Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Beschluss, 28. Feb. 2018 - 5 L 1378/17.NW

ECLI:ECLI:DE:VGNEUST:2018:0228.5L1378.17.00
bei uns veröffentlicht am28.02.2018

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 60.000,00 € festgesetzt.

Gründe

1

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung des Gerichts mit dem Inhalt, der Antragsgegnerin zu untersagen, die Stelle eines Direktors oder einer Direktorin der Landeszentrale für Medien und Kommunikation Rheinland-Pfalz (LMK) mit einem Mitbewerber zu besetzen, so lange nicht über die Bewerbung des Antragstellers bestandskräftig entschieden ist, hat keinen Erfolg.

2

Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Verwaltungsgericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sogenannte Sicherungsanordnung). Ein solcher Antrag setzt voraus, dass der Antragsteller in analoger Anwendung des § 42 Abs. 2 VwGO geltend machen kann, durch die Stellenbesetzung möglicherweise in eigenen Rechten verletzt zu sein. Außerdem muss er einen Anordnungsgrund und einen Anordnungsanspruch für die begehrte einstweilige Anordnung glaubhaft machen (§ 123 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 920 ZPO). Diese Voraussetzungen sind hier nicht alle erfüllt.

3

Die analog § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Antragsbefugnis kann dem Antragsteller derzeit nicht abgesprochen werden. Zwar kann die Kammer nachvollziehen, dass Antragsgegnerin und Beigeladener Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Bewerbung des Antragstellers um die streitgegenständliche Stelle hegen angesichts dessen Äußerungen in seinem Schreiben an den Vorsitzenden bzw. die Mitglieder der Versammlung vom 1. Dezember 2017 und vor allem angesichts des Inhalts seines Internetblogs vom 8. Dezember 2017. Dabei ist nämlich zu sehen, dass eine Verletzung des vom Antragsteller in Anspruch genommenen Bewerbungsverfahrensanspruchs aus Artikel 33 Abs. 2 Grundgesetz – GG – von vornherein ausgeschlossen wäre, wenn sein Begehren sich nicht ernsthaft auf das Erlangen der zu besetzenden Stelle für sich selbst richten würde, sondern allein darauf, die formale Stellung als Bewerber einzunehmen, um das Verfahren der Antragsgegnerin zur Besetzung der Direktorenstelle öffentlichkeitswirksam kritisieren zu können oder die Besetzung der Stelle mit dem Beigeladenen zu verhindern. Artikel 33 Abs. 2 GG gewährt dem Bewerber kein bloßes "Konkurrentenverhinderungsinteresse" (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 6. April 2017 – 1 M 38/17 –, juris Rn. 15).

4

Diese Zweifel werden auch nicht ohne Weiteres durch die anwaltliche Versicherung des Antragstellers in seinem Schriftsatz vom 13. Februar 2018 obsolet. Allerdings gesteht das Gericht ihm im vorliegenden Eilverfahren, in dem die Motive für seine Bewerbung nicht abschließend geklärt werden können, durchaus zu, dass seine satirischen und abwertenden Verlautbarungen zumindest teilweise erst eine Reaktion auf den Umgang mit seiner Bewerbung darstellen können und also die Ernsthaftigkeit seines Interesses an dem Direktorenamt nicht sicher ausschließen.

5

Des Weiteren hat der Antragsteller einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Denn es besteht die Gefahr, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder zumindest wesentlich erschwert werden könnte. Die drohende Besetzung der streitgegenständlichen Direktorenstelle bei der Antragsgegnerin erfolgt zwar nicht durch eine Ernennung in ein Beamtenverhältnis, so dass der Grundsatz der Ämterstabilität hier nicht eingreift (vgl. dazu z.B. BVerwG, Urteil vom 4. November 2010 – BVerwGE 138, 102). Aber auch der Abschluss eines Dienstvertrags mit dem Beigeladenen, der nach der bereits erfolgten Wahl des Beigeladenen und angesichts des nahen Beginns seiner Amtszeit am 1. April 2018 alsbald erfolgen würde (vgl. § 13 Abs. 4 der Hauptsatzung der Antragsgegnerin), könnte nicht ohne Weiteres rückgängig gemacht werden. Das ergibt sich schon aus § 44 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 Landesmediengesetz – LMG –, wonach eine Abberufung des Direktors nur aus wichtigem Grund möglich ist. Dem Antragsteller ist nicht zuzumuten, die damit verbundenen Rechtsunsicherheiten hinzunehmen (vgl. zur Konkurrenzsituation zwischen Tarifbeschäftigten und Beamten OVG RP, Beschluss vom 16. November 2016 – 2 B 11060/16.OVG –; zweifelnd im Hinblick auf den bevorstehenden Anstellungsvertrag des ZDF-Intendanten dagegen OVG RP, Beschluss vom 16. Juni 2011 – 2 B 10681/11.OVG –).

6

Der Antragsteller hat aber den zum Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO erforderlichen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Dazu beruft er sich im Ergebnis ohne Erfolg auf einen Bewerbungsverfahrensanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG.

7

Bei dem Amt des Direktors der Antragsgegnerin handelt es sich um ein öffentliches Amt i.S.d. Art. 33 Abs. 2 GG (vgl. OVG RP, Beschluss vom 19. Januar 2018 im vorliegenden Verfahren – 2 E 10045/18.OVG –). Nach Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Danach sind öffentliche Ämter nach Maßgabe des Leistungsgrundsatzes zu besetzen. Die Vorschrift vermittelt ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl. Ein Bewerber um ein öffentliches Amt kann verlangen, dass seine Bewerbung nur aus Gründen zurückgewiesen wird, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind (Bewerbungsverfahrensanspruch, vgl. z. B. BVerwG, Beschluss vom 22. November 2012 – 2 VR 5/12 –, juris). Der Leistungsvergleich erfolgt im Bereich beamtenrechtlicher Ernennungen regelmäßig aufgrund aktueller dienstlicher Beurteilungen der Bewerber oder anhand eines vorab formulierten Anforderungsprofils, an dem alle Bewerber gleichermaßen in einem objektiv ausgestalteten Auswahlverfahren zu messen sind, um auf diese Weise eine mit dem Leistungsgrundsatz in Einklang stehende Auswahl zu gewährleisten (vgl. OVG RP, Beschluss vom 16. November 2016, a.a.O. mit Hinweis auf BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013 – 2 VR 1.13 –, BVerwGE 147, 20). Auch darf das der Auswahlentscheidung zugrundeliegende Verwaltungsverfahren nicht so ausgestaltet sein, dass es den gerichtlichen Rechtsschutz vereitelt oder unzumutbar erschwert. Aus Art. 33 Abs. 2 i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG folgt mithin die Verpflichtung, die wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. Juli 2007 – 2 BvR 206/07).

8

Diese Anforderungen sind hier aber aufgrund der Besonderheiten der streitgegenständlichen Stelle und des Vergabeverfahrens aus den folgenden Gründen zu modifizieren:

9

Die Antragsgegnerin ist eine selbständige öffentlich-rechtliche Anstalt, der die Medienaufsicht über den privaten Rundfunk in Rheinland-Pfalz nach dem Prinzip der eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung durch die Organe der Anstalt und der hieraus resultierenden Staatsferne obliegt (vgl. OVG RP, Urteil vom 13. August 2010 – 10 A 10076/10 – juris). Sie ist vom Gesetzgeber gemäß § 38 Landesmediengesetz – LMG – mit dem Recht der Selbstverwaltung nach Maßgabe dieses Gesetzes ausgestattet und kann im Rahmen ihrer Aufgaben Satzungen erlassen. Der Direktor oder die Direktorin ist gemäß § 39 LMG eines der Organe der Antragsgegnerin.

10

Mit diesen Besonderheiten korrespondiert das Vergabeverfahren für die Position: Der Direktor oder die Direktorin wird von der Versammlung, einem weiteren unabhängigen Organ der Antragsgegnerin, in geheimer Abstimmung gewählt. Die Versammlung setzt sich gemäß §§ 39, 40 Abs. 1, Abs. 7 Satz 2 LMG zusammen aus ihrerseits weisungsfreien, von unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppierungen bestimmten und für die Dauer von fünf Jahren entsandten Mitgliedern. Sie wird durch das Landesmediengesetz mit eigenständigen Aufgaben und Kompetenzen betraut, wozu die Wahl, die Einstellung und die Abberufung des Direktors oder der Direktorin gehört (§§ 42 Nr. 2, 44 Abs. 1 LMG sowie § 11 der Hauptsatzung). Bei dem nachfolgenden Abschluss eines Dienstvertrages mit dem oder der von der Versammlung Gewählten wird die Wahlentscheidung durch den Vorsitzenden der Versammlung lediglich umgesetzt, d.h. die Wahlentscheidung der Versammlung ist bindend, und die Bestellung des Direktors durch den anschließenden Dienstvertrag ist nicht mehr von einer weiteren verwaltungsrechtlichen (Ermessens)Entscheidung der Antragsgegnerin abhängig.

11

Die Entscheidung über die Vergabe der Direktorenstelle liegt danach in der alleinigen Verantwortung der Versammlung, einem pluralistisch zusammengesetzten Organ der selbstverwalteten Landesmedienanstalt. Sie hat dabei die gesetzlichen Ausschlussgründe des § 41 Abs. 1 LMG und die allgemeinen gesetzlichen und satzungsrechtlichen Vorgaben für ihre Beschlussfassungen nach § 43 LMG und für den Wahlvorgang nach § 44 Abs. 1 LMG zu beachten. Im Übrigen gewährt ihr der Gesetzgeber eine weitgehende verfahrensrechtliche und inhaltliche Freiheit. Die Zuständigkeit der Versammlung bezieht sich auf die Direktorenwahl in ihrer Gesamtheit, einschließlich der Vorbereitungsphase (vgl. OVG RP, Beschluss vom 16. Juni 2011, a.a.O.). Vor diesem rechtlichen Hintergrund können die oben beschriebenen Erfordernisse des Leistungsgrundsatzes aus Art. 33 Abs. 2 GG sowohl inhaltlich als auch im Hinblick auf ihre gerichtliche Überprüfung nur eingeschränkt gelten. Die Stärkung des demokratischen Elements in der Wahl durch ein unabhängiges Gremium lässt die Bedeutung des Art. 33 Abs. 2 GG zurücktreten (vgl. OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 15. Oktober 2001 – 3 M 34/01 –, juris).

12

Der Wahlakt selbst unterliegt schon seinem Wesen nach keiner inhaltlichen gerichtlichen Überprüfung. Eine Wahl nach Beurteilungsermessen unter strenger Bindung an den Leistungsgrundsatz wäre keine echte Wahl (vgl. VG Meiningen, Beschluss vom 16. Dezember 2008 – 1 E 613/08 ME –, juris). Durch den Wahlvorgang wird dem Gewählten zudem bereits seine Akzeptanz und damit eine für künftige Entscheidungen notwendige Unterstützung signalisiert (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 25. Oktober 2012 – 1 M 103/12 – zur Wahl des Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes sowie Beschluss vom 6. April 2017 – 1 M 38/17 – zur Wahl eines kommunalen Beigeordneten; OVG Thüringen, Beschluss vom 30. März 2007 – 2 EO 729/06 – ebenfalls zu kommunalen Wahlbeamten, m.w.N.). Die Vorschriften über die Wahl in geheimer Abstimmung schließen es aus, dass die Mitglieder des Wahlgremiums ihr Votum und ihre Motive für das Abstimmungsverhalten unmittelbar oder mittelbar offenbaren (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Juni 1997 – 2 C 24/96 –, juris zum Richterwahlausschuss). Das Ergebnis einer Wahl bedarf deshalb auch unter Berücksichtigung des Art. 19 Abs. 4 GG keiner Begründung (OVG LSA vom 6. April 2017, a.a.O. mit Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 20. September 2016 – 2 BvR 2453/15, juris).

13

Diese Besonderheiten, die auch für den Wahlakt der Versammlung der Antragsgegnerin gelten, führen allerdings nicht zum Ausschluss jeglicher verwaltungsgerichtlicher Kontrolle. Vielmehr hat sich diese Kontrolle auf die Prüfung zu beschränken, ob die der Wahlentscheidung vorausgehenden Verfahrensschritte, soweit sie die von Art. 33 Abs. 2 GG gewollte Bestenauslese sicherstellen sollen, Beachtung gefunden haben und frei von Verfahrensfehlern sind. Das Gericht hat namentlich zu überprüfen, ob die gesetzlichen und satzungsrechtlichen Vorgaben für die Wahl beachtet wurden, ob die Mitglieder der Versammlung vom zutreffenden Sachverhalt ausgegangen sind, ob die getroffenen Feststellungen unter Berücksichtigung der originären Entscheidungsspielräume das Vorgehen rechtfertigen oder Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass unsachgemäße oder willkürliche Erwägungen angestellt worden sind, und ob der Gewählte die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Berufung in das Wahlamt erfüllt (vgl. auch dazu die bereits zitierten Gerichtsentscheidungen, insbesondere BVerwG, Urteil vom 19. Juni 1997, a.a.O.).

14

Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass im Zuge der Durchführung der Wahl in der Sitzung der Versammlung vom 4. Dezember 2017 gegen verfahrensrechtliche Anforderungen verstoßen wurde. Das Landesmediengesetz und die Hauptsatzung der Antragsgegnerin treffen formale Regelungen für den Wahlakt in § 44 Abs. 1 und § 43 LMG sowie in § 11 der Hauptsatzung. Ein Verstoß gegen diese Vorschriften ist nicht erkennbar und vom Antragsteller auch nicht behauptet worden. Auch für eine Verletzung der allgemeinen Verfahrensvorgaben über die Sitzungen der Versammlung liegen keine Anhaltspunkte vor. Der Leiter der Wahlversammlung vom 4. Dezember 2017 hat insbesondere die ordnungsgemäße und rechtzeitige Einladung der Mitglieder protokolliert (vgl. den Auszug aus der Niederschrift, Bl. 93 der Verwaltungsakte).

15

Sonstige Verfahrensvorgaben für die Vorbereitung der Direktorenwahl durch die Versammlung sind im Landesmediengesetz und in der Hauptsatzung der Antragsgegnerin nicht enthalten. Das Gesetz gewährt der Versammlung mithin hier ein umfassendes Recht zur Selbstorganisation.

16

Die Verfahrensautonomie der Versammlung im Vorfeld der Wahl des Direktors oder der Direktorin der LMK – und die daraus spiegelbildlich folgende Zurückdrängung der allgemeinen Grundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG für das Auswahlverfahren – begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Sie findet ihre Rechtfertigung in der Rundfunkfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG. Danach ist nämlich die Organisation und Veranstaltung von Rundfunk pluralistisch und frei von staatlichen Einflüssen zu gewährleisten. Das Gebot der Staatsferne und der Pluralität gilt auch für die Organisation der Medienaufsicht (vgl. Hahn/Vesting, Beck'scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 3. Auflage 2012, § 35 RStV Rn. 5, 29 und 34). Die Rundfunkfreiheit verpflichtet den Gesetzgeber, eine positive Ordnung zu schaffen, die bei der Organisation der Landesmedienanstalt den Geboten der Staatsferne und der Pluralität des Rundfunks ausreichend Rechnung trägt (vgl. VGH Sachsen, Urteil vom 10. Juli 1997 – Vf. 13-II-96 –, juris). Gerade im Bereich des privaten Rundfunks stellt sich die Rundfunkordnung im Grundsatz nur als ordnungspolitischer Rahmen zur Wahrnehmung privater Freiheit dar (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. März 2014 – 1 BvF 1/11 –, juris). Der grundrechtssichernde Organisationsauftrag der Landesmedienanstalt muss der staatlichen Einflussnahme prinzipiell entzogen sein, so dass ihre funktionelle Eigenständigkeit und Unabhängigkeit als unabdingbar erscheint (vgl. BayVGH, Urteil vom 28. Oktober 2009 – 7 N 09.1377 –, juris). Sie gehört nicht der unmittelbaren Staatsverwaltung an (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Mai 2017 – 6 C 42/16 –) und unterliegt lediglich der Rechtsaufsicht gemäß § 50 LMG. Gerade in der Zusammensetzung der Versammlung aus Mitgliedern unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen kommt das Prinzip der pluralistischen Ordnung des privaten Rundfunks in besonderer Weise zum Ausdruck. Diesem unabhängigen Organ überantwortet der Gesetzgeber die Wahl des Direktors der Antragsgegnerin und gewährleistet damit zugleich eine pluralistische und staatsfern getroffene Entscheidung auch über die Besetzung dieses Amtes innerhalb der Medienaufsicht.

17

Die Versammlung kann mangels gesetzlicher oder satzungsrechtlicher Regelungen für die Vorbereitung der Direktorenwahl das Verfahren insoweit selbst gestalten und frei darüber entscheiden, auf welche Weise sie nach geeigneten Bewerbern für die Stelle sucht und wen sie zur Vorstellung und Wahl in dem Gremium zulässt. Insbesondere muss sie die Stelle des Direktors der Antragsgegnerin nicht öffentlich ausschreiben. Das ist schon deshalb rechtlich nicht zu beanstanden, weil eine Pflicht zur Ausschreibung im Regime des Art. 33 Abs. 2 GG ohnehin nicht allgemein, sondern nur auf der Grundlage besonderer gesetzlicher Vorschriften besteht (vgl. BVerwGE 49, 232 ff.; 56, 324 ff., 79, 101; Badura in Maunz/ Dürig, Grundgesetz, Art. 33 Rdnr. 34).

18

Die Verfahrensautonomie der Versammlung schließt auch den Einsatz einer informellen Findungskommission und ein von dieser durchgeführtes freies Interessenbekundungsverfahren ein. Da es insoweit keinerlei gesetzliche Einschränkungen oder Bindungen gibt, kann der Antragsteller mit seinen Rügen gegen die Einsetzung, die (wechselnde) personelle Zusammensetzung und das inhaltliche Vorgehen der Findungskommission von vornherein keinen Verstoß gegen ihn schützende Rechte begründen. Insbesondere muss eine informelle Findungskommission, die lediglich die Versammlung bei der Vorbereitung der Wahl unterstützt, nicht selbst entsprechend der Vorgaben des § 40 LMG staatsfern besetzt sein. Dabei handelt es sich auch nicht um einen förmlichen Ausschuss gemäß §§ 8f. der Geschäftsordnung der Versammlung (GO), so dass die hierfür einschlägigen satzungsrechtlichen Regelungen nicht gelten. Der Findungskommission kam keine eigene Entscheidungskompetenz zu, vielmehr blieb die Versammlung selbst Herrin des Verfahrens, auch wenn sie sich für den Vorschlag geeigneter Kandidaten der Findungskommission bedient hat. Dass sie sich dieses vom Hauptausschuss vorgeschlagene Vorgehen zur Vorbereitung der Wahl zu Eigen gemacht hat, geht aus den Niederschriften zu ihren Sitzungen vom 4. September, vom 13. November und vom 4. Dezember 2017 unzweifelhaft hervor, auch wenn darüber kein formeller Beschluss niedergelegt wurde.

19

Die Versammlung als Herrin des Verfahrens war vor der am 4. Dezember 2017 durchgeführten Wahl des Beigeladenen nach Aktenlage vollständig über den Sachstand und das Ergebnis der Findungskommission informiert. Insbesondere hatten die anwesenden Versammlungsmitglieder auch Kenntnis von der Bewerbung des Antragstellers. Im nichtöffentlichen Teil der Sitzung der Versammlung vom 4. Dezember 2017 berichtete der Vorsitzende der Versammlung, der zugleich Vorsitzender der Findungskommission war, den Versammlungsmitgliedern von der weiteren Sitzung der Findungskommission am 4. Dezember aufgrund der öffentlichen Diskussion über das Besetzungsverfahren. Dabei wurden sie auch über die zwei weiteren Bewerbungen informiert (vgl. Auszug aus dem Entwurf für das Ergebnisprotokoll der Sitzung vom 4. Dezember 2017, TOP 2a). Wenn das Gremium dennoch trotz Anwesenheit des Antragstellers davon abgesehen hat, weitere Informationen dazu einzufordern oder die weiteren Bewerber persönlich anzuhören und ebenfalls zur Wahl zuzulassen, sondern stattdessen direkt in die Wahl des von der Findungskommission vorgeschlagenen Bewerbers eingetreten ist, lag auch diese Entscheidung im Rahmen der ihm zukommenden Verfahrensherrschaft und ist rechtlich hinzunehmen. Eines förmlichen Beschlusses der Versammlung bedurfte es dafür nicht.

20

Ein Verstoß gegen die Chancengleichheit oder ein willkürlicher, gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßender und gegen die Person des Antragstellers gerichteter Akt ist darin nicht zu sehen. Dagegen spricht schon, dass eine weitere am 30. November 2017 eingegangene Bewerbung (vgl. Parallelverfahren 5 L 97/18.NW) von der Versammlung ebenfalls zurückgewiesen wurde. Für das Vorgehen der Versammlung lag auch ein sachlicher Grund vor: Die Findungskommission hatte einen aus ihrer Sicht geeigneten Bewerber gefunden und damit ihren Auftrag erfüllt, was sie der Versammlung bereits am 13. November 2017 berichtet hatte. Dementsprechend war die Durchführung der Wahl für die nächste Sitzung der Versammlung am 4. Dezember 2017 geplant worden. Der Antragsteller hatte erst wenige Tage zuvor, am 30. November 2017, seine Bewerbung eingereicht, nachdem er am 13. November lediglich informell per E-Mail um Informationen über ein mögliches Bewerbungsverfahren gebeten hatte. Die Findungskommission hatte sich gleichwohl noch vor der Versammlung am 4. Dezember 2017 mit den neuen Bewerbungen befasst und ihrerseits beschlossen, nicht wieder in das Findungsverfahren einzutreten, sondern an ihrem Vorschlag festzuhalten.

21

Dass die Versammlung in dieser Situation die Zulassung neuer Bewerber zur Wahl ablehnte, ist nicht zu beanstanden, zumal der weitere Bewerber in der Versammlung nicht anwesend war. Dessen Bewerbung hätte aber dann aus Gleichbehandlungsgründen ebenfalls zugelassen werden müssen; dies hätte aller Voraussicht nach zu einer zeitlichen Verzögerung der Wahl geführt, nämlich zumindest bis zur nächsten Sitzung der Versammlung. Dass es keine förmliche Bewerbungsfrist gab, stand solchen Erwägungen der Versammlung nicht entgegen. Sie durfte angesichts der allgemeinen Pressemitteilung der Antragsgegnerin vom 4. September 2017, die nach deren Vortrag über ihren üblichen Presseverteiler an 363 Adressaten herausgegeben wurde, davon ausgehen, dass andere Bewerber und also auch der Antragsteller zu einem deutlich früheren Zeitpunkt ihre Bewerbungen hätten abgeben können.

22

Eine Täuschung, Überrumpelung oder unzulässige Beeinflussung der Versammlungsmitglieder durch den Vorsitzenden oder eine Sabotage der Bewerbung des Antragstellers durch eine Intrige des stellvertretenden Direktors der Antragsgegnerin sind nicht glaubhaft gemacht. Der Umstand, dass die Findungskommission ihrerseits am 4. Dezember 2017 – aufgrund einer entsprechenden internen "Beschlussvorlage" - übereingekommen ist, dass die weiteren Bewerber sich der Versammlung nicht stellen können, bedeutet nicht, dass diese Empfehlung für die Versammlung verbindlich war. Die Kammer sieht keinen Anlass für die Annahme, dass die unabhängigen Versammlungsmitglieder bei einem Interesse an den weiteren Bewerbungen und/oder weiterem Klärungsbedarf ihre Verfahrenshoheit nicht wahrgenommen hätten, die Wahl zu verschieben. Sie waren an das Votum der Findungskommission in keiner Weise gebunden. Dass die Versammlungsmitglieder sich darüber nicht klar gewesen sein könnten, hält die Kammer für fernliegend; auch den vom Antragsteller zitierten Äußerungen des MdL …., deren Sinn sich ohnehin nur schwer erschließt, lässt sich dazu nichts Gegenteiliges entnehmen. Ausweislich des Entwurfs der Niederschrift über die Wahlversammlung wurden im Übrigen von den Versammlungsmitgliedern sowohl im öffentlichen als auch im nichtöffentlichen Teil der Diskussion durchaus kritische Fragen in Bezug auf den Beigeladenen gestellt. Ein Antrag aus der Versammlung heraus, die Wahl zu verschieben, ist dagegen nicht aktenkundig – auch nicht durch die bei der Wahlversammlung anwesenden Mitglieder … und … (vgl. die Anwesenheitsliste Bl. 98 der Verwaltungsakte), die sich noch zuvor schriftlich bzw. per Email für eine Ausschreibung bzw. eine Verschiebung der Wahl ausgesprochen hatten. Der Verweis des Antragstellers auf die vorangegangene Email des MdL … (Bl. 36 der Verwaltungsakte) führt hier mithin nicht weiter.

23

Im Hinblick auf die fachlichen Anforderungen an die Direktorin oder den Direktor der Landesmedienanstalt enthält das Landesmediengesetz keine positiven Vorgaben. Entgegen der Auffassung des Antragstellers legt insbesondere § 44 Abs. 2, 3 LMG nicht den Schluss nahe, dass der Amtsinhaber aufgrund seiner Aufgaben Volljurist sein müsste oder auch nur sollte. Auch die jetzige Direktorin, die das Amt seit rund sechs Jahren ausübt, hat eine andere Vorbildung. Durch den Verweis in § 44 Abs. 1 Satz 2 LMG auf § 41 Abs. 1 Nr. 2 bis 5 LMG formuliert das Gesetz lediglich ein abdrängendes Anforderungsprofil dahingehend, dass bestimmte öffentliche Ämter, Dienstverhältnisse oder Tätigkeiten die Bestellung zum Direktor oder zur Direktorin ausschließen. Diese gesetzlichen Ausschließungsgründe liegen beim Beigeladenen unstreitig nicht vor. Insbesondere schließt eine frühere Tätigkeit als Staatssekretär die Wählbarkeit des Beigeladenen nicht aus. Die fachliche Qualifikation des Gewählten ist nach dem oben Ausgeführten gerichtlich nicht überprüfbar, so dass es im vorliegenden Verfahren auf die vom Antragssteller hieran geäußerte Kritik nicht ankommen kann - ebenso wenig wie im Übrigen auf seine Zweifel an dem von der Findungskommission formulierten "Anforderungsprofil", den daran angelehnten Katalog der Fragen an den Beigeladenen und die inhaltliche Bewertung seiner Antworten darauf.

24

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Antragsteller hat gemäß § 162 Abs. 3 VwGO auch die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen, denn dieser hat seinerseits dadurch, dass er mit Schriftsatz vom 21. Februar 2018 einen Antrag zur Sache gestellt hat, ein Kostenrisiko nach § 154 Abs. 3 VwGO übernommen.

25

Der Wert des Streitgegenstandes wird in Anlehnung in § 52 Abs. 6 Nr. 2, § 53 Abs. 2 GKG auf den Betrag des vom Antragsteller genannten Monatsgehalts des Direktors für die Dauer von sechs Monaten festgesetzt (vgl. OVG RP, Beschluss vom 23. Dezember 2013 – 2 B 11209/13. OVG – zum Beamtenrecht).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Beschluss, 28. Feb. 2018 - 5 L 1378/17.NW

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Beschluss, 28. Feb. 2018 - 5 L 1378/17.NW

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Beschluss, 28. Feb. 2018 - 5 L 1378/17.NW zitiert 13 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 123


(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 53 Einstweiliger Rechtsschutz und Verfahren nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes


(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Zivilprozessordnung - ZPO | § 920 Arrestgesuch


(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten. (2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen. (3) Das Gesuch kann vor der

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 33


(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten. (2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte. (3) Der Genuß bürgerlicher und st

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 42


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 5


(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Fi

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Beschluss, 28. Feb. 2018 - 5 L 1378/17.NW zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Beschluss, 28. Feb. 2018 - 5 L 1378/17.NW zitiert 6 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 31. Mai 2017 - 6 C 42/16

bei uns veröffentlicht am 31.05.2017

Tatbestand 1 Die Beteiligen streiten um UKW-Frequenzen für private lokale Hörfunkprogramme in dem Versorgungsgebiet für die kreisfreie Stadt Hof sowie die Landkreise Hof

Bundesverfassungsgericht Beschluss, 20. Sept. 2016 - 2 BvR 2453/15

bei uns veröffentlicht am 20.09.2016

Tenor Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen. Gründe A.

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 23. Dez. 2013 - 2 B 11209/13

bei uns veröffentlicht am 23.12.2013

Diese Entscheidung zitiert Tenor Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Trier vom 7. November 2013 wird zurückgewiesen, soweit der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt worden ist.

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 22. Nov. 2012 - 2 VR 5/12

bei uns veröffentlicht am 22.11.2012

Tenor Soweit der Antragsteller und die Antragsgegnerin das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 25. Okt. 2012 - 1 M 103/12

bei uns veröffentlicht am 25.10.2012

Gründe 1 Die zulässige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Magdeburg - 5. Kammer - vom 20. September 2012, deren Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO auf die dargelegten Gründe beschränkt ist, ist

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 13. Aug. 2010 - 10 A 10076/10

bei uns veröffentlicht am 13.08.2010

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16. Dezember 2009 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße wird zurückgewiesen. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens z

Referenzen

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Tenor

Soweit der Antragsteller und die Antragsgegnerin das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.

Der Antragsgegnerin wird bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens untersagt, den Beigeladenen zum Regierungsdirektor zu befördern.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme etwaiger außergerichtlicher Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 35 802 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller ist Oberregierungsrat (Besoldungsgruppe A 14) im Dienst der Antragsgegnerin. Er begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die von der Antragsgegnerin beabsichtigte Beförderung des Beigeladenen zum Regierungsdirektor (Besoldungsgruppe A 15).

2

Der Antragsteller ist seit dem 1. April 2010 und der Beigeladene seit dem 10. August 2010 auf einem nach A 15 bewerteten Dienstposten beim Bundesnachrichtendienst (BND) eingesetzt. Die Anzahl dieser Dienstposten übersteigt die Zahl der entsprechenden Planstellen erheblich. Die Antragsgegnerin nimmt deshalb Beförderungen auf der Basis einer Rangliste der "beförderungsreifen" Beamten vor, in der sie diejenigen Beamten einreiht, die einen nach A 15 bewerteten Dienstposten wahrnehmen und die Erprobungszeit erfolgreich absolviert haben.

3

Die Antragsgegnerin erstellte im April 2011 eine Beförderungsrangliste, die die Reihenfolge nach der Gesamtpunktzahl der für den Zeitraum vom 1. April 2007 bis zum 31. März 2010 erstellten letzten Regelbeurteilung und bei gleicher Punktzahl nach der Dauer der Wahrnehmung des nach A 15 bewerteten Dienstpostens festlegte. Danach war der Beigeladene - als letzter der mit der Spitzenpunktzahl von 9 Punkten bewerteten Beamten - auf Platzziffer 5 eingeordnet und der mit der zweithöchsten Punktzahl von 8 Punkten bewertete Antragsteller auf Platzziffer 13 der insgesamt 31 Personen erfassenden Liste.

4

In der Folgezeit legte die Antragsgegnerin in Absprache mit dem Personalrat fest, dass Hauptkriterium für eine Beförderung zukünftig die letzte Regelbeurteilung sein solle; bei notengleichen Gesamturteilen werde auf das Hilfskriterium der "Dauer der Wahrnehmung der höherwertigen Tätigkeiten" zurückgegriffen. Allerdings mache die geänderte Verfahrenspraxis grundsätzlich Anlassbeurteilungen erforderlich; die vorliegenden Beurteilungen seien nicht durchweg miteinander vergleichbar, da Regel- und Anlassbeurteilungen vorlägen. Um eine einheitliche Vergleichsbasis zu schaffen, sollten zeitnah Anlassbeurteilungen erstellt werden.

5

Daraufhin wurden Anlassbeurteilungen für den Beurteilungszeitraum vom 1. April 2010 bis zum 1. Dezember 2011 für alle auf der Liste erfassten Beamten der Besoldungsgruppe A 14 gefertigt. Dabei wurden die beiden höchsten Punktzahlen der Beurteilungsskala erheblich häufiger vergeben als bei den davor erstellten Regelbeurteilungen (eine Gesamtbeurteilung mit der Spitzennote von 9 Punkten wurde vierzehnmal erreicht gegenüber fünfmal bei der Regelbeurteilung, bei der Note von 8 Punkten gab es eine Steigerung der Anzahl von zehn auf 16.)

6

Antragsteller und Beigeladener erreichten erneut das Gesamturteil von 8 bzw. 9 Punkten. In der neuen Rangliste vom Februar 2012 erhielten der Beigeladene als zweitletzter der mit 9 Punkten bewerteten Beamten die Platzziffer 13 und der Antragsteller die Platzziffer 28.

7

Nach der Mitteilung, dass die Beförderung von vier Beamten, darunter der Beigeladene, beabsichtigt sei, hat der Antragsteller einstweiligen Rechtsschutz beantragt. Die Antragsgegnerin hat in Kenntnis dieses Antrages die drei in der Beförderungsrangliste vor dem Beigeladenen platzierten Beamten befördert. Antragsteller und Antragsgegnerin haben das Eilverfahren insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt.

8

Der Antragsteller hält die Auswahlentscheidung u.a. deshalb für rechtswidrig, weil kein hinreichender Grund für Anlassbeurteilungen bestanden habe; vielmehr hätten die Regelbeurteilungen der Auswahlentscheidung zugrunde gelegt werden müssen. Zumindest hätten bei den Anlassbeurteilungen wie bei den Regelbeurteilungen die Richtwerte für Spitzenbeurteilungen beachtet werden müssen.

9

Der Antragsteller beantragt nunmehr sinngemäß, den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel,

der Antragsgegnerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens zu untersagen, den Beigeladenen zum Regierungsdirektor zu befördern.

10

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

11

Sie ist der Ansicht, dass Anlassbeurteilungen der beförderungsreifen Beamten deshalb erforderlich gewesen seien, weil vier der Beamten erst nach der letzten Regelbeurteilungen auf einen nach A 15 bewerteten Dienstposten gelangt seien. Eine Beachtung der Richtwerte für die beiden höchsten Beurteilungsstufen sei für Anlassbeurteilungen bei richtigem Verständnis der Beurteilungsrichtlinien nicht erforderlich.

12

Der Beigeladene hat sich im Verfahren nicht geäußert.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakte BVerwG 2 VR 4.12 und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.

II.

14

Das Bundesverwaltungsgericht ist gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 123 Abs. 2 Satz 1 VwGO für die Entscheidung über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf vorläufige Untersagung der Beförderung des Beigeladenen zuständig.

15

1. Soweit der Antragsteller und die Antragsgegnerin das einstweilige Anordnungsverfahren übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des einzustellen. Über die Kosten des Verfahrens ist nach  nach billigem Ermessen zu entscheiden, wobei der bisherige Sach- und Streitstand zu berücksichtigen ist. Billigem Ermessen entspricht es hier, die Kosten des Verfahrens der Antragsgegnerin aufzuerlegen.

16

Die Antragsgegnerin hat die teilweise Erledigung des Rechtsstreits herbeigeführt, soweit sie drei der vier Mitbewerber des Antragstellers, die sie für die Beförderung in das Amt des Regierungsdirektors (Besoldungsgruppe A 15) ausgewählt hat, nach Eingang des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung durch Aushändigung der Ernennungsurkunden zu Regierungsdirektoren ernannt hat (). Damit ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, der darauf gerichtet gewesen war, die Ernennungen auch dieser ausgewählten Mitbewerber bis zum Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Anordnungsverfahrens nach  zu verhindern, gegenstandslos geworden.

17

Dieses Vorgehen entspricht nicht den Anforderungen der Art. 19 Abs. 4 Satz 1, Art. 33 Abs. 2 GG. Die Antragsgegnerin hat durch die Ernennungen verhindert, dass der Antragsteller effektiven Rechtsschutz zur Durchsetzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs in Anspruch nehmen konnte. Eine solche Verhinderung effektiven Rechtsschutzes durch den Dienstherrn hat zur Folge, dass die grundrechtswidrig vorgenommenen Ernennungen nicht nach dem Grundsatz der Ämterstabilität rechtsbeständig sind. Der Bewerbungsverfahrensanspruch des im Auswahlverfahren unterlegenen Bewerbers geht durch die Ernennungen nicht unter, sondern kann im Wege der Anfechtungsklage mit dem Rechtsschutzziel ihrer Aufhebung durch das Verwaltungsgericht weiter verfolgt werden. Dies hat der Senat in einem zur selben Beförderungsrunde der Antragsgegnerin ergangenen Beschluss (vom 3. Juli 2012 - BVerwG 2 VR 3.12 Rn. 3 - juris) bereits ausgeführt (vgl. zum Ganzen: Urteil vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 47 jeweils Rn. 36 f).

18

Eine Rechtsschutzverhinderung ist nicht nur in den Fällen gegeben, in denen die einzige Planstelle oder - bei mehreren vorgesehenen Beförderungen - alle Planstellen durch Ernennung besetzt werden, sondern auch dann, wenn - wie hier - der Dienstherr noch eine Planstelle unbesetzt lässt, der Antragsteller aber die vorläufige Untersagung weiterer Beförderungen begehrt (vgl. auch OVG Münster, Beschlüsse vom 12. Januar 2011 - 1 B 1585/10 - ZBR 2011, 275 und vom 1. Oktober 2012 - 1 B 691/12 - juris; OVG Weimar, Beschluss vom 18. Juni 2012 - 2 EO 961/11 - IÖD 2012, 241; OVG Saarlouis, Beschluss vom 29. Mai 2012 - 1 B 161/12 - NVwZ-RR 2012, 692; VGH Kassel, Beschlüsse vom 18. Februar 1991 - 1 TG 85/91 - NVwZ-RR 1992, 34 und vom 23. April 2012 - 1 B 2284/11 - RiA 2012, 167; OVG Lüneburg, Beschluss vom 14. Januar 2008 - 5 ME 317/07 - NVwZ-RR 2008, 552).

19

Das Gebot effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG garantiert einen tatsächlich wirksamen Rechtsschutz (vgl. BVerfG, Urteil vom 20. Februar 2001 - 2 BvR 1444/00 - BVerfGE 103, 142 <156>, Kammerbeschluss vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - NVwZ 2007, 1178 <1179>; BVerwG Urteil vom 21. August 2003 - BVerwG 2 C 14.02 - BVerwGE 118, 370 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 27). Das bedeutet bei mehreren beabsichtigten Beförderungen, z.B. wenn - wie hier - eine Beförderungsrangliste nach und nach durch Beförderungen "abgearbeitet" wird, dass der Beamte bezüglich aller zur Beförderung konkret anstehenden Beamten seinen Bewerbungsverfahrensanspruch geltend machen kann. Er hat einen Anspruch darauf, dass über jede einzelne Beförderung rechtsfehlerfrei entschieden wird. Dieser Anspruch verändert sich nicht dadurch, dass über mehrere Beförderungen nicht nacheinander, sondern zusammen entschieden wird. Das gilt unabhängig davon, dass der Beamte für sich selbst letztlich nur eine einzige Beförderung erstrebt und erstreben kann. Der Antrag des Beamten bestimmt bei mehreren zeitgleich beabsichtigten Beförderungen, ob er die Beförderung nur eines ausgewählten Bewerbers oder aber mehrerer oder aller ausgewählten Bewerber angreift.

20

Der Dienstherr ist deshalb aus Art. 19 Abs. 4 GG grundsätzlich verpflichtet, vorläufig alle Beförderungen zu unterlassen, auf den sich der Rechtsschutzantrag des unberücksichtigt gebliebenen Beamten erstreckt. Anderes kann gelten, wenn der auf vorläufige Unterlassung der Beförderung einer Mehrzahl - ggfs. sogar einer Vielzahl - von Mitbewerbern gerichtete Rechtsschutzantrag sich als rechtsmissbräuchlich darstellt, weil von vornherein ausgeschlossen ist, dass die Beförderung der Mitbewerber den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers verletzt, und der Angriff auf eine größere Zahl von beabsichtigten Ernennungen von Mitbewerbern ersichtlich nicht der Wahrung des Bewerbungsverfahrensanspruchs dient, sondern Druck auf den Dienstherrn ausüben soll. Soweit dem Beschluss des Senats vom 10. November 1993 - BVerwG 2 ER 301/93 - Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 50 etwas von den vorstehenden Darlegungen Abweichendes zu entnehmen ist, hält der Senat hieran nicht fest.

21

2. Der Antrag hat, soweit er noch anhängig ist, Erfolg. Der Antragsteller hat glaubhaft gemacht, dass durch die Beförderung des Beigeladenen die Verwirklichung eigener Rechte vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

22

Ein bei der Beförderungsauswahl unterlegener Bewerber muss seinen Anspruch aus  durch vorläufigen Rechtsschutz wirksam sichern können.  garantiert eine effektive gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. Oktober 1999 - 1 BvR 385/90 -  <122 f.> m.w.N.; stRspr). Einstweiliger Rechtsschutz ist deswegen unter eingehender tatsächlicher und rechtlicher Prüfung des im Hauptsacheverfahren geltend gemachten Bewerbungsverfahrensanspruchs zu gewähren (vgl. Urteil vom 21. August 2003 -  - BVerwGE 118, 370 <373> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 27). Ein abgelehnter Bewerber, dessen subjektives Recht aus  durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt worden ist, kann eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung zumindest dann beanspruchen, wenn seine Erfolgsaussichten bei einer erneuten Auswahl offen sind, seine Auswahl also möglich erscheint. Dieser Prüfungsmaßstab ist wie im Hauptsacheverfahren auch bei seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung anzulegen. Die Anforderungen an die Glaubhaftmachung dürfen ebenfalls nicht über das hinausgehen, was für ein Obsiegen im Hauptsacheverfahren genügt (Beschluss vom 20. Januar 2004 - BVerwG 2 VR 3.03 - Buchholz 310 § 123 VwGO Nr. 23; vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 - NVwZ 2003, 200 <201>; BVerwG, Urteil vom 21. August 2003 -  - a.a.O., Beschluss vom 25. Oktober 2011 - BVerwG 2 VR 4.11 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 50).

23

Nach Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Danach sind öffentliche Ämter nach Maßgabe des Leistungsgrundsatzes zu besetzen. Die Geltung dieses Grundsatzes wird durch Art. 33 Abs. 2 GG unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistet. Art. 33 Abs. 2 GG vermittelt ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl. Ein Bewerber um ein öffentliches Amt kann verlangen, dass seine Bewerbung nur aus Gründen zurückgewiesen wird, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind (Bewerbungsverfahrensanspruch). Der Bewerberauswahl dürfen nur Gesichtspunkte zugrunde gelegt werden, die den von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Leistungsbezug aufweisen. In Bezug auf die Vergabe höherer Ämter einer Laufbahn durch Beförderungen handelt es sich um Kriterien, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße der Beamte den Anforderungen seines Amtes genügt und sich in dem höheren Amt voraussichtlich bewähren wird (Urteil vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - BVerwGE 140, 83 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 49 jeweils Rn. 14 m.w.N.).

24

Der von Art. 33 Abs. 2 GG geforderte Leistungsvergleich der Bewerber um ein Beförderungsamt muss anhand aussagekräftiger, d.h. aktueller, hinreichend differenzierter und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhender dienstlicher Beurteilungen vorgenommen werden (Urteile vom 19. Dezember 2002 - BVerwG 2 C 31.01 - Buchholz 237.9 § 20 SaarLBG Nr. 1 S. 2 f., vom 27. Februar 2003 - BVerwG 2 C 16.02 - Buchholz 237.6 § 8 NdsLBG Nr. 10 S. 2 f., vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - a.a.O. Rn. 46 und vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - a.a.O. Rn. 15 ).

25

Maßgebend für den Leistungsvergleich ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil der Beurteilung, das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist (Urteile vom 27. Februar 2003 - BVerwG 2 C 16.02 - a.a.O. S. 2 f. und vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - a.a.O. Rn. 16). Sind danach mehrere Bewerber als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen, kann der Dienstherr auf einzelne Gesichtspunkte abstellen, wobei er deren besondere Bedeutung begründen muss. So kann er der dienstlichen Erfahrung, der Verwendungsbreite oder der Leistungsentwicklung, wie sie sich aus dem Vergleich der aktuellen mit früheren Beurteilungen ergibt, Vorrang einräumen (Urteile vom 19. Dezember 2002 - BVerwG 2 C 31.01 - a.a.O. S. 2 f., vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - a.a.O. Rn. 46 und vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - a.a.O.). Die Entscheidung des Dienstherrn, welche Bedeutung er den einzelnen Gesichtspunkten für das abschließende Gesamturteil und für die Auswahl zwischen im Wesentlichen gleich geeigneten Bewerbern beimisst, unterliegt nur einer eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung (stRspr; vgl. zuletzt Urteile vom 4. November 2010 a.a.O. Rn. 45 und vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 a.a.O.).

26

Daraus folgt, dass der Dienstherr bei gleichem Gesamturteil zunächst die Beurteilungen umfassend inhaltlich auszuwerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis zu nehmen hat. Bei einer solchen Auswertung ist darauf zu achten, dass gleiche Maßstäbe angelegt werden (stRspr; vgl. Urteile vom 27. Februar 2003 a.a.O., vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - a.a.O. Rn. 56, vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - a.a.O. und vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - a.a.O. Rn. 17).

27

Hat der Dienstherr Richtlinien über die Erstellung dienstlicher Beurteilungen erlassen, sind die Beurteiler aufgrund des Gleichheitssatzes hinsichtlich des anzuwendenden Verfahrens und der anzulegenden Maßstäbe an diese Richtlinien gebunden. Das Gericht hat dann auch zu kontrollieren, ob die Richtlinien eingehalten sind, ob sie im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung verbleiben und ob sie auch sonst mit den gesetzlichen Vorschriften in Einklang stehen (stRspr; Urteil vom 24. November 2005 -  -  = Buchholz 232.1 § 41a BLV Nr. 1 m.w.N.).

28

Regelbeurteilungen bilden grundsätzlich (vgl. § 48 Bundeslaufbahnverordnung - BLV) und auch nach den Beurteilungsrichtlinien der Antragsgegnerin die Grundlage für Auswahlentscheidungen des Dienstherrn. Sie gewährleisten mit gleichen Beurteilungszeiträumen ein Höchstmaß an Chancengleichheit.

29

Gleichwohl ist es nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin hier für alle in die Auswahlentscheidung einzubeziehenden Beförderungsbewerber Anlassbeurteilungen erstellt hat. Dies war gerechtfertigt, weil mehrere Beamte erst nach der Regelbeurteilung die laufbahnrechtlich vorgeschriebene (vgl. § 34 BLV) Erprobungszeit auf dem höherwertigen Dienstposten absolviert und damit die Beförderungsreife erlangt hatten. Für diese Beamten waren die vorhergehenden Regelbeurteilungen nicht mehr hinreichend aktuell, um Grundlage für eine Auswahlentscheidung zu sein (vgl. Urteil vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - BVerwGE 140, 83 <88 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 ff. Nr. 49, jeweils Rn. 22 ff.). Die Antragsgegnerin durfte diese Beamten in die Auswahlentscheidung über die Beförderungen einbeziehen. Im Hinblick auf die aus Gründen der Chancengleichheit anzustrebende größtmögliche Vergleichbarkeit der erhobenen Daten (Urteile vom 26. August 1993 -  - Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr. 15 S. 15, vom 27. Februar 2003 -  - Buchholz 237.6 § 8 NdsLBG Nr. 10 und vom 11. Dezember 2008 - BVerwG 2 A 7.07 - Buchholz 232.1 § 41a BLV Nr. 2 Rn. 20; Beschluss vom 31. Januar 1994 -  - Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr. 16 S. 1) war es sachgerecht, auch für die übrigen beförderungsreifen Beamten, für die "an sich" eine weitere dienstliche Beurteilung nicht erforderlich war, eine Anlassbeurteilung zu erstellen, um die größtmögliche Vergleichbarkeit der Beurteilungszeiträume insbesondere bezüglich ihres Endzeitpunktes herzustellen. Dementsprechend sehen die Beurteilungsrichtlinien der Antragsgegnerin Anlassbeurteilungen u.a. zum Zweck einer anstehenden Personalentscheidung vor (vgl. Nr. 3.5 der Beurteilungsbestimmungen-BND vom 1. Juli 2009 i.d.F. vom 27. Dezember 2011).

30

Allerdings müssen Anlassbeurteilungen, die einen deutlich kürzeren Zeitraum als die Regelbeurteilungen abbilden (hier 20 Monate statt drei Jahre), aus den Regelbeurteilungen entwickelt werden; sie dürfen diese lediglich fortentwickeln. Der Befugnis des Dienstherrn, Beförderungen auf der Grundlage von Anlassbeurteilungen vorzunehmen, wenn Regelbeurteilungen nicht mehr hinreichend aktuell sind, korrespondiert seine Verpflichtung, Anlassbeurteilungen lediglich in einem die Regelbeurteilung fortentwickelnden Sinne zu erstellen. Das bedeutet, dass Ausgangspunkt der Anlassbeurteilung die in der vorherigen Regelbeurteilung enthaltenen Feststellungen und Bewertungen zu Eignung, Leistung und Befähigung sind und die Anlassbeurteilung ihren Schwerpunkt darin hat aufzuzeigen, inwieweit bei einzelnen Feststellungen und Bewertungen Veränderungen zu verzeichnen sind. Dieser Maßstab muss in der Anlassbeurteilung hinreichend deutlich zum Ausdruck kommen. Je kürzer der Beurteilungszeitraum zwischen Regel- und Anlassbeurteilung ist und je größer der Unterschied zur Regelbeurteilung in den Bewertungen - sei es bei Leistungssteigerungen oder beim Leistungsabfall - ausfällt, desto bedeutsamer ist das Begründungserfordernis bei Abweichungen der Anlassbeurteilung von der Regelbeurteilung.

31

Dem Entwicklungscharakter solcher Anlassbeurteilungen entspricht es, dass Leistungssprünge nur ausnahmsweise zu verzeichnen sein dürften, das Notengefüge der Anlassbeurteilungen also im Wesentlichen demjenigen der Regelbeurteilungen entspricht. In diesem Sinne werden sich bei der Erstellung von Regelbeurteilungen ggf. zu beachtende Richtwerte für die Vergabe von Spitzenbeurteilungen auch bei den Anlassbeurteilungen niederschlagen, selbst wenn für diese entsprechende Richtwerte nicht gelten sollten. Weicht das Notengefüge der Anlassbeurteilungen demgegenüber deutlich von demjenigen der Regelbeurteilungen ab, ist das ein Indiz für das Fehlen des erforderlichen Fortentwicklungscharakters der Anlassbeurteilungen und ggf. sogar für eine an sachfremden Gesichtspunkten orientierte Beurteilungspraxis.

32

Diesen Anforderungen wird das Auswahlverfahren der Antragsgegnerin in mehrfacher Hinsicht nicht gerecht.

33

Dabei geht der Senat davon aus, dass die Antragsgegnerin - entsprechend ihrer gerichtsbekannten bisherigen Praxis - den Kreis der in die Beförderungsrangliste aufgenommenen Beförderungsbewerber zutreffend ermittelt hat, indem sie die nach A 15 bewerteten Dienstposten in ihrem Bereich jeweils erst nach der Durchführung eines leistungsbezogenen Auswahlverfahrens vergeben hat. Vor der Dienstpostenvergabe muss ein den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG genügendes Auswahlverfahren stattfinden; ist das nicht der Fall, kann bei einer anschließenden Beförderungsentscheidung der Kreis der Bewerber nicht auf den Kreis der Dienstposteninhaber bezogen werden (vgl. nur Urteil vom 16. August 2001 - BVerwG 2 A 3.00 - BVerwGE 115, 58 <59>). Entsprechendes gilt, wenn es Beamte gibt, die sich auf einem nach A 15 bewerteten Dienstposten bewährt haben, aber aktuell auf einem nach A 14 bewerteten Dienstposten eingesetzt werden; auch sie müssen in eine Auswahlentscheidung zur Beförderung auf Statusämter nach A 15 einbezogen werden. Eine weitere Sachverhaltsaufklärung hierzu ist aber entbehrlich, weil der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes unabhängig hiervon Erfolg hat.

34

Der Leistungsvergleich für die Beförderungsreihenfolge ist auf einer rechtsfehlerhaften Beurteilungsgrundlage erfolgt. Die Anlassbeurteilungen hätten nicht losgelöst von den vorherigen Regelbeurteilungen erstellt werden dürfen, sondern aus diesen entwickelt werden müssen. Die Fehlerhaftigkeit der dienstlichen Beurteilungen bewirkt die Fehlerhaftigkeit der auf ihrer Grundlage erstellten Beförderungsrangliste.

35

Die von der Antragsgegnerin erstellten Anlassbeurteilungen für die laufende Beförderungsrunde genügen nicht den dargestellten Anforderungen. Dem Text der Anlassbeurteilungen in den dem Senat vorliegenden Akten ist nicht zu entnehmen, dass der Fortentwicklungscharakter der Anlassbeurteilungen Leitlinie bei deren Abfassung gewesen wäre. Dieser Fortentwicklungscharakter verlangte auch, die nach Nr. 11.7.1 der Beurteilungsrichtlinien der Antragsgegnerin geltenden Richtwerte für die Vergabe der Notenstufen 9 und 8 in den Blick zu nehmen; dies gilt unabhängig davon, dass die Beurteilungsrichtlinien den Geltungsbereich der Richtwerte weder ausdrücklich auf Regelbeurteilungen beschränken noch auf Anlassbeurteilungen erstrecken. Der signifikant höhere Anteil an Spitzenbewertungen bei den beförderungsreifen Beamten (vierzehnmal statt vorher fünfmal Gesamtergebnis 9 Punkte, sechzehnmal statt vorher zehnmal Gesamtergebnis 8 Punkte) ist ein Indiz für das Fehlen des erforderlichen Fortentwicklungscharakters der Anlassbeurteilungen.

36

Die Auswahlentscheidung ist außerdem deshalb rechtsfehlerhaft, weil die Antragsgegnerin nicht bei gleichem Gesamturteil vor dem Rückgriff auf Hilfskriterien zunächst die aktuellen dienstlichen Beurteilungen unter Anlegung gleicher Maßstäbe inhaltlich ausgewertet und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis genommen hat (Urteil vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - BVerwGE 140, 83 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 49, jeweils Rn. 17 m.w.N.). Um praktischen Erfordernissen in einer großen Behörde wie der Antragsgegnerin Rechnung zu tragen, ist es beispielsweise möglich, zu Beginn des Auswahlverfahrens einzelne als besonders bedeutsam erachtete Leistungsmerkmale zu definieren, dies zu dokumentieren und die insoweit erzielten Bewertungen bei der Reihung besonders zu berücksichtigen. Die Antragsgegnerin hingegen hat die Reihung allein nach der Gesamtpunktzahl der aktuellen dienstlichen Beurteilung und bei gleicher Punktzahl nach der Dauer der Wahrnehmung der Aufgaben des höherwertigen Dienstpostens vorgenommen. Das wird dem Gebot der umfassenden inhaltlichen Auswertung der letzten dienstlichen Beurteilung nicht gerecht.

37

Die in der Beförderungsrangliste abgebildete Auswahlentscheidung ist schließlich auch deshalb rechtswidrig, weil sie unter Verstoß gegen § 33 Abs. 1 BLV erstellt worden ist. Nach § 33 Abs. 1 Satz 2 BLV sind frühere Beurteilungen zusätzlich zu den aktuellen dienstlichen Beurteilungen zu berücksichtigen und vor Hilfskriterien heranzuziehen. Frühere dienstliche Beurteilungen können Aufschluss über die Leistungsentwicklung und ggfs. über das Vorhandensein von in der letzten dienstlichen Beurteilung nicht abgebildeten Eignungsmerkmalen geben (vgl. Urteil vom 21. August 2003 - BVerwG 2 C 14.02 - BVerwGE 118, 370 <377> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 27 S. 12). Die Antragsgegnerin hat den Leistungsvergleich allein auf die aktuellen dienstlichen Beurteilungen gestützt und sodann bei gleicher Gesamtnote der aktuellen dienstlichen Beurteilung als Hilfskriterium auf die Dauer der Wahrnehmung der Aufgaben des höherwertigen Dienstpostens abgestellt. Frühere dienstliche Beurteilungen - insbesondere die Regelbeurteilungen aus dem Jahr 2010 - hat sie hingegen nicht einbezogen.

38

Die Auswahl des Antragstellers bei fehlerfreier Durchführung des Auswahlverfahrens, d.h. für dieses gerichtliche Eilverfahren die Platzierung des Antragsteller bei einem ordnungsgemäßen Auswahlverfahren vor dem Beigeladenen, erscheint auch möglich (zu diesem Maßstab Urteil vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - a.a.O. Rn. 32 m.w.N.). Zwar hat der Beigeladene gegenüber dem Antragsteller bei den beiden letzten dienstlichen Beurteilungen jeweils einen Punkt Vorsprung in der Gesamtbeurteilung (9 statt 8 Punkte). Aber es ist offen, wie die Beachtung der Erfordernisse der Entwicklung der Anlassbeurteilung aus der Regelbeurteilung, der umfassenden inhaltlichen Auswertung der letzten dienstlichen Beurteilung sowie der Berücksichtigung der vorherigen dienstlichen Beurteilung vorrangig vor Hilfskriterien sich auf die Anlassbeurteilungen und die Reihenfolge der Beförderungsrangliste ausgewirkt hätten.

39

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Weil der Beigeladene keinen Antrag gestellt hat, hat er keine Kosten zu tragen (§ 154 Abs. 3 VwGO), kann aber auch von vornherein keine Kostenerstattung beanspruchen (§ 162 Abs. 3 VwGO).

40

3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG, in Anlehnung an die Streitwertberechnung im Hauptsacheverfahren (vgl. § 52 Abs. 5 Satz 2 GKG), jedoch ohne dass sich die beantragte Anzahl der freizuhaltenden Stellen streitwerterhöhend auswirkt.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.


Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16. Dezember 2009 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt von der Beklagten Zugang zu einem von dieser eingeholten Gutachten.

2

Der Kläger ist Rechtsanwalt und hat sich unter anderem auf die Beratung und Vertretung von Mandanten aus der Erotikbranche spezialisiert. Die Beklagte ist als Landesmedienanstalt nach dem Staatsvertrag über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien (Jugendmedienschutz-Staatsvertrag - JMStV -) mit der Aufgabe betraut, die erforderlichen Maßnahmen gegenüber privaten Rundfunkveranstaltern und Anbietern von Telemedien zu ergreifen, die gegen die Bestimmungen dieses Staatsvertrages verstoßen. Zu den der Aufsicht der Beklagten unterliegenden Anbietern von Telemedien gehören insbesondere die Anbieter pornographischer Websites im Internet.

3

Im Jahre 2007 gab die Beklagte bei Rechtsanwalt L ein Gutachten zum Thema „Aufsichtsrechtliche Verfolgbarkeit von vermeintlich im Ausland befindlichen Content-Providern sowie dritten Beteiligten“ in Auftrag, dessen Aufgabenstellung von der Beklagten folgendermaßen zusammengefasst wurde:

4

„Nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Rundfunkstaatsvertrag (RStV) i.V.m. § 3 Telemediengesetz (TMG) ist deutsches (Jugendschutz-)Recht uneingeschränkt nur auf Internetanbieter (das Gesetz spricht von Diensteanbietern von Telemedien) anwendbar, wenn diese im Inland niedergelassen sind (Herkunftslandprinzip). Das TMG definiert den niedergelassenen Diensteanbieter in § 2 Nr. 2 als Anbieter, der mittels einer festen Einrichtung auf unbestimmte Zeit Telemedien geschäftsmäßig (also nachhaltig) anbietet oder erbringt, wobei der Standort einer technischen Einrichtung alleine keine Niederlassung des Anbieters begründet. Im Rahmen der aufsichtsrechtlichen Tätigkeit treten vor diesem Hintergrund immer wieder Fälle auf, bei denen sich Content-Provider bzw. der durch eine WHOIS-Abfrage ermittelte Domaininhaber durch (vermeintliche) Verlegung ihrer Niederlassung oder ihres Wohnsitzes ins Ausland dem Zugriff der deutschen Behörden entziehen wollen. Dies geschieht entweder durch einen vorgeblichen Umzug während oder im Nachgang eines aufsichtsrechtlichen Verfahrens, oder aber der Anbieter gibt von vornherein eine Adresse im Ausland an, bleibt aber gleichwohl im Inland wohnen und administriert von hier aus seine Angebote. Oder der Internetanbieter spaltet (tatsächlich oder vermeintlich) seine Tätigkeiten auf und gibt z.B. als Firmensitz eine ausländische Adresse an, während etwa die technischen Einrichtungen oder die Kundenbetreuung in Deutschland verbleiben. Kommen mehrere Niederlassungsorte in Betracht, ist entscheidend, wo sich der Mittelpunkt der Tätigkeiten des Internetanbieters in Bezug auf diesen bestimmten Dienst befindet.“

5

Hiervon ausgehend behandelt nach Angaben der Beklagten das Gutachten vom 21. November 2007 folgende Fragestellungen:

6

- Welche Drittanbieter gibt es, die Dienstleistungen - wie Scheinadressen - zur Verfügung stellen, damit Content-Provider bzw. Domaininhaber trotz fehlender tatsächlicher Verlagerung ihrer Niederlassung ins Ausland den entsprechenden Eindruck erwecken können? Wie gehen diese Dienstleister vor? Welche dieser Dienstleister werden bevorzugt genutzt?

7

- Gibt es in der Praxis Anhaltspunkte, anhand derer bei einem Angebot auf die Nutzung einer entsprechenden Dienstleistung geschlossen werden kann? Gibt es Anhaltspunkte, anhand derer bei einem Angebot etwa auf einen sogenannten Mail-Drop-Dienstleister geschlossen werden kann? Wie kann gerichtsfest nach gewiesen werden, dass die Dienste eines konkreten Anbieters genutzt werden?

8

- Wie kann die Tatsache, dass und wo tatsächlich im Inland eine Niederlassung besteht, gerichtsfest nachgewiesen werden (z.B. des Host-Providers, etwaiger Finanzdienstleister oder anderer dritter Akteure zur Auskunft)?

9

- Ist keine gerichtsfeste Ermittlung des Content-Providers möglich: Liefern von Dritten zur Verfügung gestellte Dienstleistungen – wie der Betrieb eines Host-Servers oder die Übernahme der Tätigkeit als Admin-c – Anhaltspunkte dafür, dass dies durch Personen im Inland geschieht? Kann gegen sie aufsichtsrechtlich vorgegangen werden oder kann im Rahmen eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens gegen sie vorgegangen werden?

10

- Entwicklung eines Kriterienkatalogs und Rechercheleitfadens, der es ermöglicht, möglichst alle bestehenden Optionen zur Ausermittlung des Content-Providers auszuschöpfen und Möglichkeiten eines ordnungsrechtlichen Vorgehens gegen beteiligte Dritte auszuloten.

11

- Darüber hinaus klärt das Gutachten auch ganz generell Fragen der Verfolgbarkeit von Content-Providern, also ebenso die Verfolgung von Content-Providern im Inland.

12

Nach Eingang des Gutachtens reichte die Beklagte dieses intern an alle anderen Landesmedienanstalten weiter. Auf der Grundlage des Gutachtens haben mehrere Landesmedienanstalten zahlreiche Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen verschiedene Diensteanbieter eingeleitet.

13

Mit Schreiben vom 29. Januar 2009 beantragte der Kläger den Zugang zu diesem Gutachten auf der Grundlage des § 4 des Landesgesetzes über die Freiheit des Zugangs zu Informationen (Landesinformationsfreiheitsgesetz - LIFG -).

14

Durch Bescheid vom 27. März 2009 wies die Beklagte den Antrag mit der Begründung zurück, dem Kläger stehe mit Blick auf die Notwendigkeit des Schutzes des behördlichen Entscheidungsprozesses nach § 10 Satz 1 LIFG ein Anspruch auf Gewährung des begehrten Informationszugangs nicht zu. Zwar dienten Gutachten Dritter nach § 10 Satz 2 LIFG regelmäßig nicht der unmittelbaren Entscheidungsfindung und seien daher zugänglich zu machen; das Gutachten des Rechtsanwalts L gebe aber abweichend vom Regelfall den Landesmedienanstalten genaue Handlungsanweisungen und sei daher nicht nur eine anfängliche Hilfestellung. Hilfsweise greife auch die Schutzbestimmung des § 9 Abs. 1 Nr. 2 LIFG ein. Zwar sei bei der Beklagten kein den Gutachteninhalt betreffendes Ordnungswidrigkeitenverfahren anhängig, das Gutachten sei aber an alle Landesmedienanstalten weitergegeben worden, die ständig Ordnungswidrigkeitenverfahren durchführten.

15

Nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen darauf verwiesen, die Beklagte könne sich zur Ablehnung seines Antrags nicht auf § 10 Satz 1 LIFG berufen. Es sei nicht ersichtlich, wie ein Gutachten aus dem Jahre 2007 der unmittelbaren Vorbereitung von aktuellen Entscheidungen dienen solle.

16

Der Kläger hat beantragt,

17

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27. März 2009 und des Widerspruchsbescheides vom 14. Juli 2009 zu verpflichten, ihm - dem Kläger - das Gutachten „Aufsichtsrechtliche Verfolgbarkeit von vermeintlich im Ausland befindlichen Content-Providern sowie dritten Beteiligten“ von Rechtsanwalt L vom 21. November 2007 zugänglich zu machen.

18

Die Beklagte hat beantragt,

19

die Klage abzuweisen.

20

Sie hat geltend gemacht, für sie gelte das Landesinformationsfreiheitsgesetz schon nicht, weil sie den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, auf die das Landesinformationsfreiheitsgesetz nach dessen § 2 Abs. 5 nicht anwendbar sei, gleichzustellen sei. Im Übrigen hat sie auf die von ihr in den angegriffenen Bescheiden herangezogenen Ausschlusstatbestände verwiesen.

21

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, das Landesinformationsfreiheitsgesetz gelte nach § 2 Abs. 5 LIFG nicht für öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten und damit nach Sinn und Zweck dieser Ausnahmevorschrift auch nicht für die Beklagte. Ungeachtet dessen stehe dem Anspruch des Klägers die Vorschrift des § 9 Abs. 1 Nr. 3 LIFG entgegen, weil das Bekanntwerden des Gutachtens die öffentliche Sicherheit in Gestalt der Unversehrtheit der Rechtsordnung beeinträchtigen würde. Das Gutachten setze die Beklagte in die Lage, Verstöße gegen die Vorschriften des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags festzustellen und ihrer Überwachungsaufgabe nachzukommen. Werde das Gutachten preisgegeben, könnten Details zu Ermittlungstechniken betreffend Content-Provider an Privatpersonen gelangen, welche keine Gewähr dafür böten, dass diese Informationen nicht an Anbieter aus dem betroffenen Bereich weitergeleitet würden, die ein Interesse an der Entwicklung von Umgehungsstrategien hätten.

22

Mit seiner vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung trägt der Kläger weiter vor, bereits die Ausnahmeregelung für öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten in § 2 Abs. 5 LIFG sei planwidrig, weil kein Anlass bestehe, diese aus dem Anwendungsbereich des LIFG auszunehmen. Jedenfalls aber sei die Beklagte mit den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nicht vergleichbar, so dass eine analoge Anwendung der Vorschrift nicht in Frage komme. Die Ausnahmevorschrift des § 9 Abs. 1 Nr. 3 LIFG sei entgegen der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts nicht anwendbar, weil weder die Beklagte mit polizeilichen Aufgaben betraut sei noch eine unmittelbare Gefährdung zentraler Rechtsgüter durch bevorstehende Straftaten, die von der Beklagten zu verfolgen wären, zu erwarten seien.

23

Der Kläger beantragt,

24

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 16. Dezember 2009 die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27. März 2009 und des Widerspruchsbescheides vom 14. Juli 2009 zu verpflichten, ihm – dem Kläger – das Gutachten „Aufsichtsrechtliche Verfolgbarkeit von vermeintlich im Ausland befindlichen Content-Providern sowie dritten Beteiligten“ von Rechtsanwalt L zugänglich zu machen.

25

Die Beklagte beantragt,

26

die Berufung zurückzuweisen.

27

Sie schließt sich der Auffassung des Verwaltungsgerichts an, nach welcher das LIFG in analoger Anwendung des § 2 Abs. 5 LIFG nicht für die Beklagte gilt. Wie die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten habe sie das Recht auf Selbstverwaltung und sei mitgliedschaftlich organisiert. Als Landesmedienanstalt sei sie in ihrem Kernbereich exakt mit denjenigen Aufgaben betraut, die in den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der jeweilige Rundfunkrat wahrnehme. Sie wirke – ebenso wie der Rundfunkrat – in Medieninhalte hinein. Programminhaltlich werde sie tätig, wenn sie Inhalte beanstande, Inhalte fordere oder Sendungen untersage. Damit sie diese Aufgaben staatsfern erfüllen könne, müsse sie von der Anwendung des Landesinformationsfreiheitsgesetzes freigestellt sein. Darüber hinaus könne sie sich gegenüber staatlichen Eingriffen auf das Grundrecht des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG berufen. Im Übrigen beeinträchtige die Herausgabe des Gutachtens die öffentliche Sicherheit im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 3 LIFG. Das Gutachten unterstütze die Landesmedienanstalten maßgeblich dabei, ihrem Schutzauftrag aus dem Jugendmedienschutzstaatsvertrag nachzukommen, indem es detailliert vorgebe, welche Maßnahmen von den Landesmedienanstalten getroffen werden könnten. Der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor entwicklungsbeeinträchtigenden Angeboten könne nicht mehr gewährleistet werden, wenn die Informationen des Gutachtens den Anbietern pornographischer Angebote bekannt würden. Denn diese Anbieter seien dann zum einen auf das Handeln der Landesmedienanstalten vorbereitet und könnten zum anderen im Gutachten nicht aufgezeigte Wege zur Umgehung des strengen deutschen Rechtssystems finden. Darüber hinaus stehe dem Informationsverlangen des Klägers auch § 9 Abs. 1 Nr. 2 LIFG entgegen, weil die Bekanntgabe der amtlichen Information nachteilige Auswirkungen auf den Erfolg anhängiger Ordnungswidrigkeitenverfahren habe. In Deutschland gebe es zahlreiche anhängige Ordnungswidrigkeitenverfahren. Verschiedene Landesmedienanstalten führten Ermittlungen auf der Grundlage des streitgegenständlichen Gutachtens durch. Schließlich diene das Gutachten der unmittelbaren Entscheidungsfindung und müsse daher auch nach § 10 LIFG nicht herausgegeben werden.

28

Die weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten ergeben sich aus den zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätzen und den vorgelegten Verwaltungsvorgängen. Sämtliche Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

29

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

30

Das Verwaltungsgericht hat einen Anspruch des Klägers auf Zugang zu dem Gutachten von Rechtsanwalt L vom 21. November 2007 zu Recht verneint. Der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 27. März 2009 und der hierzu ergangene Widerspruchsbescheid vom 14. Juli 2009 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 der VerwaltungsgerichtsordnungVwGO -).

31

Die Klage ist zwar zulässig und es liegen zudem die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 1 des Landesgesetzes über die Freiheit des Zugangs zu Informationen (Landesinformationsfreiheitsgesetz - LIFG -) vor, wonach jede natürliche oder juristische Person des Privatrechts gegenüber den in § 2 LIFG genannten Behörden Anspruch auf Zugang zu den dort vorhandenen amtlichen Informationen hat. Der Kläger wird auch als natürliche Person tätig, wenn er den Antrag in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt stellt. Als der Rechtsaufsicht der Landesregierung unterstehende Anstalt des öffentlichen Rechts (vgl. §§ 2, 50 des Landesmediengesetzes - LMG -) ist die Beklagte Anspruchsgegnerin, weil sie Verwaltungstätigkeit ausübt; sie lässt die Veranstaltung von privatem Rundfunk zu, übt die Aufsicht über die privaten Rundfunkveranstalter und Telemedien aus und führt Ordnungswidrigkeitenverfahren durch. Dies alles hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt. Der Senat folgt dessen ausführlicher Begründung und sieht daher insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (vgl. § 130b Satz 2 VwGO).

32

Der somit grundsätzlich eröffnete Anspruch auf Zugang zu dem Gutachten besteht aber nach § 4 Abs. 1 Satz 1 LIFG nur „nach Maßgabe dieses Gesetzes“. Hiervon ausgehend hat das Verwaltungsgericht § 2 Abs. 5 LIFG, der bestimmte juristische Personen des öffentlichen Rechts von der Anspruchsverpflichtung ausnimmt, in analoger Anwendung für einschlägig erachtet und schon aus diesem Grunde das Begehren des Klägers als unbegründet angesehen. Dem folgt der Senat nicht. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht indessen festgestellt, dem klägerischen Anspruch stehe § 9 Abs. 1 Nr. 3 LIFG entgegen, wonach der Antrag auf Informationszugang abzulehnen ist, „soweit und solange das Bekanntwerden der amtlichen Information die öffentliche Sicherheit (…) beeinträchtigen würde“.

33

Eine Herausnahme der Klägerin aus dem Kreis der nach § 2 Abs. 1 LIFG Anspruchsverpflichteten nach Maßgabe des § 2 Abs. 5 LIFG kommt nicht in Betracht. Nach dieser Vorschrift gilt das Landesinformationsfreiheitsgesetz nicht für Sparkassen, die Selbstverwaltungsorganisationen der Wirtschaft und der Freien Berufe sowie die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Dass die Beklagte keine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt ist, bedarf keiner näheren Erläuterung, zumal das Verwaltungsgericht dies ausführlich dargelegt hat und zu dem zutreffenden Ergebnis gelangt ist, öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten im Sinne des § 2 Abs. 5 LIFG seien nur der Südwestrundfunk (SWR) und das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF). Die daraufhin vom Verwaltungsgericht vorgenommene analoge Anwendung des § 2 Abs. 5 LIFG auf die Landeszentrale für Medien und Kommunikation scheidet aus, weil es an der für eine Analogie erforderlichen (planwidrigen) Lücke des Gesetzes fehlt.

34

Die Vorschrift des § 2 Abs. 5 LIFG war im ursprünglichen Gesetzentwurf noch nicht vorhanden (vgl. LT-Drucks. 15/2085, S. 3) und wurde erst nachträglich aufgrund der Beschlussempfehlung des Innenausschusses des Landtags (LT-Drucks. 15/2663) eingefügt. Begründet wurde dies in der Plenarsitzung des Landtags am 12. November 2008 (Plenarprotokoll 15/54 S. 3248 ff.) mit praktischen Erwägungen. Als Anstalten des öffentlichen Rechts fielen die Sparkassen, die öffentlichen Rundfunkanstalten und die Selbstverwaltungsorganisationen der Wirtschaft und der Freien Berufe zwar in den Anwendungsbereich des Gesetzes, aber hinsichtlich der mitgliedschaftlich organisierten Selbstverwaltungsorganisationen sei es kaum nachvollziehbar, dass diese einem Informationsanspruch von Nichtmitgliedern unterliegen sollten. Die Industrie- und Handelskammern beispielsweise seien zwar Selbstverwaltungseinrichtungen des Landes, erledigten aber vorrangig mitgliederbezogene Aufgaben und träten in der Regel nicht gegenüber Bürgerinnen und Bürgern durch Verwaltungshandeln in Erscheinung. Die Ziele der Transparenz, Beteiligung und Kontrolle sollten nur für diejenigen gelten, die vom Handeln dieser Organisationen tatsächlich betroffen sein könnten. Insofern könne es in Bezug auf Organisationen wie zum Beispiel die Kammern der gewerblichen Wirtschaft und der Freien Berufe nur um die Rechte ihrer Mitglieder gehen. Da sich das Informationsfreiheitsgesetz auf Verwaltungshandeln erstrecke, sei auch nachvollziehbar, dass die Rundfunkanstalten genauso wie die Sparkassen nicht unter dieses Gesetz fallen und solche Fragen in eigener Zuständigkeit regeln sollten. Ihre Herausnahme sei sinnvoll und richtig. In der der Plenarsitzung des Landtags vorausgehenden 20. Sitzung des Innenausschusses am 23. September 2008 wurde unter Punkt 2 der Tagesordnung zur LT-Drucks.15/2085 ausgeführt, von den Kammern sei darauf hingewiesen worden, es sei problematisch, wenn sie von dem Gesetz erfasst seien. Von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten würden in geringem Umfang ebenfalls staatliche Aufgaben wahrgenommen. Nachdem das Gesetz nicht für die Kammern gelten solle, sei es umso mehr gerechtfertigt, die öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten auszunehmen.

35

Ausgangspunkt der Begründung für die Herausnahme der in § 2 Abs. 5 LIFG genannten juristischen Personen ist hiernach die Rechtsform der Selbstverwaltungsorganisationen der Wirtschaft und der Freien Berufe. Diese sind durch staatlichen Hoheitsakt errichtete Körperschaften des öffentlichen Rechts (vgl. z.B. § 3 Abs. 1 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern - IHK-G -, § 62 Abs. 1 der Bundesrechtsanwaltsordnung - BRAO -) und haben Mitglieder (vgl. z.B. § 2 Abs. 1 IHK-G, § 60 Abs. 1 BRAO), die durch den körperschaftlichen Zusammenschluss zur gemeinschaftlichen Verwaltung der sie betreffenden Angelegenheiten veranlasst werden. Aus dem Prinzip der Selbstverwaltung ergibt sich, dass die wesentlichen Entscheidungen den Mitgliedern insgesamt oder dem von ihnen gewählten Repräsentationsorgan vorbehalten sind (vgl. z.B. § 4 IHK-G, § 63 ff. BRAO); die Staatsaufsicht ist in der Regel auf eine Rechtmäßigkeitskontrolle beschränkt (vgl. z.B. § 11 Abs. 1 IHK-G, § 62 Abs. 2 BRAO).

36

Die darüber hinaus aus dem Anwendungsbereich des Landesinformationsfreiheitsgesetzes ausgenommenen Sparkassen und öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sind hingegen Anstalten des öffentlichen Rechts (vgl. § 1 Abs. 1 des Sparkassengesetzes – SpkG -, § 1 Ziff. 1.1 des Staatsvertrags über den Südwestrundfunk – SWR-StaatsV -, § 1 Abs. 1 des ZDF-Staatsvertrags – ZDF-StaatsV -). Als solche haben sie entsprechend ihrer Zwecksetzung bestimmte Verwaltungsaufgaben wahrzunehmen, insbesondere Leistungen zu erbringen. Gemäß § 2 Abs. 1 SpkG haben die Sparkassen als kommunale Wirtschaftsunternehmen die Aufgabe, die Versorgung mit geld- und kreditwirtschaftlichen Leistungen zu sichern, SWR und ZDF versorgen die Bevölkerung mit Rundfunk und Fernsehen (vgl. die Präambel sowie § 1 Ziff. 1.1 SWR-StaatsV, § 1 Abs. 2 ZDF-StaatsV). Wie die oben beschriebenen Körperschaften sind sie rechtsfähig und kraft ihrer rechtlichen Verselbständigung berechtigt und verpflichtet, die ihnen obliegenden Aufgaben eigenverantwortlich wahrzunehmen. Hierzu haben sie das Recht der Selbstverwaltung (so ausdrücklich § 1 Ziff. 1.2 SWR-StaatsV, § 1 Abs. 3 ZDF-StaatsV) und unterliegen nur der Rechtsaufsicht des Staates (§ 27 SpkG, § 37 SWR-StaatsV, § 31 ZDF-StaatsV). Der maßgebliche Unterschied zu den öffentlich-rechtlichen Körperschaften besteht darin, dass Anstalten des öffentlichen Rechts im Gegensatz zu jenen keine Mitglieder haben, sondern Leistungen erbringen für außerhalb der Verwaltung stehende Rechtssubjekte, die Benutzer der Anstalt sind. Die für die Körperschaften gesetzlich garantierte Selbstverwaltung ist daher mit der Selbstverwaltung der öffentlich-rechtlichen Anstalten nur teilweise vergleichbar. Während die Selbstverwaltung der Körperschaften, wie bereits dargelegt, tatsächlich eine mitgliedschaftliche ist, trifft dies auf die Anstalten so nicht zu, weil es ohne Mitglieder am hierfür erforderlichen personellen Substrat fehlt; richtiger wäre, vom Prinzip der eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung durch die Organe der Anstalt und der hieraus resultierenden Staatsferne zu sprechen (vgl. zu der Unterscheidung Körperschaft - Anstalt Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2002, S. 600 ff.).

37

Ist der tragende Gesichtspunkt für die Herausnahme der Selbstverwaltungsorganisationen der Wirtschaft und der Freien Berufe ausweislich des Plenarprotokolls vom 12. November 2008 (Plenarprotokoll 15/54 S. 3248 ff.) aber gerade die mitgliedschaftliche Organisation dieser Körperschaften, die dazu führt, dass von deren Handeln in der Regel nur die Rechte ihrer Mitglieder tangiert werden, passt diese Begründung nach den obigen Darlegungen für die Sparkassen und öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten - die aufgrund der Benutzungsverhältnisse in jedem Fall nach außen wirken - nicht. Letztlich bezeichnen die Abgeordneten die Ausnahme dieser juristischen Personen aus dem Anwendungsbereich des Landesinformationsfreiheitsgesetz in der Plenarsitzung vom 12. November 2008 auch nur als „sinnvoll und richtig“ und verweisen darauf, dass sich das Landesinformationsfreiheitsgesetz auf Verwaltungshandeln erstrecke. In dieselbe Richtung gehen die Äußerungen in der Sitzung des Innenausschusses vom 23. September 2008. Der vom Verwaltungsgericht angenommene gemeinsame Plan des § 2 Abs. 5 LIFG, mitgliedschaftlich organisierte Selbstverwaltungsorganisationen auszunehmen, ist daher nicht erkennbar und wäre außerdem auch nicht stringent durchgeführt, weil öffentlich-rechtliche Körperschaften im nicht-wirtschaftlichen Bereich von der Vorschrift nicht erfasst werden. Im Übrigen ist die Beklagte nicht mitgliedschaftlich organisiert; wie die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist sie vielmehr eine Anstalt des öffentlichen Rechts ist (vgl. § 2 LMG).

38

Den Darlegungen in der Plenarsitzung vom 12. November 2008 und in der Sitzung des Innenausschusse vom 23. September 2008 ließe sich allenfalls noch der Plan entnehmen, öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten mangels Verwaltungstätigkeit aus dem Anwendungsbereich des Landesinformationsfreiheitsgesetz auszunehmen. Hierfür indessen brauchte es keiner eigenständigen Regelung in § 2 Abs. 5 LIFG; denn schon nach § 2 Abs. 1 LIFG gilt das Gesetz für die Behörden des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts nur, solange und soweit sie Verwaltungstätigkeit ausüben.

39

Anhaltspunkte für eine gesetzgeberische Absicht, den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten keine Anspruchsverpflichtung aufzuerlegen, weil sie Träger des Grundrechts aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes – GG – sind, gibt es ebenfalls nicht. Der Aspekt der Rundfunkfreiheit spielte in den Erörterungen am 12. November 2008 und am 23. September 2008 keine Rolle. Unterstellt man dennoch das Vorhandensein einer solchen Absicht, würde dies keine zwingende Gleichstellung der Beklagten mit den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bedeuten. Die Landesmedienanstalten dürften zwar auch Grundrechtsträger des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG sein (so Petersen, Medienrecht, 4. Aufl. 2008, S. 251, offengelassen von BVerfGE 97, 298, 314 und BVerwG, Urteil vom 16. Juni 1999 - 6 C 19/98 -, DVBl 2000, 120, 122), weil ihnen durch Gesetz die Aufgabe übertragen worden ist, der Verwirklichung der Rundfunkfreiheit zu dienen, soweit ihnen wertende und gestaltende Entscheidungen mit Programmbezug obliegen. Zum einen aber dürften sie Grundrechtsträger nur in dem Umfang sein, in dem sie unmittelbar mit Auswirkung auf die Programmgestaltung, also unmittelbar zur Durchsetzung von Ausgewogenheit und Vielfalt tätig werden, während öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten gleichsam originäre Träger der Rundfunkfreiheit sind. Zum anderen muss der Grundrechtsschutz der Landesmedienanstalten auch in diesem Bereich dann beschränkt werden, wenn sie Trägern der Rundfunkfreiheit als staatliche Zulassungs- und Aufsichtsstelle gegenübertreten; hier beide Grundrechte im Wege der praktischen Konkordanz zu einem Ausgleich zu bringen, ist zuvörderst Sache des Gesetzgebers (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 16. Juni 1999, a.a.O.). Eine differenzierte Betrachtung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und der Landesmedienanstalten bei der Frage der Anspruchsverpflichtung nach dem Landesinformationsfreiheitsgesetz ist daher durchaus möglich und eine Gleichstellung bedürfte einer positiven Regelung in § 2 Abs. 5 LIFG, zumal die Zielsetzung des Landesinformationsfreiheitsgesetzes - die Transparenz behördlicher Entscheidungen soll die effektive Wahrnehmung von Bürgerrechten erleichtern - es gebietet, Ausnahmetatbestände eng zu begrenzen.

40

Dem kann die Beklagte nicht mit dem Argument entgegentreten, sie sei in ihrem Kernbereich exakt mit denjenigen Aufgaben betraut, die in den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der jeweilige Rundfunk- bzw. Fernsehrat wahrnehme (vgl. § 15 SWR-StaatsV und § 20 Abs. 1Satz 2 ZDF-StaatsV). Der Beklagten ist insoweit zwar zuzugeben, dass letztere keiner Anspruchsverpflichtung nach dem Landesinformationsfreiheitsgesetz unterliegen, ihre Überwachungstätigkeit beschränkt sich aber auf die Rundfunkanstalt, innerhalb derer sie gebildet wurden und deren Organ sie sind (vgl. § 13 SWR-StaatsV und § 19 ZDF-StaatsV), während die Aufsichtstätigkeit der Beklagten nach außen gerichtet ist.

41

Scheitert nach alledem das Begehren des Klägers mangels entsprechender Gesetzeslücke nicht bereits an der Ausnahmebestimmung des § 2 Abs. 5 LIFG, steht dem Anspruch des Klägers auf Zugänglichmachung des Gutachtens aber – wie das Verwaltungsgericht alsdann zu Recht festgestellt hat - die Schutzbestimmung des § 9 Abs. 1 Nr. 3 LIFG entgegen. Danach ist der Informationszugang abzulehnen, soweit und solange das Bekanntwerden der amtlichen Information die öffentliche Sicherheit, insbesondere die Tätigkeit der Polizei, der sonstigen für die Gefahrenabwehr zuständigen Stellen, der Staatsanwaltschaften oder der Behörden des Straf- und Maßregelvollzugs einschließlich ihrer Aufsichtsbehörden beeinträchtigen würde. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift sind gegeben.

42

Das Schutzgut des § 9 Abs. 1 Nr. 3 LIFG, die „öffentliche Sicherheit“, entstammt dem Gefahrenabwehrrecht. Der Begriff ist gleichlautend insbesondere in den Generalklauseln des Polizei- und Ordnungsrechts enthalten (vgl. §§ 1 Abs. 1 Satz 1, 9 Abs. 1 Satz 1 des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes). Folgerichtig versteht die Gesetzesbegründung unter dem Begriff der „öffentlichen Sicherheit“ die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der staatlichen Einrichtungen sowie den Schutz zentraler Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Freiheit, Eigentum und Vermögen der oder des Einzelnen (vgl. LT- Drucks. 15/2085, S. 14 sowie zu § 3 Nr. 2 des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes – IFG - Schoch, IFG, 2009, § 3 Rn. 103). Der Schutzumfang des § 9 Abs. 1 Nr. 3 LIFG ist damit ein sehr weiter und bezieht die komplette Rechtsordnung - jedenfalls die öffentlich-rechtliche (vgl. Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 3. Aufl. 2001, S. 205) - mit ein (vgl. Schoch, a.a.O., § 3 IFG Rn. 105 ff.).

43

Nach dem Wortlaut des § 9 Abs. 1 Nr. 3 LIFG ist der Informationszugang ausgeschlossen, wenn das Bekanntwerden der amtlichen Information die öffentliche Sicherheit „beeinträchtigen“ würde. Die Formulierung der Vorschrift unterscheidet sich damit von § 3 Nr. 2 IFG, nach welcher der Anspruch bei einer möglichen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit nicht besteht. Inhaltliche Unterschiede ergeben sich daraus indessen nicht, wie sich der Gesetzesbegründung zu § 9 Abs. 1 Nr. 3 LIFG entnehmen lässt, in welcher der gesetzlich verwendete Begriff der Beeinträchtigung ohne jedwede Erläuterung ersetzt wird durch den Begriff der Gefährdung und von einer drohenden Schutzgutverletzung gesprochen wird. Aus der Verwendung der Formulierung „Beeinträchtigung“ kann damit insbesondere nicht gefolgert werden, dass ein Schaden bereits eingetreten sein muss. Von einer Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit ist hiernach auszugehen, wenn im Einzelfall eine konkrete Gefahrenlage vorhanden ist, also aus der Sicht ex ante bei ungehindertem Geschehensablauf, d.h. im Falle der Gewährung des begehrten Informationszugangs, unter verständiger Würdigung der Sachlage in absehbarer Zeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für das Schutzgut einträte. Bezüglich der zu treffenden Prognose sind die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringer, je größer der zu erwartende Schaden bzw. die Bedeutung des Schutzguts ist (vgl. Schoch, a.a.O. § 3 IFG Rn. 108).

44

Hiervon ausgehend würde die Zugänglichmachung des Gutachtens des Rechtsanwalts L die öffentliche Sicherheit konkret gefährden, weil aufgrund des Bekanntwerdens des Gutachtens Verstöße gegen den Staatsvertrag über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien (Jugendmedienschutz-Staatsvertrag – JMStV -) zu befürchten sind. Zweck des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags ist nach dessen § 1 der einheitliche Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Angeboten in elektronischen Informations- und Kommunikationsmedien (d.h. Rundfunk und Telemedien, vgl. § 2 Abs. 1 JMStV), die deren Entwicklung und Erziehung beeinträchtigen oder gefährden, sowie der Schutz vor solchen Angeboten in elektronischen Informations- und Kommunikationsmedien, die die Menschenwürde oder sonstige durch das Strafgesetzbuch geschützte Rechtsgüter verletzen. Gänzlich unzulässig ist nach § 4 Nr. 9 und 10 JMStV das Anbieten sog. „harter Pornografie“; darüber hinaus sind die Telemedien auch nicht befugt, sog. „einfache“ Pornografie anzubieten, wenn sie nicht sicherstellen, dass die Angebote nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden (§ 4 Abs. 2 JMStV). Gemäß § 5 Abs. 1 JMStV haben Anbieter, sofern sie Angebote verbreiten oder zugänglich machen, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen, dafür Sorge zu tragen, dass Kinder und Jugendliche der betroffenen Altersstufen sie üblicherweise nicht wahrnehmen. Die Beklagte überprüft als Landesmedienanstalt die Einhaltung der Bestimmungen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags und trifft entsprechend den Bestimmungen des Staatsvertrags die jeweiligen Entscheidungen (vgl. § 14 Abs. 1 JMStV). Angebote in Telemedien kann sie untersagen und deren Sperrung anordnen (vgl. § 20 Abs. 4 JMStV i.V.m. § 22 Abs. 2 des Staatsvertrags über die Mediendienste). Außerdem führt sie nach § 24 Abs. 4 JMStV Ordnungswidrigkeitenverfahren durch. Die Verantwortlichkeit der Anbieter ergibt sich dabei aus §§ 7 bis 10 des Telemediengesetzes - TMG -. Danach sind Content-Provider (also Anbieter, die Daten auf dem eigenen Rechner oder dem Server eines anderen zur Nutzung durch beliebige andere Personen, die auf die Internet-Seiten zugreifen können, installieren, vgl. Hörnle, NJW 2002, 1008, 1009) nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich. Allerdings ergibt sich aus dem in § 3 TMG niedergelegten Herkunftslandprinzip, dass Anbieter von Telemedien den Anforderungen des deutschen Rechts, mithin auch den Bestimmungen des deutschen Jugendschutzrechts, nur dann uneingeschränkt unterliegen, wenn sie im Inland niedergelassen sind. Das Verwaltungsgericht hat dies ausführlich dargelegt. Der Senat folgt der Begründung und sieht daher insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (vgl. § 130b Satz 2 VwGO).

45

Erhielte der Kläger Zugang zum Gutachten des Rechtsanwalts L, bestünde die konkrete Gefahr, dass es zu Verstößen gegen die vorgenannten Bestimmungen kommt. Dies kann der Senat auch ohne Einsichtnahme in das streitgegenständliche Gutachten feststellen, so dass es der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung beantragten Beiziehung desselben im Wege der Amtsermittlung nicht bedarf. Werden - wie hier - materiell-rechtliche Geheimhaltungsgründe geltend gemacht, liegt es zwar regelmäßig auf der Hand, dass sich nur durch Einsichtnahme in die Akten verlässlich klären lässt, ob der Geheimhaltungsgrund gegeben ist, weil sich dieser unmittelbar aus dem Inhalt der Akte ergibt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Juni 2010 – 20 F 1/10, juris). Abweichend von diesem Regelfall ist aber vorliegend der Inhalt des Gutachtens, insbesondere in welcher Weise und mit welchem Ergebnis die Fragen der Beklagten beantwortet wurden, für die Entscheidung über die Verweigerung des Informationszugangs nicht von Belang; ausschlaggebend ist vielmehr die Tatsache, dass das Gutachten - insoweit besteht Übereinstimmung zwischen Kläger und Beklagter - das Thema „Aufsichtsrechtliche Verfolgbarkeit von vermeintlich im Ausland befindlichen Content-Betreibern sowie dritten Beteiligten“ anhand der entsprechenden Fragestellung abhandelt. Unstreitig ist zudem der Hintergrund des Gutachtens. Dazu hat die Beklagte vorgetragen, zahlreiche Content-Provider würden sich dem Zugriff der deutschen Behörden dadurch entziehen, dass sie entweder vorgeblich ihren Sitz ins Ausland verlagert hätten oder von vornherein eine Adresse im Ausland angeben würden, obwohl sie im Inland wohnen blieben und Angebote von hier aus administrieren würden. Außerdem gebe es Internetanbieter, die (tatsächlich oder vermeintlich) ihre Tätigkeiten aufspalteten und z.B. als Firmensitz eine ausländische Adresse angäben, während die technischen Einrichtungen oder die Kundenbetreuung in Deutschland verblieben. Hiervon ausgehend liegt auf der Hand, dass das Gutachten die Methoden der Content-Provider zur Anbieterverschleierung und Recherchemöglichkeiten die Landesmedienanstalten zur Aufdeckung dieser Verschleierung benennt. Allein aus der Tatsache der Beantwortung der Fragestellungen der Beklagten - unabhängig vom Inhalt dieser Antworten – ergibt sich die konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit im Falle der Herausgabe des Gutachtens an den Kläger.

46

Würde nämlich das Gutachten - und damit der Wissensstand der Behörde - den betroffenen Content-Providern über den Kläger (der ausweislich seines Internet-Auftritts viele Mandanten aus der Erotikbranche berät und gegen staatliche Stellen insbesondere in medien- und jugendschutzrechtlichen Fragen vertritt, vgl. www.d.com) bekannt, hätten die Anbieter Anhaltspunkte zur Entwicklung neuer Verschleierungstaktiken. Es besteht daher die Gefahr, dass sie sich weiterhin dem Zugriff der deutschen Behörden entziehen, obwohl sie materiell-rechtlich den Bestimmungen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags unterliegen und für Verstöße zur Verantwortung gezogen werden können. Während das Gutachten, solange es sich nur in den Händen der Beklagten und der anderen Landesmedienanstalten, die auch schon ständig entsprechende Ordnungswidrigkeiten durchführen, befindet, eine wichtige Hilfestellung bei der Herstellung der Unversehrtheit der Rechtsordnung im Bereich des Jugendmedienschutzes leistet, geht dieser Zweck des Gutachtens bei dessen Herausgabe wieder verloren; es steht zu befürchten, dass die derzeitigen Angriffe auf die Unversehrtheit der Rechtsordnung bestehen bleiben, wenn auch auf Grundlage einer anderen Taktik. Dabei dürfen an den Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts angesichts des Schutzobjekts Jugendschutz und des auch verfassungsrechtlich in Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG verankerten Rechts auf ungestörte Persönlichkeitsentwicklung keine gesteigerten Anforderungen gestellt werden. Eine Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit durch das Bekanntwerden der amtlichen Information gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 LIFG liegt nach alledem vor.

47

Der Kläger kann hiergegen nicht mit Erfolg einwenden, bei der Beklagten handele es sich nicht um eine für die Gefahrenabwehr zuständige Stelle i.S.d. vorgenannten Vorschrift. § 9 Abs. 1 Nr. 3 LIFG ist eine Geheimhaltungsvorschrift mit materiell-rechtlichem Gehalt, so dass Kompetenzfragen keine ausschlaggebende Bedeutung zukommt. Erfasst wird daher auch nur „insbesondere“ die Tätigkeit der für die Gefahrenabwehr zuständigen Stellen. Soweit der Kläger darüber hinaus geltend macht, ausweislich der Gesetzesbegründung werde „in der Regel eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit angenommen (…), wenn eine strafbare Verletzung“ der Schutzgüter drohe, ist hieraus nicht der Schluss zu ziehen, dass in der Regel nur in diesen Fällen eine Gefährdung anzunehmen ist. Vielmehr erübrigt sich bei einer drohenden Straftat in der Regel lediglich eine eingehendere Prüfung.

48

Ist damit ein Ausschlussgrund nach § 9 Nr. 3 LIFG gegeben, kann - wie schon das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt hat - offen bleiben, ob auch die Ablehnungsgründe des § 9 Nr. 2 LIFG bzw. § 10 LIFG vorliegen.

49

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

50

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

51

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

52

Beschluss

53

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 5.000,-- € festgesetzt (§§ 47, 52 Abs. 2 GKG).

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Gründe

1

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Magdeburg - 5. Kammer - vom 20. September 2012, deren Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO auf die dargelegten Gründe beschränkt ist, ist unbegründet.

2

Das Verwaltungsgericht hat die vom Antragsteller begehrte einstweilige Anordnung zu Recht abgelehnt. Der Antragsteller hat den für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO erforderlichen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.

3

Soweit die Beschwerde die Verfassungsmäßigkeit von § 3 Abs. 1 und 3 Satz 1 AG StUG LSA, insbesondere die „Einrichtung des Beamtenverhältnisses auf Zeit“ rügt, rechtfertigt dies die begehrte Abänderung des angefochtenen Beschlusses im Ergebnis nicht. Das mit dem Eilantrag in der Sache geltend gemachte Untersagungsbegehren steht nämlich im unmittelbaren Zusammenhang mit der eigenen Bewerbung des Antragstellers und damit zugleich mit seinem eigenen Ernennungsbegehren. Der vorgenannte Einwand der Beschwerde liefe demgegenüber auf ein bloßes Verhinderungsinteresse hinaus; dem Ziel der reinen Besetzungsverhinderung dient der aus Art. 19 Abs. 4 GG i. V. m. Art. 33 Abs. 2 GG resultierende Bewerbungsverfahrensanspruch eines Bewerbers um ein bestimmtes, konkretes Amt aber gerade nicht.

4

Unabhängig vom Vorstehenden legt die Beschwerde auch nicht schlüssig dar, dass vorliegend die Begründung eines Beamtenverhältnisses auf Zeit verfassungswidrig ist. Nach dem von der Beschwerde angeführten Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 28. Mai 2008 (2 BvL 11/07, BVerfGE 121, 205) gehört zwar das Lebenszeitprinzip in Form der lebenszeitigen Übertragung aller einer Laufbahn zugeordneten Ämter zu den hergebrachten Strukturprinzipien des Berufsbeamtentums, die angesichts ihrer wesensprägenden Bedeutung vom Gesetzgeber nicht nur zu berücksichtigen, sondern zu beachten sind. Vorliegend zeigt die Beschwerde aber nicht auf, dass das hier streitgegenständliche (Singular-)Amt überhaupt einer Laufbahn zugeordnet ist. Ungeachtet dessen spricht die von der Beschwerde in Bezug genommene Regelung des § 4 Abs. 1 Satz 1 AG StUG LSA, wonach der Landesbeauftragte in Ausübung seines Amtes unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen ist, gerade dafür, dass es sich bei dem hier streitbefangenen Amt um ein solches handelt, welches im Hinblick auf die Persönlichkeit des Amtsinhabers besonders frei ausgestaltet ist und im Sinne der vorbezeichneten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes als Zeitbeamtenverhältnis ausgestaltet werden kann. Ein Beamtenverhältnis auf Zeit kann nämlich begründet werden, wenn der Beamte nur vorübergehend für bestimmte, nur von ichwahrzunehmende Aufgaben verwendet werden soll.

5

Ist die Stellung des Beamten - wie hier - durch die politische Funktion, die den Grund für die zeitliche Befristung bildet, charakterisiert, kann ein Zeitbeamtenverhältnis begründet werden, jedenfalls dann, wenn die Berufung durch einen Akt demokratischer Willensbildung erfolgt, der erneuert werden muss, wenn der Beamte nach Ablauf der Wahlperiode im Amt bleiben soll (siehe: BVerfG, a. a. O.). Dies ist hier nach § 3 AG StUG LSA der Fall: Gerade die gesetzlich normierte Unabhängigkeit des Landesbeauftragten macht deutlich, dass dieser nicht (nur) für einen bloßen Verwaltungsvollzug verantwortlich ist, sondern dem Amtsinhaber persönlich eine freie („politische“) Stellung eingeräumt werden soll, deren Korrelat indes die zeitliche Begrenzung des Beamtenverhältnisses darstellt. Dabei sichert die bloß einmalige Wiederwahlmöglichkeit des Amtsinhabers gemäß § 3 Abs. 1 AG StUG LSA zugleich dessen Unabhängigkeit ab. Aus dem von der Beschwerde angeführten weiteren Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 17. Oktober 1957 (1 BvL 1/57, BVerfGE 7, 155) ergibt sich nichts Gegenteiliges. Vielmehr hat diese Entscheidung die Sicherung des Beamtenverhältnisses gegen dessen vorzeitige Beendigung zum Gegenstand. Unabhängig davon wurde die dort zur Überprüfung gestellte Rechtsnorm als verfassungskonform angesehen.

6

Ebenso wenig steht hier der Begründung des Zeitbeamtenverhältnisses die Regelung des § 4 Abs. 2 BeamtStG entgegen. Danach dient das Beamtenverhältnis auf Zeit der befristeten Wahrnehmung von Aufgaben nach § 3 Abs. 2 BeamtStG (lit. a) oder der zunächst befristeten Übertragung eines Amtes mit leitender Funktion (lit. b). Die hier allein in Betracht kommende Regelung des § 4 Abs. 2 lit. a) BeamtStG entspricht im Wesentlichen dem vormaligen § 3 Abs. 1 Nr. 2 BRRG, auf den sich das Bundesverfassungsgericht in der o. g. Entscheidung bezogen und die Zulässigkeit der vorbezeichneten Ausnahmen angenommen hat. Aus welchen Rechtsgründen es im Übrigen einer „Ermächtigungsgrundlage“ für die vorliegende landesgesetzliche Bestimmung bedürfen sollte, wird von der Beschwerde nicht dargelegt und ist im Hinblick auf die Art. 70, 72, 74 Abs. 1 Nr. 27 GG auch nicht anderweitig ersichtlich.

7

Begründet die Beschwerde hiernach keine durchgreifenden Zweifel an der Verfassungskonformität von § 3 Abs. 1 und 3 AG StUG LSA, scheidet die „hilfsweise“ beantragte Vorlage nach Art. 100 GG durch den Senat aus.

8

Soweit sich die Beschwerde auf den Leistungsgrundsatz nach Art. 33 Abs. 2 GG beruft, rechtfertigt das Vorbringen die Abänderung des angefochtenen Beschlusses gleichfalls nicht.

9

Nach § 3 Abs. 1 AG StUG LSA wählt der Landtag von Sachsen-Anhalt den Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, und zwar mit zwei Dritteln der anwesenden Abgeordneten, mindestens jedoch mit der Mehrheit der Abgeordneten. Aus der tatbestandlichen Bestimmung des § 3 Abs. 1 AG StUG LSA, dass der Landtag den Landesbeauftragten wählt, folgt, dass hier das Parlament die relevante Personalentscheidung trifft. Aus der weiteren Regelung dahin, dass ein Bewerber nur dann gewählt ist, wenn dieser die Stimmen von zwei Dritteln der anwesenden Abgeordneten, mindestens jedoch der Mehrheit der Abgeordneten erhält, folgt weiter, dass die vom Landtag zu treffende Personalentscheidung auf einen breiten parlamentarischen, d. h. erkennbar auch auf einen politischen Konsens gerichtet ist, der nicht den Maßgaben des Art. 33 Abs. 2 GG unterfällt (siehe eingehend hierzu schon: OVG LSA, Beschluss vom 18. Januar 2011 - 1 M 158/10 -, juris [m. w. N.]; zudem Beschluss vom 12. Juli 2012 - 1 M 71/12 -).

10

Zwar verlangt § 3 Abs. 2 Satz 1 AG StUG LSA „die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderliche Fachkunde“, die nach den Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG auch bewertet werden könnte. Bereits der Wortlaut der Norm weist aber darauf hin, dass es sich hierbei um eine bloße Mindest-Anforderung handelt. Bei allen anderen Anforderungsprofilmerkmalen ist eine Bewertungsmöglichkeit nach Maßgabe des Art. 33 Abs. 2 GG gerade nicht gegeben. Sie machen vielmehr deutlich, dass dem Gesetzgeber besonders an der persönlichen Befähigung und Eignung des Betreffenden auf der Grundlage seiner höchstpersönlichen Erfahrungen und seiner Integrität für die wahrzunehmenden Aufgaben gelegen ist. Mit anderen Worten: § 3 Abs. 2 und 4 AG StUG LSA statuiert lediglich Grundanforderungen an die erforderliche Fachkunde sowie an den persönlichen Lebenslauf. Sind diese Grundanforderungen erfüllt, liegt die Wahl des Landesbeauftragten in den Händen des Landtages von Sachsen-Anhalt allein nach Maßstäben der politischen Willensbildung (siehe: OVG LSA a. a. O.).

11

Mit der erfolgten Wahl trifft der Landtag eine eigenständige (politische) Entscheidung über die - über die Grundanforderungen hinausgehende - Befähigung der Bewerber. Die gerichtliche Überprüfbarkeit im Bereich der Besetzung von Wahlämtern durch in besonderer Weise demokratisch legitimierte Gremien im Sinne einer inhaltlichen Überprüfung ist bei Wahlentscheidungen regelmäßig ausgeschlossen (siehe: OVG LSA, a. a. O. [m. w. N.]). Die hier maßgebliche Wahlentscheidung des Landtages ist einer gerichtlichen Überprüfung nicht zugänglich, weil sie sich außerhalb rechtlicher Bewertungskategorien bewegt und keine gesetzliche Bestimmung besteht, die eine dahingehende inhaltliche Überprüfung der Wahl durch den Landtag vorsieht. Die fehlende inhaltliche Prüfbarkeit resultiert schon aus dem Wesen der Wahl als einer freien, nur den Bindungen des Gesetzes und des Gewissens unterworfenen Entscheidung, was es ausschließt, dieselben rechtlichen Grenzen wie bei einer Ermessensentscheidung im allgemeinen Beamtenrecht - etwa bei der Besetzung einer (Beförderungs-)Beamten-stelle - zu setzen. Ferner erfordert das Agieren auf der Grundlage eines Vertrauensvorschusses, durch das Überzeugen und Gewinnen von Mehrheiten, dass dem Wahlbeamten durch den (qualifizierten) Wahlvorgang selbst bereits seine Akzeptanz und damit die für künftige Entscheidungen notwendige Unterstützung des Wahlgremiums signalisiert wird (vgl. auch: BVerfG Beschluss vom 17. Oktober 1957 - 1 BvL 1/57 -, BVerfGE 7, 155; BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 1989 - 7 C 25.89 -, Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 68; OVG LSA, a. a. O.). Ob ein Bewerber diese politisch geprägten Merkmale des Amtes im Sinne von Eignung, Leistung und Befähigung erfüllt, ist daher allein durch das Wahlgremium zu bestimmen und entzieht sich grundsätzlich einer gerichtlichen Bewertung (siehe zum Vorstehenden: OVG LSA, a. a. O.). Dementsprechend kann ein Bewerber nicht gegenüber dem Landtag mit Erfolg geltend machen, er müsse als „bester“ Bewerber von diesem auch gewählt werden, wenn der Landtag dessen Wahl mehrheitlich ablehnt oder das erforderliche Quorum für seine Wahl nicht zustande kommt (siehe: OVG LSA, a. a. O.; vgl. auch: BVerwG, Beschluss vom 23. September 1988 - 7 B 150.88 -, BVerwGE 80, 228).

12

Bei der Geltendmachung des Bewerbungsverfahrensanspruches im Bereich einer Wahl durch Gremien entfällt die materielle verwaltungsgerichtliche Kontrolle lediglich dann nicht, wenn die der Wahlentscheidung vorausgegangenen Verfahrensschritte - anders als aber gerade hier - die von Art. 33 Abs. 2 GG gewollte Bestenauslese sicherstellen sollen. In einem solchen Fall wäre im Übrigen aber auch nur zu prüfen, ob die vorausgegangenen Verfahrensschritte Beachtung gefunden haben und frei von Verfahrensfehlern sind (siehe: OVG LSA, a. a. O. [m. w. N.]). Dass dies vorliegend nicht der Fall wäre, wird durch die Beschwerde nicht dargelegt und glaubhaft gemacht. Dass insbesondere seine Bewerbung verfahrensfehlerhaft gar nicht oder unter Zugrundelegung eines unzutreffenden Sachverhaltes berücksichtigt worden wäre, hat der Antragsteller aber weder erstinstanzlich noch im Beschwerdeverfahren - substantiiert - dargelegt; dies ist auch nicht anderweitig ersichtlich. Ob und gegebenenfalls wie und in welchem Umfang sich die zur Wahl des Landesbeauftragten berufenen Abgeordneten über die vorliegenden Bewerberunterlagen Kenntnisse bzw. Informationen von Bewerbern verschaffen, bleibt diesen überlassen; insofern bestehen keine subjektiven Rechte einzelner Bewerber.

13

Aus dem Wortlaut und der Regelungssystematik des § 3 AG StUG LSA folgt im Übrigen, dass mit der erfolgten Wahl eines Bewerbers der Ministerpräsident gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 AG StUG LSA den Landesbeauftragten unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Zeit auf die Dauer von fünf Jahren zu berufen hat, sofern die gesetzlichen Berufungs-, d. h. Ernennungsvorsaussetzungen gegeben sind. Es handelt sich insoweit um eine gebundene Entscheidung des Ministerpräsidenten. Da es Aufgabe des Landtages von Sachsen-Anhalt als eigenständiges oberstes Staatsorgan ist, den Landesbeauftragten zu wählen, ist der Ministerpräsident grundsätzlich gehindert, seine Berufungsentscheidung von Erwägungen abhängig zu machen, die Gegenstand der allein vom Landtag zu treffenden Auswahlerwägungen (gewesen) sind oder sein können. Die Wahlentscheidung bindet den Ministerpräsidenten hinsichtlich der ausgewählten Person und der der Wahl zugrunde liegenden Erwägungen (siehe zum Vorstehenden: OVG LSA, Beschluss vom 18. Januar 2011, a. a. O).

14

Vielmehr ist der Ministerpräsident nach der erfolgten Wahl des Landesbeauftragten durch den Landtag nur noch berechtigt, aber auch verpflichtet, die gesetzlichen Rechtsfolgen der Wahl zu vollziehen. Das Prüfungsrecht und die Prüfungspflicht des Ministerpräsidenten beziehen sich hierbei jedoch allein darauf, ob das gesetzlich vorgegebene Verfahren eingehalten und die - insbesondere durch das BeamtStG, das LBG LSA und das AG StUG LSA bestimmten - gesetzlich vorgeschriebenen allgemeinen Berufungs- bzw. Ernennungsvoraussetzungen (noch) vorliegen. Dabei hat der Ministerpräsident jedoch zu beachten, dass der zur Wahl berufene Landtag mit seiner Entscheidung diese Voraussetzungen (konkludent) bejaht hat. In der Regel wird der Ministerpräsident daher das Vorliegen der allgemeinen gesetzlichen Berufungs- bzw. Ernennungsvoraussetzungen nur dann noch negieren dürfen, wenn entsprechende Tatsachen erst nachträglich bekannt geworden oder eingetreten sind. Denn anderenfalls hätte es der nach dem AG StUG LSA nicht zur abschließenden Entscheidung berufene Ministerpräsident in der Hand, einen ihm nicht genehmen Gewählten nicht zum Landesbeauftragen zu berufen. Ohne Änderung der Sach- oder Rechtslage ist der Ministerpräsident aufgrund § 3 Abs. 3 AG StUG LSA daher grundsätzlich gehalten, den gewählten Landesbeauftragten in sein Amt zu berufen. Dies stellt sich gegenüber dem Gewählten als einfachgesetzliche und gegenüber dem Landtag als verfassungsrechtliche Verpflichtung des Ministerpräsidenten dar (siehe zum Vorstehenden: OVG LSA, Beschluss vom 18. Januar 2011, a. a. O).

15

Aus dem Vorstehenden folgt, dass sich der Antragsteller nicht mit Erfolg gegenüber dem Antragsgegner auf eine Verletzung seines Bewerbungsverfahrensanspruches wegen vermeintlichen Verstoßes gegen die Bestenauslese im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG zu berufen vermag, da zum einen eine solche - wie bereits ausgeführt - im vorliegenden Verfahren schon nicht erfolgt und zum anderen dem Ministerpräsidenten eine dahingehende Prüfungsbefugnis von Gesetzes wegen fehlt.

16

Im Übrigen kann dahinstehen, ob ein vom Landtag nicht gewählter Bewerber überhaupt die Ausübung der der Wahlentscheidung des Landtages nachfolgenden Prüfungsrechte und -pflichten des Ministerpräsidenten diesem gegenüber geltend machen kann. Es erscheint insoweit jedenfalls als fraglich, ob die dahingehenden Befugnisse des Ministerpräsidenten nicht-gewählten Bewerbern subjektive Rechte vermitteln sollen. Die Beschwerde legt jedenfalls nicht schlüssig dar, dass eine Änderung der Sach- oder Rechtslage dergestalt eingetreten wäre, dass der Ministerpräsident aufgrund § 3 Abs. 3 AG StUG LSA befugt wäre, die gewählte Bewerberin nicht in ihr Amt zu berufen.

17

Unabhängig davon ist das Beschwerdevorbringen nicht geeignet, den Besitz der zur Erfüllung der Aufgaben erforderlichen Fachkunde der Beigeladenen schlüssig in Frage zu stellen. Das Verwaltungsgericht hat hierzu ausgeführt, dass dieser unbestimmte Rechtsbegriff nicht durch weitere gesetzliche Vorschriften untersetzt sei. Welche Fachkenntnisse erforderlich seien, könne sich hier allein anhand der zu erbringenden Aufgaben der Landesbeauftragten ergeben. Das Verwaltungsgericht hat sich insoweit mit den sich aus §§ 5, 6 AG StUG LSA und §§ 12 bis 17, 37 StUG ergebenden Anforderungen ausführlich befasst, ohne dass die Beschwerde sich mit den einzelnen tragenden Erwägungen der Beschlussgründe weiter auseinander setzt. Das Antragsvorbringen erschöpft sich vielmehr in der Einnahme einer bloßen Gegenposition und letztlich in der Behauptung, die erforderliche Fachkunde verlange „detaillierte Kenntnisse des Staatssicherheitsdienstes sowie seiner Struktur, Methoden und Wirkungsweisen“ sowie „spezifischen Rechtskenntnisse“. Die Beschwerde nimmt überdies - worauf das Verwaltungsgericht weiter zutreffend abgestellt hat, ohne dass die Beschwerde dem substantiiert entgegen tritt - die allein den einzelnen Abgeordneten des Landestages von Sachsen-Anhalt vorbehaltene Bewertung der politisch-fachlichen Eignung der Beigeladenen vor oder erschöpft sich in der bloßen Behauptung, jene besitze die erforderliche Fachkunde nicht. §§ 1 und 2 AG StUG LSA verlangen in Bezug auf die erforderliche Fachkunde jedenfalls nicht, dass ein Bewerber über wissenschaftliche oder dienstlich erlangte Kenntnisse oder Erfahrungen verfügen (siehe: OVG LSA, Beschluss vom 14. September 2012 - 1 M 94/12 -) oder Jurist sein muss.

18

Soweit sich die Beschwerde auf den Beschluss des Oberverwaltungsgerichtes Berlin-Brandenburg vom 21. August 2008 (OVG 4 S 26.08, juris) beruft, rechtfertigt dies vorliegend keine andere Bewertung. In dieser Entscheidung hat das Oberverwaltungsgericht ausgeführt, dass der zur Wahlentscheidung berufene Kreistag über hinreichende Informationen verfügen müsse, um beurteilen zu können, ob der Kandidatenvorschlag des Landrates dem Prinzip der Bestenauslese gerecht werde. Dies setze voraus, dass der Kreistag über die maßgeblichen Informationen auch zu den Mitbewerbern des vorgeschlagenen Kandidaten verfüge, insbesondere zu deren fachlicher Qualifikation und beruflichem Werdegang. Diese Ausführungen stehen indes weder im Widerspruch zu den Erwägungen des Verwaltungsgerichtes noch zu den vorstehenden Ausführungen des beschließenden Senates. Im Übrigen hat - anders als in dem Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg der dortige Landrat - vorliegend weder die Landesregierung noch die Landtagsverwaltung dem Landtag eine „Beschlussvorlage“ zugeleitet. Ebenso wenig legt die Beschwerde dar, dass der Landtagspräsident hier „Bewerbungsgespräche“ mit Bewerbern geführt hätte. Unabhängig davon verkennt das Beschwerdevorbringen wiederholt, dass das vorliegende Verfahren nicht der Durchsetzung des Leistungsgrundsatzes nach Art. 33 Abs. 2 GG dient.

19

Soweit die Beschwerde schließlich rügt, zwei Mitbewerber seien zu Unrecht in die Wahlliste aufgenommen worden, erschöpft sich das Vorbringen, diese hätten nicht die gesetzlichen Wahlvoraussetzungen erfüllt, in einer bloßen Behauptung. Ohne Erfolg bleibt gleichfalls die Rüge, zwei weitere Bewerber seien fehlerhaft berücksichtigt worden, wenngleich „die Bewerbungsfrist bereits abgelaufen“ gewesen sei. Unabhängig davon, dass sich auch das diesbezügliche Vorbringen in einer bloßen Behauptung erschöpft, handelt es sich bei der Bewerbungsfrist nicht um eine Ausschlussfrist, sondern um eine reine Ordnungsfrist, die grundsätzlich den Ausschluss vom Bewerbungsverfahren nicht rechtfertigt (vgl. nur: OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21. Juni 2012 - 6 A 1991/11 -, juris [m. w. N.]). Dass und aus welchen Gründen dies vorliegend anders zu bewerten sein sollte, legt das Beschwerdevorbringen jedenfalls nicht - weiter - dar.

20

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen waren nicht aus Gründen der Billigkeit für erstattungsfähig zu erklären, da sie sich weder dem Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt noch das Beschwerdeverfahren wesentlich gefördert hat.

21

Die Entscheidung über die Festsetzung der Höhe des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG i. V. m. § 52 Abs. 1 und 5 Satz 2 GKG, wobei vorliegend die Hälfte des 6,5-fachen Endgrundgehaltes (hier: Festbesoldung) der Besoldungsgruppe B 2 LBesO zugrunde zu legen war.

22

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen eine verwaltungsgerichtliche Eilentscheidung im Zusammenhang mit der Bundesrichterwahl 2015.

I.

2

Die Beschwerdeführerin wurde 1997 in das Richterverhältnis auf Probe berufen. Sie war unter anderem als Richterin am Landgericht tätig und als wissenschaftliche Mitarbeiterin an den Bundesgerichtshof abgeordnet, bevor sie 2006 zur Richterin am Oberlandesgericht befördert wurde. In ihren letzten dienstlichen Beurteilungen wurde sie jeweils mit der höchstmöglichen Stufe beurteilt, sie sei als Richterin am Oberlandesgericht ebenso wie als Richterin am Bundesgerichtshof "vorzüglich geeignet". Der Präsidialrat des Bundesgerichtshofs hielt sie 2014 als Richterin am Bundesgerichtshof für "besonders geeignet".

3

Der im fachgerichtlichen Verfahren Beigeladene (im Folgenden: Beigeladener) wurde 2003 in das Richterverhältnis auf Probe berufen. Er war unter anderem als Richter am Landgericht tätig und als wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Bundesgerichtshof abgeordnet. Während einer sich anschließenden weiteren Abordnung als wissenschaftlicher Mitarbeiter an das Bundesverfassungsgericht wurde er 2013 zum Richter am Oberlandesgericht befördert. In seiner letzten dienstlichen Beurteilung wurden seine Leistungen am Bundesverfassungsgericht mit der höchstmöglichen Stufe bewertet, für das Amt eines Richters am Bundesgerichtshof sei er fachlich und persönlich "bestens geeignet". Der Präsidialrat des Bundesgerichtshofs sah den Beigeladenen in einer Stellungnahme aus dem Jahr 2015 als "geeignet" an und merkte an, er würde es begrüßen, wenn der Beigeladene Gelegenheit erhielte, noch zwei bis drei Jahre spruchrichterliche Erfahrung am Oberlandesgericht zu sammeln.

II.

4

Bei der Bundesrichterwahl am 5. März 2015 waren sechs Richterinnen und Richter für den Bundesgerichtshof zu wählen. Die Beschwerdeführerin wurde wie schon für die Wahl 2014 von der niedersächsischen Justizministerin vorgeschlagen, der Beigeladene von einem gewählten Mitglied des Richterwahlausschusses nach Art. 95 Abs. 2 GG.

5

Die Beschwerdeführerin und der Beigeladene wurden mit den übrigen vorgeschlagenen Kandidaten in das Verzeichnis der Wahlvorschläge aufgenommen. Das Einladungsschreiben zur Wahl verzeichnete als Anlage unter anderem 32 Wahlvorschlagsbögen. Darin wurde mitgeteilt, wer den jeweiligen Kandidaten vorgeschlagen habe und welche beiden Mitglieder des Richterwahlausschusses Berichterstatter gemäß § 10 Abs. 3 Richterwahlgesetz (RiWG) seien. Allen Mitgliedern lagen des Weiteren zu allen Kandidaten die Wahlvorschlagsunterlagen vor, in denen tabellarisch die berufliche Biografie dargestellt war und die in Kopie sämtliche dienstlichen Beurteilungen und die Stellungnahme des Präsidialrats des Bundesgerichtshofs enthielten. Weiter lag den Mitgliedern eine Aufstellung der landsmannschaftlichen Zugehörigkeit der Richterinnen und Richter beim Bundesgerichtshof vor sowie eine Statistik zur Geschlechtszugehörigkeit.

6

Bei der Wahl am 5. März 2015 wurde der Beigeladene mit 29 Stimmen neben fünf weiteren Kandidatinnen und Kandidaten zum Richter am Bundesgerichtshof gewählt. Die Beschwerdeführerin wurde nicht gewählt. In einer noch am Wahltag veröffentlichten Pressemitteilung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz gratulierte der Minister den Gewählten.

7

Die Beschwerdeführerin legte nach Akteneinsicht durch ihren Verfahrensbevollmächtigten Widerspruch gegen die Wahlentscheidung ein und machte geltend, dass nach Art. 33 Abs. 2 GG sie anstelle des Beigeladenen hätte berücksichtigt werden müssen. Gegen die Wahl der weiteren fünf Gewählten erhob sie keine Einwände. Über den Widerspruch wurde bisher nicht entschieden.

8

Ihren Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Ernennung des Beigeladenen zum Richter am Bundesgerichtshof lehnte das Verwaltungsgericht ab, die Beschwerde wurde vom Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen. Zur Begründung führte es unter anderem aus, dass Richterwahlausschüsse bei ihren Entscheidungen an Art. 33 Abs. 2 GG gebunden seien. Aufgrund des Wahlverfahrens - einer geheimen Abstimmung ohne Angabe von Gründen - sei die gerichtliche Nachprüfung an diesem Maßstab aber erheblich eingeschränkt. Sie erstrecke sich vornehmlich auf eine formelle Prüfung der Auswahlentscheidung. Weder sei jedoch die Entscheidung des Richterwahlausschusses vorliegend formell fehlerhaft, noch habe die Zustimmung des Bundesjustizministers begründet werden müssen. In materiell-rechtlicher Hinsicht könne ein Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG - da die Verwaltungsgerichte in Konkurrentenstreitverfahren keine eigene Leistungsbewertung vornähmen und der Richterwahlausschuss seine Auswahlerwägungen nicht offenlegen müsse - nur angenommen werden, wenn die Wahl des Beigeladenen als nicht mehr plausibel erscheine. Dies sei nicht der Fall.

III.

9

1. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin, dass der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts sie in ihren Rechten aus Art. 33 Abs. 2 und Art. 19 Abs. 4 GG verletze, und beantragt, den Beschluss aufzuheben und die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen. Neben Ausführungen zur grundsätzlichen Bedeutung der Verfassungsbeschwerde trägt sie unter anderem vor, dass zur Sicherung des Gebotes effektiven Rechtsschutzes aus Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG die Verpflichtung folge, die wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen. Dies gelte auch für den Richterwahlausschuss sowie den Bundesjustizminister. In ihrem Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG werde sie überdies durch die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts verletzt, es sei nicht feststellbar, dass sie von der Leistungsentwicklung her die bessere Bewerberin gewesen sei. Zwar stünden sie und der Beigeladene in der aktuellen Beurteilung, der Anlassbeurteilung, gleich. In einem solchen Fall müsse aber auf die Leistungsentwicklung in Auswertung der älteren dienstlichen Beurteilungen zurückgegriffen werden. Diese Grundsätze habe das Gericht zum Nachteil der Beschwerdeführerin mit einer Art. 33 Abs. 2 GG verkennenden Begründung nicht angewandt.

10

2. Der Beigeladene verteidigt im Wesentlichen den angefochtenen Beschluss. Vertiefend äußert er sich insbesondere dazu, dass die Wahlentscheidung des Richterwahlausschusses nicht begründbar sei und dieser über einen weiten Beurteilungsspielraum verfüge.

IV.

11

Das Bundesverfassungsgericht hat zahlreiche Stellungnahmen eingeholt. Geäußert haben sich insbesondere der Deutsche Bundestag, die Bundesregierung, die Justizministerien von Bayern und Schleswig-Holstein, die obersten Gerichtshöfe des Bundes sowie verschiedene Interessen- und Fachverbände von Richterinnen und Richtern.

V.

12

Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts als Berichterstatter ist nicht deshalb von dem Verfahren ausgeschlossen, weil mittelbar die dienstlichen Beurteilungen des Beigeladenen, die er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Bundesverfassungsgericht erhalten hat, von Bedeutung sind.

13

Nach § 18 Abs. 1 BVerfGG ist ein Richter des Bundesverfassungsgerichts von der Ausübung seines Richteramtes ausgeschlossen, wenn er an der Sache beteiligt ist oder war (Nr. 1) oder wenn er in derselben Sache bereits von Amts oder Berufs wegen tätig gewesen ist (Nr. 2). Der Begriff "der Sache" ist in einem konkreten, strikt verfahrensbezogenen Sinne auszulegen. Bei der Tätigkeit im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG muss es sich regelmäßig um eine Tätigkeit in dem verfassungsgerichtlichen Verfahren selbst oder im Ausgangsverfahren handeln. Eine Beteiligung im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 1 BVerfGG liegt auch dann vor, wenn den Gegenstand des Ausgangsverfahrens ein Verwaltungsakt bildet, für den ein Richter seinerzeit als Behördenleiter Verantwortung zu tragen hatte (vgl. BVerfGE 72, 278 <288>).

14

Die Voraussetzungen für einen Ausschluss von dem Verfahren sind vorliegend nicht gegeben. Zum einen obliegt die dienstliche Beurteilung des wissenschaftlichen Mitarbeiters dem jeweiligen Richter (§ 13 Abs. 3 Satz 1 der Geschäftsordnung des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Dezember 1986 in der bis zum 13. März 2015 geltenden Fassung [GOBVerfG a.F.; BGBl I 1986 S. 2529]; vgl. nunmehr entsprechend § 13 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 GOBVerfG [BGBl I 2015 S. 286]). Sowohl bei der (in Vertretung durch den Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichts unterzeichneten) dienstlichen Beurteilung für den Beigeladenen vom 22. Juli 2013 als auch bei der dienstlichen Beurteilung vom 10. Dezember 2014 hat der Präsident des Bundesverfassungsgerichts von einer eigenen Beurteilung gemäß § 13 Abs. 3 Satz 2 GOBVerfG a.F. (vgl. nunmehr entsprechend § 13 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 GOBVerfG) abgesehen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 9. August 2016 - 2 BvR 1287/16 -, juris, Rn. 41 ff.). Zum anderen wendet sich die Beschwerdeführerin nicht gegen die dienstlichen Beurteilungen des Beigeladenen und räumt selbst ein, aktuell (nur) ebenso gut beurteilt zu sein wie er.

B.

15

Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Sie genügt insbesondere den Anforderungen an eine substantiierte Begründung gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG. Die Beschwerdeführerin legt dar, mit welchen verfassungsrechtlichen Anforderungen die angegriffene Entscheidung kollidiere, und setzt sich mit ihr inhaltlich auseinander. Die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung wird anhand der verfassungsrechtlichen Maßstäbe aufgezeigt, die das Bundesverfassungsgericht für einen Verstoß gegen das betreffende Grundrecht entwickelt hat (vgl. zu den Anforderungen nur BVerfGE 130, 1 <21> m.w.N.; stRspr).

C.

16

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht begründet. Zwar ist auch die Berufung von Richtern an den obersten Gerichtshöfen des Bundes (im Folgenden vereinfachend: Bundesrichter) an Art. 33 Abs. 2 GG zu messen (I.). Das durch Art. 95 Abs. 2 GG vorgegebene Wahlverfahren bedingt jedoch Modifikationen gegenüber rein exekutivischen Auswahl- und Beförderungsentscheidungen (II.). Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe verletzt der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts die Beschwerdeführerin nicht in ihren Rechten (III.).

I.

17

Art. 33 Abs. 2 GG besitzt eine objektiv-rechtliche Dimension, gewährt aber auch ein grundrechtsgleiches Recht, das sich vor allem durch die Gestaltung des Auswahlverfahrens verwirklicht (1.). Vom Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 2 GG sind die Ämter von Bundesrichtern nicht ausgenommen (2.).

18

1. a) Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Danach sind öffentliche Ämter nach Maßgabe des Grundsatzes der Bestenauslese zu besetzen. Die von Art. 33 Abs. 2 GG erfassten Auswahlentscheidungen können grundsätzlich nur auf Gesichtspunkte gestützt werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen (vgl. BVerfGE 139, 19 <49 Rn. 59, 55 f. Rn. 76>; BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 2015 - 2 BvR 1958/13 -, juris, Rn. 31 m.w.N.). Dabei dient Art. 33 Abs. 2 GG zum einen dem öffentlichen Interesse der bestmöglichen Besetzung des öffentlichen Dienstes. Zum anderen trägt Art. 33 Abs. 2 GG dem berechtigten Interesse der Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen dadurch Rechnung, dass er ein grundrechtsgleiches Recht auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl begründet (sogenannter Bewerbungsverfahrensanspruch, vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 2015, a.a.O.).

19

b) Die Beurteilung der Eignung eines Bewerbers für das von ihm angestrebte öffentliche Amt durch den Dienstherrn bezieht sich auf die künftige Amtstätigkeit des Betroffenen und enthält zugleich eine Prognose, die eine konkrete und einzelfallbezogene Würdigung der gesamten Persönlichkeit des Bewerbers verlangt. Sie umfasst auch eine vorausschauende Aussage darüber, ob er die ihm in dem angestrebten Amt obliegenden beamten- oder richterrechtlichen Pflichten erfüllen wird. Bei diesem prognostischen Urteil steht dem Dienstherrn ein weiter Beurteilungsspielraum zu; die Nachprüfung durch die Fachgerichte beschränkt sich im Wesentlichen darauf, ob der Dienstherr von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, den beamten- und verfassungsrechtlichen Rahmen verkannt, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 2015 - 2 BvR 1958/13 -, juris, Rn. 56 m.w.N.).

20

c) Aus der Verfahrensabhängigkeit des aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruchs ergeben sich Vorwirkungen für das Verwaltungsverfahren. Das dem gerichtlichen Rechtsschutzverfahren vorgelagerte Verwaltungsverfahren darf nicht so ausgestaltet sein, dass es den gerichtlichen Rechtsschutz vereitelt oder unzumutbar erschwert. Zur Sicherung des Gebotes effektiven Rechtsschutzes folgt aus Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG auch die Verpflichtung, die wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen. Nur durch eine schriftliche Fixierung der wesentlichen Auswahlerwägungen - deren Kenntnis sich der unterlegene Bewerber gegebenenfalls durch Akteneinsicht verschaffen kann - wird der Mitbewerber in die Lage versetzt, sachgerecht darüber befinden zu können, ob er die Entscheidung des Dienstherrn hinnehmen soll oder ob Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Anspruch auf faire und chancengleiche Behandlung seiner Bewerbung bestehen und er daher gerichtlichen Eilrechtsschutz in Anspruch nehmen will. Darüber hinaus eröffnet erst die Dokumentation der maßgeblichen Erwägungen auch dem Gericht die Möglichkeit, die angegriffene Entscheidung eigenständig nachzuvollziehen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 25. November 2015 - 2 BvR 1461/15 -, juris, Rn. 14 m.w.N.). Derartige Dokumentationspflichten bestehen auch für Verfahrensabläufe wie (die Begründung für) einen Verfahrensabbruch (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 28. November 2011 - 2 BvR 1181/11 -, juris, Rn. 23, und vom 24. September 2015 - 2 BvR 1686/15 -, juris, Rn. 14).

21

2. Die Ämter von Bundesrichtern sind nicht vom Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 2 GG ausgenommen. Zwar erfasst die Vorschrift nicht solche Ämter auf staatlicher oder kommunaler Ebene, die durch demokratische Wahlen der Wahlbürger oder durch eine Wahl von diesen gewählter Wahlkörper besetzt werden (vgl. Battis, in: Sachs, GG, 7. Aufl. 2014, Art. 33 Rn. 25; Zöllner, in: Festschrift Isensee, 2002, S. 359 <363 ff.>; Classen, JZ 2002, S. 1009 m.w.N.). Um derartige Wahlen handelt es sich bei den Bundesrichterwahlen jedoch nicht. Ihnen fehlt bereits das für demokratische Wahlen wesentliche Element, stets nur auf Zeit zu erfolgen (vgl. dazu allgemein BVerfG, Beschluss vom 15. Dezember 2015 - 2 BvL 1/12 -, juris, Rn. 53). Das Amt eines Bundesrichters ist kein Amt, das organisatorisch oder funktionell zum Bereich der obersten (Staats- oder Kommunalverfassungs-)Organe gehört. Schließlich stehen auch Zusammensetzung und Zusammenspiel der am Berufungsverfahren beteiligten Organe einer Freistellung von Art. 33 Abs. 2 GG entgegen. Bereits die Mitglieder des Richterwahlausschusses gehen nicht allein, noch nicht einmal überwiegend unmittelbar aus einer demokratischen Wahl hervor. Erst recht besteht kein Grund, den zuständigen Minister (im konkreten Fall den Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz) von einer Bindung an das grundrechtsgleiche Recht des Art. 33 Abs. 2 GG freizustellen. Die Ämter von Bundesrichtern sind - was ihre grundsätzliche Einbeziehung in den Anwendungsbereich von Art. 33 Abs. 2 GG betrifft - nicht anders gestellt als etwa die Ämter der Vorsitzenden Richter an Bundesgerichten (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 25. November 2015 - 2 BvR 1461/15 -, juris) oder die Ämter der Richter im Landesdienst.

II.

22

Nach Art. 95 Abs. 2 GG entscheidet über die Berufung der Richter der in Absatz 1 genannten obersten Gerichtshöfe des Bundes der für das jeweilige Sachgebiet zuständige Bundesminister gemeinsam mit einem Richterwahlausschuss, der aus den für das jeweilige Sachgebiet zuständigen Ministern der Länder und einer gleichen Anzahl von Mitgliedern besteht, die vom Bundestag gewählt werden.

23

1. a) Die Wahl als Berufungsmodus für Bundesrichter - die bei Inkrafttreten des Grundgesetzes noch in Art. 96 GG geregelt war - hatte nahezu keine verfassungsrechtlichen Vorbilder. Kontrovers war die Debatte vor allem, soweit es um die Berufung der Richter des Obersten Bundesgerichtes nach Art. 95 Abs. 3 GG in der Fassung vom 23. Mai 1949 ging. Die Frage, ob die Richter wie Beamte zu ernennen oder von einem Ausschuss zu wählen seien, wurde bei den Beratungen des Grundgesetzes erstmals in der 5. Sitzung des Ausschusses für Verfassungsgerichtshof und Rechtspflege des Parlamentarischen Rates am 10. November 1948 erörtert (vgl. JÖR n.F., Bd. 1, 1951, S. 698 ff.). Zur Begründung eines Wahlausschusses wurde geltend gemacht, es komme darauf an, der Justiz "wieder eine gewisse Vertrauensbasis" zu schaffen, was nicht durch eine "bürokratische Ernennung" durch die Bundesregierung oder dadurch erreicht werden könne, dass sich die Richter "gewissermaßen aus sich selbst" erneuerten (vgl. zu den Zitaten sowie den folgenden Ausführungen JÖR n.F., Bd. 1, 1951, S. 704 f.). Durch die Mitwirkung von Personen, die vom Vertrauen des Parlaments getragen seien, werde für die Bestellung der Richter eine breite und fundierte Basis geschaffen, so dass die Gewählten von vornherein durch die Art ihrer Bestellung eine gewisse Autorität mitbrächten. Den fachlichen Gesichtspunkten werde dadurch Genüge getan, dass niemand gegen den Willen des Bundesjustizministers gewählt werden könne und dass die Landesjustizminister an der Wahl mitwirkten.

24

b) Der erste Deutsche Bundestag nahm die Debatte im Gesetzgebungsverfahren zum Richterwahlgesetz auf. Die SPD-Fraktion hatte bereits im Dezember 1949 einen Gesetzentwurf für ein Richterwahlgesetz eingebracht (BTDrucks 1/327), dem die regierungstragenden Fraktionen von CDU/CSU, FDP und DP im Mai 1950 einen eigenen Entwurf entgegensetzten (BTDrucks 1/955). Bei dem daraufhin im Ausschuss für Rechtswesen und Verfassungsrecht erarbeiteten Gesetzentwurf (BTDrucks 1/1088) handelte es sich um eine Synthese dieser beiden Entwürfe. Zu dessen Begründung trug der Berichterstatter in der zweiten und dritten Lesung im Plenum vor, dass "die als dritte Gewalt sachlich und persönlich nur dem Recht und dem Gesetz unterworfene, von den übrigen Gewalten unabhängige Rechtsprechung durch die Auswahl der obersten Bundesrichter von der übrigen Beamtenschaft in einem spezifisch politischen Sinne unterschieden, durch die Mitwirkung maßgeblicher politischer Faktoren bei ihrer Berufung mit den demokratischen Grundbedingungen des Verfassungslebens in Einklang gebracht, vor parteipolitischer oder standesmäßiger Einseitigkeit bewahrt und so in ihrer demokratischen Autorität und Legitimation gestärkt werden" solle (von Merkatz, in: BT-Plenarprotokoll 1/75, S. 2727 C f.).

25

c) Durch das Sechzehnte Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 18. Juni 1968 (BGBl I S. 657) wurden Art. 95, 96 GG a.F. geändert. Die Vorschriften über das "Oberste Bundesgericht" (Art. 95 GG a.F.) wurden aufgehoben. Art. 96 Abs. 1 und 2 GG a.F. wurde inhaltsgleich und sprachlich nur wenig verändert zu Art. 95 GG. Die Formulierung "obere Bundesgerichte" wurde in "oberste Gerichtshöfe" geändert und um deren namentliche Erwähnung ergänzt. Das Wahlverfahren wurde eigenständig normiert. Aufgehoben wurde Art. 96 Abs. 2 Satz 2 GG a.F.

26

d) Dem Zusammenwirken von Exekutive und Legislative im Rahmen dieses "Mischsystems" wird eine legitimationsverstärkende Funktion beigemessen (vgl. Wittreck, Die Verwaltung der Dritten Gewalt, 2006, S. 20; Classen, Demokratische Legitimation im offenen Rechtsstaat, 2009, S. 55; Minkner, Die Gerichtsverwaltung in Deutschland und Italien, 2015, S. 254 f.; zweifelnd Mahrenholz, NdsVBl. 2003, S. 225 <234>; a.A. Gärditz, ZBR 2015, S. 325 <326> unter Verweis auf die Entstehungsgeschichte von Art. 95 Abs. 3 GG a.F.). Das Verfahren soll die verschiedenen politischen Kräfte balancieren (vgl. Zätzsch, Richterliche Unabhängigkeit und Richterauswahl in den USA und Deutschland, 2000, S. 160 ff.; Böckenförde, Verfassungsfragen der Richterwahl, 1974, S. 102 ff.) und einer Ämterpatronage entgegenwirken (vgl. Jachmann, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 95 Rn. 127 [Oktober 2011]; krit. dagegen z.B. Wassermann, in: AK-GG, 3. Aufl. 2001, Art. 95 Rn. 27 m.w.N.). Zudem soll sich in dem Verfahren über die Richterberufung nach Art. 95 Abs. 2 GG die dem föderativen Staatsaufbau angepasste Justizstruktur widerspiegeln (vgl. Jachmann, a.a.O.).

27

2. Art. 95 Abs. 2 GG gibt danach ein aus zwei Akteuren - dem Richterwahlausschuss und dem zuständigen Bundesminister - bestehendes System mit kondominialer Struktur sowie das Wahlelement im Berufungsverfahren vor, dessen nähere Ausgestaltung durch das Richterwahlgesetz erfolgt. Wechselbezogenheit der Entscheidungen beider Akteure (s. dazu 3.) und Wahlelement erfordern eine Modifikation der zu Art. 33 Abs. 2 GG bestehenden dogmatischen Aussagen sowie der materiellen und formellen Anforderungen, die mit Blick auf exekutivische Auswahlverfahren abgeleitet worden sind.

28

Dem Wahlelement trüge eine strikte Bindung der Entscheidung des Richterwahlausschusses an Art. 33 Abs. 2 GG nicht ausreichend Rechnung. Während Art. 33 Abs. 2 GG auf die eine "'richtige' Antwort" (Grigoleit/Siehr, DÖV 2002, S. 455<457>) beziehungsweise darauf gerichtet ist, "von oben her" den Besten auszuwählen, zeichnen sich Wahlen gerade durch Wahlfreiheit aus, wenngleich die Wählbarkeit zumeist von der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen abhängt (vgl. Classen, JZ 2002, S. 1009 <1012>; Tschentscher, Demokratische Legitimation der dritten Gewalt, 2006, S. 222 f.). An derartigen (Mindest-)Wählbarkeitsvoraussetzungen sind für Bundesrichter insbesondere die Anforderungen von § 9 Deutsches Richtergesetz (DRiG) zu nennen sowie - mangels anderweitiger Bestimmung im Sinne von § 28 Abs. 1 DRiG - die Voraussetzungen des § 10 DRiG für die Ernennung auf Lebenszeit. Schließlich muss das Mindestalter von 35 Jahren erreicht sein (vgl. für den Bundesgerichtshof § 125 Abs. 2 GVG). Der mit der Wahl einhergehende legitimatorische Mehrwert könnte jedoch nicht erreicht werden, wenn es eine Pflicht zur Wahl eines bestimmten Kandidaten gäbe. Es bliebe (nur) eine auf eine breite Grundlage gestützte Auswahl-, aber keine Wahlentscheidung (vgl. Dietrich, Richterwahlausschüsse und demokratische Legitimation, 2007, S. 165 f.; Grigoleit/Siehr, DÖV 2002, S. 455 <457 f.>; Lovens, ZRP 2001, S. 465 <467>). Zwar müssen sich auch die Mitglieder des Richterwahlausschusses von Art. 33 Abs. 2 GG leiten lassen. Ihre Wahlentscheidung selbst ist dabei aber nicht isoliert gerichtlich überprüfbar (vgl. unten Rn. 34).

29

Für den zuständigen Bundesminister bestehen derartige Besonderheiten nicht. Bei seiner Zustimmungsentscheidung nach § 13 RiWG ist er an Art. 33 Abs. 2 GG gebunden (vgl. aber unten Rn. 32).

30

3. Ein erfolgreiches Berufungsverfahren ist von Verfassungs wegen mit einem faktischen Einigungszwang zwischen dem zuständigen Bundesminister und dem Richterwahlausschuss verbunden. Beide agieren nicht unabhängig voneinander, sondern aufeinander bezogen. Aufgrund dieser geteilten Verantwortung müssen sie bei ihren Entscheidungen die Bindungen, aber auch die verfassungsrechtlichen Freiräume beachten, die für den jeweils anderen Akteur bestehen.

31

a) Auf Seiten des Richterwahlausschusses bedeutet dies, dass er die Bindung des zuständigen Ministers an Art. 33 Abs. 2 GG beachten muss. Das zwischen beiden Organen bestehende institutionelle Treueverhältnis (vgl. Hamburgisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 14. September 2012 - 5 Bs 176/12 -, juris, Rn. 23) verlangt, dass der Richterwahlausschuss jemanden wählt, dessen Wahl der zuständige Minister zustimmen kann.

32

b) Der zuständige Minister ist demgegenüber nicht verpflichtet, der Wahl nur dann zuzustimmen, wenn der nach seiner Auffassung Beste gewählt worden ist. In einem solchen Fall wäre die Einrichtung des Richterwahlausschusses ihrerseits weitgehend sinnentleert und die politische Verantwortung für die Entscheidung läge entgegen der Intention des Art. 95 Abs. 2 GG ausschließlich bei der Justizverwaltung (vgl. Tschentscher, Demokratische Legitimation der dritten Gewalt, 2006, S. 318 f.). Der Minister hat sich daher bei seiner Entscheidung den Ausgang der Wahl grundsätzlich zu eigen zu machen, es sei denn, die formellen Ernennungsvoraussetzungen sind nicht gegeben, die verfahrensrechtlichen Vorgaben sind nicht eingehalten oder das Ergebnis erscheint nach Abwägung aller Umstände und insbesondere vor dem Hintergrund der Wertungen des Art. 33 Abs. 2 GG nicht mehr nachvollziehbar. Dabei hat der Minister unter anderem auch die Stellungnahmen des Präsidialrats gemäß § 57 Abs. 1 Satz 1 DRiG (vgl. zu dessen Rolle im Verfahren Bowitz, DÖV 2016, S. 638 <640 ff.>) sowie die dienstlichen Beurteilungen der Kandidaten zu berücksichtigen. Er ist zwar weder an eine sich aus dem Vergleich dienstlicher Beurteilungen ergebende Rangordnung der Kandidatinnen und Kandidaten noch an eine durch den Präsidialrat etwa vorgenommene Reihung oder an die Einstufung einzelner Bewerber als ungeeignet gebunden. Allerdings ist er verpflichtet, alle aus den Stellungnahmen des Präsidialrats und aus den dienstlichen Beurteilungen abzuleitenden Anhaltspunkte für die Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Vorgeschlagenen in seine Entscheidung über die Zustimmung zur Wahl einzubeziehen und diese erforderlichenfalls (dazu sogleich Rn. 35) zu begründen beziehungsweise sie sogar zu verweigern.

33

c) Unter diesen Bedingungen muss der Leistungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG insbesondere dadurch operationalisierbar gemacht werden, dass das Verfahren selbst entsprechend ausgestaltet und die Wahl eignungs- und leistungsorientiert "eingehegt" wird. Dies erfordert, dass der Richterwahlausschuss sich einen Eindruck verschaffen kann von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung der Kandidaten durch Zusammenstellung (unter anderem) ihrer Zeugnisse, dienstlichen Beurteilungen und der sie betreffenden Präsidialratsstellungnahmen. Die Einhaltung dieser prozeduralen Anforderung muss niedergelegt und nachvollziehbar sein (vgl. zu Dokumentationspflichten oben Rn. 20). Eine verfahrensmäßige Absicherung eines an den Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG orientierten Berufungsverfahrens erfolgt ferner durch Begründungspflichten. Sie treffen zwar nicht den Richterwahlausschuss (aa), wohl aber in bestimmten Konstellationen den zuständigen Minister (bb).

34

aa) Da der eigentliche Wahlakt keiner gerichtlichen Kontrolle unterliegt, bedarf sein Ergebnis auch keiner Begründung (vgl. bereits BVerfGE 24, 268 <276 f.> sowie im Anschluss daran BGHZ 85, 319 <323 f.>). Eine Begründungspflicht ergibt sich insbesondere nicht aus dem Gebot effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Zwar garantiert dieses Grundrecht jedem den Rechtsweg, der geltend macht, durch die öffentliche Gewalt in eigenen Rechten verletzt zu sein. Damit wird sowohl der Zugang zu den Gerichten als auch die Wirksamkeit des Rechtsschutzes gewährleistet. Der Bürger hat einen Anspruch auf eine möglichst wirksame gerichtliche Kontrolle in allen ihm von der Prozessordnung zur Verfügung gestellten Instanzen. Aus der Garantie effektiven Rechtsschutzes folgt grundsätzlich die Pflicht der Gerichte, die angefochtenen Verwaltungsakte in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht vollständig nachzuprüfen (vgl. BVerfGE 129, 1 <20> m.w.N.). Dabei richtet sich gerichtlicher Rechtsschutz in gestuften Verfahren häufig erst gegen die Endentscheidung (vgl. § 44a VwGO; siehe hierzu Ziekow, in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 4. Aufl. 2014, § 44a Rn. 11, 52 m.w.N.). Auch im vorliegenden Fall ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte (erst) die Entscheidung des Bundesministers unmittelbarer Verfahrensgegenstand im gerichtlichen Verfahren ist, während es sich bei der Entscheidung des Richterwahlausschusses um einen nicht selbständig anfechtbaren Verfahrensschritt handelt (vgl. BVerwGE 70, 270 und BVerwGE 105, 89 <91> m.w.N. sowie Gärditz, ZBR 2015, S. 325 <331>). Gleichzeitig sind die verfassungsrechtlichen Modifikationen des subjektiven Rechts zu berücksichtigen, das Art. 19 Abs. 4 GG nicht gewährleistet, sondern voraussetzt (vgl. BVerfGE 129, 1 <20 f.> m.w.N.). Im vorliegenden Fall wird der Bewerbungsverfahrensanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG, der bereits nach ständiger Rechtsprechung lediglich zu einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle der Auswahlentscheidung führt (vgl. oben Rn. 19), zusätzlich durch den in Art. 95 Abs. 2 GG vorgesehenen Wahlmodus eingeschränkt.

35

bb) Da der zuständige Bundesminister sich - wie dargelegt - die Wahlentscheidung grundsätzlich zu eigen zu machen hat, treffen auch ihn keine umfassenden Begründungspflichten. Erforderlich ist eine Begründung jedoch immer dann, wenn es sich aufdrängt, dass der Richterwahlausschuss offenkundig relevante Aspekte zur Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung der Vorgeschlagenen in einer den Spielraum des Art. 95 Abs. 2 GG überschreitenden Weise missachtet hat. Eine Begründungspflicht ist insbesondere in zwei Fällen anzunehmen. Zum einen muss der Minister aufgrund des institutionellen Treueverhältnisses begründen, wenn er seine Zustimmung verweigert, da andernfalls eine Einigung nur schwer möglich wäre (vgl. in dieser Richtung Heusch, in: Schmidt-Bleibtreu, GG, 13. Aufl. 2014, Art. 95 Rn. 24, und Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 10. Dezember 2015 - 5 ME 199/15 -, juris, Rn. 41). Zum anderen muss der Minister seine Entscheidung dann begründen, wenn er der Wahl eines nach der Stellungnahme des Präsidialrats oder den dienstlichen Beurteilungen nicht Geeigneten zustimmt. Zwar ist aufgrund der fehlenden Bindungswirkung von dienstlichen Beurteilungen oder Präsidialratsstellungnahmen (vgl. Schmidt-Räntsch, DRiG, 6. Aufl. 2009, § 57 Rn. 17 m.w.N.) die Ernennung von Kandidaten, die mit "ungeeignet" beurteilt worden sind, nicht ohne Weiteres verfassungswidrig (vgl. Rn. 32). Der auch dem öffentlichen Interesse der bestmöglichen Besetzung des öffentlichen Dienstes dienende Grundsatz der Bestenauslese erfordert aber, Entscheidungen nachvollziehbar zu machen und über sie Rechenschaft abzulegen, wenn sie derart weit von grundlegenden Eignungsanforderungen entfernt zu sein scheinen. Art. 33 Abs. 2 GG unterliegt insoweit zwar Modifikationen, wird von Art. 95 Abs. 2 GG aber nicht vollständig verdrängt.

III.

36

Nach diesen Maßstäben wird die Beschwerdeführerin durch den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts nicht in ihren Rechten verletzt.

37

Die Wahlvorschlagsbögen enthielten in Bezug auf die Beschwerdeführerin selbst sowie den Beigeladenen unter anderem Angaben zu der Dienststellung, den Ergebnissen der juristischen Staatsprüfungen, den Beförderungen, der bisherigen beruflichen Tätigkeit, der wissenschaftlichen Betätigung, den Veröffentlichungen, insbesondere aber auch die bisherigen dienstlichen Beurteilungen sowie die Stellungnahme des Präsidialrats des Bundesgerichtshofs (vgl. allgemein zum Inhalt Letzterer auch Bowitz, DÖV 2016, S. 638 <639>). Damit standen hinsichtlich der Beschwerdeführerin und des Beigeladenen den Mitgliedern des Richterwahlausschusses alle auswahlrelevanten Informationen zur Verfügung.

38

Die Ernennungsvoraussetzungen waren bei der Beschwerdeführerin ebenso wie beim Beigeladenen erfüllt. Zwar ist die Beschwerdeführerin für das Amt eines Richters/einer Richterin am Bundesgerichtshof aufgrund ihrer obergerichtlichen Erfahrung nach der Stellungnahme des Präsidialrats besser geeignet. Die Wahl des Beigeladenen bleibt jedoch unter anderem aufgrund seiner dienstlichen Beurteilungen sowie seiner Verwendungen nachvollziehbar. Der Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz durfte sich die ihrerseits nicht zu überprüfende Wahlentscheidung daher zu eigen machen, ohne seine Entscheidung begründen zu müssen; auch Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG begründet im vorliegenden Fall - im Hinblick auf das konkrete Wahlergebnis im Übrigen - nicht die Erforderlichkeit einer Begründung der Zustimmungsentscheidung. Allein der Umstand, dass der Präsidialrat des Bundesgerichtshofs es "begrüßt" hätte, wenn der Beigeladene Gelegenheit erhielte, noch zwei bis drei Jahre spruchrichterliche Erfahrung am Oberlandesgericht zu sammeln, löste noch keine Begründungspflicht aus, da ihn der Präsidialrat gleichwohl bereits als "geeignet" ansah.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

Tatbestand

1

Die Beteiligen streiten um UKW-Frequenzen für private lokale Hörfunkprogramme in dem Versorgungsgebiet für die kreisfreie Stadt Hof sowie die Landkreise Hof und Wunsiedel.

2

In diesem Versorgungsgebiet haben sich im Lauf der Zeit zwei UKW-Frequenzketten herausgebildet, die für die Verbreitung lokaler Hörfunkprogramme privater Anbieter zur Verfügung stehen: Die Frequenzkette 1 mit der Hauptfrequenz 88,0 MHz (Sender Hof, Großer Waldstein) und zwei Füllsenderfrequenzen sowie die Frequenzkette 2 mit den Hauptfrequenzen 94,0 MHz (Sender Hof, Labyrinthberg) und 97,3 MHz (Sender Wunsiedel) und drei Füllsenderfrequenzen. Der Sender Großer Waldstein, der die Frequenz 88,0 MHz als Hauptfrequenz der Frequenzkette 1 bedient, hat eine über das Versorgungsgebiet erheblich hinausgehende technische Reichweite (sog. overspill). Seit Jahren konkurrieren das von der Klägerin produzierte Hörfunkprogramm A und das inhaltlich ähnlich ausgerichtete Hörfunkprogramm B, das zunächst von einer Anbietergemeinschaft unter Einschluss der Beigeladenen gestaltet wurde, seit geraumer Zeit aber von der Beigeladenen allein produziert wird, um die zur Verfügung stehenden Sendekapazitäten, vor allem um die Frequenzkette 1. Die Beklagte hatte zuletzt mit Bescheid vom 8. September 2004 für die Zeit bis zum 31. Mai 2012 der Beigeladenen die Verbreitung des Programms B mit einer täglichen Sendezeit von 0 bis 12 Uhr und von 18 bis 24 Uhr sowie der Klägerin die Verbreitung des Programms A mit einer täglichen Sendezeit von 12 bis 18 Uhr auf der Frequenzkette 1 genehmigt. Die Beigeladene hatte mit dem genannten Bescheid außerdem die Genehmigung zur Verbreitung des Jugendhörfunkprogramms C mit einer täglichen Sendezeit von 24 Stunden auf der Frequenzkette 2 erhalten. Die Klägerin war mit ihrer Klage gegen den Bescheid erfolglos geblieben.

3

Die Beklagte schrieb die Nutzung der Frequenzketten 1 und 2 im Februar 2012 neu aus. Die Klägerin bewarb sich um die jeweils auf 24 Stunden tägliche Sendezeit bemessene Nutzung beider Frequenzketten mit ihrem Programm A und einem bisher noch nicht existierenden Jugendhörfunkprogramm D. Die Beigeladene gab eine Bewerbung zur ganztägigen Nutzung der beiden Frequenzketten mit ihrem Programm B und ihrem Jugendhörfunkprogramm C ab. Die Bemühungen der Beklagten um eine einverständliche Aufteilung der zur Verfügung stehenden Frequenzkapazitäten schlugen fehl. Die Beklagte traf daraufhin gestützt auf Art. 25 und Art. 26 BayMG sowie den Beschluss ihres Medienrats vom 12. Dezember 2013 mit Bescheid vom 18. Dezember 2013 eine zwei Phasen unterscheidende Genehmigungsentscheidung. Für die erste, zeitlich bis zu dem Beginn der digitalen Hörfunkverbreitung in Oberfranken im DAB+-Standard, längstens bis zum 31. Dezember 2015 bemessene Phase erhielt die Beklagte den bisherigen Genehmigungszustand aufrecht. Für die sich daran anschließende zweite Phase beendete sie das Splitting auf der Frequenzkette 1 und genehmigte der Beigeladenen die Verbreitung des Programms B mit einer täglichen Sendezeit von 24 Stunden auf der Frequenzkette 1 sowie der Klägerin die Verbreitung des Programms A mit einer entsprechenden Sendezeit auf der Frequenzkette 2, jeweils mit einer Befristung bis zum 31. Dezember 2021. Die weitergehenden Anträge der Beigeladenen und der Klägerin lehnte die Beklagte ab. Sie führte zur Begründung ihrer Entscheidung aus: Bis zu dem Start der digitalen Hörfunkverbreitung in Oberfranken könne der bisherige Genehmigungszustand weitergeführt werden. In Bezug auf die Auswahlentscheidung, die für die darauf folgende Zeit wegen der Zuweisung der Frequenzen für analogen Hörfunk zu treffen sei, ergäben sich im Sinne der Auswahlgrundsätze des Lokalbezugs, der Ausstattung sowie des Beitrags zur Meinungsvielfalt und zur Ausgewogenheit der Programme keine entscheidenden Unterschiede zwischen den Bewerbern. Im Hinblick auf die Grundsätze der Programmvielfalt und der tragfähigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sei das bestehende Splitting auf der Frequenzkette 1 negativ zu beurteilen, eine Zusammenarbeit der Beigeladenen und der Klägerin sei jedoch nicht erreichbar. Nach dem Start der digitalen Hörfunkverbreitung könnten beide Bewerber ihre jeweils zwei Programmangebote im digitalen Ensemble verwirklichen. Es sei sinnvoll, dann eine vierundzwanzigstündige Verbreitung der Programme B und A sowohl in digitaler als auch in analoger Form zu ermöglichen und den beiden Programmen jeweils eine Frequenzkette zu überlassen. Im Interesse der Programmkontinuität sei die Frequenzkette 1 der Beigeladenen für ihr Programm B, das sie dort schon bisher 18 Stunden am Tag verbreite, zuzuweisen. Die Klägerin erhalte die Frequenzkette 2, von der das Jugendhörfunkprogramm C der Beigeladenen auf einen Programmplatz auf DAB+ wechseln müsse, zur alleinigen Nutzung für ihr Programm A. Für die Klägerin sei der Wechsel auf eine neue Frequenzkette zwar mit durchaus erheblichen Umstellungskosten verbunden, dies werde jedoch durch eine Vervierfachung der derzeitigen täglichen Sendezeit ausreichend kompensiert. Die beiden Frequenzketten wiesen annähernd gleiche technische Reichweiten im Versorgungsgebiet auf. Die wirtschaftlichen Beeinträchtigungen, die sich für die Verbreitung lokalen Hörfunks außerhalb des Versorgungsgebiets aus der Vermarktung des overspills der Frequenzkette 1 ergeben könnten, seien bei einer Zuweisung dieser Kette an die Beigeladene auf Grund der Gesellschaftsstruktur - das heißt wegen der (mittelbaren) Beteiligung der Beigeladenen an der Verbreitung privater lokaler Hörfunkprogramme auch in den benachbarten Versorgungsgebieten - geringer als bei einer Überlassung an die Klägerin. Die Frequenzkette 1 biete in den überwiegenden Teilen des Versorgungsgebiets eine größere Durchhörbarkeit bei Fahrten mit dem Auto. Der entsprechende Nachteil der Frequenzkette 2 sei jedoch zu vernachlässigen, weil moderne Autoradios selbständig die Frequenz des eingestellten Programms wechselten.

4

Die gegen den Bescheid vom 18. Dezember 2013 gerichtete Klage, mit der die Klägerin die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Sendegenehmigung mit einer ganztägigen Nutzung der Frequenzketten 1 und 2, hilfsweise zur Neubescheidung ihres Genehmigungsantrags beantragt hat, hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Im Verlauf des vor dem Verwaltungsgerichtshof anhängigen Berufungsverfahrens hat die Beklagte vor allem deshalb, weil ein befriedigender Empfang des digitalen Hörfunks im Versorgungsgebiet zum 1. Januar 2016 noch nicht sichergestellt war, entsprechend dem Beschluss ihres Medienrats vom 8. Oktober 2015 am 29. Oktober 2015 einen Änderungs- und Zwischenbescheid erlassen, mit dem sie den Bescheid vom 18. Dezember 2013 abgewandelt hat. Sie hat die Regelung der Genehmigungsentscheidung für die erste Phase - die Aufrechterhaltung des bisherigen Genehmigungszustands - übergangsweise bis zu einer Einigung der Beigeladenen und der Klägerin, längstens bis sechs Monate nach Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung in der Hauptsache verlängert und bestimmt, dass die zweite Phase mit der Neuverteilung der Frequenzen dementsprechend zeitversetzt in Kraft tritt. In den Gründen des Bescheids hat die Beklagte ihre Erwägungen zur Rechtfertigung dieser Neuverteilung bekräftigt, jedoch den Umstand, dass sich im Jahr 2015 auf Grund der Regulierung der Entgelte für die UKW-Sendeanlagen durch die Bundesnetzagentur die zu zahlenden Entgelte für die Frequenzkette 1 stark verringert hatten, während diejenigen für die Frequenzkette 2 gestiegen waren, als eine nicht hinnehmbare Wettbewerbsverzerrung bezeichnet. Sie hat darauf verwiesen, dass ihr Medienrat ihren Präsidenten aufgefordert habe, die Bayerische Medien Technik GmbH zu veranlassen, der Beigeladenen und der Klägerin die Frequenznutzung zu den gleichen Senderentgelten zu eröffnen.

5

Der Verwaltungsgerichtshof hat den Änderungs- und Zwischenbescheid der Beklagten vom 29. Oktober 2015 in das Verfahren einbezogen und die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Er folgt den Gründen des angefochtenen Urteils und der streitgegenständlichen Bescheide und hat ergänzend ausgeführt: Die Beigeladene und die Klägerin erfüllten jeweils unstreitig die gesetzlichen Anforderungen für die Genehmigung eines Rundfunkangebots nach Art. 26 Abs. 1 BayMG. Der Umstand, dass die Beigeladene einer Firmengruppe angehöre, schließe ihre Berücksichtigung bei der Auswahlentscheidung nicht aus. Die Beigeladene habe im Versorgungsgebiet keine vorherrschende Meinungsmacht im Sinne des Art. 25 Abs. 5 Satz 1 BayMG. Die Klägerin habe nicht deshalb Anspruch auf eine vorrangige Berücksichtigung, weil sie seit längerer Zeit als mittelständisches Familienunternehmen und lokale Rundfunkanbieterin im Versorgungsgebiet tätig sei. Wie die Klägerin habe auch die Beigeladene ihren Geschäftssitz bzw. Tätigkeitsschwerpunkt im Versorgungsgebiet und damit im Sinne des Art. 25 Abs. 4 Satz 3 BayMG einen örtlichen Bezug zu diesem. Nicht stichhaltig sei der Einwand der Klägerin, die ihr zugeteilte Frequenzkette 2 sei physikalisch wesentlich schwächer als die von ihr bisher anteilig genutzte Frequenzkette 1 mit der Folge, dass auch die technische Reichweite des gesendeten Programms und die Möglichkeit von Werbeeinnahmen deutlich verringert seien. Der von der Beklagten vorgelegte Versorgungsbericht (Stand September 2015) trage die Einschätzung, dass die Frequenzketten 1 und 2 eine vergleichbar gute Versorgung in Bezug auf das Versorgungsgebiet sicherstellten, auch wenn beide Frequenzketten jeweils strukturbedingte Vor- und Nachteile aufwiesen. Der overspill der Frequenz 88,0 MHz in der Frequenzkette 1 sei für die Beurteilung der Vergleichbarkeit der beiden Frequenzketten außer Betracht zu lassen. Die wirtschaftliche Tragfähigkeit eines Rundfunkprogramms im Sinne des Art. 25 Abs. 3 Satz 1 BayMG müsse in dem nach Art. 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 BayMG festgesetzten Versorgungsgebiet selbst gesichert sein. Überreichweiten seien physikalisch unvermeidlich, jedoch für die Versorgung des jeweiligen Gebiets unerheblich und in ihren Auswirkungen auf andere Versorgungsgebiete medienrechtlich unerwünscht. Auf die Frage, in welchem Umfang der overspill bisher tatsächlich zu Werbeeinnahmen der Klägerin und der Beigeladenen geführt habe, komme es deshalb nicht an. Die Klägerin müsse gegenwärtig auch ansonsten nicht befürchten, dass die Neuverteilung der Frequenzen für sie wirtschaftlich nicht tragbar sei bzw. das wirtschaftliche Aus für sie bedeute. Zwar habe die Neuverteilung für sie erhebliche Auswirkungen, deren Prognose mit kaum realistisch einzuschätzenden Unsicherheiten und Unwägbarkeiten verbunden sei. Dabei entspreche jedoch die Ausweitung der täglichen Sendezeit von sechs auf 24 Stunden, die mit erheblichen Folgekosten verbunden sei, dem Begehren der Klägerin. Diese stehe allerdings auch vor der Herausforderung, ihre bisherige Hörerschaft auf die neue Frequenzkette mitzunehmen bzw. neue Hörer zu gewinnen, um hinreichend Werbeeinnahmen zu erzielen, was in Anbetracht der bisherigen Nutzung der Frequenzkette 2 durch ein Jugendhörfunkprogramm zusätzlich erschwert werde. Dagegen würden sich vor dem Hintergrund der Maßgaben des Änderungs- und Zwischenbescheids der Beklagten vom 29. Oktober 2015 die UKW-Senderkosten für die Klägerin nicht nachteilig ändern. Die Beklagte habe auch, sollte sich die von ihr im gerichtlichen Verfahren bekräftigte Prognose einer wirtschaftlichen Tragfähigkeit der Programme nach der Neuverteilung der Frequenzen als unzutreffend herausstellen, die Möglichkeit, durch Anordnungen nach Art. 16 Abs. 1 BayMG auf eine solche Tragfähigkeit hinzuwirken. Die Beklagte habe im Übrigen im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens- und Gestaltungsspielraums bei der Neuverteilung der Frequenzen zu Recht berücksichtigt, dass die Beigeladene die Frequenzkette 1 bereits mit einer täglichen Sendezeit von 18 Stunden genutzt habe und dass sie darüber hinaus die von ihr bisher mit ihrem Jugendhörfunkprogramm belegte Frequenzkette 2 mit der Folge freimache, dass sie jenes Programm künftig nur im DAB+-Standard - ohne den Vorteil der parallelen Nutzung einer UKW-Frequenz - senden könne. Die Rundfunkfreiheit oder das Eigentumsrecht der Klägerin habe die Beklagte durch ihre Zuteilungsentscheidung nicht verletzt.

6

Mit ihrer von dem Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Revision begehrt die Klägerin nur noch, die Beklagte zur Erteilung einer Sendegenehmigung für ihr Programm A mit einer ganztägigen Nutzung der Frequenzkette 1, hilfsweise zu einer entsprechenden Neubescheidung ihres Genehmigungsantrags zu verpflichten. Zur Begründung ihrer Revision knüpft die Klägerin mit ihren bereits in den Vorinstanzen angebrachten Einwänden gegen die Neuverteilung der Frequenzen an den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, die durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleistete Rundfunkfreiheit und das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG an. Sie macht im Wesentlichen geltend: Die Beklagte habe nicht zu Gunsten der Klägerin berücksichtigt, dass die Beigeladene Teil eines konzerngesteuerten Filialradionetzes sei, das den privaten Rundfunk im oberfränkischen Raum dominiere, wogegen die Klägerin in lokaler Verwurzelung nur von Hof aus sende. Die Frequenzkette 2 sei im Vergleich mit der Frequenzkette 1 minderwertig, weil sie im Hinblick auf 30 000 bis 40 000 Hörer ein von dem Verwaltungsgerichtshof auf Grund eines Verfahrensfehlers in seiner Bedeutung verkanntes Funkloch aufweise, eine Durchhörbarkeit bei einem Hörfunkempfang im Auto nicht gewährleiste und wegen des nur bei der Frequenzkette 1 gegebenen overspills im Hinblick auf die Erzielung von Werbeeinnahmen im Nachteil sei. Der Klägerin könne nicht zugemutet werden, mit ihrem Programm A auf die Frequenzkette 2 zu wechseln, da die Beklagte diese Frequenzkette früher selbst nicht als geeignete Grundlage für eine wirtschaftlich tragfähige Programmgestaltung angesehen habe und dem Programm der Klägerin die wirtschaftliche Tragfähigkeit jedenfalls deshalb entzogen werde, weil sie den Ausfall von Werbeeinnahmen, der sich wegen der Defizite der Frequenzkette 2 und des mit dem Frequenzwechsel verbundenen Verlusts an Hörern einstellen werde, anders als die Beigeladene nicht ausgleichen könne.

7

Die Beklagte und die Beigeladene verteidigen das Berufungsurteil.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision ist sowohl mit ihrem Hauptantrag als auch mit ihrem Hilfsantrag unbegründet und deshalb gemäß § 144 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Das Berufungsurteil, das nur im Hinblick auf die von der Klägerin begehrte Genehmigung für die ganztägige Verbreitung des Programms A auf der Frequenzkette 1 für die zweite Phase nach den Genehmigungsbescheiden der Beklagten vom 18. Dezember 2013 und vom 29. Oktober 2015 zum Gegenstand des Revisionsverfahrens geworden ist, beruht nicht im Sinne des § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO auf der Verletzung von Bundesrecht.

9

Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs ist gestützt auf die irrevisiblen Vorschriften der Art. 25 und Art. 26 Abs. 1 des Gesetzes über die Entwicklung, Förderung und Veranstaltung privater Rundfunkangebote und anderer Telemedien in Bayern (Bayerisches Mediengesetz - BayMG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Oktober 2003 (GVBl S. 799). Dieses Landesgesetz war zu dem Zeitpunkt der angegriffenen Auswahlentscheidung der Beklagten, der nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs für die gerichtliche Beurteilung einer solchen Verfügung maßgeblich ist (vgl. etwa: VGH München, Urteile vom 26. Februar 1997 - 7 B 93.2122 - juris Rn. 24 und vom 12. Mai 1999 - 7 B 98.1754 - ZUM-RD 1999, 397 <399 f.>), zuletzt durch das Gesetz vom 22. Mai 2015 (GVBl S. 154) geändert worden, das aber die hier relevanten Vorschriften unberührt gelassen hat. Der Verwaltungsgerichtshof hat entschieden, dass sowohl die Klägerin als auch die Beigeladene die in Art. 26 Abs. 1 Satz 1 BayMG umschriebenen zwingenden Voraussetzungen für die nach Art. 25 Abs. 1 Satz 1 BayMG erforderliche Genehmigung der Beklagten zur Verbreitung von Rundfunkprogrammen erfüllen, dass die Beigeladene durch die erteilte Genehmigung keine vorherrschende Meinungsmacht im Sinne von Art. 25 Abs. 5 ff. BayMG erlangt und dass die Neuverteilung der Frequenzen den in Art. 25 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 BayMG enthaltenen Grundsätzen über die Auswahl von Programmangeboten bei nicht ausreichenden Übertragungskapazitäten entspricht. Der Senat ist gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO an das Normverständnis gebunden, das das Berufungsgericht im Hinblick auf die von ihm herangezogenen landesrechtlichen Bestimmungen zu Grunde gelegt hat. Er ist darauf beschränkt nachzuprüfen, ob die Auslegung und Anwendung des Landesrechts mit Bundesverfassungsrecht vereinbar ist. Dies ist hier, was den in erster Linie anzuwendenden Maßstab der durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG garantierten Rundfunkfreiheit anbelangt, der Fall (1.). Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG sowie den Gewährleistungen des Art. 12 Abs. 1 GG und des Art. 14 Abs. 1 GG ergibt sich keine für die Klägerin günstigere Beurteilung (2.).

10

1. Das Grundrecht der Rundfunkfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ist auf eine Ausgestaltung durch den Gesetzgeber angelegt, wobei sich, was die zu regelnden Zugangsvoraussetzungen für private Rundfunkveranstalter anbelangt, objektiv-rechtliche und subjektiv-rechtliche Elemente verschränken (a.). Der grundrechtliche Schutz aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG steht den bayerischen Programmanbietern - und damit auch der Klägerin - zu. Diesem Schutz dient die dem Gesetzgeber obliegende Aufgabe zur Regelung des Zugangs zur privaten Rundfunkveranstaltung. Die beklagte Landeszentrale ist verpflichtet, ihm bei der Anwendung der Zugangsvorschriften, auch was die wirtschaftlichen Grundlagen der Verbreitung privater Rundfunkprogramme anbetrifft, Rechnung zu tragen (b.). Eine Verletzung der Klägerin in ihrem Grundrecht der Rundfunkfreiheit - verstärkt durch den Bezug zu der Garantie effektiven Rechtsschutzes in Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG - ergibt sich indes weder aus dem von dem Verwaltungsgerichtshof festgestellten Inhalt der landesrechtlichen Vorschriften über die Auswahl von privaten Programmangeboten bei nicht ausreichenden Übertragungskapazitäten (c.) noch aus der von dem Verwaltungsgerichtshof bestätigten Anwendung des Landesmedienrechts durch die Beklagte (d.).

11

a. Die Rundfunkfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG dient nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung. Sie verlangt zunächst die Freiheit von staatlicher Beherrschung und Einflussnahme und ist in ihrem Kern Programmfreiheit. Diese klassische grundrechtliche Abwehrfunktion wird jedoch dem dienenden Charakter der Rundfunkfreiheit allein nicht gerecht. Es bedarf dazu einer positiven Ordnung, die sicherstellt, dass die Vielfalt der vorhandenen Meinungen im Rundfunk in möglichster Breite und Vollständigkeit Ausdruck findet. Hierfür sind materielle, organisatorische und prozedurale Regelungen notwendig, die an der Aufgabe der Rundfunkfreiheit orientiert und geeignet sind zu bewirken, was Art. 5 Abs. 1 GG in seiner Gesamtheit gewährleisten will. Diese rechtliche Ausgestaltung unterliegt dem Vorbehalt des Gesetzes, der, da es sich um für die Grundrechtsverwirklichung wesentliche Entscheidungen handelt, ein Parlamentsvorbehalt ist. Dem Landesgesetzgeber kommt dabei ein weiter Regelungsspielraum zu. Im Hinblick auf die Betätigung privater Rundfunkveranstalter sind regelungsbedürftig allerdings in jedem Fall die Zulassung der Bewerber und deren Auswahl in der Konstellation, dass die zur Verfügung stehenden Verbreitungsmöglichkeiten es nicht erlauben, allen auftretenden Bewerbern mit ihren Programmen den Zugang zur Veranstaltung privater Rundfunksendungen zu eröffnen (grundlegend: BVerfG, Urteile vom 16. Juni 1981 - 1 BvL 89/78 - BVerfGE 57, 295 <319 ff., 326 f.>, vom 4. November 1986 - 1 BvF 1/84 - BVerfGE 73, 118 <152 ff.> und vom 5. Februar 1991 - 1 BvF 1/85 u.a. - BVerfGE 83, 238 <295 f., 315 ff., 322 ff.>; speziell für lokalen und regionalen Rundfunk: BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 2005 - 1 BvR 396/98 - BVerfGE 114, 371 <387 ff.>). Diese objektiv-rechtliche Regelungsverpflichtung des Gesetzgebers dient zugleich der Sicherung der subjektiven Grundrechtsposition der Rundfunkveranstalter im Rahmen der vom Gesetzgeber zulässigerweise geschaffenen Rundfunkordnung; ihr Sicherungszweck wäre gefährdet, wenn die Betroffenen keine Möglichkeit hätten, eine Pflichtverletzung geltend zu machen (BVerfG, Beschluss vom 20. Februar 1998 - 1 BvR 661/94 - BVerfGE 97, 298 <313>; Urteil vom 12. März 2008 - 2 BvF 4/03 - BVerfGE 121, 30 <55 f.>).

12

b. Das Grundrecht der Rundfunkfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG steht allen zugelassenen Rundfunkveranstaltern und allen Bewerbern um eine Rundfunklizenz ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform sowie den kommerziellen oder nichtkommerziellen Charakter ihrer Betätigung zu (BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 1997 - 1 BvR 2172/96 - BVerfGE 95, 220 <234>; Urteil vom 12. März 2008 - 2 BvF 4/03 - BVerfGE 121, 30 <56>). Dies gilt uneingeschränkt auch für die bayerischen Programmanbieter bzw. für die Bewerber um eine Lizenz nach dem bayerischen Landesmedienrecht und damit für die Klägerin. Zwar wird in Bayern Rundfunk auf der Grundlage von Art. 111a Abs. 2 Satz 1 VerfBY in öffentlicher Verantwortung sowie in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft betrieben. Die Beklagte - nach Art. 10 Abs. 1 Satz 1 BayMG eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts - tritt gemäß Art. 2 BayMG als Veranstalterin der privaten Rundfunkangebote auf. Entscheidend ist jedoch, dass es die privaten Anbieter sind, die ungeachtet der gesetzlichen Veranstaltereigenschaft der Beklagten die Kernfunktion des Rundfunks, nämlich die Programmgestaltung tatsächlich wahrnehmen (BVerfG, Beschlüsse vom 20. Februar 1998 - 1 BvR 661/94 - BVerfGE 97, 298 <311 ff.> und vom 26. Oktober 2005 - 1 BvR 396/98 - BVerfGE 114, 371 <389>).

13

Hieraus folgt zum einen, dass die in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG wurzelnde Verpflichtung des (Landes-) Gesetzgebers zur Regelung des Zugangs zur Veranstaltung privaten Rundfunks vorrangig im Hinblick auf den Schutz der privaten Programmanbieter besteht. Inhaltlich bedarf es für die Erfüllung dieser Verpflichtung besonders strikter gesetzlicher Vorkehrungen, da die Gefahr der Einflussnahme auf die im Kern der Grundrechtsgarantie stehende Programmfreiheit bei der Entscheidung über die Zulassung von Bewerbern und insbesondere über deren Auswahl und über die Zuteilung von Übertragungskapazitäten im Fall nicht ausreichender Kapazitäten besonders groß ist (BVerfG, Beschluss vom 20. Februar 1998 - 1 BvR 661/94 - BVerfGE 97, 298 <313>; Urteil vom 12. März 2008 - 2 BvF 4/03 - BVerfGE 121, 30 <55 f.>).

14

Zum anderen ist die Beklagte, die ungeachtet ihrer staatsfernen und pluralistischen Konstruktion den Anbietern als Teil der öffentlichen Gewalt entgegentritt, im Verhältnis zu diesen ausschließlich grundrechtsverpflichtet. Ihr kommt in diesem Verhältnis ein eigener bundesverfassungsrechtlicher Grundrechtsschutz, der im Wege der Herstellung praktischer Konkordanz berücksichtigt werden müsste, nicht zu. Ein solcher Schutz kann der Beklagten, was hier indes keiner Entscheidung bedarf, allenfalls gegenüber staatlichen Einrichtungen zustehen (BVerwG, Urteil vom 6. Mai 2015 - 6 C 11.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:060515U6C11.14.0] - BVerwGE 152, 122 Rn. 24; die Frage zuvor noch offen lassend: BVerfG, Beschluss vom 20. Februar 1998 - 1 BvR 661/94 - BVerfGE 97, 298 <314>; BVerwG, Urteil vom 16. Juni 1999 - 6 C 19.98 - Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 33 S. 7 f.). Was die Wirkkraft des Grundrechts aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG bei der Anwendung der Vorschriften über den Zugang zur Verbreitung privater Rundfunkprogramme anbelangt, stellt wegen des auch insoweit bestehenden gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums nicht jeder Verstoß gegen diese Bestimmungen zugleich eine Grundrechtsverletzung dar. Der Bewerber hat jedoch nach der ausdrücklich als nicht abschließend gekennzeichneten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in jedem Fall einen Anspruch darauf, dass seine Position als Träger des Grundrechts der Rundfunkfreiheit bei der Auslegung und Anwendung der Zugangsregelung hinreichend beachtet wird, und verfügt damit über eine rundfunkspezifische Rechtsposition, die über die durch das Willkürverbot vermittelte hinausreicht (BVerfG, Beschluss vom 20. Februar 1998 - 1 BvR 661/94 - BVerfGE 97, 298 <314>). Gewährleistet ist danach jedenfalls die nach den konkreten Umständen des Einzelfalls angemessene Berücksichtigung des Belangs, in wirtschaftlicher und programmlicher Eigenverantwortung am publizistischen Wettbewerb teilnehmen zu können (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Juni 1999 - 6 C 19.98 - Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 33 S. 10). Diese Vorgaben reichen indes für die Umschreibung der aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG folgenden Rechtsposition eines Bewerbers um eine Rundfunklizenz bzw. um die Zuteilung von Übertragungskapazitäten dann nicht aus, wenn dieser - wie dies bei der Klägerin und auch bei der Beigeladenen der Fall ist - schon seit Jahren mit Erfolg an der Herstellung von Meinungsvielfalt im privaten Rundfunk teilgenommen hat. In einer derartigen Konstellation darf die wirtschaftliche Grundlage für die weitere Beteiligung des Betroffenen am Rundfunk durch eine Lizenzierungsentscheidung allenfalls dann entzogen oder ausgehöhlt werden, wenn hierfür gewichtige rundfunkrechtliche Gründe bestehen.

15

c. Die von dem Verwaltungsgerichtshof angewandten Vorschriften des Landesmedienrechts gestalten das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG in zulässiger Weise gesetzlich aus. Dies ist im Hinblick auf die zwingenden Genehmigungsvoraussetzungen aus Art. 26 Abs. 1 Satz 1 BayMG und die in Gestalt von Art. 25 Abs. 5 ff. BayMG getroffenen Vorkehrungen zur Verhinderung vorherrschender Meinungsmacht in dem jeweils festgesetzten Versorgungsgebiet aus Anlass des zur Entscheidung stehenden Falles nicht in Frage zu stellen. Diese Beurteilung gilt, ohne dass es dabei auf etwaige auf Art. 111a Abs. 2 Satz 1 VerfBY beruhende landesrechtliche Besonderheiten ankäme, auch für die Regelung in Art. 25 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 bis 3 BayMG. An diesen Vorschriften hat der Verwaltungsgerichtshof die von der Beklagten vor dem Hintergrund einer nicht erreichbaren partizipatorischen Frequenznutzung im Sinne von Art. 25 Abs. 4 Satz 4 bis 6 BayMG getroffene Auswahl in Bezug auf die vorliegenden Programmangebote der Klägerin und der Beigeladenen gemessen. Obwohl die Bestimmungen nach ihrer Auslegung durch den Verwaltungsgerichtshof der Beklagten einen Entscheidungsspielraum einräumen, stellen sie eine hinreichende gesetzliche Vorkehrung zum Schutz der Rundfunkfreiheit der Anbieter aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG bei nicht ausreichenden Übertragungskapazitäten für private Rundfunkprogramme dar (aa.) und verletzen auch nicht die ergänzend in den Blick zu nehmende Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG (bb.).

16

aa. Art. 25 Abs. 4 Satz 1 BayMG sieht vor, dass die Beklagte eine Auswahl vorzunehmen hat, wenn auf einer Frequenz ein Gesamtprogramm unter wirtschaftlich tragfähigen Rahmenbedingungen nicht mit allen Antragstellern durchgeführt werden kann. Hierdurch wird der Beklagten nach der für den Senat verbindlichen Auslegung des Verwaltungsgerichtshofs ein Ermessens- und Gestaltungsspielraum eingeräumt. Dieser hat nach dem Normverständnis des Verwaltungsgerichtshofs, wie sich aus dem Verweis auf die Darlegungen in seinem Urteil vom 30. November 2009 - 7 B 06.2960 - (ZUM 2010, 462 <466>) ergibt, gesetzlich festgelegte Grenzen. Der Spielraum ist begrenzt einerseits durch die Maßgaben aus Art. 25 Abs. 3 Satz 1 BayMG - die Beachtung von Programmvielfalt und tragfähigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen -, andererseits durch die in Art. 25 Abs. 4 Satz 1 bis 3 BayMG enthaltenen Auswahlgrundsätze, die sich unter anderem auf die organisatorische und finanzielle Ausstattung des Antragstellers, seinen örtlichen Bezug zum Sendegebiet und den Beitrag des Angebots zur Meinungsvielfalt und Ausgewogenheit des Gesamtprogramms beziehen. Im Übrigen wird die Beklagte durch den seitens des Landesrechts eingeräumten Spielraum nach der gefestigten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu einer Abwägungsentscheidung ermächtigt, die nach den Maßstäben der allgemein anerkannten Abwägungsfehlerlehre einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich ist (grundlegend: VGH München, Urteil vom 12. Mai 1999 - 7 B 98.1754 - ZUM-RD 1999, 397 <401 f.>). Mit diesem Inhalt sind die Bestimmungen in Art. 25 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 bis 3 BayMG mit den Vorgaben vereinbar, die sich aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG für die gesetzliche Regelung des Zugangs zur Verbreitung privater Rundfunkprogramme im Hinblick auf die Bewerberauswahl und die Zuteilung knapper Übertragungskapazitäten ergeben.

17

Das Bundesverfassungsgericht versteht seine in diesem Zusammenhang im Interesse der Rundfunkfreiheit aufgestellte Forderung nach besonders strikten gesetzlichen Vorkehrungen nur dann im Sinne eines Ausschlusses jeglicher Beurteilungs- und Ermessensspielräume, wenn die Auswahl- und Zuteilungsentscheidungen durch staatliche Behörden zu treffen sind (BVerfG, Urteile vom 4. November 1986 - 1 BvF 1/84 - BVerfGE 73, 118 <182 ff.> und vom 22. Februar 1994 - 1 BvL 30/88 - BVerfGE 90, 60 <89>). Es erachtet es demgegenüber als verfassungsrechtlich unbedenklich, dass einer unabhängigen, die Verwirklichung des Grundrechts der Rundfunkfreiheit sichernden Landesmedienanstalt bei den Zugangs- und Auswahlentscheidungen ein Abwägungs- und Gestaltungsspielraum zusteht, den die Anstalt unter Beachtung und Wahrung der betroffenen Grundrechte auszufüllen hat. Dies gilt insbesondere dann, wenn - wie dies in Art. 12 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 und Art. 13 BayMG für Entscheidungen der Beklagten über die Genehmigung von Programmangeboten vorgesehen ist - die Zustimmung des Medienrats der Anstalt als einem plural mit Vertretern gesellschaftlich relevanter Kräfte zusammengesetzten Gremium vorausgesetzt wird und damit eine auf die Ermöglichung der Meinungsvielfalt gerichtete ergänzende prozedurale Sicherung der Rundfunkfreiheit hinzutritt (BVerfG, Kammerbeschluss vom 31. Juli 2007 - 1 BvR 946/07 - NVwZ 2007, 1304 <1305>). Überantwortet mithin der Landesgesetzgeber die Bewerberauswahl und die Zuteilung der Übertragungskapazitäten einer nicht der unmittelbaren Staatsverwaltung angehörenden Landesmedienanstalt und erkennt er dieser einen Abwägungs- und Gestaltungsspielraum zu, ist es für die Erfüllung der verfassungsrechtlichen Forderung nach strikten gesetzlichen Vorgaben zur Sicherung der Rundfunkfreiheit einerseits notwendig, andererseits aber auch ausreichend, dass der besagte Entscheidungsspielraum in Gestalt von im Gesetz festgelegten Auswahlgrundsätzen vorstrukturiert ist (vgl. in diesem Sinne unter Bezug auf u.a. BVerfG, Urteil vom 16. Juni 1981 - 1 BvL 89/78 - BVerfGE 57, 295 <327>: Bumke, in: Hahn/Vesting , Beck'scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2012, § 20 RStV Rn. 45; Binder, ebendort, § 50 RStV Rn. 24; Schulze-Fielitz, in: Dreier , GG, Band 1, 3. Aufl. 2013, Art. 5 Abs. 1 und 2 Rn. 255).

18

Hiernach prägen die in Art. 25 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 bis 3 BayMG enthaltenen Maßgaben die Abwägungsentscheidung, die die Beklagte im Rahmen des ihr durch das Landesrecht zuerkannten Ermessens- und Gestaltungsspielraums zu treffen hat, in hinreichendem Maße vor. Sie sind der Sache nach auf das Ziel der Sicherung von Meinungsvielfalt bezogen. Soweit sie auf die thematische Ausrichtung des jeweiligen Programmangebots abstellen, kann und muss bei ihrer Anwendung eine unzulässige inhaltliche Bewertung vermieden werden.

19

bb. In die verfassungsrechtliche Prüfung eines administrativen Letztentscheidungsrechts ist neben der jeweils betroffenen materiellen Gewährleistung - hier derjenigen aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG - stets das prozessuale Grundrecht des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG einzubeziehen. Auch mit diesem steht der Ermessens- und Gestaltungsspielraum, den das Landesrecht der Beklagten für ihre Auswahl- und Frequenzzuteilungsentscheidung zuerkennt, in Einklang.

20

Aus der Garantie effektiven Rechtsschutzes in Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG folgt grundsätzlich die Pflicht der Verwaltungsgerichte, die angefochtenen Verwaltungsakte in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht vollständig nachzuprüfen. Dies schließt es jedoch nicht aus, dass durch den Gesetzgeber eröffnete Gestaltungs-, Ermessens- und Beurteilungsspielräume die Durchführung der Rechtskontrolle durch die Gerichte einschränken. Gerichtliche Kontrolle kann nicht weiter reichen als die materiell-rechtliche Bindung der Instanz, deren Entscheidung überprüft werden soll. Sie endet deshalb dort, wo das materielle Recht in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise das Entscheidungsverhalten nicht vollständig determiniert und der Verwaltung einen Einschätzungs- und Auswahlspielraum belässt. Für die Rechtfertigung eines administrativen Letztentscheidungsrechts am Maßstab des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG bedarf es nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts neben der hier durch den Verwaltungsgerichtshof bindend festgestellten eindeutigen gesetzlichen Verankerung vor allem eines hinreichend gewichtigen, am Grundsatz eines wirksamen Rechtsschutzes ausgerichteten Sachgrunds für die Reduzierung der gerichtlichen Kontrolldichte. Darüber hinaus müssen den Fachgerichten genügend Möglichkeiten und in deren Rahmen auch die Pflicht zu einer substantiellen Kontrolle des administrativen Handelns verbleiben (BVerfG, Beschlüsse vom 31. Mai 2011 - 1 BvR 857/07 - BVerfGE 129, 1 <20 ff., 28 ff.> und vom 8. Dezember 2011- 1 BvR 1932/08 - NVwZ 2012, 694 Rn. 20 ff.; zusammengefasst in: BVerwG, Beschluss vom 10. Dezember 2014 - 6 C 18.13 - BVerwGE 151, 56 Rn. 31). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

21

Für den Spielraum, den das Landesrecht der Beklagten einräumt, besteht ein hinreichend gewichtiger Sachgrund. Die Beklagte hat bei einer Entscheidung nach Art. 25 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 bis 3 BayMG zu beurteilen, wie sich die Auswahl eines bestimmten Bewerbers und seines Programms sowie die Zuteilung von Übertragungskapazitäten auf die Meinungsvielfalt im Versorgungsgebiet auswirken werden. Diese Beurteilung erstreckt sich auf komplexe Interessenverhältnisse und Zielkonflikte, denen Sachverhalte ökonomischer, gesellschaftlicher und kultureller Art zugrunde liegen. Dabei kommt es in entscheidendem Maße auf Wertungen, Prognosen und Abwägungen an. Die Entscheidung enthält auch gestaltende Elemente. Sie kann in Anbetracht all dessen nicht allein durch die Kategorien von falsch und richtig erfasst werden, so dass die Kompetenzzuweisung an den plural zusammengesetzten Medienrat der Beklagten sachgerecht erscheint. Eine substantielle gerichtliche Kontrolle wird hierdurch nicht in Frage gestellt. Die Beklagte muss bei ihrer Entscheidung das Grundrecht der betroffenen Bewerber aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG nach den oben genannten Maßstäben berücksichtigen. Anhand dieser Maßstäbe unterliegt die Abwägung, die die Beklagte im Rahmen ihres Ermessens- und Gestaltungsspielraums unter Beachtung der gesetzlichen Vorstrukturierung anzustellen hat, der gerichtlichen Überprüfung.

22

d. In der Anwendung des Landesmedienrechts durch den Verwaltungsgerichtshof ist eine revisionsrechtlich beachtliche Verletzung der Klägerin in ihrem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG nicht zu erkennen. Es steht außer Streit, dass die Klägerin mit ihrem noch verfahrensgegenständlichen Programmangebot die zwingenden Genehmigungsvoraussetzungen nach Art. 26 Abs. 1 Satz 1 BayMG erfüllt. Darüber hinaus ergibt sich auf der Grundlage der den Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs ein Grundrechtsverstoß weder aus dem Vollzug der in Art. 25 Abs. 5 ff. BayMG enthaltenen Bestimmungen zur Verhinderung vorherrschender Meinungsmacht im Versorgungsgebiet (aa.) noch im Zusammenhang mit der von der Beklagten auf der Grundlage von Art. 25 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 bis 3 BayMG getroffenen Auswahlentscheidung (bb.).

23

aa. Aus der Darlegung des Verwaltungsgerichtshofs, die Zugehörigkeit der Beigeladenen zu einer Firmengruppe schließe deren Berücksichtigung bei der Auswahlentscheidung nicht wegen einer von ihr ausgeübten vorherrschenden Meinungsmacht im Versorgungsgebiet im Sinne des Art. 25 Abs. 5 Satz 1 BayMG aus, tritt eine Verletzung des Grundrechts der Klägerin aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG schon deshalb nicht hervor, weil ihr die tatsächliche Feststellung zugrunde liegt, dass (mittelbare) Beteiligungen der Beigeladenen oder ihrer Muttergesellschaft in einem für die Vorschriften in Art. 25 Abs. 5 bis 10 BayMG relevanten Maß nicht bestehen. Dies ergibt sich daraus, dass der Verwaltungsgerichtshof auch in diesem Zusammenhang auf sein Urteil vom 30. November 2009 - 7 B 06.2960 - (ZUM 2010, 462 <465>) und die seither im Wesentlichen unveränderte Sachlage verwiesen hat. Die Klägerin hat diese Feststellung nicht in Zweifel gezogen und insbesondere nicht mit Verfahrensrügen angegriffen. Ihr Hinweis auf ein vielfältiges Medienengagement der Firmengruppe, der die Beigeladene angehört, und auf eine Dominanz dieser Gruppe im Bereich des privat produzierten Rundfunks in Oberfranken ist für die Frage eines in hohem Maße ungleichgewichtigen Einflusses auf die Bildung der öffentlichen Meinung im Versorgungsgebiet nicht relevant.

24

bb. Die Bestätigung der von der Beklagten auf der Grundlage von Art. 25 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 bis 3 BayMG getroffenen Auswahlentscheidung durch das Berufungsurteil beruht nicht auf einem Verstoß gegen das Grundrecht der Klägerin aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG. Die Beklagte hat dadurch, dass sie in Ausfüllung ihres gesetzlich vorstrukturierten Ermessens- und Gestaltungsspielraums der Beigeladenen die Verbreitung des Programms B auf der Frequenzkette 1 und der Klägerin die Verbreitung des Programms A auf der Frequenzkette 2 genehmigt hat, die Rundfunkfreiheit der Klägerin nicht verletzt. Abzustellen ist insoweit auf die Gründe des Bescheids vom 18. Dezember 2013 sowie die nach § 114 Satz 2 VwGO berücksichtigungsfähige Begründung des Änderungs- und Zwischenbescheids vom 29. Oktober 2015 mitsamt den dort ausdrücklich in Bezug genommenen Ausführungen in der Vorlage für den Beschluss des Medienrats der Beklagten vom 8. Oktober 2015. Die Erwägungen der Beklagten sind insbesondere unter den Gesichtspunkten des Lokalbezugs der Bewerber (1), der technischen Vergleichbarkeit der Frequenzketten im Versorgungsgebiet (2), der technischen Überreichwerte (des overspills) der Frequenzkette 1 (3), der vormals negativen wirtschaftlichen Bewertung der Frequenzkette 2 durch die Beklagte (4), der für die Klägerin mit dem Frequenzkettenumzug verbundenen wirtschaftlichen Risiken (5) und der vergleichsweise hohen Entgelte für die UKW-Sendeanlagen der Frequenzkette 2 (6) nicht zu beanstanden.

25

(1) Nach der zutreffenden Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs musste die Beklagte dem Begehren der Klägerin, die von ihr als vorzugswürdig erachtete Frequenzkette 1 für das Programm A zugewiesen zu bekommen, unter Berücksichtigung des Grundrechts der Rundfunkfreiheit nicht deshalb entsprechen, weil die Klägerin als Familienunternehmen allein von Hof aus sendet, wogegen die Beigeladene einer Firmengruppe angehört, deren Gesellschaften private Hörfunkprogramme auch in den benachbarten Versorgungsgebieten verbreiten. Die nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG beachtliche Funktion des in Art. 25 Abs. 4 Satz 3 BayMG genannten Auswahlgrundsatzes des örtlichen Bezugs eines Bewerbers zum Sendegebiet und die Rechtfertigung einer daran ausgerichteten Abwägungsentscheidung kann nur darin bestehen, der Verbindung des angebotenen Programms mit dem Versorgungsgebiet in inhaltlicher Sicht zu dienen. Diese Funktion kann, wovon der Verwaltungsgerichtshof zu Recht ausgeht, auch durch eine im Versorgungsgebiet ansässige und tätige, wenn auch einer überörtlichen Firmengruppe angehörende Gesellschaft - hier die Beigeladene - erfüllt werden. Eine Pflicht zu einer generellen Bevorzugung örtlicher mittelständischer Unternehmen, wie sie der Klägerin vorschwebt, kann aus dem oben umschriebenen Gewährleistungsgehalt des Grundrechts der Rundfunkfreiheit nicht abgeleitet werden.

26

(2) Die Klägerin wird durch die von dem Verwaltungsgerichtshof bestätigte Entscheidung der Beklagten, ihr die Frequenzkette 2 zuzuweisen, nicht deswegen in den durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützten wirtschaftlichen Grundlagen ihrer Tätigkeit als private Rundfunkproduzentin beeinträchtigt, weil angenommen werden müsste, dass die Frequenzkette 2 im Vergleich mit der Frequenzkette 1, die die Beklagte der Beigeladenen zugewiesen hat, eine wesentlich geringere technische Leistungsfähigkeit in dem Versorgungsgebiet mit negativen Auswirkungen auf die Attraktivität der gesendeten Programme als Werbeträger aufweist.

27

Der Verwaltungsgerichtshof hat tatsächliche Feststellungen zu den Vor- und Nachteilen der Frequenzketten 1 und 2 im Hinblick auf ihre technische Leistungsfähigkeit im Versorgungsgebiet getroffen. Er hat festgestellt, dass die Frequenzkette 1 im Versorgungsgebiet eine technische Reichweite von ca. 218 000 Einwohnern hat. Die Frequenzkette weist mit dem Sender Großer Waldstein den leistungsstärksten Sender im Versorgungsgebiet auf. Sie hat jedoch Schwächen in Gestalt einer vergleichsweise schwachen Versorgung der Stadt Hof und eines örtlich begrenzten Signalschwunds in den Tälern und Senken der hügeligen Landschaft. Die Frequenzkette 2 hat nach Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs im Versorgungsgebiet eine technische Reichweite von ca. 211 000 Einwohnern. Sie versorgt die Stadt Hof besonders gut, weist aber in einigen Gebieten - insbesondere in Rehau, Schwarzenbach an der Saale und westlich von Weißenstadt - Defizite auf. Nach der bereits in erster Instanz durch das Verwaltungsgericht getroffenen und von dem Verwaltungsgerichtshof in Bezug genommenen Feststellung wird durch das sog. Radio Data System die durchgehende Hörbarkeit beider Frequenzketten im mobilen Empfang durch moderne Autoradios sichergestellt. Der Verwaltungsgerichtshof hat diese von ihm festgestellten technischen Gegebenheiten in tatsächlicher Hinsicht dahingehend gewürdigt, dass beide Frequenzketten trotz ihrer jeweiligen strukturbedingten Vor- und Nachteile das Versorgungsgebiet vergleichbar gut bedienen.

28

Die Klägerin stellt dieser Feststellung und Würdigung von Tatsachen durch den Verwaltungsgerichtshof die Behauptung entgegen, die Frequenzkette 2 weise ein ca. 30 000 bis 40 000 potentielle Hörer betreffendes Funkloch auf, könne bei dem Hörfunkempfang im Auto eine Durchhörbarkeit nicht gewährleisten und sei deshalb im Vergleich mit der Frequenzkette 1 als minderwertig zu qualifizieren. Sie kann damit im Revisionsverfahren nicht durchdringen. Denn sie hebt die auf § 137 Abs. 2 VwGO beruhende Bindung des Senats an die Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichtshofs nicht mittels erfolgreicher Verfahrensrügen auf und bringt derartige Rügen auch nicht gegen die Tatsachenwürdigung des Verwaltungsgerichtshofs an.

29

Die Klägerin rügt zu Unrecht, der Verwaltungsgerichtshof habe den Überzeugungsgrundsatz nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO durch die Annahme einer Vergleichbarkeit der beiden Frequenzketten in technischer Hinsicht verletzt, weil er nicht zur Kenntnis genommen bzw. seiner Tatsachenwürdigung nicht zutreffend zugrunde gelegt habe, dass nach dem von der Beklagten vorgelegten Versorgungsbericht die Städte Rehau, Schwarzenbach an der Saale und Gebiete westlich von Weißenstadt von der Frequenzkette 2 nicht oder nur eingeschränkt versorgt würden, was negative wirtschaftliche Auswirkungen für den Verbreiter von Hörfunk auf dieser Frequenzkette habe.

30

Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO hat das Gericht seiner Überzeugungsbildung das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde zu legen. Es darf nicht einzelne erhebliche Tatsachen oder Beweisergebnisse aus seiner Würdigung ausblenden. Im Übrigen darf es zur Überzeugungsbildung die ihm vorliegenden Tatsachen und Beweise frei würdigen. Die Einhaltung der verfahrensrechtlichen Grenzen zulässiger Sachverhalts- und Beweiswürdigung ist deshalb nicht schon dann in Frage gestellt, wenn ein Beteiligter das vorliegende Tatsachenmaterial anders würdigt oder aus ihm andere Schlüsse ziehen will als das Gericht. Diese Grenzen sind erst dann überschritten, wenn das Gericht nach seiner Rechtsauffassung entscheidungserheblichen Akteninhalt übergeht oder aktenwidrige Tatsachen annimmt, oder wenn die von ihm gezogenen tatsächlichen Schlussfolgerungen gegen die Denkgesetze verstoßen (BVerwG, Beschlüsse vom 9. Juni 2015 - 6 B 59.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:090615B6B59.14.0] - Buchholz 442.066 § 55 TKG Nr. 11 Rn. 53 und vom 8. Juni 2016 - 6 B 40.15 [ECLI:DE:BVerwG:2016:080616B6B40.15.0] - Buchholz 442.066 § 55 TKG Nr. 12 Rn. 36). Dem Verwaltungsgerichtshof sind derartige Fehler in der Sachverhaltswürdigung nicht unterlaufen. Er hat vielmehr die in dem Versorgungsbericht beschriebenen Nachteile der Frequenzkette 2 zur Kenntnis genommen und sie ausdrücklich als Defizite bezeichnet. Er hat es allerdings dabei nicht bewenden lassen, sondern auch die anhand des Versorgungsberichts gleichfalls erkennbaren Nachteile der Frequenzkette 1 sowie die Vorteile beider Frequenzketten in den Blick genommen. Zu der Würdigung, dass beide Frequenzketten das Versorgungsgebiet vergleichbar gut bedienen, ist der Verwaltungsgerichtshof gelangt, indem er die jeweiligen Vor- und Nachteile in einer gut nachvollziehbaren Weise in Beziehung gesetzt hat.

31

Soweit die Klägerin sinngemäß eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht aus § 86 Abs. 1 VwGO im Hinblick auf Sendeleistungseinschränkungen der Frequenzkette 2 insbesondere in den Städten Rehau, Schwarzenbach an der Saale und in Gebieten westlich von Weißenstadt rügt, wird ihr Vorbringen dem Begründungserfordernis des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO nicht gerecht. Für die ordnungsgemäße Begründung einer Aufklärungsrüge muss substantiiert dargelegt werden, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände, die für das Gericht entscheidungserheblich waren, Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären, welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern deren Berücksichtigung auf der Grundlage der Rechtsauffassung der Vorinstanz zu einem anderen Ergebnis hätte führen können. Weiterhin muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen. Dabei müssen die Beweismittel, deren Heranziehung sich dem Berufungsgericht hätte aufdrängen müssen, angegeben werden und es muss dargelegt werden, inwiefern das Urteil im Einzelnen auf der unterbliebenen Heranziehung beruht oder beruhen kann (stRspr, BVerwG, Urteil vom 31. Juli 2013 - 6 C 9.12 - Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 180 Rn. 43 m.w.N.). Diesen Anforderungen genügt der Vortrag der Klägerin bereits im Ansatz nicht.

32

Die Beklagte ist bei ihrer Auswahlentscheidung von einer den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs entsprechenden Tatsachengrundlage und einer übereinstimmenden Würdigung in tatsächlicher Hinsicht ausgegangen. Sie hat im Anschluss daran bei der durch die Maßgaben des Art. 25 Abs. 3 Satz 1 BayMG geleiteten Ausfüllung ihres Ermessens- und Gestaltungsspielraums einen wirtschaftlichen Programmbetrieb nicht nur auf der Frequenzkette 1, sondern auch auf der Frequenzkette 2 für möglich erachtet. Der Verwaltungsgerichtshof hat dies vor dem Hintergrund des der Klägerin durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleisteten Schutzes zu Recht nicht beanstandet.

33

(3) Die Erwägung, mit der der Verwaltungsgerichtshof in Anwendung des Landesrechts eine Bedeutung des durch die Leistungsstärke des Senders Großer Waldstein bewirkten overspills der Frequenzkette 1 für die Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung der Beklagten verneint hat, greift im Hinblick auf das Grundrecht der Klägerin aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zu kurz. Das angefochtene Urteil beruht jedoch nicht auf dieser Verkennung des Gehalts des Grundrechts, denn die Beklagte hat ihm bei ihrer Entscheidung in nicht zu beanstandender Weise Rechnung getragen.

34

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch Bezugnahme auf den von der Beklagten vorgelegten Versorgungsbericht festgestellt, dass die Frequenzkette 1 auf ganz Bayern bezogen eine technische Reichweite von ca. 548 000 Einwohnern hat. Unter Berücksichtigung der von dem Verwaltungsgerichtshof festgestellten technischen Reichweite der Frequenzkette 1 im Versorgungsgebiet ergibt sich ein overspill von ca. 330 000 Einwohnern. Die Frequenzkette 2 ist nach Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs demgegenüber in ihrer technischen Reichweite im Wesentlichen auf das Versorgungsgebiet begrenzt.

35

Der Verwaltungsgerichtshof hat diesem tatsächlichen Umstand keine rechtliche Relevanz für die von der Klägerin angegriffene Auswahlentscheidung der Beklagten beigemessen, weil die wirtschaftliche Tragfähigkeit eines Rundfunkprogramms im Sinne des Art. 25 Abs. 3 Satz 1 BayMG in dem Versorgungsgebiet selbst gesichert sein müsse und es deshalb hier auch nicht auf die bisher durch den overspill der Frequenzkette 1 erzielten Werbeeinnahmen der Klägerin und der Beigeladenen ankomme. Mit dieser Anwendung des Landesrechts ist der Verwaltungsgerichtshof dem Gewährleistungsgehalt des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG nicht vollständig gerecht geworden. Zwar ist auch vor dem Hintergrund des Grundrechts nicht in Frage zu stellen, dass das Versorgungsgebiet nach der von dem Landesgesetzgeber in Art. 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 BayMG getroffenen Strukturentscheidung den entscheidenden rechtlichen Bezugspunkt für die Ordnung des lokalen Rundfunks bildet und Grenzüberschreitungen dementsprechend einen diese Ordnung potentiell störenden Charakter haben. Jedoch hat das Bundesverfassungsgericht die Bedeutung auch und gerade der tatsächlichen Verhältnisse für die Umschreibung des Schutzes hervorgehoben, den Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG den Produzenten privater Rundfunkprogramme gewährt (BVerfG, Beschluss vom 20. Februar 1998 - 1 BvR 661/94 - BVerfGE 97, 298 <311>). Die Beklagte hatte deshalb entgegen der Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs im Hinblick auf die grundrechtsrelevanten wirtschaftlichen Grundlagen der privaten Rundfunkproduktion den overspill der Frequenzkette 1 bei der Abwägung innerhalb ihres insoweit durch die Maßgaben des Art. 25 Abs. 3 Satz 1 BayMG vorgeprägten Ermessens- und Gestaltungsspielraums zu berücksichtigen. Dies hat sie indes in nicht zu beanstandender Weise getan.

36

Die Beklagte hat sich in der ihrer Auswahlentscheidung zugrunde liegenden Abwägung auf die Erwägung gestützt, dass eine Betonung des overspills bei der Werbevermarktung negative Auswirkungen auf den Werbemarkt in den benachbarten Versorgungsgebieten haben könne und dass eine derartige Betonung vor allem von der Klägerin und weniger von der Beigeladenen, die an der Verbreitung privater lokaler Hörfunkprogramme in den Nachbargebieten (mittelbar) beteiligt sei, erwartet werden müsse. Diese Erwägung lässt einen Abwägungsfehler im Hinblick auf die Bewältigung von Störungen, die sich aus dem physikalischen Phänomen des overspills für die von dem Landesgesetzgeber zugrunde gelegte Struktur des lokalen Hörfunks ergeben können, nicht erkennen. Die Beklagte konnte dabei davon ausgehen, dass die wirtschaftliche Existenz der Klägerin als private Rundfunkproduzentin bisher nicht in einem für das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG erheblichen Maße von einer Ausnutzung des overspills der Frequenzkette 1 abhängig war. Nach den von der Beklagten in den Blick genommenen, für Werbekunden besonders aussagekräftigen Erhebungen über tatsächlich erreichte Hörer sind in der Vergangenheit auf Grund dieses overspills zusätzliche tatsächliche Hörer nur in begrenzter Zahl gewonnen worden, im Jahr 2015 ca. 10 Prozent. Diesen Wert, an dem die Klägerin nur entsprechend ihrer Beteiligung an der Nutzung der Frequenzkette 1 Anteil haben konnte, hat der Verwaltungsgerichtshof durch seinen Verweis auf die Gründe der angegriffenen Bescheide der Beklagten - hier diejenigen des Änderungs- und Zwischenbescheids vom 29. Oktober 2015 - festgestellt.

37

(4) Die Zuweisung der Frequenzkette 2 für das Programm A beeinträchtigt die Klägerin nicht deshalb in einer nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG unzulässigen Weise in ihrer wirtschaftlichen Existenz, weil die frühere negative wirtschaftliche Bewertung dieser Frequenzkette durch die Beklagte nach wie vor als beachtlich angesehen werden müsste.

38

Die Beklagte hatte in der vorhergehenden Lizenzierungsperiode eine eigenständige wirtschaftliche Tragfähigkeit des von der Beigeladenen auf der Frequenzkette 2 verbreiteten Jugendhörfunkprogramms C verneint (vgl. dazu: VGH München, Urteil vom 30. November 2009 - 7 B 06.2960 - ZUM 2010, 462 <463, 467, 468>). Dies führt indes nicht dazu, dass die nunmehr in Streit stehende Auswahlentscheidung der Beklagten - gewissermaßen im Sinne einer nahtlosen Fortschreibung ihrer vormaligen Einschätzung - wegen einer mit Blick auf Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG nicht hinreichenden Beachtung der wirtschaftlichen Grundlage einer weiteren Beteiligung der Klägerin am lokalen Hörfunk als abwägungsfehlerhaft anzusehen wäre. Die Klägerin kann mit ihrem Programm A inhaltlich weiter ausgreifen und deshalb - mit entsprechenden Folgen für ihre Attraktivität für Werbekunden - vom Ansatz her mehr Hörer erreichen als ein reines Jugendhörfunkprogramm. Unabhängig hiervon hat die Beklagte in den von dem Verwaltungsgerichtshof in Bezug genommenen und in ihren tatsächlichen Bestandteilen festgestellten Gründen des Änderungs- und Zwischenbescheids vom 29. Oktober 2015 darauf verwiesen, dass im Jahr 2014 C auch als Jugendhörfunkprogramm auf der Frequenzkette 2 eine höhere durchschnittliche Hörerreichweite erreicht hat als die Programme B und A auf der Frequenzkette 1.

39

(5) Der Umstand, dass die Klägerin nach der von dem Verwaltungsgerichtshof bestätigten Auswahlentscheidung der Beklagten mit ihrem Programm A, was dessen bisher bestehenden Umfang anbelangt, von der Frequenzkette 1 auf die Frequenzkette 2 umziehen muss, rechtfertigt nicht die Annahme, der Klägerin werde in einer Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG widersprechenden Weise die wirtschaftliche Grundlage ihrer weiteren Betätigung als Rundfunkproduzentin entzogen.

40

Der Verwaltungsgerichtshof hat die wirtschaftlichen Risiken benannt, die sich für die Klägerin im Hinblick auf die für sie neuartige Verbreitung des Programms A auf der Frequenzkette 2 ergeben. Die Risiken haben ihren Grund zum einen in dem Umstand, dass die Klägerin ein Programm von nicht mehr nur sechs Stunden, sondern von nun 24 Stunden täglicher Sendezeit zu produzieren und damit im Wettbewerb zu bestehen haben wird. Die Risiken hängen zum anderen damit zusammen, dass die Klägerin bestrebt sein muss, ihre angestammten Hörer von der Frequenzkette 1, auf der ihr bisher sechs Stunden täglicher Sendezeit zur Verfügung stehen, auf die Frequenzkette 2 mitzunehmen bzw. auf dieser Kette, auf der seit mehreren Jahren das auf einen anderen Hörerkreis abstellende Jugendhörfunkprogramm C der Beigeladenen eingeführt ist, neue Hörer zu erreichen. Durch diese Differenzierung hat der Verwaltungsgerichtshof zutreffend verdeutlicht, dass sich die Frage der Wirtschaftlichkeit des Rundfunkbetriebs der Klägerin auf der Frequenzkette 2 nur zu einem Teil unter dem Vorzeichen des Frequenzkettenumzugs, zu einem anderen, überwiegenden Teil jedoch unter demjenigen der von der Klägerin begehrten und deshalb von ihr in alleiniger Verantwortung zu bewältigenden Neuzuteilung von Übertragungskapazität stellt. An dieser Differenzierung hat sich auch die Beklagte in der ihrer Auswahlentscheidung zugrunde liegenden Abwägung orientiert. Der Verwaltungsgerichtshof hat dies nach Maßgabe des für die Klägerin durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG bewirkten Schutzes zu Recht bestätigt.

41

Die Beklagte hat auf die der Klägerin zugute kommende Vervierfachung der täglichen Sendezeit verwiesen. Im Vordergrund stand für sie der Aspekt der Neuzuteilung von Übertragungskapazität auf der Frequenzkette 2. Hierin liegt kein Abwägungsfehler. Die Frequenzkette 2 ermöglicht nach der generellen, ausweislich der bisherigen Darlegungen nicht zu beanstandenden Einschätzung der Beklagten lokalen Hörfunk mit einer wirtschaftlichen Tragfähigkeit im Sinne von Art. 25 Abs. 3 Satz 1 BayMG in vergleichbarer Weise wie die Frequenzkette 1.

42

Die Entscheidung, im Zusammenhang mit der Neuzuteilung von Übertragungskapazität die speziell mit dem Frequenzkettenumzug verbundenen Risiken der Klägerin und nicht der Beigeladenen zuzumuten, hat die Beklagte ebenfalls ohne Abwägungsfehler getroffen. Nicht zu beanstanden ist zunächst der von ihr herangezogene Gesichtspunkt, dass die Beigeladene nach der bestehenden - rechtskräftig bestätigten - Aufteilung der täglichen Sendezeiten auf der Frequenzkette 1 über den größeren, auf 18 Stunden bemessenen Anteil verfügt. Ohne weiteres nachvollziehbar ist darüber hinaus und vor allem die zu Gunsten der Beigeladenen sprechende Erwägung, dass deren bisher bestehende Genehmigung zur ganztägigen Nutzung der Frequenzkette 2 durch das Jugendhörfunkprogramm C auf Grund der Auswahlentscheidung der Beklagten vollständig entfällt und die Beigeladene dieses Programm fortan nur digital und mithin auch nicht in dem sog. Simulcast-Betrieb - das heißt sowohl in analoger als auch digitaler Form - verbreiten kann.

43

(6) Schließlich ergibt sich eine durch die Auswahlentscheidung der Beklagten herbeigeführte Beeinträchtigung der Klägerin in ihrem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG nicht unter Berücksichtigung der Entgelte, die für die UKW-Sendeanlagen der Frequenzkette 2 gezahlt werden müssen.

44

Zwar sind diese Entgelte in der von dem Verwaltungsgerichtshof in den Blick genommenen Zeit gestiegen, während sich die entsprechenden, die Frequenzkette 1 belastenden Entgelte verringert haben. Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch festgestellt, dass sich die UKW-Sendeentgelte für die Klägerin wegen der von der Beklagten in dem Bescheid vom 29. Oktober 2015 benannten Maßgaben nicht nachteilig ändern, das heißt, die Klägerin nicht höher als die Beigeladene belasten werden. An diese tatsächliche Feststellung ist der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden, denn die Klägerin hat sie nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen.

45

2. Werden durch die Auslegung und Anwendung des Landesrechts die Gewährleistungen gewahrt, die sich für die Klägerin aus dem Grundrecht der Rundfunkfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ergeben, scheidet die Annahme einer Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG aus. Auch aus dem Grundrecht der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG kann die Klägerin schon deshalb kein für sie günstigeres Ergebnis herleiten, weil sie durch die Auswahlentscheidung der Beklagten einen beträchtlichen Zuwachs an Sendezeit für ihr Programm A erhält und auf der ihr zugewiesenen Frequenzkette 2 ein wirtschaftlicher Rundfunkbetrieb möglich ist. In Anbetracht dessen kommt schließlich eine Verletzung des Eigentumsgrundrechts nach Art. 14 Abs. 1 GG nicht in Betracht, ohne dass es eines näheren Eingehens auf den fehlenden eigentumsrechtlichen Schutz von öffentlich-rechtlichen Genehmigungen sowie von Umsatz- und Gewinnchancen bzw. auf die Frage einer Einbeziehung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb in den Schutzbereich des Grundrechts bedarf (vgl. dazu insgesamt: BVerfG, Urteil vom 6. Dezember 2016 - 1 BvR 2821/11 u.a. - NJW 2017, 217 Rn. 231 ff.).

46

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Beigeladene hat im Revisionsverfahren einen Antrag auf Zurückweisung der Revision gestellt und damit gemäß § 154 Abs. 3 VwGO ein eigenes Kostenrisiko auf sich genommen. Da der Antrag Erfolg gehabt hat, entspricht es der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.


Diese Entscheidung zitiert ausblendenDiese Entscheidung zitiert


Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Trier vom 7. November 2013 wird zurückgewiesen, soweit der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt worden ist.

Die Kostenentscheidung im Beschluss des Verwaltungsgerichts Trier vom 7. November 2013 wird aufgehoben. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge zu tragen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese jeweils selbst tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Verfahren wird, zugleich unter Abänderung der Streitwertfestsetzung im Beschluss des Verwaltungsgerichts Trier vom 7. November 2013, für beide Rechtszüge auf jeweils 17.772,30 Euro festgesetzt.

Gründe

1

Die Beschwerde des Antragstellers hat in der Sache keinen Erfolg.

2

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit dem der Antragsteller seinen Anspruch auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung auf eine der für Justizvollzugshauptsekretäre zum Beförderungstermin am 18. Mai 2013 ausgeschriebenen Stellen der Besoldungsgruppe A 9 Landesbesoldungsordnung - LBesO - zu sichern sucht, im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Der Antragsteller hat keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung). Die getroffene Auswahlentscheidung zu Gunsten der Beigeladenen leidet zwar an einem Verfahrensfehler (1.). Sie hält allerdings inhaltlich der verwaltungsgerichtlichen Rechtmäßigkeitskontrolle stand (2.). Deshalb ist nicht davon auszugehen, dass der Antragsteller bei einer fehlerfreien Wiederholung des Auswahlvorgangs zum Zuge kommen wird. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist aus diesem Grund nicht erforderlich, um dem Antragssteller effektiven Rechtsschutz für die Durchführung eines Hauptsacheverfahrens zu gewähren (3.).

3

1. Die im Nachgang zum fehlgeschlagenen ersten Beförderungsversuch (vgl. Senatsbeschluss vom 1. August 2013 - 2 B 10667/13.OVG -) ergangene Beförderungsentscheidung zu Gunsten der Beigeladenen leidet daran, dass der Antragsgegner diese nicht auf der Grundlage eines inhaltlich ausreichenden Besetzungsberichts getroffen hat (a). Das Fehlen der schriftlichen Darlegung der Entscheidungskriterien kann auch nicht im gerichtlichen Verfahren nachgeholt werden (b).

4

a) Nach ständiger verfassungs- und verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung sind bei beamtenrechtlichen Besetzungs- und Beförderungsentscheidungen die hierfür maßgeblichen Auswahlerwägungen vor Abschluss des Verwaltungsverfahrens schriftlich niederzulegen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 -, NVwZ 2007, 1178; BVerwG, Beschluss vom 16. Dezember 2008 - 1 WB 19.08 -, NVwZ-RR 2009, 604; OVG RP, Beschlüsse vom 27. August 2008 - 2 B 10588/09.OVG -, vom 27. September 2010 - 2 B 10837/10.OVG - und vom 19. August 2013 - 2 B 10706/13.OVG -). Daran fehlt es hier. Weshalb die Beigeladenen als die am besten geeigneten Kandidaten zu befördern seien, lässt sich weder aus der Vorlage an den Personalrat vom 11. September 2013 noch aus dem Schreiben an die Bevollmächtigten des Antragstellers vom 19. September 2013 mit der erforderlichen Deutlichkeit entnehmen. Vielmehr ist erst durch das weitere Schreiben des Antragsgegners vom 7. Oktober 2013 und den Schriftsatz im gerichtlichen Eilverfahren vom 17. Oktober 2013 (Bl. 18 ff. Gerichtsakte) für den Antragsteller wie auch für das Verwaltungsgericht erstmals erkennbar geworden, auf welche Gründe der Antragsgegner sich bei seiner Entscheidung für die Beigeladenen gestützt hat. Im Zeitpunkt des Zugangs des erstgenannten Schreibens am 9. Oktober 2013 hatte der Antragsteller zur Vermeidung nicht mehr rückgängig zu machender Nachteile aber bereits seinen Eilantrag gestellt (und nach der rund zwei Wochen zuvor erhaltenen Negativmitteilung vom 19. September 2013 auch stellen müssen).

5

b) Der Fehler eines unterlassenen Besetzungsberichts kann im gerichtlichen Verfahren nicht geheilt werden, weil damit der gerichtliche Rechtsschutz für den Betroffenen unzumutbar erschwert würde. Zwar lässt § 114 Satz 2 VwGO die Ergänzung von Ermessenserwägungen im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens zu, nicht aber eine vollständige Nachholung oder Auswechslung der die Auswahlentscheidung tragenden Gründe (vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. Juli 2007, a.a.O.; allgemein zur Ergänzung von Ermessenserwägungen auch BVerwG, Urteil vom 5. Mai 1998 - 1 C 17.97 -, BVerwGE 106, 351 [365]; Urteil vom 17. Juli 1998 - 5 C 14.97 - BVerwGE 107, 164, [169] sowie Beschluss vom 20. August 2003 - 1 WB 23/03 -, RiA 2004, 35). Deshalb ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn der Dienstherr – vor allem nach qualifizierten Rügen des unterlegenen Bewerbers – seine tragenden Auswahlerwägungen in einem verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren näher erläutert und, wenn es erforderlich sein sollte, auch in Teilen ergänzt, solange damit die wesentlichen Auswahlgesichtspunkte lediglich bestätigt werden. Eine erstmals im Verlauf eines gerichtlichen Verfahrens erfolgende schriftliche Fixierung der für den Dienstherrn tragenden Erwägungen, die zu der Bewerberauswahl geführt haben, kann dagegen nicht zur Rechtmäßigkeit der Beförderungsentscheidung führen. Andernfalls wäre der gerichtliche Rechtschutz für den unterlegenen Bewerber unzumutbar erschwert. Denn dieser kann zum Zeitpunkt der Stellung seines Eilantrages die Erfolgsaussichten bei einer solchen Verfahrensweise nicht mehr hinreichend sicher einschätzen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. Juli 2007, a.a.O.; OVG RP, Beschluss vom 19. August 2013 - 2 B 10706/13.OVG -). So verhält es sich hier, da zum Zeitpunkt des Eingangs des Eilantrags hinreichende Angaben des Antragsgegners zum Eignungs- und Leistungsvergleich der Beamten, die diesen nachvollziehbar gemacht hätten, fehlten.

6

2. Auch wenn aus diesen Gründen die Auswahlentscheidung in formeller Hinsicht fehlerhaft ergangen ist, kann der Antragsteller hieraus für sein Begehren materiell nichts herleiten. Denn der Antragsgegner hat bei seiner Entscheidung über die Vergabe der in Rede stehenden Beförderungsstellen den in Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz - GG -, § 9 Beamtenstatusgesetz - BeamtStG - niedergelegten Leistungsgrundsatz beachtet. Dies hat bereits das Verwaltungsgericht im Einzelnen zutreffend dargelegt. Auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses, denen sich der Senat inhaltlich anschließt, wird deshalb gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO verwiesen. Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen ist lediglich ergänzend auszuführen:

7

Nach Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG haben Beamte, die sich um ein Beförderungsamt bewerben, einen verfassungsrechtlich und einfachgesetzlich gesicherten Anspruch darauf, dass der Dienstherr über ihre Bewerbungen ermessens- und beurteilungsfehlerfrei allein nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung entscheidet. Dieser Leistungsgrundsatz wird durch Art. 33 Abs. 2 GG unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistet. Zwar dient die Vorschrift in erster Linie dem Interesse des Dienstherrn und der Allgemeinheit an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes. Fachliches Niveau und rechtliche Integrität des öffentlichen Dienstes sollen gerade durch die ungeschmälerte Anwendung des Leistungsgrundsatzes gewährleistet werden. Unabhängig hiervon trägt Art. 33 Abs. 2 GG aber auch dem berechtigten Interesse des Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen Rechnung, indem er ein grundrechtsgleiches Recht auf rechtsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl gewährt (sog. Bewerbungsverfahrensanspruch, vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 25. November 2011 - 2 BvR 2305/11 -, ZBR 2012, 252; BVerwG, Urteile vom 25. November 2004 - 2 C 17.03 -, BVerwGE 122, 237; vom 4. November 2010 - 2 16.09 -, BVerwGE 138, 102 und vom 30. Juni 2011 - 2 19.10 -, BVerwGE 140, 83; OVG RP, Beschluss vom 15. Oktober 2013 - 2 B 10707/13.OVG -, juris; stRspr). Ein Bewerber um ein Beförderungsamt kann danach verlangen, dass der Dienstherr seine Bewerbung nur aus Gründen zurückweist, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind.

8

Über diese Auswahlkriterien verlässlich Auskunft zu geben, ist in erster Linie Aufgabe von dienstlichen Beurteilungen, denen deshalb bei einer Auswahlentscheidung regelmäßig vorrangige Bedeutung zukommt. Vor allem im Rahmen der Vergabe von Beförderungsstellen haben dienstliche Beurteilungen die Aufgabe, den mit Verfassungsrang ausgestatteten Grundsatz zu verwirklichen, Beamte nur nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu befördern. Sie sollen so einerseits die nach den konkreten Umständen optimale Verwendung der Beamten gewährleisten und damit die im öffentlichen Interesse liegende Erfüllung hoheitlicher Aufgaben durch Beamte gemäß Art. 33 Abs. 4 GG bestmöglich sichern. Zugleich soll die dienstliche Beurteilung aber auch dem berechtigten Anliegen der Beamten dienen, in ihrer Laufbahn entsprechend ihrer Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung voranzukommen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Oktober 2012 - 2 BvR 1120/12 -, juris; BVerwG, Beschluss vom 25. Oktober 2011 - 2 VR 4.11 -, NVwZ-RR 2012, 241, m.w.N.).

9

Ein Beförderungssystem, das bei einem Beurteilungsgleichstand der Bewerber im Gesamtergebnis durch Auswertung einzelner Leistungs- und Befähigungsmerkmale eine vorschnelle Heranziehung leistungsferner Hilfskriterien vermeidet, steht nach ständiger Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 18. Juli 2012 - 2 B 10606/12.OVG -, veröffentlicht in ESOVGRP, m.w.N.) mit dem beamtenrechtlichen Leistungsgrundsatz in Einklang. Voraussetzung ist allerdings, dass der Dienstherr das vollständige Informationspotenzial der Beurteilungen ausschöpft und die Einzelauswertung nicht nur auf Teilbereiche beschränkt (vgl. Beschluss vom 10. September 2013 - 2 B 10781/13.OVG -, veröffentlicht in ESOVGRP).

10

Sämtliche dieser Anforderungen erfüllt die Auswahlentscheidung, wie sie sich nach der Aktenlage und – vor allem – der nachgeholten Benennung der Auswahlkriterien im Schriftsatz vom 17. Oktober 2013 (Bl. 18 ff. Gerichtsakte) darstellt. Danach hat der Antragsgegner die Beförderungsentscheidung ausschließlich auf der Grundlage der letzten nach Nr. 1.2.1 der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums der Justiz vom 11. Januar 2006 (2400-5-4) berücksichtigungsfähigen dienstlichen Beurteilungen der Bewerber getroffen. Da hierbei die in die engere Auswahl kommenden Beamten im Gesamtergebnis gleich („Durchschnittlich mit der Tendenz zu überdurchschnittlich“) beurteilt worden sind, hat der Antragsgegner sämtliche der bei allen Bewerbern bewerteten Einzelmerkmale ausgewertet. Dies ist durch die einfache Gewichtung der „stark“ ausgeprägten und eine zweifache Gewichtung der „besonders stark“ ausgeprägten Beurteilungsmerkmale erfolgt. Die Addition dieser dergestalt numerisch gewichteten Einzelnoten ergibt eine Reihung, in welcher der Antragsteller auf dem Rangplatz neun (von insgesamt elf) eingereiht ist. Das reicht bei lediglich fünf noch freien Beförderungsstellen nicht aus, um in ein Amt der Besoldungsgruppe A 9 LBesO eingewiesen zu werden.

11

Auf seine Vorgesetztenfunktion kann sich der Antragsteller insoweit nicht erfolgreich berufen. Es entspricht vielmehr der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass in solchen Fällen den Einzelmerkmalen der für Vorgesetzte vorgesehenen Bewertungsmerkmale erst dann eine ausschlaggebende Bedeutung zukommt, wenn bei allen anderen Merkmalen kein Vorsprung zu verzeichnen ist (vgl. Beschluss vom 26. August 2011 - 2 B 10798/11.OVG -, veröffentlicht in ESOVGRP). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor, weil alle Beigeladenen bereits in den für alle Bewerber geltenden Beurteilungsmerkmalen einen deutlichen Vorsprung gegenüber dem Antragsteller aufzuweisen haben. Das durfte der Antragsgegner zu Recht als entscheidend für die Beförderungsauswahl ansehen.

12

3. Wegen dieser – nach dem Vorstehenden rechtmäßigen – Beförderungsreihung ist nicht davon auszugehen, dass der Antragsteller bei einer fehlerfreien Wiederholung des Auswahlvorgangs zum Zuge kommen wird. Dies ist nach ständiger verfassungs- und verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung aber erforderlich, um durch eine einstweilige Anordnung die Ernennung der Auswahlsieger in einem beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitverfahren zu verhindern (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 13. September 2002 - 2 BvR 857/02 -, DVBl. 2002, 1633 und vom 13. Januar 2010 - 2 BvR 811/09 -, juris; OVG RP, Beschluss vom 23. August 2011 - 2 B 10722/11.OVG -). Da der Antragsteller bei diesem, vom Antragsgegner im Rahmen einer Selbstbindung auch künftig anzuwendenden, Beförderungssystem keine realistische Beförderungschance hat, bedarf er keines vorläufigen Rechtsschutzes zur Durchführung eines Hauptsacheverfahrens.

13

4. Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsgegner trotz Zurückweisung der Beschwerde in der Sache gemäß § 155 Abs. 4 VwGO tragen, weil er die entscheidenden Erwägungen gemäß § 114 Satz 2 VwGO erst im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nachgeschoben hat (vgl. zur Kostentragung im Falle des Nachschiebens von Gründen Jeromin/Praml, in: Gärditz, VwGO, 2013, § 155 Rn. 18). Eine Kostentragungspflicht in Bezug auf die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen entspricht nicht gemäß § 162 Abs. 3 VwGO der Billigkeit, da diese keine Anträge gestellt und sich somit selbst keinem Kostenrisiko ausgesetzt haben (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).

14

5. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1, § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 5 Gerichtskostengesetz - GKG - in der ab 1. August 2013 geltenden Fassung des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG) vom 23. Juli 2013 (BGBl. I S. 3714). Maßgebend ist nach dieser neuen kostenrechtlichen Regelung die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen (§ 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 GKG). Da das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts betrifft, ist der Streitwert gemäß § 52 Abs. 5 Satz 4 GKG auf die Hälfte des sich aus Satz 1 der Vorschrift ergebenden Betrags zu reduzieren. Diese Neufassung der für beamtenrechtliche Streitigkeiten maßgeblichen Vorschrift des § 52 Abs. 5 GKG gibt Anlass zu folgenden Ausführungen:

15

a) Auch wenn es sich aus der Gesetzesfassung nicht mehr wörtlich ergibt, sind – wie bisher – die zu zahlenden Bezüge bei beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitverfahren aus der mit der Beförderung erstrebten Besoldungsgruppe zu ermitteln (hier: Besoldungsgruppe A 9 LBesO). Darüber hinaus ist für die Berechnung zwar, entsprechend der neuen Vorgabe in § 52 Abs. 5 Satz 2 GKG, das „laufende Kalenderjahr“ maßgebend. Hierbei sind jedoch nicht die individuellen Bezüge eines Antragstellers mit seinen konkret gegebenen Dienstalters- bzw. Erfahrungsstufen heranzuziehen, sondern – gleichfalls wie bisher – das Endgrundgehalt des begehrten Amtes bzw. des höher bewerteten Dienstpostens (vorliegend monatlich 2.962,05 Euro). Das ergibt sich aus Folgendem:

16

Gemäß der kostenrechtlichen Grundnorm des § 52 Abs. 1 GKG ist in allen verwaltungsrechtlichen Streitverfahren der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache zu bestimmen. Wegen der weit reichenden Bedeutung, die ein zu niedrig festgesetzter Streitwert für die grundrechtlich durch Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 58 der Verfassung für Rheinland-Pfalz geschützte Berufsausübung der Rechtsanwälte sowie der sonst nach § 67 VwGO zugelassenen Verfahrensbevollmächtigten zukommt, muss der Streitwert trotz des insoweit den Verwaltungsgerichten eröffneten Ermessens dem wirtschaftlichen Wert des Klageziels entsprechen, das der Kläger mit seinem Antrag unmittelbar erreichen will (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. Februar 1995 - 1 B 205/93 -, juris).

17

Der Senat hält insoweit an seiner langjährigen Rechtsprechung fest, nach der in allen Verfahren, welche die Verleihung eines anderen Amtes betreffen, nicht der Auffangstreitwert des § 52 Abs. 2 GKG, sondern die als beamtenrechtliche Spezialvorschrift anzusehende Regelung in § 52 Abs. 5 GKG heranzuziehen ist (vgl. Beschlüsse vom 28. November 2007 - 2 E 11099/07.OVG -, AS 35, 273, und vom 15. Oktober 2013 - 2 B 10707/13.OVG -, juris). Der Senat folgt insoweit nicht der vereinzelt vertretenen Auffassung, wonach bei beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten in Eilverfahren der Regelstreitwert nach § 52 Abs. 2 GKG zugrunde zu legen sei (u. a. BayVGH, Beschluss vom 16. April 2013 - 6 C 13.284 -, BayVBl. 2013, 609; VGH BW, Beschluss vom 23. April 2013 - 4 S 439/13 -, NVwZ-RR 2013, 864), sondern hält an seiner Rechtsauffassung fest, nach der in solchen Fällen die speziellere Regelung des § 52 Abs. 5 GKG anzuwenden ist (z.B. Beschlüsse vom 28. November 2007 - 2 E 11099/07.OVG -, NVwZ-RR 2008, 216 und vom 5. November 2012, - 2 B 10778/12.OVG -, NVwZ-RR 2013, 225; so auch BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013, - 2 VR 1.13 -, IÖD 2013, 194; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19. März 2012 - 6 E 1406/11 -, IÖD 2012, 98; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23. August 2013 - OVG 6 L 56.13 -, juris, jeweils m.w.N.). Die Gegenmeinung übersieht, dass der Sach- und Streitstand in beamtenrechtlichen Beförderungsstreitverfahren aufgrund der erstrebten höheren Besoldung genügend Anhaltspunkte für eine – wenn auch nur pauschal – bezifferbare Bestimmung des Streitwertes bietet.

18

Maßgebend für die Streitwertberechnung in beamtenrechtlichen Konkurrenten- und Beförderungsstreitverfahren ist somit die Hälfte vom „Großen Gesamtstatus“ im Sinne § 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 GKG (sog. Kleiner Gesamtstatus). Dies war nach der bis zum 31. Juli 2013 geltenden Fassung des § 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 GKG die Hälfte vom 13fachen Betrag des Endgrundgehaltes der erstrebten Besoldungsgruppe. In der ab dem 1. August 2013 geltenden Fassung der Kostenregelung ist der Streitwert nunmehr nur noch die Hälfte der Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen. Dies hat zur Folge, dass jetzt nur noch zwölf und nicht mehr dreizehn Monatsgehälter zugrunde zu legen sind.

19

Abgesehen von der durch die Umstellung des Berechnungssystems folgenden Reduzierung würde sich der Streitwert in beamtenrechtlichen Konkurrenten- und Beförderungsstreitverfahren nochmals erheblich verringern, wenn auf die Bezüge abgestellt würde, die der betreffende Antragsteller – dem Wortlaut von § 52 Abs. 5 GKG in der Fassung des zweiten Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes entsprechend – im „laufenden Kalenderjahr“ erhielte. Bei Zugrundelegung des bloßen Wortlauts der Norm käme das Interesse eines Beamten an der Verleihung eines höher besoldeten Amtes nicht seiner Bedeutung entsprechend zum Ausdruck. Dieses Interesse weicht von den sonst vorliegenden Konstellationen durch die weit reichenden wirtschaftlichen Folgen ab. Im Fall des Obsiegens in der Hauptsache erhält der Beamte nämlich regelmäßig eine lebenslange Besoldung und Versorgung aus dem höheren Amt. Die Versorgung wirkt sogar nach dem Tod des Beamten fort, bemisst sich doch auch die anschließende Hinterbliebenenversorgung auf der Grundlage seines letzten Statusamtes.

20

Ein abweichender gesetzgeberischer Regelungswille ist der Entstehungsgeschichte des Zweiten Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes nicht zu entnehmen. § 52 GKG in der geltenden Fassung geht auf den Regierungsentwurf vom 31. August 2012 (Bundestags-Drucks. 17/11471; Bundesrats-Drucks. 517/12) zurück. Dieser Entwurf sollte ausweislich seiner Begründung den Kostendeckungsgrad in verwaltungs- und finanzgerichtlichen Verfahren verbessern und insbesondere die als zu niedrig angesehene Höhe der Streitwerte in dem als erforderlich angesehenen Umfang erhöhen (vgl. den allgemeinen Teil sowie die Einzelbegründung zu § 52 GKG-E, Bundesrats-Drucks. 517/12, S. 377). Zu dem hier maßgeblichen Fragenkreis heißt es wörtlich:

21

„Die Wertvorschrift für Statusstreitigkeiten im öffentlichen Dienst vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit bedarf der Anpassung. Die geltende Regelung entstammt dem bis zum 30. Juni 2004 geltenden Gerichtskostengesetz (...). Nach der Begründung des Regierungsentwurfs beinhaltet der 13fache Betrag des Endgrundgehalts pauschal die durchschnittlich in einem Jahr zu gewährenden Bezüge einschließlich der jährlichen Sonderzuwendungen. Das Endgrundgehalt ist gewählt worden, um ohne Rücksicht auf Familienstand und Dienstalter für alle Ämter, die den gleichen Besoldungsgruppen zugewiesen sind, zu einer einheitlichen Streitwertberechnung zu gelangen (Bundestags-Drucks. 12/6962 S. 62).

22

Mittlerweile sind die Sonderzuwendungen je nach Bundesland unterschiedlich reduziert und zum Teil – wie auch beim Bund – in die monatlichen Bezüge eingerechnet worden. Durch die den Ländern im Zuge der Föderalismusreform übertragene Gesetzgebungskompetenz für die Landesbeamten können sich die Regelungen weiterhin sehr unterschiedlich entwickeln. Dabei können sich auch die Begrifflichkeiten ändern. Daher wird vorgeschlagen, auf den Jahresbetrag der Bezüge abzustellen. (...) Um einen eindeutigen Jahreszeitraum festzulegen, soll auf das laufende Kalenderjahr abgestellt werden. (...) Änderungen der Bezügeansprüche in der Person des Klägers sind nicht zu berücksichtigen.“

23

Auch aus den weiteren Gesetzgebungs-Materialien ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber mit der Gesetz gewordenen Fassung des § 52 GKG von diesen Begründungserwägungen abgerückt ist (vgl. den ersten Gesetzesbeschluss vom 17. Mai 2013, Bundestags-Drs. 381/13 und, nach Durchführung des Vermittlungsverfahrens, den endgültigen Bundestags-Beschluss vom 23. Juli 2013). Vielmehr entspricht die hier vertretene Auffassung auch den Empfehlungen der Ausschüsse (Bundesrats-Drs. 517/1/12):

24

„Wie im Abschlussbericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe "Kostendeckungsgrad in der Justiz" dargelegt wurde, ist der Kostendeckungsgrad in verwaltungs- und finanzgerichtlichen Verfahren noch deutlich geringer als in Verfahren anderer Gerichtsbarkeiten. Die Justiz erbringt also gerade in diesen Bereichen wichtige Leistungen, denen keine angemessenen Gegenleistungen in Form ausreichend hoher Gebühren gegenüberstehen. Eine Ursache für den geringen Kostendeckungsgrad in diesen Bereichen liegt in den vergleichsweise geringen Streitwerten, wovon auch die Begründung des Gesetzentwurfs ausgeht.“

25

Mit diesen gesetzgeberischen Zielsetzungen wäre ein Abstellen auf die individuellen Bezüge eines Antragstellers in beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitverfahren nicht zu vereinbaren. Es verbleibt danach bei der bis zum Inkrafttreten des Zweiten Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes bestehenden Rechtslage, nach der in Verfahren der hier vorliegenden Art das Endgrundgehalt der begehrten Besoldungsgruppe des Statusamtes der maßgebende Bezugspunkt für die Streitwertberechnung ist. Trotz der missverständlichen Formulierung in § 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 GKG ist deshalb wie bisher das Endgrundgehalt, und zwar aus der Besoldungsgruppe des begehrten Amtes, für die Streitwertberechnung maßgebend. Der sich hiernach ergebende Betrag ist gemäß § 52 Abs. 5 Satz 4 GKG um die Hälfte zu vermindern.

26

b) Eine weitere Reduzierung des Streitwertes um (nochmals) die Hälfte, weil es sich um ein Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes handelt, entsprechend der Empfehlung in Nr. 1.5 des aktuellen Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit mit Stand vom 18. Juli 2013, erfolgt nicht. Zwar hat der Senat in der Vergangenheit regelmäßig nach Nr. 1.5 Satz 1 der Empfehlungen des früheren Streitwertkatalogs (NVwZ 2004, 1327) eine Reduzierung um die Hälfte vorgenommen (so zuletzt im Beschluss vom 15. Oktober 2013 - 2 B 10707/13.OVG -). Hieran wird jedoch nicht mehr festgehalten. In derartigen Verfahren wird nämlich regelmäßig die Hauptsache vorweggenommen an, so dass es bei dem für das Hauptsacheverfahren geltenden Streitwert verbleibt (vgl. Nr. 1.5 Satz 2 des Streitwertkatalogs; a. A. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23. August 2013 - 6 L 56.13 -, juris).

27

Maßgeblich für die Änderung der Streitwertrechtsprechung des Senats ist die Erwägung, dass die Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes in beamtenrechtlichen Konkurrenten- und Beförderungsstreitverfahren nach der neueren verfassungs- und verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung regelmäßig die Funktion des Hauptsacheverfahrens übernehmen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. Juli 2003 - 2 BvR 311/03 -, NVwZ 2004, 95; BVerwG, Beschluss vom 25. Oktober 2011 - 2 VR 4.11 -, NVwZ-RR 2012, 241). Das führt dazu, dass diese Verfahren den sich aus Art. 19 Abs. 4 GG ergebenden Anforderungen gerecht werden müssen und nach Prüfungsmaßstab, -umfang und -tiefe nicht hinter einem Hauptsacheverfahren zurückbleiben dürfen. Deshalb ist eine umfassende tatsächliche und rechtliche Überprüfung der Bewerberauswahl in einfachgesetzlicher wie auch in verfassungsrechtlicher Hinsicht erforderlich. Wird dabei eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs des Antragstellers festgestellt, muss die Ernennung des Beigeladenen bereits dann durch einstweilige Anordnung untersagt werden, wenn die Auswahl des Antragstellers bei rechtsfehlerfreier Auswahl jedenfalls möglich erscheint.

28

Wohl wegen dieser Prüfungsdichte bemisst das Bundesverwaltungsgericht in seiner aktuellen Rechtsprechung den Streitwert in beamtenrechtlichen Konkurrenteneilverfahren „in Anlehnung an die Streitwertberechnung im Hauptsacheverfahren“ gleichfalls nach dem sog. kleinen Gesamtstatus, ohne den sich hieraus ergebenden Wert nach Nr. 1.5 des Streitwertkataloges nochmals zu vermindern (vgl. Beschluss vom 22. November 2012 - 2 VR 5.12 -, BVerwGE 145, 112; bestätigt durch Beschluss vom 20. Juni 2013 - 2 VR 1.13 -, IÖD 2013, 194). Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat aus den oben dargelegten Erwägungen an.