Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 23. Sept. 2016 - 28 L 1759/16
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird auf 7.500,00 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Der sinngemäße Antrag des Antragstellers,
3- 1.4
die aufschiebende Wirkung seiner Klage 28 K 2273/16 gegen den immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid des Antragsgegners vom 20.01.2016, AZ.: 6.13-32.3-04-GV 16/15 betreffend die Errichtung und den Betrieb einer Windkraftanlage vom Typ Enercon E-82 E2 mit einer Nabenhöhe von 84,58 m und einem Rotordurchmesser von 82 m (WEA 28) auf dem Grundstück der Gemeinde H. , Gemarkung Q. , Flur 5, Flurstück 146 wiederherzustellen,
- 2.5
den Antragsgegner zu verpflichten, gegenüber der Beigeladenen eine Beseitigung der streitgegenständlichen Windenergieanlage, hilfsweise eine vorläufige Betriebseinstellung bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu verfügen,
bleibt ohne Erfolg.
7Dies gilt zunächst für den Antrag zu 1.
8Dieser Antrag ist zulässig, insbesondere statthaft.
9Bei einem – wie hier – begünstigenden Verwaltungsakt mit belastender Drittwirkung kann das Gericht die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs gegen einen von der Behörde auf Antrag des Begünstigten gemäß § 80a Abs. 1 Nr. 1 VwGO für sofort vollziehbar erklärten Verwaltungsakt auf Antrag des Drittbetroffenen ganz oder teilweise nach Maßgabe des § 80a Abs. 3 i. V. m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO wiederherstellen, wobei es an dieser Stelle keiner Erörterung bedarf, ob vorliegend entsprechend der bei Übersendung des Genehmigungsbeschreibens im Begleitschreiben erteilten Rechtsbehelfsbelehrung die Klage oder – sollte die Rechtsbehelfsbelehrung falsch sein - der Widerspruch der statthafte Rechtsbehelf wäre, dessen aufschiebende Wirkung anzuordnen wäre. Denn der Antragsteller hat beide Rechtsbehelfe rechtzeitig, d.h. innerhalb der gesetzlichen Frist, eingelegt.
10Der Antrag ist jedoch unbegründet.
11Soweit in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 VwGO formelle Anforderungen an die Anordnung der sofortigen Vollziehung gestellt werden, sind diese erfüllt.
12Dem Einwand des Antragstellers, der Anordnung der sofortigen Vollziehung durch den Antragsgegner habe weder ein ordnungsgemäßer noch rechtmäßig oder ausreichend begründeter Antrag zugrunde gelegen, ist entgegenzuhalten, dass in Teilen der Rechtsprechung und des Schrifttums die Auffassung vertreten wird, dass ein Antrag des vom Verwaltungsakt Begünstigten gemäß § 80 a Abs. 1 Nr. 1 VwGO nicht erforderlich ist.
13Vgl. zum Meinungsstand: OVG Hamburg, Beschluss vom 19. Juli 2001 – 2 Bs 370/00 – juris und Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage 2015, § 80a Rn 7.
14Jedenfalls stellt das Gesetz an die Form und den Inhalt eines solchen Antrags keine besonderen Anforderungen. Insoweit genügt nach Auffassung der Kammer jedes formlose Begehren, das erkennen lässt, dass der Begünstigte von der ihm erteilten Genehmigung sofort Gebrauch machen möchte.
15Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung der dem Beigeladenen nach § 4 BImSchG erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung auch nicht wegen Verstoßes gegen die vor dem Erlass eines belastenden Verwaltungsakts in § 28 VwVfG NRW normierte Anhörungspflicht aufzuheben. Vor dem Erlass einer Vollziehungsanordnung gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ist eine Anhörung des Betroffenen nicht geboten.
16So inzwischen die wohl überwiegende Auffassung in der Verwaltungsrechtsprechung, vgl. etwa Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, Beschluss vom 8. Dezember 1994 – 2 W 40/94 – juris; OVG NRW, Beschluss vom 1. Juli 1994 – 11 B 620/94 – BRS 56 Nr. 50; VGH Mannheim, Beschluss vom 11. Juni 1990 - 10 S 797/90 - NVwZ-RR, 1990, 561; OVG Lüneburg, Beschluss vom 28. April 1989 - 1 B 114/88 - BRS 49 Nr. 226; BayVGH, Beschluss vom 17. September 1987 - 26 Cs 87.01144 - BRS 47 Nr. 155.
17Dafür spricht insbesondere der Umstand, dass § 80 VwGO eine die verfahrensrechtlichen Erfordernisse der Vollzugsanordnung abschließende und damit eine Anhörungspflicht ausschließende Regelung darstellt.
18Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1. Juli 1994 – 11 B 620/94 – a.a.O..
19Eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder zumindest eine Aufhebung der Vollziehungsanordnung wegen unzureichender Begründung des Vollzugsinteresses kommt ebenfalls nicht in Betracht. Formale Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Vollziehungsanordnung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist, dass das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung schriftlich zu begründen ist. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung vom 4. Mai 2016 genügt diesen formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO.
20Das mit dieser Vorschrift normierte Erfordernis einer schriftlichen Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts soll neben der Information des Betroffenen und des mit einem eventuellen Aussetzungsantrag befassten Gerichts vor allem die Behörde selbst mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG zwingen, sich des Ausnahmecharakters der Vollziehungsanordnung bewusst zu werden und die Frage des Sofortvollzuges besonders sorgfältig zu prüfen. Die Anforderungen an den erforderlichen Inhalt einer solchen Begründung dürfen hierbei aber nicht überspannt werden. Diese muss allein einen bestimmten Mindestinhalt aufweisen. Dazu gehört es insbesondere, dass sie sich - in aller Regel - nicht lediglich auf eine Wiederholung der den Verwaltungsakt tragenden Gründe, auf eine bloße Wiedergabe des Textes des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO oder auf lediglich formelhafte, abstrakte und letztlich inhaltsleere Wendungen, namentlich solche ohne erkennbaren Bezug zu dem konkreten Fall, beschränken darf. Demgegenüber verlangt § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO nicht, dass die für das besondere Vollzugsinteresse angeführten Gründe auch materiell überzeugen, also auch inhaltlich die getroffene Maßnahme rechtfertigen.
21Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. Mai 2016 – 8 B 866/15 – juris und Beschluss vom 2. März 2016 ‑ 1 B 1375/15 - juris, m. w. N..
22Auch einer Auseinandersetzung mit den entgegenstehenden Interessen des Antragstellers bedarf es im Rahmen der Begründung der Sofortvollzugsanordnung nicht. Diese Abwägung ist der gerichtlichen Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung vorbehalten.
23Vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 6. Juli 2015 – 8 S 534/15 – juris und Beschluss vom 25. September 2012 - 10 S 731/12 - DVBl. 2012, 1506, m.w.N..
24Nach diesem rechtlichen Maßstab ist die schriftliche Begründung der Sofortvollzugsanordnung nicht zu beanstanden. Aus der fünf Seiten umfassenden Begründung der Anordnung wird hinreichend deutlich, dass der Antragsgegner die Interessen des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage und das öffentliche Interesse sowie das Interesse der Beigeladenen an einer sofortigen Vollziehung abgewogen hat, er sich der Ausnahmesituation der Anordnung einer sofortigen Vollziehung bewusst war und aus welchen besonderen Gründen er diese als notwendig erachtet. Eine Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit der Begründung der Anordnung hat das Gericht dagegen nicht vorzunehmen.
25Wenn spezielle Fallgruppen (hier: Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien) eine typischerweise übereinstimmende Interessenlage aufweisen, können auch typisierende Argumentationsmuster Verwendung finden.
26Vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 6. Juli 2015 – 8 S 534/15 – a.a.O.
27Die vom Gericht nach § 80a Abs. 3 i. V. m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zu treffende Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung hängt, jedenfalls wenn – wie hier - die formalen Anforderungen an die Anordnung der sofortigen Vollziehung erfüllt sind, von einer Abwägung des Vollzugsinteresses mit dem Suspensivinteresse ab. Wesentliches Element dieser Interessenabwägung ist die Beurteilung der Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs in der Hauptsache, die dem Charakter des Eilverfahrens entsprechend nur aufgrund einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erfolgen kann. § 4a Abs. 3 UmwRG modifiziert diesen Prüfungsmaßstab hinsichtlich der gebotenen Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs. Die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des eingelegten Rechtsbehelfs setzt danach voraus, dass bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten als Element der Interessenabwägung im Rahmen einer Gesamtabwägung „ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen“. Am Erfordernis einer umfassenden Interessenabwägung („Gesamtabwägung“) in die weitere die beiderseitige Interessenlage betreffende Gesichtspunkte eingehen können und die je nach Lage des Falles auch losgelöst von den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs vorgenommen werden kann, ändert sich hingegen nichts, wie der Hinweis im Gesetzestext auf die vorzunehmende „Gesamtabwägung“ verdeutlicht.
28Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 16. September 2014 - VR 1.14 - NVwZ 2015, 82 und vom 13. Juni 2013 - 9 VR 3.13 - NVwZ 2013, 1019; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 18. April 2016 ‑ 2 M 89/15 – juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 6. Juli 2015 – 8 S 534/15 – a.a.O..
29Die ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sind damit nur Bestandteil dieser Gesamtabwägung. Es kommt nicht auf einen bestimmten, für alle Fälle gleichen Wahrscheinlichkeitsgrad der rechtlichen Bedenken an. Ein schwächerer Grad der rechtlichen Bedenken kann ergänzt und verstärkt werden durch den Umstand, dass besonders gravierende, möglicherweise nicht reversible Folgen drohen, wenn das Vorhaben bereits vor der Unanfechtbarkeit verwirklicht wird. Je berechtigter und gewichtiger andererseits Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Entscheidung sind, desto eher ist der Sofortvollzug auszusetzen.
30Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Juli 2014 - 8 B 356/14 - NuR 2014, 663.
31Nach diesen Grundsätzen führt die gemäß § 4a Abs. 3 UmwRG i.V.m. §§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Abwägung des Suspensivinteresses des Antragstellers mit dem Interesse der Beigeladenen an der sofortigen Vollziehung der Genehmigung zu dem Ergebnis, dass das Vollzugsinteresse überwiegt.
32Die summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes führt zu dem Ergebnis, dass die Klage / der Widerspruch des Antragstellers voraussichtlich erfolglos bleiben wird. Die von ihm angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung verstößt zum einen nicht gegen auch den Schutz des Antragstellers bezweckende Normen (dazu 1.). Zum anderen dürfte auch die Entscheidung des Antragsgegners, als Ergebnis der UVP-Vorprüfung keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, rechtlich nicht zu beanstanden sein (dazu 2.).
331. Die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung verstößt bei summarischer Prüfung nicht gegen auch den Schutz des Antragstellers bezweckende Normen.
34a) Dies gilt zunächst im Hinblick auf die geltend gemachte optisch bedrängende Wirkung zum Nachteil des Wohnhauses des Antragstellers.
35Die Prüfung, ob von einer Windenergieanlage eine optisch bedrängende Wirkung ausgeht, erfordert stets eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalls. Dabei kann offen bleiben, ob die optische Bedrängung durch eine Windenergieanlage ausschließlich unter § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG i.V.m. dem bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebot fällt oder (auch) von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG (sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen) erfasst ist. Denn Auswirkungen auf den Maßstab, an dem die optische Bedrängung zu messen ist, sind hiermit nicht verbunden.
36Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. September 2015 – 8 B 1229/14 – (n.v.); OVG NRW, Beschluss vom 27. Juli 2015 – 8 B 390/15 – juris.
37Für die Beurteilung, ob eine Windenergieanlage im Einzelfall bedrängend auf die Umgebung wirkt, kommt es regelmäßig weniger auf die Baumasse von Turm, Gondel und Rotor an als vielmehr auf die Höhe der Anlage insgesamt sowie auf die Rotorbewegung. Der in der Höhe wahrzunehmenden Drehbewegung des Rotors kommt eine entscheidende Bedeutung zu, da sie den Blick auf sich lenkt und ein „Unruheelement“ schafft. Zum anderen vergrößert die Drehbewegung des Rotors die Windkraftanlage in ihren optischen Dimensionen deutlich und bestimmt sie. Die Fläche, die der Rotor bestreicht, hat in der Regel gebäudegleiche Abmessungen. Die optischen Auswirkungen einer Windkraftanlage sind um so größer, je höher die Anlage ist und je höher deshalb der Rotor angebracht ist. Die Bewegung des Rotors ist dabei umso störender, je geringer die Distanz zwischen der Windenergieanlage und dem Betrachter und je größer die Dimension der Bewegung ist.
38Vgl. OVG NRW, Urteil vom 9. August 2006 – 8 A 3726/05 – juris.
39Das Ergebnis der Prüfung, ob von einer Windenergieanlage im Einzelfall eine optisch bedrängende Wirkung ausgeht, lässt sich dabei anhand folgender Anhaltswerte prognostizieren: Beträgt der Abstand zwischen einem Wohnhaus und einer Windenergieanlage mindestens das Dreifache der Gesamthöhe (Nabenhöhe plus halber Rotordurchmesser) der geplanten Anlage, dürfte die Einzelfallprüfung überwiegend zu dem Ergebnis kommen, dass von dieser Anlage keine optisch bedrängende Wirkung zu Lasten der Wohnnutzung ausgeht. Bei einem solchen Abstand treten die Baukörperwirkung und die Rotorbewegung der Anlage so weit in den Hintergrund, dass ihr in der Regel keine beherrschende Dominanz und keine optisch bedrängende Wirkung gegenüber der Wohnbebauung zukommt.
40Ist der Abstand geringer als das Zweifache der Gesamthöhe der Anlage, dürfte die Einzelfallprüfung überwiegend zu einer dominanten und optisch bedrängenden Wirkung der Anlage gelangen. Ein Wohnhaus wird bei einem solchen Abstand in der Regel optisch von der Anlage überlagert und vereinnahmt. Auch tritt die Anlage in einem solchen Fall durch den verkürzten Abstand und den damit vergrößerten Betrachtungswinkel derart unausweichlich in das Sichtfeld, dass die Wohnnutzung überwiegend in unzumutbarer Weise beeinträchtigt wird.
41Beträgt der Abstand zwischen dem Wohnhaus und der Windenergieanlage das Zwei- bis Dreifache der Gesamthöhe der Anlage, bedarf es regelmäßig einer besonders intensiven Prüfung des Einzelfalls.
42Im Rahmen der – in jedem Fall durchzuführenden – Einzelfallwürdigung sind insbesondere die Kriterien Höhe und Standort der Windenergieanlage, Größe des Rotordurchmessers, Blickwinkel, Hauptwindrichtung, (Außenbereichs-)Lage des Grundstücks, Lage der Aufenthaltsräume und deren Fenster im Verhältnis zur Anlage sowie Bestehen von Ausweichmöglichkeiten von Bedeutung. Ferner ist zu berücksichtigen, ob auf dem Grundstück eine hinreichende optische Abschirmung zur Windenergieanlage besteht oder in zumutbarer Weise hergestellt werden kann.
43Hierbei kann auch eine Vorbelastung zu berücksichtigen sein. Bereits vorhandene Windenergieanlagen können Einfluss auf das Maß der optischen Beeinträchtigung haben. Einer Einzelanlage kann je nach Situation im Einzelfall ein stärkeres Gewicht zukommen als einer Anlage, die sich in eine schon vorhandene (optische) Vorbelastung einfügt und deshalb keine besondere zusätzliche Belastung für die Wohnnutzung darstellt. Allerdings kann je nach Fallkonstellation aber auch erst die hinzutretende Anlage in der Zusammenschau mit den bereits vorhandenen Anlagen oder für sich genommen zu einer unzumutbaren optischen Bedrängung führen.
44Ständige Rechtsprechung, vgl. zuletzt etwa OVG NRW, Beschlüsse vom 17. September 2015 ‑ 8 B 1229/14, 8 B 1227/14, 8 B 1395/14 –; OVG NRW, Beschluss vom 27. Juli 2015 – 8 B 390/15 – juris, m.w.N.
45Eine optisch bedrängende Wirkung liegt im Übrigen nicht bereits dann vor, wenn die Windenergieanlage von Teilen des Hauses aus überhaupt wahrnehmbar ist. Das baurechtliche Gebot der Rücksichtnahme vermittelt dem Nachbarn keinen Anspruch auf eine von technischen Bauwerken freie Sicht.
46Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. Juli 2015 a.a.O., m.w.N.
47Die optisch bedrängende Wirkung einer Windenergieanlage entfällt daher nicht erst dann, wenn die Sicht auf die Windenergieanlage durch Abschirm- oder Ausweichmaßnahmen völlig gehindert wird. Ausreichend ist vielmehr, dass die Anlage in ihrer Wirkung durch eine vorhandene Abschirmung abgemildert wird oder dass eine solche Abschirmung in zumutbarer Weise hergestellt werden kann. Dies gilt insbesondere für Außenbereichsgrundstücke. Denn in diesen Fällen sind dem Betroffenen wegen des verminderten Schutzanspruchs eher Maßnahmen zuzumuten, durch die er den Wirkungen der Windenergieanlage ausweicht oder sich vor ihnen schützt.
48Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. Mai 2016 – 8 B 866/15 – juris; Beschluss vom 8. Juli 2014 ‑ 8 B 1230/13 – juris, m.w.N.
49Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist hier nicht von einer in Bezug auf das Wohnhaus des Antragstellers optisch bedrängenden Wirkung der streitgegenständlichen, 125,58 m hohen WEA auszugehen, deren Abstand zum Wohnhaus des Antragstellers das 2,68-fache ihrer Höhe beträgt.
50Insoweit wendet der Antragsteller im Wesentlichen ein: Es sei keine Untersuchung durch eine unabhängige Stelle erfolgt, sondern die Entscheidung des Antragsgegners stütze sich ausschließlich auf die von der Beigeladenen vorgelegte und von ihrem Geschäftsführer erstellte „Sichtbeziehungsuntersuchung zur Beurteilung einer optisch bedrängenden Wirkung einer Windkraftanlage für den Standort H. -Q. “. Die darin vorgenommene Einzelfallbetrachtung sei jedoch völlig unzureichend, insbesondere werde sich mit dem Haus des Antragstellers nur auf einer Seite beschäftigt. Die vorhandene Vegetation sei allenfalls 1,50 m hoch und schränke den Blick auf den Rotor auch in Vegetationsphase nicht ein. Entgegen der in der Untersuchung vertretenen These bilde das gesamte Grundstück den Lebensmittelpunkt des Antragstellers und seiner Familie und nicht nur der rückwärtig gelegene, von der WEA durch das Wohngebäude abgeschirmte Garten. Außerdem ergebe sich aus dem EnergieleitungsausbauG, welches Mindestabstände von Häusern zu Strommasten vorgebe, dass bei einem 127 Meter hohen Mast ein Mindestabstand von 500 m erforderlich sei.
51Diese Einwände des Antragstellers setzen sich allerdings nicht ansatzweise mit der im Genehmigungsverfahren erfolgten Einzelfallabwägung und Bewertung der Stadt H. vom 30. Oktober 2015 auseinander, die Eingang in die im Rahmen der Beteiligung der Vertreter öffentlicher Belange erfolgte Stellungnahme gefunden hat und in der anhand der bei der Besichtigung der Örtlichkeit am 29. Oktober 2015 getroffenen Feststellungen schlüssig und nachvollziehbar dargelegt wird, warum von der streitgegenständliche Anlage keine optisch bedrängende Wirkung auf das Grundstück des Antragstellers ausgehen könne. Hiernach ist das in Rede stehende Grundstück, das im Eigentum des Antragstellers steht, mit einem Wohnhaus bebaut, das seit dem im Jahr 1977 genehmigten Umbau des früheren Hinterhauses zu einer Altenteilerwohnung über zwei Wohneinheiten verfügt. Es handelt sich bei dem Wohnhaus um ein langgestrecktes Gebäude mit Satteldach, das über alle vier Gebäudeseiten mittels Fenstern belichtet wird. Die zwei baulich voneinander getrennten Wohnungen weisen jeweils EG- und OG-Anteile auf, wobei die Altenteilerwohnung in der zur Straße gelegenen Hälfte gelegen ist und die andere Wohnung den rückwärtigen Teil des Gebäudes einnimmt. Die Hauptwohnbereiche (Wohnen, Essen, Kinder) befinden sich im EG, belichtet über die längsseitigen Traufseiten und teilweise zur vorderen Giebelseite. Das Gebäude ist nach den Feststellungen der Stadt H. extrem stark eingegrünt. Von den beiden Traufseiten – so führt die Stadt H. aus – sei die Straße und somit die geplante WEA wegen des Bewuchses nicht sichtbar. Da die WEA frontal zur NW-Giebelseite liege, sei sie von den anderen drei Gebäudeseiten nicht sichtbar. Zusätzlich zu dieser Ausrichtung schirme der Bewuchs diese Seiten komplett ab. Hauptwindrichtung sei Südwest, weshalb die volle Rotorfläche überwiegend nicht sichtbar sei. Das umliegende Gelände sei nahezu eben, es erfolge also keine verstärkende optische Wirkung durch die Topografie. Eine Vorbelastung durch die WEA 3 (westlich) und 10 (nordwestlich), die seitlich versetzt errichtet sind, sei zwar gegeben, jedoch werden nach der Einschätzung der Stadt H. diese WEA aufgrund der großen Entfernung in den Hintergrund treten; zudem sei eine dreiseitige Abschirmung durch Bewuchs gegeben.
52Diesen Feststellungen ist der Antragsteller nicht substantiiert entgegen getreten. Vor diesem Hintergrund sind im Rahmen der summarischen Prüfung mit der Stellungnahme der Stadt, den im Verwaltungsvorgang befindlichen Kopien von Bauunterlagen und den Kopien der bei der Ortsbesichtigung angefertigten Fotos ausreichende Erkenntnisse vorhanden, um eine Bewertung nach Aktenlage vornehmen zu können. Hiernach ist festzustellen, dass das Grundstück des Antragstellers weder im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes noch innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils, sondern vielmehr im Außenbereich gemäß § 35 BauGB gelegen ist, in dem eine Wohnnutzung regelmäßig unzulässig ist, Windenergieanlagen indes zu den privilegierten Vorhaben gehören (vgl. § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB). Der Schutzanspruch entfällt zwar nicht im Außenbereich, jedoch vermindert er sich dahin, dass dem Betroffenen eher Maßnahmen zumutbar sind, durch die er den Wirkungen der Windkraftanlage ausweicht oder sich vor ihnen schützt.
53Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Januar 2007 – 8 A 2042/06 – juris.
54Durch die Lage des Baukörpers, der giebelständig zur Straße errichtet ist, seine Zweiteilung im Gebäudeinnern und die Ausrichtung der WEA 28 zum straßenseitigen Hausgiebel ist eine optisch bedrängende Wirkung der in einer Entfernung von 336 m errichteten WEA zudem eher fernliegend. Die von der Stadt H. in Kopie vorgelegten Baupläne deuten darauf hin, dass die nordwestlich vom Wohnhaus gelegene WEA nur von den im Erdgeschoss und im Obergeschoss zur Straße hin angeordneten Räumen aus erkennbar sein wird. Aus in der Akte befindlichen Kopien der von der Stadt H. angefertigten Lichtbilder („Blick von der Straße auf die nördl. Gebäudeecke“ / „Blick auf die nordwestliche Traufseite mit angebautem Stallgebäude“) lässt sich in Verbindung mit einer Einsichtnahme in die in „Google Maps“ zur Verfügung stehenden Luftbildaufnahme erkennen, dass das Gebäude nicht lediglich nur von Büschen umsäumt, sondern auch durch Baumbestand von der streitgegenständlichen WEA abgeschirmt wird. Das im Erdgeschoss gelegene Wohnzimmer verfügt zudem neben dem giebelseitigen Fenster über ein seitliches nach Südwesten ausgerichtetes Fenster. Eine unzumutbare Beeinträchtigung im Sinne eines Verstoßes gegen das Rücksichtnahmegebot vermag die Kammer nach alledem auch unter Berücksichtigung der vorhandenen Vorbelastung anhand der Aktenlage nicht anzunehmen. Jedenfalls ist nach der Aktenlage die von der WEA 28 auf das Grundstücks des Antragstellers ausgehende optische Wirkung nicht dergestalt erdrückend, dass sie – zumindest - für die Dauer des Hauptsacheverfahrens nicht hingenommen werden könnte. zumal es – unter Berücksichtigung der Lage des Grundstücks im Außenbereich – zumutbar ist, eine etwa vorhandene optische Beeinträchtigung bei Sicht aus einem der betroffenen Fenster durch geeignete Bepflanzung oder andere Maßnahmen, z.B. durch helle und tageslichtdurchlässige Gardinen abzumildern.
55Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. Juli 2015 - 8 B 390/15 – BauR 2015, 1817, m.w.N..
56Soweit der Antragsteller beantragt, eine Ortsbesichtigung durchzuführen, verkennt er den Umfang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes. Diese besteht in einer Prognose der Erfolgsaussichten des Rechtsmittels im Hauptsacheverfahren, die notwendigerweise nur vorläufigen und summarischen Charakter hat, da sie mit den begrenzten Erkenntnismöglichkeiten des Eilverfahrens zu treffen ist. Das Gericht hat sich in der Regel mit einer summarischen Sachverhaltsaufklärung zu begnügen. Es ist nicht Aufgabe des Eilverfahrens, die Beweisaufnahme des Hauptsacheverfahrens vorweg zu nehmen. Eine Ortsbesichtigung in Eilverfahren ist deshalb auch dann nicht zwingend geboten, wenn das planungsrechtliche Rücksichtnahmegebot – hier die tatsächliche Sichtbeziehung zu der geplanten Anlage – betroffen ist.
57Vgl. Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 21. Januar 2010 – 9 B 2936/09 – juris.
58Es ist anerkannt, dass in Eilrechtschutzverfahren der vorliegenden Art in aller Regel keine umfassende Klärung des Sachverhalts, insbesondere mittels einer förmlichen Beweisaufnahme zu erfolgen hat. Anders würde das Eilrechtschutzverfahren zum Hauptsacheverfahren, ohne dass der in ihm ergehenden Entscheidung eine der Hauptsachentscheidung vergleichbare Bindungswirkung zukommt. Das entspricht nicht dem Sinn des auf die Gewährung von vorläufigem Rechtschutz abzielenden Eilrechtschutzverfahrens.
59Vgl. Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, Beschluss vom 10. November 2006 – 3 W 7/06 – juris.
60b) Von der streitgegenständlichen WEA gehen bei summarischer Prüfung auch keine schädlichen Umwelteinwirkungen in Form von Schattenwurf zu Lasten des Antragstellers aus. Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Es gibt für den von Windkraftanlagen verursachten Schattenwurf zwar keine feste, wissenschaftlich abgesicherte Grenze, deren Überschreitung stets die Annahme einer schädlichen Umwelteinwirkung im Sinne des § 3 Abs. 1 und 2 BImSchG und damit einer Nachbarrechtsverletzung nach sich zieht. Grundsätzlich kann eine solche schädliche Umwelteinwirkung aber bei Einhaltung der in der Verwaltungspraxis gebräuchlichen und von der Rechtsprechung anerkannten Formel ausgeschlossen werden, wonach eine Belästigung durch den zu erwartenden Schattenwurf von Windenergieanlagen dann als zumutbar für die Nachbarschaft gilt, wenn die nach einer "worst-case"-Berechnung maximal mögliche Einwirkdauer im Sinne der astronomisch maximal möglichen Beschattungsdauer am jeweiligen Immissionsort nicht mehr als 30 Stunden im Jahr – entsprechend einer realen, d.h. im langjährigen Mittel für hiesige Standorte zu erwartenden Einwirkdauer von maximal 8 Stunden im Jahr – und darüber hinaus nicht mehr als 30 Minuten am Tag beträgt.
61Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 6. Mai 2016 – 8 B 866/15 – juris, vom 17. September 2015 ‑ 8 B 1229/14 – (n.v.) m.w.N. und vom 23. Januar 2008 – 8 B 237/07 – juris, m.w.N.; OVG NRW, Urteil vom 18. November 2002 – 7 A 2141/00 – juris.
62Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 20. Januar 2016 stellt in den Nebenbestimmungen Nr. 14 bis 18 sicher, dass die maximal zumutbare Einwirkungsdauer nicht überschritten wird. Namentlich nimmt Ziff. 14 der Nebenbestimmungen die zuvor dargestellte maximal zulässige Gesamtbelastung durch Schattenwurfimmissionen auf und ist gemäß Ziff. 15 der Nebenbestimmungen die WEA mit einer Abschaltautomatik auszurüsten, die die Anlage für die Zeit des Schattenwurfes abschaltet, sobald die in der Nebenbestimmung Ziff. 14 genannten Richtwerte überschritten werden. Spätestens zur Inbetriebnahme der Anlage ist dem Antragsgegner eine Zusammenstellung vorzulegen, aus der die erforderlichen Abschaltzeiten der Anlage hervorgehen (Ziff. 16 der Nebenbestimmungen). Die Abschaltzeiten sind gemäß Ziff. 17 der Nebenbestimmungen unter Angabe von Datum und Uhrzeit zu erfassen, zu dokumentieren und mindestens drei Jahre aufzubewahren und dem Antragsgegner nach Ablauf des ersten Betriebsjahres unaufgefordert, ansonsten auf Verlangen, zu übersenden. Bei Bedarf ist eine entsprechende Nachprogrammierung vornehmen zu lassen (Ziff. 18 der Nebenbestimmungen). Dass diese Auflagen nicht geeignet wären, einen ausreichenden Nachbarschutz zugunsten des Antragstellers sicherzustellen, ist nicht dargetan.
63Umstände, die dafür sprächen, dass trotz Einhaltung der oben genannten Grenzwerte der von der Windenergieanlage ausgehende Schattenwurf für den Antragsteller eine schädliche Umwelteinwirkung darstellte, sind nach summarischer Prüfung ebenfalls nicht zu erkennen. Der Antragsteller hat in Bezug auf den Schattenwurf keine konkreten Einwendungen erhoben.
64c) Durch die Errichtung und den Betrieb der WEA 28 sind auch keine schädlichen Umwelteinwirkungen in Form von Lärmeinwirkungen zu erwarten.
65Soweit es die von der WEA 28 ausgehenden Lärmimmissionen betrifft, ist die TA Lärm maßgeblich. Nach Nr. 3.2.1 Absatz 1 TA Lärm ist der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG) sichergestellt, wenn die Gesamtbelastung am maßgeblichen Immissionsort die Immissionsrichtwerte der TA Lärm nicht überschreitet. Für im Außenbereich liegende Immissionsorte – wie hier - ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass diese nur die Einhaltung der Immissionsrichtwerte für Mischgebiete (Nr. 6.1 Buchstabe c) von 45 dB(A) (nachts) verlangen können.
66St. Rspr., vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11. Oktober 2005 – 8 B 110/05 – juris, Urteil vom 18. November 2002 - NVwZ 2003, 756 und Beschluss vom 3. September 1999 - NVwZ 1999, 360 -.
67Bei der hier nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung im Eilverfahren ist unter Berücksichtigung des im Genehmigungsverfahren vorgelegten Schallgutachtens der Reko GmbH & Co KG vom 2. April 2015 und unter Berücksichtigung der Nebenbestimmungen in Nr. 9 bis 12 des Genehmigungsbescheides vom 20. Januar 2016 nicht davon auszugehen, dass diese in der TA Lärm festgelegten Grenzwerte am Wohnhaus des Antragstellers überschritten werden.
68Gemäß Nebenbestimmung Ziff. 9 des Genehmigungsbescheids ist die WEA während der Nachtzeit von 22:00 bis 06:00 Uhr gemäß der Schallimmissionsprognose vom 2. April 2015 in der schallreduzierten Betriebsweise mit einer maximalen Leistung von 1.000 kW zu betreiben. Dabei darf ein Schalleistungspegel im Sinne einer oberen Vertrauensbereichsgrenze von 98,0 dB(A) nicht überschritten werden; dieser Wert gilt als das genehmigungsrechtlich zulässige Maß an Emission inklusive der erforderlichen Zuschläge von 2,5 dB(A) zur Berücksichtigung von Unsicherheiten. Nach Nebenbestimmung Ziff. 10 muss die Umschaltung auf die schallreduzierte Betriebsweise zur Nachtzeit durch automatische Schaltung erfolgen, die zudem gegen unbefugte Änderung zu schützen und an die Fernüberwachung (Alarm bei Ausfall oder Störung) anzuschließen ist.
69Das schalltechnische Gutachten ist auf der Grundlage der TA Lärm sowie des „alternativen Verfahrens“ nach DIN ISO 9613-2 (vgl. Nr. A.2.3.4 des Anhangs zur TA Lärm) erstellt worden. Es enthält - unter anderem - Berechnungen für den Immissionspunkt (IP) AW, das Wohnhaus des Antragstellers. Für den IP AW berechnet die S. GmbH & Co KG eine Gesamtbelastung von 44,4 dB(A). Die Gesamtbelastung liegt damit 0,6 dB(A) unter dem für die Nacht maßgeblichen Immissionsrichtwert.
70Da für die Tagzeit angesichts des um 15 dB(A) höheren Immissionsrichtwerts Überschreitungen auch unter Berücksichtigung des dann zugrunde zu legenden Betriebs mit einer uneingeschränkten Leistung von 2.300 kW auszuschließen sein dürften, wenn die Immissionswerte nachts eingehalten werden, hat die S. GmbH & Co KG folgerichtig unter Verweis darauf, dass die Schalleistungspegel der Anlage im Tagbetrieb nur maximal 6 bis 7 dB(A) größer würden, auf die Untersuchung des Tagbetriebs verzichtet.
71Die von der S. GmbH & Co KG erstellte Prognose ist plausibel. Gemäß dieser Schallimmissionsprognose liegt das Grundstück des Antragstellers lediglich im Einwirkungsbereich der WEA 28, nicht jedoch im Einwirkungsbereich der übrigen geplanten WEA 23, 26 und 27. Der Einwirkungsbereich einer Anlage wird durch Ziff. 2.2 TA Lärm definiert. Hiernach sind Einwirkungsbereich einer Anlage die Flächen, in denen die von der Anlage ausgehenden Geräusche (Ziff. 2.2 Buchstabe a)) einen Beurteilungspegel verursachen, der weniger als 10 dB(A) unter dem für diese Fläche maßgebenden Immissionsrichtwert liegt. Ein derartiger Einwirkungsbereich ist in Bezug auf das Wohnhaus des Antragstellers nur für die - von ihm beanstandete – WEA 28 gegeben, weil insoweit ein Beurteilungspegel von 38,5 dB(A) ermittelt worden ist. Bezogen auf den IP AW ergeben sich für die übrigen zur Genehmigung gestellten WEA Beurteilungspegel von 16,1 dB(A) - WEA 23 (1.893 m entfernt) - , von 12,9 dB(A) - WEA 26 (2.405 m entfernt) - und von 14,9 dB(A) – WEA 27 (2.065 m entfernt) - die mit ihrem Einwirkungsbereich nicht – auch nicht mit dem sogenannten erweiterten Einwirkungsbereich, also einem Beurteilungspegel, der weniger als 15 dB(A) unter dem für diese Fläche maßgebenden Immissionsrichtwert liegt – das Grundstück des Antragstellers umfassen.
72Soweit der Antragsteller geltend macht, es gebe eine Vielzahl von weiteren WEA im relevanten Abstand von 700 bis 1400 m und es sei keine – jedenfalls keine ausreichende – Berücksichtigung der Vorbelastung durch diese Anlagen erfolgt, verhilft dies dem Antrag nicht zum Erfolg. Das Gutachten berücksichtigt die Vorbelastung entsprechend der Vorgaben der TA Lärm. In der Immissionsprognose vom 2. April 2015 wird die Vorbelastung im erweiterten Einwirkungsbereich der neuen WEA für den IP AW mit einem Beurteilungspegel von 43,1 dB(A) errechnet. Diese Vorbelastung ist für die Frage der Genehmigungserteilung irrelevant.
73Die TA Lärm sieht unter Ziffer 3.2.1 Abs. 2 und 3 Irrelevanzregelungen vor. Nach Abs. 2 darf eine Genehmigung auch bei einer Überschreitung der Immissionsrichtwerte auf Grund der Vorbelastung nicht versagt werden, wenn der Beitrag der zu beurteilenden Anlage als nicht relevant anzusehen ist. In der Regel ist ein Beitrag als irrelevant anzusehen, wenn er – wie hier - um mindestens 6 dB(A) unterhalb des Richtwertes liegt. Ziffer 3.2.1 Abs. 2 TA Lärm bestimmt also die Irrelevanz an Hand der Zusatzbelastung. Ist diese – wie hier mit einem Beurteilungspegel von 38,5 dB(A) - ausreichend niedrig, darf die Genehmigung, unabhängig davon, wie hoch die bestehende Vorbelastung bereits ist, nicht versagt werden.
74Im Gegensatz zu Abs. 2 betrachtet Ziffer 3.2.1 Abs. 3 TA Lärm das Irrelevanzkriterium an Hand der Gesamtbelastung. Wird der Immissionsrichtwert auf Grund der Vorbelastung um maximal 1 dB(A) überschritten, soll die Genehmigung für die neue Anlage nicht versagt werden. Voraussetzung für die Anwendung des Abs. 3 ist also, dass bereits überhaupt eine Vorbelastung besteht, die Zusatzbelastung allein den Immissionsrichtwert einhält und die Gesamtbelastung erst durch die Berücksichtigung der Vorbelastung der Richtwert ‑ zulässigerweise um maximal 1 dB(A) – überschritten wird. Dies ist hier jedoch nicht der Fall, denn die von der S. GmbH & Co KG errechnete Gesamtbelastung bleibt mit 44,4 dB(A) unter dem einschlägigen Immissionsrichtwert.
75Es ist nicht ersichtlich, dass die in der Immissionsprognose vom 2. April 2015 errechnete Vorbelastung fehlerhaft ermittelt worden ist. Jedenfalls im gerichtlichen Eilverfahren ist weiter davon auszugehen, dass eine Schallprognose dann „auf der sicheren Seite“ liegt, wenn sie – wie hier – entsprechend dem Regelwerk der TA Lärm sowie der in Bezug genommenen DIN ISO 9631-2 erstellt worden ist.
76Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. Juli 2016 – 8 B 653/16 -.
77Die vom LANUV NRW in Auftrag gegebene Untersuchung des Sachverständigenbüros V. & Partner vom 11. November 2014 (im Folgenden: „V. -Studie 2014“), in deren Rahmen die Emissionen und Immissionen im Umfeld zweier Anlagen der 2 MW-Klasse mit einer Nabenhöhe von 98 m messtechnisch ermittelt und mit den gemäß dem „Alternativen Verfahren“ berechneten Pegeln verglichen wurden, und auf deren Ergebnisse sich der Antragsteller beruft, begründet an dieser Prognose keine durchgreifenden Zweifel. Dieser Bericht kommt zwar zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass das ‑ auch hier angewandte – alternative Verfahren nach DIN ISO 9613-2 bei der Beurteilung der Geräusche von hohen Windenergieanlagen infolge einer Überschätzung der Bodendämpfung zu Abweichungen von den im Rahmen des Forschungsvorhabens gemessenen Werten führt. Demnach treten mit zunehmendem Abstand systematische Abweichungen zwischen den gemessenen und den nach dem „Alternativen Verfahren“ berechneten Immissionspegeln auf, wobei bis 500 m die Messergebnisse gut mit den nach dem „Alternativen Verfahren“ berechneten Pegeln übereinstimmen und sich erst ab einem Abstand von 800 m Differenzen ergeben. Aufgrund des bisher erreichten Erkenntnisstands ist jedoch ‑ zumal im gerichtlichen Eilverfahren – nicht davon auszugehen, dass das genannte Verfahren durch neue gesicherte Erkenntnisse überholt wäre und nach dem „alternativen Verfahren“ erstellte Schallimmissionsprognosen nicht mehr verwertbar wären.
78Der TA Lärm kommt, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu.
79Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. November 2012 - 4 C 8/11 - BVerwGE 145, 145 ff.
80Die Bindungswirkung der TA Lärm einschließlich der über Ziffer A.2.3.4 des Anhangs zur TA Lärm anzuwendenden DIN ISO 9613-2 entfällt nur dann, wenn die in der TA Lärm enthaltenen Aussagen durch Erkenntnisfortschritte in Wissenschaft und Technik überholt sind und sie deshalb den gesetzlichen Anforderungen nicht mehr gerecht werden.
81Vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. März 1996 - 7 B 164/95 - UPR 1996, 306.
82Davon ist auch unter Berücksichtigung der Ergebnisse der „V. -Studie 2014“ nicht auszugehen.
83So auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 23. Februar 2016 - 3 S 2225/15 - BauR 2016, 1148; Bay. VGH, Beschlüsse vom 10. August 2015 - 22 ZB 15.1113 - BauR 2015, 1823 und vom 18. Februar 2016 - 22 ZB 15.2412 - juris; insoweit noch offen lassend: OVG NRW, Beschluss vom 27. Juli 2015 ‑ 8 B 390/15 - BauR 2015, 1817; vgl. auch VG Minden, Gerichtsbescheid vom 11. März 2016 ‑ 11 K 1963/15 – juris.
84Zwar hält der 8. Senat des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen die Kernaussagen der „V. -Studie 2014“ für plausibel, wonach die Bodendämpfung bei hohen Schallquellen wahrscheinlich überschätzt werde. Er weist jedoch zugleich darauf hin, dass die Frage, welche konkreten Änderungen bei der Schallausbreitungsrechnung nach der TA Lärm in Verbindung mit der DIN ISO 9613-2 möglicherweise notwendig sind, derzeit noch offen bzw. Gegenstand wissenschaftlicher Diskussionen ist und die „V. -Studie 2014“ keinen gesicherten Erkenntnisfortschritt darstellen würde, der die Bindungswirkung der TA Lärm sowie der DIN ISO 9613-2 entfallen ließe.
85Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. Juli 2016 – 8 B 653/15 – (n.v.) und Beschlüsse vom 17. Juni 2016 ‑ 8 B 1015/15, 8 B 1016/15, 8 B 1017/15 und 8 B 1018/15 - Juris.
86Daran ist festzuhalten, auch wenn der Antragsteller geltend macht, aufgrund neuerer wissenschaftlicher Stellungnahmen,
87Engelen/Piorr, Messtechnische Untersuchung der Schallausbreitung hoher Windanlagen“ in: Lärmbekämpfung Bd 10 (2015) Nr. 6, Seite 254 ff, abrufbar im Internet z.B. unter:http://www.student.uni-oldenburg.de/karsten.busch/Literatur/Engelen,%20Piorr%20-%202015%20-% 20Messtechnische%20Untersuchung%20der%20Schallausbreitung%20hoher%20Windenergieanlagen.pdf,
88sei bei jeder einzelnen Windenergieanlage ein höherer Wert von ca. 2 dB(A) einzustellen, soweit die Anlage mehr als 600 m zum relevanten Wohnhaus liege; bei mehreren Windanlagen seien entsprechende Summenpegel zu bilden.
89Die Messergebnisse des oben genannten Forschungsvorhabens („V. -Studie 2014“) wurden im Unterausschuss „Schallausbreitung im Freien“ des Normenausschuss Akustik, Lärmminderung und Schwingungstechnik (NALS) im DIN und VDI diskutiert und führten zur Verabschiedung der „Dokumentation zur Schallausbreitung – Interimsverfahren zur Prognose der Geräuschimmissionen von Windkraftanlagen“ (Fassung 2015-05.1).
90http://www.din.de/de/mitwirken/normenausschuesse/nals/dokumentation-zur-schallausbreitung-interimsverfahren-zur-prognose-der-geraeuschimmissionen-von-windkraftanlagen-fassung-2015-05-1-85310.
91Zwar halten die Autoren der Studie langfristig eine Überarbeitung der ISO 9613-2, insbesondere im Hinblick auf die Berücksichtigung des Bodeneffekts für hohe Schallquellen, für unverzichtbar. Indessen wird in der wissenschaftlichen Diskussion auch darauf verwiesen, dass für die Entwicklung und Validierung neuer und genauerer Prognoseverfahren aufwendige Forschungsprojekte und eine solide Messdatenbasis erforderlich sind, noch immer Daten bei höheren Windgeschwindigkeiten fehlen und die Übertragbarkeit der im künstlichen Betriebsmodus gemessenen Werte auf den regulären immissionsrelevanten Betrieb mit maximaler Schallemission eingeschränkt bleibt. Weitere Forschung und insbesondere eine erweiterte Messdatenbasis sei erforderlich, um Erkenntnisse für eine Überarbeitung des international etablierten Schallausbreitungsrechnungsstandards der ISO 9613-2 abzuleiten.
92Vgl. Schulz, „Überarbeitung der „LAI-Hinweise“ in: DEWI Magazin August 2016, S. 24 ff, abrufbar im Internet unter: http://www.dewi.de/dewi_res/fileadmin/pdf/publications/Magazin_49/DM_49_Digital.pdf.
93Auch der Einwand des Antragstellers, die schalltechnischen Untersuchungen würden mögliche auftretende Schallreflexionen nicht hinreichend berücksichtigen, greift nicht durch.
94Der Antragsteller stellt zwar die Behauptung auf, dass es an seinem Wohnhaus zu Schallreflexionen komme. In diesem Zuge beschränkt er sich jedoch unter Bezugnahme auf Seminarunterlagen des LANUV NRW aus dem Jahr 2010 auf die allgemeine Aussage, dass es durch Schallreflexionen grundsätzlich zu einer Erhöhung des Beurteilungspegels kommen kann. Im Hinblick auf die konkrete örtliche Situation führt er lediglich aus, die WEA sei mitten in eine Wohngebiet hinein gebaut. Rund um sein Haus stünden in gewissem Abstand im Umfeld der Windanlage etwa 10 Wohnhäuser. Die in der Immissionsprognose verwendete Software habe nicht in die Prognose einbezogen, dass durch Schallreflexionen an benachbarten Gebäuden Pegelerhöhungen von bis zu 3 dB(A) auftreten könnten. Unabhängig davon, dass das Vorbringen insbesondere hinsichtlich der Frage, von welchen konkreten Gebäuden Schallreflexionen ausgehen sollen, unsubstantiiert ist, stützt die sich aus dem der Kammer zur Verfügung stehenden Kartenmaterial ergebende Gebäudesituation vor Ort die vom Antragsgegner und der Beigeladenen vertretene Annahme, dass am IP AW, also dem Wohnhaus des Antragstellers, keine relevanten Überschreitungen des Richtwertes durch eventuelle Reflexionen zu erwarten sind. Zu Recht verweist der Antragsgegner darauf, dass die Nachbargebäude zu weit entfernt seien. Die Gebäude M.-------straße 85 (IP AU) und I.-------straße 14 (IP AX) lägen mindestens 110 m vom Haus des Antragstellers entfernt. Im vorliegenden Fall könnten bei einer worst-case-Betrachtung allenfalls Reflexionen durch die WEA 28 über den IP AU entstehen. Dort käme laut Gutachten eine Zusatzbelastung durch die WEA 28 von 38,2 dB(A) an. Entsprechend der DIN ISO könne ein Reflexionsverlust von 1 dB(A) angesetzt werden, so dass sich der Reflexionspegel auf 37,2 dB(A) reduziere. Nach Pegeladdition dieses Reflexionspegels mit der Gesamtbelastung am Wohnhaus des Antragtellers gemäß Schallgutachten der S. GmbH & Co KG ergebe sich ein Beurteilungspegel von 45 dB(A). Diesem schlüssigen und nachvollziehbaren Vortrag hat der Antragsteller substantiiert nichts entgegen gesetzt.
95Durch die Nebenbestimmungen 1 bis 13 ist zudem sichergestellt, dass eine wirksame Überwachung der Immissionen nach Inbetriebnahme der Anlage erfolgt. So ist nach Errichtung der WEA durch eine Bescheinigung des Herstellers zu belegen, dass die errichtete Anlage identisch mit der dem Vermessungsbericht zu Grunde liegenden Anlagespezifikationen sind. Kann eine solche Bescheinigung nicht vorgelegt werden, muss eine akustische FGW-konforme Abnahmemessung durchgeführt werden. Ferner ist die WEA mit einer Einrichtung zur kontinuierlichen Aufzeichnung geeigneter Betriebsparameter (Windgeschwindigkeit in Nabenhöhe, elektr. Leistung, Drehzahl) zu versehen. Die Daten sind rückwirkend für einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten zu speichern und auf Anforderung der Immissionsschutzbehörde zur Verfügung zu stellen.
96Schließlich ist - mit Blick auf den Vortrag des Antragstellers, tieffrequente Geräusche hätten im Genehmigungsverfahren keine Berücksichtigung gefunden - eine Verletzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG zu Lasten des Antragstellers auch nicht aufgrund einer mangelnden Berücksichtigung von tieffrequentem Schall bzw. Infraschall anzunehmen.
97Als tieffrequenter Schall wird im Allgemeinen der Bereich unterhalb der Frequenz von 100 Hertz verstanden, er umfasst den Infraschall und die für Menschen gerade noch hörbaren tiefen Töne. Als Infraschall wird der Luftschall unterhalb der Frequenz von 20 Hertz definiert. In diesem tiefen Bereich kann der Mensch keine Tonhöhen mehr wahrnehmen. Trotzdem ist auch im Infraschallbereich eine Art „Hören“ möglich: Hierfür sind jedoch deutlich höhere Schallpegel notwendig als beim Hörschall, der den Frequenzbereich von 20 bis 20.000 Hertz umfasst. Das Gehör ist auch im Infraschallbereich das sensibelste Sinnesorgan des Menschen: Erst wenn die Schallpegel deutlich über der Hörschwelle liegen, kann der tieffrequente Schall auch mit dem Tastsinn (taktil) und dem Gleichgewichtssinn (vestibulär) wahrgenommen werden.
98http://www.lfu.bayern.de/umweltwissen/doc/uw_117_windkraftanlagen_infraschall_gesundheit.pdf.
99Je tiefer die Frequenz ist, desto höher muss der Schalldruckpegel – also die Lautstärke – sein, damit der Mensch etwas wahrnimmt. So muss bei acht Hertz der Schalldruckpegel bei 100 Dezibel liegen, bei 16 Hertz hingegen genügen 76 Dezibel.
100Vgl. http://www.lfu.bayern.de/umweltwissen/doc/uw_117_windkraftanlagen_infraschall_gesundheit.pdf.
101Im neuen Entwurf der DIN 45680 wird zusätzlich eine um etwa 3 dB geringere, sogenannte Wahrnehmungsschwelle definiert.
102Vgl. https://www.energieland.hessen.de/pdf/Faktenpapier_Windenergie_und_Infraschall_2015.pdf.
103Im Hinblick auf tieffrequenten Schall lässt sich das Auftreten von Immissionen häufig kaum konkret und zuverlässig prognostizieren. Ein genormtes Prognoseverfahren existiert derzeit in Deutschland nicht. Dies gilt nicht nur für den Infraschallbereich, der bei Prognosen bislang in der Regel nicht behandelt wird, sondern auch für ausgeprägt tieffrequente und tonal tieffrequente Geräusche, die derzeit nach dem Beiblatt 1 der DIN 45680 beurteilt werden.
104Vgl. Umweltbundesamt, Machbarkeitsstudie zu Wirkungen von Infraschall, S. 115, im Internet abrufbar unter: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/378/publikationen/texte_40_2014_machbarkeitsstudie_zu_wirkungen_von_infraschall.pdf.
105Ob und in welcher Intensität tieffrequente Geräusche auftreten, hängt u. a. von der Beschaffenheit des Ausbreitungsmediums und auch des Immissionsortes ab. Vor diesem Hintergrund ist vor Erteilung einer Genehmigung im Regelfall keine konkrete Prognose zum tieffrequenten Schall zu fordern. Nach Nr. 7.3 der TA Lärm ist für Geräusche, die vorherrschende Energieanteile im Frequenzbereich unter 90 Hz besitzen (tieffrequente Geräusche), die Frage, ob von ihnen schädliche Umwelteinwirkungen ausgehen, im Einzelfall nach den örtlichen Verhältnissen zu beurteilen. In Nummer A.1.5 des Anhangs zur TA Lärm werden - ebenso wie im Anhang A des Beiblatts 1 zu DIN 45680 - exemplarisch Schallquellen genannt, die dazu neigen, tieffrequente Geräusche zu verursachen. Vor allem dann, wenn danach schädliche Umwelteinwirkungen durch tieffrequente Geräusche zu erwarten sind, muss vor Erteilung der Genehmigung geprüft werden, ob und gegebenenfalls welche geeigneten Minderungsmaßnahmen ergriffen werden können.
106Vgl. OVG NRW, Urteil vom 22. Mai 2014 – 8 A 1220/12 – juris.
107Derartige schädliche Umwelteinwirkungen sind von der streitigen WEA jedoch nicht zu erwarten. Im erwähnten Anhang zur TA-Lärm werden Windenergieanlagen nicht als zur Verursachung tieffrequenter Geräusche neigende Schallquellen genannt. Mangels anderer gesicherter Erkenntnisse bestand für den Antragsgegner kein Anlass, im Rahmen des Genehmigungsverfahrens eine konkrete Prognose zum tieffrequenten Schall einzufordern oder in Auftrag zu geben. Pauschale Ansätze, wie zum Beispiel die vom Antragsteller für erforderlich gehaltene Festlegung von Mindestabständen, erscheinen ohne wissenschaftlich abgesicherte Grundlagen über die Auswirkungen der Quellen nicht sachgerecht.
108Vgl. Umweltbundesamt, Machbarkeitsstudie zu Wirkungen von Infraschall, a.a.O., S. 116
109Was den Infraschallbereich betrifft, so liegen nach aktuellem Kenntnisstand, der mit der Fachinformation des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) vom 3. August 2012 bestätigt wurde, die von Windenergieanlagen ausgehenden Schallimmissionen deutlich unterhalb der menschlichen Wahrnehmungsschwelle und damit auch deutlich unterhalb einer denkbaren Wirkschwelle. Nach heutigem Kenntnisstand ist bei diesen Pegeln von keiner gesundheitlichen Beeinträchtigung auszugehen. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass Infraschall nur dann gesundheitliche Folgen haben kann, wenn Menschen ihn hören oder zumindest spüren können.
110Vgl. http://www.lfu.bayern.de/umweltwissen/doc/uw_117_windkraftanlagen_infraschall_gesundheit.pdf
111Ob Infraschall wahrgenommen wird, hängt wesentlich von der Frequenz in Kombination mit der Höhe des Schalldrucks ab. Erst bei sehr hohen Schalldruckpegeln, wie sie üblicherweise nicht in der Umgebung von Windenergieanlagen auftreten, entfaltet Infraschall Wirkungen, die das Befinden oder die Gesundheit beeinträchtigen können.
112Vgl. hierzu auch Ziffer 5.2.1.1 des aktuellen Windenergie-Erlasses NRW vom 4. November 2015
113Die Infraschall-Pegel in der Umgebung von Windenergieanlagen liegen bereits im Nahbereich, d.h. bei Abständen zwischen 150 und 300 Metern von der Anlage, deutlich unterhalb der menschlichen Hör- bzw. Wahrnehmungsschwelle. Dies zeigen aktuelle Messungen zum Beispiel der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden- Württemberg. In größeren Entfernungen werden die auftretenden Geräusche im Infraschall-Bereich maßgeblich durch den Wind verursacht. Windenergieanlagen liefern hier keinen nachweisbaren Beitrag.
114Vgl.https://www.umwelt.nrw.de/fileadmin/redaktion/PDFs/klima/windenergieanlagen_infraschall_faktenpapier.pdf
115Die Kammer geht mangels anderer wissenschaftlich gesicherter Hinweise deshalb im Einklang mit der obergerichtlichen Rechtsprechung davon aus, dass der von Windenergieanlagen verursachte Infraschall jedenfalls bei einer Entfernung von – wie hier‑ über 300 m grundsätzlich keine Gesundheitsgefahr darstellt.
116Vgl. bereits Beschlüsse der Kammer vom 6. Januar 2016 – 28 L 2615/15 – und vom 25. November 2015 – 28 L 2941/15 – (beide n.v.); OVG NRW, Beschluss vom 6. Mai 2016 – 8 B 866/15 – a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 6. Juli 2015 – 8 S 534/15 – a.a.O. und Urteil vom 12. Oktober 2012 - 8 S 1370/11 - BRS 79 Nr. 3; BayVGH, Beschluss vom 8. Juni 2015 – 22 CS 15.686 – juris; HessVGH, Beschluss vom 26. September 2013 – 9 B 1674/13 – juris; OVG Saarland, Beschluss vom 23. Januar 2013 – 3 A 287/11 – juris.
117Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass in dem hier zu beurteilenden Sachverhalt aufgrund des Anlagentyps oder der konkreten örtlichen Gegebenheiten etwas anderes gelten könnte. Gerade vor dem Hintergrund, dass Infraschall in der Umwelt ein allgegenwärtiges Phänomen ist, das außer durch WEA auch noch durch zahlreiche andere Quellen wie den Straßenverkehr, den Wind als solchen und die Meeresbrandung hervorgerufen wird, gibt es im vorliegenden Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes keinen Anlass, von der bisherigen Rechtsprechung abzuweichen.
118Soweit das OVG NRW im Beschluss vom 17. Juni 2016 - 8 B 1018/15 – ausgeführt hat, es teile die Auffassung des - vorinstanzlich mit der Sache befassten - Verwaltungsgerichts (VG Minden, Beschluss vom 17. August 2015 – 11 L 462/15), dass in Bezug auf Infraschall „jedenfalls“ bei Abständen von mehr als 500 Metern zwischen Windenergieanlage und Wohnhaus die Schwelle zur schädlichen Umwelteinwirkungen nicht erreicht werde, folgt hieraus nicht zwingend der Schluss, der 8. Senat habe in Bezug auf mögliche durch Infraschall verursachte Gefahren – wie der Antragsteller meint – unter Abkehr von seiner früheren Einschätzung seine Rechtsprechung zum gesundheitlich unbedenklichen Mindestabstand zugunsten der betroffenen Anwohner verschärft. Denn in dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Fall betrug der Abstand zwischen WEA und Wohnhaus 1517 Meter und der Senat hat mit seiner Formulierung ersichtlich die Formulierung der erstinstanzlichen Entscheidung aufgenommen, ohne dass – wie aus der Verwendung des Wortes „jedenfalls“ folgt - dieser eine tragende Bedeutung zugekommen wäre.
119d) Soweit der Antragsteller unter Berufung auf das Anwendungsdokument „Kurzfassung Gutachten – Windenergieanlagen in Nähe von Schutzobjekten, Bestimmung von Mindestabständen“ der Ingenieurgesellschaft mbH Veenker,
120vgl. http://www.veenkergmbh.de/projekte/windenergieanlagen-generalgutachten/,
121geltend macht, von der WEA gingen erhöhte Unfallgefahren aus, denen auch nicht durch technische Vorrichtungen ausreichend begegnet werden könne, verhilft dies seinem Antragsbegehren ebenfalls nicht zum Erfolg.
122Bei der streitbefangenen WEA handelt es sich nicht um eine dem Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 der Zwölften Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Störfall-Verordnung - 12. BImSchV) unterworfene Anlage, denn sie stellt keinen Betriebsbereich dar, in dem gefährliche Stoffe in Mengen vorhanden sind, die die in Anhang I Spalte 4 oder Spalte 5 genannten Mengenschwellen erreichen oder überschreiten.
123Die Störfall-Verordnung stellt allerdings keine abschließende Konkretisierung der störfallbezogenen Vorgaben des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG dar. Vielmehr sind auch die nicht der Störfall-Verordnung unterfallenden Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass keine konkreten Gefahren (im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BlmSchG) durch betriebsbedingte oder externe Störungen entstehen.
124Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12. März 2015 – 10 S 1169/13 – juris unter Verweis auf Jarass, BImSchG, Kommentar, 10. Auflage, § 6 Rn. 42.
125Diese Bestimmung ist für Nachbarn drittschützend.
126St. Rspr., vgl. etwa VGH Baden-Württemberg vom 20. Juli 2011 - 10 S 2102/09 - juris; OVG NRW, Urteil vom 9. Dezember 2009 - 8 D 6/08.AK - juris.
127Dies gilt nicht nur für den Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen, sondern auch für die Abwehr sonstiger Einwirkungen im Sinne der 2. Alternative des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BlmSchG. Die Erfüllung der Grundpflichten des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG muss für den Zeitpunkt der Inbetriebnahme sowie für die Dauer des Betriebs sichergestellt sein. Diese Bestimmung hat aber nicht die Bedeutung, dass jedes nur denkbare Risiko der Herbeiführung von schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren ausgeschlossen sein muss. Vielmehr müssen Risiken, die als solche erkannt sind, nach den konkreten Umständen des Falles mit hinreichender, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sein.
128Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Februar 1978 - I C 102/76 - BVerwGE 55, 250; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12. März 2015 a.a.O.
129Nach überwiegender Auffassung muss eine konkrete Gefährlichkeit bestehen; eine abstrakte Störqualität genügt nicht. Mithin genügt die bloße Eignung von Einwirkungen, einen Schaden herbeizuführen, nicht, um Schutz- und Abwehransprüche nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG zu begründen. Die immissionsschutzrechtliche Schutzpflicht greift als Instrument der Gefahrenabwehr vielmehr nur ein, wenn eine hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts besteht.
130Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. November 2014 - 7 B 27.14 - BRS 82 Nr. 83; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12. März 2015 a.a.O.
131Je schwerwiegender die zu befürchtenden Schäden sind, desto geringere Anforderungen sind an die Wahrscheinlichkeit zu stellen; umgekehrt muss die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts desto höher sein, je geringer die Schadensfolgen sind. Nach Durchführung der erforderlichen Amtsaufklärung verbleibende Unsicherheiten lassen sich eventuell durch geeignete Nebenbestimmungen kompensieren.
132Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12. März 2015 a.a.O.
133Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BlmSchG sind nach der Legaldefinition in § 3 Abs. 1 BlmSchG solche Immissionen, die nach Art, Ausmaß und Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Welche Beeinträchtigungen dabei als erheblich einzustufen sind, bemisst sich danach, was die Betroffenen an Immissionen nicht mehr hinzunehmen brauchen, weil sie unzumutbar sind. Den normkonkretisierenden technischen Regelwerken der TA Luft und der TA Lärm kommt, soweit sie den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen im Hinblick auf Staub und Lärm konkretisieren, im Rahmen ihres Anwendungsbereichs eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu.
134St. Rspr., vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 29. August 2007 - 4 C 2/07 - BVerwGE 129, 209, m.w.N.
135Durch Störungen des bestimmungsgemäßen Betriebs oder externe Gefahren hervorgerufene negative Einwirkungen sind den sonstigen Gefahren im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 2. Alternative BlmSchG zuzuordnen. Hierzu gehören insbesondere auch Explosions- und Brandgefahren.
136VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12. März 2015 – 10 S 1169/13 – a.a.O..
137Bei der Prognose, ob eine hinreichend konkrete Gefährdung vorliegt, um einen Schutz- und Abwehranspruch zu begründen, ist die Wahrscheinlichkeit und das Ausmaß der denkbaren Störfälle zu berücksichtigen. Auch außerhalb des Störfallrechts im engeren Sinne können insoweit störfallrechtliche Wertungen herangezogen werden. Handelt es sich der Sache nach um einen sog. Dennoch-Störfall, d.h. um eine vernünftigerweise auszuschließende Störung (vgl. § 3 Abs. 2 letzter Halbsatz Störfall-Verordnung), wird regelmäßig keine hinreichend konkrete Gefahr eines Schadenseintritts bestehen, wenn die erforderlichen Vorkehrungen zur Abwehr vernünftigerweise nicht auszuschließender Gefahren getroffen worden sind. Nach dem Grundsatz der umgekehrten Proportionalität von Schadenwahrscheinlichkeit und Schadensausmaß kann jedoch auch der mögliche Eintritt eines vernünftigerweise auszuschließenden Dennoch-Störfalls einen Schutz- und Abwehranspruch begründen, wenn andernfalls erhebliche, nicht mehr hinnehmbare Beeinträchtigungen hochrangiger Rechtsgüter des Nachbarn drohen.
138Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12. März 2015 a.a.O..
139Von der hier streitigen Windenergieanlage gehen keine über das allgemeine Lebensrisiko hinausreichende Gefahren aus. Die hier zugrunde zu legenden, als Risikoakzeptanzschwelle anzunehmenden, jeder Person zumutbaren Risiken sind vergleichbar mit dem Risiko, einen Verkehrs- oder sonstigen Unfall zu erleiden und werden grundsätzlich mit einer Eintrittswahrscheinlichkeit von einmal in 33.300 Jahren angenommen.
140Vgl. Hess. VGH, Urteil vom 26. September 2013 - 9 B 1674/13 - juris.
141Der Antragsteller hat nicht dargelegt, dass dieses Risiko im Fall der von der streitgegenständlichen Windenergieanlage ausgehenden Gefahren erreicht wird oder gar signifikant erhöht ist und es aus diesem Grund eines weitergehenden Schutzkonzeptes bedürfte, das über die durch die Beigeladene getroffenen Vorkehrungen und die in den Nebenbestimmungen zur immissionsschutzrechtlichen Genehmigung verankerten Anforderungen hinausginge.
142Dies gilt sowohl für die Brandgefahr unter Berücksichtigung des in die Nebenbestimmungen der Genehmigung aufgenommenen Brandschutznachweises (vgl. Anlage 2 Nr. 39 des Genehmigungsbescheides sowie Anlage 1, Nr. 12 und 13 ) als auch für die Gefahr von Bruch-/Havarie der WEA 28 unter Berücksichtigung der in Anlage 1 zur Genehmigung aufgeführten Anlagenbeschreibung (vgl. Ziffer 5 des Inhaltverzeichnisses) und der ebenfalls zum Bestandteil der Genehmigung gemachten Dokumente zur Anlagensicherheit (vgl. Ziff. 10 des Inhaltsverzeichnisses), namentlich der Technischen Beschreibung ENERCON Windenergieanlagen Anlagensicherheit, in der die Sicherheitseinrichtungen (Not-Halt-Taster, Hauptschalter), das Sensorensystem zur Überwachung der sicherheitsrelevanten mechanischen und elektrischen Baugruppen und der relevanten Umgebungsparameter, das Anhalten der Windenergieanlage durch Notverstellung oder Notbremsung und das Fernüberwachungssystem beschrieben werden, der Beschreibung des Erdungs- und Blitzschutzsystems, den diversen die Eiserkennung betreffenden Unterlagen und den Dokumenten zur Befeuerung mit/ohne Notstromversorgung.
143Aus dem Gutachten der W. Ingenieurgesellschaft mbH vom 11. Dezember 2014 „Windenergieanlagen in der Nähe von Schutzobjekten – Bestimmung von Mindestabständen“ folgt nichts anderes. Hiernach wird bei einer WEA mit einem Rotordurchmesser von 65 bis 100 m und einer Nabenhöhe von bis zu 100 m ein Abstand gegenüber Einzelbauwerken von 180 (einzelne WEA) bzw. 185 m (Windpark) empfohlen, der vorliegend ersichtlich eingehalten ist.
144e) Soweit der Antragsteller geltend macht, die Errichtung bzw. der Betrieb der WEA 28 führe zu einer erheblichen Wertminderung seines Grundstücks, ist ihm entgegenzuhalten, dass Wertminderungen als Folge der Ausnutzung der einem Dritten erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht für sich genommen im Sinne des Rücksichtnahmegebots unzumutbar sind. Vielmehr kommt ein Abwehranspruch nur dann in Betracht, wenn die Wertminderung die Folge einer dem Betroffenen nach Maßgabe des Rücksichtnahmegebots unzumutbaren Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeiten seiner Anwesens ist. Ansonsten betreffen die Chancen und Risiken einer Veränderung des Verkehrswerts eines Anwesens allein die Sphäre des betroffenen Eigentümers. Eine Wertminderung hat dann auch keinerlei Indizwirkung für eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme.
145Vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 21. Juni 2016 – 22 ZB 16.24 – juris und Beschluss vom 6. November 2011 – 22 ZB 11.1585 – juris, m.w.N.
1462. Ohne Erfolg macht der Antragsteller auch geltend, die immissionsschutzrechtliche Genehmigung sei rechtswidrig, weil der Antragsgegner aufgrund der UVP-Vorprüfung in der Sache zu dem unzutreffenden Ergebnis gekommen sei, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich.
147Nach § 4 Abs. 1 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG) kann die Aufhebung einer in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes fallenden Genehmigung auch dann verlangt werden, wenn u. a. eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder erforderliche UVP-Vorprüfung nicht durchgeführt worden und nicht nachgeholt worden ist. Diese Norm dient der Umsetzung von Art. 11 RL 2011/92/EU, wonach neben der materiell-rechtlichen auch die verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit einer Zulassungsentscheidung gerichtlich zu überprüfen ist. Sie stellt klar, dass die vollständige Nichtdurchführung einer rechtlich vorgeschriebenen Umweltverträglichkeitsprüfung oder UVP-Vorprüfung einen wesentlichen Verfahrensfehler darstellt, der - unabhängig von seinen Auswirkungen auf das Ergebnis - zur Aufhebung der Entscheidung führt, sofern der Verfahrensschritt nicht nachgeholt und damit der Verfahrensfehler geheilt wird,
148vgl. die Begründung des Entwurfs des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes, BT-Drs. 16/2495, S. 14.
149Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG gilt Satz 1 Nr. 1 auch, wenn eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3a Satz 4 UVPG genügt. Diese Regelung dient allein der Klarstellung, dass die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG (die erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung wurde nicht durchgeführt) auch dann vorliegt, wenn die erforderliche UVP-Vorprüfung zwar durchgeführt worden ist, aber wegen der Nichtbeachtung der Vorgaben aus § 3 a Satz 4 UVPG zu dem fehlerhaften Ergebnis gekommen ist, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich.
150Vgl. die Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Gesetz zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften, BT-Drs. 17/1957, S. 17.
151Nach § 4 Abs. 3 UmwRG finden diese Bestimmungen nicht nur auf nach § 3 UmwRG anerkannte Vereinigungen, sondern auch auf natürliche Personen wie den Antragsteller Anwendung.
152Bei unionsrechtskonformer Auslegung sind die Verfahrensvorschriften der UVP-Richtlinie als Schutznormen im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO zu qualifizieren. Davon geht auch § 4 Abs. 3 UmwRG aus, der klarstellt, dass jedenfalls die in Abs. 1 und 2 aufgeführten UVP-Verfahrensfehler auch für Individualkläger rügefähig sein sollen. Der Antragsteller ist auch rügeberechtigt. Die Möglichkeit, Verfahrensfehler nach § 4 Abs. 1 UmwRG zu rügen, steht nicht für jedermann offen, sondern nur für Mitglieder der sog. "betroffenen Öffentlichkeit". Betroffenheit wird hier grundsätzlich durch einen räumlichen Bezug zum Wirkungsbereich der Immissionen bestimmt. Damit setzt die Zulässigkeit der Klage zumindest voraus, dass der Kläger durch die Entscheidung tatsächlich in seinen Interessen beeinträchtigt wird.
153Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. Dezember 2015 – 8 B 1108/15 – juris.
154Dies ist hier der Fall. Der Antragsteller ist in seinen Interessen jedenfalls deshalb beeinträchtigt, weil sein Wohnhaus im räumlichen Einwirkungsbereich der Anlage liegt. Diese befindet sich in Sichtweite seines Wohnhauses und dürfte dort auch zu hören sein.
155Der Antragsgegner musste entgegen der Auffassung des Antragstellers im Zuge des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens jedoch keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchführen.
156Eine solche Verpflichtung ergab sich zunächst nicht aus § 3b Abs. 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG). Gemäß dieser Vorschrift besteht die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung für ein in der Anlage 1 aufgeführtes Vorhaben, wenn die zur Bestimmung seiner Art genannten Merkmale vorliegen. Sofern Größen- oder Leistungswerte angegeben sind, ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn die Werte erreicht oder überschritten werden.
157Nach Ziff. 1.6.1 der Anlage 1 ist bei der Errichtung und dem Betrieb einer Windfarm mit Anlagen mit einer Gesamthöhe von jeweils mehr als 50 Metern mit 20 oder mehr Windkraftanlagen stets eine UVP durchzuführen, während nach Ziff. 1.6.2 bei Errichtung und Betrieb einer Windfarm mit 6 bis weniger als 20 dieser Anlagen eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles und bei 3 bis weniger als 6 Windkraftanlagen nach Ziff. 1.6.3 eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls vorzunehmen ist.
158Die Errichtung und der Betrieb von vier WEA – wie hier WEA 23, 26, 27 und 28 – begründet demnach für sich allein kein Vorhaben, bei dem eine UVP durchzuführen wäre. Da die zur Genehmigung gestellten Anlagen WEA 23, 26, 27 und 28 ihren Standort im räumlichen Zusammenhang mit den anderen, bereits genehmigten und errichteten Windenergieanlagen im Bereich der gemeinsamen Windfarm der Gemeinden H. /V1. /C. -I1. finden sollen, handelt es sich vorliegend um eine Änderung bzw. Erweiterung eines UVP-pflichtigen Vorhabens. Denn in den von den Gemeinden H. , V1. und C. -Haus ausgewiesenen und aneinandergrenzenden Konzentrationszonen für Windenergienutzung sind bereits zahlreiche Windkraftanlagen genehmigt und (zum Teil) errichtet. Diese bilden die – auch vom Antragsgegner im Bescheid vom 20. Januar 2016 - so bezeichnete und aus insgesamt 33 (davon 23 UVP-relevanten) WEA bestehende Windfarm H. /V1. /C. -I1. ,
159zu den Bewertungsvorgaben für die Einstufung mehrerer WEA als Windfarm vgl. OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2015 – 8 A 959/10 – BauR 2015, 1138, m.w.N.,
160die als solche nach § 3b Abs. 1 UVPG Ziff. 1.6.1 der Anlage 1 der Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt.
161Gemäß § 3e Abs. 1 UVPG besteht die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung auch für die Änderung oder Erweiterung eines Vorhabens, für das als solches bereits eine UVP-Pflicht besteht, wenn 1. in der Anlage 1 für Vorhaben der Spalte 1 angegebene Größen- oder Leistungswerte durch die Änderung oder Erweiterung selbst erreicht oder überschritten werden oder 2. eine Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne des § 3c Satz 1 und 3 ergibt, dass die Änderung oder Erweiterung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann; in die Vorprüfung sind auch frühere Änderungen oder Erweiterungen des UVP-pflichtigen Vorhabens einzubeziehen, für die nach der jeweils geltenden Fassung dieses Gesetzes keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden ist.
162Vgl. OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2015 a.a.O..
163Die in der Anlage 1 für Vorhaben der Spalte 1 angegebene Größen- oder Leistungswerte werden durch die Änderung oder Erweiterung selbst nicht erreicht oder überschritten. Nach unbestrittenem Vortrag des Antragsgegners (vgl. auch den Genehmigungsbescheid, S. 11) ist im Zuge der zuletzt genehmigten WEA 20, 21, 22 und 23 eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden, weil mit der Genehmigung dieser Anlagen die Zahl von 20 UVP-relevanten WEA überschritten wurde.
164Das Vorhaben - die Änderung bzw. Erweiterung einer bestehenden Windfarm durch Errichtung und Betrieb von vier (weiteren) WEA des Anlagentyps Enercon E-70 E4 bzw. E82 E2 - unterliegt demnach nicht der UVP-Pflicht, sondern gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG, § 1 Abs. 3 der 9. BImSchV dem Erfordernis einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne von § 3c Satz 1 und 3 UVPG. Dies gilt ungeachtet dessen, dass eine derartige Erweiterung einer Windfarm immissionsschutzrechtlich keinen Fall der Änderungsgenehmigung nach § 16 BImSchG darstellt. Denn die 4. BImSchV knüpft seit der zum 1. Juli 2005 in Kraft getretenen Neufassung nur noch an die einzelne Windenergieanlage und ‑ anders als das UVP-Gesetz – nicht mehr an das Vorliegen einer Windfarm an.
165Vgl. OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2015 a.a.O..
166Nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG besteht für diese Änderung (in Form der Erweiterung) eine UVP-Pflicht, wenn eine (allgemeine) Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Satz 1 und 3 UVPG ergibt, dass die Änderung bzw. Erweiterung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann. Da es sich hierbei um eine Rechtsfolgeverweisung handelt, ist die im Rahmen von § 3c Satz 1 und 2 i. V. m. Anlage 1 Spalte 2 getroffene Differenzierung nach Schwellenwerten zwischen der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalles und der standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalles (sog. A- und S‑Vorhaben) in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls ist somit unabhängig davon durchzuführen, ob die betreffenden Änderungen oder Erweiterungen die Prüfwerte für ein entsprechendes A-Vorhaben erreichen.
167Vgl. OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2015 a.a.O..
168Die hier gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 3c Satz 1 und 3 UVPG erforderliche allgemeine Vorprüfung ist durchgeführt worden und hält einer gerichtlichen Nachprüfung nach Maßgabe von § 3a Satz 4 UVPG stand. Diese Vorschrift bestimmt: Beruht die Feststellung, dass eine UVP unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c, ist die Einschätzung der zuständigen Behörde in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens nur darauf zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c durchgeführt worden und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Damit wird der zuständigen Behörde eine zur Einschränkung der gerichtlichen Kontrolldichte führende Beurteilungsermächtigung eingeräumt. Anknüpfend daran stellt § 4a Abs. 2 UmwRG klar, dass die behördliche Entscheidung im gerichtlichen Verfahren darauf zu überprüfen ist, ob der Sachverhalt vollständig und richtig erfasst wurde, ob die Verfahrensregeln und die rechtlichen Bewertungsgrundsätze eingehalten wurden, ob das anzuwendende Recht verkannt wurde oder ob sachfremde Erwägungen vorliegen.
169Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353.
170Gefordert ist eine Plausibilitätskontrolle, bei der die von der Behörde für ihr Prüfergebnis gegebene Begründung zu Grunde zu legen ist. Nachträglich gewonnene Erkenntnisse, die die Auswirkungen in einem anderen Licht erscheinen lassen könnten, können für die Tragfähigkeit des Prüfergebnisses und damit der verfahrenslenkenden Entscheidung über die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht maßgeblich sein.
171Vgl. BVerwG, Urteile vom 18. Dezember 2014 - 4 C 36.13 – BVerwGE 151, 138 und vom 20. Dezember 2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 6. Juli 2015 a.a.O.
172Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 3c UVPG durchgeführt worden. Diesen Vorgaben gemäß hat die zuständige Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 aufgeführten Kriterien eine Einschätzung vorzunehmen, ob das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 zu berücksichtigen wären. Bei den Vorprüfungen ist zu berücksichtigen, inwieweit Umweltauswirkungen durch die vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen offensichtlich ausgeschlossen werden.
173Gegenstand dieser Vorprüfung ist die Frage, welche nachteiligen Umweltauswirkungen mit der Erweiterung verbunden sind. Denn nach dem Halbsatz 1 des § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG ist die Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne von § 3c Satz 1 und 3 UVPG (nur) auf die Feststellung ausgerichtet, ob (gerade) die Änderung oder Erweiterung eines Vorhabens, für das als solches bereits eine UVP-Pflicht besteht, erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann.
174Vgl. OVG NRW, Urteil vom 3. Dezember 2008 - 8 D 22/07.AK - juris; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 2013 - 7 C 36.11 - BVerwGE 148, 155 (zu § 3e Abs. 1 Nr. 1 UVPG).
175Darüber hinaus sind frühere Änderungen oder Erweiterungen des UVP-pflichtigen Vorhabens in die Vorprüfung einzubeziehen, für die nach der jeweils geltenden Fassung des UVP-Gesetzes keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden ist (§ 3e Abs. 1 Nr. 2, 2. Halbsatz UVPG).
176Vgl. näher OVG NRW, Urteil vom 14. Oktober 2013 - 20 D 7/09.AK - DVBl. 2014, 185.
177Die nach der Änderung oder Erweiterung fortbestehenden Umweltauswirkungen des Grundvorhabens sind nicht Gegenstand der UVP-Vorprüfung; sie sind vielmehr bei der Vorprüfung hinsichtlich des Änderungs- bzw. Erweiterungsvorhabens (lediglich) als Vorbelastung zu berücksichtigen.
178Vgl. OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2015 a.a.O..
179Die Vorprüfung des Einzelfalls beschränkt sich auf eine überschlägige Vorausschau, die die eigentliche Umweltverträglichkeitsprüfung mit ihrer obligatorischen Öffentlichkeitsbeteiligung und der damit verbundenen besonderen Richtigkeitsgewähr für die Prüfergebnisse nicht vorwegnehmen darf. Im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalls darf daher nicht mit einer der Umweltverträglichkeitsprüfung vergleichbaren Prüftiefe „durchermittelt“ werden. Sie darf sich aber auch nicht in einer oberflächlichen Abschätzung spekulativen Charakters erschöpfen, sondern muss auf der Grundlage geeigneter und ausreichender Informationen erfolgen, wobei der Behörde ein Einschätzungsspielraum zusteht, welche Unterlagen und Informationen als geeignete Grundlage einer überschlägigen Prüfung benötigt werden.
180Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Dezember 2011 a.a.O. und vom 18. Dezember 2014 - 4 C 36.13 – BVerwGE 151, 138.
181Nachteilige Umweltauswirkungen sind im Sinne des § 3 c Satz 1 UVPG erheblich, wenn sie nach Maßgabe des § 12 UVPG bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens zu berücksichtigen wären. Diese Norm verweist auf § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG. Danach sind die Auswirkungen eines Vorhabens auf Menschen, einschließlich der menschlichen Gesundheit, Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt (Nr. 1), auf Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft (Nr. 2), Kulturgüter und sonstige Sachgüter (Nr. 3) sowie die Wechselwirkungen zwischen den vorgenannten Schutzgütern (Nr. 4) für die Umweltverträglichkeitsprüfung und damit auch für die Vorprüfung des Einzelfalls maßgeblich. Der Maßstab für die Erheblichkeit ist dabei dem materiellen Zulassungsrecht zu entnehmen, wie sich aus dem Hinweis auf die geltenden Gesetze in § 12 UVPG ergibt.
182Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2007 - 4 C 9.06 - BVerwGE 130, 83.
183Entsprechend dem Zweck der Umweltverträglichkeitsprüfung, die Umweltbelange in gebündelter Form so herauszuarbeiten, dass sie bei der Sachentscheidung wirksam berücksichtigt, etwa in gebündelter Form in die Abwägung eingehen können, liegen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen nicht erst dann vor, wenn die nach dem einschlägigen materiellen Zulassungsrecht maßgebliche Schädlichkeitsgrenze überschritten wird und damit die beantragte Genehmigung wegen der Umweltauswirkung zu versagen ist. Es genügt, wenn die Umweltauswirkungen an die Zumutbarkeitsschwelle heranreichen und ein Einfluss auf das Ergebnis der Entscheidung nicht ausgeschlossen werden kann.
184Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353 für einen Planfeststellungsbeschluss.
185Umgekehrt stünde es im Widerspruch zur gesetzlichen Konzeption, wenn bei nahezu jedem der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls unterliegenden Vorhaben die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestünde, weil quasi nie auszuschließen ist, dass ein solches Vorhaben (abwägungs-)relevante Umweltauswirkungen hat. Daher sind im Rahmen der Vorprüfung die Belange zu gewichten und unter Berücksichtigung der vorhaben- und standortbezogenen Kriterien der Anlage 2 zu bewerten. Die in der Anlage 1 Spalte 2 zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz aufgeführten Prüf- und Schwellenwerte sind dabei ein Kriterium für die Erheblichkeitsschwelle. Steht danach bereits im Zeitpunkt der UVP-Vorprüfung fest, dass ein nach Maßgabe des materiellen Rechts grundsätzlich erheblicher Umweltbelang keinen Einfluss auf das Ergebnis der Entscheidung haben kann, bedarf es keiner Umweltverträglichkeitsprüfung.
186Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2014 - 9 A 1.13 - BVerwGE 150, 92.
187Im Rahmen einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung danach nicht erforderlich, wenn ohne ins Einzelne gehende, einer Umweltverträglichkeitsprüfung vorbehaltene Ermittlungen ausgeschlossen werden kann, dass die begehrte Genehmigung wegen der Umweltbelange versagt werden kann.
188Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. August 2008 - 4 C 11.07 - BVerwGE 131, 352.
189Vom Vorhabenträger vorgesehene Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen können danach zur Verneinung der Erheblichkeit führen, wenn sie solche Umweltauswirkungen offensichtlich ausschließen. Davon wird häufig bei technischen Standardmaßnahmen auszugehen sein, die als Stand der Technik anzusehen sind.
190Vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 6. Juli 2015 a.a.O., m.w.N..
191Aus den Ausführungen des Antragstellers ergibt sich nicht, dass die UVP-Vorprüfung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung hätte führen müssen.
192Die hier durchgeführte Vorprüfung weist aller Voraussicht nach weder im Hinblick auf das Schutzgut Mensch, das Schutzgut Tiere, Pflanzen und biologische Vielfalt, das Schutzgut Wasser, das Schutzgut Landschaft, noch im Hinblick auf das Schutzgut Kultur- und sonstige Sachgüter beachtliche Fehler im Sinne des § 4 a Abs. 2 UmwRG auf.
193Gemäß der Zusammenfassung der Vorprüfung im schriftlich niedergelegten Vermerk (Bl. 287 ff. der Beiakte 1) ist der Antragsgegner nach Durchführung der allgemeinen Vorprüfung und unter Berücksichtigung der vorhaben- und standortbezogenen Kriterien der Anlage 2 zu dem Ergebnis gekommen, dass eine UVP nicht durchzuführen ist.
194Soweit der Antragsteller geltend macht, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei im Hinblick auf die von der Windfarm ausgehenden Beeinträchtigungen durch hörbaren Schall, Infraschall und Schattenwurf sowie aufgrund der Unfallgefahr erforderlich, ist bereits oben dargelegt worden, dass diese der Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht entgegenstehen. Der Antragsgegner ist aufgrund der mit dem Antrag vorgelegten Unterlagen, der von ihm eingeholten Stellungnahmen der Fachbehörden zu dem nachvollziehbaren Ergebnis gelangt, dass insoweit erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt nicht zu befürchten sind. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsgegner den Sachverhalt nicht vollständig und zutreffend erfasst hätte, dass er Verfahrensregeln und rechtliche Bewertungsgrundsätze nicht eingehalten oder das anzuwendende Recht verkannt oder sachfremde Erwägungen angestellt hätte.
195Aber auch in Bezug auf die anderen, in Nr. 2 oder Nr. 3 genannten Schutzgüter gilt nichts anderes.
196Soweit sich der Antragsteller im Rahmen des Schutzgutes „Tiere“ (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG) auf mögliche Beeinträchtigungen von Fledermäusen durch auftretende Turbulenzen und somit auf Artenschutz beruft ( § 7 Abs. 2 Nr. 13 und 14 BNatSchG i.V.m. §§ 39, 44 Abs. 1 BNatSchG) ist sein Vorbringen allgemein gehalten und daher unsubstantiiert. Insbesondere ist nicht dargelegt, dass die vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen nicht geeignet wären, die Umweltauswirkungen offensichtlich auszuschließen. In diesem Zusammenhang sind die der Genehmigung beigegebenen Nebenbestimmungen Ziff. 26 bis 36 (Artenschutz einschließlich Fledermausschutz) sowie der durch die erteilte Genehmigung in Anlage 1 in Bezug genommene landschaftspflegerische Begleitplan und die Artenschutzprüfung zu berücksichtigen.
197Soweit er sich auf mögliche Schäden an seinem Wohnhaus infolge des Auftretens von Körperschall beruft, ist sein Vorbringen ebenfalls nicht hinreichend substantiiert.
198Der Antragsteller geht unter Berufung auf verschiedene Seminarunterlagen und Aufsätze,
199Korscheck, Schwingungsmessungen an WEA-Fundamenten, im Internet abrufbar unter: http://www.nrw-windenergie.de/programm/matthias-korscheck-vortrag/;
200Kameier u.a., Ist Lärmschutz bei Windenergieanlagen notwendig?, abrufbar im Internet unter: http://old.mv.fh-duesseldorf.de/d_pers/Kameier_Frank/c_veroeffentlichungen/daga2014_tim.pdf (Dokument) sowie unter: http://old.mv.fh-duesseldorf.de/d_pers/Kameier_Frank/c_ver oeffentlichungen/Wahl_DAGA_2014.pdf Präsentation,
201davon aus, dass nach neueren Untersuchungen Windkraftanlagen bei unzureichendem Abstand zu Gebäuden durch Körperschall Schäden verursachen könnten und dass der Antragsgegner eine von der WEA 28 möglicherweise ausgehende Belastung durch Körperschall durch ein – ggf. entlastendes – Gutachten hätte untersuchen müssen.
202Dabei verkennt der Antragsteller jedoch, dass – wie oben dargelegt – der Behörde im Rahmen der UVP-Vorprüfung ein Einschätzungsspielraum zusteht, welche Unterlagen und Informationen als geeignete Grundlage einer überschlägigen Prüfung benötigt werden. Dieser Spielraum erlaubte es vorliegend dem Antragsgegner angesichts der erst beginnenden und noch im Fluss befindlichen wissenschaftlichen Diskussion über etwa durch WEA verursachten Körperschall,
203vgl. z.B. die Pressemitteilung der Universität Stuttgart Nr. 025 vom 13. April 2016 über die geplante Erforschung der Zusammenhänge von Schall und Erschütterungen bei Windkraftanlagen durch den bundesweiten Projektverbund „TremAc“, abrufbar im Internet unter: http://www.uni- stuttgart.de/ hkom/presseservice/pressemitteilungen/2016/025_windkraftanlagen_und_laerm.html,
204aber z.B. auch die Antwort des Antwort des baden-württembergischen Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft 24. 02. 2015 auf die kleine Anfrage des Abgeordneten Andreas Glück (LT Drucks. 15 / 6524), abrufbar im Internet unter https://www.landtag-bw.de/files/live/sites/LTBW/files/ dokumente/WP15/Drucksachen/6000/15_6524_D.pdf,
205und angesichts der unüberwindbaren Schwierigkeit, den von der WEA 28 nach der Errichtung und bei ihrem Betrieb etwa ausgehenden Körperschall nebst etwaiger Auswirkungen auf Gebäude in der Umgebung prognostizieren zu können, im Rahmen der UVP-Vorprüfung von der Einholung entsprechender Gutachten abzusehen.
2063. Ist bei summarischer Prüfung ein Unterliegen des Antragstellers in der Hauptsache wahrscheinlicher als ein Obsiegen, überwiegt insgesamt das Interesse der Beigeladenen an der sofortigen Vollziehung des Genehmigungsbescheids. Die Vergütung für die Stromeinspeisung unterliegt nach § 29 EEG 2014 ab dem 1. Januar 2016 einer quartalsweisen Degression. Die Beigeladene hat daher ein legitimes wirtschaftliches Interesse an einer Inbetriebnahme der geplanten Windenergieanlage zum frühestmöglichen Zeitpunkt.
207Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Juni 2016 – 8 B 1018/15 – juris.
208Die abschließende Beurteilung der genehmigten Anlage unter Nachbarrechtsaspekten bleibt dem Hauptsacheverfahren vorzubehalten, in dessen Rahmen gegebenenfalls eine weitere Sachverhaltsaufklärung mit Besichtigung der Örtlichkeit geboten sein kann.
209Nach alldem muss auch der Antrag zu 2. – ungeachtet der Frage seiner Zulässigkeit – jedenfalls in der Sache ohne Erfolg bleiben.
210Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig, weil sie einen eigenen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat.
211Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und orientiert sich am Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Der danach im Hauptsacheverfahren auf 15.000,- Euro festzusetzende Streitwert (vgl. Ziffer 19.2 i.V.m. Ziffer 2.2.2 des Streitwertkatalogs) ist mit Blick auf die Vorläufigkeit des vorliegenden Verfahrens auf die Hälfte zu reduzieren (vgl. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs).
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 23. Sept. 2016 - 28 L 1759/16
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Urteil einreichenVerwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 23. Sept. 2016 - 28 L 1759/16 zitiert oder wird zitiert von 18 Urteil(en).
(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde
- 1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen, - 2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.
(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.
(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen, die auf Grund ihrer Beschaffenheit oder ihres Betriebs in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen oder in anderer Weise die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft zu gefährden, erheblich zu benachteiligen oder erheblich zu belästigen, sowie von ortsfesten Abfallentsorgungsanlagen zur Lagerung oder Behandlung von Abfällen bedürfen einer Genehmigung. Mit Ausnahme von Abfallentsorgungsanlagen bedürfen Anlagen, die nicht gewerblichen Zwecken dienen und nicht im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden, der Genehmigung nur, wenn sie in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen oder Geräusche hervorzurufen. Die Bundesregierung bestimmt nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Anlagen, die einer Genehmigung bedürfen (genehmigungsbedürftige Anlagen); in der Rechtsverordnung kann auch vorgesehen werden, dass eine Genehmigung nicht erforderlich ist, wenn eine Anlage insgesamt oder in ihren in der Rechtsverordnung bezeichneten wesentlichen Teilen der Bauart nach zugelassen ist und in Übereinstimmung mit der Bauartzulassung errichtet und betrieben wird. Anlagen nach Artikel 10 in Verbindung mit Anhang I der Richtlinie 2010/75/EU sind in der Rechtsverordnung nach Satz 3 zu kennzeichnen.
(2) Anlagen des Bergwesens oder Teile dieser Anlagen bedürfen der Genehmigung nach Absatz 1 nur, soweit sie über Tage errichtet und betrieben werden. Keiner Genehmigung nach Absatz 1 bedürfen Tagebaue und die zum Betrieb eines Tagebaus erforderlichen sowie die zur Wetterführung unerlässlichen Anlagen.
(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.
(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn
- 1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint; - 2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde; - 3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll; - 4.
die Behörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will; - 5.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen.
(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
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die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20. Februar 2015 - 13 K 246/15 - wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt.
Gründe
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Tenor
Die Anträge werden abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt.
Gründe
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Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20. Februar 2015 - 13 K 246/15 - wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt.
Gründe
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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20. Februar 2015 - 13 K 246/15 - wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt.
Gründe
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Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 18. März 2014 ‑ mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung ‑ geändert.
Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers mit dem Aktenzeichen 11 K 3060/13 (VG Minden) gegen die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide vom 25. Juni 2013 (Errichtung und Betrieb von zwei Windenergieanlagen des Typs Enercon E-101 in Q. P. /T. ), vom 12. August 2013 (Errichtung und Betrieb einer Windenergieanlage des o.g. Typs in Q. P. /T1. ) und vom 14. August 2013 (Errichtung und Betrieb von zwei Windenergieanlagen des o.g. Typs in Q. P. /H. ) wird wiederhergestellt.
Der Antragsgegner und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge je zur Hälfte.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 22.500,- € festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Die zulässige Beschwerde des Antragstellers hat Erfolg.
3A. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide des Antragsgegners vom 25. Juni 2013, vom 12. August 2013 und vom 14. August 2013 abgelehnt. Der Antrag sei unzulässig. Dem Antragsteller fehle die im Rahmen eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes analog § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Antragsbefugnis. Die Antragsbefugnis ergebe sich insbesondere nicht aus dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG).
4Hinsichtlich der in der Gemarkung H. geplanten und mit Bescheid des Antragsgegners vom 14. August 2013 genehmigten Windenergieanlagen G 1 und G 1 (Typ Enercon E-101 mit einer Gesamthöhe von 149,50 m, einer Nabenhöhe von 99 m und einem Rotordurchmesser von 101 m) sei der Anwendungsbereich dieses Gesetzes nicht eröffnet. Die von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a UmwRG geforderte Möglichkeit einer UVP-Pflicht des Vorhabens bestehe von vorneherein nicht. Eine (standortbezogene) Vorprüfung des Einzelfalls gemäß § 3 c Satz 2 UVPG sei nach Nr. 1.6.3 der Anlage 1 zum UVPG erst für Windfarmen ab drei Windenergieanlagen durchzuführen. Die Windenergieanlagen G 1 und G 2 bildeten wegen des großen Abstands auch nicht gemeinsam mit den drei in der Gemarkung T1. geplanten und mit Bescheiden des Antragsgegners vom 25. Juni 2013 sowie vom 12. August 2013 genehmigten Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3 des gleichen Typs eine Windfarm.
5Für die Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3 sei zwar die Durchführung einer standortbezogenen Vorprüfung im Einzelfall erforderlich und damit der Anwendungsbereich des Umweltrechtsbehelfsgesetzes eröffnet. Insoweit fehle es jedoch an der Zulässigkeitsvoraussetzung des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UmwRG. Der Antragsteller sei auch als Teil der betroffenen Öffentlichkeit in dem vereinfachten Genehmigungsverfahren nach § 19 BImSchG, wie es hier durchgeführt worden sei, nicht zur Beteiligung berechtigt gewesen. Die Vorschrift des § 10 Abs. 3 Satz 4 BImSchG finde gemäß § 19 Abs. 2 BImSchG im vereinfachten Verfahren keine Anwendung. Ein Beteiligungsrecht des Antragstellers ergebe sich auch nicht aus der Auffangvorschrift des § 9 Abs. 1 UVPG. Das Vorhaben unterliege nach dem Ergebnis der standortbezogenen Vorprüfung nicht der UVP-Pflicht. Die Gelegenheit zur Äußerung sei dem Antragsteller schließlich auch nicht entgegen den geltenden Rechtsvorschriften versagt worden. Das Ergebnis der standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls sei gemessen an § 3 a Satz 4 UVPG nachvollziehbar.
6B. Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO beschränkt ist, stellt diese Annahmen des Verwaltungsgerichts durchgreifend in Frage. Der Antrag des Antragstellers nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide des Antragsgegners vom 25. Juni 2013, vom 12. August 2013 und vom 14. August 2013 ist zulässig (unten I.) und begründet (unten II.).
7I. Der Antrag ist zulässig. Es fehlt insbesondere nicht an einem Klagerecht des Antragstellers in der Hauptsache. Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz findet hinsichtlich aller angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide Anwendung (unten 1.). Dem Antragsteller steht als anerkanntem Umweltverband jedenfalls das Verbandsklagerecht aus § 2 Abs. 1 UmwRG zu (unten 2.).
81. Der Anwendungsbereich des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes ist eröffnet. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a UmwRG findet das Gesetz Anwendung für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne von § 2 Abs. 3 UVPG über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
9Es besteht die konkrete Möglichkeit, dass nicht nur die Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3, sondern auch die Windenergieanlagen G 1 und G 2 der UVP-Pflicht unterliegen.
10Vgl. Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band I, 70. Erg. 2013, § 1 UmwRG Rn. 29.
11Nach Nr. 1.6 der Anlage 1 zum UVPG bedarf die Errichtung und der Betrieb einer Windfarm mit Anlagen in einer Gesamthöhe von jeweils mehr als 50 m mit 3 bis weniger als 6 Windkraftanlagen einer standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls gemäß § 3 c Satz 2 UVPG. Für den vorliegenden Sachverhalt kommt in Betracht, dass die fünf betroffenen Windenergieanlagen als sogenannte Windfarm ein einheitliches Vorhaben bilden.
12Eine Windfarm im Sinne der Nr. 1.6 der Anlage 1 zum UVPG ist dadurch gekennzeichnet, dass sie aus mindestens drei Windenergieanlagen besteht, die einander räumlich so zugeordnet sind, dass sich ihre Einwirkungsbereiche überschneiden oder wenigstens berühren. Entscheidend für das Vorhandensein einer Windfarm ist der räumliche Zusammenhang der einzelnen Anlagen. Sind die Anlagen so weit voneinander entfernt, dass sich die maßgeblichen Auswirkungen nicht summieren, so behält jede für sich den Charakter einer Einzelanlage. Verbindliche gesetzliche Bewertungsvorgaben etwa in der Form standardisierter Maßstäbe oder Rechenverfahren hinsichtlich der räumlichen Zuordnung von Windenergieanlagen, die eine Windfarm bilden, gibt es nicht. Welche Bewertungskriterien heranzuziehen sind, hängt vielmehr von den tatsächlichen Gegebenheiten im Einzelfall ab, deren Feststellung und Würdigung im Streitfall dem Tatrichter obliegt. Aufgrund besonderer tatsächlicher Umstände kann daher eine von typisierenden Bewertungsvorgaben - wie etwa dem Abstellen auf eine Entfernung von weniger als dem 10-fachen des Rotordurchmessers, auf die Anlagenhöhe oder auf den geometrischen Schwerpunkt der von den Anlagen umrissenen Fläche - losgelöste Einzelfallbeurteilung anhand der konkreten Auswirkungen auf die Schutzgüter des UVP- und Immissionsschutzrechts angebracht sein.
13Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2004 - 4 C 9.03 -, BVerwGE 121, 182 = juris Rn. 33, sowie Beschluss vom 8. Mai 2007 - 4 B 11.07 -, BRS 71 Nr. 101 (2007) = juris Rn. 7; OVG NRW, Urteil vom 13. März 2006 - 7 A 3415/04 -, juris Rn. 41 ff.; Bay.VGH, Urteil vom 12. Januar 2007 - 1 B 05.3387 u.a. -, NVwZ 2007, 1213 = juris Rn. 23.
14Der kürzeste Abstand zwischen den Windenergieanlagen G 1 und G 1 und den Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3 ist mit etwa 1.250 m größer als das 10-fache des Rotordurchmessers von hier 1.010 m. Dieser Abstand ist jedoch nicht von vorneherein so groß, dass nicht besondere tatsächliche Umstände unter Einbeziehung der konkreten Umweltauswirkungen der Anlagen auf der Grundlage einer von diesem typisierenden Merkmal losgelösten Einzelfallbeurteilung die Einschätzung rechtfertigen könnten, es handele sich ungeachtet dieses Abstands um eine Windfarm. Der vorliegende Sachverhalt bietet auch einen ausreichenden Anhalt für die Annahme, dass solche besonderen Umstände vorliegen könnten, da sich in der Umgebung der geplanten Windenergieanlagen Brutplätze des Weißstorches und der Rohrweihe befinden, die wiederholt genutzt worden sind und die sich zumindest teilweise im Einflussbereich sowohl der Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3 als auch der Windenergieanlagen G 1 und G 2 befinden. Diese Vogelarten gelten im Hinblick auf Windenergieanlagen als besonders störempfindlich bzw. gefährdet.
15Vgl. Länder-Arbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten (LAG-VSW), Abstandsregelungen für Windenergieanagen zu bedeutsamen Vogellebensräumen sowie Brutplätzen ausgewählter Vogelarten (2007) ‑ LAG-VSW 2007 -, Tabelle 2; Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (MKULNV) und Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (LANUV), Leitfaden Umsetzung des Arten- und Habitatschutzes bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanalgen in Nordrhein-Westfalen (Fassung: 12. November 2013) - Leitfaden 2013 -, Anhang 2 und Anhang 4.
162. Dem Antragsteller steht auch ein Klagerecht zu.
17a) Der Senat kann offen lassen, ob der Antragsteller geltend machen kann, er sei aufgrund einer unvollständigen und damit fehlerhaften Vorprüfung des Einzelfalls in eigenen Rechten im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO verletzt.
18Vgl. zur Frage des Drittschutzes der UVP-Verfahrensvorschriften allgemein u.a.: Ziekow, NVwZ 2007, 259 ff.; Appel, NVwZ 2010, 473 ff.; Steinbeiß-Winkelmann, NJW 2010, 1233, 1236; Held, NVwZ 2012, 461 ff.; Seibert, NVwZ 2013, 2014 ff.; Gärditz, NVwZ 2014, 1 ff.; Schlacke, NVwZ 2014, 11 ff.; Sauer, ZUR 2014, 195 ff.; Greim, NuR 2014, 81 ff.; Bunge, NuR 2014, 305 ff.; Greim, Rechtsschutz bei Verfahrensfehlern im Umweltrecht, Schriften zum Umweltrecht, Band 177, 2013, S. 91 ff.; Kment, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Auflage 2012, Einleitung UVPG Rn. 48 und § 4 Rn. 6 ff.; die Frage des Drittschutzes der Verfahrensvorschriften offenlassend: EuGH, Urteil Altrip vom 7. November 2013, C-72/12, EU:C:2013:712, NVwZ 2014, 49 = juris Rn. 55.
19Es spricht allerdings Erhebliches für die Annahme, dass das Unionsrecht die Zuerkennung von Rügerechten der betroffenen Öffentlichkeit nach § 2 Abs. 6 UVPG hinsichtlich der Verletzung von Verfahrenserfordernissen der Umweltverträglichkeitsprüfung einschließlich der in § 4 Abs. 1 UmwRG bezeichneten Verfahrensregelungen gebietet.
20Vgl. zum unionsrechtlichen Umfang des Rügerechts: EuGH, Urteil Altrip vom 7. November 2013, C-72/12, EU:C:2013:712, NVwZ 2014, 49 = juris Rn. 36, 38 und 47.
21Denn es bestehen auch bei einer generellen Erweiterung des Prüfprogramms des § 113 VwGO auf das Vorliegen (objektiv-rechtlicher) UVP-Verfahrensfehler,
22vgl. zu § 4 UmwRG: BVerwG, Urteile vom 20. Dezember 2011 - 9 A 30.10 -, NVwZ 2012, 573 = juris Rn. 20 ff., vom 2. Oktober 2013 - 9 A 23.12 -, NVwZ 2014, 367 = juris Rn. 21 ff., vom 17. Dezember 2013 - 4 A 1.13 -, ZNER 2014, 205 = juris Rn. 41, sowie Beschluss vom 27. Juni 2013 ‑ 4 B 37.12 - , BauR 2013, 2014 = juris Rn. 9 ff.; auch: OVG Münster, Urteil vom 14. Oktober 2013 ‑ 20 D 7/09.AK -, DVBl 2014, 185 = juris Rn. 33,
23Zweifel, ob der unionsrechtlich geforderte weite und effektive Zugang zu einer gerichtlichen Überprüfung von Zulassungsentscheidungen UVP-pflichtiger Vorhaben ausreichend gewährleistet ist. Dies wird insbesondere dann deutlich, wenn Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die nicht nach § 2 Abs. 1 UmwRG klageberechtigt sind, selbstständig ‑ ohne eine mögliche Verletzung (auch) in eigenen materiellen Rechten ‑ Fehler der Umweltverträglichkeitsprüfung geltend machen. In diesen Fällen würde eine Aufhebung der Zulassungsentscheidung nach § 4 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG oder § 46 VwVfG auch bei einer solchen Erweiterung regelmäßig unabhängig davon ausscheiden, ob der Verfahrensfehler tatsächlich vorliegt. Die allein in Betracht kommenden Rechtsbehelfe nach der Verwaltungsgerichtsordnung würden bereits auf der Zulässigkeitsebene mangels Klagebefugnis scheitern.
24Vgl. zu § 46 VwVfG Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 46 Rn. 28; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Auflage 2013 , § 46 Rn. 8, 18.
25Ein weiter und effektiver Zugang zu Gerichten setzt indes voraus, dass die Verfahrensfehler der Umweltverträglichkeitsprüfung auch selbständig gerügt werden können. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Gerichtshof) folgt aus der UVP-Richtline ein eigenständiges Recht „des betroffenen Einzelnen“ auf Bewertung der Umweltauswirkungen des fraglichen Projekts durch die zuständigen Stellen und auf Anhörung dazu.
26Vgl. EuGH, Urteil Leth vom 14. März 2013, C‑420/11, EU:C:2013:166, NVwZ 2013, 565 = juris Rn. 32; ferner EuGH, Urteil Wells vom 7. Januar 2004, C-201/02, EU:C:2004:12, NVwZ 2004, 593 ff. = juris Rn. 56 ff.
27Da die Richtlinie u. a. zur Festlegung von Verfahrensgarantien dient, die insbesondere eine bessere Information und eine Beteiligung der Öffentlichkeit im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung öffentlicher und privater Projekte mit unter Umständen erheblichen Umweltauswirkungen ermöglichen sollen, kommt der Überprüfung der Einhaltung der Verfahrensregeln in diesem Bereich besondere Bedeutung zu. Die betroffene Öffentlichkeit muss daher, im Einklang mit dem Ziel, ihr einen weiten Zugang zu Gerichten zu gewähren, zur Stützung eines Rechtsbehelfs, mit dem die Rechtmäßigkeit von Entscheidungen im Sinne der Richtlinie angefochten wird, grundsätzlich jeden Verfahrensfehler geltend machen können.
28Vgl. EuGH, Urteil Altrip vom 7. November 2013, C‑72/12, EU:C:2013:712, NVwZ 2014, 49 = juris Rn. 48.
29Es ist dabei zwar grundsätzlich Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung, die Verfahrensmodalitäten für Klagen zu regeln, die den Schutz der „dem Einzelnen“ aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen. Die Mitgliedstaaten sind allerdings für den wirksamen Schutz dieser Rechte in jedem Einzelfall verantwortlich.
30Vgl. EuGH, Urteil Slowakischer Braunbär vom 8. März 2011, C-240/09, EU:C:2011:125, NVwZ 2011, 673 = juris Rn. 47.
31Diesen Anforderungen dürfte nur dann Rechnung getragen sein, wenn Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit als „betroffenen Einzelnen“ im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs bei wesentlichen Fehlern der Umweltverträglichkeitsprüfung sowohl ein (absoluter oder relativer) Aufhebungsanspruch auf der Ebene der Begründetheit als auch - systematisch vorrangig -
32vgl. Held, NVwZ 2012, 461, 463; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 45 Rn. 118, 125 und § 46 Rn. 29; ferner Seibert, NVwZ, 2013, 1040, 1045,
33auf der Ebene der Zulässigkeit ein entsprechendes Rügerecht zusteht. Ob dieses individuell klagbare Recht als subjektives Recht im Sinne der Schutznormtheorie zu qualifizieren wäre und § 42 Abs. 2 VwGO analog oder direkt eingreifen würde, kann im Ergebnis offen bleiben. Das Effektivitätsprinzip verlangt die Umsetzung des unionsrechtlich gebotenen Individualschutzes gegebenenfalls auch unter unionsrechtlicher „Überformung“ oder „Aufladung“ der anerkannten Klagerechte mit der Folge, dass § 42 Abs. 2 VwGO jedenfalls analog anwendbar wäre.
34Vgl. Steinbeiß-Winkelmann, NJW 2010, 1233, 1235; zum Gebot unionsfreundlicher Auslegung nationaler Normen auch: EuGH, Urteil Slowakischer Braunbär vom 8. März 2011, C-240/09, EU:C:2011:125, NVwZ 2011, 673 = juris Rn. 50; Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 42 Rn. 400.
35Die Befürchtung, dass es bei einer Anerkennung einer solchen klagbaren Rechtsposition zu versteckten Popularklagen kommen könne,
36vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 - 9 A 30.10 -, NtVwZ 2012,573 = juris Rn. 20 ff.,
37dürfte unbegründet sein. Nach § 2 Abs. 6 Satz 2 UVPG sind natürliche und juristische Personen „betroffene“ Öffentlichkeit, wenn sie durch die - ein UVP-pflichtiges Vorhaben betreffende - Zulassungsentscheidung in ihren Belangen „berührt“ werden. Bei Berücksichtigung dieser faktischen Komponente ist eine Klage (nur) dann zulässig, wenn der Kläger durch die Entscheidung tatsächlich in seinen Interessen beeinträchtigt wird.
38Vgl. hierzu Seibert, NVwZ 2013, 1040, 1045, m.w.N.
39Dass die unionsrechtliche Forderung nach einem weiten Zugang der „betroffenen Einzelnen“ zu den Gerichten grundsätzlich die Zuerkennung eines diesen Zugang ermöglichenden Rügerechts verlangt, wird - ungeachtet ihrer Reichweite im Übrigen - auch in der neuesten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Klagerechten von Umweltverbänden außerhalb des Anwendungsbereichs der Verbandsklage anerkannt.
40Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 - 7 C 21/12 -, NVwZ 2013, 64 = juris, Rn. 48; hierzu Bunge, ZUR 2014, 3 ff. sowie NuR 2014, 305.
41Der Gesetzgeber war sich dieses Zusammenhangs bei der Kodifizierung des § 4 UmwRG ebenfalls bewusst.
42Vgl. Begründung zum Entwurf über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35 EG (Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz) vom 4. September 2006, BT-Drucksache 16/2495, insbesondere Seiten 7 f., 11 f. und 13 f.
43Die Begründung nimmt ausdrücklich auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs Bezug, wonach der Einzelne sich auf Bestimmungen der UVP-Richtlinie berufen können müsse.
44Vgl. Urteil Wells vom 7. Januar 2004, C-201/02, EU:C:2004:12, NVwZ 2004, 593 ff. = juris; vgl. auch Urteile Leth vom 14. März 2013, C-420/11, EU:C:2013:166, NVwZ 2013, 565 = juris Rn. 32 und Altrip vom 7. November 2013, C-72/12, EU:C.2013:712, NVwZ 2014, 49 = juris Rn. 48, hierzu auch: Siegel, NJW 2014, 973, sowie Graim, NuR 2014, 81 ff.; Bunge, NuR 2014, 305; auch Urteil Edwards und Pallikarapoulos vom 11. April 2013, C‑260/11, EU:C:2013:221, NVwZ 2013, 855 = juris Rn. 32.
45Es heißt dort, Art. 10 a der geänderten UVP-Richtlinie fordere, dass die Überprüfung der verfahrensrechtlichen Rechtmäßigkeit einer Zulassungsentscheidung für ein UVP-pflichtiges Vorhabenbeantragt werden könne. Diesen Anforderungen stehe jedoch derzeit die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entgegen, wonach das Recht der Umweltverträglichkeitsprüfung aufgrund seiner Einstufung als Verfahrensrecht keine selbstständig durchsetzbaren Rechtspositionen vermittelte. Nach bisheriger Rechtslage könnten die Verfahrensregelungen der Durchführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen Drittschutz nur begründen, wenn die konkrete Möglichkeit bestehe, dass die angegriffene Entscheidung ohne den Verfahrensmangel anders ausgefallen wäre. Die Regelung des § 4 Abs. 1 UmwRG erfolge (auch) vor diesem Hintergrund (Hervorhebungen durch den Senat). Diese Ausführungen haben einen sinnvollen Kontext nur im Zusammenhang mit einer selbständig durchsetzbaren Rechtsposition und damit insbesondere auch in der Zulässigkeit der Klage.
46Für die ab dem 2. Mai 2013 geltende Neufassung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes wird mit dem Hinweis auf das „subjektiv-öffentliche Rügerecht“ nach § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UmwRG ausdrücklich klargestellt, dass jedenfalls die in § 4 Abs. 1 UmwRG aufgeführten UVP-Verfahrenserfordernisse rügefähig sein sollen.
47Vgl. Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften, BT-Drucksache 17/10957, S. 17; dazu auch: Sauer, ZUR 2014, 195, 200.
48b) Der Antragsteller ist ungeachtet all dessen jedenfalls nach § 2 Abs. 1 UmwRG klageberechtigt. Gemäß § 2 Abs. 1 UmwRG in der hier nach der Übergangsvorschrift des § 5 Abs. 4 UmwRG maßgeblichen, seit dem 2. Mai 2013 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 8. April 2013 (BGBl. I S. 753) kann eine nach § 3 UmwRG anerkannte inländische oder ausländische Vereinigung, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 oder deren Unterlassen einlegen, wenn die Vereinigung geltend macht, dass eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften, die dem Umweltschutz dienen und für die Entscheidung von Bedeutung sein können, widerspricht (Nr. 1), sie geltend macht, in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch die Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 oder deren Unterlassen berührt zu sein (Nr. 2), und sie zur Beteiligung in einem Verfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 berechtigt war und sie sich hierbei in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert hat oder ihr entgegen den geltenden Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist (Nr. 3).
49aa) Die Vorgabe des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG ist erfüllt.
50Der Antragsteller kann sich auf die Möglichkeit einer Verletzung des artenschutzrechtlichen Tötungsverbots nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG berufen. Er kann daneben auch die Möglichkeit von Fehlern der Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 UmwRG sowie § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG geltend machen. Auch insoweit beruft er sich auf die Verletzung von Rechtsvorschriften, die dem Umweltschutz dienen. Hierunter fallen neben den materiell-rechtlichen Vorschriften des Umweltrechts auch formell-rechtliche Verfahrensvorschriften, die dem Umweltschutz dienen. Dies sind insbesondere die Verfahrensregelungen der Umweltverträglichkeitsprüfung.
51Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 - 9 A 31.10 -, BVerwGE 141, 282 = juris Rn. 20; Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band I, Stand 70. Erg. 2013, § 1 UmwRG, Rn. 10; EuGH, Urteil Edwards und Pallikarapoulos vom 11. April 2013, C-260/11, EU:C:2013:221, NVwZ 2013, 855 = juris Rn. 32; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Auflage 2013, § 63, Rn. 30.
52Ob diese Verfahrensregelungen subjektive Rügerechte begründen, ist ohne Belang. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG verlangt in Umsetzung der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht (mehr), dass die gerügten Rechtsvorschriften Rechte Dritter begründen.
53Vgl. EuGH, Urteil Trianel vom 12. Mai 2011, C‑115/09, EU:C:2011:289, NJW 2011, 2779 = juris.
54Es besteht auch die konkrete Möglichkeit, dass die in § 4 Abs. 1 UmwRG genannten UVP-Verfahrenserfordernisse verletzt sind. Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Ergebnis der durchgeführten standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne des § 3 a Satz 4 UVPG nicht nachvollziehbar ist, vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG.
55Beruht die Feststellung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3 c UVPG, ist die Einschätzung der zuständigen Behörde in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3 c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist, § 3 a Satz 4 UVPG. § 4 a Abs. 2 UmwRG bestimmt, dass eine behördliche Entscheidung, soweit der Verwaltungsbehörde - wie in § 3 a Satz 4 UVPG - bei der Anwendung umweltrechtlicher Vorschriften ein Beurteilungsspielraum eingeräumt ist, im gerichtlichen Verfahren nur daraufhin zu überprüfen ist, ob der Sachverhalt vollständig und zutreffend erfasst wurde (Nr. 1), die Verfahrensregeln und die rechtlichen Bewertungsgrundsätze eingehalten wurden (Nr. 2), das anzuwendende Recht verkannt wurde (Nr. 3), oder sachfremde Erwägungen vorliegen (Nr. 4).
56Das Ergebnis der durchgeführten standortbezogenen Vorprüfung ist gemessen hieran dann nicht nachvollziehbar, wenn es einer Einbeziehung der Windenergieanlagen G 1 und G 2 in die durchgeführte standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3 c Satz 2 UVPG bedurft hätte, weil sie gemeinsam mit den in die Betrachtung einbezogenen Windenergieanlagen S1, S 2 und S 3 eine Windfarm bilden. In diesem Fall fehlt es bezogen auf die Windenergieanlagen G 1 und G 2 auch an der erforderlichen Vorprüfung des Einzelfalls. Wie oben ausgeführt besteht vorliegend die konkrete Möglichkeit, dass es sich bei dem Vorhaben insgesamt um eine Windfarm handelt.
57bb) Es fehlt ferner nicht an der Zulässigkeitsvoraussetzung des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UmwRG. Danach muss die anerkannte Vereinigung zur Beteiligung in einem Verfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 berechtigt gewesen sein und sich hierbei in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert haben oder ihr muss entgegen den geltenden Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden sein.
58Die Regelung knüpft an das jeweilige Fachrecht an und bestimmt, dass die dortigen Bestimmungen von der Vereinigung eingehalten werden müssen, damit sie einen Rechtsbehelf nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz geltend machen kann. Diese Voraussetzungen müssen grundsätzlich objektiv gegeben sein; ein bloßes Behaupten durch die Umweltvereinigung genügt im Gegensatz zu § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2 UmwRG aufgrund des abweichenden Wortlauts nicht.
59Vgl. Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band I, 70. Erg. 2013, § 1 UmwRG Rn. 29.
60Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes reicht es in der vorliegenden Fallkonstellation aus, dass bei summarischer Prüfung überwiegend wahrscheinlich vom Vorliegen eines Verfahrensfehlers im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG und deshalb auch von einem rechtswidrigen Unterbleiben der Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit an der Umweltverträglichkeitsprüfung auszugehen ist. Auf die entsprechenden Ausführungen unten unter II. 2 wird Bezug genommen.
61II. Der Antrag ist auch begründet.
621. Nach § 4 a Abs. 3 UmwRG ist § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO im Anwendungsbereich des Umweltrechtsbehelfsgesetzes mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen oder wiederherstellen kann, wenn im Rahmen einer Gesamtabwägung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen.
63Der Vorschrift des § 4 a Abs. 3 UmwRG ist nicht eindeutig zu entnehmen, welchen Wahrscheinlichkeitsgrad der Gesetzgeber mit dem Hinweis auf das Vorliegen „ernstlicher Zweifel“ als Prüfungsmaßstab konkret angewendet wissen wollte. Der Verweis des Gesetzgebers auf § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO und § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO trägt insoweit nichts zur Klärung bei. Die gleichlautende Formulierung in diesen und in anderen Normen wird nämlich nicht in einem gleichen Sinne verstanden. Ungeachtet dessen stehen die „ernstlichen Zweifel“ in § 4 a Abs. 3 UmwRG auch in einem anderen Kontext als in den zitierten Vorschriften. Dort sind sie alleiniges Tatbestandsmerkmal, während § 4 a Abs. 3 UmwRG die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, ob die aufschiebende Wirkung angeordnet oder wiederhergestellt wird, von einer Gesamtabwägung abhängig macht; die erheblichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sind lediglich Bestandteil dieser notwendigen Gesamtabwägung. Im Rahmen dieser Gesamtabwägung kommt es jedoch nicht nur auf einen bestimmten, für alle Fälle gleichen Wahrscheinlichkeitsgrad der rechtlichen Bedenken an. Vielmehr kann hier auch ein schwächerer Grad der rechtlichen Bedenken etwa ergänzt oder verstärkt werden durch den Umstand, dass besonders gravierende, möglicherweise nicht reversible Folgen drohen, wenn das Vorhaben vor Unanfechtbarkeit der Genehmigung verwirklicht wird.
64Je berechtigter und gewichtiger andererseits Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Entscheidung sind, desto eher ist der Sofortvollzug auszusetzen. Ist ein voraussichtlicher Erfolg in der Hauptsache offensichtlich, wird sich ein privates oder öffentliches Vollzugsinteresse nur ausnahmsweise durchsetzen können. Ausgehend von diesen Grundsätzen kommt eine Aussetzung des Sofortvollzuges nicht stets erst dann in Betracht, wenn das Verwaltungsgericht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon ausgeht, dass die Klage in der Hauptsache begründet ist. Vielmehr können im Rahmen einer Gesamtabwägung begründete Zweifel ausreichen, die die Rechtmäßigkeit der behördlichen Entscheidung in Frage stellen. Insbesondere bei komplexen und komplizierten Verfahren können sich offene Erfolgsaussichten auch ohne detaillierte Prüfungen ergeben.
65Vgl. hierzu: Seibert, NVwZ 2013, 1040, 1046 ff.; BVerwG, Beschlüsse vom 15. April 2013 - 9 VR 1/13 -, juris Rn. 2, und vom 13. Juni 2013 - 9 VR 3/13 -, NVwZ 2013, 101 = juris Rn. 4.
662. Dies zugrunde gelegt fällt die Gesamtabwägung nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand zu Lasten des Antragsgegners aus. Bei summarischer Prüfung ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Erfolg des Antragstellers in der Hauptsache zu erwarten. Es bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide des Antragsgegners vom 25. Juni 2013, vom 12. August 2013 und vom 14. August 2013. Dem gegenüber überwiegende Interessen des Antragsgegners oder der Beigeladenen an der weiteren sofortigen Vollziehung der Bescheide sind nicht zu erkennen.
67Die durchgeführte standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit des Vorhabens dürfte dem Maßstab des § 3 a Satz 4 UVPG i.V.m. § 4 a Abs. 2 UmwRG nicht entsprechen. Das Ergebnis der Vorprüfung, wie es sich aufgrund der vom Antragsgegner gegebenen, maßgeblichen Begründung des Prüfergebnisses,
68vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 - 9 A 31.10 -, BVerwGE 141, 282 = juris Rn. 29; OVG Lüneburg, Beschluss vom 29. August 2013 - 4 ME 76/13 -, ZUR 2013, 683 = juris Rn. 31,
69in der Dokumentation vom 18. Juni 2013 darstellt, ist nach dem derzeitigen Erkenntnisstand nicht nachvollziehbar, weil der Sachverhalt hier nicht vollständig und zutreffend erfasst worden sein dürfte, vgl. § 4 a Abs. 2 Nr. 1 UmwRG.
70Es fehlt an der erforderlichen Einbeziehung der Windenergieanlagen G 1 und G 2 in die Bewertung der Umweltauswirkungen im Sinne des § 12 UVPG. Die fünf von dem Beigeladenen geplanten Windenergieanlagen bilden bei summarischer Prüfung gemessen an den oben dargelegten Anforderungen insgesamt eine vorprüfungspflichtige Windfarm im Sinne der Nr. 1.6 der Anlage 1 zum UVPG. Der weitere Fehler, dass hinsichtlich der Windenergieanlagen G 1 und G 2 die standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls danach auch im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG fehlt, geht hierin auf.
71Dass die Windenergieanlagen G 1 und G 2 für sich betrachtet aufgrund ihrer räumlichen Zuordnung als Einheit betrachtet werden müssen, wird zu Recht nicht in Frage gestellt. Dasselbe gilt für die isolierte Betrachtung der Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3, die der Antragsgegner bereits zutreffend als Windfarm qualifiziert und einer standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls unterzogen hat. Die Windenergieanlagen sind jedoch - ungeachtet des Umstands, dass die geringste Entfernung zwischen ihnen das 10-fache des Rotordurchmessers überschreitet - einander insgesamt räumlich so zugeordnet, dass sich ihre Einwirkungsbereiche bezogen auf das UVP-Schutzgut „Tiere“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG überschneiden, und zwar konkret bezogen auf die Vogelarten Weißstorch und Rohrweihe. Die in der Umgebung der Anlagen aufgefundenen Horst- bzw. Brutstätten dieser Arten befinden sich innerhalb der Einwirkungsbereiche aller fünf Windenergieanlagen.
72Der Einwirkungsbereich einer Windenenergieanlage bestimmt sich insoweit anhand der artspezifischen Empfindlichkeit oder Gefährdung der im Einzelfall konkret betroffenen Arten gegenüber der Errichtung und/oder dem Betrieb von Windenergieanlagen. Neben optischen und akustischen Beeinträchtigungen sind auch andere Nachteile wie etwa ein artbedingtes Kollisionsrisiko oder Meideverhalten, Auswirkungen auf Fortpflanzungs- oder Ruhestätten sowie auf die Nahrungssituation oder eine besondere Empfindlichkeit der jeweiligen Art gegenüber betriebsbedingten Veränderungen der physikalischen Umgebung in den Blick zu nehmen. Die in erster Linie auf optische und akustische Beeinträchtigungen zugeschnittene typisierende Betrachtung anhand des am Rotordurchmesser orientierten Abstands der Anlagen ist allein nicht hinreichend aussagekräftig; auch hinsichtlich der anderen artspezifischen Beeinträchtigungen muss ermittelt werden, bis zu welchem Abstand sie zu erwarten sind.
73Nicht erforderlich ist allerdings, dass die artspezifischen nachteiligen Auswirkungen tatsächlich bzw. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eintreten oder dass sie konkret möglich sind. Die Zuordnung zu einer Nummer der Anlage 1 zum UVPG löst die Pflicht zur Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung bzw. der Vorprüfung des Einzelfalls aus und kann nicht erst von deren Ergebnis abhängen. Die Prüfung, ob ein Vorhaben überhaupt einer der Nummern der Anlage 1 zum UVPG zuzuordnen ist, darf weder die Umweltverträglichkeitsprüfung noch die Vorprüfung des Einzelfalls vorwegnehmen; der Prüfungsmaßstab muss vielmehr weiter sein als bei den nachgelagerten Umweltprüfungen. Die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der tatsächlichen oder der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Umweltauswirkungen eines Vorhabens auf die UVP-Schutzgüter ist nach den §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung, während die Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3 c Satz 1 UVPG die überschlägige Prüfung, ob das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, und damit deren konkrete Möglichkeit verlangt. Kommt es - wie hier bei der Windfarm - für die Frage der UVP-Pflichtigkeit eines Vorhabens auf dessen nachteilige Auswirkungen an, reicht danach die abstrakte („generelle“) Möglichkeit ihres Eintritts aus.
74Für die Entscheidung, in welchem räumlichen Umkreis um oder in welchem Abstand zu einer Windenergieanlage abstrakt mit artspezifischen Nachteilen zu rechnen sein kann, bieten entsprechende natur- und artenschutzfachliche Erkenntnisse sachgerechte Anhalte. In Betracht kommen etwa die oben angeführten Abstandsempfehlungen der LAG-VSW für Windenergieanlagen. Die LAG-VSW hat in Ermangelung bundesweit einheitlicher Empfehlungen die aus artenschutzfachlicher Sicht notwendigen Abstandsregelungen für Windenergieanlagen zu avifaunistisch bedeutsamen Gebieten sowie zu Brutplätzen besonders störempfindlicher oder durch Windenergieanlagen besonders gefährdeter Vogelarten definiert. Die Empfehlungen sollen nach der Intention der LAG-VSW unter anderem auch zu sachgerechten Entscheidungen im immissionsrechtlichen Verfahren beitragen. Sie verstehen sich als Mindestforderungen, die abweichende - größere Abstände regelnde - Festlegungen in einzelnen Ländern gegebenenfalls ergänzen und eine erforderliche Einzelfallprüfung nicht ersetzen. Die Empfehlungen unterscheiden zwischen Ausschlussbereichen (= Mindestabstand zwischen dem Brutplatz bzw. Revierzentrum einer bestimmten Art und geplanter Windenergieanlage) und sogenannten Prüfbereichen. Die Prüfbereiche sind Radien um jede einzelne Windenergieanlage, innerhalb derer zu prüfen ist, ob Nahrungshabitate der betreffenden Art vorhanden sind. Die LAG-VSW empfiehlt für den Weißstorch und die Rohrweihe einen Mindestabstand zwischen Brutplatz und Windenergieanlage im Sinne eines Ausschlussbereichs von 1.000 m und einen Prüfbereich um die einzelne Windenergieanlage von 6.000 m.
75Der Leitfaden 2013 der Fachministerien des Landes Nordrhein-Westfalen kann zwar ergänzend herangezogen werden, allerdings unter Berücksichtigung, dass diese Empfehlungen erst für die - der Umweltverträglichkeitsprüfung nachgehende - Planungsebene der artschutzrechtlichen Prüfung gelten sollen und deshalb nur bedingt auch als Maßstab für die UVP-Pflichtigkeit eines Vorhabens dienen können. Der Leitfaden 2013 orientiert sich in Anhang 2 (Empfehlungen für die Untersuchungsgebiets-Abgrenzung für WEA-empfindliche Vogelarten in Nordrhein-Westfalen) zwar an den Empfehlungen der LAG-VSW. Er stellt zum einen Empfehlungen für den Radius des Untersuchungsgebietes um die geplante Windenergieanlage für eine vertiefende Prüfung (Artenschutzprüfung, Stufe II) sowie für ein erweitertes Untersuchungsgebiet dar. Letzteres werde nur relevant bei Vorliegen ernst zu nehmender Hinweise auf regelmäßig genutzte, essentielle Nahrungshabitate oder Flugkorridore. Der Radius des Untersuchungsgebiets für die vertiefende Artenschutzprüfung beträgt für den Weißstorch und die Rohrweihe 1.000 m, das erweiterte Untersuchungsgebiet für die Rohrweihe 6.000 m. Für den Weißstorch werden keine Angaben zu einem erweitertes Untersuchungsgebiet gemacht.
76Dies zugrunde gelegt besteht vorliegend die abstrakte Möglichkeit kumulierender nachteiliger Auswirkungen für die im Umfeld der Windenergieanlagen wiederholt angetroffenen und brütenden Vogelarten Weißstorch und Rohrweihe. Der Abstand der nördlich von O. gelegenen Weißstorchbrutstätte zu den Standorten sowohl der geplanten Windenergieanlagen G 1 und G2 als auch zu der Windenergieanlage S 3 beträgt weniger als 1.000 m. Diese drei Windenergieanlagen liegen damit innerhalb des Ausschlussbereichs dieser Brutstätte. Die Windenergieanlage S 3 bildet schon aufgrund der räumlichen Nähe ein einheitliches Vorhaben mit den Windenergieanlagen S 1 und S 2. Sowohl die oben angeführte Brutstätte, als auch die südöstlich von M. gelegene weitere Brutstätte des Weißstorchs und die Brutstätte der Rohrweihe an den Teichen südwestlich von M. liegen zudem innerhalb des für beide Arten maßgeblichen Prüfbereichs von 6000 m um jede der fünf Windenergieanlagen. Die vorliegenden Erkenntnisse bieten auch keinen Anhalt für die Annahme, es sei aufgrund des Abstands der Standorte der Windenergieanlagen voneinander ungeachtet dieser Überschneidungen der artbezogenen Einwirkungsbereiche von vorneherein ausgeschlossen, dass es zu einer Kumulation der möglichen nachteiligen Auswirkungen komme. Die Anlagen bilden grob gesehen eine von Nordosten nach Südwesten verlaufende Linie südlich von M. und werden offenkundig über denselben Weg erschlossen. Es ist auch nicht erkennbar, dass sich zwischen den Anlagen S 1 bis S 3 und den Anlagen G1 und G 2 trennende topographische oder bauliche Hindernisse befinden würden.
77Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und orientiert sich am Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Der danach im Hauptsacheverfahren auf 45.000,- € festzusetzende Streitwert ist mit Blick auf die Vorläufigkeit des vorliegenden Verfahrens auf die Hälfte zu reduzieren.
78Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 und 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde
- 1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen, - 2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.
(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.
(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.
(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn
- 1.
sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und - 2.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.
(2) Bei Anlagen, die unterschiedlichen Betriebsweisen dienen oder in denen unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden (Mehrzweck- oder Vielstoffanlagen), ist die Genehmigung auf Antrag auf die unterschiedlichen Betriebsweisen und Stoffe zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 für alle erfassten Betriebsweisen und Stoffe erfüllt sind.
(3) Eine beantragte Änderungsgenehmigung darf auch dann nicht versagt werden, wenn zwar nach ihrer Durchführung nicht alle Immissionswerte einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 oder einer Rechtsverordnung nach § 48a eingehalten werden, wenn aber
- 1.
der Immissionsbeitrag der Anlage unter Beachtung des § 17 Absatz 3a Satz 3 durch das Vorhaben deutlich und über das durch nachträgliche Anordnungen nach § 17 Absatz 1 durchsetzbare Maß reduziert wird, - 2.
weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik bei neu zu errichtenden Anlagen hinausgehen, durchgeführt werden, - 3.
der Antragsteller darüber hinaus einen Immissionsmanagementplan zur Verringerung seines Verursacheranteils vorlegt, um eine spätere Einhaltung der Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 zu erreichen, und - 4.
die konkreten Umstände einen Widerruf der Genehmigung nicht erfordern.
(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt
- 1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können; - 2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen; - 3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften; - 4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.
(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.
(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung
- 1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können, - 2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und - 3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.
(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 9. März 2015 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,00 € festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg.
3Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat nach Maßgabe des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, stellt die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Unbegründetheit des Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz nicht durchgreifend in Frage.
4Mit der angegriffenen Entscheidung hat das Verwaltungsgericht den auf §§ 80 Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 5 VwGO gestützten Antrag im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, dass der angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbescheid vom 4. April 2014 in der Fassung der Änderungsgenehmigungen vom 15. Januar 2015 und vom 25. Februar 2015 im Einklang mit den immissionsschutzrechtlichen Regelungen, soweit sie den Antragsteller schützen, ergangen sei. Das Vorbringen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren gibt keine Veranlassung, abweichend von der Entscheidung des Verwaltungsgerichts die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederherzustellen.
5I. Aus dem Vorbringen der Beschwerde ergibt sich nicht, dass von dem genehmigten Nachtbetrieb der streitbefangenen Windkraftanlage vom Typ Enercon E-82 E2 (Nabenhöhe 108,38 m, Rotordurchmesser 82,00 m) unzumutbare akustische Beeinträchtigungen für den Antragsteller ausgehen.
61. Die Einwände des Antragstellers stellen die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die nach dem alternativen Berechnungsverfahren der DIN ISO 9613-2 durchgeführte Immissionsprognose inhaltlich plausibel ist und „auf der sicheren Seite“ liegt, nicht durchgreifend in Frage. Der Antragsteller beanstandet im Wesentlichen, dass das Verwaltungsgericht bei der Ermittlung der Emissionswerte der drei als Vorbelastung im Sinne von Nr. 2.4 TA Lärm zu berücksichtigenden Windkraftanlagen das Ansetzen eines Sicherheitszuschlags für nicht erforderlich erachtet habe. Zudem begründeten aktuelle Erkenntnisse grundsätzliche Zweifel an der Berechnung des Geräuschausbreitungsverhaltens von hohen Windenergieanlagen nach DIN ISO 9613-2. Mit diesem Vorbringen zieht er die Prognose, an dem von ihm bewohnten Hausgrundstück I.---weg in T. (IP 06) werde ein Beurteilungspegel von ‑ nachts - 46 dB(A) mit hinreichender Sicherheit nicht überschritten, im Ergebnis jedoch nicht in Zweifel.
7Das Verwaltungsgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass ein Immissionswert von 46 dB(A) hier die maßgebliche Grenze darstellt. Bewohnern des Außenbereichs sind von Windenergieanlagen ausgehende Lärmpegel von 60 dB(A) tagsüber und 45 dB(A) nachts in Anlehnung an die für Mischgebiete nach der TA-Lärm 1998 festgelegten Grenzwerte zuzumuten.
8Ständige Rechtsprechung, vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11. Oktober 2005 - 8 B 110/05 - , juris, Rn. 25 f. m. w. N.
9Nach Nr. 3.2.1 Abs. 3 TA Lärm soll für die zu beurteilende Anlage die Genehmigung wegen einer Überschreitung der Immissionsrichtwerte nach Nummer 6 aufgrund der Vorbelastung auch dann nicht versagt werden, wenn dauerhaft sichergestellt ist, dass diese Überschreitung nicht mehr als 1 dB(A) beträgt. Ausgehend davon ist im vorliegenden Fall eine Überschreitung des insoweit maßgeblichen Immissionsrichtwerts von 45 dB(A) um bis zu 1 dB(A) zulässig, weil dieser Richtwert am IP 06 unstreitig aufgrund der Vorbelastung durch drei vorhandene Windkraftanlagen überschritten wird.
10Nach den vom Beigeladenen vorgelegten ergänzenden Berechnungen der Firma s. vom 29. Januar 2015 (Bl. 199 d. A.) und 6. Mai 2015 (Bl. 337 d. A.) wird am IP 06 ein Beurteilungspegel von 46 dB(A) auch dann sicher eingehalten, wenn die jeweils durch Dreifachvermessungen ermittelten durchschnittlichen Schallleistungspegel der vorhandenen WKA 1 und 3 jeweils mit einem Sicherheitszuschlag von 2 dB(A) beaufschlagt werden. Namentlich die im Beschwerdeverfahren vorgenommene Berechnung vom 6. Mai 2015 legt die sichere Einhaltung des hier maßgeblichen Grenzwerts in einer Weise dar, die durch das Beschwerdevorbringen nicht durchgreifend in Frage gestellt wird.
11Darin wird für die Ermittlung der Zusatzbelastung durch die streitbefangene Windkraftanlage zu Recht nunmehr ausschließlich auf den aktuell genehmigten (Nacht‑)Betrieb in der Fassung der Änderungsgenehmigung vom 15. Januar 2015 abgestellt, wonach die Zusatzemissionsbelastung durch die streitgegenständliche Windkraftanlage infolge der nunmehr vorgesehenen Anbringung geräuschmindernder Hinterkantenkämme an den Rotorblättern trotz gleichzeitiger Erhöhung der Leistung zur Nachtzeit von 1.000 kW auf 1.600 kW nunmehr nur noch bei 97,2 dB(A) zuzüglich Sicherheitszuschlag liegt. Die in der Beschwerde erwähnte „Punktlandung“ auf den Wert von 46 dB(A) nach der - der ursprünglichen Genehmigung zugrunde liegenden - Berechnung im Gutachten vom 31. August 2012 ist daher schon aus diesem Grund überholt. Die Bemessung des Sicherheitszuschlags bzw. „oberen Vertrauensbereichs“ für diese Anlage mit zuletzt nur noch insgesamt 2,0 dB(A) hat der Gutachter damit begründet, dass nach einer mittlerweile vorliegenden Dreifachvermessung einer baugleichen Anlage im Volllastbetrieb eine nur geringe Serienstreuung anzunehmen sei. Diesen plausiblen Darlegungen, die auch durch eine auszugsweise Vorlage des Messberichts untermauert worden sind, ist der Antragsteller nicht entgegengetreten.
12Die gegen die Ermittlung der Vorbelastung erhobenen Einwände greifen nicht durch. Die Rüge, die WKA 2 (Anlagentyp VESTAS V52-850 kW) sei zu Unrecht unter Verzicht auf einen Sicherheitszuschlag im Sinne des „oberen Vertrauensbereichs“ nur mit dem nach der Genehmigung zulässigen Schallpegel von 104 dB(A) in die Vorbelastung einberechnet worden, stellt die Schallimmissionsprognose gemäß den ergänzenden Berechnungen der s. GmbH & Co KG nicht ernsthaft in Frage. Der Antragsteller geht selbst davon aus, dass nach der Baugenehmigung der genannten Anlage ein Schallleistungspegel von 104 dB(A) nicht überschritten werden darf. Dieser Emissionswert liegt dem Nachtrags-Schallgutachten des Planungsbüros T1. vom 30. Mai 2001 zugrunde, das Bestandteil der Nachtrags-Baugenehmigung vom 12. Juni 2001 geworden ist.
13Es entspricht der Rechtsprechung, die Vorbelastung nur mit den Auswirkungen ihres rechtmäßigen Betriebs - also den in ihrer Genehmigung gegebenenfalls festgelegten Schallleistungspegeln - in die Ermittlung der Gesamtbelastung einzustellen. Wird der in der Genehmigung festgelegte Schallleistungspegel tatsächlich überschritten, weil sich z.B. eine nicht eingerechnete Serienstreuung realisiert, geht dies nicht zu Lasten eines nachfolgenden Antragstellers. Derartigen Überschreitungen ist vielmehr im Rahmen von Überwachungsmaßnahmen bzw. nachträglichen Anordnungen zu begegnen.
14Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 27. August 2009 ‑ 8 B 797/09 -, Beschlussabdruck S. 7, und vom 17. Mai 2002 - 7 B 665/02 -, NVwZ 2002, 1133, juris, Rn. 9; OVG Nds., Beschluss vom 16. Juli 2012 ‑ 12 LA 105/11 -, ZNER 2012, 441, juris, Rn. 14; Agatz, Windenergie-Handbuch, 9. Ausgabe 2012, S. 42 f.
15Soweit danach bei der Bestimmung der Vorbelastung durch bereits vorhandene Windkraftanlagen auf die Addition eines Sicherheitszuschlags verzichtet werden kann, betrifft dies allerdings nur die emissionsseitigen Unsicherheiten des sogenannten „oberen Vertrauensbereichs“, also die Messunsicherheit sowie die Serienstreuung. Eine Immissionsprognose, die „auf der sicheren Seite liegt“, hat darüber hinaus die Unsicherheit des Prognosemodells zu berücksichtigen, worauf die Beschwerde zu Recht hinweist. Dafür ist nach der DIN ISO 9613-2 allein regelmäßig ein Sicherheitszuschlag von 1,9 dB zu veranschlagen (σProgn 1,5 dB x 1,28 = 1,9 dB). Die dort angegebene Standardabweichung des Prognosemodells von 1,5 dB ist mit einem Faktor von 1,28 zu multiplizieren, weil der nach der TA Lärm ermittelte Beurteilungspegel den Richtwert unter Berücksichtigung der Unsicherheiten mit einer Wahrscheinlichkeit von 90% einhalten muss.
16Vgl. Erlass für die Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen und Hinweise für die Zielsetzung und Anwendung (Windenergie-Erlass) vom 11. Juli 2011, MBl. NRW. 2011, S. 321, Nr. 5.2.1.1; Agatz, Windenergie-Handbuch, 9. Ausgabe 2012, S. 46; Uppenkamp und Partner, Schalltechnischer Bericht der erweiterten Hauptuntersuchung zur messtechnischen Ermittlung der Ausbreitungsbedingungen für die Geräusche von hohen Windenergieanlagen zur Nachtzeit und Vergleich der Messergebnisse mit Ausbreitungsrechnungen nach DIN ISO 9613-2 vom 11. November 2014, S. 7, 11 und 41.
17Ein Verzicht auf eine Beaufschlagung - sei es des Schallleistungspegels der jeweiligen Vorbelastungsanlage, sei es des errechneten Immissionswerts - mit dem in der DIN ISO 9613-2 angegebenen Sicherheitszuschlag für die Unsicherheit des Prognosemodells kann mit den obigen Überlegungen daher nicht ohne weiteres gerechtfertigt werden.
18Im Streitfall spricht jedoch bei der hier nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung viel für die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass der im Baugenehmigungsverfahren der WKA 2 zugrunde gelegte, vom ehemaligen Staatlichen Umweltamt Duisburg vorgegebene Schallleistungspegel von 104 dB(A) bereits einen Sicherheitszuschlag enthalten hat, der die Unsicherheit des Prognosemodells mit abdeckt. So lag bei Erstellung des Schallgutachtens (1. Nachtrag) vom 30. Mai 2001, dem die Vorgabe eines zugrunde zu legenden Schallleistungspegels von 104 dB(A) durch das Staatliche Umweltamt Duisburg vorausgegangen war, für den Anlagetyp Vestas V52-850 kW, Nabenhöhe 43,9 m, bereits ein Messbericht vom 27. November 2000 vor, anhand dessen ein maximaler Schallleistungspegel auch für die hier relevante Nabenhöhe von 74 m bestimmt werden konnte. Dieser war gemäß Schreiben der Windtest L. -X. -L1. GmbH vom 10. Januar 2001 mit 101,5 dB(A) errechnet worden (vgl. Anlage zum Schallgutachten des Planungsbüros T1. vom 22. November 2001 sowie S. 23 des Schallgutachtens). Es liegt nahe, dass diese in der Baugenehmigungsakte zur WKA 1 (Enercon E 40/6.44) befindlichen Unterlagen auch dem Staatlichen Umweltamt Duisburg bekannt waren, als es im Baugenehmigungsverfahren der WKA 2 verlangte, der dortigen Schallimmissionsprognose einen Schallleistungspegel von 104 dB(A) zugrunde zu legen. Das Schreiben vom 22. Mai 2001 an das Bauordnungsamt des Kreises X1. , mit dem das Staatliche Umweltamt forderte, im Gutachten nicht von einem Schallpegel von 101,5 dB(A), sondern von einem „Emissionsgesamtpegel von 104,0 dB(A)“ auszugehen, erklärt sich dann gerade durch die Beaufschlagung mit einem - alle Unsicherheiten abdeckenden - Sicherheitszuschlag.
19Dass das Planungsbüro T1. im Schallgutachten (1. Nachtrag) vom 30. Mai 2001 betreffend die WKA 2 gleichwohl die prognostizierten Beurteilungspegel, die sich nach Hinzurechnung der Vorbelastung durch die WKA 1 insgesamt ergaben, nochmals durch eine „obere Vertrauensbereichsgrenze“ von 3,2 dB(A) beaufschlagt hat, steht dieser Sichtweise nicht entgegen. Es belegt nur, dass die Schallgutachter in dem damaligen Genehmigungsverfahren letztlich doppelte und damit überhöhte Sicherheiten zugrunde gelegt haben. Davon dürfte im Übrigen auch bereits die Baugenehmigungsbehörde ausgegangen sein, da sie die Windkraftanlage genehmigt hat, obwohl sich nach der Schallimmissionsprognose unter Berücksichtigung der erwähnten (überobligatorischen) „oberen Vertrauensbereichsgrenze“ am Wohnhaus des Antragstellers („Immissionsort E. “) ein Wert von 47,0 dB(A) ergeben hätte.
20Ein hinreichender „Puffer“ für die Unsicherheiten des Prognosemodells bleibt schließlich selbst dann, wenn mit dem Verwaltungsgericht auf die spätere Vermessung der Windkraftanlage vom 17. Juni 2004 abgestellt wird (vgl. S. 22, Baugenehmigungsakte des Kreises X1. betreffend die WKA 2, Beiakte 6). Danach verursacht die Anlage einen maximalen Lärmpegel von 102,1 dB(A).
21Die Notwendigkeit eines weiteren Sicherheitszuschlags ergibt sich auch nicht aus der Vermutung des Antragstellers, die Windkraftanlage sei im Laufe der letzten zehn Jahre aufgrund von Abnutzungserscheinungen lauter geworden. Ausgehend von den dargelegten Grundsätzen ist für Alterungsprozesse an bestehenden Windkraftanlagen kein Zuschlag vorzunehmen, da eine hierdurch bedingte Überschreitung des festgelegten Schallleistungspegels nicht genehmigungskonform wäre.
22Die Beschwerdebegründung zeigt nicht auf, dass die beiden weiteren vorhandenen Windkraftanlagen (Enercon E 40/6.44 - WKA 1 - und Enercon E 58 - WKA 3 -), deren durchschnittliche Schallleistungspegel inzwischen jeweils durch Dreifachvermessungen baugleicher Anlagen ermittelt worden sind, jeweils mit einem Sicherheitszuschlag von mehr als 2 dB(A) beaufschlagt werden müssten. Aus den von der Beigeladenen vorgelegten ergänzenden Berechnungen der Firma s. ergibt sich, dass der am Wohnhaus des Antragstellers ermittelte Beurteilungspegel weniger als 46 dB(A) beträgt, wenn von den - jeweils dreifach - gemessenen Durchschnitts-Schallwerten der beiden Vorbelastungs-Anlagen ausgegangen wird und diese jeweils mit einem Sicherheitszuschlag von 2 dB(A) beaufschlagt werden. Dem pauschalen Einwand des Antragstellers, üblicherweise sei von einem Zuschlag im Sinne des oberen Vertrauensbereichs von 2,5 dB(A) auszugehen, ist die Firma s. mit einer detaillierten Berechnung und Erläuterung des bei den hier in Rede stehenden, bereits dreifach vermessenen Windkraftanlagen erforderlichen „oberen Vertrauensbereichs“ entgegengetreten. Aus dieser ergibt sich, dass angesichts der geringen Serienstreuung, die die Vermessungen der beiden Anlagen ergeben haben, den Unsicherheiten der Messung, Serienstreuung und Prognose mit einem Sicherheitszuschlag von rund 2 dB(A) insgesamt Rechnung getragen ist.
232. Auch die Rüge, nach aktuellen Erkenntnissen liefere eine Berechnung der Schalllimmissionen nach der DIN ISO 9613-2, wie sie hier erfolgt sei, bei hohen Windenergieanlagen keine zufrieden stellenden Ergebnisse, verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg.
24Der Antragsteller beruft sich damit auf die oben zitierte, vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV NRW) in Auftrag gegebene Untersuchung zur messtechnischen Ermittlung der Ausbreitungsbedingungen für die Geräusche von hohen Windenergieanlagen zur Nachtzeit und Vergleich der Messergebnisse mit Ausbreitungsrechnungen nach DIN ISO 9613-2 (Firma Uppenkamp und Partner, Schalltechnischer Bericht der erweiterten Hauptuntersuchung) vom 11. November 2014. Dieser Bericht kommt zwar zu dem Ergebnis, dass das - auch hier angewandte - sogenannte alternative Verfahren nach DIN ISO 9613‑2 bei der Beurteilung der Geräusche von hohen Windenergieanlagen infolge einer Überschätzung der Bodendämpfung zu Abweichungen von den im Rahmen des Forschungsvorhabens gemessenen Werten führt. Die Berechnung nach dem alternativen Verfahren funktioniere aber zumindest im Nahbereich bis 500 m sowohl im Mitwind- als auch im Gegenwindbereich gut; die Messdaten auf der einen Seite und die Ergebnisse der Ausbreitungsrechnungen auf der anderen Seite drifteten erst mit zunehmendem Abstand auseinander. Im Nahbereich decke der aktuell anzusetzende Sicherheitszuschlag von 1,9 dB die Abweichungen ab.
25Bei summarischer Prüfung ist nicht zu erkennen, dass sich der in der Untersuchung zutage getretene Mangel des bisher praktizierten Berechnungsverfahrens am Wohnhaus des Antragstellers entscheidungserheblich ausgewirkt hat. Die teilweise fehlerhaften Ergebnisse der Ausbreitungsrechnungen nach dem alternativen Verfahren sind ausweislich der Untersuchung im Wesentlichen auf eine Überschätzung des Bodendämpfungswertes (Agr) zurückzuführen, die sich vor allem bei weiter entfernten Anlagen auswirkt. Danach liegt eine Prognose nach dem alternativen Berechnungsverfahren jedenfalls dann auf der sicheren Seite, wenn eine - den Beurteilungspegel senkende - Bodendämpfung in der Berechnung ganz unberücksichtigt bleibt, mithin mit Agr = 0 veranschlagt wird. Hiervon ausgehend hat die s. GmbH & Co KG auf Veranlassung der Beigeladenen die Berechnung der Gesamtbelastung alternativ auch in der Weise vorgenommen, dass hinsichtlich der beiden mehr als 500 m vom Wohnhaus des Antragstellers entfernten Windkraftanlagen WKA 1 und 3 keine Bodendämpfung berücksichtigt worden ist. Sie hat mitgeteilt, dass sich auch danach am maximal belasteten Immissionspunkt I.---weg (IP 06) kein Beurteilungspegel von mehr als 46 dB(A) ergebe. Auch wenn diese Berechnung nicht im Detail vorgelegt wurde, genügt diese Angabe jedenfalls im Rahmen der hier nur erforderlichen summarischen Prüfung für die Annahme, dass der Immissionsrichtwert von 45 dB(A) dauerhaft um nicht mehr als 1 dB(A) überschritten wird. Weitere Änderungen der Berechnung waren nicht erforderlich, weil der Bodendämpfungswert für die streitbefangene Windkraftanlage ohnehin bei 0,0 lag und die WKA 2 nur einen Bodendämpfungswert von 0,72 aufweist, der angesichts der geringen Entfernung von 356 m zum Immissionspunkt IP 06 nach den Ergebnissen der Uppenkamp-Untersuchung von dem berücksichtigten Sicherheitszuschlag (s.o.) abgedeckt ist.
26Vor diesem Hintergrund bedarf - zumal im gerichtlichen Eilverfahren - keiner Klärung, ob die Bindungswirkung der TA Lärm bzw. der von ihr in Bezug genommenen DIN ISO 9613-2 für die Ermittlung von Schallimmissionen bei Windkraftanlagen entfallen ist, weil die in ihr enthaltene sachverständige Aussage durch neue Erkenntnisse in Wissenschaft und Technik überholt wäre.
27Vgl. VG Minden, Urteil vom 11. März 2015 - 11 K 3061/13 -, juris, Rn. 95 ff.; siehe auch VG Aachen, Beschluss vom 23. März 2015 - 6 L 76/15 -, juris, Rn. 72 (nicht rechtskräftig).
28II. Ohne Erfolg rügt der Antragsteller, von der im Abstand von nur 343 m zu dem von ihm bewohnten Hausgrundstück genehmigten Windkraftanlage gehe eine optisch bedrängende Wirkung aus. Das Verwaltungsgericht hat die Frage einer optischen Bedrängung nicht näher behandelt, weil es der Auffassung war, dass sich der Antragsteller als Mieter dieses Hausgrundstücks auf eine optisch erdrückende Wirkung nicht berufen könne. Der Schutz vor einer optisch bedrängenden Wirkung sei nicht dem Immissionsschutzrecht zuzuordnen, welches jedwede Person schütze, die eine persönliche oder sachliche Bindung im Einwirkungsbereich der emittierenden Anlage aufweise. Er werde vielmehr aus dem bauplanungsrechtlichen Gebot der Rücksichtnahme hergeleitet, welches nur zugunsten des dinglich Berechtigten - namentlich des Grundstückseigentümers - Drittschutz entfalte.
29Der Senat kann offen lassen, ob der dagegen erhobene Einwand der Beschwerde durchgreift, die optische Bedrängung durch eine Windkraftanlage falle wenn nicht schon unter den Begriff der schädlichen Umwelteinwirkung, so doch zumindest unter die zweite Alternative des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG (sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen). Auch wenn man dies zugunsten der Beschwerde unterstellt und mithin davon ausgeht, dass sich auch der Antragsteller als Mieter auf eine derartige optische Bedrängung berufen kann, liegt eine solche jedenfalls nicht vor.
301. Nach der Rechtsprechung des Senats erfordert die Prüfung, ob von einer Windenergieanlage eine optisch bedrängende Wirkung ausgeht, stets eine Würdigung aller Einzelfallumstände. Das Ergebnis dieser Einzelfallprüfung lässt sich dabei anhand folgender Anhaltswerte grob prognostizieren.
31Beträgt der Abstand zwischen einem Wohnhaus und einer Windkraftanlage mindestens das Dreifache der Gesamthöhe (Nabenhöhe + ½ Rotordurchmesser) der geplanten Anlage, dürfte die Einzelfallprüfung überwiegend zu dem Ergebnis kommen, dass von dieser Anlage keine optisch bedrängende Wirkung zu Lasten der Wohnnutzung ausgeht. Bei einem solchen Abstand treten die Baukörperwirkung und die Rotorbewegung der Anlage so weit in den Hintergrund, dass ihr in der Regel keine beherrschende Dominanz und keine optisch bedrängende Wirkung gegenüber der Wohnbebauung zukommt.
32Ist der Abstand geringer als das Zweifache der Gesamthöhe der Anlage, dürfte die Einzelfallprüfung überwiegend zu einer dominanten und optisch bedrängenden Wirkung der Anlage gelangen. Ein Wohnhaus wird bei einem solchen Abstand in der Regel optisch von der Anlage überlagert und vereinnahmt. Auch tritt die Anlage in einem solchen Fall durch den verkürzten Abstand und den damit vergrößerten Betrachtungswinkel derart unausweichlich in das Sichtfeld, dass die Wohnnutzung überwiegend in unzumutbarer Weise beeinträchtigt wird.
33Beträgt der Abstand zwischen dem Wohnhaus und der Windkraftanlage - wie hier - das Zwei- bis Dreifache der Gesamthöhe der Anlage, bedarf es regelmäßig einer besonders intensiven Prüfung des Einzelfalls.
34Vgl. OVG NRW, Urteil vom 9. August 2006 - 8 A 3726/05 -, BauR 2007, 74 = juris Rn. 65 ff., bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 11. Dezember 2006 ‑ 4 B 72.06 -, RdL 2007, 63 = juris; OVG NRW, Beschlüsse vom 22. März 2007 - 8 B 2283/06 -, BauR 2007, 1014, juris, Rn. 5 ff., vom 24. Juni 2010 - 8 A 2764/09 -, BauR 2011, 252, juris, Rn. 41 ff. und vom 9. Oktober 2013 - 8 A 876/13 -, n.v., S. 3 ff. des Entscheidungsabdrucks; vgl. auch Bay. VGH, Urteil vom 29. Mai 2009 ‑ 22 B 08.1785 -, ZUR 2009, 497, juris, Rn. 16 ff. und Beschluss vom 30. April 2014 - 22 ZB 14.680 -, juris, Rn. 20; Hess. VGH, Beschluss vom 26. September 2013 - 9 B 1674/13 -, BImSchG-Rspr § 5 Nr 131= juris, Rn. 11 ff.
352. Dies zugrundegelegt ist im vorliegenden Fall auch unter Berücksichtigung des erstinstanzlichen Vorbringens des Antragstellers nicht von einer optisch bedrängenden Wirkung der geplanten Windenergieanlage zu seinen Lasten auszugehen.
36Der Antragsgegner hat zunächst zu Recht eine besonders eingehende Einzelfallprüfung durchgeführt. Die Anlage weist eine Nabenhöhe von 108,40 m, einen Rotordurchmesser von 82,00 m und damit eine Gesamtbauhöhe von 149,40 m auf. Der Standort der streitbefangenen Windenergieanlage liegt etwa 343 m von dem vom Antragsteller bewohnten Haus entfernt. Der Abstand zum Wohnhaus beträgt damit in etwa das 2,3-fache der Gesamthöhe der Anlage.
37Im Rahmen der Einzelfallwürdigung sind insbesondere die Kriterien Höhe und Standort der Windenergieanlage, Größe des Rotordurchmessers, Blickwinkel, Hauptwindrichtung, (Außenbereichs-)Lage des Grundstücks, Lage der Aufenthaltsräume und deren Fenster im Verhältnis zur Anlage sowie Bestehen von Ausweichmöglichkeiten von Bedeutung. Ferner ist zu berücksichtigen, ob auf dem Grundstück eine hinreichende optische Abschirmung zur Windenergieanlage besteht oder in zumutbarer Weise hergestellt werden kann.
38Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 17. Januar 2007 ‑ 8 A 2042/06 -, juris, Rn. 13, vom 23. Juni 2010 ‑ 8 A 340/09 -, ZNER 2010, 514, juris, Rn. 55 und vom 22. Dezember 2011 - 8 B 669/11 -, juris, Rn. 30.
39Dabei kann auch eine Vorbelastung zu Lasten des Antragstellers ins Gewicht fallen. Nach der Senatsrechtsprechung können schon vorhandene Windkraftanlagen Einfluss auf das Maß der optischen Beeinträchtigung haben. Denn einer Einzelanlage kann in diesem Zusammenhang je nach der Situation im Einzelfall ein stärkeres Gewicht zukommen als einer Anlage, die sich in eine schon vorhandene (optische) Vorbelastung einfügt und deshalb keine besondere zusätzliche Belastung für die Wohnnutzung darstellt. Je nach Fallkonstellation kann aber auch erst die hinzutretende oder ersetzende Anlage in der Zusammenschau mit den bereits vorhandenen Anlagen oder für sich genommen zu einer unzumutbaren optischen Bedrängung führen.
40Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. Mai 2011 - 8 A 372/09 -, juris, Rn. 54 m. w. N.
41Ob die drei weiteren, vorhandenen Windkraftanlagen das Maß an Rücksichtnahme, das der Antragsteller beanspruchen kann, vermindern, kann im vorliegenden Fall offen bleiben.
42Die Annahme des Antragsgegners, dass es auch im Hinblick auf die am stärksten betroffenen Räumlichkeiten an der Ostseite des im Außenbereich gelegenen Hauses an einer optisch bedrängenden Wirkung fehle, ist unabhängig davon nicht zu beanstanden. Soweit die überarbeitete und ergänzte Sichtbeziehungsstudie der Firma s. vom 5. Februar 2014 in Verbindung mit der Kurzfassung einer Sichtbeziehungsuntersuchung vom 25. Juni 2013 über das Ausmaß der optischen Beeinträchtigung durch die Anlage noch kein hinreichendes Bild vermitteln, lässt sich dieses jedenfalls aus den nach Errichtung der Anlage vom Verwaltungsgericht beim Ortstermin gefertigten Lichtbildern gewinnen. Danach wirkt sich die neue Anlage aufgrund der optischen Abschirmung durch bereits vorhandenen Baumbewuchs trotz ihrer Größe und Lage nicht derart dominant aus, dass von einer optisch bedrängenden Wirkung die Rede sein kann. Das gilt umso mehr, als die Beigeladene nach Nr. 2.9 des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheids vom 4. April 2014 verpflichtet ist, zur Vermeidung einer unmittelbaren Einsichtnahme auf die Windkraftanlage in einem Abstand von ca. 10 m vom Wintergarten der Liegenschaft I.---weg entfernt in östlicher Richtung eine zweireihige, immergrüne Hecke in ausreichender Höhe (ca. 4-5 m) anzulegen. Die Zweifel des Antragstellers an der Berechtigung der Beigeladenen zur Erfüllung dieser Verpflichtung sind mit der zwischenzeitlich durchgeführten Pflanzung entsprechend hoher Nadelbäume an der bezeichneten Stelle hinfällig geworden. Die Beigeladene hat darüber hinaus bestätigt, die Pflanzung sei auf der Grundlage einer Vereinbarung mit dem Eigentümer des Anwesens I.---weg auf dessen Grundeigentum erfolgt.
43Eine optisch bedrängende Wirkung liegt im Übrigen nicht bereits dann vor, wenn die Windenergieanlage von Teilen des Hauses aus überhaupt wahrnehmbar ist. Das baurechtliche Gebot der Rücksichtnahme vermittelt dem Nachbarn keinen Anspruch auf eine von technischen Bauwerken freie Sicht.
44Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 17. Januar 2007 ‑ 8 A 2042/06 - ZNER 2007, 79, juris, Rn. 18, vom 23. Juni 2010 - 8 A 340/09 -, ZNER 2010, 514, juris, Rn. 62, vom 22. Dezember 2011 - 8 B 669/11 -, juris, Rn. 33 und vom 19. September 2012 - 8 A 339/12 -, juris, Rn. 31.
45Nichts anderes würde im Rahmen von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG gelten.
46Die Anlage liegt zwar im Wesentlichen frontal zur östlichen (genauer: ost-nordöstlichen) Traufseite des Wohnhauses. Auch dürfte der Rotor der Anlage im Hinblick auf die vorherrschende Windrichtung aus Südwesten aus der Richtung des Wohnhauses häufig in vollem Umfang zu sehen sein. Im Erdgeschoss verhindern jedoch die architektonische Gestaltung sowie der vorhandene Baumbewuchs eine unzumutbare Beeinträchtigung der zur Windkraftanlage ausgerichteten Räumlichkeiten.
47Der Wintergarten weist nur zum Teil Klarglasscheiben auf, durch die überhaupt eine deutliche Sicht nach draußen möglich ist. Die Vermutung des Antragstellers, der sich drehende Rotor wirke durch die getrübten Scheiben möglicherweise noch bedrohlicher, erscheint wenig plausibel. Inwieweit man ihn seit Errichtung der Sichtschutzhecke vom Wintergarten aus überhaupt noch erkennen kann, muss nicht im Einzelnen geklärt werden. Durch die vier kleinen, klarverglasten Fenster an der Sitzecke war die Windkraftanlage schon zuvor bis auf einen - durch Baumzweige teilweise verdeckten - Teil der Nabe, der durch das links oben befindliche Fenster erscheint, kaum zu sehen. Blickt man aus dem großen Doppelfenster am nordöstlichen Ende des Wintergartens auf die Anlage, wird diese je nach genauer Position des Betrachters überwiegend oder jedenfalls zum Teil durch den Stamm bzw. durch die Krone des krumm gewachsenen Baumes vor dem Fenster verdeckt, der den Blick zudem ‑ selbst in unbelaubtem Zustand - von der Windkraftanlage ablenkt. Nicht fotografisch dokumentiert ist der Blick von der im anderen Teil des Raumes an den vier kleinen Fenstern befindlichen Sitzgruppe durch das große Doppelfenster. Die vorhandenen Fotos sprechen aber dafür, dass die Windkraftanlage durch die nahe Bepflanzung hinter der Hecke des Hauses auch insoweit teilweise verdeckt sein bzw. optisch „abgerückt“ wird. Hinzu kommt nunmehr die von der Beigeladenen errichtete Sichtschutzhecke.
48Das Wohnzimmer weist zwei Fenster auf, von denen eines - das auf der Südseite gelegene - von vornherein keinen Blick auf die streitbefangene Windkraftanlage ermöglicht. Das nach Osten (bzw. genauer: Ost-Nordost) gerichtete Doppelfenster ist zwar zur Anlage hin gerichtet. Durch den linken Teil dieses Fensters ist die Windkraftanlage aber ebenfalls nicht zu sehen, weil der Wintergartenanbau den Blick auf die Anlage verdeckt. Im Übrigen - d. h. auch bei der rechten Seite des Fensters - verhindert die von dem Antragsteller selbst gewählte und in Erdgeschosszimmern weithin übliche lichtdurchlässige Gardine sehr weitgehend, dass die Anlage wahrgenommen werden kann. Nur von einer speziellen Sitzposition direkt an der Fensterbank des rechten Fensterflügels war die Windkraftanlage - jedenfalls vor Errichtung der Sichtschutzhecke - unter der Gardine zu sehen. Die optisch beeinträchtigende Wirkung der Anlage auf das Wohn- und Esszimmer ist daher nach den vorstehenden Ausführungen begrenzt.
49Auch unter Berücksichtigung der drei östlich ausgerichteten, schrägen Fenster im Dachgeschoss des Hauses (Flur, Bad und Küche) liegt noch keine optisch bedrängende Wirkung vor. Der gesamte Rotor war durch diese Fenster - schon vor Errichtung der Sichtschutzhecke - im Wesentlichen nur von fensternahen Standpunkten aus zu sehen. Soweit dies der Fall war, wurde aber der untere Teil der Nabe bereits durch den vorhandenen Baumbewuchs teilweise verdeckt und die Anlage durch die - auf den Fotos teilweise unbelaubten - nahen Bäume jedenfalls optisch etwas in den Hintergrund gerückt. Bei belaubtem Zustand der Bäume - und erst recht unter Berücksichtigung der Sichtschutzhecke - wird dieser Effekt noch deutlicher ausfallen. Hinsichtlich dieser Räumlichkeiten bleibt es im Übrigen dem Antragsteller unbenommen, etwaige noch störende Sichtbeziehungen zu der Anlage durch helle und tageslichtdurchlässige Gardinen abzumildern, die die Fenster nur teilweise und nur soweit notwendig verdecken.
50Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 17. Januar 2007 ‑ 8 A 2042/06 - ZNER 2007, 79, juris, Rn. 18, vom 23. Juni 2010 - 8 A 340/09 -, ZNER 2010, 514, juris, Rn. 62, vom 22. Dezember 2011 - 8 B 669/11 -, juris, Rn. 33 und vom 19. September 2012 - 8 A 339/12 -, juris, Rn. 31.
51Dass das Haus an der Ostseite besonders schutzwürdige Außenflächen aufwiese, die wie etwa ein Terrassenbereich dem dauernden Aufenthalt der Bewohner dienten, ist vom Antragsteller weder geltend gemacht noch auf den Fotos ersichtlich. Bei der Zufahrt auf das Grundstück verstellen zudem mehrere hohe Nadelbäume die Sicht auf die Windkraftanlage fast vollständig; hinzu kommen nunmehr die Nadelgehölze der Sichtschutzhecke.
52Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2 und 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind aus Gründen der Billigkeit erstattungsfähig, weil sie sich mit der Antragstellung dem sich aus § 154 Abs. 3 VwGO ergebenden Kostenrisiko ausgesetzt hat.
53Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und orientiert sich am Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Der danach im Hauptsacheverfahren auf 15.000,- € festzusetzende Streitwert ist mit Blick auf die Vorläufigkeit des vorliegenden Verfahrens auf die Hälfte zu reduzieren.
54Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5 und 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es
- 1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt, - 2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient, - 3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient, - 4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind, - 5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient, - 6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb, - b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt, - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und - d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
- 7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität, - 8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient - a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder - b)
auf einer Fläche längs von - aa)
Autobahnen oder - bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
- 9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2, - b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.
(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.
(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben
- 1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht, - 2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht, - 3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird, - 4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert, - 5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet, - 6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet, - 7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder - 8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:
- 1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz, - b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt, - c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück, - d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden, - e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs, - f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und - g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
- 2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf, - c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und - d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
- 3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle, - 4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient, - 5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und - c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
- 6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.
(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 9. März 2015 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,00 € festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg.
3Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat nach Maßgabe des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, stellt die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Unbegründetheit des Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz nicht durchgreifend in Frage.
4Mit der angegriffenen Entscheidung hat das Verwaltungsgericht den auf §§ 80 Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 5 VwGO gestützten Antrag im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, dass der angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbescheid vom 4. April 2014 in der Fassung der Änderungsgenehmigungen vom 15. Januar 2015 und vom 25. Februar 2015 im Einklang mit den immissionsschutzrechtlichen Regelungen, soweit sie den Antragsteller schützen, ergangen sei. Das Vorbringen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren gibt keine Veranlassung, abweichend von der Entscheidung des Verwaltungsgerichts die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederherzustellen.
5I. Aus dem Vorbringen der Beschwerde ergibt sich nicht, dass von dem genehmigten Nachtbetrieb der streitbefangenen Windkraftanlage vom Typ Enercon E-82 E2 (Nabenhöhe 108,38 m, Rotordurchmesser 82,00 m) unzumutbare akustische Beeinträchtigungen für den Antragsteller ausgehen.
61. Die Einwände des Antragstellers stellen die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die nach dem alternativen Berechnungsverfahren der DIN ISO 9613-2 durchgeführte Immissionsprognose inhaltlich plausibel ist und „auf der sicheren Seite“ liegt, nicht durchgreifend in Frage. Der Antragsteller beanstandet im Wesentlichen, dass das Verwaltungsgericht bei der Ermittlung der Emissionswerte der drei als Vorbelastung im Sinne von Nr. 2.4 TA Lärm zu berücksichtigenden Windkraftanlagen das Ansetzen eines Sicherheitszuschlags für nicht erforderlich erachtet habe. Zudem begründeten aktuelle Erkenntnisse grundsätzliche Zweifel an der Berechnung des Geräuschausbreitungsverhaltens von hohen Windenergieanlagen nach DIN ISO 9613-2. Mit diesem Vorbringen zieht er die Prognose, an dem von ihm bewohnten Hausgrundstück I.---weg in T. (IP 06) werde ein Beurteilungspegel von ‑ nachts - 46 dB(A) mit hinreichender Sicherheit nicht überschritten, im Ergebnis jedoch nicht in Zweifel.
7Das Verwaltungsgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass ein Immissionswert von 46 dB(A) hier die maßgebliche Grenze darstellt. Bewohnern des Außenbereichs sind von Windenergieanlagen ausgehende Lärmpegel von 60 dB(A) tagsüber und 45 dB(A) nachts in Anlehnung an die für Mischgebiete nach der TA-Lärm 1998 festgelegten Grenzwerte zuzumuten.
8Ständige Rechtsprechung, vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11. Oktober 2005 - 8 B 110/05 - , juris, Rn. 25 f. m. w. N.
9Nach Nr. 3.2.1 Abs. 3 TA Lärm soll für die zu beurteilende Anlage die Genehmigung wegen einer Überschreitung der Immissionsrichtwerte nach Nummer 6 aufgrund der Vorbelastung auch dann nicht versagt werden, wenn dauerhaft sichergestellt ist, dass diese Überschreitung nicht mehr als 1 dB(A) beträgt. Ausgehend davon ist im vorliegenden Fall eine Überschreitung des insoweit maßgeblichen Immissionsrichtwerts von 45 dB(A) um bis zu 1 dB(A) zulässig, weil dieser Richtwert am IP 06 unstreitig aufgrund der Vorbelastung durch drei vorhandene Windkraftanlagen überschritten wird.
10Nach den vom Beigeladenen vorgelegten ergänzenden Berechnungen der Firma s. vom 29. Januar 2015 (Bl. 199 d. A.) und 6. Mai 2015 (Bl. 337 d. A.) wird am IP 06 ein Beurteilungspegel von 46 dB(A) auch dann sicher eingehalten, wenn die jeweils durch Dreifachvermessungen ermittelten durchschnittlichen Schallleistungspegel der vorhandenen WKA 1 und 3 jeweils mit einem Sicherheitszuschlag von 2 dB(A) beaufschlagt werden. Namentlich die im Beschwerdeverfahren vorgenommene Berechnung vom 6. Mai 2015 legt die sichere Einhaltung des hier maßgeblichen Grenzwerts in einer Weise dar, die durch das Beschwerdevorbringen nicht durchgreifend in Frage gestellt wird.
11Darin wird für die Ermittlung der Zusatzbelastung durch die streitbefangene Windkraftanlage zu Recht nunmehr ausschließlich auf den aktuell genehmigten (Nacht‑)Betrieb in der Fassung der Änderungsgenehmigung vom 15. Januar 2015 abgestellt, wonach die Zusatzemissionsbelastung durch die streitgegenständliche Windkraftanlage infolge der nunmehr vorgesehenen Anbringung geräuschmindernder Hinterkantenkämme an den Rotorblättern trotz gleichzeitiger Erhöhung der Leistung zur Nachtzeit von 1.000 kW auf 1.600 kW nunmehr nur noch bei 97,2 dB(A) zuzüglich Sicherheitszuschlag liegt. Die in der Beschwerde erwähnte „Punktlandung“ auf den Wert von 46 dB(A) nach der - der ursprünglichen Genehmigung zugrunde liegenden - Berechnung im Gutachten vom 31. August 2012 ist daher schon aus diesem Grund überholt. Die Bemessung des Sicherheitszuschlags bzw. „oberen Vertrauensbereichs“ für diese Anlage mit zuletzt nur noch insgesamt 2,0 dB(A) hat der Gutachter damit begründet, dass nach einer mittlerweile vorliegenden Dreifachvermessung einer baugleichen Anlage im Volllastbetrieb eine nur geringe Serienstreuung anzunehmen sei. Diesen plausiblen Darlegungen, die auch durch eine auszugsweise Vorlage des Messberichts untermauert worden sind, ist der Antragsteller nicht entgegengetreten.
12Die gegen die Ermittlung der Vorbelastung erhobenen Einwände greifen nicht durch. Die Rüge, die WKA 2 (Anlagentyp VESTAS V52-850 kW) sei zu Unrecht unter Verzicht auf einen Sicherheitszuschlag im Sinne des „oberen Vertrauensbereichs“ nur mit dem nach der Genehmigung zulässigen Schallpegel von 104 dB(A) in die Vorbelastung einberechnet worden, stellt die Schallimmissionsprognose gemäß den ergänzenden Berechnungen der s. GmbH & Co KG nicht ernsthaft in Frage. Der Antragsteller geht selbst davon aus, dass nach der Baugenehmigung der genannten Anlage ein Schallleistungspegel von 104 dB(A) nicht überschritten werden darf. Dieser Emissionswert liegt dem Nachtrags-Schallgutachten des Planungsbüros T1. vom 30. Mai 2001 zugrunde, das Bestandteil der Nachtrags-Baugenehmigung vom 12. Juni 2001 geworden ist.
13Es entspricht der Rechtsprechung, die Vorbelastung nur mit den Auswirkungen ihres rechtmäßigen Betriebs - also den in ihrer Genehmigung gegebenenfalls festgelegten Schallleistungspegeln - in die Ermittlung der Gesamtbelastung einzustellen. Wird der in der Genehmigung festgelegte Schallleistungspegel tatsächlich überschritten, weil sich z.B. eine nicht eingerechnete Serienstreuung realisiert, geht dies nicht zu Lasten eines nachfolgenden Antragstellers. Derartigen Überschreitungen ist vielmehr im Rahmen von Überwachungsmaßnahmen bzw. nachträglichen Anordnungen zu begegnen.
14Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 27. August 2009 ‑ 8 B 797/09 -, Beschlussabdruck S. 7, und vom 17. Mai 2002 - 7 B 665/02 -, NVwZ 2002, 1133, juris, Rn. 9; OVG Nds., Beschluss vom 16. Juli 2012 ‑ 12 LA 105/11 -, ZNER 2012, 441, juris, Rn. 14; Agatz, Windenergie-Handbuch, 9. Ausgabe 2012, S. 42 f.
15Soweit danach bei der Bestimmung der Vorbelastung durch bereits vorhandene Windkraftanlagen auf die Addition eines Sicherheitszuschlags verzichtet werden kann, betrifft dies allerdings nur die emissionsseitigen Unsicherheiten des sogenannten „oberen Vertrauensbereichs“, also die Messunsicherheit sowie die Serienstreuung. Eine Immissionsprognose, die „auf der sicheren Seite liegt“, hat darüber hinaus die Unsicherheit des Prognosemodells zu berücksichtigen, worauf die Beschwerde zu Recht hinweist. Dafür ist nach der DIN ISO 9613-2 allein regelmäßig ein Sicherheitszuschlag von 1,9 dB zu veranschlagen (σProgn 1,5 dB x 1,28 = 1,9 dB). Die dort angegebene Standardabweichung des Prognosemodells von 1,5 dB ist mit einem Faktor von 1,28 zu multiplizieren, weil der nach der TA Lärm ermittelte Beurteilungspegel den Richtwert unter Berücksichtigung der Unsicherheiten mit einer Wahrscheinlichkeit von 90% einhalten muss.
16Vgl. Erlass für die Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen und Hinweise für die Zielsetzung und Anwendung (Windenergie-Erlass) vom 11. Juli 2011, MBl. NRW. 2011, S. 321, Nr. 5.2.1.1; Agatz, Windenergie-Handbuch, 9. Ausgabe 2012, S. 46; Uppenkamp und Partner, Schalltechnischer Bericht der erweiterten Hauptuntersuchung zur messtechnischen Ermittlung der Ausbreitungsbedingungen für die Geräusche von hohen Windenergieanlagen zur Nachtzeit und Vergleich der Messergebnisse mit Ausbreitungsrechnungen nach DIN ISO 9613-2 vom 11. November 2014, S. 7, 11 und 41.
17Ein Verzicht auf eine Beaufschlagung - sei es des Schallleistungspegels der jeweiligen Vorbelastungsanlage, sei es des errechneten Immissionswerts - mit dem in der DIN ISO 9613-2 angegebenen Sicherheitszuschlag für die Unsicherheit des Prognosemodells kann mit den obigen Überlegungen daher nicht ohne weiteres gerechtfertigt werden.
18Im Streitfall spricht jedoch bei der hier nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung viel für die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass der im Baugenehmigungsverfahren der WKA 2 zugrunde gelegte, vom ehemaligen Staatlichen Umweltamt Duisburg vorgegebene Schallleistungspegel von 104 dB(A) bereits einen Sicherheitszuschlag enthalten hat, der die Unsicherheit des Prognosemodells mit abdeckt. So lag bei Erstellung des Schallgutachtens (1. Nachtrag) vom 30. Mai 2001, dem die Vorgabe eines zugrunde zu legenden Schallleistungspegels von 104 dB(A) durch das Staatliche Umweltamt Duisburg vorausgegangen war, für den Anlagetyp Vestas V52-850 kW, Nabenhöhe 43,9 m, bereits ein Messbericht vom 27. November 2000 vor, anhand dessen ein maximaler Schallleistungspegel auch für die hier relevante Nabenhöhe von 74 m bestimmt werden konnte. Dieser war gemäß Schreiben der Windtest L. -X. -L1. GmbH vom 10. Januar 2001 mit 101,5 dB(A) errechnet worden (vgl. Anlage zum Schallgutachten des Planungsbüros T1. vom 22. November 2001 sowie S. 23 des Schallgutachtens). Es liegt nahe, dass diese in der Baugenehmigungsakte zur WKA 1 (Enercon E 40/6.44) befindlichen Unterlagen auch dem Staatlichen Umweltamt Duisburg bekannt waren, als es im Baugenehmigungsverfahren der WKA 2 verlangte, der dortigen Schallimmissionsprognose einen Schallleistungspegel von 104 dB(A) zugrunde zu legen. Das Schreiben vom 22. Mai 2001 an das Bauordnungsamt des Kreises X1. , mit dem das Staatliche Umweltamt forderte, im Gutachten nicht von einem Schallpegel von 101,5 dB(A), sondern von einem „Emissionsgesamtpegel von 104,0 dB(A)“ auszugehen, erklärt sich dann gerade durch die Beaufschlagung mit einem - alle Unsicherheiten abdeckenden - Sicherheitszuschlag.
19Dass das Planungsbüro T1. im Schallgutachten (1. Nachtrag) vom 30. Mai 2001 betreffend die WKA 2 gleichwohl die prognostizierten Beurteilungspegel, die sich nach Hinzurechnung der Vorbelastung durch die WKA 1 insgesamt ergaben, nochmals durch eine „obere Vertrauensbereichsgrenze“ von 3,2 dB(A) beaufschlagt hat, steht dieser Sichtweise nicht entgegen. Es belegt nur, dass die Schallgutachter in dem damaligen Genehmigungsverfahren letztlich doppelte und damit überhöhte Sicherheiten zugrunde gelegt haben. Davon dürfte im Übrigen auch bereits die Baugenehmigungsbehörde ausgegangen sein, da sie die Windkraftanlage genehmigt hat, obwohl sich nach der Schallimmissionsprognose unter Berücksichtigung der erwähnten (überobligatorischen) „oberen Vertrauensbereichsgrenze“ am Wohnhaus des Antragstellers („Immissionsort E. “) ein Wert von 47,0 dB(A) ergeben hätte.
20Ein hinreichender „Puffer“ für die Unsicherheiten des Prognosemodells bleibt schließlich selbst dann, wenn mit dem Verwaltungsgericht auf die spätere Vermessung der Windkraftanlage vom 17. Juni 2004 abgestellt wird (vgl. S. 22, Baugenehmigungsakte des Kreises X1. betreffend die WKA 2, Beiakte 6). Danach verursacht die Anlage einen maximalen Lärmpegel von 102,1 dB(A).
21Die Notwendigkeit eines weiteren Sicherheitszuschlags ergibt sich auch nicht aus der Vermutung des Antragstellers, die Windkraftanlage sei im Laufe der letzten zehn Jahre aufgrund von Abnutzungserscheinungen lauter geworden. Ausgehend von den dargelegten Grundsätzen ist für Alterungsprozesse an bestehenden Windkraftanlagen kein Zuschlag vorzunehmen, da eine hierdurch bedingte Überschreitung des festgelegten Schallleistungspegels nicht genehmigungskonform wäre.
22Die Beschwerdebegründung zeigt nicht auf, dass die beiden weiteren vorhandenen Windkraftanlagen (Enercon E 40/6.44 - WKA 1 - und Enercon E 58 - WKA 3 -), deren durchschnittliche Schallleistungspegel inzwischen jeweils durch Dreifachvermessungen baugleicher Anlagen ermittelt worden sind, jeweils mit einem Sicherheitszuschlag von mehr als 2 dB(A) beaufschlagt werden müssten. Aus den von der Beigeladenen vorgelegten ergänzenden Berechnungen der Firma s. ergibt sich, dass der am Wohnhaus des Antragstellers ermittelte Beurteilungspegel weniger als 46 dB(A) beträgt, wenn von den - jeweils dreifach - gemessenen Durchschnitts-Schallwerten der beiden Vorbelastungs-Anlagen ausgegangen wird und diese jeweils mit einem Sicherheitszuschlag von 2 dB(A) beaufschlagt werden. Dem pauschalen Einwand des Antragstellers, üblicherweise sei von einem Zuschlag im Sinne des oberen Vertrauensbereichs von 2,5 dB(A) auszugehen, ist die Firma s. mit einer detaillierten Berechnung und Erläuterung des bei den hier in Rede stehenden, bereits dreifach vermessenen Windkraftanlagen erforderlichen „oberen Vertrauensbereichs“ entgegengetreten. Aus dieser ergibt sich, dass angesichts der geringen Serienstreuung, die die Vermessungen der beiden Anlagen ergeben haben, den Unsicherheiten der Messung, Serienstreuung und Prognose mit einem Sicherheitszuschlag von rund 2 dB(A) insgesamt Rechnung getragen ist.
232. Auch die Rüge, nach aktuellen Erkenntnissen liefere eine Berechnung der Schalllimmissionen nach der DIN ISO 9613-2, wie sie hier erfolgt sei, bei hohen Windenergieanlagen keine zufrieden stellenden Ergebnisse, verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg.
24Der Antragsteller beruft sich damit auf die oben zitierte, vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV NRW) in Auftrag gegebene Untersuchung zur messtechnischen Ermittlung der Ausbreitungsbedingungen für die Geräusche von hohen Windenergieanlagen zur Nachtzeit und Vergleich der Messergebnisse mit Ausbreitungsrechnungen nach DIN ISO 9613-2 (Firma Uppenkamp und Partner, Schalltechnischer Bericht der erweiterten Hauptuntersuchung) vom 11. November 2014. Dieser Bericht kommt zwar zu dem Ergebnis, dass das - auch hier angewandte - sogenannte alternative Verfahren nach DIN ISO 9613‑2 bei der Beurteilung der Geräusche von hohen Windenergieanlagen infolge einer Überschätzung der Bodendämpfung zu Abweichungen von den im Rahmen des Forschungsvorhabens gemessenen Werten führt. Die Berechnung nach dem alternativen Verfahren funktioniere aber zumindest im Nahbereich bis 500 m sowohl im Mitwind- als auch im Gegenwindbereich gut; die Messdaten auf der einen Seite und die Ergebnisse der Ausbreitungsrechnungen auf der anderen Seite drifteten erst mit zunehmendem Abstand auseinander. Im Nahbereich decke der aktuell anzusetzende Sicherheitszuschlag von 1,9 dB die Abweichungen ab.
25Bei summarischer Prüfung ist nicht zu erkennen, dass sich der in der Untersuchung zutage getretene Mangel des bisher praktizierten Berechnungsverfahrens am Wohnhaus des Antragstellers entscheidungserheblich ausgewirkt hat. Die teilweise fehlerhaften Ergebnisse der Ausbreitungsrechnungen nach dem alternativen Verfahren sind ausweislich der Untersuchung im Wesentlichen auf eine Überschätzung des Bodendämpfungswertes (Agr) zurückzuführen, die sich vor allem bei weiter entfernten Anlagen auswirkt. Danach liegt eine Prognose nach dem alternativen Berechnungsverfahren jedenfalls dann auf der sicheren Seite, wenn eine - den Beurteilungspegel senkende - Bodendämpfung in der Berechnung ganz unberücksichtigt bleibt, mithin mit Agr = 0 veranschlagt wird. Hiervon ausgehend hat die s. GmbH & Co KG auf Veranlassung der Beigeladenen die Berechnung der Gesamtbelastung alternativ auch in der Weise vorgenommen, dass hinsichtlich der beiden mehr als 500 m vom Wohnhaus des Antragstellers entfernten Windkraftanlagen WKA 1 und 3 keine Bodendämpfung berücksichtigt worden ist. Sie hat mitgeteilt, dass sich auch danach am maximal belasteten Immissionspunkt I.---weg (IP 06) kein Beurteilungspegel von mehr als 46 dB(A) ergebe. Auch wenn diese Berechnung nicht im Detail vorgelegt wurde, genügt diese Angabe jedenfalls im Rahmen der hier nur erforderlichen summarischen Prüfung für die Annahme, dass der Immissionsrichtwert von 45 dB(A) dauerhaft um nicht mehr als 1 dB(A) überschritten wird. Weitere Änderungen der Berechnung waren nicht erforderlich, weil der Bodendämpfungswert für die streitbefangene Windkraftanlage ohnehin bei 0,0 lag und die WKA 2 nur einen Bodendämpfungswert von 0,72 aufweist, der angesichts der geringen Entfernung von 356 m zum Immissionspunkt IP 06 nach den Ergebnissen der Uppenkamp-Untersuchung von dem berücksichtigten Sicherheitszuschlag (s.o.) abgedeckt ist.
26Vor diesem Hintergrund bedarf - zumal im gerichtlichen Eilverfahren - keiner Klärung, ob die Bindungswirkung der TA Lärm bzw. der von ihr in Bezug genommenen DIN ISO 9613-2 für die Ermittlung von Schallimmissionen bei Windkraftanlagen entfallen ist, weil die in ihr enthaltene sachverständige Aussage durch neue Erkenntnisse in Wissenschaft und Technik überholt wäre.
27Vgl. VG Minden, Urteil vom 11. März 2015 - 11 K 3061/13 -, juris, Rn. 95 ff.; siehe auch VG Aachen, Beschluss vom 23. März 2015 - 6 L 76/15 -, juris, Rn. 72 (nicht rechtskräftig).
28II. Ohne Erfolg rügt der Antragsteller, von der im Abstand von nur 343 m zu dem von ihm bewohnten Hausgrundstück genehmigten Windkraftanlage gehe eine optisch bedrängende Wirkung aus. Das Verwaltungsgericht hat die Frage einer optischen Bedrängung nicht näher behandelt, weil es der Auffassung war, dass sich der Antragsteller als Mieter dieses Hausgrundstücks auf eine optisch erdrückende Wirkung nicht berufen könne. Der Schutz vor einer optisch bedrängenden Wirkung sei nicht dem Immissionsschutzrecht zuzuordnen, welches jedwede Person schütze, die eine persönliche oder sachliche Bindung im Einwirkungsbereich der emittierenden Anlage aufweise. Er werde vielmehr aus dem bauplanungsrechtlichen Gebot der Rücksichtnahme hergeleitet, welches nur zugunsten des dinglich Berechtigten - namentlich des Grundstückseigentümers - Drittschutz entfalte.
29Der Senat kann offen lassen, ob der dagegen erhobene Einwand der Beschwerde durchgreift, die optische Bedrängung durch eine Windkraftanlage falle wenn nicht schon unter den Begriff der schädlichen Umwelteinwirkung, so doch zumindest unter die zweite Alternative des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG (sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen). Auch wenn man dies zugunsten der Beschwerde unterstellt und mithin davon ausgeht, dass sich auch der Antragsteller als Mieter auf eine derartige optische Bedrängung berufen kann, liegt eine solche jedenfalls nicht vor.
301. Nach der Rechtsprechung des Senats erfordert die Prüfung, ob von einer Windenergieanlage eine optisch bedrängende Wirkung ausgeht, stets eine Würdigung aller Einzelfallumstände. Das Ergebnis dieser Einzelfallprüfung lässt sich dabei anhand folgender Anhaltswerte grob prognostizieren.
31Beträgt der Abstand zwischen einem Wohnhaus und einer Windkraftanlage mindestens das Dreifache der Gesamthöhe (Nabenhöhe + ½ Rotordurchmesser) der geplanten Anlage, dürfte die Einzelfallprüfung überwiegend zu dem Ergebnis kommen, dass von dieser Anlage keine optisch bedrängende Wirkung zu Lasten der Wohnnutzung ausgeht. Bei einem solchen Abstand treten die Baukörperwirkung und die Rotorbewegung der Anlage so weit in den Hintergrund, dass ihr in der Regel keine beherrschende Dominanz und keine optisch bedrängende Wirkung gegenüber der Wohnbebauung zukommt.
32Ist der Abstand geringer als das Zweifache der Gesamthöhe der Anlage, dürfte die Einzelfallprüfung überwiegend zu einer dominanten und optisch bedrängenden Wirkung der Anlage gelangen. Ein Wohnhaus wird bei einem solchen Abstand in der Regel optisch von der Anlage überlagert und vereinnahmt. Auch tritt die Anlage in einem solchen Fall durch den verkürzten Abstand und den damit vergrößerten Betrachtungswinkel derart unausweichlich in das Sichtfeld, dass die Wohnnutzung überwiegend in unzumutbarer Weise beeinträchtigt wird.
33Beträgt der Abstand zwischen dem Wohnhaus und der Windkraftanlage - wie hier - das Zwei- bis Dreifache der Gesamthöhe der Anlage, bedarf es regelmäßig einer besonders intensiven Prüfung des Einzelfalls.
34Vgl. OVG NRW, Urteil vom 9. August 2006 - 8 A 3726/05 -, BauR 2007, 74 = juris Rn. 65 ff., bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 11. Dezember 2006 ‑ 4 B 72.06 -, RdL 2007, 63 = juris; OVG NRW, Beschlüsse vom 22. März 2007 - 8 B 2283/06 -, BauR 2007, 1014, juris, Rn. 5 ff., vom 24. Juni 2010 - 8 A 2764/09 -, BauR 2011, 252, juris, Rn. 41 ff. und vom 9. Oktober 2013 - 8 A 876/13 -, n.v., S. 3 ff. des Entscheidungsabdrucks; vgl. auch Bay. VGH, Urteil vom 29. Mai 2009 ‑ 22 B 08.1785 -, ZUR 2009, 497, juris, Rn. 16 ff. und Beschluss vom 30. April 2014 - 22 ZB 14.680 -, juris, Rn. 20; Hess. VGH, Beschluss vom 26. September 2013 - 9 B 1674/13 -, BImSchG-Rspr § 5 Nr 131= juris, Rn. 11 ff.
352. Dies zugrundegelegt ist im vorliegenden Fall auch unter Berücksichtigung des erstinstanzlichen Vorbringens des Antragstellers nicht von einer optisch bedrängenden Wirkung der geplanten Windenergieanlage zu seinen Lasten auszugehen.
36Der Antragsgegner hat zunächst zu Recht eine besonders eingehende Einzelfallprüfung durchgeführt. Die Anlage weist eine Nabenhöhe von 108,40 m, einen Rotordurchmesser von 82,00 m und damit eine Gesamtbauhöhe von 149,40 m auf. Der Standort der streitbefangenen Windenergieanlage liegt etwa 343 m von dem vom Antragsteller bewohnten Haus entfernt. Der Abstand zum Wohnhaus beträgt damit in etwa das 2,3-fache der Gesamthöhe der Anlage.
37Im Rahmen der Einzelfallwürdigung sind insbesondere die Kriterien Höhe und Standort der Windenergieanlage, Größe des Rotordurchmessers, Blickwinkel, Hauptwindrichtung, (Außenbereichs-)Lage des Grundstücks, Lage der Aufenthaltsräume und deren Fenster im Verhältnis zur Anlage sowie Bestehen von Ausweichmöglichkeiten von Bedeutung. Ferner ist zu berücksichtigen, ob auf dem Grundstück eine hinreichende optische Abschirmung zur Windenergieanlage besteht oder in zumutbarer Weise hergestellt werden kann.
38Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 17. Januar 2007 ‑ 8 A 2042/06 -, juris, Rn. 13, vom 23. Juni 2010 ‑ 8 A 340/09 -, ZNER 2010, 514, juris, Rn. 55 und vom 22. Dezember 2011 - 8 B 669/11 -, juris, Rn. 30.
39Dabei kann auch eine Vorbelastung zu Lasten des Antragstellers ins Gewicht fallen. Nach der Senatsrechtsprechung können schon vorhandene Windkraftanlagen Einfluss auf das Maß der optischen Beeinträchtigung haben. Denn einer Einzelanlage kann in diesem Zusammenhang je nach der Situation im Einzelfall ein stärkeres Gewicht zukommen als einer Anlage, die sich in eine schon vorhandene (optische) Vorbelastung einfügt und deshalb keine besondere zusätzliche Belastung für die Wohnnutzung darstellt. Je nach Fallkonstellation kann aber auch erst die hinzutretende oder ersetzende Anlage in der Zusammenschau mit den bereits vorhandenen Anlagen oder für sich genommen zu einer unzumutbaren optischen Bedrängung führen.
40Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. Mai 2011 - 8 A 372/09 -, juris, Rn. 54 m. w. N.
41Ob die drei weiteren, vorhandenen Windkraftanlagen das Maß an Rücksichtnahme, das der Antragsteller beanspruchen kann, vermindern, kann im vorliegenden Fall offen bleiben.
42Die Annahme des Antragsgegners, dass es auch im Hinblick auf die am stärksten betroffenen Räumlichkeiten an der Ostseite des im Außenbereich gelegenen Hauses an einer optisch bedrängenden Wirkung fehle, ist unabhängig davon nicht zu beanstanden. Soweit die überarbeitete und ergänzte Sichtbeziehungsstudie der Firma s. vom 5. Februar 2014 in Verbindung mit der Kurzfassung einer Sichtbeziehungsuntersuchung vom 25. Juni 2013 über das Ausmaß der optischen Beeinträchtigung durch die Anlage noch kein hinreichendes Bild vermitteln, lässt sich dieses jedenfalls aus den nach Errichtung der Anlage vom Verwaltungsgericht beim Ortstermin gefertigten Lichtbildern gewinnen. Danach wirkt sich die neue Anlage aufgrund der optischen Abschirmung durch bereits vorhandenen Baumbewuchs trotz ihrer Größe und Lage nicht derart dominant aus, dass von einer optisch bedrängenden Wirkung die Rede sein kann. Das gilt umso mehr, als die Beigeladene nach Nr. 2.9 des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheids vom 4. April 2014 verpflichtet ist, zur Vermeidung einer unmittelbaren Einsichtnahme auf die Windkraftanlage in einem Abstand von ca. 10 m vom Wintergarten der Liegenschaft I.---weg entfernt in östlicher Richtung eine zweireihige, immergrüne Hecke in ausreichender Höhe (ca. 4-5 m) anzulegen. Die Zweifel des Antragstellers an der Berechtigung der Beigeladenen zur Erfüllung dieser Verpflichtung sind mit der zwischenzeitlich durchgeführten Pflanzung entsprechend hoher Nadelbäume an der bezeichneten Stelle hinfällig geworden. Die Beigeladene hat darüber hinaus bestätigt, die Pflanzung sei auf der Grundlage einer Vereinbarung mit dem Eigentümer des Anwesens I.---weg auf dessen Grundeigentum erfolgt.
43Eine optisch bedrängende Wirkung liegt im Übrigen nicht bereits dann vor, wenn die Windenergieanlage von Teilen des Hauses aus überhaupt wahrnehmbar ist. Das baurechtliche Gebot der Rücksichtnahme vermittelt dem Nachbarn keinen Anspruch auf eine von technischen Bauwerken freie Sicht.
44Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 17. Januar 2007 ‑ 8 A 2042/06 - ZNER 2007, 79, juris, Rn. 18, vom 23. Juni 2010 - 8 A 340/09 -, ZNER 2010, 514, juris, Rn. 62, vom 22. Dezember 2011 - 8 B 669/11 -, juris, Rn. 33 und vom 19. September 2012 - 8 A 339/12 -, juris, Rn. 31.
45Nichts anderes würde im Rahmen von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG gelten.
46Die Anlage liegt zwar im Wesentlichen frontal zur östlichen (genauer: ost-nordöstlichen) Traufseite des Wohnhauses. Auch dürfte der Rotor der Anlage im Hinblick auf die vorherrschende Windrichtung aus Südwesten aus der Richtung des Wohnhauses häufig in vollem Umfang zu sehen sein. Im Erdgeschoss verhindern jedoch die architektonische Gestaltung sowie der vorhandene Baumbewuchs eine unzumutbare Beeinträchtigung der zur Windkraftanlage ausgerichteten Räumlichkeiten.
47Der Wintergarten weist nur zum Teil Klarglasscheiben auf, durch die überhaupt eine deutliche Sicht nach draußen möglich ist. Die Vermutung des Antragstellers, der sich drehende Rotor wirke durch die getrübten Scheiben möglicherweise noch bedrohlicher, erscheint wenig plausibel. Inwieweit man ihn seit Errichtung der Sichtschutzhecke vom Wintergarten aus überhaupt noch erkennen kann, muss nicht im Einzelnen geklärt werden. Durch die vier kleinen, klarverglasten Fenster an der Sitzecke war die Windkraftanlage schon zuvor bis auf einen - durch Baumzweige teilweise verdeckten - Teil der Nabe, der durch das links oben befindliche Fenster erscheint, kaum zu sehen. Blickt man aus dem großen Doppelfenster am nordöstlichen Ende des Wintergartens auf die Anlage, wird diese je nach genauer Position des Betrachters überwiegend oder jedenfalls zum Teil durch den Stamm bzw. durch die Krone des krumm gewachsenen Baumes vor dem Fenster verdeckt, der den Blick zudem ‑ selbst in unbelaubtem Zustand - von der Windkraftanlage ablenkt. Nicht fotografisch dokumentiert ist der Blick von der im anderen Teil des Raumes an den vier kleinen Fenstern befindlichen Sitzgruppe durch das große Doppelfenster. Die vorhandenen Fotos sprechen aber dafür, dass die Windkraftanlage durch die nahe Bepflanzung hinter der Hecke des Hauses auch insoweit teilweise verdeckt sein bzw. optisch „abgerückt“ wird. Hinzu kommt nunmehr die von der Beigeladenen errichtete Sichtschutzhecke.
48Das Wohnzimmer weist zwei Fenster auf, von denen eines - das auf der Südseite gelegene - von vornherein keinen Blick auf die streitbefangene Windkraftanlage ermöglicht. Das nach Osten (bzw. genauer: Ost-Nordost) gerichtete Doppelfenster ist zwar zur Anlage hin gerichtet. Durch den linken Teil dieses Fensters ist die Windkraftanlage aber ebenfalls nicht zu sehen, weil der Wintergartenanbau den Blick auf die Anlage verdeckt. Im Übrigen - d. h. auch bei der rechten Seite des Fensters - verhindert die von dem Antragsteller selbst gewählte und in Erdgeschosszimmern weithin übliche lichtdurchlässige Gardine sehr weitgehend, dass die Anlage wahrgenommen werden kann. Nur von einer speziellen Sitzposition direkt an der Fensterbank des rechten Fensterflügels war die Windkraftanlage - jedenfalls vor Errichtung der Sichtschutzhecke - unter der Gardine zu sehen. Die optisch beeinträchtigende Wirkung der Anlage auf das Wohn- und Esszimmer ist daher nach den vorstehenden Ausführungen begrenzt.
49Auch unter Berücksichtigung der drei östlich ausgerichteten, schrägen Fenster im Dachgeschoss des Hauses (Flur, Bad und Küche) liegt noch keine optisch bedrängende Wirkung vor. Der gesamte Rotor war durch diese Fenster - schon vor Errichtung der Sichtschutzhecke - im Wesentlichen nur von fensternahen Standpunkten aus zu sehen. Soweit dies der Fall war, wurde aber der untere Teil der Nabe bereits durch den vorhandenen Baumbewuchs teilweise verdeckt und die Anlage durch die - auf den Fotos teilweise unbelaubten - nahen Bäume jedenfalls optisch etwas in den Hintergrund gerückt. Bei belaubtem Zustand der Bäume - und erst recht unter Berücksichtigung der Sichtschutzhecke - wird dieser Effekt noch deutlicher ausfallen. Hinsichtlich dieser Räumlichkeiten bleibt es im Übrigen dem Antragsteller unbenommen, etwaige noch störende Sichtbeziehungen zu der Anlage durch helle und tageslichtdurchlässige Gardinen abzumildern, die die Fenster nur teilweise und nur soweit notwendig verdecken.
50Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 17. Januar 2007 ‑ 8 A 2042/06 - ZNER 2007, 79, juris, Rn. 18, vom 23. Juni 2010 - 8 A 340/09 -, ZNER 2010, 514, juris, Rn. 62, vom 22. Dezember 2011 - 8 B 669/11 -, juris, Rn. 33 und vom 19. September 2012 - 8 A 339/12 -, juris, Rn. 31.
51Dass das Haus an der Ostseite besonders schutzwürdige Außenflächen aufwiese, die wie etwa ein Terrassenbereich dem dauernden Aufenthalt der Bewohner dienten, ist vom Antragsteller weder geltend gemacht noch auf den Fotos ersichtlich. Bei der Zufahrt auf das Grundstück verstellen zudem mehrere hohe Nadelbäume die Sicht auf die Windkraftanlage fast vollständig; hinzu kommen nunmehr die Nadelgehölze der Sichtschutzhecke.
52Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2 und 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind aus Gründen der Billigkeit erstattungsfähig, weil sie sich mit der Antragstellung dem sich aus § 154 Abs. 3 VwGO ergebenden Kostenrisiko ausgesetzt hat.
53Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und orientiert sich am Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Der danach im Hauptsacheverfahren auf 15.000,- € festzusetzende Streitwert ist mit Blick auf die Vorläufigkeit des vorliegenden Verfahrens auf die Hälfte zu reduzieren.
54Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5 und 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Tenor
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 26. Mai 2006 – 1 F 18/05 – wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen als Gesamtschuldner.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,-- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
„Durch den Betrieb der Windenergieanlagen darf vor den Fenstern von schutzbedürftigen Räumen im 1. OG die nachstehenden Teilimmissionspegel an folgenden maßgeblichen Immissionsorten nicht überschritten werden
…
Ortsbereich Wahlen 37 dB(A)
Ortsbereich Rissenthal 37 dB(A)
…
Grundlage für die Ermittlung der Beurteilungspegel ist die TA-Lärm vom 20.8.1998, GMBl. S. 503.“
„Spätestens 6 Monate nach Inbetriebnahme der Windfarm ist durch Messungen einer nach §§ 26, 28 BImSchG bekannt gegebenen Messstelle der Nachweis zu führen, dass die o.a. Lärm-Immissions-Richtwerte bezogen auf die schalltechnisch ungünstigste Betriebsart (Windgeschwindigkeit 10 m/s in 10 m Höhe) an allen Aufpunkten eingehalten wird. Der Messbericht ist unmittelbar nach Erhalt der Genehmigungsbehörde unaufgefordert vorzulegen.“
„a) Bis zum Abschluss der Reparaturarbeiten an den Getrieben der WKA ist der Nachtbetrieb untersagt. Der Abschluss ist dem LUA anzuzeigen und durch Bestätigung der Reparaturfirma beziehungsweise der Herstellerfirma nachzuweisen.
b) Nach Abschluss der Reparaturarbeiten ist der Nachtbetrieb zu Messzwecken zulässig. Ein der Genehmigung entsprechender Nachtbetrieb ist erst nach Vorlage des Nachweises über die Einhaltung der Lärmpegel zulässig.“
II.
vgl. zum Beispiel Bader u.a., VwGO, 3. Auflage 2005, § 146 Rdnr. 36; Redeker/von Oertzen, VwGO, 14. Auflage 2004, § 146 Rdnr. 22; Meyer-Ladewig/Rudisile in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 146 Rdnr. 15; VGH Mannheim, Beschluss vom 8.11.2004 – 9 S 1536/04; im Übrigen auch BVerwG, Beschluss vom 12.11.2002 – 7 AV 4/02 – NVwZ 2003, 496 zu § 124 a Abs. 4 Satz 3 VwGO; anderer Ansicht unter Hinweis auf die Prozessökonomie Happ in Eyermann, VwGO, 12. Auflage 2006, § 146 Rdnr. 26; Kopp/Schenke, VwGO, 14. Auflage 2005, § 146 Rdnr. 32.
vgl. zum Beispiel OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 1.3.1995 – 2 W 63/04 -, vom 6.11.2002 – 2 U 9/02 -, und vom 22.8.2001 – 2 W 1/01 -
vgl. zum Beispiel BVerwG, Beschluss vom 23.4.1998, Baurecht 1998, 995,
vgl. Peter/Balla, UVPG, 3. Auflage 2006, § 3 c Rdnr. 4,
vgl. zum Beispiel OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 13.4.1993 – 2 W 5/93 – BRS 55 Nr. 189, und vom 31.7.2006 – 2 W 3/06 -.
BVerwG, Beschluss vom 6.3.1989 – 4 NB 8.89 – Baurecht 1989, 306.
vgl. zur Festlegung von Lärmwerten in einer Nebenbestimmung zu einer Baugenehmigung zum Beispiel BVerwG, Urteil vom 29.10.1998 – 4 C 9/97 – zitiert nach Juris,
vgl. Richtlinie für die Bekanntgabe sachverständiger Stellen im Bereich des Immissionsschutzes in der Fassung des LAI-Beschlusses der 106. Sitzung vom 30.9. bis 2.10.2003, Bl. 199 der Gerichtsakten.
vgl. zum Beispiel Bader u.a., VwGO, 3. Auflage 2005, § 80 Rdnr. 91 m.w.N.
vgl. zum Beispiel OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 30.7.1991 – 2 W 18/91 -, vom 4.5.1995 – 2 W 9/95 – und vom 12.9.2003 – 1 W 22/03 -.
vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 9. Auflage 1998, § 15 Rdnrn. 15.2, 18.3, 18.4, 19.1 und 19.3,
vgl. Fickert/Fieseler, a.a.O., § 15 Rdnrn. 15.1 und 19.3,
vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 9. Auflage 1998, § 15 Rdnr. 15 .
vgl. Anhang A zur TA-Lärm Nr. 3.3.5
(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt
- 1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können; - 2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen; - 3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften; - 4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.
(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.
(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung
- 1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können, - 2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und - 3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.
(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.
(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.
(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.
(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.
(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.
(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen, - 2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und - 3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.
(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.
(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.
(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.
(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.
(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.
(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.
(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:
- 1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit, - 2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte, - 3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen, - 4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie - 5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.
(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.
(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.
(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.
(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.
(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.
(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien
(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.
(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt
- 1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können; - 2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen; - 3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften; - 4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.
(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.
(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung
- 1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können, - 2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und - 3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.
(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Nutzungsänderung einer Fabrikhalle in ein Mehrfamilienhaus mit fünf Wohneinheiten.
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Der Kläger ist Eigentümer eines Grundstücks, auf dem er ein Holzbearbeitungsunternehmen betreibt. Auf dem angrenzenden Vorhabengrundstück des Beigeladenen steht eine nicht mehr genutzte Fabrikhalle, die mit dem Betriebsgebäude des Klägers baulich verbunden ist. Die Grundstücke liegen im Geltungsbereich eines Bebauungsplans der Beklagten, der ein allgemeines Wohngebiet ausweist und für die Grundstücke des Klägers und des Beigeladenen erweiterten "Bestandsschutz gemäß § 1 Abs. 10 BauNVO für bestehende Nutzung" festsetzt. Aus einem von der Beklagten im Planaufstellungsverfahren eingeholten Gutachten ergibt sich, dass die im Betrieb des Klägers vorhandenen Schallquellen an der nächstgelegenen Seite des Gebäudes des Beigeladenen Beurteilungspegel bis 70 dB(A) hervorrufen.
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Die Baugenehmigung erteilte die Beklagte "nach Maßgabe der beigefügten geprüften Bauvorlagen". In einer mit einem Grünstempel versehenen schalltechnischen Untersuchung eines Ingenieurbüros heißt es, zur Beurteilung der Geräuschimmissionen des Betriebs des Klägers würden in Abstimmung mit der Beklagten die Beurteilungspegel des im Planaufstellungsverfahren eingeholten Gutachtens herangezogen. In Abstimmung mit der Beklagten würden im Hinblick auf die ausschließlich an einer Seite des Gebäudes des Beigeladenen auftretende Überschreitung des Immissionsrichtwerts tags um 10 dB(A) keine aktiven Schallschutzmaßnahmen, sondern passive in Form von Schallschutzfenstern mit Belüftungseinrichtungen und einem Schalldämmmaß von mindestens 41 dB(A) für alle schutzbedürftigen Räume ausgearbeitet. Damit würden die Anhaltswerte für Innenschallpegel eingehalten. In einem ebenfalls grüngestempelten Schreiben des vom Beigeladenen beauftragten Planungsbüros an die Beklagte wird zur Ergänzung der Baubeschreibung ausgeführt, die Schallschutzmaßnahmen der schalltechnischen Untersuchung des Ingenieurbüros würden eingebaut und unterhalten.
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-
Das die Baugenehmigung aufhebende Urteil des Verwaltungsgerichts hat das Oberverwaltungsgericht auf die Berufungen der Beklagten und des Beigeladenen geändert und die Klage abgewiesen. Weder bei unterstellter Wirksamkeit des Bebauungsplans noch bei unterstellter Unwirksamkeit bestehe ein Aufhebungsanspruch des Klägers. Die genehmigte Wohnnutzung sei jedenfalls zulässig und verstoße nicht zum Nachteil des Klägers gegen das in § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO verankerte Gebot der Rücksichtnahme, das auch im Fall der Wirksamkeit des Bebauungsplans anwendbar sei, weil der Bebauungsplan den konkreten Immissionskonflikt nicht abschließend bewältige. Ob dem betroffenen Nachbarn Geräuschimmissionen zuzumuten seien, sei grundsätzlich anhand der TA Lärm zu bestimmen. Nach ihrer Nr. 6.1 sei am Wohnbauvorhaben des Beigeladenen an Immissionsorten außerhalb von Gebäuden grundsätzlich der hier allein maßgebliche Tag-Immissionsrichtwert von 55 dB(A) einzuhalten. Dieser Wert sei in Anwendung von Nr. 6.1 c und Nr. 6.7 der TA Lärm auf einen "Mittelwert" von tagsüber 60 dB(A) zu erhöhen, weil sich das Wohnbauvorhaben in einer faktischen Gemengelage befinde. Ein solcher Wert lasse sich zwar nicht vollumfänglich einhalten. Das Rücksichtnahmegebot ermögliche und gebiete aber zusätzliche Differenzierungen mit der Folge, dass die grobmaschigen baugebietsbezogenen Richtwerte je nach Lage des Einzelfalls durch situationsbezogene Zumutbarkeitskriterien zu ergänzen seien. So sei ein Wohnbauvorhaben auf einem durch gewerblichen Lärm erheblich vorbelasteten Grundstück rücksichtslos und daher unzulässig, wenn bei seiner Verwirklichung auf naheliegende, technisch mögliche und wirtschaftlich vertretbare Gestaltungsmittel oder bauliche Vorkehrungen verzichtet werde, welche eine erhebliche Lärmbetroffenheit der Wohnnutzung spürbar mindern würden. § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO begründe insoweit eine Obliegenheit des Bauherrn zu "architektonischer Selbsthilfe", verlange aber auch vom Betreiber des - bestands-geschützten - emittierenden Gewerbebetriebs, auf die für das Nachbargrundstück festgesetzte (heranrückende) Wohnbebauung Rücksicht zu nehmen. Welche Maßnahmen dem zur Rücksichtnahme auf seine Nachbarschaft verpflichteten Anlagenbetreiber zumutbar seien, bestimme sich nach den (dynamischen) Betreiberpflichten des § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG. Auch passiver Schallschutz könne ein zu berücksichtigender Baustein der "architektonischen Selbsthilfe" sein. Die im Gutachten des Ingenieurbüros vorgesehenen passiven Schallschutzmaßnahmen, die Bestandteil der Baugenehmigung geworden seien und ausweislich der Erklärung von Beklagter und Beigeladenem in der mündlichen Verhandlung für alle schutzbedürftigen Räume einschließlich Loggia gälten, sicherten, dass die Anhaltswerte für Innenschallpegel in Wohnräumen von tags 30 bis 35 dB(A) und in Schlafräumen von 25 bis 30 dB(A) (Mittelungspegel) von schutzbedürftigen Räumen nach VDI 2179 eingehalten werden könnten.
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-
Zur Begründung seiner vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision macht der Kläger geltend, die Vorinstanz gehe rechtsfehlerhaft davon aus, dass das Vorhaben trotz einer Überschreitung der (Außen-)Immissionsrichtwerte der Nr. 6.1 und Nr. 6.7 der TA Lärm aufgrund der festgesetzten passiven Schallschutzmaßnahmen zulässig sei. Passive Schallschutzmaßnahmen führten nicht zu einer Reduzierung des maßgeblichen Außen-Immissionsrichtwertes und seien nur in den gesetzlich ausdrücklich vorgesehenen Fällen zulässig. Ohnehin sei das Rücksichtnahmegebot bereits in der den Feststellungen des Bebauungsplans zugrundeliegenden Abwägung aufgegangen, weil auch für den Konflikt zwischen den streitbefangenen Grundstücken der für andere Grundstücke festgesetzte Immissionswert von 60 dB(A) gelte. Außerdem verstoße die streitgegenständliche Baugenehmigung gegen das Bestimmtheitsgebot. Schließlich habe das Oberverwaltungsgericht unter Verletzung der Aufklärungspflicht und des Anspruchs auf rechtliches Gehör den unter Beweis gestellten Sachvortrag, dass die Immissionsrichtwerte im Gebäudeinneren gemäß Nr. 6.2 der TA Lärm aufgrund der vorhandenen Gebäudeverbindung nicht eingehalten würden, zu Unrecht unbeachtet gelassen.
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Beklagte und Beigeladener verteidigen das angegriffene Urteil.
- 7
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Nach Ansicht der Beklagten zählen passive Schallschutzmaßnahmen zu den Mitteln der "architektonischen Selbsthilfe". Das ergebe sich auch aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Je nach den Umständen des Einzelfalls könne es - zumal wenn wie hier Außenwohnbereiche nicht betroffen seien - abwägungsfehlerfrei sein, eine Minderung der Immissionen durch eine Kombination von passivem Schallschutz, Stellung und Gestaltung von Gebäuden sowie Anordnung der Wohn- und Schlafräume zu erreichen.
- 8
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Der Beigeladene hält den Bebauungsplan für unwirksam, weil er keine Konfliktlösung in Bezug auf sein Grundstück biete. Deswegen sei sein Vorhaben an § 34 Abs. 1 BauGB zu messen. Es halte sich im vorgezeichneten Rahmen und verstoße auch nicht gegen das Rücksichtnahmegebot. Zum einen seien die Lärmgutachten von Betriebszuständen ausgegangen, die nicht dem Stand der Lärmminderungstechnik entsprächen und die, würden sie real ausgeführt, nach § 22 BImSchG untersagt werden könnten. Zum anderen seien die von ihm angebotenen und damit zum Bestandteil der Baugenehmigung gewordenen Maßnahmen der architektonischen Selbsthilfe prinzipiell geeignet, im Rahmen einer Bewertung anhand des Gebotes der Rücksichtnahme Berücksichtigung zu finden. So würden die unmittelbar dem Grundstück des Klägers zugewandten Aufenthaltsräume während der Betriebszeiten ständig geschlossen gehalten und Fenster mit einem Schalldämmmaß ausgestattet, das die Einhaltung der Nr. 6.2 TA Lärm (Innenraumschutz) sicherstelle. Die Außenwohnbereiche befänden sich im Lärmschatten des Gebäudes.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist begründet. Das Berufungsurteil verstößt gegen Bundesrecht.
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1. Die Verfahrensrügen des Klägers greifen allerdings nicht durch. Sie genügen nicht den Darlegungsanforderungen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO.
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a) Mit seiner Aufklärungsrüge (§ 86 Abs. 1 VwGO) macht der Kläger geltend, das Gericht hätte die Beschaffenheit des Verbindungstunnels zwischen den Gebäuden des Klägers und des Beigeladenen weiter aufklären müssen. Da er hierzu in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht keinen Beweisantrag gestellt hat, hätte er mit der Revision darlegen müssen, aus welchen Gründen sich der Vorinstanz die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen (vgl. hierzu etwa Urteil vom 11. Juli 2002 - BVerwG 4 C 9.00 - Buchholz 451.17 § 12 EnergG Nr. 1 S. 12 f.). Das ist nicht geschehen. Aufgrund des - auch auf Nachfrage der Vorinstanz - lediglich allgemein gehaltenen und nicht gebäudebezogenen privatgutachterlichen Vorbringens des Klägers und der Feststellungen des Berichterstatters im Rahmen der Ortsbesichtigung ist für den Senat auch nicht erkennbar, dass sich solche Aufklärungsmaßnahmen aufgedrängt hätten.
- 12
-
b) Die Rüge einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör kann nicht erheben, wer sich rechtliches Gehör durch entsprechende Beweis- oder Vertagungsanträge in der mündlichen Verhandlung hätte verschaffen können (Beschluss vom 4. August 2008 - BVerwG 1 B 3.08 - Buchholz 310 § 138 Ziff. 3 VwGO Nr. 70 Rn. 9 m.w.N.). Es ist weder dargelegt noch erkennbar, warum der Kläger dies im Hinblick auf die nach seiner Ansicht zeitlich und inhaltlich unzumutbare Aufforderung des Oberverwaltungsgerichts zur Substantiierung seines Vorbringens zum Verbindungstunnel nicht getan hat.
- 13
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2. Dass das Oberverwaltungsgericht die Bestimmtheit der angegriffenen Baugenehmigung auf der Grundlage seiner Auslegung dieses Verwaltungsakts bejaht hat, lässt ebenfalls keinen Verstoß gegen Bundesrecht erkennen. Mit seiner Rüge eines Verstoßes gegen den Bestimmtheitsgrundsatz setzt der Kläger dieser Auslegung lediglich eine eigene Auslegung der Baugenehmigung gegenüber, aus der er ihre unzureichende Bestimmtheit ableitet. Die Auslegung eines Verwaltungsakts ist jedoch Sache des Tatsachengerichts und jedenfalls dann, wenn dieses sich - wie hier - dazu verhalten hat (Beschluss vom 6. April 2004 - BVerwG 4 B 2.04 - juris Rn. 8) und die Auslegung keinen Rechtsirrtum oder einen Verstoß gegen allgemeine Erfahrungssätze, Denkgesetze oder Auslegungsregeln erkennen lässt (Urteil vom 10. Oktober 2012 - BVerwG 6 C 36.11 - juris Rn. 26), der revisionsgerichtlichen Prüfung entzogen. Die Anforderungen des - revisiblen - Bestimmtheitsgebots (dazu etwa Urteil vom 2. Juli 2008 - BVerwG 7 C 38.07 - BVerwGE 131, 259 Rn. 11) hat das Oberverwaltungsgericht nicht verkannt. Soweit es dabei die Einbeziehung von grüngestempelten und damit eindeutig von der Behörde gekennzeichneten Antragsunterlagen des Beigeladenen sowie in der mündlichen Verhandlung abgegebenen und somit dem Kläger bekannten Erklärungen der Beklagten und des Beigeladenen als zulässig angesehen hat, ist dies bundesrechtlich nicht zu beanstanden.
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3. Das Oberverwaltungsgericht durfte jedoch das Rücksichtnahmegebot des § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO nicht deswegen als gewahrt ansehen, weil der Beigeladene im Wege der architektonischen Selbsthilfe passive Schallschutzmaßnahmen für die ihm genehmigte Wohnnutzung vorgesehen hat.
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a) Zu Recht ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass das Rücksichtnahmegebot im vorliegenden Fall unabhängig von der Wirksamkeit des Bebauungsplans Anwendung findet. Der Einwand des Klägers, das Rücksichtnahmegebot sei im Falle der Wirksamkeit des Bebauungsplans bereits aufgrund der den Feststellungen des Bebauungsplans zugrundeliegenden Abwägung des Ortsgesetzgebers "aufgezehrt" (vgl. hierzu Beschluss vom 11. Juli 1983 - BVerwG 4 B 123.81 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 54), greift nicht durch. Auch insoweit stellt der Kläger der bindenden und irrevisiblen Auslegung durch das Oberverwaltungsgericht (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO) lediglich seine eigene Auslegung gegenüber.
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b) Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 23. September 1999 - BVerwG 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 <318 f.> und vom 18. Mai 1995 - BVerwG 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235 <243>) stellt sich § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO als eine besondere Ausprägung des Rücksichtnahmegebots und als eine zulässige Bestimmung des Eigentumsinhalts (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) dar. Diese Vorschrift soll ebenso wie die übrigen Tatbestandsalternativen des § 15 Abs. 1 BauNVO gewährleisten, Nutzungen, die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, einander so zuzuordnen, dass Konflikte möglichst vermieden werden. Welche Anforderungen sich hieraus im Einzelnen ergeben, hängt maßgeblich davon ab, was dem Rücksichtnahmebegünstigten einerseits und dem Rücksichtnahmeverpflichteten andererseits nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Ist die Grundstücksnutzung aufgrund der konkreten örtlichen Gegebenheiten mit einer spezifischen gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet, so führt dies nicht nur zu einer Pflichtigkeit desjenigen, der Immissionen verursacht, sondern auch zu einer Duldungspflicht desjenigen, der sich solchen Immissionen aussetzt. Von diesen Grundsätzen ist das Oberverwaltungsgericht in seiner Entscheidung zutreffend ausgegangen.
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c) Ebenfalls zutreffend hat das Oberverwaltungsgericht als Maßstab für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Störung die TA Lärm herangezogen. Obwohl aber nach seinen bindenden Feststellungen das genehmigte Wohnbauvorhaben gemessen an den Immissionsrichtwerten der Nr. 6.1 einschließlich Zwischenwertbildung nach Nr. 6.7 der TA Lärm an Immissionsorten außerhalb von Gebäuden unzumutbaren Geräuschimmissionen ausgesetzt ist, hat das Oberverwaltungsgericht eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots verneint, weil es angesichts der Vorbelastung des Vorhabengrundstücks durch gewerblichen Lärm noch Raum lasse, den gebotenen Interessenausgleich im Wege der architektonischen Selbsthilfe durch passive Schallschutzmaßnahmen zu bewirken. Diese Annahme verstößt gegen Bundesrecht.
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aa) Als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift kommt der TA Lärm, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu. Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung lässt das normkonkretisierende Regelungskonzept der TA Lärm nur insoweit Raum, als es insbesondere durch Kann-Vorschriften (z.B. Nr. 6.5 Satz 3 und Nr. 7.2) und Bewertungsspannen (z.B. A.2.5.3) Spielräume eröffnet (Urteil vom 29. August 2007 - BVerwG 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209 Rn. 12 m.w.N.).
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Diese Bindungswirkung besteht in gleicher Weise bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze in Nachbarkonflikten, wie sie das in § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO konkretisierte Rücksichtnahmegebot fordert. Denn das Bundesimmissionsschutzrecht und damit auch die auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene TA Lärm legen die Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für den Nachbarn und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht im Umfang seines Regelungsbereichs grundsätzlich allgemein fest (vgl. Urteil vom 23. September 1999 a.a.O. S. 319 f.). Dem lässt sich nicht entgegenhalten, die TA Lärm enthalte lediglich Anforderungen an die Errichtung und den Betrieb von emittierenden Anlagen, regele aber nicht den Konflikt mit einer an eine latent störende gewerbliche Nutzung heranrückenden Wohnbebauung und sei deswegen für deren bauaufsichtliche Genehmigung nicht maßgeblich (so aber VGH Mannheim, Beschluss vom 11. Oktober 2006 - 5 S 1904/06 - NVwZ-RR 2007, 168 <169 f.>). Aus der Spiegelbildlichkeit der dargelegten gegenseitigen Verpflichtungen aus dem Rücksichtnahmegebot für die konfligierenden Nutzungen ergibt sich vielmehr, dass mit der Bestimmung der Anforderungen an den emittierenden Betrieb auf der Grundlage der TA Lärm zugleich das Maß der vom Nachbarn zu duldenden Umwelteinwirkungen und mithin die - gemeinsame - Zumutbarkeitsgrenze im Nutzungskonflikt feststeht. Dass etwaige Lärmminderungspflichten, die sich aus der Anwendung der TA Lärm für den emittierenden Gewerbebetrieb ergeben können, nicht - etwa in Form einer Auflage - zum Gegenstand der Baugenehmigung gemacht werden können, steht nicht entgegen. Denn als Teil der vom Rücksichtnahmegebot geforderten Zuordnung der Nutzungen gehören die gebotenen Lärmminderungsmaßnahmen zur Entscheidungsgrundlage für die Baugenehmigung und sind gegebenenfalls im Wege der §§ 24 und 22 BImSchG gegen den Gewerbebetrieb durchzusetzen. Auch aus der in der früheren Rechtsprechung des Senats verwendeten Formulierung, die TA Lärm gelte in diesen Fällen "nicht unmittelbar" (Urteil vom 23. September 1999 a.a.O. S. 319), folgt nichts anderes. Der Senat hat hiermit keine Abstriche am Umfang ihrer Anwendbarkeit und Bindungswirkung verbunden.
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bb) Passive Lärmschutzmaßnahmen als Mittel der Konfliktlösung zwischen Gewerbe und Wohnen sieht die TA Lärm nicht vor. Nach ihrer Nr. 6.1 sind für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Lärmbeeinträchtigung außerhalb der betroffenen Gebäude gelegene Immissionsorte maßgeblich. Sie können durch passive Schallschutzmaßnahmen, wie sie die angefochtene Baugenehmigung vorschreibt, nicht beeinflusst werden. Aus Nr. 6.2 der TA Lärm folgt nichts anderes. Die Vorschrift regelt den Sonderfall der Körperschallübertragung und kann deswegen nicht als "Auffangregelung" verstanden werden, aus der abzuleiten wäre, dass letztlich maßgeblich auf - durch passive Schallschutzmaßnahmen beeinflussbare - Innen-Immissionswerte abzustellen ist. Soweit es - wie hier - um die Beurteilung von Luftschall geht, der über die Außenfassade einwirkt, sind die Außen-Immissionsrichtwerte der Nr. 6.1 anzuwenden (vgl. auch Feldhaus, Bundesimmissionsrecht, Bd. 4, Stand August 2012, Rn. 29 zu Nr. 6 TA Lärm).
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cc) Auch die von der TA Lärm belassenen Spielräume bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze eröffnen nicht die Möglichkeit, der Überschreitung der Außen-Immissionsrichtwerte durch Anordnung von passivem Lärmschutz zu begegnen.
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Entgegen der Ansicht des Beigeladenen kann insoweit nicht Nr. 3.2.2 der TA Lärm herangezogen werden, die eine ergänzende Prüfung im Sonderfall ermöglicht. Die Voraussetzungen der in Buchstaben a bis d genannten Umstände, bei deren Vorliegen eine solche Sonderfallprüfung "insbesondere" in Betracht kommt, sind nicht gegeben. Namentlich sind besondere Gesichtspunkte der Herkömmlichkeit und der sozialen Adäquanz der Geräuschimmission (Buchst. d) nicht schon dann zu bejahen, wenn sie von einer bestandskräftigen Genehmigung des emittierenden Gewerbebetriebs gedeckt ist. Auch begründet wegen des anzulegenden strengen Maßstabs für eine Sonderfallprüfung (Feldhaus a.a.O. Rn. 63 zu Nr. 3 TA Lärm) allein der Umstand, dass der Konflikt durch eine Gemengelage bedingt ist, noch keine besondere Standortbindung (Buchst. b).
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Ein unbenannter Anwendungsfall der Regelung ist auf der Grundlage der Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts auszuschließen. Das folgt schon daraus, dass die insoweit allein in Betracht kommenden Umstände (Gemengelage, Vorbelastung, Prioritätsprinzip, konkrete Schutzwürdigkeit und Gebietsprägung) bereits Gegenstand der Regelung in Nr. 6.7 sind, die mit der Zwischenwertbildung eine auf die Gemengelagesituation und die genannten Umstände zugeschnittene Lösung enthält (vgl. auch Feldhaus a.a.O. m.w.N.). Es liegt fern, dass die TA Lärm für den Fall, dass - wie hier - trotz Zwischenwertbildung die Zumutbarkeit des Vorhabens nicht gewährleistet werden kann, aus denselben Gesichtspunkten einen zusätzlichen Spielraum für eine Lösung eröffnet, die, wie das Oberverwaltungsgericht nicht verkennt, die Rechtsordnung nur in gesetzlich ausdrücklich normierten Fällen unter strengen Voraussetzungen vorsieht.
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Die Möglichkeit, einer Überschreitung der nach Nr. 6.1 und Nr. 6.7 maßgeblichen Immissionsrichtwerte mit passivem Lärmschutz zu begegnen, müsste auch das Schutzziel der TA Lärm verfehlen. Aus der Maßgeblichkeit der Außen-Immissionsrichtwerte nach Nr. 6.1 und der Definition des maßgeblichen Immissionsortes in A.1.3 des Anhangs der TA Lärm - bei bebauten Flächen 0,5 m außerhalb vor der Mitte des geöffneten Fensters des vom Geräusch am stärksten betroffenen schutzbedürftigen Raumes - ergibt sich, dass dieses Regelungswerk - anders als etwa für Verkehrsanlagen die 16. und 24. BImSchV - den Lärmkonflikt zwischen Gewerbe und schutzwürdiger (insbesondere Wohn-) Nutzung bereits an deren Außenwand und damit unabhängig von der Möglichkeit und Notwendigkeit von Schutzmaßnahmen gelöst wissen will. Damit sichert die TA Lärm von vornherein für Wohnnutzungen einen Mindestwohnkomfort, der darin besteht, Fenster trotz der vorhandenen Lärmquellen öffnen zu können und eine natürliche Belüftung sowie einen erweiterten Sichtkontakt nach außen zu ermöglichen, ohne dass die Kommunikationssituation im Innern oder das Ruhebedürfnis und der Schlaf nachhaltig gestört werden können. Soweit andere Regelwerke wie die schon genannte 16. und 24. BImSchV passiven Lärmschutz zur Lösung des Nutzungskonflikts zulassen und damit einen geringeren Mindestwohnkomfort als Schutzziel zugrundelegen, beruht dies auf dem öffentlichen Interesse, das an den von diesen Regelungen erfassten (Verkehrs-)Anlagen besteht und weiterreichende Beschränkungen des Eigentumsinhalts zulasten der von Immissionen betroffenen Anliegern rechtfertigt.
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Der von der TA Lärm gewährte Schutzstandard steht auch nicht zur Disposition des Lärmbetroffenen und kann nicht durch dessen Einverständnis mit passiven Schallschutzmaßnahmen suspendiert werden. Denn das Bauplanungsrecht regelt die Nutzbarkeit der Grundstücke in öffentlich-rechtlicher Beziehung auf der Grundlage objektiver Umstände und Gegebenheiten mit dem Ziel einer möglichst dauerhaften städtebaulichen Ordnung und Entwicklung. Das schließt es aus, das bei objektiver Betrachtung maßgebliche Schutzniveau auf das Maß zu senken, das der lärmbetroffene Bauwillige nach seiner persönlichen Einstellung bereit ist hinzunehmen (Urteil vom 23. September 1999 - BVerwG 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 <324>).
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dd) Schließlich bietet auch der Gesichtspunkt der architektonischen Selbsthilfe keine Rechtfertigung für die vom Oberverwaltungsgericht für zulässig angesehene Konfliktlösung mit Mitteln des passiven Lärmschutzes. Zwar trifft es im Ausgangspunkt zu, dass sich aus dem Rücksichtnahmegebot die Obliegenheit des Bauherrn ergeben kann, durch Maßnahmen der architektonischen Selbsthilfe den Lärmkonflikt mit einem benachbarten Gewerbebetrieb in einer Weise zu lösen, die die Zumutbarkeit der ihn treffenden Immissionen gewährleistet und somit die Erteilung der Baugenehmigung für sein Vorhaben ermöglicht. Auf dieser Grundlage können dem Bauherrn im Anwendungsbereich der TA Lärm aber nur mit diesem Regelwerk vereinbare Gestaltungsmittel oder bauliche Vorkehrungen abverlangt werden. Das schließt immissionsreduzierende Maßnahmen wie Veränderungen der Stellung des Gebäudes, des äußeren Zuschnitts des Hauses oder der Anordnung der Wohnräume und der notwendigen Fenster, ohne Weiteres mit ein (vgl. Urteil vom 23. September 1999 a.a.O. S. 323). Dasselbe gilt, soweit dies bauordnungsrechtlich zulässig ist, für den Einbau nicht zu öffnender Fenster (vgl. Beschluss vom 7. Juni 2012 - BVerwG 4 BN 6.12 - juris), die keine relevanten Messpunkte im Sinne von Nr. 2.3 der TA Lärm i.V.m. Nr. A.1.3 ihres Anhangs darstellen. Passiver Lärmschutz als Mittel der architektonischen Selbsthilfe kann daher nur außerhalb des Anwendungsbereichs der TA Lärm und bei - hier nicht einschlägiger - Anwendung solcher Regelwerke in Betracht kommen, die diese Möglichkeit zulassen (vgl. Urteil vom 22. März 2007 - BVerwG 4 CN 2.06 - BVerwGE 128, 238 Rn. 16 f.).
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4. Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz kann der Senat nicht entscheiden, ob sich das Urteil des Oberverwaltungsgerichts aus anderen Gründen als richtig darstellt (vgl. § 144 Abs. 4 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - die nach § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze mit Blick auf die Bereitschaft des Beigeladenen, passiven Lärmschutz vorzusehen, unter Zugrundelegung derjenigen Lärmimmissionen ermittelt, die für das Grundstück des Beigeladenen im ungünstigsten Fall zu erwarten sind. Der Frage, welche Lärmminderungsmaßnahmen dem Kläger nach den (unter 3. b) dargelegten Vorgaben des Rücksichtnahmegebots obliegen, ist das Oberverwaltungsgericht nicht nachgegangen. Das wird es nachzuholen haben. Die dem zur Rücksichtnahme verpflichteten Kläger insoweit zumutbaren Maßnahmen bestimmen sich nach § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG (Urteil vom 18. Mai 1995 - BVerwG 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235 <246 f.> m.w.N). Dass Möglichkeiten der Lärmminderung beim Gewerbebetrieb des Klägers, mit denen der nach den bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts maßgebliche Außen-Immissionswert von 60 dB(A) eingehalten werden könnte, schon aus tatsächlichen Gründen ausgeschlossen wären, hat das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt. Auf die bestandskräftige Genehmigung seines Betriebs kann sich der Kläger gegenüber seinen dynamisch angelegten Grundpflichten aus § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG nicht berufen (vgl. Urteil vom 18. Mai 1995 a.a.O). Anders als das Oberverwaltungsgericht (UA S. 21 f.) offenbar annimmt, sind diese Pflichten gegenüber - wie hier - heranrückender Wohnbebauung nicht von vornherein auf solche Lärmminderungsmaßnahmen beschränkt, zu denen der Gewerbebetrieb bereits gegenüber der vorhandenen Wohnbebauung verpflichtet gewesen wäre.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 16. Oktober 2015 - 13 K 2342/15 - wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 15.000 EUR festgesetzt.
Gründe
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Tenor
I.
Die Beiladung der S. GmbH & Co. KG wird aufgehoben und an ihrer Stelle die B. eG, vertreten durch den Geschäftsführer ..., zum Verfahren beigeladen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
III.
Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
IV.
Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 15.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Tenor
I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
III.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 15.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 9. März 2015 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,00 € festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg.
3Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat nach Maßgabe des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, stellt die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Unbegründetheit des Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz nicht durchgreifend in Frage.
4Mit der angegriffenen Entscheidung hat das Verwaltungsgericht den auf §§ 80 Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 5 VwGO gestützten Antrag im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, dass der angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbescheid vom 4. April 2014 in der Fassung der Änderungsgenehmigungen vom 15. Januar 2015 und vom 25. Februar 2015 im Einklang mit den immissionsschutzrechtlichen Regelungen, soweit sie den Antragsteller schützen, ergangen sei. Das Vorbringen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren gibt keine Veranlassung, abweichend von der Entscheidung des Verwaltungsgerichts die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederherzustellen.
5I. Aus dem Vorbringen der Beschwerde ergibt sich nicht, dass von dem genehmigten Nachtbetrieb der streitbefangenen Windkraftanlage vom Typ Enercon E-82 E2 (Nabenhöhe 108,38 m, Rotordurchmesser 82,00 m) unzumutbare akustische Beeinträchtigungen für den Antragsteller ausgehen.
61. Die Einwände des Antragstellers stellen die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die nach dem alternativen Berechnungsverfahren der DIN ISO 9613-2 durchgeführte Immissionsprognose inhaltlich plausibel ist und „auf der sicheren Seite“ liegt, nicht durchgreifend in Frage. Der Antragsteller beanstandet im Wesentlichen, dass das Verwaltungsgericht bei der Ermittlung der Emissionswerte der drei als Vorbelastung im Sinne von Nr. 2.4 TA Lärm zu berücksichtigenden Windkraftanlagen das Ansetzen eines Sicherheitszuschlags für nicht erforderlich erachtet habe. Zudem begründeten aktuelle Erkenntnisse grundsätzliche Zweifel an der Berechnung des Geräuschausbreitungsverhaltens von hohen Windenergieanlagen nach DIN ISO 9613-2. Mit diesem Vorbringen zieht er die Prognose, an dem von ihm bewohnten Hausgrundstück I.---weg in T. (IP 06) werde ein Beurteilungspegel von ‑ nachts - 46 dB(A) mit hinreichender Sicherheit nicht überschritten, im Ergebnis jedoch nicht in Zweifel.
7Das Verwaltungsgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass ein Immissionswert von 46 dB(A) hier die maßgebliche Grenze darstellt. Bewohnern des Außenbereichs sind von Windenergieanlagen ausgehende Lärmpegel von 60 dB(A) tagsüber und 45 dB(A) nachts in Anlehnung an die für Mischgebiete nach der TA-Lärm 1998 festgelegten Grenzwerte zuzumuten.
8Ständige Rechtsprechung, vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11. Oktober 2005 - 8 B 110/05 - , juris, Rn. 25 f. m. w. N.
9Nach Nr. 3.2.1 Abs. 3 TA Lärm soll für die zu beurteilende Anlage die Genehmigung wegen einer Überschreitung der Immissionsrichtwerte nach Nummer 6 aufgrund der Vorbelastung auch dann nicht versagt werden, wenn dauerhaft sichergestellt ist, dass diese Überschreitung nicht mehr als 1 dB(A) beträgt. Ausgehend davon ist im vorliegenden Fall eine Überschreitung des insoweit maßgeblichen Immissionsrichtwerts von 45 dB(A) um bis zu 1 dB(A) zulässig, weil dieser Richtwert am IP 06 unstreitig aufgrund der Vorbelastung durch drei vorhandene Windkraftanlagen überschritten wird.
10Nach den vom Beigeladenen vorgelegten ergänzenden Berechnungen der Firma s. vom 29. Januar 2015 (Bl. 199 d. A.) und 6. Mai 2015 (Bl. 337 d. A.) wird am IP 06 ein Beurteilungspegel von 46 dB(A) auch dann sicher eingehalten, wenn die jeweils durch Dreifachvermessungen ermittelten durchschnittlichen Schallleistungspegel der vorhandenen WKA 1 und 3 jeweils mit einem Sicherheitszuschlag von 2 dB(A) beaufschlagt werden. Namentlich die im Beschwerdeverfahren vorgenommene Berechnung vom 6. Mai 2015 legt die sichere Einhaltung des hier maßgeblichen Grenzwerts in einer Weise dar, die durch das Beschwerdevorbringen nicht durchgreifend in Frage gestellt wird.
11Darin wird für die Ermittlung der Zusatzbelastung durch die streitbefangene Windkraftanlage zu Recht nunmehr ausschließlich auf den aktuell genehmigten (Nacht‑)Betrieb in der Fassung der Änderungsgenehmigung vom 15. Januar 2015 abgestellt, wonach die Zusatzemissionsbelastung durch die streitgegenständliche Windkraftanlage infolge der nunmehr vorgesehenen Anbringung geräuschmindernder Hinterkantenkämme an den Rotorblättern trotz gleichzeitiger Erhöhung der Leistung zur Nachtzeit von 1.000 kW auf 1.600 kW nunmehr nur noch bei 97,2 dB(A) zuzüglich Sicherheitszuschlag liegt. Die in der Beschwerde erwähnte „Punktlandung“ auf den Wert von 46 dB(A) nach der - der ursprünglichen Genehmigung zugrunde liegenden - Berechnung im Gutachten vom 31. August 2012 ist daher schon aus diesem Grund überholt. Die Bemessung des Sicherheitszuschlags bzw. „oberen Vertrauensbereichs“ für diese Anlage mit zuletzt nur noch insgesamt 2,0 dB(A) hat der Gutachter damit begründet, dass nach einer mittlerweile vorliegenden Dreifachvermessung einer baugleichen Anlage im Volllastbetrieb eine nur geringe Serienstreuung anzunehmen sei. Diesen plausiblen Darlegungen, die auch durch eine auszugsweise Vorlage des Messberichts untermauert worden sind, ist der Antragsteller nicht entgegengetreten.
12Die gegen die Ermittlung der Vorbelastung erhobenen Einwände greifen nicht durch. Die Rüge, die WKA 2 (Anlagentyp VESTAS V52-850 kW) sei zu Unrecht unter Verzicht auf einen Sicherheitszuschlag im Sinne des „oberen Vertrauensbereichs“ nur mit dem nach der Genehmigung zulässigen Schallpegel von 104 dB(A) in die Vorbelastung einberechnet worden, stellt die Schallimmissionsprognose gemäß den ergänzenden Berechnungen der s. GmbH & Co KG nicht ernsthaft in Frage. Der Antragsteller geht selbst davon aus, dass nach der Baugenehmigung der genannten Anlage ein Schallleistungspegel von 104 dB(A) nicht überschritten werden darf. Dieser Emissionswert liegt dem Nachtrags-Schallgutachten des Planungsbüros T1. vom 30. Mai 2001 zugrunde, das Bestandteil der Nachtrags-Baugenehmigung vom 12. Juni 2001 geworden ist.
13Es entspricht der Rechtsprechung, die Vorbelastung nur mit den Auswirkungen ihres rechtmäßigen Betriebs - also den in ihrer Genehmigung gegebenenfalls festgelegten Schallleistungspegeln - in die Ermittlung der Gesamtbelastung einzustellen. Wird der in der Genehmigung festgelegte Schallleistungspegel tatsächlich überschritten, weil sich z.B. eine nicht eingerechnete Serienstreuung realisiert, geht dies nicht zu Lasten eines nachfolgenden Antragstellers. Derartigen Überschreitungen ist vielmehr im Rahmen von Überwachungsmaßnahmen bzw. nachträglichen Anordnungen zu begegnen.
14Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 27. August 2009 ‑ 8 B 797/09 -, Beschlussabdruck S. 7, und vom 17. Mai 2002 - 7 B 665/02 -, NVwZ 2002, 1133, juris, Rn. 9; OVG Nds., Beschluss vom 16. Juli 2012 ‑ 12 LA 105/11 -, ZNER 2012, 441, juris, Rn. 14; Agatz, Windenergie-Handbuch, 9. Ausgabe 2012, S. 42 f.
15Soweit danach bei der Bestimmung der Vorbelastung durch bereits vorhandene Windkraftanlagen auf die Addition eines Sicherheitszuschlags verzichtet werden kann, betrifft dies allerdings nur die emissionsseitigen Unsicherheiten des sogenannten „oberen Vertrauensbereichs“, also die Messunsicherheit sowie die Serienstreuung. Eine Immissionsprognose, die „auf der sicheren Seite liegt“, hat darüber hinaus die Unsicherheit des Prognosemodells zu berücksichtigen, worauf die Beschwerde zu Recht hinweist. Dafür ist nach der DIN ISO 9613-2 allein regelmäßig ein Sicherheitszuschlag von 1,9 dB zu veranschlagen (σProgn 1,5 dB x 1,28 = 1,9 dB). Die dort angegebene Standardabweichung des Prognosemodells von 1,5 dB ist mit einem Faktor von 1,28 zu multiplizieren, weil der nach der TA Lärm ermittelte Beurteilungspegel den Richtwert unter Berücksichtigung der Unsicherheiten mit einer Wahrscheinlichkeit von 90% einhalten muss.
16Vgl. Erlass für die Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen und Hinweise für die Zielsetzung und Anwendung (Windenergie-Erlass) vom 11. Juli 2011, MBl. NRW. 2011, S. 321, Nr. 5.2.1.1; Agatz, Windenergie-Handbuch, 9. Ausgabe 2012, S. 46; Uppenkamp und Partner, Schalltechnischer Bericht der erweiterten Hauptuntersuchung zur messtechnischen Ermittlung der Ausbreitungsbedingungen für die Geräusche von hohen Windenergieanlagen zur Nachtzeit und Vergleich der Messergebnisse mit Ausbreitungsrechnungen nach DIN ISO 9613-2 vom 11. November 2014, S. 7, 11 und 41.
17Ein Verzicht auf eine Beaufschlagung - sei es des Schallleistungspegels der jeweiligen Vorbelastungsanlage, sei es des errechneten Immissionswerts - mit dem in der DIN ISO 9613-2 angegebenen Sicherheitszuschlag für die Unsicherheit des Prognosemodells kann mit den obigen Überlegungen daher nicht ohne weiteres gerechtfertigt werden.
18Im Streitfall spricht jedoch bei der hier nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung viel für die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass der im Baugenehmigungsverfahren der WKA 2 zugrunde gelegte, vom ehemaligen Staatlichen Umweltamt Duisburg vorgegebene Schallleistungspegel von 104 dB(A) bereits einen Sicherheitszuschlag enthalten hat, der die Unsicherheit des Prognosemodells mit abdeckt. So lag bei Erstellung des Schallgutachtens (1. Nachtrag) vom 30. Mai 2001, dem die Vorgabe eines zugrunde zu legenden Schallleistungspegels von 104 dB(A) durch das Staatliche Umweltamt Duisburg vorausgegangen war, für den Anlagetyp Vestas V52-850 kW, Nabenhöhe 43,9 m, bereits ein Messbericht vom 27. November 2000 vor, anhand dessen ein maximaler Schallleistungspegel auch für die hier relevante Nabenhöhe von 74 m bestimmt werden konnte. Dieser war gemäß Schreiben der Windtest L. -X. -L1. GmbH vom 10. Januar 2001 mit 101,5 dB(A) errechnet worden (vgl. Anlage zum Schallgutachten des Planungsbüros T1. vom 22. November 2001 sowie S. 23 des Schallgutachtens). Es liegt nahe, dass diese in der Baugenehmigungsakte zur WKA 1 (Enercon E 40/6.44) befindlichen Unterlagen auch dem Staatlichen Umweltamt Duisburg bekannt waren, als es im Baugenehmigungsverfahren der WKA 2 verlangte, der dortigen Schallimmissionsprognose einen Schallleistungspegel von 104 dB(A) zugrunde zu legen. Das Schreiben vom 22. Mai 2001 an das Bauordnungsamt des Kreises X1. , mit dem das Staatliche Umweltamt forderte, im Gutachten nicht von einem Schallpegel von 101,5 dB(A), sondern von einem „Emissionsgesamtpegel von 104,0 dB(A)“ auszugehen, erklärt sich dann gerade durch die Beaufschlagung mit einem - alle Unsicherheiten abdeckenden - Sicherheitszuschlag.
19Dass das Planungsbüro T1. im Schallgutachten (1. Nachtrag) vom 30. Mai 2001 betreffend die WKA 2 gleichwohl die prognostizierten Beurteilungspegel, die sich nach Hinzurechnung der Vorbelastung durch die WKA 1 insgesamt ergaben, nochmals durch eine „obere Vertrauensbereichsgrenze“ von 3,2 dB(A) beaufschlagt hat, steht dieser Sichtweise nicht entgegen. Es belegt nur, dass die Schallgutachter in dem damaligen Genehmigungsverfahren letztlich doppelte und damit überhöhte Sicherheiten zugrunde gelegt haben. Davon dürfte im Übrigen auch bereits die Baugenehmigungsbehörde ausgegangen sein, da sie die Windkraftanlage genehmigt hat, obwohl sich nach der Schallimmissionsprognose unter Berücksichtigung der erwähnten (überobligatorischen) „oberen Vertrauensbereichsgrenze“ am Wohnhaus des Antragstellers („Immissionsort E. “) ein Wert von 47,0 dB(A) ergeben hätte.
20Ein hinreichender „Puffer“ für die Unsicherheiten des Prognosemodells bleibt schließlich selbst dann, wenn mit dem Verwaltungsgericht auf die spätere Vermessung der Windkraftanlage vom 17. Juni 2004 abgestellt wird (vgl. S. 22, Baugenehmigungsakte des Kreises X1. betreffend die WKA 2, Beiakte 6). Danach verursacht die Anlage einen maximalen Lärmpegel von 102,1 dB(A).
21Die Notwendigkeit eines weiteren Sicherheitszuschlags ergibt sich auch nicht aus der Vermutung des Antragstellers, die Windkraftanlage sei im Laufe der letzten zehn Jahre aufgrund von Abnutzungserscheinungen lauter geworden. Ausgehend von den dargelegten Grundsätzen ist für Alterungsprozesse an bestehenden Windkraftanlagen kein Zuschlag vorzunehmen, da eine hierdurch bedingte Überschreitung des festgelegten Schallleistungspegels nicht genehmigungskonform wäre.
22Die Beschwerdebegründung zeigt nicht auf, dass die beiden weiteren vorhandenen Windkraftanlagen (Enercon E 40/6.44 - WKA 1 - und Enercon E 58 - WKA 3 -), deren durchschnittliche Schallleistungspegel inzwischen jeweils durch Dreifachvermessungen baugleicher Anlagen ermittelt worden sind, jeweils mit einem Sicherheitszuschlag von mehr als 2 dB(A) beaufschlagt werden müssten. Aus den von der Beigeladenen vorgelegten ergänzenden Berechnungen der Firma s. ergibt sich, dass der am Wohnhaus des Antragstellers ermittelte Beurteilungspegel weniger als 46 dB(A) beträgt, wenn von den - jeweils dreifach - gemessenen Durchschnitts-Schallwerten der beiden Vorbelastungs-Anlagen ausgegangen wird und diese jeweils mit einem Sicherheitszuschlag von 2 dB(A) beaufschlagt werden. Dem pauschalen Einwand des Antragstellers, üblicherweise sei von einem Zuschlag im Sinne des oberen Vertrauensbereichs von 2,5 dB(A) auszugehen, ist die Firma s. mit einer detaillierten Berechnung und Erläuterung des bei den hier in Rede stehenden, bereits dreifach vermessenen Windkraftanlagen erforderlichen „oberen Vertrauensbereichs“ entgegengetreten. Aus dieser ergibt sich, dass angesichts der geringen Serienstreuung, die die Vermessungen der beiden Anlagen ergeben haben, den Unsicherheiten der Messung, Serienstreuung und Prognose mit einem Sicherheitszuschlag von rund 2 dB(A) insgesamt Rechnung getragen ist.
232. Auch die Rüge, nach aktuellen Erkenntnissen liefere eine Berechnung der Schalllimmissionen nach der DIN ISO 9613-2, wie sie hier erfolgt sei, bei hohen Windenergieanlagen keine zufrieden stellenden Ergebnisse, verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg.
24Der Antragsteller beruft sich damit auf die oben zitierte, vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV NRW) in Auftrag gegebene Untersuchung zur messtechnischen Ermittlung der Ausbreitungsbedingungen für die Geräusche von hohen Windenergieanlagen zur Nachtzeit und Vergleich der Messergebnisse mit Ausbreitungsrechnungen nach DIN ISO 9613-2 (Firma Uppenkamp und Partner, Schalltechnischer Bericht der erweiterten Hauptuntersuchung) vom 11. November 2014. Dieser Bericht kommt zwar zu dem Ergebnis, dass das - auch hier angewandte - sogenannte alternative Verfahren nach DIN ISO 9613‑2 bei der Beurteilung der Geräusche von hohen Windenergieanlagen infolge einer Überschätzung der Bodendämpfung zu Abweichungen von den im Rahmen des Forschungsvorhabens gemessenen Werten führt. Die Berechnung nach dem alternativen Verfahren funktioniere aber zumindest im Nahbereich bis 500 m sowohl im Mitwind- als auch im Gegenwindbereich gut; die Messdaten auf der einen Seite und die Ergebnisse der Ausbreitungsrechnungen auf der anderen Seite drifteten erst mit zunehmendem Abstand auseinander. Im Nahbereich decke der aktuell anzusetzende Sicherheitszuschlag von 1,9 dB die Abweichungen ab.
25Bei summarischer Prüfung ist nicht zu erkennen, dass sich der in der Untersuchung zutage getretene Mangel des bisher praktizierten Berechnungsverfahrens am Wohnhaus des Antragstellers entscheidungserheblich ausgewirkt hat. Die teilweise fehlerhaften Ergebnisse der Ausbreitungsrechnungen nach dem alternativen Verfahren sind ausweislich der Untersuchung im Wesentlichen auf eine Überschätzung des Bodendämpfungswertes (Agr) zurückzuführen, die sich vor allem bei weiter entfernten Anlagen auswirkt. Danach liegt eine Prognose nach dem alternativen Berechnungsverfahren jedenfalls dann auf der sicheren Seite, wenn eine - den Beurteilungspegel senkende - Bodendämpfung in der Berechnung ganz unberücksichtigt bleibt, mithin mit Agr = 0 veranschlagt wird. Hiervon ausgehend hat die s. GmbH & Co KG auf Veranlassung der Beigeladenen die Berechnung der Gesamtbelastung alternativ auch in der Weise vorgenommen, dass hinsichtlich der beiden mehr als 500 m vom Wohnhaus des Antragstellers entfernten Windkraftanlagen WKA 1 und 3 keine Bodendämpfung berücksichtigt worden ist. Sie hat mitgeteilt, dass sich auch danach am maximal belasteten Immissionspunkt I.---weg (IP 06) kein Beurteilungspegel von mehr als 46 dB(A) ergebe. Auch wenn diese Berechnung nicht im Detail vorgelegt wurde, genügt diese Angabe jedenfalls im Rahmen der hier nur erforderlichen summarischen Prüfung für die Annahme, dass der Immissionsrichtwert von 45 dB(A) dauerhaft um nicht mehr als 1 dB(A) überschritten wird. Weitere Änderungen der Berechnung waren nicht erforderlich, weil der Bodendämpfungswert für die streitbefangene Windkraftanlage ohnehin bei 0,0 lag und die WKA 2 nur einen Bodendämpfungswert von 0,72 aufweist, der angesichts der geringen Entfernung von 356 m zum Immissionspunkt IP 06 nach den Ergebnissen der Uppenkamp-Untersuchung von dem berücksichtigten Sicherheitszuschlag (s.o.) abgedeckt ist.
26Vor diesem Hintergrund bedarf - zumal im gerichtlichen Eilverfahren - keiner Klärung, ob die Bindungswirkung der TA Lärm bzw. der von ihr in Bezug genommenen DIN ISO 9613-2 für die Ermittlung von Schallimmissionen bei Windkraftanlagen entfallen ist, weil die in ihr enthaltene sachverständige Aussage durch neue Erkenntnisse in Wissenschaft und Technik überholt wäre.
27Vgl. VG Minden, Urteil vom 11. März 2015 - 11 K 3061/13 -, juris, Rn. 95 ff.; siehe auch VG Aachen, Beschluss vom 23. März 2015 - 6 L 76/15 -, juris, Rn. 72 (nicht rechtskräftig).
28II. Ohne Erfolg rügt der Antragsteller, von der im Abstand von nur 343 m zu dem von ihm bewohnten Hausgrundstück genehmigten Windkraftanlage gehe eine optisch bedrängende Wirkung aus. Das Verwaltungsgericht hat die Frage einer optischen Bedrängung nicht näher behandelt, weil es der Auffassung war, dass sich der Antragsteller als Mieter dieses Hausgrundstücks auf eine optisch erdrückende Wirkung nicht berufen könne. Der Schutz vor einer optisch bedrängenden Wirkung sei nicht dem Immissionsschutzrecht zuzuordnen, welches jedwede Person schütze, die eine persönliche oder sachliche Bindung im Einwirkungsbereich der emittierenden Anlage aufweise. Er werde vielmehr aus dem bauplanungsrechtlichen Gebot der Rücksichtnahme hergeleitet, welches nur zugunsten des dinglich Berechtigten - namentlich des Grundstückseigentümers - Drittschutz entfalte.
29Der Senat kann offen lassen, ob der dagegen erhobene Einwand der Beschwerde durchgreift, die optische Bedrängung durch eine Windkraftanlage falle wenn nicht schon unter den Begriff der schädlichen Umwelteinwirkung, so doch zumindest unter die zweite Alternative des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG (sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen). Auch wenn man dies zugunsten der Beschwerde unterstellt und mithin davon ausgeht, dass sich auch der Antragsteller als Mieter auf eine derartige optische Bedrängung berufen kann, liegt eine solche jedenfalls nicht vor.
301. Nach der Rechtsprechung des Senats erfordert die Prüfung, ob von einer Windenergieanlage eine optisch bedrängende Wirkung ausgeht, stets eine Würdigung aller Einzelfallumstände. Das Ergebnis dieser Einzelfallprüfung lässt sich dabei anhand folgender Anhaltswerte grob prognostizieren.
31Beträgt der Abstand zwischen einem Wohnhaus und einer Windkraftanlage mindestens das Dreifache der Gesamthöhe (Nabenhöhe + ½ Rotordurchmesser) der geplanten Anlage, dürfte die Einzelfallprüfung überwiegend zu dem Ergebnis kommen, dass von dieser Anlage keine optisch bedrängende Wirkung zu Lasten der Wohnnutzung ausgeht. Bei einem solchen Abstand treten die Baukörperwirkung und die Rotorbewegung der Anlage so weit in den Hintergrund, dass ihr in der Regel keine beherrschende Dominanz und keine optisch bedrängende Wirkung gegenüber der Wohnbebauung zukommt.
32Ist der Abstand geringer als das Zweifache der Gesamthöhe der Anlage, dürfte die Einzelfallprüfung überwiegend zu einer dominanten und optisch bedrängenden Wirkung der Anlage gelangen. Ein Wohnhaus wird bei einem solchen Abstand in der Regel optisch von der Anlage überlagert und vereinnahmt. Auch tritt die Anlage in einem solchen Fall durch den verkürzten Abstand und den damit vergrößerten Betrachtungswinkel derart unausweichlich in das Sichtfeld, dass die Wohnnutzung überwiegend in unzumutbarer Weise beeinträchtigt wird.
33Beträgt der Abstand zwischen dem Wohnhaus und der Windkraftanlage - wie hier - das Zwei- bis Dreifache der Gesamthöhe der Anlage, bedarf es regelmäßig einer besonders intensiven Prüfung des Einzelfalls.
34Vgl. OVG NRW, Urteil vom 9. August 2006 - 8 A 3726/05 -, BauR 2007, 74 = juris Rn. 65 ff., bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 11. Dezember 2006 ‑ 4 B 72.06 -, RdL 2007, 63 = juris; OVG NRW, Beschlüsse vom 22. März 2007 - 8 B 2283/06 -, BauR 2007, 1014, juris, Rn. 5 ff., vom 24. Juni 2010 - 8 A 2764/09 -, BauR 2011, 252, juris, Rn. 41 ff. und vom 9. Oktober 2013 - 8 A 876/13 -, n.v., S. 3 ff. des Entscheidungsabdrucks; vgl. auch Bay. VGH, Urteil vom 29. Mai 2009 ‑ 22 B 08.1785 -, ZUR 2009, 497, juris, Rn. 16 ff. und Beschluss vom 30. April 2014 - 22 ZB 14.680 -, juris, Rn. 20; Hess. VGH, Beschluss vom 26. September 2013 - 9 B 1674/13 -, BImSchG-Rspr § 5 Nr 131= juris, Rn. 11 ff.
352. Dies zugrundegelegt ist im vorliegenden Fall auch unter Berücksichtigung des erstinstanzlichen Vorbringens des Antragstellers nicht von einer optisch bedrängenden Wirkung der geplanten Windenergieanlage zu seinen Lasten auszugehen.
36Der Antragsgegner hat zunächst zu Recht eine besonders eingehende Einzelfallprüfung durchgeführt. Die Anlage weist eine Nabenhöhe von 108,40 m, einen Rotordurchmesser von 82,00 m und damit eine Gesamtbauhöhe von 149,40 m auf. Der Standort der streitbefangenen Windenergieanlage liegt etwa 343 m von dem vom Antragsteller bewohnten Haus entfernt. Der Abstand zum Wohnhaus beträgt damit in etwa das 2,3-fache der Gesamthöhe der Anlage.
37Im Rahmen der Einzelfallwürdigung sind insbesondere die Kriterien Höhe und Standort der Windenergieanlage, Größe des Rotordurchmessers, Blickwinkel, Hauptwindrichtung, (Außenbereichs-)Lage des Grundstücks, Lage der Aufenthaltsräume und deren Fenster im Verhältnis zur Anlage sowie Bestehen von Ausweichmöglichkeiten von Bedeutung. Ferner ist zu berücksichtigen, ob auf dem Grundstück eine hinreichende optische Abschirmung zur Windenergieanlage besteht oder in zumutbarer Weise hergestellt werden kann.
38Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 17. Januar 2007 ‑ 8 A 2042/06 -, juris, Rn. 13, vom 23. Juni 2010 ‑ 8 A 340/09 -, ZNER 2010, 514, juris, Rn. 55 und vom 22. Dezember 2011 - 8 B 669/11 -, juris, Rn. 30.
39Dabei kann auch eine Vorbelastung zu Lasten des Antragstellers ins Gewicht fallen. Nach der Senatsrechtsprechung können schon vorhandene Windkraftanlagen Einfluss auf das Maß der optischen Beeinträchtigung haben. Denn einer Einzelanlage kann in diesem Zusammenhang je nach der Situation im Einzelfall ein stärkeres Gewicht zukommen als einer Anlage, die sich in eine schon vorhandene (optische) Vorbelastung einfügt und deshalb keine besondere zusätzliche Belastung für die Wohnnutzung darstellt. Je nach Fallkonstellation kann aber auch erst die hinzutretende oder ersetzende Anlage in der Zusammenschau mit den bereits vorhandenen Anlagen oder für sich genommen zu einer unzumutbaren optischen Bedrängung führen.
40Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. Mai 2011 - 8 A 372/09 -, juris, Rn. 54 m. w. N.
41Ob die drei weiteren, vorhandenen Windkraftanlagen das Maß an Rücksichtnahme, das der Antragsteller beanspruchen kann, vermindern, kann im vorliegenden Fall offen bleiben.
42Die Annahme des Antragsgegners, dass es auch im Hinblick auf die am stärksten betroffenen Räumlichkeiten an der Ostseite des im Außenbereich gelegenen Hauses an einer optisch bedrängenden Wirkung fehle, ist unabhängig davon nicht zu beanstanden. Soweit die überarbeitete und ergänzte Sichtbeziehungsstudie der Firma s. vom 5. Februar 2014 in Verbindung mit der Kurzfassung einer Sichtbeziehungsuntersuchung vom 25. Juni 2013 über das Ausmaß der optischen Beeinträchtigung durch die Anlage noch kein hinreichendes Bild vermitteln, lässt sich dieses jedenfalls aus den nach Errichtung der Anlage vom Verwaltungsgericht beim Ortstermin gefertigten Lichtbildern gewinnen. Danach wirkt sich die neue Anlage aufgrund der optischen Abschirmung durch bereits vorhandenen Baumbewuchs trotz ihrer Größe und Lage nicht derart dominant aus, dass von einer optisch bedrängenden Wirkung die Rede sein kann. Das gilt umso mehr, als die Beigeladene nach Nr. 2.9 des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheids vom 4. April 2014 verpflichtet ist, zur Vermeidung einer unmittelbaren Einsichtnahme auf die Windkraftanlage in einem Abstand von ca. 10 m vom Wintergarten der Liegenschaft I.---weg entfernt in östlicher Richtung eine zweireihige, immergrüne Hecke in ausreichender Höhe (ca. 4-5 m) anzulegen. Die Zweifel des Antragstellers an der Berechtigung der Beigeladenen zur Erfüllung dieser Verpflichtung sind mit der zwischenzeitlich durchgeführten Pflanzung entsprechend hoher Nadelbäume an der bezeichneten Stelle hinfällig geworden. Die Beigeladene hat darüber hinaus bestätigt, die Pflanzung sei auf der Grundlage einer Vereinbarung mit dem Eigentümer des Anwesens I.---weg auf dessen Grundeigentum erfolgt.
43Eine optisch bedrängende Wirkung liegt im Übrigen nicht bereits dann vor, wenn die Windenergieanlage von Teilen des Hauses aus überhaupt wahrnehmbar ist. Das baurechtliche Gebot der Rücksichtnahme vermittelt dem Nachbarn keinen Anspruch auf eine von technischen Bauwerken freie Sicht.
44Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 17. Januar 2007 ‑ 8 A 2042/06 - ZNER 2007, 79, juris, Rn. 18, vom 23. Juni 2010 - 8 A 340/09 -, ZNER 2010, 514, juris, Rn. 62, vom 22. Dezember 2011 - 8 B 669/11 -, juris, Rn. 33 und vom 19. September 2012 - 8 A 339/12 -, juris, Rn. 31.
45Nichts anderes würde im Rahmen von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG gelten.
46Die Anlage liegt zwar im Wesentlichen frontal zur östlichen (genauer: ost-nordöstlichen) Traufseite des Wohnhauses. Auch dürfte der Rotor der Anlage im Hinblick auf die vorherrschende Windrichtung aus Südwesten aus der Richtung des Wohnhauses häufig in vollem Umfang zu sehen sein. Im Erdgeschoss verhindern jedoch die architektonische Gestaltung sowie der vorhandene Baumbewuchs eine unzumutbare Beeinträchtigung der zur Windkraftanlage ausgerichteten Räumlichkeiten.
47Der Wintergarten weist nur zum Teil Klarglasscheiben auf, durch die überhaupt eine deutliche Sicht nach draußen möglich ist. Die Vermutung des Antragstellers, der sich drehende Rotor wirke durch die getrübten Scheiben möglicherweise noch bedrohlicher, erscheint wenig plausibel. Inwieweit man ihn seit Errichtung der Sichtschutzhecke vom Wintergarten aus überhaupt noch erkennen kann, muss nicht im Einzelnen geklärt werden. Durch die vier kleinen, klarverglasten Fenster an der Sitzecke war die Windkraftanlage schon zuvor bis auf einen - durch Baumzweige teilweise verdeckten - Teil der Nabe, der durch das links oben befindliche Fenster erscheint, kaum zu sehen. Blickt man aus dem großen Doppelfenster am nordöstlichen Ende des Wintergartens auf die Anlage, wird diese je nach genauer Position des Betrachters überwiegend oder jedenfalls zum Teil durch den Stamm bzw. durch die Krone des krumm gewachsenen Baumes vor dem Fenster verdeckt, der den Blick zudem ‑ selbst in unbelaubtem Zustand - von der Windkraftanlage ablenkt. Nicht fotografisch dokumentiert ist der Blick von der im anderen Teil des Raumes an den vier kleinen Fenstern befindlichen Sitzgruppe durch das große Doppelfenster. Die vorhandenen Fotos sprechen aber dafür, dass die Windkraftanlage durch die nahe Bepflanzung hinter der Hecke des Hauses auch insoweit teilweise verdeckt sein bzw. optisch „abgerückt“ wird. Hinzu kommt nunmehr die von der Beigeladenen errichtete Sichtschutzhecke.
48Das Wohnzimmer weist zwei Fenster auf, von denen eines - das auf der Südseite gelegene - von vornherein keinen Blick auf die streitbefangene Windkraftanlage ermöglicht. Das nach Osten (bzw. genauer: Ost-Nordost) gerichtete Doppelfenster ist zwar zur Anlage hin gerichtet. Durch den linken Teil dieses Fensters ist die Windkraftanlage aber ebenfalls nicht zu sehen, weil der Wintergartenanbau den Blick auf die Anlage verdeckt. Im Übrigen - d. h. auch bei der rechten Seite des Fensters - verhindert die von dem Antragsteller selbst gewählte und in Erdgeschosszimmern weithin übliche lichtdurchlässige Gardine sehr weitgehend, dass die Anlage wahrgenommen werden kann. Nur von einer speziellen Sitzposition direkt an der Fensterbank des rechten Fensterflügels war die Windkraftanlage - jedenfalls vor Errichtung der Sichtschutzhecke - unter der Gardine zu sehen. Die optisch beeinträchtigende Wirkung der Anlage auf das Wohn- und Esszimmer ist daher nach den vorstehenden Ausführungen begrenzt.
49Auch unter Berücksichtigung der drei östlich ausgerichteten, schrägen Fenster im Dachgeschoss des Hauses (Flur, Bad und Küche) liegt noch keine optisch bedrängende Wirkung vor. Der gesamte Rotor war durch diese Fenster - schon vor Errichtung der Sichtschutzhecke - im Wesentlichen nur von fensternahen Standpunkten aus zu sehen. Soweit dies der Fall war, wurde aber der untere Teil der Nabe bereits durch den vorhandenen Baumbewuchs teilweise verdeckt und die Anlage durch die - auf den Fotos teilweise unbelaubten - nahen Bäume jedenfalls optisch etwas in den Hintergrund gerückt. Bei belaubtem Zustand der Bäume - und erst recht unter Berücksichtigung der Sichtschutzhecke - wird dieser Effekt noch deutlicher ausfallen. Hinsichtlich dieser Räumlichkeiten bleibt es im Übrigen dem Antragsteller unbenommen, etwaige noch störende Sichtbeziehungen zu der Anlage durch helle und tageslichtdurchlässige Gardinen abzumildern, die die Fenster nur teilweise und nur soweit notwendig verdecken.
50Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 17. Januar 2007 ‑ 8 A 2042/06 - ZNER 2007, 79, juris, Rn. 18, vom 23. Juni 2010 - 8 A 340/09 -, ZNER 2010, 514, juris, Rn. 62, vom 22. Dezember 2011 - 8 B 669/11 -, juris, Rn. 33 und vom 19. September 2012 - 8 A 339/12 -, juris, Rn. 31.
51Dass das Haus an der Ostseite besonders schutzwürdige Außenflächen aufwiese, die wie etwa ein Terrassenbereich dem dauernden Aufenthalt der Bewohner dienten, ist vom Antragsteller weder geltend gemacht noch auf den Fotos ersichtlich. Bei der Zufahrt auf das Grundstück verstellen zudem mehrere hohe Nadelbäume die Sicht auf die Windkraftanlage fast vollständig; hinzu kommen nunmehr die Nadelgehölze der Sichtschutzhecke.
52Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2 und 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind aus Gründen der Billigkeit erstattungsfähig, weil sie sich mit der Antragstellung dem sich aus § 154 Abs. 3 VwGO ergebenden Kostenrisiko ausgesetzt hat.
53Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und orientiert sich am Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Der danach im Hauptsacheverfahren auf 15.000,- € festzusetzende Streitwert ist mit Blick auf die Vorläufigkeit des vorliegenden Verfahrens auf die Hälfte zu reduzieren.
54Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5 und 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen.
Auf die Beschwerden des Antragsgegners und der Beigeladenen wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 19. August 2015 mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert.
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen trägt der Antragsteller. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,- Euro festgesetzt.
Gründe:
1I.
2Der Antragsteller ist Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks Gemarkung E. , Flur , Flurstück in Q. . Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des rechtskräftigen Bebauungsplans „D 111 Auf der I. “, den der Rat der Stadt Q. am 3. Februar 1983 als Satzung beschlossen hat. Der Bebauungsplan setzt für das Grundstück des Antragstellers ein Allgemeines Wohngebiet (WA) fest. Die Beigeladene beantragte die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Windenergieanlage (Typ Enercon E-101) mit einer Nabenhöhe von 149 Metern, einem Rotordurchmesser von 101 Metern (Gesamthöhe 199,5 Meter) und einer Nennleistung von 3.050 kW auf dem Grundstück Gemarkung E. , Flur , Flurstück . Der Standort der geplanten ‑ und noch nicht errichteten - Windenergieanlage liegt in südwestlicher Richtung gut 1.700 Meter von dem Wohnhaus des Antragstellers entfernt.
3Unter dem 15. Januar 2015 zog der Antragsgegner den Antragsteller zum Genehmigungsverfahren hinzu. Mit Bescheid vom 5. Februar 2015 erteilte der Antragsgegner der Beigeladenen die beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung unter Beifügung verschiedener Nebenbestimmungen. Der Antragsteller erhob gegen die Genehmigung am 6. März 2015 Klage vor dem Verwaltungsgericht. Auf den Antrag der Beigeladenen ordnete der Antragsgegner unter dem 18. März 2015 die sofortige Vollziehung der Genehmigung an.
4Der Antragsteller hat am 27. April 2015 Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt. Das Verwaltungsgericht hat die aufschiebende Wirkung der Klage mit Beschluss vom 19. August 2015 insoweit wiederhergestellt, als sie sich auf den Betrieb der Windenergieanlage bezieht. Im Übrigen hat es den Antrag abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Hinsichtlich des Betriebs der Anlage gehe die Interessenabwägung zu Lasten der Beigeladenen aus. Die Genehmigung vom 5. Februar 2015 stelle sich im Rahmen der gebotenen summarischen Überprüfung in Bezug auf subjektive Rechte des Antragstellers nicht in jeder Hinsicht als rechtmäßig dar. Auf der Grundlage des von der Beigeladenen im Genehmigungsverfahren vorgelegten schalltechnischen Gutachtens könne nicht hinreichend sicher ausgeschlossen werden, dass der Antragsteller durch die genehmigte Anlage schädlichen Umwelteinwirkungen i. S. d. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt werde. Das Gutachten liege nicht „auf der sicheren Seite“, weil seine Aussagekraft durch eine vom LANUV NRW in Auftrag gegebene Untersuchung des Sachverständigenbüros Uppenkamp & Partner vom 11. November 2014, die sich zur Anwendung des so genannten „alternativen Verfahrens“ nach DIN ISO 9613-2 bei hohen Windenergieanlagen verhält, in Frage gestellt werde. Das schalltechnische Gutachten berechne für den dem Grundstück des Antragstellers am nächsten gelegenen Immissionspunkt (IP 04) eine Gesamtbelastung von etwa 36 dB(A). Sowohl der Berechnung der Vorbelastung als auch der Zusatzbelastung lägen Bodendämpfungswerte von Agr > 0 zugrunde. Daher könne nicht ausgeschlossen werden, dass das Wohngrundstück des Antragstellers Lärmimmissionen über dem zulässigen Richtwert von 40 dB(A) bzw. - nach Maßgabe von Nr. 3.2.1 Abs. 3 TA Lärm - 41 dB(A) ausgesetzt sein werde. Hinsichtlich der Errichtung der Anlage gehe die Interessenabwägung demgegenüber zu Lasten des Antragstellers aus. Etwaige Verstöße gegen den Flächennutzungsplan (Höhenbegrenzung; „Windindustrialisierung“ des Ortsteils E. ) könne der Antragsteller nicht rügen, weil der Flächennutzungsplan keine nachbarschützende Rechte vermittle. Auch verstoße die Anlage nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Angesichts des Abstands zwischen dem Grundstück des Antragstellers und der Anlage sei eine optisch bedrängende Wirkung nicht gegeben. Der Antragsteller sei auch keinen schädlichen Umweltauswirkungen durch Infraschall ausgesetzt. Schließlich bestehe kein Aufhebungsanspruch des Antragstellers nach dem Umweltrechtsbehelfsgesetz. Die hier erforderliche allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit sei durchgeführt worden und nach Maßgabe von § 3a Satz 4 UVPG nicht zu beanstanden.
5Gegen den Beschluss haben der Antragsteller am 28. August 2015, der Antragsgegner am 1. September 2015 und die Beigeladene am 2. September 2015 Beschwerde eingelegt. Der Antragsteller begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage auch in Bezug auf die Errichtung der genehmigten Windenergieanlage. Der Antragsgegner und die Beigeladene wollen erreichen, dass der Antrag insgesamt abgelehnt wird.
6II.
7Die Beschwerden des Antragsgegners und der Beigeladenen haben Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner im Verfahren 11 K 690/15 (VG Minden) erhobenen Klage gegen die der Beigeladenen erteilte Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Windkraftanlage Typ Enercon E-101 mit einer Nabenhöhe von 149 Metern und einem Rotordurchmesser von 101 Metern in Q. , Gemarkung E. , Flur , Flurstück , hinsichtlich des Betriebs der Anlage zu Unrecht stattgegeben. Die hiergegen fristgerecht vorgebrachten Gründe, auf deren Überprüfung das Beschwerdegericht gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, stellen die Annahmen des Verwaltungsgerichts zwar nicht mit Blick auf die Zulässigkeit des einstweiligen Rechtsschutzantrags des Antragstellers (dazu 1.), wohl aber mit Blick auf dessen Begründetheit durchgreifend in Frage (dazu 2.).
8Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung im Übrigen zu Recht abgelehnt. Die hiergegen fristgerecht vorgebrachten Gründe stellen die Annahme des Verwaltungsgerichts, die angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung sei - von der Lärmproblematik abgesehen - voraussichtlich rechtmäßig, nicht durchgreifend in Frage (dazu 3.).
9Die im Verfahren nach §§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung führt daher insgesamt zu dem Ergebnis, dass dem Interesse der Beigeladenen an einer Ausnutzung der ihr erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung der Vorrang gegenüber dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs zukommt (dazu 4.).
101. Gegen die Zulässigkeit des Antrags bestehen entgegen der Auffassung des Antragsgegners keine Bedenken; insbesondere fehlt es nicht am Rechtsschutzbedürfnis. Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die erhobene Klage nicht deshalb unzulässig sein dürfte, weil der Antragsteller in der Klageschrift vom 6. März 2015 das „Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch den Kreis Q. , Umweltamt“ als Beklagten bezeichnet hat. Der vom Antragsgegner hierzu zitierte Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. September 2015 (4 CN 2.15) steht dem nicht entgegen.
11Auch eine Parteibezeichnung im Sinne des § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist der Auslegung zugänglich, sofern sie - wie hier - uneindeutig und damit grundsätzlich auslegungsfähig ist. Dabei ist auf den objektiven Empfängerhorizont abzustellen.
12Vgl. nur Aulehner, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 82 Rn. 8 m.w.N.
13Danach ist auch aus Sicht des Senats nicht zweifelhaft, dass die Klage von Anfang an gegen den Antragsgegner und nicht gegen das Land Nordrhein-Westfalen gerichtet war. Der Klage war der angefochtene Genehmigungsbescheid des Antragsgegners beigefügt. Die Nennung des Landes Nordrhein-Westfalen stellt nicht zuletzt vor diesem Hintergrund ersichtlich ein Versehen des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers dar. Sein Schriftsatz vom 17. März 2015 steht dieser Bewertung nicht entgegen. Der Antragsteller hat darin ausdrücklich bestätigt, dass sich die Klage gegen den Antragsgegner richtet und die Rubrumsberichtigung mithin zu Recht erfolgt ist. Dass er weiterhin irrtümlich annahm, der Kreis werde als untere staatliche Verwaltungsbehörde tätig, ändert daran nichts.
142. Der Senat teilt nicht die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 5. Februar 2015 subjektive Rechte des Antragstellers verletze, weil auf der Grundlage des von der Beigeladenen im Genehmigungsverfahren vorgelegten schalltechnischen Gutachtens nicht hinreichend sicher ausgeschlossen werden könne, dass der Antragsteller durch die genehmigte Anlage schädlichen Umwelteinwirkungen i. S. d. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt werde. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts liegt die Immissionsprognose auf der Grundlage des schalltechnischen Gutachtens der J. GmbH vom 26. November 2014 (Beiakte Heft 6) nebst Ergänzungen vom 9. Juni, 17. September und 8. Oktober 2015 bei der hier nur möglichen summarischen Prüfung „auf der sicheren Seite“ (dazu a). Ihre Aussagekraft wird durch die vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV NRW) in Auftrag gegebene Untersuchung des Sachverständigenbüros V. & Partner vom 11. November 2014 (im Folgenden: „V. -Studie 2014“), die sich zur Anwendung des so genannten „alternativen Verfahrens“ nach DIN ISO 9613-2 bei hohen Windenergieanlagen verhält, nicht durchgreifend in Frage gestellt (dazu b).
15a) Auf der Grundlage der schalltechnischen Untersuchungen der J. GmbH bestehen keine im vorliegenden Eilverfahren beachtlichen Anhaltspunkte dafür, dass der für das Wohngrundstück des Antragstellers maßgebliche Immissionsrichtwert von 55 dB(A) tags und 40 dB(A) nachts dort durch den Betrieb der streitgegenständlichen Windenergieanlage überschritten wird.
16Einer näheren Betrachtung bedarf dies lediglich für die Nachtzeit, da für die Tagzeit angesichts des um 15 dB(A) höheren Immissionsrichtwerts Überschreitungen auch unter Berücksichtigung des dann zugrunde zu legenden Betriebs mit einer uneingeschränkten Leistung von 3.050 kW auszuschließen sein dürften, wenn die Immissionswerte nachts eingehalten werden.
17Dabei dürfte allerdings davon auszugehen sein, dass das Wohnhaus des Antragstellers in dem - zu erweiternden - Einwirkungsbereich der Windenergieanlage liegt, obwohl die dort zu erwartende Zusatzbelastung durch diese Anlage mehr als 10 dB(A) unter dem maßgeblichen Immissionsrichtwert liegt (vgl. Nr. 2.2 TA Lärm). Bei einer ‑ wie hier - sehr großen Anzahl einwirkender Anlagen bzw. relevanter Vorbelastung kann es auch außerhalb des durch Nr. 2.2 TA Lärm schematisch umschriebenen Einwirkungsbereichs zu einer Pegelerhöhung und Überschreitung des Immissionsrichtwertes durch die Gesamtbelastung um mehr als 1 dB und damit zu einer schädlichen Umwelteinwirkung kommen. Dem dürfte - in gesetzeskonformer Anwendung der TA Lärm - durch die Zugrundelegung eines erweiterten Einwirkungsbereichs Rechnung zu tragen sein.
18Vgl. dazu etwa Feldhaus/Tegeder, in: Feldhaus (Hrsg.), Bundesimmissionsschutzrecht, Bd. 4, § 6 BImSchVwV (TA Lärm) , Rn. 21; Agatz, Windenergie-Handbuch, 12. Ausgabe 2015, S. 79.
19Das schalltechnische Gutachten ist auf der Grundlage der TA Lärm sowie des „alternativen Verfahrens“ nach DIN ISO 9613-2 (vgl. Nr. A.2.3.4 des Anhangs zur TA Lärm) erstellt worden. Es enthält - unter anderem - Berechnungen für den Immissionspunkt (IP) 04, die einen gewissen Anhalt für die am - ursprünglich nicht gesondert betrachteten - Wohngrundstück des Antragstellers zu erwartenden Schallimmissionen bieten können. Der IP 04 befindet sich wie das Wohngrundstück des Antragstellers im Ortsteil E. , und zwar auf dem Grundstück Gemarkung E. , Flur , Flurstück . Der IP 04 liegt mit etwa 1.700 Metern in einer vergleichbaren Entfernung von der geplanten Anlage wie das Grundstück des Antragstellers, welches einen Abstand von gut 1.700 Metern aufweist (vgl. J. GmbH, Ergänzende Stellungnahme vom 9. Juni 2015). Der Abstand zwischen dem Grundstück des Antragstellers und dem IP 04 beträgt etwa 700 Meter.
20Für den IP 04 berechnet das schalltechnische Gutachten eine Gesamtbelastung von LATges = 35,9 dB(A). Die Gesamtbelastung liegt damit 4,1 dB(A) unter dem für die Nacht maßgeblichen Immissionsrichtwert. Für das Grundstück des Antragstellers, welches etwa 100 Meter näher zur streitbefangenen Anlage gelegen ist, mag die Gesamtbelastung etwas höher liegen und die Unterschreitung des Immissionsrichtwertes etwas geringer ausfallen. Die Unterschiede dürften indes im Ergebnis vernachlässigbar sein.
21Durch die mit ergänzender Stellungnahme der J. GmbH vom 17. September 2015 mitgeteilten Berechnungen für den hier konkret maßgeblichen Immissionsort, das Wohnhaus des Antragstellers, wird die voraussichtliche Einhaltung der Immissionsrichtwerte nunmehr mit einer im vorliegenden summarischen Verfahren hinreichenden Sicherheit bestätigt.
22b) Die vom LANUV NRW in Auftrag gegebene Untersuchung des Sachverständigenbüros V. & Partner vom 11. November 2014 (im Folgenden: „V. -Studie 2014“), auf die der Antragsteller sich beruft, begründet an dieser Prognose keine durchgreifenden Zweifel. Dieser Bericht kommt zwar zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass das - auch hier angewandte - alternative Verfahren nach DIN ISO 9613-2 bei der Beurteilung der Geräusche von hohen Windenergieanlagen infolge einer Überschätzung der Bodendämpfung zu Abweichungen von den im Rahmen des Forschungsvorhabens gemessenen Werten führt. Aufgrund des bisher erreichten Erkenntnisstands ist jedoch - zumal im gerichtlichen Eilverfahren - nicht davon auszugehen, dass das genannte Verfahren durch neue gesicherte Erkenntnisse überholt wäre und nach dem „alternativen Verfahren“ erstellte Schallimmissionsprognosen nicht mehr verwertbar wären. Ungeachtet dessen dürften jedenfalls die von der J. GmbH unter dem 17. September 2015 hilfsweise berechneten Immissionswerte für das Wohnhaus des Antragstellers hinreichend auf der sicheren Seite liegen.
23Der TA Lärm kommt, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu.
24BVerwG, Urteil vom 29. November 2012 - 4 C 8/11 - BVerwGE 145, 145 ff. = juris Rn. 18.
25Die Bindungswirkung der TA Lärm einschließlich der über Ziffer A.2.3.4 des Anhangs zur TA Lärm anzuwendenden DIN ISO 9613-2 entfällt nur dann, wenn die in der TA Lärm enthaltenen Aussagen durch Erkenntnisfortschritte in Wissenschaft und Technik überholt sind und sie deshalb den gesetzlichen Anforderungen nicht mehr gerecht werden.
26Vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. März 1996 - 7 B 164/95 - UPR 1996, 306 = juris Rn. 19.
27Davon ist auch unter Berücksichtigung der Ergebnisse der „V. -Studie 2014“ nicht auszugehen.
28So auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 23. Februar 2016 - 3 S 2225/15 - juris Rn. 66; Bay. VGH, Beschlüsse vom 10. August 2015 - 22 ZB 15.1113 - BauR 2015, 1823 = juris Rn. 12 f., und vom 18. Februar 2016 - 22 ZB 15.2412 -, juris Rn. 26 ff., 57; insoweit noch offen lassend: OVG NRW, Beschluss vom 27. Juli 2015 - 8 B 390/15 - BauR 2015, 1817 = juris Rn. 25.
29Zwar hält der Senat die Kernaussagen der „V. -Studie 2014“ für plausibel. Denn die mathematischen Modelle für die Ermittlung der Bodendämpfung Agr wurden anhand von Schallquellen erstellt, die sich in maximal 30 Metern Höhe befinden. Es leuchtet ein, dass sich die Bodendämpfung bei höheren Schallquellen einerseits und bei weiter entfernt liegenden Immissionspunkten andererseits möglicherweise anders auswirkt. In diesem Zusammenhang enthält die „V. -Studie 2014“ die Aussage, dass die Bodendämpfung Agr bei hohen Schallquellen wahrscheinlich überschätzt werde. Die Aussage, dass die Bodendämpfung stets bei sämtlichen auf einen Immissionspunkt einwirkenden Windenergieanlagen mit Agr = 0 anzusetzen wäre, wird in dieser Studie nicht getroffen; sie lässt sich aus ihr auch nicht ableiten. Die Frage, welche konkreten Änderungen bei der Schallausbreitungsrechnung nach der TA Lärm in Verbindung mit der DIN ISO 9613-2 möglicherweise notwendig sind, ist derzeit noch offen bzw. Gegenstand wissenschaftlicher Diskussionen. Die „V. -Studie 2014“ zeigt also einen bestimmten Forschungsbedarf auf. Einen Erkenntnisfortschritt, der die Bindungswirkung der TA Lärm sowie der DIN ISO 9613-2 im Sinne der oben dargestellten Rechtsprechung entfallen ließe, stellt sie nicht dar.
30Jedenfalls im gerichtlichen Eilverfahren ist daher weiter davon auszugehen, dass eine Schallprognose dann „auf der sicheren Seite“ liegt, wenn sie - wie hier - entsprechend dem Regelwerk der TA Lärm sowie der in Bezug genommenen DIN ISO 9613-2 erstellt worden ist. Der Beschluss des Senats vom 27. Juli 2015 (8 B 390/15)
31- BauR 2015, 1817 = juris Rn. 24 -
32steht dem nicht entgegen. Dort war auf Veranlassung der zum gerichtlichen Eilverfahren beigeladenen Anlagenbetreiberin eine ergänzende Schallprognose eingeholt worden, bei der im Rahmen der Schallausbreitungsberechnung nach Maßgabe des „alternativen Verfahrens“ der DIN ISO 9613-2 die Bodendämpfung Agr durchweg mit „Null“ angesetzt wurde. Das Ergebnis war, dass auch in diesem Fall die maßgeblichen Immissionsrichtwerte am Wohnhaus des dortigen Antragstellers nicht überschritten wurden. In diesem Zusammenhang hat der Senat ausgeführt, dass eine Prognose nach dem alternativen Berechnungsverfahren jedenfalls dann auf der sicheren Seite liege, wenn eine - den Beurteilungspegel senkende - Bodendämpfung in der Berechnung ganz unberücksichtigt bleibe. Da es sich mathematisch stets zugunsten der Immissionspunkte auswirkt, wenn die Bodendämpfung Agr bei der Schallausbreitungsberechnung unberücksichtigt bleibt, versteht sich die vom Senat getroffene Aussage von selbst. Sie war jedoch nicht mit der Feststellung verbunden, dass eine Schallprognose nur dann auf der sicheren Seite liege, wenn die Bodendämpfung vollumfänglich unberücksichtigt bleibt.
33Vor dem Hintergrund der noch nicht abgeschlossenen wissenschaftlichen Diskussionen bestehen derzeit keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die von der J. GmbH mit ergänzender Stellungnahme vom 17. September 2015 berechneten bzw. mitgeteilten worst-case-Werte für das Wohnhaus des Antragstellers nicht hinreichend auf der sicheren Seite lägen. Die J. GmbH hat dabei die Bodendämpfung Agr für alle südwestlich der Ortschaft E. liegenden Windkraftanlagen auf Null korrigiert.
34Die Gutachter gehen dabei davon aus, dass ein pauschaler Ansatz mit Agr = 0 für die Schallausbreitungswege aller - rund 100 - auf das Grundstück des Antragstellers einwirkenden Windenergieanlagen nicht sachgerecht wäre. Es spricht auf der Basis des aktuellen Erkenntnisstandes viel für die Annahme der Gutachter, dass dies auch angesichts weiterer, sich summierender konservativer Annahmen der Berechnung eine Überkompensation eines möglichen in der Schallausbreitungsrechnung nach dem alternativen Verfahren enthaltenen „Fehlers“ für hohe, weit entfernte Schallquellen darstellen würde. So führt der Umstand, dass sich die die Ortschaft E. umrandenden Windenergieanlagen bzw. Windparks auf mehrere Himmelsrichtungen (Süden, Westen, Norden) verteilen, dazu, dass nicht alle Anlagen gleichzeitig auf eine Gebäudefront einwirken können. Ebenso wenig kann die stets in alle Richtungen unterstellte Bedingung von Mitwind in der Realität gleichzeitig auf alle Windkraftanlagen zutreffen. Überdies entspricht es den bisherigen vorläufigen Überlegungen, dass Modifikationen bei der Berücksichtigung der Bodendämpfungswerte voraussichtlich mit einer - hier soweit ersichtlich nicht vorgenommenen - Abschmelzung des bisher berücksichtigten Sicherheitszuschlags für die Unsicherheit des Prognosemodells einhergehen würden.
35Vgl. näher Agatz, Windenergie-Handbuch, 12. Ausgabe 2015, S. 70 m. w. N.
36Eine tendenzielle Überschätzung der Sicherheitszuschläge kommt im vorliegenden Fall zusätzlich deshalb in Betracht, weil bei großen Windparks mit zahlreichen Windenergieanlagen die Standardabweichung des gesamten Parks kleiner ist als die Standardabweichung der einzelnen Windenergieanlage.
37Vgl. Agatz, a. a. O., S. 73 f.
38Schließlich haben die Gutachter darauf hingewiesen, dass der Untersuchungsstandort im Rahmen der „V. -Studie 2014“ von einer bestimmten Topografie und Vegetation (ebene Fläche; überwiegend landwirtschaftlich genutzte Flächen etc.) geprägt gewesen sei. Für die Umgebung der Ortschaft E. sei demgegenüber bewegtes und zum Teil bewaldetes Gelände prägend. Die Ergebnisse der „V. -Studie 2014“ dürften daher auf die hier gegebene Situation nicht ohne Weiteres zu übertragen sein.
39Ausgehend von diesen Überlegungen bestehen derzeit keine erheblichen Zweifel daran, dass die unter dem 17. September 2015 vorgelegte Berechnung der Gutachter, die bei den im Rahmen der Vorbelastung zu berücksichtigenden südwestlich der Ortschaft E. gelegenen Windenergieanlagen eine Bodendämpfung unberücksichtigt lässt, auf der sicheren Seite liegt. Dies gilt jedenfalls vorbehaltlich der im Hauptsacheverfahren vorzulegenden und zu überprüfenden Eingangsgrößen dieser Berechnung. Danach ergibt sich für das Grundstück des Antragstellers eine Gesamtbelastung von LATges = 38,9 dB(A). Darüber hinaus wird nach den Berechnungen der Gutachter der - gemäß Nr. 3.2.1 Abs. 3 TA Lärm auf 41 dB(A) erhöhte - Immissionsrichtwert nachts am Grundstück des Antragstellers sogar selbst dann nicht überschritten, wenn bei der Ermittlung der Gesamtbelastung die Immissionsbeiträge aller - rund 100 - auf das Grundstück des Antragstellers einwirkenden Windenergieanlagen und nicht lediglich - wie vom Antragsgegner für richtig gehalten - die Anlagen mit einem Immissionsbeitrag von weniger als 15 dB unterhalb des maßgeblichen Immissionsrichtwertes berücksichtigt werden. Ob ein solcher genereller „Abschneidewert“ sachgerecht ist und auch dann den rechtlichen Vorgaben entspricht, wenn er im Einzelfall dazu führt, dass eine Vielzahl von Anlagen bei der Ermittlung des Beurteilungspegels unberücksichtigt bleibt, obwohl diese zusammen die Gesamtbelastung um mehr als 1 dB(A) erhöhen würden, braucht der Senat im vorliegenden Eilverfahren nicht zu entscheiden.
40Die vom Antragsteller vorgelegten Messprotokolle sind nicht geeignet, das vorstehende Ergebnis in Zweifel zu ziehen. Es ist nicht hinreichend erkennbar, dass diese die formalen Anforderungen erfüllen, die Ziffer A.3.5 des Anhangs zur TA Lärm an Messberichte stellt, dass die verwendeten Messgeräte den in Ziffer A.3.2 des Anhangs zur TA Lärm enthaltenen Anforderungen entsprechen und dass das Messverfahren und die Auswertung nach Maßgabe der Ziffer A.3.3 des Anhangs zur TA Lärm erfolgt ist. Insbesondere ist nicht hinreichend ersichtlich, dass die gemessenen Pegel nicht in erheblicher Weise durch Windgeräusche oder ähnliche Störgeräusche mitverursacht worden sind.
413. Die angefochtene Genehmigung verletzt bei summarischer Prüfung auch ansonsten keine subjektiven Rechte des Antragstellers. Das Verwaltungsgericht geht zu Recht davon aus, dass dem Antragsteller ein nachbarliches Abwehrrecht gegen das Bauvorhaben der Beigeladenen voraussichtlich nicht zusteht, soweit die Errichtung der Windenergieanlage betroffen ist. Gleiches gilt auch für den Betrieb der Windenergieanlage, nachdem hinsichtlich der Lärmproblematik bestehende Bedenken oben unter 2. entkräftet werden konnten. Von der Anlage geht keine optisch bedrängende Wirkung aus (dazu a). Auch steht dem Antragsteller ein Aufhebungsanspruch nach dem Umweltrechtsbehelfsgesetz nicht zu (dazu b). Andere Gründe sind vom Antragsteller nicht innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist (dazu c) bzw. nicht substantiiert (dazu d) vorgebracht worden.
42a) Von der streitbefangenen Anlage geht keine optisch bedrängende Wirkung aus, die im Hinblick auf die Wohnnutzung des Antragstellers einen Verstoß gegen das allgemeine, im Bauplanungsrecht verankerte Gebot der Rücksichtnahme darstellt.
43Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats hat sich die Einzelfallabwägung, ob eine Windenergieanlage bedrängend auf die Umgebung wirkt, in einem ersten Schritt an der Gesamthöhe (Nabenhöhe zuzüglich der Hälfte des Rotordurchmessers; hier: 199,50 Meter) der Anlage zu orientieren. Darüber hinaus sind die örtlichen Verhältnisse in die Einzelfallbewertung einzustellen. So ist u.a. die Lage bestimmter Räumlichkeiten und deren Fenster sowie von Terrassen u. ä. zur Windkraftanlage von Bedeutung. Zu berücksichtigen ist auch, ob von dem Wohngrundstück aus eine hinreichende Abschirmung zur Anlage besteht oder in zumutbarer Weise hergestellt werden kann. Relevant ist im Weiteren der Blickwinkel auf die Anlage, da es für die Erheblichkeit der optischen Beeinträchtigung einen Unterschied macht, ob die Anlage in der Hauptblickrichtung eines Wohnhauses liegt oder sich seitwärts von dieser befindet. Auch die Hauptwindrichtung kann von Bedeutung sein. Denn von der mit der Windrichtung wechselnden Stellung des Rotors hängt es ab, wie häufig in welcher Größe die vom Rotor bestrichene Fläche von einem Wohnhaus aus wahrgenommen wird. Zu berücksichtigen ist im Weiteren die topographische Situation. So kann etwa von einer auf einem Hügel gelegenen Windkraftanlage eine andere Wirkung als von einer auf tiefer liegendem Gelände errichteten Anlage ausgehen. Auch können Waldgebiete oder Gebäude einen zumindest partiellen Sichtschutz bieten. Einfluss auf das Maß der optischen Beeinträchtigung können auch schon vorhandene Windkraftanlagen haben. Denn einer Einzelanlage kann in diesem Zusammenhang je nach der Situation im Einzelfall ein stärkeres Gewicht zukommen als einer Anlage, die sich in eine schon vorhandene (optische) Vorbelastung einfügt und deshalb keine besondere zusätzliche Belastung für die Wohnnutzung darstellt. Je nach Fallkonstellation kann aber auch erst die hinzutretende Anlage in der Zusammenschau mit den bereits vorhandenen Anlagen zu einer unzumutbaren optisch bedrängenden Wirkung führen. Unter Berücksichtigung insbesondere der vorstehenden Kriterien lassen sich für die Ergebnisse der Einzelfallprüfungen grobe Anhaltswerte prognostizieren: Beträgt der Abstand zwischen einem Wohnhaus und einer Windkraftanlage mindestens das Dreifache der Gesamthöhe der geplanten Anlage (hier: 3 x 199,50 = 598,50 Meter), dürfte die Einzelfallprüfung überwiegend zu dem Ergebnis kommen, dass von dieser Anlage keine optisch bedrängende Wirkung zu Lasten der Wohnnutzung ausgeht. Bei einem solchen Abstand treten die Baukörperwirkung und die Rotorbewegung der Anlage so weit in den Hintergrund, dass ihr in der Regel keine beherrschende Dominanz und keine optisch bedrängende Wirkung gegenüber der Wohnbebauung zukommt. Ist der Abstand geringer als das Zweifache der Gesamthöhe der Anlage, dürfte die Einzelfallprüfung überwiegend zu einer dominanten und optisch bedrängenden Wirkung der Anlage gelangen. Ein Wohnhaus wird bei einem solchen Abstand in der Regel optisch von der Anlage überlagert und vereinnahmt. Auch tritt die Anlage in einem solchen Fall durch den verkürzten Abstand und den damit vergrößerten Betrachtungswinkel derart unausweichlich in das Sichtfeld, dass die Wohnnutzung überwiegend in unzumutbarer Weise beeinträchtigt wird. Beträgt der Abstand zwischen dem Wohnhaus und der Windkraftanlage das Zwei- bis Dreifache der Gesamthöhe der Anlage, bedarf es regelmäßig einer besonders intensiven Prüfung des Einzelfalls.
44OVG NRW, Urteil vom 9. August 2006 - 8 A 3726/05 -, BRS 70 Nr. 175 (2006) = juris Rn. 51 ff., 81, 91 ff., jeweils m. w. N.
45Diesem groben Raster liegt die Überlegung zu Grunde, dass die optisch bedrängende Wirkung einer Windenergieanlage mit zunehmendem Abstand regelmäßig abnimmt. Anders ausgedrückt: Je größer der Abstand zwischen einer Windenergieanlage und einem Wohnhaus ist, desto mehr treten die Kriterien, die für die optisch bedrängende Wirkung einer Windenergieanlage verantwortlich sein können, im Rahmen der vorzunehmenden Einzelfallbetrachtung in den Hintergrund.
46Nach diesen Grundsätzen geht der Senat ebenso wie das Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall davon aus, dass von der streitbefangenen Anlage keine optisch bedrängende Wirkung ausgeht, die einen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme darstellen würde. Die vom Antragsteller mit der Beschwerde vorgebrachten Gründe führen nicht zu einer anderen Bewertung. Der Senat verkennt dabei nicht, dass das Wohngrundstück des Antragstellers in Blickrichtung der streitbefangenen Anlage durch bereits vorhandene Windenergieanlagen, zu denen auch die in den Verfahren 8 B 1016/15, 8 B 1018/15, 8 B 169/16 und 8 B 170/16 streitbefangene Enercon E-92 zu zählen ist, nicht unerheblich vorbelastet ist. Auch verkennt der Senat nicht, dass die streitbefangene Anlage die bereits vorhandenen Anlagen in der Höhe zum Teil deutlich überragt. Da die streitbefangene Anlage zudem einen geringeren Abstand zum Wohnhaus des Antragstellers aufweist als die in derselben Blickrichtung bereits vorhandenen Anlagen, kann im vorliegenden Fall auch nicht davon gesprochen werden, dass die Anlage keine zusätzliche Belastung für die Wohnnutzung des Antragstellers darstellt, weil sie sich in eine schon vorhandene (optische) Vorbelastung einfügen würde. Der Senat geht daher davon aus, dass die streitbefangene Anlage eine eigenständige und zusätzliche optische Belastung für das Wohngrundstück des Antragstellers darstellt. Gleichwohl teilt er die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Grenze des Zumutbaren im vorliegenden Fall nicht überschritten und eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme daher nicht gegeben ist. Dabei spielt die Entfernung der Anlage zum Wohnhaus des Antragstellers eine ganz wesentliche Rolle. Der Abstand beträgt hier mehr als 1.740 Meter und entspricht damit (mindestens) dem 8,7-fachen der Gesamthöhe der Anlage. Der über www.tim-online.nrw.de einzusehenden topografischen Landkarte kann zudem entnommen werden, dass das Grundstück des Antragstellers 260 Meter ü. NN. und der Anlagenstandort etwa 265 Meter ü. NN. gelegen ist, so dass ein - rechtlich möglicherweise relevanter - Höhenunterschied bei der Abstandsberechnung hier nicht weiter ins Gewicht fällt. Ist nach der oben dargestellten Rechtsprechung schon bei einem Abstand zwischen Windenergieanlage und Wohnhaus, der dem Dreifachen der Gesamthöhe der Anlage entspricht, regelmäßig davon auszugehen, dass von der Anlage keine optisch bedrängende Wirkung zu Lasten der Wohnnutzung ausgeht, weil bei einem solchen Abstand die Baukörperwirkung und die Rotorbewegung der Anlage so weit in den Hintergrund treten, dass der Anlage insgesamt in der Regel keine beherrschende Dominanz und keine optisch bedrängende Wirkung gegenüber der Wohnbebauung mehr zukommt, so gilt dies mit zunehmendem Abstand umso mehr. Entspricht der Abstand zwischen Windenergieanlage und Wohnbebauung ‑ wie hier - (mindestens) dem 8,7-fachen der Gesamthöhe der Anlage, so mag die streitbefangene Anlage - auch zusammen mit den bereits vorhandenen Anlagen - zwar eine (optische) Belastung für das Wohngrundstück des Antragstellers bedeuten. Die Baukörperwirkung und die Rotorbewegung der Anlage treten bei einem solchen Abstand jedoch so deutlich in den Hintergrund, dass der Anlage eine beherrschende Dominanz praktisch nicht mehr zukommen kann. Daher kommt es auch auf eine bestehende oder noch herzustellende Abschirmung zur Anlage, etwa durch Wälder, Anpflanzungen oder Gardinen, hier nicht entscheidend an. Auch der freie und ungehinderte Blick auf die mehr als 1.740 Meter entfernte Windenergieanlage ist - auch unter Berücksichtigung der im Blickfeld bereits vorhandenen Anlagen - rechtlich nicht unzumutbar.
47b) Das Verwaltungsgericht ist der Ansicht, dass dem Antragsteller kein Aufhebungsanspruch nach § 4 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 UmwRG zustehe, weil die angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung nicht unter Verstoß gegen Vorschriften des UVPG ergangen sein dürfte. Die hier gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 3c Satz 1 und 3 UVPG und Nr. 1.6.2 der Anlage 1 zum UVPG erforderliche allgemeine Vorprüfung sei durchgeführt worden und halte einer gerichtlichen Nachprüfung nach Maßgabe von § 3a Satz 4 UVPG stand. Diese Annahme wird durch das Beschwerdevorbringen nicht durchgreifend in Frage gestellt.
48Der Antragsteller beanstandet im Wesentlichen eine unzureichende Prüfung des Artenschutzes. Der Sachverhalt sei insoweit nicht hinreichend ermittelt. Nicht sämtliche vorhandene geschützte Arten seien erfasst worden. Auch seien die Mindestanforderungen an die Beobachtungsdauer nicht beachtet worden. Der Antragsgegner reduziere die Artenschutzproblematik unzulässig auf die Zwergfledermaus. Die Problematik der Zugvögel bleibe unbeachtet. Wesentliche Rotmilan-Vorkommen blieben sogar gänzlich unerwähnt.
49Die vorgenannten Rügen greifen nicht durch. Der Entscheidung des Antragsgegners, dass die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich sei, beruht ausweislich des Ergebnisvermerks (vgl. Bl. 99 f. der Beiakte Heft 4) unter anderem auf der internen Stellungnahme des Umweltamtes des Antragsgegners vom 18. Dezember 2014 (vgl. Bl. 80 ff. der Beiakte Heft 4). Diese interne Stellungnahme wiederum bezieht sich auf zwei artenschutzrechtliche Fachbeiträge und eine Artenschutzprüfung, nämlich auf den im Rahmen der 107. Änderung des Flächennutzungsplans der Stadt Q. erstellten Artenschutzfachbeitrag der NZO-GmbH von August 2009 (abrufbar im Internet über die Homepage der Stadt Q. ), die im Rahmen der 121. Änderung des Flächennutzungsplans der Stadt Q. erstellte Artenschutzprüfung des Ingenieur-Büros Dr. K.-H. M. (vgl. Bl. 199 ff. der Beiakte Heft 9) sowie den im Rahmen der 125. Änderung des Flächennutzungsplans der Stadt Q. erstellten Artenschutzfachbeitrag der NZO-GmbH von November 2014 (abrufbar im Internet über die Homepage der Stadt Q. ). Für den Standort der hier streitbefangenen Anlage, der in der Konzentrationszone 4 („O. Weg“) liegt, enthält der zuletzt genannte Artenschutzfachbeitrag auf Seite 178 folgende Kurzbewertung:
50„Die Fläche wurde mit der 107. Änderung des FNP als Konzentrationszone ausgewiesen. Sowohl 2009 als auch 2014 wurde kein Brutrevier WEA-empfindlicher Greifvögel innerhalb der Konzentrationszone oder im nahen Umfeld kartiert. Bei der Raumnutzungsanalyse 2014 der angrenzenden Potentialfläche 8 konnte beobachtet werden, dass die Konzentrationszone von Rotmilanen als allgemeines Nahrungsstreifgebiet genutzt wird. Bei der Brutvogelkartierung 2009 gab es einen Brutverdacht für ein Kiebitzpaar. Eine Brut konnte aber letztlich nicht bestätigt werden. Maßnahmen zur Habitatoptimierung sind nicht erforderlich. Es wurden 2012 keine WEA-empfindlichen Fledermausarten nachgewiesen (M. 2012).“
51Bereits im Jahr 2009 anlässlich der Ausweisung der Konzentrationszone 4 waren die Auswirkungen von bis zu 100 Meter hohen Windenergieanlagen u. a. auf Zug- bzw. Brut- und Gastvögel einschließlich des Rotmilans durch den Artenschutzfachbeitrag der O. -GmbH von August 2009 umfangreich untersucht und eine Erfüllung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände (bei Beachtung bestimmter Schutzmaßnahmen) verneint worden. Vor diesem Hintergrund stellt es für sich genommen kein Ermittlungsdefizit dar, dass sich die im Rahmen der 121. Änderung des Flächennutzungsplans der Stadt Q. , die eine Aufhebung der Höhenbeschränkung vorsah, letztlich aber nicht realisiert wurde, erstellte Artenschutzprüfung des Dr. M. im Wesentlichen auf die Frage richtete, ob sich durch die geplante Höhenfreigabe für Brut- und Gast- und Zugvögel ein erhöhtes Konfliktpotential ergebe. Diese Frage hat der Gutachter verneint, da eine Erhöhung der Anlagen - vor allem bei Greifvögeln - eher zu einer Reduzierung des Kollisionsrisikos führe. Hinsichtlich der Zugvögel wurde zusätzlich angeführt, dass sich aus den beobachteten Zugwegen über das Untersuchungsgebiet keine Hinweise auf Zugkorridore regionaler oder überregionaler Bedeutung hätten ableiten lassen. Warum gleichwohl weitergehende Untersuchungen erforderlich sein sollten, legt die Beschwerde nicht substantiiert dar. Der Hinweis des Antragstellers auf Rotmilan-Beobachtungen am O. Weg genügt dazu nicht. Das gilt selbst ungeachtet der Tatsache, dass sich der von ihm vorgelegte Kartenausschnitt aus dem O. -Gutachten 2014 nicht auf die hier in Rede stehende Fläche, sondern auf die angrenzenden Potentialflächen 6/7 bezieht. Auch die vom Antragsteller lediglich pauschal und damit nur unsubstantiiert vorgebrachten methodischen Mängel vermag der Senat nach Durchsicht der Artenschutzfachbeiträge nicht nachzuvollziehen.
52c) Soweit das Verwaltungsgericht die teilweise Ablehnung des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz darauf stützt, dass negative Auswirkungen durch Infraschall aufgrund des Abstands zwischen dem Wohnhaus des Antragstellers und der Anlage auszuschließen seien, greift die Beschwerde ebenfalls nicht durch. Die vom Antragsteller hiergegen vorgebrachten Gründe sind vom Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nicht zu prüfen, weil der Antragsteller diese erst mit Schriftsatz 6. Oktober 2015 und damit nicht innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO vorgebracht hat. Davon abgesehen würde er mit seinem Vortrag aber auch nicht durchdringen. Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass in Bezug auf Infraschall jedenfalls bei Abständen von mehr als 500 Metern - und erst recht bei einem Abstand wie hier von knapp 1.600 Metern - zwischen Windenergieanlage und Wohnhaus die Schwelle zur schädlichen Umwelteinwirkungen nicht erreicht wird.
53Vgl. hierzu auch Ziffer 5.2.1.1 des aktuellen Windenergie-Erlasses NRW vom 4. November 2015
54(https://www.google.de/url?url=https://www.umwelt.nrw.de/fileadmin/redaktion/PDFs/klima/windenergieerlass.pdf) sowie das vom Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen herausgegebene „Faktenpapier“ zu Windenergieanlagen und Infraschall vom 16. Dezember 2015
55(https://www.umwelt.nrw.de/fileadmin/redaktion/PDFs/klima/windenergieanlagen_infraschall_faktenpapier.pdf).
56d) Mit der Rüge, die genehmigte Windenergieanlage sei planungsrechtlich unzulässig, weil sie die Höhenbegrenzung des geltenden Flächennutzungsplans nicht einhalte, kann der Antragsteller ebenfalls nicht durchdringen. Es kann dahinstehen, ob sie fristgerecht geltend gemacht worden ist, da es insoweit jedenfalls an einer hinreichenden Substantiierung der Beschwerdebegründung fehlt. Der Antragsteller setzt sich entgegen dem Gebot des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO nicht mit der Begründung der angefochtenen Entscheidung auseinander, wonach den Darstellungen des Flächennutzungsplans grundsätzlich keine nachbarschützende Funktion zukomme.
574. Ist somit bei summarischer Prüfung ein Unterliegen des Antragstellers in der Hauptsache wahrscheinlicher als ein Obsiegen, überwiegt insgesamt das Interesse der Beigeladenen an der sofortigen Vollziehung des Genehmigungsbescheids. Die Vergütung für die Stromeinspeisung unterliegt nach § 29 EEG 2014 ab dem 1. Januar 2016 einer quartalsweisen Degression. Die Beigeladene hat daher ein legitimes wirtschaftliches Interesse an einer Inbetriebnahme der geplanten Windenergieanlagen zum frühestmöglichen Zeitpunkt.
58Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind in beiden Instanzen erstattungsfähig, weil sie jeweils einen eigenen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat.
59Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Der Senat orientiert sich dabei an den Ziffern 19.2 und 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Der danach im Hauptsacheverfahren je Windkraftanlage festzusetzende Streitwert von 15.000,- EUR ist im Hinblick auf die Vorläufigkeit der erstrebten Regelung in Anlehnung an Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs auf die Hälfte zu reduzieren.
60Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen.
Auf die Beschwerden des Antragsgegners und der Beigeladenen wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 18. August 2015 mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert.
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen trägt der Antragsteller. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,- Euro festgesetzt.
Gründe:
1I.
2Der Antragsteller ist Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks Gemarkung E. , Flur , Flurstück in Q. . Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des rechtskräftigen Bebauungsplans „D 111 Auf der I. “, den der Rat der Stadt Q. am 3. Februar 1983 als Satzung beschlossen hat. Der Bebauungsplan setzt für das Grundstück des Antragstellers ein Allgemeines Wohngebiet (WA) fest. Die Beigeladene beantragte die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Windenergieanlage (Typ Enercon E-92) mit einer Nabenhöhe von 138,38 Metern, einem Rotordurchmesser von 92 Metern (Gesamthöhe 184,38 Meter) und einer Nennleistung von 2.350 kW auf dem Grundstück Gemarkung E. , Flur , Flurstück . Der Standort der geplanten ‑ und noch nicht errichteten - Windenergieanlage liegt in südwestlicher Richtung etwa 1.650 Meter von dem Wohnhaus des Antragstellers entfernt.
3Unter dem 15. Januar 2015 zog der Antragsgegner den Antragsteller zum Genehmigungsverfahren hinzu. Mit Bescheid vom 4. Februar 2015 erteilte der Antragsgegner der Beigeladenen die beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung unter Beifügung verschiedener Nebenbestimmungen. Der Antragsteller erhob gegen die Genehmigung am 6. März 2015 Klage vor dem Verwaltungsgericht. Auf den Antrag der Beigeladenen ordnete der Antragsgegner unter dem 18. März 2015 die sofortige Vollziehung der Genehmigung an.
4Der Antragsteller hat am 28. April 2015 Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt. Das Verwaltungsgericht hat die aufschiebende Wirkung der Klage mit Beschluss vom 18. August 2015 insoweit wiederhergestellt, als sie sich auf den Betrieb der Windenergieanlage bezieht. Im Übrigen hat es den Antrag abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Hinsichtlich des Betriebs der Anlage gehe die Interessenabwägung zu Lasten der Beigeladenen aus. Die Genehmigung vom 4. Februar 2015 stelle sich im Rahmen der gebotenen summarischen Überprüfung in Bezug auf subjektive Rechte des Antragstellers nicht in jeder Hinsicht als rechtmäßig dar. Auf der Grundlage des von der Beigeladenen im Genehmigungsverfahren vorgelegten schalltechnischen Gutachtens könne nicht hinreichend sicher ausgeschlossen werden, dass der Antragsteller durch die genehmigte Anlage schädlichen Umwelteinwirkungen i. S. d. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt werde. Das Gutachten liege nicht „auf der sicheren Seite“, weil seine Aussagekraft durch eine vom LANUV NRW in Auftrag gegebene Untersuchung des Sachverständigenbüros V. & Partner vom 11. November 2014, die sich zur Anwendung des so genannten „alternativen Verfahrens“ nach DIN ISO 9613-2 bei hohen Windenergieanlagen verhält, in Frage gestellt werde. Das schalltechnische Gutachten berechne für die Immissionspunkte IP K, IP O und IP P, zwischen denen das Grundstück des Antragstellers liege, eine Gesamtbelastung von 41,2 dB(A), 39,4 dB(A) bzw. 39,1 dB(A). Es sei davon auszugehen, dass sowohl der Berechnung der Vorbelastung als auch der Zusatzbelastung Bodendämpfungswerte von Agr > 0 zugrundelägen. Daher könne nicht ausgeschlossen werden, dass das Wohngrundstück des Antragstellers Lärmimmissionen über dem zulässigen Richtwert von 40 dB(A) bzw. - nach Maßgabe von Nr. 3.2.1 Abs. 3 TA Lärm - 41 dB(A) ausgesetzt sein werde.
5Hinsichtlich der Errichtung der Anlage gehe die Interessenabwägung demgegenüber zu Lasten des Antragstellers aus. Etwaige Verstöße gegen den Flächennutzungsplan (Höhenbegrenzung; „Windindustrialisierung“ des Ortsteils E. ) könne der Antragsteller nicht rügen, weil der Flächennutzungsplan keine nachbarschützende Rechte vermittle. Auch verstoße die Anlage nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Angesichts des Abstands zwischen dem Grundstück des Antragstellers und der Anlage sei eine optisch bedrängende Wirkung nicht gegeben. Der Antragsteller sei auch keinen schädlichen Umweltauswirkungen durch Infraschall ausgesetzt. Schließlich bestehe kein Aufhebungsanspruch des Antragstellers nach dem Umweltrechtsbehelfsgesetz. Die hier erforderliche allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit sei durchgeführt worden und nach Maßgabe von § 3a Satz 4 UVPG nicht zu beanstanden.
6Gegen den Beschluss haben der Antragsteller am 28. August 2015, der Antragsgegner am 1. September 2015 und die Beigeladene am 2. September 2015 Beschwerde eingelegt. Der Antragsteller begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage auch in Bezug auf die Errichtung der genehmigten Windenergieanlage. Der Antragsgegner und die Beigeladene wollen erreichen, dass der Antrag insgesamt abgelehnt wird.
7II.
8Die Beschwerden des Antragsgegners und der Beigeladenen haben Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner im Verfahren 11 K 692/15 (VG Minden) erhobenen Klage gegen die der Beigeladenen erteilte Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Windkraftanlage Typ Enercon E-92 mit einer Nabenhöhe von 138,38 Metern, einem Rotordurchmesser von 92 Metern (Gesamthöhe 184,38 Meter) und einer Nennleistung von 2.350 kW auf dem Grundstück Gemarkung E. , Flur , Flurstück , hinsichtlich des Betriebs der Anlage zu Unrecht stattgegeben. Die hiergegen fristgerecht vorgebrachten Gründe, auf deren Überprüfung das Beschwerdegericht gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, stellen die Annahmen des Verwaltungsgerichts zwar nicht mit Blick auf die Zulässigkeit des vorläufigen Rechtsschutzantrags des Antragstellers (dazu 1.), wohl aber mit Blick auf dessen Begründetheit durchgreifend in Frage (dazu 2.).
9Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung im Übrigen zu Recht abgelehnt. Die hiergegen fristgerecht vorgebrachten Gründe stellen die Annahme des Verwaltungsgerichts, die angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung sei - von der Lärmproblematik abgesehen - voraussichtlich rechtmäßig, nicht durchgreifend in Frage (dazu 3.).
10Die im Verfahren nach §§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung führt daher insgesamt zu dem Ergebnis, dass dem Interesse der Beigeladenen an einer Ausnutzung der ihr erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung der Vorrang gegenüber dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs zukommt (dazu 4.).
111. Gegen die Zulässigkeit des Antrags bestehen entgegen der Auffassung des Antragsgegners keine Bedenken; insbesondere fehlt es nicht am Rechtsschutzbedürfnis. Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die erhobene Klage nicht deshalb unzulässig sein dürfte, weil der Antragsteller in der Klageschrift vom 6. März 2015 das „Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch den Kreis Q. , Umweltamt“ als Beklagten bezeichnet hat. Der vom Antragsgegner hierzu zitierte Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. September 2015 (4 CN 2.15) steht dem nicht entgegen.
12Auch eine Parteibezeichnung im Sinne des § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist der Auslegung zugänglich, sofern sie - wie hier - uneindeutig und damit grundsätzlich auslegungsfähig ist. Dabei ist auf den objektiven Empfängerhorizont abzustellen.
13Vgl. nur Aulehner, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 82 Rn. 8 m.w.N.
14Danach ist auch aus Sicht des Senats nicht zweifelhaft, dass die Klage von Anfang an gegen den Antragsgegner und nicht gegen das Land Nordrhein-Westfalen gerichtet war. Der Klage war der angefochtene Genehmigungsbescheid des Antragsgegners beigefügt. Die Nennung des Landes Nordrhein-Westfalen stellt nicht zuletzt vor diesem Hintergrund ersichtlich ein Versehen des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers dar. Sein Schriftsatz vom 17. März 2015 steht dieser Bewertung nicht entgegen. Der Antragsteller hat darin ausdrücklich bestätigt, dass sich die Klage gegen den Antragsgegner richtet und die Rubrumsberichtigung mithin zu Recht erfolgt ist. Dass er weiterhin irrtümlich annahm, der Kreis werde als untere staatliche Verwaltungsbehörde tätig, ändert daran nichts.
152. Der Senat teilt nicht die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 4. Februar 2015 subjektive Rechte des Antragstellers verletze, weil auf der Grundlage des von der Beigeladenen im Genehmigungsverfahren vorgelegten schalltechnischen Gutachtens nicht hinreichend sicher ausgeschlossen werden könne, dass der Antragsteller durch die genehmigte Anlage schädlichen Umwelteinwirkungen i. S. d. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt werde. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts liegt die Immissionsprognose auf der Grundlage des schalltechnischen Gutachtens der s. GmbH & Co. KG vom 10. Oktober 2014 (Beiakte Heft 5, Register 9) nebst Ergänzung vom 8. Juni 2015 (vgl. Bl. 120 der Gerichtsakte) unter Berücksichtigung der ergänzenden Stellungnahmen der J. GmbH vom 17. September und 8. Oktober 2015 (vgl. Bl. 316 bis 323 der Gerichtsakte) bei der hier nur möglichen summarischen Prüfung „auf der sicheren Seite“ (dazu a). Ihre Aussagekraft wird durch die vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV NRW) in Auftrag gegebene Untersuchung des Sachverständigenbüros V. & Partner vom 11. November 2014 (im Folgenden: „V. -Studie 2014“), die sich zur Anwendung des so genannten „alternativen Verfahrens“ nach DIN ISO 9613-2 bei hohen Windenergieanlagen verhält, nicht durchgreifend in Frage gestellt (dazu b).
16a) Auf der Grundlage der schalltechnischen Untersuchungen der s. GmbH & Co. KG sowie der ergänzenden Stellungnahmen der J. GmbH vom 17. September und 8. Oktober 2015 bestehen keine im vorliegenden Eilverfahren beachtlichen Anhaltspunkte dafür, dass der für das Wohngrundstück des Antragstellers maßgebliche Immissionsrichtwert von 55 dB(A) tags und 40 dB(A) nachts dort durch den Betrieb der streitgegenständlichen Windenergieanlage überschritten wird.
17Einer näheren Betrachtung bedarf dies lediglich für die Nachtzeit, da für die Tagzeit angesichts des um 15 dB(A) höheren Immissionsrichtwerts Überschreitungen auch unter Berücksichtigung des dann zugrunde zu legenden Betriebs mit einer uneingeschränkten Leistung von 2.350 kW auszuschließen sein dürften, wenn die Immissionswerte nachts eingehalten werden.
18Dabei dürfte allerdings davon auszugehen sein, dass das Wohnhaus des Antragstellers in dem - zu erweiternden - Einwirkungsbereich der Windenergieanlage liegt, obwohl die dort zu erwartende Zusatzbelastung durch diese Anlage mehr als 10 dB(A) unter dem maßgeblichen Immissionsrichtwert liegt (vgl. Nr. 2.2 TA Lärm). Bei einer - wie hier - sehr großen Anzahl einwirkender Anlagen bzw. relevanter Vorbelastung kann es auch außerhalb des durch Nr. 2.2 TA Lärm schematisch umschriebenen Einwirkungsbereichs zu einer Pegelerhöhung und Überschreitung des Immissionsrichtwertes durch die Gesamtbelastung um mehr als 1 dB und damit zu einer schädlichen Umwelteinwirkung kommen. Dem dürfte - in gesetzeskonformer Anwendung der TA Lärm - durch die Zugrundelegung eines erweiterten Einwirkungsbereichs Rechnung zu tragen sein.
19Vgl. dazu etwa Feldhaus/Tegeder, in: Feldhaus (Hrsg.), Bundesimmissionsschutzrecht, Bd. 4, § 6 BImSchVwV (TA Lärm) , Rn. 21; Agatz, Windenergie-Handbuch, 12. Ausgabe 2015, S. 79.
20Das schalltechnische Gutachten ist auf der Grundlage der TA Lärm sowie des „alternativen Verfahrens“ nach DIN ISO 9613-2 (vgl. Nr. A.2.3.4 des Anhangs zur TA Lärm) erstellt worden. Es enthält - unter anderem - Berechnungen für die Immissionspunkte (IP) O WA und O1 WA, die einen gewissen Anhalt für die am - ursprünglich nicht gesondert betrachteten - Wohngrundstück des Antragstellers zu erwartenden Schallimmissionen bieten können. Die als Fläche dargestellten Immissionspunkte IP O WA und IP O1 WA befinden sich wie das Wohngrundstück des Antragstellers im Ortsteil E. und decken in etwa den nördlichen Teil des Geltungsbereichs des Bebauungsplans „D 111 Auf der I. “ der Stadt Q. ab, in dem auch das Wohngrundstück des Antragstellers liegt. Der kürzeste Abstand des IP O WA zur streitbefangenen Windenergieanlage beträgt ausweislich des schalltechnischen Gutachtens 1.649 Meter (vgl. Seite 17 des Gutachtens, Beiakte Heft 5, Register 9). Den Abstand zwischen der streitbefangenen Windenergieanlage und dem Wohnhaus des Antragstellers bemessen die Gutachter in ihrer ergänzenden und vom Antragsteller unwidersprochen gebliebenen Stellungnahme vom 8. Juni 2015 (vgl. Bl. 120 der Gerichtsakte) auf 1.652 Meter. Für den IP O WA berechnet das schalltechnische Gutachten eine Gesamtbelastung von 39,4 dB(A). Die Gesamtbelastung liegt damit 0,6 dB(A) unter dem für die Nacht maßgeblichen Immissionsrichtwert.
21In ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 17. September 2015 berechnet die J. GmbH für den hier konkret maßgeblichen Immissionsort, das Wohnhaus des Antragstellers, eine Gesamtbelastung von 38,5 dB(A). Dadurch wird die voraussichtliche Einhaltung der Immissionsrichtwerte nunmehr mit einer im vorliegenden summarischen Verfahren hinreichenden Sicherheit bestätigt.
22b) Die vom LANUV NRW in Auftrag gegebene Untersuchung des Sachverständigenbüros V. & Partner vom 11. November 2014 (im Folgenden: „V. -Studie 2014“), auf die der Antragsteller sich beruft, begründet an dieser Prognose keine durchgreifenden Zweifel. Dieser Bericht kommt zwar zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass das - auch hier angewandte - alternative Verfahren nach DIN ISO 9613-2 bei der Beurteilung der Geräusche von hohen Windenergieanlagen infolge einer Überschätzung der Bodendämpfung zu Abweichungen von den im Rahmen des Forschungsvorhabens gemessenen Werten führt. Aufgrund des bisher erreichten Erkenntnisstands ist jedoch - zumal im gerichtlichen Eilverfahren - nicht davon auszugehen, dass das genannte Verfahren durch neue gesicherte Erkenntnisse überholt wäre und nach dem „alternativen Verfahren“ erstellte Schallimmissionsprognosen nicht mehr verwertbar wären. Ungeachtet dessen dürften jedenfalls die von der J. GmbH unter dem 17. September 2015 hilfsweise berechneten Immissionswerte für das Wohnhaus des Antragstellers hinreichend auf der sicheren Seite liegen.
23Der TA Lärm kommt, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu.
24BVerwG, Urteil vom 29. November 2012 - 4 C 8/11 - BVerwGE 145, 145 ff. = juris Rn. 18.
25Die Bindungswirkung der TA Lärm einschließlich der über Ziffer A.2.3.4 des Anhangs zur TA Lärm anzuwendenden DIN ISO 9613-2 entfällt nur dann, wenn die in der TA Lärm enthaltenen Aussagen durch Erkenntnisfortschritte in Wissenschaft und Technik überholt sind und sie deshalb den gesetzlichen Anforderungen nicht mehr gerecht werden.
26Vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. März 1996 - 7 B 164/95 - UPR 1996, 306 = juris Rn. 19.
27Davon ist auch unter Berücksichtigung der Ergebnisse der „V. -Studie 2014“ nicht auszugehen.
28So auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 23. Februar 2016 - 3 S 2225/15 - juris Rn. 66; Bay. VGH, Beschlüsse vom 10. August 2015 - 22 ZB 15.1113 - BauR 2015, 1823 = juris Rn. 12 f., und vom 18. Februar 2016 - 22 ZB 15.2412 -, juris Rn. 26 ff., 57; insoweit noch offen lassend: OVG NRW, Beschluss vom 27. Juli 2015 - 8 B 390/15 - BauR 2015, 1817 = juris Rn. 25.
29Zwar hält der Senat die Kernaussagen der „V. -Studie 2014“ für plausibel. Denn die mathematischen Modelle für die Ermittlung der Bodendämpfung Agr wurden anhand von Schallquellen erstellt, die sich in maximal 30 Metern Höhe befinden. Es leuchtet ein, dass sich die Bodendämpfung bei höheren Schallquellen einerseits und bei weiter entfernt liegenden Immissionspunkten andererseits möglicherweise anders auswirkt. In diesem Zusammenhang enthält die „V. -Studie 2014“ die Aussage, dass die Bodendämpfung Agr bei hohen Schallquellen wahrscheinlich überschätzt werde. Die Aussage, dass die Bodendämpfung stets bei sämtlichen auf einen Immissionspunkt einwirkenden Windenergieanlagen mit Agr = 0 anzusetzen wäre, wird in dieser Studie nicht getroffen; sie lässt sich aus ihr auch nicht ableiten. Die Frage, welche konkreten Änderungen bei der Schallausbreitungsrechnung nach der TA Lärm in Verbindung mit der DIN ISO 9613-2 möglicherweise notwendig sind, ist derzeit noch offen bzw. Gegenstand wissenschaftlicher Diskussionen. Die „V. -Studie 2014“ zeigt also einen bestimmten Forschungsbedarf auf. Einen Erkenntnisfortschritt, der die Bindungswirkung der TA Lärm sowie der DIN ISO 9613-2 im Sinne der oben dargestellten Rechtsprechung entfallen ließe, stellt sie nicht dar.
30Jedenfalls im gerichtlichen Eilverfahren ist daher weiter davon auszugehen, dass eine Schallprognose dann „auf der sicheren Seite“ liegt, wenn sie - wie hier - entsprechend dem Regelwerk der TA Lärm sowie der in Bezug genommenen DIN ISO 9613-2 erstellt worden ist. Der Beschluss des Senats vom 27. Juli 2015 (8 B 390/15)
31- BauR 2015, 1817 = juris Rn. 24 -
32steht dem nicht entgegen. Dort war auf Veranlassung der zum gerichtlichen Eilverfahren beigeladenen Anlagenbetreiberin eine ergänzende Schallprognose eingeholt worden, bei der im Rahmen der Schallausbreitungsberechnung nach Maßgabe des „alternativen Verfahrens“ der DIN ISO 9613-2 die Bodendämpfung Agr durchweg mit „Null“ angesetzt wurde. Das Ergebnis war, dass auch in diesem Fall die maßgeblichen Immissionsrichtwerte am Wohnhaus des dortigen Antragstellers nicht überschritten wurden. In diesem Zusammenhang hat der Senat ausgeführt, dass eine Prognose nach dem alternativen Berechnungsverfahren jedenfalls dann auf der sicheren Seite liege, wenn eine - den Beurteilungspegel senkende - Bodendämpfung in der Berechnung ganz unberücksichtigt bleibe. Da es sich mathematisch stets zugunsten der Immissionspunkte auswirkt, wenn die Bodendämpfung Agr bei der Schallausbreitungsberechnung unberücksichtigt bleibt, versteht sich die vom Senat getroffene Aussage von selbst. Sie war jedoch nicht mit der Feststellung verbunden, dass eine Schallprognose nur dann auf der sicheren Seite liege, wenn die Bodendämpfung vollumfänglich unberücksichtigt bleibt.
33Vor dem Hintergrund der noch nicht abgeschlossenen wissenschaftlichen Diskussionen bestehen derzeit keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die von der J. GmbH mit ergänzender Stellungnahme vom 17. September 2015 berechneten bzw. mitgeteilten worst-case-Werte für das Wohnhaus des Antragstellers nicht hinreichend auf der sicheren Seite lägen. Die J. GmbH hat dabei die Bodendämpfung Agr für alle südwestlich der Ortschaft E. liegenden Windkraftanlagen auf Null korrigiert.
34Die Gutachter gehen dabei davon aus, dass ein pauschaler Ansatz mit Agr = 0 für die Schallausbreitungswege aller - rund 100 - auf das Grundstück des Antragstellers einwirkenden Windenergieanlagen nicht sachgerecht wäre. Es spricht auf der Basis des aktuellen Erkenntnisstandes viel für die Annahme der Gutachter, dass dies auch angesichts weiterer, sich summierender konservativer Annahmen der Berechnung eine Überkompensation eines möglicherweise in der Schallausbreitungsrechnung nach dem „alternativen Verfahren“ enthaltenen „Fehlers“ für hohe, weit entfernte Schallquellen darstellen würde. So führt der Umstand, dass sich die die Ortschaft E. umrandenden Windenergieanlagen bzw. Windparks auf mehrere Himmelsrichtungen (Süden, Westen, Norden) verteilen, dazu, dass nicht alle Anlagen gleichzeitig auf eine Gebäudefront einwirken können. Ebenso wenig kann die stets in alle Richtungen unterstellte Bedingung von Mitwind in der Realität gleichzeitig auf alle Windkraftanlagen zutreffen. Überdies entspricht es den bisherigen vorläufigen Überlegungen, dass Modifikationen bei der Berücksichtigung der Bodendämpfungswerte voraussichtlich mit einer - hier soweit ersichtlich nicht vorgenommenen - Abschmelzung des bisher berücksichtigten Sicherheitszuschlags für die Unsicherheit des Prognosemodells einhergehen würden.
35Vgl. näher Agatz, Windenergie-Handbuch, 12. Ausgabe 2015, S. 70 m. w. N.
36Eine tendenzielle Überschätzung der Sicherheitszuschläge kommt im vorliegenden Fall zusätzlich deshalb in Betracht, weil bei großen Windparks mit zahlreichen Windenergieanlagen die Standardabweichung des gesamten Parks kleiner ist als die Standardabweichung der einzelnen Windenergieanlage.
37Vgl. Agatz, a. a. O., S. 73 f.
38Schließlich haben die Gutachter darauf hingewiesen, dass der Untersuchungsstandort im Rahmen der „V1. -Studie 2014“ von einer bestimmten Topografie und Vegetation (ebene Fläche; überwiegend landwirtschaftlich genutzte Flächen etc.) geprägt gewesen sei. Für die Umgebung der Ortschaft E. sei demgegenüber bewegtes und zum Teil bewaldetes Gelände prägend. Die Ergebnisse der „V. -Studie 2014“ dürften daher auf die hier gegebene Situation nicht ohne Weiteres zu übertragen sein.
39Ausgehend von diesen Überlegungen bestehen derzeit keine erheblichen Zweifel daran, dass jedenfalls die unter dem 17. September 2015 vorgelegte Berechnung der J. GmbH, die bei den im Rahmen der Vorbelastung zu berücksichtigenden südwestlich der Ortschaft E. gelegenen Windenergieanlagen eine Bodendämpfung unberücksichtigt lässt, auf der sicheren Seite liegt. Dies gilt jedenfalls vorbehaltlich der im Hauptsacheverfahren vorzulegenden und zu überprüfenden Eingangsgrößen dieser Berechnung. Danach ergibt sich für das Grundstück des Antragstellers eine Gesamtbelastung von LATges = 38,5 dB(A). Darüber hinaus wird nach den Berechnungen der Gutachter der - gemäß Nr. 3.2.1 Abs. 3 TA Lärm auf 41 dB(A) erhöhte - Immissionsrichtwert nachts am Grundstück des Antragstellers sogar selbst dann nicht überschritten, wenn bei der Ermittlung der Gesamtbelastung die Immissionsbeiträge aller - rund 100 - auf das Grundstück des Antragstellers einwirkenden Windenergieanlagen und nicht lediglich - wie vom Antragsgegner für richtig gehalten - die Anlagen mit einem Immissionsbeitrag von weniger als 15 dB unterhalb des maßgeblichen Immissionsrichtwertes berücksichtigt werden. Ob ein solcher genereller „Abschneidewert“ sachgerecht ist und auch dann den rechtlichen Vorgaben entspricht, wenn er im Einzelfall dazu führt, dass eine Vielzahl von Anlagen bei der Ermittlung des Beurteilungspegels unberücksichtigt bleibt, obwohl diese zusammen die Gesamtbelastung um mehr als 1 dB(A) erhöhen würden, braucht der Senat im vorliegenden Eilverfahren nicht zu entscheiden.
40Die vom Antragsteller vorgelegten Messprotokolle sind nicht geeignet, das vorstehende Ergebnis in Zweifel zu ziehen. Es ist nicht hinreichend erkennbar, dass diese die formalen Anforderungen erfüllen, die Ziffer A.3.5 des Anhangs zur TA Lärm an Messberichte stellt, dass die verwendeten Messgeräte den in Ziffer A.3.2 des Anhangs zur TA Lärm enthaltenen Anforderungen entsprechen und dass das Messverfahren und die Auswertung nach Maßgabe der Ziffer A.3.3 des Anhangs zur TA Lärm erfolgt ist. Insbesondere ist nicht hinreichend ersichtlich, dass die gemessenen Pegel nicht in erheblicher Weise durch Windgeräusche oder ähnliche Störgeräusche mitverursacht worden sind.
413. Die angefochtene Genehmigung verletzt bei summarischer Prüfung auch ansonsten keine subjektiven Rechte des Antragstellers. Das Verwaltungsgericht geht zu Recht davon aus, dass dem Antragsteller ein nachbarliches Abwehrrecht gegen das Bauvorhaben der Beigeladenen voraussichtlich nicht zusteht, soweit die Errichtung der Windenergieanlage betroffen ist. Gleiches gilt auch für den Betrieb der Windenergieanlage, nachdem hinsichtlich der Lärmproblematik bestehende Bedenken oben unter 2. entkräftet werden konnten. Von der Anlage geht keine optisch bedrängende Wirkung aus (dazu a). Auch steht dem Antragsteller ein Aufhebungsanspruch nach dem Umweltrechtsbehelfsgesetz nicht zu (dazu b). Andere Gründe sind vom Antragsteller nicht innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist (dazu c) bzw. nicht substantiiert (dazu d) vorgebracht worden.
42a) Von der streitbefangenen Anlage geht keine optisch bedrängende Wirkung aus, die im Hinblick auf die Wohnnutzung des Antragstellers einen Verstoß gegen das allgemeine, im Bauplanungsrecht verankerte Gebot der Rücksichtnahme darstellt.
43Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats hat sich die Einzelfallabwägung, ob eine Windenergieanlage bedrängend auf die Umgebung wirkt, in einem ersten Schritt an der Gesamthöhe (Nabenhöhe zuzüglich der Hälfte des Rotordurchmessers; hier: 184,38 Meter) der Anlage zu orientieren. Darüber hinaus sind die örtlichen Verhältnisse in die Einzelfallbewertung einzustellen. So ist u.a. die Lage bestimmter Räumlichkeiten und deren Fenster sowie von Terrassen u. ä. zur Windkraftanlage von Bedeutung. Zu berücksichtigen ist auch, ob von dem Wohngrundstück aus eine hinreichende Abschirmung zur Anlage besteht oder in zumutbarer Weise hergestellt werden kann. Relevant ist im Weiteren der Blickwinkel auf die Anlage, da es für die Erheblichkeit der optischen Beeinträchtigung einen Unterschied macht, ob die Anlage in der Hauptblickrichtung eines Wohnhauses liegt oder sich seitwärts von dieser befindet. Auch die Hauptwindrichtung kann von Bedeutung sein. Denn von der mit der Windrichtung wechselnden Stellung des Rotors hängt es ab, wie häufig in welcher Größe die vom Rotor bestrichene Fläche von einem Wohnhaus aus wahrgenommen wird. Zu berücksichtigen ist im Weiteren die topographische Situation. So kann etwa von einer auf einem Hügel gelegenen Windkraftanlage eine andere Wirkung als von einer auf tiefer liegendem Gelände errichteten Anlage ausgehen. Auch können Waldgebiete oder Gebäude einen zumindest partiellen Sichtschutz bieten. Einfluss auf das Maß der optischen Beeinträchtigung können auch schon vorhandene Windkraftanlagen haben. Denn einer Einzelanlage kann in diesem Zusammenhang je nach der Situation im Einzelfall ein stärkeres Gewicht zukommen als einer Anlage, die sich in eine schon vorhandene (optische) Vorbelastung einfügt und deshalb keine besondere zusätzliche Belastung für die Wohnnutzung darstellt. Je nach Fallkonstellation kann aber auch erst die hinzutretende Anlage in der Zusammenschau mit den bereits vorhandenen Anlagen zu einer unzumutbaren optisch bedrängenden Wirkung führen. Unter Berücksichtigung insbesondere der vorstehenden Kriterien lassen sich für die Ergebnisse der Einzelfallprüfungen grobe Anhaltswerte prognostizieren: Beträgt der Abstand zwischen einem Wohnhaus und einer Windkraftanlage mindestens das Dreifache der Gesamthöhe der geplanten Anlage (hier: 3 x 184,38 = 553,14 Meter), dürfte die Einzelfallprüfung überwiegend zu dem Ergebnis kommen, dass von dieser Anlage keine optisch bedrängende Wirkung zu Lasten der Wohnnutzung ausgeht. Bei einem solchen Abstand treten die Baukörperwirkung und die Rotorbewegung der Anlage so weit in den Hintergrund, dass ihr in der Regel keine beherrschende Dominanz und keine optisch bedrängende Wirkung gegenüber der Wohnbebauung zukommt. Ist der Abstand geringer als das Zweifache der Gesamthöhe der Anlage, dürfte die Einzelfallprüfung überwiegend zu einer dominanten und optisch bedrängenden Wirkung der Anlage gelangen. Ein Wohnhaus wird bei einem solchen Abstand in der Regel optisch von der Anlage überlagert und vereinnahmt. Auch tritt die Anlage in einem solchen Fall durch den verkürzten Abstand und den damit vergrößerten Betrachtungswinkel derart unausweichlich in das Sichtfeld, dass die Wohnnutzung überwiegend in unzumutbarer Weise beeinträchtigt wird. Beträgt der Abstand zwischen dem Wohnhaus und der Windkraftanlage das Zwei- bis Dreifache der Gesamthöhe der Anlage, bedarf es regelmäßig einer besonders intensiven Prüfung des Einzelfalls.
44OVG NRW, Urteil vom 9. August 2006 - 8 A 3726/05 -, BRS 70 Nr. 175 (2006) = juris Rn. 51 ff., 81, 91 ff., jeweils m. w. N.
45Diesem groben Raster liegt die Überlegung zu Grunde, dass die optisch bedrängende Wirkung einer Windenergieanlage mit zunehmendem Abstand regelmäßig abnimmt. Anders ausgedrückt: Je größer der Abstand zwischen einer Windenergieanlage und einem Wohnhaus ist, desto mehr treten die Kriterien, die für die optisch bedrängende Wirkung einer Windenergieanlage verantwortlich sein können, im Rahmen der vorzunehmenden Einzelfallbetrachtung in den Hintergrund.
46Nach diesen Grundsätzen geht der Senat ebenso wie das Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall davon aus, dass von der streitbefangenen Anlage keine optisch bedrängende Wirkung ausgeht, die einen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme darstellen würde. Die vom Antragsteller mit der Beschwerde vorgebrachten Gründe führen nicht zu einer anderen Bewertung. Der Senat verkennt dabei nicht, dass das Wohngrundstück des Antragstellers in Blickrichtung der streitbefangenen Anlage durch bereits vorhandene Windenergieanlagen nicht unerheblich vorbelastet ist. Auch verkennt der Senat nicht, dass die streitbefangene Anlage die bereits vorhandenen Anlagen in der Höhe zum Teil deutlich überragt. Da die streitbefangene Anlage zudem einen geringeren Abstand zum Wohnhaus des Antragstellers aufweist als die in derselben Blickrichtung bereits vorhandenen Anlagen, kann im vorliegenden Fall auch nicht davon gesprochen werden, dass die Anlage keine zusätzliche Belastung für die Wohnnutzung des Antragstellers darstellt, weil sie sich in eine schon vorhandene (optische) Vorbelastung einfügen würde. Der Senat geht daher davon aus, dass die streitbefangene Anlage eine eigenständige und zusätzliche optische Belastung für das Wohngrundstück des Antragstellers darstellt. Gleichwohl teilt er die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Grenze des Zumutbaren im vorliegenden Fall nicht überschritten und eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme daher nicht gegeben ist. Dabei spielt die Entfernung der Anlage zum Wohnhaus des Antragstellers eine ganz wesentliche Rolle. Der Abstand beträgt hier gut 1.650 Meter und entspricht damit (mindestens) dem 8,9-fachen der Gesamthöhe der Anlage. Der über www.tim-online.nrw.de einzusehenden topografischen Landkarte kann zudem entnommen werden, dass das Grundstück des Antragstellers 260 Meter ü. NN. und der Anlagenstandort etwa 255 Meter ü. NN. gelegen ist, so dass ein ‑ rechtlich möglicherweise relevanter - Höhenunterschied bei der Abstandsberechnung hier nicht weiter ins Gewicht fällt. Ist nach der oben dargestellten Rechtsprechung schon bei einem Abstand zwischen Windenergieanlage und Wohnhaus, der dem Dreifachen der Gesamthöhe der Anlage entspricht, regelmäßig davon auszugehen, dass von der Anlage keine optisch bedrängende Wirkung zu Lasten der Wohnnutzung ausgeht, weil bei einem solchen Abstand die Baukörperwirkung und die Rotorbewegung der Anlage so weit in den Hintergrund treten, dass der Anlage insgesamt in der Regel keine beherrschende Dominanz und keine optisch bedrängende Wirkung gegenüber der Wohnbebauung mehr zukommt, so gilt dies mit zunehmendem Abstand umso mehr. Entspricht der Abstand zwischen Windenergieanlage und Wohnbebauung - wie hier - (mindestens) dem 8,9-fachen der Gesamthöhe der Anlage, so mag die streitbefangene Anlage - auch zusammen mit den bereits vorhandenen Anlagen - zwar eine (optische) Belastung für das Wohngrundstück des Antragstellers bedeuten. Die Baukörperwirkung und die Rotorbewegung der Anlage treten bei einem solchen Abstand jedoch so deutlich in den Hintergrund, dass der Anlage eine beherrschende Dominanz praktisch nicht mehr zukommen kann. Daher kommt es auch auf eine bestehende oder noch herzustellende Abschirmung zur Anlage, etwa durch Wälder, Anpflanzungen oder Gardinen, hier nicht entscheidend an. Auch der freie und ungehinderte Blick auf die mehr als 1.650 Meter entfernte Windenergieanlage ist - auch unter Berücksichtigung der im Blickfeld bereits vorhandenen Anlagen - rechtlich nicht unzumutbar. Daran würde sich selbst dann nichts ändern, wenn – wie der Antragsteller meint – die in den Verfahren 8 B 1015/15 und 8 B 1017/15 streitbefangene, später genehmigte Windenergieanlage Enercon E101 bei Erteilung der hier angefochtenen Genehmigung hätte berücksichtigt werden müssen.
47b) Das Verwaltungsgericht ist der Ansicht, dass dem Antragsteller kein Aufhebungsanspruch nach § 4 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 UmwRG zustehe, weil die angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung nicht unter Verstoß gegen Vorschriften des UVPG ergangen sein dürfte. Die hier gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 3c Satz 1 und 3 UVPG und Nr. 1.6.2 der Anlage 1 zum UVPG erforderliche allgemeine Vorprüfung sei durchgeführt worden und halte einer gerichtlichen Nachprüfung nach Maßgabe von § 3a Satz 4 UVPG stand. Diese Annahme wird durch das Beschwerdevorbringen nicht durchgreifend in Frage gestellt.
48Der Antragsteller beanstandet im Wesentlichen eine unzureichende Prüfung des Artenschutzes. Der Sachverhalt sei insoweit nicht hinreichend ermittelt. Nicht sämtliche vorhandene geschützte Arten seien erfasst worden. Auch seien die Mindestanforderungen an die Beobachtungsdauer nicht beachtet worden. Der Antragsgegner reduziere die Artenschutzproblematik unzulässig auf die Zwergfledermaus. Die Problematik der Zugvögel bleibe unbeachtet. Wesentliche Rotmilan-Vorkommen blieben sogar gänzlich unerwähnt.
49Die vorgenannten Rügen greifen nicht durch. Der Entscheidung des Antragsgegners, dass die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich sei, beruht ausweislich des Ergebnisvermerks (vgl. Bl. 112 f. der Beiakte Heft 4) unter anderem auf der internen Stellungnahme des Umweltamtes des Antragsgegners vom 18. Dezember 2014 (vgl. Bl. 93 ff. der Beiakte Heft 4). Diese interne Stellungnahme wiederum bezieht sich auf zwei artenschutzrechtliche Fachbeiträge und eine Artenschutzprüfung, nämlich auf den im Rahmen der 107. Änderung des Flächennutzungsplans der Stadt Q. erstellten Artenschutzfachbeitrag der O. -GmbH von August 2009 (abrufbar im Internet über die Homepage der Stadt Q. ), die im Rahmen der 121. Änderung des Flächennutzungsplans der Stadt Q. erstellte Artenschutzprüfung des Ingenieur-Büros Dr. K.-H. M. sowie den im Rahmen der 125. Änderung des Flächennutzungsplans der Stadt Q. erstellten Artenschutzfachbeitrag der O. -GmbH von November 2014 (abrufbar im Internet über die Homepage der Stadt Q. ). Für den Standort der hier streitbefangenen Anlage, der in der Konzentrationszone 4 („J1. Weg“) liegt, enthält der zuletzt genannte Artenschutzfachbeitrag auf Seite 178 folgende Kurzbewertung:
50„Die Fläche wurde mit der 107. Änderung des FNP als Konzentrationszone ausgewiesen. Sowohl 2009 als auch 2014 wurde kein Brutrevier WEA-empfindlicher Greifvögel innerhalb der Konzentrationszone oder im nahen Umfeld kartiert. Bei der Raumnutzungsanalyse 2014 der angrenzenden Potentialfläche 8 konnte beobachtet werden, dass die Konzentrationszone von Rotmilanen als allgemeines Nahrungsstreifgebiet genutzt wird. Bei der Brutvogelkartierung 2009 gab es einen Brutverdacht für ein Kiebitzpaar. Eine Brut konnte aber letztlich nicht bestätigt werden. Maßnahmen zur Habitatoptimierung sind nicht erforderlich. Es wurden 2012 keine WEA-empfindlichen Fledermausarten nachgewiesen (M. 2012).“
51Bereits im Jahr 2009 anlässlich der Ausweisung der Konzentrationszone 4 waren die Auswirkungen von bis zu 100 Meter hohen Windenergieanlagen u. a. auf Zug- bzw. Brut- und Gastvögel einschließlich des Rotmilans durch den Artenschutzfachbeitrag der O. -GmbH von August 2009 umfangreich untersucht und eine Erfüllung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände (bei Beachtung bestimmter Schutzmaßnahmen) verneint worden. Vor diesem Hintergrund stellt es für sich genommen kein Ermittlungsdefizit dar, dass sich die im Rahmen der - letztlich nicht realisierten - 121. Änderung des Flächennutzungsplans der Stadt Q. , die eine Aufhebung der Höhenbeschränkung vorsah, erstellte Artenschutzprüfung des Dr. M. im Wesentlichen mit der Frage befasste, ob sich durch die geplante Höhenfreigabe für Brut- und Gast- und Zugvögel ein erhöhtes Konfliktpotential ergebe. Diese Frage hat der Gutachter verneint, da eine Erhöhung der Anlagen - vor allem bei Greifvögeln - eher zu einer Reduzierung des Kollisionsrisikos führe. Hinsichtlich der Zugvögel wurde zusätzlich angeführt, dass sich aus den beobachteten Zugwegen über das Untersuchungsgebiet keine Hinweise auf Zugkorridore regionaler oder überregionaler Bedeutung hätten ableiten lassen. Warum gleichwohl weitergehende Untersuchungen erforderlich sein sollten, legt die Beschwerde nicht substantiiert dar. Der Hinweis des Antragstellers auf Rotmilan-Beobachtungen am J1. Weg genügt dazu nicht. Das gilt selbst ungeachtet der Tatsache, dass sich der von ihm vorgelegte Kartenausschnitt aus dem O. -Gutachten 2014 nicht auf die hier in Rede stehende Fläche, sondern auf die angrenzenden Potentialflächen 6/7 bezieht. Auch die vom Antragsteller lediglich pauschal und damit nur unsubstantiiert vorgebrachten methodischen Mängel vermag der Senat nach Durchsicht der Artenschutzfachbeiträge nicht nachzuvollziehen.
52c) Soweit das Verwaltungsgericht die teilweise Ablehnung des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz darauf stützt, dass negative Auswirkungen durch Infraschall aufgrund des Abstands zwischen dem Wohnhaus des Antragstellers und der Anlage auszuschließen seien, greift die Beschwerde ebenfalls nicht durch. Die vom Antragsteller hiergegen vorgebrachten Gründe sind vom Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nicht zu prüfen, weil der Antragsteller diese erst mit Schriftsatz 6. Oktober 2015 und damit nicht innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO vorgebracht hat. Davon abgesehen würde er mit seinem Vortrag aber auch nicht durchdringen. Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass in Bezug auf Infraschall jedenfalls bei Abständen von mehr als 500 Metern - und erst recht bei einem Abstand wie hier von gut 1.650 Metern - zwischen Windenergieanlage und Wohnhaus die Schwelle zur schädlichen Umwelteinwirkungen nicht erreicht wird.
53Vgl. hierzu auch Ziffer 5.2.1.1 des aktuellen Windenergie-Erlasses NRW vom 4. November 2015
54(https://www.google.de/url?url=https://www.umwelt.nrw.de/fileadmin/redaktion/PDFs/klima/windenergieerlass.pdf) sowie das vom Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen herausgegebene „Faktenpapier“ zu Windenergieanlagen und Infraschall vom 16. Dezember 2015
55(https://www.umwelt.nrw.de/fileadmin/redaktion/PDFs/klima/windenergieanlagen_infraschall_faktenpapier.pdf).
56d) Mit der Rüge, die genehmigte Windenergieanlage sei planungsrechtlich unzulässig, weil sie die Höhenbegrenzung des geltenden Flächennutzungsplans nicht einhalte, kann der Antragsteller ebenfalls nicht durchdringen. Es kann dahinstehen, ob sie fristgerecht geltend gemacht worden ist, da es insoweit jedenfalls an einer hinreichenden Substantiierung der Beschwerdebegründung fehlt. Der Antragsteller setzt sich entgegen dem Gebot des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO nicht mit der Begründung der angefochtenen Entscheidung auseinander, wonach den Darstellungen des Flächennutzungsplans grundsätzlich keine nachbarschützende Funktion zukomme.
574. Ist somit bei summarischer Prüfung ein Unterliegen des Antragstellers in der Hauptsache wahrscheinlicher als ein Obsiegen, überwiegt insgesamt das Interesse der Beigeladenen an der sofortigen Vollziehung des Genehmigungsbescheids. Die Vergütung für die Stromeinspeisung unterliegt nach § 29 EEG 2014 ab dem 1. Januar 2016 einer quartalsweisen Degression. Die Beigeladene hat daher ein legitimes wirtschaftliches Interesse an einer Inbetriebnahme der geplanten Windenergieanlagen zum frühestmöglichen Zeitpunkt.
58Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind in beiden Instanzen erstattungsfähig, weil sie jeweils einen eigenen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat.
59Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Der Senat orientiert sich dabei an den Ziffern 19.2 und 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Der danach im Hauptsacheverfahren je Windkraftanlage festzusetzende Streitwert von 15.000,- EUR ist im Hinblick auf die Vorläufigkeit der erstrebten Regelung in Anlehnung an Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs auf die Hälfte zu reduzieren.
60Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen.
Auf die Beschwerden des Antragsgegners und der Beigeladenen wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 19. August 2015 mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert.
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen trägt der Antragsteller. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,- Euro festgesetzt.
Gründe:
1I.
2Der Antragsteller ist Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks Gemarkung E. , Flur , Flurstück in Q. . Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des rechtskräftigen Bebauungsplans „D 104 C. “ der Stadt Q. , den der Rat der Stadt Q. am 10. Dezember 1987 als Satzung beschlossen hat. Der Bebauungsplan setzt für das Grundstück des Antragstellers ein Allgemeines Wohngebiet (WA) fest. Die Beigeladene beantragte die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Windenergieanlage (Typ Enercon E-101) mit einer Nabenhöhe von 149 Metern, einem Rotordurchmesser von 101 Metern (Gesamthöhe 199,5 Meter) und einer Nennleistung von 3.050 kW auf dem Grundstück Gemarkung E. , Flur , Flurstück . Der Standort der geplanten - und noch nicht errichteten - Windenergieanlage liegt in südwestlicher Richtung knapp 1.600 Meter von dem Wohnhaus des Antragstellers entfernt.
3Unter dem 15. Januar 2015 zog der Antragsgegner den Antragsteller zum Genehmigungsverfahren hinzu. Mit Bescheid vom 5. Februar 2015 erteilte der Antragsgegner der Beigeladenen die beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung unter Beifügung verschiedener Nebenbestimmungen. Der Antragsteller erhob gegen die Genehmigung am 6. März 2015 Klage vor dem Verwaltungsgericht. Auf den Antrag der Beigeladenen ordnete der Antragsgegner unter dem 18. März 2015 die sofortige Vollziehung der Genehmigung an.
4Der Antragsteller hat am 29. April 2015 Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt. Das Verwaltungsgericht hat die aufschiebende Wirkung der Klage mit Beschluss vom 19. August 2015 insoweit wiederhergestellt, als sie sich auf den Betrieb der Windenergieanlage bezieht. Im Übrigen hat es den Antrag abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Hinsichtlich des Betriebs der Anlage gehe die Interessenabwägung zu Lasten der Beigeladenen aus. Die Genehmigung vom 5. Februar 2015 stelle sich im Rahmen der gebotenen summarischen Überprüfung in Bezug auf subjektive Rechte des Antragstellers nicht in jeder Hinsicht als rechtmäßig dar. Auf der Grundlage des von der Beigeladenen im Genehmigungsverfahren vorgelegten schalltechnischen Gutachtens könne nicht hinreichend sicher ausgeschlossen werden, dass der Antragsteller durch die genehmigte Anlage schädlichen Umwelteinwirkungen i. S. d. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt werde. Das Gutachten liege nicht „auf der sicheren Seite“, weil seine Aussagekraft durch eine vom LANUV NRW in Auftrag gegebene Untersuchung des Sachverständigenbüros V. & Partner vom 11. November 2014, die sich zur Anwendung des so genannten „alternativen Verfahrens“ nach DIN ISO 9613-2 bei hohen Windenergieanlagen verhält, in Frage gestellt werde. Das schalltechnische Gutachten berechne für den dem Grundstück des Antragstellers am nächsten gelegenen Immissionspunkt (IP 04) eine Gesamtbelastung von etwa 36 dB(A). Sowohl der Berechnung der Vorbelastung als auch der Zusatzbelastung lägen Bodendämpfungswerte von Agr > 0 zugrunde. Daher könne nicht ausgeschlossen werden, dass das Wohngrundstück des Antragstellers Lärmimmissionen über dem zulässigen Richtwert von 40 dB(A) bzw. - nach Maßgabe von Nr. 3.2.1 Abs. 3 TA Lärm - 41 dB(A) ausgesetzt sein werde. Hinsichtlich der Errichtung der Anlage gehe die Interessenabwägung demgegenüber zu Lasten des Antragstellers aus. Etwaige Verstöße gegen den Flächennutzungsplan (Höhenbegrenzung; „Windindustrialisierung“ des Ortsteils E. ) könne der Antragsteller nicht rügen, weil der Flächennutzungsplan keine nachbarschützende Rechte vermittle. Auch verstoße die Anlage nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Angesichts des Abstands zwischen dem Grundstück des Antragstellers und der Anlage sei eine optisch bedrängende Wirkung nicht gegeben. Der Antragsteller sei auch keinen schädlichen Umweltauswirkungen durch Infraschall ausgesetzt. Schließlich bestehe kein Aufhebungsanspruch des Antragstellers nach dem Umweltrechtsbehelfsgesetz. Die hier erforderliche allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit sei durchgeführt worden und nach Maßgabe von § 3a Satz 4 UVPG nicht zu beanstanden.
5Gegen den Beschluss haben der Antragsteller am 31. August 2015, der Antragsgegner am 1. September 2015 und die Beigeladene am 2. September 2015 Beschwerde eingelegt. Der Antragsteller begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage auch in Bezug auf die Errichtung der genehmigten Windenergieanlage. Der Antragsgegner und die Beigeladene wollen erreichen, dass der Antrag insgesamt abgelehnt wird.
6II.
7Die Beschwerden des Antragsgegners und der Beigeladenen haben Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner im Verfahren 11 K 691/15 (VG Minden) erhobenen Klage gegen die der Beigeladenen erteilte Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Windkraftanlage Typ Enercon E-101 mit einer Nabenhöhe von 149 Metern und einem Rotordurchmesser von 101 Metern in Q. , Gemarkung E. , Flur , Flurstück , hinsichtlich des Betriebs der Anlage zu Unrecht stattgegeben. Die hiergegen fristgerecht vorgebrachten Gründe, auf deren Überprüfung das Beschwerdegericht gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, stellen die Annahmen des Verwaltungsgerichts zwar nicht mit Blick auf die Zulässigkeit des einstweiligen Rechtsschutzantrags des Antragstellers (dazu 1.), wohl aber mit Blick auf dessen Begründetheit durchgreifend in Frage (dazu 2.).
8Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung im Übrigen zu Recht abgelehnt. Die hiergegen fristgerecht vorgebrachten Gründe stellen die Annahme des Verwaltungsgerichts, die angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung sei - von der Lärmproblematik abgesehen - voraussichtlich rechtmäßig, nicht durchgreifend in Frage (dazu 3.).
9Die im Verfahren nach §§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung führt daher insgesamt zu dem Ergebnis, dass dem Interesse der Beigeladenen an einer Ausnutzung der ihr erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung der Vorrang gegenüber dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs zukommt (dazu 4.).
101. Gegen die Zulässigkeit des Antrags bestehen entgegen der Auffassung des Antragsgegners keine Bedenken; insbesondere fehlt es nicht am Rechtsschutzbedürfnis. Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die erhobene Klage nicht deshalb unzulässig sein dürfte, weil der Antragsteller in der Klageschrift vom 6. März 2015 das „Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch den Kreis Q. , Umweltamt“ als Beklagten bezeichnet hat. Der vom Antragsgegner hierzu zitierte Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. September 2015 (4 CN 2.15) steht dem nicht entgegen.
11Auch eine Parteibezeichnung im Sinne des § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist der Auslegung zugänglich, sofern sie - wie hier - uneindeutig und damit grundsätzlich auslegungsfähig ist. Dabei ist auf den objektiven Empfängerhorizont abzustellen.
12Vgl. nur Aulehner, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 82 Rn. 8 m.w.N.
13Danach ist auch aus Sicht des Senats nicht zweifelhaft, dass die Klage von Anfang an gegen den Antragsgegner und nicht gegen das Land Nordrhein-Westfalen gerichtet war. Der Klage war der angefochtene Genehmigungsbescheid des Antragsgegners beigefügt. Die Nennung des Landes Nordrhein-Westfalen stellt nicht zuletzt vor diesem Hintergrund ersichtlich ein Versehen des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers dar. Sein Schriftsatz vom 17. März 2015 steht dieser Bewertung nicht entgegen. Der Antragsteller hat darin ausdrücklich bestätigt, dass sich die Klage gegen den Antragsgegner richtet und die Rubrumsberichtigung mithin zu Recht erfolgt ist. Dass er weiterhin irrtümlich annahm, der Kreis werde als untere staatliche Verwaltungsbehörde tätig, ändert daran nichts.
142. Der Senat teilt nicht die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 5. Februar 2015 subjektive Rechte des Antragstellers verletze, weil auf der Grundlage des von der Beigeladenen im Genehmigungsverfahren vorgelegten schalltechnischen Gutachtens nicht hinreichend sicher ausgeschlossen werden könne, dass der Antragsteller durch die genehmigte Anlage schädlichen Umwelteinwirkungen i. S. d. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt werde. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts liegt die Immissionsprognose auf der Grundlage des schalltechnischen Gutachtens der J. GmbH vom 26. November 2014 (Beiakte Heft 6) nebst Ergänzungen vom 9. Juni, 17. September und 8. Oktober 2015 bei der hier nur möglichen summarischen Prüfung „auf der sicheren Seite“ (dazu a). Ihre Aussagekraft wird durch die vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV NRW) in Auftrag gegebene Untersuchung des Sachverständigenbüros V. & Partner vom 11. November 2014 (im Folgenden: „V. -Studie 2014“), die sich zur Anwendung des so genannten „alternativen Verfahrens“ nach DIN ISO 9613-2 bei hohen Windenergieanlagen verhält, nicht durchgreifend in Frage gestellt (dazu b).
15a) Auf der Grundlage der schalltechnischen Untersuchungen der J. GmbH bestehen keine im vorliegenden Eilverfahren beachtlichen Anhaltspunkte dafür, dass der für das Wohngrundstück des Antragstellers maßgebliche Immissionsrichtwert von 55 dB(A) tags und 40 dB(A) nachts dort durch den Betrieb der streitgegenständlichen Windenergieanlage überschritten wird.
16Einer näheren Betrachtung bedarf dies lediglich für die Nachtzeit, da für die Tagzeit angesichts des um 15 dB(A) höheren Immissionsrichtwerts Überschreitungen auch unter Berücksichtigung des dann zugrunde zu legenden Betriebs mit einer uneingeschränkten Leistung von 3.050 kW auszuschließen sein dürften, wenn die Immissionswerte nachts eingehalten werden.
17Dabei dürfte allerdings davon auszugehen sein, dass das Wohnhaus des Antragstellers in dem - zu erweiternden - Einwirkungsbereich der Windenergieanlage liegt, obwohl die dort zu erwartende Zusatzbelastung durch diese Anlage mehr als 10 dB(A) unter dem maßgeblichen Immissionsrichtwert liegt (vgl. Nr. 2.2 TA Lärm). Bei einer ‑ wie hier - sehr großen Anzahl einwirkender Anlagen bzw. relevanter Vorbelastung kann es auch außerhalb des durch Nr. 2.2 TA Lärm schematisch umschriebenen Einwirkungsbereichs zu einer Pegelerhöhung und Überschreitung des Immissionsrichtwertes durch die Gesamtbelastung um mehr als 1 dB und damit zu einer schädlichen Umwelteinwirkung kommen. Dem dürfte - in gesetzeskonformer Anwendung der TA Lärm - durch die Zugrundelegung eines erweiterten Einwirkungsbereichs Rechnung zu tragen sein.
18Vgl. dazu etwa Feldhaus/Tegeder, in: Feldhaus (Hrsg.), Bundesimmissionsschutzrecht, Bd. 4, § 6 BImSchVwV (TA Lärm) , Rn. 21; Agatz, Windenergie-Handbuch, 12. Ausgabe 2015, S. 79.
19Das schalltechnische Gutachten ist auf der Grundlage der TA Lärm sowie des „alternativen Verfahrens“ nach DIN ISO 9613-2 (vgl. Nr. A.2.3.4 des Anhangs zur TA Lärm) erstellt worden. Es enthält - unter anderem - Berechnungen für den Immissionspunkt (IP) 04, die einen gewissen Anhalt für die am - ursprünglich nicht gesondert betrachteten - Wohngrundstück des Antragstellers zu erwartenden Schallimmissionen bieten können. Der IP 04 befindet sich wie das Wohngrundstück des Antragstellers im Ortsteil E. , und zwar auf dem Grundstück Gemarkung E. , Flur , Flurstück . Der IP 04 liegt etwa 1.700 Meter von der geplanten Anlage entfernt. Das Grundstück des Antragstellers weist einen Abstand von knapp 1.600 Metern auf (vgl. J. GmbH, Ergänzende Stellungnahme vom 9. Juni 2015 sowie Beschwerdebegründung des Antragstellers, Anlage Bf 1a). Der Abstand zwischen dem Grundstück des Antragstellers und dem IP 04 beträgt etwa 550 Meter.
20Für den IP 04 berechnet das schalltechnische Gutachten eine Gesamtbelastung von LATges = 35,9 dB(A). Die Gesamtbelastung liegt damit 4,1 dB(A) unter dem für die Nacht maßgeblichen Immissionsrichtwert. Für das Grundstück des Antragstellers, welches etwa 100 Meter näher zur streitbefangenen Anlage gelegen ist, mag die Gesamtbelastung etwas höher liegen und die Unterschreitung des Immissionsrichtwertes etwas geringer ausfallen. Die Unterschiede dürften indes im Ergebnis vernachlässigbar sein.
21Durch die mit ergänzender Stellungnahme der J. GmbH vom 17. September 2015 mitgeteilten Berechnungen für den hier konkret maßgeblichen Immissionsort, das Wohnhaus des Antragstellers, wird die voraussichtliche Einhaltung der Immissionsrichtwerte nunmehr mit einer im vorliegenden summarischen Verfahren hinreichenden Sicherheit bestätigt.
22b) Die vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) in Auftrag gegebene Untersuchung des Sachverständigenbüros V. & Partner vom 11. November 2014 (im Folgenden: „V. -Studie 2014“), auf die der Antragsteller sich beruft, begründet an dieser Prognose keine durchgreifenden Zweifel. Dieser Bericht kommt zwar zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass das - auch hier angewandte - alternative Verfahren nach DIN ISO 9613-2 bei der Beurteilung der Geräusche von hohen Windenergieanlagen infolge einer Überschätzung der Bodendämpfung zu Abweichungen von den im Rahmen des Forschungsvorhabens gemessenen Werten führt. Aufgrund des bisher erreichten Erkenntnisstands ist jedoch - zumal im gerichtlichen Eilverfahren - nicht davon auszugehen, dass das genannte Verfahren durch neue gesicherte Erkenntnisse überholt wäre und nach dem „alternativen Verfahren“ erstellte Schallimmissionsprognosen nicht mehr verwertbar wären. Ungeachtet dessen dürften jedenfalls die von der J. GmbH unter dem 17. September 2015 hilfsweise berechneten Immissionswerte für das Wohnhaus des Antragstellers hinreichend auf der sicheren Seite liegen.
23Der TA Lärm kommt, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu.
24BVerwG, Urteil vom 29. November 2012 - 4 C 8/11 - BVerwGE 145, 145 ff. = juris Rn. 18.
25Die Bindungswirkung der TA Lärm einschließlich der über Ziffer A.2.3.4 des Anhangs zur TA Lärm anzuwendenden DIN ISO 9613-2 entfällt nur dann, wenn die in der TA Lärm enthaltenen Aussagen durch Erkenntnisfortschritte in Wissenschaft und Technik überholt sind und sie deshalb den gesetzlichen Anforderungen nicht mehr gerecht werden.
26Vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. März 1996 - 7 B 164/95 - UPR 1996, 306 = juris Rn. 19.
27Davon ist auch unter Berücksichtigung der Ergebnisse der „V. -Studie 2014“ nicht auszugehen.
28So auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 23. Februar 2016 - 3 S 2225/15 - juris Rn. 66; Bay. VGH, Beschlüsse vom 10. August 2015 - 22 ZB 15.1113 - BauR 2015, 1823 = juris Rn. 12 f., und vom 18. Februar 2016 - 22 ZB 15.2412 -, juris Rn. 26 ff., 57; insoweit noch offen lassend: OVG NRW, Beschluss vom 27. Juli 2015 - 8 B 390/15 - BauR 2015, 1817 = juris Rn. 25.
29Zwar hält der Senat die Kernaussagen der „V. -Studie 2014“ für plausibel. Denn die mathematischen Modelle für die Ermittlung der Bodendämpfung Agr wurden anhand von Schallquellen erstellt, die sich in maximal 30 Metern Höhe befinden. Es leuchtet ein, dass sich die Bodendämpfung bei höheren Schallquellen einerseits und bei weiter entfernt liegenden Immissionspunkten andererseits möglicherweise anders auswirkt. In diesem Zusammenhang enthält die „V. -Studie 2014“ die Aussage, dass die Bodendämpfung Agr bei hohen Schallquellen wahrscheinlich überschätzt werde. Die Aussage, dass die Bodendämpfung stets bei sämtlichen auf einen Immissionspunkt einwirkenden Windenergieanlagen mit Agr = 0 anzusetzen wäre, wird in dieser Studie nicht getroffen; sie lässt sich aus ihr auch nicht ableiten. Die Frage, welche konkreten Änderungen bei der Schallausbreitungsrechnung nach der TA Lärm in Verbindung mit der DIN ISO 9613-2 möglicherweise notwendig sind, ist derzeit noch offen bzw. Gegenstand wissenschaftlicher Diskussionen. Die „V. -Studie 2014“ zeigt also einen bestimmten Forschungsbedarf auf. Einen Erkenntnisfortschritt, der die Bindungswirkung der TA Lärm sowie der DIN ISO 9613-2 im Sinne der oben dargestellten Rechtsprechung entfallen ließe, stellt sie nicht dar.
30Jedenfalls im gerichtlichen Eilverfahren ist daher weiter davon auszugehen, dass eine Schallprognose dann „auf der sicheren Seite“ liegt, wenn sie - wie hier - entsprechend dem Regelwerk der TA Lärm sowie der in Bezug genommenen DIN ISO 9613-2 erstellt worden ist. Der Beschluss des Senats vom 27. Juli 2015 (8 B 390/15)
31- BauR 2015, 1817 = juris Rn. 24 -
32steht dem nicht entgegen. Dort war auf Veranlassung der zum gerichtlichen Eilverfahren beigeladenen Anlagenbetreiberin eine ergänzende Schallprognose eingeholt worden, bei der im Rahmen der Schallausbreitungsberechnung nach Maßgabe des „alternativen Verfahrens“ der DIN ISO 9613-2 die Bodendämpfung Agr durchweg mit „Null“ angesetzt wurde. Das Ergebnis war, dass auch in diesem Fall die maßgeblichen Immissionsrichtwerte am Wohnhaus des dortigen Antragstellers nicht überschritten wurden. In diesem Zusammenhang hat der Senat ausgeführt, dass eine Prognose nach dem alternativen Berechnungsverfahren jedenfalls dann auf der sicheren Seite liege, wenn eine - den Beurteilungspegel senkende - Bodendämpfung in der Berechnung ganz unberücksichtigt bleibe. Da es sich mathematisch stets zugunsten der Immissionspunkte auswirkt, wenn die Bodendämpfung Agr bei der Schallausbreitungsberechnung unberücksichtigt bleibt, versteht sich die vom Senat getroffene Aussage von selbst. Sie war jedoch nicht mit der Feststellung verbunden, dass eine Schallprognose nur dann auf der sicheren Seite liege, wenn die Bodendämpfung vollumfänglich unberücksichtigt bleibt.
33Vor dem Hintergrund der noch nicht abgeschlossenen wissenschaftlichen Diskussionen bestehen derzeit keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die von der J. GmbH mit ergänzender Stellungnahme vom 17. September 2015 berechneten bzw. mitgeteilten worst-case-Werte für das Wohnhaus des Antragstellers nicht hinreichend auf der sicheren Seite lägen. Die J. GmbH hat dabei die Bodendämpfung Agr für alle südwestlich der Ortschaft E. liegenden Windkraftanlagen auf Null korrigiert.
34Die Gutachter gehen dabei davon aus, dass ein pauschaler Ansatz mit Agr = 0 für die Schallausbreitungswege aller - rund 100 - auf das Grundstück des Antragstellers einwirkenden Windenergieanlagen nicht sachgerecht wäre. Es spricht auf der Basis des aktuellen Erkenntnisstandes viel für die Annahme der Gutachter, dass dies auch angesichts weiterer, sich summierender konservativer Annahmen der Berechnung eine Überkompensation eines möglichen in der Schallausbreitungsrechnung nach dem alternativen Verfahren enthaltenen „Fehlers“ für hohe, weit entfernte Schallquellen darstellen würde. So führt der Umstand, dass sich die die Ortschaft E. umrandenden Windenergieanlagen bzw. Windparks auf mehrere Himmelsrichtungen (Süden, Westen, Norden) verteilen, dazu, dass nicht alle Anlagen gleichzeitig auf eine Gebäudefront einwirken können. Ebensowenig kann die stets in alle Richtungen unterstellte Bedingung von Mitwind in der Realität gleichzeitig auf alle Windkraftanlagen zutreffen. Überdies entspricht es den bisherigen vorläufigen Überlegungen, dass Modifikationen bei der Berücksichtigung der Bodendämpfungswerte voraussichtlich mit einer - hier soweit ersichtlich nicht vorgenommenen - Abschmelzung des bisher berücksichtigten Sicherheitszuschlags für die Unsicherheit des Prognosemodells einhergehen würden.
35Vgl. näher Agatz, Windenergie-Handbuch, 12. Ausgabe 2015, S. 70 m. w. N.
36Eine tendenzielle Überschätzung der Sicherheitszuschläge kommt im vorliegenden Fall zusätzlich deshalb in Betracht, weil bei großen Windparks mit zahlreichen Windenergieanlagen die Standardabweichung des gesamten Parks kleiner ist als die Standardabweichung der einzelnen Windenergieanlage.
37Vgl. Agatz, a. a. O., S. 73 f.
38Schließlich haben die Gutachter darauf hingewiesen, dass der Untersuchungsstandort im Rahmen der „V. -Studie 2014“ von einer bestimmten Topografie und Vegetation (ebene Fläche; überwiegend landwirtschaftlich genutzte Flächen etc.) geprägt gewesen sei. Für die Umgebung der Ortschaft E. sei demgegenüber bewegtes und zum Teil bewaldetes Gelände prägend. Die Ergebnisse der „V. -Studie 2014“ dürften daher auf die hier gegebene Situation nicht ohne Weiteres zu übertragen sein.
39Ausgehend von diesen Überlegungen bestehen derzeit keine erheblichen Zweifel daran, dass die unter dem 17. September 2015 vorgelegte Berechnung der Gutachter, die bei den im Rahmen der Vorbelastung zu berücksichtigenden südwestlich der Ortschaft E. gelegenen Windenergieanlagen eine Bodendämpfung unberücksichtigt lässt, auf der sicheren Seite liegt. Dies gilt jedenfalls vorbehaltlich der im Hauptsacheverfahren vorzulegenden und zu überprüfenden Eingangsgrößen dieser Berechnung. Danach ergibt sich für das Grundstück des Antragstellers eine Gesamtbelastung von LATges = 39,2 dB(A). Darüber hinaus wird nach den Berechnungen der Gutachter der - gemäß Nr. 3.2.1 Abs. 3 TA Lärm auf 41 dB(A) erhöhte - Immissionsrichtwert nachts am Grundstück des Antragstellers sogar selbst dann nicht überschritten, wenn bei der Ermittlung der Gesamtbelastung die Immissionsbeiträge aller - rund 100 - auf das Grundstück des Antragstellers einwirkenden Windenergieanlagen und nicht lediglich - wie vom Antragsgegner für richtig gehalten - die Anlagen mit einem Immissionsbeitrag von weniger als 15 dB unterhalb des maßgeblichen Immissionsrichtwertes berücksichtigt werden. Ob ein solcher genereller „Abschneidewert“ sachgerecht ist und auch dann den rechtlichen Vorgaben entspricht, wenn er im Einzelfall dazu führt, dass eine Vielzahl von Anlagen bei der Ermittlung des Beurteilungspegels unberücksichtigt bleibt, obwohl diese zusammen die Gesamtbelastung um mehr als 1 dB(A) erhöhen würden, braucht der Senat im vorliegenden Eilverfahren nicht zu entscheiden.
40Die vom Antragsteller vorgelegten Messprotokolle sind nicht geeignet, das vorstehende Ergebnis in Zweifel zu ziehen. Es ist nicht hinreichend erkennbar, dass diese die formalen Anforderungen erfüllen, die Ziffer A.3.5 des Anhangs zur TA Lärm an Messberichte stellt, dass die verwendeten Messgeräte den in Ziffer A.3.2 des Anhangs zur TA Lärm enthaltenen Anforderungen entsprechen und dass das Messverfahren und die Auswertung nach Maßgabe der Ziffer A.3.3 des Anhangs zur TA Lärm erfolgt ist. Insbesondere ist nicht hinreichend ersichtlich, dass die gemessenen Pegel nicht in erheblicher Weise durch Windgeräusche oder ähnliche Störgeräusche mitverursacht worden sind.
413. Die angefochtene Genehmigung verletzt bei summarischer Prüfung auch ansonsten keine subjektiven Rechte des Antragstellers. Das Verwaltungsgericht geht zu Recht davon aus, dass dem Antragsteller ein nachbarliches Abwehrrecht gegen das Bauvorhaben der Beigeladenen voraussichtlich nicht zusteht, soweit die Errichtung der Windenergieanlage betroffen ist. Gleiches gilt auch für den Betrieb der Windenergieanlage, nachdem hinsichtlich der Lärmproblematik bestehende Bedenken oben unter 2. entkräftet werden konnten. Von der Anlage geht keine optisch bedrängende Wirkung aus (dazu a). Auch steht dem Antragsteller ein Aufhebungsanspruch nach dem Umweltrechtsbehelfsgesetz nicht zu (dazu b). Andere Gründe sind vom Antragsteller nicht innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist (dazu c) bzw. nicht substantiiert (dazu d) vorgebracht worden.
42a) Von der streitbefangenen Anlage geht keine optisch bedrängende Wirkung aus, die im Hinblick auf die Wohnnutzung des Antragstellers einen Verstoß gegen das allgemeine, im Bauplanungsrecht verankerte Gebot der Rücksichtnahme darstellt.
43Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats hat sich die Einzelfallabwägung, ob eine Windenergieanlage bedrängend auf die Umgebung wirkt, in einem ersten Schritt an der Gesamthöhe (Nabenhöhe zuzüglich der Hälfte des Rotordurchmessers; hier: 199,50 Meter) der Anlage zu orientieren. Darüber hinaus sind die örtlichen Verhältnisse in die Einzelfallbewertung einzustellen. So ist u.a. die Lage bestimmter Räumlichkeiten und deren Fenster sowie von Terrassen u. ä. zur Windkraftanlage von Bedeutung. Zu berücksichtigen ist auch, ob von dem Wohngrundstück aus eine hinreichende Abschirmung zur Anlage besteht oder in zumutbarer Weise hergestellt werden kann. Relevant ist im Weiteren der Blickwinkel auf die Anlage, da es für die Erheblichkeit der optischen Beeinträchtigung einen Unterschied macht, ob die Anlage in der Hauptblickrichtung eines Wohnhauses liegt oder sich seitwärts von dieser befindet. Auch die Hauptwindrichtung kann von Bedeutung sein. Denn von der mit der Windrichtung wechselnden Stellung des Rotors hängt es ab, wie häufig in welcher Größe die vom Rotor bestrichene Fläche von einem Wohnhaus aus wahrgenommen wird. Zu berücksichtigen ist im Weiteren die topographische Situation. So kann etwa von einer auf einem Hügel gelegenen Windkraftanlage eine andere Wirkung als von einer auf tiefer liegendem Gelände errichteten Anlage ausgehen. Auch können Waldgebiete oder Gebäude einen zumindest partiellen Sichtschutz bieten. Einfluss auf das Maß der optischen Beeinträchtigung können auch schon vorhandene Windkraftanlagen haben. Denn einer Einzelanlage kann in diesem Zusammenhang je nach der Situation im Einzelfall ein stärkeres Gewicht zukommen als einer Anlage, die sich in eine schon vorhandene (optische) Vorbelastung einfügt und deshalb keine besondere zusätzliche Belastung für die Wohnnutzung darstellt. Je nach Fallkonstellation kann aber auch erst die hinzutretende Anlage in der Zusammenschau mit den bereits vorhandenen Anlagen zu einer unzumutbaren optisch bedrängenden Wirkung führen. Unter Berücksichtigung insbesondere der vorstehenden Kriterien lassen sich für die Ergebnisse der Einzelfallprüfungen grobe Anhaltswerte prognostizieren: Beträgt der Abstand zwischen einem Wohnhaus und einer Windkraftanlage mindestens das Dreifache der Gesamthöhe der geplanten Anlage (hier: 3 x 199,50 = 598,50 Meter), dürfte die Einzelfallprüfung überwiegend zu dem Ergebnis kommen, dass von dieser Anlage keine optisch bedrängende Wirkung zu Lasten der Wohnnutzung ausgeht. Bei einem solchen Abstand treten die Baukörperwirkung und die Rotorbewegung der Anlage so weit in den Hintergrund, dass ihr in der Regel keine beherrschende Dominanz und keine optisch bedrängende Wirkung gegenüber der Wohnbebauung zukommt. Ist der Abstand geringer als das Zweifache der Gesamthöhe der Anlage, dürfte die Einzelfallprüfung überwiegend zu einer dominanten und optisch bedrängenden Wirkung der Anlage gelangen. Ein Wohnhaus wird bei einem solchen Abstand in der Regel optisch von der Anlage überlagert und vereinnahmt. Auch tritt die Anlage in einem solchen Fall durch den verkürzten Abstand und den damit vergrößerten Betrachtungswinkel derart unausweichlich in das Sichtfeld, dass die Wohnnutzung überwiegend in unzumutbarer Weise beeinträchtigt wird. Beträgt der Abstand zwischen dem Wohnhaus und der Windkraftanlage das Zwei- bis Dreifache der Gesamthöhe der Anlage, bedarf es regelmäßig einer besonders intensiven Prüfung des Einzelfalls.
44OVG NRW, Urteil vom 9. August 2006 - 8 A 3726/05 -, BRS 70 Nr. 175 (2006) = juris Rn. 51 ff., 81, 91 ff., jeweils m. w. N.
45Diesem groben Raster liegt die Überlegung zu Grunde, dass die optisch bedrängende Wirkung einer Windenergieanlage mit zunehmendem Abstand regelmäßig abnimmt. Anders ausgedrückt: Je größer der Abstand zwischen einer Windenergieanlage und einem Wohnhaus ist, desto mehr treten die Kriterien, die für die optisch bedrängende Wirkung einer Windenergieanlage verantwortlich sein können, im Rahmen der vorzunehmenden Einzelfallbetrachtung in den Hintergrund.
46Nach diesen Grundsätzen geht der Senat ebenso wie das Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall davon aus, dass von der streitbefangenen Anlage keine optisch bedrängende Wirkung ausgeht, die einen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme darstellen würde. Die vom Antragsteller mit der Beschwerde vorgebrachten Gründe führen nicht zu einer anderen Bewertung. Der Senat verkennt dabei nicht, dass das Wohngrundstück des Antragstellers in Blickrichtung der streitbefangenen Anlage durch bereits vorhandene Windenergieanlagen, zu denen auch die in den Verfahren 8 B 1016/15, 8 B 1018/15, 8 B 169/16 und 8 B 170/16 streitbefangene Enercon E-92 zu zählen ist, nicht unerheblich vorbelastet ist. Auch verkennt der Senat nicht, dass die streitbefangene Anlage die bereits vorhandenen Anlagen in der Höhe zum Teil deutlich überragt. Da die streitbefangene Anlage zudem einen geringeren Abstand zum Wohnhaus des Antragstellers aufweist als die in derselben Blickrichtung bereits vorhandenen Anlagen, kann im vorliegenden Fall auch nicht davon gesprochen werden, dass die Anlage keine zusätzliche Belastung für die Wohnnutzung des Antragstellers darstellt, weil sie sich in eine schon vorhandene (optische) Vorbelastung einfügen würde. Der Senat geht daher davon aus, dass die streitbefangene Anlage eine eigenständige und zusätzliche optische Belastung für das Wohngrundstück des Antragstellers darstellt. Gleichwohl teilt er die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Grenze des Zumutbaren im vorliegenden Fall nicht überschritten und eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme daher nicht gegeben ist. Dabei spielt die Entfernung der Anlage zum Wohnhaus des Antragstellers eine ganz wesentliche Rolle. Der Abstand beträgt hier knapp 1.600 Meter (s.o.) und entspricht damit knapp dem 8-fachen der Gesamthöhe der Anlage. Der über www.tim-online.nrw.de einzusehenden topografischen Landkarte kann zudem entnommen werden, dass das am Hang gelegene Grundstück des Antragstellers zwischen 240 und 245 Meter ü. NN. und der Anlagenstandort etwa 265 Meter ü. NN. gelegen ist, so dass ein - rechtlich möglicherweise relevanter - Höhenunterschied bei der Abstandsberechnung hier nicht weiter ins Gewicht fällt. Ist nach der oben dargestellten Rechtsprechung schon bei einem Abstand zwischen Windenergieanlage und Wohnhaus, der dem Dreifachen der Gesamthöhe der Anlage entspricht, regelmäßig davon auszugehen, dass von der Anlage keine optisch bedrängende Wirkung zu Lasten der Wohnnutzung ausgeht, weil bei einem solchen Abstand die Baukörperwirkung und die Rotorbewegung der Anlage so weit in den Hintergrund treten, dass der Anlage insgesamt in der Regel keine beherrschende Dominanz und keine optisch bedrängende Wirkung gegenüber der Wohnbebauung mehr zukommt, so gilt dies mit zunehmendem Abstand umso mehr. Entspricht der Abstand zwischen Windenergieanlage und Wohnbebauung - wie hier - etwa dem 8-fachen der Gesamthöhe der Anlage, so mag die streitbefangene Anlage - auch zusammen mit den bereits vorhandenen Anlagen - zwar eine (optische) Belastung für das Wohngrundstück des Antragstellers bedeuten. Die Baukörperwirkung und die Rotorbewegung der Anlage treten bei einem solchen Abstand jedoch so deutlich in den Hintergrund, dass der Anlage eine beherrschende Dominanz praktisch nicht mehr zukommen kann. Daher kommt es auch auf eine bestehende oder noch herzustellende Abschirmung zur Anlage, etwa durch Wälder, Anpflanzungen oder Gardinen, hier nicht entscheidend an. Auch der freie und ungehinderte Blick auf die knapp 1.600 Meter entfernte Windenergieanlage ist - auch unter Berücksichtigung der im Blickfeld bereits vorhandenen Anlagen - rechtlich nicht unzumutbar.
47b) Das Verwaltungsgericht ist der Ansicht, dass dem Antragsteller kein Aufhebungsanspruch nach § 4 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 UmwRG zustehe, weil die angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung nicht unter Verstoß gegen Vorschriften des UVPG ergangen sein dürfte. Die hier gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 3c Satz 1 und 3 UVPG und Nr. 1.6.2 der Anlage 1 zum UVPG erforderliche allgemeine Vorprüfung sei durchgeführt worden und halte einer gerichtlichen Nachprüfung nach Maßgabe von § 3a Satz 4 UVPG stand. Diese Annahme wird durch das Beschwerdevorbringen nicht durchgreifend in Frage gestellt.
48Der Antragsteller beanstandet im Wesentlichen eine unzureichende Prüfung des Artenschutzes. Der Sachverhalt sei insoweit nicht hinreichend ermittelt. Nicht sämtliche vorhandene geschützte Arten seien erfasst worden. Auch seien die Mindestanforderungen an die Beobachtungsdauer nicht beachtet worden. Der Antragsgegner reduziere die Artenschutzproblematik unzulässig auf die Zwergfledermaus. Die Problematik der Zugvögel bleibe unbeachtet. Wesentliche Rotmilan-Vorkommen blieben sogar gänzlich unerwähnt.
49Die vorgenannten Rügen greifen nicht durch. Der Entscheidung des Antragsgegners, dass die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich sei, beruht ausweislich des Ergebnisvermerks (vgl. Bl. 99 f. der Beiakte Heft 4) unter anderem auf der internen Stellungnahme des Umweltamtes des Antragsgegners vom 18. Dezember 2014 (vgl. Bl. 80 ff. der Beiakte Heft 4). Diese interne Stellungnahme wiederum bezieht sich auf zwei artenschutzrechtliche Fachbeiträge und eine Artenschutzprüfung, nämlich auf den im Rahmen der 107. Änderung des Flächennutzungsplans der Stadt Q. erstellten Artenschutzfachbeitrag der O. -GmbH von August 2009 (abrufbar im Internet über die Homepage der Stadt Q. ), die im Rahmen der 121. Änderung des Flächennutzungsplans der Stadt Q. erstellte Artenschutzprüfung des Ingenieur-Büros Dr. K.-H. M. (vgl. Bl. 199 ff. der Beiakte Heft 9) sowie den im Rahmen der 125. Änderung des Flächennutzungsplans der Stadt Q. erstellten Artenschutzfachbeitrag der O. -GmbH von November 2014 (abrufbar im Internet über die Homepage der Stadt Q. ). Für den Standort der hier streitbefangenen Anlage, der in der Konzentrationszone 4 („J. Weg“) liegt, enthält der zuletzt genannte Artenschutzfachbeitrag auf Seite 178 folgende Kurzbewertung:
50„Die Fläche wurde mit der 107. Änderung des FNP als Konzentrationszone ausgewiesen. Sowohl 2009 als auch 2014 wurde kein Brutrevier WEA-empfindlicher Greifvögel innerhalb der Konzentrationszone oder im nahen Umfeld kartiert. Bei der Raumnutzungsanalyse 2014 der angrenzenden Potentialfläche 8 konnte beobachtet werden, dass die Konzentrationszone von Rotmilanen als allgemeines Nahrungsstreifgebiet genutzt wird. Bei der Brutvogelkartierung 2009 gab es einen Brutverdacht für ein Kiebitzpaar. Eine Brut konnte aber letztlich nicht bestätigt werden. Maßnahmen zur Habitatoptimierung sind nicht erforderlich. Es wurden 2012 keine WEA-empfindlichen Fledermausarten nachgewiesen (M. 2012).“
51Bereits im Jahr 2009 anlässlich der Ausweisung der Konzentrationszone 4 waren die Auswirkungen von bis zu 100 Meter hohen Windenergieanlagen u. a. auf Zug- bzw. Brut- und Gastvögel einschließlich des Rotmilans durch den Artenschutzfachbeitrag der O. -GmbH von August 2009 umfangreich untersucht und eine Erfüllung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände (bei Beachtung bestimmter Schutzmaßnahmen) verneint worden. Vor diesem Hintergrund stellt es für sich genommen kein Ermittlungsdefizit dar, dass sich die im Rahmen der 121. Änderung des Flächennutzungsplans der Stadt Q. , die eine Aufhebung der Höhenbeschränkung vorsah, letztlich aber nicht realisiert wurde, erstellte Artenschutzprüfung des Dr. M. im Wesentlichen auf die Frage richtete, ob sich durch die geplante Höhenfreigabe für Brut- und Gast- und Zugvögel ein erhöhtes Konfliktpotential ergebe. Diese Frage hat der Gutachter verneint, da eine Erhöhung der Anlagen - vor allem bei Greifvögeln - eher zu einer Reduzierung des Kollisionsrisikos führe. Hinsichtlich der Zugvögel wurde zusätzlich angeführt, dass sich aus den beobachteten Zugwegen über das Untersuchungsgebiet keine Hinweise auf Zugkorridore regionaler oder überregionaler Bedeutung hätten ableiten lassen. Warum gleichwohl weitergehende Untersuchungen erforderlich sein sollten, legt die Beschwerde nicht substantiiert dar. Der Hinweis des Antragstellers auf Rotmilan-Beobachtungen am J. Weg genügt dazu nicht. Das gilt selbst ungeachtet der Tatsache, dass sich der von ihm vorgelegte Kartenausschnitt aus dem O. -Gutachten 2014 nicht auf die hier in Rede stehende Fläche, sondern auf die angrenzenden Potentialflächen 6/7 bezieht. Auch die vom Antragsteller lediglich pauschal und damit nur unsubstantiiert vorgebrachten methodischen Mängel vermag der Senat nach Durchsicht der Artenschutzfachbeiträge nicht nachzuvollziehen.
52c) Soweit das Verwaltungsgericht die teilweise Ablehnung des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz darauf stützt, dass negative Auswirkungen durch Infraschall aufgrund des Abstands zwischen dem Wohnhaus des Antragstellers und der Anlage auszuschließen seien, greift die Beschwerde ebenfalls nicht durch. Die vom Antragsteller hiergegen vorgebrachten Gründe sind vom Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nicht zu prüfen, weil der Antragsteller diese erst mit Schriftsatz 6. Oktober 2015 und damit nicht innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO vorgebracht hat. Davon abgesehen würde er mit seinem Vortrag aber auch nicht durchdringen. Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass in Bezug auf Infraschall jedenfalls bei Abständen von mehr als 500 Metern - und erst recht bei einem Abstand wie hier von knapp 1.600 Metern - zwischen Windenergieanlage und Wohnhaus die Schwelle zur schädlichen Umwelteinwirkungen nicht erreicht wird.
53Vgl. hierzu auch Ziffer 5.2.1.1 des aktuellen Windenergie-Erlasses NRW vom 4. November 2015
54(https://www.google.de/url?url=https://www.umwelt.nrw.de/fileadmin/redaktion/PDFs/klima/windenergieerlass.pdf) sowie das vom Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen herausgegebene „Faktenpapier“ zu Windenergieanlagen und Infraschall vom 16. Dezember 2015
55(https://www.umwelt.nrw.de/fileadmin/redaktion/PDFs/klima/windenergieanlagen_infraschall_faktenpapier.pdf).
56d) Mit der Rüge, die genehmigte Windenergieanlage sei planungsrechtlich unzulässig, weil sie die Höhenbegrenzung des geltenden Flächennutzungsplans nicht einhalte, kann der Antragsteller ebenfalls nicht durchdringen. Es kann dahinstehen, ob sie fristgerecht geltend gemacht worden ist, da es insoweit jedenfalls an einer hinreichenden Substantiierung der Beschwerdebegründung fehlt. Der Antragsteller setzt sich entgegen dem Gebot des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO nicht mit der Begründung der angefochtenen Entscheidung auseinander, wonach den Darstellungen des Flächennutzungsplans grundsätzlich keine nachbarschützende Funktion zukomme.
574. Ist somit bei summarischer Prüfung ein Unterliegen des Antragstellers in der Hauptsache wahrscheinlicher als ein Obsiegen, überwiegt insgesamt das Interesse der Beigeladenen an der sofortigen Vollziehung des Genehmigungsbescheids. Die Vergütung für die Stromeinspeisung unterliegt nach § 29 EEG 2014 ab dem 1. Januar 2016 einer quartalsweisen Degression. Die Beigeladene hat daher ein legitimes wirtschaftliches Interesse an einer Inbetriebnahme der geplanten Windenergieanlagen zum frühestmöglichen Zeitpunkt.
58Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind in beiden Instanzen erstattungsfähig, weil sie jeweils einen eigenen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat.
59Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Der Senat orientiert sich dabei an den Ziffern 19.2 und 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Der danach im Hauptsacheverfahren je Windkraftanlage festzusetzende Streitwert von 15.000,- EUR ist im Hinblick auf die Vorläufigkeit der erstrebten Regelung in Anlehnung an Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs auf die Hälfte zu reduzieren.
60Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen.
Auf die Beschwerden des Antragsgegners und der Beigeladenen wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 17. August 2015 mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert.
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen trägt der Antragsteller. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,- Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2I.
3Der Antragsteller ist Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks Gemarkung E. , Flur , Flurstück in Q. (postalische Anschrift: W. 50 in 33100 Q. ). Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des rechtskräftigen Bebauungsplans „D 104 C. “ der Stadt Q. , den der Rat der Stadt Q. am 10. Dezember 1987 als Satzung beschlossen hat. Der Bebauungsplan setzt für das Grundstück des Antragstellers ein Allgemeines Wohngebiet (WA) fest. Die Beigeladene beantragte die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Windenergieanlage (Typ Enercon E-92) mit einer Nabenhöhe von 138,38 Metern, einem Rotordurchmesser von 92 Metern (Gesamthöhe 184,38 Meter) und einer Nennleistung von 2.350 kW auf dem Grundstück Gemarkung E. , Flur , Flurstück. Der Standort der geplanten - und noch nicht errichteten - Windenergieanlage liegt in südwestlicher Richtung etwa 1.500 Meter von dem Wohnhaus des Antragstellers entfernt.
4Unter dem 15. Januar 2015 zog der Antragsgegner den Antragsteller zum Genehmigungsverfahren hinzu. Mit Bescheid vom 4. Februar 2015 erteilte der Antragsgegner der Beigeladenen die beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung unter Beifügung verschiedener Nebenbestimmungen. Der Antragsteller erhob gegen die Genehmigung am 6. März 2015 Klage vor dem Verwaltungsgericht. Auf den Antrag der Beigeladenen ordnete der Antragsgegner unter dem 18. März 2015 die sofortige Vollziehung der Genehmigung an.
5Der Antragsteller hat am 29. April 2015 Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt. Das Verwaltungsgericht hat die aufschiebende Wirkung der Klage mit Beschluss vom 17. August 2015 insoweit wiederhergestellt, als sie sich auf den Betrieb der Windenergieanlage bezieht. Im Übrigen hat es den Antrag abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Hinsichtlich des Betriebs der Anlage gehe die Interessenabwägung zu Lasten der Beigeladenen aus. Die Genehmigung vom 4. Februar 2015 stelle sich im Rahmen der gebotenen summarischen Überprüfung in Bezug auf subjektive Rechte des Antragstellers nicht in jeder Hinsicht als rechtmäßig dar. Auf der Grundlage des von der Beigeladenen im Genehmigungsverfahren vorgelegten schalltechnischen Gutachtens könne nicht hinreichend sicher ausgeschlossen werden, dass der Antragsteller durch die genehmigte Anlage schädlichen Umwelteinwirkungen i. S. d. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt werde. Das Gutachten liege nicht „auf der sicheren Seite“, weil seine Aussagekraft durch eine vom LANUV NRW in Auftrag gegebene Untersuchung des Sachverständigenbüros V. & Partner vom 11. November 2014, die sich zur Anwendung des so genannten „alternativen Verfahrens“ nach DIN ISO 9613-2 bei hohen Windenergieanlagen verhält, in Frage gestellt werde. Das schalltechnische Gutachten berechne für die Immissionspunkte IP K, IP O und IP P, zwischen denen das Grundstück des Antragstellers liege, eine Gesamtbelastung von 41,2 dB(A), 39,4 dB(A) bzw. 39,1 dB(A). Es sei davon auszugehen, dass sowohl der Berechnung der Vorbelastung als auch der Zusatzbelastung Bodendämpfungswerte von Agr > 0 zugrundelägen. Daher könne nicht ausgeschlossen werden, dass das Wohngrundstück des Antragstellers Lärmimmissionen über dem zulässigen Richtwert von 40 dB(A) bzw. - nach Maßgabe von Nr. 3.2.1 Abs. 3 TA Lärm - 41 dB(A) ausgesetzt sein werde.
6Hinsichtlich der Errichtung der Anlage gehe die Interessenabwägung demgegenüber zu Lasten des Antragstellers aus. Etwaige Verstöße gegen den Flächennutzungsplan (Höhenbegrenzung; „Windindustrialisierung“ des Ortsteils E. ) könne der Antragsteller nicht rügen, weil der Flächennutzungsplan keine nachbarschützende Rechte vermittle. Auch verstoße die Anlage nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Angesichts des Abstands zwischen dem Grundstück des Antragstellers und der Anlage sei eine optisch bedrängende Wirkung nicht gegeben. Der Antragsteller sei auch keinen schädlichen Umweltauswirkungen durch Infraschall ausgesetzt. Schließlich bestehe kein Aufhebungsanspruch des Antragstellers nach dem Umweltrechtsbehelfsgesetz. Die hier erforderliche allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit sei durchgeführt worden und nach Maßgabe von § 3a Satz 4 UVPG nicht zu beanstanden.
7Gegen den Beschluss haben der Antragsteller am 31. August 2015, der Antragsgegner am 1. September 2015 und die Beigeladene am 2. September 2015 Beschwerde eingelegt. Der Antragsteller begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage auch in Bezug auf die Errichtung der genehmigten Windenergieanlage. Der Antragsgegner und die Beigeladene wollen erreichen, dass der Antrag insgesamt abgelehnt wird.
8II.
9Die Beschwerden des Antragsgegners und der Beigeladenen haben Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner im Verfahren 11 K 693/15 (VG Minden) erhobenen Klage gegen die der Beigeladenen erteilte Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Windkraftanlage Typ Enercon E-92 mit einer Nabenhöhe von 138,38 Metern, einem Rotordurchmesser von 92 Metern (Gesamthöhe 184,38 Meter) und einer Nennleistung von 2.350 kW auf dem Grundstück Gemarkung E. , Flur , Flurstück, hinsichtlich des Betriebs der Anlage zu Unrecht stattgegeben. Die hiergegen fristgerecht vorgebrachten Gründe, auf deren Überprüfung das Beschwerdegericht gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, stellen die Annahmen des Verwaltungsgerichts zwar nicht mit Blick auf die Zulässigkeit des vorläufigen Rechtsschutzantrags des Antragstellers (dazu 1.), wohl aber mit Blick auf dessen Begründetheit durchgreifend in Frage (dazu 2.).
10Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung im Übrigen zu Recht abgelehnt. Die hiergegen fristgerecht vorgebrachten Gründe stellen die Annahme des Verwaltungsgerichts, die angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung sei - von der Lärmproblematik abgesehen - voraussichtlich rechtmäßig, nicht durchgreifend in Frage (dazu 3.).
11Die im Verfahren nach §§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung führt daher insgesamt zu dem Ergebnis, dass dem Interesse der Beigeladenen an einer Ausnutzung der ihr erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung der Vorrang gegenüber dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs zukommt (dazu 4.).
121. Gegen die Zulässigkeit des Antrags bestehen entgegen der Auffassung des Antragsgegners keine Bedenken; insbesondere fehlt es nicht am Rechtsschutzbedürfnis. Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die erhobene Klage nicht deshalb unzulässig sein dürfte, weil der Antragsteller in der Klageschrift vom 6. März 2015 das „Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch den Kreis Q. , Umweltamt“ als Beklagten bezeichnet hat. Der vom Antragsgegner hierzu zitierte Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. September 2015 (4 CN 2.15) steht dem nicht entgegen.
13Auch eine Parteibezeichnung im Sinne des § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist der Auslegung zugänglich, sofern sie - wie hier - uneindeutig und damit grundsätzlich auslegungsfähig ist. Dabei ist auf den objektiven Empfängerhorizont abzustellen.
14Vgl. nur Aulehner, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 82 Rn. 8 m.w.N.
15Danach ist auch aus Sicht des Senats nicht zweifelhaft, dass die Klage von Anfang an gegen den Antragsgegner und nicht gegen das Land Nordrhein-Westfalen gerichtet war. Der Klage war der angefochtene Genehmigungsbescheid des Antragsgegners beigefügt. Die Nennung des Landes Nordrhein-Westfalen stellt nicht zuletzt vor diesem Hintergrund ersichtlich ein Versehen des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers dar. Sein Schriftsatz vom 17. März 2015 steht dieser Bewertung nicht entgegen. Der Antragsteller hat darin ausdrücklich bestätigt, dass sich die Klage gegen den Antragsgegner richtet und die Rubrumsberichtigung mithin zu Recht erfolgt ist. Dass er weiterhin irrtümlich annahm, der Kreis werde als untere staatliche Verwaltungsbehörde tätig, ändert daran nichts.
162. Der Senat teilt nicht die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 4. Februar 2015 subjektive Rechte des Antragstellers verletze, weil auf der Grundlage des von der Beigeladenen im Genehmigungsverfahren vorgelegten schalltechnischen Gutachtens nicht hinreichend sicher ausgeschlossen werden könne, dass der Antragsteller durch die genehmigte Anlage schädlichen Umwelteinwirkungen i. S. d. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt werde. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts liegt die Immissionsprognose auf der Grundlage des schalltechnischen Gutachtens der X GmbH & Co. KG vom 10. Oktober 2014 (Beiakte Heft 5, Register 9, im Verfahren 8 B 1016/15) unter Berücksichtigung der ergänzenden Stellungnahmen der J. GmbH vom 17. September und 8. Oktober 2015 (vgl. Bl. 369 bis 376 der Gerichtsakte) bei der hier nur möglichen summarischen Prüfung „auf der sicheren Seite“ (dazu a). Ihre Aussagekraft wird durch die vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV NRW) in Auftrag gegebene Untersuchung des Sachverständigenbüros V. & Partner vom 11. November 2014 (im Folgenden: „V1. -Studie 2014“), die sich zur Anwendung des so genannten „alternativen Verfahrens“ nach DIN ISO 9613-2 bei hohen Windenergieanlagen verhält, nicht durchgreifend in Frage gestellt (dazu b).
17a) Auf der Grundlage der schalltechnischen Untersuchungen der X GmbH & Co. KG sowie der ergänzenden Stellungnahmen der J. GmbH vom 17. September und 8. Oktober 2015 bestehen keine im vorliegenden Eilverfahren beachtlichen Anhaltspunkte dafür, dass der für das Wohngrundstück des Antragstellers maßgebliche Immissionsrichtwert von 55 dB(A) tags und 40 dB(A) nachts dort durch den Betrieb der streitgegenständlichen Windenergieanlage überschritten wird.
18Einer näheren Betrachtung bedarf dies lediglich für die Nachtzeit, da für die Tagzeit angesichts des um 15 dB(A) höheren Immissionsrichtwerts Überschreitungen auch unter Berücksichtigung des dann zugrunde zu legenden Betriebs mit einer uneingeschränkten Leistung von 2.350 kW auszuschließen sein dürften, wenn die Immissionswerte nachts eingehalten werden.
19Dabei dürfte allerdings davon auszugehen sein, dass das Wohnhaus des Antragstellers in dem - zu erweiternden - Einwirkungsbereich der Windenergieanlage liegt, obwohl die dort zu erwartende Zusatzbelastung durch diese Anlage mehr als 10 dB(A) unter dem maßgeblichen Immissionsrichtwert liegt (vgl. Nr. 2.2 TA Lärm). Bei einer - wie hier - sehr großen Anzahl einwirkender Anlagen bzw. relevanter Vorbelastung kann es auch außerhalb des durch Nr. 2.2 TA Lärm schematisch umschriebenen Einwirkungsbereichs zu einer Pegelerhöhung und Überschreitung des Immissionsrichtwertes durch die Gesamtbelastung um mehr als 1 dB und damit zu einer schädlichen Umwelteinwirkung kommen. Dem dürfte - in gesetzeskonformer Anwendung der TA Lärm - durch die Zugrundelegung eines erweiterten Einwirkungsbereichs Rechnung zu tragen sein.
20Vgl. dazu etwa Feldhaus/Tegeder, in: Feldhaus (Hrsg.), Bundesimmissionsschutzrecht, Bd. 4, § 6 BImSchVwV (TA Lärm) , Rn. 21; Agatz, Windenergie-Handbuch, 12. Ausgabe 2015, S. 79.
21Das schalltechnische Gutachten ist auf der Grundlage der TA Lärm sowie des „alternativen Verfahrens“ nach DIN ISO 9613-2 (vgl. Nr. A.2.3.4 des Anhangs zur TA Lärm) erstellt worden. Es enthält - unter anderem - Berechnungen für den Immissionspunkt (IP) O WA, die einen gewissen Anhalt für die am - ursprünglich nicht gesondert betrachteten - Wohngrundstück des Antragstellers zu erwartenden Schallimmissionen bieten können. Der als Fläche dargestellte Immissionspunkt IP O WA befindet sich wie das Wohngrundstück des Antragstellers im Ortsteil E. und deckt in etwa den nördlichen Teil des Geltungsbereichs des Bebauungsplans „D 111 Auf der Heide“ der Stadt Q. ab. Der kürzeste Abstand des IP O WA zur streitbefangenen Windenergieanlage beträgt ausweislich des schalltechnischen Gutachtens 1.649 Meter (vgl. Seite 17 des Gutachtens, Beiakte Heft 5, Register 9, im Verfahren 8 B 1016/15). Den Abstand zwischen der streitbefangenen Windenergieanlage und dem Wohnhaus des Antragstellers gibt dieser selbst mit knapp 1.505 Metern an (vgl. Anlage 5 zum Schriftsatz vom 6. Oktober 2015, Bl. 351 der Gerichtsakte). Tatsächlich beträgt der Abstand mindestens 1.517 Meter, wie eine Messung anhand von www.tim-online.nrw.de und der in den Antragsunterlagen enthaltenen Gauß-Krüger-Koordinaten ergibt. Für den IP O WA berechnet das schalltechnische Gutachten eine Gesamtbelastung von 39,4 dB(A). Die Gesamtbelastung liegt damit 0,6 dB(A) unter dem für die Nacht maßgeblichen Immissionsrichtwert. Für das Grundstück des Antragstellers, welches etwa 130 Meter näher zur streitbefangenen Anlage gelegen ist, mag die Gesamtbelastung etwas höher liegen. Eine relevante Überschreitung des maßgeblichen Immissionsrichtwertes dürfte dennoch auszuschließen sein.
22In ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 17. September 2015 berechnet die IEL GmbH für den hier konkret maßgeblichen Immissionsort, das Wohnhaus des Antragstellers, eine Gesamtbelastung von 38,7 dB(A). Dadurch wird die voraussichtliche Einhaltung der Immissionsrichtwerte nunmehr mit einer im vorliegenden summarischen Verfahren hinreichenden Sicherheit bestätigt.
23b) Die vom LANUV NRW in Auftrag gegebene Untersuchung des Sachverständigenbüros V1. & Partner vom 11. November 2014 (im Folgenden: „V1. -Studie 2014“), auf die der Antragsteller sich beruft, begründet an dieser Prognose keine durchgreifenden Zweifel. Dieser Bericht kommt zwar zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass das - auch hier angewandte - alternative Verfahren nach DIN ISO 9613-2 bei der Beurteilung der Geräusche von hohen Windenergieanlagen infolge einer Überschätzung der Bodendämpfung zu Abweichungen von den im Rahmen des Forschungsvorhabens gemessenen Werten führt. Aufgrund des bisher erreichten Erkenntnisstands ist jedoch - zumal im gerichtlichen Eilverfahren - nicht davon auszugehen, dass das genannte Verfahren durch neue gesicherte Erkenntnisse überholt wäre und nach dem „alternativen Verfahren“ erstellte Schallimmissionsprognosen nicht mehr verwertbar wären. Ungeachtet dessen dürften jedenfalls die von der IEL GmbH unter dem 17. September 2015 hilfsweise berechneten Immissionswerte für das Wohnhaus des Antragstellers hinreichend auf der sicheren Seite liegen.
24Der TA Lärm kommt, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu.
25BVerwG, Urteil vom 29. November 2012 - 4 C 8/11 - BVerwGE 145, 145 ff. = juris Rn. 18.
26Die Bindungswirkung der TA Lärm einschließlich der über Ziffer A.2.3.4 des Anhangs zur TA Lärm anzuwendenden DIN ISO 9613-2 entfällt nur dann, wenn die in der TA Lärm enthaltenen Aussagen durch Erkenntnisfortschritte in Wissenschaft und Technik überholt sind und sie deshalb den gesetzlichen Anforderungen nicht mehr gerecht werden.
27Vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. März 1996 - 7 B 164/95 - UPR 1996, 306 = juris Rn. 19.
28Davon ist auch unter Berücksichtigung der Ergebnisse der „V1. -Studie 2014“ nicht auszugehen.
29So auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 23. Februar 2016 - 3 S 2225/15 - juris Rn. 66; Bay. VGH, Beschlüsse vom 10. August 2015 - 22 ZB 15.1113 - BauR 2015, 1823 = juris Rn. 12 f., und vom 18. Februar 2016 - 22 ZB 15.2412 -, juris Rn. 26 ff., 57; insoweit noch offen lassend: OVG NRW, Beschluss vom 27. Juli 2015 - 8 B 390/15 - BauR 2015, 1817 = juris Rn. 25.
30Zwar hält der Senat die Kernaussagen der „V1. -Studie 2014“ für plausibel. Denn die mathematischen Modelle für die Ermittlung der Bodendämpfung Agr wurden anhand von Schallquellen erstellt, die sich in maximal 30 Metern Höhe befinden. Es leuchtet ein, dass sich die Bodendämpfung bei höheren Schallquellen einerseits und bei weiter entfernt liegenden Immissionspunkten andererseits möglicherweise anders auswirkt. In diesem Zusammenhang enthält die „V1. -Studie 2014“ die Aussage, dass die Bodendämpfung Agr bei hohen Schallquellen wahrscheinlich überschätzt werde. Die Aussage, dass die Bodendämpfung stets bei sämtlichen auf einen Immissionspunkt einwirkenden Windenergieanlagen mit Agr = 0 anzusetzen wäre, wird in dieser Studie nicht getroffen; sie lässt sich aus ihr auch nicht ableiten. Die Frage, welche konkreten Änderungen bei der Schallausbreitungsrechnung nach der TA Lärm in Verbindung mit der DIN ISO 9613-2 möglicherweise notwendig sind, ist derzeit noch offen bzw. Gegenstand wissenschaftlicher Diskussionen. Die „V1. -Studie 2014“ zeigt also einen bestimmten Forschungsbedarf auf. Einen Erkenntnisfortschritt, der die Bindungswirkung der TA Lärm sowie der DIN ISO 9613-2 im Sinne der oben dargestellten Rechtsprechung entfallen ließe, stellt sie nicht dar.
31Jedenfalls im gerichtlichen Eilverfahren ist daher weiter davon auszugehen, dass eine Schallprognose dann „auf der sicheren Seite“ liegt, wenn sie - wie hier - entsprechend dem Regelwerk der TA Lärm sowie der in Bezug genommenen DIN ISO 9613-2 erstellt worden ist. Der Beschluss des Senats vom 27. Juli 2015 (8 B 390/15)
32- BauR 2015, 1817 = juris Rn. 24 -
33steht dem nicht entgegen. Dort war auf Veranlassung der zum gerichtlichen Eilverfahren beigeladenen Anlagenbetreiberin eine ergänzende Schallprognose eingeholt worden, bei der im Rahmen der Schallausbreitungsberechnung nach Maßgabe des „alternativen Verfahrens“ der DIN ISO 9613-2 die Bodendämpfung Agr durchweg mit „Null“ angesetzt wurde. Das Ergebnis war, dass auch in diesem Fall die maßgeblichen Immissionsrichtwerte am Wohnhaus des dortigen Antragstellers nicht überschritten wurden. In diesem Zusammenhang hat der Senat ausgeführt, dass eine Prognose nach dem alternativen Berechnungsverfahren jedenfalls dann auf der sicheren Seite liege, wenn eine - den Beurteilungspegel senkende - Bodendämpfung in der Berechnung ganz unberücksichtigt bleibe. Da es sich mathematisch stets zugunsten der Immissionspunkte auswirkt, wenn die Bodendämpfung Agr bei der Schallausbreitungsberechnung unberücksichtigt bleibt, versteht sich die vom Senat getroffene Aussage von selbst. Sie war jedoch nicht mit der Feststellung verbunden, dass eine Schallprognose nur dann auf der sicheren Seite liege, wenn die Bodendämpfung vollumfänglich unberücksichtigt bleibt.
34Vor dem Hintergrund der noch nicht abgeschlossenen wissenschaftlichen Diskussionen bestehen derzeit keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die von der IEL GmbH mit ergänzender Stellungnahme vom 17. September 2015 berechneten bzw. mitgeteilten worst-case-Werte für das Wohnhaus des Antragstellers nicht hinreichend auf der sicheren Seite lägen. Die IEL GmbH hat dabei die Bodendämpfung Agr für alle südwestlich der Ortschaft E. liegenden Windkraftanlagen auf Null korrigiert.
35Die Gutachter gehen dabei davon aus, dass ein pauschaler Ansatz mit Agr = 0 für die Schallausbreitungswege aller - rund 100 - auf das Grundstück des Antragstellers einwirkenden Windenergieanlagen nicht sachgerecht wäre. Es spricht auf der Basis des aktuellen Erkenntnisstandes viel für die Annahme der Gutachter, dass dies auch angesichts weiterer, sich summierender konservativer Annahmen der Berechnung eine Überkompensation eines möglicherweise in der Schallausbreitungsrechnung nach dem „alternativen Verfahren“ enthaltenen „Fehlers“ für hohe, weit entfernte Schallquellen darstellen würde. So führt der Umstand, dass sich die die Ortschaft E. umrandenden Windenergieanlagen bzw. Windparks auf mehrere Himmelsrichtungen (Süden, Westen, Norden) verteilen, dazu, dass nicht alle Anlagen gleichzeitig auf eine Gebäudefront einwirken können. Ebenso wenig kann die stets in alle Richtungen unterstellte Bedingung von Mitwind in der Realität gleichzeitig auf alle Windkraftanlagen zutreffen. Überdies entspricht es den bisherigen vorläufigen Überlegungen, dass Modifikationen bei der Berücksichtigung der Bodendämpfungswerte voraussichtlich mit einer - hier soweit ersichtlich nicht vorgenommenen - Abschmelzung des bisher berücksichtigten Sicherheitszuschlags für die Unsicherheit des Prognosemodells einhergehen würden.
36Vgl. näher Agatz, Windenergie-Handbuch, 12. Ausgabe 2015, S. 70 m. w. N.
37Eine tendenzielle Überschätzung der Sicherheitszuschläge kommt im vorliegenden Fall zusätzlich deshalb in Betracht, weil bei großen Windparks mit zahlreichen Windenergieanlagen die Standardabweichung des gesamten Parks kleiner ist als die Standardabweichung der einzelnen Windenergieanlage.
38Vgl. Agatz, a. a. O., S. 73 f.
39Schließlich haben die Gutachter darauf hingewiesen, dass der Untersuchungsstandort im Rahmen der „V1. -Studie 2014“ von einer bestimmten Topografie und Vegetation (ebene Fläche; überwiegend landwirtschaftlich genutzte Flächen etc.) geprägt gewesen sei. Für die Umgebung der Ortschaft E. sei demgegenüber bewegtes und zum Teil bewaldetes Gelände prägend. Die Ergebnisse der „V1. -Studie 2014“ dürften daher auf die hier gegebene Situation nicht ohne Weiteres zu übertragen sein.
40Ausgehend von diesen Überlegungen bestehen derzeit keine erheblichen Zweifel daran, dass jedenfalls die unter dem 17. September 2015 vorgelegte Berechnung der IEL GmbH, die bei den im Rahmen der Vorbelastung zu berücksichtigenden südwestlich der Ortschaft E. gelegenen Windenergieanlagen eine Bodendämpfung unberücksichtigt lässt, auf der sicheren Seite liegt. Dies gilt jedenfalls vorbehaltlich der im Hauptsacheverfahren vorzulegenden und zu überprüfenden Eingangsgrößen dieser Berechnung. Danach ergibt sich für das Grundstück des Antragstellers eine Gesamtbelastung von LATges = 38,7 dB(A). Darüber hinaus wird nach den Berechnungen der Gutachter der - gemäß Nr. 3.2.1 Abs. 3 TA Lärm auf 41 dB(A) erhöhte - Immissionsrichtwert nachts am Grundstück des Antragstellers sogar selbst dann nicht überschritten, wenn bei der Ermittlung der Gesamtbelastung die Immissionsbeiträge aller - rund 100 - auf das Grundstück des Antragstellers einwirkenden Windenergieanlagen und nicht lediglich - wie vom Antragsgegner für richtig gehalten - die Anlagen mit einem Immissionsbeitrag von weniger als 15 dB unterhalb des maßgeblichen Immissionsrichtwertes berücksichtigt werden. Ob ein solcher genereller „Abschneidewert“ sachgerecht ist und auch dann den rechtlichen Vorgaben entspricht, wenn er im Einzelfall dazu führt, dass eine Vielzahl von Anlagen bei der Ermittlung des Beurteilungspegels unberücksichtigt bleibt, obwohl diese zusammen die Gesamtbelastung um mehr als 1 dB(A) erhöhen würden, braucht der Senat im vorliegenden Eilverfahren nicht zu entscheiden.
41Die vom Antragsteller vorgelegten Messprotokolle sind nicht geeignet, das vorstehende Ergebnis in Zweifel zu ziehen. Es ist nicht hinreichend erkennbar, dass diese die formalen Anforderungen erfüllen, die Ziffer A.3.5 des Anhangs zur TA Lärm an Messberichte stellt, dass die verwendeten Messgeräte den in Ziffer A.3.2 des Anhangs zur TA Lärm enthaltenen Anforderungen entsprechen und dass das Messverfahren und die Auswertung nach Maßgabe der Ziffer A.3.3 des Anhangs zur TA Lärm erfolgt ist. Insbesondere ist nicht hinreichend ersichtlich, dass die gemessenen Pegel nicht in erheblicher Weise durch Windgeräusche oder ähnliche Störgeräusche mitverursacht worden sind.
423. Die angefochtene Genehmigung verletzt bei summarischer Prüfung auch ansonsten keine subjektiven Rechte des Antragstellers. Das Verwaltungsgericht geht zu Recht davon aus, dass dem Antragsteller ein nachbarliches Abwehrrecht gegen das Bauvorhaben der Beigeladenen voraussichtlich nicht zusteht, soweit die Errichtung der Windenergieanlage betroffen ist. Gleiches gilt auch für den Betrieb der Windenergieanlage, nachdem hinsichtlich der Lärmproblematik bestehende Bedenken oben unter 2. entkräftet werden konnten. Von der Anlage geht keine optisch bedrängende Wirkung aus (dazu a). Auch steht dem Antragsteller ein Aufhebungsanspruch nach dem Umweltrechtsbehelfsgesetz nicht zu (dazu b). Andere Gründe sind vom Antragsteller nicht innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist (dazu c) bzw. nicht substantiiert (dazu d) vorgebracht worden.
43a) Von der streitbefangenen Anlage geht keine optisch bedrängende Wirkung aus, die im Hinblick auf die Wohnnutzung des Antragstellers einen Verstoß gegen das allgemeine, im Bauplanungsrecht verankerte Gebot der Rücksichtnahme darstellt.
44Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats hat sich die Einzelfallabwägung, ob eine Windenergieanlage bedrängend auf die Umgebung wirkt, in einem ersten Schritt an der Gesamthöhe (Nabenhöhe zuzüglich der Hälfte des Rotordurchmessers; hier: 184,38 Meter) der Anlage zu orientieren. Darüber hinaus sind die örtlichen Verhältnisse in die Einzelfallbewertung einzustellen. So ist u.a. die Lage bestimmter Räumlichkeiten und deren Fenster sowie von Terrassen u. ä. zur Windkraftanlage von Bedeutung. Zu berücksichtigen ist auch, ob von dem Wohngrundstück aus eine hinreichende Abschirmung zur Anlage besteht oder in zumutbarer Weise hergestellt werden kann. Relevant ist im Weiteren der Blickwinkel auf die Anlage, da es für die Erheblichkeit der optischen Beeinträchtigung einen Unterschied macht, ob die Anlage in der Hauptblickrichtung eines Wohnhauses liegt oder sich seitwärts von dieser befindet. Auch die Hauptwindrichtung kann von Bedeutung sein. Denn von der mit der Windrichtung wechselnden Stellung des Rotors hängt es ab, wie häufig in welcher Größe die vom Rotor bestrichene Fläche von einem Wohnhaus aus wahrgenommen wird. Zu berücksichtigen ist im Weiteren die topographische Situation. So kann etwa von einer auf einem Hügel gelegenen Windkraftanlage eine andere Wirkung als von einer auf tiefer liegendem Gelände errichteten Anlage ausgehen. Auch können Waldgebiete oder Gebäude einen zumindest partiellen Sichtschutz bieten. Einfluss auf das Maß der optischen Beeinträchtigung können auch schon vorhandene Windkraftanlagen haben. Denn einer Einzelanlage kann in diesem Zusammenhang je nach der Situation im Einzelfall ein stärkeres Gewicht zukommen als einer Anlage, die sich in eine schon vorhandene (optische) Vorbelastung einfügt und deshalb keine besondere zusätzliche Belastung für die Wohnnutzung darstellt. Je nach Fallkonstellation kann aber auch erst die hinzutretende Anlage in der Zusammenschau mit den bereits vorhandenen Anlagen zu einer unzumutbaren optisch bedrängenden Wirkung führen. Unter Berücksichtigung insbesondere der vorstehenden Kriterien lassen sich für die Ergebnisse der Einzelfallprüfungen grobe Anhaltswerte prognostizieren: Beträgt der Abstand zwischen einem Wohnhaus und einer Windkraftanlage mindestens das Dreifache der Gesamthöhe der geplanten Anlage (hier: 3 x 184,38 = 553,14 Meter), dürfte die Einzelfallprüfung überwiegend zu dem Ergebnis kommen, dass von dieser Anlage keine optisch bedrängende Wirkung zu Lasten der Wohnnutzung ausgeht. Bei einem solchen Abstand treten die Baukörperwirkung und die Rotorbewegung der Anlage so weit in den Hintergrund, dass ihr in der Regel keine beherrschende Dominanz und keine optisch bedrängende Wirkung gegenüber der Wohnbebauung zukommt. Ist der Abstand geringer als das Zweifache der Gesamthöhe der Anlage, dürfte die Einzelfallprüfung überwiegend zu einer dominanten und optisch bedrängenden Wirkung der Anlage gelangen. Ein Wohnhaus wird bei einem solchen Abstand in der Regel optisch von der Anlage überlagert und vereinnahmt. Auch tritt die Anlage in einem solchen Fall durch den verkürzten Abstand und den damit vergrößerten Betrachtungswinkel derart unausweichlich in das Sichtfeld, dass die Wohnnutzung überwiegend in unzumutbarer Weise beeinträchtigt wird. Beträgt der Abstand zwischen dem Wohnhaus und der Windkraftanlage das Zwei- bis Dreifache der Gesamthöhe der Anlage, bedarf es regelmäßig einer besonders intensiven Prüfung des Einzelfalls.
45OVG NRW, Urteil vom 9. August 2006 - 8 A 3726/05 -, BRS 70 Nr. 175 (2006) = juris Rn. 51 ff., 81, 91 ff., jeweils m. w. N.
46Diesem groben Raster liegt die Überlegung zu Grunde, dass die optisch bedrängende Wirkung einer Windenergieanlage mit zunehmendem Abstand regelmäßig abnimmt. Anders ausgedrückt: Je größer der Abstand zwischen einer Windenergieanlage und einem Wohnhaus ist, desto mehr treten die Kriterien, die für die optisch bedrängende Wirkung einer Windenergieanlage verantwortlich sein können, im Rahmen der vorzunehmenden Einzelfallbetrachtung in den Hintergrund.
47Nach diesen Grundsätzen geht der Senat ebenso wie das Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall davon aus, dass von der streitbefangenen Anlage keine optisch bedrängende Wirkung ausgeht, die einen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme darstellen würde. Die vom Antragsteller mit der Beschwerde vorgebrachten Gründe führen nicht zu einer anderen Bewertung. Der Senat verkennt dabei nicht, dass das Wohngrundstück des Antragstellers in Blickrichtung der streitbefangenen Anlage durch bereits vorhandene Windenergieanlagen nicht unerheblich vorbelastet ist. Auch verkennt der Senat nicht, dass die streitbefangene Anlage die bereits vorhandenen Anlagen in der Höhe zum Teil deutlich überragt. Da die streitbefangene Anlage zudem einen geringeren Abstand zum Wohnhaus des Antragstellers aufweist als die in derselben Blickrichtung bereits vorhandenen Anlagen, kann im vorliegenden Fall auch nicht davon gesprochen werden, dass die Anlage keine zusätzliche Belastung für die Wohnnutzung des Antragstellers darstellt, weil sie sich in eine schon vorhandene (optische) Vorbelastung einfügen würde. Der Senat geht daher davon aus, dass die streitbefangene Anlage eine eigenständige und zusätzliche optische Belastung für das Wohngrundstück des Antragstellers darstellt. Gleichwohl teilt er die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Grenze des Zumutbaren im vorliegenden Fall nicht überschritten und eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme daher nicht gegeben ist. Dabei spielt die Entfernung der Anlage zum Wohnhaus des Antragstellers eine ganz wesentliche Rolle. Der Abstand beträgt hier 1.517 Meter und entspricht damit etwa dem 8,2-fachen der Gesamthöhe der Anlage. Der über www.tim-online.nrw.de einzusehenden topografischen Landkarte kann zudem entnommen werden, dass das am Hang gelegene Grundstück des Antragstellers zwischen 240 und 245 Meter ü. NN. und der Anlagenstandort etwa 255 Meter ü. NN. gelegen ist, so dass ein - rechtlich möglicherweise relevanter - Höhenunterschied bei der Abstandsberechnung hier nicht weiter ins Gewicht fällt. Ist nach der oben dargestellten Rechtsprechung schon bei einem Abstand zwischen Windenergieanlage und Wohnhaus, der dem Dreifachen der Gesamthöhe der Anlage entspricht, regelmäßig davon auszugehen, dass von der Anlage keine optisch bedrängende Wirkung zu Lasten der Wohnnutzung ausgeht, weil bei einem solchen Abstand die Baukörperwirkung und die Rotorbewegung der Anlage so weit in den Hintergrund treten, dass der Anlage insgesamt in der Regel keine beherrschende Dominanz und keine optisch bedrängende Wirkung gegenüber der Wohnbebauung mehr zukommt, so gilt dies mit zunehmendem Abstand umso mehr. Entspricht der Abstand zwischen Windenergieanlage und Wohnbebauung - wie hier - etwa dem 8,2-fachen der Gesamthöhe der Anlage, so mag die streitbefangene Anlage - auch zusammen mit den bereits vorhandenen Anlagen - zwar eine (optische) Belastung für das Wohngrundstück des Antragstellers bedeuten. Die Baukörperwirkung und die Rotorbewegung der Anlage treten bei einem solchen Abstand jedoch so deutlich in den Hintergrund, dass der Anlage eine beherrschende Dominanz praktisch nicht mehr zukommen kann. Daher kommt es auch auf eine bestehende oder noch herzustellende Abschirmung zur Anlage, etwa durch Wälder, Anpflanzungen oder Gardinen, hier nicht entscheidend an. Auch der freie und ungehinderte Blick auf die mehr als 1.517 Meter entfernte Windenergieanlage ist - auch unter Berücksichtigung der im Blickfeld bereits vorhandenen Anlagen - rechtlich nicht unzumutbar. Daran würde sich selbst dann nichts ändern, wenn – wie der Antragsteller meint – die in den Verfahren 8 B 1015/15 und 8 B 1017/15 streitbefangene später genehmigte Windenergieanlage Enercon E 101 bei Erteilung der hier angefochtenen Genehmigung hätte berücksichtigt werden müssen.
48b) Das Verwaltungsgericht ist der Ansicht, dass dem Antragsteller kein Aufhebungsanspruch nach § 4 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 UmwRG zustehe, weil die angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung nicht unter Verstoß gegen Vorschriften des UVPG ergangen sein dürfte. Die hier gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 3c Satz 1 und 3 UVPG und Nr. 1.6.2 der Anlage 1 zum UVPG erforderliche allgemeine Vorprüfung sei durchgeführt worden und halte einer gerichtlichen Nachprüfung nach Maßgabe von § 3a Satz 4 UVPG stand. Diese Annahme wird durch das Beschwerdevorbringen nicht durchgreifend in Frage gestellt.
49Der Antragsteller beanstandet im Wesentlichen eine unzureichende Prüfung des Artenschutzes. Der Sachverhalt sei insoweit nicht hinreichend ermittelt. Nicht sämtliche vorhandene geschützte Arten seien erfasst worden. Auch seien die Mindestanforderungen an die Beobachtungsdauer nicht beachtet worden. Der Antragsgegner reduziere die Artenschutzproblematik unzulässig auf die Zwergfledermaus. Die Problematik der Zugvögel bleibe unbeachtet. Wesentliche Rotmilan-Vorkommen blieben sogar gänzlich unerwähnt.
50Die vorgenannten Rügen greifen nicht durch. Der Entscheidung des Antragsgegners, dass die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich sei, beruht ausweislich des Ergebnisvermerks (vgl. Bl. 112 f. der Beiakte Heft 4 im Verfahren 8 B 1016/15) unter anderem auf der internen Stellungnahme des Umweltamtes des Antragsgegners vom 18. Dezember 2014 (vgl. Bl. 93 ff. der Beiakte Heft 4 im Verfahren 8 B 1016/15). Diese interne Stellungnahme wiederum bezieht sich auf zwei artenschutzrechtliche Fachbeiträge und eine Artenschutzprüfung, nämlich auf den im Rahmen der 107. Änderung des Flächennutzungsplans der Stadt Q. erstellten Artenschutzfachbeitrag der NZO-GmbH von August 2009 (abrufbar im Internet über die Homepage der Stadt Q. ), die im Rahmen der 121. Änderung des Flächennutzungsplans der Stadt Q. erstellte Artenschutzprüfung des Ingenieur-Büros (abrufbar im Internet über die Homepage „Dahler Windinitiative Q. “ - http://dawipaderborn.bplaced.net/) sowie den im Rahmen der 125. Änderung des Flächennutzungsplans der Stadt Q. erstellten Artenschutzfachbeitrag der NZO-GmbH von November 2014 (abrufbar im Internet über die Homepage der Stadt Q. ). Für den Standort der hier streitbefangenen Anlage, der in der Konzentrationszone 4 („J. Weg“) liegt, enthält der zuletzt genannte Artenschutzfachbeitrag auf Seite 178 folgende Kurzbewertung:
51„Die Fläche wurde mit der 107. Änderung des FNP als Konzentrationszone ausgewiesen. Sowohl 2009 als auch 2014 wurde kein Brutrevier WEA-empfindlicher Greifvögel innerhalb der Konzentrationszone oder im nahen Umfeld kartiert. Bei der Raumnutzungsanalyse 2014 der angrenzenden Potentialfläche 8 konnte beobachtet werden, dass die Konzentrationszone von Rotmilanen als allgemeines Nahrungsstreifgebiet genutzt wird. Bei der Brutvogelkartierung 2009 gab es einen Brutverdacht für ein Kiebitzpaar. Eine Brut konnte aber letztlich nicht bestätigt werden. Maßnahmen zur Habitatoptimierung sind nicht erforderlich. Es wurden 2012 keine WEA-empfindlichen Fledermausarten nachgewiesen (LOSKE 2012).“
52Bereits im Jahr 2009 anlässlich der Ausweisung der Konzentrationszone 4 waren die Auswirkungen von bis zu 100 Meter hohen Windenergieanlagen u. a. auf Zug- bzw. Brut- und Gastvögel einschließlich des Rotmilans durch den Artenschutzfachbeitrag der NZO-GmbH von August 2009 umfangreich untersucht und eine Erfüllung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände (bei Beachtung bestimmter Schutzmaßnahmen) verneint worden. Vor diesem Hintergrund stellt es für sich genommen kein Ermittlungsdefizit dar, dass sich die im Rahmen der - letztlich nicht realisierten - 121. Änderung des Flächennutzungsplans der Stadt Q. , die eine Aufhebung der Höhenbeschränkung vorsah, erstellte Artenschutzprüfung des Dr. M. im Wesentlichen mit der Frage befasste, ob sich durch die geplante Höhenfreigabe für Brut- und Gast- und Zugvögel ein erhöhtes Konfliktpotential ergebe. Diese Frage hat der Gutachter verneint, da eine Erhöhung der Anlagen - vor allem bei Greifvögeln - eher zu einer Reduzierung des Kollisionsrisikos führe. Hinsichtlich der Zugvögel wurde zusätzlich angeführt, dass sich aus den beobachteten Zugwegen über das Untersuchungsgebiet keine Hinweise auf Zugkorridore regionaler oder überregionaler Bedeutung hätten ableiten lassen. Warum gleichwohl weitergehende Untersuchungen erforderlich sein sollten, legt die Beschwerde nicht substantiiert dar. Der Hinweis des Antragstellers auf Rotmilan-Beobachtungen am J. Weg genügt dazu nicht. Das gilt selbst ungeachtet der Tatsache, dass sich der von ihm vorgelegte Kartenausschnitt aus dem NZO-Gutachten 2014 nicht auf die hier in Rede stehende Fläche, sondern auf die angrenzenden Potentialflächen 6/7 bezieht. Auch die vom Antragsteller lediglich pauschal und damit nur unsubstantiiert vorgebrachten methodischen Mängel vermag der Senat nach Durchsicht der Artenschutzfachbeiträge nicht nachzuvollziehen.
53c) Soweit das Verwaltungsgericht die teilweise Ablehnung des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz darauf stützt, dass negative Auswirkungen durch Infraschall aufgrund des Abstands zwischen dem Wohnhaus des Antragstellers und der Anlage auszuschließen seien, greift die Beschwerde ebenfalls nicht durch. Die vom Antragsteller hiergegen vorgebrachten Gründe sind vom Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nicht zu prüfen, weil der Antragsteller diese erst mit Schriftsatz 6. Oktober 2015 und damit nicht innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO vorgebracht hat. Davon abgesehen würde er mit seinem Vortrag aber auch nicht durchdringen. Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass in Bezug auf Infraschall jedenfalls bei Abständen von mehr als 500 Metern - und erst recht bei einem Abstand wie hier von 1.517 Metern - zwischen Windenergieanlage und Wohnhaus die Schwelle zur schädlichen Umwelteinwirkungen nicht erreicht wird.
54Vgl. hierzu auch Ziffer 5.2.1.1 des aktuellen Windenergie-Erlasses NRW vom 4. November 2015
55(https://www.google.de/url?url=https://www.umwelt.nrw.de/fileadmin/redaktion/PDFs/klima/windenergieerlass.pdf) sowie das vom Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen herausgegebene „Faktenpapier“ zu Windenergieanlagen und Infraschall vom 16. Dezember 2015
56(https://www.umwelt.nrw.de/fileadmin/redaktion/PDFs/klima/windenergieanlagen_infraschall_faktenpapier.pdf).
57d) Mit der Rüge, die genehmigte Windenergieanlage sei planungsrechtlich unzulässig, weil sie die Höhenbegrenzung des geltenden Flächennutzungsplans nicht einhalte, kann der Antragsteller ebenfalls nicht durchdringen. Es kann dahinstehen, ob sie fristgerecht geltend gemacht worden ist, da es insoweit jedenfalls an einer hinreichenden Substantiierung der Beschwerdebegründung fehlt. Der Antragsteller setzt sich entgegen dem Gebot des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO nicht mit der Begründung der angefochtenen Entscheidung auseinander, wonach den Darstellungen des Flächennutzungsplans grundsätzlich keine nachbarschützende Funktion zukomme.
584. Ist somit bei summarischer Prüfung ein Unterliegen des Antragstellers in der Hauptsache wahrscheinlicher als ein Obsiegen, überwiegt insgesamt das Interesse der Beigeladenen an der sofortigen Vollziehung des Genehmigungsbescheids. Die Vergütung für die Stromeinspeisung unterliegt nach § 29 EEG 2014 ab dem 1. Januar 2016 einer quartalsweisen Degression. Die Beigeladene hat daher ein legitimes wirtschaftliches Interesse an einer Inbetriebnahme der geplanten Windenergieanlagen zum frühestmöglichen Zeitpunkt.
59Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind in beiden Instanzen erstattungsfähig, weil sie jeweils einen eigenen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat.
60Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Der Senat orientiert sich dabei an den Ziffern 19.2 und 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Der danach im Hauptsacheverfahren je Windkraftanlage festzusetzende Streitwert von 15.000,- EUR ist im Hinblick auf die Vorläufigkeit der erstrebten Regelung in Anlehnung an Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs auf die Hälfte zu reduzieren.
61Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt
- 1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können; - 2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen; - 3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften; - 4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.
(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.
(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung
- 1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können, - 2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und - 3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.
(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20. Februar 2015 - 13 K 246/15 - wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt.
Gründe
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Tenor
I. Die Verfahren 22 CS 15.686, 22 CS 15.687, 22 CS 15.688, 22 CS 15.689, 22 CS 15.690, 22 CS 15.691 und 22 CS 15.952 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
II. Die Beschlüsse des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 27. März 2015 (Az. W 4 S 15.161, -.159, -.156, -.158, -.160, -.155) und der Beschluss vom 15. April 2015 (Az. W 4 S 15.286) werden geändert.
Die Anträge der Antragsteller auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Anfechtungsklagen werden abgelehnt.
III. Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten beider Beigeladenen tragen jeweils als Gesamtschuldner die Antragsteller zu 1 und 2 zu 1/4, die Antragsteller zu 5 und 6 zu 1/4, die Antragsteller zu 3 und 4 zu 1/2.
IV. Unter Änderung von Nr. III der angefochtenen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts wird der Streitwert in den erstinstanzlichen Verfahren W 4 S 15.155, -.156, -.158, -.159, -.160, und -.161 auf jeweils 3.750 €, im Verfahren W 4 S 15.286 auf 7.500 € und für die verbundenen Verfahren im Beschwerdeverfahren auf insgesamt 30.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
AZ des VGH | AZ des VG | Lfd. Nr. der Ast. im Rubrum | Grundst. der Ast., FlNr. in Gemark. K..., Adresse, Entfern. | WKA-Nr., FlNr. des |
22 CS 15.686 | W 4 S 15.161 | 1) und 2) | FlNr. 122/6 B...: zu WKA 10: 2.176 m zu WKA 9: 2.165 m. | Nr. 10 (FlNr. 1459, K...) |
22 CS 15.690 | W 4 S 15.160 | 1) und 2) | Nr. 9 (FlNr. 4273, H...) | |
22 CS 15.687 | W 4 S 15.159 | 3) und 4) | FlNr. 226/1; A... ( |
Nr. 8 (FlNr. 4272, H...) |
22 CS 15.689 | W 4 S 15.158 | 3) und 4) | Nr. 7 (FlNr. 1473, K...) | |
22 CS 15.952 | W 4 S 15.286 | 3) und 4) | Nr. 4 (FlNr. 3767, H...) | |
22 CS 15.688 | W 4 S 15.156 | 5) und 6) | FlNr. 224/3 A..., ...: zu WKA 6: 1.343 m zu WKA 5: 1.463 m. | Nr. 6 (FlNr. 1472, K...) |
22 CS 15.691 | W 4 S 15.155 | 5) und 6) | Nr. 5 (FlNr. 99, S...) |
unter Änderung der entgegenstehenden Beschlüsse des Verwaltungsgerichts die Anträge auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzulehnen.
die Rechtswidrigkeit des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses vom 27. März 2015 in der Fassung vom 27. März 2015 festzustellen.
II.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen.
Auf die Beschwerden des Antragsgegners und der Beigeladenen wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 17. August 2015 mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert.
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen trägt der Antragsteller. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,- Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2I.
3Der Antragsteller ist Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks Gemarkung E. , Flur , Flurstück in Q. (postalische Anschrift: W. 50 in 33100 Q. ). Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des rechtskräftigen Bebauungsplans „D 104 C. “ der Stadt Q. , den der Rat der Stadt Q. am 10. Dezember 1987 als Satzung beschlossen hat. Der Bebauungsplan setzt für das Grundstück des Antragstellers ein Allgemeines Wohngebiet (WA) fest. Die Beigeladene beantragte die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Windenergieanlage (Typ Enercon E-92) mit einer Nabenhöhe von 138,38 Metern, einem Rotordurchmesser von 92 Metern (Gesamthöhe 184,38 Meter) und einer Nennleistung von 2.350 kW auf dem Grundstück Gemarkung E. , Flur , Flurstück. Der Standort der geplanten - und noch nicht errichteten - Windenergieanlage liegt in südwestlicher Richtung etwa 1.500 Meter von dem Wohnhaus des Antragstellers entfernt.
4Unter dem 15. Januar 2015 zog der Antragsgegner den Antragsteller zum Genehmigungsverfahren hinzu. Mit Bescheid vom 4. Februar 2015 erteilte der Antragsgegner der Beigeladenen die beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung unter Beifügung verschiedener Nebenbestimmungen. Der Antragsteller erhob gegen die Genehmigung am 6. März 2015 Klage vor dem Verwaltungsgericht. Auf den Antrag der Beigeladenen ordnete der Antragsgegner unter dem 18. März 2015 die sofortige Vollziehung der Genehmigung an.
5Der Antragsteller hat am 29. April 2015 Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt. Das Verwaltungsgericht hat die aufschiebende Wirkung der Klage mit Beschluss vom 17. August 2015 insoweit wiederhergestellt, als sie sich auf den Betrieb der Windenergieanlage bezieht. Im Übrigen hat es den Antrag abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Hinsichtlich des Betriebs der Anlage gehe die Interessenabwägung zu Lasten der Beigeladenen aus. Die Genehmigung vom 4. Februar 2015 stelle sich im Rahmen der gebotenen summarischen Überprüfung in Bezug auf subjektive Rechte des Antragstellers nicht in jeder Hinsicht als rechtmäßig dar. Auf der Grundlage des von der Beigeladenen im Genehmigungsverfahren vorgelegten schalltechnischen Gutachtens könne nicht hinreichend sicher ausgeschlossen werden, dass der Antragsteller durch die genehmigte Anlage schädlichen Umwelteinwirkungen i. S. d. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt werde. Das Gutachten liege nicht „auf der sicheren Seite“, weil seine Aussagekraft durch eine vom LANUV NRW in Auftrag gegebene Untersuchung des Sachverständigenbüros V. & Partner vom 11. November 2014, die sich zur Anwendung des so genannten „alternativen Verfahrens“ nach DIN ISO 9613-2 bei hohen Windenergieanlagen verhält, in Frage gestellt werde. Das schalltechnische Gutachten berechne für die Immissionspunkte IP K, IP O und IP P, zwischen denen das Grundstück des Antragstellers liege, eine Gesamtbelastung von 41,2 dB(A), 39,4 dB(A) bzw. 39,1 dB(A). Es sei davon auszugehen, dass sowohl der Berechnung der Vorbelastung als auch der Zusatzbelastung Bodendämpfungswerte von Agr > 0 zugrundelägen. Daher könne nicht ausgeschlossen werden, dass das Wohngrundstück des Antragstellers Lärmimmissionen über dem zulässigen Richtwert von 40 dB(A) bzw. - nach Maßgabe von Nr. 3.2.1 Abs. 3 TA Lärm - 41 dB(A) ausgesetzt sein werde.
6Hinsichtlich der Errichtung der Anlage gehe die Interessenabwägung demgegenüber zu Lasten des Antragstellers aus. Etwaige Verstöße gegen den Flächennutzungsplan (Höhenbegrenzung; „Windindustrialisierung“ des Ortsteils E. ) könne der Antragsteller nicht rügen, weil der Flächennutzungsplan keine nachbarschützende Rechte vermittle. Auch verstoße die Anlage nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Angesichts des Abstands zwischen dem Grundstück des Antragstellers und der Anlage sei eine optisch bedrängende Wirkung nicht gegeben. Der Antragsteller sei auch keinen schädlichen Umweltauswirkungen durch Infraschall ausgesetzt. Schließlich bestehe kein Aufhebungsanspruch des Antragstellers nach dem Umweltrechtsbehelfsgesetz. Die hier erforderliche allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit sei durchgeführt worden und nach Maßgabe von § 3a Satz 4 UVPG nicht zu beanstanden.
7Gegen den Beschluss haben der Antragsteller am 31. August 2015, der Antragsgegner am 1. September 2015 und die Beigeladene am 2. September 2015 Beschwerde eingelegt. Der Antragsteller begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage auch in Bezug auf die Errichtung der genehmigten Windenergieanlage. Der Antragsgegner und die Beigeladene wollen erreichen, dass der Antrag insgesamt abgelehnt wird.
8II.
9Die Beschwerden des Antragsgegners und der Beigeladenen haben Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner im Verfahren 11 K 693/15 (VG Minden) erhobenen Klage gegen die der Beigeladenen erteilte Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Windkraftanlage Typ Enercon E-92 mit einer Nabenhöhe von 138,38 Metern, einem Rotordurchmesser von 92 Metern (Gesamthöhe 184,38 Meter) und einer Nennleistung von 2.350 kW auf dem Grundstück Gemarkung E. , Flur , Flurstück, hinsichtlich des Betriebs der Anlage zu Unrecht stattgegeben. Die hiergegen fristgerecht vorgebrachten Gründe, auf deren Überprüfung das Beschwerdegericht gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, stellen die Annahmen des Verwaltungsgerichts zwar nicht mit Blick auf die Zulässigkeit des vorläufigen Rechtsschutzantrags des Antragstellers (dazu 1.), wohl aber mit Blick auf dessen Begründetheit durchgreifend in Frage (dazu 2.).
10Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung im Übrigen zu Recht abgelehnt. Die hiergegen fristgerecht vorgebrachten Gründe stellen die Annahme des Verwaltungsgerichts, die angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung sei - von der Lärmproblematik abgesehen - voraussichtlich rechtmäßig, nicht durchgreifend in Frage (dazu 3.).
11Die im Verfahren nach §§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung führt daher insgesamt zu dem Ergebnis, dass dem Interesse der Beigeladenen an einer Ausnutzung der ihr erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung der Vorrang gegenüber dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs zukommt (dazu 4.).
121. Gegen die Zulässigkeit des Antrags bestehen entgegen der Auffassung des Antragsgegners keine Bedenken; insbesondere fehlt es nicht am Rechtsschutzbedürfnis. Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die erhobene Klage nicht deshalb unzulässig sein dürfte, weil der Antragsteller in der Klageschrift vom 6. März 2015 das „Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch den Kreis Q. , Umweltamt“ als Beklagten bezeichnet hat. Der vom Antragsgegner hierzu zitierte Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. September 2015 (4 CN 2.15) steht dem nicht entgegen.
13Auch eine Parteibezeichnung im Sinne des § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist der Auslegung zugänglich, sofern sie - wie hier - uneindeutig und damit grundsätzlich auslegungsfähig ist. Dabei ist auf den objektiven Empfängerhorizont abzustellen.
14Vgl. nur Aulehner, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 82 Rn. 8 m.w.N.
15Danach ist auch aus Sicht des Senats nicht zweifelhaft, dass die Klage von Anfang an gegen den Antragsgegner und nicht gegen das Land Nordrhein-Westfalen gerichtet war. Der Klage war der angefochtene Genehmigungsbescheid des Antragsgegners beigefügt. Die Nennung des Landes Nordrhein-Westfalen stellt nicht zuletzt vor diesem Hintergrund ersichtlich ein Versehen des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers dar. Sein Schriftsatz vom 17. März 2015 steht dieser Bewertung nicht entgegen. Der Antragsteller hat darin ausdrücklich bestätigt, dass sich die Klage gegen den Antragsgegner richtet und die Rubrumsberichtigung mithin zu Recht erfolgt ist. Dass er weiterhin irrtümlich annahm, der Kreis werde als untere staatliche Verwaltungsbehörde tätig, ändert daran nichts.
162. Der Senat teilt nicht die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 4. Februar 2015 subjektive Rechte des Antragstellers verletze, weil auf der Grundlage des von der Beigeladenen im Genehmigungsverfahren vorgelegten schalltechnischen Gutachtens nicht hinreichend sicher ausgeschlossen werden könne, dass der Antragsteller durch die genehmigte Anlage schädlichen Umwelteinwirkungen i. S. d. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt werde. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts liegt die Immissionsprognose auf der Grundlage des schalltechnischen Gutachtens der X GmbH & Co. KG vom 10. Oktober 2014 (Beiakte Heft 5, Register 9, im Verfahren 8 B 1016/15) unter Berücksichtigung der ergänzenden Stellungnahmen der J. GmbH vom 17. September und 8. Oktober 2015 (vgl. Bl. 369 bis 376 der Gerichtsakte) bei der hier nur möglichen summarischen Prüfung „auf der sicheren Seite“ (dazu a). Ihre Aussagekraft wird durch die vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV NRW) in Auftrag gegebene Untersuchung des Sachverständigenbüros V. & Partner vom 11. November 2014 (im Folgenden: „V1. -Studie 2014“), die sich zur Anwendung des so genannten „alternativen Verfahrens“ nach DIN ISO 9613-2 bei hohen Windenergieanlagen verhält, nicht durchgreifend in Frage gestellt (dazu b).
17a) Auf der Grundlage der schalltechnischen Untersuchungen der X GmbH & Co. KG sowie der ergänzenden Stellungnahmen der J. GmbH vom 17. September und 8. Oktober 2015 bestehen keine im vorliegenden Eilverfahren beachtlichen Anhaltspunkte dafür, dass der für das Wohngrundstück des Antragstellers maßgebliche Immissionsrichtwert von 55 dB(A) tags und 40 dB(A) nachts dort durch den Betrieb der streitgegenständlichen Windenergieanlage überschritten wird.
18Einer näheren Betrachtung bedarf dies lediglich für die Nachtzeit, da für die Tagzeit angesichts des um 15 dB(A) höheren Immissionsrichtwerts Überschreitungen auch unter Berücksichtigung des dann zugrunde zu legenden Betriebs mit einer uneingeschränkten Leistung von 2.350 kW auszuschließen sein dürften, wenn die Immissionswerte nachts eingehalten werden.
19Dabei dürfte allerdings davon auszugehen sein, dass das Wohnhaus des Antragstellers in dem - zu erweiternden - Einwirkungsbereich der Windenergieanlage liegt, obwohl die dort zu erwartende Zusatzbelastung durch diese Anlage mehr als 10 dB(A) unter dem maßgeblichen Immissionsrichtwert liegt (vgl. Nr. 2.2 TA Lärm). Bei einer - wie hier - sehr großen Anzahl einwirkender Anlagen bzw. relevanter Vorbelastung kann es auch außerhalb des durch Nr. 2.2 TA Lärm schematisch umschriebenen Einwirkungsbereichs zu einer Pegelerhöhung und Überschreitung des Immissionsrichtwertes durch die Gesamtbelastung um mehr als 1 dB und damit zu einer schädlichen Umwelteinwirkung kommen. Dem dürfte - in gesetzeskonformer Anwendung der TA Lärm - durch die Zugrundelegung eines erweiterten Einwirkungsbereichs Rechnung zu tragen sein.
20Vgl. dazu etwa Feldhaus/Tegeder, in: Feldhaus (Hrsg.), Bundesimmissionsschutzrecht, Bd. 4, § 6 BImSchVwV (TA Lärm) , Rn. 21; Agatz, Windenergie-Handbuch, 12. Ausgabe 2015, S. 79.
21Das schalltechnische Gutachten ist auf der Grundlage der TA Lärm sowie des „alternativen Verfahrens“ nach DIN ISO 9613-2 (vgl. Nr. A.2.3.4 des Anhangs zur TA Lärm) erstellt worden. Es enthält - unter anderem - Berechnungen für den Immissionspunkt (IP) O WA, die einen gewissen Anhalt für die am - ursprünglich nicht gesondert betrachteten - Wohngrundstück des Antragstellers zu erwartenden Schallimmissionen bieten können. Der als Fläche dargestellte Immissionspunkt IP O WA befindet sich wie das Wohngrundstück des Antragstellers im Ortsteil E. und deckt in etwa den nördlichen Teil des Geltungsbereichs des Bebauungsplans „D 111 Auf der Heide“ der Stadt Q. ab. Der kürzeste Abstand des IP O WA zur streitbefangenen Windenergieanlage beträgt ausweislich des schalltechnischen Gutachtens 1.649 Meter (vgl. Seite 17 des Gutachtens, Beiakte Heft 5, Register 9, im Verfahren 8 B 1016/15). Den Abstand zwischen der streitbefangenen Windenergieanlage und dem Wohnhaus des Antragstellers gibt dieser selbst mit knapp 1.505 Metern an (vgl. Anlage 5 zum Schriftsatz vom 6. Oktober 2015, Bl. 351 der Gerichtsakte). Tatsächlich beträgt der Abstand mindestens 1.517 Meter, wie eine Messung anhand von www.tim-online.nrw.de und der in den Antragsunterlagen enthaltenen Gauß-Krüger-Koordinaten ergibt. Für den IP O WA berechnet das schalltechnische Gutachten eine Gesamtbelastung von 39,4 dB(A). Die Gesamtbelastung liegt damit 0,6 dB(A) unter dem für die Nacht maßgeblichen Immissionsrichtwert. Für das Grundstück des Antragstellers, welches etwa 130 Meter näher zur streitbefangenen Anlage gelegen ist, mag die Gesamtbelastung etwas höher liegen. Eine relevante Überschreitung des maßgeblichen Immissionsrichtwertes dürfte dennoch auszuschließen sein.
22In ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 17. September 2015 berechnet die IEL GmbH für den hier konkret maßgeblichen Immissionsort, das Wohnhaus des Antragstellers, eine Gesamtbelastung von 38,7 dB(A). Dadurch wird die voraussichtliche Einhaltung der Immissionsrichtwerte nunmehr mit einer im vorliegenden summarischen Verfahren hinreichenden Sicherheit bestätigt.
23b) Die vom LANUV NRW in Auftrag gegebene Untersuchung des Sachverständigenbüros V1. & Partner vom 11. November 2014 (im Folgenden: „V1. -Studie 2014“), auf die der Antragsteller sich beruft, begründet an dieser Prognose keine durchgreifenden Zweifel. Dieser Bericht kommt zwar zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass das - auch hier angewandte - alternative Verfahren nach DIN ISO 9613-2 bei der Beurteilung der Geräusche von hohen Windenergieanlagen infolge einer Überschätzung der Bodendämpfung zu Abweichungen von den im Rahmen des Forschungsvorhabens gemessenen Werten führt. Aufgrund des bisher erreichten Erkenntnisstands ist jedoch - zumal im gerichtlichen Eilverfahren - nicht davon auszugehen, dass das genannte Verfahren durch neue gesicherte Erkenntnisse überholt wäre und nach dem „alternativen Verfahren“ erstellte Schallimmissionsprognosen nicht mehr verwertbar wären. Ungeachtet dessen dürften jedenfalls die von der IEL GmbH unter dem 17. September 2015 hilfsweise berechneten Immissionswerte für das Wohnhaus des Antragstellers hinreichend auf der sicheren Seite liegen.
24Der TA Lärm kommt, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu.
25BVerwG, Urteil vom 29. November 2012 - 4 C 8/11 - BVerwGE 145, 145 ff. = juris Rn. 18.
26Die Bindungswirkung der TA Lärm einschließlich der über Ziffer A.2.3.4 des Anhangs zur TA Lärm anzuwendenden DIN ISO 9613-2 entfällt nur dann, wenn die in der TA Lärm enthaltenen Aussagen durch Erkenntnisfortschritte in Wissenschaft und Technik überholt sind und sie deshalb den gesetzlichen Anforderungen nicht mehr gerecht werden.
27Vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. März 1996 - 7 B 164/95 - UPR 1996, 306 = juris Rn. 19.
28Davon ist auch unter Berücksichtigung der Ergebnisse der „V1. -Studie 2014“ nicht auszugehen.
29So auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 23. Februar 2016 - 3 S 2225/15 - juris Rn. 66; Bay. VGH, Beschlüsse vom 10. August 2015 - 22 ZB 15.1113 - BauR 2015, 1823 = juris Rn. 12 f., und vom 18. Februar 2016 - 22 ZB 15.2412 -, juris Rn. 26 ff., 57; insoweit noch offen lassend: OVG NRW, Beschluss vom 27. Juli 2015 - 8 B 390/15 - BauR 2015, 1817 = juris Rn. 25.
30Zwar hält der Senat die Kernaussagen der „V1. -Studie 2014“ für plausibel. Denn die mathematischen Modelle für die Ermittlung der Bodendämpfung Agr wurden anhand von Schallquellen erstellt, die sich in maximal 30 Metern Höhe befinden. Es leuchtet ein, dass sich die Bodendämpfung bei höheren Schallquellen einerseits und bei weiter entfernt liegenden Immissionspunkten andererseits möglicherweise anders auswirkt. In diesem Zusammenhang enthält die „V1. -Studie 2014“ die Aussage, dass die Bodendämpfung Agr bei hohen Schallquellen wahrscheinlich überschätzt werde. Die Aussage, dass die Bodendämpfung stets bei sämtlichen auf einen Immissionspunkt einwirkenden Windenergieanlagen mit Agr = 0 anzusetzen wäre, wird in dieser Studie nicht getroffen; sie lässt sich aus ihr auch nicht ableiten. Die Frage, welche konkreten Änderungen bei der Schallausbreitungsrechnung nach der TA Lärm in Verbindung mit der DIN ISO 9613-2 möglicherweise notwendig sind, ist derzeit noch offen bzw. Gegenstand wissenschaftlicher Diskussionen. Die „V1. -Studie 2014“ zeigt also einen bestimmten Forschungsbedarf auf. Einen Erkenntnisfortschritt, der die Bindungswirkung der TA Lärm sowie der DIN ISO 9613-2 im Sinne der oben dargestellten Rechtsprechung entfallen ließe, stellt sie nicht dar.
31Jedenfalls im gerichtlichen Eilverfahren ist daher weiter davon auszugehen, dass eine Schallprognose dann „auf der sicheren Seite“ liegt, wenn sie - wie hier - entsprechend dem Regelwerk der TA Lärm sowie der in Bezug genommenen DIN ISO 9613-2 erstellt worden ist. Der Beschluss des Senats vom 27. Juli 2015 (8 B 390/15)
32- BauR 2015, 1817 = juris Rn. 24 -
33steht dem nicht entgegen. Dort war auf Veranlassung der zum gerichtlichen Eilverfahren beigeladenen Anlagenbetreiberin eine ergänzende Schallprognose eingeholt worden, bei der im Rahmen der Schallausbreitungsberechnung nach Maßgabe des „alternativen Verfahrens“ der DIN ISO 9613-2 die Bodendämpfung Agr durchweg mit „Null“ angesetzt wurde. Das Ergebnis war, dass auch in diesem Fall die maßgeblichen Immissionsrichtwerte am Wohnhaus des dortigen Antragstellers nicht überschritten wurden. In diesem Zusammenhang hat der Senat ausgeführt, dass eine Prognose nach dem alternativen Berechnungsverfahren jedenfalls dann auf der sicheren Seite liege, wenn eine - den Beurteilungspegel senkende - Bodendämpfung in der Berechnung ganz unberücksichtigt bleibe. Da es sich mathematisch stets zugunsten der Immissionspunkte auswirkt, wenn die Bodendämpfung Agr bei der Schallausbreitungsberechnung unberücksichtigt bleibt, versteht sich die vom Senat getroffene Aussage von selbst. Sie war jedoch nicht mit der Feststellung verbunden, dass eine Schallprognose nur dann auf der sicheren Seite liege, wenn die Bodendämpfung vollumfänglich unberücksichtigt bleibt.
34Vor dem Hintergrund der noch nicht abgeschlossenen wissenschaftlichen Diskussionen bestehen derzeit keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die von der IEL GmbH mit ergänzender Stellungnahme vom 17. September 2015 berechneten bzw. mitgeteilten worst-case-Werte für das Wohnhaus des Antragstellers nicht hinreichend auf der sicheren Seite lägen. Die IEL GmbH hat dabei die Bodendämpfung Agr für alle südwestlich der Ortschaft E. liegenden Windkraftanlagen auf Null korrigiert.
35Die Gutachter gehen dabei davon aus, dass ein pauschaler Ansatz mit Agr = 0 für die Schallausbreitungswege aller - rund 100 - auf das Grundstück des Antragstellers einwirkenden Windenergieanlagen nicht sachgerecht wäre. Es spricht auf der Basis des aktuellen Erkenntnisstandes viel für die Annahme der Gutachter, dass dies auch angesichts weiterer, sich summierender konservativer Annahmen der Berechnung eine Überkompensation eines möglicherweise in der Schallausbreitungsrechnung nach dem „alternativen Verfahren“ enthaltenen „Fehlers“ für hohe, weit entfernte Schallquellen darstellen würde. So führt der Umstand, dass sich die die Ortschaft E. umrandenden Windenergieanlagen bzw. Windparks auf mehrere Himmelsrichtungen (Süden, Westen, Norden) verteilen, dazu, dass nicht alle Anlagen gleichzeitig auf eine Gebäudefront einwirken können. Ebenso wenig kann die stets in alle Richtungen unterstellte Bedingung von Mitwind in der Realität gleichzeitig auf alle Windkraftanlagen zutreffen. Überdies entspricht es den bisherigen vorläufigen Überlegungen, dass Modifikationen bei der Berücksichtigung der Bodendämpfungswerte voraussichtlich mit einer - hier soweit ersichtlich nicht vorgenommenen - Abschmelzung des bisher berücksichtigten Sicherheitszuschlags für die Unsicherheit des Prognosemodells einhergehen würden.
36Vgl. näher Agatz, Windenergie-Handbuch, 12. Ausgabe 2015, S. 70 m. w. N.
37Eine tendenzielle Überschätzung der Sicherheitszuschläge kommt im vorliegenden Fall zusätzlich deshalb in Betracht, weil bei großen Windparks mit zahlreichen Windenergieanlagen die Standardabweichung des gesamten Parks kleiner ist als die Standardabweichung der einzelnen Windenergieanlage.
38Vgl. Agatz, a. a. O., S. 73 f.
39Schließlich haben die Gutachter darauf hingewiesen, dass der Untersuchungsstandort im Rahmen der „V1. -Studie 2014“ von einer bestimmten Topografie und Vegetation (ebene Fläche; überwiegend landwirtschaftlich genutzte Flächen etc.) geprägt gewesen sei. Für die Umgebung der Ortschaft E. sei demgegenüber bewegtes und zum Teil bewaldetes Gelände prägend. Die Ergebnisse der „V1. -Studie 2014“ dürften daher auf die hier gegebene Situation nicht ohne Weiteres zu übertragen sein.
40Ausgehend von diesen Überlegungen bestehen derzeit keine erheblichen Zweifel daran, dass jedenfalls die unter dem 17. September 2015 vorgelegte Berechnung der IEL GmbH, die bei den im Rahmen der Vorbelastung zu berücksichtigenden südwestlich der Ortschaft E. gelegenen Windenergieanlagen eine Bodendämpfung unberücksichtigt lässt, auf der sicheren Seite liegt. Dies gilt jedenfalls vorbehaltlich der im Hauptsacheverfahren vorzulegenden und zu überprüfenden Eingangsgrößen dieser Berechnung. Danach ergibt sich für das Grundstück des Antragstellers eine Gesamtbelastung von LATges = 38,7 dB(A). Darüber hinaus wird nach den Berechnungen der Gutachter der - gemäß Nr. 3.2.1 Abs. 3 TA Lärm auf 41 dB(A) erhöhte - Immissionsrichtwert nachts am Grundstück des Antragstellers sogar selbst dann nicht überschritten, wenn bei der Ermittlung der Gesamtbelastung die Immissionsbeiträge aller - rund 100 - auf das Grundstück des Antragstellers einwirkenden Windenergieanlagen und nicht lediglich - wie vom Antragsgegner für richtig gehalten - die Anlagen mit einem Immissionsbeitrag von weniger als 15 dB unterhalb des maßgeblichen Immissionsrichtwertes berücksichtigt werden. Ob ein solcher genereller „Abschneidewert“ sachgerecht ist und auch dann den rechtlichen Vorgaben entspricht, wenn er im Einzelfall dazu führt, dass eine Vielzahl von Anlagen bei der Ermittlung des Beurteilungspegels unberücksichtigt bleibt, obwohl diese zusammen die Gesamtbelastung um mehr als 1 dB(A) erhöhen würden, braucht der Senat im vorliegenden Eilverfahren nicht zu entscheiden.
41Die vom Antragsteller vorgelegten Messprotokolle sind nicht geeignet, das vorstehende Ergebnis in Zweifel zu ziehen. Es ist nicht hinreichend erkennbar, dass diese die formalen Anforderungen erfüllen, die Ziffer A.3.5 des Anhangs zur TA Lärm an Messberichte stellt, dass die verwendeten Messgeräte den in Ziffer A.3.2 des Anhangs zur TA Lärm enthaltenen Anforderungen entsprechen und dass das Messverfahren und die Auswertung nach Maßgabe der Ziffer A.3.3 des Anhangs zur TA Lärm erfolgt ist. Insbesondere ist nicht hinreichend ersichtlich, dass die gemessenen Pegel nicht in erheblicher Weise durch Windgeräusche oder ähnliche Störgeräusche mitverursacht worden sind.
423. Die angefochtene Genehmigung verletzt bei summarischer Prüfung auch ansonsten keine subjektiven Rechte des Antragstellers. Das Verwaltungsgericht geht zu Recht davon aus, dass dem Antragsteller ein nachbarliches Abwehrrecht gegen das Bauvorhaben der Beigeladenen voraussichtlich nicht zusteht, soweit die Errichtung der Windenergieanlage betroffen ist. Gleiches gilt auch für den Betrieb der Windenergieanlage, nachdem hinsichtlich der Lärmproblematik bestehende Bedenken oben unter 2. entkräftet werden konnten. Von der Anlage geht keine optisch bedrängende Wirkung aus (dazu a). Auch steht dem Antragsteller ein Aufhebungsanspruch nach dem Umweltrechtsbehelfsgesetz nicht zu (dazu b). Andere Gründe sind vom Antragsteller nicht innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist (dazu c) bzw. nicht substantiiert (dazu d) vorgebracht worden.
43a) Von der streitbefangenen Anlage geht keine optisch bedrängende Wirkung aus, die im Hinblick auf die Wohnnutzung des Antragstellers einen Verstoß gegen das allgemeine, im Bauplanungsrecht verankerte Gebot der Rücksichtnahme darstellt.
44Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats hat sich die Einzelfallabwägung, ob eine Windenergieanlage bedrängend auf die Umgebung wirkt, in einem ersten Schritt an der Gesamthöhe (Nabenhöhe zuzüglich der Hälfte des Rotordurchmessers; hier: 184,38 Meter) der Anlage zu orientieren. Darüber hinaus sind die örtlichen Verhältnisse in die Einzelfallbewertung einzustellen. So ist u.a. die Lage bestimmter Räumlichkeiten und deren Fenster sowie von Terrassen u. ä. zur Windkraftanlage von Bedeutung. Zu berücksichtigen ist auch, ob von dem Wohngrundstück aus eine hinreichende Abschirmung zur Anlage besteht oder in zumutbarer Weise hergestellt werden kann. Relevant ist im Weiteren der Blickwinkel auf die Anlage, da es für die Erheblichkeit der optischen Beeinträchtigung einen Unterschied macht, ob die Anlage in der Hauptblickrichtung eines Wohnhauses liegt oder sich seitwärts von dieser befindet. Auch die Hauptwindrichtung kann von Bedeutung sein. Denn von der mit der Windrichtung wechselnden Stellung des Rotors hängt es ab, wie häufig in welcher Größe die vom Rotor bestrichene Fläche von einem Wohnhaus aus wahrgenommen wird. Zu berücksichtigen ist im Weiteren die topographische Situation. So kann etwa von einer auf einem Hügel gelegenen Windkraftanlage eine andere Wirkung als von einer auf tiefer liegendem Gelände errichteten Anlage ausgehen. Auch können Waldgebiete oder Gebäude einen zumindest partiellen Sichtschutz bieten. Einfluss auf das Maß der optischen Beeinträchtigung können auch schon vorhandene Windkraftanlagen haben. Denn einer Einzelanlage kann in diesem Zusammenhang je nach der Situation im Einzelfall ein stärkeres Gewicht zukommen als einer Anlage, die sich in eine schon vorhandene (optische) Vorbelastung einfügt und deshalb keine besondere zusätzliche Belastung für die Wohnnutzung darstellt. Je nach Fallkonstellation kann aber auch erst die hinzutretende Anlage in der Zusammenschau mit den bereits vorhandenen Anlagen zu einer unzumutbaren optisch bedrängenden Wirkung führen. Unter Berücksichtigung insbesondere der vorstehenden Kriterien lassen sich für die Ergebnisse der Einzelfallprüfungen grobe Anhaltswerte prognostizieren: Beträgt der Abstand zwischen einem Wohnhaus und einer Windkraftanlage mindestens das Dreifache der Gesamthöhe der geplanten Anlage (hier: 3 x 184,38 = 553,14 Meter), dürfte die Einzelfallprüfung überwiegend zu dem Ergebnis kommen, dass von dieser Anlage keine optisch bedrängende Wirkung zu Lasten der Wohnnutzung ausgeht. Bei einem solchen Abstand treten die Baukörperwirkung und die Rotorbewegung der Anlage so weit in den Hintergrund, dass ihr in der Regel keine beherrschende Dominanz und keine optisch bedrängende Wirkung gegenüber der Wohnbebauung zukommt. Ist der Abstand geringer als das Zweifache der Gesamthöhe der Anlage, dürfte die Einzelfallprüfung überwiegend zu einer dominanten und optisch bedrängenden Wirkung der Anlage gelangen. Ein Wohnhaus wird bei einem solchen Abstand in der Regel optisch von der Anlage überlagert und vereinnahmt. Auch tritt die Anlage in einem solchen Fall durch den verkürzten Abstand und den damit vergrößerten Betrachtungswinkel derart unausweichlich in das Sichtfeld, dass die Wohnnutzung überwiegend in unzumutbarer Weise beeinträchtigt wird. Beträgt der Abstand zwischen dem Wohnhaus und der Windkraftanlage das Zwei- bis Dreifache der Gesamthöhe der Anlage, bedarf es regelmäßig einer besonders intensiven Prüfung des Einzelfalls.
45OVG NRW, Urteil vom 9. August 2006 - 8 A 3726/05 -, BRS 70 Nr. 175 (2006) = juris Rn. 51 ff., 81, 91 ff., jeweils m. w. N.
46Diesem groben Raster liegt die Überlegung zu Grunde, dass die optisch bedrängende Wirkung einer Windenergieanlage mit zunehmendem Abstand regelmäßig abnimmt. Anders ausgedrückt: Je größer der Abstand zwischen einer Windenergieanlage und einem Wohnhaus ist, desto mehr treten die Kriterien, die für die optisch bedrängende Wirkung einer Windenergieanlage verantwortlich sein können, im Rahmen der vorzunehmenden Einzelfallbetrachtung in den Hintergrund.
47Nach diesen Grundsätzen geht der Senat ebenso wie das Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall davon aus, dass von der streitbefangenen Anlage keine optisch bedrängende Wirkung ausgeht, die einen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme darstellen würde. Die vom Antragsteller mit der Beschwerde vorgebrachten Gründe führen nicht zu einer anderen Bewertung. Der Senat verkennt dabei nicht, dass das Wohngrundstück des Antragstellers in Blickrichtung der streitbefangenen Anlage durch bereits vorhandene Windenergieanlagen nicht unerheblich vorbelastet ist. Auch verkennt der Senat nicht, dass die streitbefangene Anlage die bereits vorhandenen Anlagen in der Höhe zum Teil deutlich überragt. Da die streitbefangene Anlage zudem einen geringeren Abstand zum Wohnhaus des Antragstellers aufweist als die in derselben Blickrichtung bereits vorhandenen Anlagen, kann im vorliegenden Fall auch nicht davon gesprochen werden, dass die Anlage keine zusätzliche Belastung für die Wohnnutzung des Antragstellers darstellt, weil sie sich in eine schon vorhandene (optische) Vorbelastung einfügen würde. Der Senat geht daher davon aus, dass die streitbefangene Anlage eine eigenständige und zusätzliche optische Belastung für das Wohngrundstück des Antragstellers darstellt. Gleichwohl teilt er die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Grenze des Zumutbaren im vorliegenden Fall nicht überschritten und eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme daher nicht gegeben ist. Dabei spielt die Entfernung der Anlage zum Wohnhaus des Antragstellers eine ganz wesentliche Rolle. Der Abstand beträgt hier 1.517 Meter und entspricht damit etwa dem 8,2-fachen der Gesamthöhe der Anlage. Der über www.tim-online.nrw.de einzusehenden topografischen Landkarte kann zudem entnommen werden, dass das am Hang gelegene Grundstück des Antragstellers zwischen 240 und 245 Meter ü. NN. und der Anlagenstandort etwa 255 Meter ü. NN. gelegen ist, so dass ein - rechtlich möglicherweise relevanter - Höhenunterschied bei der Abstandsberechnung hier nicht weiter ins Gewicht fällt. Ist nach der oben dargestellten Rechtsprechung schon bei einem Abstand zwischen Windenergieanlage und Wohnhaus, der dem Dreifachen der Gesamthöhe der Anlage entspricht, regelmäßig davon auszugehen, dass von der Anlage keine optisch bedrängende Wirkung zu Lasten der Wohnnutzung ausgeht, weil bei einem solchen Abstand die Baukörperwirkung und die Rotorbewegung der Anlage so weit in den Hintergrund treten, dass der Anlage insgesamt in der Regel keine beherrschende Dominanz und keine optisch bedrängende Wirkung gegenüber der Wohnbebauung mehr zukommt, so gilt dies mit zunehmendem Abstand umso mehr. Entspricht der Abstand zwischen Windenergieanlage und Wohnbebauung - wie hier - etwa dem 8,2-fachen der Gesamthöhe der Anlage, so mag die streitbefangene Anlage - auch zusammen mit den bereits vorhandenen Anlagen - zwar eine (optische) Belastung für das Wohngrundstück des Antragstellers bedeuten. Die Baukörperwirkung und die Rotorbewegung der Anlage treten bei einem solchen Abstand jedoch so deutlich in den Hintergrund, dass der Anlage eine beherrschende Dominanz praktisch nicht mehr zukommen kann. Daher kommt es auch auf eine bestehende oder noch herzustellende Abschirmung zur Anlage, etwa durch Wälder, Anpflanzungen oder Gardinen, hier nicht entscheidend an. Auch der freie und ungehinderte Blick auf die mehr als 1.517 Meter entfernte Windenergieanlage ist - auch unter Berücksichtigung der im Blickfeld bereits vorhandenen Anlagen - rechtlich nicht unzumutbar. Daran würde sich selbst dann nichts ändern, wenn – wie der Antragsteller meint – die in den Verfahren 8 B 1015/15 und 8 B 1017/15 streitbefangene später genehmigte Windenergieanlage Enercon E 101 bei Erteilung der hier angefochtenen Genehmigung hätte berücksichtigt werden müssen.
48b) Das Verwaltungsgericht ist der Ansicht, dass dem Antragsteller kein Aufhebungsanspruch nach § 4 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 UmwRG zustehe, weil die angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung nicht unter Verstoß gegen Vorschriften des UVPG ergangen sein dürfte. Die hier gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 3c Satz 1 und 3 UVPG und Nr. 1.6.2 der Anlage 1 zum UVPG erforderliche allgemeine Vorprüfung sei durchgeführt worden und halte einer gerichtlichen Nachprüfung nach Maßgabe von § 3a Satz 4 UVPG stand. Diese Annahme wird durch das Beschwerdevorbringen nicht durchgreifend in Frage gestellt.
49Der Antragsteller beanstandet im Wesentlichen eine unzureichende Prüfung des Artenschutzes. Der Sachverhalt sei insoweit nicht hinreichend ermittelt. Nicht sämtliche vorhandene geschützte Arten seien erfasst worden. Auch seien die Mindestanforderungen an die Beobachtungsdauer nicht beachtet worden. Der Antragsgegner reduziere die Artenschutzproblematik unzulässig auf die Zwergfledermaus. Die Problematik der Zugvögel bleibe unbeachtet. Wesentliche Rotmilan-Vorkommen blieben sogar gänzlich unerwähnt.
50Die vorgenannten Rügen greifen nicht durch. Der Entscheidung des Antragsgegners, dass die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich sei, beruht ausweislich des Ergebnisvermerks (vgl. Bl. 112 f. der Beiakte Heft 4 im Verfahren 8 B 1016/15) unter anderem auf der internen Stellungnahme des Umweltamtes des Antragsgegners vom 18. Dezember 2014 (vgl. Bl. 93 ff. der Beiakte Heft 4 im Verfahren 8 B 1016/15). Diese interne Stellungnahme wiederum bezieht sich auf zwei artenschutzrechtliche Fachbeiträge und eine Artenschutzprüfung, nämlich auf den im Rahmen der 107. Änderung des Flächennutzungsplans der Stadt Q. erstellten Artenschutzfachbeitrag der NZO-GmbH von August 2009 (abrufbar im Internet über die Homepage der Stadt Q. ), die im Rahmen der 121. Änderung des Flächennutzungsplans der Stadt Q. erstellte Artenschutzprüfung des Ingenieur-Büros (abrufbar im Internet über die Homepage „Dahler Windinitiative Q. “ - http://dawipaderborn.bplaced.net/) sowie den im Rahmen der 125. Änderung des Flächennutzungsplans der Stadt Q. erstellten Artenschutzfachbeitrag der NZO-GmbH von November 2014 (abrufbar im Internet über die Homepage der Stadt Q. ). Für den Standort der hier streitbefangenen Anlage, der in der Konzentrationszone 4 („J. Weg“) liegt, enthält der zuletzt genannte Artenschutzfachbeitrag auf Seite 178 folgende Kurzbewertung:
51„Die Fläche wurde mit der 107. Änderung des FNP als Konzentrationszone ausgewiesen. Sowohl 2009 als auch 2014 wurde kein Brutrevier WEA-empfindlicher Greifvögel innerhalb der Konzentrationszone oder im nahen Umfeld kartiert. Bei der Raumnutzungsanalyse 2014 der angrenzenden Potentialfläche 8 konnte beobachtet werden, dass die Konzentrationszone von Rotmilanen als allgemeines Nahrungsstreifgebiet genutzt wird. Bei der Brutvogelkartierung 2009 gab es einen Brutverdacht für ein Kiebitzpaar. Eine Brut konnte aber letztlich nicht bestätigt werden. Maßnahmen zur Habitatoptimierung sind nicht erforderlich. Es wurden 2012 keine WEA-empfindlichen Fledermausarten nachgewiesen (LOSKE 2012).“
52Bereits im Jahr 2009 anlässlich der Ausweisung der Konzentrationszone 4 waren die Auswirkungen von bis zu 100 Meter hohen Windenergieanlagen u. a. auf Zug- bzw. Brut- und Gastvögel einschließlich des Rotmilans durch den Artenschutzfachbeitrag der NZO-GmbH von August 2009 umfangreich untersucht und eine Erfüllung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände (bei Beachtung bestimmter Schutzmaßnahmen) verneint worden. Vor diesem Hintergrund stellt es für sich genommen kein Ermittlungsdefizit dar, dass sich die im Rahmen der - letztlich nicht realisierten - 121. Änderung des Flächennutzungsplans der Stadt Q. , die eine Aufhebung der Höhenbeschränkung vorsah, erstellte Artenschutzprüfung des Dr. M. im Wesentlichen mit der Frage befasste, ob sich durch die geplante Höhenfreigabe für Brut- und Gast- und Zugvögel ein erhöhtes Konfliktpotential ergebe. Diese Frage hat der Gutachter verneint, da eine Erhöhung der Anlagen - vor allem bei Greifvögeln - eher zu einer Reduzierung des Kollisionsrisikos führe. Hinsichtlich der Zugvögel wurde zusätzlich angeführt, dass sich aus den beobachteten Zugwegen über das Untersuchungsgebiet keine Hinweise auf Zugkorridore regionaler oder überregionaler Bedeutung hätten ableiten lassen. Warum gleichwohl weitergehende Untersuchungen erforderlich sein sollten, legt die Beschwerde nicht substantiiert dar. Der Hinweis des Antragstellers auf Rotmilan-Beobachtungen am J. Weg genügt dazu nicht. Das gilt selbst ungeachtet der Tatsache, dass sich der von ihm vorgelegte Kartenausschnitt aus dem NZO-Gutachten 2014 nicht auf die hier in Rede stehende Fläche, sondern auf die angrenzenden Potentialflächen 6/7 bezieht. Auch die vom Antragsteller lediglich pauschal und damit nur unsubstantiiert vorgebrachten methodischen Mängel vermag der Senat nach Durchsicht der Artenschutzfachbeiträge nicht nachzuvollziehen.
53c) Soweit das Verwaltungsgericht die teilweise Ablehnung des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz darauf stützt, dass negative Auswirkungen durch Infraschall aufgrund des Abstands zwischen dem Wohnhaus des Antragstellers und der Anlage auszuschließen seien, greift die Beschwerde ebenfalls nicht durch. Die vom Antragsteller hiergegen vorgebrachten Gründe sind vom Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nicht zu prüfen, weil der Antragsteller diese erst mit Schriftsatz 6. Oktober 2015 und damit nicht innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO vorgebracht hat. Davon abgesehen würde er mit seinem Vortrag aber auch nicht durchdringen. Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass in Bezug auf Infraschall jedenfalls bei Abständen von mehr als 500 Metern - und erst recht bei einem Abstand wie hier von 1.517 Metern - zwischen Windenergieanlage und Wohnhaus die Schwelle zur schädlichen Umwelteinwirkungen nicht erreicht wird.
54Vgl. hierzu auch Ziffer 5.2.1.1 des aktuellen Windenergie-Erlasses NRW vom 4. November 2015
55(https://www.google.de/url?url=https://www.umwelt.nrw.de/fileadmin/redaktion/PDFs/klima/windenergieerlass.pdf) sowie das vom Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen herausgegebene „Faktenpapier“ zu Windenergieanlagen und Infraschall vom 16. Dezember 2015
56(https://www.umwelt.nrw.de/fileadmin/redaktion/PDFs/klima/windenergieanlagen_infraschall_faktenpapier.pdf).
57d) Mit der Rüge, die genehmigte Windenergieanlage sei planungsrechtlich unzulässig, weil sie die Höhenbegrenzung des geltenden Flächennutzungsplans nicht einhalte, kann der Antragsteller ebenfalls nicht durchdringen. Es kann dahinstehen, ob sie fristgerecht geltend gemacht worden ist, da es insoweit jedenfalls an einer hinreichenden Substantiierung der Beschwerdebegründung fehlt. Der Antragsteller setzt sich entgegen dem Gebot des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO nicht mit der Begründung der angefochtenen Entscheidung auseinander, wonach den Darstellungen des Flächennutzungsplans grundsätzlich keine nachbarschützende Funktion zukomme.
584. Ist somit bei summarischer Prüfung ein Unterliegen des Antragstellers in der Hauptsache wahrscheinlicher als ein Obsiegen, überwiegt insgesamt das Interesse der Beigeladenen an der sofortigen Vollziehung des Genehmigungsbescheids. Die Vergütung für die Stromeinspeisung unterliegt nach § 29 EEG 2014 ab dem 1. Januar 2016 einer quartalsweisen Degression. Die Beigeladene hat daher ein legitimes wirtschaftliches Interesse an einer Inbetriebnahme der geplanten Windenergieanlagen zum frühestmöglichen Zeitpunkt.
59Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind in beiden Instanzen erstattungsfähig, weil sie jeweils einen eigenen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat.
60Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Der Senat orientiert sich dabei an den Ziffern 19.2 und 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Der danach im Hauptsacheverfahren je Windkraftanlage festzusetzende Streitwert von 15.000,- EUR ist im Hinblick auf die Vorläufigkeit der erstrebten Regelung in Anlehnung an Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs auf die Hälfte zu reduzieren.
61Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt
- 1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können; - 2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen; - 3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften; - 4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.
(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.
(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung
- 1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können, - 2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und - 3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.
(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.
Tenor
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 22. Oktober 2012 - 2 K 2898/09 - wird geändert.
Die Klage gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts Ludwigsburg vom 22.12.2006 in der Fassung der immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigungen des Landratsamts vom 05.04.2013 sowie vom 31.10.2013 und gegen den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 01.07.2009 wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im zweiten Rechtszug.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt
- 1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können; - 2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen; - 3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften; - 4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.
(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.
(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung
- 1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können, - 2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und - 3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.
(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.
Tenor
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 22. Oktober 2012 - 2 K 2898/09 - wird geändert.
Die Klage gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts Ludwigsburg vom 22.12.2006 in der Fassung der immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigungen des Landratsamts vom 05.04.2013 sowie vom 31.10.2013 und gegen den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 01.07.2009 wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im zweiten Rechtszug.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Tenor
I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
III.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 15.000 Euro festgesetzt.
Gründe
(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn
- 1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften - a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder - b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
- 2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder - 3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der - a)
nicht geheilt worden ist, - b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und - c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.
(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben
- 1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie - 2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.
(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von
- 1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie - 2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.
(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.
(1) Auf Antrag wird einer inländischen oder ausländischen Vereinigung die Anerkennung zur Einlegung von Rechtbehelfen nach diesem Gesetz erteilt. Die Anerkennung ist zu erteilen, wenn die Vereinigung
- 1.
nach ihrer Satzung ideell und nicht nur vorübergehend vorwiegend die Ziele des Umweltschutzes fördert, - 2.
im Zeitpunkt der Anerkennung mindestens drei Jahre besteht und in diesem Zeitraum im Sinne der Nummer 1 tätig gewesen ist, - 3.
die Gewähr für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung, insbesondere für eine sachgerechte Beteiligung an behördlichen Entscheidungsverfahren, bietet; dabei sind Art und Umfang ihrer bisherigen Tätigkeit, der Mitgliederkreis sowie die Leistungsfähigkeit der Vereinigung zu berücksichtigen, - 4.
gemeinnützige Zwecke im Sinne von § 52 der Abgabenordnung verfolgt und - 5.
jeder Person den Eintritt als Mitglied ermöglicht, die die Ziele der Vereinigung unterstützt; Mitglieder sind Personen, die mit dem Eintritt volles Stimmrecht in der Mitgliederversammlung der Vereinigung erhalten; bei Vereinigungen, deren Mitgliederkreis zu mindestens drei Vierteln aus juristischen Personen besteht, kann von der Voraussetzung nach Halbsatz 1 abgesehen werden, sofern die Mehrzahl dieser juristischen Personen diese Voraussetzung erfüllt.
(2) Für eine ausländische Vereinigung sowie für eine Vereinigung mit einem Tätigkeitsbereich, der über das Gebiet eines Landes hinausgeht, wird die Anerkennung durch das Umweltbundesamt ausgesprochen. Bei der Anerkennung einer Vereinigung nach Satz 1, die im Schwerpunkt die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege fördert, ergeht diese Anerkennung im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Naturschutz. Für die Anerkennung werden keine Gebühren und Auslagen erhoben.
(3) Für eine inländische Vereinigung mit einem Tätigkeitsbereich, der nicht über das Gebiet eines Landes hinausgeht, wird die Anerkennung durch die zuständige Behörde des Landes ausgesprochen.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn
- 1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften - a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder - b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
- 2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder - 3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der - a)
nicht geheilt worden ist, - b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und - c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.
(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben
- 1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie - 2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.
(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von
- 1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie - 2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.
(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 14. September 2015 teilweise abgeändert.
Es wird festgestellt, dass die Klagen des Antragstellers gegen den Genehmigungsbescheid des Antragsgegners vom 9. August 2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 24. August 2015 (VG Minden 11 K 2290/15) und gegen den Genehmigungsbescheid vom 21. Januar 2014 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 24. August 2015 (VG Minden 11 K 2289/15) aufschiebende Wirkung haben.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen einschließlich der erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 3. tragen der Antragsteller zu 1/3, der Antragsgegner, die Beigeladenen zu 1., 2. und 3. zu je 1/6.
Der Wert des Streitgegenstandes wird unter Abänderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung für beide Instanzen auf 30.000,- € festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Die Beschwerde des Antragstellers mit dem sinngemäßen Antrag,
3festzustellen, dass seine am 1. September 2015 beim VG Minden erhobenen Klagen 11 K 2290/15 und 11 K 2289/15 aufschiebende Wirkung haben, sowie den Antragsgegner zu verpflichten, den Beigeladenen zu 1. und 2. die (weitere) Errichtung der Windenergieanlagen zu untersagen,
4hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
5Das Begehren des Antragstellers war gemäß §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO auszulegen. Der Antragsteller will im Beschwerdeverfahren in der Sache erreichen, dass die Vollziehung der den Beigeladenen zu 1. und 2. erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen bis zur Entscheidung über seine Klagen vorläufig unterbleibt. Diesem Rechtsschutzziel trägt in der Regel (schon) eine gerichtliche Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klagen - hier in entsprechender Anwendung der §§ 80a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 5 VwGO - wirksam Rechnung.
6Vgl. nur Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand März 2015, § 80 a Rn. 57.
7Darüber hinaus hat der Antragsteller unter Hinweis auf die Regelungen des § 80 a Abs. 3, Abs.1 Nr. 2 VwGO ausdrücklich die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen im Beschwerdeverfahren beantragt.
8Vgl. hierzu z.B. BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 2012 - 9 VR 2/12 u.a. -, NuR 2012, 267 = juris Rn. 6.
9Der Antragsteller kann die Feststellung verlangen, dass seine gegen die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide vom 9. August 2013 (WEA I, WEA III und WEA VI) und vom 21. Januar 2014 (WEA V) jeweils in der Fassung der Änderungen vom 24. August 2015 gerichteten Klagen aufschiebende Wirkung entfalten (dazu I). Ihm steht jedoch kein Anspruch auf ergänzenden Erlass einstweiliger Sicherungsmaßnahmen zu (dazu II).
10I. Wird ein Verwaltungsakt - wie hier - mit belastender Wirkung für einen Dritten unter Missachtung der aufschiebenden Wirkung eines eingelegten Rechtsbehelfs vollzogen (sog. faktische Vollziehung), ist auf Antrag des Dritten in entsprechender Anwendung der §§ 80 a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 5 VwGO festzustellen, dass dem Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung zukommt.
11Vgl. OVG NRW 29. Mai 2008 - 10 B 616/08 -, DVBl 2008, 1132 = juris Rn. 3; Schoch, in: Schoch/ Schneider/Bier, VwGO, Stand März 2015, § 80a, Rn. 56; Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 80 a, Rn. 36; Külpmann, in: Finkelnburg/ Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 6. Auflage 2011, Rn. 1083.
12Die Beigeladenen zu 1. und 2. haben am 24. Juli 2015 mit dem Bau der WEA I, V und VI begonnen und damit die Genehmigungen insoweit faktisch vollzogen. Sie haben die Bauarbeiten nach Erhebung der Anfechtungsklagen am 1. September 2015 fortgeführt und bestreiten - auch hinsichtlich der derzeit noch nicht im Bau befindlichen WEA III -, dass die Anfechtungsklagen des Antragstellers aufschiebende Wirkung haben.
13Die Klagen des Antragstellers haben entgegen dieser Ansicht aufschiebende Wirkung. Sie sind bei sachgerechter Auslegung nicht nur isoliert gegen die Änderungsbescheide vom 24. August 2015, sondern gegen die Genehmigungsbescheide in ihrer aktuellen Fassung gerichtet; die abweichend formulierten Klageanträge beruhen auf der unzutreffenden Annahme des Antragstellers, die Bescheide vom 24. August 2015 enthielten eine Neuerteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen.
14Mit dem so verstandenen Klageziel entfalten die beim VG Minden unter den Aktenzeichen 11 K 2289/15 und 11 K 2290/15 anhängigen Klagen kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung. Die nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO vorgesehene aufschiebende Wirkung gilt unter anderem auch bei - wie hier - Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80 a VwGO), vgl. § 80 Abs. 1 Satz 2 VwGO. Gründe, die dem Eintritt der aufschiebenden Wirkung entgegenstehen, bestehen nicht. Weder steht die behauptete Unzulässigkeit der Anfechtungsklagen der aufschiebenden Wirkung entgegen (dazu 1.), noch hinsichtlich der WEA III die vom Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 9. Februar 2015 angeordnete sofortige Vollziehung des Genehmigungsbescheides vom 9. August 2013 in der Fassung vom 24. August 2015 (dazu 2.).
151. Die aufschiebende Wirkung tritt nach § 80 Abs. 1 VwGO unabhängig davon ein, ob der Rechtsbehelf begründet ist; es bedarf daher keiner Interessenabwägung anhand der Erfolgsaussichten der Klagen. Der Rechtsbehelf muss lediglich eingelegt sein.
16Vgl. z.B. Hess. VGH. Beschluss vom 3. Dezember 2002 - 8 TG 2177/02 -, NVwZ-RR 2003, 345 = juris Rn 7; Finkelnburg, in: Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 6. Auflage 2011, Rn. 655; Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand März 2015, § 80, Rn. 77.
17Ob die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs auch unabhängig davon eintritt, ob der Rechtsbehelf zulässig ist, ist umstritten. In Literatur und Rechtsprechung wird vertreten, dass dies nicht der Fall sein dürfte, wenn es an den ganz wesentlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen wie der Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs, der Verwaltungsaktqualität der angefochtenen behördlichen Maßnahme, der Einhaltung der Klagefrist oder dem Vorliegen der Klagebefugnis fehlt. Auch wenn die Anfechtung an § 44 a VwGO scheitert - was hier nicht der Fall ist -, soll eine aufschiebende Wirkung ausgeschlossen sein.
18Vgl. Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand März 2015, § 80 Rn. 78 ff., 81 ff.; Finkelnburg, in: Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 6. Auflage 2011, Rn. 646 ff.; Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 80 a, Rn. 31 f.
19Letztlich kann dies ebenso offen bleiben wie die Frage, ob ein aus anderen Gründen (offensichtlich) unzulässiger Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung entfaltet. Es ist nicht ersichtlich, dass die Klagen des Antragstellers aus einem solchen anderen Grund offensichtlich unzulässig wären. Vorliegend bestehen auch keine Zweifel daran, dass für die Klagen des Antragstellers der Verwaltungsrechtsweg gemäß § 40 VwGO eröffnet ist, oder dass es sich bei den angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheiden um Verwaltungsakte im Sinne des § 35 VwVfG NRW handelt. Es fehlt schließlich auch weder an der Einhaltung der Klagefrist (a) noch an der Klagebefugnis des Antragstellers (b).
20a) Dass die einmonatige Klagefrist des § 74 Abs. 1 VwGO bezogen auf die Änderungen vom 24. August 2015 eingehalten wurde, ist offenkundig und zwischen den Beteiligten (wohl) nicht umstritten. Die Klagefrist war bei Klageerhebung am 1. September 2015 auch hinsichtlich der von den Änderungen vom 24. August 2015 unberührt gebliebenen Bestandteile der Genehmigungsbescheide noch nicht abgelaufen. Die Genehmigungsbescheide sind daher gegenüber dem Antragsteller insgesamt nicht in Bestandskraft erwachsen. Aufgrund der nur relativen Wirkung der Bestandskraft ist auch ohne Belang, dass der Genehmigungsbescheid des Antragsgegners vom 9. August 2013/24. August 2015 im Verhältnis zur Beigeladenen zu 3. ‑ der Standortgemeinde - nach teilweiser Klagerücknahme (8 A 366/15) hinsichtlich der WEA I und der WEA VI sowie der die WEA V betreffende Genehmigungsbescheid vom 21. Januar 2014/24. August 2015 nach Klagerücknahme (8 A 367/15) unanfechtbar sind.
21aa) Die Bescheide vom 24. August 2015 haben hinsichtlich der unveränderten Regelungen keine (neue) Klagefrist in Gang gesetzt. Sie enthalten keine Neuerteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen für die Errichtung und den Bau der streitgegenständlichen Windenergieanlagen. Das Verwaltungsgericht ist vielmehr zutreffend davon ausgegangen, dass die Vorhaben nicht wesentlich geändert wurden, sondern dass diese durch die nachträglich getroffenen Regelungen lediglich ihre abschließende Gestalt gefunden haben.
22Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Mai 2015 - 8 B 1029/14 -, juris Rn. 27 ff. und vom 16. November 2012 - 2 B 1095/12 -, juris Rn. 10 ff.
23Die Ergänzungsbescheide vom 24. August 2015 haben die Auslegungs- und Leistungsdaten der WEA einschließlich des Anlagentyps ebenso unberührt gelassen wie die Standorte der geplanten Anlagen. Soweit hinsichtlich des Standorts der WEA III der Hochwert geändert wurde, handelt es sich um eine bloße redaktionelle Anpassung, die ein offensichtliches Schreibversehen in dem Bescheid vom 9. August 2013 berichtigt. Ansonsten betreffen die Änderungen zum einen den Nachtbetrieb der WEA. Diese Betriebsänderung ist allerdings nicht von wesentlicher Art. Schon die ursprünglichen Genehmigungsbescheide haben einen Nachtbetrieb der WEA vorgesehen. Geändert werden lediglich die Modalitäten dieses Betriebes, der nicht mehr schallreduziert stattfinden muss. Zum anderen betreffen die Änderungen noch wasser- sowie arten- und naturschutzrechtliche Nebenbestimmungen. Auch diese Änderungen sind für den Bau und den späteren Betrieb der Anlagen von nur untergeordnetem Gewicht.
24bb) Der Antragsteller hat die Klagefrist bezogen auf die danach nur nachrichtlich wiederholten unveränderten Regelungen der Genehmigungsbescheide eingehalten.
25Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss sich ein Nachbar, der sichere Kenntnis von der Erteilung einer Baugenehmigung erhalten hat oder diese Kenntnis hätte haben müssen, nach Treu und Glauben so behandeln lassen, als sei ihm die Baugenehmigung im Zeitpunkt der zuverlässigen Kenntniserlangung oder dem Zeitpunkt, in dem er diese Kenntnis hätte erlangen müssen, amtlich bekannt gegeben worden. Von diesem Zeitpunkt an richtet sich die Klagefrist nach den Vorschriften der §§ 74 und 58 Abs. 2 VwGO. Diese Grundsätze gelten auch für immissionsschutzrechtliche Genehmigungen.
26Für den Nachbarn läuft danach ab dem Zeitpunkt, zu dem er sichere Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen, in entsprechender Anwendung der §§ 74, 58 Abs. 2 VwGO eine Klagefrist von einem Jahr. Von einem Kennenmüssen ist regelmäßig dann auszugehen, wenn sich das Vorliegen einer Genehmigung für den Dritten aufgrund objektiver Anhaltspunkte aufdrängen muss - sei es, weil Baumaßnahamen erkennbar sind, sei es, weil er in anderer Weise darüber informiert ist - und wenn es ihm zudem möglich und zumutbar ist, sich etwa durch Anfrage beim Bauherrn oder bei der Genehmigungsbehörde Gewissheit zu verschaffen. Maßgeblich sind die Umstände des jeweiligen Einzelfalls.
27Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1974 - IV C 2.72 -, BVerwGE 44, 294 = juris Rn. 24; Beschlüsse vom 28. August 1987 - 4 N 3.86 -, BVerwGE 78, 85 = juris Rn. 15, und vom 16. März 2010 - 4 B 5/10 -, juris Rn. 8; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14. Mai 2012 - 10 S 2693/09 -, BauR 2012, 1637 = juris Rn. 34 ff.; OVG NRW, Beschluss vom 24. September 2009 - 8 B 1342/09.AK -, ZUR 2010, 204 = juris Rn. 44; auch Beschluss vom 25. September 2015 ‑ 8 A 970/15 -, juris Rn. 14 ff.
28Für einen möglichen Fristbeginn sind in der Regel tatsächliche Vorgänge im Rahmen eines Baugeschehens - wie etwa deutlich wahrnehmbare Bauarbeiten - relevant, die auf die vorangegangene Erteilung einer Baugenehmigung schließen lassen.
29Vgl. OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 29. April 2010 - 10 S 5.10 - BRS 76 Nr. 172 = juris Rn. 16.
30Allein auf die Sichtbarkeit von Baumaßnahmen und die damit einhergehende Erkennbarkeit einer vorliegenden Baugenehmigung abzustellen, genügt den Grundsätzen von Treu und Glauben allerdings nicht. Nur soweit auch die Beeinträchtigung der subjektiven Rechtsposition erkennbar ist, kann vielmehr für den Nachbarn zur Wahrung seiner Rechte die Obliegenheit bestehen, selbst aktiv zu werden und sich nach dem Vorliegen einer Genehmigung zu erkundigen.
31Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1974 - IV C 2.72 -, BVerwGE 44, 294 = juris Rn. 24; OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 29. April 2010 - 10 S 5.10 - BRS 76 Nr. 172 = juris Rn. 16; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14. Mai 2012 - 10 S 2693/09 -, BauR 2012, 1637 = juris Rn. 38.
32Es ist nicht zu erkennen, dass der Antragsteller vor Beginn der Bauarbeiten im Juli 2015 sichere Kenntnis von den streitgegenständlichen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen erlangt hat oder hätte erlangen müssen. Soweit die Beigeladenen darauf hinweisen, dass in den örtliche Zeitungen mehrfach über die streitgegenständlichen Genehmigungen berichtet wurde, besteht zwar eine Wahrscheinlichkeit, dass der Antragsteller diese Berichte gelesen haben könnte; dass er die Berichte gelesen haben muss und er deshalb eine sichere Kenntnis hätte erlangen müssen, drängt sich jedoch nicht auf. Dasselbe gilt für seine Kontakte mit vor Ort aktiven Windkraftgegnern. Es kommt daher nicht mehr entscheidend darauf an, dass für den Antragsteller die Möglichkeit, als Mitglied der betroffenen Öffentlichkeit eine Beeinträchtigung des subjektiv-öffentlichen Rechts auf Einhaltung der UVP-Verfahrensvorschriften geltend zu machen, erst aufgrund des Urteils des Senats vom 25. Februar 2015 - 8 A 959/10 - und damit weniger als ein Jahr vor der Erhebung der Klagen - (sicher) erkennbar war.
33Vgl. auch zu Folgendem OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2015 - 8 A 959/10 -, BauR 2015, 1138 = juris Rn. 67 ff. und 82 ff.
34b) Dem Antragsteller fehlt auch nicht die erforderliche Klagebefugnis. Er kann geltend machen, dass er möglicherweise in seinem Recht auf Einhaltung der UVP-Verfahrensvorschriften verletzt ist, weil es an der nach seiner Auffassung erforderlichen Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung fehlt. Bei unionsrechtskonformer Auslegung sind die Verfahrensvorschriften der UVP-Richtlinie als Schutznormen im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO zu qualifizieren. Davon geht auch § 4 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 UmwRG aus, der klarstellt, dass jedenfalls die dort aufgeführten UVP-Verfahrensfehler auch für Individualkläger rügefähig sein sollen. Der Antragsteller ist auch rügeberechtigt. Die Möglichkeit, Verfahrensfehler nach § 4 Abs. 1 UmwRG zu rügen, steht nicht für jedermann offen, sondern nur für Mitglieder der sog. „betroffenen Öffentlichkeit“. Betroffenheit wird hier grundsätzlich durch einen räumlichen Bezug zum Wirkungsbereich der Immissionen bestimmt. Bei Berücksichtigung dieser faktischen Komponente setzt die Zulässigkeit der Klage zumindest voraus, dass der Kläger durch die Entscheidung tatsächlich in seinen Interessen beeinträchtigt wird. Der Antragsteller ist - ungeachtet der Frage, ob er geltend machen kann, auch in seinen materiellen subjektiven Rechten verletzt zu sein - jedenfalls in seinen Interessen beeinträchtigt. Sein Wohnhaus liegt im räumlichen Einwirkungsbereich der Anlagen. Diese befinden sich nicht nur in Sichtweite seines Wohnhauses, sie sind dort auch zu hören. Der Immissionspunkt L (Im Tal 3) ist in unmittelbarer Nachbarschaft des Wohnhauses des Antragstellers. An diesem Immissionspunkt wird für die Nachtzeit ausweislich der tabellarischen Aufstellungen in den Genehmigungsbescheiden ein nur knapp unterhalb des maßgeblichen Immissionsrichtwerts von 45 dB(A) liegender Wert von 44,9 dB(A) prognostiziert, so dass Einiges für die Annahme spricht, dass der Antragsteller zumindest geltend machen kann, er werde möglicherweise unzumutbaren Lärmbelästigungen ausgesetzt.
352. Anders als der Antragsgegner und die Beigeladenen annehmen, scheidet die aufschiebende Wirkung auch nicht deshalb aus, weil das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 9. Februar 2015 im Hinblick auf die von der Beigeladenen zu 3. betriebene Anfechtungsklage gegen den Genehmigungsbescheid vom 9. August 2013 auf Antrag des Rechtsvorgängers der Beigeladenen zu 1. die sofortige Vollziehung angeordnet hat. Die Beigeladenen zu 1. und 2. gehen allerdings zutreffend davon aus, dass die gerichtliche Anordnung des Sofortvollzuges auch die Änderungen vom 24. August 2015 betrifft. Das geänderte Vorhaben ist gegenüber dem ursprünglich genehmigten Vorhaben - wie oben ausgeführt - kein „aliud“ und ist daher kein neuer Streitgegenstand. Die Anordnung des Sofortvollzugs wirkte jedoch nur gegenüber der Beigeladenen zu 3. und nicht auch gegenüber dem Antragsteller.
36Beim Verwaltungsakt mit Dritt- und Mehrfachwirkung treten die Folgen der - behördlichen oder gerichtlichen - Vollziehbarkeitsanordnung nur gegenüber denjenigen Rechtsbehelfsführern ein, denen gegenüber die Anordnung vorgenommen wurde. Auf Grund der subjektiv-rechtlichen Ausgestaltung des vorläufigen Rechtsschutzes wirkt die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit nur relativ, nicht absolut. Eine „Einheit der sofortigen Vollziehung“ gibt es nicht. Die Ausführung eines genehmigten Vorhabens ist daher erst erlaubt, wenn die aufschiebende Wirkung im Verhältnis zu keinem Rechtsbehelfsführer mehr besteht.
37Vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Januar 1982 ‑ 4 ER 401/81 -, BVerwGE 64, 347 = juris Rn. 15 ff:; Bay. VGH, Beschluss vom 23. Dezember 1996 - 26 CS 96.2760 -, NVwZ-RR 1998, 271 = juris Rn. 13; Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand März 2015, § 80 Rn. 266.
38Hierauf kommt es indes nicht mehr an. Der Senat hat den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 9. Februar 2015 im Beschwerdeverfahren 8 B 253/15 mit Beschluss vom heutigen Tage geändert.
39II. Die vom Antragsteller begehrte Anordnung vorläufiger Sicherungsmaßnahmen entsprechend § 80 a Abs. 3, Abs. 1 Nr. 1 VwGO kommt nicht in Betracht. Hierfür bedarf es in jedem Fall eines hinreichend konkreten Grundes. Sicherungsmaßnahmen haben ergänzende Funktion und müssen nicht vorbeugend beigefügt werden. Denn es ist in der Regel zu erwarten, dass die Beteiligten eine gerichtliche Entscheidung über die aufschiebende Wirkung einer Klage auch ohne beigefügte Sicherungsmaßnahmen respektieren.
40Vgl. Külpmann, in: Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 6. Auflage 2011, Rn. 1084, 1080; Bay. VGH, Beschluss vom 26. Oktober 2009 - 2 CS 09.2121 -, NVwZ-RR 2010, 346 = juris Rn 11; OVG NRW, Beschluss vom 11. Januar 2000 - 10 B 2060/99 -, NVwZ-RR 2001, 297.
41Es bestehen keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass der Antragsgegner oder die Beigeladenen zu 1. und 2., die die aufschiebende Wirkung der Klage der Beigeladenen zu 3. beachtet haben, die mit diesem Beschluss festgestellte aufschiebende Wirkung der Klagen des Antragstellers missachten werden oder dass der Antragsgegner bei einer Missachtung der aufschiebenden Wirkung der Klagen nicht von sich aus Sicherungsmaßahmen anordnen wird.
42Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 1, 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig. Sie haben im erst- und zweitinstanzlichen Verfahren Anträge gestellt und sich damit einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt. Aus diesem Grunde können ihnen auch Kosten auferlegt werden.
43Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Der Senat orientiert sich dabei an den Ziffern 19.2 und 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Der danach im Hauptsacheverfahren je Windkraftanlage festzusetzende Streitwert von 15.000,- EUR ist im Hinblick auf die Vorläufigkeit der erstrebten Regelung in Anlehnung an Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs auf die Hälfte zu reduzieren. Der abweichende Streitwertbeschluss des Verwaltungsgerichts war nach § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG von Amts wegen abzuändern.
44Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Münster vom 19. März 2010 geändert.
Der immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbescheid der Bezirksregierung Münster vom 5. Juli 2006 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 27. September 2006 und vom 13. November 2013, des Teilverzichts der Beigeladenen vom 26. Juni 2007 sowie des Widerspruchsbescheids vom 3. Februar 2009 wird aufgehoben, soweit er die Windenergieanlagen WEA 5 und 6 betrifft.
Die Kosten des Verfahrens erster Instanz einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen tragen die Kläger zur Hälfte, der Beklagte und die Beigeladene jeweils zu einem Viertel. Die Kosten des Verfahrens zweiter Instanz tragen der Beklagte und die Beigeladene je zur Hälfte mit Ausnahme ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten, die sie jeweils selbst tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Kläger wenden sich gegen eine der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur „wesentlichen Änderung von sieben Windkraftanlagen in der Windfarm T. “, soweit diese die Anlagen WEA 5 und 6 betrifft.
3Die Klägerin zu 1. ist Eigentümerin des Anwesens B. in T. , Gemarkung B1. , Flur , Flurstücke und . Das Grundstück liegt im bauplanungsrechtlichen Außenbereich am Südrand des im Gebietsentwicklungsplan für den Regierungsbezirk N. (Teilabschnitt N1. , Teil 3: Eignungsbereiche für erneuerbare Energien/Windkraft, bekannt gemacht am 12. November 1998, GV.NRW. S. 606) dargestellten Windenergieeignungsbereichs WAF 11 und südlich der im Flächennutzungsplan der Stadt T. ausgewiesenen Windkraftkonzentrationszone. Es ist mit einem Wohnhaus bebaut, das die Kläger selbst bewohnen, sowie Nebenanlagen, die im Wesentlichen der Pferdezucht und Pensionspferdehaltung der Kläger dienen.
4In den Jahren 2003 und 2004 erteilte der Landrat des Kreises Warendorf verschiedenen Bauherren Baugenehmigungen für die Errichtung von Windkraftanlagen an den Standorten, auf die sich die streitbefangene immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung bezieht. Unter anderem wurden am 28. Januar 2003 zwei Windkraftanlagen mit 85 m Nabenhöhe, 70 m Rotordurchmesser und 1.800 kW Nennleistung (Typ Enercon E 66/18.70) auf den Grundstücken Gemarkung B1. Flur , Flurstück und Flur , Flurstück baurechtlich genehmigt. Dabei handelt es sich nach der Zählung des späteren immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheids vom 5. Juli 2006, die auch im Folgenden verwendet wird, um die Standorte der WEA 5 und 6 (in der vom Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegten Gesamtübersicht: WEA lfd. Nr. 4 und 5). Diese Standorte liegen - ebenso wie die Standorte der weiteren mit der streitbefangenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung genehmigten Windkraftanlagen WEA 1 bis 4 und 7 - innerhalb des im o. g. Gebietsentwicklungsplan dargestellten Windeignungsbereichs WAF 11 und der - damit teilweise deckungsgleichen - im Flächennutzungsplan der Stadt T. (in der Fassung der 14. Änderung, rechtswirksam seit 22. März 2002) ausgewiesenen Konzentrationszone für Windenergie „B. /B2. “.
5Der Erteilung der Baugenehmigungen war für die Windkraftanlagen an den Standorten WEA 5, 6 und 8 eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls vorausgegangen. Sie kam zu dem Ergebnis, dass es einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht bedürfe. Für die an den Standorten WEA 1, 2 und 3 baugenehmigten Windkraftanlagen liegt eine im November 2003 erstellte allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls des Ing.-Büros d. vor. Diese kommt - unter Berücksichtigung der weiteren zu diesem Zeitpunkt genehmigten bzw. beantragten Windkraftanlagen, also auch der (damaligen) WEA 5, 6 und 8 - zu dem Ergebnis, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung entbehrlich sei.
6Die Baugenehmigungen galten ab dem 1. Juli 2005 als immissionsschutzrechtliche Genehmigungen fort (§ 67 Abs. 9 Satz 1 BImSchG). Die davon erfassten Anlagen wurden jedoch nie errichtet.
7Unter dem 25. Juli 2005 zeigte die Beigeladene als neue Vorhabenträgerin der Bezirksregierung gemäß § 15 BImSchG eine Änderung der sieben genehmigten Windkraftanlagen an, wonach nunmehr der technisch optimierte Anlagentyp E-70 E 4 errichtet werden solle. Auf Betreiben des Staatlichen Umweltamts N. wurde der Beigeladenen mitgeteilt, dass es sich bei der Umplanung um eine wesentliche Änderung handele, die gemäß § 16 BImSchG genehmigungsbedürftig sei.
8Unter dem 21. Dezember 2005 beantragte die Beigeladene die Erteilung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungen gemäß § 16 BImSchG zur Änderung der Beschaffenheit der Windkraftanlagen WEA 1 bis 7 (lfd. Nr. 4 bis 10) an den Standorten, für die zuvor Baugenehmigungen für vergleichbar dimensionierte Anlagen erteilt worden waren, welche zwischenzeitlich kraft Gesetzes als immissionsschutzrechtliche Genehmigungen fortgalten. An die Stelle des bisher genehmigten Anlagentyps Enercon E-66/18.70 sollte nunmehr jeweils der Anlagentyp Enercon E-70 E 4, Nennleistung 2.000 kW, treten. In der Windkraftkonzentrationszone waren zu diesem Zeitpunkt bereits etliche Windkraftanlagen beantragt, z.T. auch genehmigt und errichtet (WEA lfd. Nr. 1, 12 bis 18 und 21).
9Im Rahmen einer als „standortbezogen“ bezeichneten Vorprüfung (vgl. § 3c UVPG) gelangte der Beklagte - trotz Bedenken der Anlieger einschließlich der Kläger - im Anschluss an die entsprechende Prüfung der Baugenehmigungsbehörde aus dem Jahr 2003 zu der Auffassung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich sei. Mit der geringfügigen technischen Optimierung der Windkraftanlagen, deren Standorte unverändert blieben, seien keine relevanten Umweltauswirkungen verbunden. Die Entscheidung wurde am 26. Juni 2006 bekannt gemacht.
10Durch Bescheid vom 5. Juli 2006 erteilte der Beklagte der Beigeladenen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung unter Auflagen. Die von dieser Genehmigung erfassten WEA 1 bis 3 haben bei einer Nabenhöhe von 98,20 m und einem Rotordurchmesser von 71 m eine Gesamthöhe von 133,70 m. Die WEA 4 bis 7 haben bei einer Nabenhöhe von 85 m und einem Rotordurchmesser von 71 m eine Gesamthöhe von 120,50 m. Die dem Wohnhaus der Kläger nächstgelegene WEA 6 soll in einem Abstand von 352 m (197 m zur Grundstücksgrenze), die WEA 5 in einem Abstand von 624 m (472 m zur Grundstücksgrenze) errichtet werden.
11Gegen diese Genehmigung erhoben die Kläger Widerspruch. Sie legten ein von ihnen in Auftrag gegebenes „Vogelkundliches Gutachten für den Windkraft Eignungsbereich T. “ des Diplom-Landschaftsökologen H. vor und machten geltend, es bedürfe einer Umweltverträglichkeitsprüfung.
12Mit Schreiben vom 27. September 2006 ordnete die Bezirksregierung die sofortige Vollziehung des Genehmigungsbescheides an. Mit Änderungsbescheid vom gleichen Tag berichtigte sie redaktionelle Fehler des Bescheids vom 5. Juli 2006.
13Das Verwaltungsgericht gab dem Antrag der Kläger auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs hinsichtlich der WEA 6 insbesondere wegen einer möglichen optisch bedrängenden Wirkung dieser Anlage statt; im Übrigen lehnte es den Antrag ab (10 L 889/06). Auf die Beschwerde der Beigeladenen lehnte der Senat den Antrag mit Beschluss vom 25. Juli 2007 insgesamt ab (8 B 259/07). Mit Schreiben vom 26. Juni 2007 hatte die Beigeladene nach gerichtlichem Hinweis darauf, dass die Nichtberücksichtigung der Vorbelastung durch andere Windkraftanlagen bei der Ermittlung der Gesamtbelastung nicht unproblematisch sei, auf die Genehmigung des Nachtbetriebs der WEA 6 in der Zeit von 22 Uhr bis 6 Uhr verzichtet.
14Die Windkraftanlagen WEA 1 bis 4 und 7 wurden sodann errichtet und im Juli 2008 in Betrieb genommen.
15Mit Widerspruchsbescheid vom 3. Februar 2009, zugestellt am 6. Februar 2009, wies der Beklagte - nach Durchführung einer Ortsbesichtigung - den Widerspruch der Kläger zurück.
16Die Kläger haben am 5. März 2009 Anfechtungsklage erhoben, die sie kurz darauf unter Rücknahme der Klage im Übrigen auf die Windkraftanlagen WEA 5 und 6 beschränkt haben.
17Sie haben geltend gemacht, die Genehmigung sei unter Verletzung der Verfahrensvorschriften über die Öffentlichkeitsbeteiligung zustande gekommen, weil eine Umweltverträglichkeitsprüfung und damit die Durchführung eines förmlichen Genehmigungsverfahrens nach § 10 BImSchG rechtswidrig unterblieben seien. Aufgrund des vom Beklagten durchgeführten Screening-Verfahrens habe nicht ermessensfehlerfrei davon ausgegangen werden können, dass das Vorhaben keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen haben könne. Die im Jahr 2003 durchgeführte Vorprüfung sei unzureichend. Die Voraussetzungen, unter denen eine Vorprüfung schon vor Antrag auf Zulassung des jeweiligen Vorhabens erfolgen könne, lägen nicht vor. Zudem habe es sich lediglich um eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls gehandelt. Bei sieben genehmigten Anlagen wäre demgegenüber eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls erforderlich gewesen. Aufgrund des räumlichen Zusammenhangs mit der Anlage des Herrn M. und sechs weiteren Anlagen der Q. GmbH seien insgesamt sogar 14 Windkraftanlagen bei der Vorprüfung in den Blick zu nehmen. Das Gebiet sei inzwischen im Hinblick auf das unverwechselbare Landschaftsbild mit seinen gebietsprägenden Riegelhecken und die natürliche Schutzfunktion des Biotops für die dort lebenden Wildtiere in die Förderkulisse des Kreiskulturlandschaftsprogramms aufgenommen worden. Es sei damit als - besonders schutzwürdiges - Biosphären-Reservat gemäß § 25 BNatSchG einzuordnen. Nach dem vogelkundlichen Gutachten vom 7. September 2006 handele es sich um ein Brut‑, Rast- und Rückzugsgebiet für zahlreiche gefährdete Vogelarten wie Rohrweihe, Kiebitz, Steinkautz, Wespenbussard und Rotmilan. Das Vorhaben entfalte auch eine erhebliche Barrierewirkung für Zugvögel. Den Verfahrensvorschriften über die Öffentlichkeitsbeteiligung komme drittschützende Wirkung zu. Die Kläger gehörten zu der geschützten betroffenen Öffentlichkeit, weil ihnen Nachteile von einigem Gewicht drohten. Sie betätigten sich im professionellen Reitsport und unterrichteten eine internationale Klientel an Reitschülern mit hohen Ansprüchen. Windkraftanlagen in den beabsichtigten Entfernungen von 150-200 m zu der Rennbahn der Kläger seien geeignet, die Reiter und Hochleistungspferde abzulenken und zu stören. Die Anlagen verstießen schließlich gegen das Gebot der Rücksichtnahme, weil sie optisch bedrängend wirkten. Vom Wohnhaus der Kläger aus liege nur noch in einer Himmelsrichtung keine Windenergieanlage im Blickfeld.
18Die Kläger haben beantragt,
19den immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 5. Juli 2006 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 27. September 2006 und des Teilverzichts der Beigeladenen vom 26. Juni 2007 und den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 3. Februar 2009 aufzuheben, soweit die Windenergieanlagen 5 und 6 betroffen sind, welche dem Anwesen der Kläger am nächsten gelegen sind.
20Der Beklagte und die Beigeladene haben beantragt,
21die Klage abzuweisen.
22Der Beklagte hat geltend gemacht, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich gewesen. Die im Jahr 2006 genehmigten Änderungen der bestandskräftig baugenehmigten Windkraftanlagen seien mit Bezug auf die Umweltauswirkungen geringfügig gewesen. Ungeachtet dessen ergebe sich auch unter Geltung des Umweltrechtsbehelfsgesetzes allein aus dem Unterbleiben einer erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung keine Klagebefugnis. Erforderlich sei eine materiell-rechtliche Rechtsverletzung des Nachbarn, an der es hier fehle.
23Das Verwaltungsgericht hat die Klage, soweit sie aufrecht erhalten worden ist, durch Urteil vom 19. März 2010 abgewiesen.
24Gegen das Urteil haben die Kläger die vom Senat zugelassene Berufung eingelegt. Während des Berufungsverfahrens hat der Beklagte eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls nachträglich durchgeführt und am 30. August 2013 vorgelegt. Diese untersucht u. a. im Rahmen einer Artenschutzprüfung eine mögliche Gefährdung von Vögeln und Fledermäusen und kommt zu dem Ergebnis, dass eine eingehendere Betrachtung erheblicher Umwelteinwirkungen im Wege einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich sei. Um die Einhaltung der artenschutzrechtlichen Anforderungen sicherzustellen, seien jedoch nachträglich Nebenbestimmungen in die Zulassung aufzunehmen.
25Mit Änderungsbescheid vom 13. November 2013 ist der Genehmigungsbescheid entsprechend dem Ergebnis der allgemeinen Vorprüfung gemäß § 12 BImSchG mit zusätzlichen Nebenbestimmungen versehen worden. Danach ist zum Schutz der örtlichen Population der Rohrweihe im Rahmen des Risikomanagements mindestens 2 Jahre vor Inbetriebnahme der WEA 5 und 6 (lfd. Nr. 4 und 5) südwestlich des Windparks T. in mindestens 1000 Meter Entfernung von der nächstgelegenen Windkraftanlage ein näher umschriebenes Ablenkungshabitat anzulegen (IV. 7. 1.). Nach Errichtung und Inbetriebnahme der WEA 5 und 6 ist im Bereich aller Windkraftanlagen der Beigeladenen in der Brut- und Zugzeit von Anfang März bis Ende Oktober ein fünfjähriges Monitoring (Bruterfolg, Schlagopfersuche, Annahme des Ablenkungshabitats) für die Rohrweihe durchzuführen. Sollte dieses ein erhöhtes Kollisionsrisiko ergeben, sind entsprechende Abschaltzeiten in der Brut- oder Zugzeit oder in bestimmten Stadien der Bewirtschaftung der umliegenden Felder festzulegen, wenn nicht der Schutz der Rohrweihe durch anderweitige Maßnahmen sichergestellt werden kann (IV. 7. 2.). Zum Schutz des Kiebitz’ ist vor Errichtung der WEA 5 und 6 für jedes der 6 festgestellten Brutpaare eine mindestens 1,5 ha große Extensivgrünlandfläche mit einer mindestens 0,3 ha großen Blänke anzulegen (IV. 7. 3.). Die Errichtung der WEA 5 und 6 sowie alle vorbereitenden Maßnahmen vor Ort sind nur außerhalb der Brutzeit vom 15. März bis 15. Juni erlaubt (IV. 7. 4.). Zum Schutz von Fledermäusen ist nach Errichtung und Inbetriebnahme der WEA 5 und 6 im Bereich aller Windkraftanlagen der Beigeladenen in der Zeit von Anfang April bis Ende Oktober ein dreijähriges akustisches Monitoring durchzuführen. In der Folge sind – sofern aufgrund der Ergebnisse erforderlich – geeignete Maßnahmen (Abschaltalgorithmen) zur Verminderung des Kollisionsrisikos zu treffen (IV. 7. 5.).
26Am 15. November 2013 sind die Nachholung und das Ergebnis der allgemeinen Vorprüfung im Amtsblatt für den Regierungsbezirk N. , in der örtlichen Presse und auf der Internetseite der Bezirksregierung N. bekannt gemacht worden.
27Zur Begründung der Berufung haben die Kläger zunächst auf ihr Zulassungsvorbringen und den Zulassungsbeschluss des Senats Bezug genommen. Sie könnten gemäß § 4 Abs. 1 UmwRG die Aufhebung der angefochtenen Genehmigung verlangen, weil der Beklagte - auch der Sache nach - keine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls, sondern lediglich eine standortbezogene Vorprüfung vorgenommen habe. Das Umweltrechtsbehelfsgesetz sei in zeitlicher Hinsicht anwendbar. Ein Artikel aus der Welt am Sonntag belege das Bedürfnis, gerade auch Anliegern als betroffener Öffentlichkeit einen eigenen Aufhebungsanspruch gegen Genehmigungen zuzubilligen.
28Ergänzend tragen die Kläger vor: Die UVP-Vorprüfung sei nicht wirksam nachgeholt worden. Der mit dem Verfahrenserfordernis verfolgte Zweck könne im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mehr erreicht werden, wenn das angefochtene Vorhaben vor Nachholung des Verfahrensschritts bereits ganz oder teilweise ausgeführt und es hierdurch zu Umweltauswirkungen der Art gekommen sei, dass es nun nichts mehr zu schützen gebe. Es müsse ermittelt werden und noch ermittelbar sein, ob das Projekt vor Erteilung der Genehmigung einer Umweltverträglichkeitsprüfung hätte unterzogen werden müssen. Nach Errichtung von Windkraftanlagen und Aufnahme ihres Betriebs könne jedoch nicht mehr festgestellt werden, ob dies bereits zu einem Wegzug windenergieempfindlicher, planungsrelevanter Vogelarten geführt habe. Zentrales Anliegen der UVP-Richtlinie sei die frühzeitige Teilhabe und Information der betroffenen Öffentlichkeit. Eine unbegrenzte Nachholungsmöglichkeit öffne einer Umgehung Tür und Tor.
29Jedenfalls entspreche auch die nachgeholte UVP-Vorprüfung nicht den Vorgaben des § 3c UVPG. Sie stelle fehlerhaft nicht auf den Zustand vor Errichtung aller sieben genehmigten Windkraftanlagen ab, sondern auf den jetzigen Zustand. Die deutliche Prägung des Gebiets von Anlagen zur Windenergienutzung, von der die Vorprüfung ausgehe, sei erst durch die aufgrund des streitgegenständlichen Genehmigungsbescheids errichteten Anlagen entstanden. Die Aufnahme des betroffenen Gebiets in das Kreiskulturlandschaftsprogramm des Kreises X. sei nicht berücksichtigt worden. Gleiches gelte für das vogelkundliche Gutachten des Sachverständigen H. , das über das Arteninventar zum - maßgeblichen - Zeitpunkt vor Ausführung des Vorhabens Aufschluss gebe. Es habe 26 Brutpaare Kiebitze nachgewiesen, damit habe sich der gesamte Bestand inzwischen um ¾ reduziert. Der Bestand an Rohrweihen sei vermutlich bereits zum Zeitpunkt der damaligen Begutachtung durch Tötungen infolge Kollisionen dezimiert gewesen. Die Bezirksregierung habe selbst einen so gravierenden Eingriff in die Avifauna festgestellt, dass zu dessen Vermeidung die Genehmigung nachträglich mit umfangreichen Auflagen zum Vogelschutz habe versehen werden müssen. Unter derartigen Umständen seien die Auswirkungen eines Vorhabens nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts jedoch als erheblich einzustufen, soweit nicht bereits im Antrag des Vorhabenträgers Vermeidungs- oder Verminderungsmaßnahmen enthalten seien, die nachteilige Umweltauswirkungen offensichtlich ausschlössen.
30Die Kläger beantragen,
31unter Änderung des Urteils des Verwaltungsgerichts N. den immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid der Bezirksregierung N. vom 5. Juli 2006 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 27. September 2006 und vom 13. November 2013, des Teilverzichts der Beigeladenen vom 26. Juni 2007 sowie des Widerspruchsbescheids vom 3. Februar 2009 aufzuheben, soweit er die Windenergieanlagen WEA 5 und 6 betrifft.
32Der Beklagte und die Beigeladene beantragen,
33die Berufung zurückzuweisen.
34Der Beklagte macht geltend, die streitbefangenen Windkraftanlagen befänden sich in ausgewiesenen Windkraftkonzentrationszonen, bei deren Festsetzung bereits naturschutzfachliche Belange berücksichtigt worden seien. Im Rahmen der vorausgegangenen Baugenehmigungsverfahren seien standortbezogene Prüfungen des Einzelfalls durchgeführt worden. Dabei seien deutlich mehr als nur standortbezogene Kriterien untersucht worden.
35Jedenfalls sei die allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls wirksam nachgeholt worden. Das Umweltrechtsbehelfsgesetz sehe die Nachholbarkeit ausdrücklich vor. Von einer bewussten Umgehung der verfahrensrechtlichen Anforderungen könne nicht die Rede sein. Die beiden streitbefangenen Anlagen seien noch nicht errichtet. Wirkungen von bestandskräftig genehmigten Anlagen könnten an der grundsätzlichen Möglichkeit von Nachbetrachtungen der Auswirkungen noch nicht umgesetzter Anlagenzulassungen nichts ändern. Die Nachholung sei auch rechtzeitig erfolgt. § 4 Abs. 1 Satz 3 UmwRG verweise auf § 45 Abs. 2 VwVfG des Bundes, der die Heilung von Verfahrensfehlern bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zulasse.
36Eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei zutreffend für entbehrlich gehalten worden. Die streitbefangenen Windkraftanlagen lägen keineswegs in einem Biosphärenreservat gemäß § 25 BNatSchG. Der fragliche Bereich in T. unterliege keiner Schutzgebietskategorie. Bei dem Kreiskulturlandschaftsprogramm XY handele sich um ein reines Förderprogramm, ein Instrument des Vertragsnaturschutzes auf freiwilliger Basis, das auf die Genehmigungsfähigkeit von Windkraftanlagen keinen Einfluss habe.
37Der Nachbetrachtung sei zutreffend die aktuelle Erkenntnislage zugrunde gelegt worden. Da die beiden Anlagen noch nicht errichtet seien, würde eine Nachbetrachtung ohne Berücksichtigung der aktuell verfügbaren Erkenntnisse über den Zustand des Standortes die Prüfung unzulässig verkürzen. Etwaige artenschutzrechtliche Defizite, die einer Genehmigungserteilung im Juli 2006 entgegengestanden hätten, nunmehr aber weggefallen seien, könnten eine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Genehmigung betreffend die WEA 5 und 6 nicht begründen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Entscheidung über die Anfechtungsklage sei hier wie sonst der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung. Damit sei auch die Kritik an der Nichtberücksichtigung des Gutachtens des Sachverständigen H. aus dem Jahr 2006 unberechtigt. Mit dem d. -Gutachten, das eine ausführliche Art-für-Art Betrachtung nach heutigen Standards enthalte, hätten der Bezirksregierung zeitnähere Daten (betreffend Avifauna, Fledermäuse) zur Verfügung gestanden.
38Ungeachtet dessen treffe die Behauptung nicht zu, dass es aufgrund der Errichtung der weiteren Anlagen nun nichts mehr zu schützen gebe. Vielmehr habe die Anzahl der vorhandenen Vogelarten offenbar zugenommen. Nach den Ergebnissen der vorliegenden avifaunistischen Gutachten sei auszuschließen, dass die Realisierung von Windenergieanlagen zwischen dem Datum der angefochtenen Zulassung (5. Juli 2006) und dem 30. August 2013 als Datum der Nachbetrachtung Wirkungen gezeitigt habe, die zu einem stark veränderten bzw. ausgedünnten Zustand der vorhandenen Fauna geführt hätte. Der starke Rückgang der Kiebitzpopulationen belege nichts Gegenteiliges. Der Rückgang des Brutvogelbestandes beim Kiebitz sei nicht Folge seiner Windenergieempfindlichkeit, sondern gehe auf eine immer intensiver durchgeführte Landbewirtschaftung zurück. Die geänderte Genehmigung sehe nach den naturschutzrechtlichen Vorgaben ausreichende Vorkehrungen gegen eine Beeinträchtigung der Kiebitzpopulationen durch die Errichtung und den Betrieb der beiden streitgegenständlichen Windenergieanlagen vor.
39Im Übrigen sei zweifelhaft, ob ein bloßes Individualinteresse an der Aufhebung einer Genehmigung ausreichen könne, um jedweden Mangel im Rahmen einer Prüfung auf Umweltverträglichkeit geltend zu machen. Auf Mängel der Artenschutzbetrachtung könnten sich die Kläger (auch) in diesem Zusammenhang keinesfalls umfassend berufen; allenfalls wesentliche Fehler könnten rügefähig sein.
40Die Beigeladene ist der Auffassung, das Umweltrechtsbehelfsgesetz sei bereits in zeitlicher Hinsicht nicht anwendbar. Unabhängig davon könnten die Kläger aus § 4 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 UmwRG keinen selbstständigen Aufhebungsanspruch herleiten. Dabei handele es sich um eine reine Fehlerfolgenregelung, mit der eine Subjektivierung von UVP-Fehlern nicht einhergehe. Die standortbezogene Vorprüfung durch den Kreis X. sei ausreichend. Es handele sich im Vergleich zum Baugenehmigungsverfahren nur um einen Änderungsantrag und damit weiterhin um dasselbe Verfahren.
41Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Bezirksregierung N. und des Kreises X. Bezug genommen.
42E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
43Die Berufung der Kläger hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Den Klägern steht ein Anspruch auf Aufhebung des angefochtenen Genehmigungsbescheids zu.
44I. Die Klage ist zulässig, insbesondere sind die Kläger klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO). Sie können geltend machen, durch den der Beigeladenen erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid der Bezirksregierung N. vom 5. Juli 2006 in der Fassung ihrer Änderungsbescheide vom 27. September 2006 und vom 13. November 2013, des Teilverzichts der Beigeladenen vom 26. Juni 2007 sowie des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung N. vom 3. Februar 2009 (im Folgenden: Genehmigungsbescheid vom 5. Juli 2006), soweit er die Windkraftanlagen (WEA) 5 und 6 betrifft, in ihren Rechten verletzt zu sein.
451. Die Kläger können geltend machen, die durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit genüge nicht dem Maßstab von § 3a Satz 4 UVPG, weil sie nicht den Vorgaben von § 3c UVPG entsprochen habe und das Ergebnis nicht nachvollziehbar sei. Dieses Rügerecht ergibt sich aus § 4 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 und 2 UmwRG, der im Lichte des - individualschützende Verfahrensrechte verleihenden - Unionsrechts auszulegen ist.
46Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz - einschließlich der Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG - findet auf den angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid Anwendung (a). Die Kläger können sich in Anwendung der genannten Vorschriften auf eine fehlerhafte Durchführung der Vorprüfung des Einzelfalls auch unabhängig von einer möglichen Verletzung materieller subjektiver Rechte berufen (b).
47a) Der sachliche Anwendungsbereich des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes ist eröffnet, weil infolge der von §§ 3e Abs. 1 Nr. 2, 3 c Satz 1 UVPG angeordneten allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls für den angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a UmwRG bestehen kann (siehe näher unten zu II. 1.).
48Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz ist auch in zeitlicher Hinsicht anwendbar. Es gilt nach § 5 Abs. 1 UmwRG für Verfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1, die nach dem 25. Juni 2005 eingeleitet worden sind oder hätten eingeleitet werden müssen. Unerheblich ist, dass diese Vorschrift gegen die Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten verstößt, soweit sie Verfahren von der Anwendbarkeit des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes ausschließt, die vor dem 25. Juni 2005 eingeleitet worden sind, in denen aber erst nach diesem Zeitpunkt eine Genehmigung erteilt wurde.
49Vgl. EuGH, Urteil Altrip vom 7. November 2013, C-72/12, EU:C:2013:712, NVwZ 2014, 49, juris Rn. 21-31; vgl. auch das von der Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland am 21. März 2014 eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren, C-137/14, ABl. C 159/16, juris.
50Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 UmwRG sind bereits unabhängig von dieser unionsrechtlich gebotenen Erweiterung erfüllt. Der Antrag auf Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ist unter dem 21. Dezember 2005 - und damit nach dem Stichtag - gestellt worden. Entgegen der Ansicht des Beigeladenen handelt es sich bei diesem Genehmigungsverfahren um ein gegenüber den vorangegangenen Baugenehmigungsverfahren eigenständiges Verfahren, weil ersteres andere Anlagen und damit ein anderes Vorhaben zum Gegenstand hat.
51Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. Juli 2007 ‑ 8 B 259/07 -, Abdruck S. 6.
52§ 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG, wonach die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens auch verlangt werden kann, wenn eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3a Satz 4 UVPG genügt, ist hier anwendbar, obwohl die Regelung erst durch das Gesetz zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften vom 21. Januar 2013 mit Wirkung vom 29. Januar 2013 - und damit nach Erhebung der Klage - in das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz eingefügt worden ist (BGBl. I, S. 95). Denn die geänderten Vorschriften des Gesetzes gelten nach § 5 Abs. 4 Satz 1 UmwRG auch für Rechtsbehelfe nach § 2, die am 12. Mai 2011 anhängig waren oder nach diesem Tag eingeleitet worden sind und die am 29. Januar 2013 noch nicht rechtskräftig abgeschlossen worden sind. Zwar handelt es sich hier nicht um den Rechtsbehelf einer anerkannten Vereinigung nach § 2 Abs. 1 UmwRG; der Gesetzgeber knüpft in § 5 Abs. 4 Satz 1 UmwRG aber an allgemeine Grundsätze des intertemporalen Prozessrechts an, die gleichfalls eine Anwendung von § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG fordern. Zudem wird durch die neu geschaffene Vorschrift, die gemäß § 4 Abs. 3 UmwRG auch für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 VwGO und damit für die Kläger entsprechend gilt, lediglich die schon bisher geltende Rechtslage klargestellt.
53Vgl. BVerwG, Urteile vom 17. Dezember 2013 ‑ 4 A 1.13 -, BVerwGE 148, 353, juris Rn. 33 f. und 40; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 30. Oktober 2014 - 10 S 3450/11 -, juris Rn. 58; BT‑Drs. 17/10957, S. 17 f.
54b) Die Kläger können sich auf eine fehlerhafte Durchführung der Vorprüfung des Einzelfalls auch unabhängig von einer Betroffenheit in eigenen materiellen Rechten berufen. § 4 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 und 2 UmwRG räumt ihnen ein selbstständig durchsetzbares, absolutes Verfahrensrecht ein. Der Senat folgt nicht der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach die genannten Regelungen ausschließlich die Begründetheit des Rechtsbehelfs betreffen, der Kreis der nach bisherigem nationalen Recht Klagebefugten aber nicht erweitert wird.
55So BVerwG, Urteile vom 20. Dezember 2011 ‑ 9 A 30.10 -, DVBl. 2012, 501, juris Rn. 20; vom 2. Oktober 2013 - 9 A 23.12 -, NVwZ 2014, 367, juris Rn. 21 ff.; und vom 17. Dezember 2013 ‑ 4 A 1.13 -, ZNER 2014, 205, juris Rn. 41; Beschluss vom 27. Juni 2013 - 4 B 37.12 -, BauR 2013, 2014, juris Rn. 9 ff.; ebenso OVG NRW, Urteil vom 14. Oktober 2013 ‑ 20 D 7/09.AK -, DVBl. 2014, 185, juris Rn. 33; VGH Bad.-Württ., Urteile vom 11. April 2014 - 5 S 534/13 -, NVwZ-RR 2014, 634, juris Rn. 41 ff., und vom 30. Oktober 2014 - 10 S 3450/11 -, juris Rn. 40; anders bereits OVG NRW, Beschluss vom 23. Juli 2014 - 8 B 356/14 -, NWVBl. 2014, 472, juris Rn. 19 ff.; ähnlich VG Aachen, Beschluss vom 28. November 2014 - 3 L 224/13 -, juris Rn. 10 ff.
56Die UVP-Richtlinie und Art. 9 Abs. 2 der Aarhus-Konvention gebieten eine Auslegung des nationalen Rechts, die die durch die Richtlinie verliehenen Verfahrensrechte als individualschützend anerkennt und ihre prozessuale Durchsetzbarkeit gewährleistet. Im Lichte dieser Regelungen sind der betroffenen Öffentlichkeit nach § 2 Abs. 6 UVPG hinsichtlich der Verletzung von Verfahrenserfordernissen der Umweltverträglichkeitsprüfung einschließlich der in § 4 Abs. 1 UmwRG bezeichneten Verfahrensregelungen Rügerechte zuzuerkennen.
57Vgl. zum unionsrechtlichen Umfang des Rügerechts: EuGH, Urteil Altrip vom 7. November 2013, C-72/12, EU:C:2013:712, NVwZ 2014, 49, juris Rn. 36, 38 und 47.
58Gefordert ist ein weiter und effektiver Zugang zu einer gerichtlichen Überprüfung von Zulassungsentscheidungen UVP-pflichtiger Vorhaben. Dieser wird allein durch die Erweiterung des Prüfprogramms des § 113 VwGO auf das Vorliegen ‑ objektiv-rechtlich verstandener - UVP-Verfahrensfehler, von der die Gegenmeinung ausgeht, nicht hinreichend gewährleistet. Dies wird insbesondere dann deutlich, wenn Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die nicht nach § 2 Abs. 1 UmwRG klageberechtigt sind, ohne eine mögliche Verletzung (auch) in eigenen materiellen Rechten Fehler der Umweltverträglichkeitsprüfung geltend machen. In diesen Fällen würde eine Aufhebung der Zulassungsentscheidung nach § 4 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG oder § 46 VwVfG regelmäßig unabhängig davon ausscheiden, ob der Verfahrensfehler tatsächlich vorliegt. Die allein in Betracht kommenden Rechtsbehelfe nach der Verwaltungsgerichtsordnung würden bereits auf der Zulässigkeitsebene mangels Klagebefugnis scheitern.
59Vgl. zu § 46 VwVfG Sachs, in: Stelkens/Bonk/ Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 46 Rn. 28; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Auflage 2013, § 46 Rn. 8, 18.
60Ein weiter und effektiver Zugang zu Gerichten setzt indes voraus, dass die Verfahrensfehler der Umweltverträglichkeitsprüfung auch selbstständig gerügt werden können. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Gerichtshof) folgt aus der UVP-Richtline ein eigenständiges Recht „des betroffenen Einzelnen“ auf Bewertung der Umweltauswirkungen des fraglichen Projekts durch die zuständigen Stellen und auf Anhörung dazu.
61Vgl. EuGH, Urteil Leth vom 14. März 2013, C‑420/11, EU:C:2013:166, NVwZ 2013, 565, juris Rn. 32; ferner EuGH, Urteil Wells vom 7. Januar 2004, C-201/02, EU:C:2004:12, NVwZ 2004, 593, juris Rn. 56 ff.
62Da die Richtlinie u. a. zur Festlegung von Verfahrensgarantien dient, die insbesondere eine bessere Information und eine Beteiligung der Öffentlichkeit im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung öffentlicher und privater Projekte mit unter Umständen erheblichen Umweltauswirkungen ermöglichen sollen, kommt der Überprüfung der Einhaltung der Verfahrensregeln in diesem Bereich besondere Bedeutung zu. Die betroffene Öffentlichkeit muss daher, im Einklang mit dem Ziel, ihr einen weiten Zugang zu Gerichten zu gewähren, zur Stützung eines Rechtsbehelfs, mit dem die Rechtmäßigkeit von Entscheidungen im Sinne der Richtlinie angefochten wird, grundsätzlich jeden Verfahrensfehler geltend machen können.
63Vgl. EuGH, Urteil Altrip vom 7. November 2013, C‑72/12, EU:C:2013:712, NVwZ 2014, 49, juris Rn. 48.
64Es ist dabei zwar grundsätzlich Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung, die Verfahrensmodalitäten für Klagen zu regeln, die den Schutz der „dem Einzelnen“ aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen. Die Mitgliedstaaten sind allerdings für den wirksamen Schutz dieser Rechte in jedem Einzelfall verantwortlich.
65Vgl. EuGH, Urteil Slowakischer Braunbär vom 8. März 2011, C-240/09, EU:C:2011:125, NVwZ 2011, 673, juris Rn. 47.
66Diesen Anforderungen ist nur dann hinreichend Rechnung getragen, wenn Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit als „betroffenen Einzelnen“ im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs bei wesentlichen Fehlern der Umweltverträglichkeitsprüfung sowohl ein (absoluter oder relativer) Aufhebungsanspruch auf der Ebene der Begründetheit als auch - systematisch vorrangig - auf der Ebene der Zulässigkeit eine entsprechende Klagebefugnis zusteht.
67vgl. Held, NVwZ 2012, 461, 463; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 45 Rn. 118, 125 und § 46 Rn. 29; ferner Seibert, NVwZ, 2013, 1040, 1045, Steinbeiß-Winkelmann, NJW 2010, 1233, 1235; zum Gebot unionsfreundlicher Auslegung nationaler Normen auch: EuGH, Urteil Slowakischer Braunbär vom 8. März 2011, C-240/09, EU:C:2011:125, NVwZ 2011, 673, juris Rn. 50; Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 42 Rn. 400.
68Die Verfahrensvorschriften der UVP-Richtlinie sind damit bei unionsrechtskonformer Auslegung Schutznormen im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO. Derartige individualschützende Verfahrensrechte sind zwar im deutschen Verwaltungsrecht die Ausnahme, sie sind diesem aber nicht gänzlich fremd. Ihre Anerkennung im vorliegenden Zusammenhang bewirkt daher nur eine Erweiterung, die sich ohne größeren Bruch in das System des subjektiven Rechtsschutzes einfügen lässt.
69Vgl. etwa Ziekow, NuR 2014, 229, 234; Greim, Rechtsschutz bei Verfahrensfehlern im Umweltrecht, 2013, S. 33 ff., 157 ff.; Gärditz, VwGO, 2013, § 42 Rn. 68 - 70.
70Die von der Gegenauffassung vorgenommene Entkoppelung von Zulässigkeits- und Begründetheitsprüfung im Rahmen der Drittanfechtungsklage stellt demgegenüber einen deutlicheren Eingriff in das deutsche Rechtsschutzsystem dar.
71So auch Greim, Rechtsschutz bei Verfahrensfehlern im Umweltrecht, 2013, S. 143; Seibert, NVwZ 2013, 1040, 1045; S. a. Appel, NVwZ 2010, 473, 476.
72Dass die unionsrechtliche Forderung nach einem weiten Zugang der „betroffenen Einzelnen“ zu den Gerichten grundsätzlich die Zuerkennung eines diesen Zugang ermöglichenden Rügerechts verlangt, wird - ungeachtet ihrer Reichweite im Übrigen - auch in der neuesten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Klagerechten von Umweltverbänden außerhalb des Anwendungsbereichs der Verbandsklage anerkannt.
73Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 ‑ 7 C 21/12 -, NVwZ 2013, 64, juris Rn. 48; hierzu Bunge, ZUR 2014, 3 ff. sowie NuR 2014, 305.
74An diesen unionsrechtlichen Befund hat der Gesetzgeber bei der Kodifizierung des § 4 UmwRG angeknüpft.
75Vgl. Begründung zum Entwurf über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35 EG (Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz) vom 4. September 2006, BT-Drs. 16/2495, insbesondere Seiten 7 f., 11 f. und 13 f.
76Die Begründung nimmt ausdrücklich auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs Bezug, wonach der Einzelne sich auf Bestimmungen der UVP-Richtlinie berufen können müsse.
77Vgl. Urteil Wells vom 7. Januar 2004, C-201/02, EU:C:2004:12, NVwZ 2004, 593 ff., juris; vgl. auch Urteile Leth vom 14. März 2013, C-420/11, EU:C:2013:166, NVwZ 2013, 565, juris Rn. 32 und Altrip vom 7. November 2013, C-72/12, EU:C.2013:712, NVwZ 2014, 49, juris Rn. 48, hierzu auch: Siegel, NJW 2014, 973, sowie Greim, NuR 2014, 81 ff.; Bunge, NuR 2014, 305; auch Urteil Edwards und Pallikarapoulos vom 11. April 2013, C‑260/11, EU:C:2013:221, NVwZ 2013, 855, juris Rn. 32.
78Es heißt dort, Art. 10 a der geänderten UVP-Richtlinie fordere, dass die Überprüfung der verfahrensrechtlichen Rechtmäßigkeit einer Zulassungsentscheidung für ein UVP-pflichtiges Vorhabenbeantragt werden könne. Diesen Anforderungen stehe jedoch derzeit die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entgegen, wonach das Recht der Umweltverträglichkeitsprüfung aufgrund seiner Einstufung als Verfahrensrecht keine selbstständig durchsetzbaren Rechtspositionen vermittelte. Nach bisheriger Rechtslage könnten die Verfahrensregelungen der Durchführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen Drittschutz nur begründen, wenn die konkrete Möglichkeit bestehe, dass die angegriffene Entscheidung ohne den Verfahrensmangel anders ausgefallen wäre. Die Regelung des § 4 Abs. 1 UmwRG erfolge (auch) vor diesem Hintergrund (Hervorhebungen durch den Senat). Diese Ausführungen haben einen sinnvollen Kontext nur im Zusammenhang mit einer selbstständig durchsetzbaren, subjektiven Rechtsposition, die eine Klagebefugnis vermitteln kann.
79Für die ab dem 29. Januar 2013 geltende, hier bereits anwendbare (s.o.) Fassung des § 4 Abs. 1 UmwRG wird mit dem Hinweis auf das „subjektiv-öffentliche Rügerecht“ nach § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UmwRG unmissverständlich klargestellt, dass jedenfalls die in § 4 Abs. 1 UmwRG aufgeführten UVP-Verfahrenserfordernisse rügefähig sein sollen.
80Vgl. Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften, BT-Drs. 17/10957, S. 17; dazu auch Sauer, ZUR 2014, 195, 200; a. A. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11. April 2014 - 5 S 534/13 -, NVwZ-RR 2014, 634, juris Rn. 45.
81Die Befürchtung, dass es bei einer derartigen Subjektivierung von Verfahrensrechten zu versteckten Popularklagen kommen könne,
82vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 ‑ 9 A 30.10 -, NVwZ 2012, 573, juris Rn. 20 ff.,
83ist unbegründet. § 4 Abs. 3 UmwRG regelt zwar nicht, welche der von der von der Vorschrift begünstigten „Beteiligten“ nach § 61 Nr. 1 und 2 VwGO klagebefugt sein sollen. Da die Vorschrift der Umsetzung von Unionsrecht dient, muss sie allerdings in dessen Lichte ausgelegt werden. Nach der UVP-Richtlinie ist nicht jedermann an der Umweltverträglichkeitsprüfung zu beteiligen, sondern die „betroffene Öffentlichkeit“. Diese wurde durch Art. 3 Nr. 1 der Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 (ABl. L 156, S. 17) erstmals definiert als „die von umweltbezogenen Entscheidungsverfahren (…) betroffene oder wahrscheinlich betroffene Öffentlichkeit oder die Öffentlichkeit mit einem Interesse daran (…)“. In Umsetzung dieser Vorgaben bestimmt § 2 Abs. 6 Satz 2 UVPG, dass natürliche und juristische Personen „betroffene Öffentlichkeit“ sind, wenn sie durch die - ein UVP-pflichtiges Vorhaben betreffende - Zulassungsentscheidung in ihren Belangen „berührt“ werden. Betroffenheit in diesem Sinne wird grundsätzlich durch einen räumlichen Bezug zum Wirkungsbereich der Immissionen bestimmt sein. Bei Berücksichtigung dieser faktischen Komponente setzt die Zulässigkeit der Klage zumindest voraus, dass der Kläger durch die Entscheidung tatsächlich in seinen Interessen beeinträchtigt wird.
84Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 ‑ 7 C 21/12 -, NVwZ 201, 64, juris Rn. 45; Generalanwältin Kokott, Schlussanträge Grubervom 13. November 2014 - C-570/13 -, EU:C:2014:2374, juris Rn. 35 ff. („Nachbarn“); Seibert, NVwZ 2013, 1040, 1045, m. w. N.; enger Greim, Rechtsschutz bei Verfahrensfehlern im Umweltrecht, 2013, S. 217 ff.
85Einer näheren Konkretisierung und Eingrenzung bedarf es anlässlich des vorliegenden Falles nicht. Die Kläger gehören in jedem Fall zur klagebefugten „betroffenen Öffentlichkeit“ im Sinne von § 2 Abs. 6 Satz 2 UVPG. Die angefochtene Genehmigung zweier Windkraftanlagen, in deren Einwirkungsbereich ihr Grundstück mit der darauf stattfindenden Wohnnutzung und beruflichen Betätigung liegt, berührt zweifellos ihre Belange (vgl. näher unter 2., wonach sogar das engere Kriterium einer Betroffenheit in materiellen subjektiven Rechten erfüllt ist).
862. Unabhängig von dem Vorstehenden können die Kläger geltend machen, durch die angefochtene Genehmigung in eigenen materiellen Rechten verletzt zu sein. Anknüpfungspunkt für eine derartige Rechtsverletzung ist § 5 Abs. 1 Satz 1 BImSchG, wonach genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben sind, dass schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Diese Bestimmung ist für die Nachbarn drittschützend.
87Als Nachbarn einer immissionsschutzrechtlich genehmigten Anlage sind alle Personen, die sich auf Dauer im Einwirkungsbereich der Anlage aufhalten, oder Eigentümer von Grundstücken im Einwirkungsbereich der Anlage anzusehen. Das von den Klägern bewohnte Grundstück B. liegt im Einwirkungsbereich der beiden streitbefangenen, 120,50 m hohen Windkraftanlagen. Jedenfalls für die WEA 5 ist angesichts der Abstands von etwas weniger als der dreifachen Anlagenhöhe zum Wohnhaus der Kläger eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme nicht von vornherein ausgeschlossen. Auch die WEA 6 befindet sich mit einem Abstand von 624 m zum Wohnhaus der Kläger bzw. 472 m zur Grundstücksgrenze - auch angesichts des kumulierenden Effekts mit den weiteren in der Nähe befindlichen Windkraftanlagen - noch nicht in einer derartigen Entfernung, dass von einer Prüfung der Einhaltung der maßgeblichen Lärmgrenzwerte und Zumutbarkeit der optischen Wirkung auf das Grundstück der Kläger von vornherein abgesehen werden könnte. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass sie dieses nicht nur selbst bewohnen, sondern darüber hinaus auf den den WEA 5 und 6 zugewandten Flächen Pferdehaltung und -zucht sowie professionellen Reitunterricht betreiben.
88II. Die Anfechtungsklage gegen den Genehmigungsbescheid vom 5. Juli 2006, soweit er die Windkraftanlagen WEA 5 und 6 betrifft, ist auch begründet.
89Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei einer auf Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung gerichteten Anfechtungsklage der Zeitpunkt der Genehmigungserteilung.
90Vgl. zur baurechtlichen Nachbarklage OVG NRW, Urteil vom 28. November 2007 - 8 A 2325/06 -, NWVBl. 2008, 228, juris Rn. 47 ff.; a. A. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 7. August 2014 - 10 S 1853/13 -, NVwZ-RR 2015, 18, juris Rn. 6; Urteil vom 14. Mai 2012 - 10 S 2693/09 -, VBlBW 2012, 431, juris Rn. 60 ff.
91Spätere Änderungen zu Lasten des Betreibers haben außer Betracht zu bleiben. Nachträgliche Änderungen zu seinen Gunsten sind dagegen zu berücksichtigen.
92Vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. April 1998 - 4 B 40.98 -, NVwZ 1998, 1179, juris Rn. 3.
93Diese Grundsätze schließen es nicht aus, im Rahmen einer solchen Drittanfechtungsklage nachträglich gewonnene Erkenntnisse zu berücksichtigen. Denn hierbei handelt es sich nicht um nachträgliche Veränderungen der Sachlage, die zu Lasten des Bauherrn grundsätzlich nicht berücksichtigt werden dürfen, sondern lediglich um spätere Erkenntnisse hinsichtlich der ursprünglichen Sachlage.
94Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Juni 2010 ‑ 8 A 340/09 -, ZNER 2010, 514, juris Rn. 18.
95Der Genehmigungsbescheid vom 5. Juli 2006 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Er leidet an einem Verfahrensfehler, der zur Aufhebung der Genehmigung führt, soweit diese noch angefochten ist.
96Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG unter anderem verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt und nicht nachgeholt worden ist. Dies gilt nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG auch dann, wenn eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3a Satz 4 UVPG genügt. Die Voraussetzungen dieser Regelung, die nach § 4 Abs. 3 UmwRG auch für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 VwGO - und damit für die Kläger - gilt, liegen hier vor.
97Das Vorhaben unterliegt gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG, § 1 Abs. 3 der 9. BImSchV dem Erfordernis einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne von § 3c Satz 1 und 3 UVPG (dazu 1.). Die vor Erteilung der Genehmigung durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit genügt nicht dem Maßstab von § 3a Satz 4 UVPG (dazu 2.). Der Verfahrensfehler ist nicht durch die im Berufungsverfahren nachgeholte allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls geheilt worden (dazu 3.). Er begründet für die Kläger einen Anspruch auf Aufhebung der angefochtenen Genehmigung betreffend die WEA 5 und 6 und verletzt sie auch in ihren Rechten (4.).
981. Das Vorhaben - die Änderung bzw. Erweiterung einer bestehenden Windfarm durch Errichtung und Betrieb von sieben Windenergieanlagen des Anlagentyps Enercon E-70 E4, Rotordurchmesser 71 m, Nennleistung 2.000 kW - unterliegt gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG dem Erfordernis einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne von § 3c Satz 1 und 3 UVPG. Nach § 3e Abs. 1 UVPG besteht die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung auch für die Änderung oder Erweiterung eines Vorhabens, für das als solches bereits eine UVP-Pflicht besteht, wenn 1. in der Anlage 1 für Vorhaben der Spalte 1 angegebene Größen- oder Leistungswerte durch die Änderung oder Erweiterung selbst erreicht oder überschritten werden oder 2. eine Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne des § 3c Satz 1 und 3 ergibt, dass die Änderung oder Erweiterung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann; in die Vorprüfung sind auch frühere Änderungen oder Erweiterungen des UVP-pflichtigen Vorhabens einzubeziehen, für die nach der jeweils geltenden Fassung dieses Gesetzes keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden ist. Die Vorprüfungspflicht folgt auch aus § 1 Abs. 3 1. Halbsatz 2. Alt. der 9. BImSchV, der im Lichte des § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG auszulegen ist.
99Vgl. Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, Stand: August 2014, § 3e UVPG, Rn. 3, der weitergehend von einer Spezialität des § 1 Abs. 3 der 9. BImSchV ausgeht, dagegen VG Osnabrück, Beschluss vom 21. Dezember 2011 ‑ 2 B 16.11 -, NuR 2012, 362, juris Rn. 57; siehe auch BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 2013 - 7 C 36.11 -, BVerwGE 148, 155, juris Rn. 30, 31; OVG NRW, Urteil vom 3. Dezember 2008 - 8 C 22.07.AK -, juris Rn. 66.
100Vorliegend handelt es sich um die Änderung eines bestehenden UVP-pflichtigen Vorhabens, für die nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG die Verpflichtung zur Durchführung einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls besteht. Die sieben mit Bescheid vom 24. Oktober 2005 genehmigten Windenergieanlagen der HelveticWind T. GmbH (bzw. zum Genehmigungszeitpunkt: Q. GmbH) im östlichen Bereich der Windvorrangzone und die sieben genehmigten, aber nicht errichteten Vorgängeranlagen an den Standorten, auf die sich die angefochtene Änderungsgenehmigung bezieht, sowie die im Mai 1999 baugenehmigte WEA lfd. Nr. 1 (L. ) und die Ende Januar 2003 baugenehmigte WEA lfd. Nr. 3 bildeten zusammen eine Windfarm (a), die als bestehendes UVP-pflichtiges Vorhaben im Sinne des § 3e UVPG anzusehen ist (b). Gegenstand des angefochtenen Genehmigungsbescheids ist eine Änderung dieser Windfarm (c), die dem Erfordernis der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls unterliegt (d).
101a) Die 16 genannten Windkraftanlagen bilden als sogenannte Windfarm das Ausgangsvorhaben im Sinne des § 3e UVPG.
102Eine Windfarm im Sinne der Nr. 1.6 der Anlage 1 zum UVPG ist dadurch gekennzeichnet, dass sie aus mindestens drei Windenergieanlagen besteht, die ‑ unabhängig von der Zahl der Betreiber - einander räumlich so zugeordnet sind, dass sich ihre Einwirkungsbereiche überschneiden oder wenigstens berühren. Entscheidend für das Vorhandensein einer Windfarm ist der räumliche Zusammenhang der einzelnen Anlagen. Sind die Anlagen so weit voneinander entfernt, dass sich die maßgeblichen Auswirkungen nicht summieren, so behält jede für sich den Charakter einer Einzelanlage. Verbindliche gesetzliche Bewertungsvorgaben etwa in der Form standardisierter Maßstäbe oder Rechenverfahren hinsichtlich der räumlichen Zuordnung von Windenergieanlagen, die eine Windfarm bilden, gibt es nicht. Welche Bewertungskriterien heranzuziehen sind, hängt vielmehr von den tatsächlichen Gegebenheiten im Einzelfall ab, deren Feststellung und Würdigung dem Tatrichter obliegt. Aufgrund besonderer tatsächlicher Umstände kann daher eine von typisierenden Bewertungsvorgaben - wie etwa dem Abstellen auf eine Entfernung von weniger als dem 10-fachen des Rotordurchmessers, auf die Anlagenhöhe oder auf den geometrischen Schwerpunkt der von den Anlagen umrissenen Fläche - losgelöste Einzelfallbeurteilung anhand der konkreten Auswirkungen auf die Schutzgüter des UVP- und Immissionsschutzrechts angebracht sein.
103Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2004 - 4 C 9.03 -, BVerwGE 121, 182, juris Rn. 33, sowie Beschluss vom 8. Mai 2007 - 4 B 11.07 -, BRS 71 Nr. 101 (2007), juris Rn. 7; OVG NRW, Urteil vom 13. März 2006 - 7 A 3415/04 -, juris Rn. 41 ff., Beschluss vom 23. Juli 2014 - 8 B 356/14 -, juris Rn. 12; Bay.VGH, Urteil vom 12. Januar 2007 - 1 B 05.3387 u. a. -, NVwZ 2007, 1213, juris Rn. 23.
104Ein solcher Zusammenhang ist zwischen den Windkraftanlagen WEA 1, 2 und 3 und WEA 4, 5, 6 und 7 jeweils untereinander schon aufgrund der geringen Abstände der Anlagen innerhalb der beiden Gruppen gegeben. Der Abstand zu den jeweils benachbarten Anlagen beträgt insoweit in allen Fällen weniger als 350 m. Der für die Annahme einer Windfarm erforderliche räumliche Zusammenhang liegt aber auch zwischen den beiden Gruppierungen und darüber hinaus mit den weiteren in der genehmigten Windkraftanlagen der I. T. GmbH (WEA lfd. Nr. 12-18) und des Betreibers L. (WEA lfd. Nr. 1) vor. Zwar ist der kürzeste Abstand zwischen der westlichen und der - zahlenmäßig größeren - östlichen Anlagengruppe mit etwa einem Kilometer (WEA 6 zur WEA 3) größer als das 10-fache des Rotordurchmessers von hier 710 m.
105Dieser Abstand ist jedoch nicht von vornherein so groß, dass nicht besondere tatsächliche Umstände unter Einbeziehung der konkreten Umweltauswirkungen der Anlagen auf der Grundlage einer von diesem typisierenden Merkmal losgelösten Einzelfallbeurteilung die Einschätzung rechtfertigen könnten, es handele sich ungeachtet dieses Abstands um eine Windfarm. Solche besonderen Umstände liegen hier vor.
106Alle genannten Windkraftanlagen befinden sich innerhalb derselben bauplanungsrechtlich ausgewiesenen Windkraftkonzentrationszone. Der geometrische Schwerpunkt liegt in etwa in der Mitte der einzelnen Anlagengruppen. Die Genehmigungsverfahrensakten enthalten hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass sich die maßgeblichen Auswirkungen aller Anlagen summieren. Dies ist vor allem hinsichtlich der Lärmimmissionen der Fall und ergibt sich insoweit aus den Nachberechnungen zur Schallimmissionsprognose vom 10. April 2006 und 4. Januar 2007. Diese betreffen zwar bereits die WEA 1 bis 7 als Nachfolgemodelle der zuvor baugenehmigten Anlagen. Für die Frage, welche Windkraftanlagen eine Windfarm bilden, macht dies aber angesichts der unveränderten Standorte keinen Unterschied. Mehrere der maßgeblichen Immissionspunkte befinden sich gerade zwischen den beiden Anlagengruppen; die Gesamtbelastung setzt sich dort aus den Immissionen aller Anlagen zusammen. Dementsprechend ist auch der Beklagte im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren davon ausgegangen, dass alle in der Windvorrangfläche befindlichen Anlagen eine Windfarm bilden (vgl. Genehmigungsbescheid S. 26; ebenso nachgeholte allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vom 30. August 2013, S. 1). Bereits im Genehmigungsbescheid vom 20. April 2005, S. 30, betreffend einen Teil der ‑ östlich gelegenen - Windenergieanlagen der Q. GmbH sind diese im Verhältnis u. a. zu den baugenehmigten Vorgängern der WEA 1 bis 7 als eine einheitliche Windfarm betrachtet worden. Darin ist etwa bei den hinsichtlich der WEA lfd. Nr. 15 getroffenen Regelungen zum Ausschluss eines Schattenwurfs auch das Wohnhaus der Kläger als Immissionsort einbezogen worden.
107b) Die aus (zumindest) den genannten 16 Windkraftanlagen bestehende Windfarm ist ein UVP-pflichtiges Vorhaben im Sinne des § 3e UVPG. Entscheidend ist, ob das bereits bestehende Vorhaben einer UVP-Pflicht unterliegt. Demgegenüber kommt es nicht darauf an, ob es tatsächlich einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen wurde.
108Vgl. Nds. OVG, Urteil vom 1. Juni 2010 - 12 LB 31/07 -, DVBl. 2010, 1039, juris Rn. 37; Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, Stand: 1. August 2014, § 3e UVPG, Rn. 9 ff.
109Die UVP-Pflicht liegt dabei nicht nur dann vor, wenn es sich bei dem Ausgangsvorhaben um ein „X-Vorhaben“ nach Spalte 1 der Anlage 1 handelt. Sie kann sich vielmehr auch daraus ergeben, dass bei einem vorprüfungsbedürftigen Grundvorhaben eine Einzelfallprüfung mit positivem Ergebnis durchgeführt worden ist. An diese Feststellung der UVP-Pflicht kann wieder angeknüpft werden, wenn das Grundvorhaben später geändert oder erweitert werden soll.
110Vgl. Sangenstedt, a. a. O., § 3e UVPG, Rn. 10.
111So liegt der Fall hier. Im Genehmigungsverfahren der sieben im östlichen Bereich der Vorrangzone gelegenen Windkraftanlagen der damaligen Betreibergesellschaft Q. GmbH (genehmigt durch Bescheide vom 20. April bzw. 24. Oktober 2005) ist nach Durchführung einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls eine Umweltverträglichkeitsprüfung für erforderlich gehalten und durchgeführt worden. Bei dieser sind zehn weitere, seinerzeit genehmigte Anlagen als Vorbelastung berücksichtigt worden, darunter jedenfalls auch die an den Standorten WEA 1 bis 8 baugenehmigten Windkraftanlagen. Im Genehmigungsbescheid vom 24. Oktober 2005 (S. 33) wird hierzu ausgeführt, aufgrund der möglichen Einwirkung auf benachbarte Waldflächen und schützenswerte Bereiche, insbesondere auch Brutgelege für Vögel, sowie der durch die nunmehr insgesamt 17 Windenergieanlagen in der Windvorrangfläche angewachsene Zahl der Windenergieanlagen sei eine Umweltverträglichkeitsprüfung geboten gewesen.
112c) Das mit dem angefochtenen Bescheid genehmigte Vorhaben ist eine Änderung (bzw. Erweiterung) einer UVP-pflichtigen Windfarm im Sinne von § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG.
113Isoliert betrachtet stellt sich das Vorhaben, anstelle der zuvor genehmigten sieben Windenergieanlagen vom Typ Enercon E 66/18.70 (Rotordurchmesser 70 m, Nennleistung 1800 kW) nunmehr jeweils einen anderen, leistungsoptimierten Anlagentyp (Enercon E 70 E-4, Rotordurchmesser 71 m, 2000 kW) zu errichten, allerdings nicht als Änderung, sondern als Neuerrichtung dar. Der Ersatz von alten Windenergieanlagen durch leistungsstärkere neuere Anlagen richtet sich nach denselben rechtlichen Regeln wie die Neuerrichtung von Anlagen. Denn mit der Beseitigung einer alten Anlage erlischt deren Bestandsschutz.
114Vgl. Gatz, Windenergieanlagen in der Verwaltungs- und Gerichtspraxis, 1. Aufl. 2009, Rn. 466; OVG Lüneburg, Beschluss vom 24. Juli 2013 ‑ 12 ME 37/13 -, NuR 2013, 894, juris Rn. 14; siehe auch BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2007 - 4 C 9.06 -, BVerwGE 130, 83, juris Rn. 32.
115Nichts anderes kann gelten, wenn die zunächst genehmigten Anlagen - wie hier - nie errichtet worden sind. In beiden Fällen geht es um die Errichtung eines neuen und anders gearteten, von der bisherigen Genehmigung nicht umfassten Anlagetyps, der regelmäßig nur als Ganzes unter Verzicht auf die Realisierung der zuvor genehmigten Anlagen - und nicht im Wege einer Änderung derselben - errichtet werden kann. Das schließt nicht aus, dass auf eine für das nicht realisierte Vorhaben durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung oder -vorprüfung im neuen Genehmigungsverfahren zurückgegriffen werden kann.
116Um ein Änderungsvorhaben im Sinne des § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG handelt es sich hier deshalb, weil auch bei einem Hinwegdenken der zu ersetzenden baugenehmigten Windenergieanlagen noch eine Windfarm vorhanden ist, zu der sieben weitere Windenergieanlagen hinzutreten. Dies gilt ungeachtet dessen, dass eine derartige - hier sogar betreiberübergreifende - Erweiterung einer Windfarm immissionsschutzrechtlich keinen Fall der Änderungsgenehmigung nach § 16 BImSchG darstellt. Denn die 4. BImSchV knüpft seit der zum 1. Juli 2005 in Kraft getretenen Neufassung nur noch an die einzelne Windenergieanlage und - anders als das UVP-Gesetz - nicht mehr an das Vorliegen einer Windfarm an.
117Vgl. näher Wustlich, NVwZ 2005, 996 ff.; Hansmann/Röckinghausen, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. IV, Stand: 1. August 2014, § 1 4. BImSchV, Rn. 26; anders zur früheren Rechtslage BVerwG, Urteil vom 21. Oktober 2004 - 4 C 3.04 -, BVerwGE 122, 117, juris Rn. 23.
118d) Nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG besteht für diese Änderung (in Form der Erweiterung) eine UVP-Pflicht, wenn eine (allgemeine) Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Satz 1 und 3 UVPG ergibt, dass die Änderung bzw. Erweiterung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann. Da es sich hierbei um eine Rechtsfolgeverweisung handelt, ist die im Rahmen von § 3c Satz 1 und 2 i. V. m. Anlage 1 Spalte 2 getroffene Differenzierung nach Schwellenwerten für die A- und S‑Vorhaben in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls ist somit unabhängig davon durchzuführen, ob die betreffenden Änderungen oder Erweiterungen die Prüfwerte für ein entsprechendes A‑Vorhaben erreichen.
119Vgl. Dienes, in: Hoppe/Beckmann (Hrsg.), UVPG, 4. Aufl. 2012, § 3e UVPG, Rn. 11; Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. IV, Stand: August 2014, § 3e UVPG, Rn. 22; a. A. Kutscheidt/Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. IV, Stand: 1. August 2014, § 1 9. BImSchV, Rn. 12.
1202. Die vor Erteilung der Genehmigung durchgeführte Vorprüfung genügt den rechtlichen Anforderungen an die erforderliche allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls (§§ 3e Abs. 1 Nr. 2, 3c Satz 1 und 3 UVPG) nicht.
121Die aufgrund der Vorprüfung getroffene behördliche Beurteilung der UVP-Pflichtigkeit unterliegt gemäß § 3a Satz 4 UVPG nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Die Einschätzung, eine Umweltverträglichkeitsprüfung solle unterbleiben, ist im gerichtlichen Verfahren betreffend die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 3c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Die gerichtliche Prüfung erstreckt sich auf die Frage, ob die Behörde den Rechtsbegriff der Erheblichkeit zutreffend ausgelegt hat.
122Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2013 ‑ 4 A 1.13 -, BVerwGE 148, 353, juris Rn. 32.
123Anknüpfend an diese der zuständigen Behörde in § 3a Satz 4 UVPG eingeräumte Beurteilungsermächtigung stellt § 4a Abs. 2 Nr. 3 UmwRG klar, dass die behördliche Entscheidung im gerichtlichen Verfahren unter anderem daraufhin zu überprüfen ist, ob der Sachverhalt vollständig und zutreffend erfasst und ob das anzuwendende Recht verkannt wurde. Der Anwendung von § 4a Abs. 2 Nr. 3 UmwRG steht nicht entgegen, dass die Vorschrift nach Art. 13 Abs. 3 des Gesetzes zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften vom 21. Januar 2013 (BGBl. I S. 95) erst am 29. Januar 2013 und damit nach Klageerhebung in Kraft getreten ist (vgl. § 5 Abs. 4 Satz 1 UmwRG, dazu näher oben unter I. 1. a).
124Gemessen daran ist die vor Erlass des angefochtenen Genehmigungsbescheides durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls nicht entsprechend den Vorgaben des § 3c UVPG durchgeführt worden und das Ergebnis deshalb nicht nachvollziehbar. Die Genehmigungsbehörde hat bei der Durchführung der Vorprüfung das anzuwendende Recht verkannt, indem sie Gegenstand und Reichweite der gemäß §§ 3e Abs. 1 Nr. 2, 3c Satz 1 und 3 UVPG durchzuführenden allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls unzutreffend bestimmt hat (a). Darüber hinaus sind naheliegende Umweltauswirkungen in der Vorprüfung nicht ermittelt und betrachtet worden (b).
125a) Gegenstand dieser Vorprüfung ist die Frage, welche nachteiligen Umweltauswirkungen mit der Erweiterung verbunden sind. Denn nach dem Halbsatz 1 des § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG ist die Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne von § 3c Satz 1 und 3 UVPG (nur) auf die Feststellung ausgerichtet, ob (gerade) die Änderung oder Erweiterung eines Vorhabens, für das als solches bereits eine UVP-Pflicht besteht, erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann.
126Vgl. OVG NRW, Urteil vom 3. Dezember 2008 ‑ 8 D 22/07.AK -, juris Rn. 93 f.; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 2013 - 7 C 36.11 -, BVerwGE 148, 155, juris Rn. 30 ff. (zu § 3e Abs. 1 Nr. 1 UVPG).
127Darüber hinaus sind frühere Änderungen oder Erweiterungen des UVP-pflichtigen Vorhabens in die Vorprüfung einzubeziehen, für die nach der jeweils geltenden Fassung des UVP-Gesetzes keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden ist (§ 3e Abs. 1 Nr. 2 2. Halbsatz UVPG).
128Vgl. näher OVG NRW, Urteil vom 14. Oktober 2013 - 20 D 7/09.AK -, DVBl. 2014, 185, juris Rn. 146 ff.
129Die nach der Änderung oder Erweiterung fortbestehenden Umweltauswirkungen des Grundvorhabens sind nicht Gegenstand der UVP-Vorprüfung; sie sind vielmehr bei der Vorprüfung hinsichtlich des Änderungs- bzw. Erweiterungsvorhabens (lediglich) als Vorbelastung zu berücksichtigen. Eine Empfehlung der Umweltausschüsse von Bundestag und Bundesrat, § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG ausdrücklich dahin zu ergänzen, dass bei der Vorprüfung des Weiteren auch das bestehende Vorhaben aufgrund der Änderung oder Erweiterung selbstständig in den Blick zu nehmen ist,
130vgl. BR-Drs. 674/1/00 vom 12. Dezember 2000, Nr. 30, S. 26 f., BT-Drs. 14/5750, S. 8, 128,
131ist im weiteren Gesetzgebungsverfahren am Widerstand des Bundesrats gescheitert.
132Vgl. BR-Drs. 286/01 (Beschluss), Ziff. 3, Satz 1; Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, Stand: 1. August 2014, § 3e UVPG, Rn. 6.
133Es ist danach erforderlich, das Zusammenwirken der Umweltauswirkungen des Änderungsvorhabens mit Vorbelastungen aus anderen am Standort vorhandenen Quellen zu untersuchen, zu denen auch das Grundvorhaben selbst gehört. Dabei können ggf. Erkenntnisse aus der für das Grundvorhaben durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung erneut verwertet werden.
134Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, Stand: 1. August 2014, § 3e UVPG, Rn. 23 ff., 16 ff.; BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2014 - 9 A 1.13 -, UPR 2014, 444, juris Rn. 22.
135Diesen Anforderungen genügt die vor Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung durchgeführte Vorprüfung nicht.
136Die Vorprüfung ist im Vermerk vom 5. Juni 2006 schon nicht als allgemeine, sondern (lediglich) als „Standortbezogene/Anlagenbezogene Vorprüfung des Einzelfalles nach § 3c Abs. 1 Satz 2 UVPG“ bezeichnet. Darin wird im Wesentlichen auf die im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens von der unteren Landschaftsbehörde des Kreises X. durchgeführte „standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Abs. 1 Satz 2 UVPG“ für die sieben Windenergieanlagen vom Typ Enercon E 66 18.70 Bezug genommen. Sodann wird im Wege einer Differenzbetrachtung festgestellt, dass die Errichtung und der Betrieb der technisch geringfügig optimierten Anlagen vom Typ Enercon E-70 E4 nicht dazu beitragen würden, erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen zu verursachen. Die baurechtlich genehmigten Standorte blieben unverändert, und mit der technischen Optimierung der Windenergieanlagen sei eine relevante Erhöhung der Lärmimmissionen oder von Beeinträchtigungen der Pflanzen, Tiere und Schutzgebiete vor Ort nicht verbunden. Auch im Baugenehmigungsverfahren der Vorläufer der beiden streitbefangenen Windkraftanlagen ist keine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls, sondern nur eine standortbezogene Vorprüfung vorgenommen worden (Vermerk vom 5. Dezember 2002 sowie planungsrechtliche Prüfung vom 15. Januar 2003). Ob dem Beklagten darin zu folgen ist, in der Sache sei nach denselben Kriterien geprüft worden, die bei einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls in den Blick zu nehmen seien, kann wegen Vorliegens weiterer Mängel dahinstehen.
137Gegenstand der im Baugenehmigungsverfahren vorgenommenen standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls waren entgegen den rechtlichen Anforderungen nicht alle sieben in den Jahren 2003 und 2004 baugenehmigten Windenergieanlagen, sondern - soweit die Vorgänger der streitbefangenen Anlagen WEA 5 und 6 betroffen sind - nur die drei Anlagen WEA 5, 6 und 8. Einbezogen in die Betrachtung wurden zwar die beiden Anlagen, die seinerzeit bereits an den beiden Standorten WEA 4 und 7 genehmigt waren (und zeitgleich durch neue Baugenehmigungsanträge „überplant“ wurden, vgl. Vermerk vom 5. Dezember 2002, S. 2). Das gilt jedoch nicht für die Anlagen an den Standorten WEA 1, 2 und 3. Insoweit ist die Baugenehmigungsbehörde ausdrücklich davon ausgegangen, ein unmittelbarer räumlicher Zusammenhang mit der aus den WEA 1, 2, und 3 bestehenden Dreiergruppe könne nicht angenommen werden (vgl. den im Baugenehmigungsverfahren der Vorgängeranlage zur WEA 6 gefertigten Vermerk Planungsrechtliche Prüfung - Stand: 15. Januar 2003 -, S. 3). Demgegenüber bedurfte es jedenfalls im hier zu betrachtenden immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren, in dem über die Genehmigung von sieben leistungsoptimierten Anlagen an den gleichen Standorten zu entscheiden war, einer auf diese sieben Anlagen in ihrer Gesamtheit bezogenen UVP-Vorprüfung.
138Jedenfalls konnte die für die Windenergieanlagen WEA 5, 6 und 8 im Baugenehmigungsverfahren durchgeführte standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls den rechtlichen Anforderungen der im späteren immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren gemäß §§ 3e Abs. 1 Nr. 2, 3c Satz 1 und 3 UVPG vorzunehmenden allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls deshalb nicht genügen, weil zum damaligen Zeitpunkt die sieben Windenergieanlagen der I. T. GmbH (WEA 12-18, vorheriger Betreiber: Q. GmbH) noch nicht beantragt waren und - seinerzeit zu Recht - bei der Prüfung der Umweltauswirkungen der baurechtlich beantragten Windkraftanlagen nicht als Vorbelastung berücksichtigt worden sind (vgl. Vermerk vom 5. Dezember 2002, S. 3, dort wohl bezeichnet als Planvorhaben der Fa. V. ). Dies war im hier zu betrachtenden immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren jedoch erforderlich.
139Dagegen kann die Beigeladene nicht mit Erfolg geltend machen, dass ihre Windkraftanlagen als erste beantragt gewesen seien und deshalb keine Vorbelastung berücksichtigt werden müssen. Dieser Einwand verkennt, dass hier ein neuer, auf andere, leistungsoptimierte Anlagen bezogener Antrag zur Beurteilung steht, der später gestellt worden ist als die Genehmigungsanträge der Q. GmbH (jetzt: I. T. GmbH).
140b) Überdies erweist sich die Vorprüfung als unvollständig, weil sich dem Vermerk vom 5. Dezember 2002 nicht entnehmen lässt, dass Ermittlungen und Bewertungen zu den Auswirkungen des Vorhabens auf die Avifauna angestellt worden sind. Die naturschutzrechtlichen Betrachtungen erschöpfen sich in einer Bestandsaufnahme von - im direkten Einwirkungsbereich der Konzentrationszone nicht vorgefundenen - Landschafts- und Naturschutzgebieten, sonst schützenswerten Landschaftsbestandteilen, einer Bezugnahme auf die bei der Aufstellung des Gebietsentwicklungsplans und der Änderung des Flächennutzungsplans durchgeführten Abwägungen sowie allgemein gehaltenen Überlegungen zur Beeinträchtigung des Naturhaushalts. Des Weiteren wird auf - nicht im Verwaltungsvorgang befindliche - Stellungnahmen der unteren Landschaftsbehörde und weiterer beteiligter Stellen Bezug genommen.
141Nähere Ermittlungen und Betrachtungen zum Vorhandensein windkraftsensibler Vogel- und Fledermausarten im Umkreis des Vorhabens und zu den zu erwartenden Auswirkungen auf diese sind nicht angestellt worden. Dies war indes erforderlich, um die Frage, ob das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann (§§ 3e Abs. 1 Nr. 2, 3c Satz 1 UVPG), insgesamt nachvollziehbar beantworten zu können. Bei der Vorprüfung sind die in der Anlage 2 zum UVPG aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen. Dabei ergeben sich die Gegenstände der zu prüfenden Auswirkungen allerdings nicht aus dieser Anlage, sondern aus § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG. Danach umfasst die Umweltverträglichkeitsprüfung die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen eines Vorhabens unter anderem auch auf Tiere. Dementsprechend hätte es auch diesbezüglich einer überschlägigen Prüfung bedurft, ob die Erweiterung der Windfarm um sieben Windenergieanlagen erhebliche nachteilige Auswirkungen haben kann. Die Prüfung auf die Auswirkungen auf die Avifauna zu erstrecken, dürfte bei der Planung von Windkraftanlagen schon generell erforderlich sein. Im vorliegenden Fall belegt jedenfalls die nachgeholte allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vom 30. August 2013, dass erhebliche nachteilige Auswirkungen des Vorhabens auf Vögel und Fledermäuse durchaus nahe lagen und deshalb in die Vorprüfung einbezogen werden mussten.
142Dieses Erfordernis kann auch nicht mit dem Argument bezweifelt werden, das materielle Recht habe im Zeitpunkt der Vorprüfung noch keine artenschutzrechtlichen Anforderungen enthalten, die bei der Zulassung von Windkraftanlagen zu berücksichtigen gewesen wären. Soweit die Feststellung in der nachgeholten Allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls vom 30. August 2013, S. 2, wonach zum Zeitpunkt der Antragstellung im Dezember 2005 aufgrund der nationalen Gesetzeslage noch keine Notwendigkeit einer „formellen Artenschutzprüfung“ bestanden habe, in diese Richtung zu verstehen sein sollte, wäre dem nicht zu folgen. Die Neuregelung der Materie durch das Erste Gesetz zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes vom 12. Dezember 2007 (BGBl. I, S. 2873) hat zwar in Anpassung an europarechtliche Vorgaben zu Verschärfungen geführt. Das ändert aber nichts daran, dass bereits zuvor artenschutzrechtliche Anforderungen, insbesondere Zugriffsverbote, bei der Zulassung von Vorhaben zu berücksichtigen waren.
143Vgl. etwa OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. November 2005 - OVG 2 S 115.05 -, ZUR 2006, 210, juris Rn. 7 f.; OVG Rh.-Pf., Urteil vom 16. März 2006 - 1 A 10884/05 -, ZUR 2006, 379, juris Rn. 38 ff.
1443. Die erforderliche allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls ist durch die vom Beklagten während des Berufungsverfahrens durchgeführte Vorprüfung vom 30. August 2013 nicht mit heilender Wirkung nachgeholt worden.
145a) Eine Heilung des Verfahrensfehlers ist unter Geltung des nordrhein-westfälischen Verwaltungsverfahrensgesetzes im Berufungsverfahren nicht mehr möglich. Im Einzelnen:
146Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG kann die Aufhebung einer Genehmigungsentscheidung, wenn eine erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht durchgeführt worden ist, nur verlangt werden, wenn diese nicht nachgeholt worden ist. § 45 Abs. 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) und andere entsprechende Rechtsvorschriften bleiben unberührt (§ 4 Abs. 1 Satz 3 UmwRG). Nach allgemeiner Auffassung ist § 45 VwVfG bzw. die entsprechende Regelung des Landesrechts auf andere, in Abs. 1 der Vorschrift nicht genannte Verfahrensfehler entsprechend anwendbar. Das gilt insbesondere auch für die UVP-Vorprüfung.
147Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. August 2008 - 4 C 11.07 -, BVerwGE 131, 352, juris Rn. 24.
148Hiervon geht § 4 Abs. 1 Satz 3 1. Halbsatz UmwRG aus.
149Da § 4 Abs. 1 UmwRG die Heilungsvorschriften lediglich voraussetzt, regelt er nicht deren Anwendungsbereich oder deren Voraussetzungen.
150Vgl. Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, Stand: 1. August 2014, § 4 UmwRG Rn. 17; Ziekow, NVwZ 2007, 259, 265; Kment, NVwZ 2007, 274, 277; siehe auch BVerwG, Urteil vom 20. August 2008 - 4 C 11.07 -, BVerwGE 131, 352, juris Rn. 25; ähnlich zu § 4 Abs. 1 Satz 3 2. Halbsatz UmwRG OVG NRW, Urteil vom 12. Juni 2012 - 8 D 38/08.AK -, NuR 2012, 722, juris Rn. 329.
151Er enthält auch keine statische, sondern eine dynamische Verweisung.
152Hiervon ausgehend bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass sich die zeitliche Grenze einer Heilung zu Unrecht unterbliebener (oder nicht dem Maßstab des § 3a Satz 4 UVPG genügender) UVP-Vorprüfungen in Anwendung von § 4 Abs. 1 Satz 3 1. Halbsatz UmwRG auch dann nach § 45 Abs. 2 VwVfG (Bund) bestimmen soll, wenn auf das betreffende Verwaltungsverfahren das Verwaltungsverfahrensgesetz eines Landes Anwendung findet.
153Anders noch OVG NRW, Urteil vom 9. Dezember 2009 - 8 D 12/08.AK -, DVBl. 2010, 719, juris Rn. 104.
154Die Regelung lässt neben § 45 Abs. 2 VwVfG ausdrücklich „andere entsprechende Rechtsvorschriften“ unberührt. Die Formulierung „andere entsprechende Rechtsvorschriften“ erfasst auch die jeweiligen Parallelvorschriften der Landesverwaltungsverfahrensgesetze. Dass der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung in erster Linie bundesrechtliche Vorschriften des Planfeststellungsrechts wie § 17 Abs. 6c Satz 2 des Fernstraßengesetzes a. F. oder § 19 Abs. 4 des Bundeswasserstraßengesetzes a. F. (vgl. nunmehr etwa: § 17e Abs. 6 Satz 2 FStrG, § 75 Abs. 1a Satz 2 VwVfG) im Blick hatte,
155vgl. BT-Drs. 16/2495, S. 14,
156ändert daran nichts, zumal letztere ausdrücklich nur beispielhaft genannt sind. Ein Wille des Gesetzgebers, die Heilung von UVP-Verfahrensfehlern im Unterschied zu sonstigen Verfahrensfehlern bundeseinheitlich zu regeln, lässt sich der Begründung weder ausdrücklich entnehmen noch hätte er im Gesetzestext hinreichend Ausdruck gefunden.
157Entgegen der Auffassung des Beklagten ist nicht anzunehmen, dass ein Hinweis in der Gesetzesbegründung zu § 4 UmwRG auf die Anwendbarkeit des jeweils einschlägigen Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes oder der Länder unbedingt zu erwarten gewesen wäre, wenn der Nennung des § 45 Abs. 2 VwVfG keine Bedeutung im Sinne einer materiell-rechtlichen Vorgabe hätte zukommen sollen. Die Begründung des Gesetzgebers zu § 22 UVPG, auf die der Beklagte verweist, stützt diese Annahme nicht. Nach § 22 UVPG „gelten“ für die Durchführung des Planfeststellungsverfahrens „die §§ 72 bis 78 des Verwaltungsverfahrensgesetzes“. Wenn der Gesetzgeber sogar diese scheinbar eindeutig die Geltung der Regelungen des Bundes anordnende Vorschrift dahin verstanden wissen will, sie verweise „entsprechend dem jeweiligen Anwendungsbereich (vgl. § 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes) auf die maßgeblichen Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes oder der Länder“,
158vgl. BT-Drs. 14/4599, S. 104,
159spricht dies eher dafür, dass für § 4 Abs. 1 Satz 3 1. Halbsatz UmwRG Gleiches gilt. Die letztgenannte Regelung erfasst bereits dem Wortlaut nach („§ 45 Abs. 2 VwVfG und andere entsprechende Rechtsvorschriften“) die Parallelnormen der Länder. Insoweit bedurfte es keiner Klarstellung. Bei diesem Befund ist vielmehr davon auszugehen, dass ein gewollter Ausschluss der Anwendbarkeit landesrechtlicher Parallelvorschriften in der Entwurfsbegründung ausdrücklich klargestellt worden wäre.
160Auch das Gebot unionsrechtskonformer Auslegung zwingt nicht zu einem Verständnis als bundeseinheitlicher Regelung. Das ergibt sich etwa aus dem Urteil Wells des EuGH, auf das der Beklagte - mit gegenteiliger Schlussfolgerung - hingewiesen hat. Danach sind die zuständigen Behörden verpflichtet, alle allgemeinen oder besonderen Maßnahmen zu ergreifen, um dem Unterlassen einer erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung abzuhelfen. Es unterfällt jedoch (in den Grenzen des Äquivalenz- und Effektivitätsprinzips) der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten, in welcher Weise sie dies tun. In diesem Rahmen ist es Sache des nationalen Gerichts festzustellen, ob nach nationalem Recht die Möglichkeit besteht, eine bereits erteilte Genehmigung zurückzunehmen oder auszusetzen, um dieses Projekt (nachträglich) einer Umweltverträglichkeitsprüfung gemäß den Anforderungen der Richtlinie 85/337 zu unterziehen.
161Vgl. EuGH, Urteil Wells vom 7. Januar 2004, C‑201/02, EU:C:2004:12, NVwZ 2004, 593, juris Rn. 62 ff.; siehe auch Urteil vom 3. Juli 2008, C‑215/06, EU:C:2008:380, NuR 2008, 562 , juris Rn. 57 ff.
162Eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten, die Heilung eines wegen einer zu Unrecht unterbliebenen Umweltverträglichkeitsprüfung rechtswidrigen Genehmigungsbescheids bis zum spätestmöglichen Zeitpunkt zuzulassen, lässt sich dem Unionsrecht danach nicht entnehmen. Denn auch die Aufhebung der Genehmigung im gerichtlichen Verfahren mit der Folge, dass für das Vorhaben ein vollständig neues Genehmigungsverfahren durchzuführen ist, ist eine taugliche Maßnahme, dem Unterlassen einer erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung abzuhelfen. Steht das Unionsrecht damit aber unterschiedlichen nationalen Regelungen der Heilungsmöglichkeiten nicht entgegen, müssen diese Regelungen auch innerhalb eines Mitgliedstaats nicht notwendig einheitlich ausfallen.
163Nach alledem findet hier § 45 Abs. 2 VwVfG keine Anwendung, da für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden des Landes, auch soweit sie Bundesrecht ausführen, das Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen gilt (vgl. § 1 Abs. 3 VwVfG, § 1 Abs. 1 VwVfG NRW). Der einschlägige § 45 Abs. 2 VwVfG NRW lässt eine Heilung von Verfahrensfehlern nur bis zum Abschluss der ersten Instanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu. Die erst während des Berufungsverfahrens nachgeholte allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls konnte den Verfahrensfehler daher nicht mehr heilen.
164b) Ungeachtet dessen genügt auch die allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vom 30. August 2013 nicht dem Maßstab von § 3a Satz 4 UVPG (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG).
165aa) Allerdings ist die Möglichkeit der Nachholung einer UVP-Vorprüfung nach den genannten Vorschriften mit den europarechtlichen Vorgaben grundsätzlich vereinbar. Insbesondere liegt darin keine - unionsrechtlich problematische - Legalisierung von Projekten, die einer Umweltverträglichkeitsprüfung hätten unterzogen werden müssen. Das gilt jedenfalls, wenn die nachgeholte UVP-Vorprüfung zu dem Ergebnis kommt, dass es einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht bedurfte. Das Unionsrecht steht nationalen Rechtsvorschriften, die unter bestimmten Umständen die Legalisierung unionsrechtswidriger Vorgänge oder Handlungen zulassen, nicht grundsätzlich entgegen. Voraussetzung ist lediglich, dass eine solche Möglichkeit den Betroffenen keine Gelegenheit bietet, das Unionsrecht zu umgehen oder es nicht anzuwenden.
166Vgl. näher BVerwG, Urteil vom 20. August 2008 ‑ 4 C 11.07 -, BVerwGE 131, 352, juris Rn. 27 ff.; EuGH, Urteil vom 3. Juli 2008, C-215/06, EU:C:2008:380, juris Rn. 57.
167Der Heilungsmöglichkeit durch Nachholung einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls dürfte nicht die Auffassung der Kläger entgegenstehen, der mit dem Verfahrenserfordernis verfolgte Zweck könne vorliegend im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mehr erreicht werden, weil das Vorhaben - durch Errichtung von fünf der genehmigten sieben Windkraftanlagen - schon teilweise verwirklicht worden sei. Mit der Errichtung der allein streitbefangenen Windenergieanlagen WEA 5 und 6 ist noch nicht begonnen worden. Für diese kann eine UVP-Vorprüfung grundsätzlich - stünde vorliegend nicht § 45 Abs. 2 VwVfG NRW entgegen - nachgeholt werden.
168Der Senat kann offen lassen, auf welchen Zeitpunkt die Behörde ihre überschlägige Prüfung, ob das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann (§ 3c UVPG), zu beziehen hat, wenn die Vorprüfung nach Erteilung der Genehmigung nachgeholt wird. Das betrifft auch die Frage, inwieweit die Kläger eine etwaige Verschlechterung ihrer Rechtsposition durch eine zwischenzeitliche Gebietsveränderung aufgrund Errichtung eines Teils der genehmigten Windkraftanlagen hinnehmen müssen.
169bb) Der Beklagte hat die UVP-Vorprüfung vom 30. August 2013 nicht entsprechend den Vorgaben von § 3c Satz 1 und 3 UVPG durchgeführt und damit das anzuwendende Recht im Sinne von § 4a Abs. 2 Nr. 3 UmwRG verkannt. Das Ergebnis der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls, wonach das Vorhaben unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 zum UVPG aufgeführten Kriterien keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen haben kann, ist bezogen auf die Avifauna nicht nachvollziehbar. Dies folgt vorliegend daraus, dass der Beklagte es infolge der nachgeholten allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls für erforderlich gehalten hat, den Genehmigungsbescheid nachträglich durch mehrere, den Vorhabenträger insgesamt nicht unwesentlich einschränkende Nebenbestimmungen i. S. v. § 12 Abs. 1 BImSchG zu ergänzen. Zugleich ist hinsichtlich der zu erwartenden nachteiligen Auswirkungen auf die Avifauna weiterer Klärungsbedarf verblieben.
170Der Beklagte hat den Rechtsbegriff der Erheblichkeit nachteiliger Umweltauswirkungen nicht zutreffend bestimmt. Nach § 3c Satz 1 UVPG ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge nach § 12 UVPG zu berücksichtigen wären. Der Maßstab für die Erheblichkeit nachteiliger Umweltauswirkungen ist dem materiellen Zulassungsrecht zu entnehmen. Nach § 12 UVPG zu berücksichtigen sind erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen nicht erst dann, wenn die Umweltauswirkungen so gewichtig sind, dass sie nach Einschätzung der Behörde zu einer Versagung der Zulassung führen können, weil materielle Genehmigungsvoraussetzungen nicht erfüllt sind.
171Vgl. BVerwG, Urteile vom 13. Dezember 2007 ‑ 4 C 9.06 -, BVerwGE 130, 83, juris Rn. 34, vom 17. Dezember 2013 - 4 A 1.13 -, BVerwGE 148, 353, juris Rn. 37, und vom 25. Juni 2014 - 9 A 1.13 -, UPR 2014, 444, juris Rn. 21; Bay. VGH, Beschluss vom 17. November 2014 - 22 ZB 14.1035 -, juris Rn. 17; siehe auch OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 2. April 2014 - 1 B 10249/14 -, DVBl. 2014, 940, juris Rn. 19.
172Führt die allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls dazu, dass der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach Auffassung der Behörde wesentliche umweltbezogene Nebenbestimmungen im Sinne von § 12 Abs. 1 BImSchG beigefügt werden müssen, kann dies ein Indiz dafür sein, dass das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann. Die Notwendigkeit, diese nach § 12 UVPG zu berücksichtigen, findet dann in diesen Nebenbestimmungen Ausdruck. Denn die Genehmigung kann nur unter Bedingungen erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der in § 6 BImSchG genannten Genehmigungsvoraussetzungen sicherzustellen (§ 12 Abs. 1 BImSchG). Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen, die bereits vom Träger des Vorhabens vorgesehen sind und die nachteiligen Umweltauswirkungen offensichtlich ausschließen, können demgegenüber eine Umweltverträglichkeitsprüfung entbehrlich machen (§ 3e Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 3c Satz 3 UVPG).
173Das (absehbare) Erfordernis umweltschützender Nebenbestimmungen muss allerdings nicht zwangsläufig zur Annahme erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen führen. Vielmehr bedarf es einer Gewichtung der betroffenen Umweltbelange unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 zum UVPG aufgeführten vorhaben- und standortbezogenen Kriterien. Zudem ist zu berücksichtigen, inwieweit auf der Grundlage der im Vorprüfungsstadium zur Verfügung stehenden Unterlagen bereits geklärt ist und feststeht, dass eine Nebenbestimmung zur Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen geeignet und ausreichend ist.
174Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2014 - 9 A 1.13 -, UPR 2014, 444, juris Rn. 21-23, zu einem Planfeststellungsbeschluss; weitergehend Urteil vom 13. Dezember 2007 - 4 C 9.06 -, BVerwGE 130, 83, juris Rn. 34 f., siehe aber nunmehr auch Urteil vom 17. Dezember 2013 - 4 A 1.13 -, BVerwGE 148, 353, juris Rn. 39.
175Die Behörde darf nicht bereits im Rahmen der Vorprüfung mit einer der Umweltverträglichkeitsprüfung vergleichbaren Prüftiefe „durchermitteln“ und damit unzulässigerweise die eigentliche Umweltverträglichkeitsprüfung unter Missachtung der für diese obligatorischen Öffentlichkeitsbeteiligung vorwegnehmen; sie ist vielmehr auf eine überschlägige Vorausschau beschränkt. Andererseits darf sich die Vorprüfung nicht in einer oberflächlichen Abschätzung spekulativen Charakters erschöpfen, sondern muss auf der Grundlage geeigneter und ausreichender Informationen erfolgen.
176BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2014 - 9 A 1.13 -, UPR 2014, 444, juris Rn. 18 m. w. N.
177Dies zugrunde gelegt durften erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen des Vorhabens in artenschutzrechtlicher Hinsicht nicht ohne vertiefte Untersuchung im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung ausgeschlossen werden.
178Im Genehmigungsverfahren war eine Ermittlung und Prüfung, welche Auswirkungen die Errichtung und der Betrieb von sieben Windenenergieanlagen auf die Avifauna haben werden, gänzlich unterblieben. Die nunmehr als Folge der „Vorprüfung“ nachträglich getroffenen Nebenbestimmungen verdeutlichen jedenfalls in ihrer Gesamtheit, dass der Beklagte der Sache nach selbst von der Möglichkeit erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen durch die beiden streitbefangenen Windkraftanlagen ausgeht. Er hat der Beigeladenen mit der Anlegung eines Ablenkungshabitats für die Rohrweihe zwei Jahre vor Inbetriebnahme der beiden Anlagen, Monitorings zum - ggf. nachträglichen - Schutz der Rohrweihe und von Fledermäusen sowie der Anlegung von sechs mindestens 1,5 ha großen Extensivgrünlandflächen mit Blänke für Brutpaare des Kiebitz‘ aufwändige zusätzliche Maßnahmen auferlegt, die von der Beigeladenen selbst nicht vorgesehen waren (§ 3c Satz 3 UVPG) und der Beseitigung sonst vorliegender Genehmigungshindernisse dienen sollten.
179Zugleich ist auf der Grundlage der herangezogenen Gutachten und Kartierungen nicht sicher, dass ein Verstoß gegen die artenschutzrechtlichen Zugriffsverbote des § 44 Abs. 1 BNatSchG dadurch hinreichend ausgeschlossen wird. So soll in Bezug auf die Fledermäuse erst ein nach der Errichtung und Inbetriebnahme der Windkraftanlagen durchzuführendes, dreijähriges akustisches Monitoring erweisen, ob ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko besteht. Während dieser drei Jahre sind keinerlei Schutzmaßnahmen vorgesehen. Ein derartiges Monitoring kann angeordnet werden, um nicht behebbaren naturschutzrechtlichen Erkenntnislücken oder Unsicherheiten Rechnung zu tragen, sofern ggf. wirksame Reaktionsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Es stellt hingegen kein zulässiges Mittel dar, um behördliche Ermittlungsdefizite und Bewertungsmängel zu kompensieren; dies umso weniger, wenn offen bleibt, mit welchen Mitteln nachträglich zu Tage tretenden Gefahren begegnet werden soll.
180Vgl. BVerwG, Urteile vom 14. Juli 2011 - 9 A 12.10 -, BVerwGE 140, 149, juris Rn. 105; vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308, juris Rn. 91; OVG NRW, Beschluss vom 6. November 2012 - 8 B 441/12 -, NuR 2012, 870, juris Rn. 43.
181Solche Ermittlungsdefizite liegen hier aber vor, solange das Vorkommen von Fledermäusen für den näheren Umkreis der streitbefangenen Windkraftanlagen nicht untersucht worden ist. Die Bezugnahme auf das im Genehmigungsverfahren der Windkraftanlage WEA lfd. Nr. 22 angefertigte „Fachgutachten Fledermäuse“ vom 17. November 2010 ist insoweit unzureichend. Der dort in den Blick genommene Untersuchungsraum beschränkt sich auf einen Radius von 500 m um die WEA lfd. Nr. 22, von der die streitbefangenen Anlagen mindestens einen Kilometer entfernt liegen.
182Ähnliches gilt hinsichtlich der Ermittlung der Auswirkungen des streitigen Vorhabens auf Kiebitz und Rohrweihe. Das der Vorprüfung zugrunde gelegte avifaunistische Fachgutachten vom 17. November 2010 - angefertigt im Genehmigungsverfahren der WEA lfd. Nr. 22 - untersucht insbesondere die Brutvogelbestände bzw. Revierzentren von Kiebitz und Rohrweihe in einem Umkreis von 1000 bzw. 2000 m um den Standort der WEA lfd. Nr. 22. Die dort ermittelten Zahlen - namentlich die Anzahl der Brutpaare des Kiebitz - wurden in die hier zu beurteilende Vorprüfung und die hieraus resultierenden Nebenbestimmungen übernommen, obwohl sich das hier in den Blick zu nehmende Gebiet (1000 bis 2000 m um die südwestlich liegenden Standorte der WEA 5 und 6) mit dem untersuchten nicht einmal zur Hälfte überschneidet.
183In Bezug auf die Rohrweihe geht der Beklagte insoweit davon aus, dass sich auch durch das zwei Jahre vor Inbetriebnahme der beiden Windkraftanlagen anzulegende Ablenkungshabitat ein signifikant erhöhtes Kollisionsrisiko nicht sicher ausschließen lässt. Auch hier schreibt eine weitere Nebenbestimmung (Nr. IV.7.2) nunmehr ein Monitoring vor, ohne dass dem eine vertiefte Umweltuntersuchung vorausgegangen wäre.
1844. Der Verfahrensfehler verletzt die Kläger nach dem - unter I. näher begründeten - Ansatz des Senats im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in ihren Rechten. Denn die Verpflichtung zu einer - zumindest - dem Maßstab des § 3a Satz 4 UVPG genügenden Vorprüfung ist auch den Interessen der Kläger als von der Genehmigung Betroffenen zu dienen bestimmt. Das abweichende Verständnis des § 4 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 UmwRG nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts führt an dieser Stelle zu keinem anderen Ergebnis. Danach liegt lediglich ein objektiv-rechtlicher Rechtsfehler vor. Dieser begründet jedoch ebenfalls einen Aufhebungsanspruch, weil § 4 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 UmwRG dies ausdrücklich anordnet und damit die Voraussetzung einer subjektiven Rechtsverletzung in § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO verdrängt. Nach der einen wie der anderen Auffassung ergibt sich aus § 4 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 UmwRG zudem, dass die Aufhebung der Zulassungsentscheidung unabhängig davon beansprucht werden kann, ob der Verfahrensfehler die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat. § 46 VwVfG NRW findet keine Anwendung.
185Vgl. BT-Drs. 16/2495, S. 14; BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 - 9 A 30.10 -, DVBl. 2012, 501, juris Rn. 21; Ziekow, NuR 2014, 229, 231.
186Die Kostenentscheidung beruht unter Einbeziehung des rechtskräftig gewordenen Teils der Kostenentscheidung des Verwaltungsgerichts auf §§ 154 Abs. 1 und 3, 155 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.
187Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
188Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
(1) Die Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage bedarf der Genehmigung, wenn durch die Änderung nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können und diese für die Prüfung nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 erheblich sein können (wesentliche Änderung); eine Genehmigung ist stets erforderlich, wenn die Änderung oder Erweiterung des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage für sich genommen die Leistungsgrenzen oder Anlagengrößen des Anhangs zur Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen erreichen. Eine Genehmigung ist nicht erforderlich, wenn durch die Änderung hervorgerufene nachteilige Auswirkungen offensichtlich gering sind und die Erfüllung der sich aus § 6 Absatz 1 Nummer 1 ergebenden Anforderungen sichergestellt ist.
(2) Die zuständige Behörde soll von der öffentlichen Bekanntmachung des Vorhabens sowie der Auslegung des Antrags und der Unterlagen absehen, wenn der Träger des Vorhabens dies beantragt und erhebliche nachteilige Auswirkungen auf in § 1 genannte Schutzgüter nicht zu besorgen sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn erkennbar ist, dass die Auswirkungen durch die getroffenen oder vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Maßnahmen ausgeschlossen werden oder die Nachteile im Verhältnis zu den jeweils vergleichbaren Vorteilen gering sind. Betrifft die wesentliche Änderung eine in einem vereinfachten Verfahren zu genehmigende Anlage, ist auch die wesentliche Änderung im vereinfachten Verfahren zu genehmigen. § 19 Absatz 3 gilt entsprechend.
(3) Über den Genehmigungsantrag ist innerhalb einer Frist von sechs Monaten, im Falle des Absatzes 2 in drei Monaten zu entscheiden. Im Übrigen gilt § 10 Absatz 6a Satz 2 und 3 entsprechend.
(4) Für nach § 15 Absatz 1 anzeigebedürftige Änderungen kann der Träger des Vorhabens eine Genehmigung beantragen. Diese ist im vereinfachten Verfahren zu erteilen; Absatz 3 und § 19 Absatz 3 gelten entsprechend.
(5) Einer Genehmigung bedarf es nicht, wenn eine genehmigte Anlage oder Teile einer genehmigten Anlage im Rahmen der erteilten Genehmigung ersetzt oder ausgetauscht werden sollen.
(1) Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so besteht für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein die UVP-Pflicht besteht, für das hinzutretende kumulierende Vorhaben die UVP-Pflicht, wenn
- 1.
das hinzutretende Vorhaben allein die Größen- und Leistungswerte für die UVP-Pflicht gemäß § 6 erreicht oder überschreitet oder - 2.
die allgemeine Vorprüfung ergibt, dass durch das hinzutretende Vorhaben zusätzliche erhebliche nachteilige oder andere erhebliche Umweltauswirkungen hervorgerufen werden können.
(2) Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so ist für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein keine UVP-Pflicht besteht und die Antragsunterlagen für dieses Zulassungsverfahren bereits vollständig eingereicht sind, für das hinzutretende kumulierende Vorhaben
- 1.
die Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6 erreichen oder überschreiten, - 2.
die allgemeine Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für die allgemeine Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten, oder - 3.
die standortbezogene Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für die standortbezogene Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten.
(3) Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so ist für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein keine UVP-Pflicht besteht und die Antragsunterlagen für dieses Zulassungsverfahren noch nicht vollständig eingereicht sind, für die kumulierenden Vorhaben jeweils
- 1.
eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6 erreichen oder überschreiten, - 2.
eine allgemeine Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für eine allgemeine Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten, oder - 3.
eine standortbezogene Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für eine standortbezogene Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten.
(4) Erreichen oder überschreiten in den Fällen des Absatzes 2 oder Absatzes 3 die kumulierenden Vorhaben zwar zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6, werden jedoch für das hinzutretende kumulierende Vorhaben weder der Prüfwert für die standortbezogene Vorprüfung noch der Prüfwert für die allgemeine Vorprüfung erreicht oder überschritten, so besteht für das hinzutretende kumulierende Vorhaben die UVP-Pflicht nur, wenn die allgemeine Vorprüfung ergibt, dass durch sein Hinzutreten zusätzliche erhebliche nachteilige oder andere erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen hervorgerufen werden können. Für die allgemeine Vorprüfung gilt § 7 Absatz 1 und 3 bis 7 entsprechend. Im Fall des Absatzes 3 sind die Sätze 1 und 2 für das frühere Vorhaben entsprechend anzuwenden.
(5) Das frühere Vorhaben und das hinzutretende kumulierende Vorhaben sind in der Vorprüfung für das jeweils andere Vorhaben als Vorbelastung zu berücksichtigen.
(6) Der in den jeweiligen Anwendungsbereich der Richtlinien 85/337/EWG und 97/11/EG fallende, aber vor Ablauf der jeweiligen Umsetzungsfristen erreichte Bestand bleibt hinsichtlich des Erreichens oder Überschreitens der Größen- oder Leistungswerte und der Prüfwerte unberücksichtigt.
(1) Schutzgüter im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
Menschen, insbesondere die menschliche Gesundheit, - 2.
Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt, - 3.
Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft, - 4.
kulturelles Erbe und sonstige Sachgüter sowie - 5.
die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern.
(2) Umweltauswirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind unmittelbare und mittelbare Auswirkungen eines Vorhabens oder der Durchführung eines Plans oder Programms auf die Schutzgüter. Dies schließt auch solche Auswirkungen des Vorhabens ein, die aufgrund von dessen Anfälligkeit für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, soweit diese schweren Unfälle oder Katastrophen für das Vorhaben relevant sind.
(3) Grenzüberschreitende Umweltauswirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Umweltauswirkungen eines Vorhabens in einem anderen Staat.
(4) Vorhaben im Sinne dieses Gesetzes sind nach Maßgabe der Anlage 1
- 1.
bei Neuvorhaben - a)
die Errichtung und der Betrieb einer technischen Anlage, - b)
der Bau einer sonstigen Anlage, - c)
die Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme,
- 2.
bei Änderungsvorhaben - a)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer technischen Anlage, - b)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage oder der Beschaffenheit einer sonstigen Anlage, - c)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme.
(5) Windfarm im Sinne dieses Gesetzes sind drei oder mehr Windkraftanlagen, deren Einwirkungsbereich sich überschneidet und die in einem funktionalen Zusammenhang stehen, unabhängig davon, ob sie von einem oder mehreren Vorhabenträgern errichtet und betrieben werden. Ein funktionaler Zusammenhang wird insbesondere angenommen, wenn sich die Windkraftanlagen in derselben Konzentrationszone oder in einem Gebiet nach § 7 Absatz 3 des Raumordnungsgesetzes befinden.
(6) Zulassungsentscheidungen im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
die Bewilligung, die Erlaubnis, die Genehmigung, der Planfeststellungsbeschluss und sonstige behördliche Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die in einem Verwaltungsverfahren getroffen werden, einschließlich des Vorbescheids, der Teilgenehmigung und anderer Teilzulassungen, mit Ausnahme von Anzeigeverfahren, - 2.
Linienbestimmungen und andere Entscheidungen in vorgelagerten Verfahren nach den §§ 47 und 49, - 3.
Beschlüsse nach § 10 des Baugesetzbuchs über die Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bebauungsplänen, durch die die Zulässigkeit von bestimmten Vorhaben im Sinne der Anlage 1 begründet werden soll, sowie Beschlüsse nach § 10 des Baugesetzbuchs über Bebauungspläne, die Planfeststellungsbeschlüsse für Vorhaben im Sinne der Anlage 1 ersetzen.
(7) Pläne und Programme im Sinne dieses Gesetzes sind nur solche bundesrechtlich oder durch Rechtsakte der Europäischen Union vorgesehenen Pläne und Programme, die
- 1.
von einer Behörde ausgearbeitet und angenommen werden, - 2.
von einer Behörde zur Annahme durch eine Regierung oder im Wege eines Gesetzgebungsverfahrens ausgearbeitet werden oder - 3.
von einem Dritten zur Annahme durch eine Behörde ausgearbeitet werden.
(8) Öffentlichkeit im Sinne dieses Gesetzes sind einzelne oder mehrere natürliche oder juristische Personen sowie deren Vereinigungen.
(9) Betroffene Öffentlichkeit im Sinne dieses Gesetzes ist jede Person, deren Belange durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt werden; hierzu gehören auch Vereinigungen, deren satzungsmäßiger Aufgabenbereich durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt wird, darunter auch Vereinigungen zur Förderung des Umweltschutzes.
(10) Umweltprüfungen im Sinne dieses Gesetzes sind Umweltverträglichkeitsprüfungen und Strategische Umweltprüfungen.
(11) Einwirkungsbereich im Sinne dieses Gesetzes ist das geographische Gebiet, in dem Umweltauswirkungen auftreten, die für die Zulassung eines Vorhabens relevant sind.
(1) Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so besteht für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein die UVP-Pflicht besteht, für das hinzutretende kumulierende Vorhaben die UVP-Pflicht, wenn
- 1.
das hinzutretende Vorhaben allein die Größen- und Leistungswerte für die UVP-Pflicht gemäß § 6 erreicht oder überschreitet oder - 2.
die allgemeine Vorprüfung ergibt, dass durch das hinzutretende Vorhaben zusätzliche erhebliche nachteilige oder andere erhebliche Umweltauswirkungen hervorgerufen werden können.
(2) Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so ist für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein keine UVP-Pflicht besteht und die Antragsunterlagen für dieses Zulassungsverfahren bereits vollständig eingereicht sind, für das hinzutretende kumulierende Vorhaben
- 1.
die Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6 erreichen oder überschreiten, - 2.
die allgemeine Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für die allgemeine Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten, oder - 3.
die standortbezogene Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für die standortbezogene Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten.
(3) Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so ist für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein keine UVP-Pflicht besteht und die Antragsunterlagen für dieses Zulassungsverfahren noch nicht vollständig eingereicht sind, für die kumulierenden Vorhaben jeweils
- 1.
eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6 erreichen oder überschreiten, - 2.
eine allgemeine Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für eine allgemeine Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten, oder - 3.
eine standortbezogene Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für eine standortbezogene Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten.
(4) Erreichen oder überschreiten in den Fällen des Absatzes 2 oder Absatzes 3 die kumulierenden Vorhaben zwar zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6, werden jedoch für das hinzutretende kumulierende Vorhaben weder der Prüfwert für die standortbezogene Vorprüfung noch der Prüfwert für die allgemeine Vorprüfung erreicht oder überschritten, so besteht für das hinzutretende kumulierende Vorhaben die UVP-Pflicht nur, wenn die allgemeine Vorprüfung ergibt, dass durch sein Hinzutreten zusätzliche erhebliche nachteilige oder andere erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen hervorgerufen werden können. Für die allgemeine Vorprüfung gilt § 7 Absatz 1 und 3 bis 7 entsprechend. Im Fall des Absatzes 3 sind die Sätze 1 und 2 für das frühere Vorhaben entsprechend anzuwenden.
(5) Das frühere Vorhaben und das hinzutretende kumulierende Vorhaben sind in der Vorprüfung für das jeweils andere Vorhaben als Vorbelastung zu berücksichtigen.
(6) Der in den jeweiligen Anwendungsbereich der Richtlinien 85/337/EWG und 97/11/EG fallende, aber vor Ablauf der jeweiligen Umsetzungsfristen erreichte Bestand bleibt hinsichtlich des Erreichens oder Überschreitens der Größen- oder Leistungswerte und der Prüfwerte unberücksichtigt.
(1) Schutzgüter im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
Menschen, insbesondere die menschliche Gesundheit, - 2.
Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt, - 3.
Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft, - 4.
kulturelles Erbe und sonstige Sachgüter sowie - 5.
die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern.
(2) Umweltauswirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind unmittelbare und mittelbare Auswirkungen eines Vorhabens oder der Durchführung eines Plans oder Programms auf die Schutzgüter. Dies schließt auch solche Auswirkungen des Vorhabens ein, die aufgrund von dessen Anfälligkeit für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, soweit diese schweren Unfälle oder Katastrophen für das Vorhaben relevant sind.
(3) Grenzüberschreitende Umweltauswirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Umweltauswirkungen eines Vorhabens in einem anderen Staat.
(4) Vorhaben im Sinne dieses Gesetzes sind nach Maßgabe der Anlage 1
- 1.
bei Neuvorhaben - a)
die Errichtung und der Betrieb einer technischen Anlage, - b)
der Bau einer sonstigen Anlage, - c)
die Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme,
- 2.
bei Änderungsvorhaben - a)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer technischen Anlage, - b)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage oder der Beschaffenheit einer sonstigen Anlage, - c)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme.
(5) Windfarm im Sinne dieses Gesetzes sind drei oder mehr Windkraftanlagen, deren Einwirkungsbereich sich überschneidet und die in einem funktionalen Zusammenhang stehen, unabhängig davon, ob sie von einem oder mehreren Vorhabenträgern errichtet und betrieben werden. Ein funktionaler Zusammenhang wird insbesondere angenommen, wenn sich die Windkraftanlagen in derselben Konzentrationszone oder in einem Gebiet nach § 7 Absatz 3 des Raumordnungsgesetzes befinden.
(6) Zulassungsentscheidungen im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
die Bewilligung, die Erlaubnis, die Genehmigung, der Planfeststellungsbeschluss und sonstige behördliche Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die in einem Verwaltungsverfahren getroffen werden, einschließlich des Vorbescheids, der Teilgenehmigung und anderer Teilzulassungen, mit Ausnahme von Anzeigeverfahren, - 2.
Linienbestimmungen und andere Entscheidungen in vorgelagerten Verfahren nach den §§ 47 und 49, - 3.
Beschlüsse nach § 10 des Baugesetzbuchs über die Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bebauungsplänen, durch die die Zulässigkeit von bestimmten Vorhaben im Sinne der Anlage 1 begründet werden soll, sowie Beschlüsse nach § 10 des Baugesetzbuchs über Bebauungspläne, die Planfeststellungsbeschlüsse für Vorhaben im Sinne der Anlage 1 ersetzen.
(7) Pläne und Programme im Sinne dieses Gesetzes sind nur solche bundesrechtlich oder durch Rechtsakte der Europäischen Union vorgesehenen Pläne und Programme, die
- 1.
von einer Behörde ausgearbeitet und angenommen werden, - 2.
von einer Behörde zur Annahme durch eine Regierung oder im Wege eines Gesetzgebungsverfahrens ausgearbeitet werden oder - 3.
von einem Dritten zur Annahme durch eine Behörde ausgearbeitet werden.
(8) Öffentlichkeit im Sinne dieses Gesetzes sind einzelne oder mehrere natürliche oder juristische Personen sowie deren Vereinigungen.
(9) Betroffene Öffentlichkeit im Sinne dieses Gesetzes ist jede Person, deren Belange durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt werden; hierzu gehören auch Vereinigungen, deren satzungsmäßiger Aufgabenbereich durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt wird, darunter auch Vereinigungen zur Förderung des Umweltschutzes.
(10) Umweltprüfungen im Sinne dieses Gesetzes sind Umweltverträglichkeitsprüfungen und Strategische Umweltprüfungen.
(11) Einwirkungsbereich im Sinne dieses Gesetzes ist das geographische Gebiet, in dem Umweltauswirkungen auftreten, die für die Zulassung eines Vorhabens relevant sind.
(1) Für dieses Gesetz gelten folgende Begriffsbestimmungen:
- 1.
biologische Vielfalt die Vielfalt der Tier- und Pflanzenarten einschließlich der innerartlichen Vielfalt sowie die Vielfalt an Formen von Lebensgemeinschaften und Biotopen; - 2.
Naturhaushalt die Naturgüter Boden, Wasser, Luft, Klima, Tiere und Pflanzen sowie das Wirkungsgefüge zwischen ihnen; - 3.
Erholung natur- und landschaftsverträglich ausgestaltetes Natur- und Freizeiterleben einschließlich natur- und landschaftsverträglicher sportlicher Betätigung in der freien Landschaft, soweit dadurch die sonstigen Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege nicht beeinträchtigt werden; - 4.
natürliche Lebensraumtypen von gemeinschaftlichem Interesse die in Anhang I der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Lebensraumtypen; - 5.
prioritäre natürliche Lebensraumtypen die in Anhang I der Richtlinie 92/43/EWG mit dem Zeichen (*) gekennzeichneten Lebensraumtypen; - 6.
Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung die in die Liste nach Artikel 4 Absatz 2 Unterabsatz 3 der Richtlinie 92/43/EWG aufgenommenen Gebiete, auch wenn ein Schutz im Sinne des § 32 Absatz 2 bis 4 noch nicht gewährleistet ist; - 7.
Europäische Vogelschutzgebiete Gebiete im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 und 2 der Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (ABl. L 20 vom 26.1.2010, S. 7), wenn ein Schutz im Sinne des § 32 Absatz 2 bis 4 bereits gewährleistet ist; - 8.
Natura 2000-Gebiete Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung und Europäische Vogelschutzgebiete; - 9.
Erhaltungsziele Ziele, die im Hinblick auf die Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands eines natürlichen Lebensraumtyps von gemeinschaftlichem Interesse, einer in Anhang II der Richtlinie 92/43/EWG oder in Artikel 4 Absatz 2 oder Anhang I der Richtlinie 2009/147/EG aufgeführten Art für ein Natura 2000-Gebiet festgelegt sind; - 10.
günstiger Erhaltungszustand Zustand im Sinne von Artikel 1 Buchstabe e und i der Richtlinie 92/43/EWG und von Artikel 2 Nummer 4 der Richtlinie 2004/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden (ABl. L 143 vom 30.4.2004, S. 56), die zuletzt durch die Richtlinie 2009/31/EG (ABl. L 140 vom 5.6.2009, S. 114) geändert worden ist.
(2) Für dieses Gesetz gelten folgende weitere Begriffsbestimmungen:
- 1.
Tiere - a)
wild lebende, gefangene oder gezüchtete und nicht herrenlos gewordene sowie tote Tiere wild lebender Arten, - b)
Eier, auch im leeren Zustand, sowie Larven, Puppen und sonstige Entwicklungsformen von Tieren wild lebender Arten, - c)
ohne Weiteres erkennbare Teile von Tieren wild lebender Arten und - d)
ohne Weiteres erkennbar aus Tieren wild lebender Arten gewonnene Erzeugnisse;
- 2.
Pflanzen - a)
wild lebende, durch künstliche Vermehrung gewonnene sowie tote Pflanzen wild lebender Arten, - b)
Samen, Früchte oder sonstige Entwicklungsformen von Pflanzen wild lebender Arten, - c)
ohne Weiteres erkennbare Teile von Pflanzen wild lebender Arten und - d)
ohne Weiteres erkennbar aus Pflanzen wild lebender Arten gewonnene Erzeugnisse;
- 3.
Art jede Art, Unterart oder Teilpopulation einer Art oder Unterart; für die Bestimmung einer Art ist ihre wissenschaftliche Bezeichnung maßgebend; - 4.
Biotop Lebensraum einer Lebensgemeinschaft wild lebender Tiere und Pflanzen; - 5.
Lebensstätte regelmäßiger Aufenthaltsort der wild lebenden Individuen einer Art; - 6.
Population eine biologisch oder geografisch abgegrenzte Zahl von Individuen einer Art; - 7.
(weggefallen) - 8.
(weggefallen) - 9.
invasive Art eine invasive gebietsfremde Art im Sinne des Artikels 3 Nummer 2 der Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 - a)
die in der Unionsliste nach Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 aufgeführt ist, - b)
für die Dringlichkeitsmaßnahmen nach Artikel 10 Absatz 4 oder für die Durchführungsrechtsakte nach Artikel 11 Absatz 2 Satz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 in Kraft sind, soweit die Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 nach den genannten Rechtsvorschriften anwendbar ist oder - c)
die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 3 aufgeführt ist;
- 10.
Arten von gemeinschaftlichem Interesse die in Anhang II, IV oder V der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tier- und Pflanzenarten; - 11.
prioritäre Arten die in Anhang II der Richtlinie 92/43/EWG mit dem Zeichen (*) gekennzeichneten Tier- und Pflanzenarten; - 12.
europäische Vogelarten in Europa natürlich vorkommende Vogelarten im Sinne des Artikels 1 der Richtlinie 2009/147/EG; - 13.
besonders geschützte Arten - a)
Tier- und Pflanzenarten, die in Anhang A oder Anhang B der Verordnung (EG) Nr. 338/97 des Rates vom 9. Dezember 1996 über den Schutz von Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des Handels (ABl. L 61 vom 3.3.1997, S. 1, L 100 vom 17.4.1997, S. 72, L 298 vom 1.11.1997, S. 70, L 113 vom 27.4.2006, S. 26), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 709/2010 (ABl. L 212 vom 12.8.2010, S. 1) geändert worden ist, aufgeführt sind, - b)
nicht unter Buchstabe a fallende - aa)
Tier- und Pflanzenarten, die in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführt sind, - bb)
europäische Vogelarten,
- c)
Tier- und Pflanzenarten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 aufgeführt sind;
- 14.
streng geschützte Arten besonders geschützte Arten, die - a)
in Anhang A der Verordnung (EG) Nr. 338/97, - b)
in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG, - c)
in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 2
- 15.
gezüchtete Tiere Tiere, die in kontrollierter Umgebung geboren oder auf andere Weise erzeugt und deren Elterntiere rechtmäßig erworben worden sind; - 16.
künstlich vermehrte Pflanzen Pflanzen, die aus Samen, Gewebekulturen, Stecklingen oder Teilungen unter kontrollierten Bedingungen herangezogen worden sind; - 17.
Anbieten Erklärung der Bereitschaft zu verkaufen oder zu kaufen und ähnliche Handlungen, einschließlich der Werbung, der Veranlassung zur Werbung oder der Aufforderung zu Verkaufs- oder Kaufverhandlungen; - 18.
Inverkehrbringen das Anbieten, Vorrätighalten zur Abgabe, Feilhalten und jedes Abgeben an andere; - 19.
rechtmäßig in Übereinstimmung mit den jeweils geltenden Rechtsvorschriften zum Schutz der betreffenden Art im jeweiligen Staat sowie mit Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft auf dem Gebiet des Artenschutzes und dem Übereinkommen vom 3. März 1973 über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen (BGBl. 1975 II S. 773, 777) – Washingtoner Artenschutzübereinkommen – im Rahmen ihrer jeweiligen räumlichen und zeitlichen Geltung oder Anwendbarkeit; - 20.
Mitgliedstaat ein Staat, der Mitglied der Europäischen Union ist; - 21.
Drittstaat ein Staat, der nicht Mitglied der Europäischen Union ist.
(3) Soweit in diesem Gesetz auf Anhänge der
- 1.
Verordnung (EG) Nr. 338/97, - 2.
Verordnung (EWG) Nr. 3254/91 des Rates vom 4. November 1991 zum Verbot von Tellereisen in der Gemeinschaft und der Einfuhr von Pelzen und Waren von bestimmten Wildtierarten aus Ländern, die Tellereisen oder den internationalen humanen Fangnormen nicht entsprechende Fangmethoden anwenden (ABl. L 308 vom 9.11.1991, S. 1), - 3.
Richtlinien 92/43/EWG und 2009/147/EG, - 4.
Richtlinie 83/129/EWG des Rates vom 28. März 1983 betreffend die Einfuhr in die Mitgliedstaaten von Fellen bestimmter Jungrobben und Waren daraus (ABl. L 91 vom 9.4.1983, S. 30), die zuletzt durch die Richtlinie 89/370/EWG (ABl. L 163 vom 14.6.1989, S. 37) geändert worden ist,
(4) Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit gibt die besonders geschützten und die streng geschützten Arten sowie den Zeitpunkt ihrer jeweiligen Unterschutzstellung bekannt.
(5) Wenn besonders geschützte Arten bereits auf Grund der bis zum 8. Mai 1998 geltenden Vorschriften unter besonderem Schutz standen, gilt als Zeitpunkt der Unterschutzstellung derjenige, der sich aus diesen Vorschriften ergibt. Entsprechendes gilt für die streng geschützten Arten, soweit sie nach den bis zum 8. Mai 1998 geltenden Vorschriften als vom Aussterben bedroht bezeichnet waren.
(1) Es ist verboten,
- 1.
wild lebende Tiere mutwillig zu beunruhigen oder ohne vernünftigen Grund zu fangen, zu verletzen oder zu töten, - 2.
wild lebende Pflanzen ohne vernünftigen Grund von ihrem Standort zu entnehmen oder zu nutzen oder ihre Bestände niederzuschlagen oder auf sonstige Weise zu verwüsten, - 3.
Lebensstätten wild lebender Tiere und Pflanzen ohne vernünftigen Grund zu beeinträchtigen oder zu zerstören.
(2) Vorbehaltlich jagd- oder fischereirechtlicher Bestimmungen ist es verboten, wild lebende Tiere und Pflanzen der in Anhang V der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten aus der Natur zu entnehmen. Die Länder können Ausnahmen von Satz 1 unter den Voraussetzungen des § 45 Absatz 7 oder des Artikels 14 der Richtlinie 92/43/EWG zulassen.
(3) Jeder darf abweichend von Absatz 1 Nummer 2 wild lebende Blumen, Gräser, Farne, Moose, Flechten, Früchte, Pilze, Tee- und Heilkräuter sowie Zweige wild lebender Pflanzen aus der Natur an Stellen, die keinem Betretungsverbot unterliegen, in geringen Mengen für den persönlichen Bedarf pfleglich entnehmen und sich aneignen.
(4) Das gewerbsmäßige Entnehmen, Be- oder Verarbeiten wild lebender Pflanzen bedarf unbeschadet der Rechte der Eigentümer und sonstiger Nutzungsberechtigter der Genehmigung der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn der Bestand der betreffenden Art am Ort der Entnahme nicht gefährdet und der Naturhaushalt nicht erheblich beeinträchtigt werden. Die Entnahme hat pfleglich zu erfolgen. Bei der Entscheidung über Entnahmen zu Zwecken der Produktion regionalen Saatguts sind die günstigen Auswirkungen auf die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu berücksichtigen.
(4a) Ein vernünftiger Grund nach Absatz 1 liegt insbesondere vor, wenn wissenschaftliche oder naturkundliche Untersuchungen an Tieren oder Pflanzen sowie diesbezügliche Maßnahmen der Umweltbildung im zur Erreichung des Untersuchungsziels oder Bildungszwecks notwendigen Umfang vorgenommen werden. Vorschriften des Tierschutzrechts bleiben unberührt.
(5) Es ist verboten,
- 1.
die Bodendecke auf Wiesen, Feldrainen, Hochrainen und ungenutzten Grundflächen sowie an Hecken und Hängen abzubrennen oder nicht land-, forst- oder fischereiwirtschaftlich genutzte Flächen so zu behandeln, dass die Tier- oder Pflanzenwelt erheblich beeinträchtigt wird, - 2.
Bäume, die außerhalb des Waldes, von Kurzumtriebsplantagen oder gärtnerisch genutzten Grundflächen stehen, Hecken, lebende Zäune, Gebüsche und andere Gehölze in der Zeit vom 1. März bis zum 30. September abzuschneiden, auf den Stock zu setzen oder zu beseitigen; zulässig sind schonende Form- und Pflegeschnitte zur Beseitigung des Zuwachses der Pflanzen oder zur Gesunderhaltung von Bäumen, - 3.
Röhrichte in der Zeit vom 1. März bis zum 30. September zurückzuschneiden; außerhalb dieser Zeiten dürfen Röhrichte nur in Abschnitten zurückgeschnitten werden, - 4.
ständig wasserführende Gräben unter Einsatz von Grabenfräsen zu räumen, wenn dadurch der Naturhaushalt, insbesondere die Tierwelt erheblich beeinträchtigt wird.
- 1.
behördlich angeordnete Maßnahmen, - 2.
Maßnahmen, die im öffentlichen Interesse nicht auf andere Weise oder zu anderer Zeit durchgeführt werden können, wenn sie - a)
behördlich durchgeführt werden, - b)
behördlich zugelassen sind oder - c)
der Gewährleistung der Verkehrssicherheit dienen,
- 3.
nach § 15 zulässige Eingriffe in Natur und Landschaft, - 4.
zulässige Bauvorhaben, wenn nur geringfügiger Gehölzbewuchs zur Verwirklichung der Baumaßnahmen beseitigt werden muss.
(6) Es ist verboten, Höhlen, Stollen, Erdkeller oder ähnliche Räume, die als Winterquartier von Fledermäusen dienen, in der Zeit vom 1. Oktober bis zum 31. März aufzusuchen; dies gilt nicht zur Durchführung unaufschiebbarer und nur geringfügig störender Handlungen sowie für touristisch erschlossene oder stark genutzte Bereiche.
(7) Weiter gehende Schutzvorschriften insbesondere des Kapitels 4 und des Abschnitts 3 des Kapitels 5 einschließlich der Bestimmungen über Ausnahmen und Befreiungen bleiben unberührt.
(1) Es ist verboten,
- 1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, - 2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert, - 3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, - 4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(2) Es ist ferner verboten,
- 1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten (Besitzverbote), - 2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c - a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen, - b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.
(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.
(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen
- 1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann, - 2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind, - 3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.
(1) Die Bundesnetzagentur macht die Ausschreibungen frühestens acht Wochen und spätestens fünf Wochen vor dem jeweiligen Gebotstermin für den jeweiligen Energieträger auf ihrer Internetseite bekannt. Die Bekanntmachungen müssen mindestens folgende Angaben enthalten:
- 1.
den Gebotstermin, - 2.
das Ausschreibungsvolumen, - 3.
den Höchstwert, - 4.
die Angabe, ob Landesregierungen Rechtsverordnungen aufgrund von § 37c Absatz 2 erlassen haben und auf welchen Flächen nach diesen Rechtsverordnungen Gebote für Solaranlagen bezuschlagt werden können, - 5.
die Formatvorgaben, die nach § 30a Absatz 1 von der Bundesnetzagentur für die Gebotsabgabe vorgegeben sind, und - 6.
die Festlegungen der Bundesnetzagentur nach § 85 Absatz 2 und den §§ 85a und 85c, soweit sie die Gebotsabgabe oder das Zuschlagsverfahren betreffen.
(2) Die Bekanntmachungen nach Absatz 1 erfolgen ausschließlich im öffentlichen Interesse.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen.
Auf die Beschwerden des Antragsgegners und der Beigeladenen wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 17. August 2015 mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert.
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen trägt der Antragsteller. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,- Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2I.
3Der Antragsteller ist Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks Gemarkung E. , Flur , Flurstück in Q. (postalische Anschrift: W. 50 in 33100 Q. ). Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des rechtskräftigen Bebauungsplans „D 104 C. “ der Stadt Q. , den der Rat der Stadt Q. am 10. Dezember 1987 als Satzung beschlossen hat. Der Bebauungsplan setzt für das Grundstück des Antragstellers ein Allgemeines Wohngebiet (WA) fest. Die Beigeladene beantragte die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Windenergieanlage (Typ Enercon E-92) mit einer Nabenhöhe von 138,38 Metern, einem Rotordurchmesser von 92 Metern (Gesamthöhe 184,38 Meter) und einer Nennleistung von 2.350 kW auf dem Grundstück Gemarkung E. , Flur , Flurstück. Der Standort der geplanten - und noch nicht errichteten - Windenergieanlage liegt in südwestlicher Richtung etwa 1.500 Meter von dem Wohnhaus des Antragstellers entfernt.
4Unter dem 15. Januar 2015 zog der Antragsgegner den Antragsteller zum Genehmigungsverfahren hinzu. Mit Bescheid vom 4. Februar 2015 erteilte der Antragsgegner der Beigeladenen die beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung unter Beifügung verschiedener Nebenbestimmungen. Der Antragsteller erhob gegen die Genehmigung am 6. März 2015 Klage vor dem Verwaltungsgericht. Auf den Antrag der Beigeladenen ordnete der Antragsgegner unter dem 18. März 2015 die sofortige Vollziehung der Genehmigung an.
5Der Antragsteller hat am 29. April 2015 Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt. Das Verwaltungsgericht hat die aufschiebende Wirkung der Klage mit Beschluss vom 17. August 2015 insoweit wiederhergestellt, als sie sich auf den Betrieb der Windenergieanlage bezieht. Im Übrigen hat es den Antrag abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Hinsichtlich des Betriebs der Anlage gehe die Interessenabwägung zu Lasten der Beigeladenen aus. Die Genehmigung vom 4. Februar 2015 stelle sich im Rahmen der gebotenen summarischen Überprüfung in Bezug auf subjektive Rechte des Antragstellers nicht in jeder Hinsicht als rechtmäßig dar. Auf der Grundlage des von der Beigeladenen im Genehmigungsverfahren vorgelegten schalltechnischen Gutachtens könne nicht hinreichend sicher ausgeschlossen werden, dass der Antragsteller durch die genehmigte Anlage schädlichen Umwelteinwirkungen i. S. d. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt werde. Das Gutachten liege nicht „auf der sicheren Seite“, weil seine Aussagekraft durch eine vom LANUV NRW in Auftrag gegebene Untersuchung des Sachverständigenbüros V. & Partner vom 11. November 2014, die sich zur Anwendung des so genannten „alternativen Verfahrens“ nach DIN ISO 9613-2 bei hohen Windenergieanlagen verhält, in Frage gestellt werde. Das schalltechnische Gutachten berechne für die Immissionspunkte IP K, IP O und IP P, zwischen denen das Grundstück des Antragstellers liege, eine Gesamtbelastung von 41,2 dB(A), 39,4 dB(A) bzw. 39,1 dB(A). Es sei davon auszugehen, dass sowohl der Berechnung der Vorbelastung als auch der Zusatzbelastung Bodendämpfungswerte von Agr > 0 zugrundelägen. Daher könne nicht ausgeschlossen werden, dass das Wohngrundstück des Antragstellers Lärmimmissionen über dem zulässigen Richtwert von 40 dB(A) bzw. - nach Maßgabe von Nr. 3.2.1 Abs. 3 TA Lärm - 41 dB(A) ausgesetzt sein werde.
6Hinsichtlich der Errichtung der Anlage gehe die Interessenabwägung demgegenüber zu Lasten des Antragstellers aus. Etwaige Verstöße gegen den Flächennutzungsplan (Höhenbegrenzung; „Windindustrialisierung“ des Ortsteils E. ) könne der Antragsteller nicht rügen, weil der Flächennutzungsplan keine nachbarschützende Rechte vermittle. Auch verstoße die Anlage nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Angesichts des Abstands zwischen dem Grundstück des Antragstellers und der Anlage sei eine optisch bedrängende Wirkung nicht gegeben. Der Antragsteller sei auch keinen schädlichen Umweltauswirkungen durch Infraschall ausgesetzt. Schließlich bestehe kein Aufhebungsanspruch des Antragstellers nach dem Umweltrechtsbehelfsgesetz. Die hier erforderliche allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit sei durchgeführt worden und nach Maßgabe von § 3a Satz 4 UVPG nicht zu beanstanden.
7Gegen den Beschluss haben der Antragsteller am 31. August 2015, der Antragsgegner am 1. September 2015 und die Beigeladene am 2. September 2015 Beschwerde eingelegt. Der Antragsteller begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage auch in Bezug auf die Errichtung der genehmigten Windenergieanlage. Der Antragsgegner und die Beigeladene wollen erreichen, dass der Antrag insgesamt abgelehnt wird.
8II.
9Die Beschwerden des Antragsgegners und der Beigeladenen haben Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner im Verfahren 11 K 693/15 (VG Minden) erhobenen Klage gegen die der Beigeladenen erteilte Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Windkraftanlage Typ Enercon E-92 mit einer Nabenhöhe von 138,38 Metern, einem Rotordurchmesser von 92 Metern (Gesamthöhe 184,38 Meter) und einer Nennleistung von 2.350 kW auf dem Grundstück Gemarkung E. , Flur , Flurstück, hinsichtlich des Betriebs der Anlage zu Unrecht stattgegeben. Die hiergegen fristgerecht vorgebrachten Gründe, auf deren Überprüfung das Beschwerdegericht gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, stellen die Annahmen des Verwaltungsgerichts zwar nicht mit Blick auf die Zulässigkeit des vorläufigen Rechtsschutzantrags des Antragstellers (dazu 1.), wohl aber mit Blick auf dessen Begründetheit durchgreifend in Frage (dazu 2.).
10Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung im Übrigen zu Recht abgelehnt. Die hiergegen fristgerecht vorgebrachten Gründe stellen die Annahme des Verwaltungsgerichts, die angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung sei - von der Lärmproblematik abgesehen - voraussichtlich rechtmäßig, nicht durchgreifend in Frage (dazu 3.).
11Die im Verfahren nach §§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung führt daher insgesamt zu dem Ergebnis, dass dem Interesse der Beigeladenen an einer Ausnutzung der ihr erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung der Vorrang gegenüber dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs zukommt (dazu 4.).
121. Gegen die Zulässigkeit des Antrags bestehen entgegen der Auffassung des Antragsgegners keine Bedenken; insbesondere fehlt es nicht am Rechtsschutzbedürfnis. Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die erhobene Klage nicht deshalb unzulässig sein dürfte, weil der Antragsteller in der Klageschrift vom 6. März 2015 das „Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch den Kreis Q. , Umweltamt“ als Beklagten bezeichnet hat. Der vom Antragsgegner hierzu zitierte Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. September 2015 (4 CN 2.15) steht dem nicht entgegen.
13Auch eine Parteibezeichnung im Sinne des § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist der Auslegung zugänglich, sofern sie - wie hier - uneindeutig und damit grundsätzlich auslegungsfähig ist. Dabei ist auf den objektiven Empfängerhorizont abzustellen.
14Vgl. nur Aulehner, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 82 Rn. 8 m.w.N.
15Danach ist auch aus Sicht des Senats nicht zweifelhaft, dass die Klage von Anfang an gegen den Antragsgegner und nicht gegen das Land Nordrhein-Westfalen gerichtet war. Der Klage war der angefochtene Genehmigungsbescheid des Antragsgegners beigefügt. Die Nennung des Landes Nordrhein-Westfalen stellt nicht zuletzt vor diesem Hintergrund ersichtlich ein Versehen des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers dar. Sein Schriftsatz vom 17. März 2015 steht dieser Bewertung nicht entgegen. Der Antragsteller hat darin ausdrücklich bestätigt, dass sich die Klage gegen den Antragsgegner richtet und die Rubrumsberichtigung mithin zu Recht erfolgt ist. Dass er weiterhin irrtümlich annahm, der Kreis werde als untere staatliche Verwaltungsbehörde tätig, ändert daran nichts.
162. Der Senat teilt nicht die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 4. Februar 2015 subjektive Rechte des Antragstellers verletze, weil auf der Grundlage des von der Beigeladenen im Genehmigungsverfahren vorgelegten schalltechnischen Gutachtens nicht hinreichend sicher ausgeschlossen werden könne, dass der Antragsteller durch die genehmigte Anlage schädlichen Umwelteinwirkungen i. S. d. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt werde. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts liegt die Immissionsprognose auf der Grundlage des schalltechnischen Gutachtens der X GmbH & Co. KG vom 10. Oktober 2014 (Beiakte Heft 5, Register 9, im Verfahren 8 B 1016/15) unter Berücksichtigung der ergänzenden Stellungnahmen der J. GmbH vom 17. September und 8. Oktober 2015 (vgl. Bl. 369 bis 376 der Gerichtsakte) bei der hier nur möglichen summarischen Prüfung „auf der sicheren Seite“ (dazu a). Ihre Aussagekraft wird durch die vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV NRW) in Auftrag gegebene Untersuchung des Sachverständigenbüros V. & Partner vom 11. November 2014 (im Folgenden: „V1. -Studie 2014“), die sich zur Anwendung des so genannten „alternativen Verfahrens“ nach DIN ISO 9613-2 bei hohen Windenergieanlagen verhält, nicht durchgreifend in Frage gestellt (dazu b).
17a) Auf der Grundlage der schalltechnischen Untersuchungen der X GmbH & Co. KG sowie der ergänzenden Stellungnahmen der J. GmbH vom 17. September und 8. Oktober 2015 bestehen keine im vorliegenden Eilverfahren beachtlichen Anhaltspunkte dafür, dass der für das Wohngrundstück des Antragstellers maßgebliche Immissionsrichtwert von 55 dB(A) tags und 40 dB(A) nachts dort durch den Betrieb der streitgegenständlichen Windenergieanlage überschritten wird.
18Einer näheren Betrachtung bedarf dies lediglich für die Nachtzeit, da für die Tagzeit angesichts des um 15 dB(A) höheren Immissionsrichtwerts Überschreitungen auch unter Berücksichtigung des dann zugrunde zu legenden Betriebs mit einer uneingeschränkten Leistung von 2.350 kW auszuschließen sein dürften, wenn die Immissionswerte nachts eingehalten werden.
19Dabei dürfte allerdings davon auszugehen sein, dass das Wohnhaus des Antragstellers in dem - zu erweiternden - Einwirkungsbereich der Windenergieanlage liegt, obwohl die dort zu erwartende Zusatzbelastung durch diese Anlage mehr als 10 dB(A) unter dem maßgeblichen Immissionsrichtwert liegt (vgl. Nr. 2.2 TA Lärm). Bei einer - wie hier - sehr großen Anzahl einwirkender Anlagen bzw. relevanter Vorbelastung kann es auch außerhalb des durch Nr. 2.2 TA Lärm schematisch umschriebenen Einwirkungsbereichs zu einer Pegelerhöhung und Überschreitung des Immissionsrichtwertes durch die Gesamtbelastung um mehr als 1 dB und damit zu einer schädlichen Umwelteinwirkung kommen. Dem dürfte - in gesetzeskonformer Anwendung der TA Lärm - durch die Zugrundelegung eines erweiterten Einwirkungsbereichs Rechnung zu tragen sein.
20Vgl. dazu etwa Feldhaus/Tegeder, in: Feldhaus (Hrsg.), Bundesimmissionsschutzrecht, Bd. 4, § 6 BImSchVwV (TA Lärm) , Rn. 21; Agatz, Windenergie-Handbuch, 12. Ausgabe 2015, S. 79.
21Das schalltechnische Gutachten ist auf der Grundlage der TA Lärm sowie des „alternativen Verfahrens“ nach DIN ISO 9613-2 (vgl. Nr. A.2.3.4 des Anhangs zur TA Lärm) erstellt worden. Es enthält - unter anderem - Berechnungen für den Immissionspunkt (IP) O WA, die einen gewissen Anhalt für die am - ursprünglich nicht gesondert betrachteten - Wohngrundstück des Antragstellers zu erwartenden Schallimmissionen bieten können. Der als Fläche dargestellte Immissionspunkt IP O WA befindet sich wie das Wohngrundstück des Antragstellers im Ortsteil E. und deckt in etwa den nördlichen Teil des Geltungsbereichs des Bebauungsplans „D 111 Auf der Heide“ der Stadt Q. ab. Der kürzeste Abstand des IP O WA zur streitbefangenen Windenergieanlage beträgt ausweislich des schalltechnischen Gutachtens 1.649 Meter (vgl. Seite 17 des Gutachtens, Beiakte Heft 5, Register 9, im Verfahren 8 B 1016/15). Den Abstand zwischen der streitbefangenen Windenergieanlage und dem Wohnhaus des Antragstellers gibt dieser selbst mit knapp 1.505 Metern an (vgl. Anlage 5 zum Schriftsatz vom 6. Oktober 2015, Bl. 351 der Gerichtsakte). Tatsächlich beträgt der Abstand mindestens 1.517 Meter, wie eine Messung anhand von www.tim-online.nrw.de und der in den Antragsunterlagen enthaltenen Gauß-Krüger-Koordinaten ergibt. Für den IP O WA berechnet das schalltechnische Gutachten eine Gesamtbelastung von 39,4 dB(A). Die Gesamtbelastung liegt damit 0,6 dB(A) unter dem für die Nacht maßgeblichen Immissionsrichtwert. Für das Grundstück des Antragstellers, welches etwa 130 Meter näher zur streitbefangenen Anlage gelegen ist, mag die Gesamtbelastung etwas höher liegen. Eine relevante Überschreitung des maßgeblichen Immissionsrichtwertes dürfte dennoch auszuschließen sein.
22In ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 17. September 2015 berechnet die IEL GmbH für den hier konkret maßgeblichen Immissionsort, das Wohnhaus des Antragstellers, eine Gesamtbelastung von 38,7 dB(A). Dadurch wird die voraussichtliche Einhaltung der Immissionsrichtwerte nunmehr mit einer im vorliegenden summarischen Verfahren hinreichenden Sicherheit bestätigt.
23b) Die vom LANUV NRW in Auftrag gegebene Untersuchung des Sachverständigenbüros V1. & Partner vom 11. November 2014 (im Folgenden: „V1. -Studie 2014“), auf die der Antragsteller sich beruft, begründet an dieser Prognose keine durchgreifenden Zweifel. Dieser Bericht kommt zwar zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass das - auch hier angewandte - alternative Verfahren nach DIN ISO 9613-2 bei der Beurteilung der Geräusche von hohen Windenergieanlagen infolge einer Überschätzung der Bodendämpfung zu Abweichungen von den im Rahmen des Forschungsvorhabens gemessenen Werten führt. Aufgrund des bisher erreichten Erkenntnisstands ist jedoch - zumal im gerichtlichen Eilverfahren - nicht davon auszugehen, dass das genannte Verfahren durch neue gesicherte Erkenntnisse überholt wäre und nach dem „alternativen Verfahren“ erstellte Schallimmissionsprognosen nicht mehr verwertbar wären. Ungeachtet dessen dürften jedenfalls die von der IEL GmbH unter dem 17. September 2015 hilfsweise berechneten Immissionswerte für das Wohnhaus des Antragstellers hinreichend auf der sicheren Seite liegen.
24Der TA Lärm kommt, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu.
25BVerwG, Urteil vom 29. November 2012 - 4 C 8/11 - BVerwGE 145, 145 ff. = juris Rn. 18.
26Die Bindungswirkung der TA Lärm einschließlich der über Ziffer A.2.3.4 des Anhangs zur TA Lärm anzuwendenden DIN ISO 9613-2 entfällt nur dann, wenn die in der TA Lärm enthaltenen Aussagen durch Erkenntnisfortschritte in Wissenschaft und Technik überholt sind und sie deshalb den gesetzlichen Anforderungen nicht mehr gerecht werden.
27Vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. März 1996 - 7 B 164/95 - UPR 1996, 306 = juris Rn. 19.
28Davon ist auch unter Berücksichtigung der Ergebnisse der „V1. -Studie 2014“ nicht auszugehen.
29So auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 23. Februar 2016 - 3 S 2225/15 - juris Rn. 66; Bay. VGH, Beschlüsse vom 10. August 2015 - 22 ZB 15.1113 - BauR 2015, 1823 = juris Rn. 12 f., und vom 18. Februar 2016 - 22 ZB 15.2412 -, juris Rn. 26 ff., 57; insoweit noch offen lassend: OVG NRW, Beschluss vom 27. Juli 2015 - 8 B 390/15 - BauR 2015, 1817 = juris Rn. 25.
30Zwar hält der Senat die Kernaussagen der „V1. -Studie 2014“ für plausibel. Denn die mathematischen Modelle für die Ermittlung der Bodendämpfung Agr wurden anhand von Schallquellen erstellt, die sich in maximal 30 Metern Höhe befinden. Es leuchtet ein, dass sich die Bodendämpfung bei höheren Schallquellen einerseits und bei weiter entfernt liegenden Immissionspunkten andererseits möglicherweise anders auswirkt. In diesem Zusammenhang enthält die „V1. -Studie 2014“ die Aussage, dass die Bodendämpfung Agr bei hohen Schallquellen wahrscheinlich überschätzt werde. Die Aussage, dass die Bodendämpfung stets bei sämtlichen auf einen Immissionspunkt einwirkenden Windenergieanlagen mit Agr = 0 anzusetzen wäre, wird in dieser Studie nicht getroffen; sie lässt sich aus ihr auch nicht ableiten. Die Frage, welche konkreten Änderungen bei der Schallausbreitungsrechnung nach der TA Lärm in Verbindung mit der DIN ISO 9613-2 möglicherweise notwendig sind, ist derzeit noch offen bzw. Gegenstand wissenschaftlicher Diskussionen. Die „V1. -Studie 2014“ zeigt also einen bestimmten Forschungsbedarf auf. Einen Erkenntnisfortschritt, der die Bindungswirkung der TA Lärm sowie der DIN ISO 9613-2 im Sinne der oben dargestellten Rechtsprechung entfallen ließe, stellt sie nicht dar.
31Jedenfalls im gerichtlichen Eilverfahren ist daher weiter davon auszugehen, dass eine Schallprognose dann „auf der sicheren Seite“ liegt, wenn sie - wie hier - entsprechend dem Regelwerk der TA Lärm sowie der in Bezug genommenen DIN ISO 9613-2 erstellt worden ist. Der Beschluss des Senats vom 27. Juli 2015 (8 B 390/15)
32- BauR 2015, 1817 = juris Rn. 24 -
33steht dem nicht entgegen. Dort war auf Veranlassung der zum gerichtlichen Eilverfahren beigeladenen Anlagenbetreiberin eine ergänzende Schallprognose eingeholt worden, bei der im Rahmen der Schallausbreitungsberechnung nach Maßgabe des „alternativen Verfahrens“ der DIN ISO 9613-2 die Bodendämpfung Agr durchweg mit „Null“ angesetzt wurde. Das Ergebnis war, dass auch in diesem Fall die maßgeblichen Immissionsrichtwerte am Wohnhaus des dortigen Antragstellers nicht überschritten wurden. In diesem Zusammenhang hat der Senat ausgeführt, dass eine Prognose nach dem alternativen Berechnungsverfahren jedenfalls dann auf der sicheren Seite liege, wenn eine - den Beurteilungspegel senkende - Bodendämpfung in der Berechnung ganz unberücksichtigt bleibe. Da es sich mathematisch stets zugunsten der Immissionspunkte auswirkt, wenn die Bodendämpfung Agr bei der Schallausbreitungsberechnung unberücksichtigt bleibt, versteht sich die vom Senat getroffene Aussage von selbst. Sie war jedoch nicht mit der Feststellung verbunden, dass eine Schallprognose nur dann auf der sicheren Seite liege, wenn die Bodendämpfung vollumfänglich unberücksichtigt bleibt.
34Vor dem Hintergrund der noch nicht abgeschlossenen wissenschaftlichen Diskussionen bestehen derzeit keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die von der IEL GmbH mit ergänzender Stellungnahme vom 17. September 2015 berechneten bzw. mitgeteilten worst-case-Werte für das Wohnhaus des Antragstellers nicht hinreichend auf der sicheren Seite lägen. Die IEL GmbH hat dabei die Bodendämpfung Agr für alle südwestlich der Ortschaft E. liegenden Windkraftanlagen auf Null korrigiert.
35Die Gutachter gehen dabei davon aus, dass ein pauschaler Ansatz mit Agr = 0 für die Schallausbreitungswege aller - rund 100 - auf das Grundstück des Antragstellers einwirkenden Windenergieanlagen nicht sachgerecht wäre. Es spricht auf der Basis des aktuellen Erkenntnisstandes viel für die Annahme der Gutachter, dass dies auch angesichts weiterer, sich summierender konservativer Annahmen der Berechnung eine Überkompensation eines möglicherweise in der Schallausbreitungsrechnung nach dem „alternativen Verfahren“ enthaltenen „Fehlers“ für hohe, weit entfernte Schallquellen darstellen würde. So führt der Umstand, dass sich die die Ortschaft E. umrandenden Windenergieanlagen bzw. Windparks auf mehrere Himmelsrichtungen (Süden, Westen, Norden) verteilen, dazu, dass nicht alle Anlagen gleichzeitig auf eine Gebäudefront einwirken können. Ebenso wenig kann die stets in alle Richtungen unterstellte Bedingung von Mitwind in der Realität gleichzeitig auf alle Windkraftanlagen zutreffen. Überdies entspricht es den bisherigen vorläufigen Überlegungen, dass Modifikationen bei der Berücksichtigung der Bodendämpfungswerte voraussichtlich mit einer - hier soweit ersichtlich nicht vorgenommenen - Abschmelzung des bisher berücksichtigten Sicherheitszuschlags für die Unsicherheit des Prognosemodells einhergehen würden.
36Vgl. näher Agatz, Windenergie-Handbuch, 12. Ausgabe 2015, S. 70 m. w. N.
37Eine tendenzielle Überschätzung der Sicherheitszuschläge kommt im vorliegenden Fall zusätzlich deshalb in Betracht, weil bei großen Windparks mit zahlreichen Windenergieanlagen die Standardabweichung des gesamten Parks kleiner ist als die Standardabweichung der einzelnen Windenergieanlage.
38Vgl. Agatz, a. a. O., S. 73 f.
39Schließlich haben die Gutachter darauf hingewiesen, dass der Untersuchungsstandort im Rahmen der „V1. -Studie 2014“ von einer bestimmten Topografie und Vegetation (ebene Fläche; überwiegend landwirtschaftlich genutzte Flächen etc.) geprägt gewesen sei. Für die Umgebung der Ortschaft E. sei demgegenüber bewegtes und zum Teil bewaldetes Gelände prägend. Die Ergebnisse der „V1. -Studie 2014“ dürften daher auf die hier gegebene Situation nicht ohne Weiteres zu übertragen sein.
40Ausgehend von diesen Überlegungen bestehen derzeit keine erheblichen Zweifel daran, dass jedenfalls die unter dem 17. September 2015 vorgelegte Berechnung der IEL GmbH, die bei den im Rahmen der Vorbelastung zu berücksichtigenden südwestlich der Ortschaft E. gelegenen Windenergieanlagen eine Bodendämpfung unberücksichtigt lässt, auf der sicheren Seite liegt. Dies gilt jedenfalls vorbehaltlich der im Hauptsacheverfahren vorzulegenden und zu überprüfenden Eingangsgrößen dieser Berechnung. Danach ergibt sich für das Grundstück des Antragstellers eine Gesamtbelastung von LATges = 38,7 dB(A). Darüber hinaus wird nach den Berechnungen der Gutachter der - gemäß Nr. 3.2.1 Abs. 3 TA Lärm auf 41 dB(A) erhöhte - Immissionsrichtwert nachts am Grundstück des Antragstellers sogar selbst dann nicht überschritten, wenn bei der Ermittlung der Gesamtbelastung die Immissionsbeiträge aller - rund 100 - auf das Grundstück des Antragstellers einwirkenden Windenergieanlagen und nicht lediglich - wie vom Antragsgegner für richtig gehalten - die Anlagen mit einem Immissionsbeitrag von weniger als 15 dB unterhalb des maßgeblichen Immissionsrichtwertes berücksichtigt werden. Ob ein solcher genereller „Abschneidewert“ sachgerecht ist und auch dann den rechtlichen Vorgaben entspricht, wenn er im Einzelfall dazu führt, dass eine Vielzahl von Anlagen bei der Ermittlung des Beurteilungspegels unberücksichtigt bleibt, obwohl diese zusammen die Gesamtbelastung um mehr als 1 dB(A) erhöhen würden, braucht der Senat im vorliegenden Eilverfahren nicht zu entscheiden.
41Die vom Antragsteller vorgelegten Messprotokolle sind nicht geeignet, das vorstehende Ergebnis in Zweifel zu ziehen. Es ist nicht hinreichend erkennbar, dass diese die formalen Anforderungen erfüllen, die Ziffer A.3.5 des Anhangs zur TA Lärm an Messberichte stellt, dass die verwendeten Messgeräte den in Ziffer A.3.2 des Anhangs zur TA Lärm enthaltenen Anforderungen entsprechen und dass das Messverfahren und die Auswertung nach Maßgabe der Ziffer A.3.3 des Anhangs zur TA Lärm erfolgt ist. Insbesondere ist nicht hinreichend ersichtlich, dass die gemessenen Pegel nicht in erheblicher Weise durch Windgeräusche oder ähnliche Störgeräusche mitverursacht worden sind.
423. Die angefochtene Genehmigung verletzt bei summarischer Prüfung auch ansonsten keine subjektiven Rechte des Antragstellers. Das Verwaltungsgericht geht zu Recht davon aus, dass dem Antragsteller ein nachbarliches Abwehrrecht gegen das Bauvorhaben der Beigeladenen voraussichtlich nicht zusteht, soweit die Errichtung der Windenergieanlage betroffen ist. Gleiches gilt auch für den Betrieb der Windenergieanlage, nachdem hinsichtlich der Lärmproblematik bestehende Bedenken oben unter 2. entkräftet werden konnten. Von der Anlage geht keine optisch bedrängende Wirkung aus (dazu a). Auch steht dem Antragsteller ein Aufhebungsanspruch nach dem Umweltrechtsbehelfsgesetz nicht zu (dazu b). Andere Gründe sind vom Antragsteller nicht innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist (dazu c) bzw. nicht substantiiert (dazu d) vorgebracht worden.
43a) Von der streitbefangenen Anlage geht keine optisch bedrängende Wirkung aus, die im Hinblick auf die Wohnnutzung des Antragstellers einen Verstoß gegen das allgemeine, im Bauplanungsrecht verankerte Gebot der Rücksichtnahme darstellt.
44Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats hat sich die Einzelfallabwägung, ob eine Windenergieanlage bedrängend auf die Umgebung wirkt, in einem ersten Schritt an der Gesamthöhe (Nabenhöhe zuzüglich der Hälfte des Rotordurchmessers; hier: 184,38 Meter) der Anlage zu orientieren. Darüber hinaus sind die örtlichen Verhältnisse in die Einzelfallbewertung einzustellen. So ist u.a. die Lage bestimmter Räumlichkeiten und deren Fenster sowie von Terrassen u. ä. zur Windkraftanlage von Bedeutung. Zu berücksichtigen ist auch, ob von dem Wohngrundstück aus eine hinreichende Abschirmung zur Anlage besteht oder in zumutbarer Weise hergestellt werden kann. Relevant ist im Weiteren der Blickwinkel auf die Anlage, da es für die Erheblichkeit der optischen Beeinträchtigung einen Unterschied macht, ob die Anlage in der Hauptblickrichtung eines Wohnhauses liegt oder sich seitwärts von dieser befindet. Auch die Hauptwindrichtung kann von Bedeutung sein. Denn von der mit der Windrichtung wechselnden Stellung des Rotors hängt es ab, wie häufig in welcher Größe die vom Rotor bestrichene Fläche von einem Wohnhaus aus wahrgenommen wird. Zu berücksichtigen ist im Weiteren die topographische Situation. So kann etwa von einer auf einem Hügel gelegenen Windkraftanlage eine andere Wirkung als von einer auf tiefer liegendem Gelände errichteten Anlage ausgehen. Auch können Waldgebiete oder Gebäude einen zumindest partiellen Sichtschutz bieten. Einfluss auf das Maß der optischen Beeinträchtigung können auch schon vorhandene Windkraftanlagen haben. Denn einer Einzelanlage kann in diesem Zusammenhang je nach der Situation im Einzelfall ein stärkeres Gewicht zukommen als einer Anlage, die sich in eine schon vorhandene (optische) Vorbelastung einfügt und deshalb keine besondere zusätzliche Belastung für die Wohnnutzung darstellt. Je nach Fallkonstellation kann aber auch erst die hinzutretende Anlage in der Zusammenschau mit den bereits vorhandenen Anlagen zu einer unzumutbaren optisch bedrängenden Wirkung führen. Unter Berücksichtigung insbesondere der vorstehenden Kriterien lassen sich für die Ergebnisse der Einzelfallprüfungen grobe Anhaltswerte prognostizieren: Beträgt der Abstand zwischen einem Wohnhaus und einer Windkraftanlage mindestens das Dreifache der Gesamthöhe der geplanten Anlage (hier: 3 x 184,38 = 553,14 Meter), dürfte die Einzelfallprüfung überwiegend zu dem Ergebnis kommen, dass von dieser Anlage keine optisch bedrängende Wirkung zu Lasten der Wohnnutzung ausgeht. Bei einem solchen Abstand treten die Baukörperwirkung und die Rotorbewegung der Anlage so weit in den Hintergrund, dass ihr in der Regel keine beherrschende Dominanz und keine optisch bedrängende Wirkung gegenüber der Wohnbebauung zukommt. Ist der Abstand geringer als das Zweifache der Gesamthöhe der Anlage, dürfte die Einzelfallprüfung überwiegend zu einer dominanten und optisch bedrängenden Wirkung der Anlage gelangen. Ein Wohnhaus wird bei einem solchen Abstand in der Regel optisch von der Anlage überlagert und vereinnahmt. Auch tritt die Anlage in einem solchen Fall durch den verkürzten Abstand und den damit vergrößerten Betrachtungswinkel derart unausweichlich in das Sichtfeld, dass die Wohnnutzung überwiegend in unzumutbarer Weise beeinträchtigt wird. Beträgt der Abstand zwischen dem Wohnhaus und der Windkraftanlage das Zwei- bis Dreifache der Gesamthöhe der Anlage, bedarf es regelmäßig einer besonders intensiven Prüfung des Einzelfalls.
45OVG NRW, Urteil vom 9. August 2006 - 8 A 3726/05 -, BRS 70 Nr. 175 (2006) = juris Rn. 51 ff., 81, 91 ff., jeweils m. w. N.
46Diesem groben Raster liegt die Überlegung zu Grunde, dass die optisch bedrängende Wirkung einer Windenergieanlage mit zunehmendem Abstand regelmäßig abnimmt. Anders ausgedrückt: Je größer der Abstand zwischen einer Windenergieanlage und einem Wohnhaus ist, desto mehr treten die Kriterien, die für die optisch bedrängende Wirkung einer Windenergieanlage verantwortlich sein können, im Rahmen der vorzunehmenden Einzelfallbetrachtung in den Hintergrund.
47Nach diesen Grundsätzen geht der Senat ebenso wie das Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall davon aus, dass von der streitbefangenen Anlage keine optisch bedrängende Wirkung ausgeht, die einen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme darstellen würde. Die vom Antragsteller mit der Beschwerde vorgebrachten Gründe führen nicht zu einer anderen Bewertung. Der Senat verkennt dabei nicht, dass das Wohngrundstück des Antragstellers in Blickrichtung der streitbefangenen Anlage durch bereits vorhandene Windenergieanlagen nicht unerheblich vorbelastet ist. Auch verkennt der Senat nicht, dass die streitbefangene Anlage die bereits vorhandenen Anlagen in der Höhe zum Teil deutlich überragt. Da die streitbefangene Anlage zudem einen geringeren Abstand zum Wohnhaus des Antragstellers aufweist als die in derselben Blickrichtung bereits vorhandenen Anlagen, kann im vorliegenden Fall auch nicht davon gesprochen werden, dass die Anlage keine zusätzliche Belastung für die Wohnnutzung des Antragstellers darstellt, weil sie sich in eine schon vorhandene (optische) Vorbelastung einfügen würde. Der Senat geht daher davon aus, dass die streitbefangene Anlage eine eigenständige und zusätzliche optische Belastung für das Wohngrundstück des Antragstellers darstellt. Gleichwohl teilt er die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Grenze des Zumutbaren im vorliegenden Fall nicht überschritten und eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme daher nicht gegeben ist. Dabei spielt die Entfernung der Anlage zum Wohnhaus des Antragstellers eine ganz wesentliche Rolle. Der Abstand beträgt hier 1.517 Meter und entspricht damit etwa dem 8,2-fachen der Gesamthöhe der Anlage. Der über www.tim-online.nrw.de einzusehenden topografischen Landkarte kann zudem entnommen werden, dass das am Hang gelegene Grundstück des Antragstellers zwischen 240 und 245 Meter ü. NN. und der Anlagenstandort etwa 255 Meter ü. NN. gelegen ist, so dass ein - rechtlich möglicherweise relevanter - Höhenunterschied bei der Abstandsberechnung hier nicht weiter ins Gewicht fällt. Ist nach der oben dargestellten Rechtsprechung schon bei einem Abstand zwischen Windenergieanlage und Wohnhaus, der dem Dreifachen der Gesamthöhe der Anlage entspricht, regelmäßig davon auszugehen, dass von der Anlage keine optisch bedrängende Wirkung zu Lasten der Wohnnutzung ausgeht, weil bei einem solchen Abstand die Baukörperwirkung und die Rotorbewegung der Anlage so weit in den Hintergrund treten, dass der Anlage insgesamt in der Regel keine beherrschende Dominanz und keine optisch bedrängende Wirkung gegenüber der Wohnbebauung mehr zukommt, so gilt dies mit zunehmendem Abstand umso mehr. Entspricht der Abstand zwischen Windenergieanlage und Wohnbebauung - wie hier - etwa dem 8,2-fachen der Gesamthöhe der Anlage, so mag die streitbefangene Anlage - auch zusammen mit den bereits vorhandenen Anlagen - zwar eine (optische) Belastung für das Wohngrundstück des Antragstellers bedeuten. Die Baukörperwirkung und die Rotorbewegung der Anlage treten bei einem solchen Abstand jedoch so deutlich in den Hintergrund, dass der Anlage eine beherrschende Dominanz praktisch nicht mehr zukommen kann. Daher kommt es auch auf eine bestehende oder noch herzustellende Abschirmung zur Anlage, etwa durch Wälder, Anpflanzungen oder Gardinen, hier nicht entscheidend an. Auch der freie und ungehinderte Blick auf die mehr als 1.517 Meter entfernte Windenergieanlage ist - auch unter Berücksichtigung der im Blickfeld bereits vorhandenen Anlagen - rechtlich nicht unzumutbar. Daran würde sich selbst dann nichts ändern, wenn – wie der Antragsteller meint – die in den Verfahren 8 B 1015/15 und 8 B 1017/15 streitbefangene später genehmigte Windenergieanlage Enercon E 101 bei Erteilung der hier angefochtenen Genehmigung hätte berücksichtigt werden müssen.
48b) Das Verwaltungsgericht ist der Ansicht, dass dem Antragsteller kein Aufhebungsanspruch nach § 4 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 UmwRG zustehe, weil die angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung nicht unter Verstoß gegen Vorschriften des UVPG ergangen sein dürfte. Die hier gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 3c Satz 1 und 3 UVPG und Nr. 1.6.2 der Anlage 1 zum UVPG erforderliche allgemeine Vorprüfung sei durchgeführt worden und halte einer gerichtlichen Nachprüfung nach Maßgabe von § 3a Satz 4 UVPG stand. Diese Annahme wird durch das Beschwerdevorbringen nicht durchgreifend in Frage gestellt.
49Der Antragsteller beanstandet im Wesentlichen eine unzureichende Prüfung des Artenschutzes. Der Sachverhalt sei insoweit nicht hinreichend ermittelt. Nicht sämtliche vorhandene geschützte Arten seien erfasst worden. Auch seien die Mindestanforderungen an die Beobachtungsdauer nicht beachtet worden. Der Antragsgegner reduziere die Artenschutzproblematik unzulässig auf die Zwergfledermaus. Die Problematik der Zugvögel bleibe unbeachtet. Wesentliche Rotmilan-Vorkommen blieben sogar gänzlich unerwähnt.
50Die vorgenannten Rügen greifen nicht durch. Der Entscheidung des Antragsgegners, dass die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich sei, beruht ausweislich des Ergebnisvermerks (vgl. Bl. 112 f. der Beiakte Heft 4 im Verfahren 8 B 1016/15) unter anderem auf der internen Stellungnahme des Umweltamtes des Antragsgegners vom 18. Dezember 2014 (vgl. Bl. 93 ff. der Beiakte Heft 4 im Verfahren 8 B 1016/15). Diese interne Stellungnahme wiederum bezieht sich auf zwei artenschutzrechtliche Fachbeiträge und eine Artenschutzprüfung, nämlich auf den im Rahmen der 107. Änderung des Flächennutzungsplans der Stadt Q. erstellten Artenschutzfachbeitrag der NZO-GmbH von August 2009 (abrufbar im Internet über die Homepage der Stadt Q. ), die im Rahmen der 121. Änderung des Flächennutzungsplans der Stadt Q. erstellte Artenschutzprüfung des Ingenieur-Büros (abrufbar im Internet über die Homepage „Dahler Windinitiative Q. “ - http://dawipaderborn.bplaced.net/) sowie den im Rahmen der 125. Änderung des Flächennutzungsplans der Stadt Q. erstellten Artenschutzfachbeitrag der NZO-GmbH von November 2014 (abrufbar im Internet über die Homepage der Stadt Q. ). Für den Standort der hier streitbefangenen Anlage, der in der Konzentrationszone 4 („J. Weg“) liegt, enthält der zuletzt genannte Artenschutzfachbeitrag auf Seite 178 folgende Kurzbewertung:
51„Die Fläche wurde mit der 107. Änderung des FNP als Konzentrationszone ausgewiesen. Sowohl 2009 als auch 2014 wurde kein Brutrevier WEA-empfindlicher Greifvögel innerhalb der Konzentrationszone oder im nahen Umfeld kartiert. Bei der Raumnutzungsanalyse 2014 der angrenzenden Potentialfläche 8 konnte beobachtet werden, dass die Konzentrationszone von Rotmilanen als allgemeines Nahrungsstreifgebiet genutzt wird. Bei der Brutvogelkartierung 2009 gab es einen Brutverdacht für ein Kiebitzpaar. Eine Brut konnte aber letztlich nicht bestätigt werden. Maßnahmen zur Habitatoptimierung sind nicht erforderlich. Es wurden 2012 keine WEA-empfindlichen Fledermausarten nachgewiesen (LOSKE 2012).“
52Bereits im Jahr 2009 anlässlich der Ausweisung der Konzentrationszone 4 waren die Auswirkungen von bis zu 100 Meter hohen Windenergieanlagen u. a. auf Zug- bzw. Brut- und Gastvögel einschließlich des Rotmilans durch den Artenschutzfachbeitrag der NZO-GmbH von August 2009 umfangreich untersucht und eine Erfüllung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände (bei Beachtung bestimmter Schutzmaßnahmen) verneint worden. Vor diesem Hintergrund stellt es für sich genommen kein Ermittlungsdefizit dar, dass sich die im Rahmen der - letztlich nicht realisierten - 121. Änderung des Flächennutzungsplans der Stadt Q. , die eine Aufhebung der Höhenbeschränkung vorsah, erstellte Artenschutzprüfung des Dr. M. im Wesentlichen mit der Frage befasste, ob sich durch die geplante Höhenfreigabe für Brut- und Gast- und Zugvögel ein erhöhtes Konfliktpotential ergebe. Diese Frage hat der Gutachter verneint, da eine Erhöhung der Anlagen - vor allem bei Greifvögeln - eher zu einer Reduzierung des Kollisionsrisikos führe. Hinsichtlich der Zugvögel wurde zusätzlich angeführt, dass sich aus den beobachteten Zugwegen über das Untersuchungsgebiet keine Hinweise auf Zugkorridore regionaler oder überregionaler Bedeutung hätten ableiten lassen. Warum gleichwohl weitergehende Untersuchungen erforderlich sein sollten, legt die Beschwerde nicht substantiiert dar. Der Hinweis des Antragstellers auf Rotmilan-Beobachtungen am J. Weg genügt dazu nicht. Das gilt selbst ungeachtet der Tatsache, dass sich der von ihm vorgelegte Kartenausschnitt aus dem NZO-Gutachten 2014 nicht auf die hier in Rede stehende Fläche, sondern auf die angrenzenden Potentialflächen 6/7 bezieht. Auch die vom Antragsteller lediglich pauschal und damit nur unsubstantiiert vorgebrachten methodischen Mängel vermag der Senat nach Durchsicht der Artenschutzfachbeiträge nicht nachzuvollziehen.
53c) Soweit das Verwaltungsgericht die teilweise Ablehnung des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz darauf stützt, dass negative Auswirkungen durch Infraschall aufgrund des Abstands zwischen dem Wohnhaus des Antragstellers und der Anlage auszuschließen seien, greift die Beschwerde ebenfalls nicht durch. Die vom Antragsteller hiergegen vorgebrachten Gründe sind vom Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nicht zu prüfen, weil der Antragsteller diese erst mit Schriftsatz 6. Oktober 2015 und damit nicht innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO vorgebracht hat. Davon abgesehen würde er mit seinem Vortrag aber auch nicht durchdringen. Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass in Bezug auf Infraschall jedenfalls bei Abständen von mehr als 500 Metern - und erst recht bei einem Abstand wie hier von 1.517 Metern - zwischen Windenergieanlage und Wohnhaus die Schwelle zur schädlichen Umwelteinwirkungen nicht erreicht wird.
54Vgl. hierzu auch Ziffer 5.2.1.1 des aktuellen Windenergie-Erlasses NRW vom 4. November 2015
55(https://www.google.de/url?url=https://www.umwelt.nrw.de/fileadmin/redaktion/PDFs/klima/windenergieerlass.pdf) sowie das vom Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen herausgegebene „Faktenpapier“ zu Windenergieanlagen und Infraschall vom 16. Dezember 2015
56(https://www.umwelt.nrw.de/fileadmin/redaktion/PDFs/klima/windenergieanlagen_infraschall_faktenpapier.pdf).
57d) Mit der Rüge, die genehmigte Windenergieanlage sei planungsrechtlich unzulässig, weil sie die Höhenbegrenzung des geltenden Flächennutzungsplans nicht einhalte, kann der Antragsteller ebenfalls nicht durchdringen. Es kann dahinstehen, ob sie fristgerecht geltend gemacht worden ist, da es insoweit jedenfalls an einer hinreichenden Substantiierung der Beschwerdebegründung fehlt. Der Antragsteller setzt sich entgegen dem Gebot des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO nicht mit der Begründung der angefochtenen Entscheidung auseinander, wonach den Darstellungen des Flächennutzungsplans grundsätzlich keine nachbarschützende Funktion zukomme.
584. Ist somit bei summarischer Prüfung ein Unterliegen des Antragstellers in der Hauptsache wahrscheinlicher als ein Obsiegen, überwiegt insgesamt das Interesse der Beigeladenen an der sofortigen Vollziehung des Genehmigungsbescheids. Die Vergütung für die Stromeinspeisung unterliegt nach § 29 EEG 2014 ab dem 1. Januar 2016 einer quartalsweisen Degression. Die Beigeladene hat daher ein legitimes wirtschaftliches Interesse an einer Inbetriebnahme der geplanten Windenergieanlagen zum frühestmöglichen Zeitpunkt.
59Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind in beiden Instanzen erstattungsfähig, weil sie jeweils einen eigenen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat.
60Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Der Senat orientiert sich dabei an den Ziffern 19.2 und 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Der danach im Hauptsacheverfahren je Windkraftanlage festzusetzende Streitwert von 15.000,- EUR ist im Hinblick auf die Vorläufigkeit der erstrebten Regelung in Anlehnung an Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs auf die Hälfte zu reduzieren.
61Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.