es sei schnell wieder zur Auffüllung gekommen. Daher wäre es auch nicht sinnvoll, dort tiefer zu gehen.

76

Die jährlichen Schwankungen der Baggermengen seien begründet in jährlich witterungsbedingten unterschiedlichen Sedimentationsraten. Die zunehmend schlechtere Erreichbarkeit des Hafens sei im Übrigen auch durch Aufschlickungen in dem Wattfahrwasserbereich vor dem Hafenpriel begründet. In diesem Bereich seien Baggerungen aus Umweltgründen unzulässig und würden im Übrigen auch keinen nachhaltigen Erfolg haben können.

77

Bedenken, die sich aus dem Bau des Schöpfwerkes ergeben würden, z. B. hinsichtlich von Geruchsbelästigungen oder Bodenabsenkungen, seien Gegenstand des entsprechenden Planfeststellungsverfahrens und nicht dieses Einziehungsverfahrens.

78

Soweit die Kläger die touristischen Auswirkungen einer Hafenschließung anders beurteilten als der Beklagte, werde auf das touristische Entwicklungskonzept aus September 2014 verwiesen, das im Auftrag der Gemeinde erstellt worden sei. Danach werde zwar die Bedeutung des Hafens als identitätsstiftendes Element der Gemeinde betont, insgesamt gingen die Gutachter aber davon aus, dass der durch die Hafenschließung ausgelöste touristische Attraktivitätsverlust für die Gemeinde A-Stadt von den positiven Effekten der Neugestaltung des Hafenumfeldes aufgefangen werden könnte (Blatt 117 GA). Das Land sei bereit, die Gemeinde hierbei zu unterstützen.

79

Was den Kläger zu 1) (Fischerverein) angehe, sei ein Eingriff in eigene rechtlich geschützte Belange des Klägers schwer ersichtlich. Der Bestand des Vereins werde durch die Einziehung des Hafens nicht verändert. Die ganze überwiegende Zahl der ...-er Fischer übe das Gewerbe nicht mehr aus dem Hafen A-Stadt aus, insofern sei offensichtlich die Ausübung der Fischerei aus A-Stadt keine Existenzbedingung für den Verein. Auch eine nach Art. 3 GG ungerechtfertigte Ungleichbehandlung im Hinblick auf die Förderung der Seehundstation sei nicht ersichtlich.

80

Die Klägerin zu 2) sei durch den Fortfall des wasserseitigen Zugangs zu ihrem Werftbetrieb für Wasserfahrzeuge zur Ausübung des Werftbetriebes betroffen. Der wasserseitige Zugang sei bisher privatrechtlich durch einen Pachtvertrag hinsichtlich der Sliprampe mit dem Land gewährleistet gewesen. Dieser Pachtvertrag sei inzwischen gekündigt worden. Insoweit bestehe ein rechtlich geschützter Zugangsanspruch über den Gesichtspunkt des Anliegergebrauchs zum Hafen nicht. Die Klägerin zu 2) profitiere insoweit lediglich von einem rechtlich nicht geschützten Lagevorteil. Auch das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb werde durch die Einziehung nicht verletzt. Auch eine Ungleichbehandlung im Hinblick auf die Fortführung der Seehundstation sei nicht gegeben.

81

Die Kläger zu 3), 4), 6) und 10) nutzten den Hafenbetrieb und die touristische Anziehungskraft des Hafens in wirtschaftlicher Hinsicht als Geschäftsgrundlage ihrer wirtschaftlichen Betätigung. Allerdings handele es sich hier ebenfalls nur um einen rechtlich nicht geschützten Lagevorteil. Ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb finde nicht statt. Soweit die Kläger weitergehend Gebäudeschäden aufgrund des Schöpfwerksbaus befürchteten, sei diese Frage nicht Gegenstand des Einziehungsverfahrens, sondern des Planfeststellungsverfahrens zum Umbau des Sperrwerkes in ein Schöpfwerk. Gleiches gelte für die von den Klägern befürchteten Geruchsbeeinträchtigungen. Im Übrigen würden solche Geruchsbeeinträchtigungen nach Einschätzung der Fachbehörden mit großer Wahrscheinlichkeit nicht eintreten; wenn es doch zu Problemen komme, sei eine Belüftungsanlage vorgesehen.

82

Was den Kläger zu 5) (Sportbootverein) angehe, sei er dadurch betroffen, dass die Vereinsarbeit im Ergebnis durch die entfallende Möglichkeit einer wassersportlichen Betätigung in der Nordsee vom Hafen A-Stadt ausgehend erschwert werde und damit im Ergebnis der Bestand des Vereins gefährdet sein könnte. Allerdings setze die Vereinsbetätigung einerseits die Möglichkeit des Gemeingebrauches und andererseits in räumlicher Hinsicht das Weiterbestehen des mit dem Land abgeschlossenen Pachtvertrages voraus. Es gehe hier letztlich um den drohenden Verlust eines rechtlich nicht geschützten Lagevorteiles. Eine Ungleichbehandlung im Vergleich der Situation der Seehundstation sei nicht gegeben.

83

Inzwischen ist für die streitige Verfügung der Sofortvollzug mit Wirkung vom 01.06.2015 angeordnet worden.

84

Für den Bau eines Schöpfwerkes, das nach Schließung der Hafenzufahrt für die Vorflut sorgen soll, wurde ein gesondertes Planfeststellungsverfahren eingeleitet. Hierzu ist inzwischen ein Planfeststellungsbeschluss erlassen worden, für den der Sofortvollzug angeordnet wurde. Das ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens.

Entscheidungsgründe

85

Die Anfechtungsklage ist bezüglich der Klägerin zu 2) zulässig, sie ist jedoch unbegründet, weil die angefochtene Allgemeinverfügung vom 07.07.2014 rechtmäßig ist, und im Übrigen Rechte der Klägerin zu 2) nicht verletzt werden.

86

Bezüglich der übrigen Kläger ist die Anfechtungsklage unzulässig, weil es ihnen an einer Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO fehlt; auch insoweit wäre die Klage, wenn sie zulässig wäre, unbegründet.

1.

87

Die Anfechtungsklage der Klägerin zu 2), der ... GmbH & Co.KG, ist zulässig. Die für eine Anfechtungsklage gegen eine Einziehungsverfügung erforderliche Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO liegt bezüglich der Klägerin zu 2), die von allen Klägern am stärksten von der Hafeneinziehung betroffen wird, vor.

88

Gemäß § 42 Abs. 2 VwGO ist eine Anfechtungsklage nur zulässig, wenn die klagende Partei geltend macht, durch den Verwaltungsakt in ihren Rechten verletzt zu sein. Maßgebend ist danach, ob eine Verletzung von Rechtsnormen möglich erscheint, die auch den Schutz der Interessen von Personen zu dienen bestimmt sind, die sich in der Lage der Klägerin befinden (vgl. hierzu Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 20. Auflage 2014, §42, Rdnr. 66 ff.). Eine solche Rechtsverletzung macht die Klägerin zu 2) geltend, denn nach ihrem Vorbringen erscheint es nicht ausgeschlossen, dass sie als ein Werftbetrieb in unmittelbarer Nähe zum Hafen durch die Einziehung des Hafens in ihren Rechten als eingerichteter und ausgeübter Gewerbebetrieb sowie in Anliegerrechten verletzt sein könnte.

89

Die Klage der Klägerin zu 2) ist jedoch unbegründet, da sich die streitige Einziehungsverfügung nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung als rechtmäßig erweist, und da die Einziehung außerdem keine Rechte der Klägerin verletzt.

90

Eine Rechtsgrundlage für die Allgemeinverfügung, mit der die Einziehung des Landeshafens A-Stadt verfügt wird, ergibt sich aus der öffentlichen Sachherrschaft des Landes über den landeseigenen Landeshafen. Nach den allgemeinen Grundsätzen des Rechts der öffentlichen Sachen, kann die öffentliche Zweckbestimmung einer Sache durch Widmung durch einen entsprechenden Rechtsakt (actus contrarius, vgl. hierzu Papier, Recht der öffentlichen Sachen, 1. Auflage 1998 S. 56) wieder aufgehoben werden.

91

Der Landeshafen A-Stadt ist als öffentlicher Hafen gewidmet worden.

92

Dies folgt allerdings nicht aus der Regelung in § 136 Landeswassergesetz (LWG), wonach jedermann befugt ist, die öffentlichen Häfen für den Verkehr zu benutzen. Diese Rechtsnorm beinhaltet keine gesetzliche Widmung zum Gemeingebrauch, sondern nur einen Anspruch auf erlaubnisfreie Benutzung eines Hafens (vgl. hierzu OVG Schleswig, Urteil vom 19.11.1991, 4 L 76/91, zur Vorgängervorschrift § 101 a LWG; Kollmann, Wassergesetz des Landes Schleswig-Holstein, § 136 Anmerkung 1). Dieses gesetzliche Nutzungsrecht ist keine Widmung, sondern setzt eine Widmung voraus.

93

Es lässt sich auch kein ausdrücklicher Widmungsakt benennen, jedenfalls findet sich keine solche Widmung in dem vom Beklagten vorgelegten umfangreichen Aktenmaterial.

94

Eine Widmung als öffentlicher Hafen ist nach allgemeinen Grundsätzen des öffentlichen Sachenrechts jedoch zu vermuten, weil das Land Schleswig-Holstein den Hafen nach dem Zweiten Weltkrieg seit der Übernahme in eigene Trägerschaft jahrzehntelang für Zwecke des Allgemeinwohls - in erster Linie für die Versorgung der Bevölkerung mit Fisch - vorgehalten hat; zu einer solchen Widmung war das Land aufgrund des Grundeigentums an den entsprechenden Flächen auch befugt. Dies reicht für die Annahme einer Widmung eines Hafens durch Allgemeinverfügung aus.

95

Es ist anerkannt, dass eine Widmung zu öffentlichen Zwecken ein Rechtsakt ist, der durch Gesetz, Satzung, Verwaltungsakt, aber auch konkludent vorgenommen werden kann, oder deren Bestehen aufgrund einer Vermutung angenommen werden kann (vgl. hierzu Petersen, Deutsches Küstenrecht 1989, S. 141 und S. 241 ff.). Entscheidend ist dabei der erkennbare Wille des Trägers öffentlicher Gewalt, dass die Sache einem bestimmten öffentlichen Zweck dienen und der Allgemeinheit zur Benutzung zur Verfügung gestellt werden soll. Als Indizien sind der Zweck, zu dem die Einrichtung errichtet wurde, und die bisherige Nutzungspraxis anzusehen. All dies spricht hier für eine Widmung. Dass der Hafen A-Stadt ein öffentlicher Landeshafen ist, ist dementsprechend auch allgemein anerkannt (so ausdrücklich Petersen, Küstenrecht 1989, S. 264).

96

Diese zu vermutende Widmung durch Allgemeinverfügung, die allein im öffentlichen Interesse geschah, kann das Land Schleswig-Holstein als der Träger des Hafens und zugleich Eigentümer des Hafens nach einer anderen Bewertung des öffentlichen Interesses als actus contrarius zur Widmung wieder aufheben (Einziehung). Ebenso wie die Widmung auf allgemeinen Grundsätzen des öffentlichen Sachenrechts beruht, kann sie nach allgemeinen Grundsätzen durch eine Einziehung aufgehoben werden. Dabei hat das Land einen großen Entscheidungsspielraum, weil das Land nach dem LWG nicht verpflichtet ist, einen solchen Hafen zu betreiben, und das LWG für eine Einziehung keine gesetzlichen Grenzen setzt. Das LWG begründet zur Frage des Ob und Wie des Betriebes eines öffentlichen Hafens nicht einmal einen Anspruch der Nutzer und Anlieger auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung. Der Handlungsspielraum des Hafenträgers bei seinen Entscheidungen wird deshalb nur durch die Grundrechte und das aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Verbot willkürlichen staatlichen Handelns begrenzt.

97

Der Vorbehalt des Gesetzes steht einer Einziehung eines Hafens auf dieser Grundlage nicht entgegen. Der Vorbehalt des Gesetzes verlangt, dass staatliches Handeln in bestimmten grundlegenden Bereichen durch förmliches Gesetz legitimiert wird. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen. Wann es danach einer Regelung durch den parlamentarischen Gesetzgeber bedarf, lässt sich nur mit Blick auf den jeweiligen Sachbereich und die Eigenart des betroffenen Regelungsgegenstandes beurteilen. Die verfassungsrechtlichen Kriterien sind dabei den tragenden Prinzipien des Grundgesetzes, insbesondere den darin verbürgten Grundrechten zu entnehmen. Danach bedeutet wesentlich im grundrechtsrelevanten Bereich in der Regel „wesentlich für die Grundrechte“ (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17.02.2015, 4 B 56/14; BVerwG, Beschluss vom 19.02.2015, 1 C 13/14).

98

Was den Betrieb eines Hafens angeht, ist dabei zu differenzieren. Spezielle gesetzliche Regelungen sind dabei z.B. bezüglich der Genehmigungsvoraussetzungen (vgl. hierzu §§ 139 ff. LWG), aber auch zum Thema Gefahrenabwehr (vgl. hierzu § 137 LWG) unverzichtbar, da insoweit Grundrechte betroffen sind. Vorliegend ist das anders, da es hier um die Frage des „Ob“ eines öffentlichen Hafens und damit um staatliche Aufgaben im Bereich der Daseinsvorsorge geht, im Rahmen derer generell ein großer staatlicher Gestaltungsspielraum anzuerkennen ist. Hinzukommt, dass im Recht der öffentlichen Sachen - auch im Wasserrecht- der allgemeine Grundsatz anerkannt ist, dass es keinen Anspruch auf Aufrechterhaltung des Gemeingebrauchs gibt (vgl. OVG Schleswig, Urteil vom 09.01.2015, 1 MB 46/14; zur Situation bei einer Wasserstraße vgl. Friesecke, Wasserhaushaltsgesetz, § 5 Rdnr. 7). Bei der Frage, ob und wie lange ein öffentlicher Hafen betrieben wird, also ob ein Gemeingebrauch begründet oder beendet wird, geht es allein um die Bewertung öffentlicher Interessen durch den Hafenträger, dem die Unterhaltung und damit Finanzierung obliegt. Die Einziehung eines Hafens ist daher in aller Regel - so auch hier - nicht grundrechtsrelevant. Auch andere tragende Prinzipien des Grundgesetzes gebieten keine gesetzliche Regelung zu solchen Fragen des öffentlichen Sachenrechts, vielmehr entspricht es dem freiheitlichen Ansatz des Grundgesetzes, dass der öffentliche Träger einer öffentlichen Einrichtung, der sie einrichtet und finanziert, grundsätzlich auch entscheiden darf, wie lange das der Fall ist.

99

Vor diesem Hintergrund bieten die allgemeinen Grundsätze des öffentlichen Sachenrechts eine hinreichende Grundlage für eine Hafeneinziehung.

100

Die Regelung über eine Einziehung öffentlicher Straßen im Rahmen von § 8 StrWG ist dagegen - anders als vom Beklagten angenommen - nicht analog anzuwenden. Nach dieser Vorschrift kann eine öffentliche Straße, die keine Verkehrsbedeutung mehr hat, eingezogen werden; eine öffentliche Straße ist einzuziehen, wenn Gründe des öffentlichen Wohls vorliegen, die gegenüber privaten Interessen überwiegen. Diese - eine Einziehung limitierende - Vorschrift regelt ausschließlich die Rechtsverhältnisse der öffentlichen Straßen an Land.

101

Eine analoge Anwendung dieser Vorschrift für Wasserwege bzw. Häfen kommt nicht in Betracht, denn es fehlen hinreichende Anhaltspunkte für die Annahme, dass die gesetzlichen Regelungen im Landeswassergesetz betreffend öffentliche Häfen insoweit eine planwidrige Lücke aufweisen, die nach dem anzunehmenden Willen des Gesetzgebers durch eine entsprechende Heranziehung der Vorschriften des Straßen- und Wegegesetzes zu schließen ist.

102

Gegen die Annahme einer planwidrigen Lücke spricht bereits der Umstand, dass das Fehlen einer Regelung im Landesrecht zur Einziehung von Häfen keine Besonderheit nur des LWG ist, sondern der Rechtslage in anderen Bundesländern entspricht (vgl. z.B. Wasserverkehrs- und Hafensicherheitsgesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern vom 10.07.2008).

103

Außerdem ist zu berücksichtigen, dass es bei Regelungen zu öffentlichen Infrastruktureinrichtungen nicht zum gesetzlichen Standard gehört, die Voraussetzungen einer Widmung und einer Einziehung ausdrücklich zu regeln. Die unterschiedlichen Regelungswerke zu öffentlichen Infrastruktureinrichtungen weisen vielmehr ganz unterschiedliche Konzepte zur Frage der Begründung und Beendigung von öffentlich begründeten Nutzungsrechten auf. So findet sich zum öffentlichen Eisenbahnverkehr anstelle des Gemeingebrauchs ein spezieller Zugangsanspruch für die Eisenbahninfrastruktur (§ 14 AEG), der mit speziellen Vorschriften zu den Voraussetzungen von Stilllegungen (§ 11 AEG) und der Freistellung von Bahnbetriebszwecken korrespondiert ( § 23 AEG); letztere Entscheidung obliegt der zuständigen Planfeststellungsbehörde, die sich dabei allein am Verkehrsbedürfnis zu orientieren hat. Bei Wasserstraßen sehen die §§ 1 und 5 WaStrG eine gesetzliche Gebrauchsbefugnis zum Befahren mit Wasserfahrzeugen vor. Der Verlust der Eigenschaft als Bundeswasserstraße tritt auf der Grundlage einer Vereinbarung durch ein entsprechendes Bundesgesetz bzw. eine Verordnung ein (§ 2 WaStrG).

104

Im Straßenrecht finden sich auf landes- und bundesrechtlicher Ebene durchweg ausführliche Regelungen zu Fragen der Widmung und der Einziehung, wobei insbesondere die Ansprüche im Zusammenhang mit Zufahrten sowie Anliegerechte mehr oder wenig ausführlich geregelt werden. Dies beruht auf speziellen Erwägungen zur Kerngewährleistung von Anliegerechten im Straßenrecht, die an die wesentliche Bedeutung der Verbindung mit dem Straßennetz für die Nutzbarkeit eines Grundstückes anknüpfen (vgl. hierzu Papier, Recht der öffentlichen Sachen, 3. Auflage 1998, 87 ff.). Ein vergleichbarer Hintergrund lässt sich für das Wasserrecht, das stärker gemeinwohlorientiert gestaltet ist, nicht feststellen.

105

Der Umstand, dass das Landeswassergesetz bezüglich der Regelungsmaterie des Rechts der öffentlichen Häfen bereits keine Vorschrift über die Widmung und die Einziehung vorsieht, wie das im öffentlichen Straßenrecht der Fall ist, lässt vor diesem Hintergrund nicht den Schluss zu, dass eine dem Straßenrecht entsprechende Regelung versehentlich unterblieben ist. Näher liegt die Annahme, dass der Landesgesetzgeber auch für diesen Teilbereich der besonderen Regelungsmaterie des Wasserrechts die Gemeinwohlbelange in den Vordergrund gestellt und daher keine dem Straßenrecht vergleichbare Gestaltung der rechtlichen Beziehungen zwischen Hafennutzern und Hafenträgern gewählt hat. Eine Regelungslücke besteht angesichts der Anwendbarkeit der allgemein anerkannten Grundsätze des öffentlichen Sachenrechtes nicht.

106

Dementsprechend hat etwa auch das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht bei der Prüfung einer Widmung eines öffentlichen Hafens ergänzend zu den Vorschriften des Landeswassergesetzes die allgemeinen Grundsätze des Rechtes öffentlicher Sachen herangezogen, und nicht etwa eine analoge Anwendung des Straßen- und Wegegesetzes für maßgebend gehalten (OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 19.11.1991, 4 L 76/91).

107

Der 1. Senat des Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht hat ferner in seinem Beschluss vom 09.01.2015 (1 MB 46/14) in einem wasserrechtlichen Fall den Grundsatz, dass es keinen Anspruch auf Aufrechterhaltung des Gemeingebrauchs gibt, allgemein aus dem Recht der öffentlichen Sachen abgeleitet, statt dies auf eine Analogie zu § 20 Abs. 3 StrWG stützen. Auch im Fachschrifttum wird die vom Beklagten angenommene Analogie nicht vertreten (vgl. z. B. Petersen, Küstenrecht, 1989; Kollmann, Wassergesetz des Landes Schleswig-Holstein, Kommentar).

108

Hieraus folgt, dass es für den Erfolg einer die Anfechtungsklage gegen die Einziehung eines Landeshafens nicht auf die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 StrWG, sondern darauf ankommt, ob eine Verletzung von Grundrechten des jeweiligen Klägers festzustellen ist, denn in diesem Falle wäre die Allgemeinverfügung rechtswidrig und würde den Kläger in seinen Rechten verletzen.

109

Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung ist die Kammer davon überzeugt, dass Grundrechte der Klägerin zu 2) durch die Hafeneinziehung nicht verletzt werden.

110

Die Einziehung des Hafens bedeutet für sie zwar zweifellos eine Beeinträchtigung ihrer Erwerbschancen, weil damit ein für den Werftbetrieb wesentlicher Lagevorteil wegfällt. Ihre subjektiven Rechte werden durch die Unterlassung eines weiteren Hafenbetriebes durch das Land jedoch nicht verletzt, da die Klägerin zu 2) keinen Anspruch auf Aufrechterhaltung des Hafens hat.

111

Der Umstand, dass mit der Einziehung des Hafens das in § 136 LWG angesprochene Recht entfällt, den öffentlichen Hafen für den Verkehr zu benutzen, verletzt die Klägerin nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG. Bezüglich der Nutzung von Wasserstraßen ist anerkannt, dass das Recht auf Teilhabe am Gemeingebrauch nur so lange unter dem Schutz des Art. 2 Abs. 1 GG steht, wie der Gemeingebrauch besteht. Es endet dort, wo es um dessen Entzug als solchen geht, denn mit der Einziehung eines Gewässers entfällt das Substrat für die Ausübung des Gemeingebrauchs (BVerwG, Beschluss vom 4.10.2007, 4 BN 40/07). Für einen Hafen und das diesbezügliche Recht auf erlaubnisfreie Nutzung einer Wasserfläche gilt nichts anderes. Abwehrrechte gegen die Beseitigung öffentlicher Sachen oder deren Einziehung unter Berufung auf die allgemeine Handlungsfreiheit kommen nicht in Betracht, weil -wie bereits dargelegt- auch für das Wasserrecht der Grundsatz gibt, dass es keinen Anspruch auf Aufrechterhaltung des Gemeingebrauchs gibt (vgl. OVG Schleswig, Beschluss vom 09.01.2015, 1 MB 46/14).

112

In das nach Art. 14 GG geschützte Grundeigentum der Klägerin zu 2) wird durch die streitige Einziehungsverfügung nicht eingegriffen, denn die Einziehungsverfügung hat unmittelbare Rechtsfolgen nur für die im Eigentum des Landes Schleswig-Holstein stehenden Grundflächen, und beinhaltet nicht etwa einen Substanzverlust bezüglich des klägerischen Grundstückes. Auch ein mittelbarer Eingriff in den Schutzbereich des Art. 14 GG durch Einziehung des benachbarten Hafens liegt nicht vor, denn die geltend gemachten Beeinträchtigungen gehen insoweit nicht von einem Handeln des Landes, sondern von einem Unterlassen eines Handelns (Hafenbetrieb) aus, auf das kein Anspruch besteht.

113

Die Einziehung des Hafens verletzt auch kein Eigentumsrecht der Klägerin zu 2) unter dem Gesichtspunkt eines Eingriffs in einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Der Betrieb eines Hafens im öffentlichen Interesse als öffentliche Einrichtung in der Nähe der Werft ist eine faktische Gegebenheit, die der Klägerin zu 2) zwar Chancen zur Gewinnerzielung eröffnet, auf deren Fortbestand sie aber keinen Anspruch hat. Zu einem Gewerbebetrieb gehören zwar nach heutiger Auffassung nicht nur die Betriebsgrundstücke und Räume, sondern auch geschäftliche Verbindungen, Beziehungen, der Kundenstamm und alles, was in seiner Gesamtheit den wirtschaftlichen Wert des konkreten Gewerbebetriebes ausmacht. Allerdings ist seit langem anerkannt, dass der entsprechende Eigentumsschutz keine bloßen Erwerbsmöglichkeiten, Gewinnaussichten, Hoffnungen oder Chancen auf Gewinn erfasst (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 11.09.1990, 1 BvR 988/90; BGH, Urteil vom 31.01.1966, III ZR 110/64). Der Betrieb eines Hafens auf einem Nachbargrundstück ist lediglich als eine Erwerbsmöglichkeit bzw. Gewinnchance zu bewerten, soweit die Aufrechterhaltung einer solchen Situation in der Zukunft nicht - z. B. durch Verträge - rechtlich abgesichert ist. Gerade vorliegend besteht wegen der dargelegten Versandungsproblematik kein Anlass für eine andere Einschätzung. Ein Werftbetrieb an einem solchen ungünstig gelegenen Hafen ist lagebedingt risikobehaftet, denn die Gewinnchance hängt von der Bereitschaft des Hafenträgers ab, die mit dem Hafenbetrieb verbundenen Kosten weiterhin aufzubringen. Die mit dem Betrieb eines solchen Hafens verbundenen unsicheren Erwerbschancen sind rechtlich nicht als Bestandteil des Eigentums geschützt, sie sind vielmehr allein dem Unternehmerrisiko zuzurechnen.

114

Es bestehen auch keine aus Art. 14 GG abzuleitenden Anliegerrechte der Klägerin zu 2) bezüglich des Hafens, die der Einziehung entgegen stehen könnten. Selbst im Straßenrecht ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts inzwischen anerkannt, dass der Anliegergebrauch keine aus Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG ableitbare Rechtsposition vermittelt; wie weit der Anliegergebrauch gewährleistet ist, regelt sich für Straßen nach dem einschlägigen Straßenrecht, das insoweit im Sinne von Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG Inhalt und Schranken des Eigentums am Anliegergrundstück bestimmt (BVerwG, Beschluss vom 11.05.1999, 4 VR 7/99).

115

Entsprechendes gilt bezüglich der Frage, ob für einen Anlieger eines Hafens die Aufrechterhaltung einer Verbindung zum Meer und damit zu einer Seewasserstraße garantiert ist, wie die Klägerin meint. Nach den hierfür maßgebenden Vorschriften des Landeswassergesetzes ist diese Frage klar zu verneinen, denn das Landeswassergesetz sieht im Rahmen der Regelungen über öffentliche Häfen (§§ 136 ff. LWG) keinerlei Rechte für Hafenanlieger vor.

116

Gegen diese gesetzliche Zurückhaltung bezüglich der Gestaltung von Anliegerrechten im LWG ist verfassungsrechtlich nichts einzuwenden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts muss der Gesetzgeber bei der Wahrung des ihm in Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG erteilten Auftrags, Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen, sowohl die grundgesetzliche Anerkennung des Privateigentums als auch das Sozialstaatsgebot beachten. Der Gesetzgeber muss die damit verbundenen schutzwürdigen Interessen in einen gerechten Ausgleich und ein ausgewogenes Verhältnis bringen. In jedem Fall erfordert die verfassungsrechtliche Gewährleistung die Erhaltung der Substanz des Eigentums und die Beachtung des Gleichheitsgebots (BVerfGE 52,1, 29 ff.; 79, 174, 198). Bei öffentlichen Wasserwegen und Häfen ist dabei entscheidend, dass insoweit nicht typischerweise -wie im Straßenbereich- die Nutzbarkeit einzelner Grundstücke wesentlich von einer Verbindung zu der öffentlichen Sache abhängt, sondern das Gemeinwohl nur generell eine ausreichende Versorgung des Landes mit solchen Infrastruktureinrichtungen erfordert. Daher ist nicht anzunehmen, dass Art. 14 GG eine Kerngewährleistung von Anliegerrechten bezüglich Wasserwegen und Häfen als Bestandteil des Grundeigentums umfasst. Eine verfassungsrechtliche Herleitung eines solchen Anliegerrechts wird - soweit ersichtlich - in Rechtsprechung und Literatur bisher auch von niemandem vertreten.

117

Es kann deshalb dahinstehen, ob die Klägerin zu 2) nach der Kündigung von Pachtverträgen bezüglich der Slipanlage überhaupt noch über eine rechtlich gesicherte Verbindung zum Hafenbecken verfügt, an die eine Begründung von Anliegerrechten anknüpfen könnte.

118

Der Klägerin kann auch nicht gefolgt werden, soweit sie einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 GG unter Hinweis darauf rügt, dass das Land Schleswig-Holstein bezüglich der Seehundstation zugesagt hat, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass die Seehundstation dauerhaft gesichert bleibt. Zwar trifft es zu, dass das Land beabsichtigt, für die Seehundstation nach Errichtung des Schöpfwerkes eine Versorgung mit Seewasser über eine entsprechende Leitung zu gewährleisten, während für die Klägerin keine Ausgleichsmaßnahmen vorgesehen sind. Damit liegt jedoch keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung vergleichbarer Sachverhalte vor, denn es ist sachlich gerechtfertigt, Ausgleichsmaßnahmen zur Aufrechterhaltung einer dem Gemeinwohl dienenden Einrichtung zu gewähren, während dies für gewerbliche Unternehmungen unterbleibt.

119

Die Einziehungsverfügung ist somit nicht wegen einer Verletzung von Grundrechten der Klägerin zu 2) rechtswidrig.

120

Darüber hinaus hält die Kammer die Klage auch deshalb für unbegründet, weil die Einziehung auch objektiv als rechtmäßig zu bewerten ist. Entscheidend dabei ist nach den vorstehend dargelegten Überlegungen, dass die Einziehung nicht willkürlich getroffen wurde, sondern auf nachvollziehbare sachliche Gründe gestützt wurde.

121

Der Beklagte hat dargelegt, dass eine Abwägungsentscheidung getroffen wurde, im Rahmen derer ausschlaggebend war, dass die Zahl der Anläufe von Fischereifahrzeugen ebenso wie die Umschlagmenge in den letzten Jahren auf ein geringes Maß gesunken ist, und dass für den Hafenbetrieb ein erheblicher jährlicher Zuschussbedarf sowie ein erheblicher Sanierungsbedarf in der Zukunft besteht. Der Beklagte hat ferner dargelegt, dass eine Investition in ein Schöpfwerk sinnvoller sei, da damit eine Entwässerung der Köge auch in Zukunft -bei fortschreitender Verlandung des in Rede stehenden Küstenbereiches- sicher gewährleistet sei. Durch die zunehmende Sedimentation im Küstenbereich vor dem südlichen Dithmarschen werde die Entwässerung der Köge zunehmend problematisch; bei anhaltendem Trend werde die Entwässerung des Binnenlandes in freier Vorflut in 10 bis 15 Jahren nicht mehr möglich sein. Hierzu ist in der mündlichen Verhandlung erläutert worden, dass unter dem Gesichtspunkt des Küstenschutzes und einer gesicherten Entwässerung der Umstand in den Blick zu nehmen sei, dass sich zukünftig der Tidenhub und der Einfluss von Stürmen verstärken werde.

122

Diese Gesichtspunkte sind im Rahmen der angefochtenen Entscheidung in Beziehung gesetzt worden zu den Nachteilen für die Betroffenen, insbesondere den Nachteilen für die Gemeinde A-Stadt, die Gewerbetreibenden in A-Stadt sowie die Bewohnerinnen und Bewohner. Mit allen Einwendungen von Betroffenen hat sich das zuständige Ministerium ausführlich auseinandergesetzt.

123

All dies spricht dafür, dass die Einziehungsentscheidung auf einer an sachlichen Kriterien orientierten Neubewertung des öffentlichen Interesses daran beruht, dass das Land einen Landeshafen in A-Stadt betreibt. Die von den Klägern geübte Kritik, es sei nicht gründlich genug nach anderen Lösungen gesucht worden, bzw. es gehe hier um ein rechtsmissbräuchliches Handeln des Landes, hält die Kammer nach Prüfung des Sachverhalts nicht für berechtigt.

124

Wie die aktenkundigen Feststellungen von verschiedenen Fachämtern und Wissenschaftlern zeigen, geht es hier um einen öffentlichen Hafen, dessen Betrieb bereits seit Jahrzehnten wegen des Versandungsproblems nur aufgrund außerordentlicher Anstrengungen aufrechterhalten werden kann. Danach ist der Hafen A-Stadt ungünstig gelegen, da er im Bereich der Elbmündung in einem Nordseeküstenabschnitt mit den höchsten Anschlickungs- und Anwachsraten liegt. Bereits im Jahr 1900 scheint es Versandungsprobleme gegeben zu haben, denn dies dürfte einer der Gründe für die damalige Errichtung eines zunächst nur 1000 m langen Leitdamms gewesen sein. Infolge der Eindeichung des ... Koogs und der damit verbundenen Änderung der Verhältnisse im Vorland verstärkte sich das Versandungsproblem noch. Das Marschenbauamt Heide berichtete dann im Jahre 1973 ausführlich über die geomorphologischen Verhältnisse und führte aus, dass eine starke Verlandungstendenz bestehe und sich die Gesamtsituation weiter nachteilig entwickeln werde. Die Wasser- und Schifffahrtsdirektion B-Stadt und das Landesamt für Wasserhaushalt und Küsten kamen 1974 (Bericht vom 28.05.1974) übereinstimmend zu dem Schluss, Hafen und Zufahrt würden auch mit „Regelwerken“ in überschaubarer Zeit ein Opfer der Anlandungsprozesse werden, so dass rechtzeitig Folgerungen aus dieser unabänderlichen Entwicklung gezogen werden sollten. Neuere Untersuchungen und Variantenprüfungen haben kein anderes Ergebnis erbracht. Den eingeholten externen Gutachten von Prof. ... und Prof. ... lassen sich keine Anhaltspunkte für grundlegende Fehler in der fachbehördlichen Einschätzung entnehmen. Diesen Gutachten lassen sich auch keine Problemlösungsvorschläge entnehmen, die zwingend hätten aufgegriffen werden müssen.

125

Das Argument der Klägerin, eine unzureichende Unterhaltung des Hafens sei für die zurückgehende Nutzung des Hafens verantwortlich, was stärker hätte gewichtet werden müssen, überzeugt ebenfalls nicht. Auch hierzu ist zu bedenken, dass hier keine Ermessensentscheidung des Beklagten zu überprüfen ist, sondern allein die Frage zu beantworten ist, ob die Einziehung willkürlich - also unter keinem Gesichtspunkt nachvollziehbar ist. Daher bedarf es hier keiner detaillierten Bewertung der Frage, ob die Ausbaggerungen in der Vergangenheit stets optimal gestaltet waren. Entscheidend ist vielmehr, dass den Unterhaltungsarbeiten ausweislich eines Vermerks des LKN-SH vom 01.07.2013 ein nach Einschätzung der Fachbehörde angemessenes Baggerkonzept zugrunde lag, das in den Bewertungen der externen Gutachter nicht auf grundlegende Kritik gestoßen ist.

126

Auch die in der Klagebegründung hervorgehobene Übersicht über die Entwicklung der Aushubmengen in den Jahren 2000 bis 2010 (Anlage K5) belegt nicht den Vorwurf pflichtwidrigen Handelns. Zwar trifft es zu, dass das Volumen des jährlichen Baggeraushubs seit dem Jahre 2006 deutlich gesunken ist (von ca. 147.000 cbm in 2006 auf ca. 100.000 cbm in 2013), hieraus lässt sich jedoch keine Verantwortung des Landes für die reduzierte Nutzung des Hafens ableiten. Dagegen spricht bereits der Umstand, dass der stärkste Nutzungsrückgang in den Jahren 2000 - 2007 zu verzeichnen war, als der jährliche Baggeraushub noch bei 120.000 - 147.000 cbm lag. Außerdem besteht kein Anlass, die Anstrengungen des Landes in den Jahren 2007 bis 2013 gering zu schätzen, denn auch in diesen Jahren sind immerhin Aushubmengen von mindestens 100.000 cbm bewältigt worden. Das Land hat damit in diesem Zeitraum die Anstrengungen gegenüber dem Jahr 1954 (20.000 cbm) immerhin verfünffacht. Größere Anstrengungen sind aufgrund nachvollziehbarer Erwägungen unterblieben. Hierzu ist dargelegt worden, die Gewährleistung einer Fahrwassertiefe von 2,5 m würde wahrscheinlich auch Baggerarbeiten im Hafenpriel und im vorgelagerten Watt erfordern, was zur Erhöhung der Baggerkosten auf rd. 950.000,- € p.a. führen würde (Vermerk vom 19.12.2013, Beiakte G). Dass man dies auch mit Blick auf die Situation im Wattwasserfahrbereich vor dem Hafenpriel nicht für angemessen erachtete, ist somit mit vertretbaren Überlegungen begründet worden.

127

Entsprechendes gilt angesichts der Erläuterungen von Beklagtenseite zu den Vorwürfen bezüglich des Umgangs mit einem „Schachtpriel“, zumal dem Beitrag dieses Schachtpriels zur Problemlösung in den Untersuchungen des LKN und auch dem Gutachten von Prof. ... keine wesentliche Bedeutung beigemessen wurde.

128

Auch der Argumentation bezüglich der Schlüsse, die aus einer ungünstigen Gestaltung des Sperrwerks (niedriger Drempel) zu ziehen sind, folgt die Kammer nicht. Die Beklagtenvertreter haben in der mündlichen Verhandlung zwar bestätigt, dass auch sie in der Absenkung des Drempels in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts ein Problem sehen, weil dies die Gewährleistung einer besonders niedrigen Sohle am Sperrwerk erfordert; möglicherweise habe man damit damals die Zugänglichkeit für Schiffe mit größerem Tiefgang gewährleisten wollen. Den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs bzw. der Willkür rechtfertigt dieser Aspekt nicht. Zu den Umständen, die ein Hafenträger zu bewältigen hat, gehört auch der Umgang mit nicht optimal gestalteten Bauwerken; dazu gehört auch die Entscheidung, ob etwaige Nachteile dauerhaft hingenommen werden, oder eine bauliche Veränderung vorgenommen wird. Im Übrigen sind die Versandungsprobleme nicht erst nach dem Umbau des Sperrwerks in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts aufgetreten, sondern waren bereits 1973/1974 vom Marschenbauamt Heide, von der WSD Nord und vom Landesamt für Wasserhaushalt und Küsten problematisiert worden. Die Kammer sieht auch in diesem Zusammenhang keine Anhaltspunkte für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Landes.

129

Soweit die Kläger darauf hinweisen, im Planfeststellungsverfahren zur Fahrrinnenanpassung der Unter- und Außenelbe sei vom Beklagten angemahnt worden, dass die Verbringung des Elbschlicks in die Elbmündung zu einer Versandung des Hafens A-Stadt führen werde, ist nicht ersichtlich, warum diese Problematik rechtlich relevant sein sollte. Selbst wenn es im Zusammenhang mit dem planfestgestellten Vorhaben zu einer weiteren Verstärkung der Versandungsproblematik in A-Stadt gekommen sein sollte, ist zu bedenken, dass dies auf einem Planfeststellungsbeschluss beruht und damit Folge einer rechtmäßigen Maßnahme wäre. Dies kann daher nicht dem Land Schleswig-Holstein als Fehlverhalten zugerechnet werden.

130

Nicht überzeugend ist auch die Auffassung der Kläger, das Land Schleswig-Holstein habe die Möglichkeiten zu Kosteneinsparungen nicht genutzt, die sich in baulicher Hinsicht (Maßnahmen im Vorlandbereich) ergeben hätten. Den vorliegenden Akten ist vielmehr zu entnehmen, dass die in Betracht kommenden Alternativen zur Baggerungslösung und alle Optimierungsvorschläge mehrfach von den Fachbehörden unter Hinzuziehung von Wissenschaftlern gründlich geprüft, und - in nachvollziehbarer Weise - als zu kostspielig und nicht nachhaltig zielführend bewertet wurden.

131

Dass das Land z. B. den Vorschlag von Prof. ... zur Errichtung eines Spülpolders nicht aufgriff, ist nachvollziehbar, da der Sachverständige selbst von einer „unkonventionellen“ Baumaßnahme gesprochen hat, die mit Risiken behaftet sei. Die Befürchtung, dass ein solcher Spülpolder keine nachhaltige Lösung ist, ist nachvollziehbar, zumal dies die Fachbehörden schon 1974 - gestützt auf Erfahrungen mit entsprechenden Versuchen - eingewendet haben. Die Erfahrungen mit Sedimentationsbecken, die 1990 im Zusammenhang mit Deichbaumaßnahmen im ... Koog gemacht wurden (vgl. Drucksache 17/613), bestätigten diese Einschätzung. Auch wenn die Bundesanstalt für Wasserbau im Jahr 2014 eine positivere Prognose gestellt haben mag, wie die Kläger berichten, ist die ablehnende Haltung des Beklagten hierzu angesichts der eigenen Erfahrungen jedenfalls nachvollziehbar.

132

Entsprechendes gilt auch für die vom LKN am 10.12.2009 geprüfte Variante 6 (Anschluss des Grüppensystems im Vorlandbereich als Spülpolder), auf die mit der Klagebegründung besonders hingewiesen wird. Der LKN hat hierzu zwar ausgeführt, bei vergleichsweise geringen Investitionskosten von 270.000 € sei ein vergleichsweise günstiger Effekt in Form einer Reduktion der Baggermengen von rund 35 % zu erwarten. Insgesamt gelangt der Bericht jedoch zu dem Ergebnis, keine der betrachteten Varianten lasse eine signifikante Entlastung der hohen Bagger- und Hafenbetriebskosten gegenüber den geringen Einnahmen aus den Hafengebühren bei langfristiger Aufrechterhaltung der Schifffahrt bzw. Anpassung an die Schifffahrt erwarten.

133

Auch das Gutachten von Prof. ... von der CAU B-Stadt aus Februar 2010 (Beiakte T) ergab keine bessere Perspektive. In der Stellungnahme heißt es, Baumaßnahmen zur Lösung des Problems wären mit hoher Wahrscheinlichkeit mit Folgeproblemen und Folgekosten verbunden, und sollten daher mit Vorsicht betrachtet werden. Eine Optimierung der baggertechnischen Vertiefung könne zur Reduzierung der Baggervolumina führen, allerdings auf Kosten einer erhöhten Baggerfrequenz.

134

In einer aktuellen Untersuchung mit Variantenerörterung vom 10.03.2014 ist das LKN erneut zu dem Ergebnis gelangt, dass der Ersatz des Sperrwerks durch ein Schöpfwerk einschließlich der Seewasserversorgung der Seehundstation die günstigste Variante sei; die entscheidenden Argumente ergäben sich aus dem zu erwartenden Anstieg der Wasserstände, wonach die Entwässerung des Binnenlandes in 10 -15 Jahren nicht mehr möglich sein werde.

135

Die Kammer teilt auch nicht die Zweifel der Klägerin zu 2) an den Angaben des Beklagten zu anstehenden Sanierungsmaßnahmen am Sperrwerk. Hierzu ist in der mündlichen Verhandlung vom Leiter des LKN erläutert worden, dass ein entsprechender Sanierungsbedarf von den Fachleuten des Amtes festgestellt worden sei; eine Untersuchung im Rahmen einer Trockenlegung im Jahre 2013 habe diesen Befund bestätigt. Zur Gewährleistung des sicheren Betriebs des Sperrwerkes müssten die festgestellten Schäden und Undichtigkeiten behoben werden. Da die Kläger für ihre Vermutung, dass ein Sanierungsbedarf nur vorgeschoben werde, keine konkreten Anhaltspunkte benannt haben, sieht die Kammer keinen Anlass, die Richtigkeit der Erläuterungen des Leiters des LKN zu bezweifeln.

136

Auch der auf der Grundlage von § 107 Abs. 2 Ziffer 3 LVwG geregelte Widerrufsvorbehalt (Ziffer 2 der Verfügung) ist nicht zu beanstanden; er verletzt keine Rechte der Klägerin zu

2).

137

Hinsichtlich der Ziffern 3 und 4 der Verfügung kann dahinstehen, ob sie über eine deklaratorische Aussage hinaus etwas regeln, jedenfalls werden dadurch keine Rechte der Klägerin verletzt.

138

Die Klagen der Kläger bzw. Klägerinnen zu 3), 4), 6) und zu 10) sind mangels Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO bereits unzulässig.

139

Die Klägerin zu 3) betreibt ein Baugeschäft in A-Stadt und nutzt dabei den Hafen A-Stadt nicht unmittelbar, hat aber wirtschaftliche Vorteile dadurch, dass ein solcher Hafen Impulse für Handel und Wandel gibt, und somit günstig für die Nachfrage nach Bauleistungen ist. Entsprechendes gilt für die Klägerin zu 4), die ein Appartementhaus in A-Stadt betreibt und die Klägerin zu 6) sowie den Kläger zu 10) als Betreiber von Restaurants in der Nähe zum Hafen. Der Umstand allein, dass die Hafeneinziehung schlecht für das Geschäft ist, beinhaltet keine Rechtsverletzung. Die Kläger berufen sich zwar jeweils u. a. auch auf ihre Rechte an einem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, jedoch nutzen sie den Hafen nicht selbst geschäftlich zu Verkehrszwecken, so dass eine mögliche Verletzung ihrer Eigentumsrechte aufgrund der Einziehung des Hafens nicht ersichtlich ist. Für diese Betriebe gehört die Gewinnchance, die mit dem Vorhandensein eines öffentlichen Hafens verbunden ist, von vornherein offensichtlich nicht zu dem schützenswerten Bestand eines eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes.

140

Soweit die Kläger die Anfechtungsklage gegen die Einziehungsverfügung damit begründen, durch ein Sperrwerk würde das Hafenbecken zu einem Binnengewässer werden mit nachteiligen Folgen (Absenkung des Grundwasserstandes mit Folgeschäden an Gebäuden), hat dies wenig Gewicht, da es sich nur um nicht belegte Vermutungen zu einem künftigen Geschehensablauf handelt. Im Übrigen ist dieses Vorbringen rechtlich unerheblich, da die vermuteten Folgen der Hafeneinziehung nicht unmittelbar an die streitige Verfügung anknüpfen, mit der der öffentliche Hafenbetrieb aufgehoben wird. Mit der Wirksamkeit der Einziehungsverfügung wird die Wasserfläche zu einem Gewässer zweiter Ordnung, für das ebenfalls eine öffentlich-rechtliche Verantwortung besteht. Wie sich die weitere Situation entwickelt, hängt von den Entscheidungen und Bewirtschaftungsmaßnahmen in der Zukunft ab, nachdem die Wasserfläche des ehemaligen Hafens ein Gewässer zweiter Ordnung geworden ist. Dies betrifft auch die zukünftige Reaktion auf eventuelle Geruchsbelästigungen aufgrund von Fäulnisbildung im Hafenbecken bei extremen Wetterlagen.

141

Auch das Vorbringen, die Grundstücke der Kläger würden auch ohne mögliche Bodenabsenkungen an Wert verlieren, weil die Hafennähe ein werterhöhendes Merkmal sei, ist unerheblich. Die Kläger haben keinen Rechtsanspruch darauf, dass zur Vermeidung von Wertminderungen bezüglich ihrer Grundstücke ein öffentlicher Hafen auf Kosten der Allgemeinheit weiter betrieben wird.

3.

142

Die Klage des Klägers zu 1), des Fischereivereins A-Stadt, ist mangels Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO unzulässig. Eine mögliche Rechtsverletzung ist nicht dargelegt worden. Bei dieser Klage geht es nicht um die Geltendmachung von Rechten einzelner Fischer aus einem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, sondern um die Geltendmachung der Rechte des Vereins, der nach § 2 seiner Satzung vom 13. Februar 1992 die Aufgabe hat, seine Mitglieder berufsständisch zu vertreten und die Interessen seiner Mitglieder zu fördern. Die Erfüllung dieser Aufgabe bleibt durch die Einziehung des Hafens unberührt, insbesondere hinsichtlich der in A-Stadt wohnhaften Fischer, die einen Liegeplatz in Büsum haben. Auch bei Betrachtung der Situation des Klägers zu 1) ist deshalb entscheidend, dass es keinen Anspruch auf Aufrechterhaltung des Gemeingebrauchs gibt.

143

Bezüglich der Befürchtungen, das Vereinsheim des Klägers zu 1) werde durch eine Absenkung des Grundwasserspiegels beschädigt werden, wird auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen. Auch im Falle des Klägers zu 1) ist nicht zu erkennen, dass hier bezüglich der für die Seehundstation gefundenen Lösung ein Verstoß gegen Art. 3 GG vorliegen könnte.

4.

144

Auch die Klage des Klägers zu 5), des Sportbootclubs A-Stadt e. V., ist mangels Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO unzulässig.

145

Der Kläger zu 5) hat geltend gemacht, durch die Einziehung des Hafens könnten die Bootsanleger des Klägers nicht mehr angefahren werden und der Betrieb und die Instandhaltung der Bootsanleger und der vereinseigenen Boote seien nicht mehr möglich. Eine wasserseitige Erreichbarkeit sei essenziell für den Betrieb des Vereins und für die

146

Erfüllung des Vereinszwecks. Sollte der Hafen eingezogen werden, müsse der Verein faktisch liquidiert werden, da Ausweichmöglichkeiten in der erforderlichen Größenordnung nicht vorhanden seien. Auch insoweit gelte, dass der Kläger als Anlieger des Hafenbeckens auf die Wasserstraße zur Nordsee angewiesen sei und auch als Anlieger einen Anspruch auf Nutzbarkeit der Wasserstraße habe. Diesem Vorbringen lässt sich eine mögliche Rechtsverletzung nicht entnehmen. Wie vorstehend bereits ausgeführt, wird ein öffentlicher Hafen im öffentlichen Interesse betrieben. Dementsprechend ist für den Kläger zu 5), der offensichtlich keinen Anspruch auf Fortbetrieb des Hafens dargetan hat, keine Klagebefugnis gegeben.

5.

147

Auch die Klagen des Klägers zu 7), des Klägers zu 8) und des Klägers zu 9) sind mangels Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 unzulässig. Auch diese Kläger haben offensichtlich keinen Anspruch darauf, dass der Hafen fortgeführt wird bzw. dass die Widmung als Landeshafen aufrecht erhalten bleibt. Auf die vorstehenden Ausführungen wird verwiesen.

148

Bezüglich der Klagen des Klägers zu 1), sowie der Kläger zu 3) bis 10) gilt im Übrigen, dass die Klagen, wenn sie zulässig wären, jedenfalls unbegründet wären, wie sich aus den vorstehenden Ausführungen bezüglich der Klägerin zu 2) ergibt.

149

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 VwGO.

150

Die Vollstreckbarkeitsentscheidung beruht auf § 167 VwGO iVm §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

151

Bezüglich der Klage der Klägerin zu 2) hat die Kammer gemäß § 124 a Abs. 1 iVm § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO die Berufung zugelassen. Die Rechtssache hat insoweit grundsätzliche Bedeutung, als es vorliegend in dem Verfahren der Klägerin zu 2) auf die Beantwortung der Rechtsfrage ankommt, ob die Einziehung eines öffentlichen Hafens auch gegenüber einer an diesem Hafen gelegenen Werft auf allgemeine Grundsätze des öffentlichen Sachenrechts gestützt werden kann, bzw. ob in einem solchen Fall das Anliegergrundeigentum Abwehrrechte vermittelt.


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Gründe

1

Das Verfahren ist in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, nachdem die Beteiligten übereinstimmend die Hauptsache für erledigt erklärt haben.

2

Gemäß § 161 Abs. 2 VwGO ist über die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden. Danach erscheint es angemessen, dem Antragsgegner die Verfahrenskosten aufzuerlegen, weil der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO im Falle einer streitigen Entscheidung voraussichtlich Erfolg gehabt hätte.

3

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts fehlt es an einem das Suspensivinteresse überwiegenden Vollzugsinteresse, wenn und soweit während eines längeren Zeitraums keine Vollzugsmaßnahmen anstehen und es deshalb von Anfang an nahegelegen hätte, die gesetzlich angeordnete sofortige Vollziehung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 17e Abs. 2 Satz 1 FStrG) gemäß § 80 Abs. 4 Satz 1 VwGO ganz oder teilweise auszusetzen, um unnötigen Rechtsschutzverfahren vorzubeugen, die ansonsten wegen der Fristbindung des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (§ 17e Abs. 2 Satz 2 FStrG) eingeleitet werden (vgl. Beschlüsse vom 17. September 2001 - BVerwG 4 VR 19.01 - Buchholz 310 § 80 VwGO Nr. 66 S. 2, vom 22. September 2010 - BVerwG 9 VR 2.10 - Buchholz 310 § 80 VwGO Nr. 82 Rn. 3, vom 31. März 2011 - BVerwG 9 VR 2.11 - Buchholz 310 § 80 VwGO Nr. 84 Rn. 2 und vom 1. März 2012 - BVerwG 9 VR 7.11 - Buchholz 406.403 § 63 BNatSchG 2010 Nr. 2 Rn. 6). Ein solcher Fall fehlender Dringlichkeit liegt hier ebenfalls vor, weil der angefochtene Planfeststellungsbeschluss mit der aufschiebenden Bedingung versehen ist, dass die vorgesehenen Maßnahmen erst nach Unanfechtbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses zu einem anderen Abschnitt des Gesamtvorhabens realisiert werden dürfen. Anlass für eine Aussetzung der sofortigen Vollziehung bestand auch nicht erst aufgrund der gerichtlichen Mitteilung vom 9. April 2013, dass die den anderen Autobahnabschnitt betreffenden Rechtsstreitigkeiten (BVerwG 9 A 19.12, 9 A 20.12 und 9 A 22.12) erst nach Verhandlung des vorliegenden Rechtsstreits terminiert werden sollen, so dass der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ohnehin nicht vor Unanfechtbarkeit wird umgesetzt werden können. Denn für den Fall, dass die aufschiebende Bedingung vor Unanfechtbarkeit des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses eingetreten wäre, hätte die Planfeststellungsbehörde die Entscheidung über die Aussetzung der sofortigen Vollziehung aufheben können mit der Folge, dass die gesetzliche Anordnung der sofortigen Vollziehung wieder aufgelebt wäre (vgl. Beschluss vom 1. März 2012 a.a.O. Rn. 8 m.w.N.).

4

Die durch das Gesetz zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften vom 21. Januar 2013 (BGBl I S. 95) in § 4a Abs. 3 UmwRG eingefügte Maßgabe zur Anwendung des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO gibt keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung der Erfolgsaussichten des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Danach kann die aufschiebende Wirkung in umweltrechtlichen Verfahren ganz oder teilweise angeordnet werden, "wenn im Rahmen einer Gesamtabwägung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen". Durch den Hinweis im Gesetzestext auf die vorzunehmende Gesamtabwägung wird ausdrücklich klargestellt, dass die Modifizierung des Prüfungsmaßstabs nur den Gesichtspunkt der Erfolgsaussichten der Klage betrifft, die Einbeziehung weiterer Gesichtspunkte in die Abwägung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO jedoch unberührt lässt (vgl. BTDrucks 17/10957 S. 18). Einen solchen "weiteren Gesichtspunkt" stellt die Notwendigkeit einer Aussetzung der sofortigen Vollziehung bei fehlender Dringlichkeit des Vorhabens zur Vermeidung unnötiger Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes dar.

Tenor

Die Berufung gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 19. Mai 2015 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen eine Allgemeinverfügung des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie des Landes Schleswig-Holstein, mit der die Einziehung des Landeshafens Friedrichskoog verfügt wird.

2

Der Hafen Friedrichskoog ist ein an der Nordseeküste gelegener Landeshafen im Eigentum des Landes Schleswig-Holstein. Der Hafen besteht aus einem etwa 700 m langen Hafenbecken mit Kaianlage, einer Hochwasserschutzschleuse und seeseitig einem ca. 2 km langen Hafenpriel mit einem Leitdamm. Über den Hafen werden 2 Köge entwässert, er dient damit auch als Vorfluter.

3

Ein Vorläufer des Hafens entstand um das Jahr 1854 herum nach der vollendeten Eindeichung des Friedrichskooges im Außentief. Seit 1883 siedelten sich dort Krabbenkutter an. In den Jahren 1934/1935 wurde im Rahmen der Eindeichung der Dieksander Bucht vor dem Hafenbecken eine Hochwasserschleuse mit zwei Fluttorpaaren gebaut. Dadurch erlangte der Hafen seine heutige Form eines sturmflutsicheren Binnenhafens. Im Jahre 1937 ging die Hafenunterhaltung aus der preußischen Staats- und Domänenverwaltung wegen der Bedeutung für die Fischerei in die Zuständigkeit der Wasserstraßenverwaltung des Deutschen Reiches über.

4

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde der Hafen vom Land Schleswig-Holstein als Rechtsnachfolgerin übernommen und wird seitdem als landeseigener Hafen betrieben.

5

Im Jahre 1950 wurde der Hafendamm um weitere 200 m Basaltleitdamm bis zum Hafenfeuer verlängert, um die Strömung, die zur Verschlickung des Hafens führt, noch weitergehend abzufangen. Diese bauliche Maßnahme hat die Verschlickung nicht aufgehalten. Mit der Flut gelangen jeweils mehr Sedimente in den Hafenpriel und das Hafenbecken, als bei dem langsameren Abfluss des Wassers bei Ebbe wieder weggetragen werden.

6

Zur Aufrechterhaltung des Hafenbetriebes werden seit Jahrzehnten laufend Baggerungen durchgeführt. Die Baggerungen finden im Hafenbecken und im Bereich des Sperrwerkes auch im Hafenpriel statt. Da auch damit bisher keine Fahrwassertiefe von 2,5 m in Hafen, Hafenpriel und vorgelagerten Wattgebieten gewährleistet ist, sind viele Fischer nach Büsum ausgewichen, wo der Hafen tideunabhängig auch von Fischkuttern mit einem Tiefgang von mehr als 1,90 m sicher genutzt werden kann. In Friedrichskoog wurden deshalb im Jahre 2013 nur rd. 52 t Krabben angelandet. In einer Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage vom 22.06.2010 (Drs. 17/613) heißt es, es seien noch 27 Haupterwerbsfischereibetriebe (Krabbenkutter) mit Heimathafen in Friedrichskoog gemeldet, aber lediglich neun Betriebe, die Kutter mit geringem Tiefgang hätten, nutzten den Hafen noch regelmäßig.

7

Nachdem im Hafen immer weniger Anlandungen von Fisch und Krabben stattfanden, bemängelte der Landesrechnungshof schon in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts, dass der Hafen unwirtschaftlich sei. Das Marschenbauamt Heide wies 1973 auf eine starke Verlandungstendenz hin. Die Gesamtsituation werde sich weiter nachteilig entwickeln. Die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Kiel und das Landesamt für Wasserhaushalt und Küsten kamen 1974 ebenfalls zu dem Schluss, Hafen und Zufahrt würden in überschaubarer Zeit Opfer der Anlandungsprozesse werden. Es sollten rechtzeitig Folgerungen gezogen werden, indem auf die unabänderliche Entwicklung und eine Entwidmung des Hafens hingewiesen werde.

8

Als dies an die Öffentlichkeit gelangte, kam es bereits damals zu heftigen Protesten der Bevölkerung vor Ort, insbesondere seitens der Fischer, die eine Bedrohung der Existenzgrundlage beklagten.

9

Mit Rücksicht hierauf ließ die Landesregierung technische Lösungsmöglichkeiten zur kostengünstigeren Aufrechterhaltung des Hafenbetriebes prüfen. Prof. F... kam in einem Gutachten aus Oktober 1975 zu dem Ergebnis, die Analyse der Ämter sei richtig. Man könne jedoch die Strömungsverhältnisse verbessern, indem mit einem Aufwand von 6 Mio. DM ein Spülpolder gebaut werde; das sei eine „unkonventionelle Baumaßnahme, die mit Risiken behaftet ist“. Die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Kiel nahm dazu kritisch Stellung: Die Idee eines solchen Spülpolders sei nicht neu, sie sei schon 1963 vom Wasser- und Schifffahrtsamt Tönning erwogen worden, Probespülungen hätten dazu geführt, diesen Versuch aufzugeben, weil nicht habe erhärtet werden können, dass die Investition in einem vernünftigen Verhältnis zum Erfolg stehe. Eine Entscheidung für einen Polder wurde daraufhin nicht getroffen, es wurden weiterhin Baggerungen durchgeführt. Maßgeblich war damals ein Kabinettsbeschluss vom April 1974.

10

Im Jahre 1990 wurden dann im Zusammenhang mit einer Deichbaumaßnahme im Dieksanderkoog vom Amt für Land- und Wasserwirtschaft Sedimentationsbecken vor dem Hafen -also eine Art Spülpolder- durch Entnahme von 350.000 cbm Sand geschaffen. Zu den Erfahrungen damit heißt es in einer Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage (Drs. 17/613 vom 22.06.2010), diese Becken seien sehr schnell verlandet.

11

Im September 1997 bemängelte der Landesrechnungshof nochmals, unbedeutende Umsätze im Hafen und hohe Aufwendungen dafür würden das Engagement des Landes nicht rechtfertigen. Das Wirtschaftsministerium sei gefordert, eine Lösung zu finden, um die dauerhafte Kostenbelastung zu beenden; hierbei sei auch die Möglichkeit einer Entwidmung als öffentlicher Hafen einzubeziehen.

12

Es wurden daraufhin nochmals technische Lösungen zur Minderung des Aufwandes geprüft. (u.a. Gutachten Prof. M... 2010).

13

Der Landesbetrieb Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz (LKN SH) kam im Dezember 2012 zu dem Ergebnis, dass keine der Alternativen eine signifikante Entlastung von den hohen Bagger- und Hafenbetriebskosten erwarten lasse.

14

Im Jahre 2012 empfahl die Haushaltsstrukturkommission des Landes die Schließung des Hafens.

15

In der Folgezeit wurde von der Landesregierung mit dem Kreis Dithmarschen, der Gemeinde Friedrichskoog und der örtlichen Wirtschaft über eine andere Eigentümer- und Betreiberstruktur verhandelt. Das Land machte dabei deutlich, dass es eine einvernehmliche Lösung anstrebe, eine weitere Trägerschaft für den Hafen jedoch ablehne. Es wurden Möglichkeiten in Betracht gezogen, den Hafen in Trägerschaft der Gemeinde über den Erlös aus noch zu errichtenden Windkraftanlagen zu finanzieren. Es kam zu einem „letter of intent“ im Juni 2012, der die Prüfung einer Kompromisslösung vorsah: Das Eigentum am Hafen sollte auf die Gemeinde übergehen, das Land wollte einen Kostenanteil (Betriebskosten für das Sperrwerk) übernehmen. Als eine Voraussetzung wurde die Rechtskraft des Regionalplans IV (Eignungsflächen für Windenergie) festgehalten. Diese Lösung kam nicht zu Stande, weil wegen der Kostenrisiken keine Bereitschaft bestand, die Trägerschaft des Hafens zu übernehmen.

16

Im April 2012 gab das Land Schleswig-Holstein die Entwidmungsabsicht für den Hafen Friedrichskoog öffentlich bekannt und legte einen Erläuterungsbericht vom 02.04.2012 im Zeitraum vom 26.04.2012 bis 29.05.2012 öffentlich aus. Wegen der daraufhin erhobenen 79 Einwendungen wird auf Beiakte B Bezug genommen.

17

Mit Allgemeinverfügung vom 07.07.2014 traf das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie des Landes Schleswig-Holstein folgende Entscheidung:

18

1. Der Hafen Friedrichskoog wird als öffentlicher Hafen innerhalb der am 21. Mai 1993 bekannt gemachten Hafengrenzen mit Wirkung vom 01. Januar 2015 eingezogen.

19

2. Diese Entscheidung ergeht unter dem Vorbehalt des Widerrufs gemäß § 107 Abs. 2 Nr. 3 Landesverwaltungsgesetz Schleswig-Holstein (LVwG).

20

3. Bis zum Baubeginn eines Schöpfwerkes wird das Hafensperrwerk als Entwässerungsanlage weiter betrieben.

21

4. Die Widmung von landseitigen Verkehrsflächen innerhalb der Hafengrenzen bleibt unberührt.“

22

Zur Begründung führte der Beklagte im Wesentlichen aus, der Hafen Friedrichskoog stelle eine dem Gemeingebrauch gewidmete öffentliche Sache dar. Die Einziehung des Hafens werde gemäß § 8 Abs. 1 StrWG SH analog verfügt. Die Fortführung des Hafens sei dem Land aus Steuermitteln nicht mehr zumutbar. In Abwägung mit privaten Interessen sei die Einziehung des Hafens aus Gründen des öffentlichen Wohles erforderlich. Betrieb und Instandhaltung des Hafens und des Sperrwerkes führten zu jährlichen Kosten von ca. 700.000 bis 1 Mio. Euro. Dem stünden jährliche Einnahmen in der Größenordnung von ca. 40.000 Euro gegenüber. Es bestehe im Mittelwert ein jährlicher Zuschussbedarf von knapp 800.000 Euro. Zudem müssten kurzfristig rund 2 Mio. Euro in die bestehenden Anlagen investiert werden. Mittelfristig sei ein weiterer Sanierungsbedarf von rund 1,8 Mio. Euro vorhanden. Für die Versorgung der Bevölkerung sei der Hafen nicht mehr erforderlich. Die Umschlagsmengen seien zu gering. Sie dienten auch nicht der Versorgung der Bevölkerung. Der Hafen sei auch nicht zur Erschließung der angrenzenden Flurstücke erforderlich. Die Entwässerung des angrenzenden Einzugsgebietes werde durch den mit einer Hafenschließung notwendigerweise verbundenen Bau eines Schöpfwerkes insgesamt verbessert. Die Tideniedrigwasserstände am Außenpegel des Sperrwerkes Friedrichskoog würden seit Jahren um mehr als 2 cm pro Jahr ansteigen, so dass angesichts der Höhenlage des Einzugsgebietes die Entwässerung des Binnenlandes in freier Vorflut in 10 - 15 Jahren nicht mehr möglich wäre.

23

Belange der Nutzer des Hafens (Fischer, Werft, Sportboote, hafenaffine Dienstleistungen) seien zwar beeinträchtigt, das öffentliche Wohl überwiege aber.

24

Eine schwerwiegende negative Veränderung der unmittelbaren hafenbezogenen wirtschaftlichen Aktivitäten sei nicht anzunehmen. Die Kutter, die noch den Hafen anliefen, könnten auf andere Häfen, wie etwa Büsum, ausweichen.

25

Für den Werftbetrieb stelle die Einschränkung des gepachteten wasserseitigen Zuganges eine Beeinträchtigung seiner Belange dar. Dem Werftbetrieb sei aber insgesamt zuzumuten, seine Aktivitäten auf andere Standorte zu verlagern. Angesichts der geringen Verkehrsbedeutung und der erheblichen Kosten für den Betrieb des Hafens bei geringen Erträgen stellten sich bei einer Gesamtabwägung die Schließung des Landeshafens und der Bau eines Schöpfwerkes als vorzugswürdig dar. Der Bau des Schöpfwerkes werde rd. 3,5 Mio € kosten bei jährlichen Betriebskosten von rd. 160.000,- €; ein Kostenvergleich ergebe die Vorzugswürdigkeit eines Schöpfwerkes, das die Entwässerungssituation zudem verbessere, da die Entwässerung nicht mehr von Außenwasserständen abhängig wäre.

26

Am 25. September 2014 hat die Klägerin Klage erhoben.

27

Sie hat geltend gemacht, die Entwidmung verstoße gegen den Vorbehalt des Gesetzes, da eine gesetzliche Grundlage, die die Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Einziehung eines Hafens regele, fehle. Die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des § 8 StrWG SH lägen nicht vor. Die Vorschriften des Straßen- und Wegegesetzes würden die wasserrechtlichen Besonderheiten und Härten nicht erfassen. Der Hafen habe zudem noch eine Verkehrsbedeutung. Die privaten Interessen, die gegen die Einziehung sprächen, würden überwiegen, da für die Klägerin die Verbindung zur Nordsee entfallen würde.

28

Der Hafen werde noch für die Fischerei und den Wassersport genutzt. Seine Einziehung sei unverhältnismäßig. Richtig sei, dass die Zahl der Anläufe von Wasserfahrzeugen und der Anlandungen von Krabben rückläufig sei. Dies sei jedoch auf mangelnde Unterhaltung des Hafens durch den Beklagten in der Vergangenheit zurückzuführen. Deutlich sei, dass die Zahl der Anläufe und Anlandungen parallel zu den rückläufigen Baggermengen und Baggerkosten zurückgegangen seien. Es sei rechtsmissbräuchlich, den Hafen durch rückläufige Baggermengen erst versanden zu lassen und später die Einziehung damit zu begründen, dass die Anzahl der Anläufe von Wasserfahrzeugen zurückgegangen sei. Obwohl dem Beklagten - wie beispielsweise durch seine Einlassungen im Planfeststellungsverfahren zur Fahrrinnenanpassung der Unter- und Außenelbe belegt werde - die zunehmende Versandungsproblematik des Hafens bewusst gewesen sei, habe er die Baggermengen nicht angepasst. Der Beklagte gehe von zu hohen Kosten für den Hafenbetrieb aus. Es sei nicht von einem durchschnittlichen Zuschussbedarf von 800.000,- € sondern von rund 700.000,- € im Jahr auszugehen. Ob das Sperrwerk tatsächlich den vom Beklagten angegebenen Sanierungsaufwand benötige, sei zweifelhaft. Möglichkeiten der Kostenreduzierung seien nicht ausreichend ausgelotet worden. In der Vergangenheit seien Empfehlungen etwa des Landesbetriebes für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz zum Bau eines Spülpolders im Vorlandbereich südlich des Hafenpriels nicht aufgegriffen worden. Zudem sei die Anlegung eines zu niedrigen Drempels beim Umbau des Sperrwerks in den 80er Jahren nachteilig für den Verlauf des Ebbstroms. Eine bauliche Veränderung könne einen besseren Rückfluss der Sedimente ermöglichen. Auch die Schließung eines “Schachtpriels“ südlich des Hafenpriels im Jahre 2000 habe sich ungünstig auf die Sedimentablagerung ausgewirkt. Insgesamt lägen Versäumnisse bei der Instandhaltung des Hafens in der Vergangenheit vor. Dieser Umstand hätte im Rahmen der Abwägung zugunsten der Klägerin gewichtet werden müssen.

29

Die vom Beklagten angenommene Verbesserung der Entwässerung durch das künftige Schöpfwerk könne nicht als Argument für die Einziehung des Hafens herangezogen werden. Das Planfeststellungsverfahren für das Schöpfwerk sei noch nicht abgeschlossen. Darüber hinaus würde aber durch ein Schöpfwerk das Hafenbecken zu einem Binnengewässer ohne Fließbewegung werden mit negativen Folgen etwa hinsichtlich einer stärkeren Algenentwicklung und Geruchsbelästigung in den Sommermonaten. Infolge des im Hafenbecken abgesenkten Wasserstandes werde das Grundwasser in der Umgebung des Hafens um mehrere Meter sinken, was erfahrungsgemäß zur Absenkung des Bodens und zu Schäden an Häusern in der Umgebung führen werde.

30

Die Grundstücke in Friedrichskoog würden an Wert verlieren. Die Klägerin sei mit ihrer Werft auf den Hafen angewiesen. Die Werft sei gut ausgelastet und mit ihren Spezialmaschinen für die Fischer alternativlos. Der Hafen sei der einzige Zufahrtsweg zur Nordsee. Eine wasserseitige Erreichbarkeit der Werft sei für deren Betrieb essentiell. Im Falle des Baus eines Schöpfwerkes wäre eine Hafeneinfahrt für die Kunden der Werft gänzlich unmöglich. Die Werft werde in ihren Anliegerrechten beeinträchtigt. Auch stelle die Einziehung einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar. Der Seehundstation Friedrichskoog sei eine Kompensation bzw. eine Ausgleichsmaßnahme angeboten worden, der Werft jedoch nicht. So wäre es beispielsweise möglich gewesen, ein Schiffshebewerk für die Kunden der Werft zu errichten, um so das Schöpfwerk zu überbrücken. Es bestehe eine gegen Art. 3 GG verstoßende Ungleichbehandlung.

31

Die Klägerin hat beantragt,

32

die Entscheidung des Beklagten über die Einziehung des Hafens Friedrichskoog als Landeshafen vom 7. Juli 2014 aufzuheben.

33

Der Beklagte hat beantragt,

34

die Klage abzuweisen.

35

Der Beklagte hat geltend gemacht, die Klage sei unbegründet.

36

Er habe seine Unterhaltungspflicht in der Vergangenheit nicht verletzt. Die Unterhaltungspflicht bestehe nur im Rahmen der Leistungsfähigkeit. Es gebe keinen Rechtssatz, dass das Land auf veränderte Umweltbedingungen durch massiv ausgeweitete Baggerungen reagieren müsse. Für die Baggerungen habe ein sachgerechtes Konzept vorgelegen. Es habe auch in erheblichem Umfang Baggerungen gegeben. Dabei sei es schon im Interesse des Küstenschutzes unabdingbar gewesen, im Bereich des Sperrwerks eine größere Tiefe zu halten, um den Betrieb der Tore zu gewährleisten. Von einer Ausdehnung der Baggerungen noch weiter in den Hafenpriel hinein habe man sich keinen nachhaltigen Erfolg versprochen. Diese Einschätzung habe sich im Jahre 2012 bestätigt, als man im Hafenpriel bis zu 1 km vor dem Sperrwerk gebaggert habe; es sei nämlich schnell wieder zur Auffüllung gekommen. Es wäre deshalb nicht sinnvoll, dort tiefer zu gehen.

37

Bedenken, die sich aus dem Bau des Schöpfwerkes herleiten, z. B. hinsichtlich von Geruchsbelästigungen oder Bodenabsenkungen, seien Gegenstand des entsprechenden Planfeststellungsverfahrens und nicht des Einziehungsverfahrens bezüglich des Landeshafens Friedrichskoog.

38

Hinsichtlich der Werft der Klägerin sei darauf hinzuweisen, dass der wasserseitige Zugang bisher privatrechtlich durch einen Pachtvertrag hinsichtlich der Sliprampe mit dem Land gewährleistet worden sei. Der Pachtvertrag sei aber inzwischen gekündigt. Insoweit bestehe ein rechtlich geschützter Zugangsanspruch nicht mehr. Die Klägerin profitiere insoweit lediglich von einem Lagevorteil, der rechtlich nicht geschützt sei. Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb werde durch die Einziehung nicht verletzt. Auch sei eine Ungleichbehandlung im Hinblick auf die Fortführung der Seehundstation nicht gegeben.

39

Mit Urteil vom 19. Mai 2015 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen.

40

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Klage sei unbegründet. Entgegen der Auffassung des Beklagten könne die Einziehung des Hafens allerdings nicht auf eine analoge Anwendung des § 8 StrWG gestützt werden. Die genannte Vorschrift regele ausschließlich die Rechtsverhältnisse der öffentlichen Straßen an Land; die Voraussetzungen einer Analogie lägen nicht vor. Im Straßenrecht fänden sich auf landes- und bundesrechtlicher Ebene durchweg ausführliche Regelungen zu Fragen der Widmung und der Einziehung, was auf speziellen Erwägungen zur Kerngewährleistung von Anliegerrechten im Straßenrecht beruhe. Ein vergleichbarer Hintergrund lasse sich für das Wasserrecht, das stärker gemeinwohlorientiert gestaltet sei, nicht feststellen. Eine Rechtsgrundlage für die Einziehung ergebe sich aber aus der öffentlichen Sachherrschaft des Landes über den landeseigenen Landeshafen. Nach den allgemeinen Grundsätzen des Rechts der öffentlichen Sachen könne die öffentliche Zweckbestimmung einer Sache durch Widmung durch einen entsprechenden Rechtsakt (actus contrarius) wieder aufgehoben werden. Es sei anerkannt, dass eine Widmung zu öffentlichen Zwecken ein Rechtsakt ist, der durch Gesetz, Satzung, Verwaltungsakt, aber auch konkludent vorgenommen werden könne oder deren Bestehen aufgrund einer Vermutung angenommen werden könne. Entscheidend sei der erkennbare Wille des Trägers öffentlicher Gewalt, dass die Sache einem bestimmten öffentlichen Zweck dienen und der Allgemeinheit zur Benutzung zur Verfügung gestellt werden solle. Als Indizien seien der Zweck, zu dem die Einrichtung errichtet wurde und die bisherige Nutzungspraxis anzusehen. All dies spreche im vorliegenden Falle für eine Widmung, auch wenn ein ausdrücklicher Widmungsakt nicht habe festgestellt werden können. Dass der Hafen Friedrichskoog ein öffentlicher Landeshafen sei, werde im Übrigen auch allgemein anerkannt. Ebenso wie die Widmung auf allgemeinen Grundsätzen des öffentlichen Sachenrechts beruhe, könne sie nach den allgemeinen Grundsätzen auch durch eine Einziehung aufgehoben werden, wobei das Land einen großen Entscheidungsspielraum habe. Das Land sei nach dem Landeswassergesetz nicht verpflichtet, einen solchen Hafen zu betreiben. Für die Einziehung setze das Landeswassergesetz auch keine rechtlichen Grenzen. Bezüglich des „Ob“ und „Wie“ des Betriebes eines öffentlichen Hafens habe ein Nutzer oder Anlieger nicht einmal einen Anspruch auf eine ermessenfehlerfreie Entscheidung. Der Handlungsspielraum des Hafenträgers sei nur durch die Grundrechte und das aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Verbot willkürlichen staatlichen Handelns begrenzt. Zwar müsse der Gesetzgeber alle wesentlichen Entscheidungen selbst treffen. Eingriffe im grundrechtsrelevanten Bereich müssten durch Gesetz geregelt sein. So seien die Genehmigungsvoraussetzungen für den Betrieb eines Hafens und Ermächtigungsgrundlagen zur Gefahrenabwehr wegen der Grundrechtsbetroffenheit unverzichtbar und im Landeswassergesetz auch geregelt worden. Anders liege es bei der Frage staatlicher Aufgaben im Bereich der Daseinsvorsorge. Hier gebe es keinen Anspruch auf Aufrechterhaltung des Gemeingebrauchs. Die Einziehung eines Hafens sei nicht grundrechtsrelevant. Auch andere tragende Prinzipien des Grundgesetzes geböten keine gesetzliche Regelung zur Frage der Einziehung. Die allgemeinen Grundsätze des öffentlichen Sachenrechts böten deshalb eine ausreichende Grundlage für eine Hafeneinziehung.

41

Eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Einziehungsverfügung beschränke sich deshalb auf die Frage, ob für die Klägerin eine Verletzung von Grundrechten festzustellen sei. Dies sei zu verneinen. Die Einziehung bedeute zwar eine Beeinträchtigung der Erwerbschancen, da ein für den Werftbetrieb wesentlicher Lagevorteil wegfalle. Durch die Unterlassung des weiteren Hafenbetriebes würden jedoch subjektive Rechte nicht verletzt, da kein Anspruch auf Aufrechterhaltung des Hafens bestehe. Das aus § 136 LWG folgende Benutzungsrecht begründe keinen Anspruch auf Gemeingebrauch, sondern setze ihn voraus. Mit der Einziehung eines Gewässers entfalle aber das Substrat für die Ausübung des Gemeingebrauches. Abwehrrechte gegen die Beseitigung öffentlicher Sachen oder deren Einziehung unter Berufung auf die allgemeine Handlungsfreiheit kämen daher nicht in Betracht. Auch das nach Art. 14 GG geschützte Grundeigentum der Klägerin (der Werft) werde nicht berührt. Unmittelbare Rechtsfolgen habe die Einziehung nur für die im Eigentum des Landes Schleswig-Holstein stehenden Grundflächen. Ein Substanzverlust des klägerischen Grundstückes werde durch die Einziehung nicht bewirkt. Auch liege kein mittelbarer Eingriff in den Schutzbereich des Art. 14 GG vor, da kein Handeln des Landes in Rede stehe. Vielmehr unterlasse das Land den weiteren Hafenbetrieb, auf den jedoch kein Anspruch bestehe. Auch unter dem Gesichtspunkt des Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb lasse sich eine Rechtsverletzung nicht begründen. Der Betrieb eines Hafens als öffentliche Einrichtung in der Nähe der Werft sei eine faktische Gegebenheit, welche der Werft Chancen zur Gewinnerzielung eröffne, auf deren Fortbestand sie aber keinen Anspruch habe. Lagevorteile, Erwerbsmöglichkeiten und Gewinnchancen seien durch das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nicht geschützt. Die Vorschriften des Landeswassergesetzes enthielten keine Garantie der Aufrechterhaltung einer Verbindung zum Meer für Anlieger eines Hafens. Ein solches Anliegerrecht sei auch verfassungsrechtlich nicht geboten. Ob die Klägerin nach der Kündigung von Pachtverträgen bezüglich der Slipanlage noch über eine rechtlich gesicherte Verbindung zum Hafenbecken verfüge, an die eine Begründung von Anliegerrechten anknüpfen könnte, könne deshalb offen bleiben. Eine Ungleichbehandlung im Verhältnis zur Seehundstation liege nicht vor. Es treffe zwar zu, dass das Land beabsichtige, für die Seehundstation nach Errichtung des Schöpfwerkes eine Versorgung mit Seewasser über eine entsprechende Leitung zu gewährleisten, während für die Werft keine Ausgleichsmaßnahmen vorgesehen seien. Die Sachverhalte seien jedoch nicht vergleichbar. Es sei gerechtfertigt, Ausgleichsmaßnahmen zur Aufrechterhaltung einer dem Gemeinwohl dienenden Einrichtung zu gewähren, während dies für gewerbliche Unternehmungen unterbleibt.

42

Unabhängig von der Frage von Grundrechtsverletzungen sei die Klage auch deshalb unbegründet, weil die Einziehung objektiv rechtmäßig sei. Sie sei auf nachvollziehbare sachliche Gründe gestützt worden. Die Rückläufigkeit der Anläufe von Fischereifahrzeugen und der Umschlagmenge, der erhebliche jährliche Zuschussbedarf und der erhebliche Sanierungsbedarf für die Zukunft habe berücksichtigt werden dürfen. Ferner sei nachvollziehbar, dass eine Investition in ein Schöpfwerk sinnvoller sei, da damit eine Entwässerung der Köge auch in Zukunft sicher gewährleistet sei. Die Einziehungsentscheidung beruhe auf einer an sachlichen Kriterien orientierten Neubewertung des öffentlichen Interesses am Betrieb des Landeshafens in Friedrichskoog. Von einem rechtsmissbräuchlichen Handeln des Landes könne nicht die Rede sein. Die ungünstige Lage des Hafens Friedrichskoog und dessen Versandungsproblematik sei spätestens seit den 70er Jahren in den Blick genommen worden. Bereits 1974 sei die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Kiel und das Landesamt für Wasserhaushalt und Küsten im Bericht vom 28. Mai 1974 übereinstimmend zu dem Schluss gekommen, Hafen und Zufahrt würden in überschaubarer Zeit ein Opfer der Anlandungsprozesse werden, so dass rechtzeitig Folgerungen aus dieser unabänderlichen Entwicklung gezogen werden sollten. Neuere Untersuchungen und Variantenprüfungen hätten kein anderes Ergebnis erbracht. Auch den externen Gutachten von Prof. F... und Prof. M... ließen sich keine Anhaltspunkte für grundlegende Fehler in der fachbehördlichen Einschätzung entnehmen. Ob die Ausbaggerungen in der Vergangenheit stets optimal gestaltet worden seien, sei unerheblich. Entscheidend sei vielmehr, dass den Unterhaltungsarbeiten ausweislich eines Vermerks des LKN SH vom 1. Juli 2013 ein nach Einschätzung der Fachbehörde angemessenes Baggerkonzept zugrunde gelegen habe, das in den Bewertungen der externen Gutachter nicht auf grundlegende Kritik gestoßen sei. Es treffe zwar zu, dass das Volumen des jährlichen Baggeraushubs seit 2006 deutlich gesunken sei, hieraus lasse sich jedoch keine Verantwortung des Landes für die reduzierte Nutzung des Hafens ableiten. Auch in den Jahren 2007 bis 2013 habe das Land trotz rückläufiger Baggermengen die Anstrengungen gegenüber dem Jahr 1954 immerhin verfünffacht. Weder der Umgang mit einem “Schachtpriel“ noch die Absenkung des Drempels beim Umbau des Sperrwerks in den 80er Jahren seien geeignet, den Vorwurf der Willkür zu rechtfertigen. Zu den Umständen, die ein Hafenträger zu bewältigen habe, gehöre auch der Umgang mit nicht optimal gestalteten Bauwerken. Den vorliegenden Akten sei zu entnehmen, dass die in Betracht kommenden Alternativen zur Baggerlösung und alle Optimierungsvorschläge mehrfach von den Fachbehörden unter Hinzuziehung von Wissenschaftlern gründlich geprüft und - in nachvollziehbarer Weise - als zu kostspielig und nicht nachhaltig zielführend bewertet worden seien. Der Vorschlag von Prof. F... zur Errichtung eines Spülpolders sei von diesem selbst als “unkonventionelle“ Baumaßnahme bezeichnet worden, die mit Risiken behaftet sei. Trotz einer nach Auffassung der Klägerin abgegebenen positiveren Prognose der Bundesanstalt für Wasserbau im Jahre 2014 habe der Beklagte - auch aufgrund von Erfahrungen mit Sedimentationsbecken, die 1990 in Zusammenhang mit Deichbaumaßnahmen im Dieksander Koog gemacht worden seien - die Errichtung eines Spülpolders als nicht nachhaltige Lösung einstufen dürfen. Entsprechendes gelte für die vom LKN geprüfte sogenannte Variante 6 (Anschluss des Grüppensystems im Vorlandbereich als Spülpolder). Auch hier habe der Beklagte aufgrund des vorgelegten Berichts des LKN vom 10. Dezember 2009 davon ausgehen können, dass keine signifikante Entlastung der hohen Bagger- und Hafenbetriebskosten im Verhältnis zu den geringen Einnahmen aus den Hafengebühren bei langfristiger Aufrechterhaltung der Schifffahrt zu erwarten seien. Ferner habe berücksichtigt werden dürfen, dass eine - theoretische - Optimierung der baggertechnischen Vertiefung zwar zu einer Reduzierung der Baggervolumina führen würde, dies allerdings auf Kosten einer erhöhten Baggerfrequenz. Auch in einer aktuellen Untersuchung vom 10. März 2014 sei das LKN (erneut) zu dem Ergebnis gekommen, dass der Ersatz des Sperrwerks durch ein Schöpfwerk einschließlich der Seewasserversorgung der Seehundstation die günstigste Variante sei. Hierbei sei entscheidend in den Blick zu nehmen, dass die Wasserstände in den kommenden Jahren ansteigen würden, weshalb die Entwässerung des Binnenlandes in 10 bis 15 Jahren nicht mehr möglich sein werde. Die Zweifel der Klägerin am vom Beklagten veranschlagten Sanierungsbedarf für die Gewährleistung des sicheren Betriebes des Sperrwerks seien nicht substantiiert worden. Angesichts der Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung und der fehlenden Substantiierung habe kein Anlass bestanden, die Richtigkeit der Erläuterungen des Leiters des LKN zu bezweifeln.

43

Das Verwaltungsgericht hat die Berufung zugelassen.

44

Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Berufung im Wesentlichen wie folgt vor:

45

Die Einziehung sei objektiv rechtswidrig und verletzte die Klägerin in ihren Rechten. Der Einziehung ermangele es an einer Rechtsgrundlage. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, wonach sich die Rechtsgrundlage aus der öffentlichen Sachherrschaft des Landes ergebe, überzeuge nicht. Die Bezugnahme auf die Ausführungen von Papier (Recht der öffentlichen Sachen, 3. Aufl. 1998, S. 56) zur Entwidmung und zur Einziehung als actus contrarius sei unergiebig. Diese Argumentation beziehe sich in erster Linie auf das Straßenrecht. Auf die Frage der Einziehung eines Landeshafens lasse sich dies nicht übertragen. Selbst wenn man aber der Argumentation beitreten wollte, die Einziehung sei als actus contrarius zur Widmung rechtmäßig, so müsse verlangt werden, dass der actus contrarius die gleiche Rechtsnatur haben müsse wie die Widmung. Vorliegend könne aber jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, dass es in Anbetracht der Historie des Hafens einen ausdrücklichen (schriftlichen) Widmungsakt gegeben hat. Das Verwaltungsgericht berücksichtige auch nicht, dass beispielsweise Bundeswasserstraßen unmittelbar Kraft formellen Gesetzes öffentliche Sachen im Gemeingebrauch seien (§ 5 WaStrG). Aus § 15 Abs. 1 S. 1 LWG folge im Umkehrschluss, dass nur nicht schiffbare Gewässer 1. Ordnung unter einem Genehmigungsvorbehalt stünden, die Benutzung von schiffbaren Gewässern jedoch genehmigungsfrei, damit jedermann zugänglich und somit eine öffentliche Sache im Gemeingebrauch seien. Hieraus sei zu folgern, dass eine Widmung durch Gesetz und nicht (erst) aufgrund eines Gesetzes vorliege. Dem Landeshafen komme als Gewässer 1. Ordnung allein aufgrund der Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen eines Gesetzes ein öffentlich-rechtlicher Sonderstatus zu. Folglich müsse auch die Entwidmung durch Gesetz geregelt werden.

46

Die Erwägungen des Verwaltungsgerichts, wonach eine allein im öffentlichen Interesse vorgenommene Widmung durch Allgemeinverfügung zu vermuten sei, überzeuge nicht. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei der Hafen nicht in erster Linie für die Versorgung der Bevölkerung mit Fisch vorgehalten worden. Vielmehr sei die Trägerschaft auch im Interesse der Fischer erfolgt. Andernfalls hätte nach dem 2. Weltkrieg eine noch sehr viel größere Zahl von Friedrichskooger Fischern ihre Erwerbsgrundlage verloren bzw. die Fischerei von einem anderen Standort aus ausüben müssen. Die Versorgung der örtlichen Bevölkerung mit Fisch sei davon aber nicht betroffen. Auch andere Personen und Interessengruppen seien in ihrer Existenz unmittelbar mit dem Fortbestand des Hafens verknüpft. So habe es zum Zeitpunkt der Aufnahme des Betriebs der Klägerin im Jahre 1962 zu diesem Zeitpunkt noch andere Werftbetriebe gegeben. Die vermutete Widmung durch Allgemeinverfügung sei also nicht allein im öffentlichen Interesse geschehen. Deshalb müssten bei einer Einziehung des Hafens auch andere als nur öffentliche Interessen berücksichtigt werden. Die Grundannahme des Verwaltungsgerichts, nach der die Widmung nach den allgemeinen Grundsätzen des öffentlichen Sachenrechts aufgehoben werden könne, wobei ein großer Entscheidungsspielraum bestehe und nicht einmal ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung durch die Nutzer und Anlieger des Hafens gegeben sei, treffe demnach nicht zu.

47

Auch wenn die vom Verwaltungsgericht angenommene Rechtsgrundlage einschlägig sein sollte, seien hier die Interessen der Nutzer und Anlieger des Hafens nicht ausreichend berücksichtigt worden. Selbst der Beklagte - aufgrund der von ihm für zutreffend erachteten analogen Anwendung des § 8 Abs. 1 StrWG SH - habe sehr viel höhere Anforderungen an die Voraussetzungen einer Einziehungsverfügung gestellt als das Verwaltungsgericht. Der Beklagte habe immerhin darauf abgestellt, dass die Gründe des Fortfalls der Verkehrsbedeutung und Gründe des öffentlichen Wohls private Interessen überwiegen müssten. Letzteres sei aber nicht der Fall. Ein Wegfall der Verkehrsbedeutung könne vom Beklagten nicht geltend gemacht werden, weil er in der Vergangenheit den Hafen ungenügend unterhalten und damit den Wegfall der Verkehrsbedeutung quasi selbst herbeigeführt habe. Auch auf der Basis der angenommenen Rechtsgrundlage des actus contrarius habe eine Abwägung mit den betroffenen privaten Interessen zu erfolgen. Diese sei unterblieben. Sie müsste in einem gesonderten Verfahren nachgeholt werden.

48

Im Übrigen greife der sogenannte Vorbehalt des Gesetzes, das heißt die Einziehung des Landeshafens müsste durch eine ausdrückliche gesetzliche Norm geregelt sein. Ebenso wie bei hoheitlichen Eingriffen führe auch die Einziehung des Hafens zu grundrechtsrelevanten Beeinträchtigungen von Anliegern und Nutzern. Der Landesgesetzgeber habe bei Abfassung des Landeswassergesetzes auch nicht etwa bewusst von der Schaffung einer dem Straßenrecht vergleichbaren Regelung für die Einziehung eines Landeshafens abgesehen. Derartige Erwägungen habe der Gesetzgeber nicht angestellt. An das Problem der Entwidmung/Einziehung eines Hafens sei überhaupt nicht gedacht worden. Die vom Verwaltungsgericht angesprochene Entscheidung des OVG Schleswig (Urt. v. 19.11.1991 Az.: 4 L 76/91) beschäftige sich nicht mit der Frage der Einziehung eines Landeshafens. Zudem sei der Hafen Friedrichskoog auch nicht erst aufgrund eines besonderen Widmungsaktes entstanden; bereits die natürlichen Gegebenheiten hätten die Möglichkeit eröffnet, den Ort Friedrichskoog als Hafen zu nutzen. Jedenfalls bei einem Hafen, der sich lange vor Übernahme der öffentlichen Trägerschaft über einen langen Zeitraum entwickelt habe, dürfe die Übernahme der Trägerschaft durch das Land nicht dazu führen, dass sogar das “Ob“ des Betriebs des Landeshafens in das weitgehend freie Belieben des Trägers gestellt wird. Es sei in Zukunft auch nicht etwa möglich, dass die Gemeinde oder beispielsweise eine Betreibergesellschaft den tatsächlich weiterhin vorhandenen Hafen fortführe. Es fehle nämlich aufgrund des parallel laufenden Planfeststellungsverfahrens betreffend den Umbau des Sperrwerks in ein Schöpfwerk an der Möglichkeit, einen Hafenbetrieb in Zukunft fortzusetzen.

49

Die Klägerin beantragt,

50

unter Abänderung des angefochtenen Urteils vom 19. Mai 2015 die Entscheidung des Beklagten über die Einziehung des Hafens Friedrichskoog als Landeshafen vom 7. Juli 2014 aufzuheben.

51

Der Beklagte beantragt,

52

die Berufung zurückzuweisen.

53

Er ist der Auffassung, die Einziehung des Hafens sei rechtmäßig; insbesondere habe es hierfür keiner ausdrücklichen Rechtsgrundlage bedurft. Die Hinweise auf die im Rahmen einer Analogie zu § 8 StrWG für eine Einziehung beachteten Voraussetzungen machten gerade deutlich, dass der Beklagte die Einziehung keineswegs willkürlich verfügt habe. Richtig sei, dass im Landeswassergesetz keine ausdrückliche Regelung über die Einziehung von Landeshäfen normiert sei. Dem Gesetzgeber könne aber unterstellt werden, dass er die Prinzipien des öffentlichen Sachenrechts kenne und keine Notwendigkeit einer Regelung gesehen habe. Aus den Vorschriften der §§ 3 Abs. 1 Ziff. 1 Buchst. d, 88 und 39 LWG ergebe sich allein noch nicht die “Öffentlichkeit“ eines Hafens. Deshalb könne auch nicht damit argumentiert werden, der in der Literatur erfolgte Hinweis, dass Friedrichskoog “nach allgemeiner Auffassung“ ein öffentlicher Hafen sei, stelle eine auf der Basis der verwaltungsgerichtlichen Argumentation überflüssige Feststellung dar. Faktische Auswirkungen staatlichen Handelns begründeten keinen Gesetzesvorbehalt. Die Einziehung eines Hafens habe rechtlich keine Grundrechtsrelevanz. Auch unter dem Gesichtspunkt der Wesentlichkeitstheorie ergebe sich nichts anderes. Einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage für die Einziehung des Hafens habe es deshalb nicht bedurft. Welche Schlussfolgerungen die Klägerin aus der näheren Eingrenzung des Widmungszweckes ziehen wolle, bleibe unklar. Im Übrigen habe sich das Verwaltungsgericht durchaus und umfassend mit Abwägungsbelangen befasst und diese als sachgerecht bezeichnet. Aus der tatsächlichen Entstehungsgeschichte des Hafens und der Übernahme der Unterhaltungslast durch das Land Schleswig-Holstein könne kein Verbot einer Einziehung abgeleitet werden. Der Hafen sei im Übrigen im Zuge der Eindeichung im Dritten Reich in der heutigen Form entstanden. Die damalige Provinz Preußen habe den Hafen errichtet und ihn betrieben, weil die örtliche Gemeinschaft dazu nicht länger in der Lage gewesen sei. Das Land habe den Hafen dann als Rechtsnachfolger der Provinz Preußen “übernommen“. Hieraus lasse sich kein Verbot einer Einziehung ableiten. Auch zum Beispiel bei Wechsel der Straßenbaulast sei es rechtlich zulässig, wenn der nachfolgende Träger später die Einziehung der Infrastruktur verfüge.

54

Die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts führe auch nicht dazu, dass die Einziehung schlechthin im Belieben stünde. Das staatliche Handeln müsse sich am Willkürverbot messen lassen.

55

Soweit die Klägerin meine, ein Anliegerrecht ergebe sich aus dem Umstand, dass die örtlichen Besonderheiten für das jeweilige Gewerbe unverzichtbar seien, könne dem nicht gefolgt werden. Diese Auffassung würde letztlich für jeglichen Lagevorteil, der maßgeblich für die Ausübung eines Gewerbes ist, gelten und die verfassungsrechtlich gebotene Unterscheidung von Rechtspositionen, die durch das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb geschützt sind und derjenigen Positionen, die als Erwerbschancen, Gewinnaussichten, Hoffnungen oder Chancen auf Gewinn nicht geschützt sind, aufheben. Die Klägerin (die Werft) sei nicht 1962, sondern Anfang der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts gegründet worden. Ein Herausbilden von Vertrauen in den dauerhaften Bestand des Hafens stünden schon die bereits unmittelbar nach dem 2. Weltkrieg bekannten Versandungsschwierigkeiten entgegen. Die Versandungsproblematik sei vorhersehbar gewesen. Soweit sich die Klägerin auf Rechtsprechung (BGHZ 98, S. 341; BVerwGE 95, S. 314, 249) berufen habe, seien die den Entscheidungen zugrunde liegenden Fälle nicht vergleichbar.

56

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte und den Verwaltungsvorgang (Beiakten A-V) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

57

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage zu Recht abgewiesen.

58

Die Anfechtungsklage ist zulässig. Insbesondere ist eine Klagebefugnis zu bejahen. Gemäß § 42 Abs. 2 VwGO ist eine Anfechtungsklage nur zulässig, wenn die klagende Partei geltend macht, durch den Verwaltungsakt in ihren Rechten verletzt zu sein. Dabei reicht es aus, wenn eine Verletzung von Rechtsnormen zumindest möglich erscheint, die auch dem Schutz des jeweiligen Klägers beziehungsweise Klägerin zu dienen bestimmt sind. Die Möglichkeit einer Rechtsverletzung reicht aus. Es ist nicht Sinn der Klagebefugnis, ernsthaft streitige Fragen über das Bestehen eines subjektiven Rechts, von deren Beantwortung der Klageerfolg abhängen kann, bereits vorab im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung zu klären. Die Zulässigkeitsvoraussetzung der Klagebefugnis ist allerdings dann zu verneinen, wenn subjektive Rechte des Klägers beziehungsweise der Klägerin offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise verletzt sein können (BVerwG, Urt. v. 24.06.2004 - 4 C 11.03 -, NVwZ 2004, 1229).

59

Gemessen an diesen Grundsätzen ist eine Klagebefugnis hier zu bejahen. Nach dem Vorbringen der Klägerin erscheint es jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen, dass sie als Werftbetrieb in unmittelbarer Nähe zum Hafen durch die streitgegenständliche Verfügung des Beklagten in ihren Rechten als eingerichteter und ausgeübter Gewerbebetrieb sowie in Anliegerrechten verletzt sein könnte.

60

Die Anfechtungsklage ist jedoch unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Aufhebung der streitgegenständlichen Einziehungsverfügung. Gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf, soweit der Verwaltungsakt rechtswidrigund der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist. Vorliegend lässt sich eine eigene Rechtsverletzung der Klägerin durch die Einziehungsverfügung nicht feststellen, sodass bereits aus diesem Grunde die Berufung keinen Erfolg haben kann.

61

Eine Berufung auf das Recht der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) wegen des infolge der Einziehung des Landeshafens entfallenen Rechts, den öffentlichen Hafen für den Verkehr zu benutzen, kommt nicht in Betracht. Allerdings regelt § 136 LWG SH, dass jedermann unter anderem die öffentlichen Häfen für den Verkehr benutzen darf, soweit die Benutzung nach dem Landeswassergesetz oder nach anderen Vorschriften nicht beschränkt ist. Das Recht auf Teilhabe am Gemeingebrauch steht als Recht auf Nutzung eines Gewässers jedoch nur solange unter dem Schutz des Art. 2 Abs. 1 GG, wie der Gemeingebrauch besteht. Es endet dort, wo es um dessen Entzug als solchen geht. Mit der Einziehung eines Gewässers (hier des Hafens) entfällt das Substrat für die Ausübung des Gemeingebrauches. Insoweit gilt, dass sich der Rechtsinhaber - das heißt derjenige, der am Gemeingebrauch teilhat - „mit dem abfinden“ muss, „was - und wie lange es - geboten wird“ (vgl. BVerwG, Beschl. v. 04.10.2007 - 4 BN 40.07 -, BauR 2008, 483 unter Hinweis auf BVerwG, Urt. v. 25.06.1969 - BVerwG 4 C 77.67 -, BVerwGE 32, 222, 225). Der im Straßen- und Wegegesetz (§ 20 Abs. 3 StrWG-SH) ausdrücklich geregelte Grundsatz, dass es keinen Anspruch auf Aufrechterhaltung des Gemeingebrauchs gibt, gilt allgemein für öffentliche Sachen und auch für das Wasserrecht. Rechtsschutz gegen die Beseitigung öffentlicher Sachen oder deren Einziehung unter Berufung auf die allgemeine Handlungsfreiheit ist deshalb nicht möglich (OVG Schleswig, Urt. v. 28.06.2007 - 1 KN 23/06 -; Beschl. v. 09.01.2015 - 1 MB 46/14 -, jeweils unter Hinweis auf Breuer, öffentliches und privates Wasserrecht, 3. Aufl. 2004 Rn. 265; Cychowski, WHG, 7. Aufl. 1997 Rn. 14).

62

Auch aus Art. 14 Abs. 1 GG lässt sich kein subjektives Recht der Klägerin herleiten.

63

Die streitgegenständliche Einziehungsverfügung hat unmittelbare Rechtsfolgen nur für die im Eigentum des Landes Schleswig-Holstein stehenden Grundflächen. Ein Substanzverlust des klägerischen Grundstückes ist hiermit nicht verbunden. Bei dieser Sachlage käme eine Rechtsverletzung im Hinblick auf das grundgesetzlich geschützte Eigentumsrecht (Art. 14 GG) nur in Betracht, wenn in der Einziehung des Landeshafens ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin läge. Dies ist zu verneinen. Zwar gehören zu einem Gewerbebetrieb nicht nur das Betriebsgrundstück und die Betriebsräume sowie Einrichtungsgegenstände, Warenvorräte und Außenstände; auch die geschäftlichen Verbindungen, Beziehungen, der Kundenstamm und alles, was in seiner Gesamtheit den wirtschaftlichen Wert des konkreten Gewerbebetriebes ausmacht, gehört dazu. Das Recht am eingerichteten Gewerbebetrieb umfasst nicht nur den eigentlichen Bestand des Gewerbebetriebes, sondern auch dessen einzelne Erscheinungsform, wozu der gesamte gewerbliche Tätigkeitskreis gehört (BGH, Urt. v. 31.01.1966 - III ZR 110/64 - NJW 1966, 1120). Hierauf erstreckt sich prinzipiell der Eigentumsschutz. Nicht geschützt sind jedoch bloße Erwerbsmöglichkeiten, Gewinnaussichten, Hoffnungen oder Chancen. Das Recht am „eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb“ kann nicht als Recht „auf freie Betätigung als Unternehmer überhaupt“ aufgefasst werden. Das gilt auch für Vorteile, die sich aus dem bloßen Fortbestand einer günstigen Rechtslage ergeben. Es ist von Verfassungs wegen nicht geboten, dass Kunden der Werft diese unverändert wie in der Vergangenheit auf dem Wasserwege ansteuern können. Dabei ist auch die Vorbelastung durch die Situation, in die der Gewerbebetrieb hineingestellt ist und aufgrund deren situationsbedingt mit einer Änderung der Rechtslage gerechnet werden muss, zu beachten (vgl. BVerfG, Beschl. v. 11.09.1990 - 1 BvR 988/90 -, NVwZ 1991, 358). Zu Recht hat das Verwaltungsgericht den Betrieb eines Hafens auf einem Nachbargrundstück lediglich als eine Erwerbsmöglichkeit beziehungsweise Gewinnchance bewertet. Die Klägerin hat ihren Betrieb an einem Hafen eingerichtet, der lagebedingt durch die bekannte Versandungsproblematik risikobehaftet war. Die Möglichkeiten eines erfolgreichen Betriebes waren an die Bereitschaft des Hafenträgers gekoppelt, die mit dem Betrieb verbundenen Kosten aufzubringen, insbesondere die fortschreitende Versandungsproblematik durch entsprechende Baggerarbeiten zu lösen. Die infolgedessen unsicheren Erwerbschancen sind nicht als Bestandteil des Eigentums geschützt. Darüber hinaus liegt ein betriebsbezogener Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb auch deshalb nicht vor, weil die Einziehung des Hafens als solche zunächst keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Anfahrmöglichkeit hat. Die bloße Wahrscheinlichkeit, dass als Folge der Einziehung zukünftig Kunden wegbleiben, begründet keinen betriebsbezogenen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (BGH, Urt. v. 15.11.1982 - II ZR 206/81 -, MDR 1983, 730).

64

Eine aus dem Anliegergebrauch ableitbare wehrfähige Rechtsposition steht der Klägerin nicht zu. Wie weit der Anliegergebrauch gewährleistet ist, richtet sich im Straßenrecht nach dem einschlägigen Straßenrecht, dessen Regelungsbereich das Nachbarschaftsverhältnis zwischen Straße und angrenzendem Grundstück mit umfasst. Die Verfassung gebietet, dass der einfache Gesetzgeber auf die Belange der Anlieger insofern in spezieller Weise Rücksicht nimmt, als dieser Personenkreis in besonderem Maße auf den Gebrauch der Straße angewiesen ist. Die Zufahrt beziehungsweise der Zugang zur Straße schafft die Grundvoraussetzungen, deren es bedarf, um an der verkehrlichen Kommunikation teilzunehmen. Ein Abwehrrecht steht dem Anlieger aber nur soweit zu, wie die angemessene Nutzung des Grundeigentums die Verbindung mit der Straße erfordert. Dabei ist angemessen nicht schon jede Nutzung, zu der das Grundeigentum Gelegenheit bietet. Maßgebend ist, was aus dem Grundstück unter Berücksichtigung der Rechtslage und der tatsächlichen Gegebenheiten als anerkennenswertes Bedürfnis hervorgeht. Eine optimale Erreichbarkeit ist nicht garantiert. Insbesondere besteht kein Anspruch auf Fortbestand einer Verkehrsverbindung, die für eine bestimmte Grundstücksnutzung von besonderem Vorteil ist. Vor Zufahrtserschwernissen, die sich aus der besonderen örtlichen Lage und einer etwaigen situationsbedingten Vorbelastung ergeben, in die das Grundstück hineingestellt ist, gewährt Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG keinen Schutz (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.05.1999 - 4 VR 7.99 -, DVBl 1999, 1513).

65

Dies gilt erst recht für Anlieger eines öffentlichen Hafens, die nicht die gleiche Rechtsposition wie die Anlieger einer Straße haben. Für das Wasserwegerecht ist zu berücksichtigen, dass dieses mehr noch als die Straße, welche auch der Erschließung der Anliegergrundstücke dient, vor allem dem allgemeinen Verkehrsbedürfnis in seinen unterschiedlichen Ausgestaltungen dient. Dem Anlieger eines Hafens ist die Aufrechterhaltung einer Verbindung zum Meer und damit zu einer Seewasserstraße durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG nicht garantiert. Das Landeswassergesetz sieht im Rahmen der Regelungen über öffentliche Häfen (§§ 136 ff. LWG) keinerlei einfachgesetzliche Rechte für Hafenanlieger vor. Auch der in § 26 Abs. 2 WHG geregelte „Anliegergebrauch“ gewährt dem Eigentümer eines an ein Gewässer angrenzenden Grundstücks keinen Anspruch auf einen verkehrlichen Zugang zum Gewässer, sondern stellt ihm hinsichtlich der Nutzungsrechte mit dem Eigentümer gleich. Im Übrigen bestimmt § 26 Abs. 3 WHG, dass an Bundeswasserstrassen und an sonstigen Gewässern, die der Schifffahrt dienen oder künstlich errichtet sind, ein Anliegergebrauch nicht stattfindet.

66

Dies ist von Verfassungswegen auch nicht zu beanstanden. Zwar muss der Gesetzgeber bei der Wahrung des ihm in Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG erteilten Auftrags, Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen, sowohl die grundgesetzliche Anerkennung des Privateigentums als auch das Sozialstaatsgebot beachten und die damit verbundenen schutzwürdigen Interessen in einen gerechten Ausgleich und ein ausgewogenes Verhältnis bringen. Die Erhaltung der Substanz des Eigentums und die Beachtung des Gleichheitsgebotes müssen in jedem Falle gewährleistet bleiben (vgl. BVerfGE, Beschl. v. 12.06.1979 - 1 BvL 19/76 -, BVerfGE 52, 1, 29 f.; BVerfG, Beschl. v. 30.11.1988 - 1 BvR 1301/84 -, BVerwGE 79, 174, 198). Im Wasserwegerecht ist jedoch - wie bereits ausgeführt - von Bedeutung, dass insoweit nicht typischerweise - wie im Straßenrecht - die Nutzbarkeit einzelner Grundstücke wesentlich von einer Verbindung zu der öffentlichen Sache abhängt, sondern das Gemeinwohl nur generell eine ausreichende Versorgung des Landes mit solchen Infrastruktureinrichtungen erfordert. Deshalb kann aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG im Wasserwegerecht keine Kerngewährleistung von Anliegerrechten bezüglich Wasserwegen und Häfen als Bestandteil des Grundeigentums hergeleitet werden.

67

Unabhängig hiervon kommt eine wehrfähige Rechtsposition unter dem Gesichtspunkt des Anliegergebrauchs auch deshalb nicht in Betracht, weil das Grundstück der Klägerin nicht direkt an das Gewässer grenzt. Das Nutzungsrecht wurde vielmehr in der Vergangenheit durch Nutzungsverträge begründet, welche jedoch vor dem Hintergrund der Einziehung des Hafens gekündigt worden sind. Ob hierdurch Entschädigungsansprüche ausgelöst werden, ist vorliegend unerheblich. Entscheidend ist, dass der Zugang zum Gewässer, insbesondere zur Slipanlage, von einem vertraglich eingeräumten Recht abhing, welches kündbar war. Auch dieser Umstand spricht gegen eine wehrfähige Rechtsposition gegenüber der Einziehung des Hafens.

68

Ein Abwehrrecht kann die Klägerin auch nicht unter Hinweis auf den Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß Art. 3 GG herleiten. Sie hat in diesem Zusammenhang geltend gemacht, dass das Land Schleswig-Holstein geeignete Maßnahmen zugesagt habe, um die Versorgung der Seehundstation mit Meerwasser dauerhaft sicherzustellen. In der Absicht des Landes, für die Seehundstation nach Errichtung des geplanten Schöpfwerkes eine Versorgung mit Seewasser über eine entsprechende Leitung zu gewährleisten (während für die Klägerin keine Ausgleichsmaßnahmen vorgesehen sind) liegt jedoch keine Ungleichbehandlung. Die Sachverhalte sind nicht vergleichbar. Es ist mit Art. 3 GG zu vereinbaren, wenn einer im Interesse des Gemeinwohls liegenden Einrichtung Ausgleichsmaßnahmen zur Aufrechterhaltung der Einrichtung gewährt werden, während dies für gewerbliche Unternehmungen nicht der Fall ist.

69

Aus dem Vorstehenden folgt, dass die Anfechtungsklage zu Recht abgewiesen wurde. Die Berufung konnte bereits deshalb keinen Erfolg haben.

70

Ohne dass es hierauf entscheidungserheblich ankommt, erachtet der Senat die streitgegenständliche Einziehungsverfügung in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht für rechtmäßig.

71

Der Friedrichskooger Hafen ist als öffentlicher Hafen gewidmet worden und damit eine öffentliche Sache im Sinne des gewohnheitsrechtlich anerkannten öffentlichen Sachenrechts.

72

Eine Widmung als öffentlicher Hafen des Landes kann grundsätzlich durch formelles Gesetz, Rechtsverordnung, Satzung, Gewohnheitsrechtssatz, öffentlich-rechtliche Vereinbarung oder Verwaltungsakt erfolgen (Petersen, Deutschen Küstenrecht 1989, S. 141).

73

Eine Widmung des Landeshafens durch Gesetz liegt nicht vor. Die in § 136 LWG ausgesprochene Befugnis, die öffentlichen Häfen für den Verkehr zu benutzen, soweit die Benutzung nach dem Landeswassergesetz oder nach anderen Vorschriften nicht beschränkt ist, begründet die Widmung nicht, sondern setzt sie voraus (OVG Schleswig, Beschl. v. 29.01.1992 - 4 L 76/91 -, Juris, zur Vorgängervorschrift § 101 a LWG; Petersen, Deutsches Küstenrecht 1989 Rn. 535). Eine Widmung durch öffentlich-rechtliche Vereinbarung oder schriftliche Allgemeinverfügung liegt nicht vor. In dem vom Beklagten vorgelegten Aktenmaterial (Beiakten A - V) findet sich weder eine entsprechende Verfügung noch irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass es eine ausdrückliche Widmung in der Vergangenheit gegeben hat. Dieses wird vom Beklagten auch nicht vorgetragen.

74

Eine Widmung ist ein hoheitlicher Rechtsakt, durch den die öffentliche Stelle erklärt, dass die Sache einem bestimmten öffentlichen Zweck dienen soll und ihre Benutzung durch die Allgemeinheit geregelt wird. Dies setzt nicht zwingend eine (schriftliche) Widmungsverfügung voraus. Die Widmung kann vielmehr auch hoheitlich durch schlüssiges Verhalten erfolgen (OVG Schleswig, Beschl. v. 29.01.1992 - 4 L 76/91 -, Juris). Es reicht insoweit aus, dass der Wille des Trägers öffentlicher Gewalt erkennbar ist, die Sache sei einem bestimmten öffentlichen Zweck zu dienen bestimmt und werde der Allgemeinheit zur Benutzung zur Verfügung gestellt. Ein derartiger Erklärungswille kann aus Indizien abgeleitet werden. Unter anderem spricht für einen Widmungswillen auch die Erhebung öffentlich-rechtlicher Gebühren. Vorliegend hat das Land Schleswig-Holstein den Hafen Friedrichskoog seit der Übernahme nach dem 2. Weltkrieg als öffentlichen Hafen betrieben und unterhalten. Ob dies in erster Linie für die Versorgung der Bevölkerung mit Fisch zum Zwecke des Allgemeinwohls geschah, ist dabei nicht entscheidend. Das Land Schleswig-Holstein hat den Hafen unterhalten, insbesondere Ausbaggerungsarbeiten auf eigene Kosten durchführen lassen und auch Hafengebühren erhoben. Dies reicht vorliegend für die Annahme einer konkludenten Widmung aus. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass es allgemeiner Auffassung entspricht, dass der Hafen Friedrichskoog ein öffentlicher Landeshafen ist (vgl. Petersen, Küstenrecht 1989, S. 264).

75

Eine hinreichende Rechtsgrundlage für die Allgemeinverfügung, mit der der Beklagte die Einziehung des Landeshafens Friedrichskoog verfügt hat, ergibt sich aus der öffentlichen Sachherrschaft des Landes über den landeseigenen Hafen. Nach den gewohnheitsrechtlich begründeten Grundsätzen des Rechts der öffentlichen Sachen kann der Widmungsumfang einer Sache verändert, erweitert oder reduziert und auch beseitigt werden. Die öffentliche Zweckbestimmung durch Widmung kann durch einen entsprechenden Rechtsakt wieder aufgehoben werden (sogenannter actus contrarius, vgl. Papier, Recht der öffentlichen Sachen, 3. Aufl. 1998, S. 56; Petersen, Deutsches Küstenrecht 1989, Seite 143).

76

Der Beklagte hat demgegenüber die Einziehung auf der Grundlage einer analogen Anwendung von § 8 StrWG Schleswig-Holstein verfügt. Nach dieser Vorschrift kann eine öffentliche Straße, die keine Verkehrsbedeutung mehr hat, eingezogen werden (§ 8 Abs. 1 Satz 1 StrWG). Eine öffentliche Straße ist einzuziehen, wenn Gründe des öffentlichen Wohls vorliegen, die gegenüber privaten Interessen überwiegen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 StrWG). Diese Vorschrift regelt jedoch die Voraussetzungen für eine Einziehung öffentlicher Straßen im Sinne von § 2 StrWG, nicht jedoch die Einziehung von öffentlichen Häfen. Auch eine analoge Anwendung kommt nicht in Betracht. Die Regelungsbereiche sind unterschiedlich. Im Straßenrecht finden sich gesetzliche Normierungen zur Frage der Widmung und der Einziehung vor allem vor dem Hintergrund der zu berücksichtigenden Kerngewährleistung von Anliegerrechten im Straßenrecht, die an die wesentliche Bedeutung der Verbindung mit dem Straßennetz für die Nutzbarkeit eines Grundstücks anknüpfen. Demgegenüber lässt sich für das Wasserrecht, das stärker gemeinwohlorientiert ist, ein vergleichbarer Hintergrund nicht feststellen. Bereits deshalb liegen die Voraussetzungen einer Analogie nicht vor.

77

Das Landeswassergesetz enthält keine gesetzliche Regelung zur Frage der Einziehung öffentlicher Häfen. Auch wenn dies vielleicht wünschenswert wäre, kann von einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes - eine weitere Voraussetzung für eine analoge Anwendung des § 8 StrWG - nicht gesprochen werden. Dabei hat das Verwaltungsgericht zu Recht in den Blick genommen, dass es bei Regelungen zu öffentlichen Infrastruktureinrichtungen nicht zum gesetzlichen Standard gehört, die Voraussetzungen einer Widmung und einer Einziehung ausdrücklich zu regeln. So findet sich beispielsweise zum öffentlichen Eisenbahnverkehr anstelle des Gemeingebrauchs ein spezieller Zugangsanspruch für die Eisenbahninfrastruktur (§ 14 AEG), der mit speziellen Vorschriften zu den Voraussetzungen von Stilllegungen (§ 11 AEG) und der Freistellung von Bahnbetriebszwecken korrespondiert (§ 23 AEG). Über eine Freistellung entscheidet die zuständige Planfeststellungsbehörde, die sich dabei allein am Verkehrsbedürfnis zu orientieren hat. Bei Wasserstraßen sehen die § 1 und 5 WaStrG eine gesetzliche Befugnis zum Befahren mit Wasserfahrzeugen vor. Der Verlust der Eigenschaft als Bundeswasserstraße tritt auf der Grundlage einer Vereinbarung durch ein entsprechendes Bundesgesetz beziehungsweise eine Verordnung ein (§ 2 WaStrG). Vor diesem Hintergrund kann eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes nicht angenommen werden.

78

Der Umstand, dass der Beklagte die Einziehung in entsprechender Anwendung von § 8 StrWG verfügt hat, ist jedoch unschädlich, weil in der Sache die zu beachtenden Grundsätze für die Einziehung eines öffentlichen Hafens beachtet wurden (siehe dazu unten).

79

Die Widmung ist eine Allgemeinverfügung im Sinne von § 106 Abs. 2 LVwG und damit ein Verwaltungsakt. Der Senat hat deshalb erwogen, als Rechtsgrundlage für die Beseitigung der Widmung (Einziehung) die den Widerruf eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes regelnde Vorschrift des § 117 LVwG heranzuziehen. So ist in diesem Zusammenhang in der verwaltungsrechtlichen Literatur teilweise die Auffassung vertreten worden, als gesetzliche Grundlage für die Entwidmung käme § 49 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG in Betracht (vgl. hierzu Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff des Rechts der öffentlichen Sachen, Schriften zum öffentlichen Recht Bd. 651, S. 87). Eine Voraussetzung für die Anwendung des § 117 Abs. 2 Nr. 3 LVwG ist das Vorliegen eines rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsaktes. Die Widmung ist zwar ein Verwaltungsakt, jedoch kein begünstigender Verwaltungsakt im Sinne des § 117 Abs. 2 LVwG. Diese Vorschrift ist deshalb auf die Beseitigung einer Widmung nicht anwendbar. Durch die Widmung werden Rechte oder rechtlich erhebliche Vorteile weder zugesprochen noch abgesprochen. Derartige adressatlose Verwaltungsakte sind insoweit neutral (Stelkens/Bonk/Sachs VwVfG, Komm. 8. Aufl., § 49 Rn. 21).

80

Zu erwägen bleibt die Anwendung von § 117 Abs. 1 LVwG. Dies überzeugt jedoch letztlich nicht. Die Vorschriften über Rücknahme und Widerruf von Verwaltungsakten sind auf die Entwidmung nicht zugeschnitten. Dementsprechend ist in der Literatur auch darauf hingewiesen worden, dass, wenn die Notwendigkeit einer Entwidmung auf gewohnheitsrechtliche und damit ungeschriebene Grundsätze des Rechts der öffentlichen Sachen gestützt werde, in denselben gewohnheitsrechtlichen Grundsätzen auch die Grundlage für die Entwidmung gesehen werden müsse (vgl. zum Streitstand Angelika Leppin, „Rechtsprobleme bei der Umstrukturierung deutscher Bahnhöfe vor dem Hintergrund der gemeindlichen Planungshoheit, des Fachplanungsrechts sowie des öffentlichen Sachenrechts“, Verfassungs- und Verwaltungsrecht unter dem Grundgesetz, Bd. 29, S. 173 f.) Soweit ersichtlich sind die Vorschriften über Rücknahme und Widerruf von Verwaltungsakten in der obergerichtlichen Rechtsprechung auch bislang nicht als Rechtsgrundlage von Entwidmungen herangezogen worden. Auch die Verfahrensbeteiligten haben dies nicht in Erwägung gezogen. Im Übrigen merkt der Senat an, dass - wollte man entgegen der hier vertretenen Auffassung die Rechtsgrundlage in der Vorschrift des § 117 Abs. 1 LVwG sehen (vgl. hierzu Stelkens/Bonk/Sachs VwVfG, Komm. 8. Aufl., § 49 Rn. 21) - im Ergebnis keine Bedenken an der Rechtmäßigkeit der vom Beklagten verfügten Einziehung bestünden.

81

Richtigerweise hat nach allem das Verwaltungsgericht die Rechtsgrundlage für die Einziehung den allgemeinen Grundsätzen des Rechts der öffentlichen Sachen entnommen, wonach die öffentliche Zweckbestimmung einer Sache durch Widmung durch einen entsprechenden Rechtsakt (actus contrarius) wieder aufgehoben werden kann.

82

Verfahrensfehler bei der Einziehung des Landeshafens sind nicht ersichtlich. Insbesondere war nicht die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens geboten. Ein solches findet nur statt, wenn es durch Rechtsvorschrift angeordnet ist (§ 139 Abs. 1 LVwG). Dies ist bezüglich der Einziehung eines Hafens nicht der Fall.

83

In welcher Form eine Entwidmung eines Landeshafens zu erfolgen hat, ist nicht geregelt. Der Beklagte hat aber in jedem Falle den hier zu stellenden Publizitätsanforderungen (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 16.12.1988 - 4 C 48.86 - Buchholz 406.11 § 38 BauGB Nr. 4 = BVerwGE 81, 111; zur „Entwidmung“ von nicht planfestgestellten Bahnanlagen nach früherem Recht) Genüge getan, indem er sich hinsichtlich der Bekanntgabe der Einziehungsabsicht, der Auslegung des Erläuterungsberichtes und der Bekanntgabe der Einziehungsentscheidung an das für die Einziehung von Straßen vorgeschriebene Verfahren angelehnt hat.

84

Die Berufung macht geltend, die Einziehung bedürfe einer vom parlamentarischen Gesetzgeber erlassenen Rechtsgrundlage. Die Heranziehung von Gewohnheitsrecht verstoße gegen den Gesetzesvorbehalt. Dem folgt der Senat nicht.

85

Der Vorbehalt des Gesetzes verlangt, dass staatliches Handeln in bestimmten grundlegenden Bereichen durch förmliches Gesetz legitimiert wird. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen und darf sie nicht anderen Normgebern überlassen. Wann es danach einer Regelung durch den parlamentarischen Gesetzgeber bedarf, lässt sich nur mit Blick auf den jeweiligen Sachbereich und auf die Eigenart des betroffenen Regelungsgegenstandes beurteilen. Die verfassungsrechtlichen Wertungskriterien sind dabei den tragenden Prinzipien des Grundgesetzes, insbesondere den darin verbürgten Grundrechten, zu entnehmen. Danach bedeutet wesentlich im grundrechtsrelevanten Bereich in der Regel „wesentlich für die Verwirklichung der Grundrechte“. Die Tatsache, dass eine Frage politisch umstritten ist, führt dagegen für sich genommen nicht dazu, dass diese als wesentlich verstanden werden müsste (BVerwG, Beschl. v. 17.02.2015 - 4 B 56.14 -, Juris). Hiernach bedarf es im Zusammenhang mit dem Betrieb eines öffentlichen Hafens spezieller gesetzlicher Regelungen etwa bezüglich der Ermächtigung zur Gefahrenabwehr sowie der Zulassung von Häfen und Anlagen sowie der Konzessionierung von Seeverkehrsleistungen. Entsprechende Rechtsgrundlagen sehen § 137 und §§ 139 f LWG vor. Ihr Fehlen würde gegen den Gesetzesvorbehalt verstoßen. Anders liegt es bei der Frage der Widmung und Entwidmung. Die Entscheidung der zuständigen Behörde über die Frage des „Ob“ eines öffentlichen Hafens greift nicht unmittelbar in Grundrechte ein. Weder mit der Widmung noch mit der Entwidmung werden Rechte oder rechtlich erhebliche Vorteile unmittelbar zugesprochen oder abgesprochen (Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., § 49 Rn. 21). Es begegnet im Hinblick auf den Grundsatz des Gesetzesvorbehaltes deshalb keinen Bedenken, als Rechtsgrundlage die gewohnheitsrechtlich anerkannten Grundsätze des öffentlichen Sachenrechts heranzuziehen.

86

Das Verwaltungsgericht hat die Auffassung vertreten, dass das Land bei der Frage der Entwidmung einen großen Entscheidungsspielraum habe, weil es nach dem Landeswassergesetz nicht verpflichtet sei, einen solchen Hafen zu betreiben und das Landeswassergesetz für eine Einziehung keine gesetzlichen Grenzen setze. Das LWG begründe zur Frage des „Ob“ und „Wie“ des Betriebes eines öffentlichen Hafens nicht einmal einen Anspruch für Nutzer und Anlieger auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung. Deshalb werde der Handlungsspielraum des Hafenträgers bei seinen Entscheidungen nur durch die Grundrechte und das aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Verbot willkürlichen staatlichen Handels begrenzt. In diesem Zusammenhang wendet die Berufung ein, es könne wegen der Vielzahl der beeinträchtigten Interessen von Hafenanliegern und Hafennutzern nicht angehen, dass bei der Entscheidung über das „Ob“ eines öffentlichen Hafens die Entscheidungen nur durch Grundrechte und das Willkürverbot begrenzt seien. Die Interessen der einzelnen Hafennutzer müssten berücksichtigt und abgewogen werden.

87

Hierzu ist festzustellen, dass sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und damit letztlich aus dem Rechtsstaatsprinzip die Verpflichtung ergibt, über eine Entwidmung ausschließlich nach sachlichen Erwägungen und in ermessensgerechter Weise zu entscheiden. Diesen Vorgaben wird die Einziehungsverfügung gerecht. Sie ist insbesondere auf nachvollziehbare sachliche Gründe gestützt worden. Auch die mit den Einwendungen geltend gemachten Bedenken sind einbezogen worden. Das Verwaltungsgericht hat hierzu folgendes ausgeführt:

88

„Der Beklagte hat dargelegt, dass eine Abwägungsentscheidung getroffen wurde, im Rahmen derer ausschlaggebend war, dass die Zahl der Anläufe von Fischereifahrzeugen ebenso wie die Umschlagmenge in den letzten Jahren auf ein geringes Maß gesunken ist, und dass für den Hafenbetrieb ein erheblicher jährlicher Zuschussbedarf sowie ein erheblicher Sanierungsbedarf in der Zukunft besteht. Der Beklagte hat ferner dargelegt, dass eine Investition in ein Schöpfwerk sinnvoller sei, da damit eine Entwässerung der Köge auch in Zukunft - bei fortschreitender Verlandung des in Rede stehenden Küstenbereiches- sicher gewährleistet sei. Durch die zunehmende Sedimentation im Küstenbereich vor dem südlichen Dithmarschen werde die Entwässerung der Köge zunehmend problematisch; bei anhaltendem Trend werde die Entwässerung des Binnenlandes in freier Vorflut in 10 bis 15 Jahren nicht mehr möglich sein. Hierzu ist in der mündlichen Verhandlung erläutert worden, dass unter dem Gesichtspunkt des Küstenschutzes und einer gesicherten Entwässerung der Umstand in den Blick zu nehmen sei, dass sich zukünftig der Tidenhub und der Einfluss von Stürmen verstärken werde.

89

Diese Gesichtspunkte sind im Rahmen der angefochtenen Entscheidung in Beziehung gesetzt worden zu den Nachteilen für die Betroffenen, insbesondere den Nachteilen für die Gemeinde Friedrichskoog, die Gewerbetreibenden in Friedrichskoog sowie die Bewohnerinnen und Bewohner. Mit allen Einwendungen von Betroffenen hat sich das zuständige Ministerium ausführlich auseinandergesetzt.

90

All dies spricht dafür, dass die Einziehungsentscheidung auf einer an sachlichen Kriterien orientierten Neubewertung des öffentlichen Interesses daran beruht, dass das Land einen Landeshafen in Friedrichskoog betreibt. Die von den Klägern geübte Kritik, es sei nicht gründlich genug nach anderen Lösungen gesucht worden, bzw. es gehe hier um ein rechtsmissbräuchliches Handeln des Landes, hält die Kammer nach Prüfung des Sachverhalts nicht für berechtigt.

91

Wie die aktenkundigen Feststellungen von verschiedenen Fachämtern und Wissenschaftlern zeigen, geht es hier um einen öffentlichen Hafen, dessen Betrieb bereits seit Jahrzehnten wegen des Versandungsproblems nur aufgrund außerordentlicher Anstrengungen aufrechterhalten werden kann. Danach ist der Hafen Friedrichskoog ungünstig gelegen, da er im Bereich der Elbmündung in einem Nordseeküstenabschnitt mit den höchsten Anschlickungs- und Anwachsraten liegt. Bereits im Jahr 1900 scheint es Versandungsprobleme gegeben zu haben, denn dies dürfte einer der Gründe für die damalige Errichtung eines zunächst nur 1000 m langen Leitdamms gewesen sein. Infolge der Eindeichung des Dieksander Koogs und der damit verbundenen Änderung der Verhältnisse im Vorland verstärkte sich das Versandungsproblem noch. Das Marschenbauamt Heide berichtete dann im Jahre 1973 ausführlich über die geomorphologischen Verhältnisse und führte aus, dass eine starke Verlandungstendenz bestehe und sich die Gesamtsituation weiter nachteilig entwickeln werde. Die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Kiel und das Landesamt für Wasserhaushalt und Küsten kamen 1974 (Bericht vom 28.05.1974) übereinstimmend zu dem Schluss, Hafen und Zufahrt würden auch mit „Regelwerken“ in überschaubarer Zeit ein Opfer der Anlandungsprozesse werden, so dass rechtzeitig Folgerungen aus dieser unabänderlichen Entwicklung gezogen werden sollten. Neuere Untersuchungen und Variantenprüfungen haben kein anderes Ergebnis erbracht. Den eingeholten externen Gutachten von Prof. F... und Prof. M... lassen sich keine Anhaltspunkte für grundlegende Fehler in der fachbehördlichen Einschätzung entnehmen. Diesen Gutachten lassen sich auch keine Problemlösungsvorschläge entnehmen, die zwingend hätten aufgegriffen werden müssen.“

92

Diesen Ausführungen tritt der Senat bei und nimmt auf sie zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug. Anzumerken ist lediglich, dass es sich bei der Entscheidung des Beklagten nicht um eine planerische Abwägungsentscheidung handelt. Die vom Beklagten in der Begründung der Einziehungsentscheidung angestellten Erwägungen tragen jedoch die Annahme einer ermessensfehlerfreien Entscheidung des Beklagten.

93

Dieser hat sich auf die Untersuchungen nicht nur der eigenen Fachbehörden, sondern auch externer Gutachter gestützt. Dabei wurden hinsichtlich des Baggerkonzeptes und der Versandungsreduzierung diverse Varianten diskutiert. Im Gutachten von Prof. M... (Modelluntersuchungen zur Bewertung von Maßnahmenalternativen zur Verbesserung der Zufahrtsituation zum Hafen Friedrichskoog und zur Aufrechterhaltung der Binnenentwässerung, Februar 2010) werden insgesamt 7 Varianten gegeneinandergestellt, die nicht nur auf dem bestehenden Hafen-Layout basieren, sondern teilweise auch erhebliche bauliche Veränderungen zum Gegenstand haben. Untersucht wird beispielsweise auch die Effektivität der Verbindung des Hafenbereiches mit dem Außentief über einen zum Hafenpriel abgewinkelten Seitenkanal (Variante 2) und einen Spülpolder (Variante 3), der während der Ebbphase geöffnet wird, um mit dem Spülstrom zuvor abgelagerte Sedimente aus dem Hafenpriel auszuräumen und demzufolge auch den Sedimentaufwuchs im Hafenpriel zu vermindern. Als Schlussfolgerung kommt das Gutachten zum Ergebnis, Varianten mit Optimierung durch baggertechnische Vertiefung könnten zur Reduzierung der Baggervolumina führen - allerdings auf Kosten einer erhöhten Baggerfrequenz. Die Varianten mit Änderung durch Baumaßnahmen ließen insgesamt die geringsten Sedimentationsvolumina erwarten. Es sei aber - etwa bei der Spülpolder-Variante - mit Sedimentation im Polder zu rechnen, was zu erheblichen zusätzlichen Betriebskosten führen könne. Die Varianten mit Änderung durch Baumaßnahmen sollten vor dem Hintergrund, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit Folgeprobleme und -kosten entstehen, mit Vorsicht betrachtet werden.

94

Insgesamt lassen sich den fachlichen Einschätzungen weder der Fachbehörden noch der externen Gutachter Varianten entnehmen, die sich unter Berücksichtigung der damit verbundenen Kosten und Risiken für eine nähere Prüfung dem Beklagten hätten aufdrängen müssen.

95

Die Einschätzung des Landesbetriebs für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz Schleswig-Holstein (LKN-SH) vom 10. Dezember 2009, wonach keine der betrachteten Varianten eine signifikante Entlastung der hohen Bagger- und Hafenbetriebskosten gegenüber den geringen Einnahmen aus den Hafengebühren bei langfristiger Aufrechterhaltung der Schifffahrt beziehungsweise Anpassung an die Schifffahrt erwarten ließen, ist durch das Gutachten M... nicht in Frage gestellt worden.

96

Die Frage der Erforderlichkeit der Schließung des Landeshafens Friedrichskoog ist nicht neu. Die Risiken der Durchführung bisher unerprobter kostspieliger baulicher Veränderungen des Hafens einerseits und der Schwierigkeiten andererseits, den Hafen trotz zunehmender Versandung durch Ausbaggerungsarbeiten für alle Zukunft offenzuhalten, war dem Beklagten seit langem bewusst. Im Gutachten von Prof. F... vom 10. Oktober 1975 wird ausgeführt, dass langfristige Lösungen nur dann gefunden werden könnten, wenn die Gründe für die Verlandung des Hafens beseitigt würden. Der Hafenpriel habe fast alle seitlichen Watteinzugsgebiete verloren und das Tidevolumen des Hafens reiche nicht aus, um durch eine natürliche Räumwirkung den Hafenpriel freizuhalten. Am landseitigen Ende des Hafenprieles würden die Strömungsgeschwindigkeiten so klein, dass sich die Feststoffe bevorzugt auf dieser Strecke des Hafenprieles absetzen würden. Dadurch werde die Tidekurve auf dem Weg durch den Hafenpriel in der Art verformt, dass sich bei einem um rund 0,9 m angehobenen Niedrigwasser ein sehr steiler Flutast ausbilde, der bis zu einer sogenannten Bore aufgesteilt werden könne. Bei dem dadurch bedingten kurzeitigen aber starken Flutstrom würden die Feststoffe dann hafenwärts verfrachtet; eine durch die Verengung im Schleusenquerschnitt bewirkte örtliche Beschleunigung sauge dann die Feststoffe geradezu in den Hafen hinein, indem sie wegen der zwar langdauernden aber viel zu kleinen Ebbströmung abgelagert würden. Wegen dieser Zusammenhänge könnten Unterhaltungsbaggerungen im Hafen wie im Vorhafen, die immer weiter an Umfang zunähmen, keine dauernde Lösung zur Offenhaltung des Hafens sein. Die von ihm vorgeschlagene Errichtung eines Spülpolders sei wirtschaftlicher als bisher vorgeschlagene bauliche Maßnahmen, enthielte allerdings das Risiko, dass für eine Ausführung keine Erfahrungen vorliegen könnten, weshalb eine besonders sorgfältige theoretische Prüfung erforderlich sei.

97

Wenn die Landesregierung durch Kabinettsbeschluss im April 1976 sich seinerzeit sowohl gegen eine ebenfalls diskutierte Entwidmung des Hafens als auch gegen die Durchführung kostenintensiver, unerprobter und von daher risikobehafteter baulicher Maßnahmen und für die Freihaltung des Hafens durch laufende Ausbaggerungsarbeiten entschloss, so handelt es sich hierbei um eine politische Entscheidung, die keine rechtliche Bindungswirkung für die Zukunft entfalten konnte und für sich genommen die Rechtmäßigkeit der nunmehr erfolgten Einziehung nicht in Frage stellt.

98

Zum Vorwurf unterlassener Unterhaltungsarbeiten in der Vergangenheit und unzureichender Überprüfung baulicher Alternativen zur Reduzierung der Versandung des Hafens hat das Verwaltungsgericht folgendes ausgeführt:

99

„Auch die in der Klagebegründung hervorgehobene Übersicht über die Entwicklung der Aushubmengen in den Jahren 2000 bis 2010 (Anlage K5) belegt nicht den Vorwurf pflichtwidrigen Handelns. Zwar trifft es zu, dass das Volumen des jährlichen Baggeraushubs seit dem Jahre 2006 deutlich gesunken ist (von ca. 147.000 cbm in 2006 auf ca. 100.000 cbm in 2013), hieraus lässt sich jedoch keine Verantwortung des Landes für die reduzierte Nutzung des Hafens ableiten. Dagegen spricht bereits der Umstand, dass der stärkste Nutzungsrückgang in den Jahren 2000 - 2007 zu verzeichnen war, als der jährliche Baggeraushub noch bei 120.000 - 147.000 cbm lag. Außerdem besteht kein Anlass, die Anstrengungen des Landes in den Jahren 2007 bis 2013 gering zu schätzen, denn auch in diesen Jahren sind immerhin Aushubmengen von mindestens 100.000 cbm bewältigt worden. Das Land hat damit in diesem Zeitraum die Anstrengungen gegenüber dem Jahr 1954 (20.000 cbm) immerhin verfünffacht. Größere Anstrengungen sind aufgrund nachvollziehbarer Erwägungen unterblieben. Hierzu ist dargelegt worden, die Gewährleistung einer Fahrwassertiefe von 2,5 m würde wahrscheinlich auch Baggerarbeiten im Hafenpriel und im vorgelagerten Watt erfordern, was zur Erhöhung der Baggerkosten auf rd. 950.000,- € p.a. führen würde (Vermerk vom 19.12.2013, Beiakte G). Dass man dies auch mit Blick auf die Situation im Wattwasserfahrbereich vor dem Hafenpriel nicht für angemessen erachtete, ist somit mit vertretbaren Überlegungen begründet worden.

100

Entsprechendes gilt angesichts der Erläuterungen von Beklagtenseite zu den Vorwürfen bezüglich des Umgangs mit einem „Schachtpriel“, zumal dem Beitrag dieses Schachtpriels zur Problemlösung in den Untersuchungen des LKN und auch dem Gutachten von Prof. M... keine wesentliche Bedeutung beigemessen wurde.

101

Auch der Argumentation bezüglich der Schlüsse, die aus einer ungünstigen Gestaltung des Sperrwerks (niedriger Drempel) zu ziehen sind, folgt die Kammer nicht. Die Beklagtenvertreter haben in der mündlichen Verhandlung zwar bestätigt, dass auch sie in der Absenkung des Drempels in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts ein Problem sehen, weil dies die Gewährleistung einer besonders niedrigen Sohle am Sperrwerk erfordert; möglicherweise habe man damit damals die Zugänglichkeit für Schiffe mit größerem Tiefgang gewährleisten wollen. Den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs bzw. der Willkür rechtfertigt dieser Aspekt nicht. Zu den Umständen, die ein Hafenträger zu bewältigen hat, gehört auch der Umgang mit nicht optimal gestalteten Bauwerken; dazu gehört auch die Entscheidung, ob etwaige Nachteile dauerhaft hingenommen werden, oder eine bauliche Veränderung vorgenommen wird. Im Übrigen sind die Versandungsprobleme nicht erst nach dem Umbau des Sperrwerks in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts aufgetreten, sondern waren bereits 1973/1974 vom Marschenbauamt Heide, von der WSD Nord und vom Landesamt für Wasserhaushalt und Küsten problematisiert worden. Die Kammer sieht auch in diesem Zusammenhang keine Anhaltspunkte für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Landes.

102

Soweit die Kläger darauf hinweisen, im Planfeststellungsverfahren zur Fahrrinnenanpassung der Unter- und Außenelbe sei vom Beklagten angemahnt worden, dass die Verbringung des Elbschlicks in die Elbmündung zu einer Versandung des Hafens Friedrichskoog führen werde, ist nicht ersichtlich, warum diese Problematik rechtlich relevant sein sollte. Selbst wenn es im Zusammenhang mit dem planfestgestellten Vorhaben zu einer weiteren Verstärkung der Versandungsproblematik in Friedrichskoog gekommen sein sollte, ist zu bedenken, dass dies auf einem Planfeststellungsbeschluss beruht und damit Folge einer rechtmäßigen Maßnahme wäre. Dies kann daher nicht dem Land Schleswig-Holstein als Fehlverhalten zugerechnet werden.

103

Nicht überzeugend ist auch die Auffassung der Kläger, das Land Schleswig-Holstein habe die Möglichkeiten zu Kosteneinsparungen nicht genutzt, die sich in baulicher Hinsicht (Maßnahmen im Vorlandbereich) ergeben hätten. Den vorliegenden Akten ist vielmehr zu entnehmen, dass die in Betracht kommenden Alternativen zur Baggerungslösung und alle Optimierungsvorschläge mehrfach von den Fachbehörden unter Hinzuziehung von Wissenschaftlern gründlich geprüft, und - in nachvollziehbarer Weise - als zu kostspielig und nicht nachhaltig zielführend bewertet wurden.

104

Dass das Land z. B. den Vorschlag von Prof. F... zur Errichtung eines Spülpolders nicht aufgriff, ist nachvollziehbar, da der Sachverständige selbst von einer „unkonventionellen“ Baumaßnahme gesprochen hat, die mit Risiken behaftet sei. Die Befürchtung, dass ein solcher Spülpolder keine nachhaltige Lösung ist, ist nachvollziehbar, zumal dies die Fachbehörden schon 1974 -gestützt auf Erfahrungen mit entsprechenden Versuchen- eingewendet haben. Die Erfahrungen mit Sedimentationsbecken, die 1990 im Zusammenhang mit Deichbaumaßnahmen im Dieksander Koog gemacht wurden (vgl. Drucksache 17/613), bestätigten diese Einschätzung. Auch wenn die Bundesanstalt für Wasserbau im Jahr 2014 eine positivere Prognose gestellt haben mag, wie die Kläger berichten, ist die ablehnende Haltung des Beklagten hierzu angesichts der eigenen Erfahrungen jedenfalls nachvollziehbar.

105

Entsprechendes gilt auch für die vom LKN am 10.12.2009 geprüfte Variante 6 (Anschluss des Grüppensystems im Vorlandbereich als Spülpolder), auf die mit der Klagebegründung besonders hingewiesen wird. Der LKN hat hierzu zwar ausgeführt, bei vergleichsweise geringen Investitionskosten von 270.000 € sei ein vergleichsweise günstiger Effekt in Form einer Reduktion der Baggermengen von rund 35 % zu erwarten. Insgesamt gelangt der Bericht jedoch zu dem Ergebnis, keine der betrachteten Varianten lasse eine signifikante Entlastung der hohen Bagger- und Hafenbetriebskosten gegenüber den geringen Einnahmen aus den Hafengebühren bei langfristiger Aufrechterhaltung der Schifffahrt bzw. Anpassung an die Schifffahrt erwarten.

106

Auch das Gutachten von Prof. M... von der CAU Kiel aus Februar 2010 (Beiakte T) ergab keine bessere Perspektive. In der Stellungnahme heißt es, Baumaßnahmen zur Lösung des Problems wären mit hoher Wahrscheinlichkeit mit Folgeproblemen und Folgekosten verbunden, und sollten daher mit Vorsicht betrachtet werden. Eine Optimierung der baggertechnischen Vertiefung könne zur Reduzierung der Baggervolumina führen, allerdings auf Kosten einer erhöhten Baggerfrequenz.

107

In einer aktuellen Untersuchung mit Variantenerörterung vom 10.03.2014 ist das LKN erneut zu dem Ergebnis gelangt, dass der Ersatz des Sperrwerks durch ein Schöpfwerk einschließlich der Seewasserversorgung der Seehundstation die günstigste Variante sei; die entscheidenden Argumente ergäben sich aus dem zu erwartenden Anstieg der Wasserstände, wonach die Entwässerung des Binnenlandes in 10 -15 Jahren nicht mehr möglich sein werde.

108

Die Kammer teilt auch nicht die Zweifel der Klägerin zu 2) an den Angaben des Beklagten zu anstehenden Sanierungsmaßnahmen am Sperrwerk. Hierzu ist in der mündlichen Verhandlung vom Leiter des LKN erläutert worden, dass ein entsprechender Sanierungsbedarf von den Fachleuten des Amtes festgestellt worden sei; eine Untersuchung im Rahmen einer Trockenlegung im Jahre 2013 habe diesen Befund bestätigt. Zur Gewährleistung des sicheren Betriebs des Sperrwerkes müssten die festgestellten Schäden und Undichtigkeiten behoben werden. Da die Kläger für ihre Vermutung, dass ein Sanierungsbedarf nur vorgeschoben werde, keine konkreten Anhaltspunkte benannt haben, sieht die Kammer keinen Anlass, die Richtigkeit der Erläuterungen des Leiters des LKN zu bezweifeln.“

109

Diesen Ausführungen folgt der Senat und nimmt auf sie zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug. Lediglich ergänzend sei ausgeführt, dass sich der Beklagte auch nach Vorlage des Gutachtens M... vor der Einziehungsverfügung noch mit den verschiedenen Varianten zur Reduzierung der Versandung auseinandergesetzt hat. Dies zeigt der Vermerk des LKN SH vom 10. März 2014. Dort heißt es - zusammenfassend - die Auswertung der flächenhaften Vermessungen der Friedrichskoog vorgelagerten Watten des Elbmündungstrichters zeigten, dass die Watten und Vorländer im Elbeästuar stark angewachsen seien. Damit würden sich auch die mit jeder Tide ein- und ausströmenden Wassermengen reduzieren. Dies wiederum führe zu einer Verkleinerung der Querschnitte der Priele und damit zu erschwerten Bedingen für die ein- und auslaufenden Kutter. Sollten die Tidenniedrigwasserstände auch weiterhin um mehr als 2 cm pro Jahr steigen, so werde die Entwässerung aufgrund der Höhenlage des Einzugsgebietes zunehmend problematisch werden. Bei anhaltendem Trend werde die Entwässerung des Binnenlandes in 10 bis 15 Jahren nicht mehr möglich sein. Auch nach Aussage der Bundesanstalt für Wasserwirtschaft sei der Bau eines Schöpfwerkes in den nächsten Jahren unumgänglich. Die erwogene Maßnahme der Herstellung eines Spülpolders könne auch nach Aussage der Bundesanstalt für Wasserwirtschaft nur dann eine nachhaltige Wirkung erzielen, wenn der Spülpolder bei jeder Tide vollständig gefüllt werde. Dies bedeute, dass mit jeder Füllung Sediment eingetragen werde und sich im Spülpolder ablagere. Damit sei eine regelmäßige Unterhaltung des Spülpolders unumgänglich. Die von der Bundesanstalt für Wasserwirtschaft geschätzte Erfolgswahrscheinlichkeit von 80 % für diese bauliche Variante sei aus Sicht des LKN SH zu bezweifeln. Unabhängig von den damit verbundenen Kosten gab es jedenfalls keine „Erfolgsgarantie“ dieser (oder einer anderen) baulichen Variante.

110

Insgesamt teilt der Senat die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass der Beklagte rechtsfehlerfrei zu der Entscheidung kommen durfte, den Hafen wegen der geringen Verkehrsbedeutung und der auch künftig zu befürchtenden hohen Unterhaltungskosten einzuziehen.

111

Weder der in der Einziehungsverfügung darüber hinaus geregelte Widerrufsvorbehalt noch die Regelungen zu Ziffer 3 und 4 der Verfügung verletzen Rechte der Klägerin. Ob durch Ziffer 3 und Ziffer 4 der Einziehungsverfügung über eine deklaratorische Aussage hinaus überhaupt etwas geregelt wird, kann deshalb unerörtert bleiben.

112

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

113

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

114

Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe hierfür (§ 132 Abs. 2 VwGO) nicht gegeben sind.


Tenor

Die Berufung gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 19. Mai 2015 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen eine Allgemeinverfügung des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie des Landes Schleswig-Holstein, mit der die Einziehung des Landeshafens Friedrichskoog verfügt wird.

2

Der Hafen Friedrichskoog ist ein an der Nordseeküste gelegener Landeshafen im Eigentum des Landes Schleswig-Holstein. Der Hafen besteht aus einem etwa 700 m langen Hafenbecken mit Kaianlage, einer Hochwasserschutzschleuse und seeseitig einem ca. 2 km langen Hafenpriel mit einem Leitdamm. Über den Hafen werden 2 Köge entwässert, er dient damit auch als Vorfluter.

3

Ein Vorläufer des Hafens entstand um das Jahr 1854 herum nach der vollendeten Eindeichung des Friedrichskooges im Außentief. Seit 1883 siedelten sich dort Krabbenkutter an. In den Jahren 1934/1935 wurde im Rahmen der Eindeichung der Dieksander Bucht vor dem Hafenbecken eine Hochwasserschleuse mit zwei Fluttorpaaren gebaut. Dadurch erlangte der Hafen seine heutige Form eines sturmflutsicheren Binnenhafens. Im Jahre 1937 ging die Hafenunterhaltung aus der preußischen Staats- und Domänenverwaltung wegen der Bedeutung für die Fischerei in die Zuständigkeit der Wasserstraßenverwaltung des Deutschen Reiches über.

4

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde der Hafen vom Land Schleswig-Holstein als Rechtsnachfolgerin übernommen und wird seitdem als landeseigener Hafen betrieben.

5

Im Jahre 1950 wurde der Hafendamm um weitere 200 m Basaltleitdamm bis zum Hafenfeuer verlängert, um die Strömung, die zur Verschlickung des Hafens führt, noch weitergehend abzufangen. Diese bauliche Maßnahme hat die Verschlickung nicht aufgehalten. Mit der Flut gelangen jeweils mehr Sedimente in den Hafenpriel und das Hafenbecken, als bei dem langsameren Abfluss des Wassers bei Ebbe wieder weggetragen werden.

6

Zur Aufrechterhaltung des Hafenbetriebes werden seit Jahrzehnten laufend Baggerungen durchgeführt. Die Baggerungen finden im Hafenbecken und im Bereich des Sperrwerkes auch im Hafenpriel statt. Da auch damit bisher keine Fahrwassertiefe von 2,5 m in Hafen, Hafenpriel und vorgelagerten Wattgebieten gewährleistet ist, sind viele Fischer nach Büsum ausgewichen, wo der Hafen tideunabhängig auch von Fischkuttern mit einem Tiefgang von mehr als 1,90 m sicher genutzt werden kann. In Friedrichskoog wurden deshalb im Jahre 2013 nur rd. 52 t Krabben angelandet. In einer Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage vom 22.06.2010 (Drs. 17/613) heißt es, es seien noch 27 Haupterwerbsfischereibetriebe (Krabbenkutter) mit Heimathafen in Friedrichskoog gemeldet, aber lediglich neun Betriebe, die Kutter mit geringem Tiefgang hätten, nutzten den Hafen noch regelmäßig.

7

Nachdem im Hafen immer weniger Anlandungen von Fisch und Krabben stattfanden, bemängelte der Landesrechnungshof schon in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts, dass der Hafen unwirtschaftlich sei. Das Marschenbauamt Heide wies 1973 auf eine starke Verlandungstendenz hin. Die Gesamtsituation werde sich weiter nachteilig entwickeln. Die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Kiel und das Landesamt für Wasserhaushalt und Küsten kamen 1974 ebenfalls zu dem Schluss, Hafen und Zufahrt würden in überschaubarer Zeit Opfer der Anlandungsprozesse werden. Es sollten rechtzeitig Folgerungen gezogen werden, indem auf die unabänderliche Entwicklung und eine Entwidmung des Hafens hingewiesen werde.

8

Als dies an die Öffentlichkeit gelangte, kam es bereits damals zu heftigen Protesten der Bevölkerung vor Ort, insbesondere seitens der Fischer, die eine Bedrohung der Existenzgrundlage beklagten.

9

Mit Rücksicht hierauf ließ die Landesregierung technische Lösungsmöglichkeiten zur kostengünstigeren Aufrechterhaltung des Hafenbetriebes prüfen. Prof. F... kam in einem Gutachten aus Oktober 1975 zu dem Ergebnis, die Analyse der Ämter sei richtig. Man könne jedoch die Strömungsverhältnisse verbessern, indem mit einem Aufwand von 6 Mio. DM ein Spülpolder gebaut werde; das sei eine „unkonventionelle Baumaßnahme, die mit Risiken behaftet ist“. Die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Kiel nahm dazu kritisch Stellung: Die Idee eines solchen Spülpolders sei nicht neu, sie sei schon 1963 vom Wasser- und Schifffahrtsamt Tönning erwogen worden, Probespülungen hätten dazu geführt, diesen Versuch aufzugeben, weil nicht habe erhärtet werden können, dass die Investition in einem vernünftigen Verhältnis zum Erfolg stehe. Eine Entscheidung für einen Polder wurde daraufhin nicht getroffen, es wurden weiterhin Baggerungen durchgeführt. Maßgeblich war damals ein Kabinettsbeschluss vom April 1974.

10

Im Jahre 1990 wurden dann im Zusammenhang mit einer Deichbaumaßnahme im Dieksanderkoog vom Amt für Land- und Wasserwirtschaft Sedimentationsbecken vor dem Hafen - also eine Art Spülpolder - durch Entnahme von 350.000 cbm Sand geschaffen. Zu den Erfahrungen damit heißt es in einer Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage (Drs. 17/613 vom 22.06.2010), diese Becken seien sehr schnell verlandet.

11

Im September 1997 bemängelte der Landesrechnungshof nochmals, unbedeutende Umsätze im Hafen und hohe Aufwendungen dafür würden das Engagement des Landes nicht rechtfertigen. Das Wirtschaftsministerium sei gefordert, eine Lösung zu finden, um die dauerhafte Kostenbelastung zu beenden; hierbei sei auch die Möglichkeit einer Entwidmung als öffentlicher Hafen einzubeziehen.

12

Es wurden daraufhin nochmals technische Lösungen zur Minderung des Aufwandes geprüft (u.a. Gutachten Prof. M... 2010).

13

Der Landesbetrieb Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz Schleswig-Holstein (LKN SH) kam im Dezember 2012 zu dem Ergebnis, dass keine der Alternativen eine signifikante Entlastung von den hohen Bagger- und Hafenbetriebskosten erwarten lasse.

14

Im Jahre 2012 empfahl die Haushaltsstrukturkommission des Landes die Schließung des Hafens.

15

In der Folgezeit wurde von der Landesregierung mit dem Kreis Dithmarschen, der Gemeinde Friedrichskoog und der örtlichen Wirtschaft über eine andere Eigentümer- und Betreiberstruktur verhandelt. Das Land machte dabei deutlich, dass es eine einvernehmliche Lösung anstrebe, eine weitere Trägerschaft für den Hafen jedoch ablehne. Es wurden Möglichkeiten in Betracht gezogen, den Hafen in Trägerschaft der Gemeinde über den Erlös aus noch zu errichtenden Windkraftanlagen zu finanzieren. Es kam zu einem „letter of intent“ im Juni 2012, der die Prüfung einer Kompromisslösung vorsah: Das Eigentum am Hafen sollte auf die Gemeinde übergehen, das Land wollte einen Kostenanteil (Betriebskosten für das Sperrwerk) übernehmen. Als eine Voraussetzung wurde die Rechtskraft des Regionalplans IV (Eignungsflächen für Windenergie) festgehalten. Diese Lösung kam nicht zu Stande, weil wegen der Kostenrisiken keine Bereitschaft bestand, die Trägerschaft des Hafens zu übernehmen.

16

Im April 2012 gab das Land Schleswig-Holstein die Entwidmungsabsicht für den Hafen Friedrichskoog öffentlich bekannt und legte einen Erläuterungsbericht vom 02.04.2012 im Zeitraum vom 26.04.2012 bis 29.05.2012 öffentlich aus. Wegen der daraufhin erhobenen 79 Einwendungen wird auf Beiakte B Bezug genommen.

17

Mit Allgemeinverfügung vom 07.07.2014 traf das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie des Landes Schleswig-Holstein folgende Entscheidung:

18

1. Der Hafen Friedrichskoog wird als öffentlicher Hafen innerhalb der am 21. Mai 1993 bekannt gemachten Hafengrenzen mit Wirkung vom 01. Januar 2015 eingezogen.

19

2. Diese Entscheidung ergeht unter dem Vorbehalt des Widerrufs gemäß § 107 Abs. 2 Nr. 3 Landesverwaltungsgesetz Schleswig-Holstein (LVwG).

20

3. Bis zum Baubeginn eines Schöpfwerkes wird das Hafensperrwerk als Entwässerungsanlage weiter betrieben.

21

4. Die Widmung von landseitigen Verkehrsflächen innerhalb der Hafengrenzen bleibt unberührt.“

22

Zur Begründung führte der Beklagte im Wesentlichen aus, der Hafen Friedrichskoog stelle eine dem Gemeingebrauch gewidmete öffentliche Sache dar. Die Einziehung des Hafens werde gemäß § 8 Abs. 1 StrWG SH analog verfügt. Die Fortführung des Hafens sei dem Land aus Steuermitteln nicht mehr zumutbar. In Abwägung mit privaten Interessen sei die Einziehung des Hafens aus Gründen des öffentlichen Wohles erforderlich. Betrieb und Instandhaltung des Hafens und des Sperrwerkes führten zu jährlichen Kosten von ca. 700.000 bis 1 Mio. Euro. Dem stünden jährliche Einnahmen in der Größenordnung von ca. 40.000 Euro gegenüber. Es bestehe im Mittelwert ein jährlicher Zuschussbedarf von knapp 800.000 Euro. Zudem müssten kurzfristig rund 2 Mio. Euro in die bestehenden Anlagen investiert werden. Mittelfristig sei ein weiterer Sanierungsbedarf von rund 1,8 Mio. Euro vorhanden. Für die Versorgung der Bevölkerung sei der Hafen nicht mehr erforderlich. Die Umschlagsmengen seien zu gering. Sie dienten auch nicht der Versorgung der Bevölkerung. Der Hafen sei auch nicht zur Erschließung der angrenzenden Flurstücke erforderlich. Die Entwässerung des angrenzenden Einzugsgebietes werde durch den mit einer Hafenschließung notwendigerweise verbundenen Bau eines Schöpfwerkes insgesamt verbessert. Die Tideniedrigwasserstände am Außenpegel des Sperrwerkes Friedrichskoog würden seit Jahren um mehr als 2 cm pro Jahr ansteigen, so dass angesichts der Höhenlage des Einzugsgebietes die Entwässerung des Binnenlandes in freier Vorflut in 10 - 15 Jahren nicht mehr möglich wäre.

23

Belange der Nutzer des Hafens (Fischer, Werft, Sportboote, hafenaffine Dienstleistungen) seien zwar beeinträchtigt, das öffentliche Wohl überwiege aber.

24

Für die Gemeinde Friedrichskoog sei der Tourismus ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, weil der Hafen einen Anziehungspunkt darstelle. Die Schließung werde aber voraussichtlich nur geringe negative Auswirkungen auf die touristische Gesamtattraktivität haben; die Gewerbesteuereinnahmen würden sich annehmlich um höchstens 30.000,-- € vermindern.

25

Eine schwerwiegende negative Veränderung der unmittelbaren hafenbezogenen wirtschaftlichen Aktivitäten sei nicht anzunehmen. Die Kutter, die noch den Hafen anliefen, könnten auf andere Häfen, wie etwa Büsum, ausweichen.

26

Angesichts der geringen Verkehrsbedeutung und der erheblichen Kosten für den Betrieb des Hafens bei geringen Erträgen stellten sich bei einer Gesamtabwägung die Schließung des Landeshafens und der Bau eines Schöpfwerkes als vorzugswürdig dar. Der Bau des Schöpfwerkes werde rd. 3,5 Mio € kosten bei jährlichen Betriebskosten von rd. 160.000,- €; ein Kostenvergleich ergebe die Vorzugswürdigkeit eines Schöpfwerkes, das die Entwässerungssituation zudem verbessere, da die Entwässerung nicht mehr von Außenwasserständen abhängig wäre.

27

Am 25. September 2014 hat die Klägerin Klage erhoben.

28

Sie hat geltend gemacht, die Entwidmung verstoße gegen den Vorbehalt des Gesetzes, da eine gesetzliche Grundlage, die die Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Einziehung eines Hafens regele, fehle. Die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des § 8 StrWG SH lägen nicht vor. Die Vorschriften des Straßen- und Wegegesetzes würden die wasserrechtlichen Besonderheiten und Härten nicht erfassen. Der Hafen habe zudem noch eine Verkehrsbedeutung. Die privaten Interessen, die gegen die Einziehung sprächen, würden überwiegen, da für die Klägerin die Verbindung zur Nordsee entfallen würde.

29

Der Hafen werde noch für die Fischerei und den Wassersport genutzt. Seine Einziehung sei unverhältnismäßig. Richtig sei, dass die Zahl der Anläufe von Wasserfahrzeugen und der Anlandungen von Krabben rückläufig sei. Dies sei jedoch auf mangelnde Unterhaltung des Hafens durch den Beklagten in der Vergangenheit zurückzuführen. Deutlich sei, dass die Zahl der Anläufe und Anlandungen parallel zu den rückläufigen Baggermengen und Baggerkosten zurückgegangen seien. Es sei rechtsmissbräuchlich, den Hafen durch rückläufige Baggermengen erst versanden zu lassen und später die Einziehung damit zu begründen, dass die Anzahl der Anläufe von Wasserfahrzeugen zurückgegangen sei. Obwohl dem Beklagten - wie beispielsweise durch seine Einlassungen im Planfeststellungsverfahren zur Fahrrinnenanpassung der Unter- und Außenelbe belegt werde - die zunehmende Versandungsproblematik des Hafens bewusst gewesen sei, habe er die Baggermengen nicht angepasst. Der Beklagte gehe von zu hohen Kosten für den Hafenbetrieb aus. Es sei nicht von einem durchschnittlichen Zuschussbedarf von 800.000,- €, sondern von rund 700.000,- € im Jahr auszugehen. Ob das Sperrwerk tatsächlich den vom Beklagten angegebenen Sanierungsaufwand benötige, sei zweifelhaft. Möglichkeiten der Kostenreduzierung seien nicht ausreichend ausgelotet worden. In der Vergangenheit seien Empfehlungen etwa des Landesbetriebes für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz zum Bau eines Spülpolders im Vorlandbereich südlich des Hafenpriels nicht aufgegriffen worden. Zudem sei die Anlegung eines zu niedrigen Drempels beim Umbau des Sperrwerks in den 80er Jahren nachteilig für den Verlauf des Ebbstroms. Eine bauliche Veränderung könne einen besseren Rückfluss der Sedimente ermöglichen. Auch die Schließung eines “Schachtpriels“ südlich des Hafenpriels im Jahre 2000 habe sich ungünstig auf die Sedimentablagerung ausgewirkt. Insgesamt lägen Versäumnisse bei der Instandhaltung des Hafens in der Vergangenheit vor. Dieser Umstand hätte im Rahmen der Abwägung zugunsten der Klägerin gewichtet werden müssen.

30

Die vom Beklagten angenommene Verbesserung der Entwässerung durch das künftige Schöpfwerk könne nicht als Argument für die Einziehung des Hafens herangezogen werden. Das Planfeststellungsverfahren für das Schöpfwerk sei noch nicht abgeschlossen. Darüber hinaus würde aber durch ein Schöpfwerk das Hafenbecken zu einem Binnengewässer ohne Fließbewegung werden mit negativen Folgen etwa hinsichtlich einer stärkeren Algenentwicklung und Geruchsbelästigung in den Sommermonaten. Infolge des im Hafenbecken abgesenkten Wasserstandes werde das Grundwasser in der Umgebung des Hafens um mehrere Meter sinken, was erfahrungsgemäß zur Absenkung des Bodens und zu Schäden an Häusern in der Umgebung führen werde.

31

Auch die touristischen Belange der Gemeinde Friedrichskoog seien nicht richtig bewertet worden. Die Gewerbesteuereinnahmen und die umsatzsteuerpflichtigen Lieferungen und Leistungen würden zurückgehen. Laut Umfrage bei den Gewerbetreibenden aus Friedrichskoog würden schließungsbedingt Umsatzeinbußen von 20 bis sogar 100 % erwartet. Durch die Hafenschließung seien ca. 183 Arbeitsplätze bedroht. Ein Kaufkraftverlust von 900.000,- € und der Verlust von Arbeitsplätzen sei laut einer Studie aus dem Jahre 2005 zu besorgen. Der Hafen stelle einen touristischen Mittelpunkt von Friedrichskoog dar.
Allein durch die jährlich stattfindenden Regatten und Hafenfeste würden mehrere Tausend Besucher angezogen. Die Grundstücke in Friedrichskoog würden an Wert verlieren.

32

Für die Gemeinde Friedrichskoog folge eine Verletzung ihrer Rechte daraus, dass aufgrund der Einziehung eine Verschlechterung der Situation der Gemeinde und höhere Kosten zu befürchten seien. Würde der Hafen aufgrund der Einziehung zum Gewässer zweiter Ordnung, so läge die Unterhaltungspflicht beim Sielverband Friedrichskoog als Mitglied des Hauptsielverbandes Dithmarschen. Sollte sich der Hauptsielverband in Zukunft einmal auflösen (§ 62 WVG), liege die Unterhaltungspflicht bei den Anliegergemeinden. Folglich bestehe die Möglichkeit, dass die Gemeinde zukünftig zur Unterhaltung des Schöpfwerkes herangezogen werde. Bis zum Bau des Schöpfwerkes könnten der Gemeinde hohe Baggerungskosten im Rahmen der Unterhaltung des Sperrwerks entstehen. Auch sei eine Verringerung der Einwohnerzahl, der Verlust von Arbeitsplätzen, die Verringerung der Gewerbesteuereinnahmen, die Verringerung der touristischen Attraktivität und Auswirkungen auf die Kindertagesstätte zu befürchten.

33

Die Klägerin hat beantragt,

34

die Entscheidung des Beklagten über die Einziehung des Hafens
Friedrichskoog als Landeshafen vom 07. Juli 2014 aufzuheben.

35

Der Beklagte hat beantragt,

36

die Klage abzuweisen.

37

Er hat geltend gemacht, der Klägerin fehle bereits die Klagebefugnis. Jedenfalls sei die Klage unbegründet.

38

Der Beklagte habe seine Unterhaltungspflicht in der Vergangenheit nicht verletzt. Die Unterhaltungspflicht bestehe nur im Rahmen der Leistungsfähigkeit. Es gebe keinen Rechtssatz, dass das Land auf veränderte Umweltbedingungen durch massiv ausgeweitete Baggerungen reagieren müsse. Für die Baggerungen habe ein sachgerechtes Konzept vorgelegen. Es habe auch in erheblichem Umfang Baggerungen gegeben. Dabei sei es schon im Interesse des Küstenschutzes unabdingbar gewesen, im Bereich des Sperrwerks eine größere Tiefe zu halten, um den Betrieb der Tore zu gewährleisten. Von einer Ausdehnung der Baggerungen noch weiter in den Hafenpriel hinein habe man sich keinen nachhaltigen Erfolg versprochen. Diese Einschätzung habe sich im Jahre 2012 bestätigt, als man im Hafenpriel bis zu 1 km vor dem Sperrwerk gebaggert habe; es sei nämlich schnell wieder zur Auffüllung gekommen. Es wäre deshalb nicht sinnvoll, dort tiefer zu gehen.

39

Bedenken, die sich aus dem Bau des Schöpfwerkes herleiten, z. B. hinsichtlich von Geruchsbelästigungen oder Bodenabsenkungen, seien Gegenstand des entsprechenden Planfeststellungsverfahrens und nicht des Einziehungsverfahrens bezüglich des Landeshafens Friedrichskoog.

40

Im Auftrag der Gemeinde sei ein touristisches Entwicklungskonzept (September 2014) erstellt worden. Hier werde zwar die Bedeutung des Hafens als identitätsstiftendes Element der Gemeinde betont, insgesamt würden die Gutachter aber davon ausgehen, dass der durch die Hafenschließung ausgelöste touristische Attraktivitätsverlust für die Gemeinde Friedrichskoog von den positiven Effekten der Neugestaltung des Hafenumfeldes aufgefangen werden könnte. Das Land sei bereit, die Gemeinde hierbei zu unterstützen.

41

Mit Urteil vom 19. Mai 2015 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen.

42

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Klage der Gemeinde sei mangels Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO bereits unzulässig, da sie nicht geltend machen könne, möglicherweise in eigenen Rechten verletzt zu sein. Eine Verletzung des nach Art. 28 Abs. 2 GG geschützten kommunalen Selbstverwaltungsrechts sei nicht ersichtlich. Nachteilige Folgen der Einziehung des Hafens bezögen sich auf lediglich mittelbare Zusammenhänge und könnten auch einen Eingriff in die Finanzhoheit nicht begründen. Selbst wenn man von einer Klagebefugnis ausginge, könne die Klage keinen Erfolg haben, weil sie unbegründet sei. Entgegen der Auffassung des Beklagten könne die Einziehung des Hafens allerdings nicht auf eine analoge Anwendung des § 8 StrWG gestützt werden. Die genannte Vorschrift regele ausschließlich die Rechtsverhältnisse der öffentlichen Straßen an Land; die Voraussetzungen einer Analogie lägen nicht vor. Im Straßenrecht fänden sich auf landes- und bundesrechtlicher Ebene durchweg ausführliche Regelungen zu Fragen der Widmung und der Einziehung, was auf speziellen Erwägungen zur Kerngewährleistung von Anliegerrechten im Straßenrecht beruhe. Ein vergleichbarer Hintergrund lasse sich für das Wasserrecht, das stärker gemeinwohlorientiert gestaltet sei, nicht feststellen. Eine Rechtsgrundlage für die Einziehung ergebe sich aber aus der öffentlichen Sachherrschaft des Landes über den landeseigenen Landeshafen. Nach den allgemeinen Grundsätzen des Rechts der öffentlichen Sachen könne die öffentliche Zweckbestimmung einer Sache durch Widmung durch einen entsprechenden Rechtsakt (actus contrarius) wieder aufgehoben werden. Es sei anerkannt, dass eine Widmung zu öffentlichen Zwecken ein Rechtsakt ist, der durch Gesetz, Satzung, Verwaltungsakt, aber auch konkludent vorgenommen werden könne oder deren Bestehen aufgrund einer Vermutung angenommen werden könne. Entscheidend sei der erkennbare Wille des Trägers öffentlicher Gewalt, dass die Sache einem bestimmten öffentlichen Zweck dienen und der Allgemeinheit zur Benutzung zur Verfügung gestellt werden solle. Als Indizien seien der Zweck, zu dem die Einrichtung errichtet wurde, und die bisherige Nutzungspraxis anzusehen. All dies spreche im vorliegenden Falle für eine Widmung, auch wenn ein ausdrücklicher Widmungsakt nicht habe festgestellt werden können. Dass der Hafen Friedrichskoog ein öffentlicher Landeshafen sei, werde im Übrigen auch allgemein anerkannt. Ebenso wie die Widmung auf allgemeinen Grundsätzen des öffentlichen Sachenrechts beruhe, könne sie nach den allgemeinen Grundsätzen auch durch eine Einziehung aufgehoben werden, wobei das Land einen großen Entscheidungsspielraum habe. Das Land sei nach dem Landeswassergesetz nicht verpflichtet, einen solchen Hafen zu betreiben. Für die Einziehung setze das Landeswassergesetz auch keine rechtlichen Grenzen. Bezüglich des „Ob“ und „Wie“ des Betriebes eines öffentlichen Hafens habe ein Nutzer oder Anlieger nicht einmal einen Anspruch auf eine ermessenfehlerfreie Entscheidung. Der Handlungsspielraum des Hafenträgers sei nur durch die Grundrechte und das aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Verbot willkürlichen staatlichen Handelns begrenzt. Zwar müsse der Gesetzgeber alle wesentlichen Entscheidungen selbst treffen. Eingriffe im grundrechtsrelevanten Bereich müssten durch Gesetz geregelt sein. So seien die Genehmigungsvoraussetzungen für den Betrieb eines Hafens und Ermächtigungsgrundlagen zur Gefahrenabwehr wegen der Grundrechtsbetroffenheit unverzichtbar und im Landeswassergesetz auch geregelt worden. Anders liege es bei der Frage staatlicher Aufgaben im Bereich der Daseinsvorsorge. Hier gebe es keinen Anspruch auf Aufrechterhaltung des Gemeingebrauchs. Die Einziehung eines Hafens sei nicht grundrechtsrelevant. Auch andere tragende Prinzipien des Grundgesetzes geböten keine gesetzliche Regelung zur Frage der Einziehung. Die allgemeinen Grundsätze des öffentlichen Sachenrechts böten deshalb eine ausreichende Grundlage für eine Hafeneinziehung.

43

Eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Einziehungsverfügung beschränke sich deshalb auf die Frage, ob eine Verletzung von Grundrechten festzustellen sei. Dies sei im Falle der Klägerin zu verneinen. Sie werde nicht in ihrem Recht auf kommunale Selbstverwaltung (Art. 28 GG) verletzt.

44

Unabhängig von der Frage von Grundrechtsverletzungen sei die Klage auch deshalb unbegründet, weil die Einziehung objektiv rechtmäßig sei. Sie sei auf nachvollziehbare sachliche Gründe gestützt worden. Die Rückläufigkeit der Anläufe von Fischereifahrzeugen und der Umschlagmenge, der erhebliche jährliche Zuschussbedarf und der erhebliche Sanierungsbedarf für die Zukunft habe berücksichtigt werden dürfen. Ferner sei nachvollziehbar, dass eine Investition in ein Schöpfwerk sinnvoller sei, da damit eine Entwässerung der Köge auch in Zukunft sicher gewährleistet sei. Die Einziehungsentscheidung beruhe auf einer an sachlichen Kriterien orientierten Neubewertung des öffentlichen Interesses am Betrieb des Landeshafens in Friedrichskoog. Von einem rechtsmissbräuchlichen Handeln des Landes könne nicht die Rede sein. Die ungünstige Lage des Hafens Friedrichskoog und dessen Versandungsproblematik sei spätestens seit den 70er Jahren in den Blick genommen worden. Bereits 1974 sei die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Kiel und das Landesamt für Wasserhaushalt und Küsten im Bericht vom 28. Mai 1974 übereinstimmend zu dem Schluss gekommen, Hafen und Zufahrt würden in überschaubarer Zeit ein Opfer der Anlandungsprozesse werden, so dass rechtzeitig Folgerungen aus dieser unabänderlichen Entwicklung gezogen werden sollten. Neuere Untersuchungen und Variantenprüfungen hätten kein anderes Ergebnis erbracht. Auch den externen Gutachten von Prof. F... und Prof. M... ließen sich keine Anhaltspunkte für grundlegende Fehler in der fachbehördlichen Einschätzung entnehmen. Ob die Ausbaggerungen in der Vergangenheit stets optimal gestaltet worden seien, sei unerheblich. Entscheidend sei vielmehr, dass den Unterhaltungsarbeiten ausweislich eines Vermerks des LKN-SH vom 01. Juli 2013 ein nach Einschätzung der Fachbehörde angemessenes Baggerkonzept zugrunde gelegen habe, das in den Bewertungen der externen Gutachter nicht auf grundlegende Kritik gestoßen sei. Es treffe zwar zu, dass das Volumen des jährlichen Baggeraushubs seit 2006 deutlich gesunken sei, hieraus lasse sich jedoch keine Verantwortung des Landes für die reduzierte Nutzung des Hafens ableiten. Auch in den Jahren 2007 bis 2013 habe das Land trotz rückläufiger Baggermengen die Anstrengungen gegenüber dem Jahr 1954 immerhin verfünffacht. Weder der Umgang mit einem “Schachtpriel“ noch die Absenkung des Drempels beim Umbau des Sperrwerks in den 80er Jahren seien geeignet, den Vorwurf der Willkür zu rechtfertigen. Zu den Umständen, die ein Hafenträger zu bewältigen habe, gehöre auch der Umgang mit nicht optimal gestalteten Bauwerken. Den vorliegenden Akten sei zu entnehmen, dass die in Betracht kommenden Alternativen zur Baggerlösung und alle Optimierungsvorschläge mehrfach von den Fachbehörden unter Hinzuziehung von Wissenschaftlern gründlich geprüft und - in nachvollziehbarer Weise - als zu kostspielig und nicht nachhaltig zielführend bewertet worden seien. Der Vorschlag von Prof. F... zur Errichtung eines Spülpolders sei von diesem selbst als “unkonventionelle“ Baumaßnahme bezeichnet worden, die mit Risiken behaftet sei. Trotz einer nach Auffassung der Klägerin abgegebenen positiveren Prognose der Bundesanstalt für Wasserbau im Jahre 2014 habe der Beklagte - auch aufgrund von Erfahrungen mit Sedimentationsbecken, die 1990 in Zusammenhang mit Deichbaumaßnahmen im Dieksander Koog gemacht worden seien - die Errichtung eines Spülpolders als nicht nachhaltige Lösung einstufen dürfen. Entsprechendes gelte für die vom LKN geprüfte sogenannte Variante 6 (Anschluss des Gruppensystems im Vorlandbereich als Spülpolder). Auch hier habe der Beklagte aufgrund des vorgelegten Berichts des LKN vom 10. Dezember 2009 davon ausgehen können, dass keine signifikante Entlastung der hohen Bagger- und Hafenbetriebskosten im Verhältnis zu den geringen Einnahmen aus den Hafengebühren bei langfristiger Aufrechterhaltung der Schifffahrt zu erwarten seien. Ferner habe berücksichtigt werden dürfen, dass eine - theoretische - Optimierung der baggertechnischen Vertiefung zwar zu einer Reduzierung der Baggervolumina führen würde, dies allerdings auf Kosten einer erhöhten Baggerfrequenz. Auch in einer aktuellen Untersuchung vom 10. März 2014 sei das LKN (erneut) zu dem Ergebnis gekommen, dass der Ersatz des Sperrwerks durch ein Schöpfwerk einschließlich der Seewasserversorgung der Seehundstation die günstigste Variante sei. Hierbei sei entscheidend in den Blick zu nehmen, dass die Wasserstände in den kommenden Jahren ansteigen würden, weshalb die Entwässerung des Binnenlandes in 10 bis 15 Jahren nicht mehr möglich sein werde.

45

Auf Antrag der Klägerin hat der Senat die Berufung durch Beschluss vom 11. November 2015 (4 LA 43/15) zugelassen.

46

Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Berufung im Wesentlichen wie folgt vor: Die Klage sei zulässig. Die Klägerin sei klagebefugt. Die von ihr befürchteten Beeinträchtigungen in Folge der Einziehung des Landeshafens machten eine Verletzung der aus Art. 28 Abs. 2 GG folgenden Rechte zumindest möglich. Der Schutzbereich des Art. 28 Abs. 2 GG betreffe alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft. Darunter seien die Bedürfnisse und Interessen zu verstehen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder zu ihr einen spezifischen Bezug haben. Insbesondere geschützt sei neben der Gebiets- und Organisationshoheit der Gemeinde die Planungshoheit, also die Befugnis, voraussehbare Entwicklungen länger zu steuern. Der Landeshafen sei eine den Ort Friedrichskoog wesentlich prägende Einrichtung. Dessen Einziehung greife in eine Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft ein, da er für die Gemeinde prägend sei und einen wesentlichen, für die Gemeinde und ihre Einwohner identifikationsstiftenden Charakter habe. Auch sei die Verkehrsanbindung an die Nordsee für die Gemeinde und ihre Einwohner von erheblicher Bedeutung. Dass die Gemeinde bislang nicht Träger des Hafens gewesen sei, sei dabei unerheblich. Die Einziehung sei auch nicht etwa mit der Schließung eines großen Industriebetriebs oder eines Bundeswehrstandortes vergleichbar, bei der die Rechtsprechung in der Vergangenheit eine Klagebefugnis der jeweiligen Gemeinde verneint habe. Anders als bei der Frage des Erhalts eines solchen Industriestandortes stelle der Hafen für die Einwohner einen elementaren und dauerhaften Bestandteil des Ortes dar. Der Hafen bestehe seit mehr als 160 Jahren. Er präge das Ortsbild entscheidend, weshalb der Gemeinde ein Abwehrrecht gegen solche Maßnahmen zustehen müsse, die sich - wie die Einziehung des Hafens - nachteilig auf die Entwicklung der Gemeinde auswirkten.

47

Die Einziehung sei objektiv rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihren Rechten. Der Einziehung ermangele es an einer Rechtsgrundlage. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, wonach sich die Rechtsgrundlage aus der öffentlichen Sachherrschaft des Landes ergebe, überzeuge nicht. Die Bezugnahme auf die Ausführungen von Papier (Recht der öffentlichen Sachen, 3. Aufl. 1998, S. 56) zur Entwidmung und zur Einziehung als actus contrarius sei unergiebig. Diese Argumentation beziehe sich in erster Linie auf das Straßenrecht. Auf die Frage der Einziehung eines Landeshafens lasse sich dies nicht übertragen. Selbst wenn man aber der Argumentation beitreten wollte, die Einziehung sei als actus contrarius zur Widmung rechtmäßig, so müsse verlangt werden, dass der actus contrarius die gleiche Rechtsnatur haben müsse wie die Widmung. Vorliegend könne aber jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, dass es in Anbetracht der Historie des Hafens einen ausdrücklichen (schriftlichen) Widmungsakt gegeben hat. Das Verwaltungsgericht berücksichtige auch nicht, dass beispielsweise Bundeswasserstraßen unmittelbar Kraft formellen Gesetzes öffentliche Sachen im Gemeingebrauch seien (§ 5 WaStrG). Aus § 15 Abs. 1 S. 1 LWG folge im Umkehrschluss, dass nur nicht schiffbare Gewässer 1. Ordnung unter einem Genehmigungsvorbehalt stünden, die Benutzung von schiffbaren Gewässern jedoch genehmigungsfrei, damit jedermann zugänglich und somit eine öffentliche Sache im Gemeingebrauch seien. Hieraus sei zu folgern, dass eine Widmung durch Gesetz und nicht (erst) aufgrund eines Gesetzes vorliege. Dem Landeshafen komme als Gewässer 1. Ordnung allein aufgrund der Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen eines Gesetzes ein öffentlich-rechtlicher Sonderstatus zu. Folglich müsse auch die Entwidmung durch Gesetz geregelt werden.

48

Die Erwägungen des Verwaltungsgerichts, wonach eine allein im öffentlichen Interesse vorgenommene Widmung durch Allgemeinverfügung zu vermuten sei, überzeuge nicht. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei der Hafen nicht in erster Linie für die Versorgung der Bevölkerung mit Fisch vorgehalten worden. Vielmehr sei die Trägerschaft auch im Interesse der Fischer erfolgt. Andernfalls hätte nach dem 2. Weltkrieg eine noch sehr viel größere Zahl von Friedrichskooger Fischern ihre Erwerbsgrundlage verloren bzw. die Fischerei von einem anderen Standort aus ausüben müssen. Die Versorgung der örtlichen Bevölkerung mit Fisch sei davon aber nicht betroffen. Auch andere Personen und Interessengruppen seien in ihrer Existenz unmittelbar mit dem Fortbestand des Hafens verknüpft. Die vermutete Widmung durch Allgemeinverfügung sei also nicht allein im öffentlichen Interesse geschehen. Deshalb müssten bei einer Einziehung des Hafens auch andere als nur öffentliche Interessen berücksichtigt werden. Die Grundannahme des Verwaltungsgerichts, nach der die Widmung nach den allgemeinen Grundsätzen des öffentlichen Sachenrechts aufgehoben werden könne, wobei ein großer Entscheidungsspielraum bestehe und nicht einmal ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung durch die Nutzer und Anlieger des Hafens gegeben sei, treffe demnach nicht zu.

49

Auch wenn die vom Verwaltungsgericht angenommene Rechtsgrundlage einschlägig sein sollte, seien hier die Interessen der Nutzer und Anlieger des Hafens nicht ausreichend berücksichtigt worden. Selbst der Beklagte - aufgrund der von ihm für zutreffend erachteten analogen Anwendung des § 8 Abs. 1 StrWG SH - habe sehr viel höhere Anforderungen an die Voraussetzungen einer Einziehungsverfügung gestellt als das Verwaltungsgericht. Der Beklagte habe immerhin darauf abgestellt, dass die Gründe des Fortfalls der Verkehrsbedeutung und Gründe des öffentlichen Wohls private Interessen überwiegen müssten. Letzteres sei aber nicht der Fall. Ein Wegfall der Verkehrsbedeutung könne vom Beklagten nicht geltend gemacht werden, weil er in der Vergangenheit den Hafen ungenügend unterhalten und damit den Wegfall der Verkehrsbedeutung quasi selbst herbeigeführt habe. Auch auf der Basis der angenommenen Rechtsgrundlage des actus contrarius habe eine Abwägung mit den betroffenen privaten Interessen zu erfolgen. Diese sei unterblieben. Sie müsste in einem gesonderten Verfahren nachgeholt werden.

50

Im Übrigen greife der sogenannte Vorbehalt des Gesetzes, das heißt die Einziehung des Landeshafens müsste durch eine ausdrückliche gesetzliche Norm geregelt sein. Ebenso wie bei hoheitlichen Eingriffen führe auch die Einziehung des Hafens zu grundrechtsrelevanten Beeinträchtigungen von Anliegern und Nutzern. Der Landesgesetzgeber habe bei Abfassung des Landeswassergesetzes auch nicht etwa bewusst von der Schaffung einer dem Straßenrecht vergleichbaren Regelung für die Einziehung eines Landeshafens abgesehen. Derartige Erwägungen habe der Gesetzgeber nicht angestellt. An das Problem der Entwidmung/Einziehung eines Hafens sei überhaupt nicht gedacht worden. Die vom Verwaltungsgericht angesprochene Entscheidung des OVG Schleswig (Urt. v. 19.11.1991 Az.: 4 L 76/91) beschäftige sich nicht mit der Frage der Einziehung eines Landeshafens. Zudem sei der Hafen Friedrichskoog auch nicht erst aufgrund eines besonderen Widmungsaktes entstanden; bereits die natürlichen Gegebenheiten hätten die Möglichkeit eröffnet, den Ort Friedrichskoog als Hafen zu nutzen. Jedenfalls bei einem Hafen, der sich lange vor Übernahme der öffentlichen Trägerschaft über einen langen Zeitraum entwickelt habe, dürfe die Übernahme der Trägerschaft durch das Land nicht dazu führen, dass sogar das “Ob“ des Betriebs des Landeshafens in das weitgehend freie Belieben des Trägers gestellt wird. Es sei in Zukunft auch nicht etwa möglich, dass die Gemeinde oder beispielsweise eine Betreibergesellschaft den tatsächlich weiterhin vorhandenen Hafen fortführe. Es fehle nämlich aufgrund des parallel laufenden Planfeststellungsverfahrens betreffend den Umbau des Sperrwerks in ein Schöpfwerk an der Möglichkeit, einen Hafenbetrieb in Zukunft fortzusetzen.

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Die Klägerin beantragt,

52

unter Abänderung des angefochtenen Urteils vom 19. Mai 2015 die Entscheidung des Beklagten über die Einziehung des Hafens Friedrichskoog als Landeshafen vom 7. Juli 2014 aufzuheben.

53

Der Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

55

Er ist der Auffassung, die Klägerin könne nicht in ihren Rechten verletzt sein. Weder die kommunale Finanzhoheit noch die kommunale Planungshoheit seien betroffen. Entscheidend könne nur sein, ob die Einziehung des Hafens das Gemeindegebiet oder Teile hiervon nachhaltig betreffe und die Entwicklung der Gemeinde beeinflusse. Das Beteiligungsrecht der Gemeinde sei durch das Einziehungsverfahren und viele Gespräche im Vorfeld gewahrt worden. Materiellrechtlich seien die Belange der Gemeinde berücksichtigt worden. So sei verfügt worden, dass die ehemaligen Hafenlandflächen weiterhin als öffentliche Verkehrsflächen nutzbar sein sollen. Für den Fall, dass ein anderer Träger für den Hafen gefunden werden sollte, sei extra ein Widerrufsvorbehalt in die Allgemeinverfügung aufgenommen worden. Der Gemeinde sei zugesichert worden, dass in diesem Falle das Hafensperrwerk auf Kosten des Landes weiter betrieben werde. Auch habe das Land der Gemeinde zugesichert, zunächst keine Grundstücke an Dritte ohne Zustimmung der Gemeindevertretung zu veräußern, um der Gemeinde für eine eigene Bauleitplanung nötigen Raum auch in zivilrechtlicher Hinsicht zu geben. Bei der Umsetzung des beschlossenen touristischen Entwicklungskonzeptes werde zudem ein Umsetzungsmanager vom Land finanziert. Das Ortsbild werde nicht durch die Einziehung beeinträchtigt. Auch entfalle der Hafen nicht durch die Einziehung als identitätsstiftendes Merkmal. Beeinflusst werde die Gemeinde vielmehr von der nachlassenden touristischen Bedeutung des Hafens infolge ausbleibender Fischereifahrzeuge. Nicht die Einziehung des Hafens, sondern die allgemeine Entwicklung der Fischerei löse eine Betroffenheit der Gemeinde aus. Vorliegend könne sich die Gemeinde auch nicht auf ein Abwehrrecht gegen ortsbildverändernde Maßnahmen berufen. Vor der Hafeneinziehung sei die Situation durch nur wenige Kutteranläufe (unter 100 im Jahr) und einige Sportboote gekennzeichnet gewesen. Der Hafen habe eine geringe touristische Bedeutung nach Aussage des touristischen Entwicklungskonzepts. Das Fehlen weniger Fahrzeuge könne nicht die Schwelle der nachhaltigen Veränderung erreichen. Im Übrigen habe das Land zugesichert, der Gemeinde bei der weiteren touristischen Entwicklung zu helfen, wofür aber die finanzielle und planerische Mitwirkung der Gemeinde erforderlich sei. Hierbei handele es sich nicht um Kompensationsleistungen, sondern um die Umsetzung des politischen Willens der Landesregierung.

56

Unabhängig hiervon sei die Einziehung des Hafens rechtmäßig; insbesondere habe es hierfür keiner ausdrücklichen Rechtsgrundlage bedurft. Die Hinweise auf die im Rahmen einer Analogie zu § 8 StrWG für eine Einziehung beachteten Voraussetzungen machten gerade deutlich, dass der Beklagte die Einziehung keineswegs willkürlich verfügt habe. Richtig sei, dass im Landeswassergesetz keine ausdrückliche Regelung über die Einziehung von Landeshäfen normiert sei. Dem Gesetzgeber könne aber unterstellt werden, dass er die Prinzipien des öffentlichen Sachenrechts kenne und keine Notwendigkeit einer Regelung gesehen habe. Aus den Vorschriften der §§ 3 Abs. 1 Ziff. 1 Buchst. d, 88 und 39 LWG ergebe sich allein noch nicht die “Öffentlichkeit“ eines Hafens. Deshalb könne auch nicht damit argumentiert werden, der in der Literatur erfolgte Hinweis, dass Friedrichskoog “nach allgemeiner Auffassung“ ein öffentlicher Hafen sei, stelle eine auf der Basis der verwaltungsgerichtlichen Argumentation überflüssige Feststellung dar. Faktische Auswirkungen staatlichen Handelns begründeten keinen Gesetzesvorbehalt. Die Einziehung eines Hafens habe rechtlich keine Grundrechtsrelevanz. Auch unter dem Gesichtspunkt der Wesentlichkeitstheorie ergebe sich nichts anderes. Einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage für die Einziehung des Hafens habe es deshalb nicht bedurft. Welche Schlussfolgerungen die Klägerin aus der näheren Eingrenzung des Widmungszweckes ziehen wollten, bleibe unklar. Im Übrigen habe sich das Verwaltungsgericht durchaus und umfassend mit Abwägungsbelangen befasst und diese als sachgerecht bezeichnet. Aus der tatsächlichen Entstehungsgeschichte des Hafens und der Übernahme der Unterhaltungslast durch das Land Schleswig-Holstein könne kein Verbot einer Einziehung abgeleitet werden. Der Hafen sei im Übrigen im Zuge der Eindeichung im Dritten Reich in der heutigen Form entstanden. Die damalige Provinz Preußen habe den Hafen errichtet und ihn betrieben, weil die örtliche Gemeinschaft dazu nicht länger in der Lage gewesen sei. Das Land habe den Hafen dann als Rechtsnachfolger der Provinz Preußen “übernommen“. Hieraus lasse sich kein Verbot einer Einziehung ableiten. Auch zum Beispiel bei Wechsel der Straßenbaulast sei es rechtlich zulässig, wenn der nachfolgende Träger später die Einziehung der Infrastruktur verfüge.

57

Die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts führe auch nicht dazu, dass die Einziehung schlechthin im Belieben stünde. Das staatliche Handeln müsse sich am Willkürverbot messen lassen.

58

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte und den Verwaltungsvorgang (Beiakten A-V) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage zu Recht abgewiesen.

60

Die Anfechtungsklage ist zulässig. Insbesondere ist eine Klagebefugnis zu bejahen. Gemäß § 42 Abs. 2 VwGO ist eine Anfechtungsklage nur zulässig, wenn die klagende Partei geltend macht, durch den Verwaltungsakt in ihren Rechten verletzt zu sein. Dabei reicht es aus, wenn eine Verletzung von Rechtsnormen zumindest möglich erscheint, die auch dem Schutz des jeweiligen Klägers beziehungsweise Klägerin zu dienen bestimmt sind. Die Möglichkeit einer Rechtsverletzung reicht aus. Es ist nicht Sinn der Klagebefugnis, ernsthaft streitige Fragen über das Bestehen eines subjektiven Rechts, von deren Beantwortung der Klageerfolg abhängen kann, bereits vorab im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung zu klären. Die Zulässigkeitsvoraussetzung der Klagebefugnis ist allerdings dann zu verneinen, wenn subjektive Rechte des Klägers beziehungsweise der Klägerin offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise verletzt sein können (BVerwG, Urt. v. 24.06.2004 - 4 C 11.03 -, NVwZ 2004, 1229).

61

Gemessen an diesen Grundsätzen ist eine Klagebefugnis hier zu bejahen. Nach dem Vorbringen der Klägerin erscheint eine Verletzung eigener Rechte jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen. Die Klägerin hat unter anderem geltend gemacht, der Landeshafen sei eine den Ort Friedrichskoog wesentlich prägende Einrichtung. Er habe für die Gemeinde identifikationsstiftenden Charakter. Anders als etwa bei der Frage des Erhalts eines Industriestandortes stelle der Hafen für die Einwohner einen elementaren und dauerhaften Bestandteil des Ortes dar, welcher so seit mehr als 160 Jahren bestanden haben. Er präge das Ortsbild entscheidend, weshalb der Gemeinde ein Abwehrrecht zustehen müsse. Der Schutzbereich des Art. 28 Abs. 2 GG betreffe alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft. Hiernach erscheint es als zumindest nicht ausgeschlossen, dass die Klägerin in eigenen Rechten verletzt sein könnte. Eine Klagebefugnis ist deshalb zu bejahen. Die Frage, ob die geltend gemachten Rechte tatsächlich bestehen und durch die streitgegenständliche Einziehung verletzt wurden, ist eine Frage der Begründetheit.

62

Die Anfechtungsklage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Aufhebung der streitgegenständlichen Einziehungsverfügung. Gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf, soweit der Verwaltungsakt rechtswidrigund der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist. Vorliegend lässt sich eine eigene Rechtsverletzung der Klägerin durch die Einziehungsverfügung nicht feststellen, sodass bereits aus diesem Grunde die Berufung keinen Erfolg haben kann.

63

Die Klägerin wird nicht in ihrem hier allein näher in Betracht kommenden Recht aus Art. 28 Abs. 2 GG verletzt. Gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 GG muss den Gemeinden das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Hierzu gehört in erster Linie die kommunale Planungshoheit. Das durch Art. 28 Abs. 2 Satz GG gewährleistete Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde vermittelt gegen die Entscheidung eines überörtlichen Verwaltungsträger aber nur dann eine wehrfähige Rechtsposition, wenn das Vorhaben nachhaltig eine hinreichend konkrete Planung der Gemeinde stört oder wegen seiner Großräumigkeit wesentliche Teile des Gemeindegebiets einer durchsetzbaren kommunalen Planung entzieht oder erhebliche gemeindliche Einrichtungen beeinträchtigt (BVerwG, Urt. v 06.11.2013 - 9 A 9.12 -, UPR 2014, 223). Die kommunale Planungshoheit ist vorliegend jedoch erkennbar nicht betroffen. Vielmehr wächst der Gemeinde aufgrund der Entwidmung sogar ein „Mehr“ an Planungsmöglichkeit zu, weil nunmehr auch die bisherigen Hafenflächen von der Gemeinde überplant werden könnten.

64

Bei dem Landeshafen Friedrichskoog handelt es sich nicht um eine Einrichtung der Gemeinde, sodass auch nicht von einer erheblichen Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit einer gemeindlichen Einrichtung gesprochen werden kann.

65

Allerdings kann auch eine wesentliche Veränderung der verkehrlichen Infrastruktur der Gemeinde durch eine überörtliche Fachplanung das Selbstverwaltungsrecht verletzen. Die Planungshoheit umfasst jedoch nicht das Recht einer Gemeinde, dass ihre Verkehrsinfrastruktur unangetastet bleibt (BVerwG, Beschl. v. 18.03.2008 - 9 VR 5/07 - NuR 2008, 502). Auch unter diesem Aspekt liegt eine Rechtsverletzung der Klägerin erkennbar nicht vor. Die Verkehrsinfrastruktur der Gemeinde selbst wird durch die Einziehung des Landeshafens nicht berührt.

66

Auch die von der Klägerin befürchteten negativen wirtschaftlichen Auswirkungen stellen keine Verletzung einer gemäß § 28 Abs. 2 GG zu beachtenden verteidigungsfähigen Rechtsposition dar. Die Verschlechterung der Wirtschaftsstruktur, die die Klägerin - auch in touristischer Hinsicht - befürchtet, gehört zu dem Bereich möglicher künftiger Entwicklungen, die für sich alleine grundsätzlich keine Rechtsbeeinträchtigung der gemeindlichen Planungshoheit begründen können. Insoweit gibt es auch keinen für die Klägerin auf Art. 28 Abs. 2 GG zu stützenden „Bestandsschutz“ (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.09.1998 - 4 VR 11.98 -, NuR 1999, 631).

67

Die durch Art. 28 Abs. 2 GG ausgesprochene Gewährleistung der Selbstverwaltung umfasst auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung (§ 28 Abs. 2 Satz 2 GG). Eine Verletzung der Finanzhoheit kann jedoch nur dann angenommen werden, wenn durch die streitgegenständliche Maßnahme eine nachhaltige, von der Klägerin nicht mehr zu bewältigende und hinzunehmende Einengung ihrer Finanzspielräume verursacht würde (BVerwG, Urt. v. 18.06.1997 - 11 A 65.95 -, NuR 1998, 92). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Die als Folge der Einziehung des Hafens für die Zukunft unter Umständen befürchteten Gewässerunterhaltungslasten begründen insofern keine Rechtsverletzung gemeindlicher Rechte. Die Klägerin befürchtet finanzielle Unterhaltungslasten für den vielleicht zukünftig auftretenden Fall der Auflösung des für die Gewässerunterhaltung zuständigen Hauptsielverbandes Dithmarschen. Diese Überlegung ist jedoch zum einen spekulativ und zum anderen nicht geeignet, eine nachhaltige, von der Gemeinde nicht zu bewältigende Einengung ihres Finanzspielraumes nachvollziehbar zu begründen.

68

Allerdings beschränkt sich das Selbstverwaltungsrecht des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG nicht auf die gemeindliche Planungshoheit. Vielmehr sind die Gemeinden auch gegenüber solchen Maßnahmen überörtlicher Verwaltungsträger rechtlich geschützt, die das Gemeindegebiet oder Teile davon nachhaltig betreffen und die Entwicklung der Gemeinde beeinflussen (BVerwG, Beschl. v. 26.02.1996 - 11 VR 33.95 -, NuR 1996, 515). Im Einzelfall können zum Beispiel Abwägungsfehler im Rahmen einer überörtlichen Fachplanung das sogenannte Selbstgestaltungsrecht der Gemeinde verletzen (BVerwG, Urt. v. 30.05.2012 - 9 A 35.10 -, Juris Rn. 36). Das Selbstgestaltungsrecht schützt vor Maßnahmen, die das Ortsbild entscheidend prägen und hierdurch nachhaltig auf das Gemeindegebiet und die Entwicklung der Gemeinde einwirken. Letzteres ist beispielsweise aufgrund der massiven Wirkung einer 371 m langen und 12 m hohen Brücke, welche die Sichtbeziehungen einer Gemeinde tiefgreifend veränderte, bejaht worden. Aufgrund der damit verbundenen negativen Auswirkungen für das Ortsbild sei die Erheblichkeitsschwelle des Selbstgestaltungsrechts überschritten (BVerwG, Urt. v. 06.11.2013 - 9 A 9/12 - DVBl. 2012,1377). Hiermit lassen sich aber die Auswirkungen, die mit der hier streitgegenständlichen Maßnahme verbunden sind, nicht vergleichen. Das Ortsbild wird durch die Einziehung des Landeshafens unmittelbar überhaupt nicht berührt. Sollten infolge der eintretenden Versandung oder der Errichtung des Schöpfwerkes künftig keinerlei Schiffe mehr im Hafen liegen, verändert sich zwar eine seit langem bestehende Lage der Gemeinde. Diese liegt dann nicht mehr an einem Hafen. Solche Veränderungen lassen sich jedoch nicht mehr unter das in Art. 28 Abs. 2 GG geschützte Selbstgestaltungsrecht fassen. Der Umstand alleine, dass Einwohner der Klägerin die Lage ihrer Gemeinde an einem Landeshafen als identitätsstiftend ansehen, reicht hierfür nicht aus. Die Gemeinden sind nicht berechtigt, sich über die Anrufung der Verwaltungsgerichts zum „Kontrolleur“ der zur Wahrung öffentlicher Belange jeweils berufenden staatlichen Behörden aufzuschwingen; sie können auch nicht die grundrechtlich geschützten Abwehrinteressen ihrer Einwohner bei sich bündeln, indem sie diese als Sachwalterin der örtlichen Gemeinschaft geltend machen. Der Gemeinde kommen nicht deshalb „wehrfähige“ Rechte zu, weil der Allgemeinheit oder einzelnen Privatpersonen, die ihre Rechte selbst geltend machen können, ein Schaden droht (BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1001.04 -, NVwZ 2006, 1055).

69

Aus dem Vorstehenden folgt, dass die Anfechtungsklage zu Recht abgewiesen wurden. Die Berufung konnte bereits deshalb keinen Erfolg haben.

70

Ohne dass es hierauf entscheidungserheblich ankommt, erachtet der Senat die streitgegenständliche Einziehungsverfügung in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht für rechtmäßig.

71

Der Friedrichskooger Hafen ist als öffentlicher Hafen gewidmet worden und damit eine öffentliche Sache im Sinne des gewohnheitsrechtlich anerkannten öffentlichen Sachenrechts.

72

Eine Widmung als öffentlicher Hafen des Landes kann grundsätzlich durch formelles Gesetz, Rechtsverordnung, Satzung, Gewohnheitsrechtssatz, öffentlich-rechtliche Vereinbarung oder Verwaltungsakt erfolgen (Petersen, Deutschen Küstenrecht 1989, S. 141).

73

Eine Widmung des Landeshafens durch Gesetz liegt nicht vor. Die in § 136 LWG ausgesprochene Befugnis, die öffentlichen Häfen für den Verkehr zu benutzen, soweit die Benutzung nach dem Landeswassergesetz oder nach anderen Vorschriften nicht beschränkt ist, begründet die Widmung nicht, sondern setzt sie voraus (OVG Schleswig, Beschl. v. 29.01.1992 - 4 L 76/91 -, Juris, zur Vorgängervorschrift § 101 a LWG; Petersen, Deutsches Küstenrecht 1989 Rn. 535). Eine Widmung durch öffentlich-rechtliche Vereinbarung oder schriftliche Allgemeinverfügung liegt nicht vor. In dem vom Beklagten vorgelegten Aktenmaterial (Beiakten A - V) findet sich weder eine entsprechende Verfügung noch irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass es eine ausdrückliche Widmung in der Vergangenheit gegeben hat. Dieses wird vom Beklagten auch nicht vorgetragen.

74

Eine Widmung ist ein hoheitlicher Rechtsakt, durch den die öffentliche Stelle erklärt, dass die Sache einem bestimmten öffentlichen Zweck dienen soll und ihre Benutzung durch die Allgemeinheit geregelt wird. Dies setzt nicht zwingend eine (schriftliche) Widmungsverfügung voraus. Die Widmung kann vielmehr auch hoheitlich durch schlüssiges Verhalten erfolgen (OVG Schleswig, Beschl. v. 29.01.1992 - 4 L 76/91 -, Juris). Es reicht insoweit aus, dass der Wille des Trägers öffentlicher Gewalt erkennbar ist, die Sache sei einem bestimmten öffentlichen Zweck zu dienen bestimmt und werde der Allgemeinheit zur Benutzung zur Verfügung gestellt. Ein derartiger Erklärungswille kann aus Indizien abgeleitet werden. Unter anderem spricht für einen Widmungswillen auch die Erhebung öffentlich-rechtlicher Gebühren. Vorliegend hat das Land Schleswig-Holstein den Hafen Friedrichskoog seit der Übernahme nach dem 2. Weltkrieg als öffentlichen Hafen betrieben und unterhalten. Ob dies in erster Linie für die Versorgung der Bevölkerung mit Fisch zum Zwecke des Allgemeinwohls geschah, ist dabei nicht entscheidend. Das Land Schleswig-Holstein hat den Hafen unterhalten, insbesondere Ausbaggerungsarbeiten auf eigene Kosten durchführen lassen und auch Hafengebühren erhoben. Dies reicht vorliegend für die Annahme einer konkludenten Widmung aus. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass es allgemeiner Auffassung entspricht, dass der Hafen Friedrichskoog ein öffentlicher Landeshafen ist (vgl. Petersen, Küstenrecht 1989, S. 264).

75

Eine hinreichende Rechtsgrundlage für die Allgemeinverfügung, mit der der Beklagte die Einziehung des Landeshafens Friedrichskoog verfügt hat, ergibt sich aus der öffentlichen Sachherrschaft des Landes über den landeseigenen Hafen. Nach den gewohnheitsrechtlich begründeten Grundsätzen des Rechts der öffentlichen Sachen kann der Widmungsumfang einer Sache verändert, erweitert oder reduziert und auch beseitigt werden. Die öffentliche Zweckbestimmung durch Widmung kann durch einen entsprechenden Rechtsakt wieder aufgehoben werden (sogenannter actus contrarius, vgl. Papier, Recht der öffentlichen Sachen, 3. Aufl. 1998, S. 56; Petersen, Deutsches Küstenrecht 1989, Seite 143).

76

Der Beklagte hat demgegenüber die Einziehung auf der Grundlage einer analogen Anwendung von § 8 StrWG SH verfügt. Nach dieser Vorschrift kann eine öffentliche Straße, die keine Verkehrsbedeutung mehr hat, eingezogen werden (§ 8 Abs. 1 Satz 1 StrWG). Eine öffentliche Straße ist einzuziehen, wenn Gründe des öffentlichen Wohls vorliegen, die gegenüber privaten Interessen überwiegen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 StrWG). Diese Vorschrift regelt jedoch die Voraussetzungen für eine Einziehung öffentlicher Straßen im Sinne von § 2 StrWG, nicht jedoch die Einziehung von öffentlichen Häfen. Auch eine analoge Anwendung kommt nicht in Betracht. Die Regelungsbereiche sind unterschiedlich. Im Straßenrecht finden sich gesetzliche Normierungen zur Frage der Widmung und der Einziehung vor allem vor dem Hintergrund der zu berücksichtigenden Kerngewährleistung von Anliegerrechten im Straßenrecht, die an die wesentliche Bedeutung der Verbindung mit dem Straßennetz für die Nutzbarkeit eines Grundstücks anknüpfen. Demgegenüber lässt sich für das Wasserrecht, das stärker gemeinwohlorientiert ist, ein vergleichbarer Hintergrund nicht feststellen. Bereits deshalb liegen die Voraussetzungen einer Analogie nicht vor.

77

Das Landeswassergesetz enthält keine gesetzliche Regelung zur Frage der Einziehung öffentlicher Häfen. Auch wenn dies vielleicht wünschenswert wäre, kann von einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes - eine weitere Voraussetzung für eine analoge Anwendung des § 8 StrWG - nicht gesprochen werden. Dabei hat das Verwaltungsgericht zu Recht in den Blick genommen, dass es bei Regelungen zu öffentlichen Infrastruktureinrichtungen nicht zum gesetzlichen Standard gehört, die Voraussetzungen einer Widmung und einer Einziehung ausdrücklich zu regeln. So findet sich beispielsweise zum öffentlichen Eisenbahnverkehr anstelle des Gemeingebrauchs ein spezieller Zugangsanspruch für die Eisenbahninfrastruktur (§ 14 AEG), der mit speziellen Vorschriften zu den Voraussetzungen von Stilllegungen (§ 11 AEG) und der Freistellung von Bahnbetriebszwecken korrespondiert (§ 23 AEG). Über eine Freistellung entscheidet die zuständige Planfeststellungsbehörde, die sich dabei allein am Verkehrsbedürfnis zu orientieren hat. Bei Wasserstraßen sehen die § 1 und 5 WaStrG eine gesetzliche Befugnis zum Befahren mit Wasserfahrzeugen vor. Der Verlust der Eigenschaft als Bundeswasserstraße tritt auf der Grundlage einer Vereinbarung durch ein entsprechendes Bundesgesetz beziehungsweise eine Verordnung ein (§ 2 WaStrG). Vor diesem Hintergrund kann eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes nicht angenommen werden.

78

Der Umstand, dass der Beklagte die Einziehung in entsprechender Anwendung von § 8 StrWG verfügt hat, ist jedoch unschädlich, weil in der Sache die zu beachtenden Grundsätze für die Einziehung eines öffentlichen Hafens beachtet wurden (siehe dazu unten).

79

Die Widmung ist eine Allgemeinverfügung im Sinne von § 106 Abs. 2 LVwG und damit ein Verwaltungsakt. Der Senat hat deshalb erwogen, als Rechtsgrundlage für die Beseitigung der Widmung (Einziehung) die den Widerruf eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes regelnde Vorschrift des § 117 LVwG heranzuziehen. So ist in diesem Zusammenhang in der verwaltungsrechtlichen Literatur teilweise die Auffassung vertreten worden, als gesetzliche Grundlage für die Entwidmung käme § 49 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG in Betracht (vgl. hierzu Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff des Rechts der öffentlichen Sachen, Schriften zum öffentlichen Recht Bd. 651, S. 87). Eine Voraussetzung für die Anwendung des § 117 Abs. 2 Nr. 3 LVwG ist das Vorliegen eines rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsaktes. Die Widmung ist zwar ein Verwaltungsakt, jedoch kein begünstigender Verwaltungsakt im Sinne des § 117 Abs. 2 LVwG. Diese Vorschrift ist deshalb auf die Beseitigung einer Widmung nicht anwendbar. Durch die Widmung werden Rechte oder rechtlich erhebliche Vorteile weder zugesprochen noch abgesprochen. Derartige adressatlose Verwaltungsakte sind insoweit neutral (Stelkens/Bonk/Sachs VwVfG, Komm. 8. Aufl., § 49 Rn. 21).

80

Zu erwägen bleibt die Anwendung von § 117 Abs. 1 LVwG. Dies überzeugt jedoch letztlich nicht. Die Vorschriften über Rücknahme und Widerruf von Verwaltungsakten sind auf die Entwidmung nicht zugeschnitten. Dementsprechend ist in der Literatur auch darauf hingewiesen worden, dass, wenn die Notwendigkeit einer Entwidmung auf gewohnheitsrechtliche und damit ungeschriebene Grundsätze des Rechts der öffentlichen Sachen gestützt werde, in denselben gewohnheitsrechtlichen Grundsätzen auch die Grundlage für die Entwidmung gesehen werden müsse (vgl. zum Streitstand Angelika Leppin, „Rechtsprobleme bei der Umstrukturierung deutscher Bahnhöfe vor dem Hintergrund der gemeindlichen Planungshoheit, des Fachplanungsrechts sowie des öffentlichen Sachenrechts“, Verfassungs- und Verwaltungsrecht unter dem Grundgesetz, Bd. 29, S. 173 f.) Soweit ersichtlich sind die Vorschriften über Rücknahme und Widerruf von Verwaltungsakten in der obergerichtlichen Rechtsprechung auch bislang nicht als Rechtsgrundlage von Entwidmungen herangezogen worden. Auch die Verfahrensbeteiligten haben dies nicht in Erwägung gezogen. Im Übrigen merkt der Senat an, dass - wollte man entgegen der hier vertretenen Auffassung die Rechtsgrundlage in der Vorschrift des § 117 Abs. 1 LVwG sehen (vgl. hierzu Stelkens/Bonk/Sachs VwVfG, Komm. 8. Aufl., § 49 Rn. 21) - im Ergebnis keine Bedenken an der Rechtmäßigkeit der vom Beklagten verfügten Einziehung bestünden.

81

Richtigerweise hat nach allem das Verwaltungsgericht die Rechtsgrundlage für die Einziehung den allgemeinen Grundsätzen des Rechts der öffentlichen Sachen entnommen, wonach die öffentliche Zweckbestimmung einer Sache durch Widmung durch einen entsprechenden Rechtsakt (actus contrarius) wieder aufgehoben werden kann.

82

Verfahrensfehler bei der Einziehung des Landeshafens sind nicht ersichtlich. Insbesondere war nicht die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens geboten. Ein solches findet nur statt, wenn es durch Rechtsvorschrift angeordnet ist (§ 139 Abs. 1 LVwG). Dies ist bezüglich der Einziehung eines Hafens nicht der Fall.

83

In welcher Form eine Entwidmung eines Landeshafens zu erfolgen hat, ist nicht geregelt. Der Beklagte hat aber in jedem Falle den hier zu stellenden Publizitätsanforderungen (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 16.12.1988 - 4 C 48.86 - Buchholz 406.11 § 38 BauGB Nr. 4 = BVerwGE 81, 111; zur „Entwidmung“ von nicht planfestgestellten Bahnanlagen nach früherem Recht) Genüge getan, indem er sich hinsichtlich der Bekanntgabe der Einziehungsabsicht, der Auslegung des Erläuterungsberichtes und der Bekanntgabe der Einziehungsentscheidung an das für die Einziehung von Straßen vorgeschriebene Verfahren angelehnt hat.

84

Die Berufung macht geltend, die Einziehung bedürfe einer vom parlamentarischen Gesetzgeber erlassenen Rechtsgrundlage. Die Heranziehung von Gewohnheitsrecht verstoße gegen den Gesetzesvorbehalt. Dem folgt der Senat nicht.

85

Der Vorbehalt des Gesetzes verlangt, dass staatliches Handeln in bestimmten grundlegenden Bereichen durch förmliches Gesetz legitimiert wird. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen und darf sie nicht anderen Normgebern überlassen. Wann es danach einer Regelung durch den parlamentarischen Gesetzgeber bedarf, lässt sich nur mit Blick auf den jeweiligen Sachbereich und auf die Eigenart des betroffenen Regelungsgegenstandes beurteilen. Die verfassungsrechtlichen Wertungskriterien sind dabei den tragenden Prinzipien des Grundgesetzes, insbesondere den darin verbürgten Grundrechten, zu entnehmen. Danach bedeutet wesentlich im grundrechtsrelevanten Bereich in der Regel „wesentlich für die Verwirklichung der Grundrechte“. Die Tatsache, dass eine Frage politisch umstritten ist, führt dagegen für sich genommen nicht dazu, dass diese als wesentlich verstanden werden müsste (BVerwG, Beschl. v. 17.02.2015 - 4 B 56.14 -, Juris). Hiernach bedarf es im Zusammenhang mit dem Betrieb eines öffentlichen Hafens spezieller gesetzlicher Regelungen etwa bezüglich der Ermächtigung zur Gefahrenabwehr sowie der Zulassung von Häfen und Anlagen sowie der Konzessionierung von Seeverkehrsleistungen. Entsprechende Rechtsgrundlagen sehen § 137 und §§ 139 f LWG vor. Ihr Fehlen würde gegen den Gesetzesvorbehalt verstoßen. Anders liegt es bei der Frage der Widmung und Entwidmung. Die Entscheidung der zuständigen Behörde über die Frage des „Ob“ eines öffentlichen Hafens greift nicht unmittelbar in Grundrechte ein. Weder mit der Widmung noch mit der Entwidmung werden Rechte oder rechtlich erhebliche Vorteile unmittelbar zugesprochen oder abgesprochen (Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., § 49 Rn. 21). Es begegnet im Hinblick auf den Grundsatz des Gesetzesvorbehaltes deshalb keinen Bedenken, als Rechtsgrundlage die gewohnheitsrechtlich anerkannten Grundsätze des öffentlichen Sachenrechts heranzuziehen.

86

Das Verwaltungsgericht hat die Auffassung vertreten, dass das Land bei der Frage der Entwidmung einen großen Entscheidungsspielraum habe, weil es nach dem Landeswassergesetz nicht verpflichtet sei, einen solchen Hafen zu betreiben und das Landeswassergesetz für eine Einziehung keine gesetzlichen Grenzen setze. Das LWG begründe zur Frage des „Ob“ und „Wie“ des Betriebes eines öffentlichen Hafens nicht einmal einen Anspruch für Nutzer und Anlieger auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung. Deshalb werde der Handlungsspielraum des Hafenträgers bei seinen Entscheidungen nur durch die Grundrechte und das aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Verbot willkürlichen staatlichen Handels begrenzt. In diesem Zusammenhang wendet die Berufung ein, es könne wegen der Vielzahl der beeinträchtigten Interessen von Hafenanliegern und Hafennutzern nicht angehen, dass bei der Entscheidung über das „Ob“ eines öffentlichen Hafens die Entscheidungen nur durch Grundrechte und das Willkürverbot begrenzt seien. Die Interessen der einzelnen Hafennutzer müssten berücksichtigt und abgewogen werden.

87

Hierzu ist festzustellen, dass sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und damit letztlich aus dem Rechtsstaatsprinzip die Verpflichtung ergibt, über eine Entwidmung ausschließlich nach sachlichen Erwägungen und in ermessensgerechter Weise zu entscheiden. Diesen Vorgaben wird die Einziehungsverfügung gerecht. Sie ist insbesondere auf nachvollziehbare sachliche Gründe gestützt worden. Auch die mit den Einwendungen geltend gemachten Bedenken sind einbezogen worden worden. Das Verwaltungsgericht hat hierzu im Parallelverfahren 3 A 165/14) folgendes ausgeführt:

88

„Der Beklagte hat dargelegt, dass eine Abwägungsentscheidung getroffen wurde, im Rahmen derer ausschlaggebend war, dass die Zahl der Anläufe von Fischereifahrzeugen ebenso wie die Umschlagmenge in den letzten Jahren auf ein geringes Maß gesunken ist, und dass für den Hafenbetrieb ein erheblicher jährlicher Zuschussbedarf sowie ein erheblicher Sanierungsbedarf in der Zukunft besteht. Der Beklagte hat ferner dargelegt, dass eine Investition in ein Schöpfwerk sinnvoller sei, da damit eine Entwässerung der Köge auch in Zukunft - bei fortschreitender Verlandung des in Rede stehenden Küstenbereiches- sicher gewährleistet sei. Durch die zunehmende Sedimentation im Küstenbereich vor dem südlichen Dithmarschen werde die Entwässerung der Köge zunehmend problematisch; bei anhaltendem Trend werde die Entwässerung des Binnenlandes in freier Vorflut in 10 bis 15 Jahren nicht mehr möglich sein. Hierzu ist in der mündlichen Verhandlung erläutert worden, dass unter dem Gesichtspunkt des Küstenschutzes und einer gesicherten Entwässerung der Umstand in den Blick zu nehmen sei, dass sich zukünftig der Tidenhub und der Einfluss von Stürmen verstärken werde.

89

Diese Gesichtspunkte sind im Rahmen der angefochtenen Entscheidung in Beziehung gesetzt worden zu den Nachteilen für die Betroffenen, insbesondere den Nachteilen für die Gemeinde Friedrichskoog, die Gewerbetreibenden in Friedrichskoog sowie die Bewohnerinnen und Bewohner. Mit allen Einwendungen von Betroffenen hat sich das zuständige Ministerium ausführlich auseinandergesetzt.

90

All dies spricht dafür, dass die Einziehungsentscheidung auf einer an sachlichen Kriterien orientierten Neubewertung des öffentlichen Interesses daran beruht, dass das Land einen Landeshafen in Friedrichskoog betreibt. Die von den Klägern geübte Kritik, es sei nicht gründlich genug nach anderen Lösungen gesucht worden, bzw. es gehe hier um ein rechtsmissbräuchliches Handeln des Landes, hält die Kammer nach Prüfung des Sachverhalts nicht für berechtigt.

91

Wie die aktenkundigen Feststellungen von verschiedenen Fachämtern und Wissenschaftlern zeigen, geht es hier um einen öffentlichen Hafen, dessen Betrieb bereits seit Jahrzehnten wegen des Versandungsproblems nur aufgrund außerordentlicher Anstrengungen aufrechterhalten werden kann. Danach ist der Hafen Friedrichskoog ungünstig gelegen, da er im Bereich der Elbmündung in einem Nordseeküstenabschnitt mit den höchsten Anschlickungs- und Anwachsraten liegt. Bereits im Jahr 1900 scheint es Versandungsprobleme gegeben zu haben, denn dies dürfte einer der Gründe für die damalige Errichtung eines zunächst nur 1000 m langen Leitdamms gewesen sein. Infolge der Eindeichung des Dieksander Koogs und der damit verbundenen Änderung der Verhältnisse im Vorland verstärkte sich das Versandungsproblem noch. Das Marschenbauamt Heide berichtete dann im Jahre 1973 ausführlich über die geomorphologischen Verhältnisse und führte aus, dass eine starke Verlandungstendenz bestehe und sich die Gesamtsituation weiter nachteilig entwickeln werde. Die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Kiel und das Landesamt für Wasserhaushalt und Küsten kamen 1974 (Bericht vom 28.05.1974) übereinstimmend zu dem Schluss, Hafen und Zufahrt würden auch mit „Regelwerken“ in überschaubarer Zeit ein Opfer der Anlandungsprozesse werden, so dass rechtzeitig Folgerungen aus dieser unabänderlichen Entwicklung gezogen werden sollten. Neuere Untersuchungen und Variantenprüfungen haben kein anderes Ergebnis erbracht. Den eingeholten externen Gutachten von Prof. F... und Prof. M... lassen sich keine Anhaltspunkte für grundlegende Fehler in der fachbehördlichen Einschätzung entnehmen. Diesen Gutachten lassen sich auch keine Problemlösungsvorschläge entnehmen, die zwingend hätten aufgegriffen werden müssen.“

92

Diesen Ausführungen tritt der Senat bei und nimmt auf sie zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug. Anzumerken ist lediglich, dass es sich bei der Entscheidung des Beklagten nicht um eine planerische Abwägungsentscheidung handelt. Die vom Beklagten in der Begründung der Einziehungsentscheidung angestellten Erwägungen tragen jedoch die Annahme einer ermessensfehlerfreien Entscheidung des Beklagten.

93

Dieser hat sich auf die Untersuchungen nicht nur der eigenen Fachbehörden, sondern auch externer Gutachter gestützt. Dabei wurden hinsichtlich des Baggerkonzeptes und der Versandungsreduzierung diverse Varianten diskutiert. Im Gutachten von Prof. M... (Modelluntersuchungen zur Bewertung von Maßnahmenalternativen zur Verbesserung der Zufahrtsituation zum Hafen Friedrichskoog und zur Aufrechterhaltung der Binnenentwässerung, Februar 2010) werden insgesamt 7 Varianten gegeneinandergestellt, die nicht nur auf dem bestehenden Hafen-Layout basieren, sondern teilweise auch erhebliche bauliche Veränderungen zum Gegenstand haben. Untersucht wird beispielsweise auch die Effektivität der Verbindung des Hafenbereiches mit dem Außentief über einen zum Hafenpriel abgewinkelten Seitenkanal (Variante 2) und einen Spülpolder (Variante 3), der während der Ebbphase geöffnet wird, um mit dem Spülstrom zuvor abgelagerte Sedimente aus dem Hafenpriel auszuräumen und demzufolge auch den Sedimentaufwuchs im Hafenpriel zu vermindern. Als Schlussfolgerung kommt das Gutachten zum Ergebnis, Varianten mit Optimierung durch baggertechnische Vertiefung könnten zur Reduzierung der Baggervolumina führen - allerdings auf Kosten einer erhöhten Baggerfrequenz. Die Varianten mit Änderung durch Baumaßnahmen ließen insgesamt die geringsten Sedimentationsvolumina erwarten. Es sei aber - etwa bei der Spülpolder-Variante - mit Sedimentation im Polder zu rechnen, was zu erheblichen zusätzlichen Betriebskosten führen könne. Die Varianten mit Änderung durch Baumaßnahmen sollten vor dem Hintergrund, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit Folgeprobleme und -kosten entstehen, mit Vorsicht betrachtet werden.

94

Insgesamt lassen sich den fachlichen Einschätzungen weder der Fachbehörden noch der externen Gutachter Varianten entnehmen, die sich unter Berücksichtigung der damit verbundenen Kosten und Risiken für eine nähere Prüfung dem Beklagten hätten aufdrängen müssen.

95

Die Einschätzung des Landesbetriebs für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz Schleswig-Holstein (LKN-SH) vom 10. Dezember 2009, wonach keine der betrachteten Varianten eine signifikante Entlastung der hohen Bagger- und Hafenbetriebskosten gegenüber den geringen Einnahmen aus den Hafengebühren bei langfristiger Aufrechterhaltung der Schifffahrt beziehungsweise Anpassung an die Schifffahrt erwarten ließen, ist durch das Gutachten M... nicht in Frage gestellt worden.

96

Die Frage der Erforderlichkeit der Schließung des Landeshafens Friedrichskoog ist nicht neu. Die Risiken der Durchführung bisher unerprobter kostspieliger baulicher Veränderungen des Hafens einerseits und der Schwierigkeiten andererseits, den Hafen trotz zunehmender Versandung durch Ausbaggerungsarbeiten für alle Zukunft offenzuhalten, war dem Beklagten seit langem bewusst. Im Gutachten von Prof. F... vom 10. Oktober 1975 wird ausgeführt, dass langfristige Lösungen nur dann gefunden werden könnten, wenn die Gründe für die Verlandung des Hafens beseitigt würden. Der Hafenpriel habe fast alle seitlichen Watteinzugsgebiete verloren und das Tidevolumen des Hafens reiche nicht aus, um durch eine natürliche Räumwirkung den Hafenpriel freizuhalten. Am landseitigen Ende des Hafenprieles würden die Strömungsgeschwindigkeiten so klein, dass sich die Feststoffe bevorzugt auf dieser Strecke des Hafenprieles absetzen würden. Dadurch werde die Tidekurve auf dem Weg durch den Hafenpriel in der Art verformt, dass sich bei einem um rund 0,9 m angehobenen Niedrigwasser ein sehr steiler Flutast ausbilde, der bis zu einer sogenannten Bore aufgesteilt werden könne. Bei dem dadurch bedingten kurzeitigen aber starken Flutstrom würden die Feststoffe dann hafenwärts verfrachtet; eine durch die Verengung im Schleusenquerschnitt bewirkte örtliche Beschleunigung sauge dann die Feststoffe geradezu in den Hafen hinein, indem sie wegen der zwar langdauernden aber viel zu kleinen Ebbströmung abgelagert würden. Wegen dieser Zusammenhänge könnten Unterhaltungsbaggerungen im Hafen wie im Vorhafen, die immer weiter an Umfang zunähmen, keine dauernde Lösung zur Offenhaltung des Hafens sein. Die von ihm vorgeschlagene Errichtung eines Spülpolders sei wirtschaftlicher als bisher vorgeschlagene bauliche Maßnahmen, enthielte allerdings das Risiko, dass für eine Ausführung keine Erfahrungen vorliegen könnten, weshalb eine besonders sorgfältige theoretische Prüfung erforderlich sei.

97

Wenn die Landesregierung durch Kabinettsbeschluss im April 1976 sich seinerzeit sowohl gegen eine ebenfalls diskutierte Entwidmung des Hafens als auch gegen die Durchführung kostenintensiver, unerprobter und von daher risikobehafteter baulicher Maßnahmen und für die Freihaltung des Hafens durch laufende Ausbaggerungsarbeiten entschloss, so handelt es sich hierbei um eine politische Entscheidung, die keine rechtliche Bindungswirkung für die Zukunft entfalten konnte und für sich genommen die Rechtmäßigkeit der nunmehr erfolgten Einziehung nicht in Frage stellt.

98

Zum Vorwurf unterlassener Unterhaltungsarbeiten in der Vergangenheit und unzureichender Überprüfung baulicher Alternativen zur Reduzierung der Versandung des Hafens hat das Verwaltungsgericht im Parallelverfahren (3 A 165/14) folgendes ausgeführt:

99

„Auch die in der Klagebegründung hervorgehobene Übersicht über die Entwicklung der Aushubmengen in den Jahren 2000 bis 2010 (Anlage K5) belegt nicht den Vorwurf pflichtwidrigen Handelns. Zwar trifft es zu, dass das Volumen des jährlichen Baggeraushubs seit dem Jahre 2006 deutlich gesunken ist (von ca. 147.000 cbm in 2006 auf ca. 100.000 cbm in 2013), hieraus lässt sich jedoch keine Verantwortung des Landes für die reduzierte Nutzung des Hafens ableiten. Dagegen spricht bereits der Umstand, dass der stärkste Nutzungsrückgang in den Jahren 2000 - 2007 zu verzeichnen war, als der jährliche Baggeraushub noch bei 120.000 - 147.000 cbm lag. Außerdem besteht kein Anlass, die Anstrengungen des Landes in den Jahren 2007 bis 2013 gering zu schätzen, denn auch in diesen Jahren sind immerhin Aushubmengen von mindestens 100.000 cbm bewältigt worden. Das Land hat damit in diesem Zeitraum die Anstrengungen gegenüber dem Jahr 1954 (20.000 cbm) immerhin verfünffacht. Größere Anstrengungen sind aufgrund nachvollziehbarer Erwägungen unterblieben. Hierzu ist dargelegt worden, die Gewährleistung einer Fahrwassertiefe von 2,5 m würde wahrscheinlich auch Baggerarbeiten im Hafenpriel und im vorgelagerten Watt erfordern, was zur Erhöhung der Baggerkosten auf rd. 950.000,- € p.a. führen würde (Vermerk vom 19.12.2013, Beiakte G). Dass man dies auch mit Blick auf die Situation im Wattwasserfahrbereich vor dem Hafenpriel nicht für angemessen erachtete, ist somit mit vertretbaren Überlegungen begründet worden.

100

Entsprechendes gilt angesichts der Erläuterungen von Beklagtenseite zu den Vorwürfen bezüglich des Umgangs mit einem „Schachtpriel“, zumal dem Beitrag dieses Schachtpriels zur Problemlösung in den Untersuchungen des LKN und auch dem Gutachten von Prof. M... keine wesentliche Bedeutung beigemessen wurde.

101

Auch der Argumentation bezüglich der Schlüsse, die aus einer ungünstigen Gestaltung des Sperrwerks (niedriger Drempel) zu ziehen sind, folgt die Kammer nicht. Die Beklagtenvertreter haben in der mündlichen Verhandlung zwar bestätigt, dass auch sie in der Absenkung des Drempels in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts ein Problem sehen, weil dies die Gewährleistung einer besonders niedrigen Sohle am Sperrwerk erfordert; möglicherweise habe man damit damals die Zugänglichkeit für Schiffe mit größerem Tiefgang gewährleisten wollen. Den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs bzw. der Willkür rechtfertigt dieser Aspekt nicht. Zu den Umständen, die ein Hafenträger zu bewältigen hat, gehört auch der Umgang mit nicht optimal gestalteten Bauwerken; dazu gehört auch die Entscheidung, ob etwaige Nachteile dauerhaft hingenommen werden, oder eine bauliche Veränderung vorgenommen wird. Im Übrigen sind die Versandungsprobleme nicht erst nach dem Umbau des Sperrwerks in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts aufgetreten, sondern waren bereits 1973/1974 vom Marschenbauamt Heide, von der WSD Nord und vom Landesamt für Wasserhaushalt und Küsten problematisiert worden. Die Kammer sieht auch in diesem Zusammenhang keine Anhaltspunkte für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Landes.

102

Soweit die Kläger darauf hinweisen, im Planfeststellungsverfahren zur Fahrrinnenanpassung der Unter- und Außenelbe sei vom Beklagten angemahnt worden, dass die Verbringung des Elbschlicks in die Elbmündung zu einer Versandung des Hafens Friedrichskoog führen werde, ist nicht ersichtlich, warum diese Problematik rechtlich relevant sein sollte. Selbst wenn es im Zusammenhang mit dem planfestgestellten Vorhaben zu einer weiteren Verstärkung der Versandungsproblematik in Friedrichskoog gekommen sein sollte, ist zu bedenken, dass dies auf einem Planfeststellungsbeschluss beruht und damit Folge einer rechtmäßigen Maßnahme wäre. Dies kann daher nicht dem Land Schleswig-Holstein als Fehlverhalten zugerechnet werden.

103

Nicht überzeugend ist auch die Auffassung der Kläger, das Land Schleswig-Holstein habe die Möglichkeiten zu Kosteneinsparungen nicht genutzt, die sich in baulicher Hinsicht (Maßnahmen im Vorlandbereich) ergeben hätten. Den vorliegenden Akten ist vielmehr zu entnehmen, dass die in Betracht kommenden Alternativen zur Baggerungslösung und alle Optimierungsvorschläge mehrfach von den Fachbehörden unter Hinzuziehung von Wissenschaftlern gründlich geprüft, und - in nachvollziehbarer Weise - als zu kostspielig und nicht nachhaltig zielführend bewertet wurden.

104

Dass das Land z. B. den Vorschlag von Prof. F... zur Errichtung eines Spülpolders nicht aufgriff, ist nachvollziehbar, da der Sachverständige selbst von einer „unkonventionellen“ Baumaßnahme gesprochen hat, die mit Risiken behaftet sei. Die Befürchtung, dass ein solcher Spülpolder keine nachhaltige Lösung ist, ist nachvollziehbar, zumal dies die Fachbehörden schon 1974 -gestützt auf Erfahrungen mit entsprechenden Versuchen- eingewendet haben. Die Erfahrungen mit Sedimentationsbecken, die 1990 im Zusammenhang mit Deichbaumaßnahmen im Dieksander Koog gemacht wurden (vgl. Drucksache 17/613), bestätigten diese Einschätzung. Auch wenn die Bundesanstalt für Wasserbau im Jahr 2014 eine positivere Prognose gestellt haben mag, wie die Kläger berichten, ist die ablehnende Haltung des Beklagten hierzu angesichts der eigenen Erfahrungen jedenfalls nachvollziehbar.

105

Entsprechendes gilt auch für die vom LKN am 10.12.2009 geprüfte Variante 6 (Anschluss des Grüppensystems im Vorlandbereich als Spülpolder), auf die mit der Klagebegründung besonders hingewiesen wird. Der LKN hat hierzu zwar ausgeführt, bei vergleichsweise geringen Investitionskosten von 270.000 € sei ein vergleichsweise günstiger Effekt in Form einer Reduktion der Baggermengen von rund 35 % zu erwarten. Insgesamt gelangt der Bericht jedoch zu dem Ergebnis, keine der betrachteten Varianten lasse eine signifikante Entlastung der hohen Bagger- und Hafenbetriebskosten gegenüber den geringen Einnahmen aus den Hafengebühren bei langfristiger Aufrechterhaltung der Schifffahrt bzw. Anpassung an die Schifffahrt erwarten.

106

Auch das Gutachten von Prof. M... von der CAU Kiel aus Februar 2010 (Beiakte T) ergab keine bessere Perspektive. In der Stellungnahme heißt es, Baumaßnahmen zur Lösung des Problems wären mit hoher Wahrscheinlichkeit mit Folgeproblemen und Folgekosten verbunden, und sollten daher mit Vorsicht betrachtet werden. Eine Optimierung der baggertechnischen Vertiefung könne zur Reduzierung der Baggervolumina führen, allerdings auf Kosten einer erhöhten Baggerfrequenz.

107

In einer aktuellen Untersuchung mit Variantenerörterung vom 10.03.2014 ist das LKN erneut zu dem Ergebnis gelangt, dass der Ersatz des Sperrwerks durch ein Schöpfwerk einschließlich der Seewasserversorgung der Seehundstation die günstigste Variante sei; die entscheidenden Argumente ergäben sich aus dem zu erwartenden Anstieg der Wasserstände, wonach die Entwässerung des Binnenlandes in 10 -15 Jahren nicht mehr möglich sein werde.

108

Die Kammer teilt auch nicht die Zweifel der Klägerin zu 2) an den Angaben des Beklagten zu anstehenden Sanierungsmaßnahmen am Sperrwerk. Hierzu ist in der mündlichen Verhandlung vom Leiter des LKN erläutert worden, dass ein entsprechender Sanierungsbedarf von den Fachleuten des Amtes festgestellt worden sei; eine Untersuchung im Rahmen einer Trockenlegung im Jahre 2013 habe diesen Befund bestätigt. Zur Gewährleistung des sicheren Betriebs des Sperrwerkes müssten die festgestellten Schäden und Undichtigkeiten behoben werden. Da die Kläger für ihre Vermutung, dass ein Sanierungsbedarf nur vorgeschoben werde, keine konkreten Anhaltspunkte benannt haben, sieht die Kammer keinen Anlass, die Richtigkeit der Erläuterungen des Leiters des LKN zu bezweifeln.“

109

Diesen Ausführungen folgt der Senat und nimmt auf sie zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug. Lediglich ergänzend sei ausgeführt, dass sich der Beklagte auch nach Vorlage des Gutachtens M... vor der Einziehungsverfügung noch mit den verschiedenen Varianten zur Reduzierung der Versandung auseinandergesetzt hat. Dies zeigt der Vermerk des LKN SH vom 10. März 2014. Dort heißt es - zusammenfassend - die Auswertung der flächenhaften Vermessungen der Friedrichskoog vorgelagerten Watten des Elbmündungstrichters zeigten, dass die Watten und Vorländer im Elbeästuar stark angewachsen seien. Damit würden sich auch die mit jeder Tide ein- und ausströmenden Wassermengen reduzieren. Dies wiederum führe zu einer Verkleinerung der Querschnitte der Priele und damit zu erschwerten Bedingen für die ein- und auslaufenden Kutter. Sollten die Tidenniedrigwasserstände auch weiterhin um mehr als 2 cm pro Jahr steigen, so werde die Entwässerung aufgrund der Höhenlage des Einzugsgebietes zunehmend problematisch werden. Bei anhaltendem Trend werde die Entwässerung des Binnenlandes in 10 bis 15 Jahren nicht mehr möglich sein. Auch nach Aussage der Bundesanstalt für Wasserwirtschaft sei der Bau eines Schöpfwerkes in den nächsten Jahren unumgänglich. Die erwogene Maßnahme der Herstellung eines Spülpolders könne auch nach Aussage der Bundesanstalt für Wasserwirtschaft nur dann eine nachhaltige Wirkung erzielen, wenn der Spülpolder bei jeder Tide vollständig gefüllt werde. Dies bedeute, dass mit jeder Füllung Sediment eingetragen werde und sich im Spülpolder ablagere. Damit sei eine regelmäßige Unterhaltung des Spülpolders unumgänglich. Die von der Bundesanstalt für Wasserwirtschaft geschätzte Erfolgswahrscheinlichkeit von 80 % für diese bauliche Variante sei aus Sicht des LKN SH zu bezweifeln.

110

Unabhängig von den damit verbundenen Kosten gab es jedenfalls keine „Erfolgsgarantie“ dieser (oder einer anderen) baulichen Variante. Insgesamt teilt der Senat die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass der Beklagte rechtsfehlerfrei zu der Entscheidung kommen durfte, den Hafen wegen der geringen Verkehrsbedeutung und der auch künftig zu befürchtenden hohen Unterhaltungskosten einzuziehen.

111

Weder der in der Einziehungsverfügung darüber hinaus geregelte Widerrufsvorbehalt noch die Regelungen zu Ziffer 3 und 4 der Verfügung verletzen Rechte der Klägerin. Ob durch Ziffer 3 und Ziffer 4 der Einziehungsverfügung über eine deklaratorische Aussage hinaus überhaupt etwas geregelt wird, kann deshalb unerörtert bleiben.

112

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

113

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

114

Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe hierfür (§ 132 Abs. 2 VwGO) nicht gegeben sind.


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten im Urteil sind jederzeit vom Gericht zu berichtigen.

(2) Über die Berichtigung kann ohne vorgängige mündliche Verhandlung entschieden werden. Der Berichtigungsbeschluß wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Ist das Urteil elektronisch abgefasst, ist auch der Beschluss elektronisch abzufassen und mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

Gründe

I.

1

Mit Urteil vom 08.08.2003 wies das Verwaltungsgericht die am 12.09.2002 erhobene Klage gegen einen Bescheid des Beklagten ab, mit dem dieser den Beigeladenen von der Trinkwasserversorgungspflicht einer „Bungalowsiedlung“ befreite. Auf den von den Klägern am 15.09.2003 gestellten Antrag ließ der 1. Senat des Oberverwaltungsgerichts die Berufung gegen dieses Urteil zu. Mit Urteil vom 04.03.2005 (1 L 279/03) stellte er das Verfahren hinsichtlich des Klägers zu 1 (damals im Rubrum als Kläger zu 10 aufgeführt) ein und wies die Berufung der übrigen Kläger zurück. Mit Beschluss vom 28.07.2005 (BVerwG 8 B 51.05) hob das Bundesverwaltungsgericht das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurück. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens sollte der Endentscheidung vorbehalten bleiben. Mit Urteil vom 16.08.2007 (2 L 1/06) änderte der beschließende Senat das Urteil des Verwaltungsgerichts ab und hob den Bescheid des Beklagten auf. Die Kosten des Verfahrens wurden dem Beklagten und dem Beigeladenen je zur Hälfte auferlegt. Das Urteil wurde wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar und die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig erklärt. Gegen die Nichtzulassung der Revision legten sowohl der Beklagte als auch der Beigeladene am 04.10.2007 Beschwerde ein. Nachdem der Beklagte seine Beschwerde am 02.11.2007 zurückgenommen hatte, trennte das Bundesverwaltungsgericht das Beschwerdeverfahren des Beigeladenen mit Beschluss vom 10.01.2008 ab. Ferner stellte es in diesem Beschluss das Beschwerdeverfahren des Beklagten (BVerwG 8 B 111.07) ein und erlegte ihm die Kosten des eingestellten Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen auf. Mit Beschluss vom 03.07.2008 wies es die Beschwerde des Beigeladenen zurück und erlegte ihm die Kosten seines Beschwerdeverfahrens (8 B 8.08) auf.

2

Bereits am 24.08.2007 beantragten die Kläger beim Verwaltungsgericht die Festsetzung der Kosten für das Vorverfahren in Höhe von 3.155,20 €, für das erstinstanzliche Verfahren in Höhe von 5.726,10 €, für das zweitinstanzliche Verfahren in Höhe von 9.243,34 € und für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren BVerwG 8 B 51.05 in Höhe von 5.034,40 €.

3

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 10.12.2007, dem Beklagten zugestellt am 08.01.2008, setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts die vom Beklagten an die Kläger zu erstattenden Kosten auf 6.957,85 € fest. In der Begründung hieß es, dem Kostenfestsetzungsantrag sei gemäß Kostenteilung zu ½ in vollem Umfang zu entsprechen. Die Zusammensetzung ergebe sich wie folgt:

4
erste Instanz  3.155,20 €
zweite Instanz  5.726,10 €
Nichtzulassungsbeschwerde  5.034,40 €
Summe: 13.915,70 €
davon je ½ Beklagter  6.957,85 €
Beigeladener  6.957,85 €
5

Mit Beschluss vom 22.01.2008 berichtigte der Urkundsbeamte seinen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 10.12.2007 in der Begründung. Die Zusammensetzung der Kosten ergebe sich (nunmehr) wie folgt:

6
Vorverfahren  3.155,20 €
erste Instanz  5.726,10 €
Nichtzulassungsbeschwerde  5.034,40 €
Summe: 13.915,70 €
davon je ½ Beklagter  6.957,85 €
Beigeladener  6.957,85 €
7

Zur Begründung führte der Urkundsbeamte aus, bei der Bezeichnung der Kosten sei ein offensichtlicher Fehler aufgetreten, da die Kosten teilweise den falschen Instanzen zugeordnet worden seien. Der Berichtigungsbeschluss wurde dem Beklagten (erst) am 15.04.2008 zugestellt.

8

Mit weiterem Beschluss vom 22.01.2008 setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die vom Beklagten an die Kläger für die zweite Instanz zu erstattenden Kosten auf 4.621,67 € fest. Die Zusammensetzung der Kosten ergebe sich wie folgt:

9
zweite Instanz  9.243,34 €
Summe:  9.243,34 €
davon je ½ Beklagter  4.621,67 €
Beigeladener  4.621,67 €
10

Dieser Beschluss wurde dem Beklagten am 13.02.2008 zugestellt.

11

Gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 22.01.2008 hat der Beklagte am 27.02.2008 und gegen den Berichtigungsbeschluss vom 22.01.2008 am 29.04.2008 jeweils ohne Begründung Erinnerung eingelegt.

12

Auf den Antrag der Kläger vom 25.01.2008 setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 08.08.2008 die vom Beklagten an die Kläger zu 2 bis 19 zu erstattenden Kosten für das eingestellte Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren (BVerwG 8 B 111.07) auf 5.164,00 € fest. Gegen den am 26.08.2008 zugestellten Beschluss hat der Beklagte am 09.09.2008 – wiederum ohne Begründung – Erinnerung eingelegt.

13

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 24.07.2009 hat das Verwaltungsgericht die Erinnerungen zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 10.12.2007 gerichtete Erinnerung sei bereits unzulässig, weil die Entscheidung des Gerichts nicht fristgerecht beantragt worden sei. Der Berichtigungsbeschluss vom 22.01.2008 habe keinen Einfluss auf den Lauf der Rechtsmittelfrist gehabt und das Erinnerungsverfahren nicht neu eröffnet. Die Erinnerungen gegen die beiden anderen Kostenfestsetzungsbeschlüsse blieben ebenfalls ohne Erfolg. Weder habe sie der Beklagte begründet noch habe er angegeben, in welchem Umfang er die jeweilige Kostenfestsetzung anfechten wolle. Im Übrigen bestünden auch keine Bedenken an den Kostenansätzen.

II.

14

Die zulässige Beschwerde des Beklagten hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Erinnerungen zu Unrecht zurückgewiesen.

15

A. Die Erinnerungen sind zulässig.

16

1. Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagte sie trotz mehrfacher Aufforderung durch das Verwaltungsgericht nicht begründet, den Umfang der Anfechtung dem Betrag nach nicht beziffert und auch nicht angegeben hat, in welchem Punkt, insbesondere hinsichtlich welchen Kostenansatzes er die Kostenfestsetzungsbeschlüsse angreift. Es bedarf keiner Vertiefung, ob ungeachtet der Tatsache, dass die §§ 165, 151 i. V. m. § 147 VwGO keine Pflicht zur Begründung oder Antragstellung enthalten, an den Inhalt der Erinnerung Mindestanforderungen zu stellen sind, insbesondere ein konkretes Rechtsschutzbegehren des Erinnerungsführers erkennbar sein muss (so BFH, Beschl. v. 09.06.1989 – X E 6/89 –, BFHE 156, 401; Beschl. v. 25.04.2007 – I E 3, 4/06 – , BFH/NV 2007, 1347), oder ob – wie der Beklagte meint – bei fehlendem Anfechtungsantrag und fehlender Begründung davon auszugehen ist, dass der Erinnerungsführer eine Prüfung des Kostenfestsetzungsbeschlusses insgesamt begehrt. Sofern man die konkrete Bezeichnung des Umfangs der Anfechtung des Kostenfestsetzungsbeschlusses als Sachentscheidungsvoraussetzung ansieht, hat der Beklagte dem nunmehr im Beschwerdeverfahren genügt. Er hat in der Beschwerdebegründung sein Begehren präzisiert und im Einzelnen begründet. Soweit die formgerechte Einlegung eines Rechtsbehelfs bestimmte Mindestanforderungen verlangt, handelt es sich regelmäßig um nachholbare Sachentscheidungsvoraussetzungen (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.10.1985 – 3 C 16.85 –, Buchholz 427.3 § 229 LAG Nr. 51, zu § 82 VwGO), die im Regelfall am Schluss der letzten mündlichen Verhandlung oder bei einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen müssen (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.03.1998 – 4 C 14.96 –, BVerwGE 106, 295 [299], m. w. Nachw.). Anderes gilt nur, wenn das Gesetz – anders als hier – bestimmte Fristen für die Antragstellung oder Begründung vorsieht, wie etwa für die Beschwerde in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 146 Abs. 4 VwGO.

17

2. Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 10.12.2007 in der Gestalt des Berichtigungsbeschlusses vom 22.01.2008 ist entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts nicht verfristet.

18

2.1. Das Verwaltungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass Gegenstand des Antrags des Beklagten auf gerichtliche Entscheidung (Erinnerung) vom 29.04.2008 der „Kostenfestsetzungsbescheid vom 10.12.2007 in der Gestalt des Berichtigungsbeschlusses vom 22.01.2008“ ist. Der Beklagte beanstandet zu Unrecht, dass die Voraussetzungen für eine Berichtigung des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 10.12.2007 nicht vorgelegen hätten, der Urkundsbeamte der Sache nach vielmehr einen neuen Kostenfestsetzungsbeschluss erlassen habe.

19

Gemäß § 122 i. V. m. § 118 Abs. 1 VwGO sind Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten in einem Beschluss jederzeit vom Gericht zu berichtigen. Auch der Urkundsbeamte, der gemäß § 164 VwGO auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Kosten durch Beschluss festsetzt, kann offenbare Fehler nach diesen Vorschriften selbst berichtigen (vgl. Olbertz in: Schoch/AN.-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 164 RdNr. 23, m. w. Nachw.). Eine Unrichtigkeit im Sinne des § 118 Abs. 1 VwGO liegt vor, wenn in der Formulierung der Entscheidung etwas anderes ausgesagt wurde als das Gericht (bzw. der Urkundsbeamte) gewollt hat, oder etwas nicht ausgesagt wurde, was das Gericht gewollt hat (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 118 RdNr. 6, m. w. Nachw.). Offensichtlich ist die Unrichtigkeit dann, wenn sie sich unschwer aus der Entscheidung selbst, insbesondere auch aus anderen Teilen der Entscheidung, aus den Umständen des vorausgegangenen Verfahrens, den Umständen der Verkündung oder unzweifelhaft aus dem Inhalt der Akten und aus jederzeit erreichbaren Urkunden erkennbar ist (vgl. Kopp/Schenke, a. a. O., § 118 RdNr. 7, m. w. Nachw.). Entscheidend ist, dass den Beteiligten aus einer solchen Konstellation heraus die Unrichtigkeit ohne weiteres auffällt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 23.10.1985 – 7 B 193.85 –, NVwZ 1986, 198; Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl., § 118 RdNr.6, m. w. Nachw.).

20

Nach diesen Maßstäben wies der Kostenfestsetzungsbeschluss eine offenbare Unrichtigkeit im Sinne des § 118 Abs. 1 VwGO auf. Dies ergab sich zwar nicht allein aus der Entscheidung selbst, wohl aber bei Berücksichtigung der Kostenfestsetzungsanträge vom 22.08.2007, die dem Beklagten am 01.11.2007 zur Kenntnisnahme und eventuellen Stellungnahme innerhalb von 2 Wochen nach Erhalt zugestellt wurden. Darin waren die Kosten, deren Festsetzung beantragt wurde, für das Vorverfahren und die drei gerichtlichen Instanzen im Einzelnen dargestellt. In der Begründung des Kostenfestsetzungsbeschlusses wurde einerseits ausgeführt, dass dem Kostenfestsetzungsantrag in vollem Umfang zu entsprechen sei, andererseits entsprach die dann folgende Zusammenstellung der Kosten nicht der beantragten Kostenfestsetzung. Dieser Widerspruch war für alle Verfahrensbeteiligten bei einem Abgleich mit den ihnen bekannten Kostenfestsetzungsanträgen ohne weiteres erkennbar.

21

Der Annahme einer offenbaren Unrichtigkeit steht auch nicht entgegen, dass sich – wie der Beklagte einwendet – gravierende Veränderungen bei der Kostenfestsetzung, insbesondere hinsichtlich der Kosten des Vorverfahrens ergaben. Selbst wenn eine Urteilsformel in ihr Gegenteil verkehrt wird oder ein noch nicht beschwerter Beteiligter erstmals beschwert wird, ist eine Berichtigung möglich (vgl. Sodan/Ziekow, a. a. O., RdNr. BFH, Beschl. v. 22.03.1996 – I R 130/94 –, BFH/NV 1996, 760). Die erstmalige (höhere) Beschwer ist lediglich für die Frage von Bedeutung, ob die Rechtsmittelfrist gegen die berichtigte Entscheidung für den beschwerten Verfahrensbeteiligten mit der Zustellung des Berichtigungsbeschlusses neu zu laufen beginnt (vgl. BGH, Beschl. v. 12.02.2004 – V ZR 125/03 –, NJW-RR 2004, 712).

22

Ausgehend von dieser rechtlichen Würdigung ist die Erinnerung des Beklagten „gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 22.01.2008 (Änderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 10.12.2007)“ als Erinnerung gegen den berichtigten Kostenfestsetzungsbeschluss auszulegen.

23

2.2. Der Beklagte hat die Erinnerung gegen den berichtigten Kostenfestsetzungsbeschluss auch fristgerecht eingelegt. Maßgeblich für den Beginn der Zweiwochenfrist des § 151 VwGO ist nicht die (erstmalige) Zustellung des Beschlusses vom 10.12.2007 am 08.01.2008, sondern die Zustellung des berichtigten Beschlusses, die erst am 15.04.2008 erfolgte.

24

Zwar hat ein Berichtigungsverfahren auf den Ablauf einer Rechtsmittelfrist grundsätzlich keinen Einfluss. Die Berichtigung eröffnet eine neue Rechtsmittelfrist gegen die berichtigte Entscheidung aber ausnahmsweise dann, wenn die zunächst zugestellte Entscheidung insgesamt – also einschließlich der Entscheidungsgründe – nicht klar genug war, um die Grundlage für die Entschließungen und das weitere Handeln der Parteien sowie für die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts zu bilden und erst die berichtigte Fassung der Entscheidung die Partei in die Lage versetzt, sachgerecht über die Frage der Einlegung des Rechtsmittels und dessen Begründung zu entscheiden (vgl. BGH, Beschl. v. 06.05.2009 – XII ZB 81/08 –, NJW-RR 2009, 1480, m. w. Nachw.; BVerwG, Beschl. v. 06.05.2010 – 6 B 48.09 – Juris). Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn erst die berichtigte Fassung die Beschwer der Partei hinreichend erkennen lässt (vgl. BGH, Beschl. v. 12.12.2006 – VI ZB 46/06 –, JurBüro 2007, 280 [nur Leitsatz]; Beschl. v. 09.11.1994 – XII ZR 184/93 –, NJW 1995, 1033). Gerade das Ausmaß der Beschwer kann für den Entschluss, ein Rechtsmittel einzulegen, bestimmend sein (Zöller, ZPO, 27. Aufl., § 319 RdNr. 25a).

25

Ein solcher Ausnahmefall liegt hier vor. Erst aufgrund des berichtigten Beschlusses war für den Beklagten mit hinreichender Deutlichkeit erkennbar, dass er den Klägern die Kosten für das Vorverfahren zu erstatten hat und dass die Kosten für das Verfahren erster Instanz höher sind als ursprünglich angegeben. Ferner wurde für ihn erst in Verbindung mit dem weiteren Kostenfestsetzungsbeschluss vom 22.01.2008 deutlich, dass auch die Kosten für das Verfahren zweiter Instanz höher sind als ursprünglich festgesetzt. Wie sich die zu erstattenden Kosten auf das Vorverfahren und die gerichtlichen Instanzen verteilen, ergab sich nicht aus dem Tenor des Beschlusses vom 10.12.2007 sondern nur aus dessen Begründung. Die Begründung war daher für den Beklagten als kostenpflichtige Partei von wesentlicher Bedeutung für die Frage, ob er Rechtsmittel gegen die Kostenfestsetzung einlegen soll. Dem Beklagten kann auch nicht vorgehalten werden, dass der Urkundsbeamte nach dieser Begründung den – dem Beklagten bekannten – Kostenfestsetzungsanträgen der Kläger vom 24.08.2007 „in vollem Umfang“ entsprechen wollte. Da er eine davon abweichende Zuordnung der Kostenerstattungsbeträge zu den einzelnen Instanzen vornahm, war die Begründung in sich widersprüchlich und konnte den Beklagten gerade nicht in die Lage versetzen, eine sachgerechte Entscheidung über die Einlegung eines Rechtsmittels zu treffen. Einer Partei kann regelmäßig auch nicht zugemutet werden, eine Berichtigung einer gerichtlichen Entscheidung zu ihren Ungunsten zu betreiben; die Anfechtung schon vor einer Berichtigung trägt die Gefahr der Verwerfung des Rechtsmittels mangels Beschwer in sich (vgl. BGH, Urt. v. 09.11.1994, a. a. O.).

26

Die Erinnerung ist auch zulässig, soweit sie sich auf das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren BVerwG 8 B 51.05 bezieht, auch wenn die Zuordnung der Kosten für dieses Verfahren in der Beschlussbegründung nicht von der Berichtigung betroffen war. Da aber im Kostenfestsetzungsbeschluss eine Festsetzung der gesamten Kosten für mehrere Instanzen erfolgte, kann auch die Zulässigkeit eines dagegen eingelegten Rechtsbehelfs nur einheitlich festgestellt werden.

27

B. Die Erinnerungen sind auch begründet.

28

1. Der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 10.12.2007 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 22.01.2008 hält einer rechtlichen Prüfung in mehrfacher Hinsicht nicht stand.

29

1.1. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat zunächst die vom Beklagten zu erstattenden Kosten für das Vorverfahren zu hoch angesetzt.

30

Der durch die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig erstattungsfähig erklärte Aufwand wird von der Geschäftsgebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 der bis zum 30.06.2004 geltenden und damit hier noch maßgeblichen Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGO) erfasst und abgegolten (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 14.12.2007 – 3 O 152/06 –, Juris). Danach erhält der Rechtsanwalt in anderen als den im Dritten bis Elften Abschnitt geregelten Angelegenheiten fünf Zehntel bis zehn Zehntel der vollen Gebühr für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information, des Einreichens, Fertigens oder Unterzeichnens von Schriftsätzen oder Schreiben und des Entwerfens von Urkunden (Geschäftsgebühr).

31

Im konkreten Fall ist der mittlere Gebührensatz von 7,5/10 maßgebend. Damit ist die Tätigkeit des Rechtsanwalts immer dann abgemessen bewertet, wenn sie sich – wie hier – unter den in § 12 Abs. 1 Satz 1 BRAGO genannten Gesichtspunkten nicht nach oben oder unten vom Durchschnitt abhebt. Liegt danach ein Normalfall vor, ist allein die Bestimmung der Mittelgebühr billig, die Bestimmung einer höheren Gebühr hingegen unbillig und darum für den erstattungspflichtigen Dritten gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 BRAGO nicht verbindlich (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.08.2005 – 6 C 13.04 –, Buchholz 363 § 14 RVG Nr. 1, m. w. Nachw.).

32

Der Beklagte beanstandet zu Recht, dass dem Prozessbevollmächtigten der Kläger die geltend gemachte erhöhte 22,5/10 Geschäftsgebühr wegen der Vertretung von 19 Auftraggebern nicht zusteht. Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 BRAGO erhält der Rechtsanwalt, der in derselben Angelegenheit für mehrere Auftraggeber tätig wird, die Gebühren nur einmal. Ist der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit derselbe, so erhöht sich nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO die Geschäftsgebühr durch jeden weiteren Auftraggeber um drei Zehntel; die Erhöhung wird nach dem Betrag berechnet, an dem die Auftraggeber gemeinschaftlich beteiligt sind; mehrere Erhöhungen dürfen den Betrag von zwei vollen Gebühren nicht übersteigen. Der Prozessbevollmächtigte der Kläger mag hier zwar „in derselben Angelegenheit“ tätig geworden sein. Insoweit genügt eine „gemeinschaftliche Beteiligung" am strittigen Anspruch (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.04.2000 – 6 C 3.99 –, NJW 2000, 2288). Die anwaltliche Tätigkeit bezog sich aber nicht auf denselben Gegenstand. Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit ist jeweils das Recht oder das Rechtsverhältnis, auf das sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts bezieht; eine Angelegenheit kann auch mehrere Gegenstände umfassen (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.05.2000 – 11 C 1.99 –, NJW 2000, 2289, m. w. Nachw.). Ist bei einem Verwaltungsakt jeder einzelne Auftraggeber nur in seinem persönlichen Recht betroffen, so handelt es sich um verschiedene Gegenstände (vgl. A.-Rabe in: Gerold/AN., RVG, 18. Aufl., VV 1008, RdNr. 138, m. w. Nachw.). Die Kläger haben jeder für sich – und nicht etwa als Rechtsgemeinschaft – Widerspruch erhoben. Gegenstand des (Anfechtungs-)Widerspruchs war die Frage, ob sie als Eigentümer bzw. Nutzer ihrer jeweiligen Wochenend- bzw. Wohngrundstücke einen Anspruch auf Aufhebung der dem Beigeladenen erteilten Befreiung von der Trinkwasserversorgungspflicht haben. Ein solcher Anspruch wurde der Sache nach von jedem einzelnen Kläger geltend gemacht, dem es darum ging, gerade für das von ihm genutzte Grundstück den Anschlusses an die öffentliche Trinkwasserversorgung aufrechtzuerhalten. Dem Mehraufwand des Rechtsanwalts wird in Fällen dieser Art allgemein durch die Zusammenrechnung der Streitwerte Rechnung getragen, wie sie auch hier erfolgt ist. Eine Erhöhung der Gebühr kommt daneben nicht in Betracht (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 01.11.2007 – 4 O 220/07 –, Juris, m. w. Nachw.).

33

Gemäß § 11 Abs. 1 BRAGO i. V. m. der Anlage hierzu beträgt bei dem hier festgesetzten Streitwert von 76.000,00 € die volle Gebühr 1.200,00 €. Allerdings rügt der Beklagte zu Recht, dass für das Vorverfahren noch die ermäßigte Gebühr zugrunde zu legen ist, wie sie für die neuen Bundesländer im Einigungsvertrag festgelegt war.

34

Nach Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 26 Buchstabe a) Satz 1 des Einigungsvertrags in der Fassung des Gesetzes vom 15.04.1996 (BGBl I 604) galt die BRAGO mit der Maßgabe, dass sich die Gebühren bei der Tätigkeit von Rechtsanwälten, die ihre Kanzlei in dem in Art. 3 des Vertrages genannten Gebiet eingerichtet haben, um 10 vom Hundert ermäßigen. Nach der Maßgabe in Satz 2 ermäßigen sich die Gebühren in gleicher Weise, wenn ein Rechtsanwalt vor Gerichten oder Behörden, die ihren Sitz in dem in Art. 1 Abs. 1 des Vertrages genannten Gebiet haben, im Auftrag eines Beteiligten tätig wird, der seinen Wohnsitz oder Sitz in dem in Art. 3 des Vertrages genannten Gebiet hat. Satz 1 dieser Regelung ist nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28.01.2003 (1 BvR 487/01 – BVerfGE 107, 133), das eine Übergangsfrist bis zum 31.12.2003 eingeräumt hatte, seit dem 01.01.2004 nicht mehr anwendbar. Für zurückliegende Zeiträume ist die Gebührenermäßigung aber weiter zu berücksichtigen (vgl. BVerfG, a. a. O.).

35

Für die Gebührenberechnung ist der Zeitpunkt der Auftragserteilung maßgeblich; (auch) nachfolgende Gesetzesänderungen verändern diese Gebühren nicht mehr. Gemäß §§ 60 Abs. 1 Satz 1 RVG, 134 Abs. 1 Satz 1 BRAGO wird die Vergütung im Falle von Gesetzesänderungen nach bisherigem Recht berechnet, wenn der Auftrag vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung erteilt worden ist; dies gilt gemäß § 134 Abs. 1 Satz 3 BRAGO nicht nur für Änderungen innerhalb der BRAGO, sondern auch von Vorschriften, auf die verwiesen wird. Da das Vorverfahren hier bereits im Jahr 2000 eingeleitet wurde und mit Erlass des Widerspruchsbescheids am 07.08.2002 endete, erhält der Rechtsanwalt der Kläger, der seine Kanzlei im Beitrittsgebiet hat, nur eine um 10 vom Hundert ermäßigte Gebühr.

36

Die zu erstattenden Kosten für das Vorverfahren berechnen sich mithin wie folgt:

37
7,5/10-Geschäftsgebühr (90 %) 810,00 €
Post- und Telekommunikationspauschale 20,00 €
Zwischensumme 830,00 €
16 % Mehrwertsteuer 132,80 €
Zusammen 962,80 €
davon ½ nach der Kostengrundentscheidung 481,40 €
38

1.2. Auch für das erstinstanzliche Verfahren sind die vom Beklagten zu erstattenden Kosten niedriger festzusetzen.

39

Gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BRAGO erhält der zum Prozessbevollmächtigten bestellte Rechtsanwalt jeweils eine volle Gebühr für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information (Prozessgebühr) sowie für die mündliche Verhandlung (Verhandlungsgebühr), die nach der Anlage zu § 11 BRAGO 1.200,00 € beträgt.

40

Der Beklagte beanstandet auch hier zu Recht, dass den Klägern die geltend gemachte erhöhte 30/10 Prozessgebühr wegen der Vertretung von 19 Auftraggebern nicht zusteht, weil sich die anwaltliche Tätigkeit nicht auf denselben Gegenstand bezog. Insoweit gelten die bereits oben gemachten Ausführungen entsprechend.

41

Da die Klage bereits am 12.09.2002 erhoben wurde, kommt auch hier die Ermäßigung um 10 vom Hundert nach Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 26 Buchstabe a) des Einigungsvertrags zum Tragen.

42

Unter Berücksichtigung der vom Beklagten nicht in Zweifel gezogenen Auslagen berechnen sich die zu erstattenden Kosten für das erstinstanzliche Verfahren deshalb wie folgt:

43
10/10-Prozessgebühr (90 %) 1.080,00 €
10/10-Verhandlungsgebühr (90 %) 1.080,00 €
Post- und Telekommunikationspauschale (§ 26 BRAGO)  20,00 €
Fotokopierkosten (§ 27 BRAGO)  35,20 €
Fahrtkosten (§ 28 BRAGO)  43,20 €
Tage- und Abwesenheitsgeld (§ 28 BRAGO)  31,00 €
Zwischensumme 2.289,40 €
16 % Mehrwertsteuer  366,30 €
Verauslagte Kosten für Akteneinsicht  8,00 €
Zusammen 2.663,70 €
davon ½ nach der Kostengrundentscheidung 1.331,85 €

44

1.3. Für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde (8 B 51.05), die am 21.04.2005 und damit nach Inkrafttreten des RVG am 01.07.2004 erhoben wurde gilt Folgendes:

45

Nach Nr. 3506 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG erhält der Rechtsanwalt eine Verfahrensgebühr für das Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision von 1,6. Auch insoweit findet wiederum keine Erhöhung wegen der Tätigkeit für mehrere Auftraggeber in derselben Angelegenheit nach Nr. 1008 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG (VV-RVG) statt. Auch diese Regelung enthält die Einschränkung, dass die Erhöhung bei Wertgebühren nur gilt, soweit der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit derselbe ist. Dies ist aus den bereits dargelegten Gründen nicht der Fall. Gemäß § 13 Abs. 1 RVG i. V. m. der Anlage 2 beträgt die Gebühr bei einem Streitwert von 76.000,00 € (weiterhin) 1.200,00 €. Daraus ergibt sich folgender Erstattungsbetrag:

46
1,6 Verfahrensgebühr 1.920,00 €
Post- und Telekommunikationspauschale (§ 26 BRAGO)  20,00 €
Zwischensumme 1.940,00 €
16 % Mehrwertsteuer  310,40 €
Zusammen 2.250,40 €
davon ½ nach der Kostengrundentscheidung 1.125,20 €

47

2. Der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 22.01.2008 betreffend die Kostenerstattung für das Berufungsverfahren bedarf ebenfalls der Korrektur.

48

2.1. Für die anwaltliche Tätigkeit im Verfahren der zweiten Instanz vor der Zurückverweisung aufgrund Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.07.2005 sind zunächst Gebühren nach der BRAGO angefallen, da der Antrag auf Zulassung der Berufung am 15.09.2003 und damit vor Inkrafttreten des RVG gestellt wurde. Auch in diesem Rechtszug sind eine Prozessgebühr sowie eine Verhandlungsgebühr gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BRAGO anzusetzen, die nach der Anlage zu § 11 BRAGO jeweils 1.200,00 € betragen und sich gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 im Berufungsverfahren um drei Zehntel erhöhen. Eine Erhöhung wegen der Vertretung mehrerer Auftraggeber findet aus den bereits dargelegten Gründen nicht statt. Auch insoweit ist noch die Ermäßigung um 10 vom Hundert nach Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 26 Buchstabe a) des Einigungsvertrags zu berücksichtigen.

49

Damit ergibt sich für das Berufungs(-zulassungs-)verfahren vor Zurückverweisung folgende Kostenerstattung:

50
13/10-Prozessgebühr (90 %) 1.404,00 €
13/10-Verhandlungsgebühr (90 %) 1.404,00 €
Post- und Telekommunikationspauschale (§ 26 BRAGO)  20,00 €
Fahrtkosten (§ 28 BRAGO)  43,20 €
Tage- und Abwesenheitsgeld (§ 28 BRAGO)  31,00 €
Zwischensumme 2.902,20 €
16 % Mehrwertsteuer  464,35 €
zusammen 3.366,55 €

51

2.2. Für die anwaltliche Tätigkeit nach Zurückverweisung sind auch Gebühren nach dem RVG angefallen. Gemäß § 21 Abs. 1 RVG ist, soweit eine Sache an ein untergeordnetes Gericht zurückverwiesen wird, das weitere Verfahren vor diesem Gericht ein neuer Rechtszug. Nach § 15 Abs. 2 Satz 2 RVG kann der Rechtsanwalt in gerichtlichen Verfahren die Gebühren in jedem Rechtszug fordern. Diese Regelungen finden hier auf das zurückverwiesene Berufungsverfahren Anwendung. Gemäß § 61 Abs. 1 Satz 1 RVG sind die BRAGO und Verweisungen hierauf (nur dann) weiter anzuwenden, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit im Sinne des § 15 vor dem 01.07.2004 erteilt oder der Rechtsanwalt vor diesem Zeitpunkt gerichtlich bestellt oder beigeordnet worden ist. Der unbedingte Auftrag zur Vertretung ist jedoch als nach der Zurückverweisung erteilt anzusehen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.02.2008 – II-10 WF 38/07 –, AGS 2008, 242; OLG München, Beschl. v. 02.10.2007 – 11 W 2078/07 –, AGS 2007, 624).

52

Für die Prozessbevollmächtigten der Kläger ist somit nach der Zurückverweisung eine 1,6 Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV-RVG in Höhe von 1.920,00 € sowie eine 1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3202 des VV- RVG in Höhe von 1.440,00 € angefallen. Auf erstere ist allerdings in entsprechender Anwendung der Vorbemerkung 3 Abs. 6 VV-RVG die vor der Zurückverweisung angefallene 13/10 Prozessgebühr von 1.404,00 € anzurechnen. Die entsprechende Anwendung der Anrechnungsbestimmung gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 6 VV-RVG in Übergangsfällen der vorliegenden Art erscheint deshalb sach- und interessengerecht, weil die Prozessgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO und die Verfahrensgebühr nach der Vorbemerkung 3 Abs. 2 VV-RVG denselben Abgeltungsbereich haben, nämlich „das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information“ (vgl. OLG München, a. a. O., m. w. Nachw.). Die nach dieser Anrechnung verbleibende Differenz von 516,00 € kann auch im Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemacht werden.

53

Für das Berufungsverfahren nach Zurückverweisung ergibt sich dann folgender Erstattungsbetrag:

54
1,6-Verfahrensgebühr i. H. v. 1.920,00 €
abzüglich Prozessgebühr i. H. v. 1.404,00 €  516,00 €
1,2-Terminsgebühr 1.440,00 €
Fahrtkosten (Nr. 7003 VV-RVG) (160 km x 0,30 €)  48,00 €
Tage- und Abwesenheitsgeld (Nr. 7005 VV-RVG)  35,00 €
Zwischensumme 2.039,00 €
19 % Mehrwertsteuer  387,41 €
Gesamt 2.426,41 €
55

Die zu erstattenden Kosten für das Verfahren zweiter Instanz belaufen sich damit auf insgesamt 5.792,66 €. Auf den Beklagten entfällt wiederum der hälftige Betrag in Höhe von 2.896,48 €.

56

3. Schließlich ist auch der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 08.08.2008 betreffend die Kostenerstattung für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren (BVerwG 8 B 111.07) nicht fehlerfrei.

57

Für dieses Verfahren ist bereits vor der Verfahrenstrennung eine 1,6-Verfahrensgebühr nach Nr. 3502 VV-RVG in Höhe von 1.920,00 € entstanden, auch wenn der Beklagte seine Nichtzulassungsbeschwerde noch vor ihrer Begründung zurückgenommen hat. Dabei bedarf keiner Vertiefung, ob die Entgegennahme einer Rechtsmittelschrift ohne Begründung noch als „Abwicklungstätigkeit“ des beendeten Rechtszugs im Sinne von § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 RVG oder als eine bereits dem nächsten Rechtszug zuzurechnende Tätigkeit anzusehen ist (vgl. dazu: A.-Raabe, a. a. O., § 19 RVG, RdNr. 93 ff.; BGH, Beschl. v. 17.12.2002 – X ZB 9/02 –, NJW 2003, 756; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 20.01.2009 – 18 WF 207/08 –, FamRZ 2009, 2025). Da der Prozessbevollmächtigte der Kläger die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde des Beigeladenen am 19.12.2007 erhalten hatte, ist eine anwaltliche Tätigkeit im Beschwerdeverfahren noch vor Abtrennung des Beschwerdeverfahrens des Beigeladenen im Beschluss vom 10.01.2008 anzunehmen. Da der Beigeladene seine Beschwerde nicht zurückgenommen hat, liegt entgegen der Auffassung des Beklagten auch keine vorzeitige Beendigung des Auftrags vor, bei der nur eine 1,1-Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3507 VV-RVG anfällt.

58

Die einmal entstandene Gebühr ist auch nach der Trennung bestehen geblieben. Zwar fallen in den durch eine Trennung verselbstständigten Verfahren Gebühren aus den jeweiligen (ggf. geringeren) Streitwerten erneut an; dies gilt für das unter dem alten Aktenzeichen weitergeführte Verfahren in gleicher Weise wie für das mit neuem Aktenzeichen versehene „abgetrennte" Verfahren (vgl. BVerwG, Beschl. v. 04.09.2009 – 9 KSt 10/99 u. a. –, Buchholz 310 § 164 VwGO Nr. 4, m. w. Nachw.). Der Rechtsanwalt kann grundsätzlich wählen, ob er die Gebühren vor oder die nach der Trennung geltend macht (A.-Raabe, a. a. O., VV 3100 RdNr. 96). Allerdings müssen in den abgetrennten „neuen" Verfahren die Voraussetzungen für das Entstehen einer Gebühr gesondert erfüllt werden. Dies setzt voraus, dass der Rechtsanwalt auch nach der Abtrennung eine Tätigkeit zur Ausführung des Auftrags vorgenommen hat (vgl. OVG NW, Beschl. v. 02.12.1999 – 10a D 149/98.NE –, AGS 2000, 148; ThürFG, Beschl. v. 03.11.2006 – IV 70047/05Ko –, EFG 2007, 453). Da das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 10.01.2008 sowohl das Beschwerdeverfahren des Beigeladenen abgetrennt als auch das Beschwerdeverfahren des Beklagten eingestellt hat, kann davon ausgegangen werden, dass nach der Abtrennung für eine anwaltliche Tätigkeit im Beschwerdeverfahren des Beklagten kein Anlass mehr bestanden hat und demzufolge auch die Verfahrensgebühr in diesem Verfahren nicht mehr neu entstanden ist. Dies bedeutet, dass die vor der Trennung entstandene Verfahrensgebühr nach dem Verhältnis der Einzelstreitwerte hälftig auf die kostenerstattungspflichtigen Beteiligten (hier den Beklagten und den Beigeladenen) zu verteilen ist (vgl. OVG NW, Beschl. v. 02.12.1999, a. a. O.). Entsprechendes gilt auch für die bereits vor Abtrennung entstandenen Auslagen.

59

Für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren des Beklagten BVerwG 8 B 111.07 ergibt sich damit folgender Erstattungsbetrag:

60
1,6-Verfahrensgebühr 1.920,00 €
Post- und Telekommunikationspauschale  20,00 €
(Nr. 7002 VV-RVG)
 Zwischensumme 1.940,00 €
19 % Mehrwertsteuer  368,60 €
Gesamt 2.308,60 €
davon ½ 1.154,30 €
61

5. Die Zinsansprüche folgen aus der entsprechenden Anwendung des § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO.

62

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Eine Entscheidung über die Kosten ist erforderlich. Für das Erinnerungsverfahren fallen zwar keine Gerichtsgebühren an; es sind jedoch die Auslagen des Gerichts und die außergerichtlichen Aufwendungen des Beklagten zu erstatten (vgl. BayVGH, Beschl. v. 03.12.2004 – 1 N 01.1845 –, NVwZ-RR 2004, 309 [310]). Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen nicht für erstattungsfähig zu erklären, weil er sich an dem Streit um die Kostenfestsetzung nicht beteiligt hat.


(1) Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten im Urteil sind jederzeit vom Gericht zu berichtigen.

(2) Über die Berichtigung kann ohne vorgängige mündliche Verhandlung entschieden werden. Der Berichtigungsbeschluß wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Ist das Urteil elektronisch abgefasst, ist auch der Beschluss elektronisch abzufassen und mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.

(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.