Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 19. Sept. 2016 - 4 E 1085/15
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin und die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 2) gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 26.6.2015 werden zurückgewiesen.
Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
1
Über die Beschwerden gegen die erstinstanzliche Streitwertfestsetzung entscheidet gemäß § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 2 des Gerichtskostengesetzes – GKG – der Berichterstatter des Senats als Einzelrichter, weil die angefochtene Entscheidung von einer Einzelrichterin erlassen worden ist.
2Die von den Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 2) im eigenen Namen erhobene Beschwerde, mit der sie eine Heraufsetzung des von dem Verwaltungsgericht festgesetzten Streitwerts auf 5.000,00 € begehren, ist gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG und § 32 Abs. 2 Satz 1 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes – RVG – zulässig, aber unbegründet. Die Beschwerde der Klägerin, mit der sie eine Herabsetzung des Streitwerts auf 100,00 € anstrebt, bleibt gleichfalls ohne Erfolg.
3Das Verwaltungsgericht hat die Bedeutung der Sache für die Klägerin unter Hinweis auf die verschiedenen, von der Klage umfassten Begehren, gestützt auf § 52 Abs. 1 GKG, auf insgesamt 2.500,00 € geschätzt. Anhaltspunkte dafür, dass diese Schätzung fehlerhaft ist, ergeben sich nicht.
4In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 GKG). Mit der Befugnis, den Streitwert nach richterlichem Ermessen zu bestimmen, ist dem Gericht im Interesse der Rechtssicherheit und der Gleichbehandlung die Möglichkeit eingeräumt, den Wert des Streitgegenstandes zu schätzen, sich einer weitgehenden Schematisierung und Typisierung für gleichartige Streitigkeiten zu bedienen und zu pauschalieren.
5Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 7.3.2016 – 8 E 18/16 –, juris, Rn. 4, m. w. N. Vgl. auch OVG M.-V., Beschluss vom 6.5.2011 – 2 O 62/10 –, Rn. 4.
6Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5.000,00 € anzunehmen (§ 52 Abs. 2 GKG). Nach § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG ist der Betrag der bezifferten Geldleistung in Ansatz zu bringen, auf dessen Zahlung der angefochtene Verwaltungsakt gerichtet ist.
7Soweit die Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 2) unter Verweis auf in der letzten mündlichen Verhandlung zusätzlich gestellte Anträge der Klägerin eine Streitwerterhöhung begehren, dringen sie nicht durch. Denn für die Streitwertbestimmung im vorliegenden Fall sind allein diejenigen Begehren maßgeblich, die bereits Gegenstand des durch Klagerücknahme beendeten Klageverfahrens gewesen sind und nicht Klageerweiterungen, die vom Gericht als nicht sachdienlich angesehen worden sind und über die deshalb auch keine Entscheidung ergangen ist, weil bereits die Einführung des neuen prozessualen Anspruchs in das Verfahren zurückgewiesen worden ist.
8Vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 9.6.2016 – 4 W 42/16 –, juris, Rn. 7 ff., m. w. N.
9Die streitwertbestimmenden Begehren der Klägerin werden mit dem vom Verwaltungsgericht angenommenen Betrag angemessen erfasst. Ausweislich des schriftsätzlichen Vorbringens der Klägerin sowie der in den beiden mündlichen Verhandlungen vorgenommenen Klarstellungen war Gegenstand des durch Klagerücknahme beendeten Klageverfahrens die Aufhebung des Zweitbescheides vom 9.10.2014, einschließlich der darin enthaltenen Gebührenfestsetzung, ferner die Zuweisung eines neuen bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers und schließlich die Verurteilung des Beklagten zu 2) dazu, mit ihr in Verhandlungen über die Kosten einer Schadensermittlung wegen der nicht ordnungsgemäßen Schließung ihres Daches anlässlich der Kehrarbeiten vom 20.6.2013 zu verhandeln.
10Gemäß § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG war demzufolge in Bezug auf die streitige Verwaltungsgebühr ein Streitwert von 100,00 € in Ansatz zu bringen.
11Im Übrigen ergibt sich für die angestrebte Aufhebung des Zweitbescheides ein zusätzlicher Teilstreitwert von weiteren 100,00 €. Die sich aus diesem Antrag für die Klägerin ergebende Bedeutung der Sache im Sinne von § 52 Abs. 1 GKG beruht hierbei auf folgenden Erwägungen: Die Beklagte hatte die Klägerin unter Androhung der Ersatzvornahme konkret zur Veranlassung einmalig, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt durchzuführender Schornsteinfegerarbeiten aufgefordert. Das Interesse der Klägerin bestand allein darin, die dafür anfallenden Kosten abzuwenden. Diese lassen sich unter Anknüpfung an die für die Durchführung der Ersatzvornahme von der Beklagten geschätzten Kosten und die Angaben der Klägerin zu in der Vergangenheit tatsächlich entstandenen Kosten, wertmäßig hinreichend belastbar schätzen.
12Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24.2.2011 – 4 E 1138/10 –, juris, Rn. 5.
13Auch für die Bestimmung des Streitwertes in Bezug auf das klägerische Begehren, den Beklagten zu 2) dazu zu verurteilen, mit ihr in Verhandlungen über die Kosten einer Schadensermittlung wegen der nicht ordnungsgemäßen Schließung ihres Daches anlässlich der Kehrarbeiten vom 20.6.2013 zu verhandeln, bietet der Sach- und Streitstand genügende Anhaltspunkte, jedenfalls in dem Sinne, dass sich das wirtschaftliche Interesse durch einen maximalen Wert begrenzen lässt, so dass aus Billigkeitsgründen der Streitwert ausgehend von diesem festzusetzen ist, weil er unterhalb des Auffangstreitwertes in § 52 Abs. 2 GKG liegt.
14Vgl. LSG Rh.-Pf., Beschluss vom 14.2.2011 – L 1 AL 6/11 B –, juris, Rn. 5 ff.
15Dieser Antrag ist dem Begehren der Klägerin, von ihr befürchtete Schäden abzuklären und ggf. zu regulieren, vorgelagert. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass er mit einem höheren Wert zu bemessen sein könnte. Die Klägerin hat die sich für sie aus jenem Antrag ergebende Bedeutung der Sache schon in der Klageschrift pauschal mit 800,00 € beziffert. Nachdem der Beklagte zu 2) einen Schaden bestreitet, bestehen jedenfalls keine Anhaltspunkte für einen 800,00 € überschreitenden Streitwert, so dass es ermessensgerecht ist, diesen Wert in Ansatz zu bringen.
16Soweit die Klägerin schließlich die Zuweisung eines neuen bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers beantragt hatte, sind Zweifel an der Schätzung des Verwaltungsgerichts (nach Zusammenrechnung der vorstehend erläuterten Teilstreitwerte entsprechend § 39 Abs. 1 GKG verbleibt ein Betrag von 1.500,00 €) weder vorgetragen noch ersichtlich. Insbesondere war die Bedeutung der Sache für die Klägerin erkennbar geringer als der gesetzliche Auffangstreitwert. So hat die Klägerin ausdrücklich erläutert, in Ansehung der von ihr befürchteten Anwaltskosten von 3.000,00 € kein Rechtsmittel gegen das – nicht nur die Zuweisung eines neuen bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers umfassende – Urteil des Verwaltungsgerichts eingelegt zu haben.
17Die Kostenentscheidung folgt aus § 68 Abs. 3 GKG.
18Dieser Beschluss ist gemäß § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.
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(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.
(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
(1) Wird der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert gerichtlich festgesetzt, ist die Festsetzung auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend.
(2) Der Rechtsanwalt kann aus eigenem Recht die Festsetzung des Werts beantragen und Rechtsmittel gegen die Festsetzung einlegen. Rechtsbehelfe, die gegeben sind, wenn die Wertfestsetzung unterblieben ist, kann er aus eigenem Recht einlegen.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
Tenor
Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin wird zurückgewiesen.
Das Verfahren über die Beschwerde ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe:
1Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin hat keinen Erfolg. Sie richtet sich gegen die Festsetzung eines Streitwertes von 5.000,- Euro für ein Klageverfahren, in dem die Klägerin Ausnahmeparkgenehmigungen für zwei Fahrzeuge „während der ambulanten Pflege/Physiotherapie“ durch Erteilung von straßenverkehrsrechtlichen Ausnahmegenehmigungen begehrt hat.
2Die Beschwerde ist zulässig. Den Prozessbevollmächtigten der Klägerin steht gegen die Streitwertfestsetzung ein eigenes Beschwerderecht nach § 32 Abs. 2 RVG zu. Die Beschwerde ist auch im Übrigen gemäß §§ 68 Abs. 1, 63 Abs. 3 Satz 2 GKG zulässig.
3Die Beschwerde ist unbegründet. In Ausübung des ihm durch § 52 Abs. 1 GKG eingeräumten Ermessens hält der Senat auch im Lichte der Beschwerdebegründung das Interesse der Klägerin an der Erteilung der begehrten Ausnahmeparkgenehmigungen mit 2.500,- Euro je Fahrzeug für angemessen bewertet.
4Gemäß § 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag der Klägerin für sie ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der bisherige Sach- und Streitstand hierfür keine genügenden Anhaltspunkte, so ist gemäß § 52 Abs. 2 GKG ein Streitwert von 5.000,- Euro anzunehmen. Mit der Befugnis, den Streitwert nach richterlichem Ermessen zu bestimmen, ist dem Gericht im Interesse der Rechtssicherheit und der Gleichbehandlung die Möglichkeit eingeräumt, den Wert des Streitgegenstandes zu schätzen, sich einer weitgehenden Schematisierung und Typisierung für gleichartige Streitigkeiten zu bedienen und zu pauschalieren.
5Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. Januar 2011 ‑ 8 E 23/11 -, NVwZ-RR 2011, 423 = juris Rn. 5; Beschluss vom 5. Oktober 2010 - 8 E 1157/10 -, NVwZ-RR 2011, 215 = juris Rn. 6; Beschluss vom 29. Juni 2004 - 13 E 611/04 - juris Rn. 8.
6Rechtsgrundlage für die hier von der Klägerin begehrten Ausnahmegenehmigungen ist § 46 Abs. 1 Nr. 11 StVO. Danach können die Straßenverkehrsbehörden in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller Ausnahmen von Verboten oder Beschränkungen, die u.a. durch Vorschriftszeichen (Anlage 2 zur StVO) erlassen sind, genehmigen. Die Ermessensausübung der Straßenverkehrsbehörde wird durch die hierzu erlassenen Verwaltungsvorschriften, insbesondere durch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs- Ordnung (VwV-StVO) vom 22. Oktober 1998 in der Fassung vom 22. September 2015 (BAnz AT 25.09.2015 B5) und durch den Erlass des Ministeriums für Bauen und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen vom 16. April 2007 (Az.: III B 3-78-12/2), vereinheitlicht. Die hier mit Blick auf den Antrag der Klägerin in Betracht kommenden Ausnahmegenehmigungen gestatten beispielsweise das Parken im eingeschränkten Haltverbot bzw. in Halteverbotszonen (Zeichen 286/290.1 der Anlage 2 zur StVO), an Parkuhren und im Bereich von Parkscheinautomaten ohne Gebühr sowie auf Anwohnerparkplätzen, solange und soweit dies mangels anderer geeigneter Parkmöglichkeiten zur Durchführung der Arbeiten notwendig ist.
7Ausgehend von dem begrenzten Umfang der hier begehrten Ausnahmegenehmigungen lässt sich das Interesse der Klägerin an der Erteilung der Ausnahmegenehmigungen entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer anhand des durch diese Ausnahmegenehmigungen vermittelten wirtschaftlichen Vorteils auf der Grundlage von § 52 Abs. 1 GKG bewerten. Eines Rückgriffs auf den Auffangstreitwert nach § 52 Abs. 2 GKG bedarf es nicht. Der wirtschaftliche Vorteil besteht, worauf die Beschwerdeführer zu Recht hinweisen, hauptsächlich in der Zeitersparnis, die durch den Wegfall der Parkplatzsuche bei Hausbesuchen erreicht wird. Die gegebenenfalls eingesparten Parkgebühren stellen einen weiteren, wenn auch untergeordneten wirtschaftlichen Vorteil dar. Der Senat bestimmt diesen wirtschaftlichen Vorteil in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht auf (höchstens) 2.500,- Euro für jede der beantragten Ausnahmegenehmigungen.
8Die Kostenentscheidung folgt aus § 68 Abs. 3 GKG.
9Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts C-Stadt - 3. Kammer - vom 16. Dezember 2009 geändert.
Der Streitwert wird auf 159.337,75 Euro festgesetzt; im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Das Verfahren über die Beschwerde ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
- 1
Die Antragstellerin begehrt die Erhöhung des durch das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 16. Dezember 2009 festgesetzten Streitwerts. Die Antragstellerin hatte sich mit Erfolg im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Sofortvollzugsanordnung in dem Widerrufsbescheid der Antragsgegnerinnen vom 18. Juni 2009 gewandt. Mit diesem Bescheid widerriefen die Antragsgegnerinnen einen an die Antragstellerin adressierten Zuwendungsbescheid vom 12. Februar 2008, und zwar lediglich ab 01. Juli 2009.
- 2
Die Streitwertbeschwerde hat teilweise Erfolg. Die erstinstanzliche Wertfestsetzung, die ausweislich der Beschlussbegründung auf der Grundlage eines geschätzten Hauptsachestreitwerts in Höhe von 200.000,- Euro erfolgt ist, ist entsprechend § 52 Abs. 3 GKG auf den festgesetzten Wert zu erhöhen. Nach § 52 Abs. 3 GKG ist der Streitwert, wenn der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, nach deren Höhe zu bestimmen. Ein solcher Verwaltungsakt war mit dem Widerrufsbescheid, der den Zuwendungsbescheid vom 12. Februar 2008 ab 01. Juli 2009 aufhob, im Streit. Insofern ist es auch unerheblich, dass Grundlage des erstinstanzlichen Eilverfahrens lediglich die Sofortvollzugsanordnung bezogen auf einen Widerrufs-, nicht auch auf einen Rückforderungsbescheid war. Denn die Rückforderung der bereits ausgezahlten Beträge erfolgt ohne weitere Einräumung von Ermessen gemäß § 49 a Abs. 1 VwVfG.
- 3
Auch der Einwand der Antragsgegnerin, letztlich würden der Streitwertfestsetzung damit Beträge zugrunde gelegt, die nicht von der Antragstellerin selbst, sondern von anderen Projektträgern zurückzuzahlen sein, verfängt nicht. Denn Gegenstand des Widerrufsbescheides war eine Zuwendung, die ausweislich des Bescheides vom 12. Februar 2008 an die Antragstellerin gerichtet war, sie also unmittelbar begünstigte. Ob die Antragstellerin die ihr gewährten Fördermittel selbst verwendet oder weitergereicht hat oder sogar ggf eine unmittelbare Zahlung an Dritte erfolgt ist, ist in dem hier maßgeblichen Wertermittlungsverfahren unerheblich.
- 4
Die Beschwerde hat jedoch insoweit keinen Erfolg, als die Antragstellerin sich mit ihrer Beschwerdebegründung auf einen Zuwendungsbescheid vom 10. Mai 2010 stützt. Denn der nach § 52 Abs. 1 GKG festzusetzende Streitwert ist nach der sich aus dem Antrag des Klägers bzw. Antragstellers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache bezogen auf den Zeitpunkt der Einreichung der Klage (§ 173 VwGO i.V.m. § 4 ZPO) nach dem Ermessen des Gerichts zu bestimmen. Maßgeblich ist insoweit der Sach- und Streitstand, wie er sich dem Gericht zum Zeitpunkt seiner Entscheidung eröffnet (vgl. § 52 Abs. 2 GKG). Auch ist es nicht Aufgabe des Gerichts im Rahmen der Streitwertfestsetzung umfangreiche Ermittlungen anzustellen, um präzise Bezifferungen des Wertes vornehmen zu können; ausreichend ist vielmehr eine Schätzung (vgl. Beschluss des Senats vom 07.02.2008 – 2 O 136/07 -; Hartmann, Kostengesetze, 39. Aufl. 2009, § 52 Rn. 14, § 63 Rn. 20). Nach diesen Maßstäben lag zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung lediglich der Bescheid vom 01. April 2009 - nicht der vom 10. Mai 2010 - vor, ausweislich dessen für den Zeitraum vom 01. Januar 2009 bis zum 31. Dezember 2009 insgesamt eine Zuwendung in Höhe von 805.352,05 Euro in Rede stand. Von diesem Betrag entfiel auf den maßgeblichen Widerrufszeitraum ab Juli 2009 lediglich ein Betrag in Höhe von 402.676,03 Euro. Hinzuzurechnen ist der ebenfalls mit Bescheid vom 01. April 2009 zunächst angesetzte Jahresbetrag 2010 in Höhe von 234.675,00 Euro. Ein Viertel des sich aus dieser Summe (637.351,03 Euro) ergebenden Betrages macht den festgesetzten Streitwert aus (vgl. Nr. 1.6.1 Satz 1 2. Halbs. des Streitwertkatalogs).
- 5
Die Kostenentscheidung beruht auf § 66 Abs. 8 GKG.
- 6
Der Beschluss ist unanfechtbar (§§ 68 Abs. 1, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
Tenor
I.
Auf die sofortige Beschwerde des Gläubigers wird der Beschluss des Landgerichts Würzburg
II.
Zur Erzwingung der vollständigen Erfüllung ihrer Auskunftsverpflichtungen aus Ziff. I. und II. des Teil-Anerkenntnisurteils des Landgerichts Würzburg
1. Ausgleichspflichtige Zuwendungen (wie etwa Ausstattungen) zugunsten der Schuldner, insbesondere in Bezug auf die unter Ziff. 1. des Beschwerdevorbringens (dort S. 3 = Bl. 217) umschriebenen Vorgänge, nämlich
a) die Zuwendung von 100.000,- DM an den Schuldner zu 2 (= Schuldner) mit dem Verwendungszweck „Hausbau“,
b) eine weitere Zuwendung von 150.000,- DM an den Schuldner,
c) die Übertragung von 60% der Geschäftsanteile an der L. GmbH auf die Schuldnerin sowie
d) die Übertragung des Eigentums an den Grundstücken A-Straße 1 und B-Straße 2 in X. auf den Schuldner.
2. Schenkungen oder andere unentgeltliche Zuwendungen des Erblassers C. D. an seine Ehefrau, an die Schuldnerseite oder an Dritte im Zusammenhang mit
2.1 den in der Antragsschrift vom 8.12.2015 (unter Ziff. 2. auf S. 5, 6 = Bl. 190, 191) aufgelisteten Barabhebungen und sonstigen „Abflüssen“ von den S.-Depots Nr. 0001 und 0002,
2.2 der Übertragung eines 46,51%- (Miteigentum-)Anteils an dem Anwesen E-Straße 3 in X. im Jahr 2004 auf F. D. sowie
2.3 den Prämienzahlungen auf die zugunsten der Enkelkinder G. und H. abgeschlossene Lebensversicherung (Nr. 003) bei der Y. Lebensversicherung.
3. Sonstige Schenkungen bzw. sonstige unentgeltliche Zuwendungen von C. D. an F. D. während der ihrer gemeinsamen Ehe
4. Verbleib der vom Erblasser C. D. im Jahre 2011 erzielten Gewinne aus Aktienverkäufen in Höhe von 31.367,- Euro
5. Etwaige Vermögensverschiebungen zugunsten der Schuldnerseite im Rahmen der Änderung der jeweiligen Verfügungsberechtigung hinsichtlich der Depotkonten Nr. 005 und 006 der Erblasserin F. D. bei der Z-Bank am 02.08.2010 und der am selben Tag zugleich vorgenommenen Einrichtung von zwei eigenen Depots durch die Schuldnerin
III.
Die Gläubigerseite darf mit der Beitreibung des Zwangsgeldes nicht vor dem 30.09.2016 beginnen.
IV.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen und bleibt der Vollstreckungsantrag des Gläubigers abgelehnt.
V.
Die Kosten dieses Vollstreckungsverfahrens haben die Schuldner als Gesamtschuldner zu tragen.
VI.
Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren wird abgesehen.
VII.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
VIII.
Beschwerdewert: bis zu 50.000,- Euro
Gründe
2.1 Ausgleichspflichtige Zuwendungen, insbesondere Ausstattungen
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Koblenz vom 15.12.2010 – S 17 AL 225 /10 – abgeändert.
Der Streitwert für das Verfahren vor dem Sozialgericht wird auf 600,70 Euro festgesetzt.
2. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
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Die zulässige Beschwerde < § 197 a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz(SGG) in Verbindung mit §§ 68 Abs. 1 und 2 sowie 66 Abs. 6 Satz 2 Gerichtskostengesetz(GKG) > gegen die Festsetzung des Streitwerts durch Beschluss des Sozialgerichts Koblenz (SG) vom 15.12.2010 ist begründet.
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Das SG ist zutreffend davon ausgegangen, dass es bei der vorliegenden Klage gegen den Arbeitgeber auf Berichtigung einer Arbeitsbescheinigung nach § 312 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung(SGB III) einer Streitwertfestsetzung nach den Vorschriften des GKG bedurfte. Da die Beteiligten nicht dem Personenkreis des § 183 SGG zuzuordnen gewesen sind, kommt unter Berücksichtigung der Vorschrift in § 197a SGG das GKG zur Anwendung und es ist eine Streitwertfestsetzung nach § 63 GKG erforderlich(siehe auch Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14.01.2008, Az.: L 16 B 426/07 AL sowie SG Hamburg, Urteil vom 27.04.2006, Az.: S 60 AL 2074/01, zit. bei Juris).
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Der Streitwertbeschluss des SG ist vorliegend jedoch abzuändern und der Streitwert lediglich auf einen Betrag von 600,70 Euro festzusetzen.
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Nach § 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Maßgeblich ist insoweit das wirtschaftliche Interesse des Klägers an der erstrebten Entscheidung und deren Auswirkungen. Dabei ist nicht auf den Prozesserfolg abzustellen, sondern auf den von dem Kläger geltend gemachten Anspruch. Im konkreten Fall richtet sich die Klage auf die Berichtigung einer Arbeitsbescheinigung nach § 312 SGB III, mit der ein Gesamt-Brutto-Verdienst für den Zeitraum vom 16.02. - 15.06.2010 in Höhe von 6006,87 Euro bescheinigt wurde. Die von dem Kläger verlangte Korrektur betrifft hierbei auch nicht die Höhe des bescheinigten Bruttoverdienstes, sondern allein die Angaben des Arbeitgebers bezüglich arbeitsvertragswidrigen Verhaltens des Klägers.
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Auch wenn sich nach dem aus der Akte ergebenden Sachverhalt unklar bleibt, ob der Kläger im Anschluss an die erstrebte korrigierte Arbeitsbescheinigung Arbeitslosengeldansprüche geltend machen möchte, ist das ermittelbare Klagebegehren und das hiermit verbundene wirtschaftliche Interesse eingrenzbar, so dass nach Ansicht des Gerichts eine Bestimmung des Streitwertes nach dem lediglich subsidiär eingreifenden Auffangwert in § 52 Abs. 2 GKG - wie sie durch das SG erfolgt ist - als unbillig und nicht sachgerecht anzusehen ist(siehe zur Subsidiarität: Dörndorfer im Kommentar zum GKG und JVEG von Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, 2007, § 52 Rz.: 6, Kommentar zu den Kostengesetzen von Hartmann, 40. Aufl., § 52, Rz.: 20 ff sowie Kommentar zum GKG von Meyer, 9. Aufl., § 52, Rz.: 22) .
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Nach der genannten Vorschrift in § 52 Abs. 2 GKG ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro nur dann anzunehmen, wenn der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwertes keine genügenden Anhaltspunkte bietet.
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Das Begehren des Klägers bietet jedoch hinreichende Anhaltspunkte, um zumindest sein maximal erkennbares wirtschaftliches Interesse nach billigem Ermessen bestimmen zu können. Da eine Arbeitsbescheinigung nach § 312 SGB III - wie sich auch aus dem Wortlaut der genannten Vorschrift ergibt - dazu dient, gegenüber der Agentur für Arbeit die für eine Entscheidung über den Anspruch auf Arbeitslosen- oder Übergangsgeld erheblichen Tatsachen darzulegen, lässt sich das mit der Ausstellung einer solchen Bescheinigung relevante wirtschaftliche Interesse im Normalfall relativ einfach bestimmen. Wenn wie im vorliegenden Fall sämtliche übrige Eckdaten fehlen, um den mit der Bescheinigung zu erlangenden Anspruch auf Arbeitslosen- oder Übergangsgeld genauer bestimmen zu können, lässt sich das Interesse jedoch insoweit negativ abgrenzen, als ein mit der Bescheinigung verfolgter entsprechender Leistungsanspruch in keinem Fall den genannten Bruttoverdienstbetrag erreichen kann.
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Unter Hinweis auf die bisherige Rechtssprechung des Senats (siehe Beschluss vom 23.03.2009, Az.: L 1 AL 25/09 B, zit. bei Juris sowie unter C I 11. des Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit (StreitwKat SozGb), Stand April 2009) ist des Weiteren zu berücksichtigen, dass der Streitwert der Klage auf Berichtigung einer Arbeitsbescheinigung nach § 312 SGB III nicht als identisch mit der mittelbar durch die Berichtigung erstrebten (ungekürzten) Leistungsgewährung angesehen werden kann. Das Berichtigungsbegehren ist hiernach vielmehr einem Begehren auf Auskunftserteilung vergleichbar, weshalb der Streitwert nur mit 1/10 des mittelbar verfolgten Anliegens angesetzt werden kann.
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Legt man diese Maßstäbe zu Grunde, kann bei einem mittelbar verfolgten Begehren, das einen Wert von 6.006,87 Euro nicht erreichen kann, nur von einem Berichtigungsbegehren in Höhe von maximal 600,70 Euro (≈ 6006,87 Euro : 10) ausgegangen werden.
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Selbst wenn der Streitwert auf diese Weise nur annährungsweise und von Maximalwerten ausgehend bestimmt worden ist, wäre es nach Auffassung des Gerichts unbillig und sachlich nicht zu rechtfertigen, von dem deutlich höheren Auffangstreitwert in Höhe von 5.000,00 Euro im Sinne des § 52 Abs. 2 GKG auszugehen, obwohl hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass ein solchermaßen festgesetzter Streitwert erkennbar deutlich über dem mit der Klage maximal verfolgten wirtschaftlichen Interesse des Klägers liegt.
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Sofern der Kläger mit der Beschwerde nur eine herabgesetzte Streitwertfestsetzung von 5.000 Euro auf 1.500 Euro begehrt (siehe Beschwerdeschrift vom 03.01.2011, Bl. 51 d. Gerichtsakte) , ist das Gericht an diesen Antrag nicht gebunden, zumal es auch von Amts wegen gehalten ist, die Entscheidung des Vorgerichts zu überprüfen und gegebenenfalls abzuändern, auch wenn dies im Einzelfall zum Nachteil des Beschwerdeführers erfolgen müsste (siehe Entscheidung d. BSG vom 05.10.2006 (Az.: B 10 LW 5/05 R) sowie B 1.8; B 11.1 und B 11.2 d. StreitwKat SozGb und Kommentar zu den Kostengesetzen von Hartmann, 40. Aufl., § 68 GKG, Rz.: 17 + 19 m.w.Nachw. sowie Oestreich im Loseblatt-Kommentar zum GKG/FamGKG, 78. Aufl., St.: Sept. 2010, § 68 GKG, Rz. 16a) .
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Nach § 68 Abs. 3 GKG ist das Beschwerdeverfahren gebührenfrei. Gleichfalls sind nach der genannten Vorschrift Kosten nicht zu erstatten.
(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.
(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.
(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.
(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.
(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.
(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.
(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.
(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.
(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.