Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 28. Apr. 2016 - 4 LB 23/15

ECLI:ECLI:DE:OVGSH:2016:0428.4LB23.15.0A
bei uns veröffentlicht am28.04.2016

Tenor

Die Berufung gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 19. Mai 2015 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen eine Allgemeinverfügung des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie des Landes Schleswig-Holstein, mit der die Einziehung des Landeshafens Friedrichskoog verfügt wird.

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Der Hafen Friedrichskoog ist ein an der Nordseeküste gelegener Landeshafen im Eigentum des Landes Schleswig-Holstein. Der Hafen besteht aus einem etwa 700 m langen Hafenbecken mit Kaianlage, einer Hochwasserschutzschleuse und seeseitig einem ca. 2 km langen Hafenpriel mit einem Leitdamm. Über den Hafen werden 2 Köge entwässert, er dient damit auch als Vorfluter.

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Ein Vorläufer des Hafens entstand um das Jahr 1854 herum nach der vollendeten Eindeichung des Friedrichskooges im Außentief. Seit 1883 siedelten sich dort Krabbenkutter an. In den Jahren 1934/1935 wurde im Rahmen der Eindeichung der Dieksander Bucht vor dem Hafenbecken eine Hochwasserschleuse mit zwei Fluttorpaaren gebaut. Dadurch erlangte der Hafen seine heutige Form eines sturmflutsicheren Binnenhafens. Im Jahre 1937 ging die Hafenunterhaltung aus der preußischen Staats- und Domänenverwaltung wegen der Bedeutung für die Fischerei in die Zuständigkeit der Wasserstraßenverwaltung des Deutschen Reiches über.

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Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde der Hafen vom Land Schleswig-Holstein als Rechtsnachfolgerin übernommen und wird seitdem als landeseigener Hafen betrieben.

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Im Jahre 1950 wurde der Hafendamm um weitere 200 m Basaltleitdamm bis zum Hafenfeuer verlängert, um die Strömung, die zur Verschlickung des Hafens führt, noch weitergehend abzufangen. Diese bauliche Maßnahme hat die Verschlickung nicht aufgehalten. Mit der Flut gelangen jeweils mehr Sedimente in den Hafenpriel und das Hafenbecken, als bei dem langsameren Abfluss des Wassers bei Ebbe wieder weggetragen werden.

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Zur Aufrechterhaltung des Hafenbetriebes werden seit Jahrzehnten laufend Baggerungen durchgeführt. Die Baggerungen finden im Hafenbecken und im Bereich des Sperrwerkes auch im Hafenpriel statt. Da auch damit bisher keine Fahrwassertiefe von 2,5 m in Hafen, Hafenpriel und vorgelagerten Wattgebieten gewährleistet ist, sind viele Fischer nach Büsum ausgewichen, wo der Hafen tideunabhängig auch von Fischkuttern mit einem Tiefgang von mehr als 1,90 m sicher genutzt werden kann. In Friedrichskoog wurden deshalb im Jahre 2013 nur rd. 52 t Krabben angelandet. In einer Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage vom 22.06.2010 (Drs. 17/613) heißt es, es seien noch 27 Haupterwerbsfischereibetriebe (Krabbenkutter) mit Heimathafen in Friedrichskoog gemeldet, aber lediglich neun Betriebe, die Kutter mit geringem Tiefgang hätten, nutzten den Hafen noch regelmäßig.

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Nachdem im Hafen immer weniger Anlandungen von Fisch und Krabben stattfanden, bemängelte der Landesrechnungshof schon in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts, dass der Hafen unwirtschaftlich sei. Das Marschenbauamt Heide wies 1973 auf eine starke Verlandungstendenz hin. Die Gesamtsituation werde sich weiter nachteilig entwickeln. Die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Kiel und das Landesamt für Wasserhaushalt und Küsten kamen 1974 ebenfalls zu dem Schluss, Hafen und Zufahrt würden in überschaubarer Zeit Opfer der Anlandungsprozesse werden. Es sollten rechtzeitig Folgerungen gezogen werden, indem auf die unabänderliche Entwicklung und eine Entwidmung des Hafens hingewiesen werde.

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Als dies an die Öffentlichkeit gelangte, kam es bereits damals zu heftigen Protesten der Bevölkerung vor Ort, insbesondere seitens der Fischer, die eine Bedrohung der Existenzgrundlage beklagten.

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Mit Rücksicht hierauf ließ die Landesregierung technische Lösungsmöglichkeiten zur kostengünstigeren Aufrechterhaltung des Hafenbetriebes prüfen. Prof. F... kam in einem Gutachten aus Oktober 1975 zu dem Ergebnis, die Analyse der Ämter sei richtig. Man könne jedoch die Strömungsverhältnisse verbessern, indem mit einem Aufwand von 6 Mio. DM ein Spülpolder gebaut werde; das sei eine „unkonventionelle Baumaßnahme, die mit Risiken behaftet ist“. Die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Kiel nahm dazu kritisch Stellung: Die Idee eines solchen Spülpolders sei nicht neu, sie sei schon 1963 vom Wasser- und Schifffahrtsamt Tönning erwogen worden, Probespülungen hätten dazu geführt, diesen Versuch aufzugeben, weil nicht habe erhärtet werden können, dass die Investition in einem vernünftigen Verhältnis zum Erfolg stehe. Eine Entscheidung für einen Polder wurde daraufhin nicht getroffen, es wurden weiterhin Baggerungen durchgeführt. Maßgeblich war damals ein Kabinettsbeschluss vom April 1974.

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Im Jahre 1990 wurden dann im Zusammenhang mit einer Deichbaumaßnahme im Dieksanderkoog vom Amt für Land- und Wasserwirtschaft Sedimentationsbecken vor dem Hafen - also eine Art Spülpolder - durch Entnahme von 350.000 cbm Sand geschaffen. Zu den Erfahrungen damit heißt es in einer Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage (Drs. 17/613 vom 22.06.2010), diese Becken seien sehr schnell verlandet.

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Im September 1997 bemängelte der Landesrechnungshof nochmals, unbedeutende Umsätze im Hafen und hohe Aufwendungen dafür würden das Engagement des Landes nicht rechtfertigen. Das Wirtschaftsministerium sei gefordert, eine Lösung zu finden, um die dauerhafte Kostenbelastung zu beenden; hierbei sei auch die Möglichkeit einer Entwidmung als öffentlicher Hafen einzubeziehen.

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Es wurden daraufhin nochmals technische Lösungen zur Minderung des Aufwandes geprüft (u.a. Gutachten Prof. M... 2010).

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Der Landesbetrieb Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz Schleswig-Holstein (LKN SH) kam im Dezember 2012 zu dem Ergebnis, dass keine der Alternativen eine signifikante Entlastung von den hohen Bagger- und Hafenbetriebskosten erwarten lasse.

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Im Jahre 2012 empfahl die Haushaltsstrukturkommission des Landes die Schließung des Hafens.

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In der Folgezeit wurde von der Landesregierung mit dem Kreis Dithmarschen, der Gemeinde Friedrichskoog und der örtlichen Wirtschaft über eine andere Eigentümer- und Betreiberstruktur verhandelt. Das Land machte dabei deutlich, dass es eine einvernehmliche Lösung anstrebe, eine weitere Trägerschaft für den Hafen jedoch ablehne. Es wurden Möglichkeiten in Betracht gezogen, den Hafen in Trägerschaft der Gemeinde über den Erlös aus noch zu errichtenden Windkraftanlagen zu finanzieren. Es kam zu einem „letter of intent“ im Juni 2012, der die Prüfung einer Kompromisslösung vorsah: Das Eigentum am Hafen sollte auf die Gemeinde übergehen, das Land wollte einen Kostenanteil (Betriebskosten für das Sperrwerk) übernehmen. Als eine Voraussetzung wurde die Rechtskraft des Regionalplans IV (Eignungsflächen für Windenergie) festgehalten. Diese Lösung kam nicht zu Stande, weil wegen der Kostenrisiken keine Bereitschaft bestand, die Trägerschaft des Hafens zu übernehmen.

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Im April 2012 gab das Land Schleswig-Holstein die Entwidmungsabsicht für den Hafen Friedrichskoog öffentlich bekannt und legte einen Erläuterungsbericht vom 02.04.2012 im Zeitraum vom 26.04.2012 bis 29.05.2012 öffentlich aus. Wegen der daraufhin erhobenen 79 Einwendungen wird auf Beiakte B Bezug genommen.

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Mit Allgemeinverfügung vom 07.07.2014 traf das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie des Landes Schleswig-Holstein folgende Entscheidung:

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1. Der Hafen Friedrichskoog wird als öffentlicher Hafen innerhalb der am 21. Mai 1993 bekannt gemachten Hafengrenzen mit Wirkung vom 01. Januar 2015 eingezogen.

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2. Diese Entscheidung ergeht unter dem Vorbehalt des Widerrufs gemäß § 107 Abs. 2 Nr. 3 Landesverwaltungsgesetz Schleswig-Holstein (LVwG).

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3. Bis zum Baubeginn eines Schöpfwerkes wird das Hafensperrwerk als Entwässerungsanlage weiter betrieben.

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4. Die Widmung von landseitigen Verkehrsflächen innerhalb der Hafengrenzen bleibt unberührt.“

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Zur Begründung führte der Beklagte im Wesentlichen aus, der Hafen Friedrichskoog stelle eine dem Gemeingebrauch gewidmete öffentliche Sache dar. Die Einziehung des Hafens werde gemäß § 8 Abs. 1 StrWG SH analog verfügt. Die Fortführung des Hafens sei dem Land aus Steuermitteln nicht mehr zumutbar. In Abwägung mit privaten Interessen sei die Einziehung des Hafens aus Gründen des öffentlichen Wohles erforderlich. Betrieb und Instandhaltung des Hafens und des Sperrwerkes führten zu jährlichen Kosten von ca. 700.000 bis 1 Mio. Euro. Dem stünden jährliche Einnahmen in der Größenordnung von ca. 40.000 Euro gegenüber. Es bestehe im Mittelwert ein jährlicher Zuschussbedarf von knapp 800.000 Euro. Zudem müssten kurzfristig rund 2 Mio. Euro in die bestehenden Anlagen investiert werden. Mittelfristig sei ein weiterer Sanierungsbedarf von rund 1,8 Mio. Euro vorhanden. Für die Versorgung der Bevölkerung sei der Hafen nicht mehr erforderlich. Die Umschlagsmengen seien zu gering. Sie dienten auch nicht der Versorgung der Bevölkerung. Der Hafen sei auch nicht zur Erschließung der angrenzenden Flurstücke erforderlich. Die Entwässerung des angrenzenden Einzugsgebietes werde durch den mit einer Hafenschließung notwendigerweise verbundenen Bau eines Schöpfwerkes insgesamt verbessert. Die Tideniedrigwasserstände am Außenpegel des Sperrwerkes Friedrichskoog würden seit Jahren um mehr als 2 cm pro Jahr ansteigen, so dass angesichts der Höhenlage des Einzugsgebietes die Entwässerung des Binnenlandes in freier Vorflut in 10 - 15 Jahren nicht mehr möglich wäre.

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Belange der Nutzer des Hafens (Fischer, Werft, Sportboote, hafenaffine Dienstleistungen) seien zwar beeinträchtigt, das öffentliche Wohl überwiege aber.

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Für die Gemeinde Friedrichskoog sei der Tourismus ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, weil der Hafen einen Anziehungspunkt darstelle. Die Schließung werde aber voraussichtlich nur geringe negative Auswirkungen auf die touristische Gesamtattraktivität haben; die Gewerbesteuereinnahmen würden sich annehmlich um höchstens 30.000,-- € vermindern.

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Eine schwerwiegende negative Veränderung der unmittelbaren hafenbezogenen wirtschaftlichen Aktivitäten sei nicht anzunehmen. Die Kutter, die noch den Hafen anliefen, könnten auf andere Häfen, wie etwa Büsum, ausweichen.

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Angesichts der geringen Verkehrsbedeutung und der erheblichen Kosten für den Betrieb des Hafens bei geringen Erträgen stellten sich bei einer Gesamtabwägung die Schließung des Landeshafens und der Bau eines Schöpfwerkes als vorzugswürdig dar. Der Bau des Schöpfwerkes werde rd. 3,5 Mio € kosten bei jährlichen Betriebskosten von rd. 160.000,- €; ein Kostenvergleich ergebe die Vorzugswürdigkeit eines Schöpfwerkes, das die Entwässerungssituation zudem verbessere, da die Entwässerung nicht mehr von Außenwasserständen abhängig wäre.

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Am 25. September 2014 hat die Klägerin Klage erhoben.

28

Sie hat geltend gemacht, die Entwidmung verstoße gegen den Vorbehalt des Gesetzes, da eine gesetzliche Grundlage, die die Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Einziehung eines Hafens regele, fehle. Die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des § 8 StrWG SH lägen nicht vor. Die Vorschriften des Straßen- und Wegegesetzes würden die wasserrechtlichen Besonderheiten und Härten nicht erfassen. Der Hafen habe zudem noch eine Verkehrsbedeutung. Die privaten Interessen, die gegen die Einziehung sprächen, würden überwiegen, da für die Klägerin die Verbindung zur Nordsee entfallen würde.

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Der Hafen werde noch für die Fischerei und den Wassersport genutzt. Seine Einziehung sei unverhältnismäßig. Richtig sei, dass die Zahl der Anläufe von Wasserfahrzeugen und der Anlandungen von Krabben rückläufig sei. Dies sei jedoch auf mangelnde Unterhaltung des Hafens durch den Beklagten in der Vergangenheit zurückzuführen. Deutlich sei, dass die Zahl der Anläufe und Anlandungen parallel zu den rückläufigen Baggermengen und Baggerkosten zurückgegangen seien. Es sei rechtsmissbräuchlich, den Hafen durch rückläufige Baggermengen erst versanden zu lassen und später die Einziehung damit zu begründen, dass die Anzahl der Anläufe von Wasserfahrzeugen zurückgegangen sei. Obwohl dem Beklagten - wie beispielsweise durch seine Einlassungen im Planfeststellungsverfahren zur Fahrrinnenanpassung der Unter- und Außenelbe belegt werde - die zunehmende Versandungsproblematik des Hafens bewusst gewesen sei, habe er die Baggermengen nicht angepasst. Der Beklagte gehe von zu hohen Kosten für den Hafenbetrieb aus. Es sei nicht von einem durchschnittlichen Zuschussbedarf von 800.000,- €, sondern von rund 700.000,- € im Jahr auszugehen. Ob das Sperrwerk tatsächlich den vom Beklagten angegebenen Sanierungsaufwand benötige, sei zweifelhaft. Möglichkeiten der Kostenreduzierung seien nicht ausreichend ausgelotet worden. In der Vergangenheit seien Empfehlungen etwa des Landesbetriebes für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz zum Bau eines Spülpolders im Vorlandbereich südlich des Hafenpriels nicht aufgegriffen worden. Zudem sei die Anlegung eines zu niedrigen Drempels beim Umbau des Sperrwerks in den 80er Jahren nachteilig für den Verlauf des Ebbstroms. Eine bauliche Veränderung könne einen besseren Rückfluss der Sedimente ermöglichen. Auch die Schließung eines “Schachtpriels“ südlich des Hafenpriels im Jahre 2000 habe sich ungünstig auf die Sedimentablagerung ausgewirkt. Insgesamt lägen Versäumnisse bei der Instandhaltung des Hafens in der Vergangenheit vor. Dieser Umstand hätte im Rahmen der Abwägung zugunsten der Klägerin gewichtet werden müssen.

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Die vom Beklagten angenommene Verbesserung der Entwässerung durch das künftige Schöpfwerk könne nicht als Argument für die Einziehung des Hafens herangezogen werden. Das Planfeststellungsverfahren für das Schöpfwerk sei noch nicht abgeschlossen. Darüber hinaus würde aber durch ein Schöpfwerk das Hafenbecken zu einem Binnengewässer ohne Fließbewegung werden mit negativen Folgen etwa hinsichtlich einer stärkeren Algenentwicklung und Geruchsbelästigung in den Sommermonaten. Infolge des im Hafenbecken abgesenkten Wasserstandes werde das Grundwasser in der Umgebung des Hafens um mehrere Meter sinken, was erfahrungsgemäß zur Absenkung des Bodens und zu Schäden an Häusern in der Umgebung führen werde.

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Auch die touristischen Belange der Gemeinde Friedrichskoog seien nicht richtig bewertet worden. Die Gewerbesteuereinnahmen und die umsatzsteuerpflichtigen Lieferungen und Leistungen würden zurückgehen. Laut Umfrage bei den Gewerbetreibenden aus Friedrichskoog würden schließungsbedingt Umsatzeinbußen von 20 bis sogar 100 % erwartet. Durch die Hafenschließung seien ca. 183 Arbeitsplätze bedroht. Ein Kaufkraftverlust von 900.000,- € und der Verlust von Arbeitsplätzen sei laut einer Studie aus dem Jahre 2005 zu besorgen. Der Hafen stelle einen touristischen Mittelpunkt von Friedrichskoog dar.
Allein durch die jährlich stattfindenden Regatten und Hafenfeste würden mehrere Tausend Besucher angezogen. Die Grundstücke in Friedrichskoog würden an Wert verlieren.

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Für die Gemeinde Friedrichskoog folge eine Verletzung ihrer Rechte daraus, dass aufgrund der Einziehung eine Verschlechterung der Situation der Gemeinde und höhere Kosten zu befürchten seien. Würde der Hafen aufgrund der Einziehung zum Gewässer zweiter Ordnung, so läge die Unterhaltungspflicht beim Sielverband Friedrichskoog als Mitglied des Hauptsielverbandes Dithmarschen. Sollte sich der Hauptsielverband in Zukunft einmal auflösen (§ 62 WVG), liege die Unterhaltungspflicht bei den Anliegergemeinden. Folglich bestehe die Möglichkeit, dass die Gemeinde zukünftig zur Unterhaltung des Schöpfwerkes herangezogen werde. Bis zum Bau des Schöpfwerkes könnten der Gemeinde hohe Baggerungskosten im Rahmen der Unterhaltung des Sperrwerks entstehen. Auch sei eine Verringerung der Einwohnerzahl, der Verlust von Arbeitsplätzen, die Verringerung der Gewerbesteuereinnahmen, die Verringerung der touristischen Attraktivität und Auswirkungen auf die Kindertagesstätte zu befürchten.

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Die Klägerin hat beantragt,

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die Entscheidung des Beklagten über die Einziehung des Hafens
Friedrichskoog als Landeshafen vom 07. Juli 2014 aufzuheben.

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Der Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er hat geltend gemacht, der Klägerin fehle bereits die Klagebefugnis. Jedenfalls sei die Klage unbegründet.

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Der Beklagte habe seine Unterhaltungspflicht in der Vergangenheit nicht verletzt. Die Unterhaltungspflicht bestehe nur im Rahmen der Leistungsfähigkeit. Es gebe keinen Rechtssatz, dass das Land auf veränderte Umweltbedingungen durch massiv ausgeweitete Baggerungen reagieren müsse. Für die Baggerungen habe ein sachgerechtes Konzept vorgelegen. Es habe auch in erheblichem Umfang Baggerungen gegeben. Dabei sei es schon im Interesse des Küstenschutzes unabdingbar gewesen, im Bereich des Sperrwerks eine größere Tiefe zu halten, um den Betrieb der Tore zu gewährleisten. Von einer Ausdehnung der Baggerungen noch weiter in den Hafenpriel hinein habe man sich keinen nachhaltigen Erfolg versprochen. Diese Einschätzung habe sich im Jahre 2012 bestätigt, als man im Hafenpriel bis zu 1 km vor dem Sperrwerk gebaggert habe; es sei nämlich schnell wieder zur Auffüllung gekommen. Es wäre deshalb nicht sinnvoll, dort tiefer zu gehen.

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Bedenken, die sich aus dem Bau des Schöpfwerkes herleiten, z. B. hinsichtlich von Geruchsbelästigungen oder Bodenabsenkungen, seien Gegenstand des entsprechenden Planfeststellungsverfahrens und nicht des Einziehungsverfahrens bezüglich des Landeshafens Friedrichskoog.

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Im Auftrag der Gemeinde sei ein touristisches Entwicklungskonzept (September 2014) erstellt worden. Hier werde zwar die Bedeutung des Hafens als identitätsstiftendes Element der Gemeinde betont, insgesamt würden die Gutachter aber davon ausgehen, dass der durch die Hafenschließung ausgelöste touristische Attraktivitätsverlust für die Gemeinde Friedrichskoog von den positiven Effekten der Neugestaltung des Hafenumfeldes aufgefangen werden könnte. Das Land sei bereit, die Gemeinde hierbei zu unterstützen.

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Mit Urteil vom 19. Mai 2015 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen.

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Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Klage der Gemeinde sei mangels Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO bereits unzulässig, da sie nicht geltend machen könne, möglicherweise in eigenen Rechten verletzt zu sein. Eine Verletzung des nach Art. 28 Abs. 2 GG geschützten kommunalen Selbstverwaltungsrechts sei nicht ersichtlich. Nachteilige Folgen der Einziehung des Hafens bezögen sich auf lediglich mittelbare Zusammenhänge und könnten auch einen Eingriff in die Finanzhoheit nicht begründen. Selbst wenn man von einer Klagebefugnis ausginge, könne die Klage keinen Erfolg haben, weil sie unbegründet sei. Entgegen der Auffassung des Beklagten könne die Einziehung des Hafens allerdings nicht auf eine analoge Anwendung des § 8 StrWG gestützt werden. Die genannte Vorschrift regele ausschließlich die Rechtsverhältnisse der öffentlichen Straßen an Land; die Voraussetzungen einer Analogie lägen nicht vor. Im Straßenrecht fänden sich auf landes- und bundesrechtlicher Ebene durchweg ausführliche Regelungen zu Fragen der Widmung und der Einziehung, was auf speziellen Erwägungen zur Kerngewährleistung von Anliegerrechten im Straßenrecht beruhe. Ein vergleichbarer Hintergrund lasse sich für das Wasserrecht, das stärker gemeinwohlorientiert gestaltet sei, nicht feststellen. Eine Rechtsgrundlage für die Einziehung ergebe sich aber aus der öffentlichen Sachherrschaft des Landes über den landeseigenen Landeshafen. Nach den allgemeinen Grundsätzen des Rechts der öffentlichen Sachen könne die öffentliche Zweckbestimmung einer Sache durch Widmung durch einen entsprechenden Rechtsakt (actus contrarius) wieder aufgehoben werden. Es sei anerkannt, dass eine Widmung zu öffentlichen Zwecken ein Rechtsakt ist, der durch Gesetz, Satzung, Verwaltungsakt, aber auch konkludent vorgenommen werden könne oder deren Bestehen aufgrund einer Vermutung angenommen werden könne. Entscheidend sei der erkennbare Wille des Trägers öffentlicher Gewalt, dass die Sache einem bestimmten öffentlichen Zweck dienen und der Allgemeinheit zur Benutzung zur Verfügung gestellt werden solle. Als Indizien seien der Zweck, zu dem die Einrichtung errichtet wurde, und die bisherige Nutzungspraxis anzusehen. All dies spreche im vorliegenden Falle für eine Widmung, auch wenn ein ausdrücklicher Widmungsakt nicht habe festgestellt werden können. Dass der Hafen Friedrichskoog ein öffentlicher Landeshafen sei, werde im Übrigen auch allgemein anerkannt. Ebenso wie die Widmung auf allgemeinen Grundsätzen des öffentlichen Sachenrechts beruhe, könne sie nach den allgemeinen Grundsätzen auch durch eine Einziehung aufgehoben werden, wobei das Land einen großen Entscheidungsspielraum habe. Das Land sei nach dem Landeswassergesetz nicht verpflichtet, einen solchen Hafen zu betreiben. Für die Einziehung setze das Landeswassergesetz auch keine rechtlichen Grenzen. Bezüglich des „Ob“ und „Wie“ des Betriebes eines öffentlichen Hafens habe ein Nutzer oder Anlieger nicht einmal einen Anspruch auf eine ermessenfehlerfreie Entscheidung. Der Handlungsspielraum des Hafenträgers sei nur durch die Grundrechte und das aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Verbot willkürlichen staatlichen Handelns begrenzt. Zwar müsse der Gesetzgeber alle wesentlichen Entscheidungen selbst treffen. Eingriffe im grundrechtsrelevanten Bereich müssten durch Gesetz geregelt sein. So seien die Genehmigungsvoraussetzungen für den Betrieb eines Hafens und Ermächtigungsgrundlagen zur Gefahrenabwehr wegen der Grundrechtsbetroffenheit unverzichtbar und im Landeswassergesetz auch geregelt worden. Anders liege es bei der Frage staatlicher Aufgaben im Bereich der Daseinsvorsorge. Hier gebe es keinen Anspruch auf Aufrechterhaltung des Gemeingebrauchs. Die Einziehung eines Hafens sei nicht grundrechtsrelevant. Auch andere tragende Prinzipien des Grundgesetzes geböten keine gesetzliche Regelung zur Frage der Einziehung. Die allgemeinen Grundsätze des öffentlichen Sachenrechts böten deshalb eine ausreichende Grundlage für eine Hafeneinziehung.

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Eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Einziehungsverfügung beschränke sich deshalb auf die Frage, ob eine Verletzung von Grundrechten festzustellen sei. Dies sei im Falle der Klägerin zu verneinen. Sie werde nicht in ihrem Recht auf kommunale Selbstverwaltung (Art. 28 GG) verletzt.

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Unabhängig von der Frage von Grundrechtsverletzungen sei die Klage auch deshalb unbegründet, weil die Einziehung objektiv rechtmäßig sei. Sie sei auf nachvollziehbare sachliche Gründe gestützt worden. Die Rückläufigkeit der Anläufe von Fischereifahrzeugen und der Umschlagmenge, der erhebliche jährliche Zuschussbedarf und der erhebliche Sanierungsbedarf für die Zukunft habe berücksichtigt werden dürfen. Ferner sei nachvollziehbar, dass eine Investition in ein Schöpfwerk sinnvoller sei, da damit eine Entwässerung der Köge auch in Zukunft sicher gewährleistet sei. Die Einziehungsentscheidung beruhe auf einer an sachlichen Kriterien orientierten Neubewertung des öffentlichen Interesses am Betrieb des Landeshafens in Friedrichskoog. Von einem rechtsmissbräuchlichen Handeln des Landes könne nicht die Rede sein. Die ungünstige Lage des Hafens Friedrichskoog und dessen Versandungsproblematik sei spätestens seit den 70er Jahren in den Blick genommen worden. Bereits 1974 sei die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Kiel und das Landesamt für Wasserhaushalt und Küsten im Bericht vom 28. Mai 1974 übereinstimmend zu dem Schluss gekommen, Hafen und Zufahrt würden in überschaubarer Zeit ein Opfer der Anlandungsprozesse werden, so dass rechtzeitig Folgerungen aus dieser unabänderlichen Entwicklung gezogen werden sollten. Neuere Untersuchungen und Variantenprüfungen hätten kein anderes Ergebnis erbracht. Auch den externen Gutachten von Prof. F... und Prof. M... ließen sich keine Anhaltspunkte für grundlegende Fehler in der fachbehördlichen Einschätzung entnehmen. Ob die Ausbaggerungen in der Vergangenheit stets optimal gestaltet worden seien, sei unerheblich. Entscheidend sei vielmehr, dass den Unterhaltungsarbeiten ausweislich eines Vermerks des LKN-SH vom 01. Juli 2013 ein nach Einschätzung der Fachbehörde angemessenes Baggerkonzept zugrunde gelegen habe, das in den Bewertungen der externen Gutachter nicht auf grundlegende Kritik gestoßen sei. Es treffe zwar zu, dass das Volumen des jährlichen Baggeraushubs seit 2006 deutlich gesunken sei, hieraus lasse sich jedoch keine Verantwortung des Landes für die reduzierte Nutzung des Hafens ableiten. Auch in den Jahren 2007 bis 2013 habe das Land trotz rückläufiger Baggermengen die Anstrengungen gegenüber dem Jahr 1954 immerhin verfünffacht. Weder der Umgang mit einem “Schachtpriel“ noch die Absenkung des Drempels beim Umbau des Sperrwerks in den 80er Jahren seien geeignet, den Vorwurf der Willkür zu rechtfertigen. Zu den Umständen, die ein Hafenträger zu bewältigen habe, gehöre auch der Umgang mit nicht optimal gestalteten Bauwerken. Den vorliegenden Akten sei zu entnehmen, dass die in Betracht kommenden Alternativen zur Baggerlösung und alle Optimierungsvorschläge mehrfach von den Fachbehörden unter Hinzuziehung von Wissenschaftlern gründlich geprüft und - in nachvollziehbarer Weise - als zu kostspielig und nicht nachhaltig zielführend bewertet worden seien. Der Vorschlag von Prof. F... zur Errichtung eines Spülpolders sei von diesem selbst als “unkonventionelle“ Baumaßnahme bezeichnet worden, die mit Risiken behaftet sei. Trotz einer nach Auffassung der Klägerin abgegebenen positiveren Prognose der Bundesanstalt für Wasserbau im Jahre 2014 habe der Beklagte - auch aufgrund von Erfahrungen mit Sedimentationsbecken, die 1990 in Zusammenhang mit Deichbaumaßnahmen im Dieksander Koog gemacht worden seien - die Errichtung eines Spülpolders als nicht nachhaltige Lösung einstufen dürfen. Entsprechendes gelte für die vom LKN geprüfte sogenannte Variante 6 (Anschluss des Gruppensystems im Vorlandbereich als Spülpolder). Auch hier habe der Beklagte aufgrund des vorgelegten Berichts des LKN vom 10. Dezember 2009 davon ausgehen können, dass keine signifikante Entlastung der hohen Bagger- und Hafenbetriebskosten im Verhältnis zu den geringen Einnahmen aus den Hafengebühren bei langfristiger Aufrechterhaltung der Schifffahrt zu erwarten seien. Ferner habe berücksichtigt werden dürfen, dass eine - theoretische - Optimierung der baggertechnischen Vertiefung zwar zu einer Reduzierung der Baggervolumina führen würde, dies allerdings auf Kosten einer erhöhten Baggerfrequenz. Auch in einer aktuellen Untersuchung vom 10. März 2014 sei das LKN (erneut) zu dem Ergebnis gekommen, dass der Ersatz des Sperrwerks durch ein Schöpfwerk einschließlich der Seewasserversorgung der Seehundstation die günstigste Variante sei. Hierbei sei entscheidend in den Blick zu nehmen, dass die Wasserstände in den kommenden Jahren ansteigen würden, weshalb die Entwässerung des Binnenlandes in 10 bis 15 Jahren nicht mehr möglich sein werde.

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Auf Antrag der Klägerin hat der Senat die Berufung durch Beschluss vom 11. November 2015 (4 LA 43/15) zugelassen.

46

Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Berufung im Wesentlichen wie folgt vor: Die Klage sei zulässig. Die Klägerin sei klagebefugt. Die von ihr befürchteten Beeinträchtigungen in Folge der Einziehung des Landeshafens machten eine Verletzung der aus Art. 28 Abs. 2 GG folgenden Rechte zumindest möglich. Der Schutzbereich des Art. 28 Abs. 2 GG betreffe alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft. Darunter seien die Bedürfnisse und Interessen zu verstehen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder zu ihr einen spezifischen Bezug haben. Insbesondere geschützt sei neben der Gebiets- und Organisationshoheit der Gemeinde die Planungshoheit, also die Befugnis, voraussehbare Entwicklungen länger zu steuern. Der Landeshafen sei eine den Ort Friedrichskoog wesentlich prägende Einrichtung. Dessen Einziehung greife in eine Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft ein, da er für die Gemeinde prägend sei und einen wesentlichen, für die Gemeinde und ihre Einwohner identifikationsstiftenden Charakter habe. Auch sei die Verkehrsanbindung an die Nordsee für die Gemeinde und ihre Einwohner von erheblicher Bedeutung. Dass die Gemeinde bislang nicht Träger des Hafens gewesen sei, sei dabei unerheblich. Die Einziehung sei auch nicht etwa mit der Schließung eines großen Industriebetriebs oder eines Bundeswehrstandortes vergleichbar, bei der die Rechtsprechung in der Vergangenheit eine Klagebefugnis der jeweiligen Gemeinde verneint habe. Anders als bei der Frage des Erhalts eines solchen Industriestandortes stelle der Hafen für die Einwohner einen elementaren und dauerhaften Bestandteil des Ortes dar. Der Hafen bestehe seit mehr als 160 Jahren. Er präge das Ortsbild entscheidend, weshalb der Gemeinde ein Abwehrrecht gegen solche Maßnahmen zustehen müsse, die sich - wie die Einziehung des Hafens - nachteilig auf die Entwicklung der Gemeinde auswirkten.

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Die Einziehung sei objektiv rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihren Rechten. Der Einziehung ermangele es an einer Rechtsgrundlage. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, wonach sich die Rechtsgrundlage aus der öffentlichen Sachherrschaft des Landes ergebe, überzeuge nicht. Die Bezugnahme auf die Ausführungen von Papier (Recht der öffentlichen Sachen, 3. Aufl. 1998, S. 56) zur Entwidmung und zur Einziehung als actus contrarius sei unergiebig. Diese Argumentation beziehe sich in erster Linie auf das Straßenrecht. Auf die Frage der Einziehung eines Landeshafens lasse sich dies nicht übertragen. Selbst wenn man aber der Argumentation beitreten wollte, die Einziehung sei als actus contrarius zur Widmung rechtmäßig, so müsse verlangt werden, dass der actus contrarius die gleiche Rechtsnatur haben müsse wie die Widmung. Vorliegend könne aber jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, dass es in Anbetracht der Historie des Hafens einen ausdrücklichen (schriftlichen) Widmungsakt gegeben hat. Das Verwaltungsgericht berücksichtige auch nicht, dass beispielsweise Bundeswasserstraßen unmittelbar Kraft formellen Gesetzes öffentliche Sachen im Gemeingebrauch seien (§ 5 WaStrG). Aus § 15 Abs. 1 S. 1 LWG folge im Umkehrschluss, dass nur nicht schiffbare Gewässer 1. Ordnung unter einem Genehmigungsvorbehalt stünden, die Benutzung von schiffbaren Gewässern jedoch genehmigungsfrei, damit jedermann zugänglich und somit eine öffentliche Sache im Gemeingebrauch seien. Hieraus sei zu folgern, dass eine Widmung durch Gesetz und nicht (erst) aufgrund eines Gesetzes vorliege. Dem Landeshafen komme als Gewässer 1. Ordnung allein aufgrund der Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen eines Gesetzes ein öffentlich-rechtlicher Sonderstatus zu. Folglich müsse auch die Entwidmung durch Gesetz geregelt werden.

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Die Erwägungen des Verwaltungsgerichts, wonach eine allein im öffentlichen Interesse vorgenommene Widmung durch Allgemeinverfügung zu vermuten sei, überzeuge nicht. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei der Hafen nicht in erster Linie für die Versorgung der Bevölkerung mit Fisch vorgehalten worden. Vielmehr sei die Trägerschaft auch im Interesse der Fischer erfolgt. Andernfalls hätte nach dem 2. Weltkrieg eine noch sehr viel größere Zahl von Friedrichskooger Fischern ihre Erwerbsgrundlage verloren bzw. die Fischerei von einem anderen Standort aus ausüben müssen. Die Versorgung der örtlichen Bevölkerung mit Fisch sei davon aber nicht betroffen. Auch andere Personen und Interessengruppen seien in ihrer Existenz unmittelbar mit dem Fortbestand des Hafens verknüpft. Die vermutete Widmung durch Allgemeinverfügung sei also nicht allein im öffentlichen Interesse geschehen. Deshalb müssten bei einer Einziehung des Hafens auch andere als nur öffentliche Interessen berücksichtigt werden. Die Grundannahme des Verwaltungsgerichts, nach der die Widmung nach den allgemeinen Grundsätzen des öffentlichen Sachenrechts aufgehoben werden könne, wobei ein großer Entscheidungsspielraum bestehe und nicht einmal ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung durch die Nutzer und Anlieger des Hafens gegeben sei, treffe demnach nicht zu.

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Auch wenn die vom Verwaltungsgericht angenommene Rechtsgrundlage einschlägig sein sollte, seien hier die Interessen der Nutzer und Anlieger des Hafens nicht ausreichend berücksichtigt worden. Selbst der Beklagte - aufgrund der von ihm für zutreffend erachteten analogen Anwendung des § 8 Abs. 1 StrWG SH - habe sehr viel höhere Anforderungen an die Voraussetzungen einer Einziehungsverfügung gestellt als das Verwaltungsgericht. Der Beklagte habe immerhin darauf abgestellt, dass die Gründe des Fortfalls der Verkehrsbedeutung und Gründe des öffentlichen Wohls private Interessen überwiegen müssten. Letzteres sei aber nicht der Fall. Ein Wegfall der Verkehrsbedeutung könne vom Beklagten nicht geltend gemacht werden, weil er in der Vergangenheit den Hafen ungenügend unterhalten und damit den Wegfall der Verkehrsbedeutung quasi selbst herbeigeführt habe. Auch auf der Basis der angenommenen Rechtsgrundlage des actus contrarius habe eine Abwägung mit den betroffenen privaten Interessen zu erfolgen. Diese sei unterblieben. Sie müsste in einem gesonderten Verfahren nachgeholt werden.

50

Im Übrigen greife der sogenannte Vorbehalt des Gesetzes, das heißt die Einziehung des Landeshafens müsste durch eine ausdrückliche gesetzliche Norm geregelt sein. Ebenso wie bei hoheitlichen Eingriffen führe auch die Einziehung des Hafens zu grundrechtsrelevanten Beeinträchtigungen von Anliegern und Nutzern. Der Landesgesetzgeber habe bei Abfassung des Landeswassergesetzes auch nicht etwa bewusst von der Schaffung einer dem Straßenrecht vergleichbaren Regelung für die Einziehung eines Landeshafens abgesehen. Derartige Erwägungen habe der Gesetzgeber nicht angestellt. An das Problem der Entwidmung/Einziehung eines Hafens sei überhaupt nicht gedacht worden. Die vom Verwaltungsgericht angesprochene Entscheidung des OVG Schleswig (Urt. v. 19.11.1991 Az.: 4 L 76/91) beschäftige sich nicht mit der Frage der Einziehung eines Landeshafens. Zudem sei der Hafen Friedrichskoog auch nicht erst aufgrund eines besonderen Widmungsaktes entstanden; bereits die natürlichen Gegebenheiten hätten die Möglichkeit eröffnet, den Ort Friedrichskoog als Hafen zu nutzen. Jedenfalls bei einem Hafen, der sich lange vor Übernahme der öffentlichen Trägerschaft über einen langen Zeitraum entwickelt habe, dürfe die Übernahme der Trägerschaft durch das Land nicht dazu führen, dass sogar das “Ob“ des Betriebs des Landeshafens in das weitgehend freie Belieben des Trägers gestellt wird. Es sei in Zukunft auch nicht etwa möglich, dass die Gemeinde oder beispielsweise eine Betreibergesellschaft den tatsächlich weiterhin vorhandenen Hafen fortführe. Es fehle nämlich aufgrund des parallel laufenden Planfeststellungsverfahrens betreffend den Umbau des Sperrwerks in ein Schöpfwerk an der Möglichkeit, einen Hafenbetrieb in Zukunft fortzusetzen.

51

Die Klägerin beantragt,

52

unter Abänderung des angefochtenen Urteils vom 19. Mai 2015 die Entscheidung des Beklagten über die Einziehung des Hafens Friedrichskoog als Landeshafen vom 7. Juli 2014 aufzuheben.

53

Der Beklagte beantragt,

54

die Berufung zurückzuweisen.

55

Er ist der Auffassung, die Klägerin könne nicht in ihren Rechten verletzt sein. Weder die kommunale Finanzhoheit noch die kommunale Planungshoheit seien betroffen. Entscheidend könne nur sein, ob die Einziehung des Hafens das Gemeindegebiet oder Teile hiervon nachhaltig betreffe und die Entwicklung der Gemeinde beeinflusse. Das Beteiligungsrecht der Gemeinde sei durch das Einziehungsverfahren und viele Gespräche im Vorfeld gewahrt worden. Materiellrechtlich seien die Belange der Gemeinde berücksichtigt worden. So sei verfügt worden, dass die ehemaligen Hafenlandflächen weiterhin als öffentliche Verkehrsflächen nutzbar sein sollen. Für den Fall, dass ein anderer Träger für den Hafen gefunden werden sollte, sei extra ein Widerrufsvorbehalt in die Allgemeinverfügung aufgenommen worden. Der Gemeinde sei zugesichert worden, dass in diesem Falle das Hafensperrwerk auf Kosten des Landes weiter betrieben werde. Auch habe das Land der Gemeinde zugesichert, zunächst keine Grundstücke an Dritte ohne Zustimmung der Gemeindevertretung zu veräußern, um der Gemeinde für eine eigene Bauleitplanung nötigen Raum auch in zivilrechtlicher Hinsicht zu geben. Bei der Umsetzung des beschlossenen touristischen Entwicklungskonzeptes werde zudem ein Umsetzungsmanager vom Land finanziert. Das Ortsbild werde nicht durch die Einziehung beeinträchtigt. Auch entfalle der Hafen nicht durch die Einziehung als identitätsstiftendes Merkmal. Beeinflusst werde die Gemeinde vielmehr von der nachlassenden touristischen Bedeutung des Hafens infolge ausbleibender Fischereifahrzeuge. Nicht die Einziehung des Hafens, sondern die allgemeine Entwicklung der Fischerei löse eine Betroffenheit der Gemeinde aus. Vorliegend könne sich die Gemeinde auch nicht auf ein Abwehrrecht gegen ortsbildverändernde Maßnahmen berufen. Vor der Hafeneinziehung sei die Situation durch nur wenige Kutteranläufe (unter 100 im Jahr) und einige Sportboote gekennzeichnet gewesen. Der Hafen habe eine geringe touristische Bedeutung nach Aussage des touristischen Entwicklungskonzepts. Das Fehlen weniger Fahrzeuge könne nicht die Schwelle der nachhaltigen Veränderung erreichen. Im Übrigen habe das Land zugesichert, der Gemeinde bei der weiteren touristischen Entwicklung zu helfen, wofür aber die finanzielle und planerische Mitwirkung der Gemeinde erforderlich sei. Hierbei handele es sich nicht um Kompensationsleistungen, sondern um die Umsetzung des politischen Willens der Landesregierung.

56

Unabhängig hiervon sei die Einziehung des Hafens rechtmäßig; insbesondere habe es hierfür keiner ausdrücklichen Rechtsgrundlage bedurft. Die Hinweise auf die im Rahmen einer Analogie zu § 8 StrWG für eine Einziehung beachteten Voraussetzungen machten gerade deutlich, dass der Beklagte die Einziehung keineswegs willkürlich verfügt habe. Richtig sei, dass im Landeswassergesetz keine ausdrückliche Regelung über die Einziehung von Landeshäfen normiert sei. Dem Gesetzgeber könne aber unterstellt werden, dass er die Prinzipien des öffentlichen Sachenrechts kenne und keine Notwendigkeit einer Regelung gesehen habe. Aus den Vorschriften der §§ 3 Abs. 1 Ziff. 1 Buchst. d, 88 und 39 LWG ergebe sich allein noch nicht die “Öffentlichkeit“ eines Hafens. Deshalb könne auch nicht damit argumentiert werden, der in der Literatur erfolgte Hinweis, dass Friedrichskoog “nach allgemeiner Auffassung“ ein öffentlicher Hafen sei, stelle eine auf der Basis der verwaltungsgerichtlichen Argumentation überflüssige Feststellung dar. Faktische Auswirkungen staatlichen Handelns begründeten keinen Gesetzesvorbehalt. Die Einziehung eines Hafens habe rechtlich keine Grundrechtsrelevanz. Auch unter dem Gesichtspunkt der Wesentlichkeitstheorie ergebe sich nichts anderes. Einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage für die Einziehung des Hafens habe es deshalb nicht bedurft. Welche Schlussfolgerungen die Klägerin aus der näheren Eingrenzung des Widmungszweckes ziehen wollten, bleibe unklar. Im Übrigen habe sich das Verwaltungsgericht durchaus und umfassend mit Abwägungsbelangen befasst und diese als sachgerecht bezeichnet. Aus der tatsächlichen Entstehungsgeschichte des Hafens und der Übernahme der Unterhaltungslast durch das Land Schleswig-Holstein könne kein Verbot einer Einziehung abgeleitet werden. Der Hafen sei im Übrigen im Zuge der Eindeichung im Dritten Reich in der heutigen Form entstanden. Die damalige Provinz Preußen habe den Hafen errichtet und ihn betrieben, weil die örtliche Gemeinschaft dazu nicht länger in der Lage gewesen sei. Das Land habe den Hafen dann als Rechtsnachfolger der Provinz Preußen “übernommen“. Hieraus lasse sich kein Verbot einer Einziehung ableiten. Auch zum Beispiel bei Wechsel der Straßenbaulast sei es rechtlich zulässig, wenn der nachfolgende Träger später die Einziehung der Infrastruktur verfüge.

57

Die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts führe auch nicht dazu, dass die Einziehung schlechthin im Belieben stünde. Das staatliche Handeln müsse sich am Willkürverbot messen lassen.

58

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte und den Verwaltungsvorgang (Beiakten A-V) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

59

Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage zu Recht abgewiesen.

60

Die Anfechtungsklage ist zulässig. Insbesondere ist eine Klagebefugnis zu bejahen. Gemäß § 42 Abs. 2 VwGO ist eine Anfechtungsklage nur zulässig, wenn die klagende Partei geltend macht, durch den Verwaltungsakt in ihren Rechten verletzt zu sein. Dabei reicht es aus, wenn eine Verletzung von Rechtsnormen zumindest möglich erscheint, die auch dem Schutz des jeweiligen Klägers beziehungsweise Klägerin zu dienen bestimmt sind. Die Möglichkeit einer Rechtsverletzung reicht aus. Es ist nicht Sinn der Klagebefugnis, ernsthaft streitige Fragen über das Bestehen eines subjektiven Rechts, von deren Beantwortung der Klageerfolg abhängen kann, bereits vorab im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung zu klären. Die Zulässigkeitsvoraussetzung der Klagebefugnis ist allerdings dann zu verneinen, wenn subjektive Rechte des Klägers beziehungsweise der Klägerin offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise verletzt sein können (BVerwG, Urt. v. 24.06.2004 - 4 C 11.03 -, NVwZ 2004, 1229).

61

Gemessen an diesen Grundsätzen ist eine Klagebefugnis hier zu bejahen. Nach dem Vorbringen der Klägerin erscheint eine Verletzung eigener Rechte jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen. Die Klägerin hat unter anderem geltend gemacht, der Landeshafen sei eine den Ort Friedrichskoog wesentlich prägende Einrichtung. Er habe für die Gemeinde identifikationsstiftenden Charakter. Anders als etwa bei der Frage des Erhalts eines Industriestandortes stelle der Hafen für die Einwohner einen elementaren und dauerhaften Bestandteil des Ortes dar, welcher so seit mehr als 160 Jahren bestanden haben. Er präge das Ortsbild entscheidend, weshalb der Gemeinde ein Abwehrrecht zustehen müsse. Der Schutzbereich des Art. 28 Abs. 2 GG betreffe alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft. Hiernach erscheint es als zumindest nicht ausgeschlossen, dass die Klägerin in eigenen Rechten verletzt sein könnte. Eine Klagebefugnis ist deshalb zu bejahen. Die Frage, ob die geltend gemachten Rechte tatsächlich bestehen und durch die streitgegenständliche Einziehung verletzt wurden, ist eine Frage der Begründetheit.

62

Die Anfechtungsklage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Aufhebung der streitgegenständlichen Einziehungsverfügung. Gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf, soweit der Verwaltungsakt rechtswidrigund der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist. Vorliegend lässt sich eine eigene Rechtsverletzung der Klägerin durch die Einziehungsverfügung nicht feststellen, sodass bereits aus diesem Grunde die Berufung keinen Erfolg haben kann.

63

Die Klägerin wird nicht in ihrem hier allein näher in Betracht kommenden Recht aus Art. 28 Abs. 2 GG verletzt. Gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 GG muss den Gemeinden das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Hierzu gehört in erster Linie die kommunale Planungshoheit. Das durch Art. 28 Abs. 2 Satz GG gewährleistete Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde vermittelt gegen die Entscheidung eines überörtlichen Verwaltungsträger aber nur dann eine wehrfähige Rechtsposition, wenn das Vorhaben nachhaltig eine hinreichend konkrete Planung der Gemeinde stört oder wegen seiner Großräumigkeit wesentliche Teile des Gemeindegebiets einer durchsetzbaren kommunalen Planung entzieht oder erhebliche gemeindliche Einrichtungen beeinträchtigt (BVerwG, Urt. v 06.11.2013 - 9 A 9.12 -, UPR 2014, 223). Die kommunale Planungshoheit ist vorliegend jedoch erkennbar nicht betroffen. Vielmehr wächst der Gemeinde aufgrund der Entwidmung sogar ein „Mehr“ an Planungsmöglichkeit zu, weil nunmehr auch die bisherigen Hafenflächen von der Gemeinde überplant werden könnten.

64

Bei dem Landeshafen Friedrichskoog handelt es sich nicht um eine Einrichtung der Gemeinde, sodass auch nicht von einer erheblichen Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit einer gemeindlichen Einrichtung gesprochen werden kann.

65

Allerdings kann auch eine wesentliche Veränderung der verkehrlichen Infrastruktur der Gemeinde durch eine überörtliche Fachplanung das Selbstverwaltungsrecht verletzen. Die Planungshoheit umfasst jedoch nicht das Recht einer Gemeinde, dass ihre Verkehrsinfrastruktur unangetastet bleibt (BVerwG, Beschl. v. 18.03.2008 - 9 VR 5/07 - NuR 2008, 502). Auch unter diesem Aspekt liegt eine Rechtsverletzung der Klägerin erkennbar nicht vor. Die Verkehrsinfrastruktur der Gemeinde selbst wird durch die Einziehung des Landeshafens nicht berührt.

66

Auch die von der Klägerin befürchteten negativen wirtschaftlichen Auswirkungen stellen keine Verletzung einer gemäß § 28 Abs. 2 GG zu beachtenden verteidigungsfähigen Rechtsposition dar. Die Verschlechterung der Wirtschaftsstruktur, die die Klägerin - auch in touristischer Hinsicht - befürchtet, gehört zu dem Bereich möglicher künftiger Entwicklungen, die für sich alleine grundsätzlich keine Rechtsbeeinträchtigung der gemeindlichen Planungshoheit begründen können. Insoweit gibt es auch keinen für die Klägerin auf Art. 28 Abs. 2 GG zu stützenden „Bestandsschutz“ (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.09.1998 - 4 VR 11.98 -, NuR 1999, 631).

67

Die durch Art. 28 Abs. 2 GG ausgesprochene Gewährleistung der Selbstverwaltung umfasst auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung (§ 28 Abs. 2 Satz 2 GG). Eine Verletzung der Finanzhoheit kann jedoch nur dann angenommen werden, wenn durch die streitgegenständliche Maßnahme eine nachhaltige, von der Klägerin nicht mehr zu bewältigende und hinzunehmende Einengung ihrer Finanzspielräume verursacht würde (BVerwG, Urt. v. 18.06.1997 - 11 A 65.95 -, NuR 1998, 92). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Die als Folge der Einziehung des Hafens für die Zukunft unter Umständen befürchteten Gewässerunterhaltungslasten begründen insofern keine Rechtsverletzung gemeindlicher Rechte. Die Klägerin befürchtet finanzielle Unterhaltungslasten für den vielleicht zukünftig auftretenden Fall der Auflösung des für die Gewässerunterhaltung zuständigen Hauptsielverbandes Dithmarschen. Diese Überlegung ist jedoch zum einen spekulativ und zum anderen nicht geeignet, eine nachhaltige, von der Gemeinde nicht zu bewältigende Einengung ihres Finanzspielraumes nachvollziehbar zu begründen.

68

Allerdings beschränkt sich das Selbstverwaltungsrecht des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG nicht auf die gemeindliche Planungshoheit. Vielmehr sind die Gemeinden auch gegenüber solchen Maßnahmen überörtlicher Verwaltungsträger rechtlich geschützt, die das Gemeindegebiet oder Teile davon nachhaltig betreffen und die Entwicklung der Gemeinde beeinflussen (BVerwG, Beschl. v. 26.02.1996 - 11 VR 33.95 -, NuR 1996, 515). Im Einzelfall können zum Beispiel Abwägungsfehler im Rahmen einer überörtlichen Fachplanung das sogenannte Selbstgestaltungsrecht der Gemeinde verletzen (BVerwG, Urt. v. 30.05.2012 - 9 A 35.10 -, Juris Rn. 36). Das Selbstgestaltungsrecht schützt vor Maßnahmen, die das Ortsbild entscheidend prägen und hierdurch nachhaltig auf das Gemeindegebiet und die Entwicklung der Gemeinde einwirken. Letzteres ist beispielsweise aufgrund der massiven Wirkung einer 371 m langen und 12 m hohen Brücke, welche die Sichtbeziehungen einer Gemeinde tiefgreifend veränderte, bejaht worden. Aufgrund der damit verbundenen negativen Auswirkungen für das Ortsbild sei die Erheblichkeitsschwelle des Selbstgestaltungsrechts überschritten (BVerwG, Urt. v. 06.11.2013 - 9 A 9/12 - DVBl. 2012,1377). Hiermit lassen sich aber die Auswirkungen, die mit der hier streitgegenständlichen Maßnahme verbunden sind, nicht vergleichen. Das Ortsbild wird durch die Einziehung des Landeshafens unmittelbar überhaupt nicht berührt. Sollten infolge der eintretenden Versandung oder der Errichtung des Schöpfwerkes künftig keinerlei Schiffe mehr im Hafen liegen, verändert sich zwar eine seit langem bestehende Lage der Gemeinde. Diese liegt dann nicht mehr an einem Hafen. Solche Veränderungen lassen sich jedoch nicht mehr unter das in Art. 28 Abs. 2 GG geschützte Selbstgestaltungsrecht fassen. Der Umstand alleine, dass Einwohner der Klägerin die Lage ihrer Gemeinde an einem Landeshafen als identitätsstiftend ansehen, reicht hierfür nicht aus. Die Gemeinden sind nicht berechtigt, sich über die Anrufung der Verwaltungsgerichts zum „Kontrolleur“ der zur Wahrung öffentlicher Belange jeweils berufenden staatlichen Behörden aufzuschwingen; sie können auch nicht die grundrechtlich geschützten Abwehrinteressen ihrer Einwohner bei sich bündeln, indem sie diese als Sachwalterin der örtlichen Gemeinschaft geltend machen. Der Gemeinde kommen nicht deshalb „wehrfähige“ Rechte zu, weil der Allgemeinheit oder einzelnen Privatpersonen, die ihre Rechte selbst geltend machen können, ein Schaden droht (BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1001.04 -, NVwZ 2006, 1055).

69

Aus dem Vorstehenden folgt, dass die Anfechtungsklage zu Recht abgewiesen wurden. Die Berufung konnte bereits deshalb keinen Erfolg haben.

70

Ohne dass es hierauf entscheidungserheblich ankommt, erachtet der Senat die streitgegenständliche Einziehungsverfügung in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht für rechtmäßig.

71

Der Friedrichskooger Hafen ist als öffentlicher Hafen gewidmet worden und damit eine öffentliche Sache im Sinne des gewohnheitsrechtlich anerkannten öffentlichen Sachenrechts.

72

Eine Widmung als öffentlicher Hafen des Landes kann grundsätzlich durch formelles Gesetz, Rechtsverordnung, Satzung, Gewohnheitsrechtssatz, öffentlich-rechtliche Vereinbarung oder Verwaltungsakt erfolgen (Petersen, Deutschen Küstenrecht 1989, S. 141).

73

Eine Widmung des Landeshafens durch Gesetz liegt nicht vor. Die in § 136 LWG ausgesprochene Befugnis, die öffentlichen Häfen für den Verkehr zu benutzen, soweit die Benutzung nach dem Landeswassergesetz oder nach anderen Vorschriften nicht beschränkt ist, begründet die Widmung nicht, sondern setzt sie voraus (OVG Schleswig, Beschl. v. 29.01.1992 - 4 L 76/91 -, Juris, zur Vorgängervorschrift § 101 a LWG; Petersen, Deutsches Küstenrecht 1989 Rn. 535). Eine Widmung durch öffentlich-rechtliche Vereinbarung oder schriftliche Allgemeinverfügung liegt nicht vor. In dem vom Beklagten vorgelegten Aktenmaterial (Beiakten A - V) findet sich weder eine entsprechende Verfügung noch irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass es eine ausdrückliche Widmung in der Vergangenheit gegeben hat. Dieses wird vom Beklagten auch nicht vorgetragen.

74

Eine Widmung ist ein hoheitlicher Rechtsakt, durch den die öffentliche Stelle erklärt, dass die Sache einem bestimmten öffentlichen Zweck dienen soll und ihre Benutzung durch die Allgemeinheit geregelt wird. Dies setzt nicht zwingend eine (schriftliche) Widmungsverfügung voraus. Die Widmung kann vielmehr auch hoheitlich durch schlüssiges Verhalten erfolgen (OVG Schleswig, Beschl. v. 29.01.1992 - 4 L 76/91 -, Juris). Es reicht insoweit aus, dass der Wille des Trägers öffentlicher Gewalt erkennbar ist, die Sache sei einem bestimmten öffentlichen Zweck zu dienen bestimmt und werde der Allgemeinheit zur Benutzung zur Verfügung gestellt. Ein derartiger Erklärungswille kann aus Indizien abgeleitet werden. Unter anderem spricht für einen Widmungswillen auch die Erhebung öffentlich-rechtlicher Gebühren. Vorliegend hat das Land Schleswig-Holstein den Hafen Friedrichskoog seit der Übernahme nach dem 2. Weltkrieg als öffentlichen Hafen betrieben und unterhalten. Ob dies in erster Linie für die Versorgung der Bevölkerung mit Fisch zum Zwecke des Allgemeinwohls geschah, ist dabei nicht entscheidend. Das Land Schleswig-Holstein hat den Hafen unterhalten, insbesondere Ausbaggerungsarbeiten auf eigene Kosten durchführen lassen und auch Hafengebühren erhoben. Dies reicht vorliegend für die Annahme einer konkludenten Widmung aus. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass es allgemeiner Auffassung entspricht, dass der Hafen Friedrichskoog ein öffentlicher Landeshafen ist (vgl. Petersen, Küstenrecht 1989, S. 264).

75

Eine hinreichende Rechtsgrundlage für die Allgemeinverfügung, mit der der Beklagte die Einziehung des Landeshafens Friedrichskoog verfügt hat, ergibt sich aus der öffentlichen Sachherrschaft des Landes über den landeseigenen Hafen. Nach den gewohnheitsrechtlich begründeten Grundsätzen des Rechts der öffentlichen Sachen kann der Widmungsumfang einer Sache verändert, erweitert oder reduziert und auch beseitigt werden. Die öffentliche Zweckbestimmung durch Widmung kann durch einen entsprechenden Rechtsakt wieder aufgehoben werden (sogenannter actus contrarius, vgl. Papier, Recht der öffentlichen Sachen, 3. Aufl. 1998, S. 56; Petersen, Deutsches Küstenrecht 1989, Seite 143).

76

Der Beklagte hat demgegenüber die Einziehung auf der Grundlage einer analogen Anwendung von § 8 StrWG SH verfügt. Nach dieser Vorschrift kann eine öffentliche Straße, die keine Verkehrsbedeutung mehr hat, eingezogen werden (§ 8 Abs. 1 Satz 1 StrWG). Eine öffentliche Straße ist einzuziehen, wenn Gründe des öffentlichen Wohls vorliegen, die gegenüber privaten Interessen überwiegen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 StrWG). Diese Vorschrift regelt jedoch die Voraussetzungen für eine Einziehung öffentlicher Straßen im Sinne von § 2 StrWG, nicht jedoch die Einziehung von öffentlichen Häfen. Auch eine analoge Anwendung kommt nicht in Betracht. Die Regelungsbereiche sind unterschiedlich. Im Straßenrecht finden sich gesetzliche Normierungen zur Frage der Widmung und der Einziehung vor allem vor dem Hintergrund der zu berücksichtigenden Kerngewährleistung von Anliegerrechten im Straßenrecht, die an die wesentliche Bedeutung der Verbindung mit dem Straßennetz für die Nutzbarkeit eines Grundstücks anknüpfen. Demgegenüber lässt sich für das Wasserrecht, das stärker gemeinwohlorientiert ist, ein vergleichbarer Hintergrund nicht feststellen. Bereits deshalb liegen die Voraussetzungen einer Analogie nicht vor.

77

Das Landeswassergesetz enthält keine gesetzliche Regelung zur Frage der Einziehung öffentlicher Häfen. Auch wenn dies vielleicht wünschenswert wäre, kann von einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes - eine weitere Voraussetzung für eine analoge Anwendung des § 8 StrWG - nicht gesprochen werden. Dabei hat das Verwaltungsgericht zu Recht in den Blick genommen, dass es bei Regelungen zu öffentlichen Infrastruktureinrichtungen nicht zum gesetzlichen Standard gehört, die Voraussetzungen einer Widmung und einer Einziehung ausdrücklich zu regeln. So findet sich beispielsweise zum öffentlichen Eisenbahnverkehr anstelle des Gemeingebrauchs ein spezieller Zugangsanspruch für die Eisenbahninfrastruktur (§ 14 AEG), der mit speziellen Vorschriften zu den Voraussetzungen von Stilllegungen (§ 11 AEG) und der Freistellung von Bahnbetriebszwecken korrespondiert (§ 23 AEG). Über eine Freistellung entscheidet die zuständige Planfeststellungsbehörde, die sich dabei allein am Verkehrsbedürfnis zu orientieren hat. Bei Wasserstraßen sehen die § 1 und 5 WaStrG eine gesetzliche Befugnis zum Befahren mit Wasserfahrzeugen vor. Der Verlust der Eigenschaft als Bundeswasserstraße tritt auf der Grundlage einer Vereinbarung durch ein entsprechendes Bundesgesetz beziehungsweise eine Verordnung ein (§ 2 WaStrG). Vor diesem Hintergrund kann eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes nicht angenommen werden.

78

Der Umstand, dass der Beklagte die Einziehung in entsprechender Anwendung von § 8 StrWG verfügt hat, ist jedoch unschädlich, weil in der Sache die zu beachtenden Grundsätze für die Einziehung eines öffentlichen Hafens beachtet wurden (siehe dazu unten).

79

Die Widmung ist eine Allgemeinverfügung im Sinne von § 106 Abs. 2 LVwG und damit ein Verwaltungsakt. Der Senat hat deshalb erwogen, als Rechtsgrundlage für die Beseitigung der Widmung (Einziehung) die den Widerruf eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes regelnde Vorschrift des § 117 LVwG heranzuziehen. So ist in diesem Zusammenhang in der verwaltungsrechtlichen Literatur teilweise die Auffassung vertreten worden, als gesetzliche Grundlage für die Entwidmung käme § 49 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG in Betracht (vgl. hierzu Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff des Rechts der öffentlichen Sachen, Schriften zum öffentlichen Recht Bd. 651, S. 87). Eine Voraussetzung für die Anwendung des § 117 Abs. 2 Nr. 3 LVwG ist das Vorliegen eines rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsaktes. Die Widmung ist zwar ein Verwaltungsakt, jedoch kein begünstigender Verwaltungsakt im Sinne des § 117 Abs. 2 LVwG. Diese Vorschrift ist deshalb auf die Beseitigung einer Widmung nicht anwendbar. Durch die Widmung werden Rechte oder rechtlich erhebliche Vorteile weder zugesprochen noch abgesprochen. Derartige adressatlose Verwaltungsakte sind insoweit neutral (Stelkens/Bonk/Sachs VwVfG, Komm. 8. Aufl., § 49 Rn. 21).

80

Zu erwägen bleibt die Anwendung von § 117 Abs. 1 LVwG. Dies überzeugt jedoch letztlich nicht. Die Vorschriften über Rücknahme und Widerruf von Verwaltungsakten sind auf die Entwidmung nicht zugeschnitten. Dementsprechend ist in der Literatur auch darauf hingewiesen worden, dass, wenn die Notwendigkeit einer Entwidmung auf gewohnheitsrechtliche und damit ungeschriebene Grundsätze des Rechts der öffentlichen Sachen gestützt werde, in denselben gewohnheitsrechtlichen Grundsätzen auch die Grundlage für die Entwidmung gesehen werden müsse (vgl. zum Streitstand Angelika Leppin, „Rechtsprobleme bei der Umstrukturierung deutscher Bahnhöfe vor dem Hintergrund der gemeindlichen Planungshoheit, des Fachplanungsrechts sowie des öffentlichen Sachenrechts“, Verfassungs- und Verwaltungsrecht unter dem Grundgesetz, Bd. 29, S. 173 f.) Soweit ersichtlich sind die Vorschriften über Rücknahme und Widerruf von Verwaltungsakten in der obergerichtlichen Rechtsprechung auch bislang nicht als Rechtsgrundlage von Entwidmungen herangezogen worden. Auch die Verfahrensbeteiligten haben dies nicht in Erwägung gezogen. Im Übrigen merkt der Senat an, dass - wollte man entgegen der hier vertretenen Auffassung die Rechtsgrundlage in der Vorschrift des § 117 Abs. 1 LVwG sehen (vgl. hierzu Stelkens/Bonk/Sachs VwVfG, Komm. 8. Aufl., § 49 Rn. 21) - im Ergebnis keine Bedenken an der Rechtmäßigkeit der vom Beklagten verfügten Einziehung bestünden.

81

Richtigerweise hat nach allem das Verwaltungsgericht die Rechtsgrundlage für die Einziehung den allgemeinen Grundsätzen des Rechts der öffentlichen Sachen entnommen, wonach die öffentliche Zweckbestimmung einer Sache durch Widmung durch einen entsprechenden Rechtsakt (actus contrarius) wieder aufgehoben werden kann.

82

Verfahrensfehler bei der Einziehung des Landeshafens sind nicht ersichtlich. Insbesondere war nicht die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens geboten. Ein solches findet nur statt, wenn es durch Rechtsvorschrift angeordnet ist (§ 139 Abs. 1 LVwG). Dies ist bezüglich der Einziehung eines Hafens nicht der Fall.

83

In welcher Form eine Entwidmung eines Landeshafens zu erfolgen hat, ist nicht geregelt. Der Beklagte hat aber in jedem Falle den hier zu stellenden Publizitätsanforderungen (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 16.12.1988 - 4 C 48.86 - Buchholz 406.11 § 38 BauGB Nr. 4 = BVerwGE 81, 111; zur „Entwidmung“ von nicht planfestgestellten Bahnanlagen nach früherem Recht) Genüge getan, indem er sich hinsichtlich der Bekanntgabe der Einziehungsabsicht, der Auslegung des Erläuterungsberichtes und der Bekanntgabe der Einziehungsentscheidung an das für die Einziehung von Straßen vorgeschriebene Verfahren angelehnt hat.

84

Die Berufung macht geltend, die Einziehung bedürfe einer vom parlamentarischen Gesetzgeber erlassenen Rechtsgrundlage. Die Heranziehung von Gewohnheitsrecht verstoße gegen den Gesetzesvorbehalt. Dem folgt der Senat nicht.

85

Der Vorbehalt des Gesetzes verlangt, dass staatliches Handeln in bestimmten grundlegenden Bereichen durch förmliches Gesetz legitimiert wird. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen und darf sie nicht anderen Normgebern überlassen. Wann es danach einer Regelung durch den parlamentarischen Gesetzgeber bedarf, lässt sich nur mit Blick auf den jeweiligen Sachbereich und auf die Eigenart des betroffenen Regelungsgegenstandes beurteilen. Die verfassungsrechtlichen Wertungskriterien sind dabei den tragenden Prinzipien des Grundgesetzes, insbesondere den darin verbürgten Grundrechten, zu entnehmen. Danach bedeutet wesentlich im grundrechtsrelevanten Bereich in der Regel „wesentlich für die Verwirklichung der Grundrechte“. Die Tatsache, dass eine Frage politisch umstritten ist, führt dagegen für sich genommen nicht dazu, dass diese als wesentlich verstanden werden müsste (BVerwG, Beschl. v. 17.02.2015 - 4 B 56.14 -, Juris). Hiernach bedarf es im Zusammenhang mit dem Betrieb eines öffentlichen Hafens spezieller gesetzlicher Regelungen etwa bezüglich der Ermächtigung zur Gefahrenabwehr sowie der Zulassung von Häfen und Anlagen sowie der Konzessionierung von Seeverkehrsleistungen. Entsprechende Rechtsgrundlagen sehen § 137 und §§ 139 f LWG vor. Ihr Fehlen würde gegen den Gesetzesvorbehalt verstoßen. Anders liegt es bei der Frage der Widmung und Entwidmung. Die Entscheidung der zuständigen Behörde über die Frage des „Ob“ eines öffentlichen Hafens greift nicht unmittelbar in Grundrechte ein. Weder mit der Widmung noch mit der Entwidmung werden Rechte oder rechtlich erhebliche Vorteile unmittelbar zugesprochen oder abgesprochen (Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., § 49 Rn. 21). Es begegnet im Hinblick auf den Grundsatz des Gesetzesvorbehaltes deshalb keinen Bedenken, als Rechtsgrundlage die gewohnheitsrechtlich anerkannten Grundsätze des öffentlichen Sachenrechts heranzuziehen.

86

Das Verwaltungsgericht hat die Auffassung vertreten, dass das Land bei der Frage der Entwidmung einen großen Entscheidungsspielraum habe, weil es nach dem Landeswassergesetz nicht verpflichtet sei, einen solchen Hafen zu betreiben und das Landeswassergesetz für eine Einziehung keine gesetzlichen Grenzen setze. Das LWG begründe zur Frage des „Ob“ und „Wie“ des Betriebes eines öffentlichen Hafens nicht einmal einen Anspruch für Nutzer und Anlieger auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung. Deshalb werde der Handlungsspielraum des Hafenträgers bei seinen Entscheidungen nur durch die Grundrechte und das aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Verbot willkürlichen staatlichen Handels begrenzt. In diesem Zusammenhang wendet die Berufung ein, es könne wegen der Vielzahl der beeinträchtigten Interessen von Hafenanliegern und Hafennutzern nicht angehen, dass bei der Entscheidung über das „Ob“ eines öffentlichen Hafens die Entscheidungen nur durch Grundrechte und das Willkürverbot begrenzt seien. Die Interessen der einzelnen Hafennutzer müssten berücksichtigt und abgewogen werden.

87

Hierzu ist festzustellen, dass sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und damit letztlich aus dem Rechtsstaatsprinzip die Verpflichtung ergibt, über eine Entwidmung ausschließlich nach sachlichen Erwägungen und in ermessensgerechter Weise zu entscheiden. Diesen Vorgaben wird die Einziehungsverfügung gerecht. Sie ist insbesondere auf nachvollziehbare sachliche Gründe gestützt worden. Auch die mit den Einwendungen geltend gemachten Bedenken sind einbezogen worden worden. Das Verwaltungsgericht hat hierzu im Parallelverfahren 3 A 165/14) folgendes ausgeführt:

88

„Der Beklagte hat dargelegt, dass eine Abwägungsentscheidung getroffen wurde, im Rahmen derer ausschlaggebend war, dass die Zahl der Anläufe von Fischereifahrzeugen ebenso wie die Umschlagmenge in den letzten Jahren auf ein geringes Maß gesunken ist, und dass für den Hafenbetrieb ein erheblicher jährlicher Zuschussbedarf sowie ein erheblicher Sanierungsbedarf in der Zukunft besteht. Der Beklagte hat ferner dargelegt, dass eine Investition in ein Schöpfwerk sinnvoller sei, da damit eine Entwässerung der Köge auch in Zukunft - bei fortschreitender Verlandung des in Rede stehenden Küstenbereiches- sicher gewährleistet sei. Durch die zunehmende Sedimentation im Küstenbereich vor dem südlichen Dithmarschen werde die Entwässerung der Köge zunehmend problematisch; bei anhaltendem Trend werde die Entwässerung des Binnenlandes in freier Vorflut in 10 bis 15 Jahren nicht mehr möglich sein. Hierzu ist in der mündlichen Verhandlung erläutert worden, dass unter dem Gesichtspunkt des Küstenschutzes und einer gesicherten Entwässerung der Umstand in den Blick zu nehmen sei, dass sich zukünftig der Tidenhub und der Einfluss von Stürmen verstärken werde.

89

Diese Gesichtspunkte sind im Rahmen der angefochtenen Entscheidung in Beziehung gesetzt worden zu den Nachteilen für die Betroffenen, insbesondere den Nachteilen für die Gemeinde Friedrichskoog, die Gewerbetreibenden in Friedrichskoog sowie die Bewohnerinnen und Bewohner. Mit allen Einwendungen von Betroffenen hat sich das zuständige Ministerium ausführlich auseinandergesetzt.

90

All dies spricht dafür, dass die Einziehungsentscheidung auf einer an sachlichen Kriterien orientierten Neubewertung des öffentlichen Interesses daran beruht, dass das Land einen Landeshafen in Friedrichskoog betreibt. Die von den Klägern geübte Kritik, es sei nicht gründlich genug nach anderen Lösungen gesucht worden, bzw. es gehe hier um ein rechtsmissbräuchliches Handeln des Landes, hält die Kammer nach Prüfung des Sachverhalts nicht für berechtigt.

91

Wie die aktenkundigen Feststellungen von verschiedenen Fachämtern und Wissenschaftlern zeigen, geht es hier um einen öffentlichen Hafen, dessen Betrieb bereits seit Jahrzehnten wegen des Versandungsproblems nur aufgrund außerordentlicher Anstrengungen aufrechterhalten werden kann. Danach ist der Hafen Friedrichskoog ungünstig gelegen, da er im Bereich der Elbmündung in einem Nordseeküstenabschnitt mit den höchsten Anschlickungs- und Anwachsraten liegt. Bereits im Jahr 1900 scheint es Versandungsprobleme gegeben zu haben, denn dies dürfte einer der Gründe für die damalige Errichtung eines zunächst nur 1000 m langen Leitdamms gewesen sein. Infolge der Eindeichung des Dieksander Koogs und der damit verbundenen Änderung der Verhältnisse im Vorland verstärkte sich das Versandungsproblem noch. Das Marschenbauamt Heide berichtete dann im Jahre 1973 ausführlich über die geomorphologischen Verhältnisse und führte aus, dass eine starke Verlandungstendenz bestehe und sich die Gesamtsituation weiter nachteilig entwickeln werde. Die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Kiel und das Landesamt für Wasserhaushalt und Küsten kamen 1974 (Bericht vom 28.05.1974) übereinstimmend zu dem Schluss, Hafen und Zufahrt würden auch mit „Regelwerken“ in überschaubarer Zeit ein Opfer der Anlandungsprozesse werden, so dass rechtzeitig Folgerungen aus dieser unabänderlichen Entwicklung gezogen werden sollten. Neuere Untersuchungen und Variantenprüfungen haben kein anderes Ergebnis erbracht. Den eingeholten externen Gutachten von Prof. F... und Prof. M... lassen sich keine Anhaltspunkte für grundlegende Fehler in der fachbehördlichen Einschätzung entnehmen. Diesen Gutachten lassen sich auch keine Problemlösungsvorschläge entnehmen, die zwingend hätten aufgegriffen werden müssen.“

92

Diesen Ausführungen tritt der Senat bei und nimmt auf sie zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug. Anzumerken ist lediglich, dass es sich bei der Entscheidung des Beklagten nicht um eine planerische Abwägungsentscheidung handelt. Die vom Beklagten in der Begründung der Einziehungsentscheidung angestellten Erwägungen tragen jedoch die Annahme einer ermessensfehlerfreien Entscheidung des Beklagten.

93

Dieser hat sich auf die Untersuchungen nicht nur der eigenen Fachbehörden, sondern auch externer Gutachter gestützt. Dabei wurden hinsichtlich des Baggerkonzeptes und der Versandungsreduzierung diverse Varianten diskutiert. Im Gutachten von Prof. M... (Modelluntersuchungen zur Bewertung von Maßnahmenalternativen zur Verbesserung der Zufahrtsituation zum Hafen Friedrichskoog und zur Aufrechterhaltung der Binnenentwässerung, Februar 2010) werden insgesamt 7 Varianten gegeneinandergestellt, die nicht nur auf dem bestehenden Hafen-Layout basieren, sondern teilweise auch erhebliche bauliche Veränderungen zum Gegenstand haben. Untersucht wird beispielsweise auch die Effektivität der Verbindung des Hafenbereiches mit dem Außentief über einen zum Hafenpriel abgewinkelten Seitenkanal (Variante 2) und einen Spülpolder (Variante 3), der während der Ebbphase geöffnet wird, um mit dem Spülstrom zuvor abgelagerte Sedimente aus dem Hafenpriel auszuräumen und demzufolge auch den Sedimentaufwuchs im Hafenpriel zu vermindern. Als Schlussfolgerung kommt das Gutachten zum Ergebnis, Varianten mit Optimierung durch baggertechnische Vertiefung könnten zur Reduzierung der Baggervolumina führen - allerdings auf Kosten einer erhöhten Baggerfrequenz. Die Varianten mit Änderung durch Baumaßnahmen ließen insgesamt die geringsten Sedimentationsvolumina erwarten. Es sei aber - etwa bei der Spülpolder-Variante - mit Sedimentation im Polder zu rechnen, was zu erheblichen zusätzlichen Betriebskosten führen könne. Die Varianten mit Änderung durch Baumaßnahmen sollten vor dem Hintergrund, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit Folgeprobleme und -kosten entstehen, mit Vorsicht betrachtet werden.

94

Insgesamt lassen sich den fachlichen Einschätzungen weder der Fachbehörden noch der externen Gutachter Varianten entnehmen, die sich unter Berücksichtigung der damit verbundenen Kosten und Risiken für eine nähere Prüfung dem Beklagten hätten aufdrängen müssen.

95

Die Einschätzung des Landesbetriebs für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz Schleswig-Holstein (LKN-SH) vom 10. Dezember 2009, wonach keine der betrachteten Varianten eine signifikante Entlastung der hohen Bagger- und Hafenbetriebskosten gegenüber den geringen Einnahmen aus den Hafengebühren bei langfristiger Aufrechterhaltung der Schifffahrt beziehungsweise Anpassung an die Schifffahrt erwarten ließen, ist durch das Gutachten M... nicht in Frage gestellt worden.

96

Die Frage der Erforderlichkeit der Schließung des Landeshafens Friedrichskoog ist nicht neu. Die Risiken der Durchführung bisher unerprobter kostspieliger baulicher Veränderungen des Hafens einerseits und der Schwierigkeiten andererseits, den Hafen trotz zunehmender Versandung durch Ausbaggerungsarbeiten für alle Zukunft offenzuhalten, war dem Beklagten seit langem bewusst. Im Gutachten von Prof. F... vom 10. Oktober 1975 wird ausgeführt, dass langfristige Lösungen nur dann gefunden werden könnten, wenn die Gründe für die Verlandung des Hafens beseitigt würden. Der Hafenpriel habe fast alle seitlichen Watteinzugsgebiete verloren und das Tidevolumen des Hafens reiche nicht aus, um durch eine natürliche Räumwirkung den Hafenpriel freizuhalten. Am landseitigen Ende des Hafenprieles würden die Strömungsgeschwindigkeiten so klein, dass sich die Feststoffe bevorzugt auf dieser Strecke des Hafenprieles absetzen würden. Dadurch werde die Tidekurve auf dem Weg durch den Hafenpriel in der Art verformt, dass sich bei einem um rund 0,9 m angehobenen Niedrigwasser ein sehr steiler Flutast ausbilde, der bis zu einer sogenannten Bore aufgesteilt werden könne. Bei dem dadurch bedingten kurzeitigen aber starken Flutstrom würden die Feststoffe dann hafenwärts verfrachtet; eine durch die Verengung im Schleusenquerschnitt bewirkte örtliche Beschleunigung sauge dann die Feststoffe geradezu in den Hafen hinein, indem sie wegen der zwar langdauernden aber viel zu kleinen Ebbströmung abgelagert würden. Wegen dieser Zusammenhänge könnten Unterhaltungsbaggerungen im Hafen wie im Vorhafen, die immer weiter an Umfang zunähmen, keine dauernde Lösung zur Offenhaltung des Hafens sein. Die von ihm vorgeschlagene Errichtung eines Spülpolders sei wirtschaftlicher als bisher vorgeschlagene bauliche Maßnahmen, enthielte allerdings das Risiko, dass für eine Ausführung keine Erfahrungen vorliegen könnten, weshalb eine besonders sorgfältige theoretische Prüfung erforderlich sei.

97

Wenn die Landesregierung durch Kabinettsbeschluss im April 1976 sich seinerzeit sowohl gegen eine ebenfalls diskutierte Entwidmung des Hafens als auch gegen die Durchführung kostenintensiver, unerprobter und von daher risikobehafteter baulicher Maßnahmen und für die Freihaltung des Hafens durch laufende Ausbaggerungsarbeiten entschloss, so handelt es sich hierbei um eine politische Entscheidung, die keine rechtliche Bindungswirkung für die Zukunft entfalten konnte und für sich genommen die Rechtmäßigkeit der nunmehr erfolgten Einziehung nicht in Frage stellt.

98

Zum Vorwurf unterlassener Unterhaltungsarbeiten in der Vergangenheit und unzureichender Überprüfung baulicher Alternativen zur Reduzierung der Versandung des Hafens hat das Verwaltungsgericht im Parallelverfahren (3 A 165/14) folgendes ausgeführt:

99

„Auch die in der Klagebegründung hervorgehobene Übersicht über die Entwicklung der Aushubmengen in den Jahren 2000 bis 2010 (Anlage K5) belegt nicht den Vorwurf pflichtwidrigen Handelns. Zwar trifft es zu, dass das Volumen des jährlichen Baggeraushubs seit dem Jahre 2006 deutlich gesunken ist (von ca. 147.000 cbm in 2006 auf ca. 100.000 cbm in 2013), hieraus lässt sich jedoch keine Verantwortung des Landes für die reduzierte Nutzung des Hafens ableiten. Dagegen spricht bereits der Umstand, dass der stärkste Nutzungsrückgang in den Jahren 2000 - 2007 zu verzeichnen war, als der jährliche Baggeraushub noch bei 120.000 - 147.000 cbm lag. Außerdem besteht kein Anlass, die Anstrengungen des Landes in den Jahren 2007 bis 2013 gering zu schätzen, denn auch in diesen Jahren sind immerhin Aushubmengen von mindestens 100.000 cbm bewältigt worden. Das Land hat damit in diesem Zeitraum die Anstrengungen gegenüber dem Jahr 1954 (20.000 cbm) immerhin verfünffacht. Größere Anstrengungen sind aufgrund nachvollziehbarer Erwägungen unterblieben. Hierzu ist dargelegt worden, die Gewährleistung einer Fahrwassertiefe von 2,5 m würde wahrscheinlich auch Baggerarbeiten im Hafenpriel und im vorgelagerten Watt erfordern, was zur Erhöhung der Baggerkosten auf rd. 950.000,- € p.a. führen würde (Vermerk vom 19.12.2013, Beiakte G). Dass man dies auch mit Blick auf die Situation im Wattwasserfahrbereich vor dem Hafenpriel nicht für angemessen erachtete, ist somit mit vertretbaren Überlegungen begründet worden.

100

Entsprechendes gilt angesichts der Erläuterungen von Beklagtenseite zu den Vorwürfen bezüglich des Umgangs mit einem „Schachtpriel“, zumal dem Beitrag dieses Schachtpriels zur Problemlösung in den Untersuchungen des LKN und auch dem Gutachten von Prof. M... keine wesentliche Bedeutung beigemessen wurde.

101

Auch der Argumentation bezüglich der Schlüsse, die aus einer ungünstigen Gestaltung des Sperrwerks (niedriger Drempel) zu ziehen sind, folgt die Kammer nicht. Die Beklagtenvertreter haben in der mündlichen Verhandlung zwar bestätigt, dass auch sie in der Absenkung des Drempels in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts ein Problem sehen, weil dies die Gewährleistung einer besonders niedrigen Sohle am Sperrwerk erfordert; möglicherweise habe man damit damals die Zugänglichkeit für Schiffe mit größerem Tiefgang gewährleisten wollen. Den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs bzw. der Willkür rechtfertigt dieser Aspekt nicht. Zu den Umständen, die ein Hafenträger zu bewältigen hat, gehört auch der Umgang mit nicht optimal gestalteten Bauwerken; dazu gehört auch die Entscheidung, ob etwaige Nachteile dauerhaft hingenommen werden, oder eine bauliche Veränderung vorgenommen wird. Im Übrigen sind die Versandungsprobleme nicht erst nach dem Umbau des Sperrwerks in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts aufgetreten, sondern waren bereits 1973/1974 vom Marschenbauamt Heide, von der WSD Nord und vom Landesamt für Wasserhaushalt und Küsten problematisiert worden. Die Kammer sieht auch in diesem Zusammenhang keine Anhaltspunkte für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Landes.

102

Soweit die Kläger darauf hinweisen, im Planfeststellungsverfahren zur Fahrrinnenanpassung der Unter- und Außenelbe sei vom Beklagten angemahnt worden, dass die Verbringung des Elbschlicks in die Elbmündung zu einer Versandung des Hafens Friedrichskoog führen werde, ist nicht ersichtlich, warum diese Problematik rechtlich relevant sein sollte. Selbst wenn es im Zusammenhang mit dem planfestgestellten Vorhaben zu einer weiteren Verstärkung der Versandungsproblematik in Friedrichskoog gekommen sein sollte, ist zu bedenken, dass dies auf einem Planfeststellungsbeschluss beruht und damit Folge einer rechtmäßigen Maßnahme wäre. Dies kann daher nicht dem Land Schleswig-Holstein als Fehlverhalten zugerechnet werden.

103

Nicht überzeugend ist auch die Auffassung der Kläger, das Land Schleswig-Holstein habe die Möglichkeiten zu Kosteneinsparungen nicht genutzt, die sich in baulicher Hinsicht (Maßnahmen im Vorlandbereich) ergeben hätten. Den vorliegenden Akten ist vielmehr zu entnehmen, dass die in Betracht kommenden Alternativen zur Baggerungslösung und alle Optimierungsvorschläge mehrfach von den Fachbehörden unter Hinzuziehung von Wissenschaftlern gründlich geprüft, und - in nachvollziehbarer Weise - als zu kostspielig und nicht nachhaltig zielführend bewertet wurden.

104

Dass das Land z. B. den Vorschlag von Prof. F... zur Errichtung eines Spülpolders nicht aufgriff, ist nachvollziehbar, da der Sachverständige selbst von einer „unkonventionellen“ Baumaßnahme gesprochen hat, die mit Risiken behaftet sei. Die Befürchtung, dass ein solcher Spülpolder keine nachhaltige Lösung ist, ist nachvollziehbar, zumal dies die Fachbehörden schon 1974 -gestützt auf Erfahrungen mit entsprechenden Versuchen- eingewendet haben. Die Erfahrungen mit Sedimentationsbecken, die 1990 im Zusammenhang mit Deichbaumaßnahmen im Dieksander Koog gemacht wurden (vgl. Drucksache 17/613), bestätigten diese Einschätzung. Auch wenn die Bundesanstalt für Wasserbau im Jahr 2014 eine positivere Prognose gestellt haben mag, wie die Kläger berichten, ist die ablehnende Haltung des Beklagten hierzu angesichts der eigenen Erfahrungen jedenfalls nachvollziehbar.

105

Entsprechendes gilt auch für die vom LKN am 10.12.2009 geprüfte Variante 6 (Anschluss des Grüppensystems im Vorlandbereich als Spülpolder), auf die mit der Klagebegründung besonders hingewiesen wird. Der LKN hat hierzu zwar ausgeführt, bei vergleichsweise geringen Investitionskosten von 270.000 € sei ein vergleichsweise günstiger Effekt in Form einer Reduktion der Baggermengen von rund 35 % zu erwarten. Insgesamt gelangt der Bericht jedoch zu dem Ergebnis, keine der betrachteten Varianten lasse eine signifikante Entlastung der hohen Bagger- und Hafenbetriebskosten gegenüber den geringen Einnahmen aus den Hafengebühren bei langfristiger Aufrechterhaltung der Schifffahrt bzw. Anpassung an die Schifffahrt erwarten.

106

Auch das Gutachten von Prof. M... von der CAU Kiel aus Februar 2010 (Beiakte T) ergab keine bessere Perspektive. In der Stellungnahme heißt es, Baumaßnahmen zur Lösung des Problems wären mit hoher Wahrscheinlichkeit mit Folgeproblemen und Folgekosten verbunden, und sollten daher mit Vorsicht betrachtet werden. Eine Optimierung der baggertechnischen Vertiefung könne zur Reduzierung der Baggervolumina führen, allerdings auf Kosten einer erhöhten Baggerfrequenz.

107

In einer aktuellen Untersuchung mit Variantenerörterung vom 10.03.2014 ist das LKN erneut zu dem Ergebnis gelangt, dass der Ersatz des Sperrwerks durch ein Schöpfwerk einschließlich der Seewasserversorgung der Seehundstation die günstigste Variante sei; die entscheidenden Argumente ergäben sich aus dem zu erwartenden Anstieg der Wasserstände, wonach die Entwässerung des Binnenlandes in 10 -15 Jahren nicht mehr möglich sein werde.

108

Die Kammer teilt auch nicht die Zweifel der Klägerin zu 2) an den Angaben des Beklagten zu anstehenden Sanierungsmaßnahmen am Sperrwerk. Hierzu ist in der mündlichen Verhandlung vom Leiter des LKN erläutert worden, dass ein entsprechender Sanierungsbedarf von den Fachleuten des Amtes festgestellt worden sei; eine Untersuchung im Rahmen einer Trockenlegung im Jahre 2013 habe diesen Befund bestätigt. Zur Gewährleistung des sicheren Betriebs des Sperrwerkes müssten die festgestellten Schäden und Undichtigkeiten behoben werden. Da die Kläger für ihre Vermutung, dass ein Sanierungsbedarf nur vorgeschoben werde, keine konkreten Anhaltspunkte benannt haben, sieht die Kammer keinen Anlass, die Richtigkeit der Erläuterungen des Leiters des LKN zu bezweifeln.“

109

Diesen Ausführungen folgt der Senat und nimmt auf sie zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug. Lediglich ergänzend sei ausgeführt, dass sich der Beklagte auch nach Vorlage des Gutachtens M... vor der Einziehungsverfügung noch mit den verschiedenen Varianten zur Reduzierung der Versandung auseinandergesetzt hat. Dies zeigt der Vermerk des LKN SH vom 10. März 2014. Dort heißt es - zusammenfassend - die Auswertung der flächenhaften Vermessungen der Friedrichskoog vorgelagerten Watten des Elbmündungstrichters zeigten, dass die Watten und Vorländer im Elbeästuar stark angewachsen seien. Damit würden sich auch die mit jeder Tide ein- und ausströmenden Wassermengen reduzieren. Dies wiederum führe zu einer Verkleinerung der Querschnitte der Priele und damit zu erschwerten Bedingen für die ein- und auslaufenden Kutter. Sollten die Tidenniedrigwasserstände auch weiterhin um mehr als 2 cm pro Jahr steigen, so werde die Entwässerung aufgrund der Höhenlage des Einzugsgebietes zunehmend problematisch werden. Bei anhaltendem Trend werde die Entwässerung des Binnenlandes in 10 bis 15 Jahren nicht mehr möglich sein. Auch nach Aussage der Bundesanstalt für Wasserwirtschaft sei der Bau eines Schöpfwerkes in den nächsten Jahren unumgänglich. Die erwogene Maßnahme der Herstellung eines Spülpolders könne auch nach Aussage der Bundesanstalt für Wasserwirtschaft nur dann eine nachhaltige Wirkung erzielen, wenn der Spülpolder bei jeder Tide vollständig gefüllt werde. Dies bedeute, dass mit jeder Füllung Sediment eingetragen werde und sich im Spülpolder ablagere. Damit sei eine regelmäßige Unterhaltung des Spülpolders unumgänglich. Die von der Bundesanstalt für Wasserwirtschaft geschätzte Erfolgswahrscheinlichkeit von 80 % für diese bauliche Variante sei aus Sicht des LKN SH zu bezweifeln.

110

Unabhängig von den damit verbundenen Kosten gab es jedenfalls keine „Erfolgsgarantie“ dieser (oder einer anderen) baulichen Variante. Insgesamt teilt der Senat die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass der Beklagte rechtsfehlerfrei zu der Entscheidung kommen durfte, den Hafen wegen der geringen Verkehrsbedeutung und der auch künftig zu befürchtenden hohen Unterhaltungskosten einzuziehen.

111

Weder der in der Einziehungsverfügung darüber hinaus geregelte Widerrufsvorbehalt noch die Regelungen zu Ziffer 3 und 4 der Verfügung verletzen Rechte der Klägerin. Ob durch Ziffer 3 und Ziffer 4 der Einziehungsverfügung über eine deklaratorische Aussage hinaus überhaupt etwas geregelt wird, kann deshalb unerörtert bleiben.

112

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

113

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

114

Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe hierfür (§ 132 Abs. 2 VwGO) nicht gegeben sind.


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 42


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 28


(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben,

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Baugesetzbuch - BBauG | § 38 Bauliche Maßnahmen von überörtlicher Bedeutung auf Grund von Planfeststellungsverfahren; öffentlich zugängliche Abfallbeseitigungsanlagen


Auf Planfeststellungsverfahren und sonstige Verfahren mit den Rechtswirkungen der Planfeststellung für Vorhaben von überörtlicher Bedeutung sowie auf die auf Grund des Bundes-Immissionsschutzgesetzes für die Errichtung und den Betrieb öffentlich zugä

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(1) Die Verbandsversammlung kann mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der vertretenen Stimmen die Auflösung des Verbands beschließen, wenn die Verbandsaufgaben entfallen sind oder durch den Verband nicht mehr zweckmäßig erfüllt werden können oder der Fortbestand des Verbands aus anderen Gründen nicht mehr erforderlich ist. Der Beschluß bedarf der Genehmigung der Aufsichtsbehörde.

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(3) Die Auflösung ist von der Aufsichtsbehörde unter Aufforderung der Gläubiger zur Anmeldung ihrer Ansprüche öffentlich bekanntzumachen.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

Jedermann darf im Rahmen der Vorschriften des Schifffahrtsrechts sowie der Vorschriften dieses Gesetzes die Bundeswasserstraßen mit Wasserfahrzeugen befahren. Das Befahren der bundeseigenen Talsperren und Speicherbecken ist nur zulässig, soweit es durch Rechtsverordnung nach § 46 Nr. 2 gestattet wird. Das Befahren der Bundeswasserstraßen in Naturschutzgebieten und Nationalparken nach den §§ 23 und 24 des Bundesnaturschutzgesetzes kann durch Rechtsverordnung, die das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit erlässt, geregelt, eingeschränkt oder untersagt werden, soweit dies zur Erreichung des Schutzzweckes erforderlich ist.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

Tatbestand

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Die Klägerin ist eine Gemeinde mit ca. 580 Einwohnern im Süden von Bad Segeberg. Sie wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 30. April 2012 für den Neubau der Bundesautobahn A 20, Nord-West-Umfahrung Hamburg, Teilstrecke B 206 westlich Wittenborn bis B 206 westlich Weede, der als ortsnahe Südumfahrung von Bad Segeberg eine Trassenführung am nördlichen Ortsrand der Klägerin vorsieht.

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Die Linienbestimmung für den streitgegenständlichen Abschnitt erfolgte zunächst in einem eigenständigen Verfahren unter der Bezeichnung "Neubau der BAB A 20 Bad Segeberg - Lübeck, Abschnitt 5, Raum Segeberg". Die Planungsunterlagen einschließlich einer Umweltverträglichkeitsstudie, bestehend aus Raumempfindlichkeitsanalyse (UVS Teil I) und Variantenvergleich (UVS Teil II) wurden zwischen November 1994 und April 1999 erarbeitet (sog. "Voruntersuchung Streckenabschnitt 5"). Gegenstand des Hauptvariantenvergleichs waren drei sich deutlich unterscheidende Trassenverläufe: eine kombinierte Ausbau-/Neubauvariante (Ausbau der B 206 östlich Bad Segebergs und der Ortsdurchfahrt Bad Segebergs sowie Neubau westlich der Ortslage Bad Segeberg, Variante 1), eine ortsnahe Südumfahrung Bad Segebergs als Neubauvariante (Variante 2) sowie eine weite Südumfahrung Bad Segebergs als Neubauvariante mit Versatz auf der A 21 (Variante 3, sog. Schwissellinie). Nach Abschluss der Voruntersuchungen wurden die Unterlagen in der Zeit vom 7. Juni bis zum 7. Juli 1999 in der Stadt Bad Segeberg sowie in den Ämtern Segeberg-Land und Leezen öffentlich ausgelegt.

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Für den sich westlich an den streitgegenständlichen Abschnitt anschließenden deutlich längeren Abschnitt gab es ein separates Linienbestimmungsverfahren unter der Bezeichnung "A 20, Nord-West-Umfahrung Hamburg, Abschnitt A 26 (Niedersachsen) bis Bad Segeberg (Schleswig-Holstein)". Für diesen Abschnitt fand eine großräumige Variantenprüfung zur Linienfindung statt. Die Unterlagen (Untersuchung zur Linienfindung von Oktober 2002) wurden vom 6. Januar bis 6. Februar 2003 in 30 Städten, amtsfreien Gemeinden und Amtsverwaltungen öffentlich ausgelegt, darunter auch im Rathaus der Stadt Bad Segeberg, der Amtsverwaltung Leezen und der Amtsverwaltung Segeberg-Land (heute: Trave-Land).

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Ab Oktober 2004 wurde das Linienbestimmungsverfahren für beide Abschnitte gemeinsam fortgeführt. Im November 2004 stellten die Länder Schleswig-Holstein und Niedersachsen beim Bundesverkehrsministerium unter Vorlage eines gemeinsamen Erläuterungsberichts den formellen Antrag nach § 16 FStrG auf Bestimmung der Linie für die "A 20, Nord-West-Umfahrung Hamburg, Abschnitt A 26 (Niedersachsen) bis Weede, östlich Bad Segeberg (Schleswig-Holstein)". Der Antrag umfasste eine Strecke mit einer Gesamtlänge von ca. 95 km. Aufgrund deutlicher Vorteile in verkehrlicher und städtebaulicher Hinsicht hatte man für den streitgegenständlichen Abschnitt - den früheren "Streckenabschnitt 5" - die Variante 2 (ortsnahe Südumfahrung Bad Segebergs) in der Untervariante 2.1 als Vorzugsvariante ermittelt. Mit Schreiben vom 28. Juli 2005 bestimmte das Bundesverkehrsministerium im Benehmen mit den obersten Landesplanungsbehörden der beiden Länder die beantragte Linienführung mit verschiedenen Anmerkungen und Maßgaben.

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Die Vorhabenträgerin beantragte im September 2006 die Durchführung des Anhörungsverfahrens für eine im Wesentlichen der Linienbestimmung entsprechende Trassenführung. Die Planunterlagen wurden vom 14. November bis 14. Dezember 2006 ausgelegt. Einwendungen konnten bis einschließlich 11. Januar 2007 erhoben werden. Zwischen Februar und Mai 2008 fanden verschiedene Erörterungstermine statt. Im August 2009 beantragte die Vorhabenträgerin die Durchführung eines Planänderungsverfahrens. Die geänderten Unterlagen und Pläne lagen in der Zeit vom 19. Oktober bis 19. November 2009 bzw. vom 9. November bis 9. Dezember 2009 öffentlich aus. Die Frist zur Abgabe einer Stellungnahme endete am 17. Dezember 2009 bzw. am 6. Januar 2010. Im Juni/Juli 2010 fanden weitere Erörterungstermine statt. Im August 2011 beantragte die Vorhabenträgerin die Durchführung eines 2. Planänderungsverfahrens. Die erneut geänderten Unterlagen und Pläne lagen in der Zeit vom 19. September bis 19. Oktober 2011 öffentlich aus. Die Einwendungsfrist endete am 16. November 2011. Auf die Festsetzung weiterer Erörterungstermine wurde verzichtet. Die Klägerin nahm zu der vorgenannten Planung einschließlich der verschiedenen Planänderungen Stellung.

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Mit Beschluss vom 30. April 2012 stellte der Beklagte den Plan für den Neubau der A 20, Teilstrecke B 206 westlich Wittenborn bis B 206 westlich Weede fest. Die vorgesehene Trasse der A 20 soll - ausgehend von der bereits bestehenden A 20 im Osten von Bad Segeberg - auf einer Länge von etwa 1,5 bis 2 km am Nordrand des Gemeindegebiets der Klägerin, mit Ausnahme einer kurzen Querung aber fast vollständig außerhalb ihrer Gemarkung auf Bad Segeberger Gebiet verlaufen. Nordöstlich des Gemeindegebiets der Klägerin ist zwischen der Bahntrasse im Osten und der L 83 im Westen eine Brücke von 371 m Länge und ca. 31 m Breite geplant (BW 5.12 "Gieselteich"). In diesem Bereich gilt auf dem Gebiet der Stadt Bad Segeberg der Bebauungsplan Nr. 44 vom 30. März 1989, der allgemein Gewerbe (zweigeschossig) festsetzt.

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Die Trassen der Bahnstrecke, der L 83 und der neu geplanten B 206n sollen jeweils so überspannt werden, dass sie unverändert bleiben können. Auf der Brücke sind zudem auf der Nord- und Südseite Kollisions- bzw. Immissionsschutzwände in unterschiedlicher Höhe vorgesehen; die südliche Wand ist durchgängig 4 m hoch geplant (vgl. planfestgestellte Anlage 12.2, Blätter 2.10 und 2.11). Der - noch zu Bad Segeberg gehörende - Gieselteich, der als kleiner Badesee genutzt wird, soll einschließlich seiner Uferbereiche ebenfalls nicht verändert werden. Im Bereich des Gieselteichs erreicht die Brücke eine lichte Höhe von bis zu 12 m; insgesamt ergeben sich damit Dammhöhen der anschließenden Trassenabschnitte von 6,5 m bis 16,5 m. Der Abstand zur vorhandenen Wohnbebauung im nördlichen Gemeindegebiet der Klägerin beträgt ca. 40 m. Nach zwischenzeitlicher Erhöhung des Lärmschutzwalles ist noch bei acht Gebäuden ("Am Gieselteich" und "Segeberger Straße") mit insgesamt 15 Wohnungen passiver Lärmschutz wegen Überschreitung der Nachtwerte erforderlich (Planfeststellungsbeschluss S. 46, 48, 466 ff.).

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Die Klägerin hat am 30. Mai 2012 - fristgerecht - Klage erhoben.

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Sie macht eine erdrückende Wirkung des vorgesehenen Bauwerks geltend. Darüber hinaus wirke sich das Vorhaben insgesamt negativ auf ihre städtebauliche Entwicklung aus. Zwar habe sie keine konkrete Bauleitplanungsabsicht in Richtung Bad Segeberg; auf das in der Rechtsprechung entwickelte Erfordernis einer konkretisierten städtebaulichen Planungsabsicht müsse aber angesichts der bis ins Jahr 1995 zurückreichenden Planungsgenese der Autobahn verzichtet werden. Im Übrigen habe sie Wohnbauflächen im Flächennutzungsplan 2004 ausgewiesen, die aufgrund der Blickbeziehungen und Lärmwirkungen durch die Brücke nicht mehr realisierbar seien. Schließlich sei die Hauptvariantenwahl fehlerhaft; deutlich südlichere Varianten als die Schwissellinie seien zu Unrecht nicht in die Abwägung eingestellt worden, insbesondere sei eine weite Südumfahrung mit einer konsequent südlichen Führung der Trasse von Weede aus in Richtung Südwesten ohne Beeinträchtigung von FFH-Belangen möglich. Verkehrliche Wirkungen solcher Südumfahrungen seien nie untersucht worden. Ebenso sei die Stadtvariante (Variante 1) zu Unrecht verworfen worden. Gegenüber der Voruntersuchung sei die Anschlussstelle Bad Segeberg A 20/K 7 (BW 5.13), die das Umfeld ihrer Gemeinde ebenfalls durch Lärmeinwirkung beeinträchtige, deutlich nach Nordwesten in Richtung Christiansfelde an die Bahnlinie verschoben worden, um die B 206 alt unter der Autobahnbrücke zu führen. Dieser Zusammenhang und die damit verbundene zusätzliche Belastung der Ortschaft sei in der Umweltverträglichkeitsstudie zur Linienfindung von 2003 (zur Höhenlage Gieselteich) nicht berücksichtigt worden.

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Die Klägerin beantragt,

1. den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten für den Neubau der Bundesautobahn A 20, Nord-West-Umfahrung Hamburg, Teilstrecke B 206 westlich Wittenborn bis B 206 westlich Weede vom 30. April 2012 in der Fassung des Planänderungsbescheides vom 16. Oktober 2013 und der in der mündlichen Verhandlung vom 22./23. Oktober 2013 erklärten Ergänzungen aufzuheben,

2. hilfsweise,

festzustellen, dass der Planfeststellungsbeschluss rechtswidrig und nicht vollziehbar ist.

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Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

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Der Beklagte hält die Klage mangels Klagebefugnis für unzulässig, jedenfalls für unbegründet. Soweit die Klägerin ihre Kritik auch auf eine noch weiträumigere Südvariante erstrecke und bezüglich der Variante 3 (Schwissellinie) eine nicht ausreichende Prüfungstiefe bemängele, sei ihr Vorbringen präkludiert. Hiervon unabhängig sei ihr Vorbringen aber auch in der Sache unbegründet, insbesondere sei eine noch weitere Südumfahrung zu Recht bereits aufgrund einer Grobanalyse ausgeschieden worden. Auch die Verschiebung des BW 5.13 (Anschlussstelle Bad Segeberg A 20/K 7) sei ordnungsgemäß abgewogen worden.

Entscheidungsgründe

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1. Die Klage ist zulässig.

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Die Klägerin ist zwar im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes nicht befugt, Belange ihrer Bürger, wie Lärmschutzinteressen oder den Schutz vor visuellen Beeinträchtigungen, geltend zu machen bzw. die Unvereinbarkeit des Vorhabens mit den Belangen von Natur und Landschaft gerichtlich überprüfen zu lassen. Das Klagerecht steht ihr nicht als Sachwalterin von Rechten Dritter bzw. des Gemeinwohls, sondern nur im Hinblick auf ihre eigenen Rechte und schutzwürdigen Belange zu (stRspr, vgl. nur Beschluss vom 9. Oktober 2003 - BVerwG 9 VR 6.03 - juris Rn. 17 m.w.N.).

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Es erscheint aber nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die Klägerin durch die an ihrem nördlichen Ortsrand geplante, in Hochlage geführte, 371 m lange Brücke in ihrem von Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG umfassten Selbstgestaltungsrecht beeinträchtigt wird (vgl. auch Urteil vom 30. Mai 2012 - BVerwG 9 A 35.10 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225 Rn. 36). Auf die Frage, ob die Klägerin sich außerdem auf ihre gemeindliche Planungshoheit berufen kann, kommt es im Rahmen der Zulässigkeit der Klage nicht an.

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2. Die Klage ist teilweise begründet.

17

Der Planfeststellungsbeschluss leidet an einem Rechtsfehler, der die Klägerin in ihrem Recht auf ordnungsgemäße Abwägung ihrer Belange verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) (a). Dieser Fehler rechtfertigt aber nicht die Aufhebung, sondern nur die Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses, weil Heilungsmöglichkeiten in einem ergänzenden Verfahren verbleiben (b).

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a) Die klagende Gemeinde kann, vergleichbar einem von dem Vorhaben mittelbar Betroffenen, eine gerichtliche Kontrolle der planerischen Abwägungsentscheidung nur hinsichtlich ihrer eigenen Belange und - wegen der insoweit bestehenden Wechselbeziehung - der ihren Belangen gegenübergestellten, für das Vorhaben streitenden öffentlichen Belange verlangen (vgl. auch Urteil vom 10. Oktober 2012 - BVerwG 9 A 20.11 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 229 Rn. 11). Daran gemessen erweist sich die als enge Südumfahrung Bad Segebergs vorgesehene Trassenführung zwar nicht im Hinblick auf die Planungshoheit der Klägerin (aa), wohl aber mit Blick auf deren Selbstgestaltungsrecht als abwägungsfehlerhaft (bb). Abgesehen von der nach gegenwärtigem Planungsstand defizitären Trassenwahl ist die Entscheidung für die Ausgestaltung des Brückenbauwerks BW 5.12 "Gieselteich" aber rechtlich ebenso wenig zu beanstanden (cc) wie die Entscheidung, das Bauwerk BW 5.13 gegenüber der ursprünglichen Planung zu verschieben (dd).

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aa) Die vorgesehene Trassenführung verletzt die Klägerin nicht in ihrer Planungshoheit (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG). Die gemeindliche Planungshoheit vermittelt nach ständiger Rechtsprechung eine wehrfähige, in die Abwägung nach § 17 Satz 2 FStrG einzubeziehende Rechtsposition gegen fremde Fachplanungen auf dem eigenen Gemeindegebiet, wenn das Vorhaben nachhaltig eine bestimmte Planung der Gemeinde stört oder wegen seiner Großräumigkeit wesentliche Teile des Gemeindegebiets einer durchsetzbaren gemeindlichen Planung entzieht oder erheblich gemeindliche Einrichtungen beeinträchtigt (stRspr, vgl. zuletzt Urteil vom 30. Mai 2012 a.a.O. Rn. 35 m.w.N.).

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Unter keinem der drei genannten Gesichtspunkte kommt hier ein Eingriff in die Planungshoheit der Klägerin in Betracht.

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(1) Dass die geplante Trasse der A 20, die ganz überwiegend auf dem Stadtgebiet von Bad Segeberg und nicht auf dem der klagenden Gemeinde vorgesehen ist, konkrete und verfestigte Planungen der Klägerin stören könnte, ist nicht ersichtlich. Dabei ist an dem Erfordernis einer konkreten städtebaulichen Absicht entgegen der Auffassung der Klägerin festzuhalten. Es wird nicht durch einen "extrem langen Planungshorizont ad absurdum geführt", der dazu geführt hat, dass die Klägerin sich in einem "Status der erzwungenen Untätigkeit" befunden hat. Insoweit weist der Beklagte zu Recht auf die Geltung des Prioritätsgrundsatzes hin (vgl. hierzu etwa Beschluss vom 5. November 2002 - BVerwG 9 VR 14.02 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 171). Danach hat eine Gemeinde mit ihrer Bauleitplanung auf eine Straßenplanung Rücksicht zu nehmen, wenn die Straßenplanung hinreichend verfestigt ist; umgekehrt ist aber auch die kommunale Bauleitplanung im Rahmen der zeitlich nachfolgenden Fachplanung bei hinreichender Verfestigung zu berücksichtigen (Urteil vom 24. November 2011 - BVerwG 9 A 23.10 - BVerwGE 141, 171 = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 219 Rn. 30). Durch diesen Grundsatz wird eine gegenseitige Rücksichtnahme der verschiedenen Planungsträger bei konkurrierenden Planungsvorstellungen sichergestellt.

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Dass hier eine konkrete städtebauliche Planungsabsicht im vorgenannten Sinne fehlt, auf die die Fachplanung hätte Rücksicht nehmen müssen, hat die Klägerin bereits in ihrer Einwendung und erneut in ihrer Klage eingeräumt. Soweit sie dennoch erstmals im Klageverfahren auf den Flächennutzungsplan aus dem Jahre 2004 verweist, ist zu beachten, dass der Flächennutzungsplan die "geplante BAB 20" bereits als Verkehrsfläche gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 3 BauGB darstellt; von einer Unvereinbarkeit mit der zugleich festgesetzten Wohnnutzung ist die Klägerin folglich bei der Aufstellung selbst nicht ausgegangen. Auf eine Beeinträchtigung der Planungshoheit führt auch nicht der Umstand, dass diese auch gegen eine Verlärmung solcher Baugebiete schützt, die bereits in bestehenden Bebauungsplänen ausgewiesen sind; auch das Interesse an der Bewahrung der in der Bauleitplanung ausgeformten städtebaulichen Ordnung vor nachhaltigen Störungen ist ein schutzwürdiger kommunaler Belang (Urteil vom 17. März 2005 - BVerwG 4 A 18.04 - BVerwGE 123, 152 <157 f.> = Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 44). Nachhaltige Störungen wesentlicher Teile von Baugebieten sind hier aber nicht zu besorgen. Denn nach den Berechnungen des Beklagten, die die Klägerin nicht substantiiert in Zweifel gezogen hat, sind in ihrem Gemeindegebiet lediglich acht Wohngebäude derart betroffen, dass wegen Überschreitung der nächtlichen Immissionsgrenzwerte Anspruch auf passive Schallschutzmaßnahmen besteht (Planfeststellungsbeschluss S. 46, 48, 468).

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(2) Das Vorhaben entzieht auch nicht wegen seiner Großräumigkeit wesentliche Teile des Gemeindegebiets einer durchsetzbaren gemeindlichen Planung. Das Gemeindegebiet der Klägerin wird im Westen durch die Trave sowie das hiermit im Zusammenhang stehende, in Nord-Süd-Richtung verlaufende FFH-Gebiet DE 2127-391 "Travetal", nördlich von der Stadt Bad Segeberg und östlich von der in Nord-Süd-Richtung verlaufenden eingleisigen Bahnstrecke Neumünster - Bad Oldesloe begrenzt. Etwa mittig durch die Gemeinde führt - ebenfalls in Nord-Süd-Richtung - die L 83, die im Zentrum des Gemeindegebiets nach Südosten verschwenkt. Die bebaute Ortslage befindet sich im Wesentlichen an der L 83 sowie an mehreren hiervon abzweigenden Stichstraßen (sog. Straßenlangdorf). Der Bereich beidseitig der L 83 ist teilweise als allgemeines Wohngebiet, teilweise als Mischgebiet eingestuft (vgl. zum Vorstehenden Planfeststellungsbeschluss S. 283, 285, 467 sowie Flächennutzungsplan). Die geplante Trasse der A 20 betrifft ausschließlich den nördlichen Ortsrand der Klägerin an der Grenze zum Stadtgebiet von Bad Segeberg. Angesichts des Zuschnitts des Gemeindegebiets liegt das gemeindliche Entwicklungspotential weniger im Norden als im Zentrum sowie im südlichen Bereich. Dort werden aber aufgrund der räumlichen Entfernung nach Verwirklichung des Autobahnvorhabens sämtliche Immissionsgrenzwerte der Sechzehnten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verkehrslärmschutzverordnung - 16. BImSchV) auch ohne passive Schallschutzmaßnahmen eingehalten (vgl. Planfeststellungsbeschluss S. 285). Auch besteht dort zu dem geplanten Brückenwerk kaum noch eine Sichtbeziehung, jedenfalls wird diese mit zunehmender Entfernung abgeschwächt.

24

(3) Schließlich werden von der Klägerin auch keine gemeindlichen Einrichtungen benannt, die durch die Planung erheblich beeinträchtigt werden. Soweit in dem von der Klägerin vorgelegten Gutachten Stolzenberg auf negative Auswirkungen auf die Funktion und Attraktivität der Badestelle am Gieselteich hingewiesen wird, dürfte es sich schon nicht um eine gemeindliche Einrichtung handeln. Zudem gehört der Gieselteich selbst einschließlich des überwiegenden Teils des Ufersaums nicht zum Gemeindegebiet der Klägerin, sondern zu dem von Bad Segeberg. Die Achse der Brücke wurde im Übrigen zur Eingriffsminimierung um ca. 5 m nach Norden verschoben (s. Erläuterungsbericht S. 36), so dass der Teich mit seinen Ufern nicht direkt überspannt wird. Damit bleibt auch die Funktion als Badestelle erhalten, wenngleich nicht zu verkennen ist, dass hinsichtlich der Attraktivität aufgrund des Lärms und der optischen Auswirkungen mit Einbußen zu rechnen sein wird.

25

bb) Immerhin berührt ist die Klägerin dagegen in ihrem Selbstgestaltungsrecht, das vor Maßnahmen schützt, die das Ortsbild entscheidend prägen und hierdurch nachhaltig auf das Gemeindegebiet und die Entwicklung der Gemeinde einwirken (Urteil vom 30. Mai 2012 - BVerwG 9 A 35.10 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225 Rn. 36 m.w.N.). Durch die massive Wirkung der 371 m langen Brücke am Gieselteich, die eine lichte Höhe von bis zu 12 m erreicht und zusätzlich mit Immissionsschutzwänden ausgestattet ist, sowie der an die Brücke beidseits anschließenden Dämme werden die Sichtbeziehungen in Richtung Bad Segeberg tiefgreifend verändert. Aufgrund der damit verbundenen negativen Auswirkungen für das Ortsbild, auf die die Klägerin bereits in ihren Einwendungen hingewiesen hatte, ist der Senat zu der Einschätzung gelangt, dass das Vorhaben auch unter Berücksichtigung der vorhandenen, aber in ihrer Massivität nicht vergleichbaren Vorbelastungen die Erheblichkeitsschwelle des Selbstgestaltungsrechts überschreitet.

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Der Eingriff in das Selbstgestaltungsrecht der Klägerin kann zwar überwunden werden, da es der Planfeststellungsbehörde im Rahmen des Abwägungsgebotes unter dem Vorbehalt der Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit unbenommen bleibt, gegenläufigen Belangen den Vorrang einzuräumen (Urteil vom 30. Mai 2012 - BVerwG 9 A 35.10 a.a.O. Rn. 36 m.w.N). Der Planfeststellungsbehörde ist aber bei der am Maßstab des planungsrechtlichen Abwägungsgebotes zu beurteilenden Auswahl der Vorzugstrasse ein entscheidungserheblicher Fehler unterlaufen. Er durfte weiträumige Südumfahrungen, die das Gemeindegebiet der Klägerin verschont hätten, nicht ohne nähere Untersuchung aufgrund einer bloßen Grobanalyse verwerfen.

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Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts müssen bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials alle ernsthaft in Betracht kommenden Alternativlösungen berücksichtigt werden und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange eingehen (Beschluss vom 20. Dezember 1988 - BVerwG 7 NB 2.88 - BVerwGE 81, 128 <136 f.> = Buchholz 451.22 AbfG Nr. 29 S. 26; Urteil vom 9. Juni 2004 - BVerwG 9 A 11.03 - Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 5 S. 41). Die Planfeststellungsbehörde braucht den Sachverhalt dabei nur so weit zu klären, wie dies für eine sachgerechte Entscheidung und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist; Alternativen, die ihr aufgrund einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheinen, darf sie schon in einem frühen Verfahrensstadium ausscheiden. Ergibt sich dagegen nicht bereits bei einer Grobanalyse des Abwägungsmaterials die Vorzugswürdigkeit einer Trasse, so muss die Behörde die dann noch ernsthaft in Betracht kommenden Trassenalternativen im weiteren Planungsverfahren detaillierter untersuchen und vergleichen. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Trassenwahl sind erst dann überschritten, wenn eine andere als die gewählte Trassenführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere, hätte aufdrängen müssen oder wenn der Planfeststellungsbehörde infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist (vgl. nur Urteile vom 30. Mai 2012 a.a.O. Rn. 36 und vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 98 = Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 23).

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Hiervon ausgehend hat sich der Planfeststellungsbeschluss zwar abwägungsfehlerfrei gegen die Variante einer Stadtautobahn durch Bad Segeberg entschieden, nicht aber durfte er - wie noch näher auszuführen sein wird - weiträumige Südumfahrungen bereits im Wege einer Grobanalyse verwerfen. Mit diesem Vorbringen, das sich mit dem Vorbringen der Kläger des Parallelverfahrens BVerwG 9 A 14.12, zweier Naturschutzverbände, weitgehend deckt, ist die Klägerin entgegen der Auffassung des Beklagten nicht gemäß § 17a Nr. 7 Satz 1 FStrG präkludiert, denn sie hat in ihren Einwendungsschreiben deutlich erkennen lassen, dass sie eine ihre Gemeinde verschonende Trassenführung begehrt. Dies genügte, um die Planfeststellungsbehörde zu veranlassen, die Entscheidung für die Trasse einer erneuten umfassenden Prüfung zu unterziehen (vgl. Urteil vom 30. Mai 2012 a.a.O. Rn. 30).

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Das Vorbringen der Klägerin hat auch in der Sache Erfolg. Denn unbeschadet dessen, dass sich eine Gemeinde im Unterschied zum Naturschutzverband gegenüber einem anderen Planungsträger nicht zum gesamtverantwortlichen "Wächter des Umweltschutzes" machen kann (vgl. Beschluss vom 5. November 2002 - BVerwG 9 VR 14.02 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 171 = juris Rn. 17 unter Hinweis auf Urteil vom 21. März 1996 - BVerwG 4 C 26.94 - BVerwGE 100, 388 <395>) schlägt der auf die Klagen der Naturschutzverbände hin festgestellte Fehler bei der FFH-rechtlichen Alternativenprüfung auch auf die allgemeine fachplanerische Abwägung, auf die sich die Klägerin berufen kann, durch. Dem steht nicht entgegen, dass es im Verfahren der Naturschutzverbände in erster Linie um die Frage geht, ob die Alternativenprüfung die Anforderungen erfüllt, die § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG, Art. 6 Abs. 4 FFH-RL vorschreiben. Zwar kommt der FFH-rechtlichen Alternativenprüfung eine andere Funktion zu als der Alternativenprüfung, die sich im deutschen Planungsrecht herkömmlicherweise nach den zum Abwägungsgebot entwickelten Grundsätzen richtet. Insbesondere kommt der Planfeststellungsbehörde im FFH-Recht kein irgendwie gearteter Gestaltungsspielraum zu (vgl. Urteil vom 15. Mai 2005 - BVerwG 4 A 28.01 - BVerwGE 116, 254 <262 f.>). Auch unter Berücksichtigung dieser Unterschiede erweisen sich die spezifisch fachplanerischen Aspekte der Alternativenprüfung im angegriffenen Planfeststellungsbeschluss mit Blick auf das verfassungsrechtlich geschützte Selbstgestaltungsrecht der Klägerin jedenfalls insoweit als fehlerhaft, als auf eine Untersuchung der verkehrlichen Wirksamkeit der weiten südlichen Umfahrung Bad Segebergs und deren Vereinbarkeit mit FFH-Recht verzichtet und diese Variante bereits bei der Grobanalyse ausgeschieden wurde. Wegen dieser Defizite kann nicht abgeschätzt werden, welches Gewicht den weiteren öffentlichen Belangen, die gegen eine weite Südumfahrung und damit für die Vorzugstrasse angeführt wurden (vgl. Planfeststellungsbeschluss S. 224: Verlängerung der Gesamtstrecke verbunden mit längeren Fahrzeiten, höherem Flächenverbrauch und höheren Gesamtimmissionen; Zerschneidung verkehrsarmer Räume) letztlich bei einer Gesamtbetrachtung zukommt, zumal auch diese Belange nicht untersucht wurden. Daher kann auch nicht festgestellt werden, dass sich der Abwägungsfehler nicht auf das Ergebnis ausgewirkt haben kann (§ 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG).

30

Dies vorausgeschickt nimmt der Senat zur Begründung auf die nachfolgenden Ausführungen aus dem Urteil zum Verfahren BVerwG 9 A 14.12 vom heutigen Tage Bezug:

b) Gemessen an diesen Grundsätzen hat sich die Planfeststellungsbehörde abwägungsfehlerfrei gegen die Variante einer Stadtautobahn entschieden.

aa) Der Senat braucht nicht der zwischen den Beteiligten streitigen Frage nachzugehen, ob für die Variante einer Stadtautobahn eine zweite Travequerung erforderlich wäre und ob mit dieser zwingend die Inanspruchnahme des prioritären LRT *91E0 (Auenwälder) verbunden wäre. Denn der Planfeststellungsbeschluss hat entscheidungstragend auch auf die negativen städtebaulichen Auswirkungen auf die Stadt Bad Segeberg sowie auf verkehrliche Erwägungen abgestellt (vgl. Planfeststellungsbeschluss S. 226 und S. 413 f.). Der Senat hält diesen Teil der Abwägung für überzeugend begründet. Die beiden genannten Aspekte stellen - jedenfalls zusammen betrachtet - so gewichtige naturschutzexterne Gründe dar, dass sie einer Stadtautobahn selbst dann entgegenstehen, wenn - wovon die Kläger ausgehen - mit der Stadtautobahn eine Inanspruchnahme prioritärer Vorkommen gänzlich vermieden werden könnte.

bb) Der Planfeststellungsbeschluss geht zu Recht davon aus, dass mit einer Stadtautobahn gleich mehrere wichtige Teilziele, die mit dem Autobahnprojekt verfolgt werden, nicht - jedenfalls nicht vollständig - erreicht werden könnten. So könnte insbesondere die für eine Fernautobahn geforderte Verbindungsqualität bei einer Führung durch die Innenstadt von Bad Segeberg nicht eingehalten werden. Ursächlich hierfür sind einerseits die Überlagerung innerstädtischer Verkehrsfunktionen mit den Ansprüchen des Fernverkehrs und andererseits die Abstände zwischen den Anschlussstellen. Diese Abstände - im Mittel in Deutschland etwa alle 10 km - müssten auf 2 km reduziert werden. Im Übrigen müsste die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf 80 km/h festgelegt werden. Zugleich würde die angestrebte gleichbleibende Streckencharakteristik für die A 20, die in ihrer gesamten Streckenführung überwiegend außerhalb bebauter Gebiete verläuft, durchbrochen. Auch würde die Verkehrsstärke infolge verdrängten Stadtverkehrs sprunghaft ansteigen. Nicht erreichen ließe sich auch eine Entlastung der Ortsdurchfahrt von Bad Segeberg; diese würde im Gegenteil sogar zusätzlich belastet, weil auf den parallel zur A 20 verlaufenden Innerortsstrecken der Verkehr zunehmen würde (vgl. genauer Anhang I zur FFH-Ausnahmeprüfung S. 9 ff. = "Fachbeitrag: Verkehr" von S. Consult aus Mai 2009; Stellungnahme von S. Consult aus März 2011 S. 30 f. = Anlage B 3 zur Klageerwiderung im Verfahren BVerwG 9 A 15.12; Planfeststellungsbeschluss S. 375 ff. und S. 413).

Ob die Rechtsauffassung des Beklagten zutrifft, dass die vorgenannten Umstände die Variante einer Stadtautobahn bereits als ein "anderes Projekt" im Sinne der oben unter 3a) genannten Rechtsprechung erscheinen lassen (so Planfeststellungsbeschluss S. 399; ähnlich Erläuterungsbericht zur FFH-Ausnahmeprüfung, Juni 2009, S. 63 "keine Alternativen im Rechtssinne"), ist dennoch zweifelhaft, im Ergebnis aber unerheblich. Da das strikte Vermeidungsgebot des Art. 6 Abs. 4 FFH-RL nur durchbrochen werden darf, soweit dies mit dem Zweck der größtmöglichen Schonung der durch die FFH-Richtlinie geschützten Rechtsgüter vereinbar ist, bedarf es einer sorgfältigen Untersuchung im Einzelfall, welche Bedeutung einem Teilziel und seiner etwaigen Nichterreichung oder nicht vollständigen Erreichung nach der Planungskonzeption zukommen (Urteil vom 9. Juli 2009 - BVerwG 4 C 12.07 - BVerwGE 134, 166; vgl. auch Winter, NuR 2010, 601 <605>). Gegen die Bewertung als "anderes Projekt" spricht, dass eine Stadtautobahn, auch wenn sie nicht durchgehend sämtliche Entwurfs- und Betriebsmerkmale einer Fernautobahn aufweist, in das Netz der Fern- oder Überregionalautobahnen integriert sein kann (vgl. Richtlinien für die Anlage von Autobahnen, Ausgabe 2008, S. 16). Insoweit spricht einiges dafür, dass es sich bei den vom Beklagten herausgestellten Nachteilen der Stadtautobahnvariante lediglich um Abstriche von Planungszielen handelt, denen allerdings unter den hier gegebenen Umständen in der Gesamtabwägung ein erhebliches Gewicht zukommt.

Unter dieser Prämisse lässt sich als ein weiteres wesentliches Argument gegen die Stadtautobahn ins Feld führen, dass sie die Zerschneidungswirkung für die Stadt Bad Segeberg verfestigen würde, deren Südstadt schon jetzt durch die Ortsdurchfahrt der B 206 von der Altstadt getrennt wird. Aufgrund der erforderlichen Immissionsschutzbauwerke würde sich diese Zäsur noch deutlich verstärken. Die Lärmschutzwände müssten in der Ortslage von Bad Segeberg eine Höhe von durchgehend 4 m bzw. aufgrund der Überschreitung des Grenzwertes für PM10 sogar teilweise von 6 m haben (vgl. Planfeststellungsbeschluss S. 377 ff. unter Hinweis auf den im Linienbestimmungsverfahren erstellten Städtebaulichen Fachbeitrag von B.-P.-W. zur UVS aus dem Jahre 1999 sowie Erläuterungsbericht zur FFH-Ausnahmeprüfung S. 78 f.). Hinzu kämen weitere negative städtebauliche Folgen. Durch die mit dem Ausbau der B 206 verbundenen Verkehrsverlagerungen würden Planungsziele des Bebauungsplans Nr. 69 der Stadt Bad Segeberg aus dem Jahr 2005 sowie das städtebauliche Entwicklungsziel einer Entlastung der Kurhausstraße konterkariert. Zudem würde sich die Luftschadstoffsituation verschlechtern, wodurch nach Einschätzung der Stadt Bad Segeberg Status und Entwicklungspotential des Luftkurortes und Heilbades in Frage gestellt würden; hiervon betroffen wären gerade auch schutzwürdige Nutzungen im Stadtgebiet wie Schulen und Wohngebäude. Von den im Falle einer Stadtautobahn sogar ansteigenden Verkehrsstärken in der Ortslage wäre vor allem die Wohnsiedlung Christiansfelde (mit über 31 000 Kfz/d) betroffen; dies ginge voraussichtlich mit einer Lärmpegelerhöhung nachts von rund 3 dB(A) einher. Zwar führt auch die Vorzugstrasse zur Neubelastung von Wohnbereichen von Klein Gladebrügge; diese Belastung beträfe aber mit 100 m gegenüber 1,2 km eine deutlich kürzere Strecke (vgl. genauer Stellungnahme von S. Consult aus März 2011 S. 24, 28 = Anlage B 3 zur Klageerwiderung im Verfahren BVerwG 9 A 15.12).

cc) Die Kläger können dagegen nicht einwenden, die Planung stütze sich hinsichtlich der negativen städtebaulichen Folgen auf den Städtebaulichen Fachbeitrag zur UVS aus Mai 1999; diese Unterlage sei jedoch veraltet, genüge keinen wissenschaftlichen Anforderungen und sei sachlich weitgehend falsch. Die Planfeststellungsbehörde ist der Frage nachgegangen, ob sich an den Kernaussagen zur städtebaulichen Situation, insbesondere der dauerhaften Zerschneidungs- und Barrierewirkung für die Stadt Bad Segeberg und der Einschränkung ihrer Entwicklungsmöglichkeiten, etwas geändert hat. Dies wurde mit nachvollziehbarer Begründung unter Auswertung neuerer Erkenntnisse verneint; der Planfeststellungsbeschluss kommt sogar zu dem Ergebnis, dass die städtebaulichen Veränderungen seit der Linienbestimmung einer Stadtautobahn noch stärker entgegenstehen.

Eine aktuelle und nachvollziehbare Kostenaufstellung liegt entgegen der Auffassung der Kläger vor (vgl. Anhang VII zur FFH-Ausnahmeprüfung "Fachbeitrag: Aktualisierung der Baukosten" von S. Consult aus Mai 2009 sowie Stellungnahme von S. Consult aus März 2011 S. 31 ff. = Anlage B 3 zur Klageerwiderung im Verfahren BVerwG 9 A 15.12).

Die Kläger können die Abwägungsentscheidung auch nicht erfolgreich mit dem Hinweis darauf angreifen, dass ein Rückbau der B 206 angesichts der in der Innenstadt verbleibenden Verkehrsmengen ausgeschlossen sei. Von einem sicheren Rückbau der B 206 geht der Planfeststellungsbeschluss schon nicht aus (vgl. nur S. 415: "realistische Chance", "möglicher Rückbau"). Zwar teilt der Senat die Bedenken der Kläger, dass selbst die angenommene Möglichkeit eines Rückbaus angesichts der prognostizierten Verkehrszahlen eher unrealistisch erscheint. Hierauf kommt es aber nicht entscheidend an. Denn die Frage des Rückbaus ändert im Rahmen der zu treffenden Abwägungsentscheidung nichts an dem Gewicht der beschriebenen negativen Folgen der Stadtautobahn; demgegenüber liegt es auf der Hand, dass jede Trasse - so auch die Vorzugstrasse -, die zu einer nennenswerten Verkehrsentlastung in der Ortslage Bad Segebergs führt, schon angesichts der Reduzierung von Lärm und Schadstoffen mit Vorteilen für die städtebaulichen Entwicklungsmöglichkeiten verbunden ist, und zwar unabhängig davon, ob dieser Vorteil tatsächlich gerade in dem Rückbau der innerstädtischen Haupt-Durchgangsstraße liegt.

dd) Schließlich führen auch die weiteren Argumente der Kläger zu keiner anderen Einschätzung. Den Vorschlag eines Kurztunnels von 30 m Länge mit jeweils anschließendem zweimal 200 m langem Trogbauwerk zwischen dem Knotenpunkt Bahnhofstraße/Burgfeldstraße und der Abfahrt "Am Landratspark" (vgl. hierzu Stellungnahme von R.Consult "Alternativen zur planfestgestellten Variante der A 20 und Variantenvergleich" aus Mai 2012 S. 12 ff., vorgelegt im Parallelverfahren BVerwG 9 A 9.12) hat der Beklagte mit nachvollziehbaren Erwägungen zurückgewiesen: Die Belastung der Wohngebiete mit Lärm und Schadstoffen würde im Zentrum von Bad Segeberg extrem ansteigen, da über die Kurztunnel-/Troglösung der gesamte innerstädtische Verkehr abgewickelt werden müsste. Zudem lägen die vorgesehenen Anschlussstellen der A 20 im Ortsbereich zu eng beieinander und stellten eine erhebliche Gefahr für die Verkehrssicherheit dar. Auch erschienen die von R.Consult angesetzten Troglängen und daran anknüpfend die Baukosten nicht plausibel, zudem würden keine Kosten für die erforderlichen Arbeiten an Versorgungsleitungen, die zwischen der Nord- und Südstadt von Bad Segeberg verlaufen und insofern einen infrastrukturellen Riegel bilden, sowie für Ausbaumaßnahmen im nachgelagerten Straßennetz veranschlagt. Auf die Varianten B und C aus dem Gutachten R.Consult kommt es nach dem Vorstehenden schon deshalb nicht an, weil diese nur den westlichen Anschluss an die problematische Stadtdurchfahrt betreffen. Hiervon ausgehend muss auch der Frage nicht weiter nachgegangen werden, ob eine Inanspruchnahme des bestehenden Kasernengeländes (Lettow-Vorbeck-Kaserne) in Betracht gekommen wäre.

c) Der Beklagte durfte aber eine weiter südliche Umfahrung von Bad Segeberg nicht im Wege einer Grobanalyse verwerfen.

Insoweit stellt der Planfeststellungsbeschluss (S. 224 und S. 353 f.) darauf ab, dass die Trasse im Falle einer weiträumigen Südumfahrung Bad Segebergs in einem weiten Bogen um das FFH-Gebiet DE 2127-333 "Leezener Au-Niederung und Hangwälder" und um den Neversdorfer See geführt werden müsste, um ohne Zerschneidung weiterer Natura 2000-Gebiete und ohne Versatz auf der A 21 weiter in Richtung Westen verlaufen zu können. Eine so weit südliche Trassenführung wäre verkehrlich aber nicht mehr sinnvoll; sie würde die Ost-West-Orientierung der A 20 für ein erhebliches Teilstück in eine Nord-Süd-Richtung verschwenken und zugleich die Gesamtstrecke erheblich verlängern. Alle denkbaren Varianten wären mit einem größeren Flächenverbrauch, einer Zerschneidung von verkehrsarmen Räumen und - wegen der erheblichen Streckenverlängerung - mit höheren Gesamtimmissionen verbunden. Dies widerspreche den selbständigen Planungszielen der Sicherung und Gewährleistung einer angemessenen Verbindungsqualität und der Minimierung von Fahrtzeit und Transportkosten. Auch könnten die selbständigen Planungsziele der Entlastung der B 206 westlich von Bad Segeberg und der Ortsdurchfahrt nicht mehr erreicht werden. Eine geradlinige Fortführung auf der sog. "Schwissellinie" über die A 21 hinweg scheide aufgrund des erheblichen Konfliktpotentials im Hinblick auf den Mözener See und das FFH-Gebiet "Leezener Au-Niederung und Hangwälder" von vornherein aus.

Diese Begründung greift zu kurz. Insbesondere durchlaufende, d.h. einen Versatz vermeidende Trassenvarianten in dem Korridor zwischen einer derart weiträumigen Südumfahrung und der Plantrasse durften nicht von vornherein ausgeblendet werden. Der Umstand allein, dass eine in diesem Korridor verlaufende Trasse neben dem FFH-Gebiet "Travetal" ein weiteres FFH-Gebiet queren müsste, reicht nicht als Ausschlussgrund. Vielmehr hätte - wie sich aus der oben angegebenen Rechtsprechung zu den Differenzierungsmerkmalen des Art. 6 FFH-RL ergibt - näher untersucht werden müssen, ob die jeweilige Alternativtrasse, und zwar unter Einbeziehung von Schadensvermeidungsmaßnahmen, ebenso wie die Vorzugstrasse zwingend prioritäre Vorkommen in Anspruch nehmen müsste. Das liegt bei einer großräumigen Südumfahrung trotz der Querung eines weiteren FFH-Gebiets nicht ohne Weiteres auf der Hand. Denn das FFH-Gebiet "Travetal" könnte bei einem südlicheren Trassenverlauf möglicherweise an einer weniger empfindlichen Stelle gequert werden, so dass nicht - wie bei der jetzigen Vorzugstrasse - drei prioritäre LRT in einer besonders seltenen Kombination und Ausprägung (vgl. genauer hierzu Anhang V zur FFH-Ausnahmeprüfung S. 6 ff.) beeinträchtigt werden müssten. Ebenso hätte näher untersucht werden müssen, ob die Querung des FFH-Gebiets "Leezener Au-Niederung und Hangwälder", zu dessen Erhaltungszielen der prioritäre LRT *91E0 (Auenwälder mit Alnus glutinosa und Fraxinus excelsior) gehört, zwingend mit der Inanspruchnahme gerade dieses prioritären Vorkommens verbunden wäre oder ob auch insoweit ein schonenderer Trassenverlauf in Betracht käme.

Eine solche Untersuchung hat nicht stattgefunden. Im Rahmen der sog. "Voruntersuchung Streckenabschnitt 5" wurden zwischen November 1994 und April 1999 verschiedene Planungsunterlagen erarbeitet, darunter eine Umweltverträglichkeitsstudie, bestehend aus Raumempfindlichkeitsanalyse (UVS Teil I) und Variantenvergleich (UVS Teil II). Dabei war der Untersuchungsbereich beider Teile aufgrund eines vorangegangenen Scopings von vornherein deutlich eingegrenzt, d.h. südlichere Varianten als die sog. Schwissellinie schieden von vornherein aus. Selbst die Schwissel-Variante ist erst aufgrund einer nachträglichen Erweiterung des Untersuchungsraums hinzugenommen worden (vgl. Voruntersuchung UVS I S. 5 unten ).

Im Planfeststellungsverfahren hat der Vorhabenträger zwar, nachdem sich die erhebliche Beeinträchtigung des FFH-Gebiets "Travetal" herausgestellt hatte, eine spezielle Abweichungsprüfung durchgeführt (vgl. Erläuterungsbericht zur FFH-Ausnahmeprüfung S. 46 ff. sowie Anhang II zur FFH-Ausnahmeprüfung "Beurteilung der Alternativen aus Sicht der Belange von Natura 2000"). Hierbei hat er aber nur die bereits im Linienbestimmungsverfahren untersuchten Varianten nochmals näher betrachtet, also die Stadtautobahn (Variante 1), die sog. Schwissellinie (Variante 3), die aber einen verkehrstechnisch von vornherein ungünstigen Versatz auf der A 21 aufweist, sowie eine Untervariante (2.2) der Vorzugstrasse, die sich von der Vorzugslinie (Untervariante 2.1) vor allem dadurch unterscheidet, dass die Querung der Trave etwa 230 m südlich liegt und die Hangbereiche der Trave schräg und nicht rechtwinklig gequert werden. Hinsichtlich der weiträumigen südlichen Varianten enthält die spezielle Alternativenprüfung lediglich einen knappen Hinweis darauf, dass die Trasse nach Süden hin in einem weiten Bogen um das FFH-Gebiet "Leezener Au-Niederung und Hangwälder" und um den Bebensee (gemeint ist offenbar der Neversdorfer See in der Gemeinde Bebensee) geführt werden müsste. Da die Niederung der Leezener Au von Hangwäldern umrahmt werde und auf dem Talgrund stellenweise Übergangsmoore (LRT 7140) sowie quellige Feuchtgrünländer ausgebildet seien, sei eine Querung der Niederung der Leezener Au - zusätzlich zur ohnehin notwendigen Querung des Travetals - als kritisch zu bewerten (Anhang II zur FFH-Ausnahmeprüfung S. 6).

Die genauere Untersuchung anderer südlicher Trassenvarianten war auch nicht deshalb von vornherein entbehrlich, weil naturschutzexterne, insbesondere verkehrstechnische Gegenargumente ohne Weiteres den Vorzug verdienten. Der pauschale Hinweis darauf, dass die verkehrliche Entlastung Bad Segebergs umso geringer ausfällt, je weiter von der Plantrasse nach Süden abgewichen wird, genügt nicht. Er verkennt zum einen, dass auch eine durchgehende südlichere Trasse den Fernverkehr in Ost-West-Richtung aufnehmen und einer Entlastung von Wahlstedt und Fahrenkrug über den bestehenden Anschluss an die A 21 herbeiführen würde. Zum anderen wird übersehen, dass nach den bisher vorliegenden Untersuchungen auch die Vorzugstrasse aufgrund des starken Quell- und Zielverkehrs in Bad Segeberg nur eine relativ geringe Entlastung der Ortslage bewirkt.

Je nach dem Ergebnis der danach erforderlichen naturschutzfachlichen und verkehrlichen Untersuchung einer weiträumigen Südumfahrung wird sich herausstellen, ob es weiterhin sinnvoll erscheint, die Trasse - wie bislang geplant - westlich der A 21-Querung an der "Gelenkstelle Wittenborn" auf die B 206 zurückzuführen. Zwar ist den Klägern zuzugestehen, dass dieser Gelenkpunkt vor dem Hintergrund der geänderten Trassierung (nicht mehr entlang der B 206 durch den Segeberger Forst) nicht mehr zwingend erscheint. Dennoch mag ein Festhalten an dem Gelenkpunkt plausibel sein, um die angestrebten Entlastungswirkungen im Zentrum sowie im Westen von Bad Segeberg bestmöglich zu erreichen. Dass die mit einer Straßenplanung verfolgten Teilziele auch regionale und lokale Ziele einschließen dürfen, ergibt sich aus der o.g. Rechtsprechung. Daher darf sich der Beklagte im Grundsatz auch auf die stark auf Bad Segeberg zugeschnittenen Teilziele, also die Entlastung der Ortsdurchfahrt, die Entlastung der B 206 westlich von Bad Segeberg, die verbesserte Verkehrsanbindung Bad Segebergs an Lübeck und Kiel und die Verknüpfung mit dem nachgeordneten Straßennetz von Bad Segeberg berufen, ohne dass ihm der von den Klägern erhobene Vorwurf einer "unionsrechtswidrigen Verengung der Planungsziele" gemacht werden kann. Gerade die Entlastung des Großraums Bad Segeberg, insbesondere der Ortsdurchfahrt, gehörte bereits in der "Voruntersuchung zum Streckenabschnitt 5" seit Mitte der 90er Jahre zu den beabsichtigten Zielen (vgl. Allgemeinverständliche Zusammenfassung gemäß § 6 UVPG S. 4 f. und UVS I S. 33), die mit der jetzigen Planung weiterverfolgt werden sollen. Ob die genannten Ziele sowie insbesondere das übergeordnete Planungsziel einer Trassenbündelung zur Vermeidung der Zerschneidung bislang unzerschnittener Räume die bisherige Plantrasse rechtfertigen können, kann allerdings abschließend erst auf einer vollständigen Tatsachengrundlage entschieden werden.

31

Aus dem Vorstehenden folgt, dass - neben der Stadtautobahn - auch die Variante 3 - die sog. Schwissellinie - mit dem verkehrstechnisch von vornherein ungünstigen Versatz auf der A 21 abwägungsfehlerfrei verworfen werden durfte. Sofern die Klägerin in diesem Zusammenhang erstmals im Klageverfahren auf eine ohnehin abgängige Travebrücke (bei Herrenmühle) verweist, kann offen bleiben, ob ihr Vorbringen präkludiert ist; denn der Beklagte hat auf den neuen Vortrag umfassend und überzeugend erwidert (vgl. Klageerwiderung S. 13 f.). Danach ist in jedem Fall ein Ersatzbauwerk für die Herrenmühlenbrücke zur Aufnahme des landwirtschaftlichen Verkehrs erforderlich. Dem ist die Klägerin nicht entgegengetreten.

32

cc) Abgesehen von der - nach derzeitigem Planungsstand - abwägungsfehlerhaft begründeten Trassenwahl verletzt die planerische Entscheidung für die Errichtung und nähere Ausgestaltung des umstrittenen Brückenbauwerks BW 5.12 "Gieselteich" nicht das Selbstgestaltungsrecht der Klägerin. Die Planfeststellungsbehörde hat die verschiedenen mit dem Brückenbauwerk für die Klägerin einhergehenden Beeinträchtigungen gesehen (vgl. Planfeststellungsbeschluss S. 367, 425, 500, 698), diesen angesichts der Vorzüge der ortsnahen Südumfahrung von Bad Segeberg einerseits (vgl. S. 381 f., 428) und der Vorbelastung des Ortsbildes andererseits (vgl. S. 283, 367) aber nicht den Vorrang eingeräumt (S. 366 ff., 393 f.). All dies lässt einen Abwägungsfehler nicht erkennen.

33

Ebenfalls nicht abwägungsfehlerhaft ist die Entscheidung für die Ausgestaltung des Brückenbauwerks BW 5.12 "Gieselteich" in Hochlage und gegen eine Gradientenführung in Einschnittslage mit Trogbauwerk (sog. Tieflage). Auch insoweit hat die Planung die widerstreitenden Interessen einschließlich der klägerischen Belange sorgfältig abgewogen (vgl. zum Folgenden genauer Planfeststellungsbeschluss S. 357 f. sowie Erläuterungsbericht S. 67 f.). Dabei sprach für die gewählte Lösung einer Hochlage bereits nach dem Gradientenvergleich im Rahmen der Linienbestimmung vor allem die gewünschte Freihaltung des nördlichen Gieselteichufers, die Aufrechterhaltung der Grundwasserverhältnisse auch während der Bauzeit sowie der Umstand, dass die L 83 und die Bahnstrecke Bad Oldesloe - Neumünster im Bestand unverändert bleiben können. Demgegenüber schien bei der Tieflage der Gradiente eine Beeinträchtigung der Wasserführung des Gieselteichs möglich (Anschnitt und bauzeitliche Veränderung wasserführender Schichten); auch hätte der gesetzlich geschützte Ufergehölzsaum überbaut werden müssen. Die Bahnstrecke Bad Oldesloe - Neumünster hätte zwar nicht in ihrer Höhe verändert werden müssen, zur Herstellung des Troges wäre jedoch eine Behelfsbrücke für die Bauzeit erforderlich gewesen. Die L 83 schließlich hätte zur Querung des Troges mit den seitlichen Stützwänden in ihrer Höhe angehoben werden und beidseitig des Troges wieder an den Bestand angepasst werden müssen. Mit der deutlich geringeren Flächeninanspruchnahme in der Hochlage ist zudem ein geringerer Ausgleichsbedarf für Eingriffe in Natur und Landschaft verbunden. Zudem stellt die Hochlage die kostengünstigere Variante dar (Kostenvorteil von 6 Mio. €, vgl. Erläuterungsbericht S. 37).

34

Demgegenüber hat die Planfeststellungsbehörde die Interessen der Klägerin geringer bewertet. Dabei stützt sie sich auch darauf, dass das bereits in der Linienbestimmung gefundene Ergebnis im Zuge der Entwurfsbearbeitung durch einen umweltfachlichen Gradientenvergleich für eine Hochlage und eine Tieflage mit 411 m langem Trogbauwerk bestätigt wurde. Diese vergleichende Gegenüberstellung (vgl. "Teilvariantenvergleich Gieselteich", September 2005 S. 651 ff.) ergab deutliche Nachteile der Tieflage hinsichtlich der abiotischen Faktoren und tendenzielle Nachteile hinsichtlich einer Beeinträchtigung von Wert- und Funktionselementen mit besonderer Bedeutung. Die ermittelten Sichtbereiche des Vorhabens ergäben keine vergleichsrelevanten Unterschiede: Aufgrund gleicher Gradientenlage sei bis km 8+700 von einer ähnlichen Beeinträchtigung auszugehen. Während die für die Tieflage ermittelten Sichtbereiche im Bereich Gieselteich und dem Wohnumfeld östlich von Klein Gladebrügge eine geringere Fläche als die für die Hochlage ermittelten einnähmen, führe eine relativ weiter in den Außenraum strahlende Wirkung der Tieflage östlich der Bahnstrecke zu vergleichsweise umfangreicheren Sichtbereichen. Auslöser hierfür sei die mit der Tieflage zwingend verbundene weiter in die Landschaft ragende Anlage eines Regenrückhaltebeckens, das nach den Angaben in der mündlichen Verhandlung bei einer tieferen Wasserführung verschoben werden müsste, sowie die Führung der K 7, die bei einer Troglage durch eine Brücke überführt werden müsste. Der Umfang aktiver Schallschutzmaßnahmen stelle sich für die Tieflage deutlich geringer dar, da bereits die Trogwände zur Lärmabschirmung beitrügen. Bei der Hochlage sei jedoch zu beachten, dass das Gelände am Gieselteich in seiner jetzigen Gestalt und Funktion nicht verändert werde, während es bei der Tieflage durch die umfangreichen Abgrabungen irreversibel verändert werde. Insgesamt lasse die qualitative Unterschiedlichkeit der Beeinträchtigungen von Hoch- und Tieflage hinsichtlich einer technischen Überprägung des Landschaftsbildes keine eindeutige Präferenzbildung zu. Auch diese Erwägungen lassen Abwägungsfehler nicht erkennen.

35

dd) Schließlich wird auch die Lage der Anschlussstelle Bad Segeberg A 20/K 7 (BW 5.13), durch die der gesamte überörtliche Verkehr aus und nach Bad Segeberg geführt werden soll, um so die Ortsdurchfahrt der B 206 zu entlasten, nachvollziehbar erklärt (Planfeststellungsbeschluss S. 492 f.). Eine Verlegung der gesamten Anschlussstelle Ost in Richtung Süden wäre aus Gründen der angrenzenden Bahnstrecke Neumünster - Bad Oldesloe nur mit hohen finanziellen Aufwendungen möglich. Außerdem müsste dafür die A 20 mit verschwenkt werden, was mit erheblichen zusätzlichen Verlusten von Wohnbebauung und somit Eingriffen in das Eigentum verbunden wäre. Diese Erwägungen halten der rechtlichen Überprüfung ebenfalls stand.

36

Soweit die Klägerin rügt, dass die Verschiebung der Anschlussstelle nach Nordwesten an die Bahnlinie in Richtung Christiansfelde nicht mitbetrachtet worden sei, hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar ausgeführt, dass diese erst im Zuge der späteren Entwurfsplanung vorgenommen wurde. Dementsprechend wurde die verlegte Anschlussstelle bei dem späteren "Teilvariantenvergleich Gieselteich" im September 2005, dem eine konkretisierte Entwurfsplanung zugrunde lag, mitbetrachtet. Das ergibt sich aus dem dort (vgl. S. 640) genannten Gradientenende, das mit Bau-km 10+260 angegeben wird; das ist der Bereich der fraglichen Anschlussstelle. Zudem wurde ein "Vergleich von Anschlusssystemen zur Anbindung der K 7 am Knotenpunkt Segeberg-Ost" als weiterer Teilvariantenvergleich durchgeführt. Die Kritik der Klägerin ist angesichts dessen nicht zutreffend.

37

b) Der aufgezeigte Fehler bei der Alternativenprüfung nötigt nicht zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses. Es genügt, seine Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit festzustellen (vgl. zur Fehlerfolgenregelung § 17e Abs. 6 Satz 2 FStrG). Der Fehler ist nicht von solcher Art, dass die Planung von vornherein als Ganzes in Frage gestellt erscheint. Vielmehr besteht die konkrete Möglichkeit, dass die erforderlichen zusätzlichen Ermittlungen und Bewertungen in einem ergänzenden Verfahren nachgeholt werden.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Eisenbahnverkehrsunternehmen und Eisenbahninfrastrukturunternehmen sind verpflichtet, eine Haftpflichtversicherung zur Deckung der durch Unfälle beim Betrieb einer Eisenbahn verursachten Personenschäden und Sachschäden bei einem im Inland zum Betrieb einer solchen Haftpflichtversicherung befugten Versicherer abzuschließen und aufrechtzuerhalten.

(2) Wagenhalter sind verpflichtet, eine Haftpflichtversicherung zur Deckung der durch Unfälle bei der nichtselbstständigen Teilnahme am Eisenbahnbetrieb verursachten Personenschäden und Sachschäden bei einem im Inland zum Betrieb einer solchen Haftpflichtversicherung befugten Versicherer abzuschließen und aufrechtzuerhalten. Satz 1 gilt nicht für die Bundesrepublik Deutschland, die anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und die Vertragsstaaten des Abkommens vom 2. Mai 1992 über den Europäischen Wirtschaftsraum.

(1) Betreiber von Eisenbahnanlagen und Betreiber von Serviceeinrichtungen sind zum Betrieb ihrer Eisenbahninfrastruktur verpflichtet. Beabsichtigt ein öffentliches Eisenbahninfrastrukturunternehmen

1.
die mehr als geringfügige Verringerung der Kapazität einer Strecke,
2.
die dauernde Einstellung des Betriebes einer Strecke, eines Personenbahnsteigs oder einer Laderampe oder
3.
die dauernde Einstellung des Betriebes einer Serviceeinrichtung,
so hat es dies bei der zuständigen Aufsichtsbehörde zu beantragen. Dabei hat es darzulegen, dass ihm der Betrieb der Infrastruktureinrichtung nicht mehr zugemutet werden kann und Verhandlungen mit Dritten, denen ein Angebot für die Übernahme der Infrastruktureinrichtung durch Verkauf oder Verpachtung zu in diesem Bereich üblichen Bedingungen gemacht wurde, erfolglos geblieben sind. Bei den Übernahmeangeboten an Dritte sind Vorleistungen angemessen zu berücksichtigen. Die zuständige Aufsichtsbehörde kann bei einem Antrag auf dauernde Einstellung des Betriebes einer Serviceeinrichtung, eines Personenbahnsteigs oder einer Laderampe entscheiden, dass eine Bekanntgabe nach Absatz 1a entbehrlich ist, wenn die Serviceeinrichtung, der Personenbahnsteig oder die Laderampe in den letzten 24 Monaten vor der geplanten Betriebseinstellung nicht zweckentsprechend genutzt wurde und kein Antrag auf Nutzung gestellt oder eine entsprechende Absicht dem Betreiber bekannt ist.

(1a) Öffentliche Eisenbahninfrastrukturunternehmen haben ihre Absicht nach Absatz 1 Satz 2 entweder

1.
im Bundesanzeiger zu veröffentlichen oder
2.
im Internet zu veröffentlichen und die Adresse im Bundesanzeiger bekannt zu machen.
In der Bekanntmachung sind Angaben für die betriebswirtschaftliche Bewertung dieser Infrastruktur aufzunehmen. Nach der Veröffentlichung können Dritte das öffentliche Eisenbahninfrastrukturunternehmen binnen einer Frist von drei Monaten zur Abgabe eines Angebotes auffordern. Im Angebot ist die Bestimmung der abzugebenden Grundstücke und Infrastruktureinrichtungen für Eisenbahnzwecke und deren Ertragswert bei der Preisbildung angemessen zu berücksichtigen. Bei der Bemessung des Pachtzinses ist maßgeblich der Ertragswert zu berücksichtigen. Das Angebot muss den Anschluss an die angrenzende Schieneninfrastruktur umfassen.

(2) Die zuständige Aufsichtsbehörde hat über den Antrag unter Berücksichtigung verkehrlicher und wirtschaftlicher Kriterien innerhalb von drei Monaten zu entscheiden. Im Bereich der Eisenbahnen des Bundes entscheidet das Eisenbahn-Bundesamt im Benehmen mit der zuständigen Landesbehörde. Bis zur Entscheidung hat das Unternehmen den Betrieb der Eisenbahninfrastruktur aufrecht zu halten.

(3) Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn die zuständige Aufsichtsbehörde innerhalb der in Absatz 2 bestimmten Frist nicht entschieden hat. Versagt sie die Genehmigung nach Maßgabe des Absatzes 2, so hat sie dem Eisenbahninfrastrukturunternehmen die aus der Versagung entstehenden Kosten, einschließlich der kalkulatorischen Kosten zu ersetzen; die Zahlungsverpflichtung trifft das Land, wenn die von der Landesbehörde im Rahmen des Benehmens vorgetragenen Gründe für die Ablehnung maßgebend waren.

(4) Liegen die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 3 nicht vor, ist die Genehmigung zu versagen.

(5) Eine Versagung nach Maßgabe des Absatzes 2 ist nur für einen Zeitraum von einem Jahr möglich; danach gilt die Genehmigung als erteilt.

(1) Die zuständige Planfeststellungsbehörde stellt für Grundstücke, die Betriebsanlage einer Eisenbahn sind oder auf denen sich Betriebsanlagen einer Eisenbahn befinden, auf Antrag des Eisenbahninfrastrukturunternehmens, des Eigentümers des Grundstücks, der Gemeinde, auf deren Gebiet sich das Grundstück befindet, oder des Trägers der Straßenbaulast einer öffentlichen Straße, der diese Grundstücke für Zwecke des Straßenbaus zu nutzen beabsichtigt, die Freistellung von den Bahnbetriebszwecken fest, wenn kein Verkehrsbedürfnis mehr besteht und langfristig eine Nutzung der Infrastruktur im Rahmen der Zweckbestimmung nicht mehr zu erwarten ist. Satz 1 gilt auch für Grundstücke, auf denen sich keine Betriebsanlage mehr befindet. Befindet sich auf dem Grundstück eine Betriebsanlage, für deren dauerhafte Betriebseinstellung eine Stilllegung nach § 11 zu erwirken ist, so kann die Freistellung von Eisenbahnbetriebszwecken erst nach Eintritt der Bestandskraft der Stilllegungsentscheidung erfolgen. Für die Freistellungsentscheidung ist die vollständige oder teilweise Beseitigung von nicht betriebsnotwendigen Eisenbahnanlagen keine Voraussetzung. Mit der Freistellungsentscheidung endet die eisenbahnrechtliche Fachplanungshoheit.

(2) Vor der Entscheidung nach Absatz 1 hat die Planfeststellungsbehörde

1.
die oberste Landesplanungsbehörde über den Eingang des Antrags auf Freistellung von Bahnbetriebszwecken zu informieren und
2.
Eisenbahnverkehrsunternehmen, die nach § 1 Absatz 2 des Regionalisierungsgesetzes bestimmten Stellen, die zuständigen Träger der Landesplanung und Regionalplanung, die betroffenen Gemeinden sowie Eisenbahninfrastrukturunternehmen, soweit deren Eisenbahninfrastruktur an die vom Antrag betroffenen Eisenbahninfrastruktur anschließt, durch öffentliche Bekanntmachung im Bundesanzeiger zur Stellungnahme aufzufordern sowie den Inhalt der Bekanntmachung zusätzlich im Internet zu veröffentlichen; die Frist zur Abgabe einer Stellungnahme soll drei Monate nicht überschreiten.

(3) Die Entscheidung über die Freistellung ist neben dem Antragsteller dem Eisenbahninfrastrukturunternehmen, dem Eigentümer des Grundstücks und der Gemeinde, auf deren Gebiet sich das Grundstück befindet, zuzustellen. Die oberste Landesplanungsbehörde ist über die Entscheidung zu unterrichten.

(1) Bundeswasserstraßen nach diesem Gesetz sind

1.
die Binnenwasserstraßen des Bundes, die dem Verkehr mit Güter- und Fahrgastschiffen oder der Sport- und Freizeitschifffahrt mit Wasserfahrzeugen dienen; als solche gelten die in der Anlage 1 aufgeführten Wasserstraßen, dazu gehören auch alle Gewässerteile,
a)
die mit der Bundeswasserstraße in ihrem Erscheinungsbild als natürliche Einheit anzusehen sind,
b)
die mit der Bundeswasserstraße durch einen Wasserzufluss oder Wasserabfluss in Verbindung stehen und
c)
die im Eigentum des Bundes stehen,
2.
die Seewasserstraßen.

(2) Unbeschadet der Regelung in Absatz 6 wird die seitliche Abgrenzung der Binnenwasserstraßen des Bundes durch die Uferlinie gebildet. Die Uferlinie ist die Linie des Mittelwasserstandes, bei staugeregelten Bundeswasserstraßen die Linie des Stauziels oder bei tidebeeinflussten Binnenwasserstraßen die Linie des mittleren Tidehochwasserstandes.

(3) Ufer einer Binnenwasserstraße des Bundes ist der Bereich zwischen der Uferlinie gemäß Absatz 2 und der Linie des mittleren Hochwasserstandes. Davon ausgenommen sind die tidebeeinflussten Binnenwasserstraßen, in denen das Ufer zwischen der Linie des mittleren Tideniedrigwasserstandes und der Linie des mittleren Tidehochwasserstandes verläuft. Befindet sich unterhalb der Linie des mittleren Hochwasserstandes oder des Tidehochwasserstandes eine Böschungskante als natürliche landseitige Abgrenzung, tritt diese an die Stelle der Linie des mittleren Hochwasserstandes.

(4) Seewasserstraßen sind die Flächen zwischen der Küstenlinie bei mittlerem Hochwasser oder der seewärtigen Begrenzung der Binnenwasserstraßen und der seewärtigen Begrenzung des Küstenmeeres. Zu den Seewasserstraßen gehören nicht die Hafeneinfahrten, die von Leitdämmen oder Molen ein- oder beidseitig begrenzt sind, die Außentiefs, die Küstenschutz-, Entwässerungs-, Landgewinnungsbauwerke, Badeanlagen und der trockenfallende Badestrand.

(5) Soweit die Erfüllung der Verwaltungsaufgaben des Bundes nicht beeinträchtigt wird, kann das jeweilige Land das Eigentum des Bundes an den Seewasserstraßen und an den angrenzenden Mündungstrichtern der Binnenwasserstraßen unentgeltlich nutzen,

1.
wenn die Nutzung öffentlichen Interessen dient, insbesondere zur Landgewinnung, Boden- und Wasserentnahme, Errichtung von Hafenanlagen, zu Maßnahmen für den Küstenschutz und für den Wasserabfluss sowie für die Durchführung des Badebetriebes,
2.
zur Ausübung des Jagdrechts, der Muschelfischerei, der Schillgewinnung, der Landwirtschaft sowie der aus dem Eigentum sich ergebenden Befugnisse zur Nutzung von Bodenschätzen.
Das Land wird Eigentümer der nach Nummer 1 gewonnenen Land- und Hafenflächen und errichteten Bauwerke. Es kann die Nutzungsbefugnisse nach Nummer 1 und 2 im Einzelfall auf einen Dritten übertragen. Rechte Dritter bleiben unberührt.

(6) Zu den Bundeswasserstraßen gehören auch

1.
die bundeseigenen Schifffahrtsanlagen, besonders Schleusen, Schiffshebewerke, Wehre, Schutz-, Liege- und Bauhäfen sowie bundeseigene Talsperren, Speicherbecken und andere Speisungs- und Entlastungsanlagen,
2.
die ihrer Unterhaltung dienenden bundeseigenen Ufergrundstücke, Bauhöfe und Werkstätten,
3.
bundeseigene Einrichtungen oder Gewässerteile, die der Erhaltung oder Wiederherstellung der Durchgängigkeit bei Stauanlagen, die von der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes errichtet oder betrieben werden, dienen.

(7) Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wird vorbehaltlich des § 2 ermächtigt, die Anlage 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates so zu ändern, dass dort aufgeführte Bundeswasserstraßen ganz oder teilweise zusammengefasst oder getrennt, Bezeichnungen für sie festgesetzt oder geändert werden.

Jedermann darf im Rahmen der Vorschriften des Schifffahrtsrechts sowie der Vorschriften dieses Gesetzes die Bundeswasserstraßen mit Wasserfahrzeugen befahren. Das Befahren der bundeseigenen Talsperren und Speicherbecken ist nur zulässig, soweit es durch Rechtsverordnung nach § 46 Nr. 2 gestattet wird. Das Befahren der Bundeswasserstraßen in Naturschutzgebieten und Nationalparken nach den §§ 23 und 24 des Bundesnaturschutzgesetzes kann durch Rechtsverordnung, die das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit erlässt, geregelt, eingeschränkt oder untersagt werden, soweit dies zur Erreichung des Schutzzweckes erforderlich ist.

(1) Soll ein Gewässer Bundeswasserstraße werden oder soll ein Gewässer die Eigenschaft als Bundeswasserstraße verlieren, bedarf es einer Vereinbarung zwischen dem Bund, dem Land und dem bisherigen oder dem künftigen Eigentümer. Den Übergang bewirkt ein Bundesgesetz; das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen den Übergang von Gewässern oder Gewässerstrecken mit nur örtlicher Bedeutung durch Rechtsverordnung zu bewirken.

(2) In Rechtsvorschriften nach Absatz 1 ist die Anlage 1 zu ändern.

(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.

(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,

1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist;
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat;
3.
wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
4.
wenn die Behörde auf Grund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht oder auf Grund des Verwaltungsaktes noch keine Leistungen empfangen hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
5.
um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.
§ 48 Abs. 4 gilt entsprechend.

(3) Ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden,

1.
wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird;
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
§ 48 Abs. 4 gilt entsprechend.

(4) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Behörde keinen anderen Zeitpunkt bestimmt.

(5) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(6) Wird ein begünstigender Verwaltungsakt in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 3 bis 5 widerrufen, so hat die Behörde den Betroffenen auf Antrag für den Vermögensnachteil zu entschädigen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen schutzwürdig ist. § 48 Abs. 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über die Entschädigung ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.

Auf Planfeststellungsverfahren und sonstige Verfahren mit den Rechtswirkungen der Planfeststellung für Vorhaben von überörtlicher Bedeutung sowie auf die auf Grund des Bundes-Immissionsschutzgesetzes für die Errichtung und den Betrieb öffentlich zugänglicher Abfallbeseitigungsanlagen geltenden Verfahren sind die §§ 29 bis 37 nicht anzuwenden, wenn die Gemeinde beteiligt wird; städtebauliche Belange sind zu berücksichtigen. Eine Bindung nach § 7 bleibt unberührt. § 37 Absatz 3 ist anzuwenden.

Tenor

Die Klagen werden abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger (jeweils zu 1/10).

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger dürfen die Vollstreckung jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von jeweils 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Berufung wird zugelassen, soweit das Urteil das Klagebegehren der Klägerin zu 2) betrifft.

Tatbestand

1

Die Kläger wenden sich gegen eine Allgemeinverfügung des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie des Landes Schleswig-Holstein, mit der die Einziehung des Landeshafens A-Stadt verfügt wird.

2

Der Hafen A-Stadt ist ein an der Nordseeküste gelegener Landeshafen im Eigentum des Landes Schleswig-Holstein. Der Hafen besteht aus einem etwa 700 m langen Hafenbecken mit Kaianlage, einer Hochwasserschutzschleuse und seeseitig einem ca. 2 km langen Hafenpriel mit einem Leitdamm. Über den Hafen werden 2 Köge entwässert, er dient damit auch als Vorfluter für ein Einzugsgebiet von ca. 35 qkm.

3

Ein Vorläufer des Hafens entstand um das Jahr 1854 herum nach der vollendeten Eindeichung des Friedrichskooges im Außentief vor dem damals neuen Seedeichsiel. Der preußische Domänenfiskus legte damals für Landgewinnungsarbeiten ein Stichbecken für die Landgewinnungsfahrzeuge an. Daraus entwickelte sich zunächst ein Seehandel und seit 1883 siedelten sich dort Krabbenkutter an. In den Jahren 1934/1935 wurde im Rahmen der Eindeichung der ... Bucht vor dem Hafenbecken eine Hochwasserschleuse mit zwei Fluttorpaaren gebaut. Dadurch erlangte der Hafen seine heutige Form eines sturmflutsicheren Binnenhafens. A-Stadt wurde damals zu einem bedeutenden Fischereihafen (um die 70 Kutter). Im Jahre 1937 ging die Hafenunterhaltung aus der preußischen Staats- und Domänenverwaltung wegen der Bedeutung für die Fischerei in die Zuständigkeit der Wasserstraßenverwaltung des Deutschen Reiches über.

4

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde der Hafen vom Land Schleswig-Holstein als Rechtsnachfolgerin übernommen und wird seitdem als landeseigener Hafen betrieben.

5

Im Jahre 1950 wurde der Hafendamm um weitere 200 m Basaltleitdamm bis zum Hafenfeuer verlängert, um die Strömung, die zur Verschlickung des Hafens führt, noch weitergehend abzufangen. Zur Erläuterung dieser Arbeiten wurde in der Norddeutschen Rundschau am 20.4.1950 berichtet (Beiakte D), schon seit Jahren mache sich eine Verflachung der Hafeneinfahrt bemerkbar und gefährde die Leistungsfähigkeit und die Existenz des Hafens und derer, die auf ihn angewiesen seien.

6

Diese bauliche Maßnahme hat die Verschlickung nicht aufgehalten. Mit der Flut gelangen jeweils mehr Sedimente in den Hafenpriel und das Hafenbecken, als bei dem langsameren Abfluss des Wassers bei Ebbe wieder weggetragen werden. Grund des Versandungsproblems sind nach Einschätzung der Fachleute die geomorphologischen Verhältnisse, die dazu führen, dass die Dithmarscher Küste im Bereich der Elbmündung seit jeher zu den Nordseeküstenabschnitten mit den höchsten Aufschlickungs- und Anwachsraten zählt. Insbesondere nach der Eindeichung des ... Kooges zeigten sich starke Veränderungen des Wattenmeeres westlich von A-Stadt im Elbmündungstrichter. Es zeigt sich ein starkes Versandungs- bzw. Verschlammungsproblem im Hafenbereich, aber auch im Küstenvorfeld.

7

Zur Aufrechterhaltung des Hafenbetriebes werden seit Jahrzehnten laufend Cutterbaggerungen durchgeführt. Die Baggerungen finden im Hafenbecken und im Bereich des Sperrwerkes auch im Hafenpriel statt. Das landeseigene Baggerschiff „Isern Hinnerk II" schafft einen jährlichen Aushub von mindestens 100.000 cbm mit einem Kostenaufwand von durchschnittlich 320.000,- € auf Spülfelder. Im Hafenpriel ist in letzter Zeit zusätzlich ein Schlepper mit Egge („Hafenretter“) zum Einsatz gekommen. Da auch damit bisher keine Fahrwassertiefe von 2,5 m in Hafen, Hafenpriel und vorgelagerten Wattgebieten gewährleistet ist, sind viele Fischer nach Büsum ausgewichen, wo der Hafen tideunabhängig auch von Fischkuttern mit einem Tiefgang von mehr als 1,90 m sicher genutzt werden kann. In A-Stadt wurden deshalb im Jahre 2013 nur rd. 52 t Krabben angelandet. In einer Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage vom 22.06.2010 (Ds. 17/613) heißt es, es seien noch 27 Haupterwerbsfischereibetriebe (Krabbenkutter) mit Heimathafen in A-Stadt gemeldet, aber lediglich neun Betriebe, die Kutter mit geringem Tiefgang hätten, nutzten den Hafen noch regelmäßig.

8

Nachdem im Hafen immer weniger Anlandungen von Fisch und Krabben stattfanden, bemängelte der Landesrechnungshof schon in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts, dass der Hafen unwirtschaftlich sei. Das Marschenbauamt Heide berichtete am 02.03.1973 über die geomorphologischen Verhältnisse und wies auf eine starke Verlandungstendenz hin. Die Gesamtsituation werde sich weiter nachteilig entwickeln. Die Wasser- und Schifffahrtsdirektion B-Stadt und das Landesamt für Wasserhaushalt und Küsten kamen mit einem Bericht vom 28.05.1974 ebenfalls zu dem Schluss, Hafen und Zufahrt würden in überschaubarer Zeit Opfer der Anlandungsprozesse werden. Es sollten rechtzeitig Folgerungen gezogen werden, indem auf die unabänderliche Entwicklung und eine Entwidmung des Hafens hingewiesen werde.

9

Als dies an die Öffentlichkeit gelangte, kam es damals zu heftigen Protesten der Bevölkerung vor Ort, insbesondere seitens der Fischer, die eine Bedrohung der Existenzgrundlage beklagten.

10

Mit Rücksicht hierauf ließ die Landesregierung technische Lösungsmöglichkeiten zur kostengünstigeren Aufrechterhaltung des Hafenbetriebes prüfen. Prof. ... kam in einem Gutachten aus Oktober 1975 zu dem Ergebnis, die Analyse der Ämter sei richtig. Man könne jedoch die Strömungsverhältnisse verbessern, indem mit einem Aufwand von 6 Mio. DM ein Spülpolder gebaut werde; das sei eine „unkonventionelle Baumaßnahme, die mit Risiken behaftet ist". Die Wasser- und Schifffahrtsdirektion B-Stadt nahm dazu kritisch Stellung: Die Idee eines solchen Spülpolders sei nicht neu, sie sei schon 1963 vom Wasser- und Schifffahrtsamt Tönning erwogen worden, Probespülungen hätten dazu geführt diesen Versuch aufzugeben, weil nicht habe erhärtet werden können, dass die Investition in einem vernünftigen Ergebnis zum Erfolg stehe. Eine Entscheidung für einen Polder wurde daraufhin nicht getroffen, es wurden weiterhin Baggerungen durchgeführt.

11

Im Jahre 1990 wurden dann im Zusammenhang mit einer Deichbaumaßnahme im ...koog vom Amt für Land- und Wasserwirtschaft Sedimentationsbecken vor dem Hafen - also eine Art Spülpolder - durch Entnahme von 350.000 cbm Sand geschaffen. Zu den Erfahrungen damit heißt es in einer Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage (Drucksache 17/613 vom 22.06.2010), diese Becken seien sehr schnell verlandet.

12

In einem Bericht vom 29.09.1997 bemängelte der Landesrechnungshof nochmals, unbedeutende Umsätze im Hafen und hohe Aufwendungen dafür würden das Engagement des Landes nicht rechtfertigen. Das Wirtschaftsministerium sei gefordert, eine Lösung zu finden, um die dauerhafte Kostenbelastung zu beenden; hierbei sei auch die Möglichkeit einer Entwidmung als öffentlicher Hafen einzubeziehen.

13

Es wurden daraufhin nochmals technische Lösungen zur Minderung des Aufwandes geprüft. Der Landesbetrieb Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz (LKN) kam am 10.12.2009 zu dem Ergebnis, dass keine der Alternativen eine signifikante Entlastung von den hohen Bagger- und Hafenbetriebskosten erwarten lasse.

14

Ein hierzu eingeholtes Gutachten von Prof. ... (CAU B-Stadt) kam im Februar 2010 nach Prüfung verschiedener Varianten zu dem Ergebnis, Baumaßnahmen (Spülpolder etc.) zur Lösung des Problems seien mit Vorsicht zu betrachten, da mit hoher Wahrscheinlichkeit Folgeprobleme und -kosten entstünden; Varianten mit einer Optimierung durch baggertechnische Vertiefung könnten zur Reduzierung der Baggervolumina führen, allerdings auf Kosten einer erhöhten Baggerfrequenz.

15

Im Jahre 2012 empfahl die Haushaltsstrukturkommission des Landes die Schließung des Hafens.

16

In der Folgezeit wurde von der Landesregierung mit dem Kreis Dithmarschen, der Gemeinde A-Stadt und der örtlichen Wirtschaft über eine andere Eigentümer- und Betreiberstruktur verhandelt. Das Land machte dabei deutlich, dass es eine einvernehmliche Lösung anstrebe, eine weitere Trägerschaft für den Hafen jedoch ablehne. Es wurden Möglichkeiten in Betracht gezogen, den Hafen in Trägerschaft der Gemeinde über den Erlös aus noch zu errichtenden Windkraftanlagen zu finanzieren. Es kam zu einem „letter of intent" vom 07.06.2012, der die Prüfung einer Kompromisslösung vorsah: Das Eigentum am Hafen sollte auf die Gemeinde übergehen, das Land wollte einen Kostenanteil (Betriebskosten für das Sperrwerk) übernehmen. Als eine Voraussetzung wurde die Rechtskraft des Regionalplans IV (Eignungsflächen für Windenergie) festgehalten. Diese Lösung wurde von der Gemeinde A-Stadt letztlich abgelehnt, weil wegen der Kostenrisiken keine Bereitschaft bestand, die Trägerschaft des Hafens zu übernehmen.

17

Im April 2012 gab das Land Schleswig-Holstein die Entwidmungsabsicht für den Hafen öffentlich bekannt und legte einen entsprechenden Erläuterungsbericht vom 02.04.2012 im Zeitraum vom 26.04.2012 bis 29.05.2012 öffentlich aus. Daraufhin wurden 79 Einwendungen erhoben, darunter auch Einwendungen der Kläger. Hinsichtlich der Einwendungen wird auf die beigezogene Beiakte B Bezug genommen.

18

Mit Allgemeinverfügung vom 07.07.2014 traf das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie des Landes Schleswig-Holstein folgende Entscheidung:

19
1. „Der Hafen A-Stadt wird als öffentlicher Hafen innerhalb der am 21. Mai 1993 bekannt gemachten Hafengrenzen mit Wirkung vom 01. Januar 2015 eingezogen.
20
2. Diese Entscheidung ergeht unter dem Vorbehalt des Widerrufs gemäß § 107 Abs. 2 Nr. 3 Landesverwaltungsgesetz Schleswig-Holstein (LVwG).
21
3. Bis zum Baubeginn eines Schöpfwerkes wird das Hafensperrwerk als Entwässerungsanlage weiter betrieben.
22
4. Die Widmung von landseitigen Verkehrsflächen innerhalb der Hafengrenzen bleibt unberührt.“
23

Zur Begründung wurde ausgeführt, der Hafen A-Stadt stelle eine dem Gemeingebrauch gewidmete öffentliche Sache dar, deren Einziehung in Analogie zu § 8 Abs. 1 Straßen- und Wegegesetz Schleswig-Holstein (StrWG) verfügt werde, weil die Fortführung des Hafens aus Steuermitteln dem Land nicht mehr zumutbar sei und die Einziehung des Hafens in Abwägung mit privaten Interessen aus Gründen des öffentlichen Wohles erforderlich sei. Der Betrieb und die Instandhaltung des Hafens und des Sperrwerkes führten zu regelmäßigen jährlichen Kosten in Höhe von ca. 700.000 bis 1 Mio. Euro. Die jährlichen Einnahmen lägen in der Größenordnung von ca. 40.000 Euro. Es ergebe sich für den Hafenbetrieb ein Mittelwert von knapp 800.000 Euro als jährlicher Zuschussbedarf. Kurzfristig müssten zudem rund 2 Mio. Euro in die bestehenden Anlagen investiert werden. Mittelfristig bestehe ein weiterer Sanierungsbedarf von rund 1,8 Mio. Euro. Für die Daseinsvorsorge (Versorgung der Bevölkerung) sei der Hafen nicht mehr erforderlich, da die Umschlagsmengen zu gering seien und auch nicht der Versorgung der Bevölkerung dienten.

24

Auch sei der Hafen nicht zur Erschließung der angrenzenden Flurstücke erforderlich. Die Entwässerung des angrenzenden Einzugsgebietes werde durch den - mit einer Hafenschließung notwendigerweise verbundenen - Bau eines Schöpfwerkes insgesamt verbessert. Die Tideniedrigwasserstände am Außenpegel des Sperrwerkes A-Stadt würden seit Jahren um mehr als 2 cm pro Jahr ansteigen, so dass angesichts der Höhenlage des Einzugsgebietes (+ 1,0 m NHN bis + 2,0 m NHN) die Entwässerung des Binnenlandes in freier Vorflut in 10 - 15 Jahren nicht mehr möglich wäre.

25

Belange der Nutzer des Hafens (Sportboote, Fischer, Werft und hafenaffine Dienstleistungen) seien zwar beeinträchtigt, das öffentliche Wohl überwiege aber.

26

Für die Gemeinde A-Stadt sei der Tourismus ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, denn der Hafen sei ein Anziehungspunkt neben Attraktionen des Wals, der Seehundstation und dem maritimen Umfeld. Die Schließung des Hafens werde aber voraussichtlich nur geringe negative Auswirkungen auf die touristische Gesamtattraktivität haben; die Gewerbesteuereinnahmen würden sich höchstens um 30.000,-- € vermindern.

27

Eine schwerwiegende negative Veränderung der unmittelbaren hafenbezogenen wirtschaftlichen Aktivitäten sei nicht anzunehmen. Vielmehr sei anzunehmen, dass die Kutter, die derzeit noch den Hafen anliefen, auch weiterhin auf andere Häfen, wie etwa Büsum, ausweichen könnten.

28

Für den ortsansässigen Werftbetrieb stelle die Einschränkung des gepachteten wasserseitigen Zuganges eine Beeinträchtigung seiner Belange dar, es sei dem Werftbetrieb aber insgesamt zuzumuten, seine Aktivitäten gänzlich auf andere Standorte, wie etwa Büsum, zu verlagern.

29

Angesichts der geringen Verkehrsbedeutung und der erheblichen Kosten für den Betrieb des Hafens bei einem geringen Ertrag stellten sich bei einer Gesamtabwägung die Schließung des Landeshafens und der Bau eines Schöpfwerkes als vorzugswürdig dar. Der Bau eines Schöpfwerkes werde rd. 3,5 Mio. € kosten, bei jährlichen Betriebskosten von rd. 160.000,- €; ein Kostenvergleich ergebe die Vorzugswürdigkeit eines Schöpfwerkes, das die Entwässerungssituation überdies verbessere, weil die Entwässerung nicht mehr von Außenwasserständen abhängig wäre.

30

Am 25.09.2014 haben die Kläger Klage erhoben.

31

Die Kläger tragen vor:

32

Die streitige Allgemeinverfügung sei aufzuheben, denn sie sei rechtswidrig und verletzte die Rechte der Kläger. Die Entwidmung verstoße gegen den Vorbehalt des Gesetzes.

33

Es fehle eine gesetzliche Grundlage, die die Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer Einziehung eines Hafens regele. Eine solche Rechtsgrundlage sei notwendig, da es hier um Grundrechtseingriffe gehe. Betroffen sei Art. 2 Abs. 1 GG, aber auch der eigentumsrechtliche Schutz des Anliegergebrauchs, der für den Zugang zu Straßen anerkannt sei. Eine Einziehung eines Hafens in analoger Anwendung von Vorschriften des Straßen- und Wegegesetzes sei deshalb nicht zulässig, zumal damit die wasserrechtlichen Besonderheiten und Härten nicht erfasst würden.

34

Außerdem habe der Hafen noch eine Verkehrsbedeutung und es würden hier überwiegende private Interessen gegen die Einziehung sprechen. Die Einziehung des Hafens würde im Zusammenhang mit dem Bau eines Schöpfwerkes praktisch zu einer endgültigen Schließung des Hafens führen. Die Verbindung zur Nordsee würde entfallen. Dies beeinträchtige die Rechte der Kläger.

35

Der Hafen werde noch für die Fischerei und den Wassersport genutzt, wie sich aus einer Aufstellung der Mitglieder des Sportbootvereins und der Fischer, aber auch aus den Verwaltungsakten ergebe. Nach den Berechnungen des Sportbootclubs habe es noch mehr Anläufe von Sportbooten gegeben, als vom Beklagten angegeben.

36

Darüber hinaus sei die Einziehung des Hafens unverhältnismäßig. Zwar sei die Zahl der Anläufe von Wasserfahrzeugen und der Anlandungen von Krabben rückläufig, dies sei jedoch auf die mangelnde Unterhaltung des Hafens durch den Beklagten und auf Fehlentscheidungen zurückzuführen, so dass sich der Beklagte nun nicht auf die mangelnde Verkehrsbedeutung und hohe Kosten berufen könne. Festzustellen sei hierbei, dass die Zahl der Anläufe und Anlandungen parallel zu den Baggermengen und Baggerkosten zurückgingen:

37
- Im Jahr 2000 seien 143.000 m3 Sand aus der Hafenzufahrt ausgehoben worden.
38
- Im Jahr 2006 seien 147.000 m3 Sand ausgehoben worden.
39
- Im Jahr 2011 seien jedoch nur 125.000 m3 Sand ausgehoben worden.
40
- Im Jahr 2013 seien nur noch 100.000 m3 Sand gebaggert worden.
41

Der Zusammenhang ergebe sich deutlich aus folgenden Darstellungen:

42

Baggeraushub/Anläufe von Fischereifahrzeugen

43
        

2000   

2001   

2002   

2003   

2004   

2005   

2006   

2007   

Aushub
in Tausend
m3

143     

120     

130     

130     

135     

125     

ca. 147

ca. 122

Anläufe
Fischereifahrzeuge

859     

877     

807     

789     

575     

593     

500     

248     

44
        

2008   

2009   

2010   

2011   

2012   

2013   

Aushub
in Tausend
m3

ca. 120

ca. 115

ca. 120

ca. 125

Menge
nicht
bekannt

ca. 100

Anläufe
Fischereifahrzeuge

117     

155     

159     

65    

73    

104     

Abbildung
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45

Die Baggermengen seien danach seit 2006 signifikant zurückgegangen. Es sei rechtsmissbräuchlich, den Hafen erst versanden zu lassen, so dass den Fischern eine Einfahrt nicht mehr möglich sei, und später eine Einziehung damit zu begründen, dass die Anzahl der Anläufe gering sei.

46

Desweiteren habe der Beklagte bereits bei der Planfeststellung zur Fahrrinnenanpassung der Unter- und Außenelbe angemahnt, dass die Verbringung des Elbschlicks in die Elbmündung zu einer Versandung des Hafens A-Stadt führen werde. Auch hieraus ergebe sich, dass der Hafen zunehmend versande, der Beklagte aber die Baggermengen nicht angepasst habe. Die Fischer würden anführen, dass sich die Situation des Hafens schon nach der Elbvertiefung 1999 wesentlich verschlechtert habe; seinerzeit hätten weitere 7 Mio. Kubikmeter Schlick im Elbmündungsarm gelagert werden sollen. Mit jeder Flut werde der Sand kilometerweit Richtung Land getragen, so dass der Elbschlick in A-Stadt angelandet werde.

47

Der Beklagte habe zu hohe Kosten des Hafenbetriebs angenommen (durchschnittlich 800.000,- €). Tatsächlich ergebe sich aus dem finanziellen Gesamtaufwand von 2000 bis 2010 ein durchschnittlicher jährlicher Zuschussbedarf von rund 700.000,- €.

48

Es sei auch zu bezweifeln, ob der Zustand des Sperrwerks tatsächlich so schlecht sei, wie dies vom Land angegeben werde, so dass auch der angegebene Sanierungsaufwand zweifelhaft sei.

49

Auch sei es nicht richtig, wenn der Beklagte anführe, eine Kostenreduzierung sei nicht möglich. Bereits 1978 seien Vorschläge zur Kostenreduzierung gemacht worden. Gleichwohl seien keine Maßnahmen getroffen worden, um eine Versandung des Hafens zu unterbinden oder zu verringern. So sei nicht der Empfehlung des Landesbetriebes Küstenschutz, Naturschutz und Meeresschutz vom 10.12.2009 gefolgt worden, die Maßnahme „Anschluss des vorhandenen Grüppensystems im Vorlandbereich südlich des Hafenpriels als Spülpolder“ kurzfristig umzusetzen. Auch der Bau eines Spülpolders hätte den Baggeraufwand deutlich reduzieren können, worauf die Bundesanstalt für Wasserbau im Juni 2014 hingewiesen habe. Ungünstig wirke sich auch die Umgestaltung des Sperrwerks in den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts aus; damals sei ein zu niedriger Drempel gebaut worden, so dass nun der Ebbstrom aufgrund einer größeren Tiefe im Bereich des Sperrwerks gebremst werde. Es sei zu verlangen, dass dies baulich verändert werde, um einen besseren Rückfluss der Sedimente zu ermöglichen. Hinzukomme, dass das Land um das Jahr 2000 herum einen „Schachtpriel“ südlich des Hafenpriels geschlossen, und auf Anregung der Fischer erst im Jahre 2011 teilweise (Rohrleitungen) wieder geöffnet habe; auch dies habe sich ungünstig auf die Sedimentablagerung ausgewirkt.

50

Es sei folglich versäumt worden, die Kosten für die Instandhaltung des Hafens zu senken, so dass es verfehlt sei, sich heute auf die hohen Instandhaltungskosten des Hafens zu berufen. Dies hätte im Rahmen der Abwägung stärker zugunsten der Kläger gewichtet werden müssen.

51

Weiterhin berufe sich der Beklagte in seinem Bescheid zu Unrecht darauf, dass die Entwässerung durch ein zu bauendes Schöpfwerk verbessert werde, da die Entwässerung dann nicht mehr von den Außenwasserständen abhängig sei. Es erscheine schon problematisch, dieses Argument für die Einziehung des Hafens heranzuziehen, da das Planfeststellungsverfahren für das Schöpfwerk noch nicht abgeschlossen sei. Es stehe also noch gar nicht fest, ob ein Schöpfwerk gebaut werden könne. Wenn nun, wie angekündigt, die Baggerungen eingestellt würden, werde es nicht mehr möglich sein, die anliegenden Gebiete zu entwässern. Sollte man dennoch von dem Bau eines Schöpfwerkes ausgehen, wäre die Wassersituation in A-Stadt auch in diesem Fall nicht besser. Durch ein Schöpfwerk würde das Hafenbecken zu einem Binnengewässer ohne Fließbewegung werden. Dies werde dazu führen, dass das Wasserbecken aussüßen werde, mit der Folge einer stärkeren Algenentwicklung und entsprechenden Geruchsbelästigungen in den Sommermonaten. Die bereits im Hafenbereich ansässigen Lebensgemeinschaften würden verdrängt. Für ein Schöpfwerk werde überdies ein Wasserstand im Hafenbecken von 40 cm unter Normalnull angestrebt. Aufgrund des im Vergleich zum Hochwasser bei einem offenen Hafen um ca. 2,2 m massiv abgesenkten Wasserstandes werde das Grundwasser in der Umgebung des Hafens um mehrere Meter sinken. Dies führe erfahrungsgemäß zu einer Absenkung des Bodens, was wiederum zu Schäden an Häusern in der Umgebung des Hafens führen werde.

52

Der Beklagte habe auch die touristischen Belange nicht richtig bewertet. Es seien neben den Gewerbesteuereinnahmen auch die umsatzsteuerpflichtigen Lieferungen und Leistungen in den Blick zu nehmen. Im Jahre 2007 habe das Gastgewerbe umsatzsteuerpflichtige Lieferungen und Leistungen in Höhe von 2.911.000,- € erbracht. Im Bereich der Fischerei und Fischzucht hätten sich die umsatzsteuerpflichtigen Lieferungen und Leistungen sogar auf rund 7.000.000,- € belaufen. Laut einer Umfrage bei den Gewerbebetreibenden aus A-Stadt würden durch die Schließung des Hafens Umsatzeinbußen von 20 bis 100 % erwartet. Auch würden durch die Hafenschließung ca. 183 Arbeitsplätze konkret bedroht. Eine Studie aus 2005 habe ergeben, dass die Hafenschließung zu einem Kaufkraftverlust von 900.000,- € und zum Verlust von Arbeitsplätzen führe. Dies würde zu einer beachtlichen Beeinträchtigung des sozialen Friedens innerhalb der Gemeinde führen.

53

Die Aussage, dass die Wirtschaft in A-Stadt nur geringe Einnahmerückgänge hinnehmen müsse und dass der Hafen nicht Hauptattraktion der Gemeinde sei, sei falsch. Der Hafen stelle sehr wohl einen touristischen Mittelpunkt von A-Stadt dar. Allein durch die jährlich stattfindenden Regatten und Hafenfeste würden mehrere Tausend Besucher angezogen.

54

Desweiteren seien die Kläger dadurch beeinträchtigt, dass die Grundstücke in A-Stadt an Wert verlieren würden, wenn der Hafen eingezogen werde. Überdies könne es durch die Folgen des Schöpfwerkbaus durch Absenkungen des Bodens kommen und hierdurch würden sowohl Grundstücke als auch die hierauf gebauten Häuser nachhaltig geschädigt werden.

55

Soweit die Beklagte meine, für die Fischer und die Werft sei eine Umsiedlung nach Büsum zumutbar, sei dies unzutreffend. In Büsum stünden keine geeigneten Flächen zur Verfügung. Selbst wenn solche Kapazitäten zur Verfügung stünden, wäre die Errichtung einer neuen Werft und neuer Anlegestellen für die Fischer dort mit enormen Kosten verbunden. Bereits jetzt hätten die Fischer in Büsum Nachteile, da sie dort keine festen Liegeplätze hätten; sie hätten hohe Fahrtkosten, da sie 2-3 täglich nach Büsum fahren müssten. Bereits jetzt seien 20 Fischer dazu bereit, ihren ständigen Liegeplatz wieder in den Hafen A-Stadt zu verlegen, wenn eine uneingeschränkte Hafeneinfahrt wieder ermöglicht werde.

56

Der Kläger zu 1), der A., werde aufgrund einer Einziehung des Hafens faktisch liquidiert, da dann keine Fischerei mehr in A-Stadt ansässig sei. Darüber hinaus befinde sich das Vereinsheim des Klägers zu 1) direkt am Hafenbecken. Sollte es infolge einer Absenkung des Grundwasserspiegels zu einer Absenkung des Bodens kommen, wäre der Kläger zu

57
1) hierdurch in seinem Recht aus Art. 14 GG verletzt, da durch die Bodenabsenkungen mindestens Risse und Spalten an dem Gebäude des Klägers entstehen würden. Darüber hinaus verstoße auf Sekundärebene die Ungleichbehandlung der Seehundstations A- Stadt e. V. und des Klägers zu 1) gegen Art. 3 GG. Anders als die Seehundstation erhalte der Kläger zu 1) keinerlei Kompensation für die Einziehung des Hafens.
58

Auch die Klägerin zu 2), die D., werde durch die Einziehung des Hafens in ihren Rechten verletzt, da sie mit ihrer Werft auf den Hafen angewiesen sei. Die Werft sei gut ausgelastet, und sei mit ihren Spezialmaschinen für die Fischer alternativlos. Der Hafen sei der einzige Zufahrtsweg zur Nordsee. Eine wasserseitige Erreichbarkeit der Werft sei essentiell für deren Betrieb. Sollte auch noch ein Schöpfwerk gebaut werden, wäre eine Hafeneinfahrt für die Kunden der Klägerin gänzlich unmöglich. Die Klägerin zu 2) habe einen einfachrechtlichen Abwehranspruch, da sie in ihren Anliegerrechten beeinträchtigt werde. Außerdem stelle die Einziehung des Hafens einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin zu 2) dar. Aufgrund der Hafenschließung werde die Werft wasserseitig nicht mehr erreichbar sein und würde schließen müssen. Dadurch würde es zum Verlust von Arbeitsplätzen und zu erheblichen Einkommensverlusten kommen. Darüber hinaus verstoße die Unterscheidung zwischen der Klägerin zu 2) und der Seehundstation A-Stadt gegen Art. 3 GG, da der Klägerin zu 2) anders als der Seehundstation keine Kompensation oder Ausgleichsmaßnahme angeboten worden sei. So wäre es z. B. möglich, ein Schiffshebewerk für die Kunden der Klägerin zu 2) zu errichten, um so das Schöpfwerk zu überbrücken.

59

Die Klägerin zu 3), die G., werde durch die Einziehung des Hafens in ihren privaten Rechten verletzt, denn durch die Einziehung des Hafens greife der Beklagte in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ein. Durch die Hafeneinziehung werde es zu Umsatzeinbußen kommen, da die Klägerin zu 3) hauptsächlich Arbeiten für ortsansässige Gewerbetreibende und Privatleute ausführe. Bei den Gewerbetreibenden werde es infolge der Hafeneinziehung zu Umsatzeinbußen kommen, so dass weniger Kapital zur Verfügung stehe, um beispielsweise die Klägerin zu 3) zu beauftragen.

60

Auch die Klägerin zu 4), die J., werde durch die Einziehung des Hafens in ihren Rechten verletzt. Durch den Bau des Schöpfwerkes werde es bei der Klägerin infolge der Bodenabsenkungen zu Schäden an dem von ihr geführten Appartementhaus kommen. In dem Mauerwerk des Hauses würden Risse und auch andere Schäden entstehen, welche nur durch einen unverhältnismäßig hohen Aufwand wieder zu beheben wären. Auch in dem

61

Garten des Appartementhauses würde es zu Absackungen des Bodens kommen und so eine Begehung wesentlich erschwert werden. Dies stelle einen Eingriff in Art. 14 GG dar. Desweiteren stelle die Einziehung des Hafens auch hinsichtlich der Klägerin zu 4) einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar. Dies ergebe sich aus zu erwartenden Umsatzeinbußen und dementsprechend Einkommensverlusten.

62

Auch der Kläger zu 5), der Sportbootclub A-Stadt e. V., werde durch die Einziehung des Hafens in seinen Rechten verletzt werden. Würde der Hafen eingezogen, könnten die Bootsanleger des Klägers nicht mehr angefahren werden. Darüber hinaus wären der Betrieb und die Instandhaltung der Bootsanleger und der vereinseigenen Boote nicht mehr möglich. Eine wasserseitige Erreichbarkeit des Klägers sei essentiell für den Betrieb des Vereins und für die Erfüllung des Vereinszwecks. Sollte der Hafen eingezogen werden, müsste der Verein faktisch liquidiert werden, da Ausweichmöglichkeiten in der erforderlichen Größenordnung und in zumutbarer Entfernung nicht vorhanden seien. Auch gelte hinsichtlich des Klägers zu 5), dass dieser als Anlieger des Hafenbeckens auf die Verbindung hinaus zur Nordsee angewiesen sei. Darüber hinaus sei auch insoweit eine Ungleichbehandlung gegenüber der Seehundstation zu bemängeln.

63

Auch die Klägerin zu 6), die P., werde durch die Einziehung in ihren Rechten verletzt. Durch die Entwidmung des Hafens werde die Gaststätte objektiv an Attraktivität verlieren, da die Hafennähe für viele Gäste ein Auswahlkriterium darstelle. Dies führe zu Umsatzrückgängen und damit auch zu Einkommensverlusten. Darüber hinaus seien aufgrund der zu erwartenden Änderung des Wasserstandes im Rückhaltebecken Schäden an dem Gebäude der Klägerin zu 6) zu befürchten, das direkt am Hafen liege und somit von einer Bodenabsenkung unmittelbar betroffen wäre. Hinzukomme, dass es durch den Bau eines Schöpfwerkes zu einer Aussüßung des Hafenbeckens kommen werde, verbunden mit einer starken Algenentwicklung und Fäulnisgeruch im Sommer. Die Verschlechterung der Wasserqualität betreffe alle Anwohner und anliegenden Gewerbetreibenden. Dies gehe mit einem Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb einher.

64

Der Kläger zu 7), Herr S., werde in seinen Rechten verletzt, weil Schäden an seinen Grundstücken und Gebäuden zu befürchten seien. Das Wohngebäude des Klägers liege ca. 380 m entfernt vom Hafen. Aufgrund einer Absenkung des Grundwasserspiegels sei mit Schäden an Grundstücken und Häusern zu rechnen.

65

Entsprechendes gelte für die Kläger zu 8) und 9).

66

Auch der Kläger zu 10), Herr AB., werde als Betreiber eines Restaurants in seinem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb beeinträchtigt, wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergebe.

67

Die Kläger beantragen,

68

die Entscheidung des Beklagten über die Einziehung des Hafens A-Stadt als Landeshafen vom 07. Juli 2014 aufzuheben.

69

Der Beklagte beantragt,

70

die Klage abzuweisen.

71

Der Beklagte trägt vor:

72

Für die Klagen dürfte bereits die erforderliche Klagebefugnis fehlen, mit Ausnahme der Klägerin zu 2), einer Werft, die den Hafen zu Verkehrszwecken nutze und sich auf ihren Anliegergebrauch berufen habe.

73

Die Klage sei insgesamt jedenfalls unbegründet. Die Einziehung des Hafens sei rechtlich nicht zu beanstanden, denn dadurch würden Rechte von Anliegern und bisherigen Teilnehmern am Gemeingebrauch nicht verletzt.

74

Soweit die Kläger mit der aus ihrer Sicht höheren Anzahl der Liegetage von Booten und Schiffen in dem Hafen argumentierten, könne dies nicht überzeugen. Die von dem Beklagten herangezogenen Zahlen für die Verkehrsbewegungen und Umschlagsmengen stellten einen geeigneteren Maßstab für die Beurteilung der Verkehrsbedeutung des Hafens dar. Die Verkehre, die das Sperrwerk passierten, würden von den Mitarbeitern des Landes tag- und schiffsgenau erfasst.

75

Die Behauptung der Kläger, das Land habe aufgrund nicht hinreichender Baggermengen in Kenntnis zunehmender Verschlickung die mangelnde Verkehrsbedeutung selbst herbeigeführt, sei unzutreffend. Die Unterhaltungspflicht des Landes bestehe nur im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit. Es gebe keinen Rechtssatz, dass das Land auf veränderte Umweltbedingungen durch massiv ausgeweitete Baggerungen reagieren müsse. Die Baggerungen seien nach einem sachgerechten Konzept in einem erheblichen Umfang vorgenommen worden. Dabei sei es schon im Interesse des Küstenschutzes unabdingbar gewesen, im Bereich des Sperrwerks eine größere Tiefe zu halten, um den Betrieb der Tore zu gewährleisten. Von einer Ausdehnung der Baggerungen noch weiter in den Hafenpriel hinein, habe man sich keinen nachhaltigen Erfolg versprochen. Diese Einschätzung habe sich im Jahre 2012 bestätigt, als man im Hafenpriel bis zu 1 km vor dem Sperrwerk gebaggert habe; es sei schnell wieder zur Auffüllung gekommen. Daher wäre es auch nicht sinnvoll, dort tiefer zu gehen.

76

Die jährlichen Schwankungen der Baggermengen seien begründet in jährlich witterungsbedingten unterschiedlichen Sedimentationsraten. Die zunehmend schlechtere Erreichbarkeit des Hafens sei im Übrigen auch durch Aufschlickungen in dem Wattfahrwasserbereich vor dem Hafenpriel begründet. In diesem Bereich seien Baggerungen aus Umweltgründen unzulässig und würden im Übrigen auch keinen nachhaltigen Erfolg haben können.

77

Bedenken, die sich aus dem Bau des Schöpfwerkes ergeben würden, z. B. hinsichtlich von Geruchsbelästigungen oder Bodenabsenkungen, seien Gegenstand des entsprechenden Planfeststellungsverfahrens und nicht dieses Einziehungsverfahrens.

78

Soweit die Kläger die touristischen Auswirkungen einer Hafenschließung anders beurteilten als der Beklagte, werde auf das touristische Entwicklungskonzept aus September 2014 verwiesen, das im Auftrag der Gemeinde erstellt worden sei. Danach werde zwar die Bedeutung des Hafens als identitätsstiftendes Element der Gemeinde betont, insgesamt gingen die Gutachter aber davon aus, dass der durch die Hafenschließung ausgelöste touristische Attraktivitätsverlust für die Gemeinde A-Stadt von den positiven Effekten der Neugestaltung des Hafenumfeldes aufgefangen werden könnte (Blatt 117 GA). Das Land sei bereit, die Gemeinde hierbei zu unterstützen.

79

Was den Kläger zu 1) (Fischerverein) angehe, sei ein Eingriff in eigene rechtlich geschützte Belange des Klägers schwer ersichtlich. Der Bestand des Vereins werde durch die Einziehung des Hafens nicht verändert. Die ganze überwiegende Zahl der ...-er Fischer übe das Gewerbe nicht mehr aus dem Hafen A-Stadt aus, insofern sei offensichtlich die Ausübung der Fischerei aus A-Stadt keine Existenzbedingung für den Verein. Auch eine nach Art. 3 GG ungerechtfertigte Ungleichbehandlung im Hinblick auf die Förderung der Seehundstation sei nicht ersichtlich.

80

Die Klägerin zu 2) sei durch den Fortfall des wasserseitigen Zugangs zu ihrem Werftbetrieb für Wasserfahrzeuge zur Ausübung des Werftbetriebes betroffen. Der wasserseitige Zugang sei bisher privatrechtlich durch einen Pachtvertrag hinsichtlich der Sliprampe mit dem Land gewährleistet gewesen. Dieser Pachtvertrag sei inzwischen gekündigt worden. Insoweit bestehe ein rechtlich geschützter Zugangsanspruch über den Gesichtspunkt des Anliegergebrauchs zum Hafen nicht. Die Klägerin zu 2) profitiere insoweit lediglich von einem rechtlich nicht geschützten Lagevorteil. Auch das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb werde durch die Einziehung nicht verletzt. Auch eine Ungleichbehandlung im Hinblick auf die Fortführung der Seehundstation sei nicht gegeben.

81

Die Kläger zu 3), 4), 6) und 10) nutzten den Hafenbetrieb und die touristische Anziehungskraft des Hafens in wirtschaftlicher Hinsicht als Geschäftsgrundlage ihrer wirtschaftlichen Betätigung. Allerdings handele es sich hier ebenfalls nur um einen rechtlich nicht geschützten Lagevorteil. Ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb finde nicht statt. Soweit die Kläger weitergehend Gebäudeschäden aufgrund des Schöpfwerksbaus befürchteten, sei diese Frage nicht Gegenstand des Einziehungsverfahrens, sondern des Planfeststellungsverfahrens zum Umbau des Sperrwerkes in ein Schöpfwerk. Gleiches gelte für die von den Klägern befürchteten Geruchsbeeinträchtigungen. Im Übrigen würden solche Geruchsbeeinträchtigungen nach Einschätzung der Fachbehörden mit großer Wahrscheinlichkeit nicht eintreten; wenn es doch zu Problemen komme, sei eine Belüftungsanlage vorgesehen.

82

Was den Kläger zu 5) (Sportbootverein) angehe, sei er dadurch betroffen, dass die Vereinsarbeit im Ergebnis durch die entfallende Möglichkeit einer wassersportlichen Betätigung in der Nordsee vom Hafen A-Stadt ausgehend erschwert werde und damit im Ergebnis der Bestand des Vereins gefährdet sein könnte. Allerdings setze die Vereinsbetätigung einerseits die Möglichkeit des Gemeingebrauches und andererseits in räumlicher Hinsicht das Weiterbestehen des mit dem Land abgeschlossenen Pachtvertrages voraus. Es gehe hier letztlich um den drohenden Verlust eines rechtlich nicht geschützten Lagevorteiles. Eine Ungleichbehandlung im Vergleich der Situation der Seehundstation sei nicht gegeben.

83

Inzwischen ist für die streitige Verfügung der Sofortvollzug mit Wirkung vom 01.06.2015 angeordnet worden.

84

Für den Bau eines Schöpfwerkes, das nach Schließung der Hafenzufahrt für die Vorflut sorgen soll, wurde ein gesondertes Planfeststellungsverfahren eingeleitet. Hierzu ist inzwischen ein Planfeststellungsbeschluss erlassen worden, für den der Sofortvollzug angeordnet wurde. Das ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens.

Entscheidungsgründe

85

Die Anfechtungsklage ist bezüglich der Klägerin zu 2) zulässig, sie ist jedoch unbegründet, weil die angefochtene Allgemeinverfügung vom 07.07.2014 rechtmäßig ist, und im Übrigen Rechte der Klägerin zu 2) nicht verletzt werden.

86

Bezüglich der übrigen Kläger ist die Anfechtungsklage unzulässig, weil es ihnen an einer Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO fehlt; auch insoweit wäre die Klage, wenn sie zulässig wäre, unbegründet.

1.

87

Die Anfechtungsklage der Klägerin zu 2), der ... GmbH & Co.KG, ist zulässig. Die für eine Anfechtungsklage gegen eine Einziehungsverfügung erforderliche Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO liegt bezüglich der Klägerin zu 2), die von allen Klägern am stärksten von der Hafeneinziehung betroffen wird, vor.

88

Gemäß § 42 Abs. 2 VwGO ist eine Anfechtungsklage nur zulässig, wenn die klagende Partei geltend macht, durch den Verwaltungsakt in ihren Rechten verletzt zu sein. Maßgebend ist danach, ob eine Verletzung von Rechtsnormen möglich erscheint, die auch den Schutz der Interessen von Personen zu dienen bestimmt sind, die sich in der Lage der Klägerin befinden (vgl. hierzu Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 20. Auflage 2014, §42, Rdnr. 66 ff.). Eine solche Rechtsverletzung macht die Klägerin zu 2) geltend, denn nach ihrem Vorbringen erscheint es nicht ausgeschlossen, dass sie als ein Werftbetrieb in unmittelbarer Nähe zum Hafen durch die Einziehung des Hafens in ihren Rechten als eingerichteter und ausgeübter Gewerbebetrieb sowie in Anliegerrechten verletzt sein könnte.

89

Die Klage der Klägerin zu 2) ist jedoch unbegründet, da sich die streitige Einziehungsverfügung nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung als rechtmäßig erweist, und da die Einziehung außerdem keine Rechte der Klägerin verletzt.

90

Eine Rechtsgrundlage für die Allgemeinverfügung, mit der die Einziehung des Landeshafens A-Stadt verfügt wird, ergibt sich aus der öffentlichen Sachherrschaft des Landes über den landeseigenen Landeshafen. Nach den allgemeinen Grundsätzen des Rechts der öffentlichen Sachen, kann die öffentliche Zweckbestimmung einer Sache durch Widmung durch einen entsprechenden Rechtsakt (actus contrarius, vgl. hierzu Papier, Recht der öffentlichen Sachen, 1. Auflage 1998 S. 56) wieder aufgehoben werden.

91

Der Landeshafen A-Stadt ist als öffentlicher Hafen gewidmet worden.

92

Dies folgt allerdings nicht aus der Regelung in § 136 Landeswassergesetz (LWG), wonach jedermann befugt ist, die öffentlichen Häfen für den Verkehr zu benutzen. Diese Rechtsnorm beinhaltet keine gesetzliche Widmung zum Gemeingebrauch, sondern nur einen Anspruch auf erlaubnisfreie Benutzung eines Hafens (vgl. hierzu OVG Schleswig, Urteil vom 19.11.1991, 4 L 76/91, zur Vorgängervorschrift § 101 a LWG; Kollmann, Wassergesetz des Landes Schleswig-Holstein, § 136 Anmerkung 1). Dieses gesetzliche Nutzungsrecht ist keine Widmung, sondern setzt eine Widmung voraus.

93

Es lässt sich auch kein ausdrücklicher Widmungsakt benennen, jedenfalls findet sich keine solche Widmung in dem vom Beklagten vorgelegten umfangreichen Aktenmaterial.

94

Eine Widmung als öffentlicher Hafen ist nach allgemeinen Grundsätzen des öffentlichen Sachenrechts jedoch zu vermuten, weil das Land Schleswig-Holstein den Hafen nach dem Zweiten Weltkrieg seit der Übernahme in eigene Trägerschaft jahrzehntelang für Zwecke des Allgemeinwohls - in erster Linie für die Versorgung der Bevölkerung mit Fisch - vorgehalten hat; zu einer solchen Widmung war das Land aufgrund des Grundeigentums an den entsprechenden Flächen auch befugt. Dies reicht für die Annahme einer Widmung eines Hafens durch Allgemeinverfügung aus.

95

Es ist anerkannt, dass eine Widmung zu öffentlichen Zwecken ein Rechtsakt ist, der durch Gesetz, Satzung, Verwaltungsakt, aber auch konkludent vorgenommen werden kann, oder deren Bestehen aufgrund einer Vermutung angenommen werden kann (vgl. hierzu Petersen, Deutsches Küstenrecht 1989, S. 141 und S. 241 ff.). Entscheidend ist dabei der erkennbare Wille des Trägers öffentlicher Gewalt, dass die Sache einem bestimmten öffentlichen Zweck dienen und der Allgemeinheit zur Benutzung zur Verfügung gestellt werden soll. Als Indizien sind der Zweck, zu dem die Einrichtung errichtet wurde, und die bisherige Nutzungspraxis anzusehen. All dies spricht hier für eine Widmung. Dass der Hafen A-Stadt ein öffentlicher Landeshafen ist, ist dementsprechend auch allgemein anerkannt (so ausdrücklich Petersen, Küstenrecht 1989, S. 264).

96

Diese zu vermutende Widmung durch Allgemeinverfügung, die allein im öffentlichen Interesse geschah, kann das Land Schleswig-Holstein als der Träger des Hafens und zugleich Eigentümer des Hafens nach einer anderen Bewertung des öffentlichen Interesses als actus contrarius zur Widmung wieder aufheben (Einziehung). Ebenso wie die Widmung auf allgemeinen Grundsätzen des öffentlichen Sachenrechts beruht, kann sie nach allgemeinen Grundsätzen durch eine Einziehung aufgehoben werden. Dabei hat das Land einen großen Entscheidungsspielraum, weil das Land nach dem LWG nicht verpflichtet ist, einen solchen Hafen zu betreiben, und das LWG für eine Einziehung keine gesetzlichen Grenzen setzt. Das LWG begründet zur Frage des Ob und Wie des Betriebes eines öffentlichen Hafens nicht einmal einen Anspruch der Nutzer und Anlieger auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung. Der Handlungsspielraum des Hafenträgers bei seinen Entscheidungen wird deshalb nur durch die Grundrechte und das aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Verbot willkürlichen staatlichen Handelns begrenzt.

97

Der Vorbehalt des Gesetzes steht einer Einziehung eines Hafens auf dieser Grundlage nicht entgegen. Der Vorbehalt des Gesetzes verlangt, dass staatliches Handeln in bestimmten grundlegenden Bereichen durch förmliches Gesetz legitimiert wird. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen. Wann es danach einer Regelung durch den parlamentarischen Gesetzgeber bedarf, lässt sich nur mit Blick auf den jeweiligen Sachbereich und die Eigenart des betroffenen Regelungsgegenstandes beurteilen. Die verfassungsrechtlichen Kriterien sind dabei den tragenden Prinzipien des Grundgesetzes, insbesondere den darin verbürgten Grundrechten zu entnehmen. Danach bedeutet wesentlich im grundrechtsrelevanten Bereich in der Regel „wesentlich für die Grundrechte“ (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17.02.2015, 4 B 56/14; BVerwG, Beschluss vom 19.02.2015, 1 C 13/14).

98

Was den Betrieb eines Hafens angeht, ist dabei zu differenzieren. Spezielle gesetzliche Regelungen sind dabei z.B. bezüglich der Genehmigungsvoraussetzungen (vgl. hierzu §§ 139 ff. LWG), aber auch zum Thema Gefahrenabwehr (vgl. hierzu § 137 LWG) unverzichtbar, da insoweit Grundrechte betroffen sind. Vorliegend ist das anders, da es hier um die Frage des „Ob“ eines öffentlichen Hafens und damit um staatliche Aufgaben im Bereich der Daseinsvorsorge geht, im Rahmen derer generell ein großer staatlicher Gestaltungsspielraum anzuerkennen ist. Hinzukommt, dass im Recht der öffentlichen Sachen - auch im Wasserrecht- der allgemeine Grundsatz anerkannt ist, dass es keinen Anspruch auf Aufrechterhaltung des Gemeingebrauchs gibt (vgl. OVG Schleswig, Urteil vom 09.01.2015, 1 MB 46/14; zur Situation bei einer Wasserstraße vgl. Friesecke, Wasserhaushaltsgesetz, § 5 Rdnr. 7). Bei der Frage, ob und wie lange ein öffentlicher Hafen betrieben wird, also ob ein Gemeingebrauch begründet oder beendet wird, geht es allein um die Bewertung öffentlicher Interessen durch den Hafenträger, dem die Unterhaltung und damit Finanzierung obliegt. Die Einziehung eines Hafens ist daher in aller Regel - so auch hier - nicht grundrechtsrelevant. Auch andere tragende Prinzipien des Grundgesetzes gebieten keine gesetzliche Regelung zu solchen Fragen des öffentlichen Sachenrechts, vielmehr entspricht es dem freiheitlichen Ansatz des Grundgesetzes, dass der öffentliche Träger einer öffentlichen Einrichtung, der sie einrichtet und finanziert, grundsätzlich auch entscheiden darf, wie lange das der Fall ist.

99

Vor diesem Hintergrund bieten die allgemeinen Grundsätze des öffentlichen Sachenrechts eine hinreichende Grundlage für eine Hafeneinziehung.

100

Die Regelung über eine Einziehung öffentlicher Straßen im Rahmen von § 8 StrWG ist dagegen - anders als vom Beklagten angenommen - nicht analog anzuwenden. Nach dieser Vorschrift kann eine öffentliche Straße, die keine Verkehrsbedeutung mehr hat, eingezogen werden; eine öffentliche Straße ist einzuziehen, wenn Gründe des öffentlichen Wohls vorliegen, die gegenüber privaten Interessen überwiegen. Diese - eine Einziehung limitierende - Vorschrift regelt ausschließlich die Rechtsverhältnisse der öffentlichen Straßen an Land.

101

Eine analoge Anwendung dieser Vorschrift für Wasserwege bzw. Häfen kommt nicht in Betracht, denn es fehlen hinreichende Anhaltspunkte für die Annahme, dass die gesetzlichen Regelungen im Landeswassergesetz betreffend öffentliche Häfen insoweit eine planwidrige Lücke aufweisen, die nach dem anzunehmenden Willen des Gesetzgebers durch eine entsprechende Heranziehung der Vorschriften des Straßen- und Wegegesetzes zu schließen ist.

102

Gegen die Annahme einer planwidrigen Lücke spricht bereits der Umstand, dass das Fehlen einer Regelung im Landesrecht zur Einziehung von Häfen keine Besonderheit nur des LWG ist, sondern der Rechtslage in anderen Bundesländern entspricht (vgl. z.B. Wasserverkehrs- und Hafensicherheitsgesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern vom 10.07.2008).

103

Außerdem ist zu berücksichtigen, dass es bei Regelungen zu öffentlichen Infrastruktureinrichtungen nicht zum gesetzlichen Standard gehört, die Voraussetzungen einer Widmung und einer Einziehung ausdrücklich zu regeln. Die unterschiedlichen Regelungswerke zu öffentlichen Infrastruktureinrichtungen weisen vielmehr ganz unterschiedliche Konzepte zur Frage der Begründung und Beendigung von öffentlich begründeten Nutzungsrechten auf. So findet sich zum öffentlichen Eisenbahnverkehr anstelle des Gemeingebrauchs ein spezieller Zugangsanspruch für die Eisenbahninfrastruktur (§ 14 AEG), der mit speziellen Vorschriften zu den Voraussetzungen von Stilllegungen (§ 11 AEG) und der Freistellung von Bahnbetriebszwecken korrespondiert ( § 23 AEG); letztere Entscheidung obliegt der zuständigen Planfeststellungsbehörde, die sich dabei allein am Verkehrsbedürfnis zu orientieren hat. Bei Wasserstraßen sehen die §§ 1 und 5 WaStrG eine gesetzliche Gebrauchsbefugnis zum Befahren mit Wasserfahrzeugen vor. Der Verlust der Eigenschaft als Bundeswasserstraße tritt auf der Grundlage einer Vereinbarung durch ein entsprechendes Bundesgesetz bzw. eine Verordnung ein (§ 2 WaStrG).

104

Im Straßenrecht finden sich auf landes- und bundesrechtlicher Ebene durchweg ausführliche Regelungen zu Fragen der Widmung und der Einziehung, wobei insbesondere die Ansprüche im Zusammenhang mit Zufahrten sowie Anliegerechte mehr oder wenig ausführlich geregelt werden. Dies beruht auf speziellen Erwägungen zur Kerngewährleistung von Anliegerechten im Straßenrecht, die an die wesentliche Bedeutung der Verbindung mit dem Straßennetz für die Nutzbarkeit eines Grundstückes anknüpfen (vgl. hierzu Papier, Recht der öffentlichen Sachen, 3. Auflage 1998, 87 ff.). Ein vergleichbarer Hintergrund lässt sich für das Wasserrecht, das stärker gemeinwohlorientiert gestaltet ist, nicht feststellen.

105

Der Umstand, dass das Landeswassergesetz bezüglich der Regelungsmaterie des Rechts der öffentlichen Häfen bereits keine Vorschrift über die Widmung und die Einziehung vorsieht, wie das im öffentlichen Straßenrecht der Fall ist, lässt vor diesem Hintergrund nicht den Schluss zu, dass eine dem Straßenrecht entsprechende Regelung versehentlich unterblieben ist. Näher liegt die Annahme, dass der Landesgesetzgeber auch für diesen Teilbereich der besonderen Regelungsmaterie des Wasserrechts die Gemeinwohlbelange in den Vordergrund gestellt und daher keine dem Straßenrecht vergleichbare Gestaltung der rechtlichen Beziehungen zwischen Hafennutzern und Hafenträgern gewählt hat. Eine Regelungslücke besteht angesichts der Anwendbarkeit der allgemein anerkannten Grundsätze des öffentlichen Sachenrechtes nicht.

106

Dementsprechend hat etwa auch das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht bei der Prüfung einer Widmung eines öffentlichen Hafens ergänzend zu den Vorschriften des Landeswassergesetzes die allgemeinen Grundsätze des Rechtes öffentlicher Sachen herangezogen, und nicht etwa eine analoge Anwendung des Straßen- und Wegegesetzes für maßgebend gehalten (OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 19.11.1991, 4 L 76/91).

107

Der 1. Senat des Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht hat ferner in seinem Beschluss vom 09.01.2015 (1 MB 46/14) in einem wasserrechtlichen Fall den Grundsatz, dass es keinen Anspruch auf Aufrechterhaltung des Gemeingebrauchs gibt, allgemein aus dem Recht der öffentlichen Sachen abgeleitet, statt dies auf eine Analogie zu § 20 Abs. 3 StrWG stützen. Auch im Fachschrifttum wird die vom Beklagten angenommene Analogie nicht vertreten (vgl. z. B. Petersen, Küstenrecht, 1989; Kollmann, Wassergesetz des Landes Schleswig-Holstein, Kommentar).

108

Hieraus folgt, dass es für den Erfolg einer die Anfechtungsklage gegen die Einziehung eines Landeshafens nicht auf die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 StrWG, sondern darauf ankommt, ob eine Verletzung von Grundrechten des jeweiligen Klägers festzustellen ist, denn in diesem Falle wäre die Allgemeinverfügung rechtswidrig und würde den Kläger in seinen Rechten verletzen.

109

Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung ist die Kammer davon überzeugt, dass Grundrechte der Klägerin zu 2) durch die Hafeneinziehung nicht verletzt werden.

110

Die Einziehung des Hafens bedeutet für sie zwar zweifellos eine Beeinträchtigung ihrer Erwerbschancen, weil damit ein für den Werftbetrieb wesentlicher Lagevorteil wegfällt. Ihre subjektiven Rechte werden durch die Unterlassung eines weiteren Hafenbetriebes durch das Land jedoch nicht verletzt, da die Klägerin zu 2) keinen Anspruch auf Aufrechterhaltung des Hafens hat.

111

Der Umstand, dass mit der Einziehung des Hafens das in § 136 LWG angesprochene Recht entfällt, den öffentlichen Hafen für den Verkehr zu benutzen, verletzt die Klägerin nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG. Bezüglich der Nutzung von Wasserstraßen ist anerkannt, dass das Recht auf Teilhabe am Gemeingebrauch nur so lange unter dem Schutz des Art. 2 Abs. 1 GG steht, wie der Gemeingebrauch besteht. Es endet dort, wo es um dessen Entzug als solchen geht, denn mit der Einziehung eines Gewässers entfällt das Substrat für die Ausübung des Gemeingebrauchs (BVerwG, Beschluss vom 4.10.2007, 4 BN 40/07). Für einen Hafen und das diesbezügliche Recht auf erlaubnisfreie Nutzung einer Wasserfläche gilt nichts anderes. Abwehrrechte gegen die Beseitigung öffentlicher Sachen oder deren Einziehung unter Berufung auf die allgemeine Handlungsfreiheit kommen nicht in Betracht, weil -wie bereits dargelegt- auch für das Wasserrecht der Grundsatz gibt, dass es keinen Anspruch auf Aufrechterhaltung des Gemeingebrauchs gibt (vgl. OVG Schleswig, Beschluss vom 09.01.2015, 1 MB 46/14).

112

In das nach Art. 14 GG geschützte Grundeigentum der Klägerin zu 2) wird durch die streitige Einziehungsverfügung nicht eingegriffen, denn die Einziehungsverfügung hat unmittelbare Rechtsfolgen nur für die im Eigentum des Landes Schleswig-Holstein stehenden Grundflächen, und beinhaltet nicht etwa einen Substanzverlust bezüglich des klägerischen Grundstückes. Auch ein mittelbarer Eingriff in den Schutzbereich des Art. 14 GG durch Einziehung des benachbarten Hafens liegt nicht vor, denn die geltend gemachten Beeinträchtigungen gehen insoweit nicht von einem Handeln des Landes, sondern von einem Unterlassen eines Handelns (Hafenbetrieb) aus, auf das kein Anspruch besteht.

113

Die Einziehung des Hafens verletzt auch kein Eigentumsrecht der Klägerin zu 2) unter dem Gesichtspunkt eines Eingriffs in einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Der Betrieb eines Hafens im öffentlichen Interesse als öffentliche Einrichtung in der Nähe der Werft ist eine faktische Gegebenheit, die der Klägerin zu 2) zwar Chancen zur Gewinnerzielung eröffnet, auf deren Fortbestand sie aber keinen Anspruch hat. Zu einem Gewerbebetrieb gehören zwar nach heutiger Auffassung nicht nur die Betriebsgrundstücke und Räume, sondern auch geschäftliche Verbindungen, Beziehungen, der Kundenstamm und alles, was in seiner Gesamtheit den wirtschaftlichen Wert des konkreten Gewerbebetriebes ausmacht. Allerdings ist seit langem anerkannt, dass der entsprechende Eigentumsschutz keine bloßen Erwerbsmöglichkeiten, Gewinnaussichten, Hoffnungen oder Chancen auf Gewinn erfasst (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 11.09.1990, 1 BvR 988/90; BGH, Urteil vom 31.01.1966, III ZR 110/64). Der Betrieb eines Hafens auf einem Nachbargrundstück ist lediglich als eine Erwerbsmöglichkeit bzw. Gewinnchance zu bewerten, soweit die Aufrechterhaltung einer solchen Situation in der Zukunft nicht - z. B. durch Verträge - rechtlich abgesichert ist. Gerade vorliegend besteht wegen der dargelegten Versandungsproblematik kein Anlass für eine andere Einschätzung. Ein Werftbetrieb an einem solchen ungünstig gelegenen Hafen ist lagebedingt risikobehaftet, denn die Gewinnchance hängt von der Bereitschaft des Hafenträgers ab, die mit dem Hafenbetrieb verbundenen Kosten weiterhin aufzubringen. Die mit dem Betrieb eines solchen Hafens verbundenen unsicheren Erwerbschancen sind rechtlich nicht als Bestandteil des Eigentums geschützt, sie sind vielmehr allein dem Unternehmerrisiko zuzurechnen.

114

Es bestehen auch keine aus Art. 14 GG abzuleitenden Anliegerrechte der Klägerin zu 2) bezüglich des Hafens, die der Einziehung entgegen stehen könnten. Selbst im Straßenrecht ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts inzwischen anerkannt, dass der Anliegergebrauch keine aus Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG ableitbare Rechtsposition vermittelt; wie weit der Anliegergebrauch gewährleistet ist, regelt sich für Straßen nach dem einschlägigen Straßenrecht, das insoweit im Sinne von Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG Inhalt und Schranken des Eigentums am Anliegergrundstück bestimmt (BVerwG, Beschluss vom 11.05.1999, 4 VR 7/99).

115

Entsprechendes gilt bezüglich der Frage, ob für einen Anlieger eines Hafens die Aufrechterhaltung einer Verbindung zum Meer und damit zu einer Seewasserstraße garantiert ist, wie die Klägerin meint. Nach den hierfür maßgebenden Vorschriften des Landeswassergesetzes ist diese Frage klar zu verneinen, denn das Landeswassergesetz sieht im Rahmen der Regelungen über öffentliche Häfen (§§ 136 ff. LWG) keinerlei Rechte für Hafenanlieger vor.

116

Gegen diese gesetzliche Zurückhaltung bezüglich der Gestaltung von Anliegerrechten im LWG ist verfassungsrechtlich nichts einzuwenden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts muss der Gesetzgeber bei der Wahrung des ihm in Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG erteilten Auftrags, Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen, sowohl die grundgesetzliche Anerkennung des Privateigentums als auch das Sozialstaatsgebot beachten. Der Gesetzgeber muss die damit verbundenen schutzwürdigen Interessen in einen gerechten Ausgleich und ein ausgewogenes Verhältnis bringen. In jedem Fall erfordert die verfassungsrechtliche Gewährleistung die Erhaltung der Substanz des Eigentums und die Beachtung des Gleichheitsgebots (BVerfGE 52,1, 29 ff.; 79, 174, 198). Bei öffentlichen Wasserwegen und Häfen ist dabei entscheidend, dass insoweit nicht typischerweise -wie im Straßenbereich- die Nutzbarkeit einzelner Grundstücke wesentlich von einer Verbindung zu der öffentlichen Sache abhängt, sondern das Gemeinwohl nur generell eine ausreichende Versorgung des Landes mit solchen Infrastruktureinrichtungen erfordert. Daher ist nicht anzunehmen, dass Art. 14 GG eine Kerngewährleistung von Anliegerrechten bezüglich Wasserwegen und Häfen als Bestandteil des Grundeigentums umfasst. Eine verfassungsrechtliche Herleitung eines solchen Anliegerrechts wird - soweit ersichtlich - in Rechtsprechung und Literatur bisher auch von niemandem vertreten.

117

Es kann deshalb dahinstehen, ob die Klägerin zu 2) nach der Kündigung von Pachtverträgen bezüglich der Slipanlage überhaupt noch über eine rechtlich gesicherte Verbindung zum Hafenbecken verfügt, an die eine Begründung von Anliegerrechten anknüpfen könnte.

118

Der Klägerin kann auch nicht gefolgt werden, soweit sie einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 GG unter Hinweis darauf rügt, dass das Land Schleswig-Holstein bezüglich der Seehundstation zugesagt hat, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass die Seehundstation dauerhaft gesichert bleibt. Zwar trifft es zu, dass das Land beabsichtigt, für die Seehundstation nach Errichtung des Schöpfwerkes eine Versorgung mit Seewasser über eine entsprechende Leitung zu gewährleisten, während für die Klägerin keine Ausgleichsmaßnahmen vorgesehen sind. Damit liegt jedoch keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung vergleichbarer Sachverhalte vor, denn es ist sachlich gerechtfertigt, Ausgleichsmaßnahmen zur Aufrechterhaltung einer dem Gemeinwohl dienenden Einrichtung zu gewähren, während dies für gewerbliche Unternehmungen unterbleibt.

119

Die Einziehungsverfügung ist somit nicht wegen einer Verletzung von Grundrechten der Klägerin zu 2) rechtswidrig.

120

Darüber hinaus hält die Kammer die Klage auch deshalb für unbegründet, weil die Einziehung auch objektiv als rechtmäßig zu bewerten ist. Entscheidend dabei ist nach den vorstehend dargelegten Überlegungen, dass die Einziehung nicht willkürlich getroffen wurde, sondern auf nachvollziehbare sachliche Gründe gestützt wurde.

121

Der Beklagte hat dargelegt, dass eine Abwägungsentscheidung getroffen wurde, im Rahmen derer ausschlaggebend war, dass die Zahl der Anläufe von Fischereifahrzeugen ebenso wie die Umschlagmenge in den letzten Jahren auf ein geringes Maß gesunken ist, und dass für den Hafenbetrieb ein erheblicher jährlicher Zuschussbedarf sowie ein erheblicher Sanierungsbedarf in der Zukunft besteht. Der Beklagte hat ferner dargelegt, dass eine Investition in ein Schöpfwerk sinnvoller sei, da damit eine Entwässerung der Köge auch in Zukunft -bei fortschreitender Verlandung des in Rede stehenden Küstenbereiches- sicher gewährleistet sei. Durch die zunehmende Sedimentation im Küstenbereich vor dem südlichen Dithmarschen werde die Entwässerung der Köge zunehmend problematisch; bei anhaltendem Trend werde die Entwässerung des Binnenlandes in freier Vorflut in 10 bis 15 Jahren nicht mehr möglich sein. Hierzu ist in der mündlichen Verhandlung erläutert worden, dass unter dem Gesichtspunkt des Küstenschutzes und einer gesicherten Entwässerung der Umstand in den Blick zu nehmen sei, dass sich zukünftig der Tidenhub und der Einfluss von Stürmen verstärken werde.

122

Diese Gesichtspunkte sind im Rahmen der angefochtenen Entscheidung in Beziehung gesetzt worden zu den Nachteilen für die Betroffenen, insbesondere den Nachteilen für die Gemeinde A-Stadt, die Gewerbetreibenden in A-Stadt sowie die Bewohnerinnen und Bewohner. Mit allen Einwendungen von Betroffenen hat sich das zuständige Ministerium ausführlich auseinandergesetzt.

123

All dies spricht dafür, dass die Einziehungsentscheidung auf einer an sachlichen Kriterien orientierten Neubewertung des öffentlichen Interesses daran beruht, dass das Land einen Landeshafen in A-Stadt betreibt. Die von den Klägern geübte Kritik, es sei nicht gründlich genug nach anderen Lösungen gesucht worden, bzw. es gehe hier um ein rechtsmissbräuchliches Handeln des Landes, hält die Kammer nach Prüfung des Sachverhalts nicht für berechtigt.

124

Wie die aktenkundigen Feststellungen von verschiedenen Fachämtern und Wissenschaftlern zeigen, geht es hier um einen öffentlichen Hafen, dessen Betrieb bereits seit Jahrzehnten wegen des Versandungsproblems nur aufgrund außerordentlicher Anstrengungen aufrechterhalten werden kann. Danach ist der Hafen A-Stadt ungünstig gelegen, da er im Bereich der Elbmündung in einem Nordseeküstenabschnitt mit den höchsten Anschlickungs- und Anwachsraten liegt. Bereits im Jahr 1900 scheint es Versandungsprobleme gegeben zu haben, denn dies dürfte einer der Gründe für die damalige Errichtung eines zunächst nur 1000 m langen Leitdamms gewesen sein. Infolge der Eindeichung des ... Koogs und der damit verbundenen Änderung der Verhältnisse im Vorland verstärkte sich das Versandungsproblem noch. Das Marschenbauamt Heide berichtete dann im Jahre 1973 ausführlich über die geomorphologischen Verhältnisse und führte aus, dass eine starke Verlandungstendenz bestehe und sich die Gesamtsituation weiter nachteilig entwickeln werde. Die Wasser- und Schifffahrtsdirektion B-Stadt und das Landesamt für Wasserhaushalt und Küsten kamen 1974 (Bericht vom 28.05.1974) übereinstimmend zu dem Schluss, Hafen und Zufahrt würden auch mit „Regelwerken“ in überschaubarer Zeit ein Opfer der Anlandungsprozesse werden, so dass rechtzeitig Folgerungen aus dieser unabänderlichen Entwicklung gezogen werden sollten. Neuere Untersuchungen und Variantenprüfungen haben kein anderes Ergebnis erbracht. Den eingeholten externen Gutachten von Prof. ... und Prof. ... lassen sich keine Anhaltspunkte für grundlegende Fehler in der fachbehördlichen Einschätzung entnehmen. Diesen Gutachten lassen sich auch keine Problemlösungsvorschläge entnehmen, die zwingend hätten aufgegriffen werden müssen.

125

Das Argument der Klägerin, eine unzureichende Unterhaltung des Hafens sei für die zurückgehende Nutzung des Hafens verantwortlich, was stärker hätte gewichtet werden müssen, überzeugt ebenfalls nicht. Auch hierzu ist zu bedenken, dass hier keine Ermessensentscheidung des Beklagten zu überprüfen ist, sondern allein die Frage zu beantworten ist, ob die Einziehung willkürlich - also unter keinem Gesichtspunkt nachvollziehbar ist. Daher bedarf es hier keiner detaillierten Bewertung der Frage, ob die Ausbaggerungen in der Vergangenheit stets optimal gestaltet waren. Entscheidend ist vielmehr, dass den Unterhaltungsarbeiten ausweislich eines Vermerks des LKN-SH vom 01.07.2013 ein nach Einschätzung der Fachbehörde angemessenes Baggerkonzept zugrunde lag, das in den Bewertungen der externen Gutachter nicht auf grundlegende Kritik gestoßen ist.

126

Auch die in der Klagebegründung hervorgehobene Übersicht über die Entwicklung der Aushubmengen in den Jahren 2000 bis 2010 (Anlage K5) belegt nicht den Vorwurf pflichtwidrigen Handelns. Zwar trifft es zu, dass das Volumen des jährlichen Baggeraushubs seit dem Jahre 2006 deutlich gesunken ist (von ca. 147.000 cbm in 2006 auf ca. 100.000 cbm in 2013), hieraus lässt sich jedoch keine Verantwortung des Landes für die reduzierte Nutzung des Hafens ableiten. Dagegen spricht bereits der Umstand, dass der stärkste Nutzungsrückgang in den Jahren 2000 - 2007 zu verzeichnen war, als der jährliche Baggeraushub noch bei 120.000 - 147.000 cbm lag. Außerdem besteht kein Anlass, die Anstrengungen des Landes in den Jahren 2007 bis 2013 gering zu schätzen, denn auch in diesen Jahren sind immerhin Aushubmengen von mindestens 100.000 cbm bewältigt worden. Das Land hat damit in diesem Zeitraum die Anstrengungen gegenüber dem Jahr 1954 (20.000 cbm) immerhin verfünffacht. Größere Anstrengungen sind aufgrund nachvollziehbarer Erwägungen unterblieben. Hierzu ist dargelegt worden, die Gewährleistung einer Fahrwassertiefe von 2,5 m würde wahrscheinlich auch Baggerarbeiten im Hafenpriel und im vorgelagerten Watt erfordern, was zur Erhöhung der Baggerkosten auf rd. 950.000,- € p.a. führen würde (Vermerk vom 19.12.2013, Beiakte G). Dass man dies auch mit Blick auf die Situation im Wattwasserfahrbereich vor dem Hafenpriel nicht für angemessen erachtete, ist somit mit vertretbaren Überlegungen begründet worden.

127

Entsprechendes gilt angesichts der Erläuterungen von Beklagtenseite zu den Vorwürfen bezüglich des Umgangs mit einem „Schachtpriel“, zumal dem Beitrag dieses Schachtpriels zur Problemlösung in den Untersuchungen des LKN und auch dem Gutachten von Prof. ... keine wesentliche Bedeutung beigemessen wurde.

128

Auch der Argumentation bezüglich der Schlüsse, die aus einer ungünstigen Gestaltung des Sperrwerks (niedriger Drempel) zu ziehen sind, folgt die Kammer nicht. Die Beklagtenvertreter haben in der mündlichen Verhandlung zwar bestätigt, dass auch sie in der Absenkung des Drempels in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts ein Problem sehen, weil dies die Gewährleistung einer besonders niedrigen Sohle am Sperrwerk erfordert; möglicherweise habe man damit damals die Zugänglichkeit für Schiffe mit größerem Tiefgang gewährleisten wollen. Den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs bzw. der Willkür rechtfertigt dieser Aspekt nicht. Zu den Umständen, die ein Hafenträger zu bewältigen hat, gehört auch der Umgang mit nicht optimal gestalteten Bauwerken; dazu gehört auch die Entscheidung, ob etwaige Nachteile dauerhaft hingenommen werden, oder eine bauliche Veränderung vorgenommen wird. Im Übrigen sind die Versandungsprobleme nicht erst nach dem Umbau des Sperrwerks in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts aufgetreten, sondern waren bereits 1973/1974 vom Marschenbauamt Heide, von der WSD Nord und vom Landesamt für Wasserhaushalt und Küsten problematisiert worden. Die Kammer sieht auch in diesem Zusammenhang keine Anhaltspunkte für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Landes.

129

Soweit die Kläger darauf hinweisen, im Planfeststellungsverfahren zur Fahrrinnenanpassung der Unter- und Außenelbe sei vom Beklagten angemahnt worden, dass die Verbringung des Elbschlicks in die Elbmündung zu einer Versandung des Hafens A-Stadt führen werde, ist nicht ersichtlich, warum diese Problematik rechtlich relevant sein sollte. Selbst wenn es im Zusammenhang mit dem planfestgestellten Vorhaben zu einer weiteren Verstärkung der Versandungsproblematik in A-Stadt gekommen sein sollte, ist zu bedenken, dass dies auf einem Planfeststellungsbeschluss beruht und damit Folge einer rechtmäßigen Maßnahme wäre. Dies kann daher nicht dem Land Schleswig-Holstein als Fehlverhalten zugerechnet werden.

130

Nicht überzeugend ist auch die Auffassung der Kläger, das Land Schleswig-Holstein habe die Möglichkeiten zu Kosteneinsparungen nicht genutzt, die sich in baulicher Hinsicht (Maßnahmen im Vorlandbereich) ergeben hätten. Den vorliegenden Akten ist vielmehr zu entnehmen, dass die in Betracht kommenden Alternativen zur Baggerungslösung und alle Optimierungsvorschläge mehrfach von den Fachbehörden unter Hinzuziehung von Wissenschaftlern gründlich geprüft, und - in nachvollziehbarer Weise - als zu kostspielig und nicht nachhaltig zielführend bewertet wurden.

131

Dass das Land z. B. den Vorschlag von Prof. ... zur Errichtung eines Spülpolders nicht aufgriff, ist nachvollziehbar, da der Sachverständige selbst von einer „unkonventionellen“ Baumaßnahme gesprochen hat, die mit Risiken behaftet sei. Die Befürchtung, dass ein solcher Spülpolder keine nachhaltige Lösung ist, ist nachvollziehbar, zumal dies die Fachbehörden schon 1974 - gestützt auf Erfahrungen mit entsprechenden Versuchen - eingewendet haben. Die Erfahrungen mit Sedimentationsbecken, die 1990 im Zusammenhang mit Deichbaumaßnahmen im ... Koog gemacht wurden (vgl. Drucksache 17/613), bestätigten diese Einschätzung. Auch wenn die Bundesanstalt für Wasserbau im Jahr 2014 eine positivere Prognose gestellt haben mag, wie die Kläger berichten, ist die ablehnende Haltung des Beklagten hierzu angesichts der eigenen Erfahrungen jedenfalls nachvollziehbar.

132

Entsprechendes gilt auch für die vom LKN am 10.12.2009 geprüfte Variante 6 (Anschluss des Grüppensystems im Vorlandbereich als Spülpolder), auf die mit der Klagebegründung besonders hingewiesen wird. Der LKN hat hierzu zwar ausgeführt, bei vergleichsweise geringen Investitionskosten von 270.000 € sei ein vergleichsweise günstiger Effekt in Form einer Reduktion der Baggermengen von rund 35 % zu erwarten. Insgesamt gelangt der Bericht jedoch zu dem Ergebnis, keine der betrachteten Varianten lasse eine signifikante Entlastung der hohen Bagger- und Hafenbetriebskosten gegenüber den geringen Einnahmen aus den Hafengebühren bei langfristiger Aufrechterhaltung der Schifffahrt bzw. Anpassung an die Schifffahrt erwarten.

133

Auch das Gutachten von Prof. ... von der CAU B-Stadt aus Februar 2010 (Beiakte T) ergab keine bessere Perspektive. In der Stellungnahme heißt es, Baumaßnahmen zur Lösung des Problems wären mit hoher Wahrscheinlichkeit mit Folgeproblemen und Folgekosten verbunden, und sollten daher mit Vorsicht betrachtet werden. Eine Optimierung der baggertechnischen Vertiefung könne zur Reduzierung der Baggervolumina führen, allerdings auf Kosten einer erhöhten Baggerfrequenz.

134

In einer aktuellen Untersuchung mit Variantenerörterung vom 10.03.2014 ist das LKN erneut zu dem Ergebnis gelangt, dass der Ersatz des Sperrwerks durch ein Schöpfwerk einschließlich der Seewasserversorgung der Seehundstation die günstigste Variante sei; die entscheidenden Argumente ergäben sich aus dem zu erwartenden Anstieg der Wasserstände, wonach die Entwässerung des Binnenlandes in 10 -15 Jahren nicht mehr möglich sein werde.

135

Die Kammer teilt auch nicht die Zweifel der Klägerin zu 2) an den Angaben des Beklagten zu anstehenden Sanierungsmaßnahmen am Sperrwerk. Hierzu ist in der mündlichen Verhandlung vom Leiter des LKN erläutert worden, dass ein entsprechender Sanierungsbedarf von den Fachleuten des Amtes festgestellt worden sei; eine Untersuchung im Rahmen einer Trockenlegung im Jahre 2013 habe diesen Befund bestätigt. Zur Gewährleistung des sicheren Betriebs des Sperrwerkes müssten die festgestellten Schäden und Undichtigkeiten behoben werden. Da die Kläger für ihre Vermutung, dass ein Sanierungsbedarf nur vorgeschoben werde, keine konkreten Anhaltspunkte benannt haben, sieht die Kammer keinen Anlass, die Richtigkeit der Erläuterungen des Leiters des LKN zu bezweifeln.

136

Auch der auf der Grundlage von § 107 Abs. 2 Ziffer 3 LVwG geregelte Widerrufsvorbehalt (Ziffer 2 der Verfügung) ist nicht zu beanstanden; er verletzt keine Rechte der Klägerin zu

2).

137

Hinsichtlich der Ziffern 3 und 4 der Verfügung kann dahinstehen, ob sie über eine deklaratorische Aussage hinaus etwas regeln, jedenfalls werden dadurch keine Rechte der Klägerin verletzt.

138

Die Klagen der Kläger bzw. Klägerinnen zu 3), 4), 6) und zu 10) sind mangels Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO bereits unzulässig.

139

Die Klägerin zu 3) betreibt ein Baugeschäft in A-Stadt und nutzt dabei den Hafen A-Stadt nicht unmittelbar, hat aber wirtschaftliche Vorteile dadurch, dass ein solcher Hafen Impulse für Handel und Wandel gibt, und somit günstig für die Nachfrage nach Bauleistungen ist. Entsprechendes gilt für die Klägerin zu 4), die ein Appartementhaus in A-Stadt betreibt und die Klägerin zu 6) sowie den Kläger zu 10) als Betreiber von Restaurants in der Nähe zum Hafen. Der Umstand allein, dass die Hafeneinziehung schlecht für das Geschäft ist, beinhaltet keine Rechtsverletzung. Die Kläger berufen sich zwar jeweils u. a. auch auf ihre Rechte an einem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, jedoch nutzen sie den Hafen nicht selbst geschäftlich zu Verkehrszwecken, so dass eine mögliche Verletzung ihrer Eigentumsrechte aufgrund der Einziehung des Hafens nicht ersichtlich ist. Für diese Betriebe gehört die Gewinnchance, die mit dem Vorhandensein eines öffentlichen Hafens verbunden ist, von vornherein offensichtlich nicht zu dem schützenswerten Bestand eines eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes.

140

Soweit die Kläger die Anfechtungsklage gegen die Einziehungsverfügung damit begründen, durch ein Sperrwerk würde das Hafenbecken zu einem Binnengewässer werden mit nachteiligen Folgen (Absenkung des Grundwasserstandes mit Folgeschäden an Gebäuden), hat dies wenig Gewicht, da es sich nur um nicht belegte Vermutungen zu einem künftigen Geschehensablauf handelt. Im Übrigen ist dieses Vorbringen rechtlich unerheblich, da die vermuteten Folgen der Hafeneinziehung nicht unmittelbar an die streitige Verfügung anknüpfen, mit der der öffentliche Hafenbetrieb aufgehoben wird. Mit der Wirksamkeit der Einziehungsverfügung wird die Wasserfläche zu einem Gewässer zweiter Ordnung, für das ebenfalls eine öffentlich-rechtliche Verantwortung besteht. Wie sich die weitere Situation entwickelt, hängt von den Entscheidungen und Bewirtschaftungsmaßnahmen in der Zukunft ab, nachdem die Wasserfläche des ehemaligen Hafens ein Gewässer zweiter Ordnung geworden ist. Dies betrifft auch die zukünftige Reaktion auf eventuelle Geruchsbelästigungen aufgrund von Fäulnisbildung im Hafenbecken bei extremen Wetterlagen.

141

Auch das Vorbringen, die Grundstücke der Kläger würden auch ohne mögliche Bodenabsenkungen an Wert verlieren, weil die Hafennähe ein werterhöhendes Merkmal sei, ist unerheblich. Die Kläger haben keinen Rechtsanspruch darauf, dass zur Vermeidung von Wertminderungen bezüglich ihrer Grundstücke ein öffentlicher Hafen auf Kosten der Allgemeinheit weiter betrieben wird.

3.

142

Die Klage des Klägers zu 1), des Fischereivereins A-Stadt, ist mangels Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO unzulässig. Eine mögliche Rechtsverletzung ist nicht dargelegt worden. Bei dieser Klage geht es nicht um die Geltendmachung von Rechten einzelner Fischer aus einem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, sondern um die Geltendmachung der Rechte des Vereins, der nach § 2 seiner Satzung vom 13. Februar 1992 die Aufgabe hat, seine Mitglieder berufsständisch zu vertreten und die Interessen seiner Mitglieder zu fördern. Die Erfüllung dieser Aufgabe bleibt durch die Einziehung des Hafens unberührt, insbesondere hinsichtlich der in A-Stadt wohnhaften Fischer, die einen Liegeplatz in Büsum haben. Auch bei Betrachtung der Situation des Klägers zu 1) ist deshalb entscheidend, dass es keinen Anspruch auf Aufrechterhaltung des Gemeingebrauchs gibt.

143

Bezüglich der Befürchtungen, das Vereinsheim des Klägers zu 1) werde durch eine Absenkung des Grundwasserspiegels beschädigt werden, wird auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen. Auch im Falle des Klägers zu 1) ist nicht zu erkennen, dass hier bezüglich der für die Seehundstation gefundenen Lösung ein Verstoß gegen Art. 3 GG vorliegen könnte.

4.

144

Auch die Klage des Klägers zu 5), des Sportbootclubs A-Stadt e. V., ist mangels Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO unzulässig.

145

Der Kläger zu 5) hat geltend gemacht, durch die Einziehung des Hafens könnten die Bootsanleger des Klägers nicht mehr angefahren werden und der Betrieb und die Instandhaltung der Bootsanleger und der vereinseigenen Boote seien nicht mehr möglich. Eine wasserseitige Erreichbarkeit sei essenziell für den Betrieb des Vereins und für die

146

Erfüllung des Vereinszwecks. Sollte der Hafen eingezogen werden, müsse der Verein faktisch liquidiert werden, da Ausweichmöglichkeiten in der erforderlichen Größenordnung nicht vorhanden seien. Auch insoweit gelte, dass der Kläger als Anlieger des Hafenbeckens auf die Wasserstraße zur Nordsee angewiesen sei und auch als Anlieger einen Anspruch auf Nutzbarkeit der Wasserstraße habe. Diesem Vorbringen lässt sich eine mögliche Rechtsverletzung nicht entnehmen. Wie vorstehend bereits ausgeführt, wird ein öffentlicher Hafen im öffentlichen Interesse betrieben. Dementsprechend ist für den Kläger zu 5), der offensichtlich keinen Anspruch auf Fortbetrieb des Hafens dargetan hat, keine Klagebefugnis gegeben.

5.

147

Auch die Klagen des Klägers zu 7), des Klägers zu 8) und des Klägers zu 9) sind mangels Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 unzulässig. Auch diese Kläger haben offensichtlich keinen Anspruch darauf, dass der Hafen fortgeführt wird bzw. dass die Widmung als Landeshafen aufrecht erhalten bleibt. Auf die vorstehenden Ausführungen wird verwiesen.

148

Bezüglich der Klagen des Klägers zu 1), sowie der Kläger zu 3) bis 10) gilt im Übrigen, dass die Klagen, wenn sie zulässig wären, jedenfalls unbegründet wären, wie sich aus den vorstehenden Ausführungen bezüglich der Klägerin zu 2) ergibt.

149

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 VwGO.

150

Die Vollstreckbarkeitsentscheidung beruht auf § 167 VwGO iVm §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

151

Bezüglich der Klage der Klägerin zu 2) hat die Kammer gemäß § 124 a Abs. 1 iVm § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO die Berufung zugelassen. Die Rechtssache hat insoweit grundsätzliche Bedeutung, als es vorliegend in dem Verfahren der Klägerin zu 2) auf die Beantwortung der Rechtsfrage ankommt, ob die Einziehung eines öffentlichen Hafens auch gegenüber einer an diesem Hafen gelegenen Werft auf allgemeine Grundsätze des öffentlichen Sachenrechts gestützt werden kann, bzw. ob in einem solchen Fall das Anliegergrundeigentum Abwehrrechte vermittelt.


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.