Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 13. Aug. 2010 - 10 A 10076/10

ECLI:ECLI:DE:OVGRLP:2010:0813.10A10076.10.0A
bei uns veröffentlicht am13.08.2010

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16. Dezember 2009 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt von der Beklagten Zugang zu einem von dieser eingeholten Gutachten.

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Der Kläger ist Rechtsanwalt und hat sich unter anderem auf die Beratung und Vertretung von Mandanten aus der Erotikbranche spezialisiert. Die Beklagte ist als Landesmedienanstalt nach dem Staatsvertrag über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien (Jugendmedienschutz-Staatsvertrag - JMStV -) mit der Aufgabe betraut, die erforderlichen Maßnahmen gegenüber privaten Rundfunkveranstaltern und Anbietern von Telemedien zu ergreifen, die gegen die Bestimmungen dieses Staatsvertrages verstoßen. Zu den der Aufsicht der Beklagten unterliegenden Anbietern von Telemedien gehören insbesondere die Anbieter pornographischer Websites im Internet.

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Im Jahre 2007 gab die Beklagte bei Rechtsanwalt L ein Gutachten zum Thema „Aufsichtsrechtliche Verfolgbarkeit von vermeintlich im Ausland befindlichen Content-Providern sowie dritten Beteiligten“ in Auftrag, dessen Aufgabenstellung von der Beklagten folgendermaßen zusammengefasst wurde:

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„Nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Rundfunkstaatsvertrag (RStV) i.V.m. § 3 Telemediengesetz (TMG) ist deutsches (Jugendschutz-)Recht uneingeschränkt nur auf Internetanbieter (das Gesetz spricht von Diensteanbietern von Telemedien) anwendbar, wenn diese im Inland niedergelassen sind (Herkunftslandprinzip). Das TMG definiert den niedergelassenen Diensteanbieter in § 2 Nr. 2 als Anbieter, der mittels einer festen Einrichtung auf unbestimmte Zeit Telemedien geschäftsmäßig (also nachhaltig) anbietet oder erbringt, wobei der Standort einer technischen Einrichtung alleine keine Niederlassung des Anbieters begründet. Im Rahmen der aufsichtsrechtlichen Tätigkeit treten vor diesem Hintergrund immer wieder Fälle auf, bei denen sich Content-Provider bzw. der durch eine WHOIS-Abfrage ermittelte Domaininhaber durch (vermeintliche) Verlegung ihrer Niederlassung oder ihres Wohnsitzes ins Ausland dem Zugriff der deutschen Behörden entziehen wollen. Dies geschieht entweder durch einen vorgeblichen Umzug während oder im Nachgang eines aufsichtsrechtlichen Verfahrens, oder aber der Anbieter gibt von vornherein eine Adresse im Ausland an, bleibt aber gleichwohl im Inland wohnen und administriert von hier aus seine Angebote. Oder der Internetanbieter spaltet (tatsächlich oder vermeintlich) seine Tätigkeiten auf und gibt z.B. als Firmensitz eine ausländische Adresse an, während etwa die technischen Einrichtungen oder die Kundenbetreuung in Deutschland verbleiben. Kommen mehrere Niederlassungsorte in Betracht, ist entscheidend, wo sich der Mittelpunkt der Tätigkeiten des Internetanbieters in Bezug auf diesen bestimmten Dienst befindet.“

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Hiervon ausgehend behandelt nach Angaben der Beklagten das Gutachten vom 21. November 2007 folgende Fragestellungen:

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- Welche Drittanbieter gibt es, die Dienstleistungen - wie Scheinadressen - zur Verfügung stellen, damit Content-Provider bzw. Domaininhaber trotz fehlender tatsächlicher Verlagerung ihrer Niederlassung ins Ausland den entsprechenden Eindruck erwecken können? Wie gehen diese Dienstleister vor? Welche dieser Dienstleister werden bevorzugt genutzt?

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- Gibt es in der Praxis Anhaltspunkte, anhand derer bei einem Angebot auf die Nutzung einer entsprechenden Dienstleistung geschlossen werden kann? Gibt es Anhaltspunkte, anhand derer bei einem Angebot etwa auf einen sogenannten Mail-Drop-Dienstleister geschlossen werden kann? Wie kann gerichtsfest nach gewiesen werden, dass die Dienste eines konkreten Anbieters genutzt werden?

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- Wie kann die Tatsache, dass und wo tatsächlich im Inland eine Niederlassung besteht, gerichtsfest nachgewiesen werden (z.B. des Host-Providers, etwaiger Finanzdienstleister oder anderer dritter Akteure zur Auskunft)?

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- Ist keine gerichtsfeste Ermittlung des Content-Providers möglich: Liefern von Dritten zur Verfügung gestellte Dienstleistungen – wie der Betrieb eines Host-Servers oder die Übernahme der Tätigkeit als Admin-c – Anhaltspunkte dafür, dass dies durch Personen im Inland geschieht? Kann gegen sie aufsichtsrechtlich vorgegangen werden oder kann im Rahmen eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens gegen sie vorgegangen werden?

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- Entwicklung eines Kriterienkatalogs und Rechercheleitfadens, der es ermöglicht, möglichst alle bestehenden Optionen zur Ausermittlung des Content-Providers auszuschöpfen und Möglichkeiten eines ordnungsrechtlichen Vorgehens gegen beteiligte Dritte auszuloten.

11

- Darüber hinaus klärt das Gutachten auch ganz generell Fragen der Verfolgbarkeit von Content-Providern, also ebenso die Verfolgung von Content-Providern im Inland.

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Nach Eingang des Gutachtens reichte die Beklagte dieses intern an alle anderen Landesmedienanstalten weiter. Auf der Grundlage des Gutachtens haben mehrere Landesmedienanstalten zahlreiche Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen verschiedene Diensteanbieter eingeleitet.

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Mit Schreiben vom 29. Januar 2009 beantragte der Kläger den Zugang zu diesem Gutachten auf der Grundlage des § 4 des Landesgesetzes über die Freiheit des Zugangs zu Informationen (Landesinformationsfreiheitsgesetz - LIFG -).

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Durch Bescheid vom 27. März 2009 wies die Beklagte den Antrag mit der Begründung zurück, dem Kläger stehe mit Blick auf die Notwendigkeit des Schutzes des behördlichen Entscheidungsprozesses nach § 10 Satz 1 LIFG ein Anspruch auf Gewährung des begehrten Informationszugangs nicht zu. Zwar dienten Gutachten Dritter nach § 10 Satz 2 LIFG regelmäßig nicht der unmittelbaren Entscheidungsfindung und seien daher zugänglich zu machen; das Gutachten des Rechtsanwalts L gebe aber abweichend vom Regelfall den Landesmedienanstalten genaue Handlungsanweisungen und sei daher nicht nur eine anfängliche Hilfestellung. Hilfsweise greife auch die Schutzbestimmung des § 9 Abs. 1 Nr. 2 LIFG ein. Zwar sei bei der Beklagten kein den Gutachteninhalt betreffendes Ordnungswidrigkeitenverfahren anhängig, das Gutachten sei aber an alle Landesmedienanstalten weitergegeben worden, die ständig Ordnungswidrigkeitenverfahren durchführten.

15

Nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen darauf verwiesen, die Beklagte könne sich zur Ablehnung seines Antrags nicht auf § 10 Satz 1 LIFG berufen. Es sei nicht ersichtlich, wie ein Gutachten aus dem Jahre 2007 der unmittelbaren Vorbereitung von aktuellen Entscheidungen dienen solle.

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Der Kläger hat beantragt,

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die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27. März 2009 und des Widerspruchsbescheides vom 14. Juli 2009 zu verpflichten, ihm - dem Kläger - das Gutachten „Aufsichtsrechtliche Verfolgbarkeit von vermeintlich im Ausland befindlichen Content-Providern sowie dritten Beteiligten“ von Rechtsanwalt L vom 21. November 2007 zugänglich zu machen.

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Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie hat geltend gemacht, für sie gelte das Landesinformationsfreiheitsgesetz schon nicht, weil sie den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, auf die das Landesinformationsfreiheitsgesetz nach dessen § 2 Abs. 5 nicht anwendbar sei, gleichzustellen sei. Im Übrigen hat sie auf die von ihr in den angegriffenen Bescheiden herangezogenen Ausschlusstatbestände verwiesen.

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Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, das Landesinformationsfreiheitsgesetz gelte nach § 2 Abs. 5 LIFG nicht für öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten und damit nach Sinn und Zweck dieser Ausnahmevorschrift auch nicht für die Beklagte. Ungeachtet dessen stehe dem Anspruch des Klägers die Vorschrift des § 9 Abs. 1 Nr. 3 LIFG entgegen, weil das Bekanntwerden des Gutachtens die öffentliche Sicherheit in Gestalt der Unversehrtheit der Rechtsordnung beeinträchtigen würde. Das Gutachten setze die Beklagte in die Lage, Verstöße gegen die Vorschriften des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags festzustellen und ihrer Überwachungsaufgabe nachzukommen. Werde das Gutachten preisgegeben, könnten Details zu Ermittlungstechniken betreffend Content-Provider an Privatpersonen gelangen, welche keine Gewähr dafür böten, dass diese Informationen nicht an Anbieter aus dem betroffenen Bereich weitergeleitet würden, die ein Interesse an der Entwicklung von Umgehungsstrategien hätten.

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Mit seiner vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung trägt der Kläger weiter vor, bereits die Ausnahmeregelung für öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten in § 2 Abs. 5 LIFG sei planwidrig, weil kein Anlass bestehe, diese aus dem Anwendungsbereich des LIFG auszunehmen. Jedenfalls aber sei die Beklagte mit den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nicht vergleichbar, so dass eine analoge Anwendung der Vorschrift nicht in Frage komme. Die Ausnahmevorschrift des § 9 Abs. 1 Nr. 3 LIFG sei entgegen der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts nicht anwendbar, weil weder die Beklagte mit polizeilichen Aufgaben betraut sei noch eine unmittelbare Gefährdung zentraler Rechtsgüter durch bevorstehende Straftaten, die von der Beklagten zu verfolgen wären, zu erwarten seien.

23

Der Kläger beantragt,

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unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 16. Dezember 2009 die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27. März 2009 und des Widerspruchsbescheides vom 14. Juli 2009 zu verpflichten, ihm – dem Kläger – das Gutachten „Aufsichtsrechtliche Verfolgbarkeit von vermeintlich im Ausland befindlichen Content-Providern sowie dritten Beteiligten“ von Rechtsanwalt L zugänglich zu machen.

25

Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Sie schließt sich der Auffassung des Verwaltungsgerichts an, nach welcher das LIFG in analoger Anwendung des § 2 Abs. 5 LIFG nicht für die Beklagte gilt. Wie die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten habe sie das Recht auf Selbstverwaltung und sei mitgliedschaftlich organisiert. Als Landesmedienanstalt sei sie in ihrem Kernbereich exakt mit denjenigen Aufgaben betraut, die in den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der jeweilige Rundfunkrat wahrnehme. Sie wirke – ebenso wie der Rundfunkrat – in Medieninhalte hinein. Programminhaltlich werde sie tätig, wenn sie Inhalte beanstande, Inhalte fordere oder Sendungen untersage. Damit sie diese Aufgaben staatsfern erfüllen könne, müsse sie von der Anwendung des Landesinformationsfreiheitsgesetzes freigestellt sein. Darüber hinaus könne sie sich gegenüber staatlichen Eingriffen auf das Grundrecht des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG berufen. Im Übrigen beeinträchtige die Herausgabe des Gutachtens die öffentliche Sicherheit im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 3 LIFG. Das Gutachten unterstütze die Landesmedienanstalten maßgeblich dabei, ihrem Schutzauftrag aus dem Jugendmedienschutzstaatsvertrag nachzukommen, indem es detailliert vorgebe, welche Maßnahmen von den Landesmedienanstalten getroffen werden könnten. Der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor entwicklungsbeeinträchtigenden Angeboten könne nicht mehr gewährleistet werden, wenn die Informationen des Gutachtens den Anbietern pornographischer Angebote bekannt würden. Denn diese Anbieter seien dann zum einen auf das Handeln der Landesmedienanstalten vorbereitet und könnten zum anderen im Gutachten nicht aufgezeigte Wege zur Umgehung des strengen deutschen Rechtssystems finden. Darüber hinaus stehe dem Informationsverlangen des Klägers auch § 9 Abs. 1 Nr. 2 LIFG entgegen, weil die Bekanntgabe der amtlichen Information nachteilige Auswirkungen auf den Erfolg anhängiger Ordnungswidrigkeitenverfahren habe. In Deutschland gebe es zahlreiche anhängige Ordnungswidrigkeitenverfahren. Verschiedene Landesmedienanstalten führten Ermittlungen auf der Grundlage des streitgegenständlichen Gutachtens durch. Schließlich diene das Gutachten der unmittelbaren Entscheidungsfindung und müsse daher auch nach § 10 LIFG nicht herausgegeben werden.

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Die weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten ergeben sich aus den zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätzen und den vorgelegten Verwaltungsvorgängen. Sämtliche Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

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Das Verwaltungsgericht hat einen Anspruch des Klägers auf Zugang zu dem Gutachten von Rechtsanwalt L vom 21. November 2007 zu Recht verneint. Der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 27. März 2009 und der hierzu ergangene Widerspruchsbescheid vom 14. Juli 2009 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 der VerwaltungsgerichtsordnungVwGO -).

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Die Klage ist zwar zulässig und es liegen zudem die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 1 des Landesgesetzes über die Freiheit des Zugangs zu Informationen (Landesinformationsfreiheitsgesetz - LIFG -) vor, wonach jede natürliche oder juristische Person des Privatrechts gegenüber den in § 2 LIFG genannten Behörden Anspruch auf Zugang zu den dort vorhandenen amtlichen Informationen hat. Der Kläger wird auch als natürliche Person tätig, wenn er den Antrag in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt stellt. Als der Rechtsaufsicht der Landesregierung unterstehende Anstalt des öffentlichen Rechts (vgl. §§ 2, 50 des Landesmediengesetzes - LMG -) ist die Beklagte Anspruchsgegnerin, weil sie Verwaltungstätigkeit ausübt; sie lässt die Veranstaltung von privatem Rundfunk zu, übt die Aufsicht über die privaten Rundfunkveranstalter und Telemedien aus und führt Ordnungswidrigkeitenverfahren durch. Dies alles hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt. Der Senat folgt dessen ausführlicher Begründung und sieht daher insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (vgl. § 130b Satz 2 VwGO).

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Der somit grundsätzlich eröffnete Anspruch auf Zugang zu dem Gutachten besteht aber nach § 4 Abs. 1 Satz 1 LIFG nur „nach Maßgabe dieses Gesetzes“. Hiervon ausgehend hat das Verwaltungsgericht § 2 Abs. 5 LIFG, der bestimmte juristische Personen des öffentlichen Rechts von der Anspruchsverpflichtung ausnimmt, in analoger Anwendung für einschlägig erachtet und schon aus diesem Grunde das Begehren des Klägers als unbegründet angesehen. Dem folgt der Senat nicht. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht indessen festgestellt, dem klägerischen Anspruch stehe § 9 Abs. 1 Nr. 3 LIFG entgegen, wonach der Antrag auf Informationszugang abzulehnen ist, „soweit und solange das Bekanntwerden der amtlichen Information die öffentliche Sicherheit (…) beeinträchtigen würde“.

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Eine Herausnahme der Klägerin aus dem Kreis der nach § 2 Abs. 1 LIFG Anspruchsverpflichteten nach Maßgabe des § 2 Abs. 5 LIFG kommt nicht in Betracht. Nach dieser Vorschrift gilt das Landesinformationsfreiheitsgesetz nicht für Sparkassen, die Selbstverwaltungsorganisationen der Wirtschaft und der Freien Berufe sowie die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Dass die Beklagte keine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt ist, bedarf keiner näheren Erläuterung, zumal das Verwaltungsgericht dies ausführlich dargelegt hat und zu dem zutreffenden Ergebnis gelangt ist, öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten im Sinne des § 2 Abs. 5 LIFG seien nur der Südwestrundfunk (SWR) und das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF). Die daraufhin vom Verwaltungsgericht vorgenommene analoge Anwendung des § 2 Abs. 5 LIFG auf die Landeszentrale für Medien und Kommunikation scheidet aus, weil es an der für eine Analogie erforderlichen (planwidrigen) Lücke des Gesetzes fehlt.

34

Die Vorschrift des § 2 Abs. 5 LIFG war im ursprünglichen Gesetzentwurf noch nicht vorhanden (vgl. LT-Drucks. 15/2085, S. 3) und wurde erst nachträglich aufgrund der Beschlussempfehlung des Innenausschusses des Landtags (LT-Drucks. 15/2663) eingefügt. Begründet wurde dies in der Plenarsitzung des Landtags am 12. November 2008 (Plenarprotokoll 15/54 S. 3248 ff.) mit praktischen Erwägungen. Als Anstalten des öffentlichen Rechts fielen die Sparkassen, die öffentlichen Rundfunkanstalten und die Selbstverwaltungsorganisationen der Wirtschaft und der Freien Berufe zwar in den Anwendungsbereich des Gesetzes, aber hinsichtlich der mitgliedschaftlich organisierten Selbstverwaltungsorganisationen sei es kaum nachvollziehbar, dass diese einem Informationsanspruch von Nichtmitgliedern unterliegen sollten. Die Industrie- und Handelskammern beispielsweise seien zwar Selbstverwaltungseinrichtungen des Landes, erledigten aber vorrangig mitgliederbezogene Aufgaben und träten in der Regel nicht gegenüber Bürgerinnen und Bürgern durch Verwaltungshandeln in Erscheinung. Die Ziele der Transparenz, Beteiligung und Kontrolle sollten nur für diejenigen gelten, die vom Handeln dieser Organisationen tatsächlich betroffen sein könnten. Insofern könne es in Bezug auf Organisationen wie zum Beispiel die Kammern der gewerblichen Wirtschaft und der Freien Berufe nur um die Rechte ihrer Mitglieder gehen. Da sich das Informationsfreiheitsgesetz auf Verwaltungshandeln erstrecke, sei auch nachvollziehbar, dass die Rundfunkanstalten genauso wie die Sparkassen nicht unter dieses Gesetz fallen und solche Fragen in eigener Zuständigkeit regeln sollten. Ihre Herausnahme sei sinnvoll und richtig. In der der Plenarsitzung des Landtags vorausgehenden 20. Sitzung des Innenausschusses am 23. September 2008 wurde unter Punkt 2 der Tagesordnung zur LT-Drucks.15/2085 ausgeführt, von den Kammern sei darauf hingewiesen worden, es sei problematisch, wenn sie von dem Gesetz erfasst seien. Von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten würden in geringem Umfang ebenfalls staatliche Aufgaben wahrgenommen. Nachdem das Gesetz nicht für die Kammern gelten solle, sei es umso mehr gerechtfertigt, die öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten auszunehmen.

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Ausgangspunkt der Begründung für die Herausnahme der in § 2 Abs. 5 LIFG genannten juristischen Personen ist hiernach die Rechtsform der Selbstverwaltungsorganisationen der Wirtschaft und der Freien Berufe. Diese sind durch staatlichen Hoheitsakt errichtete Körperschaften des öffentlichen Rechts (vgl. z.B. § 3 Abs. 1 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern - IHK-G -, § 62 Abs. 1 der Bundesrechtsanwaltsordnung - BRAO -) und haben Mitglieder (vgl. z.B. § 2 Abs. 1 IHK-G, § 60 Abs. 1 BRAO), die durch den körperschaftlichen Zusammenschluss zur gemeinschaftlichen Verwaltung der sie betreffenden Angelegenheiten veranlasst werden. Aus dem Prinzip der Selbstverwaltung ergibt sich, dass die wesentlichen Entscheidungen den Mitgliedern insgesamt oder dem von ihnen gewählten Repräsentationsorgan vorbehalten sind (vgl. z.B. § 4 IHK-G, § 63 ff. BRAO); die Staatsaufsicht ist in der Regel auf eine Rechtmäßigkeitskontrolle beschränkt (vgl. z.B. § 11 Abs. 1 IHK-G, § 62 Abs. 2 BRAO).

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Die darüber hinaus aus dem Anwendungsbereich des Landesinformationsfreiheitsgesetzes ausgenommenen Sparkassen und öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sind hingegen Anstalten des öffentlichen Rechts (vgl. § 1 Abs. 1 des Sparkassengesetzes – SpkG -, § 1 Ziff. 1.1 des Staatsvertrags über den Südwestrundfunk – SWR-StaatsV -, § 1 Abs. 1 des ZDF-Staatsvertrags – ZDF-StaatsV -). Als solche haben sie entsprechend ihrer Zwecksetzung bestimmte Verwaltungsaufgaben wahrzunehmen, insbesondere Leistungen zu erbringen. Gemäß § 2 Abs. 1 SpkG haben die Sparkassen als kommunale Wirtschaftsunternehmen die Aufgabe, die Versorgung mit geld- und kreditwirtschaftlichen Leistungen zu sichern, SWR und ZDF versorgen die Bevölkerung mit Rundfunk und Fernsehen (vgl. die Präambel sowie § 1 Ziff. 1.1 SWR-StaatsV, § 1 Abs. 2 ZDF-StaatsV). Wie die oben beschriebenen Körperschaften sind sie rechtsfähig und kraft ihrer rechtlichen Verselbständigung berechtigt und verpflichtet, die ihnen obliegenden Aufgaben eigenverantwortlich wahrzunehmen. Hierzu haben sie das Recht der Selbstverwaltung (so ausdrücklich § 1 Ziff. 1.2 SWR-StaatsV, § 1 Abs. 3 ZDF-StaatsV) und unterliegen nur der Rechtsaufsicht des Staates (§ 27 SpkG, § 37 SWR-StaatsV, § 31 ZDF-StaatsV). Der maßgebliche Unterschied zu den öffentlich-rechtlichen Körperschaften besteht darin, dass Anstalten des öffentlichen Rechts im Gegensatz zu jenen keine Mitglieder haben, sondern Leistungen erbringen für außerhalb der Verwaltung stehende Rechtssubjekte, die Benutzer der Anstalt sind. Die für die Körperschaften gesetzlich garantierte Selbstverwaltung ist daher mit der Selbstverwaltung der öffentlich-rechtlichen Anstalten nur teilweise vergleichbar. Während die Selbstverwaltung der Körperschaften, wie bereits dargelegt, tatsächlich eine mitgliedschaftliche ist, trifft dies auf die Anstalten so nicht zu, weil es ohne Mitglieder am hierfür erforderlichen personellen Substrat fehlt; richtiger wäre, vom Prinzip der eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung durch die Organe der Anstalt und der hieraus resultierenden Staatsferne zu sprechen (vgl. zu der Unterscheidung Körperschaft - Anstalt Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2002, S. 600 ff.).

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Ist der tragende Gesichtspunkt für die Herausnahme der Selbstverwaltungsorganisationen der Wirtschaft und der Freien Berufe ausweislich des Plenarprotokolls vom 12. November 2008 (Plenarprotokoll 15/54 S. 3248 ff.) aber gerade die mitgliedschaftliche Organisation dieser Körperschaften, die dazu führt, dass von deren Handeln in der Regel nur die Rechte ihrer Mitglieder tangiert werden, passt diese Begründung nach den obigen Darlegungen für die Sparkassen und öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten - die aufgrund der Benutzungsverhältnisse in jedem Fall nach außen wirken - nicht. Letztlich bezeichnen die Abgeordneten die Ausnahme dieser juristischen Personen aus dem Anwendungsbereich des Landesinformationsfreiheitsgesetz in der Plenarsitzung vom 12. November 2008 auch nur als „sinnvoll und richtig“ und verweisen darauf, dass sich das Landesinformationsfreiheitsgesetz auf Verwaltungshandeln erstrecke. In dieselbe Richtung gehen die Äußerungen in der Sitzung des Innenausschusses vom 23. September 2008. Der vom Verwaltungsgericht angenommene gemeinsame Plan des § 2 Abs. 5 LIFG, mitgliedschaftlich organisierte Selbstverwaltungsorganisationen auszunehmen, ist daher nicht erkennbar und wäre außerdem auch nicht stringent durchgeführt, weil öffentlich-rechtliche Körperschaften im nicht-wirtschaftlichen Bereich von der Vorschrift nicht erfasst werden. Im Übrigen ist die Beklagte nicht mitgliedschaftlich organisiert; wie die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist sie vielmehr eine Anstalt des öffentlichen Rechts ist (vgl. § 2 LMG).

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Den Darlegungen in der Plenarsitzung vom 12. November 2008 und in der Sitzung des Innenausschusse vom 23. September 2008 ließe sich allenfalls noch der Plan entnehmen, öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten mangels Verwaltungstätigkeit aus dem Anwendungsbereich des Landesinformationsfreiheitsgesetz auszunehmen. Hierfür indessen brauchte es keiner eigenständigen Regelung in § 2 Abs. 5 LIFG; denn schon nach § 2 Abs. 1 LIFG gilt das Gesetz für die Behörden des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts nur, solange und soweit sie Verwaltungstätigkeit ausüben.

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Anhaltspunkte für eine gesetzgeberische Absicht, den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten keine Anspruchsverpflichtung aufzuerlegen, weil sie Träger des Grundrechts aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes – GG – sind, gibt es ebenfalls nicht. Der Aspekt der Rundfunkfreiheit spielte in den Erörterungen am 12. November 2008 und am 23. September 2008 keine Rolle. Unterstellt man dennoch das Vorhandensein einer solchen Absicht, würde dies keine zwingende Gleichstellung der Beklagten mit den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bedeuten. Die Landesmedienanstalten dürften zwar auch Grundrechtsträger des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG sein (so Petersen, Medienrecht, 4. Aufl. 2008, S. 251, offengelassen von BVerfGE 97, 298, 314 und BVerwG, Urteil vom 16. Juni 1999 - 6 C 19/98 -, DVBl 2000, 120, 122), weil ihnen durch Gesetz die Aufgabe übertragen worden ist, der Verwirklichung der Rundfunkfreiheit zu dienen, soweit ihnen wertende und gestaltende Entscheidungen mit Programmbezug obliegen. Zum einen aber dürften sie Grundrechtsträger nur in dem Umfang sein, in dem sie unmittelbar mit Auswirkung auf die Programmgestaltung, also unmittelbar zur Durchsetzung von Ausgewogenheit und Vielfalt tätig werden, während öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten gleichsam originäre Träger der Rundfunkfreiheit sind. Zum anderen muss der Grundrechtsschutz der Landesmedienanstalten auch in diesem Bereich dann beschränkt werden, wenn sie Trägern der Rundfunkfreiheit als staatliche Zulassungs- und Aufsichtsstelle gegenübertreten; hier beide Grundrechte im Wege der praktischen Konkordanz zu einem Ausgleich zu bringen, ist zuvörderst Sache des Gesetzgebers (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 16. Juni 1999, a.a.O.). Eine differenzierte Betrachtung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und der Landesmedienanstalten bei der Frage der Anspruchsverpflichtung nach dem Landesinformationsfreiheitsgesetz ist daher durchaus möglich und eine Gleichstellung bedürfte einer positiven Regelung in § 2 Abs. 5 LIFG, zumal die Zielsetzung des Landesinformationsfreiheitsgesetzes - die Transparenz behördlicher Entscheidungen soll die effektive Wahrnehmung von Bürgerrechten erleichtern - es gebietet, Ausnahmetatbestände eng zu begrenzen.

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Dem kann die Beklagte nicht mit dem Argument entgegentreten, sie sei in ihrem Kernbereich exakt mit denjenigen Aufgaben betraut, die in den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der jeweilige Rundfunk- bzw. Fernsehrat wahrnehme (vgl. § 15 SWR-StaatsV und § 20 Abs. 1Satz 2 ZDF-StaatsV). Der Beklagten ist insoweit zwar zuzugeben, dass letztere keiner Anspruchsverpflichtung nach dem Landesinformationsfreiheitsgesetz unterliegen, ihre Überwachungstätigkeit beschränkt sich aber auf die Rundfunkanstalt, innerhalb derer sie gebildet wurden und deren Organ sie sind (vgl. § 13 SWR-StaatsV und § 19 ZDF-StaatsV), während die Aufsichtstätigkeit der Beklagten nach außen gerichtet ist.

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Scheitert nach alledem das Begehren des Klägers mangels entsprechender Gesetzeslücke nicht bereits an der Ausnahmebestimmung des § 2 Abs. 5 LIFG, steht dem Anspruch des Klägers auf Zugänglichmachung des Gutachtens aber – wie das Verwaltungsgericht alsdann zu Recht festgestellt hat - die Schutzbestimmung des § 9 Abs. 1 Nr. 3 LIFG entgegen. Danach ist der Informationszugang abzulehnen, soweit und solange das Bekanntwerden der amtlichen Information die öffentliche Sicherheit, insbesondere die Tätigkeit der Polizei, der sonstigen für die Gefahrenabwehr zuständigen Stellen, der Staatsanwaltschaften oder der Behörden des Straf- und Maßregelvollzugs einschließlich ihrer Aufsichtsbehörden beeinträchtigen würde. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift sind gegeben.

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Das Schutzgut des § 9 Abs. 1 Nr. 3 LIFG, die „öffentliche Sicherheit“, entstammt dem Gefahrenabwehrrecht. Der Begriff ist gleichlautend insbesondere in den Generalklauseln des Polizei- und Ordnungsrechts enthalten (vgl. §§ 1 Abs. 1 Satz 1, 9 Abs. 1 Satz 1 des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes). Folgerichtig versteht die Gesetzesbegründung unter dem Begriff der „öffentlichen Sicherheit“ die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der staatlichen Einrichtungen sowie den Schutz zentraler Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Freiheit, Eigentum und Vermögen der oder des Einzelnen (vgl. LT- Drucks. 15/2085, S. 14 sowie zu § 3 Nr. 2 des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes – IFG - Schoch, IFG, 2009, § 3 Rn. 103). Der Schutzumfang des § 9 Abs. 1 Nr. 3 LIFG ist damit ein sehr weiter und bezieht die komplette Rechtsordnung - jedenfalls die öffentlich-rechtliche (vgl. Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 3. Aufl. 2001, S. 205) - mit ein (vgl. Schoch, a.a.O., § 3 IFG Rn. 105 ff.).

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Nach dem Wortlaut des § 9 Abs. 1 Nr. 3 LIFG ist der Informationszugang ausgeschlossen, wenn das Bekanntwerden der amtlichen Information die öffentliche Sicherheit „beeinträchtigen“ würde. Die Formulierung der Vorschrift unterscheidet sich damit von § 3 Nr. 2 IFG, nach welcher der Anspruch bei einer möglichen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit nicht besteht. Inhaltliche Unterschiede ergeben sich daraus indessen nicht, wie sich der Gesetzesbegründung zu § 9 Abs. 1 Nr. 3 LIFG entnehmen lässt, in welcher der gesetzlich verwendete Begriff der Beeinträchtigung ohne jedwede Erläuterung ersetzt wird durch den Begriff der Gefährdung und von einer drohenden Schutzgutverletzung gesprochen wird. Aus der Verwendung der Formulierung „Beeinträchtigung“ kann damit insbesondere nicht gefolgert werden, dass ein Schaden bereits eingetreten sein muss. Von einer Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit ist hiernach auszugehen, wenn im Einzelfall eine konkrete Gefahrenlage vorhanden ist, also aus der Sicht ex ante bei ungehindertem Geschehensablauf, d.h. im Falle der Gewährung des begehrten Informationszugangs, unter verständiger Würdigung der Sachlage in absehbarer Zeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für das Schutzgut einträte. Bezüglich der zu treffenden Prognose sind die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringer, je größer der zu erwartende Schaden bzw. die Bedeutung des Schutzguts ist (vgl. Schoch, a.a.O. § 3 IFG Rn. 108).

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Hiervon ausgehend würde die Zugänglichmachung des Gutachtens des Rechtsanwalts L die öffentliche Sicherheit konkret gefährden, weil aufgrund des Bekanntwerdens des Gutachtens Verstöße gegen den Staatsvertrag über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien (Jugendmedienschutz-Staatsvertrag – JMStV -) zu befürchten sind. Zweck des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags ist nach dessen § 1 der einheitliche Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Angeboten in elektronischen Informations- und Kommunikationsmedien (d.h. Rundfunk und Telemedien, vgl. § 2 Abs. 1 JMStV), die deren Entwicklung und Erziehung beeinträchtigen oder gefährden, sowie der Schutz vor solchen Angeboten in elektronischen Informations- und Kommunikationsmedien, die die Menschenwürde oder sonstige durch das Strafgesetzbuch geschützte Rechtsgüter verletzen. Gänzlich unzulässig ist nach § 4 Nr. 9 und 10 JMStV das Anbieten sog. „harter Pornografie“; darüber hinaus sind die Telemedien auch nicht befugt, sog. „einfache“ Pornografie anzubieten, wenn sie nicht sicherstellen, dass die Angebote nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden (§ 4 Abs. 2 JMStV). Gemäß § 5 Abs. 1 JMStV haben Anbieter, sofern sie Angebote verbreiten oder zugänglich machen, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen, dafür Sorge zu tragen, dass Kinder und Jugendliche der betroffenen Altersstufen sie üblicherweise nicht wahrnehmen. Die Beklagte überprüft als Landesmedienanstalt die Einhaltung der Bestimmungen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags und trifft entsprechend den Bestimmungen des Staatsvertrags die jeweiligen Entscheidungen (vgl. § 14 Abs. 1 JMStV). Angebote in Telemedien kann sie untersagen und deren Sperrung anordnen (vgl. § 20 Abs. 4 JMStV i.V.m. § 22 Abs. 2 des Staatsvertrags über die Mediendienste). Außerdem führt sie nach § 24 Abs. 4 JMStV Ordnungswidrigkeitenverfahren durch. Die Verantwortlichkeit der Anbieter ergibt sich dabei aus §§ 7 bis 10 des Telemediengesetzes - TMG -. Danach sind Content-Provider (also Anbieter, die Daten auf dem eigenen Rechner oder dem Server eines anderen zur Nutzung durch beliebige andere Personen, die auf die Internet-Seiten zugreifen können, installieren, vgl. Hörnle, NJW 2002, 1008, 1009) nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich. Allerdings ergibt sich aus dem in § 3 TMG niedergelegten Herkunftslandprinzip, dass Anbieter von Telemedien den Anforderungen des deutschen Rechts, mithin auch den Bestimmungen des deutschen Jugendschutzrechts, nur dann uneingeschränkt unterliegen, wenn sie im Inland niedergelassen sind. Das Verwaltungsgericht hat dies ausführlich dargelegt. Der Senat folgt der Begründung und sieht daher insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (vgl. § 130b Satz 2 VwGO).

45

Erhielte der Kläger Zugang zum Gutachten des Rechtsanwalts L, bestünde die konkrete Gefahr, dass es zu Verstößen gegen die vorgenannten Bestimmungen kommt. Dies kann der Senat auch ohne Einsichtnahme in das streitgegenständliche Gutachten feststellen, so dass es der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung beantragten Beiziehung desselben im Wege der Amtsermittlung nicht bedarf. Werden - wie hier - materiell-rechtliche Geheimhaltungsgründe geltend gemacht, liegt es zwar regelmäßig auf der Hand, dass sich nur durch Einsichtnahme in die Akten verlässlich klären lässt, ob der Geheimhaltungsgrund gegeben ist, weil sich dieser unmittelbar aus dem Inhalt der Akte ergibt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Juni 2010 – 20 F 1/10, juris). Abweichend von diesem Regelfall ist aber vorliegend der Inhalt des Gutachtens, insbesondere in welcher Weise und mit welchem Ergebnis die Fragen der Beklagten beantwortet wurden, für die Entscheidung über die Verweigerung des Informationszugangs nicht von Belang; ausschlaggebend ist vielmehr die Tatsache, dass das Gutachten - insoweit besteht Übereinstimmung zwischen Kläger und Beklagter - das Thema „Aufsichtsrechtliche Verfolgbarkeit von vermeintlich im Ausland befindlichen Content-Betreibern sowie dritten Beteiligten“ anhand der entsprechenden Fragestellung abhandelt. Unstreitig ist zudem der Hintergrund des Gutachtens. Dazu hat die Beklagte vorgetragen, zahlreiche Content-Provider würden sich dem Zugriff der deutschen Behörden dadurch entziehen, dass sie entweder vorgeblich ihren Sitz ins Ausland verlagert hätten oder von vornherein eine Adresse im Ausland angeben würden, obwohl sie im Inland wohnen blieben und Angebote von hier aus administrieren würden. Außerdem gebe es Internetanbieter, die (tatsächlich oder vermeintlich) ihre Tätigkeiten aufspalteten und z.B. als Firmensitz eine ausländische Adresse angäben, während die technischen Einrichtungen oder die Kundenbetreuung in Deutschland verblieben. Hiervon ausgehend liegt auf der Hand, dass das Gutachten die Methoden der Content-Provider zur Anbieterverschleierung und Recherchemöglichkeiten die Landesmedienanstalten zur Aufdeckung dieser Verschleierung benennt. Allein aus der Tatsache der Beantwortung der Fragestellungen der Beklagten - unabhängig vom Inhalt dieser Antworten – ergibt sich die konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit im Falle der Herausgabe des Gutachtens an den Kläger.

46

Würde nämlich das Gutachten - und damit der Wissensstand der Behörde - den betroffenen Content-Providern über den Kläger (der ausweislich seines Internet-Auftritts viele Mandanten aus der Erotikbranche berät und gegen staatliche Stellen insbesondere in medien- und jugendschutzrechtlichen Fragen vertritt, vgl. www.d.com) bekannt, hätten die Anbieter Anhaltspunkte zur Entwicklung neuer Verschleierungstaktiken. Es besteht daher die Gefahr, dass sie sich weiterhin dem Zugriff der deutschen Behörden entziehen, obwohl sie materiell-rechtlich den Bestimmungen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags unterliegen und für Verstöße zur Verantwortung gezogen werden können. Während das Gutachten, solange es sich nur in den Händen der Beklagten und der anderen Landesmedienanstalten, die auch schon ständig entsprechende Ordnungswidrigkeiten durchführen, befindet, eine wichtige Hilfestellung bei der Herstellung der Unversehrtheit der Rechtsordnung im Bereich des Jugendmedienschutzes leistet, geht dieser Zweck des Gutachtens bei dessen Herausgabe wieder verloren; es steht zu befürchten, dass die derzeitigen Angriffe auf die Unversehrtheit der Rechtsordnung bestehen bleiben, wenn auch auf Grundlage einer anderen Taktik. Dabei dürfen an den Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts angesichts des Schutzobjekts Jugendschutz und des auch verfassungsrechtlich in Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG verankerten Rechts auf ungestörte Persönlichkeitsentwicklung keine gesteigerten Anforderungen gestellt werden. Eine Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit durch das Bekanntwerden der amtlichen Information gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 LIFG liegt nach alledem vor.

47

Der Kläger kann hiergegen nicht mit Erfolg einwenden, bei der Beklagten handele es sich nicht um eine für die Gefahrenabwehr zuständige Stelle i.S.d. vorgenannten Vorschrift. § 9 Abs. 1 Nr. 3 LIFG ist eine Geheimhaltungsvorschrift mit materiell-rechtlichem Gehalt, so dass Kompetenzfragen keine ausschlaggebende Bedeutung zukommt. Erfasst wird daher auch nur „insbesondere“ die Tätigkeit der für die Gefahrenabwehr zuständigen Stellen. Soweit der Kläger darüber hinaus geltend macht, ausweislich der Gesetzesbegründung werde „in der Regel eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit angenommen (…), wenn eine strafbare Verletzung“ der Schutzgüter drohe, ist hieraus nicht der Schluss zu ziehen, dass in der Regel nur in diesen Fällen eine Gefährdung anzunehmen ist. Vielmehr erübrigt sich bei einer drohenden Straftat in der Regel lediglich eine eingehendere Prüfung.

48

Ist damit ein Ausschlussgrund nach § 9 Nr. 3 LIFG gegeben, kann - wie schon das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt hat - offen bleiben, ob auch die Ablehnungsgründe des § 9 Nr. 2 LIFG bzw. § 10 LIFG vorliegen.

49

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

50

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

51

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

52

Beschluss

53

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 5.000,-- € festgesetzt (§§ 47, 52 Abs. 2 GKG).

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(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

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(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Fi

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Tenor Auf die Berufung des Beklagten wird das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17. Juli 2013 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen geändert. Der Beklagte wird unter entsprechender Aufhebung des Bescheides des Präsidenten des Verwalt

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(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Das Oberverwaltungsgericht kann in dem Urteil über die Berufung auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug nehmen, wenn es sich die Feststellungen des Verwaltungsgerichts in vollem Umfange zu eigen macht. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe kann es absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(1) Die Industrie- und Handelskammer ist Körperschaft des öffentlichen Rechts.

(2) Die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer werden, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Der Wirtschaftsplan ist jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen.

(3) Als Beiträge erhebt die Industrie- und Handelskammer Grundbeiträge und Umlagen. Der Grundbeitrag kann gestaffelt werden; dabei sollen insbesondere Art, Umfang und Leistungskraft des Gewerbebetriebes berücksichtigt werden. Natürliche Personen und Personengesellschaften, die nicht in das Handelsregister eingetragen sind, und eingetragene Vereine, wenn nach Art oder Umfang ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb nicht erforderlich ist, sind vom Beitrag freigestellt, soweit ihr Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz oder soweit für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermessbetrag nicht festgesetzt wird, ihr nach dem Einkommensteuergesetz ermittelter Gewinn aus Gewerbebetrieb 5 200 Euro nicht übersteigt. Die in Satz 3 genannten natürlichen Personen sind, soweit sie in den letzten fünf Wirtschaftsjahren vor ihrer Betriebseröffnung weder Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit erzielt haben, noch an einer Kapitalgesellschaft mittelbar oder unmittelbar zu mehr als einem Zehntel beteiligt waren, für das Geschäftsjahr einer Industrie- und Handelskammer, in dem die Betriebseröffnung erfolgt, und für das darauf folgende Jahr von der Umlage und vom Grundbeitrag sowie für das dritte und vierte Jahr von der Umlage befreit, wenn ihr Gewerbeertrag oder Gewinn aus Gewerbebetrieb 25.000 Euro nicht übersteigt. Wenn nach dem Stand der zum Zeitpunkt der Verabschiedung der Wirtschaftssatzung vorliegenden Bemessungsgrundlagen zu besorgen ist, dass bei einer Industrie- und Handelskammer die Zahl der Beitragspflichtigen, die einen Beitrag entrichten, durch die in den Sätzen 3 und 4 genannten Freistellungsregelungen auf weniger als 55 vom Hundert aller ihr zugehörigen Gewerbetreibenden sinkt, kann die Vollversammlung für das betreffende Geschäftsjahr eine entsprechende Herabsetzung der dort genannten Grenzen für den Gewerbeertrag oder den Gewinn aus Gewerbebetrieb beschließen. Wird für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermeßbetrag festgesetzt, ist Bemessungsgrundlage für die Umlage der Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz, andernfalls der nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelte Gewinn aus Gewerbebetrieb. Bei natürlichen Personen und bei Personengesellschaften ist die Bemessungsgrundlage um einen Freibetrag in Höhe von 15.340 Euro zu kürzen. Die Kammerzugehörigen sind verpflichtet, der Kammer Auskunft über die zur Festsetzung der Beiträge erforderlichen Grundlagen zu geben, soweit diese nicht bereits nach § 9 erhoben worden sind; die Kammer ist berechtigt, die sich hierauf beziehenden Geschäftsunterlagen einzusehen. Kapitalgesellschaften, deren gewerbliche Tätigkeit sich in der Funktion eines persönlich haftenden Gesellschafters in nicht mehr als einer Personenhandelsgesellschaft erschöpft, kann ein ermäßigter Grundbeitrag eingeräumt werden, sofern beide Gesellschaften derselben Kammer zugehören. Gleiches gilt für Gesellschaften mit Sitz im Bezirk einer Kammer, deren sämtliche Anteile von einem im Handelsregister eingetragenen Unternehmen mit Sitz in derselben Kammer gehalten werden.

(4) Natürliche und juristische Personen und Personengesellschaften, die in der Handwerksrolle oder in dem Verzeichnis nach § 19 der Handwerksordnung eingetragen sind und deren Gewerbebetrieb nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, sind beitragspflichtig, wenn der Umsatz des nichthandwerklichen oder nichthandwerksähnlichen Betriebsteils 130.000 Euro übersteigt. Kammerzugehörige, die Inhaber einer Apotheke sind, werden mit einem Viertel ihres Gewerbeertrages oder, falls für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermeßbetrag nicht festgesetzt wird, ihres nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelten Gewinns aus Gewerbebetrieb zum Grundbeitrag und zur Umlage veranlagt. Satz 2 findet auch Anwendung auf Kammerzugehörige, die oder deren sämtliche Gesellschafter vorwiegend einen freien Beruf ausüben oder Land- oder Forstwirtschaft auf einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Grundstück oder als Betrieb der Binnenfischerei Fischfang in einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Gewässer betreiben und Beiträge an eine oder mehrere andere Kammern entrichten, mit der Maßgabe, dass statt eines Viertels ein Zehntel der dort genannten Bemessungsgrundlage bei der Veranlagung zu Grunde gelegt wird.

(5) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Kosten, welche mit der Begründung, Unterhaltung oder Unterstützung von Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) verbunden sind, Sonderbeiträge von den Kammerzugehörigen derjenigen Gewerbezweige erheben, welchen derartige Anlagen und Einrichtungen ausschließlich oder in besonderem Maße zugute kommen. Den Beteiligten ist vor Begründung solcher Anlagen und Einrichtungen Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

(6) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Inanspruchnahme besonderer Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) oder Tätigkeiten Gebühren erheben und den Ersatz von Auslagen verlangen.

(7) Sonderbeiträge gemäß Absatz 5 werden nach Maßgabe einer Sonderbeitragsordnung, Gebühren und Auslagen nach Absatz 6 nach Maßgabe einer Gebührenordnung erhoben. In der Beitragsordnung, der Sonderbeitragsordnung sowie in der Gebührenordnung ist Erlaß und Niederschlagung von Beiträgen, Gebühren und Auslagen zu regeln.

(7a) Für das Rechnungswesen, insbesondere Rechnungslegung und Aufstellung und Vollzug des Wirtschaftsplans und den Jahresabschluss der Industrie- und Handelskammern sind die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung in sinngemäßer Weise nach dem Dritten Buch des Handelsgesetzbuches in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Das Nähere wird durch Satzung unter Beachtung der Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts geregelt.

(8) Hinsichtlich der Beiträge, Sonderbeiträge, Gebühren und Auslagen sind

für die Verjährung
die Vorschriften der Abgabenordnung über die Verjährung der Steuern vom Einkommen und Vermögen,
für die Einziehung und Beitreibung
die für Gemeindeabgaben geltenden landesrechtlichen Vorschriften
entsprechend anzuwenden. Durch Landesrecht kann Verfahren und Zuständigkeit für Einziehung und Beitreibung abweichend geregelt werden.

(1) Die Rechtsanwaltskammer ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts.

(2) Die Landesjustizverwaltung führt die Staatsaufsicht über die Rechtsanwaltskammer. Die Aufsicht beschränkt sich darauf, daß Gesetz und Satzung beachtet, insbesondere die der Rechtsanwaltskammer übertragenen Aufgaben erfüllt werden.

(1) Für den Bezirk eines Oberlandesgerichts wird eine Rechtsanwaltskammer gebildet. Sie hat ihren Sitz am Ort des Oberlandesgerichts.

(2) Mitglieder der Rechtsanwaltskammer sind

1.
Personen, die von ihr zur Rechtsanwaltschaft zugelassen oder von ihr aufgenommen wurden,
2.
Berufsausübungsgesellschaften, die von ihr zugelassen wurden, und
3.
Mitglieder von Geschäftsführungs- und Aufsichtsorganen von Berufsausübungsgesellschaften nach Nummer 2, die nicht schon nach Nummer 1 Mitglied einer Rechtsanwaltskammer sind.

(3) Die Mitgliedschaft in der Rechtsanwaltskammer erlischt

1.
in den Fällen des Absatzes 2 Nummer 1, wenn die Voraussetzungen des § 13 oder des § 27 Absatz 3 Satz 3 vorliegen,
2.
in den Fällen des Absatzes 2 Nummer 2, wenn die Voraussetzungen des § 59h Absatz 1 bis 3 oder des § 59m Absatz 3 in Verbindung mit § 27 Absatz 3 Satz 3 vorliegen,
3.
in den Fällen des Absatzes 2 Nummer 3, wenn
a)
bei der Berufsausübungsgesellschaft die Voraussetzungen der Nummer 2 vorliegen,
b)
gegen das Mitglied des Geschäftsführungs- oder Aufsichtsorgans eine bestandskräftige Entscheidung im Sinne des § 59j Absatz 5 Satz 3 ergangen ist oder
c)
die Geschäftsführungstätigkeit für die Berufsausübungsgesellschaft oder die Mitgliedschaft im Aufsichtsorgan beendet ist.

(1) Die Rechtsanwaltskammer ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts.

(2) Die Landesjustizverwaltung führt die Staatsaufsicht über die Rechtsanwaltskammer. Die Aufsicht beschränkt sich darauf, daß Gesetz und Satzung beachtet, insbesondere die der Rechtsanwaltskammer übertragenen Aufgaben erfüllt werden.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

Der Anspruch auf Informationszugang besteht nicht,

1.
wenn das Bekanntwerden der Information nachteilige Auswirkungen haben kann auf
a)
internationale Beziehungen,
b)
militärische und sonstige sicherheitsempfindliche Belange der Bundeswehr,
c)
Belange der inneren oder äußeren Sicherheit,
d)
Kontroll- oder Aufsichtsaufgaben der Finanz-, Wettbewerbs- und Regulierungsbehörden,
e)
Angelegenheiten der externen Finanzkontrolle,
f)
Maßnahmen zum Schutz vor unerlaubtem Außenwirtschaftsverkehr,
g)
die Durchführung eines laufenden Gerichtsverfahrens, den Anspruch einer Person auf ein faires Verfahren oder die Durchführung strafrechtlicher, ordnungswidrigkeitsrechtlicher oder disziplinarischer Ermittlungen,
2.
wenn das Bekanntwerden der Information die öffentliche Sicherheit gefährden kann,
3.
wenn und solange
a)
die notwendige Vertraulichkeit internationaler Verhandlungen oder
b)
die Beratungen von Behörden beeinträchtigt werden,
4.
wenn die Information einer durch Rechtsvorschrift oder durch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen geregelten Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflicht oder einem Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnis unterliegt,
5.
hinsichtlich vorübergehend beigezogener Information einer anderen öffentlichen Stelle, die nicht Bestandteil der eigenen Vorgänge werden soll,
6.
wenn das Bekanntwerden der Information geeignet wäre, fiskalische Interessen des Bundes im Wirtschaftsverkehr oder wirtschaftliche Interessen der Sozialversicherungen zu beeinträchtigen,
7.
bei vertraulich erhobener oder übermittelter Information, soweit das Interesse des Dritten an einer vertraulichen Behandlung im Zeitpunkt des Antrags auf Informationszugang noch fortbesteht,
8.
gegenüber den Nachrichtendiensten sowie den Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen des Bundes, soweit sie Aufgaben im Sinne des § 10 Nr. 3 des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes wahrnehmen.

(1) In Deutschland nach § 2a niedergelassene Diensteanbieter und ihre Telemedien unterliegen den Anforderungen des deutschen Rechts auch dann, wenn die Telemedien innerhalb des Geltungsbereichs der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr) (ABl. L 178 vom 17.7.2000, S. 1) und der Richtlinie 2010/13/EU in einem anderen Mitgliedstaat geschäftsmäßig angeboten oder verbreitet werden.

(2) Der freie Dienstleistungsverkehr von Telemedien, die innerhalb des Geltungsbereichs der Richtlinie 2000/31/EG und der Richtlinie 2010/13/EU in Deutschland von Diensteanbietern, die in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen sind, geschäftsmäßig angeboten oder verbreitet werden, wird vorbehaltlich der Absätze 5 und 6 nicht eingeschränkt.

(3) Von den Absätzen 1 und 2 bleiben unberührt

1.
die Freiheit der Rechtswahl,
2.
die Vorschriften für vertragliche Schuldverhältnisse in Bezug auf Verbraucherverträge,
3.
gesetzliche Vorschriften über die Form des Erwerbs von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten sowie der Begründung, Übertragung, Änderung oder Aufhebung von dinglichen Rechten an Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten,
4.
das für den Schutz personenbezogener Daten geltende Recht.

(4) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht für

1.
die Tätigkeit von Notaren sowie von Angehörigen anderer Berufe, soweit diese ebenfalls hoheitlich tätig sind,
2.
die Vertretung von Mandanten und die Wahrnehmung ihrer Interessen vor Gericht,
3.
die Zulässigkeit nicht angeforderter kommerzieller Kommunikationen durch elektronische Post,
4.
Gewinnspiele mit einem einen Geldwert darstellenden Einsatz bei Glücksspielen, einschließlich Lotterien und Wetten,
5.
die Anforderungen an Verteildienste,
6.
das Urheberrecht, verwandte Schutzrechte, Rechte im Sinne der Richtlinie 87/54/EWG des Rates vom 16. Dezember 1986 über den Rechtsschutz der Topographien von Halbleitererzeugnissen (ABl. EG Nr. L 24 S. 36) und der Richtlinie 96/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 1996 über den rechtlichen Schutz von Datenbanken (ABl. EG Nr. L 77 S. 20) sowie für gewerbliche Schutzrechte,
7.
die Ausgabe elektronischen Geldes durch Institute, die gemäß Artikel 8 Abs. 1 der Richtlinie 2000/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. September 2000 über die Aufnahme, Ausübung und Beaufsichtigung der Tätigkeit von E-Geld-Instituten (ABl. EG Nr. L 275 S. 39) von der Anwendung einiger oder aller Vorschriften dieser Richtlinie und von der Anwendung der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute (ABl. EG Nr. L 126 S. 1) freigestellt sind,
8.
Vereinbarungen oder Verhaltensweisen, die dem Kartellrecht unterliegen,
9.
Bereiche, die erfasst sind von den §§ 39, 57 bis 59, 61 bis 65, 146, 241 bis 243b, 305 und 306 des Versicherungsaufsichtsgesetzes vom 1. April 2015 (BGBl. I S. 434), das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 19. März 2020 (BGBl. I S. 529) geändert worden ist, und von der Versicherungsberichterstattungs-Verordnung vom 19. Juli 2017 (BGBl. I S. 2858), die durch Artikel 7 des Gesetzes vom 17. August 2017 (BGBl. I S. 3214) geändert worden ist, für die Regelungen über das auf Versicherungsverträge anwendbare Recht sowie für Pflichtversicherungen.

(5) Das Angebot und die Verbreitung von Telemedien, bei denen es sich nicht um audiovisuelle Mediendienste handelt, durch einen Diensteanbieter, der in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen ist, unterliegen den Einschränkungen des deutschen Rechts, soweit

1.
dies dem Schutz folgender Schutzziele vor Beeinträchtigungen oder ernsthaften und schwerwiegenden Gefahren dient:
a)
der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, insbesondere
aa)
im Hinblick auf die Verhütung, Ermittlung, Aufklärung, Verfolgung und Vollstreckung
aaa)
von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, einschließlich des Jugendschutzes und der Bekämpfung der Verunglimpfung aus Gründen der Rasse, des Geschlechts, des Glaubens oder der Nationalität,
bbb)
von Verletzungen der Menschenwürde einzelner Personen oder
bb)
im Hinblick auf die Wahrung nationaler Sicherheits- und Verteidigungsinteressen,
b)
der öffentlichen Gesundheit oder
c)
der Interessen der Verbraucher und der Interessen der Anleger und
2.
die Maßnahmen, die auf der Grundlage des deutschen Rechts in Betracht kommen, in einem angemessenen Verhältnis zu diesen Schutzzielen stehen.
Maßnahmen nach Satz 1 Nummer 2 sind nur zulässig, wenn die gemäß Artikel 3 Absatz 4 Buchstabe b und Absatz 5 der Richtlinie 2000/31/EG erforderlichen Verfahren eingehalten werden; davon unberührt bleiben gerichtliche Verfahren einschließlich etwaiger Vorverfahren und die Verfolgung von Straftaten einschließlich der Strafvollstreckung und von Ordnungswidrigkeiten.

(6) Der freie Empfang und die Weiterverbreitung von audiovisuellen Mediendiensten aus anderen Mitgliedstaaten darf abweichend von Absatz 2 vorübergehend beeinträchtigt werden, wenn diese audiovisuellen Mediendienste

1.
in offensichtlicher, ernster und schwerwiegender Weise Folgendes enthalten:
a)
eine Aufstachelung zu Gewalt oder Hass gegen eine Gruppe von Personen oder gegen ein Mitglied einer Gruppe von Personen aus einem der in Artikel 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. C 364 vom 18.12.2000, S. 1) genannten Gründe,
b)
eine öffentliche Aufforderung zur Begehung einer terroristischen Straftat gemäß Artikel 5 der Richtlinie (EU) 2017/541 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2017 zur Terrorismusbekämpfung und zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/475/Jl des Rates und zur Änderung des Beschlusses 2005/671/Jl des Rates (ABl. L 88 vom 31.3.2017, S. 6),
c)
einen Verstoß gegen die Vorgaben zum Schutz von Minderjährigen nach Artikel 6a Absatz 1 der Richtlinie 2010/13/EU oder
2.
eine Beeinträchtigung oder eine ernsthafte und schwerwiegende Gefahr der Beeinträchtigung darstellen für
a)
die öffentliche Gesundheit,
b)
die öffentliche Sicherheit oder
c)
die Wahrung nationaler Sicherheits- und Verteidigungsinteressen.
Maßnahmen nach Satz 1 sind nur zulässig, wenn die Voraussetzungen des Artikels 3 Absatz 2 bis 5 der Richtlinie 2010/13/EU erfüllt sind.

Das Oberverwaltungsgericht kann in dem Urteil über die Berufung auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug nehmen, wenn es sich die Feststellungen des Verwaltungsgerichts in vollem Umfange zu eigen macht. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe kann es absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller ist ein eingetragener Verein, der nach seiner Satzung die Interessen der rechtlich nicht verfassten Glaubensgemeinschaft "U." vertritt. Mit dem diesem Zwischenverfahren zugrundeliegenden Verfahren begehrt er auf der Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes (IFG) unter Anfechtung des ablehnenden Bescheids vom 30. März 2007 Auskunft im Wege der Akteneinsicht über die beim Bundesverwaltungsamt vorliegenden Informationen über die Glaubensgemeinschaft. Dem Bundesverwaltungsamt sind mit Erlass des Bundesministeriums für Frauen und Jugend vom 12. November 1993 die Aufgaben einer Informationsstelle "Sogenannte Jugendsekten und Psychogruppen" übertragen worden. In dieser Eigenschaft sammelt das Bundesverwaltungsamt als Dokumentationsstelle u.a. Material, das in Zusammenhang steht mit der Glaubensgemeinschaft "U.".

2

Auf gerichtliche Verfügung der Berichterstatterin legte die Antragsgegnerin dem Hauptsachegericht mit Schriftsatz vom 13. Mai 2008 eine nummerierte Liste der beim Bundesverwaltungsamt über die Glaubensgemeinschaft gesammelten Unterlagen vor, auf deren Grundlage der Antragsteller sein Auskunftsbegehren eingrenzte. Das Hauptsachegericht führte am 10. Juni 2009 eine mündliche Verhandlung durch, in der die Sach- und Rechtslage erörtert wurde. Mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem Beschluss gab es der Antragsgegnerin auf, Auskunft darüber zu geben, welche Informationen über die Glaubensgemeinschaft beim Bundesverwaltungsamt vorhanden sind, sowie die in der Liste aufgeführten - jeweils mit Nummer gekennzeichneten - Materialsammlungen vorzulegen, soweit der Antragsteller nicht auf eine Vorlage verzichtet habe. Die Antragsgegnerin legte daraufhin eine neun Seiten umfassende "Spezifikation" vor und erklärte zugleich, sie sei mit einer Kenntnisgabe dieser Liste an den Antragsteller ebenso wenig einverstanden wie mit einer Einsicht in die nach Beschluss vom 10. Juni 2009 vorzulegenden Materialien. Nach mehrfachem gerichtlichen Hinweis auf § 100 VwGO und das Verfahren nach § 99 VwGO bat die Antragsgegnerin um Rücksendung der "Spezifikation" sowie bestimmter Teile der Materialsammlung und legte unter dem 1. Oktober 2009 eine nunmehr sieben Seiten umfassende Liste vor. Mit Schriftsatz vom 16. November 2009 erklärte die Antragsgegnerin, die oberste Aufsichtsbehörde werde keine Sperrerklärung gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO abgeben und verweigerte die Vorlage der in der Liste vom 13. Mai 2008 unter Nr. 11, 12, 17, 22, 23 und 26 geführten Materialsammlungen "in Gänze" sowie Teile der unter Nr. 15 und 19 geführten Materialien.

3

Nach erneutem gerichtlichen Hinweis gab die Beigeladene unter dem 5. November 2009 eine Sperrerklärung ab und verweigerte die Vorlage im selben Umfang wie zuvor die Antragsgegnerin. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt: Die "in Gänze" nicht vorgelegten Positionen Nr. 11 und 12 sowie die zurückgehaltenen Teile aus den Sammlungen Nr. 15 und 19 seien aus Gründen des Schutzes von behördlichen Entscheidungsprozessen vertraulich. Es handele sich um interne Arbeitsunterlagen, deren Offenlegung dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde, da der Schutz von behördlichen Entscheidungsprozessen nicht mehr gewahrt und der informelle Austausch zwischen Bund und Ländern und damit das Regierungshandeln beeinträchtigt werden könne. Eine Offenlegung der Bund-Länder-Protokolle (Nr. 12) führe zu Erkenntnissen über Arbeitsweise und Erkenntnisstand des Bund-Länder-Gesprächskreises und gebe Hinweise auf dessen Interessen- und Arbeitsschwerpunkte. Die Positionen Nr. 17, 22, 23 und 26 enthielten personenbezogene Daten Dritter, die sich im berechtigten Vertrauen auf Wahrung der Vertraulichkeit an staatliche Stellen gewandt und ihnen Material überlassen hätten. Eine Teilschwärzung der Namen sei als milderes Mittel erwogen, jedoch verworfen worden, weil sich der Antragsteller die Identität der Personen aus anderen Umständen und Angaben angesichts des engen Kreises der in Betracht kommenden Personen erschließen könnte. Bei Offenlegung wären Quellen gefährdet; die Gewinnung weiterer Quellen, insbesondere von Aussteigern werde erschwert, wenn nicht unmöglich gemacht. Im Fall der Vorlage wäre die Aufgabe der Informationsbeschaffung seitens der Dokumentationsstelle beeinträchtigt. Im Übrigen ziehe das Informationsfreiheitsgesetz dem geltend gemachten Informationsanspruch Grenzen, die nicht durch eine gerichtlich unanfechtbare Vorlageverfügung mit der Folge eines Akteneinsichtsrechts nach § 100 VwGO obsolet gemacht werden dürften.

4

Der Antragsteller hat unter dem 23. Dezember 2009 einen Antrag nach § 99 Abs. 2 VwGO auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Sperrerklärung vom 5. November 2009 gestellt. Nach Beschluss des Senats vom 21. Januar 2010 hat der Beigeladene für die Positionen Nr. 11, 12 und 23 jeweils einen Ordner (Beiakte 80, 81 und 85), für die Position Nr. 22 zwei Ordner (Beiakten 83 und 84) sowie einen Ordner, in dem sich Materialen zu Nr. 15, 17, 19 und 26 befinden (Beiakte 82), vorgelegt.

II.

5

Der Antrag, über den gemäß § 99 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 i.V.m. § 189 VwGO der Fachsenat des Bundesverwaltungsgerichts beschließt, ist im tenorierten Umfang begründet. Im Übrigen ist der Antrag abzulehnen. Insoweit ist die Sperrerklärung rechtmäßig.

6

1. Der für eine Sachentscheidung des Fachsenats erforderlichen Bejahung der Entscheidungserheblichkeit der zurückgehaltenen Akten durch das Gericht der Hauptsache ist mit dem in der mündlichen Verhandlung nach Erörterung der Sach- und Rechtslage ergangenen Beweisbeschluss vom 10. Juni 2009 Genüge getan.

7

Vor Einleitung des Zwischenverfahrens nach § 99 Abs. 2 VwGO bedarf es zur Klarstellung seines Gegenstandes in der Regel einer förmlichen Verlautbarung des Gerichts der Hauptsache, dass es die von der Behörde als geheimhaltungsbedürftig zurückgehaltenen Akten, Unterlagen oder Dokumente für die Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts benötigt. Ein formelhafter Beschluss, in dem schlicht darauf hingewiesen wird, dass die Vorlage der streitigen Verwaltungsvorgänge als entscheidungserheblich angesehen wird, genügt dafür grundsätzlich nicht (Beschluss vom 17. März 2008 - BVerwG 20 F 42.07 - juris Rn. 5). Das Gericht der Hauptsache muss vielmehr durch Angabe des Beweisthemas deutlich machen, dass es die zurückgehaltenen Unterlagen oder Dokumente als erheblich ansieht. Je nach Fallkonstellation wird das Hauptsachegericht sich nicht allein auf die Angabe des Beweisthemas und der als entscheidungserheblich erachteten Aktenteile (Beweismittel) beschränken können, sondern Anlass haben, in den Gründen des Beschlusses zur Entscheidungserheblichkeit im konkreten Fall - sei es mit Blick auf die Zulässigkeit des Rechtsschutzbegehrens, sei es unter Darlegung der materiellrechtlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs sowie der fachgesetzlichen Ablehnungsgründe - Stellung zu nehmen (Beschlüsse vom 31. August 2009 - BVerwG 20 F 10.08 - Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 55 Rn. 3 und vom 22. Januar 2009 - BVerwG 20 F 5.08 - juris Rn. 2; vgl. auch VGH Kassel, Beweisbeschluss vom 28. April 2010 - 6 A 1767/08 - juris Rn. 5). Ein grundsätzlich erforderlicher Beweisbeschluss oder eine vergleichbare förmliche Äußerung des Hauptsachegerichts zur Klärung der rechtlichen Erheblichkeit des Akteninhalts für die Entscheidung des Rechtsstreits ist nur ausnahmsweise dann entbehrlich, wenn die zurückgehaltenen Unterlagen zweifelsfrei rechtserheblich sind. Das ist dann der Fall, wenn die Pflicht zur Vorlage der Behördenakten bereits Streitgegenstand des Verfahrens zur Hauptsache ist und die dortige Entscheidung von der allein anhand des Inhalts der umstrittenen Akten zu beantwortenden Frage abhängt, ob die Akten, wie von der Behörde geltend gemacht, geheimhaltungsbedürftig sind (stRspr, vgl. nur Beschluss vom 19. April 2010 - BVerwG 20 F 13.09 - juris Rn. 4 ). Allein aus dem Umstand, dass Streitgegenstand des Verfahrens zur Hauptsache die Pflicht zur Vorlage der Behördenakten ist, folgt jedoch nicht, dass es zwingend der Einsicht in die zurückgehaltenen Akten bedarf. Streitigkeiten um Informationszugangsrechte führen nicht gleichsam automatisch zur Verlagerung in das "in-camera"-Verfahren. Vielmehr ist zu differenzieren. Werden materiellrechtliche Geheimhaltungsgründe geltend gemacht, also Gründe, die sich unmittelbar aus dem Inhalt der Akte ergeben, liegt es regelmäßig auf der Hand, dass sich im Streitfall nur durch Einsichtnahme in die Akten verlässlich klären lässt, ob der Geheimhaltungsgrund vorliegt. Handelt es sich dagegen um prozedurale Geheimhaltungsgründe, die sich aus dem jeweiligen den Informationszugang regelnden Fachgesetz ergeben und die - unabhängig vom Inhalt der Akten - darauf zielen, die Art und Weise des Zustandekommens behördlicher Akten und Unterlagen zu schützen, mithin dem Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses dienen, muss das Hauptsachegericht prüfen, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen der geltend gemachten fachgesetzlichen Ausnahmegründe vorliegen (Beschluss vom 31. August 2009 a.a.O. Rn. 4). Das Hauptsachegericht muss daher zunächst die ihm nach dem Amtsermittlungsgrundsatz zur Verfügung stehenden Mittel ausschöpfen, um den Sachverhalt aufzuklären. Je nach Fallkonstellation wird das Hauptsachegericht vor Erlass eines Beweisbeschlusses die aktenverweigernde Stelle gegebenenfalls auffordern müssen, weitere Angaben mit abstrakter Umschreibung zur Kategorisierung der einzelnen in den zurückgehaltenen Akten befindlichen Schriftstücke einschließlich der Anlagen etwa in Form eines mit (paginierten) Blattzahlen spezifizierten Inhaltsverzeichnisses zu machen. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung kann hinreichende Grundlage sein für die Feststellung, dass eine Einsicht in die zurückgehaltenen Unterlagen entscheidungserheblich ist, weil die Angaben der Behörde - unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Erörterung der Sach- und Rechtslage - nicht ausreichen, um zu prüfen, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen der geltend gemachten fachgesetzlichen Ausnahmegründe vorliegen. Hat das Hauptsachegericht einen Beweisbeschluss erlassen, der diesen Anforderungen genügt, entfaltet die mit dem Beschluss dokumentierte Auffassung des Gerichts über die Entscheidungserheblichkeit der angeforderten Akten Bindungswirkung für den Fachsenat.

8

Diesen Maßstäben genügt der Beweisbeschluss vom 10. Juni 2009. Er enthält zwar keine Begründung. Das Hauptsachegericht hat sich vielmehr darauf beschränkt, neben der allgemeinen Auskunftsaufforderung zum Gesamtbestand der beim Bundesverwaltungsamt vorhandenen Unterlagen lediglich die Vorlage bestimmter - nach der Liste vom 13. Mai 2008 mit Nummern gekennzeichneter - Materialsammlungen anzuordnen. Das ist jedoch im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden.

9

1.1 In rechtlicher Hinsicht hat das Hauptsachegericht mit dem Erlass des Beschlusses vom 10. Juni 2009 hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es die Vorlageverweigerung jedenfalls nicht schon deswegen für gerechtfertigt erachtet, weil - wie die Antragsgegnerin in dem ablehnenden Bescheid andeutet - die Materialsammlungen der Willensbildung der Regierung dienten und als Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung einer Offenlegung nicht zugänglich seien (vgl. zum Informationshandeln als Aufgabe der Staatsleitung Beschlüsse vom 4. Mai 1993 - BVerwG 7 B 149.92 - Buchholz 11 Art. 4 GG Nr. 54 - juris Rn. 5 und vom 8. November 2004 - BVerwG 7 B 19.04 - juris Rn. 16; BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2002 - 1 BvR 670/91 - BVerfGE 105, 279 <301, 306>).

10

1.2 In tatsächlicher Hinsicht bedurfte es hinsichtlich der Materialsammlung Nr. 22 (Beiakten 83 und 84) und 23 (Beiakte 85) sowie der in der Beiakte 82 abgehefteten Teile der Materialsammlungen Nr. 17 und 26 weder weiterer Sachverhaltsaufklärung noch einer förmlich verkündeten Begründung zur Entscheidungserheblichkeit seitens des Hauptsachegerichts, da insoweit der Geheimhaltungsgrund des Schutzes personenbezogener Daten und des Quellenschutzes geltend gemacht wird. Die zurückgehaltenen Unterlagen sind zweifelsfrei rechtserheblich, denn es lässt sich nur durch Einsichtnahme in die Akten verlässlich klären, ob der geltend gemachte Geheimhaltungsgrund vorliegt. Bei den Materialsammlungen Nr. 17 und 26, die laut Liste vom 13. Mai 2008 vier bzw. zwei Ordner umfassen, geht der Senat davon aus, dass der ihm nicht - mit der Beiakte 82 - vorgelegte Bestand im Hauptsacheverfahren zugänglich ist.

11

1.3 Die Vorlage der Materialsammlungen Nr. 11 und 12 (Beiakten 80 und 81) sowie der in der Beiakte 82 abgehefteten Teile der Materialsammlungen Nr. 15 und 19 wird zwar aus Gründen verweigert, die die Art und Weise des Zustandekommens der Akten betreffen. Es ist jedoch ausnahmsweise unschädlich und daher im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden, dass sich das Hauptsachegericht in dem Beweisbeschluss vom 10. Juni 2009 nicht zu den von der Antragsgegnerin und dem Beigeladenen geltend gemachten prozeduralen Geheimhaltungsgründen verhalten hat. Das ergibt sich aus Folgendem:

Weder auf der Grundlage des Bescheids vom 30. März 2007 noch mit Hilfe der Liste vom 13. Mai 2008 konnte das Hauptsachegericht erkennen, welcher Geheimhaltungsgrund für welche Teile der Materialsammlungen (Ordner) gelten soll. Dass die Ordner nach der Liste Bezeichnungen tragen, aus denen sich ergibt, dass es sich um behördlich zusammengestellte Unterlagen handelt, genügt nicht. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, aus abstrakten Bezeichnungen Rückschlüsse auf mögliche fachgesetzliche Geheimhaltungsgründe zu ziehen. Vielmehr muss zunächst die aktenverweigernde Stelle nachvollziehbar und differenziert mit Blick auf die konkreten Unterlagen darlegen, auf welchen fachgesetzlichen Geheimhaltungsgrund sie sich stützt. Erst auf dieser Grundlage ist das Gericht der Hauptsache überhaupt in der Lage, zu erkennen, ob es in tatsächlicher Hinsicht über hinreichende Angaben verfügt, und daher in Anlegung seines Rechtsmaßstabs den Einzelfall - ohne Vorlage der Akten - entscheiden kann. Das Gericht der Hauptsache kann sich (zunächst) nur an den Angaben orientieren, die die aktenverweigernde Stelle bei Ablehnung des Antrags gemacht hat.

12

Im ablehnenden Bescheid vom 30. März 2007 finden sich zwar Ausführungen zu § 3 Nr. 3 Buchst. b IFG - Beeinträchtigung der Beratungen von Behörden - und § 4 Abs. 1 IFG - Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses -; es fehlt indes an der Darlegung, welche Vorschrift sich auf welche Teile der Materialsammlungen (Ordner) beziehen soll. Die Liste vom 13. Mai 2008 lässt - mit der Spalte "Ausschlussgrund" - in Ansätzen eine Zuordnung des möglichen fachgesetzlichen Ausschlussgrundes erkennen, enthält aber keine (abstrakte) Beschreibung des Inhalts der Ordner, an Hand dessen das Hauptsachegericht hätte entscheiden können, welcher Ausschlussgrund einschlägig sein könnte. So wird für die Materialsammlungen Nr. 11 und 12, die laut Liste 19 und 13 Ordner umfassen, neben § 3 Nr. 1 Buchst. b IFG - militärische und sonstige sicherheitsempfindliche Belange der Bundeswehr (gemeint sein dürfte § 3 Nr. 3 Buchst. b IFG) - und § 3 Nr. 1 Buchst. c IFG - Belange der inneren und äußeren Sicherheit - auch auf § 3 Nr. 7 IFG verwiesen. Zu dem Material in Ordner Nr. 15 ist § 3 Nr. 7 IFG, aber auch § 9 Abs. 3 IFG und zu Nr. 19 nur § 9 Abs. 3 IFG vermerkt.

13

Auf diese greifbaren Unklarheiten hat das Gericht der Hauptsache mit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung reagiert. Mit der in der mündlichen Verhandlung stattgefundenen Erörterung der Sach- und Rechtslage (§ 104 Abs. 1 VwGO), die sich auf alle Fragen zu beziehen hat, die zwischen den Beteiligten strittig sind und die das Gericht als für seine Entscheidung erheblich ansieht, hat es seine Pflicht zur Klärung der tatsächlichen Grundlagen erschöpft. Als Ergebnis der mündlichen Verhandlung hat das Hauptsachegericht einen Beweisbeschluss erlassen; es ist auf der Grundlage der Erörterung ersichtlich zu der Einschätzung gelangt, dass es sich mangels verlässlicher Tatsachengrundlage nicht ohne Kenntnis vom Inhalt der Materialsammlungen eine Rechtsauffassung zu den Tatbestandsvoraussetzungen der möglicherweise einschlägigen fachgesetzlichen Geheimhaltungsgründe nach dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes bilden könne.

14

Weder die nach Erlass des Beweisbeschlusses übersandten Schriftsätze der Antragsgegnerin vom 1. Oktober 2009 mit der siebenseitigen "Spezifikation" (Beiakte 78) und vom 16. November 2009, mit dem die Vorlageverweigerung präzisiert wird, noch die Sperrerklärung des Beigeladenen vom 5. November 2009 mussten dem Hauptsachegericht Anlass sein, einen erneuten Beweisbeschluss mit einer seine Rechtsauffassung erläuternden Begründung zu fassen. Das ergibt sich schon daraus, dass hinsichtlich der Materialsammlungen Nr. 11 und 12, die laut Liste vom 13. Mai 2008 jeweils 19 und 13 Ordner umfassen, offensichtlich in nicht erkennbarem Umfang eine Aussonderung vorgenommen worden ist. Nach welchen Kriterien die Aussonderung erfolgt ist, erschließt sich weder aus den Schriftsätzen der Antragsgegnerin noch aus der Sperrerklärung. In der Liste vom 1. Oktober 2009, in der unter Nr. 11 und 12 lediglich noch jeweils ein Ordner angeführt wird, heißt es zur Erläuterung lediglich, in den 19/13 Ordnern "befinden sich Dokumente zum UL, deren Umfang einem kleinen Ordner entspricht". Was die Antragsgegnerin damit zum Ausdruck bringen will, bleibt unklar. Jedenfalls scheint die Antragsgegnerin und ihr folgend der Beigeladene nicht allein auf formale Gesichtspunkte der Art und Weise des Zustandekommens der Sammlungen, sondern auf eine besonders - mit Blick auf den Inhalt der Unterlagen - begründete Vertraulichkeit abzustellen. Mit der Liste vom 1. Oktober 2009 hat sich die Antragsgegnerin zwar um "Spezifikation" bemüht; den dargelegten Anforderungen an ein nach Inhalt und Umfang spezifiziertes Inhaltsverzeichnis wird die Liste jedoch nicht ansatzweise gerecht. Unklar bleibt auch, was die Antragsgegnerin damit meint, wenn sie sich im Schriftsatz vom 16. November 2009 darauf beruft, es handele sich um "Betriebsgeheimnisse der Beklagten". Unter diesen Umständen drängte es sich für das Hauptsachegericht geradezu auf, dass - auch unter Berücksichtigung des weiteren Vortrags - erst die Einsicht in die Unterlagen eine hinreichend gesicherte Tatsachengrundlage bietet, um beurteilen zu können, ob überhaupt und gegebenenfalls in welchem Umfang fachgesetzliche Geheimhaltungsgründe einschlägig sein könnten.

15

2. Hinsichtlich der Positionen Nr. 22 (Beiakten 83 und 84) und 23 (Beiakte 85) sowie der in der Beiakte 82 abgehefteten Teile der Materialsammlungen Nr. 17 und 26 führt der Beigeladene in der Sperrerklärung vom 5. November 2009 Gründe an, die eine Verweigerung der Vorlage von Akten in einem gerichtlichen Verfahren nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO rechtfertigen. Bei personenbezogenen Daten besteht ein privates Interesse an der Geheimhaltung, das grundrechtlich geschützt ist. Das gilt auch im Fall des Quellenschutzes für sogenannte "Aussteiger". Grundrechtlicher Anknüpfungspunkt ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht, das die aus dem Gedanken der Selbstbestimmung folgende Befugnis des Einzelnen umfasst, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden (BVerfG, Urteil vom 15. Dezember 1983 - 1 BvR 209/83 u.a. - BVerfGE 65, 1 <41 f.>). Ob - wie der Antragsteller bestreitet - Vertraulichkeit zugesichert worden ist, ist im Rahmen des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO unerheblich. Geschützt sind nicht nur personenbezogene Daten, die zur Identifikation der Person führen können, sondern unter den Umständen dieses Falles auch die Mitteilungen und Äußerungen der Person, weil es sich dabei um Informationen zum persönlichen Lebenszuschnitt im besonders sensiblen Bereich religiöser Überzeugungen handelt.

16

Die Durchsicht hat jedoch ergeben, dass sich zu Nr. 22 in der Beiakte 83 nicht nur personenbezogene Daten und Informationen, sondern auch Ablichtungen von Zeitungsartikeln und Auszüge aus dem Internet und in der Beiakte 84 Ablichtungen von Schriften der Glaubensgemeinschaft befinden. Ohne nähere Darlegungen des Beigeladenen kann der Senat nicht nachvollziehen, warum die zu den Akten genommenen Exemplare solcher der allgemeinen Öffentlichkeit zugänglichen Schriftstücke geheimhaltungsbedürftig sind. Insoweit fehlt es schon an einem Geheimhaltungsgrund i.S.d. § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO und ist die Sperrerklärung - im tenorierten Umfang - bereits aus diesem Grund rechtswidrig.

17

3. Ob für die Positionen Nr. 11 und 12 sowie die zurückgehaltenen Teile der Materialsammlungen Nr. 15 und 19 ein Geheimhaltungsgrund i.S.d. § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO vorliegt, erscheint dem Senat jedenfalls zweifelhaft. Der Beigeladene behauptet in der Sperrerklärung vom 5. November 2009 zwar, die Offenlegung führe zu Nachteilen für das Wohl des Bundes oder eines Landes. Er verkennt aber offensichtlich Bedeutung und Reichweite dieses Geheimhaltungsgrundes. Denn er beschränkt sich darauf, schlicht auf den aus seiner Sicht notwendigen Schutz behördlicher Entscheidungsprozesse zu verweisen und orientiert sich dabei ersichtlich an den auf dieses Schutzgut zugeschnittenen fachgesetzlichen Geheimhaltungsgründen, die ein allgemeines Informationszugangsrecht beschränken können. Fachgesetzliche Geheimhaltungsgründe können zwar eine Orientierung bei der Frage bieten, ob Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheim gehalten werden müssen. Jedoch ist ein strenger Maßstab anzulegen. Nachteile für das Wohl des Bundes oder eines Landes fordern gewichtige Gründe. Bei der Auslegung und Anwendung der Vorschrift sind die zum Merkmal des Nachteilbereitens i.S.d. § 96 StPO in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Grundsätze heranzuziehen (Beschluss vom 29. Juli 2002 - BVerwG 2 AV 1.02 - BVerwGE 117, 8 = Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 27).

18

Der Senat vermag zudem nicht zu erkennen, dass die Einstufung, wenn sie denn zuträfe, sämtliche Bestandteile der zurückgehaltenen Akten(teile) zu den Positionen Nr. 11, 12, 15 und 19 erfasst. Die Durchsicht der Ordner zeigt, dass dort Schriftstücke ganz unterschiedlicher Art zurückgehalten werden. Abgeheftet finden sich beispielsweise in Ordner Nr. 11 und im Material zu Nr. 19 eine Reihe gerichtlicher Urteile, aber auch ein an die Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers gerichteter Bescheid. Warum diese Unterlagen geheimhaltungsbedürftig sein sollen, erschließt sich dem Senat nicht. Das gilt auch für Zeitungsartikel, Auszüge aus Publikationen der Glaubensgemeinschaft oder auch einer Landtagsdrucksache, die als Anlagen zu einem behördlichen Schreiben (im Material zu Nr. 19) abgeheftet sind. Dass sich in dem Ordner Nr. 11 u.a. auch personenbezogene Daten Dritter finden, rechtfertigt - derzeit - nicht die vollständige Zurückhaltung dieser Seite(n). Es ist Aufgabe des Beigeladenen bzw. der aktenverweigernden Stelle, die Akten nach den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Aktenführungen, zu der auch die Paginierung von Aktenseiten gehört, aufzubereiten, um auf dieser Grundlage bei der Sperrerklärung - unter Angabe von Blattzahlen - je nach Inhalt des Schriftstücks gegebenenfalls nach unterschiedlichen Geheimhaltungsgründen differenzieren zu können. Der Fachsenat hat nur die Rechtmäßigkeit der Sperrerklärung und damit den dort geltend gemachten Geheimhaltungsbedarf zu überprüfen.

19

Das bedarf alles jedoch keiner weiteren Vertiefung. Denn der Beigeladene hat nicht, wie in § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO vorgesehen, eine auf den laufenden Rechtsstreit bezogene und auf einer Abwägung der widerstreitenden Interessen der Beteiligten im Prozess beruhende Ermessensentscheidung über die Aktenvorlage getroffen.

20

4. Durch die Ermessenseinräumung nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO wird der obersten Aufsichtsbehörde die Möglichkeit eröffnet, dem öffentlichen Interesse und dem individuellen Interesse der Prozessparteien an der Wahrheitsfindung in dem vom Untersuchungsgrundsatz beherrschten Verwaltungsprozess den Vorrang vor dem Interesse an der Geheimhaltung der Schriftstücke zu geben (stRspr, vgl. nur Beschluss vom 1. August 2007 - BVerwG 20 F 10.06 - juris Rn. 5). Soweit die Aktenvorlage auch Gegenstand des Rechtsstreits selbst ist, sind die Gründe, die eine Sperrerklärung nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO rechtfertigen können, von denjenigen Gründen zu unterscheiden, die im Verfahren der Hauptsache zur Verweigerung der Aktenvorlage angeführt werden. Die oberste Aufsichtsbehörde ist im Rahmen des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO gefordert, in besonderer Weise in den Blick zu nehmen, welche rechtsschutzverkürzende Wirkung die Verweigerung der Aktenvorlage im Prozess für den Betroffenen haben kann. Darin liegt die Besonderheit ihrer Ermessensausübung nach dieser Verfahrensbestimmung. Dementsprechend ist der obersten Aufsichtsbehörde auch in den Fällen Ermessen zugebilligt, in denen das Fachgesetz der zuständigen Fachbehörde kein Ermessen einräumt (Beschluss vom 21. Februar 2008 - BVerwG 20 F 2.07 - BVerwGE 130, 236 = Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 46).

21

4.1 Die Sperrerklärung vom 5. November 2009 leidet an dem Ermessensfehler, dass der Beigeladene - auf der Grundlage seiner Annahme, die Tatbestandsvoraussetzungen der Geheimhaltungsbedürftigkeit i.S.d. § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO seien erfüllt, - sein Ermessen undifferenziert und damit in einer der Eigenart der zu treffenden Entscheidung nicht genügenden Weise ausgeübt hat. Die Erwägungen, die der Beigeladene anstellt, lassen - ungeachtet des Hinweises, die Vorlageverweigerung sei "in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens" ergangen - eine ordnungsgemäße Ermessensbetätigung nicht erkennen. Der Beigeladene beschränkt sich darauf, die Gründe für den behaupteten Geheimhaltungsbedarf zu erläutern. Kriterien zur Ausübung des Ermessens werden - abgesehen von Erwägungen zur Teilschwärzung als milderes Mittel - nicht angeführt. Es genügt als Ermessenserwägung vor allem nicht, wie der Beigeladene in seiner Sperrerklärung zusammenfassend unter der Überschrift "Gesamtwürdigung" ausführt, lediglich auf die prozessualen Folgen des § 100 VwGO und die Probleme hinzuweisen, die sich daraus ergeben, dass der Gesetzgeber darauf verzichtet hat, im Fall der Geltendmachung eines Auskunftsanspruchs im Hauptsacheverfahren die Möglichkeit eines "in-camera"-Verfahrens vor dem Hauptsachegericht zu eröffnen (Beschluss vom 21. Februar 2008 a.a.O. ). Der Gesetzgeber hat die vom Beigeladenen kritisierte Anwendbarkeit des § 100 VwGO als unvermeidbare Folge des Verfahrens nach § 99 Abs. 2 VwGO in Kauf genommen. Die Ausführungen des Beigeladenen im Rahmen der "Gesamtwürdigung" legen es nahe, dass er möglicherweise das Verfahren nach § 99 Abs. 2 VwGO, insbesondere Reichweite und Bedeutung der Ermessensausübung i.S.d. § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO, missversteht. Hinzu kommt, dass sich der Beigeladene zunächst geweigert hat, überhaupt eine Sperrerklärung abzugeben, mithin damals anscheinend keinen Geheimhaltungsbedarf erkannt hat. Unter diesen Umständen bestand begründeter Anlass, auch aus diesem Grund zu erläutern, welche Ermessenserwägungen den Beigeladenen nunmehr zur Vorlageverweigerung bewogen haben.

22

4.2 Die Vorlageverweigerung der Ordner Nr. 17, 22, 23 und 26 - soweit sie nicht bereits mangels Geheimhaltungsgrund rechtswidrig ist - leidet zwar ebenfalls unter der unzureichenden Ermessensbetätigung; der Fehler wirkt sich jedoch nicht aus. Eine selbstständige Ermessensentscheidung der obersten Aufsichtsbehörde war ausnahmsweise entbehrlich. Denn das Ergebnis der nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO geforderten Abwägung war rechtlich vorgezeichnet. Für Ermessenserwägungen war kein Raum. Eine Teilschwärzung personenbezogener Daten hat der Beigeladene erwogen; die Durchsicht der Akten bestätigt die Einschätzung, dass eine Schwärzung einzelner Angaben nicht in Betracht kam.

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Besondere Umstände, aus denen sich ein überwiegendes öffentliches oder privates Interesse ergeben könnte, das ausnahmsweise eine Offenbarung geschützter personenbezogener Daten zu rechtfertigen vermag, sind nicht zu erkennen (vgl. im Fall eines Betriebsgeheimnisses Beschluss vom 19. Januar 2009 - BVerwG 20 F 23.07 - Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 52 Rn. 12 ff.). Allein der Umstand, dass Angaben Dritter persönlich gefärbt erscheinen mögen und/oder kritisch ausgerichtet sind, genügt nicht. Anhaltspunkte, dass die in den zurückgehaltenen Unterlagen enthaltenen Angaben Dritter auf ein strafrechtlich relevantes Verhalten führen, das nicht mehr von der Meinungsäußerungsfreiheit gedeckt wäre, hat die Durchsicht nicht ergeben. Art. 4 Abs. 1 GG schützt gegen diffamierende, diskriminierende oder verfälschende Darstellungen einer religiösen oder weltanschaulichen Gemeinschaft. Daraus folgt aber nicht, dass der Staat und seine Organe gehalten wären, sich mit derartigen Fragen überhaupt nicht zu befassen (BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2002 - 1 BvR 670/91 - BVerfGE 105, 279 <294>). Greift er dabei auf personenbezogene Daten und Angaben Dritter zurück, hat er bei deren Verwertung als neutraler Staat die Grundsätze einer sachlich geführten Informationstätigkeit zu beachten und damit die Zurückhaltung zu wahren, zu welcher der Staat und seine Organe nach dem Gebot der religiös-weltanschaulichen Neutralität verpflichtet sind. Damit ist gewährleistet, dass eine Glaubensgemeinschaft nicht auf Grund Angaben Dritter - wie der Antragsteller geltend macht - einer Rufschädigung durch Denunzianten ausgesetzt wird.

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5. Die Feststellung des Senats, dass die Sperrerklärung in dem tenorierten Umfang rechtswidrig ist, hindert den Beigeladenen nicht, insoweit eine neue Sperrerklärung abzugeben und dann bei der Einstufung als geheimhaltungsbedürftig oder bei der Ermessensausübung nach den - durch Paginierung der Behördenakten hinreichend gekennzeichneten - Blättern der Akten zu differenzieren.

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6. Für den von der Antragsgegnerin mit der Beschwerdeerwiderung vom 18. Februar 2010 gestellten Hilfsantrag ist kein Raum.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.