Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 26. Sept. 2016 - 4 B 641/16
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 17.5.2016 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 10.000,00 EUR festgesetzt.
1
Die Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den sinngemäßen Antrag,
2die aufschiebende Wirkung der Klage 3 K 1457/16
3(VG Minden) gegen die Ordnungsverfügung der
4Antragsgegnerin vom 10.3.2016 wiederherzustellen
5bzw. hinsichtlich der Zwangsmittelandrohung an-
6zuordnen,
7abgelehnt. Die dieser Entscheidung zugrundeliegenden Annahmen werden durch das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, nicht erschüttert.
8Die Anordnung der sofortigen Vollziehung genügt, wie das Verwaltungsgericht zu Recht annimmt, dem formellen Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Die Pflicht, das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung schriftlich zu begründen, soll vorrangig die Behörde mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG zwingen, sich des Ausnahmecharakters der Vollziehungsanordnung bewusst zu werden und die Frage des Sofortvollzuges besonders sorgfältig zu prüfen. Daneben hat die Begründungspflicht den Zweck, den Betroffenen über die für die Behörde maßgeblichen Gründe ihrer Entscheidung zu informieren und in einem möglichen Rechtsschutzverfahren dem Gericht die Erwägungen zur Kenntnis zu bringen. Hierzu bedarf es regelmäßig der Darlegung besonderer Gründe, die über die Gesichtspunkte hinausgehen, die den Verwaltungsakt selbst rechtfertigen. Geringere Begründungsanforderungen gelten aber ausnahmsweise in Fällen besonderer Dringlichkeit, etwa bei Verfügungen, die sich durch Zeitablauf erledigen oder dann, wenn – wie häufig im Gefahrenabwehrrecht – aus Sicht der Behörde nur die Anordnung der sofortigen Vollziehung erheblichen Gefahren oder der Begehung von Straftaten vorbeugen kann. In solchen Fällen reicht es aus, wenn diese besonderen Gründe, die sich aus der Begründung des zu vollziehenden Verwaltungsaktes ergeben können, benannt werden und deutlich gemacht wird, dass sie ein solches Gewicht haben, das ein besonderes öffentliches Interesse gerade an der sofortigen Vollziehung zu belegen fähig ist.
9Vgl. im Einzelnen OVG NRW, Beschluss vom 16.9.2015 – 4 B 333/15 –, ZInsO 2016, 703 = juris, Rn. 3, m. w. N.
10Diesen, auch vom Verwaltungsgericht zugrundegelegten Anforderungen hat die Antragsgegnerin entsprochen. Sie hat in der Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs deutlich gemacht, dass sie die Anordnung der sofortigen Vollziehung auch unter Berücksichtigung der Interessen des Antragstellers für geboten hält, weil angesichts seiner finanziellen Verhältnisse bis zur Bestandskraft der Verfügung der Allgemeinheit nicht zu verantwortende Schäden drohten. Da die Antragsgegnerin eine hinreichende Begründung im Sinne von § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO gegeben hat, kommt es auf die Voraussetzungen des § 80 Abs. 3 Satz 2 VwGO, auf die der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers in der Beschwerdebegründung hinweist, nicht an.
11Im Rahmen der Interessenabwägung nach § 80 Abs. 5 VwGO ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass der angefochtene Bescheid offensichtlich rechtmäßig sei und das öffentliche Interesse an seiner Vollziehung daher überwiege, weil der Antragsteller in dem für die Beurteilung seiner Zuverlässigkeit maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Ordnungsverfügung infolge erheblicher Steuerschulden wirtschaftlich leistungsunfähig und mit Blick auf die Fortsetzung seiner gewerblichen Tätigkeit gewerberechtlich unzuverlässig gewesen sei.
12Die Einwände des Antragstellers hiergegen greifen nicht durch.
13Der Antragsteller hatte in dem für die Beurteilung seiner Zuverlässigkeit maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung,
14vgl. BVerwG, Urteil vom 2.2.1982 – 1 C 146.80 –, BVerwGE 65, 1 = juris, Rn.14; OVG NRW, Beschluss vom 25.3.2015 – 4 B 1480/14 –, juris, Rn. 6 f., m. w. N.,
15unstreitig die auf Seite 3 des Beschlussabdrucks der angefochtenen Entscheidung aufgeführten Abgabenrückstände in Höhe von über 43.000,00 EUR, insbesondere Steuerrückstände beim Finanzamt Q. von mehr als 31.000,00 EUR. Er macht ohne Erfolg sinngemäß geltend, dass trotz der hohen Steuerschulden eine positive Zuverlässigkeitsprognose hätte getroffen werden müssen. Er legt indes keine konkreten Umstände dar, die dies hätten rechtfertigen können, wie etwa Anzeichen für eine Besserung seiner wirtschaftlichen Situation oder die Existenz eines nachvollziehbaren und erfolgversprechenden Sanierungskonzepts.
16Vgl. in diesem Zusammenhang OVG NRW, Urteil vom 12.4.2011 – 4 A 1449/08 –, NVwZ-RR 2011, 553 = juris, Rn. 29.
17Das Vorbringen des Antragstellers zur Entstehung der Steuerschulden ist rechtlich unerheblich. Denn die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit setzt kein subjektiv vorwerfbares Verhalten voraus, sondern knüpft lediglich an objektive Tatsachen an, die hinsichtlich der zukünftigen Tätigkeit des Gewerbetreibenden eine ungünstige Prognose rechtfertigen. Ebenso ist geklärt, dass auch der Gewerbetreibende unzuverlässig ist, der zwar willens, aber nicht in der Lage ist, das Gewerbe ordnungsgemäß auszuüben. Auf den Grund der Entstehung der Schulden und für die Unfähigkeit zur Erfüllung der Zahlungspflicht kommt es nicht an.
18Vgl. BVerwG, Beschluss vom 2.12.2014 – 8 PKH 7.14 –, juris, Rn. 4.
19Hierbei spricht für die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit des Antragstellers in besonderem Maße, dass er die treuhänderisch für den Staat vereinnahmten Umsatzsteuerbeträge nicht an diesen abgeführt hat.
20Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29.8.2016 – 4 B 460/16 –, juris, Rn. 10 unter Bezugnahme auf Sächs. OVG, Beschluss vom 8.3.2011 – 3 B 354/10 –, juris, Rn. 6, m. w. N.
21Die Berechtigung der Steuerforderungen ist weder von der Verwaltungsbehörde noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu prüfen. Maßgeblich ist allein, dass die Steuern fällig und zu entrichten waren.
22Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25.3.2015 – 4 B 1480/14 –, juris, Rn. 8 f., m. w. N.
23Der Vortrag des Antragstellers, die im Verlauf des Verwaltungsverfahrens deutlich verringerten Steuerschulden bezögen sich allein auf den zwischenzeitlich beendeten Gaststättenbetrieb in Q. , während für den noch geführten Gewerbebetrieb in C. keine Rückstände bestünden, räumt nicht den Umstand aus, dass der Antragsteller infolge der bestehenden Verbindlichkeiten gewerberechtlich unzuverlässig ist. Solange kein erfolgversprechendes Konzept für den Abbau der vorhandenen Zahlungsverpflichtungen vorhanden ist, führt es nicht zur gewerberechtlichen Zuverlässigkeit, wenn neue Schulden nicht entstehen. Abgesehen davon blendet der Antragsteller aus, dass tatsächlich fortlaufend neue Verbindlichkeiten schon deshalb erwachsen, weil nach § 240 Abs. 1 Satz 1 AO auf den abgerundeten rückständigen Steuerbetrag ein Säumniszuschlag von 1% je angefangenem Monat zu entrichten ist.
24Im Übrigen verhält sich die Beschwerdebegründung nicht zu den Eintragungen im Schuldnerverzeichnis, an die die angefochtene Verfügung, auf die das Verwaltungsgericht in entsprechender Anwendung von § 117 Abs. 5 VwGO Bezug genommen hatte, ebenfalls anknüpft.
25Die dargelegten Beschwerdegründe rechtfertigen es ferner nicht, dem Antragsteller deshalb vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren, weil ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung der Untersagungsverfügung nur anzunehmen ist, wenn die begründete Besorgnis besteht, dass sich die mit der Gewerbeuntersagung bekämpfte Gefahr schon in der Zeit bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens realisieren kann. Zwar ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Begründetheit dieser Besorgnis unter Berücksichtigung auch solcher Umstände zu beurteilen, die erst nach dem Erlass der angefochtenen Ordnungsverfügung eingetreten sind.
26Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25.3.2015– 4 B 1480/14 –, juris, Rn. 38 ff., m. w. N.
27Der weitere Verlauf zeigt jedoch, dass es dem Antragsteller nicht gelingt, seine Verbindlichkeiten abzubauen. Nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben der Antragsgegnerin vom 27.6.2016 wurden die Verbindlichkeiten nicht weiter zurückgeführt und haben sich zwischenzeitlich erhöht. Ein tragfähiges Sanierungskonzept zur Rückführung der Verbindlichkeiten hat der Antragsteller noch immer weder dargelegt noch glaubhaft gemacht. Ein solches ist – schon mangels eines realistischen Zahlungsplans – auch nicht in seinem (vagen) Vorschlag zu sehen, er könne durch Fortsetzung der gewerblichen Tätigkeit Mittel erwirtschaften, welche Teilzahlungs-, ggf. Quotenvergleiche mit sämtlichen Gläubigern innerhalb von zwei bis drei Jahren ermöglichten. Soweit der Antragsteller sich darauf beruft, er werde infolge der Veräußerung eines Grundstücks in U. voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte in der Lage sein, die offenen Verbindlichkeiten zumindest weitgehend zu tilgen, gibt dies bereits deshalb keinen Anlass zur Änderung des angefochtenen Beschlusses, weil derzeit völlig offen ist, wann und in welcher Höhe mit dem erhofften Mittelzufluss gerechnet werden kann.
28Auch der Einwand des Antragstellers, die Untersagungsverfügung stelle mit Blick auf den Verlust seiner wirtschaftlichen Existenz einen unverhältnismäßigen Eingriff dar, lässt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung nicht entfallen. Ist ‑ wie hier ‑ die Gewerbeuntersagung zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich, so ist es nicht unverhältnismäßig, dem Schutzzweck des § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO Vorrang vor dem Interesse des Betroffenen zu geben, seine Existenzgrundlage beibehalten zu können.
29Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22.12.2015 ‑ 4 A 593/15 ‑, juris, Rn. 23, m. w. N.
30Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
31Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.
32Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.
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(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.
(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.
(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.
(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
(5) u. (6) (weggefallen)
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 20. Februar 2015 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 7.500 Euro festgesetzt.
Gründe
1Die Beschwerde ist unbegründet. Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigt keine Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung.
2Der Einwand, es sei prozessuale Überholung eingetreten, weil die Antragsgegnerin den Antragsteller nach der in Rede stehenden Löschung aus der Architektenliste zu einem Mitgliedsbeitrag herangezogen hat, kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Selbst wenn man, obwohl dies äußerst fern liegt, mit dem Antragsteller darin eine konkludente Aufhebung der Löschungsverfügung sehen sollte, wäre nicht wie beantragt, die aufschiebende Wirkung der gegen die Löschung gerichteten Anfechtungsklage 7 K 2847/14 (VG Minden) wiederherzustellen, sondern das Verfahren für erledigt zu erklären. Ungeachtet dessen erklärt sich die Handlungsweise der Antragsgegnerin schlüssig dadurch, dass sie von der Vollziehung der Löschung bis zum Abschluss des gerichtlichen Eilverfahrens abgesehen hat, um effektiven Rechtsschutz zu ermöglichen. Die Erhebung des Mitgliedsbeitrags ist zwar nach vollzogener Löschung des Antragstellers aus der Architektenliste nicht mehr rechtmäßig und müsste rückabgewickelt werden, weil dann eine Anspruchsvoraussetzung nicht (mehr) gegeben ist. In ihr liegt jedoch nach ihrem Regelungscharakter nicht die konkludente Aufhebung des vorangegangenen noch nicht vollzogenen, aber im gerichtlichen Verfahren verteidigten Löschungsbeschlusses.
3Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der in dem Beschluss des Eintragungsausschusses der Antragsgegnerin vom 12.11.2014 unter Ziffer 1. ausgesprochenen und nicht konkludent aufgehobenen Löschung aus der Architektenliste genügt dem formellen Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Die Pflicht, das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung schriftlich zu begründen, soll vorrangig die Behörde mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG zwingen, sich des Ausnahmecharakters der Vollziehungsanordnung bewusst zu werden und die Frage des Sofortvollzuges besonders sorgfältig zu prüfen. Daneben hat die Begründungspflicht den Zweck, den Betroffenen über die für die Behörde maßgeblichen Gründe ihrer Entscheidung zu informieren und in einem möglichen Rechtsschutzverfahren dem Gericht die Erwägungen zur Kenntnis zu bringen. Hierzu bedarf es regelmäßig der Darlegung besonderer Gründe, die über die Gesichtspunkte hinausgehen, die den Verwaltungsakt selbst rechtfertigen. Geringere Begründungsanforderungen gelten aber ausnahmsweise in Fällen besonderer Dringlichkeit, etwa bei Verfügungen, die sich durch Zeitablauf erledigen oder dann, wenn – wie häufig im Gefahrenabwehrrecht – aus Sicht der Behörde nur die Anordnung der sofortigen Vollziehung erheblichen Gefahren oder der Begehung von Straftaten vorbeugen kann. In solchen Fällen reicht es aus, wenn diese besonderen Gründe, die sich aus der Begründung des zu vollziehenden Verwaltungsakts ergeben können, benannt werden und deutlich gemacht wird, dass sie ein solches Gewicht haben, das ein besonderes öffentliches Interesse gerade an der sofortigen Vollziehung zu belegen fähig ist. Bei gleichartigen, häufig wiederkehrenden Gefahrenlagen können dem Begründungserfordernis auch gleichartige Begründungen genügen und ist eine gewisse Formelhaftigkeit unvermeidlich. Hierdurch kann die Behörde angesichts der besonderen Sachlage noch genügend dokumentieren, dass ihr der Ausnahmecharakter des Sofortvollzugs bewusst war.
4Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 7.5.2015 – 4 B 5/15 – , vom 22.11.2013 – 5 B 592/13 –, juris, Rn. 6, und vom 5.1.2012 – 4 B 1250/11 –, juris, Rn. 2 ff.; Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 80 Rn. 98.
5Diesen Anforderungen hat die Antragsgegnerin entsprochen. Sie hat in der Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs deutlich gemacht, in absehbarer Zeit sei eine Sanierung der wirtschaftlichen Schieflage des Antragstellers nicht zu erwarten. Deshalb werde im Interesse der Allgemeinheit an einem funktionierenden Architektenwesen und unter Berücksichtigung der gegenläufigen Privatinteressen des Betroffenen die sofortige Vollziehung der Löschung angeordnet. Im erstinstanzlichen Verfahren hat die Antragsgegnerin klargestellt, dass sie in diesem Sinne verstanden werden wollte: Sie hat ausgeführt, ohne die sofortige Vollziehung bestünde die Gefahr, dass der Antragsteller auf Grund seiner Vermögenslosigkeit seinen Beruf pflichtwidrig ausübe und Schädigungen von Bauherren verursache. Die Löschung aus der Architektenliste diene dem gewichtigen öffentlichen Interesse an den auf wirtschaftliche und sichere Bauweise gerichteten Interessen der Auftraggeber einschließlich ihrer Vermögensinteressen. Diese Ausführungen genügen mit Blick auf die besonderen Gefahren der eigenverantwortlichen Tätigkeit eines vermögenslosen Architekten für ein funktionierendes Architektenwesen und die Vermögensinteressen der Auftraggeber dem formellen Begründungserfordernis. Sie sind hinreichend einzelfallbezogen, um zu verdeutlichen, dass der Antragsgegnerin der Ausnahmecharakter der Vorschrift bewusst war. Die nachträglichen Erläuterungen konnten berücksichtigt werden, weil es sich um eine Klarstellung der ursprünglichen Ausführungen handelte, die bereits als ausreichende Dokumentation der bewussten Ausnahmeentscheidung verstanden werden konnte. Es war jedenfalls keine bloße nachträgliche Rechtfertigung, durch die der Zweck der Begründungspflicht teilweise nicht mehr hätte erfüllt werden können.
6Vgl. Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 80 Rn. 99; Schoch, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: März 2015, § 80 Abs. 249.
7Die Richtigkeit der Interessenabwägung des Verwaltungsgerichts nach § 80 Abs. 5 VwGO wird durch die Beschwerde gleichfalls nicht in Frage gestellt. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht bei summarischer Prüfung angenommen, dass der angegriffene Löschungsbeschluss seine Rechtsgrundlage in § 6 Satz 1 Buchstabe d) i. V. m. § 5 Abs. 1 BauKaG NRW findet. Der Senat macht sich die zutreffende Begründung zu eigen und nimmt hierauf Bezug. Dies gilt insbesondere auch hinsichtlich der Annahme, dass die die Unzuverlässigkeit des Architekten begründende Überschuldung durch die Einleitung eines Insolvenzverfahrens und die vom Insolvenzverwalter abgegebene Freigabeerklärung nicht beseitigt wird. Die mit der Beschwerde geltend gemachte durch Insolvenzverfahren und Freigabeerklärung bewirkte Trennung der Altverbindlichkeiten von der freigegebenen neuen Tätigkeit des Antragstellers als Architekt führt noch keine geordneten Verhältnisse herbei. Dies ist erst dann der Fall, wenn es zur Restschuldbefreiung kommt. Dies hängt – worauf das Verwaltungsgericht zu Recht hingewiesen hat – nach aktueller Rechtslage (§ 287a InsO) davon ab, ob Versagungsgründe nach den §§ 290, 297 bis 298 InsO eingreifen und der Schuldner die Obliegenheiten nach § 295 InsO erfüllt. Vor dem Wegfall des § 291 InsO durch Gesetz vom 15.7.2013 (BGBl. I S. 2379) war zwar bereits mit der in dieser Vorschrift nach Abschluss des Insolvenzverfahrens vorgesehenen Ankündigung der Restschuldbefreiung angenommen worden, geordnete Vermögensverhältnisse seien wieder gegeben.
8Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5.1.2012 – 4 B 1250/11 –, juris, Rn. 7 f.
9Hintergrund dieser Annahme war, dass sich die Restschuldbefreiung, die während des Insolvenzverfahrens lediglich eine abstrakte Möglichkeit darstellte, nach dessen Beendigung und nach der Ankündigung der Restschuldbefreiung durch den Beschluss des Insolvenzgerichts zu einer konkreten Aussicht verdichtete.
10Vgl. OVG NRW, Beschlus vom 8.12.2011 – 4 A 1115/10 –, juris, Rn. 48 ff., m. w. N.
11Durch den Wegfall des § 291 InsO und die Einführung einer entsprechenden Feststellung nach § 287 a Abs. 1 InsO schon mit der Eingangsentscheidung zur Verschlankung des Restschuldbefreiungsverfahrens ist die Vertrauensschutzfunktion, die der Ankündigung nach § 291 InsO zugesprochen worden ist, entfallen. Dies war ausweislich der Gesetzesbegründung auch beabsichtigt. Die Restschuldbefreiung ist trotz der von Anfang an ausgesprochenen Feststellung nach § 287 a Abs. 1 InsO während des Verfahrens nur noch eine abstrakte Möglichkeit, die sich vor einer abschließenden Entscheidung hierüber auch nicht mehr zu einer konkreten Aussicht verdichtet. Der Gesetzgeber hat das Vertrauen insbesondere des von der früheren Vertrauensstellung profitierenden unredlichen Schuldners nicht als schutzwürdig angesehen, weshalb nunmehr auch gemäß § 297 a InsO nach dem Schlusstermin noch nachträglich bekannt werdende Versagungsgründe der Restschuldbefreiung entgegen gehalten werden können.
12Vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte, BR-Drs. 467/12, S. 41 f.
13Anzeichen dafür, dass nach der Gesetzesänderung schon aus der Freigabeerklärung pauschal auf geordnete Vermögensverhältnisse geschlossen werden können soll, sind dem Änderungsgesetz, das der Stärkung der Gläubigerrechte dienen sollte, nicht zu entnehmen. Die Freigabeerklärung läuft auch nicht in weiten Bereichen leer. Bereits das Verwaltungsgericht hat darauf hingewiesen, dass der Antragsteller auch ohne Bauvorlageberechtigung nicht gehindert ist, als Angestellter oder sogenannter Entwurfsverfasser die in § 1 Abs. 1 und 5 BauKaG NRW umschriebenen typischen Berufsaufgaben eines Architekten wahrzunehmen.
14Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
15Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.
16Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert.
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 10.000 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Der sinngemäße Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seiner am 6. November 2014 erhobenen Klage ‑ 3 K 7275/14 ‑ gegen die in der Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 8. Oktober 2014 ausgesprochene Gewerbeuntersagung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO wiederherzustellen bzw. hinsichtlich der darin enthaltenen Zwangsgeldandrohung anzuordnen, hat in der Sache keinen Erfolg.
3Die Anordnung der sofortigen Vollziehung genügt dem formellen Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Zwar bedarf es regelmäßig der Darlegung besonderer Gründe, die über die Gesichtspunkte hinausgehen, die den Verwaltungsakt selbst rechtfertigen. Geringere Begründungsanforderungen gelten aber ausnahmsweise in Fällen besonderer Dringlichkeit, etwa bei Verfügungen, die sich durch Zeitablauf erledigen, oder dann, wenn aus Sicht der Behörde nur die Anordnung der sofortigen Vollziehung erheblichen Gefahren oder der Begehung von Straftaten vorbeugen kann. In solchen Fällen reicht es aus, wenn diese besonderen Gründe benannt werden und deutlich gemacht wird, dass sie ein solches Gewicht haben, das ein besonderes öffentliches Interesse gerade an der sofortigen Vollziehung zu belegen fähig ist.
4Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. November 2013 ‑ 5 B 592/13 ‑, juris, Rdn. 6.
5Diesen Anforderungen hat die Antragsgegnerin entsprochen. Sie hat ausgeführt, es bestehe die begründete Besorgnis, dass sich die ‑ von der gewerblichen Tätigkeit des Antragstellers ausgehenden ‑ Gefahren für die Allgemeinheit in dem Zeitraum bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache weiter verwirklichten. Dieser Umstand begründe ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der Verfügung und überwiege das private Interesse an deren einstweiligen Nichtvollzug. Dies ist eine hinreichend fallbezogene Begründung.
6Die im Weiteren gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer sofortigen Vollziehung der Gewerbeuntersagung in der Ordnungsverfügung vom 8. Oktober 2014 mit dem privaten Interesse des Antragstellers, von deren Vollzug einstweilen verschont zu bleiben, geht zu Lasten des Antragstellers aus. Denn die Gewerbeuntersagung erweist sich bei der hier nur gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage als offensichtlich rechtmäßig und es sind keine Umstände ersichtlich, die gleichwohl einen Vorrang des privaten Aussetzungsinteresses des Antragstellers begründen können.
7Ermächtigungsgrundlage für die Untersagung des von dem Antragsteller derzeit ausgeübten Gewerbes eines Handelsvertreters für Bauelemente und Glasereiprodukte ist § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO. Nach dieser Vorschrift ist die Ausübung eines Gewerbes zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in Bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutz der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Die Antragsgegnerin geht in ihrer Beschwerdebegründung zu Recht davon aus, dass der Antragsteller unzuverlässig ist. Unzuverlässig ist ein Gewerbetreibender, der nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreibt. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, beurteilt sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt des Erlasses der Gewerbeuntersagung.
8Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 ‑ 1 C 146.80 ‑, DÖV 1982, 900; OVG NRW, Urteil vom 12. April 2011 ‑ 4 A 1449/08 ‑, NVwZ-RR 2011, 553 = juris, Rdn. 23 ff. mit weiteren Nachweisen für die ständige Rechtsprechung.
9Zu diesem Zeitpunkt rechtfertigte sich die Prognose einer gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit des Antragstellers daraus, dass er kurz zuvor, am 24. Juli 2014, sein derzeitiges Gewerbe begonnen hat, obwohl er wirtschaftlich leistungsunfähig war. Bereits zu diesem Zeitpunkt hatte der Antragsteller beim Finanzamt L. aus der Zeit von Dezember 2002 bis März 2006 Steuerrückstände in Höhe von rund 50.000,00 Euro (Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag, Kirchen- und Umsatzsteuer zzgl. Zinsen, Verspätungs- und Versäumniszuschläge). Die letzte freiwillige Zahlung an das Finanzamt in Höhe von 337,00 Euro erfolgte am 29. Dezember 2003. Vollstreckungsversuche verliefen im Wesentlichen erfolglos. Ob die auf Schätzungen des Finanzamtes beruhenden Steuerforderungen materiell rechtmäßig sind, ist weder von der Verwaltungsbehörde noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu prüfen. Maßgeblich ist allein, dass die Steuern fällig und zu entrichten waren.
10Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 22. Juni 1994 ‑ 1 B 114.94 ‑, Buchholz 451.20 § 33c GewO Nr. 5 = juris, Rdn. 10, vom 12. Januar 1996 ‑ 1 B 177.95 ‑, Buchholz 451.20 § 35 GewO Nr. 62 = juris, Rdn. 5 und vom 12. März 1997 ‑ 1 B 72.97 ‑, juris, Rdn. 4; OVG NRW, Urteil vom 10. November 1997 ‑ 4 A 156/97 ‑, juris, Rdn. 18.
11Weiterhin hatte die Antragsgegnerin Forderungen gegen den Antragsteller in Höhe von insgesamt 2.927,47 Euro (rückständige Gebühren, Verwarnungs‑ und Bußgelder).
12Zudem hatte der Antragsteller bereits am 15. November 2011 eine eidesstattliche Versicherung abgegeben. Ferner ist am 27. Dezember 2013 seine Eintragung in das Schuldnerverzeichnis nach § 882 h Abs. 1 ZPO angeordnet worden, weil er nach einer zuvor von ihm abgegebenen Vermögensauskunft vermögenslos ist.
13Schon danach ist davon auszugehen, dass der Antragsteller bei Aufnahme seines derzeitigen Gewerbes wirtschaftlich leistungsunfähig war. Auf die Frage, ob bereits zu diesem Zeitpunkt auch seine Verbindlichkeiten gegenüber zwei Kreditinstituten in Höhe von ca. 20.000,00 Euro existierten, kam es demzufolge nicht mehr an.
14Diese Leistungsunfähigkeit begründete die Unzuverlässigkeit des Antragstellers, weil sie auch anhaltend war.
15Vgl. in diesem Zusammenhang BVerwG, Beschluss vom 29. April 1988 ‑ 1 B 41.88 ‑, Buchholz 451.20 § 35 GewO Nr. 46; OVG NRW, Beschluss vom 3. Juni 1996 ‑ 25 A 5043/95 ‑, GewArch 1997, 27 = juris, Rdn. 2.
16Der Antragsteller hatte bereits im Dezember 2011 eine eidesstattliche Versicherung abgegeben, wodurch das Bestehen einer wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit schon zu diesem Zeitpunkt belegt wird.
17Vgl. in diesem Zusammenhang OVG NRW, Beschluss vom 30. Mai 2011 ‑ 4 A 1069/10 ‑; vgl. in diesem Zusammenhang auch Marcks in Landmann/Rohmer, GewO, Loseblatt-Kommentar, Stand: Oktober 2014, § 35 GewO, Rdn. 46.
18Es widerspricht den Grundsätzen ordnungsgemäßer und redlicher Gewerbeausübung, bei dieser Sachlage eine gewerbliche Tätigkeit zu beginnen und damit das Vermögen der Gläubiger zu gefährden. Welche Umstände zu den wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Antragstellers geführt haben, ist nicht von Bedeutung. Denn ihm wird nicht die wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit als solche zur Last gelegt, sondern die Tatsache, dass er hieraus nicht die angemessenen Folgen gezogen hat.
19Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 ‑ 1 C 74.78 ‑, GewArch 1982, 301.
20Aus diesem Grund sind auch die von dem Antragsteller übersandten Unterlagen über den Bezug von Leistungen nach dem SGB II im Jahre 2005 sowie seine Lohn- und Gehaltsabrechnungen für die Zeit von November 1999 bis Januar 2000 nebst ergänzenden Unterlagen für die Frage seiner gewerberechtlichen Zuverlässigkeit nicht relevant.
21Umstände, die trotz der wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit des Antragstellers zum hier maßgeblichen Zeitpunkt eine andere, positive Prognose in Bezug auf seine gewerberechtliche Zuverlässigkeit hätten rechtfertigen können, wie etwa Anzeichen für eine Besserung seiner wirtschaftlichen Situation oder die Existenz eines erfolgversprechenden Sanierungskonzeptes,
22vgl. in diesem Zusammenhang OVG NRW, Urteil vom 12. April 2011 ‑ 4 A 1449/08 ‑, a. a. O. = juris, Rdn. 29,
23sind nicht gegeben. Der Antragsteller hat vielmehr in einem Gespräch mit der IHK N. O. im Vorfeld des Erlasses der Ordnungsverfügung vom 8. Oktober 2014 erklärt, weder seine Verbindlichkeiten bei den Kreditinstituten noch seine Steuerschulden bei dem Finanzamt L1. tilgen zu können.
24Im Übrigen lassen schon unabhängig davon die Steuerschulden des Antragstellers auf seine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit schließen. Steuerrückstände rechtfertigen die Annahme einer gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit, wenn sie sowohl nach ihrer absoluten Höhe als auch im Verhältnis zur Gesamtbelastung des Gewerbetreibenden von Gewicht sind; zudem ist die Zeitdauer, während derer der Gewerbetreibende seinen steuerlichen Verpflichtungen nicht nachkommt, insoweit von Bedeutung.
25Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 29. Januar 1988 ‑ 1 B 164.87 ‑, GewArch 1988, 162, vom 11. Dezember 1996 ‑ 1 B 250.96 ‑, GewArch 1999, 72 und vom 9. April 1997 ‑ 1 B 81.97 ‑, GewArch 1999, 72.
26Die enorme Höhe der Steuerschulden des Antragstellers von mehr als 50.000,00 Euro und der Umstand, dass die letzte freiwillige Zahlung an das Finanzamt L1. am 29. Dezember 2003 lediglich in Höhe von 337,00 Euro erfolgte, lassen den Schluss zu, dass der Antragsteller seit langer Zeit nicht willens oder nicht in der Lage ist, seinen öffentlich-rechtlichen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Indem er gleichwohl im Juli 2014 eine gewerbliche Tätigkeit aufgenommen hat, hat er sich unter Verstoß gegen die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Gewerbeausübung unlautere Wettbewerbsvorteile gegenüber seinen Mitbewerbern verschafft. Inwieweit sich die Verletzung seiner steuerlichen Zahlungspflichten auf Steuern bezogen hat, die aus seiner Tätigkeit als abhängig Beschäftigter bei der G. GmbH mit Sitz in E. und Betriebsstätte in L1. resultieren und somit nicht gewerberechtlicher Natur sind, ist ohne Belang. Insoweit ist vielmehr entscheidend, dass die unzuverlässigkeitsbegründenden Tatsachen ‑ wie dies bei jeder Verletzung von steuerlichen Zahlungs‑ und Erklärungspflichten der Fall ist ‑ zu einer ungünstigen Prognose hinsichtlich des gewerblichen Wirkens der betreffenden Person Anlass geben.
27Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 ‑ 1 C 52.78 ‑, GewArch 1982, 233.
28Im Übrigen spricht Einiges dafür, dass eine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit des Antragstellers auch daraus folgt, dass er wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit einem Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz (Urteil des Amtsgerichts L1. vom 5. Januar 2012 ‑ 35 Js 801/11 31 Cs 3/12 ‑) und wegen Betruges (Urteil des Amtsgerichts L1. vom 16. August 2012 ‑ 20 Js 823/12 31 Cs 393/12 ‑) rechtskräftig verurteilt worden ist. Eine abschließende Beurteilung kann allerdings erst nach Beiziehung der Strafakten erfolgen.
29Vgl. hierzu Marcks in: Landmann/Rohmer, a. a. O., § 35 GewO, Rdn. 37.
30Die Gewerbeuntersagung war nach Aktenlage auch zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich, weil die Unzuverlässigkeit des Antragstellers das Vermögen der öffentlichen Hand gefährdete.
31Die erweiterte Gewerbeuntersagung ist ebenfalls offensichtlich rechtmäßig. Nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO kann die Untersagung auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist.
32Die danach erforderliche gewerbeübergreifende Unzuverlässigkeit des Antragstellers ist zu bejahen. Seine wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit lässt ihn für die Ausübung aller Gewerbe als unzuverlässig erscheinen.
33Vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 10. November 1997 ‑ 4 A 156/97 ‑, juris, Rdn. 25; vgl. in diesem Zusammenhang auch BVerwG, Beschluss vom 29. Januar 1988 ‑ 1 B 164.87 ‑, a. a. O., 163.
34Jedenfalls ergibt sich seine gewerbeübergreifende Unzuverlässigkeit aus der Verletzung seiner steuerrechtlichen Verpflichtungen, die für jeden Gewerbetreibenden gelten und nicht nur Bezug zu einer bestimmten gewerblichen Tätigkeit haben.
35Vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Januar 1988 ‑ 1 B 164.87 ‑, a. a. O., 163; OVG NRW, Urteil vom 12. April 2011 ‑ 4 A 1449/08 ‑, a. a. O. = juris, Rdn. 35, mit weiteren Nachweisen.
36Die erweiterte Gewerbeuntersagung war ebenfalls zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich. Die über das betriebene Gewerbe hinausgehende Untersagung verlangt keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass der unzuverlässige Gewerbetreibende zukünftig eine anderweitige gewerbliche Tätigkeit ausüben wird. Vielmehr ist sie schon dann erforderlich, wenn ‑ wie hier ‑ keine besonderen Umstände vorliegen, die ein Ausweichen auf eine solche Tätigkeit ausschließen, weil der Betreffende durch sein Festhalten an dem tatsächlich ausgeübten Gewerbe seinen Willen bekundet hat, sich irgendwie gewerblich zu betätigen.
37Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 ‑ 1 CB 2.81 ‑, Buchholz 451.20 § 35 GewO Nr. 38 = juris, Rdn 35; OVG NRW, Urteil vom 12. April 2011 ‑ 4 A 1449/08 ‑, a. a. O. = juris, Rdn. 37 f. mit weiteren Nachweisen.
38Ebenso wenig ist ersichtlich, dass die erweiterte Gewerbeuntersagung unter Ermessensfehlern leidet.
39Auch im Übrigen überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Gewerbeuntersagung das private Interesse des Antragsellers, sein Gewerbe vorläufig fortführen zu können. Zwar ist die Aufrechterhaltung der Anordnung der sofortigen Vollziehung der Gewerbeuntersagung nicht schon allein deshalb gerechtfertigt, weil sich diese bei der im Rahmen von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO gebotenen summarischen Prüfung der Sach‑ und Rechtslage als offensichtlich rechtmäßig erwiesen hat. Vielmehr erfordert die Anordnung der sofortigen Vollziehung im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip die aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls gewonnene zusätzliche Feststellung, dass die sofortige Vollziehbarkeit schon vor der Rechtskraft des Hauptsacheverfahrens als Präventivmaßnahme zur Abwehr konkreter Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter notwendig ist.
40Vgl. in diesem Zusammenhang BayVGH, Beschluss vom 13. Dezember 2011 ‑ 2 CS 11. 2428 ‑, juris, Rdn. 6; OVG Hamburg, Beschluss vom 14. September 2009 ‑ 4 BS 149/09 ‑, nicht veröffentlicht.
41Hierfür muss die begründete Besorgnis bestehen, dass sich die mit der Gewerbeuntersagung bekämpfte Gefahr schon in der Zeit bis zur abschließenden Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Gewerbeuntersagung realisieren kann. Dies beurteilt sich nach der Sachlage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Insoweit sind auch Umstände zu berücksichtigen, die nach Erlass der Gewerbeuntersagung eingetreten sind.
42Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16. September 2013 ‑ 4 B 907/13 ‑ und vom 11. Oktober 2013 ‑ 4 A 457/13 ‑; OVG Hamburg, Beschluss vom 14. September 2009 ‑ 4 BS 149/09 ‑, nicht veröffentlicht; Gröning in: Pielow, GewO, München 2009, § 35 GewO, Rdn. 63; Marcks in: Landmann/Rohmer, a. a. O., § 35 GewO, Rdn. 111.
43In Bezug auf den Antragsteller besteht die Besorgnis, dass er auch während des Klageverfahrens seine laufenden Steuern beim Finanzamt L1. nicht bezahlt und seine steuerlichen Rückstände weiter ansteigen. Hierdurch würde sich auch seine wirtschaftliche Situation weiter verschärfen. Bereits in der Beschwerdebegründung hat die Antragsgegnerin darauf hingewiesen, dass der Antragsteller laut Mitteilung des Finanzamtes L1. vom 9. Januar 2015 auch weiterhin seine Umsatzsteuervoranmeldungen nicht vornehme, weshalb die Steuern weiter geschätzt würden. Zahlungen seitens des Antragstellers erfolgten ebenfalls nicht. Unter dem 12. Februar 2015 hat die Antragsgegnerin auf Nachfrage des Senats weiter mitgeteilt, dass die Steuerrückstände des Antragstellers durch die Nichtentrichtung der Umsatzsteuern für die Monate Juli und August 2014, die zum 17. November 2014 fällig geworden seien, mittlerweile auf 53.724,57 Euro angestiegen seien. Einer dieser Mitteilung beigefügten Aufstellung des Finanzamtes L1. ist zu entnehmen, dass dieser Betrag auch die Umsatzsteuern für die Monate August und September 2014 umfasst, die ebenfalls zum 17. November 2014 fällig geworden und vom Antragsteller bisher nicht gezahlt worden sind.
44Angesichts dessen ist die Annahme gerechtfertigt, dass der Antragsteller auch derzeit nicht willens oder in der Lage ist, seinen laufenden steuerlichen Zahlungspflichten nachzukommen und dass aufgrund dessen seine Steuerschulden während des Klageverfahrens weiter anwachsen werden.
45Auch hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung in der Ordnungsverfügung vom 8. Oktober 2014 geht die hier vorzunehmende Interessenabwägung zu Lasten des Antragstellers aus. Die Androhung beruht auf den §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 2, 58, 60 und 63 VwVG NRW und begegnet im Hinblick auf die Wahl des angedrohten Zwangsmittels, die Frist zur Einstellung des ausgeübten Gewerbes und die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes keinen rechtlichen Bedenken.
46Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
47Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.
48Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 31.3.2016 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerde-verfahren auf 10.000,00 EUR festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Die Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den sinngemäßen Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage 1 K 554/16
4(VG Köln) gegen die Ordnungsverfügung des
5Antragsgegners vom 28.1.2016 wiederherzustellen
6sowie hinsichtlich der Zwangsmittelandrohung an-
7zuordnen,
8abgelehnt. Seiner im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO vorgenommenen Interessenabwägung liegt die Annahme zu Grunde, die Voraussetzungen für die Untersagung des konkreten Gewerbes „Dachdeckereibetrieb“ sowie für eine erweiterte Gewerbeuntersagung lägen vor. Der Antragsteller sei gewerberechtlich unzuverlässig. Er komme seinen steuerlichen Erklärungs- und Zahlungspflichten nur unzureichend nach. Am 15.1.2016 habe der Steuerrückstand beim zuständigen Finanzamt über 94.000,00 EUR betragen. Der Antragsteller berufe sich erfolglos auf ein beim Finanzgericht Köln anhängiges Klageverfahren. Maßgeblich sei allein, dass die Steuern fällig und zu entrichten seien. Abgesehen davon seien auch die Steuerforderungen in Höhe von ca. 19.000,00 EUR, die nicht Gegenstand des finanzgerichtlichen Verfahrens seien, erheblich. Der Antragsteller habe ein tragfähiges Sanierungskonzept zur Rückführung der Verbindlichkeiten weder dargelegt noch glaubhaft gemacht. Diese Würdigung wird durch das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, nicht erschüttert.
9Der Antragsteller hatte in dem für die Beurteilung seiner Zuverlässigkeit maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung,
10vgl. BVerwG, Urteil vom 2.2.1982 – 1 C 146.80 –, BVerwGE 65, 1 = juris, Rn.14; OVG NRW, Beschluss vom 25.3.2015 – 4 B 1480/14 –, juris, Rn. 6 f., und Urteil vom 12.4.2011 – 4 A 1449/08 –, NVwZ-RR 2011, 553 = juris, Rn. 23 f., m. w. N.,
11Steuerrückstände gegenüber dem Finanzamt T. . B. in Höhe von über 94.000,00 EUR. Er macht ohne Erfolg geltend, dass trotz der hohen Steuerschulden eine positive Zuverlässigkeitsprognose hätte getroffen werden müssen. Er legt keine konkreten Umstände dar, die dies hätten rechtfertigen können, wie etwa Anzeichen für eine Besserung seiner wirtschaftlichen Situation oder die Existenz eines nachvollziehbaren und erfolgversprechenden Sanierungskonzepts.
12Vgl. in diesem Zusammenhang OVG NRW, Urteil vom 12.4.2011 – 4 A 1449/08 –, NVwZ-RR 2011, 563 = juris, Rn. 29.
13Das Vorbringen des Antragstellers, er habe mit dem bis 2007/2008 zuständigen Finanzamt C. abgesprochen, bis zur Abwicklung eines gescheiterten Neubauprojekts keine Einkommensteuererklärungen abgeben zu müssen, und sei davon ausgegangen, dass diese Absprache auch für das nunmehr zuständige Finanzamt T. . B. gelte, greift hinsichtlich des bestehenden Steuerrückstands schon deshalb nicht durch, weil sich dieser ausschließlich auf Lohn- und (überwiegend) auf Umsatzsteuer bezieht. Abgesehen davon ist der Einwand - auch soweit er den Vorwurf der Nichterfüllung steuerlicher Erklärungspflichten betrifft ‑ rechtlich unerheblich. Denn die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit setzt kein subjektiv vorwerfbares Verhalten voraus, sondern knüpft lediglich an objektive Tatsachen an, die hinsichtlich der zukünftigen Tätigkeit des Gewerbetreibenden eine ungünstige Prognose rechtfertigen. Ebenso ist geklärt, dass auch der Gewerbetreibende unzuverlässig ist, der zwar willens, aber nicht in der Lage ist, das Gewerbe ordnungsgemäß auszuüben. Auf den Grund der Entstehung der Schulden und für die Unfähigkeit zur Erfüllung der Zahlungspflicht kommt es nicht an.
14Vgl. BVerwG, Beschluss vom 2.12.2014 – 8 PKH 7.14 –, juris, Rn. 4.
15Der Antragsteller kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass von dem Rückstand (fast) ausschließlich Umsatzsteuer und keine anderen Steuerarten betroffen seien. Im Gegenteil spricht für seine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit in besonderem Maße, dass er die treuhänderisch für den Staat vereinnahmten Umsatzsteuerbeträge nicht an diesen abgeführt hat.
16Vgl. Sächs. OVG, Beschluss vom 8.3.2011 – 4 B 354/10 –, juris, Rn. 5 f., m. w. N.
17Die Umsatzsteuer ist (lediglich) ein durchlaufender Posten, der den Unternehmer im Ergebnis nicht belastet.
18Auch greift der Einwand des Antragstellers nicht durch, das Finanzamt gebe „dauernd“ unterschiedliche Höhen des Rückstands an. Der Antragsgegner hat nachvollziehbar erläutert, dass die Forderungsaufstellungen verschiedene Vollstreckungsmaßnahmen beträfen, die sich auf unterschiedliche Zeiträume bezögen. Die Forderungsaufstellung vom 14.9.2015 über ca. 78.000,00 EUR (Zeitraum 2005 bis August 2014) betreffe den Vollzug eines Haftbefehls. Der Antrag auf Erlass eines Haftbefehls sei erforderlich geworden, nachdem der Antragsteller der Ladung des Finanzamts vom 11.12.2014 zur Abgabe der Vermögensauskunft bezüglich eines Rückstands von ca. 85.000,00 EUR nicht nachgekommen sei. Bei Vollzug des Haftbefehls habe sich der Steuerrückstand aufgrund sonstiger Minderungen, Berichtigungen, Aufhebungen, Verrechnungen oder freiwilliger Zahlungen auf einen Betrag von ca. 78.000,00 EUR verringert. Die Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 15.9.2015 über einen Betrag von ca. 89.000,00 EUR (Zeitraum: 2005 bis Juni 2015) betreffe hingegen eine neue eigenständige Maßnahme der Zwangsvollstreckung und beziehe sich auf den (bis dahin) entstandenen Rückstand (einschließlich weiterer Säumniszuschläge). Auch die beiden Forderungsaufstellungen vom 12.4.2016, in denen Beträge von ca. 84.000,00 EUR und ca. 96.000,00 EUR genannt werden, beträfen verschiedene Vollstreckungsmaßnahmen. Während sich der Betrag von ca. 84.000,00 EUR auf die Ankündigung der Eintragung in das Schuldnerverzeichnis nach § 284 Abs. 9 Nr. 3 Satz 2 AO (Zeitraum: 2005 bis August 2014) beziehe, betreffe der Betrag von ca. 96.000,00 EUR die Rückstandsaufstellung zur Einziehungs- und Pfändungsverfügung vom 12.4.2016 (Zeitraum: 2005 bis Dezember 2015).
19Ferner greift der Einwand des Antragstellers nicht durch, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass im finanzgerichtlichen Verfahren nicht bestrittene Steuerforderungen in Höhe von ca. 19.000,00 EUR bestanden, die bereits für sich gesehen die Annahme seiner gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit gerechtfertigt hätten. Entgegen der Auffassung des Antragstellers betrugen die unstreitigen Steuerforderungen nicht „lediglich“ rund 11.000,00 EUR. Zwar hat das Verwaltungsgericht auf unstreitige Steuerforderungen aus den Jahren 2014 und 2015 in Höhe von ca. 19.000,00 EUR abgestellt (vgl. BA Seite 4, vierter Absatz), obwohl sich diese für den genannten Zeitraum tatsächlich auf ca. 11.000,00 EUR beliefen. Im Ergebnis ist aber zutreffend von einem unstreitigen Steuerrückstand in Höhe von ca. 19.000,00 EUR auszugehen. Ausweislich der Forderungsaufstellung vom 14.1.2016 (Bl. 95 des Verwaltungsvorgangs) enthielt der Rückstand auch eine Forderung aus Umsatzsteuer und Säumniszuschlägen in Höhe von ca. 8.000,00 EUR für das Jahr 2013, die ebenfalls unstreitig war. Das (hinsichtlich der Umsatzsteuer) betriebene finanzgerichtliche Verfahren bezog sich ausschließlich auf Teilbeträge der Umsatzsteuer aus den Jahren 2005 bis 2009.
20Im Übrigen ist der Einwand des Antragstellers, dass ein Großteil der (Umsatz-)Steuerforderungen im finanzgerichtlichen Klageverfahren streitig sei, unerheblich. Die Berechtigung der Steuerforderungen ist weder von der Verwaltungsbehörde noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu prüfen. Maßgeblich ist allein, dass die Steuern fällig und zu entrichten waren.
21Vgl. BVerwG, Beschluss vom 12.3.1997 – 1 B 72.97 –, juris, Rn. 4; OVG NRW, Beschluss vom 25.3.2015 – 4 B 1480/14 –, juris, Rn. 8 f., m. w. N.
22Abgesehen davon ist der Verweis auf das finanzgerichtliche Verfahren aber auch überholt, weil es zwischenzeitlich beendet worden ist. Nach den (unwidersprochen gebliebenen) Angaben des Finanzamts T. . B. hat der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht L. am 6.7.2016 die Einsprüche für die Kalenderjahre 2005 und 2007 bis 2009 zur Umsatz- und Einkommensteuer zurückgenommen. Es sei lediglich das Kalenderjahr 2006 zur Umsatz- und Einkommensteuer geändert worden, was insoweit zu einem Guthaben in Höhe von ca. 6.400,00 EUR geführt habe.
23Die dargelegten Beschwerdegründe rechtfertigen es ferner nicht, dem Antragsteller deshalb vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren, weil ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung der Untersagungsverfügung nur anzunehmen ist, wenn die begründete Besorgnis besteht, dass sich die mit der Gewerbeuntersagung bekämpfte Gefahr schon in der Zeit bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens realisieren kann. Zwar ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Begründetheit dieser Besorgnis unter Berücksichtigung auch solcher Umstände zu beurteilen, die erst nach dem Erlass der angefochtenen Ordnungsverfügung eingetreten sind.
24Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25.3.2015– 4 B 1480/14 –, juris, Rn. 38 ff., m. w. N.
25Der weitere Verlauf zeigt jedoch, dass es dem Antragsteller nicht gelingt, seine Verbindlichkeiten abzubauen. Nach Auskunft des Finanzamts T. . B. hat das Zwangsvollstreckungsverfahren in das bewegliche und unbewegliche Vermögen des Antragstellers nicht zur vollständigen Befriedigung der offenen Steueransprüche geführt. Die vollziehbaren Steuerrückstände beim Finanzamt betragen - auch unter Berücksichtigung der Gutschrift von ca. 6.400,00 EUR ‑ weiterhin ca. 95.000,00 EUR. Daneben bestehen die Gewerbesteuerrückstände bei der Gemeinde T1. in Höhe von ca. 11.000,00 EUR fort. Ein tragfähiges Sanierungskonzept zur Rückführung der Verbindlichkeiten hat der Antragsteller auch weiterhin weder dargelegt noch glaubhaft gemacht. Dies ist - mangels eines realistischen Zahlungsplans - auch nicht in seinem (vagen) Vorschlag zu sehen, er könne die geschuldeten Steuern dadurch zurückführen, dass er ab Oktober 2016 keine Vorsteuer mehr abziehe.
26Auch der Einwand des Antragstellers, die Untersagungsverfügung stelle mit Blick auf den Verlust seiner wirtschaftlichen Existenz und den Umstand, dass sein Mitarbeiter mit 60 Jahren keine neue Arbeit finden werde, einen unverhältnismäßigen Eingriff dar, lässt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung nicht entfallen. Ist ‑ wie hier ‑ die Gewerbeuntersagung zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich, so ist es nicht unverhältnismäßig, dem Schutzzweck des § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO Vorrang vor dem Interesse des Betroffenen zu geben, seine Existenzgrundlage beibehalten zu können.
27Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22.12.2015 ‑ 4 A 593/15 ‑, juris, Rn. 23, unter Bezugnahme auf BVerwG, Beschluss vom 9.3.1994 - 1 B 33.94 -, GewArch 1995, 114 = juris, Rn. 3.
28Dies gilt auch mit Blick auf die - ebenfalls zum Schutz der Allgemeinheit ‑ verfügte erweiterte Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO, so dass auch insoweit die vom Antragsteller behauptete Folge der Gewerbeuntersagung in Kauf zu nehmen ist.
29Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
30Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.
31Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert.
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 10.000 Euro festgesetzt.
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G r ü n d e :
2Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Der sinngemäße Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seiner am 6. November 2014 erhobenen Klage ‑ 3 K 7275/14 ‑ gegen die in der Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 8. Oktober 2014 ausgesprochene Gewerbeuntersagung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO wiederherzustellen bzw. hinsichtlich der darin enthaltenen Zwangsgeldandrohung anzuordnen, hat in der Sache keinen Erfolg.
3Die Anordnung der sofortigen Vollziehung genügt dem formellen Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Zwar bedarf es regelmäßig der Darlegung besonderer Gründe, die über die Gesichtspunkte hinausgehen, die den Verwaltungsakt selbst rechtfertigen. Geringere Begründungsanforderungen gelten aber ausnahmsweise in Fällen besonderer Dringlichkeit, etwa bei Verfügungen, die sich durch Zeitablauf erledigen, oder dann, wenn aus Sicht der Behörde nur die Anordnung der sofortigen Vollziehung erheblichen Gefahren oder der Begehung von Straftaten vorbeugen kann. In solchen Fällen reicht es aus, wenn diese besonderen Gründe benannt werden und deutlich gemacht wird, dass sie ein solches Gewicht haben, das ein besonderes öffentliches Interesse gerade an der sofortigen Vollziehung zu belegen fähig ist.
4Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. November 2013 ‑ 5 B 592/13 ‑, juris, Rdn. 6.
5Diesen Anforderungen hat die Antragsgegnerin entsprochen. Sie hat ausgeführt, es bestehe die begründete Besorgnis, dass sich die ‑ von der gewerblichen Tätigkeit des Antragstellers ausgehenden ‑ Gefahren für die Allgemeinheit in dem Zeitraum bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache weiter verwirklichten. Dieser Umstand begründe ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der Verfügung und überwiege das private Interesse an deren einstweiligen Nichtvollzug. Dies ist eine hinreichend fallbezogene Begründung.
6Die im Weiteren gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer sofortigen Vollziehung der Gewerbeuntersagung in der Ordnungsverfügung vom 8. Oktober 2014 mit dem privaten Interesse des Antragstellers, von deren Vollzug einstweilen verschont zu bleiben, geht zu Lasten des Antragstellers aus. Denn die Gewerbeuntersagung erweist sich bei der hier nur gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage als offensichtlich rechtmäßig und es sind keine Umstände ersichtlich, die gleichwohl einen Vorrang des privaten Aussetzungsinteresses des Antragstellers begründen können.
7Ermächtigungsgrundlage für die Untersagung des von dem Antragsteller derzeit ausgeübten Gewerbes eines Handelsvertreters für Bauelemente und Glasereiprodukte ist § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO. Nach dieser Vorschrift ist die Ausübung eines Gewerbes zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in Bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutz der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Die Antragsgegnerin geht in ihrer Beschwerdebegründung zu Recht davon aus, dass der Antragsteller unzuverlässig ist. Unzuverlässig ist ein Gewerbetreibender, der nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreibt. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, beurteilt sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt des Erlasses der Gewerbeuntersagung.
8Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 ‑ 1 C 146.80 ‑, DÖV 1982, 900; OVG NRW, Urteil vom 12. April 2011 ‑ 4 A 1449/08 ‑, NVwZ-RR 2011, 553 = juris, Rdn. 23 ff. mit weiteren Nachweisen für die ständige Rechtsprechung.
9Zu diesem Zeitpunkt rechtfertigte sich die Prognose einer gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit des Antragstellers daraus, dass er kurz zuvor, am 24. Juli 2014, sein derzeitiges Gewerbe begonnen hat, obwohl er wirtschaftlich leistungsunfähig war. Bereits zu diesem Zeitpunkt hatte der Antragsteller beim Finanzamt L. aus der Zeit von Dezember 2002 bis März 2006 Steuerrückstände in Höhe von rund 50.000,00 Euro (Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag, Kirchen- und Umsatzsteuer zzgl. Zinsen, Verspätungs- und Versäumniszuschläge). Die letzte freiwillige Zahlung an das Finanzamt in Höhe von 337,00 Euro erfolgte am 29. Dezember 2003. Vollstreckungsversuche verliefen im Wesentlichen erfolglos. Ob die auf Schätzungen des Finanzamtes beruhenden Steuerforderungen materiell rechtmäßig sind, ist weder von der Verwaltungsbehörde noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu prüfen. Maßgeblich ist allein, dass die Steuern fällig und zu entrichten waren.
10Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 22. Juni 1994 ‑ 1 B 114.94 ‑, Buchholz 451.20 § 33c GewO Nr. 5 = juris, Rdn. 10, vom 12. Januar 1996 ‑ 1 B 177.95 ‑, Buchholz 451.20 § 35 GewO Nr. 62 = juris, Rdn. 5 und vom 12. März 1997 ‑ 1 B 72.97 ‑, juris, Rdn. 4; OVG NRW, Urteil vom 10. November 1997 ‑ 4 A 156/97 ‑, juris, Rdn. 18.
11Weiterhin hatte die Antragsgegnerin Forderungen gegen den Antragsteller in Höhe von insgesamt 2.927,47 Euro (rückständige Gebühren, Verwarnungs‑ und Bußgelder).
12Zudem hatte der Antragsteller bereits am 15. November 2011 eine eidesstattliche Versicherung abgegeben. Ferner ist am 27. Dezember 2013 seine Eintragung in das Schuldnerverzeichnis nach § 882 h Abs. 1 ZPO angeordnet worden, weil er nach einer zuvor von ihm abgegebenen Vermögensauskunft vermögenslos ist.
13Schon danach ist davon auszugehen, dass der Antragsteller bei Aufnahme seines derzeitigen Gewerbes wirtschaftlich leistungsunfähig war. Auf die Frage, ob bereits zu diesem Zeitpunkt auch seine Verbindlichkeiten gegenüber zwei Kreditinstituten in Höhe von ca. 20.000,00 Euro existierten, kam es demzufolge nicht mehr an.
14Diese Leistungsunfähigkeit begründete die Unzuverlässigkeit des Antragstellers, weil sie auch anhaltend war.
15Vgl. in diesem Zusammenhang BVerwG, Beschluss vom 29. April 1988 ‑ 1 B 41.88 ‑, Buchholz 451.20 § 35 GewO Nr. 46; OVG NRW, Beschluss vom 3. Juni 1996 ‑ 25 A 5043/95 ‑, GewArch 1997, 27 = juris, Rdn. 2.
16Der Antragsteller hatte bereits im Dezember 2011 eine eidesstattliche Versicherung abgegeben, wodurch das Bestehen einer wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit schon zu diesem Zeitpunkt belegt wird.
17Vgl. in diesem Zusammenhang OVG NRW, Beschluss vom 30. Mai 2011 ‑ 4 A 1069/10 ‑; vgl. in diesem Zusammenhang auch Marcks in Landmann/Rohmer, GewO, Loseblatt-Kommentar, Stand: Oktober 2014, § 35 GewO, Rdn. 46.
18Es widerspricht den Grundsätzen ordnungsgemäßer und redlicher Gewerbeausübung, bei dieser Sachlage eine gewerbliche Tätigkeit zu beginnen und damit das Vermögen der Gläubiger zu gefährden. Welche Umstände zu den wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Antragstellers geführt haben, ist nicht von Bedeutung. Denn ihm wird nicht die wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit als solche zur Last gelegt, sondern die Tatsache, dass er hieraus nicht die angemessenen Folgen gezogen hat.
19Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 ‑ 1 C 74.78 ‑, GewArch 1982, 301.
20Aus diesem Grund sind auch die von dem Antragsteller übersandten Unterlagen über den Bezug von Leistungen nach dem SGB II im Jahre 2005 sowie seine Lohn- und Gehaltsabrechnungen für die Zeit von November 1999 bis Januar 2000 nebst ergänzenden Unterlagen für die Frage seiner gewerberechtlichen Zuverlässigkeit nicht relevant.
21Umstände, die trotz der wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit des Antragstellers zum hier maßgeblichen Zeitpunkt eine andere, positive Prognose in Bezug auf seine gewerberechtliche Zuverlässigkeit hätten rechtfertigen können, wie etwa Anzeichen für eine Besserung seiner wirtschaftlichen Situation oder die Existenz eines erfolgversprechenden Sanierungskonzeptes,
22vgl. in diesem Zusammenhang OVG NRW, Urteil vom 12. April 2011 ‑ 4 A 1449/08 ‑, a. a. O. = juris, Rdn. 29,
23sind nicht gegeben. Der Antragsteller hat vielmehr in einem Gespräch mit der IHK N. O. im Vorfeld des Erlasses der Ordnungsverfügung vom 8. Oktober 2014 erklärt, weder seine Verbindlichkeiten bei den Kreditinstituten noch seine Steuerschulden bei dem Finanzamt L1. tilgen zu können.
24Im Übrigen lassen schon unabhängig davon die Steuerschulden des Antragstellers auf seine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit schließen. Steuerrückstände rechtfertigen die Annahme einer gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit, wenn sie sowohl nach ihrer absoluten Höhe als auch im Verhältnis zur Gesamtbelastung des Gewerbetreibenden von Gewicht sind; zudem ist die Zeitdauer, während derer der Gewerbetreibende seinen steuerlichen Verpflichtungen nicht nachkommt, insoweit von Bedeutung.
25Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 29. Januar 1988 ‑ 1 B 164.87 ‑, GewArch 1988, 162, vom 11. Dezember 1996 ‑ 1 B 250.96 ‑, GewArch 1999, 72 und vom 9. April 1997 ‑ 1 B 81.97 ‑, GewArch 1999, 72.
26Die enorme Höhe der Steuerschulden des Antragstellers von mehr als 50.000,00 Euro und der Umstand, dass die letzte freiwillige Zahlung an das Finanzamt L1. am 29. Dezember 2003 lediglich in Höhe von 337,00 Euro erfolgte, lassen den Schluss zu, dass der Antragsteller seit langer Zeit nicht willens oder nicht in der Lage ist, seinen öffentlich-rechtlichen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Indem er gleichwohl im Juli 2014 eine gewerbliche Tätigkeit aufgenommen hat, hat er sich unter Verstoß gegen die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Gewerbeausübung unlautere Wettbewerbsvorteile gegenüber seinen Mitbewerbern verschafft. Inwieweit sich die Verletzung seiner steuerlichen Zahlungspflichten auf Steuern bezogen hat, die aus seiner Tätigkeit als abhängig Beschäftigter bei der G. GmbH mit Sitz in E. und Betriebsstätte in L1. resultieren und somit nicht gewerberechtlicher Natur sind, ist ohne Belang. Insoweit ist vielmehr entscheidend, dass die unzuverlässigkeitsbegründenden Tatsachen ‑ wie dies bei jeder Verletzung von steuerlichen Zahlungs‑ und Erklärungspflichten der Fall ist ‑ zu einer ungünstigen Prognose hinsichtlich des gewerblichen Wirkens der betreffenden Person Anlass geben.
27Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 ‑ 1 C 52.78 ‑, GewArch 1982, 233.
28Im Übrigen spricht Einiges dafür, dass eine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit des Antragstellers auch daraus folgt, dass er wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit einem Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz (Urteil des Amtsgerichts L1. vom 5. Januar 2012 ‑ 35 Js 801/11 31 Cs 3/12 ‑) und wegen Betruges (Urteil des Amtsgerichts L1. vom 16. August 2012 ‑ 20 Js 823/12 31 Cs 393/12 ‑) rechtskräftig verurteilt worden ist. Eine abschließende Beurteilung kann allerdings erst nach Beiziehung der Strafakten erfolgen.
29Vgl. hierzu Marcks in: Landmann/Rohmer, a. a. O., § 35 GewO, Rdn. 37.
30Die Gewerbeuntersagung war nach Aktenlage auch zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich, weil die Unzuverlässigkeit des Antragstellers das Vermögen der öffentlichen Hand gefährdete.
31Die erweiterte Gewerbeuntersagung ist ebenfalls offensichtlich rechtmäßig. Nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO kann die Untersagung auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist.
32Die danach erforderliche gewerbeübergreifende Unzuverlässigkeit des Antragstellers ist zu bejahen. Seine wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit lässt ihn für die Ausübung aller Gewerbe als unzuverlässig erscheinen.
33Vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 10. November 1997 ‑ 4 A 156/97 ‑, juris, Rdn. 25; vgl. in diesem Zusammenhang auch BVerwG, Beschluss vom 29. Januar 1988 ‑ 1 B 164.87 ‑, a. a. O., 163.
34Jedenfalls ergibt sich seine gewerbeübergreifende Unzuverlässigkeit aus der Verletzung seiner steuerrechtlichen Verpflichtungen, die für jeden Gewerbetreibenden gelten und nicht nur Bezug zu einer bestimmten gewerblichen Tätigkeit haben.
35Vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Januar 1988 ‑ 1 B 164.87 ‑, a. a. O., 163; OVG NRW, Urteil vom 12. April 2011 ‑ 4 A 1449/08 ‑, a. a. O. = juris, Rdn. 35, mit weiteren Nachweisen.
36Die erweiterte Gewerbeuntersagung war ebenfalls zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich. Die über das betriebene Gewerbe hinausgehende Untersagung verlangt keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass der unzuverlässige Gewerbetreibende zukünftig eine anderweitige gewerbliche Tätigkeit ausüben wird. Vielmehr ist sie schon dann erforderlich, wenn ‑ wie hier ‑ keine besonderen Umstände vorliegen, die ein Ausweichen auf eine solche Tätigkeit ausschließen, weil der Betreffende durch sein Festhalten an dem tatsächlich ausgeübten Gewerbe seinen Willen bekundet hat, sich irgendwie gewerblich zu betätigen.
37Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 ‑ 1 CB 2.81 ‑, Buchholz 451.20 § 35 GewO Nr. 38 = juris, Rdn 35; OVG NRW, Urteil vom 12. April 2011 ‑ 4 A 1449/08 ‑, a. a. O. = juris, Rdn. 37 f. mit weiteren Nachweisen.
38Ebenso wenig ist ersichtlich, dass die erweiterte Gewerbeuntersagung unter Ermessensfehlern leidet.
39Auch im Übrigen überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Gewerbeuntersagung das private Interesse des Antragsellers, sein Gewerbe vorläufig fortführen zu können. Zwar ist die Aufrechterhaltung der Anordnung der sofortigen Vollziehung der Gewerbeuntersagung nicht schon allein deshalb gerechtfertigt, weil sich diese bei der im Rahmen von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO gebotenen summarischen Prüfung der Sach‑ und Rechtslage als offensichtlich rechtmäßig erwiesen hat. Vielmehr erfordert die Anordnung der sofortigen Vollziehung im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip die aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls gewonnene zusätzliche Feststellung, dass die sofortige Vollziehbarkeit schon vor der Rechtskraft des Hauptsacheverfahrens als Präventivmaßnahme zur Abwehr konkreter Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter notwendig ist.
40Vgl. in diesem Zusammenhang BayVGH, Beschluss vom 13. Dezember 2011 ‑ 2 CS 11. 2428 ‑, juris, Rdn. 6; OVG Hamburg, Beschluss vom 14. September 2009 ‑ 4 BS 149/09 ‑, nicht veröffentlicht.
41Hierfür muss die begründete Besorgnis bestehen, dass sich die mit der Gewerbeuntersagung bekämpfte Gefahr schon in der Zeit bis zur abschließenden Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Gewerbeuntersagung realisieren kann. Dies beurteilt sich nach der Sachlage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Insoweit sind auch Umstände zu berücksichtigen, die nach Erlass der Gewerbeuntersagung eingetreten sind.
42Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16. September 2013 ‑ 4 B 907/13 ‑ und vom 11. Oktober 2013 ‑ 4 A 457/13 ‑; OVG Hamburg, Beschluss vom 14. September 2009 ‑ 4 BS 149/09 ‑, nicht veröffentlicht; Gröning in: Pielow, GewO, München 2009, § 35 GewO, Rdn. 63; Marcks in: Landmann/Rohmer, a. a. O., § 35 GewO, Rdn. 111.
43In Bezug auf den Antragsteller besteht die Besorgnis, dass er auch während des Klageverfahrens seine laufenden Steuern beim Finanzamt L1. nicht bezahlt und seine steuerlichen Rückstände weiter ansteigen. Hierdurch würde sich auch seine wirtschaftliche Situation weiter verschärfen. Bereits in der Beschwerdebegründung hat die Antragsgegnerin darauf hingewiesen, dass der Antragsteller laut Mitteilung des Finanzamtes L1. vom 9. Januar 2015 auch weiterhin seine Umsatzsteuervoranmeldungen nicht vornehme, weshalb die Steuern weiter geschätzt würden. Zahlungen seitens des Antragstellers erfolgten ebenfalls nicht. Unter dem 12. Februar 2015 hat die Antragsgegnerin auf Nachfrage des Senats weiter mitgeteilt, dass die Steuerrückstände des Antragstellers durch die Nichtentrichtung der Umsatzsteuern für die Monate Juli und August 2014, die zum 17. November 2014 fällig geworden seien, mittlerweile auf 53.724,57 Euro angestiegen seien. Einer dieser Mitteilung beigefügten Aufstellung des Finanzamtes L1. ist zu entnehmen, dass dieser Betrag auch die Umsatzsteuern für die Monate August und September 2014 umfasst, die ebenfalls zum 17. November 2014 fällig geworden und vom Antragsteller bisher nicht gezahlt worden sind.
44Angesichts dessen ist die Annahme gerechtfertigt, dass der Antragsteller auch derzeit nicht willens oder in der Lage ist, seinen laufenden steuerlichen Zahlungspflichten nachzukommen und dass aufgrund dessen seine Steuerschulden während des Klageverfahrens weiter anwachsen werden.
45Auch hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung in der Ordnungsverfügung vom 8. Oktober 2014 geht die hier vorzunehmende Interessenabwägung zu Lasten des Antragstellers aus. Die Androhung beruht auf den §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 2, 58, 60 und 63 VwVG NRW und begegnet im Hinblick auf die Wahl des angedrohten Zwangsmittels, die Frist zur Einstellung des ausgeübten Gewerbes und die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes keinen rechtlichen Bedenken.
46Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
47Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.
48Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
(1) Wird eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet, so ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 Prozent des abgerundeten rückständigen Steuerbetrags zu entrichten; abzurunden ist auf den nächsten durch 50 Euro teilbaren Betrag. Das Gleiche gilt für zurückzuzahlende Steuervergütungen und Haftungsschulden, soweit sich die Haftung auf Steuern und zurückzuzahlende Steuervergütungen erstreckt. Die Säumnis nach Satz 1 tritt nicht ein, bevor die Steuer festgesetzt oder angemeldet worden ist. Wird die Festsetzung einer Steuer oder Steuervergütung aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt, so bleiben die bis dahin verwirkten Säumniszuschläge unberührt; das Gleiche gilt, wenn ein Haftungsbescheid zurückgenommen, widerrufen oder nach § 129 berichtigt wird. Erlischt der Anspruch durch Aufrechnung, bleiben Säumniszuschläge unberührt, die bis zur Fälligkeit der Schuld des Aufrechnenden entstanden sind.
(2) Säumniszuschläge entstehen nicht bei steuerlichen Nebenleistungen.
(3) Ein Säumniszuschlag wird bei einer Säumnis bis zu drei Tagen nicht erhoben. Dies gilt nicht bei Zahlung nach § 224 Abs. 2 Nr. 1.
(4) In den Fällen der Gesamtschuld entstehen Säumniszuschläge gegenüber jedem säumigen Gesamtschuldner. Insgesamt ist jedoch kein höherer Säumniszuschlag zu entrichten als verwirkt worden wäre, wenn die Säumnis nur bei einem Gesamtschuldner eingetreten wäre.
(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.
(2) Das Urteil enthält
- 1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren, - 2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, - 3.
die Urteilsformel, - 4.
den Tatbestand, - 5.
die Entscheidungsgründe, - 6.
die Rechtsmittelbelehrung.
(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.
(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.
(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.
(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert.
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 10.000 Euro festgesetzt.
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G r ü n d e :
2Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Der sinngemäße Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seiner am 6. November 2014 erhobenen Klage ‑ 3 K 7275/14 ‑ gegen die in der Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 8. Oktober 2014 ausgesprochene Gewerbeuntersagung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO wiederherzustellen bzw. hinsichtlich der darin enthaltenen Zwangsgeldandrohung anzuordnen, hat in der Sache keinen Erfolg.
3Die Anordnung der sofortigen Vollziehung genügt dem formellen Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Zwar bedarf es regelmäßig der Darlegung besonderer Gründe, die über die Gesichtspunkte hinausgehen, die den Verwaltungsakt selbst rechtfertigen. Geringere Begründungsanforderungen gelten aber ausnahmsweise in Fällen besonderer Dringlichkeit, etwa bei Verfügungen, die sich durch Zeitablauf erledigen, oder dann, wenn aus Sicht der Behörde nur die Anordnung der sofortigen Vollziehung erheblichen Gefahren oder der Begehung von Straftaten vorbeugen kann. In solchen Fällen reicht es aus, wenn diese besonderen Gründe benannt werden und deutlich gemacht wird, dass sie ein solches Gewicht haben, das ein besonderes öffentliches Interesse gerade an der sofortigen Vollziehung zu belegen fähig ist.
4Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. November 2013 ‑ 5 B 592/13 ‑, juris, Rdn. 6.
5Diesen Anforderungen hat die Antragsgegnerin entsprochen. Sie hat ausgeführt, es bestehe die begründete Besorgnis, dass sich die ‑ von der gewerblichen Tätigkeit des Antragstellers ausgehenden ‑ Gefahren für die Allgemeinheit in dem Zeitraum bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache weiter verwirklichten. Dieser Umstand begründe ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der Verfügung und überwiege das private Interesse an deren einstweiligen Nichtvollzug. Dies ist eine hinreichend fallbezogene Begründung.
6Die im Weiteren gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer sofortigen Vollziehung der Gewerbeuntersagung in der Ordnungsverfügung vom 8. Oktober 2014 mit dem privaten Interesse des Antragstellers, von deren Vollzug einstweilen verschont zu bleiben, geht zu Lasten des Antragstellers aus. Denn die Gewerbeuntersagung erweist sich bei der hier nur gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage als offensichtlich rechtmäßig und es sind keine Umstände ersichtlich, die gleichwohl einen Vorrang des privaten Aussetzungsinteresses des Antragstellers begründen können.
7Ermächtigungsgrundlage für die Untersagung des von dem Antragsteller derzeit ausgeübten Gewerbes eines Handelsvertreters für Bauelemente und Glasereiprodukte ist § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO. Nach dieser Vorschrift ist die Ausübung eines Gewerbes zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in Bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutz der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Die Antragsgegnerin geht in ihrer Beschwerdebegründung zu Recht davon aus, dass der Antragsteller unzuverlässig ist. Unzuverlässig ist ein Gewerbetreibender, der nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreibt. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, beurteilt sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt des Erlasses der Gewerbeuntersagung.
8Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 ‑ 1 C 146.80 ‑, DÖV 1982, 900; OVG NRW, Urteil vom 12. April 2011 ‑ 4 A 1449/08 ‑, NVwZ-RR 2011, 553 = juris, Rdn. 23 ff. mit weiteren Nachweisen für die ständige Rechtsprechung.
9Zu diesem Zeitpunkt rechtfertigte sich die Prognose einer gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit des Antragstellers daraus, dass er kurz zuvor, am 24. Juli 2014, sein derzeitiges Gewerbe begonnen hat, obwohl er wirtschaftlich leistungsunfähig war. Bereits zu diesem Zeitpunkt hatte der Antragsteller beim Finanzamt L. aus der Zeit von Dezember 2002 bis März 2006 Steuerrückstände in Höhe von rund 50.000,00 Euro (Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag, Kirchen- und Umsatzsteuer zzgl. Zinsen, Verspätungs- und Versäumniszuschläge). Die letzte freiwillige Zahlung an das Finanzamt in Höhe von 337,00 Euro erfolgte am 29. Dezember 2003. Vollstreckungsversuche verliefen im Wesentlichen erfolglos. Ob die auf Schätzungen des Finanzamtes beruhenden Steuerforderungen materiell rechtmäßig sind, ist weder von der Verwaltungsbehörde noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu prüfen. Maßgeblich ist allein, dass die Steuern fällig und zu entrichten waren.
10Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 22. Juni 1994 ‑ 1 B 114.94 ‑, Buchholz 451.20 § 33c GewO Nr. 5 = juris, Rdn. 10, vom 12. Januar 1996 ‑ 1 B 177.95 ‑, Buchholz 451.20 § 35 GewO Nr. 62 = juris, Rdn. 5 und vom 12. März 1997 ‑ 1 B 72.97 ‑, juris, Rdn. 4; OVG NRW, Urteil vom 10. November 1997 ‑ 4 A 156/97 ‑, juris, Rdn. 18.
11Weiterhin hatte die Antragsgegnerin Forderungen gegen den Antragsteller in Höhe von insgesamt 2.927,47 Euro (rückständige Gebühren, Verwarnungs‑ und Bußgelder).
12Zudem hatte der Antragsteller bereits am 15. November 2011 eine eidesstattliche Versicherung abgegeben. Ferner ist am 27. Dezember 2013 seine Eintragung in das Schuldnerverzeichnis nach § 882 h Abs. 1 ZPO angeordnet worden, weil er nach einer zuvor von ihm abgegebenen Vermögensauskunft vermögenslos ist.
13Schon danach ist davon auszugehen, dass der Antragsteller bei Aufnahme seines derzeitigen Gewerbes wirtschaftlich leistungsunfähig war. Auf die Frage, ob bereits zu diesem Zeitpunkt auch seine Verbindlichkeiten gegenüber zwei Kreditinstituten in Höhe von ca. 20.000,00 Euro existierten, kam es demzufolge nicht mehr an.
14Diese Leistungsunfähigkeit begründete die Unzuverlässigkeit des Antragstellers, weil sie auch anhaltend war.
15Vgl. in diesem Zusammenhang BVerwG, Beschluss vom 29. April 1988 ‑ 1 B 41.88 ‑, Buchholz 451.20 § 35 GewO Nr. 46; OVG NRW, Beschluss vom 3. Juni 1996 ‑ 25 A 5043/95 ‑, GewArch 1997, 27 = juris, Rdn. 2.
16Der Antragsteller hatte bereits im Dezember 2011 eine eidesstattliche Versicherung abgegeben, wodurch das Bestehen einer wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit schon zu diesem Zeitpunkt belegt wird.
17Vgl. in diesem Zusammenhang OVG NRW, Beschluss vom 30. Mai 2011 ‑ 4 A 1069/10 ‑; vgl. in diesem Zusammenhang auch Marcks in Landmann/Rohmer, GewO, Loseblatt-Kommentar, Stand: Oktober 2014, § 35 GewO, Rdn. 46.
18Es widerspricht den Grundsätzen ordnungsgemäßer und redlicher Gewerbeausübung, bei dieser Sachlage eine gewerbliche Tätigkeit zu beginnen und damit das Vermögen der Gläubiger zu gefährden. Welche Umstände zu den wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Antragstellers geführt haben, ist nicht von Bedeutung. Denn ihm wird nicht die wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit als solche zur Last gelegt, sondern die Tatsache, dass er hieraus nicht die angemessenen Folgen gezogen hat.
19Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 ‑ 1 C 74.78 ‑, GewArch 1982, 301.
20Aus diesem Grund sind auch die von dem Antragsteller übersandten Unterlagen über den Bezug von Leistungen nach dem SGB II im Jahre 2005 sowie seine Lohn- und Gehaltsabrechnungen für die Zeit von November 1999 bis Januar 2000 nebst ergänzenden Unterlagen für die Frage seiner gewerberechtlichen Zuverlässigkeit nicht relevant.
21Umstände, die trotz der wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit des Antragstellers zum hier maßgeblichen Zeitpunkt eine andere, positive Prognose in Bezug auf seine gewerberechtliche Zuverlässigkeit hätten rechtfertigen können, wie etwa Anzeichen für eine Besserung seiner wirtschaftlichen Situation oder die Existenz eines erfolgversprechenden Sanierungskonzeptes,
22vgl. in diesem Zusammenhang OVG NRW, Urteil vom 12. April 2011 ‑ 4 A 1449/08 ‑, a. a. O. = juris, Rdn. 29,
23sind nicht gegeben. Der Antragsteller hat vielmehr in einem Gespräch mit der IHK N. O. im Vorfeld des Erlasses der Ordnungsverfügung vom 8. Oktober 2014 erklärt, weder seine Verbindlichkeiten bei den Kreditinstituten noch seine Steuerschulden bei dem Finanzamt L1. tilgen zu können.
24Im Übrigen lassen schon unabhängig davon die Steuerschulden des Antragstellers auf seine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit schließen. Steuerrückstände rechtfertigen die Annahme einer gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit, wenn sie sowohl nach ihrer absoluten Höhe als auch im Verhältnis zur Gesamtbelastung des Gewerbetreibenden von Gewicht sind; zudem ist die Zeitdauer, während derer der Gewerbetreibende seinen steuerlichen Verpflichtungen nicht nachkommt, insoweit von Bedeutung.
25Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 29. Januar 1988 ‑ 1 B 164.87 ‑, GewArch 1988, 162, vom 11. Dezember 1996 ‑ 1 B 250.96 ‑, GewArch 1999, 72 und vom 9. April 1997 ‑ 1 B 81.97 ‑, GewArch 1999, 72.
26Die enorme Höhe der Steuerschulden des Antragstellers von mehr als 50.000,00 Euro und der Umstand, dass die letzte freiwillige Zahlung an das Finanzamt L1. am 29. Dezember 2003 lediglich in Höhe von 337,00 Euro erfolgte, lassen den Schluss zu, dass der Antragsteller seit langer Zeit nicht willens oder nicht in der Lage ist, seinen öffentlich-rechtlichen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Indem er gleichwohl im Juli 2014 eine gewerbliche Tätigkeit aufgenommen hat, hat er sich unter Verstoß gegen die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Gewerbeausübung unlautere Wettbewerbsvorteile gegenüber seinen Mitbewerbern verschafft. Inwieweit sich die Verletzung seiner steuerlichen Zahlungspflichten auf Steuern bezogen hat, die aus seiner Tätigkeit als abhängig Beschäftigter bei der G. GmbH mit Sitz in E. und Betriebsstätte in L1. resultieren und somit nicht gewerberechtlicher Natur sind, ist ohne Belang. Insoweit ist vielmehr entscheidend, dass die unzuverlässigkeitsbegründenden Tatsachen ‑ wie dies bei jeder Verletzung von steuerlichen Zahlungs‑ und Erklärungspflichten der Fall ist ‑ zu einer ungünstigen Prognose hinsichtlich des gewerblichen Wirkens der betreffenden Person Anlass geben.
27Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 ‑ 1 C 52.78 ‑, GewArch 1982, 233.
28Im Übrigen spricht Einiges dafür, dass eine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit des Antragstellers auch daraus folgt, dass er wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit einem Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz (Urteil des Amtsgerichts L1. vom 5. Januar 2012 ‑ 35 Js 801/11 31 Cs 3/12 ‑) und wegen Betruges (Urteil des Amtsgerichts L1. vom 16. August 2012 ‑ 20 Js 823/12 31 Cs 393/12 ‑) rechtskräftig verurteilt worden ist. Eine abschließende Beurteilung kann allerdings erst nach Beiziehung der Strafakten erfolgen.
29Vgl. hierzu Marcks in: Landmann/Rohmer, a. a. O., § 35 GewO, Rdn. 37.
30Die Gewerbeuntersagung war nach Aktenlage auch zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich, weil die Unzuverlässigkeit des Antragstellers das Vermögen der öffentlichen Hand gefährdete.
31Die erweiterte Gewerbeuntersagung ist ebenfalls offensichtlich rechtmäßig. Nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO kann die Untersagung auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist.
32Die danach erforderliche gewerbeübergreifende Unzuverlässigkeit des Antragstellers ist zu bejahen. Seine wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit lässt ihn für die Ausübung aller Gewerbe als unzuverlässig erscheinen.
33Vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 10. November 1997 ‑ 4 A 156/97 ‑, juris, Rdn. 25; vgl. in diesem Zusammenhang auch BVerwG, Beschluss vom 29. Januar 1988 ‑ 1 B 164.87 ‑, a. a. O., 163.
34Jedenfalls ergibt sich seine gewerbeübergreifende Unzuverlässigkeit aus der Verletzung seiner steuerrechtlichen Verpflichtungen, die für jeden Gewerbetreibenden gelten und nicht nur Bezug zu einer bestimmten gewerblichen Tätigkeit haben.
35Vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Januar 1988 ‑ 1 B 164.87 ‑, a. a. O., 163; OVG NRW, Urteil vom 12. April 2011 ‑ 4 A 1449/08 ‑, a. a. O. = juris, Rdn. 35, mit weiteren Nachweisen.
36Die erweiterte Gewerbeuntersagung war ebenfalls zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich. Die über das betriebene Gewerbe hinausgehende Untersagung verlangt keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass der unzuverlässige Gewerbetreibende zukünftig eine anderweitige gewerbliche Tätigkeit ausüben wird. Vielmehr ist sie schon dann erforderlich, wenn ‑ wie hier ‑ keine besonderen Umstände vorliegen, die ein Ausweichen auf eine solche Tätigkeit ausschließen, weil der Betreffende durch sein Festhalten an dem tatsächlich ausgeübten Gewerbe seinen Willen bekundet hat, sich irgendwie gewerblich zu betätigen.
37Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 ‑ 1 CB 2.81 ‑, Buchholz 451.20 § 35 GewO Nr. 38 = juris, Rdn 35; OVG NRW, Urteil vom 12. April 2011 ‑ 4 A 1449/08 ‑, a. a. O. = juris, Rdn. 37 f. mit weiteren Nachweisen.
38Ebenso wenig ist ersichtlich, dass die erweiterte Gewerbeuntersagung unter Ermessensfehlern leidet.
39Auch im Übrigen überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Gewerbeuntersagung das private Interesse des Antragsellers, sein Gewerbe vorläufig fortführen zu können. Zwar ist die Aufrechterhaltung der Anordnung der sofortigen Vollziehung der Gewerbeuntersagung nicht schon allein deshalb gerechtfertigt, weil sich diese bei der im Rahmen von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO gebotenen summarischen Prüfung der Sach‑ und Rechtslage als offensichtlich rechtmäßig erwiesen hat. Vielmehr erfordert die Anordnung der sofortigen Vollziehung im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip die aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls gewonnene zusätzliche Feststellung, dass die sofortige Vollziehbarkeit schon vor der Rechtskraft des Hauptsacheverfahrens als Präventivmaßnahme zur Abwehr konkreter Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter notwendig ist.
40Vgl. in diesem Zusammenhang BayVGH, Beschluss vom 13. Dezember 2011 ‑ 2 CS 11. 2428 ‑, juris, Rdn. 6; OVG Hamburg, Beschluss vom 14. September 2009 ‑ 4 BS 149/09 ‑, nicht veröffentlicht.
41Hierfür muss die begründete Besorgnis bestehen, dass sich die mit der Gewerbeuntersagung bekämpfte Gefahr schon in der Zeit bis zur abschließenden Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Gewerbeuntersagung realisieren kann. Dies beurteilt sich nach der Sachlage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Insoweit sind auch Umstände zu berücksichtigen, die nach Erlass der Gewerbeuntersagung eingetreten sind.
42Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16. September 2013 ‑ 4 B 907/13 ‑ und vom 11. Oktober 2013 ‑ 4 A 457/13 ‑; OVG Hamburg, Beschluss vom 14. September 2009 ‑ 4 BS 149/09 ‑, nicht veröffentlicht; Gröning in: Pielow, GewO, München 2009, § 35 GewO, Rdn. 63; Marcks in: Landmann/Rohmer, a. a. O., § 35 GewO, Rdn. 111.
43In Bezug auf den Antragsteller besteht die Besorgnis, dass er auch während des Klageverfahrens seine laufenden Steuern beim Finanzamt L1. nicht bezahlt und seine steuerlichen Rückstände weiter ansteigen. Hierdurch würde sich auch seine wirtschaftliche Situation weiter verschärfen. Bereits in der Beschwerdebegründung hat die Antragsgegnerin darauf hingewiesen, dass der Antragsteller laut Mitteilung des Finanzamtes L1. vom 9. Januar 2015 auch weiterhin seine Umsatzsteuervoranmeldungen nicht vornehme, weshalb die Steuern weiter geschätzt würden. Zahlungen seitens des Antragstellers erfolgten ebenfalls nicht. Unter dem 12. Februar 2015 hat die Antragsgegnerin auf Nachfrage des Senats weiter mitgeteilt, dass die Steuerrückstände des Antragstellers durch die Nichtentrichtung der Umsatzsteuern für die Monate Juli und August 2014, die zum 17. November 2014 fällig geworden seien, mittlerweile auf 53.724,57 Euro angestiegen seien. Einer dieser Mitteilung beigefügten Aufstellung des Finanzamtes L1. ist zu entnehmen, dass dieser Betrag auch die Umsatzsteuern für die Monate August und September 2014 umfasst, die ebenfalls zum 17. November 2014 fällig geworden und vom Antragsteller bisher nicht gezahlt worden sind.
44Angesichts dessen ist die Annahme gerechtfertigt, dass der Antragsteller auch derzeit nicht willens oder in der Lage ist, seinen laufenden steuerlichen Zahlungspflichten nachzukommen und dass aufgrund dessen seine Steuerschulden während des Klageverfahrens weiter anwachsen werden.
45Auch hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung in der Ordnungsverfügung vom 8. Oktober 2014 geht die hier vorzunehmende Interessenabwägung zu Lasten des Antragstellers aus. Die Androhung beruht auf den §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 2, 58, 60 und 63 VwVG NRW und begegnet im Hinblick auf die Wahl des angedrohten Zwangsmittels, die Frist zur Einstellung des ausgeübten Gewerbes und die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes keinen rechtlichen Bedenken.
46Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
47Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.
48Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
(1) Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Die Untersagung kann auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist. Das Untersagungsverfahren kann fortgesetzt werden, auch wenn der Betrieb des Gewerbes während des Verfahrens aufgegeben wird.
(2) Dem Gewerbetreibenden kann auf seinen Antrag von der zuständigen Behörde gestattet werden, den Gewerbebetrieb durch einen Stellvertreter (§ 45) fortzuführen, der die Gewähr für eine ordnungsgemäße Führung des Gewerbebetriebes bietet.
(3) Will die Verwaltungsbehörde in dem Untersagungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen einen Gewerbetreibenden gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil von dem Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich bezieht auf
- 1.
die Feststellung des Sachverhalts, - 2.
die Beurteilung der Schuldfrage oder - 3.
die Beurteilung der Frage, ob er bei weiterer Ausübung des Gewerbes erhebliche rechtswidrige Taten im Sinne des § 70 des Strafgesetzbuches begehen wird und ob zur Abwehr dieser Gefahren die Untersagung des Gewerbes angebracht ist.
(3a) (weggefallen)
(4) Vor der Untersagung sollen, soweit besondere staatliche Aufsichtsbehörden bestehen, die Aufsichtsbehörden, ferner die zuständige Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer und, soweit es sich um eine Genossenschaft handelt, auch der Prüfungsverband gehört werden, dem die Genossenschaft angehört. Ihnen sind die gegen den Gewerbetreibenden erhobenen Vorwürfe mitzuteilen und die zur Abgabe der Stellungnahme erforderlichen Unterlagen zu übersenden. Die Anhörung der vorgenannten Stellen kann unterbleiben, wenn Gefahr im Verzuge ist; in diesem Falle sind diese Stellen zu unterrichten.
(5) (weggefallen)
(6) Dem Gewerbetreibenden ist von der zuständigen Behörde auf Grund eines an die Behörde zu richtenden schriftlichen oder elektronischen Antrages die persönliche Ausübung des Gewerbes wieder zu gestatten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß eine Unzuverlässigkeit im Sinne des Absatzes 1 nicht mehr vorliegt. Vor Ablauf eines Jahres nach Durchführung der Untersagungsverfügung kann die Wiederaufnahme nur gestattet werden, wenn hierfür besondere Gründe vorliegen.
(7) Zuständig ist die Behörde, in deren Bezirk der Gewerbetreibende eine gewerbliche Niederlassung unterhält oder in den Fällen des Absatzes 2 oder 6 unterhalten will. Bei Fehlen einer gewerblichen Niederlassung sind die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll. Für die Vollstreckung der Gewerbeuntersagung sind auch die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll.
(7a) Die Untersagung kann auch gegen Vertretungsberechtigte oder mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragte Personen ausgesprochen werden. Das Untersagungsverfahren gegen diese Personen kann unabhängig von dem Verlauf des Untersagungsverfahrens gegen den Gewerbetreibenden fortgesetzt werden. Die Absätze 1 und 3 bis 7 sind entsprechend anzuwenden.
(8) Soweit für einzelne Gewerbe besondere Untersagungs- oder Betriebsschließungsvorschriften bestehen, die auf die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden abstellen, oder eine für das Gewerbe erteilte Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden zurückgenommen oder widerrufen werden kann, sind die Absätze 1 bis 7a nicht anzuwenden. Dies gilt nicht für die Tätigkeit als vertretungsberechtigte Person eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung des Betriebes oder einer Zweigniederlassung beauftragte Person sowie für Vorschriften, die Gewerbeuntersagungen oder Betriebsschließungen durch strafgerichtliches Urteil vorsehen.
(9) Die Absätze 1 bis 8 sind auf Genossenschaften entsprechend anzuwenden, auch wenn sich ihr Geschäftsbetrieb auf den Kreis der Mitglieder beschränkt; sie finden ferner Anwendung auf den Handel mit Arzneimitteln, mit Losen von Lotterien und Ausspielungen sowie mit Bezugs- und Anteilscheinen auf solche Lose und auf den Betrieb von Wettannahmestellen aller Art.
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das auf die mündliche Verhandlung vom 22. Januar 2015 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Köln wird abgelehnt.
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Klageverfahren durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 20. Januar 2015 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungs- und des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten der Beteiligten in dem Beschwerdeverfahren werden nicht erstattet.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungs-verfahren auf 15.000,00 EUR festgesetzt.
1
G r ü n d e :
21. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
3Das Verwaltungsgericht hat angenommen, dass die Beklagte am 17. Juli 2013 bei der Schließung und Versiegelung des „Kiosks mit Stehcafé“ der Klägerin, H. A. 18, L. , gemäß § 55 Abs. 2 VwVG NRW im Rahmen ihrer Befugnisse gehandelt habe und der fiktive Grundverwaltungsakt, die Gewerbeuntersagung, gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO rechtmäßig sei, nachdem am 16. Juli 2013 im Rahmen einer polizeilichen Durchsuchung des Kiosks in der Jacke des Angestellten der Klägerin, Herrn U. H1. , mehrere verkaufsfertig abgepackte Kokainrationen und Amphetamin aufgefunden wurden.
4a) Aus dem Zulassungsvorbringen ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
5Das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil auf Seite 6, vierter Absatz, bis Seite 8, zweiter Absatz, ausführlich das Vorliegen einer Gefahrenlage im Sinne des § 55 Abs. 2 VwVG NRW begründet. Diesen Ausführungen schließt sich der Senat an. Soweit die Klägerin einwendet, im Rahmen der Anklageerhebung gegen M. P. und U. H1. sei keiner der in der Anklageschrift genannten Orte konkret dem Kiosk der Klägerin zugeordnet worden, greift dieses Vorbringen nicht durch. Zum einen widerlegt es nicht die – eine gegenwärtige Gefahr begründende – Tatsache, , dass am 16. Juli 2013 im Rahmen einer Durchsuchung des Kiosks abgepackte Betäubungsmittel in der Jacke des Herrn H1. gefunden wurden. Zum anderen ist der Einwand unzutreffend, weil Gegenstand der Anklage auch das im Kiosk H. A. aufgefundene Rauschgift war. Auf Seite 7 der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft L. (185 Js 156/13) wird unter Ziffer 40) ausdrücklich ausgeführt, dass Herr H1. am 16. Juli 2013 in dem Kiosk H. A. 18 über einen Plastikbeutel mit 10,49 g Amphetamin und zwei Plastikbeutel mit jeweils 0,20 g und 3,62 g Kokain verfügte und die Betäubungsmittel zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt waren.
6War damit angesichts der noch am 17. Juli 2013 bestehenden Gefahrenlage ein sofortiges Einschreiten der Beklagten erforderlich, konnte die Beklagte zugleich – entgegen der Auffassung der Klägerin – von einer vorherigen Anhörung absehen, vgl. § 28 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG NRW.
7Auch ist die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Klägerin sei zur Ausübung des Gewerbes „Kiosk mit Stehcafé“ im H. A. – einer durch Drogenhandel belasteten Gegend – gewerberechtlich unzuverlässig, nicht zu beanstanden. Unzuverlässig ist ein Gewerbetreibender, der nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreibt. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, beurteilt sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt des Erlasses der Gewerbeuntersagung.
8Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 ‑ 1 C 146.80 ‑, BVerwGE 65, 1 = juris, Rn.14; OVG NRW, Beschluss vom 25. März 2015 ‑ 4 B 1480/14 ‑, juris, Rn. 6 f., mit weiteren Nachweisen für die ständige Rechtsprechung.
9Nicht ordnungsgemäß ist eine Gewerbeausübung durch eine Person, die nicht Willens oder in der Lage ist, die im öffentlichen Interesse zu fordernde einwandfreie Führung ihres Geschäftes zu gewährleisten.
10Vgl. OVG Bremen, Beschluss vom 5. Oktober 2009 ‑ 2 B 273/09 ‑, GewArch 2009, 491 = juris, Rn. 21.
11Wer – wie die Klägerin – ein Geschäftslokal in einer Umgebung betreibt, in der bekanntermaßen häufig Handel mit Betäubungsmitteln stattfindet, muss die Gewähr dafür bieten, dass er in der Lage ist, den Missbrauch seiner Räumlichkeiten durch die Drogenszene zu verhindern. Wer das nicht leisten kann, hat nicht die für die Gewerbeausübung erforderliche Zulässigkeit.
12Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. November 2014 ‑ 4 E 1083/14 ‑ unter Bezugnahme auf OVG Bremen, Beschluss vom 5. Oktober 2009 ‑ 2 B 273/09 ‑, GewArch 2009, 491 = juris, Rn. 33 und Bay. VGH, Beschluss vom 22. August 2013 - 22 CS 13.1530 -, BayVBl. 2014, 244 = juris, Rn. 25.
13Hierzu gehört, dass er seine Mitarbeiter sorgfältig auswählt und überwacht.
14Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. November 2014 ‑ 4 E 1083/14 ‑ unter Bezugnahme auf Bay. VGH, Beschluss vom 23. Januar 2001 ‑ 22 ZS 00.3666 ‑, GewArch 2001, 172 = juris, Rn. 3.
15Diesen Verpflichtungen ist die Klägerin nicht nachgekommen, als sie wissentlich den wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz einschlägig vorbestraften und nach ihrer Kenntnis zumindest bis vor Kurzem drogenabhängigen Herrn U. H1. für eine eigenverantwortliche Tätigkeit als Verkäufer in ihrem Kiosk einstellte. Zur Vermeidung von (weiteren) Wiederholungen nimmt der Senat Bezug auf seine Ausführungen im Beschluss vom 6. November 2014 – 4 E 1083/14 – (Seite 6, letzter Absatz, erster Satz) sowie auf die Ausführungen im Urteil des Verwaltungsgerichts (Seite 10, vorletzter Absatz).
16Entgegen der Auffassung der Klägerin hat das Verwaltungsgericht für die Beurteilung der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit der Klägerin zutreffend auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des (fiktiven) Erlasses der Gewerbeuntersagung am 17. Juli 2013 abgestellt und nachträgliche Erkenntnisse im Sinne einer „ex-post-Betrachtung“ zu Recht nicht mehr berücksichtigt. Dementsprechend bleibt der Einwand der Klägerin ohne Erfolg, die tatsächlichen Gegebenheiten zu diesem Zeitpunkt hätten allenfalls aus „ex ante“ Sicht eine Gefahrenlage im Sinne des § 55 Abs. 2 VwVG, nicht aber eine ‑ auch zukünftig wirkende – Untersagung ihres Gewerbes „Kiosk mit Stehcafé“ gerechtfertigt, hinsichtlich derer eine „ex-post-Betrachtung“ erforderlich gewesen wäre.
17Auch den weiteren Einwänden der Klägerin gegen die Annahme ihrer gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit ist nicht zu folgen. Das Verwaltungsgericht hat diese jeweils selbstständig tragend damit begründet, dass die Klägerin deshalb nicht in der Lage gewesen sei, den Missbrauch ihrer Räumlichkeiten durch die Drogenszene zu verhindern, weil es erstens im Hinblick auf den Angestellten U. H1. an einer hinreichend sorgfältigen Mitarbeiterauswahl gefehlt habe und weil zweitens die Klägerin ihren Aufsichts- und Überwachungspflichten nur unzureichend nachgekommen sei. Dem ist die Klägerin nicht durchgreifend entgegen getreten.
18Der Einwand der Klägerin, das Verwaltungsgericht habe das – inzwischen rechtskräftige – Urteil des Amtsgerichts L. vom 16. Mai 2014 – 584 Ls 8/14 185 Js 156/13 – falsch zitiert, indem es dargelegt habe, dass der Angeklagte H1. wegen des Handels mit Betäubungsmitteln unter anderem auch wegen einer im Kiosk der Klägerin begangenen Tat verurteilt worden sei, greift nicht durch. Zum einen betreffen die Ausführungen des Verwaltungsgericht auf Seite 7 (zweiter und dritter Absatz) des Urteils nicht die Unzuverlässigkeit der Klägerin, sondern die Frage, ob eine das abgekürzte Verfahren nach § 55 Abs. 2 VwVG NRW rechtfertigende Gefahrenlage bestanden hat. Zum anderen sind die Erwägungen des Verwaltungsgerichts zutreffend. Das Amtsgericht L. hat Herrn H1. wegen gemeinschaftlichen unerlaubten Handels mit Betäubungsmitteln in 39 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt und hierbei festgestellt, dass er in dem Kiosk „H. A. 18“ über einen Plastikbeutel mit 10,49 g Amphetamin sowie über zwei Plastikbeutel mit jeweils 0,20 und 3,62 g Kokain verfügt habe, die für den Eigenbedarf und dessen Finanzierung zum Weiterverkauf bestimmt gewesen seien. Ferner hat es bei der Strafzumessung ausgeführt, dass es für das im Kiosk H. A. aufgefundene Rauschgift eine Einsatzstrafe von einem Jahr für schuld- und tatangemessen halte.
19Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der dem Beschluss des OVG Bremen vom 5. Oktober 2009 – 2 B 273/09 – zu Grunde liegende Sachverhalt mit der vorliegenden Sachlage vergleichbar. Auch wenn nicht ersichtlich ist, dass die Klägerin - im Gegensatz zu dem dortigen Antragsteller – selbst in den Drogenhandel eingebunden war, befand sich das Café des dortigen Antragstellers – wie auch der „Kiosk mit Stehcafé“ der Klägerin – in einer durch häufigen Drogenhandel belasteten Umgebung.
20Ferner vermag das Vorbringen der Klägerin, sie habe ihren Mitarbeiter U. H1. „aufgrund der hiesigen Vorfälle“ am „16.7.2013“ fristlos entlassen, den Vorwurf der fehlenden sorgfältigen Mitarbeiterauswahl nicht zu entkräften, weil diese Auswahl bereits der Einstellung hätte vorausgehen müssen. Unsorgfältig war sie – worauf das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat – bereits deshalb, weil die Klägerin in einem durch Drogenhandel belasteten Umfeld wissentlich einen einschlägig vorbestraften und seit Jahren schwer drogenabhängigen Mitarbeiter eingestellt und damit die Gefahr der Begehung von Betäubungsmitteldelikten in ihrem eigenen Kiosk deutlich erhöht hat. Soweit sich die Klägerin darauf beruft, sie habe Herrn H1. erst nach einer erfolgreichen Drogenentwöhnungstherapie eingestellt und ihr könne nicht vorgeworfen werden, dass sie ihm eine Chance und die Möglichkeit zur Resozialisierung gegeben habe, greift dieses Vorbringen nicht durch. Denn die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit setzt kein subjektiv vorwerfbares Verhalten voraus, sondern knüpft lediglich an objektive Tatsachen an. Objektiv war aber auch nach der (angeblichen) Drogentherapie des Herrn H1. mit der Möglichkeit eines Rückfalls zu rechnen, sodass ihm in dem problematischen Umfeld des Kiosks der Klägerin eine dortige eigenverantwortliche Tätigkeit als Verkäufer nicht hätte übertragen werden dürfen. Angesichts dessen ist auch ohne Belang, dass die Klägerin selbst nicht im Verdacht gestanden hat, mit Betäubungsmitteln gehandelt oder den Betäubungsmittelhandel von Herrn H1. gebilligt zu haben.
21Mit Blick auf den maßgeblichen Zeitpunkt des (fiktiven) Erlasses der Untersagungsverfügung am 17. Juli 2013 ist zudem unerheblich ist, ob sich im Nachhinein die „Vision eines schwunghaften, bandenmäßigen Kokain- und Amphetaminhandels mit dem Kiosk als Dreh- und Angelpunkt“ und dem „als Bandenkopf“ angesehenen Mitarbeiter der Klägerin J. O. „im Rahmen der Ermittlung gerade nicht bestätigt hat“ oder ob es nach einer Entlassung von Herrn H1. ausgereicht hätte sicherzustellen, dass der Vater der Klägerin, Herr P1. U1. , den Kiosk nicht mehr betritt.
22Greifen damit die Einwände der Klägerin gegen die selbständig tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts zur fehlenden Sorgfalt bei der Auswahl des Herrn H1. nicht durch, kommt es auf ihren weiteren Einwand, sie sei mit dem Einbau einer Videoanlage und ihrer stichprobenartigen Überprüfung der Videoaufzeichnungen ihren Aufsichts- und Überwachungspflichten ausreichend nachgekommen, nicht mehr an. Ihre Zweifel an der Beweiskraft des polizeilichen Vermerks vom 17. Juli 2013 und der Videoaufzeichnungen vom 24. Juni 2013 und 9. Juli 2013, denen nach Ansicht des Verwaltungsgerichts zu entnehmen ist, dass Herr H1. im Kiosk mehrmals aus einer Plastiktüte weiße Briefchen entnommen und an unbekannte Personen übergeben hat, sind daher ebenso unerheblich wie ihr Einwand, das Verwaltungsgericht hätte im Einzelnen darlegen müssen, auf welche konkreten und nachvollziehbaren polizeilichen Feststellungen es seine Entscheidung „ansonsten“ gründet.
23Entgegen der Auffassung der Klägerin verstößt die Gewerbeuntersagung auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Der Beklagten stand zur raschen und effektiven Abwehr der vom Handeltreiben mit Betäubungsmitteln ausgehenden Gefahren für die Allgemeinheit kein milderes Mittel zur Verfügung als die – der Vollziehung der (fiktiven) Gewerbeuntersagung dienende – Schließung und Versiegelung des Kiosks am 17. Juli 2013. Die Klägerin kann nicht unter Bezugnahme auf den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 22. August 2013 – 22 CS 13.1530 – erfolgreich geltend machen, dass zur Bekämpfung der Betäubungsmittelkriminalität eine Verlängerung der Sperrzeiten ausgereicht hätte. Der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs lag zugrunde, dass eine Diskothek deshalb „Dreh- und Angelpunkt des Geschehens“ von Betäubungsmitteldelikten war, weil sich die angetroffenen Personen mangels anderer um diese Zeit noch geöffneter Gaststätten ausschließlich dort aufhielten. Diese Sachlage ist der vorliegenden nicht vergleichbar. Der weitere Hinweis der Klägerin, aus den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs ergebe sich, welche Anforderungen an die Begründung eines verwaltungsgerichtlichen Urteils zu stellen seien, stellt keine konkrete inhaltliche Auseinandersetzung mit den Erwägungen des Verwaltungsgerichts in dem hier angefochtenen Urteil dar. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang (erneut) bemängelt, das Verwaltungsgericht habe hinsichtlich der Frage ihrer gewerberechtlichen Zuverlässigkeit zu Unrecht eine ex-ante Betrachtung vorgenommen, wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.
24Auch der Einwand der Klägerin, die Untersagungsverfügung habe ihre wirtschaftliche Existenz vernichtet und sie in ihrem Grundrecht aus Art. 12 GG verletzt, begründet nicht die Unverhältnismäßigkeit der Maßnahme. Ist – wie hier – die Gewerbeuntersagung zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich, so ist es nicht unverhältnismäßig, dem Schutzzweck des § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO Vorrang vor dem Interesse des Betroffenen zu geben, seine Existenzgrundlage beibehalten zu können.
25Vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. März 1994 - 1 B 33.94 -, GewArch 1995, 114 = juris, Rn. 3.
26Soweit die Klägerin die im Rahmen der Erörterung geäußerte Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, eine Amtspflichtverletzung der Beklagten scheide selbst bei einem Erfolg der Klage aus, als unzutreffend beanstandet, fehlt es ebenfalls an einer konkreten inhaltlichen Auseinandersetzung mit der erstinstanzlichen Entscheidung.
27b) Ebenso wenig liegen Verfahrensmängel nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO vor, auf denen die Entscheidung beruhen kann. Die Klägerin beanstandet, das Verwaltungsgericht hätte im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes konkret darlegen und nachweisen müssen, welche tatsächlichen Erkenntnisse und Grundlagen es zum Bestandteil seiner Entscheidung macht. Es benenne das Durchsuchungsergebnis vom 16. Juli 2013, den polizeilichen Vermerk vom 17. Juli 2013 über die Auswertung des Festplattenrekorders, die Aussage einer Vertrauensperson vom 15. Mai 2013 und das anonyme Schreiben vom 14. Mai 2013 als ausreichend, um sowohl die Gefahrenlage nach § 55 Abs. 2 VwVG NRW im Rahmen einer ex-ante Betrachtung als auch die Unzuverlässigkeit der Klägerin gemäß § 35 GewO im Rahmen einer ex-post-Betrachtung zu begründen. Mit diesem Vorbringen rügt die Klägerin in Wahrheit aber keinen Aufklärungsmangel, da völlig offen bleibt, was das Verwaltungsgericht im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes (konkret) hätte aufklären sollen, sondern greift im Ergebnis die freie Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts (§ 108 Abs. 1 VwGO) an. Etwaige Mängel der Beweiswürdigung und der richterlichen Überzeugungsbildung sind aber grundsätzlich dem materiellen Recht und nicht dem Verfahrensrecht zuzuordnen. Etwas anderes mag allenfalls bei einer von Willkür geprägten Beweiswürdigung gelten, etwa bei offensichtlich widersprüchlichen oder aktenwidrigen Feststellungen sowie bei Verstößen gegen Natur- und Denkgesetze.
28Vgl. OVG S.-A., Beschluss vom 31. März 2010 ‑ 1 L 5/10 ‑, juris, Rn. 31.
29Dass die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts an derartigen Fehlern leidet, lässt die Antragsbegründungsschrift indes nicht erkennen.
30Soweit die Klägerin bemängelt, das Verwaltungsgericht zeige nicht konkret auf, auf welche Videosequenz es sich warum stütze, und sie sich damit im Ergebnis gegen die Erwägung des Verwaltungsgerichts wendet, ihre gewerberechtliche Unzuverlässigkeit folge (auch) aus der fehlenden Überwachung ihres Angestellten H1. , führt diese Rüge schon deshalb nicht zur Zulassung der Berufung, weil sich die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit der Klägerin bereits aus anderen selbständig tragenden Gründen ergibt.
312. Die Beschwerde der Klägerin gegen die (wiederholte) Versagung von Prozesskostenhilfe ist unbegründet, weil die Vorinstanz ihrer im erstinstanzlichen Klageverfahren beabsichtigten Rechtsverfolgung zutreffend die hinreichende Aussicht auf Erfolg abgesprochen hat (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Soweit die Klägerin auf der Grundlage der im Verfahren über die Zulassung der Berufung nach § 124a Abs. 4 VwGO dargelegten Gründe einen anderen Rechtsstandpunkt einnimmt, ergibt sich die Unbegründetheit dieses Standpunktes aus den vorstehenden Erwägungen. In dem Zulassungsverfahren nicht dargelegte Gründe, aus denen das Verwaltungsgericht der beabsichtigten Rechtsverfolgung im erstinstanzlichen Klageverfahren hinreichende Erfolgsaussicht hätte beimessen müssen, sind auch mit Blick auf die Beschwerdebegründung vom 21. Januar 2015 nicht erkennbar.
32Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 166 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO.
33Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG.
34Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.
(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.
(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.
(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.
(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.
(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.
(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.
(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.
(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.