Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 16. Sept. 2015 - 4 B 333/15
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 20. Februar 2015 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 7.500 Euro festgesetzt.
Gründe
1Die Beschwerde ist unbegründet. Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigt keine Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung.
2Der Einwand, es sei prozessuale Überholung eingetreten, weil die Antragsgegnerin den Antragsteller nach der in Rede stehenden Löschung aus der Architektenliste zu einem Mitgliedsbeitrag herangezogen hat, kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Selbst wenn man, obwohl dies äußerst fern liegt, mit dem Antragsteller darin eine konkludente Aufhebung der Löschungsverfügung sehen sollte, wäre nicht wie beantragt, die aufschiebende Wirkung der gegen die Löschung gerichteten Anfechtungsklage 7 K 2847/14 (VG Minden) wiederherzustellen, sondern das Verfahren für erledigt zu erklären. Ungeachtet dessen erklärt sich die Handlungsweise der Antragsgegnerin schlüssig dadurch, dass sie von der Vollziehung der Löschung bis zum Abschluss des gerichtlichen Eilverfahrens abgesehen hat, um effektiven Rechtsschutz zu ermöglichen. Die Erhebung des Mitgliedsbeitrags ist zwar nach vollzogener Löschung des Antragstellers aus der Architektenliste nicht mehr rechtmäßig und müsste rückabgewickelt werden, weil dann eine Anspruchsvoraussetzung nicht (mehr) gegeben ist. In ihr liegt jedoch nach ihrem Regelungscharakter nicht die konkludente Aufhebung des vorangegangenen noch nicht vollzogenen, aber im gerichtlichen Verfahren verteidigten Löschungsbeschlusses.
3Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der in dem Beschluss des Eintragungsausschusses der Antragsgegnerin vom 12.11.2014 unter Ziffer 1. ausgesprochenen und nicht konkludent aufgehobenen Löschung aus der Architektenliste genügt dem formellen Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Die Pflicht, das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung schriftlich zu begründen, soll vorrangig die Behörde mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG zwingen, sich des Ausnahmecharakters der Vollziehungsanordnung bewusst zu werden und die Frage des Sofortvollzuges besonders sorgfältig zu prüfen. Daneben hat die Begründungspflicht den Zweck, den Betroffenen über die für die Behörde maßgeblichen Gründe ihrer Entscheidung zu informieren und in einem möglichen Rechtsschutzverfahren dem Gericht die Erwägungen zur Kenntnis zu bringen. Hierzu bedarf es regelmäßig der Darlegung besonderer Gründe, die über die Gesichtspunkte hinausgehen, die den Verwaltungsakt selbst rechtfertigen. Geringere Begründungsanforderungen gelten aber ausnahmsweise in Fällen besonderer Dringlichkeit, etwa bei Verfügungen, die sich durch Zeitablauf erledigen oder dann, wenn – wie häufig im Gefahrenabwehrrecht – aus Sicht der Behörde nur die Anordnung der sofortigen Vollziehung erheblichen Gefahren oder der Begehung von Straftaten vorbeugen kann. In solchen Fällen reicht es aus, wenn diese besonderen Gründe, die sich aus der Begründung des zu vollziehenden Verwaltungsakts ergeben können, benannt werden und deutlich gemacht wird, dass sie ein solches Gewicht haben, das ein besonderes öffentliches Interesse gerade an der sofortigen Vollziehung zu belegen fähig ist. Bei gleichartigen, häufig wiederkehrenden Gefahrenlagen können dem Begründungserfordernis auch gleichartige Begründungen genügen und ist eine gewisse Formelhaftigkeit unvermeidlich. Hierdurch kann die Behörde angesichts der besonderen Sachlage noch genügend dokumentieren, dass ihr der Ausnahmecharakter des Sofortvollzugs bewusst war.
4Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 7.5.2015 – 4 B 5/15 – , vom 22.11.2013 – 5 B 592/13 –, juris, Rn. 6, und vom 5.1.2012 – 4 B 1250/11 –, juris, Rn. 2 ff.; Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 80 Rn. 98.
5Diesen Anforderungen hat die Antragsgegnerin entsprochen. Sie hat in der Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs deutlich gemacht, in absehbarer Zeit sei eine Sanierung der wirtschaftlichen Schieflage des Antragstellers nicht zu erwarten. Deshalb werde im Interesse der Allgemeinheit an einem funktionierenden Architektenwesen und unter Berücksichtigung der gegenläufigen Privatinteressen des Betroffenen die sofortige Vollziehung der Löschung angeordnet. Im erstinstanzlichen Verfahren hat die Antragsgegnerin klargestellt, dass sie in diesem Sinne verstanden werden wollte: Sie hat ausgeführt, ohne die sofortige Vollziehung bestünde die Gefahr, dass der Antragsteller auf Grund seiner Vermögenslosigkeit seinen Beruf pflichtwidrig ausübe und Schädigungen von Bauherren verursache. Die Löschung aus der Architektenliste diene dem gewichtigen öffentlichen Interesse an den auf wirtschaftliche und sichere Bauweise gerichteten Interessen der Auftraggeber einschließlich ihrer Vermögensinteressen. Diese Ausführungen genügen mit Blick auf die besonderen Gefahren der eigenverantwortlichen Tätigkeit eines vermögenslosen Architekten für ein funktionierendes Architektenwesen und die Vermögensinteressen der Auftraggeber dem formellen Begründungserfordernis. Sie sind hinreichend einzelfallbezogen, um zu verdeutlichen, dass der Antragsgegnerin der Ausnahmecharakter der Vorschrift bewusst war. Die nachträglichen Erläuterungen konnten berücksichtigt werden, weil es sich um eine Klarstellung der ursprünglichen Ausführungen handelte, die bereits als ausreichende Dokumentation der bewussten Ausnahmeentscheidung verstanden werden konnte. Es war jedenfalls keine bloße nachträgliche Rechtfertigung, durch die der Zweck der Begründungspflicht teilweise nicht mehr hätte erfüllt werden können.
6Vgl. Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 80 Rn. 99; Schoch, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: März 2015, § 80 Abs. 249.
7Die Richtigkeit der Interessenabwägung des Verwaltungsgerichts nach § 80 Abs. 5 VwGO wird durch die Beschwerde gleichfalls nicht in Frage gestellt. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht bei summarischer Prüfung angenommen, dass der angegriffene Löschungsbeschluss seine Rechtsgrundlage in § 6 Satz 1 Buchstabe d) i. V. m. § 5 Abs. 1 BauKaG NRW findet. Der Senat macht sich die zutreffende Begründung zu eigen und nimmt hierauf Bezug. Dies gilt insbesondere auch hinsichtlich der Annahme, dass die die Unzuverlässigkeit des Architekten begründende Überschuldung durch die Einleitung eines Insolvenzverfahrens und die vom Insolvenzverwalter abgegebene Freigabeerklärung nicht beseitigt wird. Die mit der Beschwerde geltend gemachte durch Insolvenzverfahren und Freigabeerklärung bewirkte Trennung der Altverbindlichkeiten von der freigegebenen neuen Tätigkeit des Antragstellers als Architekt führt noch keine geordneten Verhältnisse herbei. Dies ist erst dann der Fall, wenn es zur Restschuldbefreiung kommt. Dies hängt – worauf das Verwaltungsgericht zu Recht hingewiesen hat – nach aktueller Rechtslage (§ 287a InsO) davon ab, ob Versagungsgründe nach den §§ 290, 297 bis 298 InsO eingreifen und der Schuldner die Obliegenheiten nach § 295 InsO erfüllt. Vor dem Wegfall des § 291 InsO durch Gesetz vom 15.7.2013 (BGBl. I S. 2379) war zwar bereits mit der in dieser Vorschrift nach Abschluss des Insolvenzverfahrens vorgesehenen Ankündigung der Restschuldbefreiung angenommen worden, geordnete Vermögensverhältnisse seien wieder gegeben.
8Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5.1.2012 – 4 B 1250/11 –, juris, Rn. 7 f.
9Hintergrund dieser Annahme war, dass sich die Restschuldbefreiung, die während des Insolvenzverfahrens lediglich eine abstrakte Möglichkeit darstellte, nach dessen Beendigung und nach der Ankündigung der Restschuldbefreiung durch den Beschluss des Insolvenzgerichts zu einer konkreten Aussicht verdichtete.
10Vgl. OVG NRW, Beschlus vom 8.12.2011 – 4 A 1115/10 –, juris, Rn. 48 ff., m. w. N.
11Durch den Wegfall des § 291 InsO und die Einführung einer entsprechenden Feststellung nach § 287 a Abs. 1 InsO schon mit der Eingangsentscheidung zur Verschlankung des Restschuldbefreiungsverfahrens ist die Vertrauensschutzfunktion, die der Ankündigung nach § 291 InsO zugesprochen worden ist, entfallen. Dies war ausweislich der Gesetzesbegründung auch beabsichtigt. Die Restschuldbefreiung ist trotz der von Anfang an ausgesprochenen Feststellung nach § 287 a Abs. 1 InsO während des Verfahrens nur noch eine abstrakte Möglichkeit, die sich vor einer abschließenden Entscheidung hierüber auch nicht mehr zu einer konkreten Aussicht verdichtet. Der Gesetzgeber hat das Vertrauen insbesondere des von der früheren Vertrauensstellung profitierenden unredlichen Schuldners nicht als schutzwürdig angesehen, weshalb nunmehr auch gemäß § 297 a InsO nach dem Schlusstermin noch nachträglich bekannt werdende Versagungsgründe der Restschuldbefreiung entgegen gehalten werden können.
12Vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte, BR-Drs. 467/12, S. 41 f.
13Anzeichen dafür, dass nach der Gesetzesänderung schon aus der Freigabeerklärung pauschal auf geordnete Vermögensverhältnisse geschlossen werden können soll, sind dem Änderungsgesetz, das der Stärkung der Gläubigerrechte dienen sollte, nicht zu entnehmen. Die Freigabeerklärung läuft auch nicht in weiten Bereichen leer. Bereits das Verwaltungsgericht hat darauf hingewiesen, dass der Antragsteller auch ohne Bauvorlageberechtigung nicht gehindert ist, als Angestellter oder sogenannter Entwurfsverfasser die in § 1 Abs. 1 und 5 BauKaG NRW umschriebenen typischen Berufsaufgaben eines Architekten wahrzunehmen.
14Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
15Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.
16Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
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(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.
(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.
(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.
(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
(5) u. (6) (weggefallen)
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 6. Mai 2013 teilweise geändert.
Die aufschiebende Wirkung der Klage 18 K 3139/13 (VG Düsseldorf) gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 21. Februar 2013 wird hinsichtlich des Leinen- und Maulkorbzwangs unter Nr. I. 1. und 2. der Verfügung wiederhergestellt und hinsichtlich der diesbezüglichen Zwangsgeldandrohungen unter Nr. II. der Verfügung angeordnet.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz tragen die Antragstellerin und die Antragsgegnerin je zur Hälfte.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Die Beschwerde der Antragstellerin hat teilweise Erfolg.
31. Hinsichtlich der Anordnung, den Berner Sennenhund "M." zwecks Feststellung einer eventuellen Gefährlichkeit durch den amtlichen Tierarzt begutachten zu lassen, und der hierauf bezogenen Zwangsgeldandrohung (vgl. Nr. I. 3. und II. der Ordnungsverfügung vom 21. Februar 2013) ist die Beschwerde unbegründet.
4Das Verwaltungsgericht hat den sinngemäßen Antrag der Antragstellerin,
5die aufschiebende Wirkung ihrer Klage 18 K 3139/13 (VG Düsseldorf) gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 21. Februar 2013 wiederherzustellen bzw. anzuordnen,
6insoweit zu Recht abgelehnt.
7Entgegen der Auffassung der Antragstellerin genügt die Anordnung der sofortigen Vollziehung in der angefochtenen Verfügung dem formellen Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Zwar bedarf es regelmäßig der Darlegung besonderer Gründe, die über die Gesichtspunkte hinausgehen, die den Verwaltungsakt selbst rechtfertigen. Geringere Begründungsanforderungen gelten ausnahmsweise in Fällen besonderer Dringlichkeit, etwa bei Verfügungen, die sich durch Zeitablauf alsbald erledigen, oder dann, wenn aus Sicht der Behörde nur die Anordnung der sofortigen Vollziehung erheblichen Gefahren oder der Begehung von Straftaten vorbeugen kann. In solchen Fällen reicht es aus, wenn diese besonderen Gründe benannt werden und deutlich gemacht wird, dass sie ein solches Gewicht haben, das ein besonderes öffentliches Interesse gerade an der sofortigen Vollziehung zu belegen fähig ist.
8Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1. September 2009 – 5 B 1265/09 –, juris, Rn. 3 f., m. w. N.
9Diesen Anforderungen hat die Antragsgegnerin entsprochen: Sie hat darauf hingewiesen, dass der Hund "M." einen anderen Hund angegriffen und gebissen hat, die Wiederholung eines derartigen Vorfalls nicht auszuschließen ist und deshalb die unverzügliche Durchführung bzw. Beachtung der angeordneten Maßnahmen im öffentlichen Interesse erforderlich ist. Dies ist eine hinreichend fallbezogene Begründung.
10Die Abwägung zwischen dem privaten Interesse des Betroffenen, von der sofortigen Vollziehung bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens verschont zu bleiben, und dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Durchsetzung der für notwendig erachteten Maßnahmen fällt hinsichtlich der Begutachtungsanordnung zu Lasten der Antragstellerin aus. Die Anordnung in der Ordnungsverfügung vom 21. Februar 2013, den Hund "M." zwecks Feststellung einer eventuellen Gefährlichkeit durch den amtlichen Tierarzt begutachten zu lassen, erweist sich bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung als offensichtlich rechtmäßig. Der Vorfall vom 12. Dezember 2012 gab der Antragsgegnerin Anlass, nach § 12 Abs. 1 LHundG NRW zur Gefahrerforschung und Vorbereitung einer Entscheidung über die Gefährlichkeit des Hundes nach § 3 Abs. 3 LHundG NRW eine zeitnahe Begutachtung durch den amtlichen Tierarzt anzuordnen. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat insoweit gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO Bezug auf die Ausführungen im angegriffenen Beschluss, die durch das Beschwerdevorbringen nicht erschüttert werden.
11Erfolglos wendet die Antragstellerin ein, es sei keineswegs unerheblich, ob der Hund der Antragstellerin anlässlich des Vorfalls vom 12. Dezember 2012 durch anhaltendes Bellen und weitere Verhaltensweisen des geschädigten Hundes "U." provoziert worden sei. Für die maßgebliche Frage, ob von "M." eine Gefahr im Sinne von § 12 Abs. 1 LHundG NRW ausgeht, kommt es darauf nicht an. Auch und gerade wenn es sich bei den in der Beschwerdebegründung erwähnten Verhaltensweisen von "U." – Fixierung des Gegenübers, Bellen und Springen in die Leine, aggressive Körpersprache – um artübliches Hundeverhalten handelt, muss ein Hundeführer mit Blick auf § 2 Abs. 1 LHundG NRW verhindern können, dass sich sein Hund durch ein derartiges Verhalten eines anderen, angeleinten Hundes dazu verleiten lässt, diesen anzugreifen. Dies setzt bei einem nicht zuverlässig gehorchenden Hund zumindest voraus, dass er an der Leine geführt wird und vom Hundeführer sicher gehalten werden kann. Bei dem in Rede stehenden Vorfall konnte die Antragstellerin dies jedoch nicht gewährleisten: Ihr Hund "M." hatte sich losgerissen, wobei sie zu Boden stürzte, und war auf den angeleinten Hund "U." zugerannt, der sich zusammen mit seinem Halter auf dessen Grundstück befand. Dabei kam es zu einer Beißerei, bei der jedenfalls der Schäferhund "U." leicht verletzt wurde. Dies ist durch die in der Beschwerdebegründung selbst erwähnte Tierarztrechnung über die Behandlung einer "Verletzung nach Art eines Bisses" belegt. Unter den genannten Umständen hat die Antragsgegnerin weitere Ermittlungen zur Beurteilung der Gefährlichkeit des Hundes ermessensfehlerfrei für geboten erachtet. Dass Schäferhunde wie "U." auf ihrem eigenen Territorium selbstbewusster und verteidigungsbereiter reagieren mögen, ändert an diesem Aufklärungsbedarf nichts. Denn es liegt nahe, dass die Verantwortung für einen derartigen Vorfall zumindest vorrangig denjenigen trifft, der seinen Hund unangeleint auf ein fremdes Grundstück laufen lässt.
12Unerheblich ist auch der Einwand, "M." zeige keine generelle Aversion gegenüber anderen Hunden. Bereits ein einziger Vorfall der genannten Art begründet den erforderlichen Klärungsbedarf hinsichtlich der Gefährlichkeit des Hundes, dem durch Einholung der fachkundigen amtstierärztlichen Einschätzung Rechnung getragen werden soll.
13Auch im Rahmen einer allgemeinen Interessenabwägung besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse an der sofortigen Durchsetzung der mit der Ordnungsverfügung vom 21. Februar 2013 getroffenen Begutachtungsanordnung. Es kann nicht hingenommen werden, dass bis zum Abschluss des Verfahrens möglicherweise von dem Hund "M." der Antragstellerin ausgehenden Gefahren nur unzureichend vorgebeugt wird. An der zeitnahen Begutachtung des Hundes durch einen amtlichen Tierarzt zur Feststellung einer möglichen Gefährlichkeit besteht ungeachtet möglicher vorläufiger Gefahrenabwehrmaßnahmen ein gewichtiges öffentliches Interesse, weil diese Feststellung kraft Gesetzes regelmäßig weitergehende Rechtsfolgen hat. Dass zwischen dem Vorfall und dem Erlass der Ordnungsverfügung gut zwei Monate liegen, rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Der Zeitablauf ist nicht zuletzt der Anhörung der Antragstellerin geschuldet, die zudem weitere Stellungnahmen angekündigt und erst im Februar 2013 vorgelegt hatte.
142. Hinsichtlich des angeordneten Leinen- und Maulkorbzwangs und der entsprechenden Zwangsgeldandrohungen (vgl. Nr. I. 1. und 2. sowie II. der Ordnungsverfügung) ist die Beschwerde begründet. Die Rüge der Unverhältnismäßigkeit veranlasst dazu, insoweit die aufschiebende Wirkung der Klage 18 K 3139/13 gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 21. Februar 2013 wiederherzustellen bzw. anzuordnen.
15Der in der angefochtenen Ordnungsverfügung auf der Grundlage von § 12 Abs. 1 LHundG NRW angeordnete Leinen- und Maulkorbzwang für den Hund "M." der Antragstellerin und die hierauf bezogenen Zwangsgeldandrohungen sind offensichtlich rechtswidrig. Der Leinen- und Maulkorbzwang ist unverhältnismäßig und ermessensfehlerhaft, weil die Antragsgegnerin diese Maßnahmen nach dem zu weiterer Sachverhaltsaufklärung veranlassenden Vorfall vom 12. Dezember 2012 sogleich dauerhaft angeordnet hat. Nach der Konzeption des Landeshundegesetzes kann ein Sachverhalt, der möglicherweise unter § 3 Abs. 3 Satz 1 LHundG NRW fällt, Anlass zu einer Begutachtung durch den amtlichen Tierarzt geben. Dies ergibt sich ausdrücklich aus § 3 Abs. 3 Satz 2 LHundG NRW, wonach die Feststellung der Gefährlichkeit nach Satz 1 durch die zuständige Behörde nach Begutachtung durch den amtlichen Tierarzt erfolgt. In diesem Stadium der Gefahrerforschung ermächtigt die hunderechtliche Generalklausel in § 12 Abs. 1 LHundG NRW außer zu Gefahrerforschungsmaßnahmen nur zu vorläufigen Maßnahmen der unmittelbaren Gefahrenabwehr, indem etwa ein vorläufiger Leinen- und/oder Maulkorbzwang angeordnet werden kann.
16Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 10. Juli 2013 – 5 B 348/13 –, und vom 21. Juni 2013 – 5 A 1760/12 –.
17Der Abschluss der amtstierärztlichen Begutachtung bildet mithin eine Zäsur. Die Behörde wird anschließend regelmäßig eine abschließende Entscheidung darüber treffen, ob gemäß § 3 Abs. 3 Satz 2 LHundG NRW die Gefährlichkeit des Hundes festgestellt wird oder nicht. Je nach Lage der Dinge kommen auch Maßnahmen nach § 12 Abs. 1 LHundG NRW in Betracht. Hierüber ist jedoch eine neue, den gesamten, näher aufgeklärten Sachverhalt einbeziehende Entscheidung zu treffen.
18Demgegenüber verstößt das Vorgehen der Antragsgegnerin gegen das Übermaßverbot und ist zugleich widersprüchlich, weil sie trotz gleichzeitiger Anordnung einer – weitere Aufklärung versprechenden – amtstierärztlichen Begutachtung mit dem Leinen- und Maulkorbzwang unmittelbar endgültige Maßnahmen der Gefahrenabwehr angeordnet hat. Ein solches Vorgehen ist mit der Systematik des Landeshundegesetzes – insbesondere mit § 3 Abs. 3 Satz 2 LHundG NRW – nicht vereinbar, auch wenn es sich bei der Begutachtung durch den Amtsveterinär nach der Rechtsprechung des Senats um ein bloßes Verfahrenserfordernis handelt. Der betroffene Hundehalter muss nicht damit rechnen, dass eine abschließende Entscheidung über dauerhafte bzw. zumindest längerfristige Maßnahmen der Gefahrenabwehr schon vor vollständiger Sachverhaltsaufklärung ergeht.
19Die Antragsgegnerin wird nunmehr zu prüfen haben, ob nach zwischenzeitlicher Erstellung des amtstierärztlichen Gutachtens eine endgültige Entscheidung getroffen werden kann. Soweit weiterer Klärungsbedarf – etwa in Form einer ergänzenden Begutachtung – bestehen sollte, kommen auch vorläufige Maßnahmen der Gefahrenabwehr in Betracht.
20Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
21Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 und 2 GKG.
22Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Ist der Antrag auf Restschuldbefreiung zulässig, so stellt das Insolvenzgericht durch Beschluss fest, dass der Schuldner Restschuldbefreiung erlangt, wenn er den Obliegenheiten nach den §§ 295 und 295a nachkommt und die Voraussetzungen für eine Versagung nach den §§ 290, 297 bis 298 nicht vorliegen. Der Beschluss ist öffentlich bekannt zu machen. Gegen den Beschluss steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.
(2) Der Antrag auf Restschuldbefreiung ist unzulässig, wenn
- 1.
dem Schuldner in den letzten elf Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag Restschuldbefreiung erteilt oder wenn ihm die Restschuldbefreiung in den letzten fünf Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag nach § 297 versagt worden ist oder - 2.
dem Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag Restschuldbefreiung nach § 290 Absatz 1 Nummer 5, 6 oder 7 oder nach § 296 versagt worden ist; dies gilt auch im Falle des § 297a, wenn die nachträgliche Versagung auf Gründe nach § 290 Absatz 1 Nummer 5, 6 oder 7 gestützt worden ist.
(1) Die Restschuldbefreiung ist durch Beschluss zu versagen, wenn dies von einem Insolvenzgläubiger, der seine Forderung angemeldet hat, beantragt worden ist und wenn
- 1.
der Schuldner in den letzten fünf Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag wegen einer Straftat nach den §§ 283 bis 283c des Strafgesetzbuchs rechtskräftig zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verurteilt worden ist, - 2.
der Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorsätzlich oder grob fahrlässig schriftlich unrichtige oder unvollständige Angaben über seine wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat, um einen Kredit zu erhalten, Leistungen aus öffentlichen Mitteln zu beziehen oder Leistungen an öffentliche Kassen zu vermeiden, - 3.
(weggefallen) - 4.
der Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorsätzlich oder grob fahrlässig die Befriedigung der Insolvenzgläubiger dadurch beeinträchtigt hat, daß er unangemessene Verbindlichkeiten begründet oder Vermögen verschwendet oder ohne Aussicht auf eine Besserung seiner wirtschaftlichen Lage die Eröffnung des Insolvenzverfahrens verzögert hat, - 5.
der Schuldner Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten nach diesem Gesetz vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat, - 6.
der Schuldner in der nach § 287 Absatz 1 Satz 3 vorzulegenden Erklärung und in den nach § 305 Absatz 1 Nummer 3 vorzulegenden Verzeichnissen seines Vermögens und seines Einkommens, seiner Gläubiger und der gegen ihn gerichteten Forderungen vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hat, - 7.
der Schuldner seine Erwerbsobliegenheit nach § 287b verletzt und dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt; dies gilt nicht, wenn den Schuldner kein Verschulden trifft; § 296 Absatz 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(2) Der Antrag des Gläubigers kann bis zum Schlusstermin oder bis zur Entscheidung nach § 211 Absatz 1 schriftlich gestellt werden; er ist nur zulässig, wenn ein Versagungsgrund glaubhaft gemacht wird. Die Entscheidung über den Versagungsantrag erfolgt nach dem gemäß Satz 1 maßgeblichen Zeitpunkt.
(3) Gegen den Beschluss steht dem Schuldner und jedem Insolvenzgläubiger, der die Versagung der Restschuldbefreiung beantragt hat, die sofortige Beschwerde zu. Der Beschluss ist öffentlich bekannt zu machen.
Dem Schuldner obliegt es, in dem Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist
- 1.
eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben und, wenn er ohne Beschäftigung ist, sich um eine solche zu bemühen und keine zumutbare Tätigkeit abzulehnen; - 2.
Vermögen, das er von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht oder durch Schenkung erwirbt, zur Hälfte des Wertes sowie Vermögen, das er als Gewinn in einer Lotterie, Ausspielung oder in einem anderen Spiel mit Gewinnmöglichkeit erwirbt, zum vollen Wert an den Treuhänder herauszugeben; von der Herausgabepflicht sind gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke und Gewinne von geringem Wert ausgenommen; - 3.
jeden Wechsel des Wohnsitzes oder der Beschäftigungsstelle unverzüglich dem Insolvenzgericht und dem Treuhänder anzuzeigen, keine von der Abtretungserklärung erfaßten Bezüge und kein von Nummer 2 erfaßtes Vermögen zu verheimlichen und dem Gericht und dem Treuhänder auf Verlangen Auskunft über seine Erwerbstätigkeit oder seine Bemühungen um eine solche sowie über seine Bezüge und sein Vermögen zu erteilen; - 4.
Zahlungen zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger nur an den Treuhänder zu leisten und keinem Insolvenzgläubiger einen Sondervorteil zu verschaffen; - 5.
keine unangemessenen Verbindlichkeiten im Sinne des § 290 Absatz 1 Nummer 4 zu begründen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.
(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.
(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.