Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 23. Juli 2018 - 7 B 10768/18
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird die Antragsgegnerin unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 14. Juni 2018 im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Abschiebung des Antragstellers nach Brasilien unverzüglich, spätestens bis zum 10. August 2018, rückgängig zu machen und auf ihre Kosten alle erforderlichen rechtlichen und tatsächlichen – insbesondere medizinischen – Maßnahmen zu ergreifen, um seine Rückkehr nach Deutschland bis zu diesem Datum zu bewirken.
Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen trägt die Antragsgegnerin.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für beide Rechtszüge auf 5.000,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
- 1
Der Antragsteller begehrt die Rückgängigmachung seiner Abschiebung.
- 2
Er ist im Jahr 1986 geboren und besitzt die brasilianische Staatsangehörigkeit. Seine brasilianische Mutter heiratete später den deutschen Vater. Der Antragsteller lebte von 1993 bis 1998 in Portugal und danach mit Ausnahme eines zweijährigen Aufenthalts in Deutschland in Brasilien. Im Mai 2013 reiste er nach Deutschland ein. Seine Schwester und – zeitweise – seine Eltern leben in Deutschland.
- 3
Im Jahr 2000 war der Antragsteller drogenabhängig. Er hielt sich in einer therapeutischen Gemeinschaft zur freiwilligen Suchtbetreuung (Fazenda de Esperanza) auf und befand sich bei einem Psychiater in Betreuung.
- 4
Der Antragsteller leidet an paranoider Schizophrenie bzw. an einer schizoaffektiven Störung. Er wurde am 13. Oktober 2014 in das Z. in M. eingewiesen und dort über einen Monat stationär behandelt. In der Folgezeit befand sich der Antragsteller mehrfach in stationärer und durchgehend in ambulanter Behandlung.
- 5
Zu seiner Erkrankung liegen unter anderem folgende ärztliche Stellungnahmen vor:
- 6
Nach dem ärztlichen Attest des vorgenannten Z. vom 13. Mai 2015 waren beim Antragsteller wiederholt Behandlungen wegen schwerer Eigengefährdung mit Suizidalität erforderlich.
- 7
Im psychiatrischen Fachgutachten, das Prof. Dr. A. und Dr. S. vom Lehrstuhl für Psychiatrie an der Universität H. am 1. Dezember 2015 erstellten, ist ausgeführt, beim Antragsteller bestehe eine akute Eigen- und Fremdgefährdung, wenn er seine Medikamente absetze. Im Falle einer Rückkehr nach Brasilien bestehe die Gefahr einer wesentlichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes und für das Leben des Antragstellers, aber auch die Gefahr einer unmittelbaren Bedrohung anderer.
- 8
Das Krankenhaus „H.“ in L. bescheinigt dem Antragsteller in den Attesten vom 6. Dezember 2017 und 9. Februar 2018 ebenfalls Eigen- wie auch Fremdgefährdung. Er sei an die Institutsambulanz angebunden. Dort würden seine Medikamente gerichtet. Der Antragsteller werde mehrmals wöchentlich von einer Fachkraft aufgesucht.
- 9
Mit Bescheid vom 9. Januar 2015 lehnte die Antragsgegnerin die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ab, forderte den Antragsteller zur Ausreise auf und drohte ihm die Abschiebung an.
- 10
Ein auf Absehen von der Abschiebung gerichteter Eilantrag blieb in erster Instanz ohne Erfolg. Im Beschwerdeverfahren verpflichtete der Senat die Antragsgegnerin mit Beschluss vom 7. August 2015 (7 B 10468/15.OVG), mit der Abschiebung bis zum 30. November 2015 zuzuwarten und ein psychiatrisches Fachgutachten zur Gefahr einer wesentlichen Verschlechterung der Gesundheit des Antragstellers bei einer Rückkehr nach Brasilien einzuholen.
- 11
Das Gutachten wurde für die Antragsgegnerin am 1. Dezember 2015 erstellt (s.o.).
- 12
Am 20. Februar 2017 richtete sie eine Anfrage zur Behandlung des Antragstellers an die Zentralstelle für Informationsvermittlung zur Rückkehrförderung (ZIRF). Nach deren Auskunft kann die Erkrankung in Brasilien behandelt werden.
- 13
Am 29. März 2018 beschloss das Amtsgericht Ludwigshafen am Rhein, die seit April 2016 bestehende Betreuung für den Antragsteller zu verlängern. Sie umfasst unter anderem die Gesundheitsfürsorge und das Aufenthaltsbestimmungsrecht. Der Antragsteller könne wegen der schizoaffektiven Störung seine Angelegenheiten nicht besorgen.
- 14
Der Antragsteller wurde am 5. April 2018 unter ärztlicher Begleitung nach P. (Brasilien) abgeschoben. Nach dem Übergabeprotokoll wurden die brasilianischen Behörden kurz über die Erkrankung des Antragstellers informiert. Dieser erhielt Medikamente für ca. sechs Monate.
- 15
Seine Familie mietete für den Antragsteller ein Zimmer in R. an. Nach eidesstattlichen Versicherungen der Mutter nutzte er das Zimmer nicht. Er lebte stattdessen auf der Straße. Eine Freundin der Mutter berichtete, wie der Antragsteller nur mit einer Unterhose bekleidet ziellos am Strand entlanglief. Ein Freund konnte ihn überreden, in der Fazenda de Esperanza Hilfe zu suchen.
- 16
Mit Schriftsatz vom 25. April 2018 hat der Antragsteller die Rückgängigmachung seiner Abschiebung im Wege der einstweiligen Anordnung beantragt.
- 17
Der Antrag ist vom Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße mit Beschluss vom 14. Juni 2018 (2 L 546/18.NW) abgelehnt worden.
- 18
Im erstinstanzlichen und im Beschwerdeverfahren streiten die Beteiligten darum, ob der Antragsteller in Brasilien eine ausreichende Gesundheitsversorgung erhalten kann und ob eine Eigen- und Fremdgefährdung anzunehmen ist.
II.
- 19
Die Beschwerde ist begründet.
- 20
Die Ausführungen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren enthalten Gründe, aus denen der Beschluss des Verwaltungsgerichts abzuändern ist (§ 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO). Der Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig und begründet.
- 21
1. Die Bedenken des Verwaltungsgerichts zur Zulässigkeit des Eilantrags teilt der Senat nicht. Obschon im Antragsschriftsatz vom 25. April 2018 keine ladungsfähige Anschrift angegeben worden ist, hindert dies eine Entscheidung in der Sache nicht. Im konkreten Fall wird der Rechtsstreit „nicht aus dem Verborgenen heraus“ geführt. Der Antragsteller ist nicht „abgetaucht“, um seiner Abschiebung zu entgehen, sondern hat nach der Abschiebung wegen seiner Erkrankung in Brasilien nur zunächst keinen festen Wohnsitz begründet. Inzwischen hält er sich in der Fazenda de Esperanza auf und verfügt somit über eine ladungsfähige Anschrift.
- 22
2. Der Eilantrag hat auch in der Sache Erfolg.
- 23
a) Er ist bei verständiger Würdigung des Antrags- und des Beschwerdeschriftsatzes nach § 88 VwGO im Sinne des Tenors auszulegen. Der Antragsteller verfolgt das Ziel, die Antragsgegnerin zur Rückgängigmachung der Abschiebung und zu seiner Rückholung nach Deutschland zu verpflichten. Diese Begehren umfassen den separat formulierten und im Beschwerdeverfahren klargestellten Antrag, seiner Einreise nach Deutschland nicht die Kosten der Abschiebung entgegenzuhalten.
- 24
b) Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO darf die beantragte Anordnung nur ergehen, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Begehrt ein abgeschobener Ausländer die Rückgängigmachung der Abschiebung im Wege einer einstweiligen Anordnung, nimmt eine Verpflichtung der Behörde die Hauptsache vorweg. Das Rechtsschutzverfahren nach § 123 VwGO zielt aber nur auf eine vorläufige Regelung ab. Einem Antrag auf Rückgängigmachung der Abschiebung kann daher im Wege einer einstweiligen Anordnung nur stattgegeben werden, wenn dies zur Gewährung effektiven Rechtschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG, insbesondere zur Verwirklichung von Grundrechten, schlechterdings unabweisbar ist, wenn also die zu erwartenden Nachteile für einen Antragsteller unzumutbar und im Verfahren zur Hauptsache nicht mehr zu beseitigen wären. Dies setzt neben einer besonderen Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) eine weit überwiegende Wahrscheinlichkeit des Erfolgs in der Hauptsache (Anordnungsanspruch) voraus. Beide Anforderungen sind glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Sie liegen hier vor.
- 25
c) Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
- 26
Rechtliche Grundlage seines Begehrens ist der Folgenbeseitigungsanspruch. Dieser greift, wenn durch einen hoheitlichen Eingriff – hier die Abschiebung – ein subjektives Recht des Betroffenen verletzt worden und dadurch für diesen ein andauernder rechtswidriger Zustand entstanden ist, dessen Beseitigung tatsächlich und rechtlich möglich ist. Der Folgenbeseitigungsanspruch knüpft nicht allein an die Rechtswidrigkeit des Eingriffsaktes an, sondern auch an die des geschaffenen Zustands (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Oktober 2014 – 18 B 104/14 –, juris, Rn. 6 ff., m.w.N.; Armbruster, in: HTK-AuslR, Rechtsschutz, Abschn. 2.5.7, m.w.N.). Die Voraussetzungen des Folgenbeseitigungsanspruchs sind hier auf Grund von Besonderheiten des vorliegenden Einzelfalls zu bejahen. Die Abschiebung des Antragstellers nach Brasilien am 5. April 2018 war offensichtlich rechtswidrig, der dadurch geschaffene rechtswidrige Zustand dauert an; er ist dem Antragsteller nicht zumutbar und durch die Rückholung zu beenden.
- 27
Die Abschiebung des Antragstellers hätte wegen rechtlicher Unmöglichkeit nicht erfolgen dürfen und hätte zum damaligen Zeitpunkt gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG ausgesetzt werden müssen. Ein Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung ist gegeben, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass sich der Gesundheitszustand des Ausländers durch die Abschiebung selbst wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert, und wenn diese Gefahr nicht durch bestimmte Vorkehrungen ausgeschlossen oder gemindert werden kann (vgl. VGH BW, Beschluss vom 22. Februar 2017 – 11 S 447/17 –, juris, Rn. 4).
- 28
Die mit der Abschiebung betraute Behörde hat die aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG erwachsende Pflicht, durch eine hinreichende Ausgestaltung der tatsächlichen Durchführung der Abschiebung erhebliche Gefahren für Leib und Leben des Betroffenen abzuwenden. Diese Pflicht kann es in Einzelfällen gebieten, dass erforderliche Hilfen rechtzeitig nach der Ankunft im Zielstaat zur Verfügung stehen, wobei der Ausländer regelmäßig auf den dort allgemein üblichen Standard zu verweisen ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. September 2014 – 2 BvR 939/14 –, juris, Rn. 14). Zur Sicherstellung ausreichender Hilfen gehört auch die Übergabe an medizinisch qualifiziertes Personal, sofern dies im Einzelfall erforderlich ist (vgl. VGH BW, Beschluss vom 22. Februar 2017 – 11 S 447/17 –, juris, Rn. 5). Wenn dem Ausländer unmittelbar nach seiner Ankunft im Zielstaat eine erhebliche Gesundheitsgefährdung droht, dauert die Schutzpflicht des deutschen Staates bis zum Übergang in eine Versorgung und Betreuung an (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Oktober 2014 – 18 B 104/14 –, juris, Rn. 18). Es muss aber ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang mit dem Abschiebungsvorgang bestehen (vgl. VGH BW, Beschluss vom 1. Juni 2017 – 11 S 658/17 –, juris, Rn. 3).
- 29
Dem Antragsteller drohte im engen zeitlichem Zusammenhang zur Abschiebung eine konkrete und erhebliche Gesundheitsgefahr, ohne dass die Antragsgegnerin hinreichende Vorkehrungen zur Vermeidung dieser Gefahr getroffen hatte.
- 30
Die sachverständigen Stellungnahmen zum Gesundheitszustand des Antragstellers bringen insoweit unmissverständlich zum Ausdruck, dass beim Antragsteller mit einer akuten Eigen- und Fremdgefährdung zu rechnen war und ist, wenn er die nötige Therapie nicht wahr- und vor allem die verschriebenen Medikamente nicht einnimmt. Die Gefahr, dass der Antragsteller auf Grund seiner Erkrankung die Einnahme der zur Behandlung nötigen Medikamente verweigert, lässt sich nach den Stellungnahmen nur bannen, indem er zur Medikamenteneinnahme angeleitet und diese strukturiert sowie überwacht wird. So hält das psychiatrische Fachgutachten von Prof. Dr. A. und Dr. C. vom 1. Dezember 2015 (Universität H.) abschließend fest, da im Falle weiterer Verweigerung aus den dargelegten Gründen mit einer Chronifizierung der paranoiden Schizophrenie und einer Verschlimmerung mit akuter Eigen- und Fremdgefährdung zu rechnen sei, bestünde im Falle einer Rückkehr bzw. Abschiebung des Antragstellers nach Brasilien die Gefahr einer wesentlichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes und für das Leben, aber auch die Gefahr einer unmittelbarer Bedrohung anderer. Was diese Gutachter unter den dargelegten Gründen verstehen, ergibt sich aus dem vorstehenden Absatz des Gutachtens. Dort wird dargelegt, dass beim Antragsteller eine manifeste Eigen- und Fremdgefährdung durch handlungsleitende Wahninhalte bestanden habe. Vorausgegangen sei eine Medikamentennichteinnahme. Wiederhole sich diese, sei von einer raschen neuerlichen Verschlechterung auszugehen. Für die Gutachter besteht somit eine Kausalkette zwischen Nichteinnahme der Medikamente, Verschlechterung der psychischen Erkrankung und Eigen- bzw. Fremdgefährdung. Aus ihrer Sicht ist folglich für die Verhinderung von Gefahrensituationen unabdingbar, dass die Behandlung des Antragstellers koordiniert und begleitet wird, wobei es nicht darauf ankommt, ob dies durch eine betreuende Person oder in einer medizinischen Einrichtung geschieht. Die gleiche Schlussfolgerung ist in beiden Attesten des Krankenhauses „H.“ vom 6. Dezember 2017 bzw. 9. Februar 2018 enthalten. Dort wird dem Antragsteller ebenfalls eine Eigen- wie auch eine Fremdgefährdung attestiert, da das wahnhafte Erleben handlungsbestimmend sei. Man habe sich entschlossen, ihn an die Institutsambulanz anzubinden und wöchentliche Termine zum Gespräch und zum Richten der Medikation für eine Woche zu vereinbaren. Mit Unterstützung des gesetzlichen Betreuers des Antragstellers sei es gelungen, dass er mehrmals wöchentlich von einer Fachkraft aufgesucht werde. Auch diese Atteste gehen somit davon aus, dass es zur Abwendung einer Eigen- und Fremdgefährdung durch den Antragsteller unabdingbar ist, dass die Medikamenteneinnahme von Dritten überwacht und strukturiert wird. Ein deutliches Indiz für die Notwendigkeit dieser Art der Betreuung ist ferner der Beschluss des Amtsgerichts Ludwigshafen vom 29. März 2018. Dort wird die Fortdauer der Betreuung des Antragstellers unter anderem für den Aufgabenkreis Gesundheitsfürsorge damit begründet, dass er auf Grund seiner Erkrankung gerade nicht in der Lage sei, seine Angelegenheiten in diesem Bereich zu regeln.
- 31
Ohne die Sicherstellung der Überwachung der Medikamenteneinnahme durch eine betreuende Person oder in einer medizinischen Einrichtung bestand für den Antragsteller unmittelbar nach seiner Abschiebung in Brasilien die Gefahr einer wesentlichen Verschlechterung des Krankheitsbildes und damit zugleich die akute Gefahr, sich oder andere zu verletzen. Dies ergibt sich aus den vorgenannten ärztlichen Stellungnahmen und der in ihnen enthaltenen Schlussfolgerung zum kausalen Zusammenhang zwischen der Nichteinnahme der Medikamente und der Eigen- bzw. Fremdgefährdung. Diese Gefahr wurde nicht dadurch ausgeräumt, dass dem Antragsteller seitens der Antragsgegnerin Medikamente mitgegeben wurden. Dies allein bewirkt nicht hinreichend sicher, dass er die notwendigen Medikamente einnimmt. In der jüngeren Vergangenheit kam es wiederholt dazu, dass der Antragsteller Medikamente nicht einnahm. Dies wird nicht nur in den zitierten Stellungnahmen erwähnt. Dies belegen auch die verschiedenen Krankenhausaufenthalte des Antragstellers, die jeweils in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit dem Absetzen der Medikamente standen. Da der Antragsteller nunmehr in Brasilien ohne familiäres Umfeld und ohne die notwendige Betreuung auf sich allein gestellt ist, ist die Gefahr, dass er seine Medikamente nicht einnimmt, umso größer. Die ärztlichen Stellungnahmen gehen übereinstimmend davon aus, dass beim Antragsteller ohne Überwachung die krankheitsbedingte Gefahr besteht, dass er seine Medikamente nicht einnimmt.
- 32
Dagegen kann nicht eingewandt werden, die Antragstellerseite habe bisher nicht von einem Rückfall berichtet. Entscheidend ist vielmehr, dass nach dem psychiatrischen Fachgutachten vom 1. Dezember 2015 beim Antragsteller mit einer akuten Eigen- und Fremdgefährdung zu rechnen sei. Mit anderen Worten kann es bei ihm ohne Beobachtung der Medikamenteneinnahme jederzeit zu einem Rückfall kommen. Da die Überwachung des Antragstellers durch den ihn auf dem Flug begleitenden Arzt unmittelbar nach der Abschiebung endete, konnte es schon ab diesem Zeitpunkt und damit in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Abschiebung zu einem Rückfall und den dann zu erwartenden Gefahren kommen. Die Unterrichtung brasilianischer Behörden am Flugplatz ist nicht ausreichend, um die Medikamenteneinnahme durch den Antragsteller sicherzustellen, zumal die Antragsgegnerin nicht dargelegt hat, welche Informationen an welche Behörde gegeben wurden. Die Unterrichtung allein gewährleistet zudem nicht, dass der Antragsteller einem Betreuer, medizinischem Personal oder einer geeigneten Einrichtung übergeben wird.
- 33
Der Einwand der Antragsgegnerin, die Erkrankung des Antragstellers sei in Brasilien behandelbar, führt zu keinem anderen Ergebnis. Sie verkennt dabei die Besonderheiten des vorliegenden Falles. Es kommt nicht allein darauf an, ob die Erkrankung in Brasilien behandelbar ist, also entsprechende Therapien und Medikamente zur Verfügung stehen, sondern darauf, ob der Antragsteller in der Lage ist, diese Möglichkeiten für sich zu nutzen. Dies hat der Senat bereits im Beschluss vom 7. August 2015 (7 B 10468/15.OVG) zum Ausdruck gebracht. Er hielt die Einholung eines psychiatrischen Fachgutachtens zur gesundheitlichen Gefährdung des Antragstellers bei einer Rückkehr nach Brasilien für erforderlich, weil der Antragsteller in Brasilien ohne sein deutsches Netzwerk auskommen muss.
- 34
Der Einwand, durch den zitierten Beschluss sei die Abschiebung des Antragstellers lediglich bis zum Ende der vom Senat gesetzten Frist für die Einholung des Gutachtens gesperrt gewesen, greift nicht durch. Der Beschluss des Senats vom 7. August 2015 kann nicht in diesem Sinne rein formal gesehen werden. Mit Blick auf die Prüfung einer etwaigen rechtlichen Unmöglichkeit der Abschiebung des Antragstellers oblag es der Antragsgegnerin, das Ergebnis des vom Senat geforderten und von ihr eingeholten Gutachtens zu berücksichtigen. Im Lichte dieses Ergebnisses war es offenkundig, dass eine Abschiebung nicht ohne Maßnahmen erfolgen durfte, die die Medikamenteneinnahme bzw. einen sofortigen Zugang zu einer medizinischen Betreuung in Brasilien sicherstellten. Auf Grund seiner schweren Erkrankung war und ist der Antragsteller dazu allein nicht in der Lage.
- 35
Der Antragsteller kann auch nicht darauf verwiesen werden, seine Mutter könne von Deutschland aus die nötige Unterstützung geben. Denn es ist die aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG resultierende Pflicht der Antragsgegnerin, Gefahren zu begegnen, die dem Antragsteller bei und unmittelbar nach der Abschiebung drohen. Der Senat muss sich nicht mit der Frage auseinandersetzen, ob die Antragsgegnerin dieser Pflicht dadurch nachkommen kann, dass sie nachträglich eine ausreichende Betreuung des Antragstellers in Brasilien sicherstellt. Dazu hat die Antragsgegnerin nichts vorgetragen; vielmehr steht sie auf dem Standpunkt, es genüge, dass die Erkrankung des Antragstellers in Brasilien behandelbar sei.
- 36
d) Der durch die Abschiebung des Antragstellers nach Brasilien geschaffene rechtswidrige Zustand dauert noch an und ist für ihn nicht zumutbar.
- 37
Es besteht weiterhin die konkrete Gefahr, dass er die benötigten Medikamente nicht nimmt, sich daraufhin seine Krankheit wesentlich verschlechtert und er sich und andere gefährdet. Maßgeblich ist auch insoweit die sachverständige Einschätzung des Krankheitsbildes im psychiatrischen Fachgutachten vom 1. Dezember 2015 und in den beiden Attesten vom 6. Dezember 2017 sowie 9. Februar 2018. An der dort beschriebenen Gefahr, die entsteht, wenn die medikamentöse Behandlung des Antragstellers nicht überwacht wird, hat sich nichts geändert. Vor allem kann nach den unwidersprochenen Angaben der Mutter des Antragstellers, die sie zudem an Eides statt versicherte, nicht angenommen werden, dass die Fazenda de Esperanza die Behandlung des Antragstellers überhaupt, geschweige denn mit dem erforderlichen Nachdruck überwacht. Diese Einrichtung wird von den Patienten freiwillig aufgesucht und kann freiwillig wieder verlassen werden. Sie hat keine Handhabe sicherzustellen, dass die benötigten Medikamente genommen werden. Diese Situation, die durch die jederzeitige Möglichkeit eines Rückfalls geprägt ist, ist für den Antragsteller unzumutbar.
- 38
e) Aus den vorstehenden Gründen ist zugleich der Anordnungsgrund zu bejahen.
- 39
3. Der Senat sieht davon ab, die Modalitäten der Rückführung zu konkretisieren. Es ist Aufgabe der Antragsgegnerin zu prüfen, welche Maßnahmen sie dazu ergreifen muss. Es ist indes davon auszugehen, dass auch für die Rückführung eine ärztliche Begleitung des Antragstellers notwendig ist.
- 40
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
- 41
Die Entscheidung zur Höhe des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG. Der Senat veranschlagt für die Rückholung mangels anderweitiger Anhaltspunkte den Regelstreitwert in Höhe von 5.000,00 €. Die vom Antragsteller geschätzten Kosten seiner Abschiebung sind kein Anhaltspunkt für die Bedeutung, die das Verfahren für ihn hat. Der Streitwert war auch nicht um diese Kosten zu erhöhen. Zwar nimmt der Antragsteller mit seinem Antrag zu 3. diese Kosten in Bezug. Es handelt sich insoweit aber nicht um einen eigenen Streitgegenstand, der zu dem für die Rückführung zu addieren wäre (§ 39 Abs. 1 GKG). Mit dem Antrag will er nur ausschließen, dass diese Kosten seine Rückkehr hindern. Der Senat sieht von einer wegen der Vorläufigkeit von Entscheidungen des einstweiligen Rechtsschutzes in Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (LKRZ 2014, 169) vorgeschlagenen Reduzierung des Streitwerts ab. Mit dem vorliegenden Beschluss wird die Hauptsache faktisch vollständig vorweggenommen.
- 42
Die anderslautende Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts wird gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG von Amts wegen geändert.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 23. Juli 2018 - 7 B 10768/18
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 23. Juli 2018 - 7 B 10768/18
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenOberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 23. Juli 2018 - 7 B 10768/18 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.
(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.
(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.
(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
(5) u. (6) (weggefallen)
Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
Tenor
Der angegriffene Beschluss wird geändert.
Der Antrag, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zur Rücküberstellung der Antragstellerin nach Deutschland zu verpflichten, wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 1.250 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e
2I.
3Die Antragstellerin wurde am 8. Januar 2014 vom Antragsgegner in ihr Heimatland abgeschoben. Nachdem sie kurz vor ihrem Abflug beim Verwaltungsgericht zunächst um Abschiebungsschutz nachgesucht hatte, hat sie sodann ihren Antrag auf unverzügliche Rücküberstellung nach Deutschland umgestellt. Das Verwaltungsgericht hat dem Rücküberstellungsantrag mit dem angegriffenen Beschluss vom 9. Januar 2014 stattgegeben und dem Antragsgegner neben der unter Ziffer 1 getroffenen Feststellung, dass die Abschiebung vorläufig keine Einreisesperre auslöse, zur Durchsetzung/Sicherung des Anspruchs der Antragstellerin unter Ziffer 2 konkrete Verpflichtungen auferlegt. Nach Ablehnung des vom Antragsgegner zunächst gestellten Abänderungsantrags mit Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 15. Januar 2014 ‑ 22 L 72/14 –, hat der Antragsgegner gegen den Beschluss vom 9. Januar 2014 Beschwerde eingelegt.
4II.
5Die zulässige Beschwerde hat Erfolg. Die vom Antragsgegner dargelegten Gründe führen zur Änderung des angegriffenen Beschlusses und zur Ablehnung des Rücküberstellungsantrags. Damit entfallen auch die Feststellung/Anordnungen zu Ziffer 1 und 2 des angegriffenen Beschlusses.
6Die Antragstellerin hat einen im Wege der einstweiligen Anordnung sicherungsfähigen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 1 und 3 VwGO; § 294 ZPO). Es ist nach ihrem Vorbringen nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit festzustellen, dass sie nach ihrer Abschiebung in die Russische Föderation derzeit einen auf Rücküberstellung, d.h. Rückkehr bzw. Wiedereinreise ins Bundesgebiet gerichteten Anspruch hat.
7Begehrt ein abgeschobener Ausländer die Rückgängigmachung der Abschiebung nicht im Wege einer Klage, sondern im Wege einer einstweiligen Anordnung, bedeutet eine entsprechende Verpflichtung nach § 123 VwGO bereits eine Vorwegnahme der Hauptsache. Das einstweilige Rechtsschutzverfahren nach § 123 VwGO dient allerdings regelmäßig nur der vorläufigen Regelung eines Rechtsverhältnisses; einem Antragsteller soll grundsätzlich nicht bereits das gewährt werden, was er nur in einem Hauptsacheverfahren erreichen kann. Aus diesem Grundsatz folgt, dass einem Eilantrag auf Rückgängigmachung einer Abschiebung im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO nur stattgegeben werden kann, wenn dies zur Gewährung effektiven Rechtschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG, insbesondere zur Verwirklichung von Grundrechten, schlechterdings unabweisbar ist, d.h. wenn die sonst zu erwartenden Nachteile für einen Antragsteller unzumutbar und im Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären. Dies setzt neben der Glaubhaftmachung einer besonderen Eilbedürftigkeit, des sog. Anordnungsgrundes, zudem eine weit überwiegende Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs in der Hauptsache voraus.
8Vgl. Sächs. OVG, Beschlüsse vom 14. Dezember 2011 – 3 B 244/11 -, juris Rn. 5, und vom 8. Januar 2009 – 3 B 8/09 -, juris, Rn. 3; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 11. März 2008 - 13 S 418/08 -, juris Rn. 7; OVG Saarl., Beschluss vom 24. Januar 2003 – 9 W 50/02 -, juris, Rn. 26.
9Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Als Grundlage für das verfolgte Begehren kommt allein ein Folgenbeseitigungsanspruch in Betracht. Dieser setzt voraus, dass durch einen hoheitlichen Eingriff – hier die Abschiebungsmaßnahme – ein subjektives Recht des Betroffenen verletzt worden und dadurch für diesen ein andauernder rechtswidriger Zustand entstanden ist, dessen Beseitigung tatsächlich und rechtlich möglich ist.
10Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. August 1993 – 4 C 24.91 -, juris; OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 8. Juli 2010 – 3 S 26.10 -, juris Rn. 15 ; OVG NRW, Beschluss vom 30. November 2007 – 17 B 2297/06 -, juris Rn. 6; Thür. OVG, Beschluss vom 27. Juni 2006 – 3 EO 354/06 -, juris Rn. 7; OVG Saarl., Beschluss vom 24. Januar 2003 – 9 W 50/02 -, juris, Rn. 23.
11Der Folgenbeseitigungsanspruch knüpft mithin nicht allein an die Rechtswidrigkeit des Eingriffsaktes an, sondern an die Rechtswidrigkeit des dadurch geschaffenen Zustands.
12Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Mai 1989 – 7 C 2.87 -, juris Rn. 80.
13In einem solchen Fall kann der in seinem subjektiven Recht verletzte Betroffene verlangen, dass derjenige rechtmäßige Zustand wiederhergestellt wird, der unverändert bestünde, wenn es zu dem rechtswidrigen Eingriff und dem damit verbundenen, andauernden rechtswidrigen Zustand nicht gekommen wäre.
14Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. August 1993 – 4 C 24.91 -, juris; OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 8. Juli 2010 – 3 S 26.10 -, juris Rn. 15.
15Gemessen an diesen Maßstäben lässt sich mit Blick auf das Vorbringen der vor ihrer Abschiebung – unstreitig - vollziehbar ausreisepflichtigen Antragstellerin nicht feststellen, dass ihr aufgrund ihrer am 8. Januar 2014 vom Antragsgegner durchgeführten Abschiebung der geltend gemachte Folgenbeseitigungsanspruch zusteht.
16Die Abschiebung war zwar jedenfalls zu Beginn rechtswidrig. Nach den vor der Abschiebung erstellten maßgeblichen ärztlichen Berichten sollte im Anschluss an die Ankunft im Zielstaat der Abschiebung eine stationäre psychiatrische Aufnahme gewährleistet sein, die der Antragsgegner nicht hinreichend organisiert hatte. Deshalb stand der Antragstellerin vor der Abschiebung ein Duldungsanspruch nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG zu, weil die Abschiebung mit Blick auf die der Antragstellerin drohenden Gesundheitsgefahren aus rechtlichen Gründen unmöglich war. Es fehlt aber an einem andauernden rechtswidrigen Zustand und damit an einer der oben genannten weiteren Voraussetzungen des Folgenbeseitigungsanspruchs.
17Nach der vom Verwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 15. Januar 2014 – 22 L 72/14 – im vom Antragsgegner eingeleiteten Abänderungsverfahren zutreffend zitierten Senatsrechtsprechung,
18vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28. Dezember 2010 – 18 B 1599/10 -, juris,
19kann ein auf einen Duldungsanspruch nach § 60a Abs. 2 AufenthG führendes inlandsbezogenes Abschiebungshindernis gegeben sein, wenn sich der Gesundheitszustand des Ausländers unmittelbar durch die Abschiebung bzw. als unmittelbare Folge davon voraussichtlich wesentlich verschlechtern wird.
20Zu den auf einen Duldungsanspruch führenden Maßstäben hat der Senat seine Rechtsprechung im genannten Beschluss im Weiteren wie folgt dargestellt:
21„Wann dies der Fall ist und welche Anforderungen an die staatliche Schutzpflicht zu stellen sind, bestimmt sich nach den Besonderheiten des Einzelfalls.
22Für die Annahme eines inlandsbezogenen Abschiebungshindernisses wegen Gesundheitsgefahren ist danach erstens erforderlich, dass eine Gesundheitsverschlechterung von erheblichem Gewicht zu erwarten ist. Insoweit ist auf die Wertung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG abzustellen: Eine durch die Ausreise eintretende Gesundheitsverschlechterung ist jedenfalls dann nicht mehr zumutbar, wenn dadurch konkrete erhebliche Gefahren für die Gesundheit des Betreffenden von einem Gewicht einzutreten drohen, dass sie gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG einer Abschiebung entgegenstünden. Soweit sich unterhalb dieser Schwelle durch die Ausreise bzw. Abschiebung eine Gesundheitsverschlechterung einstellen sollte, hat sie der Ausländer hingegen grundsätzlich hinzunehmen. Eine mit der Erkenntnis der Aussichtslosigkeit eines Bleiberechts für Deutschland und einer bevorstehenden Rückkehr in das Heimatland einhergehende Gefährdung bzw. Verschlechterung des Gesundheitszustandes führt für sich genommen regelmäßig nicht auf eine Reiseunfähigkeit. Indem das Aufenthaltsgesetz ebenso wie zuvor das Ausländergesetz die Abschiebung vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer unter bestimmten Voraussetzungen vorsieht (vgl. § 58 AufenthG), nimmt es in diesem Zusammenhang vielfach zu erwartende Auswirkungen auf den gesundheitlichen und insbesondere auf den psychischen Zustand der Betroffenen in Kauf und lässt diese nur beim Vorliegen besonderer Umstände, die durch § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ihre Begrenzung erfahren, als Abschiebungsverbote gelten.
23Vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 15. September 2004 ‑ 18 B 2014/04 ‑, vom 4. November 2005 ‑ 18 B 94/05 ‑ und vom 13. Januar 2006 ‑ 18 B 1023/05 ‑.
24Zweitens sind die geltend gemachten Erkrankungen und etwa zu befürchtende Verschlechterungen nur hinsichtlich des Vollzugs der Abschiebung als solcher in den Blick zu nehmen.
25Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2002 ‑ 1 C 1.02 ‑, Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 66.
26Abzugrenzen ist insoweit zu zielstaatsbezogenen Folgen der Abschiebung, namentlich der Frage der Behandelbarkeit vorliegender Erkrankungen, hinsichtlich welcher – sofern Asylverfahren durchgeführt sind – gemäß § 42 Satz 1 AsylVfG Bindungswirkung an die diesbezügliche Entscheidung des insoweit zuständigen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (vor Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes: Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge) besteht. Zwar ist Zweck und Folge der Abschiebung, dass der/die Betreffende sich danach im Heimatland befindet. Das macht die damit verbundenen Erschwernisse aber nicht zu ‚unmittelbaren Folgen der Abschiebung‘ im Sinne oben genannter Begriffsbestimmung. Diejenigen Gefahren, die dem Ausländer aufgrund des Aufenthalts bzw. im Zusammenhang mit dem Aufenthalt im Zielstaat der Abschiebung drohen, sind vielmehr zielstaatsbezogen.
27Vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 29. September 2004 ‑ 18 B 1657/04 ‑ mit weiteren Nachweisen und vom 4. November 2005 – 18 B 94/05 ‑.
28Insofern ist es (auch) eine zielstaatsbezogene Frage, ob eine ärztliche/psychologische Versorgung im Zielstaat vorhanden ist und eine begonnene Therapie dort weitergeführt werden kann.
29Im Hinblick auf die Schutzpflicht der Ausländerbehörde gilt, dass diese durch eine entsprechende Gestaltung der Abschiebung die notwendigen Vorkehrungen – etwa durch ärztliche Hilfen bis hin zur Flugbegleitung – zu treffen hat, damit eine Abschiebung verantwortet werden kann. Wenn dem Ausländer unmittelbar nach seiner Ankunft im Zielstaat eine Gesundheitsgefährdung im vorgenannten Sinne droht, endet die Schutzpflicht nicht mit der Ankunft des Ausländers im Zielstaat, sondern dauert bis zum Übergang in eine Versorgung und Betreuung dort fort. Dann ist sicher zu stellen, dass erforderliche Hilfen rechtzeitig nach der Ankunft im Heimatland zur Verfügung stehen, wobei der Ausländer allerdings auch in diesem Zusammenhang auf den allgemein üblichen Standard der Möglichkeiten in seinem Heimatland verwiesen ist.
30Vgl. Senatsbeschluss vom 27. Juli 2006 ‑ 18 B 586/06 ‑, NWVBl. 2007, 55.
31Dies zugrunde gelegt kann bei einer psychischen Erkrankung, wie sie hier in Rede steht, vom Vorliegen eines inlandsbezogenen Vollstreckungshindernisses im genannten Sinn außer in Fällen einer Flugreise- bzw. Transportuntauglichkeit im engen Sinne nur ausgegangen werden, wenn entweder im Rahmen einer Abschiebung die ernsthafte Gefahr einer Selbsttötung des Ausländers droht, der auch nicht durch ärztliche Hilfen oder in sonstiger Weise wirksam begegnet werden kann
32– vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 30. Dezember 2004 ‑ 18 B 2690/04 ‑ und vom 13. Januar 2006 ‑ 18 B 1023/05 ‑, jeweils mit weiteren Nachweisen –
33(...), oder wenn dem Ausländer unmittelbar durch die Abschiebung bzw. als unmittelbare Folge davon sonst konkret eine erhebliche und nachhaltige Verschlechterung des Gesundheitszustands droht, die allerdings – in Abgrenzung zu zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernissen – nicht wesentlich (erst) durch die Konfrontation des Betreffenden mit den Gegebenheiten im Zielstaat bewirkt werden darf (...). Ferner kann ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis aufgrund einer (auch psychischen) Erkrankung vorliegen, wenn dem Ausländer bei seiner Ankunft im Zielstaat eine Gefährdung im Sinne des oben aufgezeigten Maßstabs droht, weil es an einer erforderlichen, unmittelbar nach der Ankunft einsetzenden Versorgung und Betreuung fehlt.“
34Gemessen an diesen Maßstäben hat die Antragstellerin mit Blick auf ihre psychische Erkrankung einen vor ihrer Abschiebung am 8. Januar 2014 bestehenden Duldungsanspruch nach § 60a Abs. 2 AufenthG glaubhaft gemacht.
35Denn vom Antragsgegner ist vor der Abschiebung der Antragstellerin die (auch) amtsärztlich für erforderlich gehaltene Gewährleistung einer stationären psychiatrischen Aufnahme im direkten Anschluss an ihre Rückführung ins Heimatland nicht organisiert worden. Dies führte nach der dargestellten Senatsrechtsprechung bis zur entsprechenden Organisation durch den Antragsgegner wegen der einen Grundrechtseingriff nach Art. 2 Abs. 2 GG darstellenden Gesundheitsgefahren auf einen Anspruch der Antragstellerin auf Aussetzung der Abschiebung (Duldung) nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG.
36Im Auftrag des Antragsgegners hatte dessen Gesundheitsamt die Frage nach der Flug- und Reisetauglichkeit der Antragstellerin in der amtsärztlichen Stellungnahme vom 15. Oktober 2013 nach Einholung des neurologisch-psychiatrischen Fachgutachtens des Facharztes für Neurologie, psychosomatische Medizin und Psychotherapie Dr. med. L. vom 1. Oktober 2013 unter Zitierung der dortigen Ausführungen wie folgt beantwortet: „Bei der Betroffenen liegt eine depressive Anpassungsstörung… vor. Flug- und Reisetauglichkeit liegt vor. Wegen vorliegender Suizidideen sollte die Abschiebung ohne vorheriges Wissen der Probandin erfolgen. Zusätzlich sollte die Rückführung in ständiger Begleitung erfolgen. Direkt im Anschluss sollte eine stationäre psychiatrische Aufnahme gewährleistet sein.“
37Von der Maßgeblichkeit dieser Vorgaben ist auch der Antragsgegner nach Aktenlage ersichtlich ausgegangen. Dass die vom Antragsgegner insoweit vor der Abschiebung der Antragstellerin getroffenen Maßnahmen jedoch offensichtlich nicht ausreichend waren, hat das Verwaltungsgericht in seinem im Abänderungsverfahren ergangenen Beschluss vom 15. Januar 2014 in zutreffender Weise ausgeführt.
38Diesen Fehler hat der Antragsgegner aber jedenfalls nachträglich mit der Folge korrigiert, dass dieser mit der Abschiebung zunächst verbundene rechtswidrige Zustand entfallen ist. Aufgrund der unter Kostenübernahme durch den Antragsgegner im Anschluss an die Abschiebung erfolgten stationären Behandlung der Antragstellerin in einer Privatklinik in N. kann von einer insoweit noch andauernden Rechtsverletzung der Antragstellerin nicht mehr ausgegangen werden. In dieser Klinik war nämlich nach dem ärztlichen Befundbericht des Regionalarztes der Botschaft vom 10. Januar 2014 eine psychiatrische Mitbeurteilung möglich. Aus dieser Klinik wurde die Antragstellerin ausweislich des Entlassungsberichtes vom 15. Januar 2014 ohne in psychiatrischer Hinsicht erforderliche weitere Behandlung am 14. Januar 2014 entlassen.
39Daher kann offen bleiben, ob - wofür vieles spricht – ein andauernder rechtswidriger Zustand bereits ab dem Zeitpunkt entfallen war, als die Antragstellerin nach Aktenlage am 9. bzw. 10. Januar 2014 einige Stunden nach der Landung in N. jede Art von fachärztlicher psychiatrischer Behandlung oder Untersuchung strikt ablehnte (Beiakte Heft 5 Blatt 700 f.) bzw. am 10. Januar 2014 dem Regionalarzt der Botschaft gegenüber eine Unterbringung bzw. Behandlung in einem staatlichen russischen Krankenhaus ablehnte (vgl. Beiakte Heft 5 Blatt 701 und 710 sowie Beiakte Heft 6 Blatt 998). Denn ein Ausländer ist nach der bereits dargestellten Senatsrechtsprechung auf den allgemein üblichen Standard der Behandlungsmöglichkeiten in seinem Heimatland verwiesen. Ebenso kann aus den zuvor genannten Gründen die Frage offen bleiben, welche Bedeutung dem Umstand zukommt, dass die Antragstellerin bereits während des Flugs gegenüber dem sie nach N. begleitenden Arzt seiner Stellungnahme vom 13. Januar 2014 zufolge auf ausdrückliche Nachfrage eine stationäre Therapie ablehnte.
40Entgegen der vom Verwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 15. Januar 2014 vertretenen Auffassung ergibt sich ein Folgenbeseitigungsanspruch der Antragstellerin auf Rücküberstellung bzw. Rückkehr ins Bundesgebiet auch nicht mit Rücksicht darauf, dass ihr vor ihrer Abschiebung die konkreten Modalitäten derselben nicht mitgeteilt worden sind. Eine dahingehende Mitteilungspflicht bestand nicht. Sie ist vom Senat lediglich in einer besonderen Fallkonstellation angenommen worden: Erweist sich eine geplante Abschiebung im Rahmen eines Verfahrens nach § 123 VwGO als unzulässig wegen unzureichender Vorsorge der Ausländerbehörde im Hinblick auf die erforderliche Gewährleistung des Übergangs in die Versorgungssysteme im Zielstaat, so kann das Gericht die Abschiebung untersagen und die Ausländerbehörde damit nach Sicherstellung des dementsprechenden Übergangs auf ein Abänderungsverfahren entsprechend § 80 Abs. 7 VwGO verweisen. Stattdessen kann das Gericht sich aber auch darauf beschränken, die Abschiebung zunächst lediglich für einen bestimmten Zeitraum zu untersagen, um der Ausländerbehörde die Möglichkeit zu geben, die Abschiebung nach Ablauf dieses Zeitraums und Sicherstellung des Übergangs auch ohne Durchführung eines Verfahrens nach § 80 Abs. 7 VwGO erneut zu betreiben. Lediglich in der letztgenannten Variante hat der Senat aus Art. 19 Abs. 4 GG eine Verpflichtung der Ausländerbehörde abgeleitet, dem Ausländer die Modalitäten der Abschiebung rechtzeitig mitzuteilen, damit der Ausländer im Hinblick auf diese Information nicht in eine ungünstigere Situation gerät, als sie bei Durchführung eines Abänderungsverfahrens entsprechend § 80 Abs. 7 VwGO bestünde.
41Vgl. die Senatsbeschlüsse vom 28. Dezember 2010 – 18 B 1599/10 – , juris Rn. 22, und vom 29. November 2010 – 18 B 910/10 –, juris, Rn. 24 f.
42Davon ausgehend war die vom Verwaltungsgericht angesprochene Mitteilung nicht erforderlich. Klarstellend sei aber darauf hingewiesen, dass die Ausländerbehörde im Einzelfall gebotene und getroffene Vorkehrungen in ihren Verwaltungsakten zu dokumentieren hat, damit der Ausländer - ggf. durch Akteneinsicht – und das Gericht in einem Abschiebungsschutzverfahren überprüfen können, ob diese eingehalten worden sind. Ungeachtet der Entbehrlichkeit der vom Verwaltungsgericht angenommenen Mitteilung ist zu berücksichtigen, dass eine solche Mitteilung allein der Gewährung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG dient, d.h. dem Ziel, durch Erlangung gerichtlichen Eilrechtsschutzes Rechtsverletzungen eines Ausländers durch eine geplante Abschiebung zu verhindern. Die Mitteilung hat dienende Funktion im Interesse des materiellen Rechtsgüterschutzes. Ein auf eine unterlassene Mitteilung gestützter Folgenbeseitigungsanspruch kann deshalb nicht weiter gehen als der an die Verletzung des materiellen Rechts anknüpfende. Lässt sich, wie bereits ausgeführt, jedenfalls aufgrund der vom Antragsgegner nachträglich getroffenen Maßnahmen eine noch andauernde Verletzung materieller Rechte der Antragstellerin nicht feststellen, so ist ein Folgenbeseitigungsanspruch auch nicht wegen einer unterlassenen – dem Schutz dieser Rechte dienenden - Mitteilung der konkreten Modalitäten einer Abschiebung gegeben.
43Der geltend gemachte Folgenbeseitigungsanspruch kann weiterhin auch nicht aus dem Umstand abgeleitet werden, dass die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 1. Juli 2013 einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG wegen einer krankheitsbedingten Reiseunfähigkeit gestellt hat, der bislang nicht beschieden worden ist. Dieser Antrag führte vor bzw. im Zeitpunkt ihrer Abschiebung nicht auf einen Duldungsanspruch nach § 60a Abs. 2 AufenthG und deshalb schon nicht auf eine vom Antragsgegner rechtswidrig durchgeführte Abschiebung.
44Für die Dauer eines Erteilungsverfahrens für eine Aufenthaltserlaubnis kann trotz fehlender Fiktionswirkung zwar ausnahmsweise ein Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung (Duldung) bestehen, wenn nur so sichergestellt werden kann, dass eine ausländerrechtliche Regelung einem möglicherweise Begünstigten zugute kommt, wobei das Vorliegen der Voraussetzungen des Aufenthaltserlaubnisanspruchs glaubhaft zu machen ist.
45Vgl. OVG NRW, vom 5. Dezember 2011 – 18 B 910/11 -, juris.
46Dies hat der Senat mit Blick auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,
47vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Juni 2011 – 1 C 5.10 -, juris Rn. 10, wonach § 25 Abs. 5 AufenthG die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an einen Ausländer, der sich nicht mehr im Bundesgebiet aufhält, nicht vorsieht,
48zuletzt grundsätzlich auch für einen Anspruch nach § 25 Abs. 5 AufenthG angenommen.
49Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 25. Oktober 2012 ‑ 18 B 1571/11 -, vom 25. September 2012 – 18 B 1263/11 - und vom 5. Dezember 2011 – 18 B 910/11 -, juris.
50Die Antragstellerin hatte aber vor ihrer Abschiebung – ungeachtet der Frage, ob der begehrten Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG nicht § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG entgegensteht - das Vorliegen sämtlicher Anspruchsvoraussetzungen nicht dargelegt und glaubhaft gemacht. Die Antragstellerin, die zum Zeitpunkt ihrer Ausreise nicht im Besitz eines gültigen Reisepasses war, hatte schon nicht glaubhaft gemacht, die allgemeine (Regel-) Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG, d.h. die Passpflicht nach § 3 AufenthG zu erfüllen. Anhaltspunkte, die die Annahme eines Ausnahmefalls von der Regelerteilungsvoraussetzung oder ein Absehen hiervon nach Ermessen gem. § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG rechtfertigen könnten, sind auf der Grundlage des Vorbringens der Antragstellerin, die erst mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 1. Juli 2013 überhaupt einräumte, seit ihrer Einreise in das Bundesgebiet im Jahre 2008 über ihre Identität getäuscht zu haben (Beiakte Heft 3 Blatt 417), ebenfalls nicht erkennbar. Daher kann sogar dahinstehen, ob der begehrten Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG nicht schon § 25 Abs. 5 Satz 3 AufenthG entgegenstand. Abgesehen davon dürfte sich auch nicht feststellen lassen, dass mit dem Wegfall des zum Zeitpunkt ihrer Abschiebung gegebenen inlandsbezogenen Abschiebungshindernisses der krankheitsbedingten Reiseunfähigkeit, wie es § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG des Weiteren erfordert, in absehbarer Zeit nicht zu rechnen gewesen wäre. Es sind keine konkreten Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass vom Antragsgegner – wie umgehend nach der Abschiebung tatsächlich geschehen – in absehbarer Zeit eine mögliche stationäre psychiatrische Aufnahme der Antragstellerin im direkten Anschluss an ihre Rückführung in ihr Heimatland, und zwar gegebenenfalls unter Einbeziehung des den Flug begleitenden Arztes, der Fluggesellschaft, eigener Mitarbeiter und/oder unter Einschaltung eines in N. ansässigen Rechtsanwaltes nebst entsprechender Kostenzusage für die medizinische Behandlung, nicht zu organisieren gewesen wäre.
51Das Vorbringen der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren zur Behandlungsbedürftigkeit von weiteren bzw. nach ihrer Entlassung aus der Privatklinik in N. erneut aufgetretenen Erkrankungen vermag von vornherein nicht zur Rechtswidrigkeit der Abschiebung und demzufolge nicht auf einen auf Rücküberstellung ins Bundesgebiet gerichteten Folgenbeseitigungsanspruch zu führen. Nach den oben aufgezeigten Maßstäben handelt es sich nämlich insoweit allenfalls um Gefahren, die der Antragstellerin aufgrund des Aufenthalts bzw. im Zusammenhang mit dem Aufenthalt im Zielstaat der Abschiebung drohen, mithin um zielstaatsbezogene Folgen der Abschiebung und nicht um „unmittelbare Folgen der Abschiebung“. Da die Antragstellerin erfolglos Asylverfahren durchgeführt hat, ist der Antragsgegner jedoch hinsichtlich solcher zielstaatsbezogenen Folgen einer Abschiebung gemäß § 42 AsylVfG an die rechts- bzw. bestandskräftigen Feststellungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge gebunden, wonach dementsprechende Abschiebungsverbote nicht bestehen.
52Auch im Übrigen werden von der Antragstellerin keine Umstände aufgezeigt, die auf einen im Wege der einstweiligen Anordnung durchsetzbaren Folgenbeseitigungsanspruch auf Rücküberstellung ins Bundesgebiet führen.
53Lediglich ergänzend wird darauf hingewiesen, dass der Umstand, dass der Antragsgegner seit der Abschiebung der Antragstellerin sowohl die Kosten für ihre medizinischen Behandlungen als auch ihre Lebensunterhaltssicherung im Heimatland getragen hat, zu keiner anderen Wertung führt. Der Antragsgegner kam bzw. kommt insoweit nur den ihm mit dem angefochtenen Beschluss auferlegten – auch nach Erlass der Zwischenentscheidung des Senats mit Beschluss vom 13. März 2014 weiterhin - vollziehbaren Verpflichtungen nach. Diese und auch die weiteren dem Antragsgegner mit dem angefochtenen Beschluss unter Ziffer 2. auferlegten Verpflichtungen dienen ebenso wie die unter Ziffer 1. des angefochtenen Beschlusses getroffene Feststellung allein der Durchsetzung/Sicherung des nach Auffassung des Verwaltungsgerichts bestehenden Rücküberstellungs- bzw. Folgenbeseitigungsanspruchs der Antragstellerin. Ist hingegen entgegen der vom Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung kein solcher Anspruch gegeben, bedarf es keines weiteren Eingehens auf die vom Verwaltungsgericht im Einzelnen getroffene(n) Feststellung/Anordnungen, die es als erforderlich erachtet hat, um dem Antragsbegehren der Antragstellerin (§ 88 VwGO) auf Rücküberstellung ins Bundesgebiet Rechnung zu tragen. Ebenso erübrigen sich Ausführungen zu den von der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2014 gestellten Anträgen, die ebenfalls allein der Durchsetzung des von ihr weiterhin geltend gemachten Anspruchs auf Rücküberstellung ins Bundesgebiet dienen sollen.
54Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 2 GKG.
55Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.
(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.
(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.
(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.
(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.
(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.
(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.
(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.
(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.
(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn
- 1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen, - 2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder - 3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 3. Februar 2017 - 10 K 7668/16 - geändert, soweit er die Anträge auf vorläufigen Rechtsschutz ablehnt.
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Abschiebung der Antragsteller bis zum 15. März 2017 auszusetzen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 10.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
|
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 3. Februar 2017 - 10 K 7668/16 - geändert, soweit er die Anträge auf vorläufigen Rechtsschutz ablehnt.
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Abschiebung der Antragsteller bis zum 15. März 2017 auszusetzen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 10.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
|
Tenor
Der angegriffene Beschluss wird geändert.
Der Antrag, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zur Rücküberstellung der Antragstellerin nach Deutschland zu verpflichten, wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 1.250 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e
2I.
3Die Antragstellerin wurde am 8. Januar 2014 vom Antragsgegner in ihr Heimatland abgeschoben. Nachdem sie kurz vor ihrem Abflug beim Verwaltungsgericht zunächst um Abschiebungsschutz nachgesucht hatte, hat sie sodann ihren Antrag auf unverzügliche Rücküberstellung nach Deutschland umgestellt. Das Verwaltungsgericht hat dem Rücküberstellungsantrag mit dem angegriffenen Beschluss vom 9. Januar 2014 stattgegeben und dem Antragsgegner neben der unter Ziffer 1 getroffenen Feststellung, dass die Abschiebung vorläufig keine Einreisesperre auslöse, zur Durchsetzung/Sicherung des Anspruchs der Antragstellerin unter Ziffer 2 konkrete Verpflichtungen auferlegt. Nach Ablehnung des vom Antragsgegner zunächst gestellten Abänderungsantrags mit Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 15. Januar 2014 ‑ 22 L 72/14 –, hat der Antragsgegner gegen den Beschluss vom 9. Januar 2014 Beschwerde eingelegt.
4II.
5Die zulässige Beschwerde hat Erfolg. Die vom Antragsgegner dargelegten Gründe führen zur Änderung des angegriffenen Beschlusses und zur Ablehnung des Rücküberstellungsantrags. Damit entfallen auch die Feststellung/Anordnungen zu Ziffer 1 und 2 des angegriffenen Beschlusses.
6Die Antragstellerin hat einen im Wege der einstweiligen Anordnung sicherungsfähigen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 1 und 3 VwGO; § 294 ZPO). Es ist nach ihrem Vorbringen nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit festzustellen, dass sie nach ihrer Abschiebung in die Russische Föderation derzeit einen auf Rücküberstellung, d.h. Rückkehr bzw. Wiedereinreise ins Bundesgebiet gerichteten Anspruch hat.
7Begehrt ein abgeschobener Ausländer die Rückgängigmachung der Abschiebung nicht im Wege einer Klage, sondern im Wege einer einstweiligen Anordnung, bedeutet eine entsprechende Verpflichtung nach § 123 VwGO bereits eine Vorwegnahme der Hauptsache. Das einstweilige Rechtsschutzverfahren nach § 123 VwGO dient allerdings regelmäßig nur der vorläufigen Regelung eines Rechtsverhältnisses; einem Antragsteller soll grundsätzlich nicht bereits das gewährt werden, was er nur in einem Hauptsacheverfahren erreichen kann. Aus diesem Grundsatz folgt, dass einem Eilantrag auf Rückgängigmachung einer Abschiebung im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO nur stattgegeben werden kann, wenn dies zur Gewährung effektiven Rechtschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG, insbesondere zur Verwirklichung von Grundrechten, schlechterdings unabweisbar ist, d.h. wenn die sonst zu erwartenden Nachteile für einen Antragsteller unzumutbar und im Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären. Dies setzt neben der Glaubhaftmachung einer besonderen Eilbedürftigkeit, des sog. Anordnungsgrundes, zudem eine weit überwiegende Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs in der Hauptsache voraus.
8Vgl. Sächs. OVG, Beschlüsse vom 14. Dezember 2011 – 3 B 244/11 -, juris Rn. 5, und vom 8. Januar 2009 – 3 B 8/09 -, juris, Rn. 3; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 11. März 2008 - 13 S 418/08 -, juris Rn. 7; OVG Saarl., Beschluss vom 24. Januar 2003 – 9 W 50/02 -, juris, Rn. 26.
9Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Als Grundlage für das verfolgte Begehren kommt allein ein Folgenbeseitigungsanspruch in Betracht. Dieser setzt voraus, dass durch einen hoheitlichen Eingriff – hier die Abschiebungsmaßnahme – ein subjektives Recht des Betroffenen verletzt worden und dadurch für diesen ein andauernder rechtswidriger Zustand entstanden ist, dessen Beseitigung tatsächlich und rechtlich möglich ist.
10Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. August 1993 – 4 C 24.91 -, juris; OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 8. Juli 2010 – 3 S 26.10 -, juris Rn. 15 ; OVG NRW, Beschluss vom 30. November 2007 – 17 B 2297/06 -, juris Rn. 6; Thür. OVG, Beschluss vom 27. Juni 2006 – 3 EO 354/06 -, juris Rn. 7; OVG Saarl., Beschluss vom 24. Januar 2003 – 9 W 50/02 -, juris, Rn. 23.
11Der Folgenbeseitigungsanspruch knüpft mithin nicht allein an die Rechtswidrigkeit des Eingriffsaktes an, sondern an die Rechtswidrigkeit des dadurch geschaffenen Zustands.
12Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Mai 1989 – 7 C 2.87 -, juris Rn. 80.
13In einem solchen Fall kann der in seinem subjektiven Recht verletzte Betroffene verlangen, dass derjenige rechtmäßige Zustand wiederhergestellt wird, der unverändert bestünde, wenn es zu dem rechtswidrigen Eingriff und dem damit verbundenen, andauernden rechtswidrigen Zustand nicht gekommen wäre.
14Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. August 1993 – 4 C 24.91 -, juris; OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 8. Juli 2010 – 3 S 26.10 -, juris Rn. 15.
15Gemessen an diesen Maßstäben lässt sich mit Blick auf das Vorbringen der vor ihrer Abschiebung – unstreitig - vollziehbar ausreisepflichtigen Antragstellerin nicht feststellen, dass ihr aufgrund ihrer am 8. Januar 2014 vom Antragsgegner durchgeführten Abschiebung der geltend gemachte Folgenbeseitigungsanspruch zusteht.
16Die Abschiebung war zwar jedenfalls zu Beginn rechtswidrig. Nach den vor der Abschiebung erstellten maßgeblichen ärztlichen Berichten sollte im Anschluss an die Ankunft im Zielstaat der Abschiebung eine stationäre psychiatrische Aufnahme gewährleistet sein, die der Antragsgegner nicht hinreichend organisiert hatte. Deshalb stand der Antragstellerin vor der Abschiebung ein Duldungsanspruch nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG zu, weil die Abschiebung mit Blick auf die der Antragstellerin drohenden Gesundheitsgefahren aus rechtlichen Gründen unmöglich war. Es fehlt aber an einem andauernden rechtswidrigen Zustand und damit an einer der oben genannten weiteren Voraussetzungen des Folgenbeseitigungsanspruchs.
17Nach der vom Verwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 15. Januar 2014 – 22 L 72/14 – im vom Antragsgegner eingeleiteten Abänderungsverfahren zutreffend zitierten Senatsrechtsprechung,
18vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28. Dezember 2010 – 18 B 1599/10 -, juris,
19kann ein auf einen Duldungsanspruch nach § 60a Abs. 2 AufenthG führendes inlandsbezogenes Abschiebungshindernis gegeben sein, wenn sich der Gesundheitszustand des Ausländers unmittelbar durch die Abschiebung bzw. als unmittelbare Folge davon voraussichtlich wesentlich verschlechtern wird.
20Zu den auf einen Duldungsanspruch führenden Maßstäben hat der Senat seine Rechtsprechung im genannten Beschluss im Weiteren wie folgt dargestellt:
21„Wann dies der Fall ist und welche Anforderungen an die staatliche Schutzpflicht zu stellen sind, bestimmt sich nach den Besonderheiten des Einzelfalls.
22Für die Annahme eines inlandsbezogenen Abschiebungshindernisses wegen Gesundheitsgefahren ist danach erstens erforderlich, dass eine Gesundheitsverschlechterung von erheblichem Gewicht zu erwarten ist. Insoweit ist auf die Wertung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG abzustellen: Eine durch die Ausreise eintretende Gesundheitsverschlechterung ist jedenfalls dann nicht mehr zumutbar, wenn dadurch konkrete erhebliche Gefahren für die Gesundheit des Betreffenden von einem Gewicht einzutreten drohen, dass sie gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG einer Abschiebung entgegenstünden. Soweit sich unterhalb dieser Schwelle durch die Ausreise bzw. Abschiebung eine Gesundheitsverschlechterung einstellen sollte, hat sie der Ausländer hingegen grundsätzlich hinzunehmen. Eine mit der Erkenntnis der Aussichtslosigkeit eines Bleiberechts für Deutschland und einer bevorstehenden Rückkehr in das Heimatland einhergehende Gefährdung bzw. Verschlechterung des Gesundheitszustandes führt für sich genommen regelmäßig nicht auf eine Reiseunfähigkeit. Indem das Aufenthaltsgesetz ebenso wie zuvor das Ausländergesetz die Abschiebung vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer unter bestimmten Voraussetzungen vorsieht (vgl. § 58 AufenthG), nimmt es in diesem Zusammenhang vielfach zu erwartende Auswirkungen auf den gesundheitlichen und insbesondere auf den psychischen Zustand der Betroffenen in Kauf und lässt diese nur beim Vorliegen besonderer Umstände, die durch § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ihre Begrenzung erfahren, als Abschiebungsverbote gelten.
23Vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 15. September 2004 ‑ 18 B 2014/04 ‑, vom 4. November 2005 ‑ 18 B 94/05 ‑ und vom 13. Januar 2006 ‑ 18 B 1023/05 ‑.
24Zweitens sind die geltend gemachten Erkrankungen und etwa zu befürchtende Verschlechterungen nur hinsichtlich des Vollzugs der Abschiebung als solcher in den Blick zu nehmen.
25Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2002 ‑ 1 C 1.02 ‑, Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 66.
26Abzugrenzen ist insoweit zu zielstaatsbezogenen Folgen der Abschiebung, namentlich der Frage der Behandelbarkeit vorliegender Erkrankungen, hinsichtlich welcher – sofern Asylverfahren durchgeführt sind – gemäß § 42 Satz 1 AsylVfG Bindungswirkung an die diesbezügliche Entscheidung des insoweit zuständigen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (vor Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes: Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge) besteht. Zwar ist Zweck und Folge der Abschiebung, dass der/die Betreffende sich danach im Heimatland befindet. Das macht die damit verbundenen Erschwernisse aber nicht zu ‚unmittelbaren Folgen der Abschiebung‘ im Sinne oben genannter Begriffsbestimmung. Diejenigen Gefahren, die dem Ausländer aufgrund des Aufenthalts bzw. im Zusammenhang mit dem Aufenthalt im Zielstaat der Abschiebung drohen, sind vielmehr zielstaatsbezogen.
27Vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 29. September 2004 ‑ 18 B 1657/04 ‑ mit weiteren Nachweisen und vom 4. November 2005 – 18 B 94/05 ‑.
28Insofern ist es (auch) eine zielstaatsbezogene Frage, ob eine ärztliche/psychologische Versorgung im Zielstaat vorhanden ist und eine begonnene Therapie dort weitergeführt werden kann.
29Im Hinblick auf die Schutzpflicht der Ausländerbehörde gilt, dass diese durch eine entsprechende Gestaltung der Abschiebung die notwendigen Vorkehrungen – etwa durch ärztliche Hilfen bis hin zur Flugbegleitung – zu treffen hat, damit eine Abschiebung verantwortet werden kann. Wenn dem Ausländer unmittelbar nach seiner Ankunft im Zielstaat eine Gesundheitsgefährdung im vorgenannten Sinne droht, endet die Schutzpflicht nicht mit der Ankunft des Ausländers im Zielstaat, sondern dauert bis zum Übergang in eine Versorgung und Betreuung dort fort. Dann ist sicher zu stellen, dass erforderliche Hilfen rechtzeitig nach der Ankunft im Heimatland zur Verfügung stehen, wobei der Ausländer allerdings auch in diesem Zusammenhang auf den allgemein üblichen Standard der Möglichkeiten in seinem Heimatland verwiesen ist.
30Vgl. Senatsbeschluss vom 27. Juli 2006 ‑ 18 B 586/06 ‑, NWVBl. 2007, 55.
31Dies zugrunde gelegt kann bei einer psychischen Erkrankung, wie sie hier in Rede steht, vom Vorliegen eines inlandsbezogenen Vollstreckungshindernisses im genannten Sinn außer in Fällen einer Flugreise- bzw. Transportuntauglichkeit im engen Sinne nur ausgegangen werden, wenn entweder im Rahmen einer Abschiebung die ernsthafte Gefahr einer Selbsttötung des Ausländers droht, der auch nicht durch ärztliche Hilfen oder in sonstiger Weise wirksam begegnet werden kann
32– vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 30. Dezember 2004 ‑ 18 B 2690/04 ‑ und vom 13. Januar 2006 ‑ 18 B 1023/05 ‑, jeweils mit weiteren Nachweisen –
33(...), oder wenn dem Ausländer unmittelbar durch die Abschiebung bzw. als unmittelbare Folge davon sonst konkret eine erhebliche und nachhaltige Verschlechterung des Gesundheitszustands droht, die allerdings – in Abgrenzung zu zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernissen – nicht wesentlich (erst) durch die Konfrontation des Betreffenden mit den Gegebenheiten im Zielstaat bewirkt werden darf (...). Ferner kann ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis aufgrund einer (auch psychischen) Erkrankung vorliegen, wenn dem Ausländer bei seiner Ankunft im Zielstaat eine Gefährdung im Sinne des oben aufgezeigten Maßstabs droht, weil es an einer erforderlichen, unmittelbar nach der Ankunft einsetzenden Versorgung und Betreuung fehlt.“
34Gemessen an diesen Maßstäben hat die Antragstellerin mit Blick auf ihre psychische Erkrankung einen vor ihrer Abschiebung am 8. Januar 2014 bestehenden Duldungsanspruch nach § 60a Abs. 2 AufenthG glaubhaft gemacht.
35Denn vom Antragsgegner ist vor der Abschiebung der Antragstellerin die (auch) amtsärztlich für erforderlich gehaltene Gewährleistung einer stationären psychiatrischen Aufnahme im direkten Anschluss an ihre Rückführung ins Heimatland nicht organisiert worden. Dies führte nach der dargestellten Senatsrechtsprechung bis zur entsprechenden Organisation durch den Antragsgegner wegen der einen Grundrechtseingriff nach Art. 2 Abs. 2 GG darstellenden Gesundheitsgefahren auf einen Anspruch der Antragstellerin auf Aussetzung der Abschiebung (Duldung) nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG.
36Im Auftrag des Antragsgegners hatte dessen Gesundheitsamt die Frage nach der Flug- und Reisetauglichkeit der Antragstellerin in der amtsärztlichen Stellungnahme vom 15. Oktober 2013 nach Einholung des neurologisch-psychiatrischen Fachgutachtens des Facharztes für Neurologie, psychosomatische Medizin und Psychotherapie Dr. med. L. vom 1. Oktober 2013 unter Zitierung der dortigen Ausführungen wie folgt beantwortet: „Bei der Betroffenen liegt eine depressive Anpassungsstörung… vor. Flug- und Reisetauglichkeit liegt vor. Wegen vorliegender Suizidideen sollte die Abschiebung ohne vorheriges Wissen der Probandin erfolgen. Zusätzlich sollte die Rückführung in ständiger Begleitung erfolgen. Direkt im Anschluss sollte eine stationäre psychiatrische Aufnahme gewährleistet sein.“
37Von der Maßgeblichkeit dieser Vorgaben ist auch der Antragsgegner nach Aktenlage ersichtlich ausgegangen. Dass die vom Antragsgegner insoweit vor der Abschiebung der Antragstellerin getroffenen Maßnahmen jedoch offensichtlich nicht ausreichend waren, hat das Verwaltungsgericht in seinem im Abänderungsverfahren ergangenen Beschluss vom 15. Januar 2014 in zutreffender Weise ausgeführt.
38Diesen Fehler hat der Antragsgegner aber jedenfalls nachträglich mit der Folge korrigiert, dass dieser mit der Abschiebung zunächst verbundene rechtswidrige Zustand entfallen ist. Aufgrund der unter Kostenübernahme durch den Antragsgegner im Anschluss an die Abschiebung erfolgten stationären Behandlung der Antragstellerin in einer Privatklinik in N. kann von einer insoweit noch andauernden Rechtsverletzung der Antragstellerin nicht mehr ausgegangen werden. In dieser Klinik war nämlich nach dem ärztlichen Befundbericht des Regionalarztes der Botschaft vom 10. Januar 2014 eine psychiatrische Mitbeurteilung möglich. Aus dieser Klinik wurde die Antragstellerin ausweislich des Entlassungsberichtes vom 15. Januar 2014 ohne in psychiatrischer Hinsicht erforderliche weitere Behandlung am 14. Januar 2014 entlassen.
39Daher kann offen bleiben, ob - wofür vieles spricht – ein andauernder rechtswidriger Zustand bereits ab dem Zeitpunkt entfallen war, als die Antragstellerin nach Aktenlage am 9. bzw. 10. Januar 2014 einige Stunden nach der Landung in N. jede Art von fachärztlicher psychiatrischer Behandlung oder Untersuchung strikt ablehnte (Beiakte Heft 5 Blatt 700 f.) bzw. am 10. Januar 2014 dem Regionalarzt der Botschaft gegenüber eine Unterbringung bzw. Behandlung in einem staatlichen russischen Krankenhaus ablehnte (vgl. Beiakte Heft 5 Blatt 701 und 710 sowie Beiakte Heft 6 Blatt 998). Denn ein Ausländer ist nach der bereits dargestellten Senatsrechtsprechung auf den allgemein üblichen Standard der Behandlungsmöglichkeiten in seinem Heimatland verwiesen. Ebenso kann aus den zuvor genannten Gründen die Frage offen bleiben, welche Bedeutung dem Umstand zukommt, dass die Antragstellerin bereits während des Flugs gegenüber dem sie nach N. begleitenden Arzt seiner Stellungnahme vom 13. Januar 2014 zufolge auf ausdrückliche Nachfrage eine stationäre Therapie ablehnte.
40Entgegen der vom Verwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 15. Januar 2014 vertretenen Auffassung ergibt sich ein Folgenbeseitigungsanspruch der Antragstellerin auf Rücküberstellung bzw. Rückkehr ins Bundesgebiet auch nicht mit Rücksicht darauf, dass ihr vor ihrer Abschiebung die konkreten Modalitäten derselben nicht mitgeteilt worden sind. Eine dahingehende Mitteilungspflicht bestand nicht. Sie ist vom Senat lediglich in einer besonderen Fallkonstellation angenommen worden: Erweist sich eine geplante Abschiebung im Rahmen eines Verfahrens nach § 123 VwGO als unzulässig wegen unzureichender Vorsorge der Ausländerbehörde im Hinblick auf die erforderliche Gewährleistung des Übergangs in die Versorgungssysteme im Zielstaat, so kann das Gericht die Abschiebung untersagen und die Ausländerbehörde damit nach Sicherstellung des dementsprechenden Übergangs auf ein Abänderungsverfahren entsprechend § 80 Abs. 7 VwGO verweisen. Stattdessen kann das Gericht sich aber auch darauf beschränken, die Abschiebung zunächst lediglich für einen bestimmten Zeitraum zu untersagen, um der Ausländerbehörde die Möglichkeit zu geben, die Abschiebung nach Ablauf dieses Zeitraums und Sicherstellung des Übergangs auch ohne Durchführung eines Verfahrens nach § 80 Abs. 7 VwGO erneut zu betreiben. Lediglich in der letztgenannten Variante hat der Senat aus Art. 19 Abs. 4 GG eine Verpflichtung der Ausländerbehörde abgeleitet, dem Ausländer die Modalitäten der Abschiebung rechtzeitig mitzuteilen, damit der Ausländer im Hinblick auf diese Information nicht in eine ungünstigere Situation gerät, als sie bei Durchführung eines Abänderungsverfahrens entsprechend § 80 Abs. 7 VwGO bestünde.
41Vgl. die Senatsbeschlüsse vom 28. Dezember 2010 – 18 B 1599/10 – , juris Rn. 22, und vom 29. November 2010 – 18 B 910/10 –, juris, Rn. 24 f.
42Davon ausgehend war die vom Verwaltungsgericht angesprochene Mitteilung nicht erforderlich. Klarstellend sei aber darauf hingewiesen, dass die Ausländerbehörde im Einzelfall gebotene und getroffene Vorkehrungen in ihren Verwaltungsakten zu dokumentieren hat, damit der Ausländer - ggf. durch Akteneinsicht – und das Gericht in einem Abschiebungsschutzverfahren überprüfen können, ob diese eingehalten worden sind. Ungeachtet der Entbehrlichkeit der vom Verwaltungsgericht angenommenen Mitteilung ist zu berücksichtigen, dass eine solche Mitteilung allein der Gewährung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG dient, d.h. dem Ziel, durch Erlangung gerichtlichen Eilrechtsschutzes Rechtsverletzungen eines Ausländers durch eine geplante Abschiebung zu verhindern. Die Mitteilung hat dienende Funktion im Interesse des materiellen Rechtsgüterschutzes. Ein auf eine unterlassene Mitteilung gestützter Folgenbeseitigungsanspruch kann deshalb nicht weiter gehen als der an die Verletzung des materiellen Rechts anknüpfende. Lässt sich, wie bereits ausgeführt, jedenfalls aufgrund der vom Antragsgegner nachträglich getroffenen Maßnahmen eine noch andauernde Verletzung materieller Rechte der Antragstellerin nicht feststellen, so ist ein Folgenbeseitigungsanspruch auch nicht wegen einer unterlassenen – dem Schutz dieser Rechte dienenden - Mitteilung der konkreten Modalitäten einer Abschiebung gegeben.
43Der geltend gemachte Folgenbeseitigungsanspruch kann weiterhin auch nicht aus dem Umstand abgeleitet werden, dass die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 1. Juli 2013 einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG wegen einer krankheitsbedingten Reiseunfähigkeit gestellt hat, der bislang nicht beschieden worden ist. Dieser Antrag führte vor bzw. im Zeitpunkt ihrer Abschiebung nicht auf einen Duldungsanspruch nach § 60a Abs. 2 AufenthG und deshalb schon nicht auf eine vom Antragsgegner rechtswidrig durchgeführte Abschiebung.
44Für die Dauer eines Erteilungsverfahrens für eine Aufenthaltserlaubnis kann trotz fehlender Fiktionswirkung zwar ausnahmsweise ein Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung (Duldung) bestehen, wenn nur so sichergestellt werden kann, dass eine ausländerrechtliche Regelung einem möglicherweise Begünstigten zugute kommt, wobei das Vorliegen der Voraussetzungen des Aufenthaltserlaubnisanspruchs glaubhaft zu machen ist.
45Vgl. OVG NRW, vom 5. Dezember 2011 – 18 B 910/11 -, juris.
46Dies hat der Senat mit Blick auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,
47vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Juni 2011 – 1 C 5.10 -, juris Rn. 10, wonach § 25 Abs. 5 AufenthG die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an einen Ausländer, der sich nicht mehr im Bundesgebiet aufhält, nicht vorsieht,
48zuletzt grundsätzlich auch für einen Anspruch nach § 25 Abs. 5 AufenthG angenommen.
49Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 25. Oktober 2012 ‑ 18 B 1571/11 -, vom 25. September 2012 – 18 B 1263/11 - und vom 5. Dezember 2011 – 18 B 910/11 -, juris.
50Die Antragstellerin hatte aber vor ihrer Abschiebung – ungeachtet der Frage, ob der begehrten Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG nicht § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG entgegensteht - das Vorliegen sämtlicher Anspruchsvoraussetzungen nicht dargelegt und glaubhaft gemacht. Die Antragstellerin, die zum Zeitpunkt ihrer Ausreise nicht im Besitz eines gültigen Reisepasses war, hatte schon nicht glaubhaft gemacht, die allgemeine (Regel-) Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG, d.h. die Passpflicht nach § 3 AufenthG zu erfüllen. Anhaltspunkte, die die Annahme eines Ausnahmefalls von der Regelerteilungsvoraussetzung oder ein Absehen hiervon nach Ermessen gem. § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG rechtfertigen könnten, sind auf der Grundlage des Vorbringens der Antragstellerin, die erst mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 1. Juli 2013 überhaupt einräumte, seit ihrer Einreise in das Bundesgebiet im Jahre 2008 über ihre Identität getäuscht zu haben (Beiakte Heft 3 Blatt 417), ebenfalls nicht erkennbar. Daher kann sogar dahinstehen, ob der begehrten Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG nicht schon § 25 Abs. 5 Satz 3 AufenthG entgegenstand. Abgesehen davon dürfte sich auch nicht feststellen lassen, dass mit dem Wegfall des zum Zeitpunkt ihrer Abschiebung gegebenen inlandsbezogenen Abschiebungshindernisses der krankheitsbedingten Reiseunfähigkeit, wie es § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG des Weiteren erfordert, in absehbarer Zeit nicht zu rechnen gewesen wäre. Es sind keine konkreten Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass vom Antragsgegner – wie umgehend nach der Abschiebung tatsächlich geschehen – in absehbarer Zeit eine mögliche stationäre psychiatrische Aufnahme der Antragstellerin im direkten Anschluss an ihre Rückführung in ihr Heimatland, und zwar gegebenenfalls unter Einbeziehung des den Flug begleitenden Arztes, der Fluggesellschaft, eigener Mitarbeiter und/oder unter Einschaltung eines in N. ansässigen Rechtsanwaltes nebst entsprechender Kostenzusage für die medizinische Behandlung, nicht zu organisieren gewesen wäre.
51Das Vorbringen der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren zur Behandlungsbedürftigkeit von weiteren bzw. nach ihrer Entlassung aus der Privatklinik in N. erneut aufgetretenen Erkrankungen vermag von vornherein nicht zur Rechtswidrigkeit der Abschiebung und demzufolge nicht auf einen auf Rücküberstellung ins Bundesgebiet gerichteten Folgenbeseitigungsanspruch zu führen. Nach den oben aufgezeigten Maßstäben handelt es sich nämlich insoweit allenfalls um Gefahren, die der Antragstellerin aufgrund des Aufenthalts bzw. im Zusammenhang mit dem Aufenthalt im Zielstaat der Abschiebung drohen, mithin um zielstaatsbezogene Folgen der Abschiebung und nicht um „unmittelbare Folgen der Abschiebung“. Da die Antragstellerin erfolglos Asylverfahren durchgeführt hat, ist der Antragsgegner jedoch hinsichtlich solcher zielstaatsbezogenen Folgen einer Abschiebung gemäß § 42 AsylVfG an die rechts- bzw. bestandskräftigen Feststellungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge gebunden, wonach dementsprechende Abschiebungsverbote nicht bestehen.
52Auch im Übrigen werden von der Antragstellerin keine Umstände aufgezeigt, die auf einen im Wege der einstweiligen Anordnung durchsetzbaren Folgenbeseitigungsanspruch auf Rücküberstellung ins Bundesgebiet führen.
53Lediglich ergänzend wird darauf hingewiesen, dass der Umstand, dass der Antragsgegner seit der Abschiebung der Antragstellerin sowohl die Kosten für ihre medizinischen Behandlungen als auch ihre Lebensunterhaltssicherung im Heimatland getragen hat, zu keiner anderen Wertung führt. Der Antragsgegner kam bzw. kommt insoweit nur den ihm mit dem angefochtenen Beschluss auferlegten – auch nach Erlass der Zwischenentscheidung des Senats mit Beschluss vom 13. März 2014 weiterhin - vollziehbaren Verpflichtungen nach. Diese und auch die weiteren dem Antragsgegner mit dem angefochtenen Beschluss unter Ziffer 2. auferlegten Verpflichtungen dienen ebenso wie die unter Ziffer 1. des angefochtenen Beschlusses getroffene Feststellung allein der Durchsetzung/Sicherung des nach Auffassung des Verwaltungsgerichts bestehenden Rücküberstellungs- bzw. Folgenbeseitigungsanspruchs der Antragstellerin. Ist hingegen entgegen der vom Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung kein solcher Anspruch gegeben, bedarf es keines weiteren Eingehens auf die vom Verwaltungsgericht im Einzelnen getroffene(n) Feststellung/Anordnungen, die es als erforderlich erachtet hat, um dem Antragsbegehren der Antragstellerin (§ 88 VwGO) auf Rücküberstellung ins Bundesgebiet Rechnung zu tragen. Ebenso erübrigen sich Ausführungen zu den von der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2014 gestellten Anträgen, die ebenfalls allein der Durchsetzung des von ihr weiterhin geltend gemachten Anspruchs auf Rücküberstellung ins Bundesgebiet dienen sollen.
54Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 2 GKG.
55Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen, - 2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts, - 3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung), - 4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und - 5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.
(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:
- 1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung, - 2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung, - 4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und - 5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.
(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.
(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.