Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 25. März 2019 - W 8 K 17.32769
Tenor
I. Die Nummern 4 bis 6 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 20. Juni 2017 werden aufgehoben.
Die Beklagte wird verpflichtet, festzustellen, dass bei der Klägerin ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegt.
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand
die Beklagte unter entsprechender Aufhebung der Ziffern 4 bis 6 des Bescheides vom 20. Juni 2017, zugestellt am 3. Juli 2017, (Gz.: …*) zu verpflichten, festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Armenien vorliegen.
die Klage abzuweisen.
Gründe
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Referenzen - Gesetze
Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154
Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113
Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung
Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167
Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung
Gesetz
Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 11 Einreise- und Aufenthaltsverbot
Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 83b Gerichtskosten, Gegenstandswert
Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 77 Entscheidung des Gerichts
Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60a Vorübergehende Aussetzung der Abschiebung (Duldung)
Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 102
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Urteil einreichenVerwaltungsgericht Würzburg Urteil, 25. März 2019 - W 8 K 17.32769 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).
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Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 23. Juli 2018 - 7 B 10768/18
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Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 14. Juli 2017 - W 8 S 17.32770
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.
(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.
(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.
(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.
(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.
(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.
(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.
(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.
(7) Gegen einen Ausländer,
- 1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder - 2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.
(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
Tenor
I. Die aufschiebende Wirkung der Klage wird angeordnet.
II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
die aufschiebende Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen.
II.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).
(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.
(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.
(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.
(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.
(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.
(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.
(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.
(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.
(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.
(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.
(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.
(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.
(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.
(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.
(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.
(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn
- 1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen, - 2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder - 3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Tenor
I. Die aufschiebende Wirkung der Klage wird angeordnet.
II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
die aufschiebende Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen.
II.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
Tenor
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 16. Oktober 2014 verpflichtet festzustellen, dass in der Person des Klägers ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in Bezug auf Mazedonien vorliegt.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Das Urteil hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn ich der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Der im Februar 1991 geborene Kläger ist mazedonischer Staatsangehöriger. Er begehrt die Feststellung eines Abschiebungsverbotes.
3Sein zuletzt im März 2010 gestellter Asylantrag wurde vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) mit Bescheid vom 14. Oktober 2010 abgelehnt. Der Bescheid enthielt u.a. die Feststellung, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs.2-7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen. Die dagegen vom Kläger erhobene Klage (Az. des erkennenden Gerichts: 1a K 4935/10.A) blieb erfolglos.
4Der Kläger lebt zusammen mit seinen Eltern und seinem jüngeren Bruder in Essen. Die Eltern besitzen aufgrund einer krankheitsbedingt andauernden Reiseunfähigkeit des Bruders des Klägers eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Der Kläger selbst ist im Besitz einer Duldung. Im Heimatland der Familie leben keine Angehörigen mehr.
5Der Kläger Ist psychisch krank, leidet an einer Minderbegabung und steht unter Betreuung. Er ist zu 60 % schwerbehindert. Nach dem fachärztlichen Bericht des Katholischen Klinikums F. - Professor Dr. X. - vom 17. Dezember 2013 und der Stellungnahme der Fachärztin für Psychiatrie C. vom 8. April 2014 leidet der Kläger an einer medikamentös behandelten paranoiden Schizophrenie bzw. einer paranoid-halluzinatorischen Psychose mit einer deutlichen Verhaltensstörung, die Beobachtung oder Behandlung erfordern. Zuletzt wurde dem Kläger in einem Bericht des Katholischen Klinikums F. vom 09. Oktober 2015 eine leichte Intelligenzminderung sowie eine deutliche Verhaltensstörung, die Beobachtung oder Behandlung erfordert, attestiert.
6Mit Schreiben seiner damaligen Betreuerin vom 29. September 2014 beantragte der Kläger beim Bundesamt sinngemäß die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG und verwies zur Begründung auf die bei ihm vorliegenden Erkrankungen und die nach seiner Ansicht vorliegende fehlende Behandelbarkeit dieser Erkrankung in seinem Heimatland. Es drohe eine Verschlimmerung seiner Erkrankung, die in einem akuten Wahnzustand einen tödlichen Verlauf nehmen könne.
7Mit Bescheid vom 16. Oktober 2014 lehnte das Bundesamt den Antrag des Klägers auf Abänderung der im Bescheid vom 14. Oktober 2010 bezüglich der darin getroffenen Feststellungen zu § 60 Abs. 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes ab. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des Bescheides Bezug genommen
8Gegen den am 29. Oktober 2014 zugestellten Bescheid hat der Kläger am 11. November 2014 Klage erhoben, mit der er sein Begehren fortführt.
9Der Kläger beantragt sinngemäß,
10die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 16. Oktober 2014 zu verpflichten festzustellen, dass in der Person des Klägers ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG in Bezug auf Mazedonien vorliegt.
11Die Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Sie nimmt zur Begründung Bezug auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides.
14Mit Beschluss vom 16. Juni 2015 ist der Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden.
15Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Bundesamtes und der Ausländerbehörde der Stadt F. Bezug genommen.
17E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
18Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet der das Gericht ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO).
19Die Klage ist begründet. Der Bescheid des Bundesamtes vom 16. Oktober 2014 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger dadurch in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1, 2. Hs. AsylG) Anspruch darauf, dass die Beklagte zu seinen Gunsten ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in Bezug auf Mazedonien feststellt. Das Bundesamt hat verkannt, dass Gründe jedenfalls für eine nach Maßgabe der § 51 Abs. 5 i.V.m. § 48 Abs. 1 VwVfG zu treffende Änderung der zu dem Vorliegen eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG) getroffenen Entscheidung im Bescheid vom 14. Oktober 2010 gegeben sind, die dem Kläger im Ergebnis einen Anspruch auf die begehrte Feststellung vermitteln.
20Das Gericht ist davon überzeugt, dass ein Festhalten an der im Bescheid vom 14. Oktober 2010 zu § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG getroffenen Entscheidung wegen einer dem Kläger in Mazedonien drohenden extremen Gefahr zu einem schlechthin unerträglichen Ergebnis führen würde, was zu einer Reduzierung des der Beklagten bei der Prüfung des Wiederaufgreifens grundsätzlich zustehenden Ermessens auf Null führt.
21Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Unerheblich ist dabei, von wem die Gefahr ausgeht und auf welchen Ursachen sie beruht. Entscheidend ist allein, ob für den Ausländer eine konkrete individuelle Gefahr für die in der Vorschrift genannten Rechtsgüter besteht und die Gefahr dem Einzelnen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit landesweit droht.
22Vgl. BVerwG, Urteile vom 17.Oktober 1995 - 9 C 9.95 - und 17. Oktober 2006 - 1 C 18.05 -, OVG NRW, Urteil vom 27. Januar 2015 – 13 A 1201/12.A -, jeweils juris.
23Ein Abschiebungsverbot nach dieser Vorschrift kann auch darin begründet sein, dass sich die individuelle Erkrankung eines ausreisepflichtigen Ausländers alsbald nach der Rückkehr in seinen Heimatstaat wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlimmern würde, weil die Behandlungsmöglichkeiten dort unzureichend sind und er auch anderswo wirksame Hilfe nicht in Anspruch nehmen könnte.
24Vgl. dazu z. B. BVerwG, Urteil vom 29. Juli 1999- 9 C 2.99 - sowie Urteil vom 25. November 1997- 9 C 58.96 -, Beschluss vom 17. August 2011- 10 B 13/11 -, jeweils zitiert nach juris.
25Hiernach sind indes regelmäßig nur solche Umstände relevant, die für den betreffenden Ausländer den Aufenthalt im Zielland der angedrohten Abschiebung unzumutbar machen und damit in Gefahren begründet liegen, welche diesem im Zielstaat drohen (zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote). Treten die befürchteten negativen Auswirkungen jedoch allein durch die Abschiebung als solche und nicht wegen der spezifischen Verhältnisse im Zielstaat der Abschiebung ein, so handelt es sich um ein sogenanntes inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis. Ein solches ist nicht durch das zuständige Bundesamt der Beklagten bei der Entscheidung über Abschiebungsverbote, sondern durch die zuständige Ausländerbehörde zu berücksichtigen.
26Vgl. BVerwG, Urteile vom 21.September 1999 - 9 C 8.99 - und vom 15. Oktober 1999 - 9 C 7.99 -, jeweils zitiert nach juris.
27Für die Prognose einer Gefährdung nach Rückkehr in das Herkunftsland im dargestellten Sinn ist die beachtliche Wahrscheinlichkeit der so umschriebenen Gefahr erforderlich. Daraus folgt, dass die im konkreten Einzelfall für eine zu erwartende Rechtsgutverletzung sprechenden Umstände die dagegen sprechenden Umstände überwiegen müssen. Dies erfordert die zusammenfassende verständige Würdigung aller objektiven Umstände unter Einbeziehung des Ranges des gefährdeten Rechtsgutes und der Zumutbarkeit des mit der Rückkehr verbundenen Risikos aus der Sicht eines vernünftig denkenden, besonnenen Dritten dahingehend, ob die Umstände die erhebliche Gefahr einer Rechtsgutverletzung alsbald erwarten lassen.
28Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Juli 2001 - 1 B 71.01 -, Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 46
29Das Tatbestandsmerkmal der Erheblichkeit der zu erwartenden Gefährdungssituation ist dabei nur dann gegeben, wenn der Eintritt der Gefahr eine bedeutende Rechtsgutbeeinträchtigung nach sich zieht. Ausgehend von einer unzureichenden medizinischen Behandlungsmöglichkeit liegt das für die hieraus resultierende akute Lebensgefahr auf der Hand und heißt für den Fall der befürchteten Verschlimmerung einer bereits vorhandenen Erkrankung, dass sich der Gesundheitszustand nach Ankunft im Zielland der Abschiebung in absehbarer Zeit wesentlich oder sogar lebensbedrohlich verschlechtern wird. Der Begriff der wesentlichen Verschlechterung liegt nur dann vor, wenn die befürchtete ungünstige Entwicklung des Gesundheitszustandes nach Rückkehr derart gravierend sein wird, dass außergewöhnlich schwere körperliche oder psychische Schäden oder existenzbedrohende Zustände zu erwarten sind.
30Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. September 2006- 13 A 1740/05.A -, Urteil vom 27. Januar 2015– 13 A 1201/12.A -, a.a.O.
31Daraus leitet sich zugleich ab, dass eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes nicht schon dann vorliegt, wenn von einer Heilung der Erkrankung im Zielland der Abschiebung wegen der dortigen Verhältnisse nicht auszugehen ist, die Erkrankung sich aber auch nicht gravierend zu verschlimmern droht. Das Abschiebungsverbot dient nämlich nicht dazu, dem ausreisepflichtigen erkrankten Ausländer die Heilung seiner Erkrankung im Rahmen des sozialen Systems der Bundesrepublik Deutschland zu eröffnen; vielmehr stellt es alleine den Schutz vor einer gravierenden Beeinträchtigung von Leib und Leben im Zielland einer Abschiebung oder Rückkehr sicher. Der Ausländer muss sich grundsätzlich auf den Behandlungsstandard, der in seinem Herkunftsland für die von ihm geltend gemachten Erkrankungen allgemein besteht, verweisen lassen, wenn damit keine grundlegende Gefährdung verbunden ist.
32Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. September 2003- 13 A 3253/03.A -.
33Zu berücksichtigen ist dabei ferner, ob der Ausländer voraussichtlich in der Lage sein wird, ohne Schädigung des Existenzminimums im Sinne der Gefahr drohender Verelendung, die erforderliche, eine Verschlimmerung der Erkrankung verhindernde, im Herkunftsland mögliche Behandlung zu finanzieren. Hierzu sind seine genannten voraussichtlichen Lebensumstände im Herkunftsland aber auch eventuelle finanzielle Unterstützungen, z. B. durch Inanspruchnahme von Sozialleistungen oder durch Verwandte im Ausland, in den Blick zu nehmen.
34Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. September 2011- 13 A 1660/11.A -.
35Hiervon ausgehend lässt sich nach Maßgabe der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung der Kammer für den Kläger ein Abschiebungsverbot aus § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG herleiten. Ausweislich der im Tatbestand dargestellten ärztlichen Berichte bzw. Bescheinigungen leidet der Kläger an einer paranoiden Schizophrenie bzw. einer paranoiden-halluzinatorischen Psychose. Soweit in dem zuletzt vorgelegten Bericht der Fachärztin Prof. Dr. X. vom 9. Oktober 2015 ohne weitere Erläuterung „nur“ noch eine leichte Intelligenzminderung und deutliche Verhaltensstörung, jedoch keine paranoide Schizophrenie attestiert wird, misst die Kammer diesem Umstand keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu. Allein die in den vorliegenden ärztlichen Berichten und Stellungnahmen einheitlich beschriebenen krankheitsbedingten Verhaltensauffälligkeiten des Klägers, die offenbar allein durch die medikamentöse Therapie unter Kontrolle gehalten werden können, und seine Minderbegabung sowie der beim Kläger vorliegende Grad der Behinderung von 60 hindern ihn nach Überzeugung des Gerichts insgesamt daran, ein eigenständiges Leben insbesondere im Hinblick auf seine Gesunderhaltung ohne die Hilfe Dritter führen zu können. Im Beschluss des Amtsgerichts F. vom 22. April 2014, mit dem der Kläger unter Betreuung gestellt worden ist, ist seine Betreuungsbedürftigkeit insbesondere für die Gesundheitsfürsorge festgestellt worden. Danach ist davon auszugehen, dass auch die regelmäßige Medikamenteneinnahme des Klägers der ständigen Kontrolle bedarf. Dass dies ohne die Hilfe seiner Familienangehörigen bei einer Rückkehr nach Mazedonien gewährleistet ist, ist nicht ersichtlich und erscheint auch nicht vorstellbar. Der Kläger verfügt nach seinen unbestritten gebliebenen Ausführungen über keinerlei verwandtschaftliche oder sonstige Kontakte in seinem Heimatland. Mit Blick auf die Reiseunfähigkeit des Bruders des Klägers und die seinen Eltern erteilten Aufenthaltserlaubnisse ist davon auszugehen, dass eine Begleitung des Klägers durch seine Familie im Falle seiner Ausreise nicht erfolgen wird. Bei zusammenfassender Bewertung der gesundheitlichen Verfassung und der persönlichen Lebenssituation des Klägers im Übrigen ist nach Überzeugung der Kammer nach gegenwärtigem Erkenntnisstand ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG festzustellen. Es besteht eine beachtliche Wahrscheinlichkeit, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers bei einer Rückkehr nach Mazedonien aufgrund der dort vorhandenen Verhältnisse wesentlich verschlechtern wird. Dabei geht das Gericht aufgrund des aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 12. August 2015 und mit den Ausführungen im angefochtenen Bescheid zwar davon aus, dass die Behandlung einer paranoiden Schizophrenie u.a. mit den von der Klägerin benötigten Medikamenten in Mazedonien grundsätzlich möglich und für den Kläger auch erhältlich sein würde. Dennoch ist im vorliegenden Einzelfall mit Blick auf die individuelle Verfassung des Klägers davon auszugehen, dass er allein ohne fremde Hilfe nicht in der Lage ist, seine Angelegenheiten insbesondere in gesundheitlicher Hinsicht eigenverantwortlich zu regeln, sondern auf eine dauernde umfassende Betreuung angewiesen ist, ohne die er in Mazedonien in absehbarer Zeit in eine Lage völliger Hilflosigkeit mit der konkreten Gefahr sozialer Verwahrlosung geraten wird. Die Kammer ist davon überzeugt, dass eine derart aufwändige dauerhafte fürsorgerische Begleitung und Betreuung des Klägers in Mazedonien deshalb nicht gewährleistet werden kann, weil die dortige soziale und medizinische Versorgung insgesamt von deutschen Verhältnissen weit entfernt ist. Davon, dass etwa dauerhaft ein Betreuer und Pflegedienst zur Verfügung stehen, die die Regelung der persönlichen Verhältnisse und insbesondere die notwendige Medikamenteneinnahme des Klägers sicherstellen, ist nicht auszugehen. Aufgrund der erkennbaren mangelnden Fähigkeit des Klägers, seine eigenen Angelegenheiten selbständig zu regeln, erscheint eine solche Betreuung und Kontrolle unabdingbar.
36Darüber hinaus ist das Gericht davon überzeugt, dass der Kläger aufgrund der Schwere seiner Erkrankung und seiner übrigen Einschränkungen ohne Berufsausbildung und der in Mazedonien als eines der ärmsten Länder auf dem Balkan herrschenden schlechten wirtschaftlichen Lage mit hoher Arbeitslosigkeit (vgl. dazu Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 12. August 2015) auf unabsehbare Zeit nicht in der Lage sein wird, Erwerbseinkommen zu erzielen. Die vom mazedonischen Staat gewährten Sozialhilfeleistungen dürften nicht ausreichen, die konkrete Gefahr einer völligen sozialen Verwahrlosung des Klägers abzuwenden. Der Klägerin wäre bei einer Rückkehr nach Mazedonien angesichts seiner persönlichen Lage und der schwierigen Verhältnisse in seinem Heimatland mit der dort zu erwartenden Situation komplett überfordert. Daher ist konkret zu befürchten, dass er schon bald nach seiner Rückkehr nach Mazedonien schweren Schaden nehmen würde. Dies rechtfertigt in seinem Fall die Feststellung eines Abschiebungsverbotes gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
37Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83 b Abs. 1 AsylVfG.
38Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird die Antragsgegnerin unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 14. Juni 2018 im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Abschiebung des Antragstellers nach Brasilien unverzüglich, spätestens bis zum 10. August 2018, rückgängig zu machen und auf ihre Kosten alle erforderlichen rechtlichen und tatsächlichen – insbesondere medizinischen – Maßnahmen zu ergreifen, um seine Rückkehr nach Deutschland bis zu diesem Datum zu bewirken.
Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen trägt die Antragsgegnerin.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für beide Rechtszüge auf 5.000,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
- 1
Der Antragsteller begehrt die Rückgängigmachung seiner Abschiebung.
- 2
Er ist im Jahr 1986 geboren und besitzt die brasilianische Staatsangehörigkeit. Seine brasilianische Mutter heiratete später den deutschen Vater. Der Antragsteller lebte von 1993 bis 1998 in Portugal und danach mit Ausnahme eines zweijährigen Aufenthalts in Deutschland in Brasilien. Im Mai 2013 reiste er nach Deutschland ein. Seine Schwester und – zeitweise – seine Eltern leben in Deutschland.
- 3
Im Jahr 2000 war der Antragsteller drogenabhängig. Er hielt sich in einer therapeutischen Gemeinschaft zur freiwilligen Suchtbetreuung (Fazenda de Esperanza) auf und befand sich bei einem Psychiater in Betreuung.
- 4
Der Antragsteller leidet an paranoider Schizophrenie bzw. an einer schizoaffektiven Störung. Er wurde am 13. Oktober 2014 in das Z. in M. eingewiesen und dort über einen Monat stationär behandelt. In der Folgezeit befand sich der Antragsteller mehrfach in stationärer und durchgehend in ambulanter Behandlung.
- 5
Zu seiner Erkrankung liegen unter anderem folgende ärztliche Stellungnahmen vor:
- 6
Nach dem ärztlichen Attest des vorgenannten Z. vom 13. Mai 2015 waren beim Antragsteller wiederholt Behandlungen wegen schwerer Eigengefährdung mit Suizidalität erforderlich.
- 7
Im psychiatrischen Fachgutachten, das Prof. Dr. A. und Dr. S. vom Lehrstuhl für Psychiatrie an der Universität H. am 1. Dezember 2015 erstellten, ist ausgeführt, beim Antragsteller bestehe eine akute Eigen- und Fremdgefährdung, wenn er seine Medikamente absetze. Im Falle einer Rückkehr nach Brasilien bestehe die Gefahr einer wesentlichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes und für das Leben des Antragstellers, aber auch die Gefahr einer unmittelbaren Bedrohung anderer.
- 8
Das Krankenhaus „H.“ in L. bescheinigt dem Antragsteller in den Attesten vom 6. Dezember 2017 und 9. Februar 2018 ebenfalls Eigen- wie auch Fremdgefährdung. Er sei an die Institutsambulanz angebunden. Dort würden seine Medikamente gerichtet. Der Antragsteller werde mehrmals wöchentlich von einer Fachkraft aufgesucht.
- 9
Mit Bescheid vom 9. Januar 2015 lehnte die Antragsgegnerin die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ab, forderte den Antragsteller zur Ausreise auf und drohte ihm die Abschiebung an.
- 10
Ein auf Absehen von der Abschiebung gerichteter Eilantrag blieb in erster Instanz ohne Erfolg. Im Beschwerdeverfahren verpflichtete der Senat die Antragsgegnerin mit Beschluss vom 7. August 2015 (7 B 10468/15.OVG), mit der Abschiebung bis zum 30. November 2015 zuzuwarten und ein psychiatrisches Fachgutachten zur Gefahr einer wesentlichen Verschlechterung der Gesundheit des Antragstellers bei einer Rückkehr nach Brasilien einzuholen.
- 11
Das Gutachten wurde für die Antragsgegnerin am 1. Dezember 2015 erstellt (s.o.).
- 12
Am 20. Februar 2017 richtete sie eine Anfrage zur Behandlung des Antragstellers an die Zentralstelle für Informationsvermittlung zur Rückkehrförderung (ZIRF). Nach deren Auskunft kann die Erkrankung in Brasilien behandelt werden.
- 13
Am 29. März 2018 beschloss das Amtsgericht Ludwigshafen am Rhein, die seit April 2016 bestehende Betreuung für den Antragsteller zu verlängern. Sie umfasst unter anderem die Gesundheitsfürsorge und das Aufenthaltsbestimmungsrecht. Der Antragsteller könne wegen der schizoaffektiven Störung seine Angelegenheiten nicht besorgen.
- 14
Der Antragsteller wurde am 5. April 2018 unter ärztlicher Begleitung nach P. (Brasilien) abgeschoben. Nach dem Übergabeprotokoll wurden die brasilianischen Behörden kurz über die Erkrankung des Antragstellers informiert. Dieser erhielt Medikamente für ca. sechs Monate.
- 15
Seine Familie mietete für den Antragsteller ein Zimmer in R. an. Nach eidesstattlichen Versicherungen der Mutter nutzte er das Zimmer nicht. Er lebte stattdessen auf der Straße. Eine Freundin der Mutter berichtete, wie der Antragsteller nur mit einer Unterhose bekleidet ziellos am Strand entlanglief. Ein Freund konnte ihn überreden, in der Fazenda de Esperanza Hilfe zu suchen.
- 16
Mit Schriftsatz vom 25. April 2018 hat der Antragsteller die Rückgängigmachung seiner Abschiebung im Wege der einstweiligen Anordnung beantragt.
- 17
Der Antrag ist vom Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße mit Beschluss vom 14. Juni 2018 (2 L 546/18.NW) abgelehnt worden.
- 18
Im erstinstanzlichen und im Beschwerdeverfahren streiten die Beteiligten darum, ob der Antragsteller in Brasilien eine ausreichende Gesundheitsversorgung erhalten kann und ob eine Eigen- und Fremdgefährdung anzunehmen ist.
II.
- 19
Die Beschwerde ist begründet.
- 20
Die Ausführungen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren enthalten Gründe, aus denen der Beschluss des Verwaltungsgerichts abzuändern ist (§ 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO). Der Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig und begründet.
- 21
1. Die Bedenken des Verwaltungsgerichts zur Zulässigkeit des Eilantrags teilt der Senat nicht. Obschon im Antragsschriftsatz vom 25. April 2018 keine ladungsfähige Anschrift angegeben worden ist, hindert dies eine Entscheidung in der Sache nicht. Im konkreten Fall wird der Rechtsstreit „nicht aus dem Verborgenen heraus“ geführt. Der Antragsteller ist nicht „abgetaucht“, um seiner Abschiebung zu entgehen, sondern hat nach der Abschiebung wegen seiner Erkrankung in Brasilien nur zunächst keinen festen Wohnsitz begründet. Inzwischen hält er sich in der Fazenda de Esperanza auf und verfügt somit über eine ladungsfähige Anschrift.
- 22
2. Der Eilantrag hat auch in der Sache Erfolg.
- 23
a) Er ist bei verständiger Würdigung des Antrags- und des Beschwerdeschriftsatzes nach § 88 VwGO im Sinne des Tenors auszulegen. Der Antragsteller verfolgt das Ziel, die Antragsgegnerin zur Rückgängigmachung der Abschiebung und zu seiner Rückholung nach Deutschland zu verpflichten. Diese Begehren umfassen den separat formulierten und im Beschwerdeverfahren klargestellten Antrag, seiner Einreise nach Deutschland nicht die Kosten der Abschiebung entgegenzuhalten.
- 24
b) Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO darf die beantragte Anordnung nur ergehen, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Begehrt ein abgeschobener Ausländer die Rückgängigmachung der Abschiebung im Wege einer einstweiligen Anordnung, nimmt eine Verpflichtung der Behörde die Hauptsache vorweg. Das Rechtsschutzverfahren nach § 123 VwGO zielt aber nur auf eine vorläufige Regelung ab. Einem Antrag auf Rückgängigmachung der Abschiebung kann daher im Wege einer einstweiligen Anordnung nur stattgegeben werden, wenn dies zur Gewährung effektiven Rechtschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG, insbesondere zur Verwirklichung von Grundrechten, schlechterdings unabweisbar ist, wenn also die zu erwartenden Nachteile für einen Antragsteller unzumutbar und im Verfahren zur Hauptsache nicht mehr zu beseitigen wären. Dies setzt neben einer besonderen Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) eine weit überwiegende Wahrscheinlichkeit des Erfolgs in der Hauptsache (Anordnungsanspruch) voraus. Beide Anforderungen sind glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Sie liegen hier vor.
- 25
c) Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
- 26
Rechtliche Grundlage seines Begehrens ist der Folgenbeseitigungsanspruch. Dieser greift, wenn durch einen hoheitlichen Eingriff – hier die Abschiebung – ein subjektives Recht des Betroffenen verletzt worden und dadurch für diesen ein andauernder rechtswidriger Zustand entstanden ist, dessen Beseitigung tatsächlich und rechtlich möglich ist. Der Folgenbeseitigungsanspruch knüpft nicht allein an die Rechtswidrigkeit des Eingriffsaktes an, sondern auch an die des geschaffenen Zustands (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Oktober 2014 – 18 B 104/14 –, juris, Rn. 6 ff., m.w.N.; Armbruster, in: HTK-AuslR, Rechtsschutz, Abschn. 2.5.7, m.w.N.). Die Voraussetzungen des Folgenbeseitigungsanspruchs sind hier auf Grund von Besonderheiten des vorliegenden Einzelfalls zu bejahen. Die Abschiebung des Antragstellers nach Brasilien am 5. April 2018 war offensichtlich rechtswidrig, der dadurch geschaffene rechtswidrige Zustand dauert an; er ist dem Antragsteller nicht zumutbar und durch die Rückholung zu beenden.
- 27
Die Abschiebung des Antragstellers hätte wegen rechtlicher Unmöglichkeit nicht erfolgen dürfen und hätte zum damaligen Zeitpunkt gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG ausgesetzt werden müssen. Ein Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung ist gegeben, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass sich der Gesundheitszustand des Ausländers durch die Abschiebung selbst wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert, und wenn diese Gefahr nicht durch bestimmte Vorkehrungen ausgeschlossen oder gemindert werden kann (vgl. VGH BW, Beschluss vom 22. Februar 2017 – 11 S 447/17 –, juris, Rn. 4).
- 28
Die mit der Abschiebung betraute Behörde hat die aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG erwachsende Pflicht, durch eine hinreichende Ausgestaltung der tatsächlichen Durchführung der Abschiebung erhebliche Gefahren für Leib und Leben des Betroffenen abzuwenden. Diese Pflicht kann es in Einzelfällen gebieten, dass erforderliche Hilfen rechtzeitig nach der Ankunft im Zielstaat zur Verfügung stehen, wobei der Ausländer regelmäßig auf den dort allgemein üblichen Standard zu verweisen ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. September 2014 – 2 BvR 939/14 –, juris, Rn. 14). Zur Sicherstellung ausreichender Hilfen gehört auch die Übergabe an medizinisch qualifiziertes Personal, sofern dies im Einzelfall erforderlich ist (vgl. VGH BW, Beschluss vom 22. Februar 2017 – 11 S 447/17 –, juris, Rn. 5). Wenn dem Ausländer unmittelbar nach seiner Ankunft im Zielstaat eine erhebliche Gesundheitsgefährdung droht, dauert die Schutzpflicht des deutschen Staates bis zum Übergang in eine Versorgung und Betreuung an (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Oktober 2014 – 18 B 104/14 –, juris, Rn. 18). Es muss aber ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang mit dem Abschiebungsvorgang bestehen (vgl. VGH BW, Beschluss vom 1. Juni 2017 – 11 S 658/17 –, juris, Rn. 3).
- 29
Dem Antragsteller drohte im engen zeitlichem Zusammenhang zur Abschiebung eine konkrete und erhebliche Gesundheitsgefahr, ohne dass die Antragsgegnerin hinreichende Vorkehrungen zur Vermeidung dieser Gefahr getroffen hatte.
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Die sachverständigen Stellungnahmen zum Gesundheitszustand des Antragstellers bringen insoweit unmissverständlich zum Ausdruck, dass beim Antragsteller mit einer akuten Eigen- und Fremdgefährdung zu rechnen war und ist, wenn er die nötige Therapie nicht wahr- und vor allem die verschriebenen Medikamente nicht einnimmt. Die Gefahr, dass der Antragsteller auf Grund seiner Erkrankung die Einnahme der zur Behandlung nötigen Medikamente verweigert, lässt sich nach den Stellungnahmen nur bannen, indem er zur Medikamenteneinnahme angeleitet und diese strukturiert sowie überwacht wird. So hält das psychiatrische Fachgutachten von Prof. Dr. A. und Dr. C. vom 1. Dezember 2015 (Universität H.) abschließend fest, da im Falle weiterer Verweigerung aus den dargelegten Gründen mit einer Chronifizierung der paranoiden Schizophrenie und einer Verschlimmerung mit akuter Eigen- und Fremdgefährdung zu rechnen sei, bestünde im Falle einer Rückkehr bzw. Abschiebung des Antragstellers nach Brasilien die Gefahr einer wesentlichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes und für das Leben, aber auch die Gefahr einer unmittelbarer Bedrohung anderer. Was diese Gutachter unter den dargelegten Gründen verstehen, ergibt sich aus dem vorstehenden Absatz des Gutachtens. Dort wird dargelegt, dass beim Antragsteller eine manifeste Eigen- und Fremdgefährdung durch handlungsleitende Wahninhalte bestanden habe. Vorausgegangen sei eine Medikamentennichteinnahme. Wiederhole sich diese, sei von einer raschen neuerlichen Verschlechterung auszugehen. Für die Gutachter besteht somit eine Kausalkette zwischen Nichteinnahme der Medikamente, Verschlechterung der psychischen Erkrankung und Eigen- bzw. Fremdgefährdung. Aus ihrer Sicht ist folglich für die Verhinderung von Gefahrensituationen unabdingbar, dass die Behandlung des Antragstellers koordiniert und begleitet wird, wobei es nicht darauf ankommt, ob dies durch eine betreuende Person oder in einer medizinischen Einrichtung geschieht. Die gleiche Schlussfolgerung ist in beiden Attesten des Krankenhauses „H.“ vom 6. Dezember 2017 bzw. 9. Februar 2018 enthalten. Dort wird dem Antragsteller ebenfalls eine Eigen- wie auch eine Fremdgefährdung attestiert, da das wahnhafte Erleben handlungsbestimmend sei. Man habe sich entschlossen, ihn an die Institutsambulanz anzubinden und wöchentliche Termine zum Gespräch und zum Richten der Medikation für eine Woche zu vereinbaren. Mit Unterstützung des gesetzlichen Betreuers des Antragstellers sei es gelungen, dass er mehrmals wöchentlich von einer Fachkraft aufgesucht werde. Auch diese Atteste gehen somit davon aus, dass es zur Abwendung einer Eigen- und Fremdgefährdung durch den Antragsteller unabdingbar ist, dass die Medikamenteneinnahme von Dritten überwacht und strukturiert wird. Ein deutliches Indiz für die Notwendigkeit dieser Art der Betreuung ist ferner der Beschluss des Amtsgerichts Ludwigshafen vom 29. März 2018. Dort wird die Fortdauer der Betreuung des Antragstellers unter anderem für den Aufgabenkreis Gesundheitsfürsorge damit begründet, dass er auf Grund seiner Erkrankung gerade nicht in der Lage sei, seine Angelegenheiten in diesem Bereich zu regeln.
- 31
Ohne die Sicherstellung der Überwachung der Medikamenteneinnahme durch eine betreuende Person oder in einer medizinischen Einrichtung bestand für den Antragsteller unmittelbar nach seiner Abschiebung in Brasilien die Gefahr einer wesentlichen Verschlechterung des Krankheitsbildes und damit zugleich die akute Gefahr, sich oder andere zu verletzen. Dies ergibt sich aus den vorgenannten ärztlichen Stellungnahmen und der in ihnen enthaltenen Schlussfolgerung zum kausalen Zusammenhang zwischen der Nichteinnahme der Medikamente und der Eigen- bzw. Fremdgefährdung. Diese Gefahr wurde nicht dadurch ausgeräumt, dass dem Antragsteller seitens der Antragsgegnerin Medikamente mitgegeben wurden. Dies allein bewirkt nicht hinreichend sicher, dass er die notwendigen Medikamente einnimmt. In der jüngeren Vergangenheit kam es wiederholt dazu, dass der Antragsteller Medikamente nicht einnahm. Dies wird nicht nur in den zitierten Stellungnahmen erwähnt. Dies belegen auch die verschiedenen Krankenhausaufenthalte des Antragstellers, die jeweils in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit dem Absetzen der Medikamente standen. Da der Antragsteller nunmehr in Brasilien ohne familiäres Umfeld und ohne die notwendige Betreuung auf sich allein gestellt ist, ist die Gefahr, dass er seine Medikamente nicht einnimmt, umso größer. Die ärztlichen Stellungnahmen gehen übereinstimmend davon aus, dass beim Antragsteller ohne Überwachung die krankheitsbedingte Gefahr besteht, dass er seine Medikamente nicht einnimmt.
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Dagegen kann nicht eingewandt werden, die Antragstellerseite habe bisher nicht von einem Rückfall berichtet. Entscheidend ist vielmehr, dass nach dem psychiatrischen Fachgutachten vom 1. Dezember 2015 beim Antragsteller mit einer akuten Eigen- und Fremdgefährdung zu rechnen sei. Mit anderen Worten kann es bei ihm ohne Beobachtung der Medikamenteneinnahme jederzeit zu einem Rückfall kommen. Da die Überwachung des Antragstellers durch den ihn auf dem Flug begleitenden Arzt unmittelbar nach der Abschiebung endete, konnte es schon ab diesem Zeitpunkt und damit in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Abschiebung zu einem Rückfall und den dann zu erwartenden Gefahren kommen. Die Unterrichtung brasilianischer Behörden am Flugplatz ist nicht ausreichend, um die Medikamenteneinnahme durch den Antragsteller sicherzustellen, zumal die Antragsgegnerin nicht dargelegt hat, welche Informationen an welche Behörde gegeben wurden. Die Unterrichtung allein gewährleistet zudem nicht, dass der Antragsteller einem Betreuer, medizinischem Personal oder einer geeigneten Einrichtung übergeben wird.
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Der Einwand der Antragsgegnerin, die Erkrankung des Antragstellers sei in Brasilien behandelbar, führt zu keinem anderen Ergebnis. Sie verkennt dabei die Besonderheiten des vorliegenden Falles. Es kommt nicht allein darauf an, ob die Erkrankung in Brasilien behandelbar ist, also entsprechende Therapien und Medikamente zur Verfügung stehen, sondern darauf, ob der Antragsteller in der Lage ist, diese Möglichkeiten für sich zu nutzen. Dies hat der Senat bereits im Beschluss vom 7. August 2015 (7 B 10468/15.OVG) zum Ausdruck gebracht. Er hielt die Einholung eines psychiatrischen Fachgutachtens zur gesundheitlichen Gefährdung des Antragstellers bei einer Rückkehr nach Brasilien für erforderlich, weil der Antragsteller in Brasilien ohne sein deutsches Netzwerk auskommen muss.
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Der Einwand, durch den zitierten Beschluss sei die Abschiebung des Antragstellers lediglich bis zum Ende der vom Senat gesetzten Frist für die Einholung des Gutachtens gesperrt gewesen, greift nicht durch. Der Beschluss des Senats vom 7. August 2015 kann nicht in diesem Sinne rein formal gesehen werden. Mit Blick auf die Prüfung einer etwaigen rechtlichen Unmöglichkeit der Abschiebung des Antragstellers oblag es der Antragsgegnerin, das Ergebnis des vom Senat geforderten und von ihr eingeholten Gutachtens zu berücksichtigen. Im Lichte dieses Ergebnisses war es offenkundig, dass eine Abschiebung nicht ohne Maßnahmen erfolgen durfte, die die Medikamenteneinnahme bzw. einen sofortigen Zugang zu einer medizinischen Betreuung in Brasilien sicherstellten. Auf Grund seiner schweren Erkrankung war und ist der Antragsteller dazu allein nicht in der Lage.
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Der Antragsteller kann auch nicht darauf verwiesen werden, seine Mutter könne von Deutschland aus die nötige Unterstützung geben. Denn es ist die aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG resultierende Pflicht der Antragsgegnerin, Gefahren zu begegnen, die dem Antragsteller bei und unmittelbar nach der Abschiebung drohen. Der Senat muss sich nicht mit der Frage auseinandersetzen, ob die Antragsgegnerin dieser Pflicht dadurch nachkommen kann, dass sie nachträglich eine ausreichende Betreuung des Antragstellers in Brasilien sicherstellt. Dazu hat die Antragsgegnerin nichts vorgetragen; vielmehr steht sie auf dem Standpunkt, es genüge, dass die Erkrankung des Antragstellers in Brasilien behandelbar sei.
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d) Der durch die Abschiebung des Antragstellers nach Brasilien geschaffene rechtswidrige Zustand dauert noch an und ist für ihn nicht zumutbar.
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Es besteht weiterhin die konkrete Gefahr, dass er die benötigten Medikamente nicht nimmt, sich daraufhin seine Krankheit wesentlich verschlechtert und er sich und andere gefährdet. Maßgeblich ist auch insoweit die sachverständige Einschätzung des Krankheitsbildes im psychiatrischen Fachgutachten vom 1. Dezember 2015 und in den beiden Attesten vom 6. Dezember 2017 sowie 9. Februar 2018. An der dort beschriebenen Gefahr, die entsteht, wenn die medikamentöse Behandlung des Antragstellers nicht überwacht wird, hat sich nichts geändert. Vor allem kann nach den unwidersprochenen Angaben der Mutter des Antragstellers, die sie zudem an Eides statt versicherte, nicht angenommen werden, dass die Fazenda de Esperanza die Behandlung des Antragstellers überhaupt, geschweige denn mit dem erforderlichen Nachdruck überwacht. Diese Einrichtung wird von den Patienten freiwillig aufgesucht und kann freiwillig wieder verlassen werden. Sie hat keine Handhabe sicherzustellen, dass die benötigten Medikamente genommen werden. Diese Situation, die durch die jederzeitige Möglichkeit eines Rückfalls geprägt ist, ist für den Antragsteller unzumutbar.
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e) Aus den vorstehenden Gründen ist zugleich der Anordnungsgrund zu bejahen.
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3. Der Senat sieht davon ab, die Modalitäten der Rückführung zu konkretisieren. Es ist Aufgabe der Antragsgegnerin zu prüfen, welche Maßnahmen sie dazu ergreifen muss. Es ist indes davon auszugehen, dass auch für die Rückführung eine ärztliche Begleitung des Antragstellers notwendig ist.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
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Die Entscheidung zur Höhe des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG. Der Senat veranschlagt für die Rückholung mangels anderweitiger Anhaltspunkte den Regelstreitwert in Höhe von 5.000,00 €. Die vom Antragsteller geschätzten Kosten seiner Abschiebung sind kein Anhaltspunkt für die Bedeutung, die das Verfahren für ihn hat. Der Streitwert war auch nicht um diese Kosten zu erhöhen. Zwar nimmt der Antragsteller mit seinem Antrag zu 3. diese Kosten in Bezug. Es handelt sich insoweit aber nicht um einen eigenen Streitgegenstand, der zu dem für die Rückführung zu addieren wäre (§ 39 Abs. 1 GKG). Mit dem Antrag will er nur ausschließen, dass diese Kosten seine Rückkehr hindern. Der Senat sieht von einer wegen der Vorläufigkeit von Entscheidungen des einstweiligen Rechtsschutzes in Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (LKRZ 2014, 169) vorgeschlagenen Reduzierung des Streitwerts ab. Mit dem vorliegenden Beschluss wird die Hauptsache faktisch vollständig vorweggenommen.
- 42
Die anderslautende Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts wird gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG von Amts wegen geändert.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
Tatbestand
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Der Kläger erstrebt Abschiebungsschutz wegen ihm in Afghanistan drohender Gefahren.
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Der 1964 geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger, gehört zur Volksgruppe der Paschtunen und stammt aus Kandahar. Dort hat er nach eigenen Angaben bis zu seinem 11. Lebensjahr gelebt. Dann seien seine Eltern ums Leben gekommen und Bekannte hätten ihn mit nach Kaschmir (Pakistan) genommen. Dort habe er zehn bis zwölf Jahre gelebt. Er sei seit 1985 mit einer pakistanischen Staatsangehörigen verheiratet und habe drei Kinder. Mit seiner Familie habe er bis zu seiner Ausreise in Kaschmir gelebt. Im Oktober 1992 sei er mit Hilfe eines Fluchthelfers von dort aus nach Deutschland eingereist. Zu seiner Familie, die ebenfalls aus Kaschmir ausgereist sei, habe er keinen Kontakt mehr.
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Im Oktober 1992 beantragte er die Anerkennung als Asylberechtigter, gab aber an, aus Pakistan zu stammen und dort geboren zu sein. Im August 1993 wurde sein Asylantrag vom Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) - Bundesamt - abgelehnt. Zugleich wurde festgestellt, dass weder Abschiebungshindernisse nach § 51 Abs. 1 AuslG noch nach § 53 AuslG vorliegen. Ferner wurde dem Kläger die Abschiebung nach Pakistan angedroht. Die hiergegen gerichtete Klage blieb ohne Erfolg, der Bescheid wurde im November 1997 bestandskräftig.
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Im April 1998 teilte der Kläger der Ausländerbehörde mit, dass er ursprünglich aus Afghanistan stamme und legte ihr einen 1992 ausgestellten und 1998 in Kandahar verlängerten afghanischen Pass vor. Im November 2006 beantragte der Kläger beim Bundesamt die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in Bezug auf sein Herkunftsland Afghanistan. Im Rahmen seiner persönlichen Anhörung erklärte er, er habe keine Angehörigen in Afghanistan mehr. Auch zu seiner Frau und seinen Kindern bestehe kein Kontakt mehr, man habe sich "praktisch verloren". Weder in Afghanistan noch in Kaschmir habe er eine Schule besucht. Auch einen Beruf habe er nicht erlernt. In Deutschland habe er in verschiedenen Restaurants als Küchenhilfe gearbeitet.
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Mit Bescheid vom 7. März 2007 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Abänderung des Bescheids vom 4. August 1993 bezüglich der Feststellung zu § 53 Abs. 1 bis 6 AuslG ab (Ziffer 1). Zugleich benannte es unter Teiländerung seines früheren Bescheids nunmehr Afghanistan als Zielstaat einer Abschiebung (Ziffer 2). Zur Begründung führte es aus, dass es an Gründen für ein Wiederaufgreifen nach § 51 VwVfG fehle. Der Antrag sei gemäß § 51 Abs. 2 VwVfG unzulässig, da der Kläger nicht ohne grobes Verschulden außerstande gewesen sei, die Gründe für das Wiederaufgreifen bereits im Asylverfahren vorzutragen. Es lägen auch keine Gründe für ein Wiederaufgreifen nach Ermessen gemäß § 51 Abs. 5 VwVfG vor. Es könne nicht festgestellt werden, dass der Kläger bei einer Rückkehr nach Afghanistan einer extremen Gefahr für Leib und Leben ausgesetzt wäre.
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Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte im Februar 2008 unter Aufhebung des Bescheids zu der Feststellung verpflichtet, dass bei dem Kläger ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG hinsichtlich Afghanistans vorliegt. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung der Beklagten im Februar 2010 zurückgewiesen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger wäre im Fall der Rückkehr nach Afghanistan mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Lebensverhältnissen ausgesetzt, die als Extremgefahr im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anzusehen seien. Ihm sei daher Abschiebungsschutz in verfassungskonformer Auslegung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu gewähren. Er gehöre zu einer Personengruppe, die erhöhten Rückkehrrisiken ausgesetzt sei. Denn er habe Afghanistan bereits im Kindesalter verlassen und verfüge dort über keine verwandtschaftlichen oder persönlichen Bindungen. Er habe weder in Afghanistan noch in Pakistan eine Schule besucht und sei mit den Lebensverhältnissen in seinem Herkunftsland nicht vertraut. Auch in Pakistan sei es ihm nicht gelungen, den Lebensunterhalt für sich und seine Familie zu sichern. Aus wirtschaftlicher Not habe er das Land verlassen. Selbst wenn sich die Lebensverhältnisse von Rückkehrern aus dem Ausland in Afghanistan allmählich normalisieren sollten, werde sich der Kläger dort kaum eine Existenzgrundlage schaffen können, sondern weitgehend schutzlos Hunger, Kälte und damit verbundenen gesundheitlichen Risiken ausgesetzt sein.
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Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision beanstandet die Beklagte vor allem, dass der Verwaltungsgerichtshof für die Durchbrechung der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG ausreichen lasse, dass der Kläger die hierfür maßgeblichen Tatsachen glaubhaft mache oder schlüssig darlege. Das Berufungsgericht habe den Beweismaßstab nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verkannt und seine Überzeugungsbildung im Sinne von § 108 Abs. 1 VwGO sei mangels hinreichender Tatsachenbasis unzureichend.
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Der Kläger tritt der Revision entgegen und verteidigt das angegriffene Urteil. Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht hat sich an dem Verfahren beteiligt und sich im Wesentlichen der Auffassung der Beklagten angeschlossen.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Berufungsurteil verletzt in mehrfacher Hinsicht Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Da der Senat mangels ausreichender Feststellungen im Berufungsurteil in der Sache nicht abschließend entscheiden kann, ist das Verfahren an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
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Gegenstand des Revisionsverfahrens ist zunächst das Verpflichtungsbegehren des Klägers auf Gewährung subsidiären unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes. Hierzu zählen in Umsetzung des subsidiären Schutzkonzepts nach Art. 15 und Art. 17 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 - sog. Qualifikationsrichtlinie - die in § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG aufgeführten Abschiebungsverbote. Dieses Begehren ist mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union (BGBl I 2007, 1970) - Richtlinienumsetzungsgesetz - im August 2007 Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens geworden und ist dies - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - nach wie vor. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist ferner das Verpflichtungsbegehren des Klägers auf Feststellung eines (nationalen) Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 und 3 AufenthG einschließlich der Feststellung eines Abschiebungsverbots in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG. Nicht Gegenstand des Verfahrens ist die bestandskräftige Abschiebungsandrohung vom August 1993, wohl aber die vom Bundesamt in Nr. 2 des angegriffenen Bescheids neu verfügte Bezeichnung von Afghanistan als Zielstaat der Abschiebung gemäß § 59 Abs. 2 AufenthG. Der Regelungscharakter dieser Bezeichnung ergibt sich aus den in § 59 Abs. 4 AufenthG daran geknüpften Rechtsfolgen der Präklusion bezüglich bestimmter zielstaatsbezogener Gefahren. Da das Verwaltungsgericht in seinem Urteil den Bescheid in vollem Umfang, also auch bezüglich der neuen Zielstaatsbezeichnung, aufgehoben hat und das Berufungsgericht diese Entscheidung bestätigt hat, ist die Zielstaatsbezeichnung Afghanistan auch Gegenstand der Revision der Beklagten geworden. Einer besonderen Revisionsbegründung bedurfte es insoweit nicht, weil die Rechtmäßigkeit der Zielstaatsbezeichnung zwingend von der rechtlichen Beurteilung der Entscheidung zu den Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG als Vorfrage abhängt.
- 11
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Das Berufungsurteil verletzt Bundesrecht, weil es den unionsrechtlichen Abschiebungsschutz nicht geprüft hat (1.). Es verletzt ferner Bundesrecht, weil es beim nationalen Abschiebungsschutz den Anforderungen an die verfassungskonforme Auslegung und Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG im Fall allgemeiner Gefahren nicht hinreichend Rechnung getragen hat (2.). Schließlich verletzt es Bundesrecht, weil seine Feststellungen zur Gefahrenprognose bei verfassungskonformer Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht standhalten (3.).
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1. Das Berufungsgericht hätte nicht ungeprüft lassen dürfen, ob der Kläger die Voraussetzungen für die Feststellung eines unionsrechtlich begründeten Abschiebungsverbots erfüllt. Dieser Streitgegenstand ist in allen Übergangsfällen, in denen das Bundesamt über die Zuerkennung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG a.F. entschieden hat und hiergegen Klage erhoben wurde, mit Inkrafttreten des Richtlinienumsetzungsgesetzes im August 2007 im gerichtlichen Verfahren angewachsen. Dies hat der Senat in seinem Urteil vom 8. September 2011 - BVerwG 10 C 14.10 - (zur Veröffentlichung in der Entscheidungssammlung BVerwGE vorgesehen, Rn. 9 bis 14) näher begründet. Hierauf wird verwiesen. Damit ist in allen derartigen Übergangsfällen nicht nur der nationale Abschiebungsschutz, sondern auch der weitergehende unionsrechtlich begründete Abschiebungsschutz zwingend zu prüfen. In diesen Übergangsfällen scheidet der so angewachsene unionsrechtliche Abschiebungsschutz aus dem gerichtlichen Verfahren nur dann wieder aus, wenn er rechtskräftig abgeschichtet worden ist, d.h. wenn nach erkennbarer Sachprüfung der entsprechende Anspruchsgrundlagen über alle unionsrechtlichen Abschiebungsverbote entschieden worden ist und der unterlegene Verfahrensbeteiligte dies unangefochten lässt. Auch insoweit wird zur Begründung auf das Urteil des Senats vom 8. September 2011 (a.a.O. Rn. 13) verwiesen.
- 13
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Im Entscheidungsfall fehlt es an einer derartigen unanfechtbaren Sachentscheidung zum unionsrechtlichen Abschiebungsschutz. Das Bundesamt hat vor Inkrafttreten des Richtlinienumsetzungsgesetzes entschieden. Hiergegen wurde Klage erhoben, sodass nach der Rechtsprechung des Senats die Voraussetzungen für das Anwachsen des unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes ungeachtet der Tatsache vorliegen, dass sich der Klageantrag auf Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 AufenthG beschränkte. Denn die Parteien können in den vom Senat näher gekennzeichneten Übergangsfällen insoweit über das gerichtliche Prüfprogramm nicht disponieren (vgl. Urteil vom 8. September 2011 a.a.O. Rn. 13). Das haben das Verwaltungsgericht und der Verwaltungsgerichtshof irrtümlich verkannt.
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Vorliegend ist der unionsrechtliche Abschiebungsschutz demnach im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht angewachsen und mangels einer entsprechenden sachlichen Entscheidung des Verwaltungsgerichts auch Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Der Verwaltungsgerichtshof muss sich daher in dem erneuten Berufungsverfahren mit diesem Begehren befassen. Nach der Rechtsprechung des Senats handelt es sich insoweit um einen einheitlichen und nicht weiter teilbaren Verfahrensgegenstand, der eigenständig und vorrangig vor den sonstigen zielstaatsbezogenen ausländerrechtlichen Abschiebungsverboten zu prüfen ist (vgl. Urteil vom 24. Juni 2008 - BVerwG 10 C 43.07 - BVerwGE 131, 198 Rn. 11). Der Verwaltungsgerichtshof muss deshalb alle entsprechenden Anspruchsgrundlagen in den Blick nehmen, aus denen sich ein Anspruch auf Feststellung eines unionsrechtlichen Abschiebungsverbots in Bezug auf Afghanistan ergeben kann (§ 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG).
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2. Das Berufungsurteil verletzt auch hinsichtlich des nationalen Abschiebungsschutzes Bundesrecht. Der Verwaltungsgerichtshof wird sich im Falle der Ablehnung eines unionsrechtlichen Abschiebungsverbots auch mit diesem Begehren nochmals befassen müssen. Bei dem nationalen Abschiebungsschutz handelt es sich nach dem Inkrafttreten des Richtlinienumsetzungsgesetzes ebenfalls um einen einheitlichen und nicht weiter teilbaren Verfahrensgegenstand mit mehreren Anspruchsgrundlagen (§ 60 Abs. 5, 7 Satz 1 einschließlich Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG in verfassungskonformer Anwendung). Eine Abschichtung einzelner nationaler Abschiebungsverbote im Laufe des gerichtlichen Verfahrens ist daher ungeachtet des materiellen Nachrangs des Abschiebungsverbots in verfassungskonformer Auslegung des § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG nicht möglich.
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Das Berufungsurteil ist insoweit mit Bundesrecht nicht vereinbar, als es dem Kläger Abschiebungsschutz nach nationalem Recht in verfassungskonformer Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG zugesprochen hat, ohne das Vorliegen des unionsrechtlich begründeten Abschiebungsschutzes (Abschiebungsverbote u.a. nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG) rechtsfehlerfrei zu prüfen und auszuschließen. Damit hat es sowohl den Vorrang des unionsrechtlichen gegenüber dem nationalen Abschiebungsschutz (vgl. Urteil vom 24. Juni 2008 a.a.O. Rn. 11) als auch die in der Rechtsprechung des Senats entwickelten Voraussetzungen für die verfassungskonforme Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG in Fällen einer allgemeinen Gefahr verfehlt.
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Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG sind Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG kann die oberste Landesbehörde aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längsten sechs Monate ausgesetzt wird. Eine derartige Abschiebestopp-Anordnung besteht für die Personengruppe, der der Kläger angehört, nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht (mehr). Mit seinem Hinweis insbesondere auf die unzureichende Versorgungslage in Afghanistan, die für Rückkehrer ohne Berufsausbildung und familiäre Unterstützung bestehe, macht der Kläger allgemeine Gefahren geltend, die aufgrund der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG grundsätzlich nicht rechtfertigen können. Diese Sperrwirkung kann, wie ausgeführt, nur dann im Wege einer verfassungskonformen Auslegung eingeschränkt werden, wenn für den Schutzsuchenden ansonsten eine verfassungswidrige Schutzlücke besteht. Eine Schutzlücke besteht für den Kläger nicht, falls ihm unionsrechtlicher Abschiebungsschutz zusteht. Der Verwaltungsgerichtshof hätte sich daher auch aus diesem Grund mit der Frage des unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes befassen müssen, ehe er sich mittels verfassungskonformer Auslegung über die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG hinwegsetzt.
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3. Schließlich ist die Annahme eines nationalen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG durch den Verwaltungsgerichtshof auch deshalb mit Bundesrecht nicht vereinbar, weil seine Feststellungen zum Vorliegen einer extremen Gefahr im Falle einer Rückkehr des Klägers nach Afghanistan einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht standhalten.
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Der Verwaltungsgerichtshof hat allerdings zutreffend erkannt, dass es sich hier nicht um ein Folgeverfahren handelt, bei dem die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 VwVfG erfüllt sein müssen. Hiervon waren zu Unrecht das Bundesamt in seinem Bescheid vom 7. März 2007 und das Verwaltungsgericht ausgegangen. Über das Vorliegen von Abschiebungsverboten wegen zielstaatsbezogener Gefahren für den Kläger in Afghanistan ist jedoch noch keine bestandskräftige Entscheidung getroffen. Eine solche liegt nur für den ausländerrechtlichen Abschiebungsschutz des Klägers in Bezug auf Pakistan vor. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts enthält die Feststellung des Bundesamts zum Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG grundsätzlich nur eine Regelung über die in dem Bescheid geprüften jeweiligen Zielstaaten, wobei die Feststellung bezüglich jedes einzelnen Zielstaates eine selbstständige Teilregelung darstellt, die rechtskräftig abgeschichtet werden kann (vgl. Urteil vom 4. Dezember 2001 - BVerwG 1 C 11.01 - BVerwGE 115, 267 <269>). Der Antrag auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG bezüglich eines bisher noch nicht geprüften Staates stellt daher einen Neuantrag dar, der nicht von der Erfüllung der Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen nach § 51 VwVfG abhängt. Etwas anderes gilt nach § 71 AsylVfG nur für Anträge auf Asyl- oder Flüchtlingsanerkennung. Diese Regelung erstreckt sich hingegen nicht auf die Feststellung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG. Für diese hat der Gesetzgeber jedenfalls bisher keine einheitliche, generelle Schutzstatusentscheidung vorgesehen, sondern nur die jeweilige Feststellung von Abschiebungsverboten bezüglich einzelner Zielstaaten. Ob sich hierzu eine Verpflichtung aus Art. 18 der Richtlinie 2004/83/EG ergibt und dies dann auch Konsequenzen für die Anwendbarkeit der Vorschriften über das Wiederaufgreifen hätte, braucht nicht entschieden zu werden, da es hier nicht um die Änderung einer bestandskräftigen Entscheidung zum unionsrechtlich begründeten Abschiebungsschutz geht. Eine bestandskräftige Entscheidung wurde vorliegend nur für Abschiebungsverbote nach nationalem Recht und nur hinsichtlich Pakistans getroffen. Daher finden die Vorschriften über das Wiederaufgreifen hier weder für den unionsrechtlichen noch für den nationalen Abschiebungsschutz Anwendung.
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Der Verwaltungsgerichtshof ist in der Sache zwar zu Recht davon ausgegangen, dass eine unmittelbare Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ausscheidet, weil der Kläger keine individuellen, nur ihm drohenden Gefahren, sondern allgemeine Gefahren geltend macht. Er ist aber bei der verfassungskonformen Anwendung der Vorschrift hinter den maßgeblichen rechtlichen Anforderungen zurückgeblieben. So hat er die vom Senat zum Vorliegen einer extremen Gefahrenlage entwickelten rechtlichen Maßstäbe verfehlt.
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Im Hinblick auf die Lebensbedingungen, die den Kläger in Afghanistan erwarten, insbesondere die dort herrschenden wirtschaftlichen Existenzbedingungen und die damit zusammenhängende Versorgungslage, kann er Abschiebungsschutz in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur ausnahmsweise beanspruchen, wenn er bei einer Rückkehr aufgrund dieser Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre. Nur dann gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, ihm trotz einer fehlenden politischen Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu gewähren.
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Wann danach allgemeine Gefahren von Verfassungs wegen zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalles ab und entzieht sich einer rein quantitativen oder statistischen Betrachtung. Die drohenden Gefahren müssen jedoch nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahren ist von einem im Vergleich zum Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhten Maßstab auszugehen. Diese Gefahren müssen dem Ausländer daher mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser Wahrscheinlichkeitsgrad markiert die Grenze, ab der seine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich unzumutbar erscheint. Dieser hohe Wahrscheinlichkeitsgrad ist ohne Unterschied in der Sache in der Formulierung mit umschrieben, dass die Abschiebung dann ausgesetzt werden müsse, wenn der Ausländer ansonsten "gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde". Schließlich müssen sich diese Gefahren alsbald nach der Rückkehr realisieren. Das bedeutet nicht, dass im Falle der Abschiebung der Tod oder schwerste Verletzungen sofort, gewissermaßen noch am Tag der Abschiebung, eintreten müssen. Vielmehr besteht eine extreme Gefahrenlage beispielsweise auch dann, wenn der Ausländer mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert werden würde (vgl. Urteil vom 29. Juni 2010 - BVerwG 10 C 10.09 - BVerwGE 137, 226 Rn. 15 m.w.N.).
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Der Verwaltungsgerichtshof hat diese rechtlichen Maßstäbe für die verfassungskonforme Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in wesentlichen Teilen verkannt. Er bezieht sich zwar ausdrücklich auf den Maßstab der Extremgefahr und zitiert in diesem Zusammenhang die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (UA S. 5). Bei der Rechtsanwendung indes füllt er ihn mit Merkmalen auf, die hinter den vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Anforderungen zurückbleiben. Zudem verzichtet er gänzlich auf das Erfordernis, dass sich die Gefahr alsbald nach der Rückkehr realisieren muss. Der erforderliche hohe Wahrscheinlichkeitsmaßstab wird zwar abstrakt anerkannt, aber auf einen fehlerhaften Gefahrenbegriff bezogen.
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Das Vorliegen einer Extremgefahr begründet der Verwaltungsgerichtshof damit, dass sich der Kläger bei Rückkehr nach Afghanistan dort kaum eine Existenzgrundlage werde schaffen können, sondern weitgehend schutzlos Hunger, Kälte und damit verbundenen gesundheitlichen Risiken ausgesetzt sei (UA S. 8). Diese im Rahmen der Subsumtion herangezogenen Tatsachen lassen jedoch nicht den Schluss darauf zu, dass der Kläger dem Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde, wie das den Anforderungen an eine Extremgefahr im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entspricht. Denn "Hunger" führt nicht zwangsläufig zum Tod, "gesundheitliche Risiken" führen nicht notwendigerweise zu schwersten Gesundheitsschäden. Damit verfehlt das Berufungsurteil den Begriff der Extremgefahr.
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Der Verwaltungsgerichtshof hat seiner Entscheidung zudem nicht die weitere für eine verfassungskonforme Auslegung des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG erforderliche Voraussetzung zugrunde gelegt, dass sich die Gefahr alsbald nach der Rückkehr des Klägers realisieren muss. Auf diese Voraussetzung geht das Berufungsurteil überhaupt nicht ein. Die gewählten Formulierungen sprechen vielmehr dafür, dass das Gericht eine Existenzsicherung von einiger Dauer für erforderlich hält, um die hohe Wahrscheinlichkeit einer Extremgefahr abzuwenden (UA S. 7: "nicht gelungen, den Lebensunterhalt für sich und seine Familie zu sichern" - UA S. 8: "wird sich der Kläger dort kaum eine Existenzgrundlage schaffen können").
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Das Berufungsurteil geht auch von einem fehlerhaften Wahrscheinlichkeitsmaßstab aus. Zwar sieht es den Kläger "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" Lebensverhältnissen ausgesetzt, die eine Extremgefahr begründen sollen (UA S. 5). Der Verwaltungsgerichtshof bezieht seine Wahrscheinlichkeitsbetrachtung aber auf einen fehlerhaften Gefahrbegriff, und zwar in sachlicher wie in zeitlicher Dimension. Denn er verkennt - wie bereits dargelegt - den Begriff der Extremgefahr und das Erfordernis der alsbaldigen Realisierung der Gefahr. Damit ist der Maßstab für die Wahrscheinlichkeitsbetrachtung selbst fehlerhaft.
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4. Bei seiner erneuten Befassung mit der Sache ist der Verwaltungsgerichtshof gehalten, die vom Bundesverwaltungsgericht hierzu entwickelten rechtlichen Maßstäbe zu beachten und seiner Überzeugungsbildung zugrunde zu legen. Dabei wird er sich auch mit der gegenteiligen Rechtsprechung anderer Oberverwaltungsgerichte auseinanderzusetzen haben (vgl. etwa Urteil des VGH München vom 3. Februar 2011 - 13a B 10.30394 - juris, das sich seinerseits allerdings auch nicht mit der gegenteiligen Rechtsprechung des Berufungsgerichts auseinandersetzt; vgl. dazu auch Urteil des Senats vom 29. Juni 2010 a.a.O. Rn. 22).
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Sollte es für die Entscheidung weiterhin entscheidungserheblich auf die Möglichkeiten des Klägers ankommen, sich Nahrungsmittel zu beschaffen, wird der Verwaltungsgerichtshof der Frage nachzugehen haben, ob sich die allgemeine Versorgung der afghanischen Bevölkerung mit Lebensmitteln gegenüber dem Jahr 2008 - wie prognostiziert (UA S. 7) - verbessert hat und der Kläger hiervon profitieren kann. Weiter wird er Feststellungen zu den Möglichkeiten für einen jungen gesunden männlichen Rückkehrer ohne abgeschlossene Berufsausbildung wie den Kläger zu treffen haben, durch Gelegenheitsarbeiten oder durch andere Tätigkeiten ein bescheidenes Einkommen zu erzielen. In diesem Zusammenhang wäre dann auch zu untersuchen, ob der Kläger, der nach den Feststellungen des Gerichts in Pakistan als Schweißer gearbeitet hat (UA S. 7) und sich und offenbar auch seine Familie immerhin von 1985 bis zu seiner Ausreise im Jahr 1992 ernähren konnte, nicht einer vergleichbaren Arbeit in Afghanistan nachgehen kann.
Tenor
I. Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom
Die Beklagte wird verpflichtet, festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 AufenthG hinsichtlich Afghanistans vorliegen.
II. Von den Kosten des Verfahrens tragen die Kläger 5/6, die Beklagte 1/6.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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1.den Bescheid vom
22. November 2016 aufzuheben, -
2.die Beklagte zu verpflichten, sie als Asylberechtigte anzuerkennen und die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylVfG zuzuerkennen,
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3.hilfsweise, subsidiären Schutz gemäß § 4 AsylVfG zu gewähren,
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4.weiter hilfsweise, das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG festzustellen.
Gründe
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.