Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 12. Mai 2016 - 4 LB 24/15

ECLI:ECLI:DE:OVGSH:2016:0512.4LB24.15.0A
bei uns veröffentlicht am12.05.2016

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts – 6. Kammer – vom 15. Oktober 2015 geändert.

Der Bescheid des Beklagten vom 2. Juni 2014 und der Widerspruchsbescheid vom 23. September 2014 werden aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Der Beklagte ist ein in den 70er-Jahren des vorigen Jahrhunderts gegründeter Wasser- und Bodenverband. Die Klägerin ist Erbbauberechtigte des Grundstücks …, Gemarkung Dahme (Dahme, …). Sie wendet sich gegen einen Beitragsbescheid des Beklagten.

2

Die Verbandssatzung des Beklagten vom 9. Dezember 2008 enthielt hinsichtlich des Verbandsgebiets in § 1 folgende Bestimmung:

3

(1) – (2)

...

(3)

4

Das Verbandsgebiet umfasst das Einzugsgebiet gemäß anliegender Übersichtskarte im Maßstab 1:35.000 innerhalb der im Verbandsplan gemäß § 4 genannten Verbandsgrenzen.

5

(4) – (6)

...

6

Zuständig für Satzungsänderungen war gemäß § 11 Satz 2 Nr. 2 der Satzung der Verbandsausschuss. Durch die von diesem am 18. Dezember 2013 beschlossene 3. Nachtragssatzung wurde die bisherige Regelung zum Verbandsgebiet in § 1 der Satzung wie folgt geändert:

7

(1) – (2)

...

(3)

8

Das Gebiet des Verbandes ist ca. 25.500 ha groß und umfasst das Einzugsgebiet der Gewässer Nr. 1, 2, 3, 4 und 5.

9

Die Flächen des Einzugsgebietes liegen in den Gemeinden Beschendorf, Dahme, Damlos, Göhl, Gremersdorf, Grömitz, Grube, Harmsdorf, Heringsdorf, Kabelhorst, Lensahn, Manhagen, Riepsdorf, Schönwalde, Wangels und der Stadt Oldenburg.

(4)

10

In der dieser Satzung als Anlage beigefügten Übersichtskarte im Maßstab 1:25.000 ist die Grenze des Verbandsgebietes als rote Linie dargestellt. Die Übersichtskarte ist Bestandteil der Satzung.

(5)

11

Die Grenze des Verbandsgebietes ist in Abgrenzungskarten im Maßstab 1:5.000 rot eingetragen. Sie verläuft auf der dem Verbandsgebiet zugewandten Seite der roten Linie. Die Ausfertigung der Karten ist bei der Aufsichtsbehörde, dem Kreis Ostholstein, Lübecker Straße 41, 23701 Eutin, verwahrt. Die Karten sind Bestandteil dieser Satzung.

12

Eine weitere Ausfertigung der Karten ist bei der Geschäftsstelle des Verbandes Gewässer- und Landschaftsverband Wagrien-Fehmarn, Heiligenhafener Chaussee 35 a, 23758 Oldenburg/Holstein, niedergelegt.

13

Die Karten können bei diesen Behörden während der Dienststunden eingesehen werden.

14

(6) – (8)

...

15

Mit Bescheid vom 2. Juni 2014 zog der Beklagte die Klägerin zur Zahlung eines Wasserverbandsbeitrages für das Jahr 2014 in Höhe von 179,84 Euro heran. Darin wurden für die Gewässerunterhaltung ein Grund- und ein Flächenbeitrag sowie für den Hochwasserschutz ein Grund- und ein Hochwasserschutzbeitrag erhoben.

16

Nach erfolglosem Widerspruch hat die Klägerin Klage erhoben. Ein Ablehnungsgesuch der Klägerin gegen den Präsidenten des Verwaltungsgerichts … und den Richter am Verwaltungsgericht …hat das Verwaltungsgericht zurückgewiesen.

17

Die Klägerin hat beantragt,

18

den Beitragsbescheid 2014 aufzuheben.

19

Der Beklagte hat beantragt,

20

die Klage abzuweisen.

21

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 15. Oktober 2015 abgewiesen. Rechtsgrundlage für die angefochtenen Bescheide sei die Satzung des Beklagten. Diese sei hinsichtlich der Bestimmung des Verbandsgebiets ohne Fehler. Die Festlegung des Verbandsgebietes sei Sache der Satzung selbst. Die Bezugnahme auf einen Plan, aus dem sich das Verbandsgebiet ergeben könnte, reiche dafür nicht aus. Die durch den Verbandsausschuss geänderte Satzung entspreche nunmehr diesen Anforderungen. Mit den jetzigen Regelungen sei der räumliche Geltungsbereich der Satzung klar erkennbar. Auch die Bezugnahme auf eine Karte, die für jeden zugänglich und einsehbar sei und auf die in der Satzung hingewiesen werde, genüge den Anforderungen.

22

Die Änderung der Satzung sei wirksam zustande gekommen. Das Verbandsgebiet sei entsprechend den Regelungen des alten Wasserverbandsrechts bestimmt gewesen. Nach In-Kraft-Treten des Wasserverbandsgesetzes am 1. Mai 1991 sei der Beklagte verpflichtet gewesen, innerhalb einer Übergangsfrist von fünf Jahren die Anpassung an das neue Recht vorzunehmen. Weder der Verband noch der Verbandsausschuss seien dadurch untergegangen, dass die Satzung nicht fristgemäß an die Anforderungen des Wasserverbandsgesetzes angepasst worden sei. Die Rechtsstellung der Altverbände werde durch die Gesetzesänderung nicht berührt. Ausgenommen von der Anpassungspflicht seien Regelungen zu den Aufgaben des Verbands, die Bestimmungen darüber, wer Verbandsmitglied sei, Regelungen zum Beitragsmaßstab sowie zum Stimmenverhältnis in der Verbandsversammlung, mithin die Kernregelungen der Organisation eines Wasserverbandes. Dagegen betreffe die hier nicht angepasste Satzungsregelung eine eher formelle Frage. Die Regelungen über die Verbandsorgane hätten eine von der Regelung über das Verbandsgebiet unabhängige Bedeutung. Eine bloße Nichtanpassung der Satzung sei nicht vergleichbar mit einer Neugründung eines Wasser- und Bodenverbandes mit einer von Anfang an fehlerhaften Satzung bezüglich des Verbandsgebietes. Die Rechtsfolge der Nichtanpassung der Satzung sei allein, dass der Altverband eine Satzung habe, die nicht mehr den gesetzlichen Anforderungen entspreche.

23

Der angefochtene Bescheid sei auch nicht zu beanstanden, soweit er Beiträge für den Hochwasserschutz festsetze. Die Wasser- und Bodenverbände seien für bestimmte Deiche unterhaltungspflichtig. Daher könnten diejenigen, deren Grundstücke durch Deiche und Dämme geschützt würden, zu den Kosten der Unterhaltung nach dem Maß ihres Vorteils herangezogen werden. Der Verband handele insofern im Rahmen seiner Selbstverwaltungsangelegenheiten.

24

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung der Klägerin.

25

Die Klägerin macht geltend, die in der Satzung des Beklagten ursprünglich enthaltene Regelung zum Verbandsgebiet entspreche nicht den gesetzlichen Vorgaben. Deshalb sei die Satzung insgesamt nichtig und habe durch den Verbandsausschuss nicht geändert werden können. Infolge der Gesamtnichtigkeit sei der Beklagte zum 1. Mai 1996 erloschen. Im Übrigen fehle es für den Beitrag zum Hochwasserschutz an einer gesetzlichen Grundlage. Die erstinstanzliche Entscheidung beruhe auch auf Verfahrensfehlern, weil voreingenommene Richter mitgewirkt hätten und das rechtliche Gehör verletzt worden sei.

26

Die Klägerin beantragt,

27

unter Aufhebung des Verwaltungsgerichtsurteils vom 15. Oktober 2015 den Beitragsbescheid vom 2. Juni 2014 in Form der Widerspruchsentscheidung vom 23. September 2014 aufzuheben, hilfsweise, den Betrag auf 30,99 Euro herabzusetzen.

28

Der Beklagte beantragt,

29

die Berufung zurückzuweisen.

30

Er trägt vor, die Klägerin könne Einwendungen gegen die wirksame Gründung des Verbandes nicht mehr geltend machen. Der Beklagte sei ein Altverband, der in seinem Fortbestand geschützt sei. Demzufolge könne ein Verstoß der Satzung gegen die Vorgaben des Wasserverbandsgesetzes nicht zur Gesamtnichtigkeit der Satzung führen. Die Aufhebung einer Satzung komme der Auflösung des Verbandes gleich. Das Gesetz sehe einen solchen Auflösungsgrund jedoch nicht vor. Auch sei keine Rechtsfolge für den Fall geregelt, dass der Verband seine Satzung nicht fristgemäß anpasse. Da die Aufsichtsbehörde nicht eingeschritten sei, habe der Beklagte seine teilnichtige Satzung ändern können. Nunmehr sei die Grenze des Verbandsgebietes hinreichend bestimmt. Der Ausschuss sei zur Satzungsänderung befugt gewesen. Der Beklagte sei auf der Grundlage der Wasserverbandverordnung gegründet worden. Diese sehe vor, dass der Verband einen Vorstand und einen Ausschuss habe. Der Verband könne immer nur Satzungsänderungen vornehmen, daher sei eine Nichtigkeit der Satzung immer nur eine Teilnichtigkeit. Die Gesamtnichtigkeit sei ein schwerwiegender Eingriff, den der Gesetzgeber hätte regeln müssen, wenn er ihn gewollte hätte.

31

Die Erhebung eines Hochwasserschutzbeitrages sei rechtmäßig. Das Landeswassergesetz sei nicht maßgeblich, denn dieses betreffe mit der Übertragung einer Auftragsangelegenheit eine andere Regelungsmaterie.

32

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten sowie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

33

Die Berufung ist begründet. Der angefochtene Beitragsbescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Satzung des Beklagten bietet keine Grundlage für die Beitragserhebung. Die Festlegung des Verbandsgebietes in § 1 Abs. 3 der Satzung in der Fassung vom 9. Dezember 2008 ist unwirksam. Dies führt zur Gesamtnichtigkeit der Satzung. Der Fehler ist durch die vom Verbandsausschuss am 18. Dezember 2013 beschlossene Satzungsänderung nicht geheilt worden.

34

Zutreffend und in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats (Beschlüsse vom 11. Dezember 2013 – 4 MB 54/13 und 4 MB 55/13 – und vom 24. Oktober 2014 – 4 MB 45/14 und 4 MB 47/14 –) ist das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass § 1 Abs. 3 der Satzung des Beklagten in der Fassung vom 9. Dezember 2008 keine wirksame Bestimmung des Verbandsgebietes enthält. Zum einen genügt die Regelung nicht den materiellen Anforderungen des Gesetzes, zum anderen sind die Vorschriften über die Bekanntmachung der Satzung nicht eingehalten worden.

35

§ 6 Abs. 2 WVG regelt, welche Bestimmungen die Satzung eines Wasser- und Bodenverbandes mindestens enthalten muss. Dazu gehören gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 3 WVG Bestimmungen über das Verbandsgebiet. Das Verbandsgebiet muss demnach in der Satzung selbst umschrieben werden. Ungenügend ist eine Bezugnahme auf satzungsfremde Unterlagen, deren Inhalt nur grob umrissen wird und bei denen nicht ausgeschlossen ist, dass sie unabhängig von der Satzung geändert werden können. Dieser Mangel ist hier gegeben. § 1 Abs. 3 der Satzung vom 9. Dezember 2008 verweist zunächst auf eine maßstäblich genannte und als anliegend bezeichnete Übersichtskarte. Dies lässt sich dahin auslegen, dass die Übersichtskarte an der Rechtsnormqualität der Satzung und somit auch an deren Änderungsverfahren teilhaben soll. Allerdings ergibt sich bereits aus der Bezeichnung als „Übersichtskarte“, dass es im Rahmen der Übersicht weitere detailliertere Darstellungen bzw. Festlegungen geben muss, die Karte somit für sich genommen noch keine hinreichende Bezeichnung des Verbandsgebietes leistet. Dieses Ziel wird erst dadurch erreicht, dass § 1 Abs. 3 der Satzung für die Abgrenzung des Verbandsgebietes zusätzlich auf die im Verbandsplan gemäß § 4 der Satzung genannten Verbandsgrenzen verweist. Das genügt nicht den Anforderungen des § 6 Abs. 2 WVG. Der Plan besteht nach § 4 Abs. 3 der Satzung aus den Gründungsunterlagen, dem Gewässer- und Anlagenverzeichnis, den Gewässerpflegeplänen, genehmigten Bau- und Betriebsplänen für die Schöpfwerke, den Anlagenverzeichnissen für die Deichunterhaltung und weiteren Verzeichnissen für die Aufgabenerfüllung des Verbandes. Ein solcher Plan ist nur dann Teil der Satzung, wenn er dazu erklärt worden ist (BVerwG, Urteil vom 29. Mai 1964 – IV C 143/62 –, BVerwGE 18, 318, 320). Das ist hier nicht der Fall. Der Plan nimmt damit auch nicht an dem Verfahren zur Änderung der Satzung teil. Nach welchen Regeln die in § 4 Abs. 4 der Satzung vorgesehene Fortschreibung der Planunterlagen durch den Gewässer- und Landschaftsverband Wagrien-Fehmarn vonstattengeht und inwieweit dies Auswirkungen auf das Verbandsgebiet haben kann, geht aus der Satzung nicht hervor. Die Umgrenzung des Verbandsgebietes ist jedoch Sache der Satzung und nicht des Plans (BVerwG, Urteil vom 29. Mai 1964, a.a.O. S. 322; Senat, Beschluss vom 15. August 2013 – 4 MB 27/13 –).

36

Zudem ist § 1 Abs. 3 der Satzung in der Fassung vom 9. Dezember 2008 nicht ordnungsgemäß bekanntgemacht worden. § 7 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 WVG bzw. § 58 Abs. 2 Satz 2 WVG verlangen, dass sowohl die Satzung zur Errichtung des Wasser- und Bodenverbandes als auch spätere Änderungen von der Aufsichtsbehörde öffentlich bekanntzumachen sind; die Bekanntmachung ist Voraussetzung für das In-Kraft-Treten der Satzung bzw. der Satzungsänderung (vgl. auch § 68 Satz 1 und § 69 LVwG). Die Einzelheiten ergeben sich aus § 67 WVG i.V.m. § 22 LWVG. Diesen Anforderungen genügt § 1 Abs. 3 der Satzung in der ursprünglichen Fassung vom 9. Dezember 2008 schon deshalb nicht, weil die dort in Bezug genommene Übersichtskarte nicht bekanntgemacht worden ist. Eine die textliche Umgrenzung des Verbandsgebietes in der Satzung ersetzende Landkarte als Bestandteil der Satzung eines Wasserverbandes ist mitzuverkünden (BVerwG, Urteil vom 29. Mai 1964 – IV C 143/62 –, BVerwGE 18, 318, 322). Entsprechend den für Schutzgebietsverordnungen aufgestellten Anforderungen der rechtsstaatlichen Normenklarheit muss bei der Verweisung auf eine anderweit aufbewahrte Karte u.a. der Aufbewahrungsort so genau bezeichnet sein, dass der Betroffene ihn ohne weiteres zwecks Einsichtnahme aufsuchen kann (BVerwG, Urteil vom 27. Januar 1967 – IV C 105.65 –, BVerwGE 26, 129, 130). Daran fehlt es hier.

37

Enthält die Satzung eines Wasser- und Bodenverbandes keine gültige Bestimmung des Verbandsgebietes, so hat dies nicht lediglich die Teilunwirksamkeit der Satzung zur Folge. Die Satzung ist vielmehr insgesamt nichtig. An dieser bisher vom Senat vertretenen Auffassung (Beschlüsse vom 15. August 2013 – 4 MB 27/13 –, vom 11. Dezember 2013 – 4 MB 54/13 und 4 MB 55/13 –, vom 24. Oktober 2014 – 4 MB 45/14 und 4 MB 47/14 – sowie vom 31. März 2015 – 4 M 53/14 –) ist auch unter Berücksichtigung der vom Verwaltungsgericht angeführten Gegenargumente festzuhalten.

38

Die Teilbarkeit einer Norm ist unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 139 BGB zu verneinen, wenn der fehlerbehaftete Teil mit dem übrigen Normgefüge – bzw. einem wiederum abtrennbaren Teil davon – so verflochten ist, dass die Restbestimmung ohne den nichtigen Teil nicht sinnvoll bestehen bleiben kann. Das ist dann der Fall, wenn der verbleibende Teil nicht der Rechtsordnung entspricht, etwa eine unter Gleichheitsaspekten unzureichende Regelung darstellt oder den gesetzlichen Regelungsauftrag verfehlt. Dabei ist auf den (objektivierten) mutmaßlichen Willen des Normgebers abzustellen (BVerwG, Urteil vom 2. August 2012 – 7 CN 1/11 –, juris Rn. 28; Beschluss vom 13. Januar 2012 – 9 B 56/11 –, juris Rn. 5; Urteil vom 26. März 2009 – 4 C 21/07 –, juris Rn. 30; OVG Lüneburg, Urteil vom 13. Oktober 2015 – 1 KN 66/14 –, juris Rn. 47; OVG Magdeburg, Urteil vom 26. August 2015 – 2 K 174/13 –, Rn. 34, juris; OVG Greifswald, Urteil vom 19. Mai 2015 – 3 K 44/11 –, juris Rn. 87; OVG Bautzen, Beschluss vom 22. Januar 2015 – 5 B 120/14 –, juris Rn. 12; OVG Koblenz, Urteil vom 15. Juni 2011 – 8 C 10364/11 –, juris Rn. 67; VGH München, Urteil vom 30. November 2006 – 26 N 03.395 –, juris Rn. 33; OVG Münster, Urteil vom 3. Dezember 2003 – 7a D 118/02.NE –, juris Rn. 97; Gerhardt/Bier, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand 2015, § 47 Rn. 110; Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 47 Rn. 359; Schmidt, in: Eyermann/Fröhler, VwGO, 14. Auflage 2014, § 47 Rn. 93; Friedersen, in: Foerster/Friedersen/Rohde, LVwG, Stand 2014, § 67 Erl. 2).

39

Hinsichtlich der Bestimmung des Verbandsgebiets fehlt es an der objektiven Teilbarkeit. Die Regelung zählt gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 3 WVG zum Mindestinhalt der Satzung. Ihre Unwirksamkeit führt dazu, dass das verbleibende Normgefüge nicht mit höherrangigem Recht vereinbar ist. Ein solcher Mangel führt nicht nur im Gründungsstadium (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. März 2012 – 7 B 10/12 –, juris Rn. 13; VGH Kassel, Urteil vom 11. November 2011 – 7 A 2465/10 –, juris Rn. 38), sondern generell zur Nichtigkeit der Satzung. Auch eine auf die Regelungen über die Verbandsorgane beschränkte Fortgeltung kommt nicht Betracht, weil eine solche Rumpfsatzung ebenfalls nicht mit § 6 Abs. 2 WVG in Einklang stünde.

40

Dem kann nicht entgegengehalten werden, der ungültige Teil der Satzung betreffe eine eher formelle Frage außerhalb der Kernregelungen zur Verbandsorganisation. Die Bestimmung des Verbandsgebietes ist Grundlage dafür, dass bestimmte Rechtsträger überhaupt von den Maßnahmen des Verbandes betroffen sein können. Auch die Anknüpfung der dinglichen Mitgliedschaft an das von Art. 14 GG geschützte Grundstückseigentum macht eine klare räumliche Abgrenzung des verbandlichen Wirkungskreises notwendig (Reinhardt, in: Reinhardt/Hasche, WVG, 2011, § 6 Rn. 18). Das aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Erfordernis einer in der Satzung enthaltenen Umgrenzung hat das Bundesverwaltungsgericht bereits zu einer Zeit hervorgehoben, als eine entsprechende einfachgesetzliche Regelung fehlte (BVerwG, Urteil vom 29. Mai 1964 – IV C 143/62 –, BVerwGE 18, 318, 322; Urteil vom 27. Januar 1967 – IV C 105.65 –, BVerwGE 26, 129, 130; vgl. Rapsch, WVVO, 1989, § 36 Rn. 12 ff.). Diese Rechtsprechung hat den Gesetzgeber zur Schaffung des § 6 Abs. 2 Nr. 3 WVG veranlasst, ohne die Altverbände gemäß § 79 Abs. 2 Satz 2 WVG von einer Anpassungspflicht freizustellen (BTDrs. 11/6764 S. 25; Rapsch, Wasserverbandsrecht, 1993, Rn. 72 Rn. 59). Daher kann nicht der Meinung beigetreten werden, die fehlerhafte Bestimmung des Verbandsgebietes sei ohne praktische Relevanz und könne vorbehaltlich eines Einschreitens der Aufsichtsbehörde (§ 72 Abs. 1 Satz 1 WVG) unbeachtet bleibe, sodass der Verband bei Aufrechterhaltung der Satzung ohne wirksame Bestimmung des Verbandsgebietes seine Arbeit ungestört fortsetzen könne. Sämtliche der in § 3 der Satzung genannten Aufgaben haben einen Bezug zum Verbandsgebiet. Ohne (wirksame) Festlegung dieses Gebietes wäre der Verband praktisch handlungsunfähig.

41

Das im Wasserverbandsgesetz enthaltene Übergangsrecht lässt keinen Schluss darauf zu, dass der Gesetzgeber die Rechtsfolge der Gesamtnichtigkeit vermeiden wollte. § 79 Abs. 1 i.V.m. § 78 Abs. 1 WVG sieht vor, dass die Rechtsstellung der Altverbände durch das Außerkrafttreten des früher geltenden Wasserverbandsrechts nicht berührt wird. Dies hat zur Folge, dass der Beklagte seinen durch das Reichswasserverbandgesetz vom 10. Februar 1937 und die Erste Wasserverbandverordnung vom 3. September 1937 begründeten Status als Wasser- und Bodenverband nicht deshalb verloren hat, weil diese Normen aufgehoben worden sind. Zur Änderung der Rechtsstellung aus anderen Gründen verhält sich § 79 Abs. 1 WVG nicht. Gemäß § 79 Abs. 2 Satz 1 WVG sind die Satzungen von Altverbänden innerhalb von fünf Jahren den Vorschriften des neuen Rechts anzupassen. Nicht geregelt ist, welche Folgen eine Fristversäumung nach sich zieht. Dies könnte Anlass zu der Überlegung geben, ob nicht die Gesamtnichtigkeit eine unangemessen scharfe Reaktion auf die bloße Nichtbeachtung einer Frist darstellt. Damit würde indessen der Übergangsvorschrift eine Bedeutung beigelegt, die sie im Zusammenhang mit der Bestimmung des Verbandsgebiets nicht hat. Wie ausgeführt bestanden die verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Bestimmung des Verbandsgebietes auch schon unter der Geltung des alten Rechts. § 79 Abs. 2 Satz 1 WVG will nicht eine bisher schon rechtswidrige Satzungsbestimmung bis zum Ablauf der Anpassungsfrist als rechtmäßig fingieren. Die Rechtswidrigkeit von § 1 Abs. 3 der Satzung des Beklagten beruht also gerade nicht auf einer Versäumung dieser Frist.

42

Der Rechtsverstoß und damit die Nichtigkeit der Satzung sind durch die am 18. Dezember 2013 vom Verbandsausschuss beschlossene 3. Nachtragssatzung nicht geheilt worden. Zum einen kann der Mangel der Gesamtnichtigkeit nicht dadurch geheilt werden, dass lediglich eine einzelne Bestimmung – hier § 1 der Satzung – geändert wird (vgl. Beschlüsse des Senats vom 24. Oktober 2014 – 4 MB 45/14 und 4 MB 47/14 –). Zum anderen war der Verbandsausschuss für die Satzungsänderung nicht zuständig. § 46 Abs. 1 Satz 1 WVG sieht als Organe des Verbandes die Versammlung der Verbandsmitglieder (Verbandsversammlung) und den Vorstand vor. Die Beschlussfassung über Änderungen der Satzung obliegt gemäß § 47 Abs. 1 WVG der Verbandsversammlung. Gemäß § 46 Abs. 1 Satz 2 WVG kann die Satzung bestimmen, dass der Verband anstelle der Verbandsversammlung einen Verbandsausschuss als Vertreterversammlung der Verbandsmitglieder hat. Von dieser Möglichkeit hat der Beklagte in § 8 der Satzung Gebrauch gemacht. Zu den Aufgaben des Verbandsausschusses gehört gemäß § 11 Satz 2 Nr. 2 der Satzung die Beschlussfassung über Änderung der Satzung. Die Kompetenz des Verbandsausschusses wäre dadurch aber nur dann begründet worden, wenn die Satzung oder jedenfalls dieser Teil der Satzung wirksam gewesen wäre. Dies war infolge der Gesamtnichtigkeit nicht der Fall.

43

Unergiebig ist der Einwand, im Falle der Gesamtnichtigkeit einer bestimmten Satzung gelte die zuvor erlassene Satzung fort, sodass die Zuständigkeit des Verbandsausschusses für Satzungsänderungen aus jener Satzung und für den Fall einer auch dort festzustellenden Gesamtnichtigkeit aus noch früheren Satzungen, im äußersten Fall aus der Gründungssatzung, abgeleitet werden könne. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass frühere Satzungen des Beklagten eine den rechtsstaatlichen Anforderungen genügende Bestimmung des Verbandsgebiets enthielten. Im Übrigen werden förmlich aufgehobene ältere Satzungsbestimmungen, selbst wenn die Aufhebung unwirksam sein sollte, regelmäßig durch derogierendes Gewohnheitsrecht außer Kraft gesetzt. Voraussetzung der Bildung solchen Gewohnheitsrechts ist eine lang dauernde Nichtanwendung der Rechtsnorm und die gemeinsame Rechtsüberzeugung, dass sie außer Kraft getreten sei (BVerfG, Beschluss vom 17. März 1959 – 1 BvR 53/56 –, juris Rn. 27; BVerwG, Beschluss vom 31. August 1978 – VII B 127.77 –, juris Rn. 7). Dieser Tatbestand ist typischerweise dann erfüllt, wenn die Betroffenen in der Folge von Satzungsänderungen über einen langen Zeitraum hinweg – wie auch hier bis vor wenigen Jahren – davon überzeugt sind, die jeweils aktuelle Fassung der Satzung sei wirksam. Umgekehrt ist aber durch solche Überzeugungsbildung nicht wirksam neues Satzungsgewohnheitsrecht geschaffen worden. Dies ist deshalb auszuschließen, weil sich die aus dem Verstoß gegen höherrangiges Recht resultierende Nichtigkeitsfolge über die förmliche erlassene Satzung hinaus auch auf inhaltlich gleichlautendes Gewohnheitsrecht erstreckt.

44

Der Umstand, dass keine wirksame Satzung vorlag, führt zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Beitragsbescheides. Die Frage, ob die Nichtigkeit der Satzung darüber hinaus den Untergang des Verbandes zur Folge hat, ist für die Entscheidung über die hiesige Klage nicht erheblich. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass der Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung einen Satzungsbeschluss der Verbandsversammlung zur Behebung der Gesamtnichtigkeit für zulässig gehalten und damit stillschweigend die Fortexistenz des Verbandes angenommen hat (Beschluss vom 31. März 2015 – 4 MB 53/14 –). Für eine solche Annahme spricht, dass sachliche Gründe für eine Beendigung nicht ersichtlich sind und das Gesetz derartiges auch nicht vorsieht (insbesondere nicht in § 7 WVG). Allerdings fehlen Vorschriften, die das Verfahren bei einer insgesamt nichtigen Satzung regeln. Offenbar hat der Gesetzgeber diesen Fall nicht bedacht. Es liegt nahe, die gesetzliche Regelung zur Änderung der Satzung (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 WVG) analog anzuwenden.

45

Ob Wasser- und Bodenverbände einen Hochwasserschutzbeitrag in Form eines Mitgliedsbeitrages erheben dürfen, ist ebenfalls nicht streitentscheidend. Der Senat hat diese Frage bisher offengelassen (Beschlüsse vom 24. Oktober 2014 – 4 MB 45/14 und 4 MB 47/14 –). Insofern genügt der Hinweis, dass die Verbandsmitglieder gemäß § 28 Abs. 1 WVG verpflichtet sind, dem Verband Beiträge zu leisten, soweit dies zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist. Zu den Aufgaben des Beklagten gehört laut § 3 Nr. 6 der – als wirksam unterstellten – Satzung der Hochwasserschutz. Dabei handelt es sich gemäß § 2 Nr. 5 WVG um eine zulässige Aufgabe des Verbandes, denn eine abweichende landesrechtliche Regelung ist nicht ersichtlich (vgl. § 63 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 LWG). Zwar sieht § 63 Abs. 4 Satz 2 LWG vor, dass der Hochwasserschutzbeitrag im Streitfall von der zuständigen Wasserbehörde oder Küstenschutzbehörde festgesetzt wird. Jedoch darf nicht übersehen werden, dass es sich dabei um ein Landesgesetz handelt, welches hinter entgegenstehendem Bundesrecht zurücktritt (Art. 31 GG). Bundesrechtlich benötigt der Verband eine behördliche Zustimmung nur für den Fall, dass er Beiträge von Nichtmitgliedern erhebt (§ 28 Abs. 3 WVG). § 63 Abs. 4 Satz 2 LWG dürfte daher auf Mitgliedsbeiträge nicht anwendbar sein. Der Beitragsmaßstab richtet sich bei Verbandmitgliedern ebenfalls nicht nach Landesrecht, sondern nach § 30 WVG.

46

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

47

Die Revision war gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.


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(1) Der Verband unterliegt der Rechtsaufsicht durch die Aufsichtsbehörde. § 43 des Flurbereinigungsgesetzes bleibt unberührt. (2) Wenn ein Verband einen anderen Verband zum Mitglied hat oder wenn mehrere Verbände Aufgaben für dieselben Grundstücke h

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Wasserverbandsgesetz - WVG | § 67 Öffentliche Bekanntmachungen


Die in diesem Gesetz vorgeschriebenen öffentlichen Bekanntmachungen erfolgen in den Gemeinden, auf die sich der Verband erstreckt, nach den landesrechtlichen Vorschriften des Verwaltungsverfahrensrechts über öffentliche Bekanntmachungen in förmlichen

Referenzen - Urteile

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Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 12. Mai 2016 - 4 LB 24/15 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

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Tatbestand 1 Der Antragsteller wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen die Landesverordnung über die Festsetzung von Wasserschutzgebieten für die Wassergewinnungsa

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Gründe 1 Die Beschwerde ist zulässig und teilweise begründet. Zwar rechtfertigt das Beschwerdevorbringen nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung

Referenzen

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Rechtsverhältnisse des Verbands und die Rechtsbeziehungen zu den Verbandsmitgliedern werden durch eine Satzung geregelt, soweit nicht dieses Gesetz oder Rechtsvorschriften der Länder etwas anderes bestimmen.

(2) Die Satzung muß mindestens Bestimmungen enthalten über:

1.
Name und Sitz des Verbands,
2.
Aufgabe und Unternehmen unter Hinweis auf die Pläne, soweit solche nach § 5 Abs. 2 erstellt werden,
3.
Verbandsgebiet,
4.
Mitgliedschaft und Mitgliederverzeichnis,
5.
Beschränkungen des Grundeigentums, die von den Verbandsmitgliedern zu dulden sind, und diesen sonst obliegende Verpflichtungen,
6.
Grundsätze für die Beitragsbemessung,
7.
Bildung und Aufgaben der Verbandsorgane,
8.
Verbandsschau,
9.
Satzungsänderungen,
10.
Bekanntmachungen des Verbands.

(3) Wenn der Verband Beamte haben soll, muß die Satzung zusätzlich auch Bestimmungen über die Rechtsverhältnisse der Beamten des Verbands, insbesondere hinsichtlich des als oberste Dienstbehörde zuständigen Organs sowie der als Dienstvorgesetzte vorzusehenden Stelle, enthalten.

(1) Ein Verband wird errichtet

1.
durch einen einstimmigen Beschluß der Beteiligten sowie die aufsichtsbehördliche Genehmigung der Errichtung und der Satzung,
2.
durch einen Mehrheitsbeschluß der Beteiligten, die aufsichtsbehördliche Genehmigung der Errichtung und der Satzung sowie die Heranziehung nicht einverstandener oder anderer Beteiligter als Verbandsmitglieder in dem Genehmigungsakt oder
3.
von Amts wegen.
Der Verband entsteht mit der öffentlichen Bekanntmachung der Satzung, sofern diese nicht einen späteren Zeitpunkt vorsieht.

(2) Die Genehmigung der Errichtung kann aus Gründen des öffentlichen Interesses versagt werden, insbesondere wenn in Aussicht genommene Verbandsaufgaben anderweitig besser gelöst werden können oder von einer bereits bestehenden Einrichtung wahrgenommen werden oder wahrgenommen werden können.

(3) Der Genehmigungsakt nach Absatz 1 Nr. 1 oder 2 sowie die Satzung sind von der Aufsichtsbehörde öffentlich bekanntzumachen.

(1) Für Beschlüsse zur Änderung der Satzung genügt die Mehrheit der anwesenden Stimmen, soweit in der Satzung nichts anderes bestimmt ist. Der Beschluß über eine Änderung der Aufgabe des Verbands bedarf einer Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Stimmen.

(2) Die Änderung der Satzung bedarf der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde. Sie ist von der Aufsichtsbehörde öffentlich bekanntzumachen und tritt mit der Bekanntmachung in Kraft, wenn nicht ein anderer Zeitpunkt festgelegt ist.

Die in diesem Gesetz vorgeschriebenen öffentlichen Bekanntmachungen erfolgen in den Gemeinden, auf die sich der Verband erstreckt, nach den landesrechtlichen Vorschriften des Verwaltungsverfahrensrechts über öffentliche Bekanntmachungen in förmlichen Verwaltungsverfahren. Durch Landesrecht kann eine andere Regelung getroffen werden.

Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.

Tatbestand

1

Der Antragsteller wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen die Landesverordnung über die Festsetzung von Wasserschutzgebieten für die Wassergewinnungsanlagen des Wasserbeschaffungsverbandes "Föhr" in Wrixum und Utersum (Wasserschutzgebietsverordnung Föhr) vom 2. Februar 2010 (GVOBl Schl.-H. S. 282). Diese Verordnung setzt im Interesse der Wasserversorgung zum Schutz des Grundwassers die Wasserschutzgebiete Föhr-Ost und Föhr-West fest; sie löst die Verordnung vom 4. Februar 1985 ab, deren Geltungsbereich an veränderte Umstände, u.a. einen verminderten Wasserverbrauch, angepasst und dabei insgesamt verkleinert wird.

2

Der Antragsteller ist Eigentümer des mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks Nr. ... in Wyk auf Föhr. Es grenzt im Westen an die von Norden nach Süden verlaufende Straße "Fehrstieg". Während diese Straße im Bereich des Grundstücks des Antragstellers die Ostgrenze des bisherigen Wasserschutzgebiets Föhr-Ost bildete, erstreckt sich der Geltungsbereich der neuen Verordnung, der durch die Einzeichnung in den in Bezug genommenen Karten durchgängig parzellenscharf abgegrenzt wird, auch auf dieses Grundstück.

3

Die Verordnung unterteilt die Wasserschutzgebiete in mehrere Schutzzonen, für die unterschiedlich strenge Verbote und Nutzungsbeschränkungen gelten. Die weitere Schutzzone (Zone III) orientiert sich am Wassereinzugsgebiet. Die zu dessen Bestimmung ermittelte (unterirdische) Trennstromlinie verläuft bei Annahme einer erhöhten Wasserentnahme im Sommer und Tidehochwasser östlich des Grundstücks des Antragstellers. Im südlich anschließenden Wohngebiet durchschneidet sie mehrere bebaute Grundstücke sowie ein als Parkplatz genutztes Grundstück. Im weiteren Verlauf quert die Trennstromlinie zumeist landwirtschaftlich genutzte Grundstücke, die teilweise mehrere Hektar groß sind. Von der Trennstromlinie durchschnittene Grundstücke sind in die Zone III einbezogen worden, soweit sie mit mindestens 50 % ihrer Fläche innerhalb der Trennstromlinie liegen.

4

Mit Urteil vom 3. Februar 2011 hat das Oberverwaltungsgericht auf den Antrag des Antragstellers die Vorschrift des § 1 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a der Verordnung, der den Verlauf der äußeren Grenze der Zone III und damit zugleich die äußere Grenze des Wasserschutzgebiets Föhr-Ost regelt, für unwirksam erklärt und zur Begründung ausgeführt: Der zulässige Antrag sei begründet. Die Verordnung leide allerdings nicht an formellen Mängeln. Die Ausfertigung sei ordnungsgemäß erfolgt. Zwar sei nur der Verordnungstext ausgefertigt worden, nicht aber die in Bezug genommenen Karten. Das sei jedoch unschädlich, wenn - wie hier - jeder Zweifel an deren Zugehörigkeit zur Verordnung aufgrund tatsächlicher Feststellungen ausgeschlossen werden könne und damit eine Art "gedankliche Schnur" hergestellt werde. Die Abgrenzung der Wasserschutzgebiete genüge auch den aus dem Rechtsstaatsgebot folgenden Anforderungen. Denn die archivmäßige Verwahrung der Karten, aus denen sich die genaue Grenzziehung ergebe, sei sichergestellt.

5

Die Anforderungen an die Festsetzung eines Wasserschutzgebiets nach der weiterhin einschlägigen Rechtsgrundlage des § 19 WHG a.F. seien grundsätzlich erfüllt. Das Wohl der Allgemeinheit erfordere die Festsetzung des Wasserschutzgebiets, denn das Grundwasservorkommen sei schutzwürdig, schutzbedürftig und auch schutzfähig. Die Einwände des Antragstellers gegen die Ermittlung des Wassereinzugsgebiets durch die Bestimmung einer Trennstromlinie griffen nicht durch. Zwar liege das Grundstück des Antragstellers nur bei Tidehochwasser im Wassereinzugsbereich; gleichwohl könne von dem Grundstück bei Tidehochwasser als einer täglich wiederkehrenden Erscheinung eine Gefahr für die Trinkwasserversorgung ausgehen. Es sei auch nicht zu beanstanden, dass bei den Pumpversuchen eine durchschnittliche stündliche Entnahmemenge erzielt worden sei, die sich als Mittelwert aus der maximal zulässigen jährlichen Fördermenge ergebe.

6

Ausgehend vom so ermittelten (unterirdischen) Wassereinzugsgebiet habe der Verordnungsgeber die äußeren Grenzen der Wasserschutzgebiete parzellenscharf festgelegt und hierbei beanstandungsfrei maßgeblich auf die "Richtlinien für Trinkwasserschutzgebiete" (DVGW-Arbeitsblatt W 101) abgestellt. Danach sollten bei der Grenzziehung möglichst nach Wegen, Straßen, Grundstücksgrenzen oder markanten Geländestrukturen die hydrogeologisch-hydraulisch ermittelten Abgrenzungen umschlossen werden. Die rechtlichen Grenzen, wonach in eine Wasserschutzgebietsverordnung nur die Grundstücke einbezogen werden dürften, von denen Einwirkungen auf das zu schützende Gewässer ausgehen könnten, müssten berücksichtigt werden. Die Einbeziehung des Grundstücks des Antragstellers sei demnach nicht zu beanstanden. In Ausübung des der Behörde bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 WHG a.F. eröffneten Normsetzungsermessens könne der Verordnungsgeber bei der Festsetzung von Schutzzonen auch hinter dem Wassereinzugsgebiet zurückbleiben, wenn dadurch der wirksame Gewässerschutz nicht beeinträchtigt sei. Eine parzellenscharfe Abgrenzung sei unzulässig, wenn sie über die Grenzen des Wassereinzugsgebiets erheblich hinausgehe. In diesen Fällen sei es geboten, von der grundsätzlich zulässigen parzellenscharfen Abgrenzung abzuweichen und das Schutzgebiet anhand von in der Natur erkennbaren Linien und Markierungen zu begrenzen oder - wenn dies nicht möglich sei - geeignete Markierungen zu setzen. Über die Einbeziehung oder Ausgrenzung eines Grundstücks, das nur teilweise im Wassereinzugsgebiet gelegen sei, habe der Verordnungsgeber im Einzelfall auf der Grundlage seines Schutzkonzepts zu entscheiden. Der Verordnungsgeber habe hier Grundstücke, die mit weniger als 50 % ihrer Fläche im Wassereinzugsgebiet gelegen seien, ausgegrenzt. Diese pauschale 50 %-Regel stehe mit dem Schutzkonzept in keiner Beziehung. Sie erlaube keinen Rückschluss auf die mögliche Wasserbeeinträchtigung und finde auch keine Stütze im DVGW-Arbeitsblatt W 101. Es sei insbesondere nicht ersichtlich, dass etwa von dem als Kraftfahrzeugstellplatz genutzten, aufgrund dieser Regeln nicht einbezogenen Grundstück keine oder wesentlich geringere Auswirkungen auf das zu schützende Grundwasser ausgehen könnten als z.B. von dem vergleichsweise kleinen und am äußeren Rand des Wasserschutzgebiets gelegenen Grundstück des Antragstellers. Nach dem Schutzkonzept solle auch das Gefahrenpotenzial aus Siedlungsbereichen ausgeschlossen werden. Die Gefährdung sei unabhängig von dem Verhältnis der innerhalb und außerhalb des Wassereinzugsgebiets gelegenen Flächen des Grundstücks. Schließe der Verordnungsgeber abweichend von seinem Grundkonzept - Erfassung sämtlicher Grundstücke des Wassereinzugsgebiets - bestimmte Grundstücke aus dem Wasserschutzgebiet aus, weil sie nur teilweise im Wassereinzugsbereich gelegen seien, könne dies nur geschehen, wenn dies im Einzelfall mit dem verfolgten Ziel der Verordnung wegen Besonderheiten des Grundstücks, insbesondere seiner Nutzung, vereinbar sei. Sei bei übergroßen Grundstücken die Einbeziehung in vollem Umfang nach dem Schutzzweck nicht geboten, komme eine teilweise Einbeziehung in Betracht, begrenzt durch Merkmale in der Natur oder durch gesetzte Markierungen. Der danach erforderlichen Abwägung im Einzelfall werde die Anwendung einer pauschalen 50 %-Regel nicht gerecht. Die fehlerhafte Abgrenzung der Schutzzone III des Wasserschutzgebiets Föhr-Ost im östlichen Bereich führe zur Nichtigkeit der Schutzzone III des Wasserschutzgebiets Föhr-Ost insgesamt und schließe die Anwendung weiterer Regelungen der Verordnung auf die Schutzzone III des Wasserschutzgebiets aus.

7

Zur Begründung der vom Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Revision trägt der Antragsgegner vor: Das angefochtene Urteil verkenne die Bedeutung des Schutzkonzepts des Antragsgegners und stelle Anforderungen an die Abgrenzung von Wasserschutzgebieten, die über den Erforderlichkeitsgrundsatz nach § 19 WHG a.F., § 51 WHG n.F. hinausgingen. Das Schutzkonzept erschöpfe sich nicht im DVGW-Arbeitsblatt W 101; dieses mache nur einen - wenn auch wesentlichen - Teil aus. Nach Ermittlung des unterirdischen Wassereinzugsgebiets, das durch die Trennstromlinie dargestellt werde, müsse die Grenzziehung eindeutig, gut erkennbar und vollziehbar auf das Gelände übertragen werden. Dabei würden zunächst alle Grundstücke, die vollständig im Einzugsbereich lägen, in das Schutzgebiet einbezogen. Wenn die Trennstromlinie Grundstücke durchschneide, werde zwischen großen - hier nicht betroffenen - und kleinen Grundstücken unterschieden. Kleine Grundstücke, die eine praktikable Unterteilung zur Festsetzung der Schutzgebietsgrenze nicht zuließen, würden nur in das Schutzgebiet einbezogen, wenn sie sich überwiegend, d.h. zu mehr als 50 % im Einzugsbereich befänden. Stelle sich heraus, dass von einzelnen Grundstücken oder Grundstücksteilen besondere Gefahren für das Grundwasser ausgingen, sei eine Einzelfallprüfung vorzunehmen. Diese sei hier entbehrlich gewesen, da im Ostbereich ganz überwiegend Wohnbebauung gegeben sei und an den übrigen Grenzen landwirtschaftliche Nutzung, so dass ein jeweils einheitliches Gefährdungspotenzial bestehe. Hinzu komme, dass im Randbereich die Einwirkung von Verunreinigungen relativ geringer sei und jeweils nur kleine Flächen betroffen seien. Ergebe sich schließlich im Randbereich aus Gründen des Grundwasserschutzes später ein weiterer Handlungsbedarf, soweit im Einzugsbereich liegende Flächen aus dem Schutzgebiet herausgefallen seien, stütze das Schutzkonzept sich auf das allgemeine wasserrechtliche Instrumentarium, nämlich das anlassbezogene Einschreiten der Wasserbehörden im Wege wasserrechtlicher Anordnungen; für diese Fälle sehe § 52 Abs. 3 WHG nunmehr eine spezielle Handlungsermächtigung vor. Durch die isolierte Aufhebung lediglich des räumlichen Geltungsbereichs der Schutzzone III verbleibe eine bloße Verordnungshülle, deren Regelungsbereich unklar und unbestimmt sei. Schließlich habe das Oberverwaltungsgericht eine so nicht teilbare Verordnung in Teilen aufgehoben. Nahezu der gesamte Einzugsbereich der Wassergewinnungsanlage sei schutzlos gestellt worden; diesen Zustand habe der Verordnungsgeber keinesfalls schaffen wollen. Bei Aufhebung der gesamten Verordnung wäre die alte Verordnung wieder aufgelebt.

8

Der Antragsgegner beantragt,

das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 3. Februar 2011 aufzuheben und den Normenkontrollantrag des Antragstellers abzulehnen,

hilfsweise,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Wasserschutzgebietsverordnung Föhr vom 2. Februar 2010 bezogen auf die Neufestsetzung des Wasserschutzgebiets Föhr-Ost für unwirksam zu erklären.

9

Der Antragsteller beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

10

Er verteidigt das angefochtene Urteil.

11

Der Vertreter des Bundesinteresses beteiligt sich am Verfahren und schließt sich der Auffassung des Antragsgegners an.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision ist zulässig (1.) und begründet. Das angefochtene Urteil des Oberverwaltungsgerichts beruht auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Sowohl die Ausführungen zur Rechtswidrigkeit der Abgrenzung der äußeren Schutzzone als auch die vom Oberverwaltungsgericht hieraus gezogenen prozessualen Folgerungen stehen mit Bundesrecht nicht in Einklang (2. a). Die Schutzgebietsabgrenzung ist auch in den anderen Bereichen nicht zu beanstanden, was der Senat selbst feststellen kann. Der Antragsgegner dringt folglich gemäß § 144 Abs. 3 Nr. 1 VwGO mit seinem in erster Linie verfolgten Begehren - Aufhebung des Urteils und Ablehnung des Normenkontrollantrags - durch (2. b).

13

1. Die form- und fristgerecht eingelegte Revision ist auch statthaft und damit im Sinne von § 143 VwGO zulässig. Das gilt auch für die begehrte Überprüfung der an die Annahme einer fehlerhaften Abgrenzung der äußeren Schutzzone anknüpfenden Rechtsfolgen und den für diesen Fall erstrebten Entscheidungsausspruch, die Verordnung nicht lediglich teilweise, sondern bezogen auf das Wasserschutzgebiet Föhr-Ost insgesamt für unwirksam zu erklären.

14

Für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels genügt es zwar nicht, dass die angefochtene Entscheidung den Rechtsmittelführer beschwert, wobei es beim Antragsgegner auf eine materielle Beschwer ankommt. Erforderlich ist vielmehr zusätzlich, dass das Rechtsmittel auf die Beseitigung dieser Beschwer abzielt (BGH, Urteil vom 20. Oktober 1982 - IVb ZR 318/81 - BGHZ 85, 140 <142>; Meyer-Ladewig/Rudisile, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Vorbem. § 124 Rn. 39; siehe auch BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2001 - BVerwG 4 BN 21.01 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 148 S. 61 f.). Diesen Anforderungen wird aber auch das nachrangig verfolgte Begehren des Antragsgegners gerecht. Denn er will damit im Ergebnis nicht etwa eine zusätzliche Belastung erreichen. Ein Vergleich des angefochtenen und des erstrebten Entscheidungsausspruchs könnte diesen Schluss zwar nahe legen. Allein mit dieser Betrachtungsweise wird indessen die maßgebliche materielle Beschwer des Antragsgegners nicht zutreffend erfasst. Bei vollständiger Unwirksamkeit der Verordnung, soweit diese das Wasserschutzgebiet Föhr-Ost betrifft, entfiele nämlich mit deren § 17 Satz 2 auch die Aufhebung des entsprechenden Teils der alten Verordnung, so dass aufgrund der Fortgeltung der alten Rechtslage - mit der Folge eines vollständigen Wasserschutzgebiets Föhr-Ost - damit eine Verbesserung der Rechtsposition des Antragsgegners im Vergleich zum Urteilsausspruch einherginge.

15

Schließlich fehlt der Revision insoweit nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Dem Antragsgegner kann nicht entgegengehalten werden, dass er selbst über die Verordnung verfügen und sie folglich im Anschluss an den gerichtlichen Ausspruch in weiterem Umfang aufheben könne. Die behördliche Aufhebung einer Verordnung kann jedenfalls grundsätzlich - anders als die ex tunc, d.h. auf den Zeitpunkt des Erlasses zurückwirkende, Unwirksamkeitserklärung durch das Gericht (vgl. Beschluss vom 30. September 1992 - BVerwG 4 NB 22.92 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 70 S. 114 = juris Rn. 9; BGH, Urteil vom 27. Januar 1983 - III ZR 131/81 - BGHZ 86, 356 <359>) - nur ex nunc, d.h. für die Zukunft erfolgen; dann aber fehlt es an einer Verordnung, die wieder aufleben könnte. Will der Verordnungsgeber zugleich mit der Aufhebung einer Verordnung eine andere Regelung an deren Stelle setzen, muss er dies positiv regeln. Das setzt gegebenenfalls die Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens, insbesondere verbunden mit der Anhörung der Betroffenen, voraus. Dies beansprucht immer eine geraume Zeit, in der die Schutzzone III, wie vom Antragsgegner befürchtet, schutzlos gestellt wäre.

16

2. Die Revision ist begründet.

17

a) Das Urteil beruht auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

18

aa) Zu Unrecht hat das Oberverwaltungsgericht angenommen, dass die Abgrenzung des Wasserschutzgebiets Föhr-Ost in dem von ihm in den Blick genommenen östlichen Bereich den aus § 19 Abs. 1 WHG in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. August 2002 (BGBl I S. 3245) folgenden Anforderungen nicht genügt.

19

(1) Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F., der insoweit mit dem am 1. März 2010 in Kraft getretenen § 51 Abs. 1 Nr. 1 WHG in der Fassung des Gesetzes zur Neuregelung des Wasserrechts vom 31. Juli 2009 (BGBl I S. 2585) inhaltlich übereinstimmt, kann die Landesregierung durch Rechtsverordnung Wasserschutzgebiete festsetzen, soweit das Wohl der Allgemeinheit dies im Interesse des Schutzes der öffentlichen Wasserversorgung vor nachteiligen Einwirkungen erfordert.

20

Der gerichtlich voll überprüfbare Begriff der Erforderlichkeit bezieht sich zum einen in sachlicher Hinsicht auf den Schutz des Wasservorkommens dem Grunde nach, was sich nach der Schutzwürdigkeit, der Schutzbedürftigkeit und der Schutzfähigkeit - hier - eines Grundwasservorkommens richtet. Diese Voraussetzungen für den Erlass der Verordnung sind hier nicht mehr im Streit.

21

Die Erforderlichkeit setzt zum anderen der räumlichen Ausdehnung des Wasserschutzgebiets Grenzen. Bei Beachtung der Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG ist die mit der Ausweisung eines Wasserschutzgebiets einhergehende Beschränkung der Eigentümerbefugnisse im Wege der Inhalts- und Schrankenbestimmung nur zulässig, wenn von dem betroffenen Grundstück Einwirkungen auf das zu schützende Grundwasser ausgehen können (Beschlüsse vom 23. Januar 1984 - BVerwG 4 B 157.83, 4 B 158.83 - Buchholz 445.4 § 19 WHG Nr. 4 und vom 30. September 1996 - BVerwG 4 NB 31.96, 4 NB 32.96 - Buchholz 445.4 § 19 WHG Nr. 7; BVerfG, Kammerbeschluss vom 6. September 2005 - 1 BvR 1161/03 - NVwZ 2005, 1412 <1414> = juris Rn. 26). Die Abgrenzung des Wasserschutzgebiets muss sich folglich - soweit möglich - an den hydrogeologisch-hydraulisch ermittelten Grenzen des Wassereinzugsgebiets orientieren. Eine Arrondierung über das Maß des Erforderlichen hinaus ist grundsätzlich nicht möglich.

22

Eine solche Grenzziehung trifft indessen auf praktische Schwierigkeiten. Zum einen ist die Ermittlung der Grenze des Wassereinzugsgebiets aus der Natur der Sache bei Wahrung eines angemessenen Verwaltungsaufwands mit fachlichen Unsicherheiten behaftet. Die Behörde darf sich folglich mit wissenschaftlich abgesicherten, in sich schlüssigen Schätzungen begnügen. Zum anderen bilden sich unterirdische Grenzlinien nicht ohne Weiteres auf der Erdoberfläche ab. Im Interesse der Normenklarheit und damit der Praktikabilität und der Vollziehbarkeit der Verordnung bietet es sich dann an, soweit als möglich bestehenden natürlichen, etwa topographischen, oder vorgegebenen rechtlichen Merkmalen, etwa Grundstücksgrenzen, zu folgen (so auch die vom Deutschen Verein des G, e.V. in Abstimmung mit der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser erarbeiteten Richtlinien für Trinkwasserschutzgebiete; Teil 1: Schutzgebiete für Grundwasser, Technische Regel - DVGW-Arbeitsblatt W 101 vom Juni 2006, Ziff. 5, abgedruckt in: von Lersner/Berendes, Handbuch des Deutschen Wasserrechts, Bd. 2, D 30). Insoweit ist ein "administrativer Vereinfachungsspielraum" anzuerkennen (siehe Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 3. Aufl. 2004, Rn. 866 f.; dem folgend Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, § 51 Rn. 45, Gößl, in: Sieder/Zeitler, WHG AbwAG, § 51 WHG Rn. 46 sowie Hünnekens, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 51 WHG Rn. 42). Er ist rechtlich nur beschränkt überprüfbar, nämlich auf die Wahl nachvollziehbarer Maßstäbe, und betrifft unter dem Aspekt der Erforderlichkeit letztlich nur die Erweiterung des Wasserschutzgebiets über das Wassereinzugsgebiet hinaus.

23

Die Behörde ist allerdings nicht verpflichtet, ein Grundstück bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 WHG a.F., § 51 Abs. 1 WHG n.F. in den Geltungsbereich einer Wasserschutzgebietsverordnung einzubeziehen. Vielmehr kommt ihr insoweit Ermessen zu, aufgrund dessen sie zu entscheiden hat, wie sie den gebotenen Schutz des Wasservorkommens letztlich gewährleisten will. Diese Ermessensentscheidung muss sich an einem nachvollziehbaren Schutzkonzept messen lassen. Es kann darauf ausgerichtet sein, bei Vorliegen besonderer Umstände das anzustrebende Schutzniveau durch einzelfallbezogene Maßnahmen zu erreichen (vgl. Beschlüsse vom 29. September 2010 - BVerwG 7 BN 1.10 - juris Rn. 7 und vom 17. Oktober 2005 - BVerwG 7 BN 1.05 - Buchholz 445.3 Landeswasserrecht Nr. 4; Czychowski/Reinhardt, a.a.O., § 51 Rn. 47, 49). Im Gegensatz zur Prüfung der Erforderlichkeit der räumlichen Ausdehnung des Wasserschutzgebiets geht es dabei nicht um ein "Zuviel" an Schutz, sondern um ein "Zuwenig". Denn bei einer fehlerhaft unterbliebenen Einbeziehung eines Grundstücks kann die Eignung des Wasserschutzgebiets für den verfolgten Zweck infrage stehen (vgl. Salzwedel, ZfW 1992, 397 <400 f.>). Bei der Abgrenzung eines Wasserschutzgebiets sind beide Gesichtspunkte zu beachten.

24

(2) Nach diesen Maßstäben ist die im Bereich der Wohnbebauung vorgenommene Grenzziehung von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Die Behörde hat sich grundsätzlich für eine Abgrenzung entlang von Flurstücksgrenzen entschieden. Dagegen ist nichts zu erinnern, denn es ist insbesondere nicht ersichtlich, dass es irgendwelche kleinräumigen topographischen Merkmale gibt, die das maßgebliche Wassereinzugsgebiet, umschrieben durch die Trennstromlinie, verlässlich nachzeichnen. Gerade in bebauten Gebieten liegt es nahe, Nutzungseinschränkungen jeweils auf das ganze Grundstück zu beziehen. Dessen Abgrenzung ist den betroffenen Grundstücksnutzern ohne Weiteres geläufig.

25

Auch die Umsetzung dieser Vorgabe, die auf eine einheitliche Zuordnung eines jeden Grundstücks abzielt, begegnet bezogen auf die Ostgrenze des Wasserschutzgebiets keinen durchgreifenden Bedenken. Der Antragsgegner nimmt Bezug auf einen Erlass des Ministeriums für Umwelt, Natur und Forsten des Landes Schleswig-Holstein vom 24. September 1999, der seinem Vorgehen insoweit zugrunde liegt. Danach gilt bei "kleinen" Grundstücken die 50 %-Regel. Hiernach werden Grundstücke, die von der Trennstromlinie durchschnitten werden, nicht stets dem Wasserschutzgebiet zugeschlagen; vielmehr ist hierfür grundsätzlich der Flächenanteil maßgeblich, der im Wassereinzugsgebiet liegt. Soweit die Ausdehnung des Wasserschutzgebiets über die Grenzen des Wassereinzugsgebiets erstreckt wird, ist - wie oben dargelegt - rechtlicher Maßstab für deren Rechtmäßigkeit die Erforderlichkeit im Sinne von § 19 Abs. 1 WHG a.F., § 51 Abs. 1 WHG n.F. Bei den im Bereich des Grundstücks des Antragstellers vorhandenen kleinen Grundstücken ist die relativ geringfügige Erstreckung über die Trennstromlinie hinaus nach Maßgabe des administrativen Vereinfachungsspielraums zulässig. Soweit Grundstücksteile nach Maßgabe der 50 %-Regel nicht einbezogen werden, muss sich die dem zugrunde liegende Ermessensentscheidung als rechtmäßig erweisen, was wiederum ein schlüssiges Schutzkonzept erfordert. Nach dem vom Antragsgegner dargelegten Schutzkonzept wird bei einer Grundstücksnutzung mit allgemein geringem Gefährdungspotential generalisierend auf den anlassbezogenen Schutz durch Einzelmaßnahmen abgestellt; nur in Ausnahmefällen wird im Wege der Einzelfallbetrachtung darüber befunden, ob dieser Schutz unzureichend ist und folglich die Einbeziehung in das besondere Rechtsregime des Wasserschutzgebiets angezeigt ist.

26

Diese Vorgehensweise ist nicht zu beanstanden. Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts besteht entgegen der Auffassung des Antragstellers kein Anlass, im hier betroffenen Wohngebiet eine solche Einzelfallprüfung vorzunehmen. Insbesondere ist das Gefährdungspotential, das etwa von der im Wassereinzugsgebiet liegenden (geringen) Teilfläche des befestigten Parkplatzes ausgeht, mit dem der sonstigen im betreffenden Bereich vorhandenen Grundstücke durchaus vergleichbar. Zum einen können auch auf einem Wohngrundstück mehrere Kraftfahrzeuge abgestellt werden; zum anderen fehlen bei einem Parkplatzgrundstück von vornherein andere Gefahrenquellen wie zum Beispiel Öltanks.

27

bb) Das Oberverwaltungsgericht hat aus der von ihm angenommenen Rechtswidrigkeit der Regelung über die Grenzziehung der Schutzzone III des Wasserschutzgebiets Föhr-Ost die rechtliche Folgerung gezogen, dem Antrag des Antragstellers folgend allein die einschlägige Bestimmung der Verordnung nach § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO für unwirksam zu erklären. Dieses Vorgehen verstößt gegen Bundesrecht.

28

Das Oberverwaltungsgericht war nicht durch § 88 VwGO an einer weiterreichenden Unwirksamkeitserklärung gehindert. Die Vorschrift des § 88 VwGO gilt zwar auch im Normenkontrollverfahren; danach ist das Normenkontrollgericht an die Anträge gebunden. Ein Ausgreifen über die beanstandete Vorschrift hinaus auf weitere Bestimmungen derselben Rechtsnorm aus denselben Gründen ist grundsätzlich nicht zulässig (Urteil vom 21. Januar 2004 - BVerwG 8 CN 1.02 - BVerwGE 120, 82 <87>). Das setzt aber voraus, dass die - beschränkte - Antragstellung sachdienlich und nicht - gegebenenfalls aufgrund eines Hinweises des Gerichts nach § 86 Abs. 3 VwGO - zu korrigieren ist. Sachdienlich ist eine Beschränkung auf einen Teil einer Norm nur dann, wenn die Norm teilbar ist. Ist die angegriffene Bestimmung mit anderen Teilen der Norm untrennbar verbunden, kommt eine Beschränkung des Antrags nicht in Betracht. Eine Teilbarkeit ist unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 139 BGB zu verneinen, wenn der fehlerbehaftete Teil mit dem übrigen Normgefüge - bzw. einem wiederum abtrennbaren Teil davon - so verflochten ist, dass die Restbestimmung ohne den nichtigen Teil nicht sinnvoll bestehen bleiben kann. Das ist dann der Fall, wenn der verbleibende Teil der Rechtsordnung nicht entspricht, etwa eine unter Gleichheitsaspekten unzureichende Regelung darstellt oder den gesetzlichen Regelungsauftrag verfehlt. So darf bei Bebauungsplänen kein "Planungstorso" entstehen, der eine sinnvolle städtebauliche Ordnung gemäß § 1 BauGB nicht bewirken kann. Dabei ist auf den (objektivierten) mutmaßlichen Willen des Normgebers abzustellen (vgl. etwa Urteile vom 19. September 2002 - BVerwG 4 CN 1.02 - BVerwGE 117, 58 <61> = Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 112 S. 40 und vom 17. Februar 2005 - BVerwG 7 CN 6.04 - Buchholz 451.221 § 12 KrW-/AbfG Nr. 3 S. 15 und Beschluss vom 6. April 1993 - BVerwG 4 NB 43.92 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 77 sowie Gerhardt/Bier, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 47 Rn. 110 m.w.N.).

29

Hiernach unterliegt es keinem Zweifel, dass ein Wasserschutzgebiet, das sich lediglich auf die Schutzzonen I und II beschränkt, nicht isoliert festgesetzt worden wäre. Dies gilt ungeachtet dessen, dass es nach allgemeinen ordnungsrechtlichen Grundsätzen für die Geeignetheit einer Maßnahme lediglich darauf ankommt, dass sie zur Zweckerreichung beiträgt. Insoweit mag die Ausweisung von Schutzzonen für die Brunnenfassung und deren nähere Umgebung für die Gewährleistung der Trinkwasserversorgung nicht ungeeignet sein. So gewährleistet bereits die von der Schutzzone II mit der regelmäßig - hier aber soweit ersichtlich nicht - zugrunde gelegten "50-Tage-Linie" den Schutz des Trinkwassers vor pathogenen Mikroorganismen (DVGW-Arbeitsblatt W 101 Ziff. 4.3.1). Die allgemeine Orientierung der Behörde an den Vorgaben des als "antizipiertes Sachverständigengutachten" (vgl. Breuer, a.a.O., Rn. 878 m.w.N.) herangezogenen DVGW-Arbeitsblatts W 101 belegt indessen, dass jeweils nur ein vollständiges, nicht aber ein um wesentliche Teile "amputiertes" Wasserschutzgebiet festgesetzt wird. Denn im Interesse eines effektiven Schutzes vor weitreichenden Beeinträchtigungen des Trinkwassers, so insbesondere vor nicht oder nur schwer abbaubaren chemischen Verunreinigungen, umfasst ein Wasserschutzgebiet grundsätzlich das gesamte Wassereinzugsgebiet eines Trinkwasserbrunnens, das durch die Schutzzone III umschrieben wird (vgl. DVGW-Arbeitsblatt W 101 Ziff. 3 und 4.4.1). Die Verordnung wäre demnach auf den insoweit sachdienlichen Antrag des Antragstellers in dem Umfang aufzuheben, als sie sich auf das den Antragsteller betreffende Wasserschutzgebiet bezieht (vgl. Urteil vom 17. Februar 2005 a.a.O. S. 15; siehe auch Urteil vom 9. April 2008 - BVerwG 4 CN 1.07 - BVerwGE 131, 100 = Buchholz 406.11 § 214 BauGB Nr. 23).

30

b) Das Bundesverwaltungsgericht kann über die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verordnung selbst abschließend entscheiden (§ 144 Abs. 3 Nr. 1 VwGO). Es sind hinreichende tatsächliche Feststellungen vorhanden, auf deren Grundlage sich die streitige Abgrenzung der äußeren Schutzzone als insgesamt rechtmäßig erweist und der Normenkontrollantrag des Antragstellers demnach abzulehnen ist.

31

aa) Das Oberverwaltungsgericht hat unter Anwendung irrevisiblen Landesrechts (Art. 39 Abs. 2 Verfassung des Landes Schleswig-Holstein) ausgeführt, dass die Verordnung nicht an einem Ausfertigungsmangel leide, obwohl nur der Verordnungstext selbst, nicht aber die in Bezug genommenen Karten mit dem genauen Grenzverlauf des Wasserschutzgebiets ausgefertigt worden seien. Bundesrechtliche Fehler sind auf der Grundlage der hierzu getroffenen bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht dargetan. Denn hiernach sind jegliche Zweifel an der Zugehörigkeit der Karten zur Verordnung ausgeschlossen und damit eine Art "gedankliche Schnur" hergestellt (vgl. Urteile vom 5. Februar 2009 - BVerwG 7 CN 1.08 - Buchholz 406.400 § 23 BNatSchG 2002 Nr. 1 und vom 31. Januar 2001 - BVerwG 6 CN 2.00 - BVerwGE 112, 373 <375 f.> = Buchholz 406.401 § 1 BNatSchG Nr. 5 S. 2 f.).

32

bb) Der Abgrenzung des Wasserschutzgebiets ist die im Verwaltungsverfahren ermittelte Trennstromlinie zugrunde zu legen. Die diesbezüglichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hat der Antragsteller im Revisionsverfahren nicht mit Gegenrügen infrage gestellt. Mit seinem Hinweis in der mündlichen Verhandlung auf die Unwägbarkeiten bei deren Ermittlung hat er lediglich die daraus folgende Notwendigkeit einer klaren und nachvollziehbaren Abgrenzung unterstrichen, nicht aber einen Aufklärungsmangel geltend gemacht.

33

Hiervon ausgehend ist gegen die Abgrenzung im östlichen Bereich des Wasserschutzgebiets Föhr-Ost von Rechts wegen nichts zu erinnern. Sie entspricht - wie oben dargelegt - dem beanstandungsfreien Schutzkonzept des Antragsgegners.

34

Im Bereich der von der Trennstromlinie durchschnittenen landwirtschaftlichen Grundstücke gilt nichts anderes. Der Vertreter des Antragsgegners hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat das Vorgehen bei großen landwirtschaftlich genutzten Flächen erläutert. Der Antragsteller hat dem als Beschreibung einer durchgängigen Verwaltungspraxis nicht widersprochen, so dass der Senat von dem in dieser Weise dargestellten Schutzkonzept ausgehen kann (vgl. Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 137 Rn. 148 m.w.N.).

35

Danach werden die Vorgaben aus dem Erlass des Ministeriums vom 24. September 1999 nicht etwa so verstanden und umgesetzt, dass große Grundstücke, die mit über der Hälfte ihrer Fläche im Wassereinzugsgebiet liegen, generell nicht mehr zur Gänze in das Wasserschutzgebiet einbezogen werden und folglich die Setzung geeigneter Markierungen geboten ist, wenn sonst Teilstücke von deutlich mehr als 100 m Länge und/oder mehreren Hektar Größe in das Wasserschutzgebiet einbezogen würden. Mit einem solchen Verständnis ließe sich etwa die Einbeziehung mehrerer schmaler Grundstücke an der nördlichen Grenze des Wasserschutzgebiets Föhr-Ost nicht vereinbaren; denn ausweislich der in den Verfahrensakten befindlichen Karte sind Teilstücke von wenn auch weniger als 2 ha Größe, so doch von mehr als 150 m Länge außerhalb der Trennstromlinie gelegen. Nach den Darlegungen in der mündlichen Verhandlung wird vielmehr in Grenzfällen, in denen die von dem Erlass vorgegebenen Kriterien für die Beschreibung von die Toleranzschwelle übersteigenden Teilflächen nicht beide erfüllt sind, nach den Umständen des Einzelfalles entschieden, wie die Abgrenzung vorzunehmen ist. Dabei sind unter anderem die Auswirkungen auf die Bewirtschaftung des betroffenen Grundstücks sowie die Gleichbehandlung benachbarter durchschnittener Grundstücke zu berücksichtigen. Bei den hier in Rede stehenden "Handtuchgrundstücken" ist folglich eine einheitliche Zuordnung nicht zu beanstanden.

36

Soweit, wie etwa an der Westgrenze des Wasserschutzgebiets, Grundstücke nicht in das Wasserschutzgebiet einbezogen worden sind, weil sie - insoweit in Einklang mit der 50 %-Regel - zwar mit einer Teilfläche von etwa 2 ha, nicht aber mehr als zur Hälfte ihrer Gesamtfläche im Wassereinzugsgebiet liegen, wird, wenn Besonderheiten des Gefahrenpotentials nicht erkennbar sind, einem eventuell auftretenden Schutzbedürfnis - nach den unbestrittenen Ausführungen der Antragsgegnerin - durch einzelfallbezogene Anordnungen Rechnung getragen. Auch insoweit beruht die Abgrenzung mithin auf einem tragfähigen Schutzkonzept.

Gründe

1

Die Beschwerde ist zulässig und teilweise begründet. Zwar rechtfertigt das Beschwerdevorbringen nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (1.). Jedoch hat die Verfahrensrüge mit dem Ergebnis Erfolg (2.), dass der Rechtsstreit in dem im Tenor bezeichneten Umfang zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen wird (§ 132 Abs. 2 Nr. 3, § 133 Abs. 6 VwGO).

2

1. Die Grundsatzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) greift nicht durch. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtsfrage dann, wenn für die Entscheidung des vorinstanzlichen Gerichts eine konkrete fallübergreifende Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) von Bedeutung war, deren noch ausstehende höchstrichterliche Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr; vgl. Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91 f.>, vom 23. April 1996 - BVerwG 11 B 96.95 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 10 S. 15, vom 30. März 2005 - BVerwG 1 B 11.05 - NVwZ 2005, 709 und vom 2. August 2006 - BVerwG 9 B 9.06 - NVwZ 2006, 1290). Daran fehlt es.

3

a) Soweit die Beschwerde die Frage aufwirft,

"Ist es mit dem Rechtsstaatsprinzip gemäß Art. 20 Abs. 3 GG in Verbindung mit dem aus Art. 3 GG folgenden Willkürverbot vereinbar, wenn § 3 Abs. 3 KAG NRW dahingehend ausgelegt wird, dass es als zwingende Voraussetzung für die Prognoseentscheidung der Gemeinde bezüglich zu erhebender Vorauszahlungen keiner Steuerfestsetzung aus dem Vorjahr bedarf?",

wendet sie sich gegen die Auslegung von Landesrecht (§ 3 Abs. 3 KAG NRW), die vom Revisionsgericht nicht nachgeprüft wird und eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung deswegen nicht begründen kann. Abweichendes folgt nicht daraus, dass die Frage die Vereinbarkeit der vom Oberverwaltungsgericht vorgenommenen Auslegung mit Bestimmungen des Bundesverfassungsrechts thematisiert. Revisibilität könnte sie nur erlangen, wenn die angeführten bundesrechtlichen Maßstabsnormen, an denen die Auslegung und Anwendung der landesrechtlichen Vorschrift zu messen sind, ihrerseits ungeklärte Fragen von fallübergreifender Bedeutung aufwerfen würden (stRspr; vgl. etwa Beschluss vom 7. März 1996 - BVerwG 6 B 11.96 - Buchholz 310 § 137 Abs. 1 VwGO Nr. 7). Das ist nicht ansatzweise dargetan.

4

b) Zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung führt ebenfalls nicht die Frage,

"Wie ist § 139 BGB analog in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG in Verbindung mit dem aus Art. 3 GG folgenden Willkürverbot auszulegen, wenn eine Gemeinde in einer Satzung bewusst ein zweigleisiges Festsetzungssystem dergestalt geschaffen hat, dass dem Steuerschuldner zwei Festsetzungs- und Zahlungsmodalitäten eröffnet werden."

5

Bei sachgerechter Auslegung dieser Frage will die Beschwerde die Voraussetzungen einer Teil- oder Gesamtnichtigkeit von Satzungen mit den genannten Regelungen geklärt wissen. Dazu bedarf es jedoch keiner revisionsgerichtlichen Entscheidung. Die abstrakt-generellen, von der entsprechenden Anwendung des § 139 BGB ausgehenden Fragen der Gesamt- oder bloßen Teilnichtigkeit von Satzungen sind höchstrichterlich bereits geklärt. Danach steht fest, dass die Entscheidung, ob ein Rechtsmangel zur Gesamtnichtigkeit der Satzung oder nur zur Nichtigkeit einzelner Vorschriften führt, davon abhängt, ob - erstens - die Beschränkung der Nichtigkeit eine mit höherrangigem Recht vereinbare sinnvolle (Rest-)Regelung des Lebenssachverhalts belässt und ob - zweitens - hinreichend sicher ein entsprechender hypothetischer Wille des Normgebers angenommen werden kann (vgl. u.a. Beschlüsse vom 20. August 1991 - BVerwG 4 NB 3.91 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 59 S. 81 ff. und vom 28. August 2008 - BVerwG 9 B 40.08 - Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 56 Rn. 13). Von diesen Grundsätzen ist das Oberverwaltungsgericht zutreffend ausgegangen. Im Übrigen hängt die Beantwortung der Frage maßgeblich von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab, die einer verallgemeinerungsfähigen Beantwortung in einem Revisionsverfahren nicht zugänglich sind.

6

2. Mit der Verfahrensrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) macht die Klägerin geltend, das Oberverwaltungsgericht habe ihr Klagebegehren unter Verstoß gegen § 88 VwGO unzutreffend ausgelegt und deshalb über einen Teil der Klage entgegen dem Klageantrag nicht in der Sache entschieden. Es habe zu Unrecht angenommen, das Verwaltungsgericht sei - seinerseits unter Verstoß gegen § 88 VwGO - mit der Aufhebung der Vorauszahlungsfestsetzungen für 2009 und die Folgejahre über das Klagebegehren hinausgegangen. Demgegenüber ergebe sich aus der Klagebegründung vom 7. Mai 2009, wie auch aus der Interessenlage der Klägerin, dass das Verwaltungsgericht das Klageziel zutreffend erkannt habe. Diese Rüge greift durch.

7

Nach § 88 VwGO darf das Gericht über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden; es hat vielmehr das tatsächliche Rechtschutzbegehren zu ermitteln (Urteil vom 3. Juli 1992 - BVerwG 8 C 72.90 - Buchholz 310 § 88 VwGO Nr. 19 S. 4 f.; Beschlüsse vom 5. Februar 1998 - BVerwG 2 B 56.97 - Buchholz 310 § 88 VwGO Nr. 25 und vom 17. Dezember 2009 - BVerwG 6 B 30.09 - Buchholz 310 § 88 VwGO Nr. 38 Rn. 3). Maßgebend für den Umfang des Klagebegehrens ist das aus dem gesamten Parteivorbringen, insbesondere der Klagebegründung, zu entnehmende wirkliche Rechtsschutzziel (stRspr; Urteil vom 3. Juli 1992 a.a.O.; Beschluss vom 25. Juni 2009 - BVerwG 9 B 20.09 - Buchholz 310 § 88 VwGO Nr. 37 Rn. 2). Insoweit sind die für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Grundsätze (§§ 133, 157 BGB) anzuwenden. Wesentlich ist der geäußerte Parteiwille, wie er sich aus der prozessualen Erklärung und sonstigen Umständen ergibt; der Wortlaut der Erklärung tritt hinter deren Sinn und Zweck zurück (Urteil vom 27. April 1990 - BVerwG 8 C 70.88 - Buchholz 310 § 74 VwGO Nr. 9 S. 5; Beschluss vom 19. Juni 2010 - BVerwG 6 B 12.10 - Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 55 Rn. 4). Neben dem Klageantrag und der Klagebegründung ist auch die Interessenlage des Klägers zu berücksichtigen, soweit sie sich aus dem Parteivortrag und sonstigen für das Gericht und den Beklagten als Empfänger der Prozesserklärung erkennbaren Umständen ergibt (vgl. Urteil vom 18. November 1982 - BVerwG 1 C 62.81 - Buchholz 310 § 82 VwGO Nr. 11 S. 5 f.; Beschlüsse vom 17. Dezember 2009 a.a.O. und vom 19. Juni 2010 a.a.O.).

8

Ist aber der Kläger bei der Fassung des Klageantrages anwaltlich vertreten worden, kommt der Antragsformulierung allerdings gesteigerte Bedeutung für die Ermittlung des tatsächlich Gewollten zu. Selbst dann darf die Auslegung jedoch vom Antragswortlaut abweichen, wenn die Klagebegründung, die beigefügten Bescheide oder sonstige Umstände eindeutig erkennen lassen, dass das wirkliche Klageziel von der Antragsfassung abweicht.

9

Gemessen an diesen Grundsätzen hat das Oberverwaltungsgericht das Klagebegehren nicht zutreffend ausgelegt. Es ist zwar zu Recht davon ausgegangen, dass nach dem Klageantrag die Aufhebung des Bescheides vom 12. Dezember 2008 nur hinsichtlich der Steuerfestsetzung für das Kalenderjahr 2007 und der Festsetzung von Vorauszahlungen für das Kalenderjahr 2008, nicht aber für das Kalenderjahr 2009 beantragt war. Dagegen hat es die Klagebegründung unberücksichtigt gelassen, die im Zusammenhang mit der Interessenlage der Klägerin deutlich erkennen lässt, dass Klageziel die Aufhebung der Festsetzung von Vorausleistungen insgesamt war. In der Klagebegründung hat die Klägerin ihr Aufhebungsbegehren auf die Rechtsauffassung gestützt, die Vergnügungssteuersatzung der Beklagten sei nichtig. Diese Satzung bildete die Rechtsgrundlage für die Festsetzung von Vorausleistungen nicht nur für das Jahr 2008, sondern in gleicher Weise für die Folgejahre. Indem die Klagebegründung daraus den Schluss gezogen hat, "die angefochtene Festsetzung von Vorausleistungen (sei) ebenfalls unwirksam", hat sie unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass diese Festsetzung uneingeschränkt angegriffen werden sollte. Gestützt wird dieses Auslegungsergebnis durch die Interessenlage. Die Klägerin wurde durch die Festsetzung von Vorausleistungen insgesamt belastet. Ein sachlicher Grund, warum sie gegen diese Belastung nur teilweise hätte vorgehen sollen, ist nicht erkennbar.

10

Das Urteil beruht auf dem aufgezeigten Verfahrensmangel. Denn das Oberverwaltungsgericht hat den Teil des erstinstanzlichen Urteils, der die Festsetzung der Vergnügungssteuervorauszahlung für das Jahr 2009 betrifft, wegen Verstoßes gegen § 88 VwGO aufgehoben, aber nicht in der Sache entschieden.

11

Da weitere Zulassungsgründe nicht eingreifen, macht der Senat von der Möglichkeit Gebrauch, auf die Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 133 Abs. 6 VwGO das angefochtene Urteil im Umfang des Verfahrensfehlers aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen.

12

3. Die Kostenentscheidung folgt, soweit über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden war, aus § 154 Abs. 2 VwGO. Im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde entsteht eine Gerichtsgebühr nur, soweit die Beschwerde verworfen oder zurückgewiesen wird. Die sonstigen Kosten des Beschwerdeverfahrens, namentlich die außergerichtlichen Kosten, waren verhältnismäßig zu teilen, und zwar in der Weise, dass die Klägerin die Kosten im Maße ihres Unterliegens trägt und die Entscheidung über diejenigen Kosten, die dem Anteil der erfolgreichen Beschwerde am gesamten Beschwerdeverfahren entsprechen, der Kostenentscheidung in der Hauptsache folgt.

Tatbestand

1

Die Antragsteller wenden sich gegen eine sog. Klarstellungssatzung der Antragsgegnerin.

2

Die Antragsteller sind Eigentümer des im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin gelegenen und mit einem selbstgenutzten Wohnhaus bebauten Grundstücks mit der Straßenbezeichnung A-Straße (Gemarkung L., OT A., Flur A, Flurstück 109/6). Das Grundstück liegt am nordwestlichen Ende der Ortslage des Ortsteils A.. Östlich dieses Grundstücks entlang der A-Straße schließen sich nördlich der A-Straße weitere bebaute Grundstücke an. Auch südlich der A-Straße befindet sich teilweise Bebauung. Nördlich des Grundstücks der Antragsteller befindet sich ein Sportplatz, weiter nördlich schließen sich weitere unbebaute Flächen an. Das an das Grundstück der Antragsteller westlich angrenzende, ebenfalls unbebaute Flurstück 109/7 steht im Eigentum der Antragsgegnerin und wird zeitweise als Festwiese genutzt. Darauf befindet sich – etwa 50 m westlich des Wohngebäudes der Antragsteller – ein sog. „Mehrzweckgebäude“, in welchem verschiedene (Tanz-)Veranstaltungen stattfanden.

3

Bereits am 09.07.1996 erließ die damalige Gemeinde L. eine „Klarstellungssatzung mit Abrundungen gemäß § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 3 BauGB i.V.m. § 4a BauGB-MaßnahmenG“, die den gesamten Ortsteil A. erfasste. Im nördlichen Teil erfasste diese Satzung zwei nördlich der A-Straße liegende Flächen, die als „Abrundungsflächen mit planungsrechtlichen Festsetzungen“ dargestellt wurden. Zur Abrundungsfläche Nr. 2, die als „dörfliches Siedlungsgebiet“ ausgewiesen wurde, gehörte auch das seinerzeit unbebaute Grundstück der Antragsteller. Die westlich daran angrenzende Freifläche mit dem darauf befindlichen Mehrzweckgebäude wurde als öffentliche Grünfläche mit Zweckbestimmung – Festplatz – dargestellt. Mit Verfügung vom 25.07.1996 genehmigte das damalige Regierungspräsidium Dessau die Satzung mit dem Hinweis darauf, dass die Satzung ortsüblich bekannt zu machen sei, und der Bitte, ein Belegstück der Bekanntmachung vorzulegen.

4

Nachdem Baugenehmigungen für Vorhaben auf den Abrundungsflächen erteilt und Wohngebäude errichtet sowie bauordnungsbehördlichen Maßnahmen gegenüber der Antragsgegnerin wegen der Nutzung des Mehrzweckgebäudes erlassen worden waren, stellte die Antragsgegnerin fest, dass eine ortsüblich Bekanntmachung der Klarstellungs- und Abrundungssatzung nicht erfolgte oder die entsprechenden Unterlagen nicht mehr auffindbar waren.

5

Ende 2001 ließ die Antragsgegnerin Baumaßnahmen zur Sanierung und Erweiterung des Mehrzweckgebäudes durchführen, ohne hierfür eine Baugenehmigung erhalten oder beantragt zu haben. Nachdem der damalige Landkreis (...) davon Kenntnis erlangt hatte, ordnete er mit Bescheid vom 19.04.2002 gegenüber der Antragsgegnerin die Einstellung der Baumaßnahmen an und untersagte die Nutzung des Gebäudes. Am 23.07.2002 beantragte die Antragsgegnerin beim damaligen Landkreis (...) die Erteilung einer Baugenehmigung für dieses Vorhaben. Nach den Bauvorlagen sollte das Gebäude nach der Sanierung und Erweiterung einen Versammlungsraum sowie zwei jeweils seitlich angeordnete Nebenräume (Teeküche und Sanitärraum) mit einer Gesamtnutzfläche von 138,95 m² umfassen. Im Laufe des Genehmigungsverfahrens wies der Landkreis (...) die Antragsgegnerin darauf hin, dass das Vorhaben im Außenbereich liege und planungsrechtlich nicht zulässig sei. Die Antragsgegnerin beschloss daraufhin eine Klarstellungssatzung mit dem Ziel der Einbeziehung des Vorhabens in den Innenbereich, setzte diese Satzung aber mangels Genehmigungserteilung nicht in Kraft.

6

Am 24.08.2004 beschloss die Antragsgegnerin, den Bebauungsplan Nr. 3 „A. Nord-West“ aufzustellen. Der Geltungsbereich des Bebauungsplans umfasste die genannte Festwiese und den Sportplatz (Teilflächen der Flurstücke 109/7 und 110) sowie die daran grenzenden Flurstücke 175 und (teilweise) 199. Die Festwiese und der Sportplatz waren im Planteil A des Bebauungsplans als öffentliche Grünflächen ausgewiesen. Am Standort des vorhandenen Mehrzweckgebäudes war eine Fläche für den Gemeindebedarf festgesetzt. Auf einen Normenkontrollantrag der Antragsteller erklärte der Senat den Bebauungsplan durch rechtskräftiges Urteil vom 15.03.2007 für unwirksam (Az.: 2 K 111/05). Zur Begründung führte der Senat im Wesentlichen aus, der Bebauungsplan leide an einem erheblichen Abwägungsmangel. Die Antragsgegnerin habe die Auswirkungen ihrer Planung bei der insoweit erforderlichen Prognose nicht angemessen berücksichtigt. Der Bebauungsplan sei nicht geeignet, den zu bewältigenden Lärmkonflikt angemessen zu lösen.

7

Am 28.11.2012 beschloss die Antragsgegnerin die streitgegenständliche Klarstellungssatzung, die am 07.12.2012 von ihrem stellvertretenden Bürgermeister ausgefertigt und in ihrem Amtsblatt vom 07.12.2012 bekannt gemacht wurde. Nach dieser (neuen) Satzung verläuft die nördliche Grenze des räumlichen Geltungsbereichs bis zur nächsten Querstraße an den nördlichen Grenzen der nördlich der A-Straße liegenden Grundstücke. Auch das im Eigentum der Antragsgegnerin stehende Flurstück 109/7 liegt im Geltungsbereich der Satzung und wird darin als öffentliche Grünfläche mit Zweckbestimmung Festplatz (nördlicher Teil) sowie Spielplatz (südlicher Teil) ausgewiesen.

8

Am 09.12.2013, einem Montag, haben die Antragsteller den vorliegenden Normenkontrollantrag gestellt und zur Begründung ausgeführt: Das Satzungsgebiet gehöre nicht mehr zum Innenbereich. Dies zeige sich auch daran, dass die Antragsgegnerin versucht habe, im Jahr 2002 für das jetzige Satzungsgebiet eine Klarstellungssatzung und danach einen Bebauungsplan aufzustellen. Auch in einem aktuellen Genehmigungsverfahren, das die Errichtung einer „Nebenanlage zu Abstellzwecken“ im Satzungsgebiet betreffe, habe die Bauaufsichtsbehörde § 35 BauGB herangezogen. Liege aber das Satzungsgebiet im Außenbereich, sei die Klarstellungssatzung bereits deshalb fehlerhaft, weil in ihr die Grenzen des im Zusammenhang bebauten Ortsteils abweichend von den maßgeblichen tatsächlichen Verhältnissen festgelegt worden seien. Es sei auch ausgeschlossen, die Klarstellungssatzung in eine Einbeziehungssatzung umzudeuten. Dagegen sprächen der eindeutige Wortlaut der Satzung sowie der Umstand, dass die Antragsgegnerin die Satzung ohne Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung beschlossen habe. Die im Jahre 1996 noch von der Gemeinde L. beschlossene Satzung könne nicht herangezogen werden, weil sie bis heute nicht in Kraft getreten sei.

9

Die Antragsteller beantragen,

10

die Klarstellungssatzung der Antragsgegnerin vom 28. November 2012, bekanntgemacht am 7. Dezember 2012, für unwirksam zu erklären.

11

Die Antragsgegnerin beantragt,

12

den Antrag abzulehnen.

13

Sie trägt vor: Die angegriffene Satzung sei eine Klarstellungssatzung und könne nicht im Wege der Auslegung als Einbeziehungssatzung qualifiziert werden. Sie habe keine Außenbereichsflächen dem Innenbereich zugeordnet, sondern die Grenzen des im Zusammenhang bebauten Ortsteils zutreffend festgelegt. Bezüglich der Innenbereichsgrenze in westlicher Richtung bestehe an der einen Straßenseite von der Bundesstraße B 185 bis zum Festplatz auf einer Strecke von ca. 570 m ein Bebauungszusammenhang, der durch die wenigen unbebauten Grundstücke nicht unterbrochen werde, weil die Flächen wegen ihrer Größe einer von der Umgebung unabhängigen gesonderten städtebaulichen Entwicklung und Beplanung nicht fähig seien. Insoweit gelte bereits die Regelvermutung für eine trennende Wirkung einseitig bebauter Straßen zwischen Innen- und Außenbereich. In östlicher Richtung bestehe auf der gegenüber liegenden Straßenseite teilweise eine Bebauung. Die Gebäude auf dem Flurstück 151 der Flur A habe sie nicht dem Innenbereich zugeordnet, weil es sich um Stallungen handele. Soweit es sich bei den beiden Teilflächen des Flurstücks 109/7 (Festplatz und Spielplatz) um Freiflächen handle, die wegen ihrer Zweckbestimmung einer Bebauung entzogen seien, unterbrächen diese auch bei größerer Ausdehnung nicht den Bebauungszusammenhang.

14

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin und die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

15

I. Der Normenkontrollantrag ist zulässig.

16

1. Die Antragsteller sind als von der Satzung betroffene Grundstückseigentümer antragsbefugt im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO.

17

Die Antragsbefugnis entfällt nicht deshalb, weil eine Klarstellungssatzung nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB den Rechtscharakter der betroffenen Grundstücke nicht verändert, ihr vielmehr lediglich deklaratorische Wirkung zukommt. Dies schließt nicht aus, dass die Klarstellungssatzung eine Bindung für die hiermit befassten Behörden bewirkt, sie darüber hinaus aber jedenfalls einen Rechtsschein für die Abgrenzung von Innen- und Außenbereich setzt. Zum anderen könnte eine solche Satzung ohne die Möglichkeit der Normenkontrolle den mit ihr verfolgten Zweck nicht erfüllen, einzelne Baugenehmigungsverfahren oder abgabenrechtliche Folgemaßnahmen vom Streit über die Zugehörigkeit eines Grundstücks zum Innenbereich zu entlasten und diese Auseinandersetzung in einem einzigen Verfahren zu bündeln. Aus diesem Grunde hat der von der Grenzfestlegung betroffene Grundstückseigentümer sowohl die Antragsbefugnis als auch ein schutzwürdiges Interesse für eine Normenkontrolle gegen die Klarstellungssatzung (vgl. zum Ganzen: OVG RP, Urt. v. 21.12.2011 – 8 C 10945/11 –, NVwZ-RR 2012, 289, RdNr. 14 in juris, unter Bezugnahme auf BVerwG, Urt. v. 22.09.2010 – BVerwG 4 CN 2.10 –, BVerwGE 138, 12 [18], RdNr. 19).

18

2. Die Antragsteller haben auch ein Rechtsschutzinteresse an der Aufhebung der Klarstellungssatzung insgesamt. Das Rechtsschutzinteresse ist grundsätzlich nicht auf eine Teilaufhebung einer Klarstellungssatzung bezüglich einzelner Flächen beschränkt. Zwar ist ein Antragsteller nicht daran gehindert, seinen Antrag von vornherein auf eine Teilunwirksamkeitserklärung zu beschränken. Er dürfte aber mit der Abschätzung, ob ein Mangel zur Gesamt- oder Teilunwirksamkeit führt, regelmäßig überfordert sein, denn dies würde voraussetzen, dass er anhand des zu Grunde liegenden Gesamtkonzepts Erkenntnisse hinsichtlich der Abhängigkeit der einzelnen Festsetzungen voneinander sowie auch über den für die Teilbarkeit der Festsetzungen der Satzung erheblichen hypothetischen Willen des Satzungsgebers gewinnt. Ein umfassend gestellter Normenkontrollantrag ist deshalb nicht als teilweise unzulässig zu verwerfen oder mit einer nachteiligen Kostenfolge als teilweise unbegründet zurückzuweisen, wenn eine Satzung vom Gericht nur für teilunwirksam erklärt wird (vgl. OVG BBg, Urt. v. 27.10.2011 – OVG 10 A 11.08 –, NVwZ-RR 2012, 152 [153 f.], RdNr. 21 in juris, m.w.N.).

19

II. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet.

20

1. Es bestehen bereits Zweifel an der formellen Wirksamkeit der Klarstellungsatzung.

21

Nach § 10 Abs. 3 Satz 1 BauGB ist bei der Aufstellung von Bebauungsplänen die Erteilung der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde oder, soweit eine Genehmigung nicht erforderlich ist, der Beschluss des Bebauungsplans ortsüblich bekannt zu machen. Gemäß § 34 Abs. 6 Satz 2 BauGB ist § 10 Abs. 3 BauGB auf die Satzungen nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 bis 3 BauGB entsprechend anzuwenden.

22

Die angegriffene Klarstellungsatzung wurde zwar am 07.12.2012 im Amtsblatt der Antragsgegnerin bekannt gemacht. Jedoch muss ein Bebauungsplan – und dem entsprechend auch eine Klarstellungssatzung nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB – vor der Bekanntmachung, das heißt vor dem Bekanntmachungsakt, ausgefertigt sein (vgl. zum Bebauungsplan: BVerwG, Beschl. v. 27.01.1999 – BVerwG 4 B 129.98 –, NVwZ 1999, 878, Beschl. v. 09.05.1996 – BVerwG 4 B 60.96 –, NVwZ-RR 1996, 630). Hier fertigte der stellvertretende Bürgermeister der Antragsgegnerin die Klarstellungssatzung ausweislich der Originalurkunde am 07.12.2012 und damit am Tag der Bekanntmachung aus. Bei dieser Sachlage wäre die Satzung nur dann formell gültig, wenn sie zunächst ausgefertigt und anschließend noch am selben Tag bekannt gemacht worden sein sollte. Ob dies der Fall war, lässt sich nicht mehr feststellen. Auch der Bürgermeister der Antragsgegnerin konnte in der mündlichen Verhandlung hierzu auf Nachfrage keine Auskunft geben. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Beschl. v. 27.01.1999, a.a.O., RdNr. 5 f. in juris) soll ein mit dem Bekanntmachungsdatum übereinstimmendes Ausfertigungsdatum ein starkes Indiz dafür sein, dass die korrekte Reihenfolge nicht gewahrt ist, weil es regelmäßig nicht möglich sein dürfte, die Bekanntmachung der Satzung nach seiner Ausfertigung noch am selben Tag zu bewirken.

23

Die Frage der formellen Wirksamkeit der Satzung kann indes offen bleiben.

24

2. Die Klarstellungssatzung ist jedenfalls aus materiellen Gründen unwirksam.

25

Rechtlicher Anknüpfungspunkt ist § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB. Danach kann die Gemeinde durch Satzung die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen.

26

2.1. Die streitige Satzung vom 28.11.2012 erweist sich ihrem Erklärungsinhalt nach als Klarstellungssatzung. Hierfür spricht bereits, dass die Antragsgegnerin ihre Satzung ausdrücklich als „Klarstellungssatzung“ bezeichnet und als Rechtsgrundlage auch nur § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB angegeben hat. Im Normenkontrollverfahren hat die Antragsgegnerin dies nochmals bestätigt. Für den Charakter als Klarstellungssatzung spricht zudem, dass die Antragsgegnerin das für die Eingliederungssatzung (§ 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauGB) und für die Einbeziehungssatzung (§ 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB) vorgesehene Verfahren der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung (§ 34 Abs. 6 Satz 1 BauGB) nicht durchgeführt hat (vgl. OVG RP, Urt. v. 21.12.2011, a.a.O., RdNr. 18).

27

2.2. Handelt es sich bei der angegriffenen Satzung demnach um eine Klarstellungssatzung nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB, so hängt ihre Gültigkeit allein davon ab, ob die Antragsgegnerin sich an die Grenzen des tatsächlich vorhandenen Innenbereichs gehalten hat; denn die Gemeinde ist nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB nicht ermächtigt, planerisch über die Zugehörigkeit von Flächen zum Innenbereich zu entscheiden (OVG RP, Urt. v. 21.11.2011, a.a.O., RdNr. 19; OVG BBg, Urt. v. 27.10.2011, a.a.O., RdNr. 40). Für den Erlass einer Klarstellungssatzung verlangt das BauGB weder eine Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung noch eine Abwägung der berührten Belange. Hat die Gemeinde die Grenze des im Zusammenhang bebauten Ortsteils im Ergebnis fehlerhaft festgelegt, indem sie Grundstücksflächen zu Unrecht in den Innenbereich einbezieht oder zu Unrecht dem Außenbereich zuweist, ist dies ein im gerichtlichen Verfahren stets beachtlicher Rechtsverstoß, der – mangels Anwendbarkeit besonderer Verfahrensvorschriften oder des Abwägungsgebots – auch von den Planerhaltungsvorschriften nach § 215 Abs. 1 BauGB nicht erfasst wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.09.2010, a.a.O., RdNr. 14). Hat eine Gemeinde eine Klarstellungssatzung erlassen, hierbei jedoch zu Unrecht Außenbereichsgrundstücke mit erfasst, so verfehlt sie die Satzungsermächtigung nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB; eine Umdeutung in eine Einbeziehungssatzung kommt nicht in Betracht (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.09.2010, a.a.O., RdNr. 19 f.).

28

Die Antragsgegnerin hat für den hier in Rede stehenden Teilbereich der Grünflächen mit Zweckbestimmung Festplatz (einschließlich Mehrzweckgebäude) und Spielplatz die Grenze des im Zusammenhang bebauten Ortsteils fehlerhaft festgelegt.

29

Für das Vorliegen eines Bebauungszusammenhangs im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB ist ausschlaggebend, inwieweit eine aufeinanderfolgende Bebauung – trotz etwa vorhandener unbebauter, aber bebauungsfähiger Grundstücke oder freier Flächen, die wegen ihrer natürlichen Beschaffenheit oder wegen ihrer besonderen Zweckbestimmung (Sportplätze, Erholungsflächen) einer Bebauung entzogen sind – den Eindruck der Geschlossenheit vermittelt (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.04.2012 – BVerwG 4 C 10.11 –, NVwZ 2012, 1631 [1632], RdNr. 11). Unter den Begriff der Bebauung im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB fallen nur bauliche Anlagen, die optisch wahrnehmbar sind und ein gewisses Gewicht haben, so dass sie geeignet sind, ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem bestimmten Charakter mitzuprägen (BVerwG, Urt. v. 14.09.1992 – BVerwG 4 C 15.90 –, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 152 S. 67). Dem im Zusammenhang bebauten Ortsteil können nur solche Bauwerke zugerechnet werden, die für eine nach der vorhandenen Siedlungsstruktur angemessene Fortentwicklung der Bebauung maßstabsbildend sind; welche Fortentwicklung angemessen ist, ist mit Blick auf das im Bergriff des „Ortsteils“ anklingende Ziel einer „organischen Siedlungsstruktur“ zu bestimmen (BVerwG, Urt. v. 30.06.2015 – BVerwG 4 C 5.14 –, juris, RdNr. 21). Eine völlig regellose und in dieser Anordnung geradezu funktionslose Bebauung kann die Annahme einer organischen Siedlungsstruktur ebenso ausschließen wie eine bandartige oder einzeilige Bebauung; auch eine historisch gewachsene Bebauung kann eine unorganische Splittersiedlung sein, wenn die Fortführung der Siedlungsstruktur eine angemessene Fortentwicklung der Bebauung innerhalb des gegebenen Bereichs nicht zulässt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.02.2014 – BVerwG 4 B 40.13 –, BayVBl 2014, 477, RdNr. 5 in juris, m.w.N.). Deshalb kann einer Bebauung auch dann die organische Siedlungsstruktur fehlen, wenn sie zwar hinsichtlich der Art und des Maßes der baulichen Nutzung einen Rahmen vorgibt, hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksflächen und der Bauweise hingegen optisch wahrnehmbare Merkmale, die eine gewisse Regelmäßigkeit oder einen Plan erkennen lassen, nicht feststellbar sind (BVerwG, Beschl. v. 19.02.2014, a.a.O.). Der Bebauungszusammenhang endet in aller Regel am letzten Baukörper; örtliche Besonderheiten können es aber rechtfertigen, dem Bebauungszusammenhang noch bis zu einem Geländehindernis, einer Erhebung oder einem Einschnitt ein oder mehrere Grundstücke zuzuordnen, die unbebaut sind (BVerwG, Urt. v. 16.09.2010 – BVerwG 4 C 7.10 –, NVwZ 2011, 436, RdNr. 12 in juris, m.w.N.). Die typische wohnakzessorische Nutzung bebauter Grundstücke, insbesondere ein angemessener Hausgarten, kann noch dem Innenbereich zugeordnet werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.11.2014 – BVerwG 9 C 9.13 –, juris, RdNr. 27, m.w.N.). Vorhandene Straßen sind nicht deshalb als Bebauung zu berücksichtigen weil auch Straßen „gebaut" werden und deshalb in einem weiteren Sinne unter den Begriff der Bebauung fallen; von einem so weiten Begriff der Bebauung geht § 34 Abs. 1 BauGB nicht aus; Straßen können in einem unbeplanten Gebiet nur über die vorhandene Bebauung beachtlich sein (vgl. BVerwG, Beschl. v. 23.04.1969 – BVerwG IV C 15.68 –, Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 18, RdNr. 13 in juris). Vorhandene Straßen können geeignet sein, einen Bebauungszusammenhang herzustellen, eine trennende Funktion erfüllen oder für die Abgrenzung von Innen- und Außenbereich ohne jegliche Aussagekraft sein (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.03.1994 – BVerwG 4 B 50.94 –, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 165). Dem entsprechend gehören angrenzende Verkehrsflächen auch grundsätzlich nicht zur näheren Umgebung im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB, weil sie für eine Bebauung nicht zur Verfügung stehen (BVerwG, Beschl. v. 11.02.2000 – BVerwG 4 B 1.00 –, BRS 63 Nr. 102, RdNr. 16 in juris). Straßen, die ausschließlich oder nahezu ausschließlich einseitig bebaut sind, kommt in der Regel trennende Wirkung zu (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.02.1988 – 4 B 19.88 –, BRS 48 Nr. 44, RdNr. 2 in juris).

30

Gemessen daran endet der Bebauungszusammenhang der Ortslage A. nach Norden an der Bebauung nördlich der A-Straße. In östlicher Richtung findet er im Norden mit dem Wohnhaus der Antragsteller und im Übrigen mit der Bebauung östlich der A-Straße seinen Abschluss. Diese Gebäude bilden jeweils – bis auf das Mehrzweckgebäude auf dem Flurstück 109/7 – die letzten Baukörper in Richtung Außenbereich. Das auf dem Flurstück 109/7 an der Festwiese gelegene Mehrzweckgebäude kann diesem Bebauungszusammenhang nicht mehr zugerechnet werden. Es ist für eine angemessene Fortentwicklung der im Ortsteil A. vorhandenen Bebauung im Hinblick auf das Ziel einer organischen Siedlungsstruktur nicht maßstabsbildend. Das Mehrzweckgebäude tritt nicht – wie die übrige Bebauung in diesem Bereich – als Straßenrandbebauung bzw. straßennahe Bebauung in Erscheinung, sondern trägt als nur vereinzelt stehendes Bauwerk ca. 35 m nordwestlich der A-Straße insbesondere in Bezug auf das Merkmal der überbaubaren Grundstücksfläche nicht zur Fortentwicklung einer organischen Siedlungsstruktur bei. Zudem bildet die A-Straße, die von der Bundesstraße B 185 im Süden bis zum „Knick“ im Norden an der Festwiese durchgehend einseitig bebaut ist, in diesem Bereich nach Osten und Nordosten hin eine deutliche Zäsur.

31

Die in Rede stehenden Grünflächen an der A-Straße gehören auch nicht deshalb zu dem im Zusammenhang bebauten Ortsteil, weil sie nach der Darstellung in der Klarstellungsatzung jeweils eine öffentliche Zweckbestimmung haben und der Nutzung durch die Bewohner des Ortsteils dienen sollen. Zwar können Bestandteil des Bebauungszusammenhangs auch freie Flächen sein, die wegen ihrer besonderen Zweckbestimmung einer Bebauung entzogen sind (BVerwG, Urt. v. 30.06.2015, a.a.O., RdNr. 13; Urt. v. 19.04.2012, a.a.O.). Dies gilt etwa für Straßen, Wege, Plätze sowie Grünflächen, denen eine städtebauliche Funktion innerhalb der Ortsteile zukommt; es handelt sich um Flächen mit Nutzungen, die im weitesten Sinne der Erschließung und Versorgung der jeweiligen Ortsteile dienen oder eine sonstige städtebauliche Zweckbestimmung haben (Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 34 RdNr. 24). Auch mögen der Festplatz und der Spielplatz eine öffentliche Zweckbestimmung haben. Jedoch können auch Freiflächen mit öffentlicher Zweckbestimmung nur über eine vorhandene, dem Bebauungszusammenhang zuzurechnende Bebauung beachtlich sein (vgl. zu Straßen: BVerwG, Beschl. v. 23.04.1969, a.a.O.). Wie bereits dargelegt, stellt das Mehrzweckgebäude aber keine solche Bebauung dar. Grünflächen, wie etwa Sportplätze, die wegen ihrer Zweckbestimmung nicht bebaut werden können, unterbrechen zwar nicht zwangsläufig einen Bebauungszusammenhang. Anders als eine Bebauung im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB sind sie aber für sich genommen nicht geeignet, einen Bebauungszusammenhang herzustellen oder zu erweitern (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.07.2000 – BVerwG 4 B 39.00 –, NVwZ 2001, 70).

32

Selbst wenn sich der Bebauungszusammenhang im Norden der Ortslage A. nördlich der A-Straße in Richtung Westen über das Wohngebäude der Antragsteller hinaus bis zum Mehrzweckgebäude fortsetzen sollte, würde er sich jedenfalls nicht auf die gesamte in der Klarstellungssatzung als Grünfläche mit Zweckbestimmung Festplatz bzw. Spielplatz dargestellte Fläche erstrecken. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass der Spielplatz und der südlich Teil des Festplatzes noch an einem solchen Bebauungszusammenhang teilnehmen würden. Auch eine mögliche „bebauungsakzessorische Nutzung“ (vgl. dazu OVG LSA, Beschl. v. 18.08.2009 – 4 M 112/09 –, juris; BayVGH, Urt. v. 13.04.2015 – 1 B 14.2319 –, juris, RdNr. 20, m.w.N.) würde sich nicht auf den gesamten Bereich der Grünfläche erstrecken.

33

2.3. Der festgestellte materielle Mangel führt zur Unwirksamkeit der Satzung insgesamt und nicht nur zur Teilunwirksamkeit hinsichtlich der Einbeziehung der Grünflächen mit Zweckbestimmung Festplatz (einschließlich Mehrzweckhalle) und Spielplatz.

34

Mängel, die einzelnen Festsetzungen eines Bebauungsplans anhaften, führen nicht zu dessen Gesamtnichtigkeit, wenn – erstens – die übrigen Regelungen, Maßnahmen oder Festsetzungen für sich betrachtet noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB bewirken können und – zweitens – die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch eine Satzung dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte (BVerwG, Urt. v. 11.09.2014 – BVerwG 4 CN 3.14 –, BauR 2015, 221 [223], RdNr. 26 in juris, m.w.N.). Auch bei einer Klarstellungssatzung kommt eine Teilunwirksamkeit jedenfalls nur dann in Frage, wenn im Aufstellungsverfahren der Wille der Gemeinde zum Ausdruck gekommen ist, dass sie die Satzung auch mit einem eingeschränkten Inhalt beschlossen hätte. Daran fehlt es hier. Es ist nicht erkennbar, dass die Antragsgegnerin die Klarstellungssatzung auch ohne die streitigen Grünflächen mit Zweckbestimmung Festplatz und Spielplatz beschlossen hätte. Es spricht – im Gegenteil – auch in Anbetracht der Vorgeschichte der Klarstellungssatzung Vieles dafür, dass gerade die Zugehörigkeit dieser Flächen zum Innenbereich und die damit verbundenen Nutzungsmöglichkeiten für sie als Grundstückseigentümerin die ausschlaggebenden Motive für den Erlass der Klarstellungssatzung waren.

35

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 709 Sätze 1 und 2, 708 Nr. 11 ZPO.

36

IV. Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.


Tenor

Die Landesverordnung über das Regionale Raumentwicklungsprogramm Westmecklenburg vom 31. August 2011 wird hinsichtlich der Festlegung Kap. 6.5 Energie Absatz 2 für unwirksam erklärt, soweit sie Geltung für die Fläche des Eignungsgebietes Groß Krams in der Fassung des „Entwurfs für die 39. Verbandsversammlung“ beansprucht.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrages vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Antragstellerin macht die teilweise bzw. vollständige Unwirksamkeit der Landesverordnung über das Regionale Raumentwicklungsprogramm Westmecklenburg vom 31.08.2011 geltend (GVOBl. M-V S. 944; RREP WM-LVO M-V). Sie rügt insbesondere, dass das in den ersten drei Entwurfsfassungen des Plans vorgesehene Eignungsgebiet Groß Krams östlich von Redefin nicht Bestandteil des für verbindlich erklärten Raumentwicklungsprogramms geworden ist.

2

Im Regionalen Raumentwicklungsprogramm Westmecklenburg ist in Kapitel 6.5 Energie Absatz 2 bestimmt:

3

"Zur Sicherung einer räumlich geordneten Entwicklung werden Eignungsgebiete Windenergieanlagen ausgewiesen. Die Errichtung von raumbedeutsamen Windenergieanlagen und der Ersatz sowie die Erneuerung bestehender Anlagen sind ausschließlich innerhalb der Eignungsgebiete Windenergieanlagen zulässig. Innerhalb der Eignungsgebiete Windenergieanlagen dürfen keine der Windenergienutzung entgegenstehende Nutzungen zugelassen werden. (Z)"

4

Die Antragstellerin plant und betreibt Windenergieanlagen. Sie beabsichtigt die Errichtung von 25 Windenergieanlagen in dem Bereich Groß Krams an bestimmten näher bezeichneten Standorten u.a. in der Gemarkung Groß Krams.

5

Das Gebiet Groß Krams war im früheren Regionalen Raumordnungsprogramm Westmecklenburg von 1996 (RROP WM 1996) nicht als Eignungsgebiet ausgewiesen.

6

Der Regionale Planungsverband Westmecklenburg beschloss 2004, das bisherige Regionale Raumordnungsprogramm fortzuschreiben und als Regionales Raumentwicklungsprogramm neu aufzustellen.

7

Die ersten drei Entwürfe für das neue Regionale Raumentwicklungsprogramm Westmecklenburg, die den entsprechenden Beteiligungsverfahren zu Grunde lagen, sahen jeweils ein Eignungsgebiet Windenergie Groß Krams vor.

8

Gegenstand des ersten Planentwurfs und Beteiligungsverfahrens war das Eignungsgebiet Groß Krams als Nr. 32 der Anlage zu Kap. 6.5 mit einer 401 ha großen Eignungsfläche.

9

Im Rahmen des ersten Beteiligungsverfahrens wurde eine Vielzahl von Einwendungen gegen die Ausweisung des Eignungsgebietes Groß Krams erhoben, zumeist von Bürgern einschließlich einer Bürgerinitiative, aber auch von der Gemeinde Redefin. Im Wesentlichen wurden Gründe des Immissionsschutzes, des Naturschutzes, des Schutzes des Landschaftsbildes und Belange des Tourismus insbesondere im Hinblick auf den Schutz des benachbarten Landgestütes Redefin geltend gemacht. Die Einwendungen befassten sich zum Teil konkret mit dem Vorkommen geschützter Vogelarten.

10

Im Ergebnis der Abwägung reduzierte der Planungsverband das Eignungsgebiet Groß Krams auf der westlichen Seite in der Gemarkung Redefin zu Gunsten der Erweiterung eines Tourismusraumes/Tourismusschwerpunktraumes und eines Vorbehaltsgebietes Landwirtschaft im Bereich Redefin um 100 ha, so dass ein 301 ha großes Eignungsgebiet Groß Krams als Nr. 30 der Anlage zu Kap. 6.5 Gegenstand des zweiten Planentwurfs und Beteiligungsverfahrens wurde.

11

Im Rahmen des zweiten Beteiligungsverfahrens gingen wiederum eine Vielzahl von Bürgereinwendungen sowie eine ablehnende Stellungnahme der Gemeinde Redefin ein. Die Landesforst rügte die Unterschreitung des in der Richtlinie zum Zwecke der Neuaufstellung, Änderung oder Ergänzung Regionaler Raumordnungsprogramme vorgesehenen Mindestabstandes zum Wald.

12

In der Abwägungsdokumentation hieß es zu den Einwendungen jeweils, die Überprüfung des geplanten Eignungsgebietes Groß Krams unter Berücksichtigung der vorhandenen Daten und der im Rahmen des zweiten Beteiligungsverfahrens vorgebrachten Anregungen und Hinweise habe zu keinem Konflikt mit den vorgenannten landesweit einheitlichen Kriterien geführt.

13

Im Ergebnis der 2. Beteiligungsstufe blieb der Entwurf hinsichtlich des Eignungsgebietes Nr. 30 Groß Krams unverändert. In der 37. Verbandsversammlung beschloss der Planungsverband jedoch, im Hinblick auf bestehende Bedenken das Gebiet nochmals in Abstimmung mit dem Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie (LUNG M-V) zu überprüfen und zum Gegenstand des dritten - nunmehr beschränkten - Beteiligungsverfahrens zu machen.

14

Im dritten Beteiligungsverfahren ging wiederum eine Vielzahl ablehnender Stellungnahmen von Bürgern ein; ebenso nahm die Gemeinde Redefin erneut ablehnend Stellung. Erstmals äußerte die untere Naturschutzbehörde des Landkreises Ludwigslust artenschutzrechtliche Bedenken. Auch das LUNG M-V teilte im Hinblick auf vorliegende Untersuchungen zu geschützten Brutvogelarten Bedenken mit und wies auf die Bedeutung des Gebietes für bestimmte Rastvögel hin. Die Landesforst erneuerte ihre ablehnende Stellungnahme. Das Ministerium für Verkehr, Bau und Landesentwicklung gab eine ressortabgestimmte Stellungnahme ab, nach der bei der Ausweisung des Eignungsgebietes Groß Krams die Ausschluss- und Abstandskriterien für Wald nicht beachtet seien. Ferner sollten vom Eignungsgebiet ausgehende negative Einflüsse (optische und akustische Emissionen) auf das kulturhistorische Denkmal "Landgestüt Redefin" vermieden werden.

15

Der im Ergebnis des dritten Beteiligungsverfahrens erstellte Entwurf für die 39. Verbandsversammlung am 05.05.2011 sah eine nochmalige Reduzierung der Fläche des Eignungsgebietes Groß Krams im westlichen Bereich auf eine Größe von nunmehr 283 ha vor. Der Entwurf der Abwägung zum dritten Beteiligungsverfahren führte aus, die Eignungsgebietsfläche werde auf Grund einer Aktualisierung der zu Grunde gelegten Waldflächendaten reduziert. Die verbleibende Teilfläche erfülle weiterhin die landeseinheitlichen Kriterien zur Ausweisung von Windeignungsgebieten. Entsprechende Unterlagen wurden mit Schreiben vom 05.04.2011 an die Mitglieder der Verbandsversammlung als Sitzungsunterlagen für die 39. Verbandsversammlung übersandt.

16

Der Vorstand des Planungsverbandes beschloss auf seiner Sitzung am 13.04.2011, der Verbandsversammlung einen geänderten Entwurf zur Abstimmung zu empfehlen. U.a. sollten das Eignungsgebiet Groß Krams gestrichen und die Eignungsgebiete Milow und Suckow neu in das Regionale Raumentwicklungsprogramm aufgenommen werden. Die Vorlage, die keine Begründung enthielt, wurde mit Schreiben vom 14.04.2011 an die Mitglieder der Verbandsversammlung nachgesandt.

17

In der 39. Verbandsversammlung am 05.05.2011 wurde entsprechend dieser Empfehlung beschlossen, das Eignungsgebiet Groß Krams aus dem Entwurf des Regionalen Raumentwicklungsprogramms zu streichen. Die Geschäftsstelle wurde beauftragt, die Abwägungsdokumentation über die dritte Stufe des Beteiligungsverfahrens entsprechend anzupassen. Die Verbandsversammlung beschloss den insoweit geänderten Entwurf des Regionalen Raumentwicklungsprogramms – nach dem Wortlaut des Beschlusses „abschließend“ - und beauftragte die Geschäftsstelle, parallel zur 4. Beteiligungsstufe die gesamten Unterlagen an die Oberste Landesplanungsbehörde zur Einleitung der Rechtsfestsetzung als Landesverordnung durch die Landesregierung zu übergeben. Ferner wurde beschlossen, die Eignungsgebiete Suckow und Milow als Nr. 30 und 31 der Anlage zu Kap. 6.5 in den RREP WM aufzunehmen und hierzu ein viertes Beteiligungsverfahren durchzuführen. In der Begründung des Beschlusses hieß es, bezogen auf diese Eignungsgebiete, die bisher nicht Gegenstand eines öffentlichen Beteiligungsverfahrens gewesen seien, sei zur Herstellung der Rechtssicherheit eine vierte öffentliche Beteiligungsstufe durchzuführen.

18

In der überarbeiteten Abwägungsdokumentation zur dritten Beteiligungsstufe heißt es zu den Einwendungen betreffend das Eignungsgebiet Groß Krams jeweils: "Wird berücksichtigt. Das geplante Eignungsgebiet Groß Krams (Nr. 30) wird entsprechend dem Beschluss der Verbandsversammlung vom 05.05.2011 gestrichen."

19

Mit Schreiben vom 20.05.2011 übergab der Planungsverband die Unterlagen zum Regionalen Raumentwicklungsprogramm Westmecklenburg in der von der 39. Verbandsversammlung beschlossenen Fassung an das Ministerium für Verkehr, Bau und Landesentwicklung M-V mit dem Hinweis, damit seien die Voraussetzungen geschaffen, dass das Programm durch die Landesregierung für verbindlich erklärt werde. Nach Abschluss der vierten Beteiligungsstufe würden die entsprechend angepassten Unterlagen für die Rechtsfestsetzung nachgereicht.

20

Die vierte Stufe der Öffentlichkeitsbeteiligung, beschränkt auf die Eignungsgebiete Suckow (186 ha) und Milow (115 ha), erfolgte vom 10.06. bis 24.06.2011. Die Antragstellerin nahm mit Schreiben vom 24.06.2011 Stellung und regte "trotz des begrenzten Gegenstandes der Öffentlichkeitsbeteiligung ... dringend an", ihre privaten Belange zu berücksichtigen.

21

Das Ministerium wandte sich mit Schreiben vom 13.07.2011 an den Planungsverband gegen die Herausnahme des Gebietes Groß Krams mit der Begründung, die maßgeblichen Ausweisungskriterien würden eingehalten und weitere relevante Gründe für die Ablehnung seien in die Abwägung nicht eingestellt worden; der Beschluss der Verbandsversammlung sei daher nicht nachvollziehbar.

22

In den Abwägungsvorschlägen des Planungsverbandes zur vierten Beteiligungsstufe hieß es:

23

"Die Ausweisung des Eignungsgebietes für Windenergieanlagen in Groß Krams ist nicht Gegenstand der 4. Beteiligung. Die vorgebrachten Einwendungen beziehen sich auf die Inhalte des RREP WM, welche bereits der Abwägung durch die Verbandsversammlung unterzogen wurden (siehe Abwägungsdokumentation über die 1., 2. bzw. 3. Beteiligung). Neue Erkenntnisse, welche zu einer Änderung der o.g. Abwägung für den Bereich Groß Krams führen würden, wurden im Rahmen der 4. Beteiligung nicht vorgebracht. Der Regionale Planungsverband W hält daher an seiner Abwägungsentscheidung fest."

24

In der 40. Verbandsversammlung am 20.07.2011 wurde erneut über das Eignungsgebiet Groß Krams abgestimmt und beschlossen, dieses als Nr. 32 – inhaltlich entsprechend der früheren Nr. 30 aus dem Entwurf des für die 39. Verbandsversammlung - wieder in das Regionale Raumentwicklungsprogramm Westmecklenburg aufzunehmen. Umweltbericht und Abwägungsdokumentation sollten entsprechend ergänzt werden. Ferner wurde beschlossen, die Eignungsgebiete Suckow und Milow in die Gebietskulisse für die Windenergienutzung aufzunehmen und die ergänzenden Unterlagen an die oberste Landesplanungsbehörde zur Rechtsfestsetzung als Landesverordnung durch die Landesregierung zu übergeben. Grundlage der erneuten Befassung mit dem Eignungsgebiet Groß Krams waren von Mitgliedern der Verbandsversammlung gestellte schriftliche Änderungsanträge vom 18. und 20.07.2011, deren Aufnahme in die Tagesordnung zu Beginn der Verbandsversammlung beschlossen wurde. Der Ergänzungsantrag des Mitgliedes D. wurde u.a. damit begründet, dass eine negative Stellungnahme des fachlich zuständigen LUNG M-V nicht vorliege.

25

Gegen die Beschlüsse der 40. Verbandsversammlung betreffend das Eignungsgebiet Groß Krams (Ergänzung der Tagesordnung und Aufnahme des Eignungsgebietes in die Gebietskulisse) legte der Vorsitzende des Planungsverbandes mit Schreiben vom 02.08.2011 Widerspruch ein mit der Begründung, es liege ein Verfahrensfehler vor. Das Eignungsgebiet Groß Krams habe weder auf der Ladung noch auf der Tagesordnung gestanden; insoweit sei über den Entwurf bereits in der 39. Verbandsversammlung abschließend abgestimmt worden. Eine erneute Befassung mit Gegenständen des dritten Beteiligungsverfahrens sei nur über einen Dringlichkeitsantrag gemäß § 13 der Geschäftsordnung möglich gewesen. Ein solcher Antrag sei aber weder gestellt noch begründet worden. Der Widerspruch wurde am 03.08.2011 an die Geschäftsstelle des Planungsverbandes übermittelt.

26

Mit Schreiben des Planungsverbandes vom 03.08.2011 wurden die ergänzenden Unterlagen an das Ministerium übersandt mit der Bitte, diese in das Rechtsetzungsverfahren einzubeziehen, so dass das Regionale Raumentwicklungsprogramm für verbindlich erklärt werden könne. In dem Schreiben wurde auf den eingelegten Widerspruch gegen die Wiederaufnahme des Eignungsgebietes Groß Krams hingewiesen und mitgeteilt: "Dieser Widerspruch hat aufschiebende Wirkung. Das o.g. Eignungsgebiet wird somit nicht zur Rechtsfestsetzung eingereicht." Hintergrund dieser Vorgehensweise war, dass das Rechtsetzungsverfahren noch vor der Kommunalwahl am 04.09.2011 abgeschlossen werden sollte.

27

Nach einem im Ministerium gefertigten internen Vermerk vom 03.08.2011 wurde zunächst vorgeschlagen, die Landesverordnung über die Verbindlichkeit des Regionalen Raumentwicklungsprogramms Westmecklenburg um einen Passus zu ergänzen, der die Fläche des Eignungsgebietes Groß Krams ausnehmen sollte. Weshalb dieser Vorschlag nicht weiter verfolgt wurde, ist der Akte nicht zu entnehmen.

28

Nachdem die Normprüfstelle angeregt hatte, in § 2 der zu erlassenden Rechtsverordnung die frühere Landesverordnung über das Regionale Raumentwicklungsprogramm Westmecklenburg von 1996 außer Kraft zu setzen, hieß es in der Kabinettsvorlage, diesem Vorschlag sei nicht gefolgt worden. Sollte das neue Programm im Rahmen gerichtlicher Überprüfungen ganz oder in Teilen außer Kraft gesetzt werden, so trete das alte Programm an seine Stelle, es entstehe also kein raumordnerisch rechtsfreier Raum.

29

Die Antragstellerin wandte sich mit Schreiben vom 22.08.2011 an das Ministerium für Verkehr, Bau und Landesentwicklung und machte geltend, das Regionale Raumentwicklungsprogramm könne nur in der Fassung des Beschlusses der 40. Verbandsversammlung Gegenstand der Rechtsetzung sein. Der Widerspruch des Vorsitzenden des Planungsverbandes habe keine aufschiebende Wirkung und sei auch inhaltlich nicht begründet. Die Entscheidung über die Ausweisung des Eignungsgebietes Groß Krams sei rechtmäßig.

30

Das Regionale Raumentwicklungsprogramm wurde sodann in der Form, in der es auf der 39. Verbandsversammlung beschlossen worden war, zuzüglich der in der 40. Verbandsversammlung beschlossenen Eignungsgebiete Milow und Suckow, mit der Landesverordnung über das Regionale Raumentwicklungsprogramm Westmecklenburg vom 31.08.2011 festgestellt. Die Verordnung wurde im Gesetz- und Verordnungsblatt vom 16.09.2011 verkündet. Gemäß § 2 RREP WM-LVO M-V trat die Verordnung am Tag nach der Verkündung in Kraft. Die in § 1 Abs. 1 Satz 2 RREP WM-LVO M-V vorgesehene Veröffentlichung des Regionalen Raumentwicklungprogramms Westmecklenburg selbst erfolgte im Amtsblatt vom 13.01.2012 (ABl. M-V S. 21).

31

Die Verbandsversammlung des Regionalen Planungsverbandes beschloss in ihrer Sitzung am 14.12.2011, dem Widerspruch des Vorsitzenden gegen den Beschluss der 40. Verbandsversammlung zur Ausweisung des Eignungsgebietes Groß Krams stattzugeben und die Geschäftsstelle zu beauftragen, eine erneute Prüfung hinsichtlich der naturschutzfachlichen Eignung des Gebietes unter Zugrundelegung der landeseinheitlichen Kriterien durch das LUNG M-V als Fachbehörde zu veranlassen und einen entsprechenden Abwägungsvorschlag zu erarbeiten.

32

Nach Einholung von Fachgutachten und Durchführung einer Öffentlichkeitsbeteiligung wurde mit Beschluss der 50. Verbandsversammlung vom 24.02.2015 das separate Verfahren zur Ausweisung des potenziellen Eignungsgebietes Groß Krams beendet. Nach dem Inhalt des Beschlusses wird das Gebiet nicht weiter verfolgt, da derzeit aus fachgutachtlicher Sicht in Bezug auf Rastvögel schwer überwindbare artenschutzrechtliche Belange entgegenstünden.

33

Die Antragstellerin hat am 18.10.2011 Normenkontrollantrag gestellt und begehrt, die Landesverordnung über das Regionale Raumordnungsprogramm Westmecklenburg hinsichtlich der Festlegung in Kapitel 6.5 Energie Absatz 2 für unwirksam zu erklären, soweit sie Geltung für die Fläche des Eignungsgebietes Groß Krams beansprucht.

34

Sie trägt vor:

35

Sie plane seit mehr als zehn Jahren die Errichtung von Windenergieanlagen in den Gemeinden Groß Krams, Redefin und Bresegard. Auf die bereits mit erheblichem Aufwand vorbereitete Durchführung eines raumordnungsrechtlichen Zielabweichungsverfahrens sei wesentlich auf Grund des Hinweises verzichtet worden, dass die Fläche Gegenstand der Neuaufstellung des Regionalen Raumentwicklungsprogramms werden würde.

36

Sie - die Antragstellerin - sei nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt, weil sie die ernsthafte Absicht habe, eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung von Windenergieanlagen auf Flächen zu beantragen, die nach den Zielen des Plans zu den Ausschlussflächen für Windenergie zählten.

37

Ihr Rechtsschutzbedürfnis ergebe sich aus dem Interesse an der Beseitigung der Konzentrations- und damit Ausschlusswirkung des Regionalen Raumentwicklungsprogramms. Eine (Teil-)Unwirksamerklärung der Landesverordnung führe dazu, dass die Flächen für die Windenergienutzung zur Verfügung stünden, weil die Ausschlusswirkung gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB nicht mehr gelte.

38

Die Landesverordnung über das Regionale Raumentwicklungsprogramm Westmecklenburg weise erhebliche formelle und materielle Fehler auf. Das Aufstellungsverfahren sei fehlerhaft gewesen, weil die erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung nicht erfolgt sei. Das Eignungsgebiet Groß Krams habe sich in allen veröffentlichten Entwürfen des RREP seit 2004 gefunden. Zu der anschließenden Streichung der Eignungsfläche habe keine Gelegenheit zur Stellungnahme bestanden. Sie sei insbesondere nicht mehr Gegenstand des vierten Beteiligungsverfahrens gewesen, das ausdrücklich auf die Ausweisung der Gebiete Milow und Suckow beschränkt worden sei.

39

Die Rechtsetzung sei auch deshalb fehlerhaft, weil ihr der Entwurf des Regionalen Raumentwicklungsprogramms in der Fassung des Beschlusses der 39. Verbandsversammlung zu Grunde gelegen habe. Gegenstand der Rechtsetzung könne aber nur das vom Planungsverband zuletzt beschlossene Regionale Raumentwicklungsprogramm sein, also in der Fassung des Beschlusses der 40. Verbandsversammlung vom 20.07.2011.

40

Der Widerspruch des Vorsitzenden gegen den Beschluss der 40. Verbandsversammlung sei unzulässig gewesen und habe deshalb keine aufschiebende Wirkung gehabt, weil er ausschließlich durch den Vorsitzenden des Planungsverbandes und nicht auch im Namen des Verbandsvorstands eingelegt worden sei. Allein dieser sei aber widerspruchsberechtigt. Der Widerspruch sei auch unbegründet gewesen, weil auf der 40. Verbandsversammlung im Hinblick auf die von der Antragstellerin im vierten Beteiligungsverfahren abgegebene Stellungnahme ohnehin eine Entscheidung über das Eignungsgebiet Groß Krams angestanden habe. Im Übrigen seien auch die Voraussetzungen eines Dringlichkeitsantrags erfüllt gewesen.

41

Die Nichtausweisung der Eignungsfläche Groß Krams sei ferner materiell rechtswidrig. Es liege ein Abwägungsausfall vor, weil es an einer abschließenden raumordnerischen Entscheidung des Planungsverbandes bezüglich des Gebietes Groß Krams gefehlt habe. Bei der Entscheidung im Ergebnis der dritten Beteiligungsstufe sei nicht dokumentiert worden, ob der Ausschluss der Fläche auf harten oder weichen Kriterien beruhte. Tatsächlich sei überhaupt keine Begründung gegeben worden. Aus dem Fehlen der Differenzierung von harten und weichen Tabuzonen ergebe sich selbstständig tragend ein Abwägungsfehler. Im Übrigen seien auch keine Tabukriterien erfüllt. Der Streichung des Gebietes Groß Krams hätten veraltete Gutachten zu Grunde gelegen, die zudem lediglich auf stichprobenartigen Beobachtungen beruht hätten. Im Übrigen wiesen die Gutachten erhebliche Unstimmigkeiten auf. Im Ergebnis führe der vorhandene Bestand insbesondere an Rastvögeln nicht dazu, dass die Fläche nicht als Eignungsgebiet festgelegt werden könne, weil er nicht auf der Naturausstattung der Fläche beruhe, sondern auf dem weiträumigen Maisanbau im Zusammenhang mit der vor Ort betriebenen Biogasanlage. Die Fläche habe artenschutzrechtlich lediglich eine untergeordnete Bedeutung. Der Plangeber sei mit naturschutzfachlicher Kritik nicht gleichmäßig umgegangen. Die Interessen der Antragstellerin, der Grundstückseigentümer und der Gemeinde Groß Krams an der Nutzung der Windenergie in dem Gebiet seien nicht richtig gewichtet worden.

42

Mit Schriftsatz vom 29.08.2012, eingegangen am 30.08.2012, hat die Antragstellerin ihre Antragstellung um einen Hilfsantrag dahingehend ergänzt, die Landesverordnung über das Regionale Raumordnungsprogramm Westmecklenburg hinsichtlich der Festlegung in Kapitel 6.5 Energie Absatz 2 insgesamt für unwirksam zu erklären, und hat diesen Antrag näher begründet.

43

Die Antragstellerin beantragt,

44

die Landesverordnung über das Regionale Raumentwicklungsprogramm Westmecklenburg vom 31. August 2011 hinsichtlich der Festlegung Kapitel 6.5 Energie Absatz 2 für unwirksam zu erklären, soweit sie Geltung für die Fläche des Eignungsgebiets Groß Krams in der Fassung des Entwurfs für die 39. Verbandsversammlung beansprucht (Anlage Ast. 7, Blatt 106 der Gerichtsakte),

45

hilfsweise,

46

die Landesverordnung über das Regionale Raumentwicklungsprogramm Westmecklenburg vom 31. August 2011 insoweit für unwirksam zu erklären, als das Ziel 6.5 Absatz 2 des Regionalen Raumentwicklungsprogramms Westmecklenburg, das unter Festlegung von Eignungsgebieten für die Windenergienutzung bestimmt, dass ausschließlich innerhalb dieser Eignungsgebiete die Planung und Errichtung von Windenergieanlagen zulässig ist, für verbindlich erklärt wird.

47

Der Antragsgegner beantragt,

48

beide Anträge zurückzuweisen.

49

Er trägt vor: Die Anträge seien unzulässig. Das Begehren der Antragstellerin sei nicht statthaft, weil es ihr - positiv - um die Ausweisung eines Eignungsgebietes und nicht um die Überprüfung gehe, ob bzw. inwieweit die Landesverordnung oder deren Anwendung sie in ihren Rechten verletze bzw. in absehbarer Zeit verletzen könnte. Eine Verpflichtung des Antragsgegners zur Aufnahme des Gebietes in den Plan bzw. zur Verbindlicherklärung dieses Gebietes in der Rechtsverordnung könne aber nicht Gegenstand eines Normenkontrollverfahrens sein. Dies gelte im Übrigen auch deshalb, weil eine eigene Planungsentscheidung der Landesregierung von der Verordnungskompetenz nach § 9 Abs. 5 LPlG nicht gedeckt sei.

50

Der Antragstellerin fehle die erforderliche Antragsbefugnis. Sie sei durch den zur Prüfung gestellten Rechtssatz nicht betroffen. Sie gehe zu Unrecht davon aus, dass die Fläche Groß Krams nach dem Regionalen Raumentwicklungsprogramm Westmecklenburg ein Ausschlussgebiet für die Windkraft sei. Die Regionalplanung dürfe Teilbereiche des Planungsraumes im Sinne eines "weißen Bereichs" aussparen. In diesen fehle die abschließende raumordnerische Entscheidung; § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB gelte nicht. So verhalte es sich bei der Fläche Groß Krams. Diese sei nach dem ausdrücklichen Willen des Plangebers in das Regionale Raumentwicklungsprogramm nicht einbezogen worden. Dies ergebe sich aus der Abwägungsdokumentation zum vierten Beteiligungsverfahren. Die Antragstellerin habe ferner über die bloße Bekundung eines allgemeinen Interesses an dem Standort hinaus keine Nachweise über obligatorische Nutzungsrechte erbracht, durch die sie ihre Absichten zivilrechtlich verfestigt habe.

51

Der Antragstellerin fehle das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, weil die von ihr gestellten Anträge nicht geeignet seien, im Falle einer stattgebenden Entscheidung ihre Rechtsstellung zu verbessern. Im Falle der begehrten Gesamtunwirksamerklärung würde das vormalige Regionale Raumordnungsprogramm Westmecklenburg 1996 mit der Festlegung der Fläche als Ausschlussfläche wieder aufleben. Nach dem Inhalt des Rechtsetzungsvorgangs sei es eine bewusste Entscheidung des Verordnungsgebers gewesen, keine Regelung zum Außerkrafttreten des früheren Plans zu treffen.

52

Der Antrag sei ferner unbegründet. Es treffe nicht zu, dass es unzulässig sei, "weiße Flächen" vorzusehen, bzw. dass diese dem Eintritt der Rechtswirkungen einer Gebiets- bzw. Standortkonzentration gem. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB entgegenstehen würden. In jedem Falle blieben die positiven Standortfestlegungen gültig. Der Plan sei insoweit teilbar; ein einheitliches Planungskonzept stehe dem nicht entgegen.

53

Der Plangeber habe die Potenzialflächen zutreffend ermittelt und auch in der Sache zutreffend zwischen harten und weichen Tabuzonen unterschieden, ungeachtet der Frage der Tragfähigkeit dieser Unterscheidung. Die Anforderungen an ein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept seien erfüllt.

54

Etwaige Mängel im Abwägungsvorgang seien nicht erheblich, weil auch deren Behebung nicht zu einer Festlegung des Eignungsgebietes Groß Krams führen würde. Denn wie sich aus der Beschlussfassung der 50. Verbandsversammlung ergebe, stünden der Festlegung dieses Eignungsgebietes in Bezug auf Rastvögel unüberwindbare artenschutzrechtliche Belange entgegen.

55

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

56

Der Normenkontrollantrag hat mit dem Hauptantrag Erfolg; dieser ist zulässig (I.) und begründet (II.) Über den Hilfsantrag war deshalb nicht mehr zu entscheiden.

57

I. Der Hauptantrag ist zulässig.

58

1. Der Antrag ist zunächst statthaft. Festlegungen des Regionalen Raumentwicklungsprogramms Westmecklenburg 2011 können im Grundsatz Gegenstand einer Normenkontrolle nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 13 AGGerStrG M-V sein, da dieses Programm gemäß § 9 Abs. 5 Satz 1 LPlG M-V von der Landesregierung in Form einer Rechtsverordnung für verbindlich erklärt worden ist und somit förmlichen Rechtssatzcharakter hat (vgl. OVG Greifswald U. v. 03.04.2013 – 4 K 24/11 – NVwZ-RR 2013, 877 = Juris Rn. 49).

59

Gegen die Statthaftigkeit des Normenkontrollantrags kann nicht eingewendet werden, die Antragstellerin begehre eine in diesem Verfahren unzulässige Verpflichtung des Antragsgegners zur Ausweisung eines bestimmten Eignungsgebietes. Die Antragstellerin erstrebt vielmehr nach dem von ihr formulierten Antrag eine Teilunwirksamerklärung der Landesverordnung über das Regionale Raumentwicklungsprogramm Westmecklenburg. Die Frage, ob der Plan teilbar ist und dementsprechend eine Teilunwirksamerklärung bezogen auf die Fläche Groß Krams möglich ist, betrifft nicht die Zulässigkeit, sondern die Begründetheit des Hauptantrags (vgl. OVG Greifswald U. v. 03.04.2013 - 4 K 24/11 – NVwZ-RR 2013, 877 = Juris Rn. 55 mwN).

60

2. Der Eingang des Antrags beim Oberverwaltungsgericht am 18.09.2011 wahrte die Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO unabhängig davon, ob man für den Beginn der Frist auf die Bekanntmachung der Landesverordnung im Gesetz- und Verordnungsblatt vom 16.09.2011 oder auf die nachfolgende Veröffentlichung des vollständigen Raumentwicklungsprogramms selbst im Amtsblatt vom 13.01.2012 abstellt (vgl. OVG Greifswald U. v. 19.06.2013 – 4 K 27/10 – Juris Rn. 57).

61

3. Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Sie kann geltend machen, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO).

62

Für die aus dem planungsrechtlichen Abwägungsgebot herzuleitende Antragsbefugnis zur Stellung eines Normenkontrollantrags gegen einen raumordnungsrechtlichen Plan gelten im Grundsatz dieselben Anforderungen wie etwa im Falle eines Normenkontrollantrags gegen einen Bebauungsplan. Der Antragsteller muss hinreichend substantiiert Tatsachen vortragen, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch bestimmte Regelungen des raumordnungsrechtlichen Plans oder deren Anwendung in seinem Recht auf ordnungsgemäße Abwägung seiner Belange verletzt wird. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

63

Von dem Regionalen Raumentwicklungsprogramm Westmecklenburg können bezogen auf die Fläche Groß Krams belastende Wirkungen für die Antragstellerin ausgehen, die dort die Aufstellung von Windenergieanlagen erstrebt. Denn die Fläche ist vom Geltungsbereich des Plans umfasst, ohne dass dort ein Eignungsgebiet Windenergie ausgewiesen würde. Soweit der Antragsgegner vorträgt, für diese Fläche fehle es an einer Regelung, trifft zwar zu, dass der Plan für die Fläche Groß Krams keine Positivausweisung enthält. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners ist die Fläche jedoch nicht – im Sinne einer „weißen Fläche“ (vgl. BVerwG B. v. 30.07.2014 – 4 BN 1.14 – Juris Rn. 16; B. v. 28.11.2005 – 4 B 66.05 – NVwZ 2006, 339 = Juris Rn. 7) - vom Geltungsbereich ausgenommen. Weder die Verordnung noch der Plan selbst sehen eine entsprechende Ausnahme vom Geltungsbereich des Plans insgesamt oder vom Teilplan Windenergie vor oder regeln, dass die Festlegung in Kap. 6.5 Abs. 2 sich auf diese Fläche nicht beziehen soll. Nach der Karte zum Regionalen Raumentwicklungsprogramm liegt die Fläche Groß Krams in dessen Geltungsbereich. Was die Verordnung angeht, war eine Herausnahme der Fläche durch entsprechende ausdrückliche Regelung im Rahmen des Rechtsetzungsverfahrens in einem internen Vermerk des Ministeriums (Vermerk vom 03.08.2011, Blatt 66 der Beiakte zu 3 K 18/12) ursprünglich vorgeschlagen worden; der Gedanke wurde dann jedoch nicht weiter verfolgt. Soweit der Antragsgegner darauf hinweist, dass im Hinblick auf den vom Verbandsvorsitzenden eingelegten Widerspruch gegen den Beschluss der 40. Verbandsversammlung nur die vom Widerspruch nicht berührten Teile des Regionalen Raumentwicklungsprogramms für verbindlich erklärt werden sollten, ist diesem Ziel nur dadurch Rechnung getragen worden, dass die Fläche Groß Krams nicht als Eignungsgebiet Windenergie ausgewiesen wurde, nicht aber dadurch dass die entsprechende Fläche insoweit vom Geltungsbereich des Raumentwicklungsprogramms ausgenommen wurde.

64

Liegt danach die Fläche im Plangebiet und ist ein Eignungsgebiet Windenergie dort nicht ausgewiesen, wohl aber an anderen Stellen im Plangebiet, so soll die Windenergienutzung in diesem Bereich ausgeschlossen sein. Dies ergibt sich bereits aus der Definition der Eignungsgebiete als "Gebiete, die für bestimmte, raumbedeutsame Maßnahmen geeignet sind, die städtebaulich nach § 35 BauGB zu beurteilen sind und an anderer Stelle im Planungsraum ausgeschlossen werden" in § 4 Abs. 9 Nr. 3 Landesplanungsgesetz (LPlG; vgl. auch § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 Raumordnungsgesetz - ROG - in der Fassung des Gesetzes zur Neufassung des ROG u.a. vom 22.12.2008, BGBl I S. 2986 - ROG 2008 -: "Gebiete, in denen bestimmten raumbedeutsamen Maßnahmen oder Nutzungen, die städtebaulich nach § 35 BauGB zu beurteilen sind, andere raumbedeutsame Belange nicht entgegenstehen, wobei diese Maßnahmen oder Nutzungen an anderer Stelle im Planungsraum ausgeschlossen sind"). Dabei hat die Ausschlussfunktion der Festlegung von Eignungsgebieten „nach außen“ unstreitig Zielcharakter (vgl. Goppel in Spannowsky u.a. ROG § 8 Rn. 89; Gatz, Windenergieanlagen in der Verwaltungs- und Gerichtspraxis, 2. Aufl. 2013 Rn. 155). Die Festlegung von Eignungsgebieten in einem Raumordnungsprogramm bewirkt ferner gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB, dass außerhalb dieser Gebiete einem entsprechenden Vorhaben in der Regel öffentliche Belange entgegenstehen (vgl. OVG Greifswald U. v. 20.05.2009 - 3 K 24/05 - Juris Rn. 68 f.; U. v. 09.04.2008 - 3 L 84/05 - NordÖR 2009, 27 = Juris Rn. 42; OVG Lüneburg U. v. 28.01.2010 – 12 KN 65/07 – Juris Rn. 34; OVG Münster U. v. 06.09.2007 – 8 A 4566/04 – Juris Rn. 96; zweifelnd OVG Schleswig U. v. 20.01.2015 – 1 KN 6/13 – Juris Rn. 58; a.A. Gatz, Windenergieanlagen in der Verwaltungs- und Gerichtspraxis, 2. Aufl. 2013 Rn. 158; Dallhammer in Dyong ua Raumordnung in Bund und Ländern § 8 ROG-2008 Rn. 191).

65

Die Antragstellerin benennt auch einen eigenen Belang als verletzt, der für die Abwägung zu beachten war (BVerwG B. v. 13.11.2006 – 4 BN 18.06 – Juris Rn. 6). Sie trägt vor, dass sie die ernsthafte Absicht verfolgt, in dem fraglichen Gebiet Windenergieanlagen zu errichten, und zu gegebener Zeit auch die durch Pachtverträge mit den Grundstückseigentümern vermittelte zivilrechtliche Möglichkeit haben wird, dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen. Das stellt einen abwägungserheblichen Belang dar (vgl. OVG Greifswald U. v. 10.03.2015 - 3 K 25/11 - UA S. 10, unter Bezugnahme auf OVG Lüneburg, U. v. 14.05.2014 – 12 KN 29/13 – Juris Rn. 96). Erforderlich sind über die bloße Bekundung eines allgemeinen Interesses an einem Standort hinaus Nachweise für eine gewisse rechtliche Verfestigung der Absicht, Windenergieanlagen zu errichten. Für diese reichen obligatorische Nutzungsrechte aus; einer dinglichen Absicherung von Nutzungsvereinbarungen oder der förmlichen Einleitung eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens bedarf es nicht (OVG Greifswald U. v. 19.06.2013 - 4 K 27/10 - Juris Rn. 62 f.). Entsprechende Verträge hat die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung vorgelegt.

66

4. Schließlich fehlt der Antragstellerin für ihren Antrag auch nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Auch wenn man annimmt, dass mit der begehrten Unwirksamerklärung die Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB aus dem mit Verordnung vom 09.12.1996 (GVOBl. M-V S. 670) für verbindlich erklärten Regionalen Raumordnungsprogramm Westmecklenburg 1996 folgen würde, welches für die Fläche Groß Krams gleichfalls kein Eignungsgebiet für die Errichtung von Windenergieanlagen ausweist, kann die Antragstellerin mit der Erklärung der Unwirksamkeit der angegriffenen Regelung ihre Rechtsstellung verbessern. Die Planungsbehörden wären dann gemäß § 4 Abs. 2 LPlG M-V zur räumlichen Fortschreibung des Raumordnungsprogramms verpflichtet und hätten dabei die vom Senat in einem stattgebenden Urteil festgestellten rechtlichen Anforderungen zu beachten (vgl. OVG Bautzen U. v. 25.03.2014 – 1 C 4/11 – Juris Rn. 37).

67

Das Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin fehlt auch nicht im Hinblick darauf, dass der Planungsverband zwischenzeitlich nochmals überprüft hat, ob das fragliche Eignungsgebiet ausgewiesen werden soll, und dies mit Beschluss der 50. Verbandsversammlung vom 24.02.2015 verneint hat. Denn diese Entscheidung ist nicht Gegenstand eines Rechtsetzungsverfahrens des Antragsgegners geworden. Sollte der Antragsgegner nach einer dem Hauptantrag stattgebenden Entscheidung eine entsprechende Ergänzungsverordnung erlassen, könnte diese sodann gegebenenfalls der Überprüfung in einem weiteren Normenkontrollverfahren unterzogen werden.

68

II. Der Hauptantrag ist begründet. Die angegriffene Landesverordnung über das Regionale Raumentwicklungsprogramm Westmecklenburg vom 31.08.2011 ist unwirksam, soweit es die Festlegung des Teilprogramms Windenergie Kap. 6.5 Absatz 2 und diesbezüglich den räumlichen Teilbereich des zuletzt im Verfahren noch vorgesehenen Eignungsgebietes Groß Krams gemäß „Entwurf für die 39. Verbandsversammlung“ betrifft. Gegenstand der Landesverordnung ist das Regionale Raumordnungsprogramm insoweit in der Fassung des Beschlusses der 39. Verbandsversammlung geworden. Die entsprechende Planungsentscheidung des regionalen Planungsverbandes – nämlich der Beschluss der 39. Verbandsversammlung, das Eignungsgebiet Groß Krams zu streichen - ist jedoch verfahrensfehlerhaft ergangen, weil eine ordnungsgemäße Öffentlichkeitsbeteiligung nicht erfolgt ist (1.). Die Planungsentscheidung leidet ferner an einem beachtlichen Abwägungsfehler (2.). Die Rechtsverordnung selbst ist materiell-rechtlich fehlerhaft, weil sie eine überholte Beschlusslage des Planungsverbandes zu Grunde legt (3.).

69

1. Die Streichung des Eignungsgebietes Groß Krams durch den Beschluss der 39. Verbandsversammlung ist ohne die erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung erfolgt. Gemäß § 9 Abs. 3 i.V.m. § 7 Abs. 3 Satz 1 LPlG 1998 - da das Planaufstellungsverfahren vor dem 30.06.2009 förmlich eingeleitet wurde, war es nach den bis zum 29.06.2009 geltenden Raumordnungsgesetzen von Bund und Ländern abzuschließen, § 28 Abs. 1 Satz 1 ROG 2008 - war der Entwurf des Regionalen Raumentwicklungsprogramms Westmecklenburg einschließlich Begründung und Umweltbericht der betroffenen Öffentlichkeit sowie den Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen mit einer angemessenen Frist zur Stellungnahme bekannt zu geben. Dies ist, was den Bereich Groß Krams betrifft, hinsichtlich der mit der angegriffenen Verordnung für verbindlich erklärten Fassung nicht erfolgt. Ausnahmen von der Pflicht zur Öffentlichkeitsbeteiligung für den Fall der Änderung des Planentwurfs gibt es nicht; anders soll es sich lediglich bei einer bloßen Klarstellung verhalten (vgl. zur nunmehrigen Vorschrift des § 10 Abs. 1 ROG Hendler in: Dyong ua Raumordnung in Bund und Ländern Bd. 1 5. Aufl. Stand 08/13 § 10 Rn. 46). Entsprechend hat das Bundesverwaltungsgericht für das Recht der Bauleitplanung entschieden, auch solche inhaltlichen Änderungen des ursprünglichen Planentwurfs, die auf der Grundlage bereits ausgelegter, dem Planentwurf lediglich beigefügter Unterlagen vorgenommen werden, eine Pflicht zur erneuten Auslegung auslösen; dies ergebe sich u.a. aus Sinn und Zweck der förmlichen Öffentlichkeitsbeteiligung. Jede Änderung in inhaltlicher Hinsicht verpflichte zur erneuten Auslegung. Das Gesetz garantiere, dass die Bürger einmal Gelegenheit erhielten, zu dem Planentwurf in seiner letzten Fassung Stellung zu nehmen (vgl. BVerwG B. v. 08.03.2010 – 4 BN 44/09 – Juris Rn. 12; Hervorhebung im Original). Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass die maßgebliche Fassung des Landesplanungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 05.05.1998 (GVOBl. M-V S. 503), zuletzt geändert durch Gesetz vom 14.07.2006 (GVOBl. M-V S. 560, 567) keine Regelung zu einer erneuten Beteiligungspflicht für den Fall enthielt, dass der Planentwurf nach Durchführung eines Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahrens geändert wird. Auch die nunmehr einschlägige Vorschrift des § 10 Abs. 1 Satz 4 ROG 2008 regelt jedoch nicht etwa konstitutiv eine Pflicht zur erneuten Durchführung einer Öffentlichkeitsbeteiligung, sondern setzt diese offenbar als von den vorangehenden allgemeinen Regelungen in § 10 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 ROG 2008 umfasst voraus, um sodann für den Fall, dass die Grundzüge der Planung nicht berührt werden, eine lediglich eingeschränkte Beteiligung für ausreichend zu erklären. Auch eine eingeschränkte erneute Öffentlichkeitsbeteiligung ist bezogen auf die Streichung des Eignungsgebietes Groß Krams jedoch nicht durchgeführt worden. Die 4. Öffentlichkeitsbeteiligung war auf die Aufnahme der Eignungsgebiete Suckow und Milow beschränkt. Dass die Antragstellerin sich in diesem Rahmen gleichwohl zur Streichung des Eignungsgebietes Groß Krams geäußert hat, ändert daran nichts. In der Abwägungsdokumentation hierzu wird zunächst darauf hingewiesen, dass das Eignungsgebiet Groß Krams nicht Gegenstand der 4. Beteiligung sei, und auf die bereits erfolgte Abwägung Bezug genommen. Zwar heißt es in der Abwägungsdokumentation dann weiter: “Neue Erkenntnisse, welche zu einer Änderung der o.g. Abwägung für den Bereich Groß Krams führen würden, wurden im Rahmen der 4. Beteiligung nicht vorgebracht. Der Regionale Planungsverband Westmecklenburg hält daher an seiner Abwägungsentscheidung fest.“ Auch wenn dem zu entnehmen sein sollte, dass der Planungsverband sich mit den Einwänden der Antragstellerin inhaltlich befasst hat, läge darin keine Nachholung der erforderlichen Beteiligung. Es ist bereits nicht ersichtlich, dass der Planungsverband bei einer Befassung mit den Einwänden der Antragstellerin denselben Maßstab angelegt hat wie betreffend die eigentlichen Gegenstände des Beteiligungsverfahrens. Insbesondere aber war die Antragstellerin nicht die Einzige, die als von der Änderung betroffene Öffentlichkeit in Betracht kam; vielmehr war die Änderung geeignet, auch der Gemeinde, Grundstückseigentümern oder anderen Windenergieunternehmen Anlass zur Stellungnahme zu geben.

70

Der Fehler ist auch nicht gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 LPlG 1998 unbeachtlich. Die dort geregelten Voraussetzungen für die Geltendmachung von Verfahrensfehlern, auf die in der Bekanntmachung des RREP (ABl. M-V S. 22) ordnungsgemäß hingewiesen worden ist, sind eingehalten worden. Der Fehler ist innerhalb eines Jahres nach der Bekanntmachung des Regionalen Raumentwicklungsprogramms Westmecklenburg gerügt worden. Die Rüge ist Gegenstand der Begründung des Normenkontrollantrags im Schriftsatz der Antragstellerin vom 12.04.2012; mit der Weiterleitung dieses Schriftsatzes an den Antragsgegner ist die Rüge auch wie erforderlich bei der obersten Landesplanungsbehörde eingegangen.

71

Weiter gehende Unbeachtlichkeitsvorschriften enthielt das LPlG 1998 nicht. Im Übrigen ist auch nach der nunmehr geltenden Vorschrift des § 12 Abs. 1 Nr. 1 ROG 2008 eine Verletzung der Pflicht zur Öffentlichkeitsbeteiligung immer beachtlich, es sei denn dass lediglich einzelne Personen oder öffentliche Stellen nicht beteiligt worden sind.

72

2. Die Entscheidung der 39. Verbandsversammlung, das Eignungsgebiet Groß Krams zu streichen, leidet ferner an einem beachtlichen Fehler im Abwägungsvorgang.

73

Der Senat geht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG U. v. 11.04.2013 – 4 CN 2.12 – Juris Rn. 5 im Anschluss an BVerwG U. v. 13.12.2012 – 4 CN 1.11 – BVerwGE 145, 231 = Juris Rn. 9 ff.) davon aus, dass das Abwägungsgebot nach § 7 Abs. 2 Satz 1 ROG die Entwicklung eines schlüssigen Gesamtkonzepts verlangt, wenn eine planerische Entscheidung die Wirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB auslösen soll. Die Entscheidung muss nicht nur Auskunft darüber geben, von welchen Erwägungen die positive Standortzuweisung getragen wird, sondern auch deutlich machen, welche Gründe es rechtfertigen, den übrigen Planungsraum von Windenergieanlagen freizuhalten. Die Ausarbeitung des Planungskonzepts vollzieht sich abschnittsweise. In einem ersten Arbeitsschritt sind diejenigen Bereiche als „Tabuzonen“ zu ermitteln, die für die Nutzung der Windenergie nicht zur Verfügung stehen. Die Tabuzonen lassen sich in „harte“ und „weiche“ untergliedern. Der Begriff der harten Tabuzonen dient der Kennzeichnung von Teilen des Planungsraums, die für eine Windenergienutzung, aus welchen Gründen auch immer, nicht in Betracht kommen, mithin für eine Windenergienutzung „schlechthin“ ungeeignet sind. Mit dem Begriff der weichen Tabuzonen werden Bereiche des Plangebiets erfasst, in denen nach dem Willen des Plangebers aus unterschiedlichen Gründen die Errichtung von Windenergieanlagen „von vornherein“ ausgeschlossen werden. Die Potentialflächen, die nach Abzug der harten und weichen Tabuzonen übrig bleiben, sind in einem weiteren Arbeitsschritt zu den auf ihnen konkurrierenden Nutzungen in Beziehung zu setzen, das heißt die öffentlichen Belange, die gegen die Ausweisung eines Landschaftsraums als Konzentrationszone sprechen, sind mit dem Anliegen abzuwägen, der Windenergienutzung an geeigneten Standorten eine Chance zu geben, die ihrer Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB gerecht wird. Der Plangeber muss schließlich die weichen Tabuzonen einer erneuten Betrachtung und Bewertung unterziehen, wenn er als Ergebnis seiner Untersuchung erkennt, dass er für die Windenergienutzung nicht substanziell Raum schafft (vgl. auch OVG Greifswald U. v. 10.03.2015 – 3 K 25/11 – Juris Rn. 33 f.; U. v. 03.04.2013 – 4 K 24/11 – Juris Rn. 74).

74

Die Entscheidung, das Eignungsgebiet Groß Krams zu streichen, bedurfte danach einer (Einzel-) Abwägung. Anhaltspunkte dafür, dass das Gebiet im Sinne einer sogenannten „harten Tabuzone“ für eine Windenergienutzung von vornherein ungeeignet wäre, bestehen nicht. Eine Abwägung war auch nicht vorab mit der Entscheidung über die Anwendung der Ausschluss- und Abstandskriterien gemäß der vom Ministerium für Arbeit, Bau und Landesentwicklung als Oberste Landesplanungsbehörde erlassenen „Richtlinie zum Zwecke der Neuaufstellung, Änderung oder Ergänzung Regionaler Raumentwicklungsprogramme in Mecklenburg-Vorpommern“ von 2006/2008 bereits erfolgt. Denn es ist nicht ersichtlich, dass der Planungsverband davon ausgegangen wäre, das Gebiet Groß Krams würde von einem dieser Ausschluss- und Abstandskriterien erfasst. Auch in dem der Entscheidung der 50. Verbandsversammlung vom 24.02.2015 zu Grunde gelegten Abschlussbericht des Gutachters vom 12.06.2013 heißt es, die Kriterien dieser Richtlinie seien eingehalten. Die Entscheidung über das Eignungsgebiet Groß Krams war damit dem dritten Arbeitsschritt zuzuordnen, d.h. der (Einzel-)Abwägung. Eine solche Abwägung ist jedoch nicht erkennbar.

75

Es fehlt an der erforderlichen Begründung dafür, weshalb von der im „Entwurf für die 39. Verbandsversammlung“ noch vorgesehenen Ausweisung des Eignungsgebietes Abstand genommen wurde. Im Entwurf der Abwägungsdokumentation zur 3. Beteiligungsstufe ist keine entsprechende Begründung enthalten, weil der Entwurf noch von einer Ausweisung des Gebietes ausging. Die Beschlussvorlage, die dem von der 39. Verbandsversammlung gefassten Beschluss VV-2/11 entspricht, enthält ebenfalls keine Begründung. Auch das Protokoll der 39. Verbandsversammlung gibt keinen Aufschluss. Dort wird auf die Beschlussvorlage VV-2/11 Bezug genommen und festgehalten, Wortmeldungen zu diesem Punkt habe es nicht gegeben. Nachdem mit dem Beschluss VV-2/11 ferner die Geschäftsstelle beauftragt worden war, „die Abwägungsdokumentation über die dritte Stufe des Beteiligungsverfahrens gemäß den … Änderungen anzupassen“, heißt es in dieser überarbeiteten Abwägungsdokumentation zu den Einwänden betreffend das Eignungsgebiet Groß Krams jeweils nur noch: “Wird berücksichtigt. Das geplante Eignungsgebiet Groß Krams (Nr. 30) wird entsprechend dem Beschluss der Verbandsversammlung vom 05.05.2011 gestrichen.“ Wie die für eine Ausweisung sprechenden Belange abgewogen wurden, wird daraus nicht ersichtlich. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Streichung des Eignungsgebietes Groß Krams auf sämtliche in der 3. Beteiligungsstufe gegen die Ausweisung dieses Gebietes erhobenen Einwendungen gestützt werden sollte. Darunter fielen auch das Vorbringen der Gemeinde Redefin, die Pufferzone zur Wohnbebauung von nur 1.000 m sei nicht mehr zeitgemäß und solle auf 2.000 m verdoppelt werden, und das Vorbringen Privater zu Belangen des Landschaftsschutzes und des Tourismus. Im Übrigen hat die Verbandsversammlung über die nachträglich angepasste Abwägungsdokumentation nicht beschlossen.

76

Der Mangel ist gemäß § 5 Abs. 5 LPlG, § 12 Abs. 3 Satz 2 ROG 2008 erheblich, weil er offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist. Offensichtlich ist ein Mangel, wenn er auf objektiv feststellbaren Umständen beruht und ohne Ausforschung der Entscheidungsträger über deren Planungsvorstellungen für den Rechtsanwender erkennbar ist (BVerwG U. v. 11.04.2013 – 4 CN 2/12 – Juris Rn. 9). Der dargestellte Abwägungsfehler ist ohne Weiteres aus den Verfahrensunterlagen ersichtlich.

77

Der Mangel ist auch von Einfluss auf das Abwägungsergebnis gewesen. Dies ist der Fall, wenn nach den Umständen des Einzelfalls die konkrete Möglichkeit eines solchen Einflusses besteht. Dabei kommt es einerseits nicht auf den positiven Nachweis eines Einflusses auf das Abwägungsergebnis an. Auf der anderen Seite genügt aber auch nicht die (wohl stets zu bejahende) abstrakte Möglichkeit, dass ohne den Mangel anders geplant worden wäre (vgl. BVerwG B. v. 09.10.2003 – 4 BN 47/03 – Juris Rn. 4 zu § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB). Eine solche konkrete Möglichkeit besteht vielmehr erst dann, wenn sich anhand der Planunterlagen oder sonst erkennbarer oder naheliegender Umstände die Möglichkeit abzeichnet, dass der Mangel im Abwägungsvorgang von Einfluss auf das Abwägungsergebnis gewesen sein kann. Hingegen ist ein Mangel des Abwägungsvorgangs mit Einfluss auf das Abwägungsergebnis - anders als der Antragsgegner offenbar meint - nicht gleichzusetzen mit einem fehlerhaften Abwägungsergebnis (vgl. OVG Lüneburg U. v. 17.06.2013 – 12 KN 80/12 – Juris Rn. 42 mwN).

78

Vorliegend ist der Mangel in der Abwägung bei der Entscheidung der 39. Verbandsversammlung, das Eignungsgebiet Groß Krams zu streichen, von Einfluss auf das Abwägungsergebnis gewesen, weil bereits die anschließende 40. Verbandsversammlung auf der Grundlage derselben Beteiligungsergebnisse und sonstigen Erkenntnisse zu dem Ergebnis gelangte, das Eignungsgebiet Groß Krams wieder in die Gebietskulisse aufzunehmen. Soweit der Antragsgegner vorträgt, die Entscheidung der 50. Verbandsversammlung belege, dass die Abwägung in jedem Fall nicht zu einem anderen Ergebnis geführt hätte, trifft dies nicht zu. Diese Entscheidung wurde zu einem anderen Zeitpunkt und auf der Grundlage weiterer Erkenntnisse getroffen. Maßgeblich für die gerichtliche Kontrolle der Abwägung ist aber der Zeitpunkt der tatsächlich erfolgten Beschlussfassung über das Raumentwicklungsprogramm, vgl. § 12 Abs. 3 Satz 1 ROG 2008.

79

3. Die angegriffene Rechtsverordnung ist ferner materiell fehlerhaft, weil sie eine überholte Beschlusslage des Regionalen Planungsverbandes zu Grunde legt.

80

Die mit der Landesverordnung vom 31.08.2011 für verbindlich erklärte Fassung des Regionalen Raumordnungsprogramms Westmecklenburg entsprach zum Zeitpunkt der Rechtsetzung hinsichtlich des Bereichs Groß Krams nicht der aktuellen Beschlusslage des Planungsverbandes, ohne dass die Landesregierung von dieser Beschlusslage bewusst hätte abweichen wollen. Insoweit liegt der Fall anders als derjenige, der Gegenstand des Urteils des OVG Greifswald vom 19.06.2013 - 4 K 27/10 (Juris) - und des diesbezüglichen Revisionszulassungsbeschlusses des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.05.2014 - 4 BN 50/13 - (Juris) war. Es handelt sich jedoch auch hier nicht um eine Verfahrensfrage, sondern um eine solche des materiellen Rechts (OVG Greifswald aaO Rn. 123; s.a. OVG Greifswald U. v. 03.04.2013 - 4 K 24/11 - Juris Rn. 59).

81

Der Antragsgegner war gemäß § 9 Abs. 1, Abs. 4 LPlG verpflichtet, der Rechtsetzung die aktuelle Beschlusslage des Planungsverbandes zu Grunde zu legen. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 LPlG obliegt die Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung der regionalen Raumentwicklungsprogramme den regionalen Planungsverbänden. Diese beschließen gemäß § 9 Abs. 4 LPlG über die regionalen Raumentwicklungsprogramme sowie deren Änderungen. Danach ist jeweils die aktuelle Beschlusslage maßgeblich. Die Landesregierung hat nach § 9 Abs. 5 Satz 1 LPlG lediglich zu prüfen, ob die regionalen Raumentwicklungsprogramme nach den Vorschriften des Landesplanungsgesetzes aufgestellt sind und sonstigen höherrangigen Rechtsvorschriften nicht widersprechen, sowie ob sich die vorgesehene räumliche Entwicklung der Region in die angestrebte räumliche Entwicklung des Landes einfügt, wie sie sich aus den Entscheidungen des Landtages, der Landesregierung und der obersten Landesbehörden ergibt. Um diese Gesichtspunkte, die gegebenenfalls ein Abweichen von der aktuellen Beschlusslage des Planungsverbandes rechtfertigen können, geht es vorliegend jedoch nicht.

82

Die aktuelle Beschlusslage des Planungsverbandes zum Zeitpunkt der Rechtsetzung am 31.08.2011 ergab sich nicht aus dem vom Antragsgegner zu Grunde gelegten Beschluss der 39. Verbandsversammlung vom 05.05.2011, sondern aus der Beschlussfassung der 40. Verbandsversammlung vom 20.07.2011.

83

aa) Mit dem Beschluss der 40. Verbandsversammlung war das Eignungsgebiet Groß Krams als Nr. 32 der Anlage zu Kap. 6.5 wieder in die Gebietskulisse Windenergie aufgenommen worden. Zwar hatte der Vorsitzende des Planungsverbandes gegen diesen Beschluss mit Schreiben vom 02.08.2011 Widerspruch eingelegt. Diesem Widerspruch kam jedoch möglicherweise anders als vom Antragsgegner angenommen keine aufschiebende Wirkung gemäß § 12 Abs. 5 LPlG i.V.m. §§ 154, 33 Abs. 1 Satz 4 KV M-V zu.

84

Es dürfte einiges dafür sprechen, dass der Vorsitzende des regionalen Planungsverbandes für die Einlegung des Widerspruchs nicht zuständig war, sondern diese Zuständigkeit gemäß § 12 Abs. 5 LPlG i.V.m. § 154 KV M-V und § 33 Abs. 1 KV M-V beim Verbandsvorstand lag. Der Vorsitzende dürfte den Widerspruch auch nicht erkennbar für den Vorstand eingelegt haben; es dürfte auch nicht ersichtlich sein, dass der Vorstand mit der Frage eines Widerspruchs überhaupt befasst gewesen wäre. Der Vorsitzende ist kein Organ des regionalen Planungsverbandes. Organe sind lediglich die Verbandsversammlung und der Verbandsvorstand, § 14 LPlG. Der Vorsitzende ist lediglich gesetzlicher Vertreter des Verbandes (§ 12 Abs. 5 LPlG i.V.m. § 158 Abs. 1 KV M-V) und führt im Übrigen nach Weisung des Verbandsvorstandes die laufenden Geschäfte (§ 12 Abs. 2 der Satzung des Regionalen Planungsverbandes Westmecklenburg vom 15.09.1999 - im Folgenden: Verbandssatzung 1999). Dass bei dieser Zuständigkeitsverteilung die Ausübung des Widerspruchsrechts praktisch erheblich erschwert bzw. überhaupt nicht effektiv möglich sein dürfte, muss nicht zu einer anderen Bewertung führen. Anders als im Falle einer Gemeindevertretung können Planungsentscheidungen der Verbandsversammlung des regionalen Planungsverbandes erst durch eine Rechtsverordnung der Landesregierung Verbindlichkeit erlangen; im Rahmen des Rechtsetzungsverfahrens unterliegen sie gemäß § 9 Abs. 5 LPlG einer Rechtskontrolle.

85

Es dürfte ferner einiges dafür sprechen, dass dem nicht vom zuständigen Organ eingelegten Widerspruch ebenso wie dem nicht fristgerecht eingelegten Widerspruch (vgl. hierzu OVG Greifswald B. v. 08.06.2010 – 2 M 109/10 – Juris Rn. 9) keine aufschiebende Wirkung zukommt. Letztlich bedürfen diese Fragen jedoch keiner abschließenden Entscheidung.

86

bb) Auch wenn die aufschiebende Wirkung des vom Vorsitzenden eingelegten Widerspruchs gegen die Beschlussfassung der 40. Verbandsversammlung zu bejahen sein sollte, hätte der Rechtsetzung nicht der Stand der Beschlussfassung der 39. Verbandsversammlung zu Grunde gelegt werden dürfen. Denn in diesem Falle war der Beschluss der 40. Verbandsversammlung durch den Widerspruch lediglich suspendiert, nicht aber endgültig beseitigt. Auf den Widerspruch hin war dann gemäß § 33 Abs. 1 Satz 5 KV M-V über die Angelegenheit in der nächsten Sitzung erneut zu beschließen. Eine endgültige Beschlussfassung des Planungsverbandes im Sinne einer abschließenden raumordnerischen Entscheidung über die Fläche Groß Krams, wie sie § 9 Abs. 4 LPlG als Voraussetzung für den Erlass einer Rechtsverordnung gemäß § 9 Abs. 5 LPlG vorsieht, lag nicht mehr vor. Dies sieht offenbar auch der Antragsgegner so; soweit er meint, diesem Umstand dadurch Rechnung getragen zu haben, dass die fragliche Fläche im Sinne einer sogenannten „Weißfläche“ von der Planung ausgenommen worden sei und diese daher für die Antragstellerin keine Rechtswirkungen entfalte, trifft dies - wie oben ausgeführt - nicht zu.

87

4. Die Landesverordnung über das Regionale Raumentwicklungsprogramm Westmecklenburg vom 31.08.2011 ist sachlich und räumlich im Sinne des Hauptantrags teilbar. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass die Unwirksamkeit eines Teils eines Plans die Unwirksamkeit des gesamten Plans nicht zur Folge hat, wenn die verbleibenden Festlegungen ohne den unwirksamen Teil noch eine sinnvolle Ordnung bewirken können und mit der gebotenen Sicherheit anzunehmen ist, dass der Planungsträger den Plan auch mit dem eingeschränkten Inhalt beschlossen hätte (BVerwG B. v. 30.07.2014 – 4 BN 1.14 – Juris Rn. 15).

88

Der Teilplan Windenergie, Kap. 6.5 Absatz 2 des Regionalen Raumordnungsprogramms Westmecklenburg bewirkt auch ohne die räumliche Geltung in dem Gebiet Groß Krams insoweit noch eine sinnvolle Raumordnung. § 4 Abs. 3 LPlG M-V erlaubt die Aufstellung räumlicher und sachlicher Teilprogramme. Ein Planungsverfahren, in dem der Plangeber Flächen bestimmt, für die es an einer abschließenden raumordnerischen Entscheidung fehlt, ist zulässig (vgl. BVerwG B. v. 30.07.2014 – 4 BN 1.14 – Juris Rn. 16; BVerwG B. v. 28.11.2005 – 4 B 66.05 – Juris Rn. 7). Wenn der Plangeber ein Raumentwicklungsprogramm schaffen könnte, in dem der Teilplan Windenergie für bestimmte Flächen keine Geltung beansprucht, kann auch das Normenkontrollgericht durch eine teilweise Unwirksamerklärung der die Verbindlichkeit des Raumentwicklungsprogramms herstellenden Rechtsverordnung eine entsprechende Rechtslage schaffen (vgl. BVerwG B. v. 30.07.2014 – 4 BN 1.14 – Juris Rn. 16). Der Senat verkennt nicht, dass Konzentrations- und Ausschlussflächen in einem komplementären Verhältnis zueinander stehen und materiell-rechtlich miteinander verzahnt sind, weil das Abwägungsgebot die Entwicklung eines schlüssigen gesamträumlichen Konzepts verlangt und der Windenergienutzung auf den Konzentrationsflächen substantiell Raum verschafft werden muss (vgl. BVerwG U. v. 31.01.2013 – 4 CN 1.12 - Juris Rn. 22). Durch die Herausnahme einer Ausschlussfläche kann jedoch der der Windenergienutzung zur Verfügung stehende Raum nicht verkürzt werden. Auch das Größenverhältnis zwischen dem Plangebiet und der hier in Rede stehenden Fläche führt nicht dazu, dass durch die Herausnahme der letzteren aus der Verbindlichkeitsanordnung der verbleibende Teilplan Windenergie keine sinnvolle Steuerungswirkung mehr entfalten würde.

89

Der Senat geht schließlich davon aus, dass eine teilweise Unwirksamerklärung der Verordnung dem Willen des Planungsträgers eher als eine Gesamtunwirksamkeit entspricht. Es ist nicht ersichtlich, dass die Entscheidung über die Fläche Groß Krams für den Regionalen Planungsverband so bedeutend war, dass er davon andere Entscheidungen im Kapitel Windenergie im Plangebiet abhängig gemacht hat. Insbesondere kann im Hinblick auf die Beschlussfassung der 40. Verbandsversammlung, mit der die Eignungsgebiete Suckow und Milow bestätigt wurden und gleichzeitig das Eignungsgebiet Groß Krams (wieder) in die Gebietskulisse Windenergie aufgenommen wurde, nicht davon ausgegangen werden, dass die Eignungsgebiete Suckow und Milow nur für den Fall der abschließenden Nichtausweisung des Eignungsgebietes Groß Krams gewollt waren.

90

Damit ist nichts zu der Frage gesagt, ob das Regionale Raumordnungsprogramm Westmecklenburg von 1996 für die streitgegenständliche Fläche Rechtswirkungen entfaltet.

91

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 709 Satz 1 ZPO. Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

(1) Die Rechtsverhältnisse des Verbands und die Rechtsbeziehungen zu den Verbandsmitgliedern werden durch eine Satzung geregelt, soweit nicht dieses Gesetz oder Rechtsvorschriften der Länder etwas anderes bestimmen.

(2) Die Satzung muß mindestens Bestimmungen enthalten über:

1.
Name und Sitz des Verbands,
2.
Aufgabe und Unternehmen unter Hinweis auf die Pläne, soweit solche nach § 5 Abs. 2 erstellt werden,
3.
Verbandsgebiet,
4.
Mitgliedschaft und Mitgliederverzeichnis,
5.
Beschränkungen des Grundeigentums, die von den Verbandsmitgliedern zu dulden sind, und diesen sonst obliegende Verpflichtungen,
6.
Grundsätze für die Beitragsbemessung,
7.
Bildung und Aufgaben der Verbandsorgane,
8.
Verbandsschau,
9.
Satzungsänderungen,
10.
Bekanntmachungen des Verbands.

(3) Wenn der Verband Beamte haben soll, muß die Satzung zusätzlich auch Bestimmungen über die Rechtsverhältnisse der Beamten des Verbands, insbesondere hinsichtlich des als oberste Dienstbehörde zuständigen Organs sowie der als Dienstvorgesetzte vorzusehenden Stelle, enthalten.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Die Rechtsverhältnisse des Verbands und die Rechtsbeziehungen zu den Verbandsmitgliedern werden durch eine Satzung geregelt, soweit nicht dieses Gesetz oder Rechtsvorschriften der Länder etwas anderes bestimmen.

(2) Die Satzung muß mindestens Bestimmungen enthalten über:

1.
Name und Sitz des Verbands,
2.
Aufgabe und Unternehmen unter Hinweis auf die Pläne, soweit solche nach § 5 Abs. 2 erstellt werden,
3.
Verbandsgebiet,
4.
Mitgliedschaft und Mitgliederverzeichnis,
5.
Beschränkungen des Grundeigentums, die von den Verbandsmitgliedern zu dulden sind, und diesen sonst obliegende Verpflichtungen,
6.
Grundsätze für die Beitragsbemessung,
7.
Bildung und Aufgaben der Verbandsorgane,
8.
Verbandsschau,
9.
Satzungsänderungen,
10.
Bekanntmachungen des Verbands.

(3) Wenn der Verband Beamte haben soll, muß die Satzung zusätzlich auch Bestimmungen über die Rechtsverhältnisse der Beamten des Verbands, insbesondere hinsichtlich des als oberste Dienstbehörde zuständigen Organs sowie der als Dienstvorgesetzte vorzusehenden Stelle, enthalten.

(1) Die Rechtsstellung der bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bestehenden Verbände (Altverbände) wird durch § 78 Abs. 1 nicht berührt.

(2) Entsprechen Satzung und innere Organisation von Altverbänden den Vorschriften dieses Gesetzes nicht, sind sie innerhalb von fünf Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes dessen Vorschriften anzupassen. Dies gilt nicht für die Aufgaben des Verbands, die Bestimmungen darüber, wer Verbandsmitglied ist, den Beitragsmaßstab sowie das Stimmenverhältnis in der Verbandsversammlung.

(3) Für Altverbände kann innerhalb von fünf Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes durch Landesrecht eine vereinfachte Möglichkeit der Auflösung, der Übertragung von Aufgaben und des Zusammenschlusses von Amts wegen zugelassen werden.

(1) Der Verband unterliegt der Rechtsaufsicht durch die Aufsichtsbehörde. § 43 des Flurbereinigungsgesetzes bleibt unberührt.

(2) Wenn ein Verband einen anderen Verband zum Mitglied hat oder wenn mehrere Verbände Aufgaben für dieselben Grundstücke haben, kann die gemeinsame Aufsichtsbehörde den einen der Verbände zum Oberverband bestimmen. Die für die Aufsicht über den Oberverband zuständige Behörde führt auch die Aufsicht über den Unterverband.

(1)Soweit nachfolgend nichts anderes bestimmt ist, treten mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes

1.
das Gesetz über Wasser- und Bodenverbände in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 753-2, veröffentlichten bereinigten Fassung,
2.
die Erste Verordnung über Wasser- und Bodenverbände in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 753-2-1, veröffentlichten bereinigten Fassung
mit den dazu erlassenen Ausführungsvorschriften außer Kraft.

(2) Rechtsbehelfsverfahren sowie Verfahren zur Gründung, Satzungsänderung, Umgestaltung oder Auflösung von Verbänden, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes anhängig sind, werden nach dem bisher geltenden Recht fortgeführt.

(3) Bis zum Inkrafttreten neuer landesrechtlicher Vorschriften gilt für den Haushalt, die Rechnungslegung und die Rechnungsprüfung das bisher geltende Recht weiter.

(1) Die Rechtsstellung der bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bestehenden Verbände (Altverbände) wird durch § 78 Abs. 1 nicht berührt.

(2) Entsprechen Satzung und innere Organisation von Altverbänden den Vorschriften dieses Gesetzes nicht, sind sie innerhalb von fünf Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes dessen Vorschriften anzupassen. Dies gilt nicht für die Aufgaben des Verbands, die Bestimmungen darüber, wer Verbandsmitglied ist, den Beitragsmaßstab sowie das Stimmenverhältnis in der Verbandsversammlung.

(3) Für Altverbände kann innerhalb von fünf Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes durch Landesrecht eine vereinfachte Möglichkeit der Auflösung, der Übertragung von Aufgaben und des Zusammenschlusses von Amts wegen zugelassen werden.

(1) Organe des Verbands sind die Versammlung der Verbandsmitglieder (Verbandsversammlung) und der Vorstand. Die Satzung kann bestimmen, daß der Verband anstelle der Verbandsversammlung einen Verbandsausschuß als Vertreterversammlung der Verbandsmitglieder hat.

(2) Die Organe können eine andere Bezeichnung führen.

(1) Die Verbandsversammlung hat folgende Aufgaben:

1.
Wahl und Abberufung der Vorstandsmitglieder sowie ihrer Stellvertreter,
2.
Beschlußfassung über Änderungen der Satzung, des Unternehmens, des Plans oder der Aufgaben sowie über die Grundsätze der Geschäftspolitik,
3.
Beschlußfassung über die Umgestaltung und die Auflösung des Verbands,
4.
Wahl der Schaubeauftragten,
5.
Festsetzung des Haushaltsplans sowie von Nachtragshaushaltsplänen,
6.
Einspruch gegen eine Zwangsfestsetzung des Haushaltsplans,
7.
Entlastung des Vorstands,
8.
Festsetzung von Grundsätzen für Dienst- und Anstellungsverhältnisse und von Vergütungen für Vorstandsmitglieder und Mitglieder des Verbandsausschusses,
9.
Beschlußfassung über Rechtsgeschäfte zwischen Vorstandsmitgliedern und den Verband,
10.
Beratung des Vorstands in allen wichtigen Angelegenheiten.

(2) Die Satzung kann weitere Aufgaben vorsehen.

(1) Organe des Verbands sind die Versammlung der Verbandsmitglieder (Verbandsversammlung) und der Vorstand. Die Satzung kann bestimmen, daß der Verband anstelle der Verbandsversammlung einen Verbandsausschuß als Vertreterversammlung der Verbandsmitglieder hat.

(2) Die Organe können eine andere Bezeichnung führen.

(1) Ein Verband wird errichtet

1.
durch einen einstimmigen Beschluß der Beteiligten sowie die aufsichtsbehördliche Genehmigung der Errichtung und der Satzung,
2.
durch einen Mehrheitsbeschluß der Beteiligten, die aufsichtsbehördliche Genehmigung der Errichtung und der Satzung sowie die Heranziehung nicht einverstandener oder anderer Beteiligter als Verbandsmitglieder in dem Genehmigungsakt oder
3.
von Amts wegen.
Der Verband entsteht mit der öffentlichen Bekanntmachung der Satzung, sofern diese nicht einen späteren Zeitpunkt vorsieht.

(2) Die Genehmigung der Errichtung kann aus Gründen des öffentlichen Interesses versagt werden, insbesondere wenn in Aussicht genommene Verbandsaufgaben anderweitig besser gelöst werden können oder von einer bereits bestehenden Einrichtung wahrgenommen werden oder wahrgenommen werden können.

(3) Der Genehmigungsakt nach Absatz 1 Nr. 1 oder 2 sowie die Satzung sind von der Aufsichtsbehörde öffentlich bekanntzumachen.

(1) Die Verbandsversammlung hat folgende Aufgaben:

1.
Wahl und Abberufung der Vorstandsmitglieder sowie ihrer Stellvertreter,
2.
Beschlußfassung über Änderungen der Satzung, des Unternehmens, des Plans oder der Aufgaben sowie über die Grundsätze der Geschäftspolitik,
3.
Beschlußfassung über die Umgestaltung und die Auflösung des Verbands,
4.
Wahl der Schaubeauftragten,
5.
Festsetzung des Haushaltsplans sowie von Nachtragshaushaltsplänen,
6.
Einspruch gegen eine Zwangsfestsetzung des Haushaltsplans,
7.
Entlastung des Vorstands,
8.
Festsetzung von Grundsätzen für Dienst- und Anstellungsverhältnisse und von Vergütungen für Vorstandsmitglieder und Mitglieder des Verbandsausschusses,
9.
Beschlußfassung über Rechtsgeschäfte zwischen Vorstandsmitgliedern und den Verband,
10.
Beratung des Vorstands in allen wichtigen Angelegenheiten.

(2) Die Satzung kann weitere Aufgaben vorsehen.

(1) Die Verbandsmitglieder sind verpflichtet, dem Verband Beiträge (Verbandsbeiträge) zu leisten, soweit dies zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist.

(2) Der Verband kann die Verbandsbeiträge in Form von Geld (Geldbeiträge) oder von Sachen, Werken, Diensten oder anderen Leistungen (Sachbeiträge) erheben.

(3) Wer, ohne Verbandsmitglied zu sein, als Eigentümer eines Grundstücks oder einer Anlage, als Inhaber von Bergwerkseigentum oder als Unterhaltungspflichtiger von Gewässern von dem Unternehmen des Verbands einen Vorteil hat (Nutznießer), kann mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde wie ein Mitglied zu Geldbeiträgen herangezogen werden. Der Nutznießer ist vorher anzuhören.

(4) Die Beitragspflicht nach den Absätzen 1 und 3 besteht nur insoweit, als die Verbandsmitglieder oder Nutznießer einen Vorteil haben oder der Verband für sie ihnen obliegende Leistungen erbringt oder von ihnen ausgehenden nachteiligen Einwirkungen begegnet.

(5) Soweit Eigentümer, die nur für die Benutzung ihres Grundstücks zur Durchleitung von Wasser, für eine Deichanlage oder für ein Schöpfwerk zum Verband zugezogen worden sind, keinen Vorteil haben und keine nachteiligen Einwirkungen verursachen, sind sie von allen Verbandsbeitragskosten frei.

(6) Die Satzung kann für besondere Härtefälle eine vollständige oder teilweise Befreiung von der Verbandsbeitragszahlung vorsehen.

Vorbehaltlich abweichender Regelung durch Landesrecht können Aufgaben des Verbands sein:

1.
Ausbau einschließlich naturnahem Rückbau und Unterhaltung von Gewässern,
2.
Bau und Unterhaltung von Anlagen in und an Gewässern,
3.
Herstellung und Unterhaltung von ländlichen Wegen und Straßen,
4.
Herstellung, Beschaffung, Betrieb und Unterhaltung sowie Beseitigung von gemeinschaftlichen Anlagen zur Bewirtschaftung von landwirtschaftlichen Flächen,
5.
Schutz von Grundstücken vor Sturmflut und Hochwasser einschließlich notwendiger Maßnahmen im Deichvorland,
6.
Verbesserung landwirtschaftlicher sowie sonstiger Flächen einschließlich der Regelung des Bodenwasser- und Bodenlufthaushalts,
7.
Herstellung, Beschaffung, Betrieb, Unterhaltung und Beseitigung von Beregnungsanlagen sowie von Anlagen zur Be- und Entwässerung,
8.
technische Maßnahmen zur Bewirtschaftung des Grundwassers und der oberirdischen Gewässer,
9.
Abwasserbeseitigung,
10.
Abfallentsorgung im Zusammenhang mit der Durchführung von Verbandsaufgaben,
11.
Beschaffung und Bereitstellung von Wasser,
12.
Herrichtung, Erhaltung und Pflege von Flächen, Anlagen und Gewässern zum Schutz des Naturhaushalts, des Bodens und für die Landschaftspflege,
13.
Förderung der Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft und Wasserwirtschaft und Fortentwicklung von Gewässer-, Boden- und Naturschutz,
14.
Förderung und Überwachung der vorstehenden Aufgaben.

(1) Die Verbandsmitglieder sind verpflichtet, dem Verband Beiträge (Verbandsbeiträge) zu leisten, soweit dies zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist.

(2) Der Verband kann die Verbandsbeiträge in Form von Geld (Geldbeiträge) oder von Sachen, Werken, Diensten oder anderen Leistungen (Sachbeiträge) erheben.

(3) Wer, ohne Verbandsmitglied zu sein, als Eigentümer eines Grundstücks oder einer Anlage, als Inhaber von Bergwerkseigentum oder als Unterhaltungspflichtiger von Gewässern von dem Unternehmen des Verbands einen Vorteil hat (Nutznießer), kann mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde wie ein Mitglied zu Geldbeiträgen herangezogen werden. Der Nutznießer ist vorher anzuhören.

(4) Die Beitragspflicht nach den Absätzen 1 und 3 besteht nur insoweit, als die Verbandsmitglieder oder Nutznießer einen Vorteil haben oder der Verband für sie ihnen obliegende Leistungen erbringt oder von ihnen ausgehenden nachteiligen Einwirkungen begegnet.

(5) Soweit Eigentümer, die nur für die Benutzung ihres Grundstücks zur Durchleitung von Wasser, für eine Deichanlage oder für ein Schöpfwerk zum Verband zugezogen worden sind, keinen Vorteil haben und keine nachteiligen Einwirkungen verursachen, sind sie von allen Verbandsbeitragskosten frei.

(6) Die Satzung kann für besondere Härtefälle eine vollständige oder teilweise Befreiung von der Verbandsbeitragszahlung vorsehen.

(1) Der Beitrag der Verbandsmitglieder und der Nutznießer bemißt sich nach dem Vorteil, den sie von der Aufgabe des Verbands haben, sowie den Kosten, die der Verband auf sich nimmt, um ihnen obliegende Leistungen zu erbringen oder den von ihnen ausgehenden nachteiligen Einwirkungen zu begegnen. Für die Festlegung des Beitragsmaßstabs reicht eine annähernde Ermittlung der Vorteile und Kosten aus.

(2) Die Satzung kann für bestimmte Maßnahmen die Verbandsbeiträge entsprechend den für die einzelnen Grundstücke tatsächlich entstehenden Kosten festsetzen oder allgemein einen von Absatz 1 abweichenden Beitragsmaßstab festlegen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.