Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 18. Dez. 2015 - 8 B 1108/15
Gericht
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 14. September 2015 teilweise abgeändert.
Es wird festgestellt, dass die Klagen des Antragstellers gegen den Genehmigungsbescheid des Antragsgegners vom 9. August 2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 24. August 2015 (VG Minden 11 K 2290/15) und gegen den Genehmigungsbescheid vom 21. Januar 2014 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 24. August 2015 (VG Minden 11 K 2289/15) aufschiebende Wirkung haben.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen einschließlich der erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 3. tragen der Antragsteller zu 1/3, der Antragsgegner, die Beigeladenen zu 1., 2. und 3. zu je 1/6.
Der Wert des Streitgegenstandes wird unter Abänderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung für beide Instanzen auf 30.000,- € festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Die Beschwerde des Antragstellers mit dem sinngemäßen Antrag,
3festzustellen, dass seine am 1. September 2015 beim VG Minden erhobenen Klagen 11 K 2290/15 und 11 K 2289/15 aufschiebende Wirkung haben, sowie den Antragsgegner zu verpflichten, den Beigeladenen zu 1. und 2. die (weitere) Errichtung der Windenergieanlagen zu untersagen,
4hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
5Das Begehren des Antragstellers war gemäß §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO auszulegen. Der Antragsteller will im Beschwerdeverfahren in der Sache erreichen, dass die Vollziehung der den Beigeladenen zu 1. und 2. erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen bis zur Entscheidung über seine Klagen vorläufig unterbleibt. Diesem Rechtsschutzziel trägt in der Regel (schon) eine gerichtliche Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klagen - hier in entsprechender Anwendung der §§ 80a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 5 VwGO - wirksam Rechnung.
6Vgl. nur Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand März 2015, § 80 a Rn. 57.
7Darüber hinaus hat der Antragsteller unter Hinweis auf die Regelungen des § 80 a Abs. 3, Abs.1 Nr. 2 VwGO ausdrücklich die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen im Beschwerdeverfahren beantragt.
8Vgl. hierzu z.B. BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 2012 - 9 VR 2/12 u.a. -, NuR 2012, 267 = juris Rn. 6.
9Der Antragsteller kann die Feststellung verlangen, dass seine gegen die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide vom 9. August 2013 (WEA I, WEA III und WEA VI) und vom 21. Januar 2014 (WEA V) jeweils in der Fassung der Änderungen vom 24. August 2015 gerichteten Klagen aufschiebende Wirkung entfalten (dazu I). Ihm steht jedoch kein Anspruch auf ergänzenden Erlass einstweiliger Sicherungsmaßnahmen zu (dazu II).
10I. Wird ein Verwaltungsakt - wie hier - mit belastender Wirkung für einen Dritten unter Missachtung der aufschiebenden Wirkung eines eingelegten Rechtsbehelfs vollzogen (sog. faktische Vollziehung), ist auf Antrag des Dritten in entsprechender Anwendung der §§ 80 a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 5 VwGO festzustellen, dass dem Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung zukommt.
11Vgl. OVG NRW 29. Mai 2008 - 10 B 616/08 -, DVBl 2008, 1132 = juris Rn. 3; Schoch, in: Schoch/ Schneider/Bier, VwGO, Stand März 2015, § 80a, Rn. 56; Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 80 a, Rn. 36; Külpmann, in: Finkelnburg/ Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 6. Auflage 2011, Rn. 1083.
12Die Beigeladenen zu 1. und 2. haben am 24. Juli 2015 mit dem Bau der WEA I, V und VI begonnen und damit die Genehmigungen insoweit faktisch vollzogen. Sie haben die Bauarbeiten nach Erhebung der Anfechtungsklagen am 1. September 2015 fortgeführt und bestreiten - auch hinsichtlich der derzeit noch nicht im Bau befindlichen WEA III -, dass die Anfechtungsklagen des Antragstellers aufschiebende Wirkung haben.
13Die Klagen des Antragstellers haben entgegen dieser Ansicht aufschiebende Wirkung. Sie sind bei sachgerechter Auslegung nicht nur isoliert gegen die Änderungsbescheide vom 24. August 2015, sondern gegen die Genehmigungsbescheide in ihrer aktuellen Fassung gerichtet; die abweichend formulierten Klageanträge beruhen auf der unzutreffenden Annahme des Antragstellers, die Bescheide vom 24. August 2015 enthielten eine Neuerteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen.
14Mit dem so verstandenen Klageziel entfalten die beim VG Minden unter den Aktenzeichen 11 K 2289/15 und 11 K 2290/15 anhängigen Klagen kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung. Die nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO vorgesehene aufschiebende Wirkung gilt unter anderem auch bei - wie hier - Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80 a VwGO), vgl. § 80 Abs. 1 Satz 2 VwGO. Gründe, die dem Eintritt der aufschiebenden Wirkung entgegenstehen, bestehen nicht. Weder steht die behauptete Unzulässigkeit der Anfechtungsklagen der aufschiebenden Wirkung entgegen (dazu 1.), noch hinsichtlich der WEA III die vom Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 9. Februar 2015 angeordnete sofortige Vollziehung des Genehmigungsbescheides vom 9. August 2013 in der Fassung vom 24. August 2015 (dazu 2.).
151. Die aufschiebende Wirkung tritt nach § 80 Abs. 1 VwGO unabhängig davon ein, ob der Rechtsbehelf begründet ist; es bedarf daher keiner Interessenabwägung anhand der Erfolgsaussichten der Klagen. Der Rechtsbehelf muss lediglich eingelegt sein.
16Vgl. z.B. Hess. VGH. Beschluss vom 3. Dezember 2002 - 8 TG 2177/02 -, NVwZ-RR 2003, 345 = juris Rn 7; Finkelnburg, in: Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 6. Auflage 2011, Rn. 655; Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand März 2015, § 80, Rn. 77.
17Ob die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs auch unabhängig davon eintritt, ob der Rechtsbehelf zulässig ist, ist umstritten. In Literatur und Rechtsprechung wird vertreten, dass dies nicht der Fall sein dürfte, wenn es an den ganz wesentlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen wie der Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs, der Verwaltungsaktqualität der angefochtenen behördlichen Maßnahme, der Einhaltung der Klagefrist oder dem Vorliegen der Klagebefugnis fehlt. Auch wenn die Anfechtung an § 44 a VwGO scheitert - was hier nicht der Fall ist -, soll eine aufschiebende Wirkung ausgeschlossen sein.
18Vgl. Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand März 2015, § 80 Rn. 78 ff., 81 ff.; Finkelnburg, in: Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 6. Auflage 2011, Rn. 646 ff.; Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 80 a, Rn. 31 f.
19Letztlich kann dies ebenso offen bleiben wie die Frage, ob ein aus anderen Gründen (offensichtlich) unzulässiger Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung entfaltet. Es ist nicht ersichtlich, dass die Klagen des Antragstellers aus einem solchen anderen Grund offensichtlich unzulässig wären. Vorliegend bestehen auch keine Zweifel daran, dass für die Klagen des Antragstellers der Verwaltungsrechtsweg gemäß § 40 VwGO eröffnet ist, oder dass es sich bei den angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheiden um Verwaltungsakte im Sinne des § 35 VwVfG NRW handelt. Es fehlt schließlich auch weder an der Einhaltung der Klagefrist (a) noch an der Klagebefugnis des Antragstellers (b).
20a) Dass die einmonatige Klagefrist des § 74 Abs. 1 VwGO bezogen auf die Änderungen vom 24. August 2015 eingehalten wurde, ist offenkundig und zwischen den Beteiligten (wohl) nicht umstritten. Die Klagefrist war bei Klageerhebung am 1. September 2015 auch hinsichtlich der von den Änderungen vom 24. August 2015 unberührt gebliebenen Bestandteile der Genehmigungsbescheide noch nicht abgelaufen. Die Genehmigungsbescheide sind daher gegenüber dem Antragsteller insgesamt nicht in Bestandskraft erwachsen. Aufgrund der nur relativen Wirkung der Bestandskraft ist auch ohne Belang, dass der Genehmigungsbescheid des Antragsgegners vom 9. August 2013/24. August 2015 im Verhältnis zur Beigeladenen zu 3. ‑ der Standortgemeinde - nach teilweiser Klagerücknahme (8 A 366/15) hinsichtlich der WEA I und der WEA VI sowie der die WEA V betreffende Genehmigungsbescheid vom 21. Januar 2014/24. August 2015 nach Klagerücknahme (8 A 367/15) unanfechtbar sind.
21aa) Die Bescheide vom 24. August 2015 haben hinsichtlich der unveränderten Regelungen keine (neue) Klagefrist in Gang gesetzt. Sie enthalten keine Neuerteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen für die Errichtung und den Bau der streitgegenständlichen Windenergieanlagen. Das Verwaltungsgericht ist vielmehr zutreffend davon ausgegangen, dass die Vorhaben nicht wesentlich geändert wurden, sondern dass diese durch die nachträglich getroffenen Regelungen lediglich ihre abschließende Gestalt gefunden haben.
22Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Mai 2015 - 8 B 1029/14 -, juris Rn. 27 ff. und vom 16. November 2012 - 2 B 1095/12 -, juris Rn. 10 ff.
23Die Ergänzungsbescheide vom 24. August 2015 haben die Auslegungs- und Leistungsdaten der WEA einschließlich des Anlagentyps ebenso unberührt gelassen wie die Standorte der geplanten Anlagen. Soweit hinsichtlich des Standorts der WEA III der Hochwert geändert wurde, handelt es sich um eine bloße redaktionelle Anpassung, die ein offensichtliches Schreibversehen in dem Bescheid vom 9. August 2013 berichtigt. Ansonsten betreffen die Änderungen zum einen den Nachtbetrieb der WEA. Diese Betriebsänderung ist allerdings nicht von wesentlicher Art. Schon die ursprünglichen Genehmigungsbescheide haben einen Nachtbetrieb der WEA vorgesehen. Geändert werden lediglich die Modalitäten dieses Betriebes, der nicht mehr schallreduziert stattfinden muss. Zum anderen betreffen die Änderungen noch wasser- sowie arten- und naturschutzrechtliche Nebenbestimmungen. Auch diese Änderungen sind für den Bau und den späteren Betrieb der Anlagen von nur untergeordnetem Gewicht.
24bb) Der Antragsteller hat die Klagefrist bezogen auf die danach nur nachrichtlich wiederholten unveränderten Regelungen der Genehmigungsbescheide eingehalten.
25Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss sich ein Nachbar, der sichere Kenntnis von der Erteilung einer Baugenehmigung erhalten hat oder diese Kenntnis hätte haben müssen, nach Treu und Glauben so behandeln lassen, als sei ihm die Baugenehmigung im Zeitpunkt der zuverlässigen Kenntniserlangung oder dem Zeitpunkt, in dem er diese Kenntnis hätte erlangen müssen, amtlich bekannt gegeben worden. Von diesem Zeitpunkt an richtet sich die Klagefrist nach den Vorschriften der §§ 74 und 58 Abs. 2 VwGO. Diese Grundsätze gelten auch für immissionsschutzrechtliche Genehmigungen.
26Für den Nachbarn läuft danach ab dem Zeitpunkt, zu dem er sichere Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen, in entsprechender Anwendung der §§ 74, 58 Abs. 2 VwGO eine Klagefrist von einem Jahr. Von einem Kennenmüssen ist regelmäßig dann auszugehen, wenn sich das Vorliegen einer Genehmigung für den Dritten aufgrund objektiver Anhaltspunkte aufdrängen muss - sei es, weil Baumaßnahamen erkennbar sind, sei es, weil er in anderer Weise darüber informiert ist - und wenn es ihm zudem möglich und zumutbar ist, sich etwa durch Anfrage beim Bauherrn oder bei der Genehmigungsbehörde Gewissheit zu verschaffen. Maßgeblich sind die Umstände des jeweiligen Einzelfalls.
27Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1974 - IV C 2.72 -, BVerwGE 44, 294 = juris Rn. 24; Beschlüsse vom 28. August 1987 - 4 N 3.86 -, BVerwGE 78, 85 = juris Rn. 15, und vom 16. März 2010 - 4 B 5/10 -, juris Rn. 8; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14. Mai 2012 - 10 S 2693/09 -, BauR 2012, 1637 = juris Rn. 34 ff.; OVG NRW, Beschluss vom 24. September 2009 - 8 B 1342/09.AK -, ZUR 2010, 204 = juris Rn. 44; auch Beschluss vom 25. September 2015 ‑ 8 A 970/15 -, juris Rn. 14 ff.
28Für einen möglichen Fristbeginn sind in der Regel tatsächliche Vorgänge im Rahmen eines Baugeschehens - wie etwa deutlich wahrnehmbare Bauarbeiten - relevant, die auf die vorangegangene Erteilung einer Baugenehmigung schließen lassen.
29Vgl. OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 29. April 2010 - 10 S 5.10 - BRS 76 Nr. 172 = juris Rn. 16.
30Allein auf die Sichtbarkeit von Baumaßnahmen und die damit einhergehende Erkennbarkeit einer vorliegenden Baugenehmigung abzustellen, genügt den Grundsätzen von Treu und Glauben allerdings nicht. Nur soweit auch die Beeinträchtigung der subjektiven Rechtsposition erkennbar ist, kann vielmehr für den Nachbarn zur Wahrung seiner Rechte die Obliegenheit bestehen, selbst aktiv zu werden und sich nach dem Vorliegen einer Genehmigung zu erkundigen.
31Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1974 - IV C 2.72 -, BVerwGE 44, 294 = juris Rn. 24; OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 29. April 2010 - 10 S 5.10 - BRS 76 Nr. 172 = juris Rn. 16; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14. Mai 2012 - 10 S 2693/09 -, BauR 2012, 1637 = juris Rn. 38.
32Es ist nicht zu erkennen, dass der Antragsteller vor Beginn der Bauarbeiten im Juli 2015 sichere Kenntnis von den streitgegenständlichen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen erlangt hat oder hätte erlangen müssen. Soweit die Beigeladenen darauf hinweisen, dass in den örtliche Zeitungen mehrfach über die streitgegenständlichen Genehmigungen berichtet wurde, besteht zwar eine Wahrscheinlichkeit, dass der Antragsteller diese Berichte gelesen haben könnte; dass er die Berichte gelesen haben muss und er deshalb eine sichere Kenntnis hätte erlangen müssen, drängt sich jedoch nicht auf. Dasselbe gilt für seine Kontakte mit vor Ort aktiven Windkraftgegnern. Es kommt daher nicht mehr entscheidend darauf an, dass für den Antragsteller die Möglichkeit, als Mitglied der betroffenen Öffentlichkeit eine Beeinträchtigung des subjektiv-öffentlichen Rechts auf Einhaltung der UVP-Verfahrensvorschriften geltend zu machen, erst aufgrund des Urteils des Senats vom 25. Februar 2015 - 8 A 959/10 - und damit weniger als ein Jahr vor der Erhebung der Klagen - (sicher) erkennbar war.
33Vgl. auch zu Folgendem OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2015 - 8 A 959/10 -, BauR 2015, 1138 = juris Rn. 67 ff. und 82 ff.
34b) Dem Antragsteller fehlt auch nicht die erforderliche Klagebefugnis. Er kann geltend machen, dass er möglicherweise in seinem Recht auf Einhaltung der UVP-Verfahrensvorschriften verletzt ist, weil es an der nach seiner Auffassung erforderlichen Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung fehlt. Bei unionsrechtskonformer Auslegung sind die Verfahrensvorschriften der UVP-Richtlinie als Schutznormen im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO zu qualifizieren. Davon geht auch § 4 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 UmwRG aus, der klarstellt, dass jedenfalls die dort aufgeführten UVP-Verfahrensfehler auch für Individualkläger rügefähig sein sollen. Der Antragsteller ist auch rügeberechtigt. Die Möglichkeit, Verfahrensfehler nach § 4 Abs. 1 UmwRG zu rügen, steht nicht für jedermann offen, sondern nur für Mitglieder der sog. „betroffenen Öffentlichkeit“. Betroffenheit wird hier grundsätzlich durch einen räumlichen Bezug zum Wirkungsbereich der Immissionen bestimmt. Bei Berücksichtigung dieser faktischen Komponente setzt die Zulässigkeit der Klage zumindest voraus, dass der Kläger durch die Entscheidung tatsächlich in seinen Interessen beeinträchtigt wird. Der Antragsteller ist - ungeachtet der Frage, ob er geltend machen kann, auch in seinen materiellen subjektiven Rechten verletzt zu sein - jedenfalls in seinen Interessen beeinträchtigt. Sein Wohnhaus liegt im räumlichen Einwirkungsbereich der Anlagen. Diese befinden sich nicht nur in Sichtweite seines Wohnhauses, sie sind dort auch zu hören. Der Immissionspunkt L (Im Tal 3) ist in unmittelbarer Nachbarschaft des Wohnhauses des Antragstellers. An diesem Immissionspunkt wird für die Nachtzeit ausweislich der tabellarischen Aufstellungen in den Genehmigungsbescheiden ein nur knapp unterhalb des maßgeblichen Immissionsrichtwerts von 45 dB(A) liegender Wert von 44,9 dB(A) prognostiziert, so dass Einiges für die Annahme spricht, dass der Antragsteller zumindest geltend machen kann, er werde möglicherweise unzumutbaren Lärmbelästigungen ausgesetzt.
352. Anders als der Antragsgegner und die Beigeladenen annehmen, scheidet die aufschiebende Wirkung auch nicht deshalb aus, weil das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 9. Februar 2015 im Hinblick auf die von der Beigeladenen zu 3. betriebene Anfechtungsklage gegen den Genehmigungsbescheid vom 9. August 2013 auf Antrag des Rechtsvorgängers der Beigeladenen zu 1. die sofortige Vollziehung angeordnet hat. Die Beigeladenen zu 1. und 2. gehen allerdings zutreffend davon aus, dass die gerichtliche Anordnung des Sofortvollzuges auch die Änderungen vom 24. August 2015 betrifft. Das geänderte Vorhaben ist gegenüber dem ursprünglich genehmigten Vorhaben - wie oben ausgeführt - kein „aliud“ und ist daher kein neuer Streitgegenstand. Die Anordnung des Sofortvollzugs wirkte jedoch nur gegenüber der Beigeladenen zu 3. und nicht auch gegenüber dem Antragsteller.
36Beim Verwaltungsakt mit Dritt- und Mehrfachwirkung treten die Folgen der - behördlichen oder gerichtlichen - Vollziehbarkeitsanordnung nur gegenüber denjenigen Rechtsbehelfsführern ein, denen gegenüber die Anordnung vorgenommen wurde. Auf Grund der subjektiv-rechtlichen Ausgestaltung des vorläufigen Rechtsschutzes wirkt die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit nur relativ, nicht absolut. Eine „Einheit der sofortigen Vollziehung“ gibt es nicht. Die Ausführung eines genehmigten Vorhabens ist daher erst erlaubt, wenn die aufschiebende Wirkung im Verhältnis zu keinem Rechtsbehelfsführer mehr besteht.
37Vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Januar 1982 ‑ 4 ER 401/81 -, BVerwGE 64, 347 = juris Rn. 15 ff:; Bay. VGH, Beschluss vom 23. Dezember 1996 - 26 CS 96.2760 -, NVwZ-RR 1998, 271 = juris Rn. 13; Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand März 2015, § 80 Rn. 266.
38Hierauf kommt es indes nicht mehr an. Der Senat hat den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 9. Februar 2015 im Beschwerdeverfahren 8 B 253/15 mit Beschluss vom heutigen Tage geändert.
39II. Die vom Antragsteller begehrte Anordnung vorläufiger Sicherungsmaßnahmen entsprechend § 80 a Abs. 3, Abs. 1 Nr. 1 VwGO kommt nicht in Betracht. Hierfür bedarf es in jedem Fall eines hinreichend konkreten Grundes. Sicherungsmaßnahmen haben ergänzende Funktion und müssen nicht vorbeugend beigefügt werden. Denn es ist in der Regel zu erwarten, dass die Beteiligten eine gerichtliche Entscheidung über die aufschiebende Wirkung einer Klage auch ohne beigefügte Sicherungsmaßnahmen respektieren.
40Vgl. Külpmann, in: Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 6. Auflage 2011, Rn. 1084, 1080; Bay. VGH, Beschluss vom 26. Oktober 2009 - 2 CS 09.2121 -, NVwZ-RR 2010, 346 = juris Rn 11; OVG NRW, Beschluss vom 11. Januar 2000 - 10 B 2060/99 -, NVwZ-RR 2001, 297.
41Es bestehen keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass der Antragsgegner oder die Beigeladenen zu 1. und 2., die die aufschiebende Wirkung der Klage der Beigeladenen zu 3. beachtet haben, die mit diesem Beschluss festgestellte aufschiebende Wirkung der Klagen des Antragstellers missachten werden oder dass der Antragsgegner bei einer Missachtung der aufschiebenden Wirkung der Klagen nicht von sich aus Sicherungsmaßahmen anordnen wird.
42Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 1, 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig. Sie haben im erst- und zweitinstanzlichen Verfahren Anträge gestellt und sich damit einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt. Aus diesem Grunde können ihnen auch Kosten auferlegt werden.
43Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Der Senat orientiert sich dabei an den Ziffern 19.2 und 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Der danach im Hauptsacheverfahren je Windkraftanlage festzusetzende Streitwert von 15.000,- EUR ist im Hinblick auf die Vorläufigkeit der erstrebten Regelung in Anlehnung an Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs auf die Hälfte zu reduzieren. Der abweichende Streitwertbeschluss des Verwaltungsgerichts war nach § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG von Amts wegen abzuändern.
44Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
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Annotations
(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse.
(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung der Vollziehung (§§ 80, 80a) und über einstweilige Anordnungen (§ 123) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 161 Abs. 2) sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.
(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde
- 1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen, - 2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.
(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.
(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.
(2) Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben; dies gilt nicht für Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts sowie über den Rechtsweg bei Ausgleich von Vermögensnachteilen wegen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte bleiben unberührt.
Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.
(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.
(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.
(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.
(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 60 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.
(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.
(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.
(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.
(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 60 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn
- 1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften - a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder - b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
- 2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder - 3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der - a)
nicht geheilt worden ist, - b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und - c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.
(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben
- 1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie - 2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.
(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von
- 1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie - 2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.
(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.
(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.
(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.
(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.
(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.