Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 13. Aug. 2014 - 3d A 1686/12.O
Gericht
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der am 8. Februar 19 in X.. geborene Beklagte wurde nach dem Abitur am 1. April 1964 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum Finanzanwärter ernannt. Es folgten die Ernennungen zum Steuerinspektor zur Anstellung unter Verleihung der Eigenschaft eines Beamten zur Probe am 1. April 1967, zum Steuerinspektor am 29. Oktober 1969, zum Steueroberinspektor am 4. April 1972, zum Steueramtmann am 10. April 1974, zum Steueramtsrat am 7. Oktober 1977 und zum Steueroberamtsrat am 6. Januar 1989. Mit Wirkung vom 8. Februar 1970 war ihm die Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit verliehen worden. Ab dem 1. Januar 1977 nahm er die Geschäfte des Kassenleiters beim Finanzamt X.. wahr. In der letzten Beurteilung vom 25. Juni 1998 wurde er zusammenfassend als „erfahrener, ruhiger Fachmann und Vorgesetzter, der mit seiner freundlichen, ausgleichenden Art im Kollegenkreis geschätzt wird“, gewürdigt. Die Beurteilung schloss mit dem Ergebnis „über Durchschnitt“. Mit Ablauf des Monats Februar 2008 trat er nach Erreichen der Altersgrenze in den Ruhestand.
3Der Beklagte ist ledig und kinderlos. Er lebt mit einer Lebenspartnerin zusammen, die Rentnerin ist. Er ist disziplinar- und strafrechtlich – von dem hiesigen Vorwurf abgesehen – nicht vorbelastet.
4Mit Schreiben vom 1. Juli 2010 leitete die Oberfinanzdirektion X.. ein Disziplinarverfahren gegen den Beklagten ein und setzte dieses bis zum Abschluss des staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens aus. Dem Beklagten wurde zur Last gelegt, in den Jahren 2005 bis 2008 als Sachgebietsleiter – Kassenleiter – des Finanzamts X..-Außenstadt Geldbeträge, die zur Erfüllung von Auflagen in Steuerstrafverfahren im Finanzamt eingegangen seien, nicht an gemeinnützige Einrichtungen, sondern (durch zwei Überweisungen) zum Teil auf eigene Konten weitergeleitet zu haben. Das Schreiben war „im Auftrag“ durch den Leitenden Regierungsdirektor C. unterschrieben.
5Dem war eine Prüfung der Innenrevision der Oberfinanzdirektion vorausgegangen. Anlass hierfür waren unklare Geldzuflüsse im Verwahrungsbuch des Finanzamtes X... Es bestand der Verdacht, ein (gegebenenfalls auch ehemaliger) Beschäftigter des Finanzamtes habe Gelder, die er in der Vergangenheit veruntreut hatte, zurückgezahlt. Bei diesen Überprüfungen stieß die Innenrevision auf die Untreuehandlungen des Beklagten; ferner kam sie zu dem Ergebnis, dass kein Zusammenhang zwischen diesen und den auffälligen Geldeingängen bestehe.
6Der Beklagte räumte durch Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 15. Juli 2010 „grundsätzlich ein, die im Einzelnen dargelegten Untreue-Tatbestände mit der Schadenssumme 17.168,92 EUR verwirklicht zu haben.“ Im August 2010 überwies er diesen Betrag auf das ihm von der Oberfinanzdirektion mitgeteilte Konto.
7Mit – „in Vertretung“ durch den Finanzpräsidenten B. unterzeichnetem – Schreiben vom 25. August 2010 setzte die Oberfinanzdirektion den Beklagten in Kenntnis, das Disziplinarverfahren um fünf Überweisungen auf nunmehr sieben Überweisungen in der Höhe von insgesamt 17 168,92 € zu erweitern, das Verfahren fortzuführen und dreißig Prozent des Ruhegehalts einzubehalten.
8Am 11. Januar 2011 erklärte der Beklagte im Rahmen einer mündlichen Anhörung im Disziplinarverfahren, dass er seit Ende der 1980er Jahre in verschiedener Hinsicht privat beeinträchtigt gewesen sei. Zudem sei die Arbeit seit Einrichtung der Erhebungsstelle im Jahr 2002 für ihn zunehmend zu einer großen Belastung geworden. Er habe mit niemandem reden können, alles habe sich in ihm aufgestaut. Er könne nicht mehr nachvollziehen, warum er die sieben Überweisungen umgeleitet habe. Vielleicht sei bei ihm „die Sicherung durchgebrannt“; vielleicht habe er den Gedanken gehabt, „mal etwas für mich zu tun“. Von den kurz nach seinem Ausscheiden aus dem Dienst beim Finanzamt eingegangenen anonymen Zahlungen sei ihm nichts bekannt.
9Das Amtsgericht Münster (Aktenzeichen 50 Cs 400 Js 6/10 – 252/11) setzte gegen den Beklagten mit Strafbefehl vom 24. Juni 2011 in Verbindung mit Beschluss vom 18. August 2011, rechtskräftig seit dem 30. August 2011, wegen Untreue in vier Fällen eine Gesamtgeldstrafe von 210 Tagessätzen zu je 55 € fest. Dabei legte es dem Beklagten Folgendes zur Last:
10„Als Sachgebietsleiter für den Bereich Erhebung des Finanzamtes X.. waren Sie bis zu Ihrer Pensionierung im Jahr 2008 für die Freigabe und Unterzeichnung von Überweisungen von Geldauflagen, die das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung Münster zu Gunsten gemeinnütziger Einrichtungen festgesetzt hatte, zuständig.
11Auf Grund Ihrer Tätigkeit war Ihnen bekannt, dass die gemeinnützigen Einrichtungen nicht vorab über Zuwendungen informiert wurden und dass für die Zahlungen zwar Einzelüberweisungsträger erstellt, diese jedoch bei mehreren Überweisungen an verschiedene gemeinnützige Einrichtungen zu einer Sammelüberweisung zusammengefasst wurden.
12Unterschrieben wurde stets nur der dazu gefertigte Sammelüberweisungsauftrag und zwar von Ihnen und einer weiteren Person. Der zweiten unterzeichnenden Person legten Sie den Sammelüberweisungsträger mit den zutreffenden Einzelüberweisungsträgern zur Unterschrift vor. Anschließend, vor Versendung der Erstschriften an die überweisende Bank tauschten Sie, unter Ausnutzung Ihrer Befugnisse als Amtsträger, einen Einzelüberweisungsträger auf dem Sie Ihr eigenes Bankkonto angegeben hatten, gegen den Einzelüberweisungsträger zu Gunsten einer gemeinnützigen Einrichtung aus.
13Infolgedessen wurde dieser Betrag auf Ihr eigenes Konto statt auf das Konto der gemeinnützigen Einrichtung überwiesen.
14Auf diese Weise überwiesen Sie sich
15- am 07.10.2005 3.000 Euro
16- am 09.10.2006 2.500 Euro
17- am 10.04.2007 1.000 Euro und
18- am 13.09.2007 nochmals 3.000 Euro,
19insgesamt 9.500 Euro.“
20Drei weitere Taten – jeweils 2 556,46 € am 18. September 2001 und am 4. Januar 2002 sowie 2 556,00 € am 29. Mai 2002 – hatte die Staatsanwaltschaft nicht in ihrem Strafbefehlsantrag erfasst, da diese der strafrechtlichen Verfolgungsverjährung unterfielen.
21Zu dem Ergebnis der Ermittlungen im Disziplinarverfahren nahmen die Bevollmächtigten des Beklagten dahin Stellung, dass sich aufdrängende Schuldmilderungsgründe nicht berücksichtigt seien. Der Beklagte sei nach dem Tod seiner Eltern 1997 beziehungsweise 2000 sowie durch eigene Erkrankungen in besonderer Weise psychisch belastet gewesen. Der beruflichen Überbelastung in den Jahren 2005 bis 2007 hätte die Untersuchungsführerin weiter nachgehen müssen. Es werde ein psychologisches Gutachten „über die physische und psychische Gesamtsituation des Beamten in den Jahren 2000 ff.“ beantragt.
22Der Kläger hat am 14. November 2011 Disziplinarklage erhoben wegen des Vorwurfs, der Beklagte habe in sieben Fällen eine Sicherheitslücke im Rahmen der Zahlungsabwicklung von Geldauflagen ausgenutzt und in der Zeit vom 18. September 2001 bis zum 12. September 2007 insgesamt 17 168,92 € von einem Konto des Finanzamtes X.. auf sein Privatkonto überwiesen. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Beklagte habe dadurch ein so schwerwiegendes Dienstvergehen im Kernbereich der ihm obliegenden Dienstpflichten begangen, dass als Disziplinarmaßnahme nur die Aberkennung des Ruhegehalts in Betracht komme.
23Der Kläger hat beantragt,
24dem Beklagten das Ruhegehalt abzuerkennen.
25Der Beklagte hat beantragt,
26die Klage abzuweisen.
27Er hat im Wesentlichen vorgebracht, dass erhebliche Verfahrensfehler zur Klageabweisung führen müssten und die Aberkennung des Ruhegehalts auch nicht begründet sei. Das Disziplinarverfahren sei nicht wirksam eingeleitet worden, da die Einleitung von der Leitung der Oberfinanzdirektion hätte unterzeichnet werden müssen. Zudem sei die Gleichstellungsbeauftragte nicht beteiligt worden. Im Übrigen habe aufgrund seiner persönlichen Verhältnisse und seiner beruflichen Belastung eine mildernd zu berücksichtigende negative Lebensphase vorgelegen. Außerdem sei die Schuldfähigkeit erheblich vermindert gewesen.
28Das Verwaltungsgericht hat dem Beklagten durch das angefochtene Urteil das Ruhegehalt aberkannt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass dem behördlichen Disziplinarverfahren keine wesentlichen Mängel anhafteten: Da § 17 LDG NRW keine Regelung zur funktionellen Zuständigkeit innerhalb der Behörde vorsehe, griffen die allgemeinen Vertretungsregelungen. Daher habe der intern zuständige Beamte die Einleitungsverfügung im Auftrag unterzeichnen dürfen. Der Kläger habe die Gleichstellungsbeauftragte zu Recht nicht in den Entscheidungsprozess einbezogen, da diese im Disziplinarverfahren wegen seines Individualbezugs nicht einzubeziehen sei. Ausgehend davon, dass der Beklagte insgesamt 17 168,92 € auf eigene Konten transferiert habe, hat das Verwaltungsgericht durch die vorsätzliche und strafbare Veruntreuung der anvertrauten Gelder einen Verstoß gegen die dem Beklagten obliegenden Pflichten angenommen, sein Amt uneigennützig zu verwalten und sein Verhalten innerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden zu lassen, die sein Beruf erfordert (§ 57 Sätze 2 und 3 LBG NRW a. F.; § 34 Sätze 2 und 3 BeamtStG).
29Hinsichtlich der Maßnahmebemessung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass bei Zugriffsdelikten grundsätzlich die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis die Richtschnur sei. Beim Beklagten sei der mit dem Zugriffsdelikt gleichstehende Fall gegeben, dass sich ein Beamter unter Ausnutzung seiner dienstlichen Stellung und der sich daraus ergebenden Möglichkeiten buchmäßig Geld verschafft, über das er nach Überweisung auf ein ihm zugängliches Konto verfügen kann. Anerkannte Milderungsgründe lägen nicht vor. Der Beklagte habe das Dienstvergehen nicht in einer unverschuldeten ausweglosen wirtschaftlichen Notlage begangen. Allein ein negatives Saldo auf dem Girokonto und eine weitgehende Ausschöpfung des Dispositionskredits begründeten eine solche Notlage nicht. Der Engpass habe in erster Linie auf regelmäßigen Verbindlichkeiten wie Miete und Leasingkosten für seinen BMW beruht. Er hätte seine laufenden Kosten durch Einschränkung des Lebenszuschnittes reduzieren können. Die vom Beklagten dargelegten gesundheitlichen Schwierigkeiten, die Unzufriedenheit mit seiner privaten Situation und die hohe Arbeitsbelastung begründeten in ihrer Gesamtheit keine negative Lebensphase im Sinne der Rechtsprechung. Die Milderungsgründe der freiwilligen Offenbarung eines Fehlverhaltens, einer schockartig ausgelösten psychischen Ausnahmesituation, eines Handelns in einer besonderen Versuchungssituation und der Unterschlagung von nur geringwertigen Gegenständen lägen nicht vor. Zur Frage einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit hat das Verwaltungsgericht im Einzelnen Folgendes erwogen:
30„Dem Beklagten steht ferner nicht der einem anerkannten Milderungsgrund vergleichbare Umstand einer im Sinne der §§ 20, 21 StGB erheblich verminderten Schuldfähigkeit zum Zeitpunkt der Begehung der Taten zur Seite. Um dies festzustellen, bedurfte es auch nicht der vom Rechtsanwalt des Beklagten angeregten Einholung eines Sachverständigengutachtens.
31Es bestehen keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte während der maßgeblichen Zeit aufgrund einer psychischen Erkrankung nicht in der Lage gewesen sein soll, seinen Dienst ordnungsgemäß zu versehen und sein pflichtwidriges Verhalten zu erkennen. Der Beklagte hat für die Tatzeit weder vorgetragen, sich aufgrund etwaiger psychischer Störungen oder seelischer Erkrankungen in ärztlicher Behandlung befunden zu haben, noch dazu ausgeführt, sich selbst als psychisch krank empfunden zu haben, er sei nur physisch und psychisch überlastet gewesen. Es sind somit keine hinreichend konkreten Umstände ersichtlich, die seine Schuldfähigkeit in Zweifel ziehen könnten. Für die Erstellung eines Gutachtens fehlen ohnehin völlig die erforderlichen Anknüpfungstatsachen. Auch aus der vom Beklagten vorgelegten Bescheinigung des Psychotherapeuten Dipl.-Psychologen X. H. vom 30. Mai 2012 ergeben sich keine Bedenken hinsichtlich seiner Schuldfähigkeit. Aus dieser Bescheinigung geht lediglich hervor, dass der Beklagte seit Februar diesen Jahres in psychotherapeutischer Behandlung ist. Für die Zeit, in der der Beklagte seine Pflichtverletzungen begangen habe, ist diese Bescheinigung nicht aussagekräftig, sondern gibt letztlich nur die Eigenwahrnehmung des Beklagten wieder. Die Bescheinigung schildert im Wesentlichen den Gesundheitszustand des Beklagten nach dem schwerwiegenden Einschnitt durch die Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens. Substantiierte konkrete Hinweise auf das Vorliegen schuldausschließender Gründe im Sinne des § 20 StGB im Tatzeitraum und in Bezug auf die konkreten Pflichtenverstöße sind nicht dargestellt.
32Unabhängig hiervon setzt eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit voraus, dass die Fähigkeit, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu Handeln, wegen einer Störung i.S. des § 20 StGB erheblich eingeschränkt war. Hier ist bereits kein Eingangsmerkmal des § 20 StGB (krankhafte seelische Störung, tiefgreifende Bewusstseinsstörung, Schwachsinn, schwere andere seelische Abartigkeit) erkennbar. Der psychische Ausnahmezustand, in dem sich die Beklagte bei Begehung der Taten befunden haben will, erfüllt keine Eingangsvoraussetzung des § 20 StGB. In der Rechtsprechung ist zwar anerkannt, dass bei einem in äußerster Erregung handelnden Täter eine tiefgreifende Bewusstseinsstörung vorliegen kann, wenn der hochgradige affektive Ausnahmezustand eine Intensität erreicht, die in ihrer Auswirkung auf die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit den krankhaften seelischen Störungen im Sinne der §§ 20, 21 StGB gleichwertig ist (vgl. BGH, Urteil vom 23. April 2009, 3 StR 100/09 m. N.). Ein solch hochgradiger affektiver Ausnahmezustand ist weder behauptet noch ersichtlich.
33Auch unabhängig vom Fehlen eines Eingangsmerkmales kann das Gericht eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit ausschließen. Die Erheblichkeitsschwelle, die sich generell an schwerwiegenden Gesichtspunkten wie Psychopathien, Neurosen, Triebstörungen, Folgeerscheinungen von Alkohol, Drogen oder Medikamenten messen lassen muss, liegt umso höher, je schwerer das begangene Delikt wiegt. Im Disziplinarrecht hängt die Beurteilung der Erheblichkeit von der Einsehbarkeit der verletzten Dienstpflicht ab (vgl. OVG NRW, Urteil vom 2. Dezember 2009, 3d A 415/09.O). Bei dem Dienstvergehen des Beklagten geht es nicht um rechtlich oder tatsächlich schwierige Pflichtentatbestände, vielmehr handelt es sich um eine wirklich jedem Beamten ohne weiteres einsichtige Pflicht. Warum der Beklagte beim Erkennen oder Befolgen gerade dieser einfachen Grundpflichten unvermeidbar versagt haben soll, während er anderen beruflichen oder privaten Pflichten vollauf genügt hat, ist nicht nachvollziehbar. Der Beklagte kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht mit Erfolg auf die Pflege und den Tod seiner Eltern berufen. Abgesehen vom fehlenden zeitlichem Zusammenhang macht gerade der Umstand, dass der Beklagte im Tatzeitraum ohne jegliche Beanstandungen seinem Beruf nachgegangen sei, deutlich, dass in der genannten Zeitspanne keine schuldausschließende oder auch nur schuldeinschränkende psychische Erkrankung im Sinne einer ernsthaften Depression vorgelegen hat. Jedenfalls hätte eine solche angesichts der erfolgreichen Ausübung einer durchaus anspruchsvollen Tätigkeit keinen solchen Grad erreicht, dass der Beklagte darin gehindert worden wäre, das Rechtswidrige seines Tuns zu erkennen oder nach dieser Einsicht zu handeln.“
34Schließlich hat das Verwaltungsgericht dargelegt, dass zugunsten des Beklagten nicht von einer disziplinarrechtlich erheblichen Vernachlässigung der Dienstaufsicht durch Vorgesetzte ausgegangen werden könne. Auch unabhängig von den anerkannten Milderungsgründen ergebe sich bei einer Gesamtwürdigung ein endgültiger Vertrauensverlust.
35Der Beklagte hat gegen das ihm am 14. Juni 2012 zugestellte Urteil am 16. Juli 2012 – einem Montag – Berufung eingelegt und diese damit begründet, dass das Disziplinarverfahren nicht wirksam eingeleitet worden, die Gleichstellungsbeauftragte nicht beteiligt worden und von einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit bei Begehung der Taten auszugehen sei. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts handele es sich bei § 81 LDG NRW, § 7 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1 BeamtZustV FM um eine funktionelle Zuständigkeitsregelung, welche die Ausübung der Disziplinarbefugnisse ausschließlich dem Behördenleiter beziehungsweise dessen allgemeinem Vertreter übertrage, so dass es auf den Geschäftsverteilungs- oder Vertretungsplan der Behörde nicht ankomme. Weiterhin seien die Mitwirkungsbefugnisse der Gleichstellungsbeauftragten nach § 17 Abs. 1 LGG weit zu verstehen. Auch die neuere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lege die Beteiligung nahe. Schließlich könne das Urteil materiell keinen Bestand haben. Aus der dem Verwaltungsgericht vorgelegten Stellungnahme des Dipl.-Psychologen X. H. ergebe sich, dass bei dem Beklagten eine depressive Erkrankung vorliege und die Taten aus psychotherapeutischer Sicht als hilfloses, inadäquates Verhalten angesehen werden könnten, um auf seine emotionale Not (Depressionen, Überforderung) aufmerksam zu machen. Es seien daher substantiierte konkrete Hinweise auf das Vorliegen schuldausschließender Gründe dargestellt worden. Der Beweisantrag aus der Klageerwiderungsschrift, ein psychologisches Sachverständigengutachten erstellen zu lassen über die physische und psychische Gesamtsituation des Beamten in den Jahren 2000 bis 2008, werde ausdrücklich wiederholt.
36Der Beklagte beantragt,
37das erstinstanzliche Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen,
38hilfsweise,
39auf eine mildere Disziplinarmaßnahme zu erkennen.
40Der Kläger beantragt,
41die Berufung zurückzuweisen.
42Er verteidigt das Urteil mit folgenden Argumenten: Die Zuständigkeitsregelung des § 7 Abs. 3 Satz 1 BeamtZustV FM mache die Einleitung des Disziplinverfahrens nicht zum höchstpersönlichen Geschäft des Behördenleiters, wie sich auch aus dem Vergleich zwischen § 17 LDG NRW und § 32 Abs. 5 LDG NRW ergebe. Der Aufgabenbereich der Gleichstellungsbeauftragten sei nicht berührt. Der Beklagte habe keine Anknüpfungstatsachen dargelegt, nach denen es naheliege, dass er aufgrund einer psychischen Erkrankung außer Stande gewesen sein sollte, die Pflichtwidrigkeit seines Verhaltens zu erkennen.
43Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte sowie die in dem Sitzungsprotokoll im einzelnen bezeichneten Beiakten, wie sie dem Senat vorgelegen haben, Bezug genommen.
44Entscheidungsgründe:
45Die zulässige Berufung ist unbegründet.
46Das Verwaltungsgericht hat dem Beklagten zu Recht das Ruhegehalt aberkannt. Ein wesentlicher Mangel des behördlichen Disziplinarverfahrens liegt nicht vor (unten zu I.). Der Beklagte hat ein sehr schwerwiegendes Dienstvergehen begangen (II.), das nach umfassender Würdigung zu dem Schluss führt, dass der Beklagte das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren hat, er als noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen und ihm daher das Ruhegehalt abzuerkennen ist (III.).
47I. Ein wesentlicher Mangel des Disziplinarverfahrens (vgl. § 54 Abs.1 Satz 1 LDG NRW) ist weder darin zu sehen, dass die Einleitungsverfügung nicht der Leiter der Oberfinanzdirektion oder sein Vertreter unterschrieben hat, noch darin, dass die Gleichstellungsbeauftragte im Disziplinarverfahren nicht beteiligt wurde. Sonstige wesentliche Verfahrensfehler sind weder vorgebracht noch ersichtlich.
481. Die Einleitung des Disziplinarverfahrens durch einen „im Auftrag“ handelnden Beamten der Oberfinanzdirektion war nicht fehlerhaft. Selbst wenn darin ein Fehler läge, wäre dieser jedenfalls angesichts der späteren Verfügung vom 25. August 2010, in welcher die Fortsetzung des Verfahrens angeordnet wurde, unwesentlich.
49a) Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW leitet die „dienstvorgesetzte Stelle“ das Disziplinarverfahren ein; die Einleitung ist aktenkundig zu machen (§ 17 Abs. 1 Satz 3 LDG NRW). Dienstvorgesetzte Stelle ist für Ruhestandsbeamte nach § 17 Abs. 5 Satz 3, § 81 Sätze 1 und 2 LDG NRW die zum Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand zuständige oberste Dienstbehörde, die ihre Befugnisse durch Rechtsverordnung ganz oder teilweise auf nachgeordnete dienstvorgesetzte Stellen übertragen kann. Von dieser Möglichkeit hat der Finanzminister durch § 7 Abs. 3 der Verordnung über beamtenrechtliche Zuständigkeiten im Geschäftsbereich des Finanzministeriums (BeamtZustV FM) vom 25. April 2002 Gebrauch gemacht und die Disziplinarbefugnisse der obersten Dienstbehörde in Verfahren gegen Ruhestandsbeamte auf die zum Zeitpunkt des Dienstvergehens zuständigen dienstvorgesetzten Stellen übertragen. Als dienstvorgesetzte Stellen für aktive Beamte benennt § 17 Abs. 5 Satz 1 LDG NRW zunächst die oberste Dienstbehörde und die ihr nachgeordnete Stelle, der die Ausübung der Befugnisse zur Ernennung übertragen ist sowie die betreffende Aufsichtsbehörde. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 BeamtZustV FM sind die Oberfinanzdirektionen im Rahmen ihres Geschäftsbereichs hinsichtlich der Beamtinnen und Beamten des einfachen, mittleren, gehobenen und höheren Dienstes einschließlich der Besoldungsgruppe A 16 zuständig für Ernennungen. Nach § 17 Abs. 5 Satz 2 LDG NRW kann die oberste Dienstbehörde durch Rechtsverordnung ferner bestimmen, wer „außerdem“ dienstvorgesetzten Stelle ist. Hieran anknüpfend bestimmt § 7 Abs. 1 Nr. 1 BeamtZustV FM die Leistungen der Oberfinanzdirektionen zu dienstvorgesetzten Stellen, soweit sich die Eigenschaft als dienstvorgesetzte Stelle nicht schon aus § 17 Abs. 5 Satz 1 LDG NRW ergibt.
50aa) Nach den dargelegten Regelungen war die Oberfinanzdirektion bereits aus § 81 Satz 2, § 17 Abs. 5 Satz 1 LDG NRW, § 7 Abs. 3, § 2 Abs. 1 Nr. 1 BeamtZustV FM zur Ausübung der Disziplinarbefugnisse berufen. Angesichts dessen kommt es nicht mehr darauf an, dass nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 BeamtZustV FM die Leitungen der Oberfinanzdirektionen zu dienstvorgesetzten Stellen im Sinne von § 17 Abs. 5 Satz 2 LDG NRW bestimmt werden. Diese Zuständigkeitsbestimmung ist nämlich nach § 7 Abs. 1 a.E. BeamtZustV FM nur subsidiär von Bedeutung.
51bb) Der für die Oberfinanzdirektion tätige Beamte C. konnte für diese im Disziplinarverfahren wirksam handeln. Von der Bestimmung des zuständigen Dienstvorgesetzten ist die Frage zu unterscheiden, inwieweit Aufgaben des Dienstvorgesetzten behördenintern delegiert werden können.
52Vgl. zu dieser Differenzierung etwa OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10. November 2011 - OVG 80 D 6.09 -, juris Rn. 31.
53Entgegen der Ansicht des Beklagten, die der früheren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 33 BDO entspricht und auch nach der neuen Rechtslage von einem Teil der Rechtsprechung und Literatur vertreten wird –
54vgl. VG Wiesbaden, Beschluss vom 18. November 2013 - 28 L 369/13.WI.D -, juris Rn. 23 ff. m.w.N. zu § 20 Abs. 1 Satz 1 HDG; zur früheren Rechtslage BVerwG, Beschlüsse vom 15. August 1972 - I DB 10.72 -, BVerwGE 46, 14; vom 2. Juni 1995 - 1 DB 7.95 -, BVerwGE 103, 240, 241; so bereits OVG NRW, Beschluss vom 15. August 1959 - W 13/59 -, DÖD 1960, 18 –,
55folgt aus den erörterten Zuständigkeitsregelungen nicht, dass behördenintern allein der Leiter der Behörde oder sein ständiger Vertreter zur Einleitung des Disziplinarverfahrens befugt ist, ohne dass diese anderweitig vertreten werden könnten.
56Schon der Gesetzeswortlaut spricht gegen ein derartiges Verständnis; denn er benennt „die oberste Dienstbehörde“ sowie die „dienstvorgesetzte Stelle“ und nicht deren Leitung. Nach der hier einschlägigen Regelung des § 2 Abs. 1 BeamtZustV FM wird die Zuständigkeit für Ernennungen und damit – wie dargelegt – die Eigenschaft als dienstvorgesetzte Stelle im Sinne von § 17 LDG NRW ebenfalls der Oberfinanzdirektion und nicht etwa – wie in § 7 Abs. 1 Nr. 1 BeamtZustV FM – deren Leitung übertragen. Eine Regelung, nach der eine Vertretung der Oberfinanzdirektion als für das Disziplinarverfahren zuständige dienstvorgesetzte Stelle nach den allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen ausgeschlossen sein könnte, findet sich nicht.
57Soweit insofern argumentiert wird, dass die Bedeutung der Verfahrenseinleitung es notwendig mache, den Kreis der dazu berechtigten Personen zu beschränken, kommt eine solche – durchaus nachvollziehbare – Erwägung hinsichtlich der Verfahrenseinleitung im Gesetzes- und Verordnungswortlaut nicht zum Ausdruck.
58Auch systematische Erwägungen deuten nicht auf eine grundsätzliche Einschränkung der behördeninternen Delegationsmöglichkeit hin. In § 32 Abs. 5 Satz 1 LDG NRW ist ausdrücklich für die Abschlussentscheidung geregelt, dass diese allein von der oder dem Dienstvorgesetzten, deren oder dessen allgemeiner Vertreterin oder allgemeinem Vertreter oder der Leiterin oder dem Leiter der für Personalangelegenheiten zuständigen Abteilung zu unterzeichnen ist. Hinsichtlich der Verfahrenseinleitung fehlt es an einer entsprechenden Regelung. Dass dies eine planwidrige Regelungslücke darstellte, die eine analoge Anwendung der die Abschlussentscheidung betreffenden Regelungen auf die Verfahrenseinleitung ermöglichen könnte, ist nicht ersichtlich. Vielmehr steht eine bewusst unterschiedliche Behandlung von Verfahrenseinleitung und -abschluss durch den Gesetzgeber in Rede, die auch darin zum Ausdruck kommt, dass die Einleitung in bewusster Abkehr von der früheren Rechtslage (vgl. § 33 Satz 3 Do NRW) lediglich aktenkundig zu machen ist (§ 17 Abs. 1 Satz 3 LDG NRW), während die Abschlussentscheidung einer Unterzeichnung bedarf. Weil der Gesetzgeber mit § 17 Abs. 1 Satz 3 LDG NRW nach der Gesetzesbegründung –
59s. Gesetzentwurf der Landesregierung vom 29. März 2004, LT-Drucks. 13/5220 S. 86 –
60ausdrücklich „eine bisher in § 26 DO NW vorhandene Lücke“ geschlossen hat, ohne dabei die dem § 32 Abs. 5 LDG NRW entsprechenden Anforderungen zu stellen, ist für dessen entsprechende Anwendung kein Raum.
61Daher bleibt es mangels einer Beschränkung der Handlungsbefugnis auf den Behördenleiter oder dessen Stellvertreter nach § 3 Abs. 1 LDG NRW bei dem verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsatz, dass der Leiter einer Behörde die in deren Zuständigkeit fallenden hoheitlichen Aufgaben nicht persönlich wahrnehmen muss, sondern diejenigen Beamten tätig werden können, die nach den internen Regelungen über die behördliche Organisation und Geschäftsverteilung mit der eigenverantwortlichen Wahrnehmung der jeweiligen Aufgabe betraut sind.
62Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2013 - 2 C 3.12 -, BVerwGE 146, 98, 115 f.; Beschlüsse vom 16. März 2010 - 2 B 3.10 -, juris Rn. 9 m.w.N.; vom 26. Februar 2008 - 2 B 122.07 -, NVwZ-RR 2008, 477, 478 zu § 34 Abs. 2 Satz 1 BDG; OVG NRW, Beschluss vom 22. August 2007 - 21d A 1624/06.BDG -, juris Rn. 14 ff.; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21. Februar 2013 - OVG 81 D 2.10 -, juris Rn. 44 zu § 34 LDG Brandenburg; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 7. Juni 2011 - DL 13 S 1826/10 -, juris Rn. 49 ff. zu § 38 LDG Baden-Württemberg; Weiß in Fürst, GKÖD, M § 17 Rn. 60 (Stand: 1/11); s. allgemein auch Schmitz in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., § 12 Rn. 18.
63Dass der Finanzminister hiervon bei der Zuständigkeitsbestimmung in § 7 Abs. 3 BeamtZustV abweichen wollte, ist nicht ersichtlich.
64Nach diesen Maßstäben stellt es keinen Verfahrensfehler dar, dass der bei der Oberfinanzdirektion Münster tätige Leitende Regierungsdirektor C. das verfahrenseinleitende Schreiben unterzeichnet hat. Wie der Kläger unwidersprochen erklärt hat, war der Unterzeichnende nach der Geschäftsverteilung mit der entsprechenden Aufgabe betraut. Damit konnte er wirksam für die Oberfinanzdirektion handeln und das Disziplinarverfahren einleiten.
65b) Selbst für den – aus den dargelegten Gründen hier nicht gegebenen – Fall, dass dem Leitenden Regierungsdirektor C. die Handlungsbefugnis gefehlt haben sollte, wäre ein solcher Fehler für das behördliche Disziplinarverfahren nicht wesentlich; denn der allgemeine Vertreter des Leiters der Oberfinanzdirektion, Finanzpräsident B. , hat die Verfügung unterschrieben, mit der die Verfahrensfortsetzung unter Ausweitung und zusammenfassender Benennung der insgesamt erhobenen Vorwürfe angeordnet wurde. Damit hat er schriftlich zum Ausdruck gebracht, dass er für die Durchführung des Disziplinarverfahrens die Verantwortung übernimmt. Der Beklagte ist nach der Fortführung des Verfahrens zur mündlichen Anhörung erschienen und hat dort sein Verhalten eingeräumt und zu erklären versucht. Insoweit wären schutzwürdige Belange des Beklagten selbst bei einer fehlerhaften Verfahrenseinleitung nicht beeinträchtigt. Daher ist es ausgeschlossen, dass ein etwaiger Fehler bei der Verfahrenseinleitung sich auf den Gang des behördlichen Disziplinarverfahrens und insbesondere die abschließende Entscheidung, Disziplinarklage zu erheben, ausgewirkt hat.
66Vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. März 2013 - 2 B 113.12 -, juris Rn. 19 f.; s. auch zur Heilung bei Mängeln der Disziplinarklage BVerwG, Beschluss vom 10. Juli 2014 - 2 B 54.13 -, Rn. 7 m.w.N.
672. Die Mitwirkung der Gleichstellungsbeauftragten im Disziplinarverfahren war nicht erforderlich. Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten hat zudem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt, die insoweit erhobenen Beanstandungen nicht mehr weiterzuverfolgen.
68Eine Mitwirkungsangelegenheit im Sinne des § 17 Abs. 1 LGG lag nicht vor, weil das konkrete Disziplinarverfahren nicht der Ausführung des LGG dient und keine Auswirkungen auf die Gleichstellung von Frau und Mann hat oder haben könnte. Solche Auswirkungen kommen etwa dann in Betracht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass bei der Aufklärung und Ahndung von Dienstpflichtverletzungen, die unmittelbar nichts mit dem Zweck des Landesgleichstellungsgesetzes zu tun haben, die Ermittlungsmethoden oder die Sanktionen je nach Geschlecht differieren.
69S. entsprechend zu § 19 Abs. 1 BGleiG BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2013 - 2 C 62.11 -, NVwZ-RR 2013, 693, 694 f.; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 30. November 2011 - 2 WRB 1.11 -, DokBer 2012, 137, 138 zu § 19 Abs. 1 SGleiG; OVG NRW, Beschluss vom 15. März 2011 - 1 A 634/09 -, NVwZ-RR 2011, 735 ff.
70Eine derartige Sachlage war nicht gegeben. Das Disziplinarverfahren hat die Überweisung von Geldbeträgen von einem Konto des Finanzamtes auf ein eigenes Konto des Beamten statt auf Konten gemeinnütziger Einrichtungen zum Gegenstand. Dieses Vorgehen steht ebenso wenig wie eine etwaige disziplinarrechtliche Ahndung in irgendeinem denkbaren Zusammenhang zum Geschlecht des handelnden Beamten. Sowohl die Aufklärung des Sachverhalts als auch mögliche Sanktionen darauf lassen jeglichen geschlechtsspezifischen Bezug vermissen.
71Hinzu kommt, dass der Beklagte sich bereits im Ruhestand befand und daher eine Bedeutung für Belange der Dienststelle im Zusammenhang mit Gleichstellungsfragen noch ferner liegt.
72Wäre eine Mitwirkung der Gleichstellungsbeauftragten in dem vom Beklagten intendierten äußerst weiten Umfang erforderlich, hätte dies zur Konsequenz, ursprünglich noch dass sie an jedem Disziplinarverfahren zu beteiligen wäre. Dies ist indes ersichtlich nicht bezweckt, wie sich bereits aus der in § 17 Abs. 1 LGG enthaltenen Einschränkung ergibt. Eine allgemeine Mitwirkung in sämtlichen Angelegenheiten, auf die das vom Beklagten vertretene weite Verständnis hinausliefe, ist gerade nicht vorgesehen. Dagegen spricht auch, dass der Landesgesetzgeber mit dem Gesetz zur Änderung des Personalvertretungsrechts und schulrechtlicher Vorschriften vom 9. Oktober 2007 (GV.NRW 2007 S. 394, 400) die Mitwirkung des Personalrats bei Erhebung des Disziplinarklage (im Anschluss an die bundesrechtliche Regelung) ausdrücklich geregelt hat. Obschon der Gesetzgeber seitdem auch das LGG mehrfach geändert hat, hat er keine Veranlassung gesehen, eine zwingende Mitwirkung der Gleichstellungsbeauftragten am Disziplinarverfahren zu normieren. In dem – nicht abschließenden – Katalog der mitwirkungspflichtigen Maßnahmen ist das Disziplinarverfahren nicht aufgeführt. Dass die Gesetzesbegründung insofern auf Maßnahmen „analog §§ 72 ff LPVG“ –
73s. Gesetzentwurf der Landesregierung vom 27. Mai 1999, LT-Drucks. 12/3959 S. 60 –
74abgestellt hat, ändert daran nichts, weil zum Zeitpunkt des Gesetzesentwurfs § 73 LPVG das Disziplinarverfahren nicht beinhaltete und später – wie dargelegt – trotz Änderung des § 73 LPVG eine Ergänzung des LGG unterblieb.
75II. Der Beklagte hat ein schwerwiegendes innerdienstliches Dienstvergehen begangen, indem er in sieben Fällen Geldbeträge von einem Konto des Finanzamts auf ein eigenes Konto überwies und damit gegen die Pflichten zur uneigennützigen Amtswahrnehmung sowie zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten verstieß.
761. In tatsächlicher Hinsicht geht der Senat wie bereits das Verwaltungsgericht davon aus, dass der Beklagte insgesamt sieben Mal Geld von einem Konto des Finanzamtes zugunsten eines eigenen Kontos abbuchte. Wegen der Einzelheiten nimmt der Senat zunächst auf die oben wiedergegebenen Feststellungen des rechtskräftigen Strafbefehls Bezug. In entsprechender Weise nahm der Beklagte zudem drei weitere Überweisungen vor, so dass er insgesamt folgende Beträge zu Lasten des Klägers auf seinem Konto bei der Sparkasse Münster gutgeschrieben erhielt:
77am 18. September 2001 5.000,00 DM (2.556,46 €),
78am 4. Januar 2002 2.556,46 €,
79am 29. Mai 2002 2.556,00 €,
80am 7. Oktober 2005 3.000,00 €,
81am 9. Oktober 2006 2.500,00 €,
82am 10. April 2007 1.000,00 €,
83am 13. September 2007 3.000,00 €,
84insgesamt 17.168,92 €.
85Der Beklagte hat die Überweisungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ebenso wie bereits im behördlichen Disziplinarverfahren und vor dem Verwaltungsgericht glaubhaft gestanden. Dieses Geständnis wird durch entsprechende Kontoauszüge für sein Konto bei der Sparkasse Münster (Konto-Nr. 103538849), die jeweiligen – unter anderem von ihm unterschriebenen – Sammel-Überweisungsaufträge sowie die diesen zugehörigen Anlagen bestätigt.
86Dass die ersten drei Überweisungen wegen strafrechtlicher Verfolgungsverjährung (§ 78 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 4 StGB) nicht Gegenstand des Strafbefehls waren, steht einer Berücksichtigung im Disziplinarverfahren nicht entgegen. Zum einen ist wegen des Grundsatzes der Einheitlichkeit des Dienstvergehens auf dessen Vollendung, nicht auf die Vollendung einzelner pflichtwidriger Handlungen abzustellen.
87Vgl. entsprechend zu § 15 BDG BVerwG, Urteil vom 8. September 2004 - 1 D 18.03 -, NVwZ-RR 2006, 45.
88Zum anderen kann der Zeitablauf seit Tatbegehung nach § 15 LDG NRW lediglich der Verhängung der dort genannten Disziplinarmaßnahmen entgegenstehen, nicht aber der Aberkennung des Ruhegehalts.
892. Gemäß dem im Tatzeitraum geltenden § 83 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW, der mangels einer für den Beklagten günstigeren zwischenzeitlichen Regelung (vgl. jetzt § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG) Anwendung findet –
90vgl. BVerwG, Urteil vom 25. August 2009 - 1 D 1.08 -, NVwZ 2010, 713, 714 m.w.N. –,
91begeht ein Beamter ein Dienstvergehen, wenn er schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten verletzt. Zu den näher ausgestalteten Pflichten gehören die Pflicht zur uneigennützigen Amtswahrnehmung sowie die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 57 Sätze 2 und 3 LBG NRW a.F.; vgl. § 34 Sätze 2 und 3 BeamtStG). Diese Pflichten hat der Beklagte verletzt, indem er die Geldbeträge ohne Rechtsgrundlage auf sein eigenes Konto überwies.
92Dies stellt sich als innerdienstliches Vergehen dar. Die Abgrenzung zwischen inner- und außerdienstlicher Pflichtverletzung beruht nicht auf der Zufälligkeit räumlicher oder zeitlicher Beziehung eines Verhaltens zur Dienstausübung, sondern auf einer etwaigen kausalen und logischen Einbindung des maßgeblichen Verhaltens in ein Amt und die damit verbundene dienstliche Tätigkeit.
93Vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. Oktober 2006 - 1 DB 6.06 -, juris Rn. 19; Urteil vom 19. August 2010 - 2 C 13.10 -, NVwZ 2011, 299, 300 m.w.N.
94Eine solche Einbindung ist hier ersichtlich gegeben. Der Beklagte hatte allein aufgrund seiner dienstlichen Stellung die Verfügungsmöglichkeit über das Konto des Finanzamtes und nahm die Überweisungen grundsätzlich im Zusammenhang mit seiner Aufgabe wahr, auf dem Konto des Finanzamtes verbuchte Geldbeträge an gemeinnützige Einrichtungen weiterzuleiten.
95III. Nach einer Gesamtwürdigung sämtlicher zu berücksichtigender Umstände ist dem Beklagten gemäß § 13 Abs. 3 Satz 2 LDG NRW das Ruhegehalt abzuerkennen, weil er als noch im Dienst befindlicher Beamte aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen; denn durch das Dienstvergehen hat er das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren (§ 13 Abs. 3 Satz 1 LDG NRW).
961. Die Auswahl der im Einzelfall erforderlichen Disziplinarmaßnahme richtet sich gemäß § 13 Abs. 2 Sätze 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 LDG NRW nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung. Dazu sind die genannten Bemessungskriterien mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht zu ermitteln und in die Entscheidung einzustellen, um dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot) zu genügen. Die Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen.
97Vgl. entsprechend zu § 13 BDG BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 -, NVwZ-RR 2014, 105, 106 m.w.N.
98Für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme im Sinne des § 5 Abs. 1 LDG NRW ist die Schwere des Dienstvergehens nach § 13 Abs. 2 Satz 1 LDG NRW maßgebendes Bemessungskriterium. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hat dazu generelle Maßstäbe für einzelne Fallgruppen entwickelt. Danach ist für die Fallgruppe der Zugriffsdelikte, das heißt für die Veruntreuung dienstlich anvertrauter Gelder und Güter, die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis grundsätzlich Richtschnur für die Maßnahmebestimmung, wenn die veruntreuten Beträge oder Werte insgesamt die Schwelle der Geringwertigkeit deutlich überschreiten.
99Vgl. BVerwG a.a.O.
100Zwar liegt hier kein Zugriffsdelikt im Sinne der genannten Rechtsprechung vor, weil der Beklagte sich die Geldbeträge zunächst – gleichsam nur mittelbar – durch Überweisung verschaffte. Allerdings ist das Dienstvergehen hier hinsichtlich seiner Schwere einem Zugriffsdelikt gleichzustellen, da der Gesamtschaden über 5 000 € liegt und im Übrigen Erschwerungsgründe hinzukommen.
101Aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich, dass in Fällen innerdienstlicher Betrugs- oder Untreuehandlungen zum Nachteil des Dienstherrn bei einem Gesamtschaden von über 10 000 DM bzw. 5 000 € die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis auch dann geboten sein kann, wenn keine besonderen Erschwerungsgründe hinzutreten.
102Vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 2 B 122.07 -, NVwZ-RR 2008, 477, 479 m.w.N.; daran festhaltend BVerwG, Beschluss vom 1. April 2010 - 2 B 111.09 -, juris Rn. 6.
103Solche innerdienstlichen Untreuehandlungen mit einem entsprechend hohen Gesamtschaden, hier 17 168,92 €, lagen vor. Wie bereits aufgezeigt, verletzte der Beklagte durch die Überweisungen seine Dienstpflicht zur Wahrung fremder Vermögensinteressen und führte so jeweils einen Vermögensnachteil herbei.
104Darüber hinaus ergeben sich Erschwernisgründe, die etwa in der Anzahl und Häufigkeit der Verfehlungen, der Höhe des Gesamtschadens und der missbräuchlichen Ausnutzung der dienstlichen Stellung oder der dienstlich erworbenen Kenntnisse liegen können.
105S. BVerwG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 2 B 122.07 -, NVwZ-RR 2008, 477, 479 m.w.N.; zu innerdienstlichem Betrug BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 2011 - 2 B 64.11 -, juris Rn. 12.
106Insofern ist besonders zu berücksichtigen, dass der Beklagte gerade seine dienstliche Stellung ausnutzte, um die Geldbeträge auf sein Konto zu überweisen. Er hatte aufgrund seiner Aufgabe als Kassenleiter die Möglichkeit, Überweisungen vom Konto des Finanzamtes vorzunehmen. Bei der konkreten Vorgehensweise kam ihm zugute, dass er die genauen Abläufe kannte und daher einen Weg wählen konnte, bei dem das Entdeckungsrisiko gering war. Tatsächlich sind seine Verfehlungen über Jahre hinweg nicht aufgefallen und schließlich nur im Rahmen der außerordentlichen Prüfung durch die Innenrevision entdeckt worden.
107Die Anzahl von immerhin sieben einzelnen Verfehlungen und die den Wert von 5 000 € deutlich übersteigende Gesamtschadenshöhe kommen erschwerend hinzu.
108Die sich aus diesen Umständen ergebende Schwere des dem Beklagten zur Last fallenden Dienstvorgehens führt dazu, dass als Disziplinarmaßnahme die Aberkennung des Ruhegehalts indiziert ist.
1092. Von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelte Milderungsgründe, die zum Absehen von der Aberkennung des Ruhegehalts müssten oder führen könnten, liegen nicht vor.
110a) Für eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit des Beklagten im Tatzeitraum im Sinne des § 21 StGB, die regelmäßig dem Ausspruch der Höchstmaßnahme entgegensteht –
111vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. Juli 2013 - 2 B 76.12 -, DokBer 2014, 32, 34 m.w.N. –,
112fehlen jegliche tatsächlichen Anhaltspunkte. Der Senat schließt daher eine solche Verminderung der Schuldfähigkeit aus und hatte weder mit Blick auf den in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag des Beklagten noch von Amts wegen Anlass, ein psychiatrisches Sachverständigengutachten einzuholen.
113aa) Der in der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag, „einen Sachverständigen mit dem Gutachten zu beauftragen über die psychische und physische Gesamtsituation des Beamten für die Jahre 2000 bis 2008“, stellt keinen substantiierten Beweisantrag im Sinne des § 86 Abs. 1 Satz 2 VwGO, § 3 Abs. 1 LDG NRW dar. Ein solcher erfordert nämlich die Behauptung einer bestimmten Tatsache.
114Vgl. st. Rspr.; etwa BVerwG, Urteil vom 16. Oktober 2008 - 2 A 9.07-, juris Rn. 41; Beschluss vom 24. September 2012 - 5 B 30.12 -, juris Rn. 9 m.w.N.
115Hieran fehlt es. Konkrete Tatsachen, die bewiesen werden sollen – etwa eine bestimmte Erkrankung des Beklagten –, hat der Beklagte in seinem Antrag nicht benannt. Soweit der Antrag darauf abzielen könnte, eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB darzutun, ergibt sich daraus ebenfalls keine Tatsache, sondern lediglich eine Wertung, die der Beweisaufnahme nicht zugänglich ist.
116Vgl. BGH, Urteile vom 15. Dezember 2011 - 3 StR 365/11 -, NStZ 2012, 280, 281; vom 2. September 2010 - 3 StR 273/10 -, NStZ 2011, 106, 107 m.w.N.
117Darüber hinaus sind, wie bereits vom Verwaltungsgericht dargelegt, zureichende Anknüpfungstatsachen die Anlass gäben, ein psychiatrische Gutachten für einen bereits über sechs Jahre zurückliegenden Zeitraum einzuholen, nicht ersichtlich. Der Beklagte befand sich nach seinen eigenen Angaben im Tatzeitraum nicht in psychiatrischer Behandlung, so dass keinerlei sachverständige Befunde vorliegen. Konkrete Angaben des Beklagten zu eventuellen krankheitsbedingten Beeinträchtigungen im fraglichen Zeitraum fehlen ebenfalls. Hinweise auf eine psychische Erkrankung der Beklagten im Tatzeitraum ergeben sich schließlich auch nicht aus der vom Beklagten vorgelegten Stellungnahme seines Psychotherapeuten. Diese stützt sich nämlich allein auf Erkenntnisse aus einer im Februar 2012 aufgenommenen ambulanten psychotherapeutischen Behandlung und eigene Schilderungen des Beklagten. Mit der naheliegenden Möglichkeit, dass die vom Therapeuten angenommene depressive Erkrankung erst nach den Taten (insbesondere als Reaktion auf das Disziplinar- und Strafverfahren) entstanden sein könnte –
118s. dazu Rasch/Konrad, Forensische Psychiatrie, 3. Aufl., S. 265 –,
119setzt sich die Stellungnahme nicht auseinander. Im Übrigen zeigt die Stellungnahme lediglich hypothetische Motivlagen – „emotionale Not (Depressionen, Überforderung)“ – auf, ohne konkrete Anhaltspunkte für eine bestimmte Erkrankung im Tatzeitraum zu benennen.
120bb) Zu einer weiteren Aufklärung hinsichtlich eventueller psychischer Erkrankungen des Beklagten im Tatzeitraum von Amts wegen besteht ebenfalls kein Anlass. Aus den bereits dargelegten Gründen liegt keinerlei Hinweis darauf vor, dass bei dem Beklagten im Tatzeitpunkt eine unter ein Eingangsmerkmal der §§ 20, 21 StGB subsumierbare Beeinträchtigung vorlag. Er befand sich nicht in Behandlung und war ohne nach außen tretende Auffälligkeiten in der Lage, seinen Dienst auszuüben.
121b) Der Beklagte beging die Handlungen nicht in einer existenzbedrohenden wirtschaftlichen Notlage, die einen durchgreifenden Entlastungsgrund darstellen könnte.
122Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 2013 - 2 B 35.13 -, NVwZ-RR 2014, 314; Urteil vom 6. Juni 2007 - 1 D 2.06 -, juris Rn. 28 f.
123Eine unverschuldete wirtschaftliche Notlage ist nicht gegeben. Dass der Beklagte, der keinen Unterhaltsverpflichtungen nachzukommen hatte, trotz seiner Bezüge als Steueroberamtsrat (A 13) einen Dispositionskredit in Anspruch nahm, beruhte auf einem dem Einkommen gegebenenfalls nicht angepassten Lebenszuschnitt. Dieser ist vom Beklagten selbst gewählt und zu verantworten; er stellt sich jedenfalls nicht als unverschuldet dar. Im Übrigen ist der Milderungsgrund der wirtschaftlichen Notlage nur auf zeitlich begrenztes Fehlverhalten anwendbar –
124s. BVerwG, Urteil vom 15. März 2012 - 2 WD 9.11 -, DokBer 2012, 275, 276 f. m.w.N. –,
125das hier angesichts der sich über rund sechs Jahre erstreckenden Veruntreuungen ausgeschlossen ist.
126c) Sonstige nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts „anerkannte“ typisierte Milderungsgründe sind ebenfalls nicht gegeben. Insbesondere hat der Beklagte seine Tat nicht freiwillig vor Tatentdeckung offenbart.
127Vgl. zu diesem Milderungsgrund BVerwG, Urteil vom 28. Juli 2011 - 2 C 16.10 -, BVerwGE 140, 185, 196 f. m.w.N.
128Vielmehr hat er erst nach der Aufdeckung der unberechtigten Überweisungen die Vorwürfe eingeräumt und die verursachten Fehlbeträge ausgeglichen.
1293. Eine Gesamtwürdigung aller be- und entlastenden Gesichtspunkte führt ebenfalls nicht dazu, dass eine andere Disziplinarmaßnahme als die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis angemessen ist.
130a) Der Senat hat erwogen, ob eine sogenannte negative Lebensphase während des Tatzeitraums bestand, die je nach den Umständen des Einzelfalles mildernd berücksichtigt werden kann. Dies gilt allerdings nur für außergewöhnliche Verhältnisse, die den Beamten zeitweilig aus der Bahn geworfen haben. Hinzukommen muss, dass er die negative Lebensphase in der Folgezeit überwunden hat.
131S. BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 2013 - 2 B 35.13 -, NVwZ-RR 2014, 314, 317 m.w.N.
132Derartige außergewöhnliche Verhältnisse lagen nicht vor. Insoweit hat der Senat insbesondere die vom Beklagten vorgebrachten Umstände berücksichtigt, die ihn belastet hätten und die er teilweise in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nochmals aufgezeigt hat: Er habe im Wesentlichen die Pflege seiner Eltern übernommen, bis seine Mutter im Jahr 1997 und sein Vater im Jahr 2000 verstorben seien. Nachdem sein Vater gestorben und ihm wegen Eigenbedarfs gekündigt worden sei, sei er aus dem zuvor gemeinsam bewohnten Haus ausgezogen. Er habe nicht die zu seinen Gunsten bestehende Kündigungsfrist abgewartet, sondern sich in wenigen Wochen eine andere Wohnung gesucht, die für ihn viel zu groß und zu teuer gewesen sei. Nach dem Umzug im November 2000 habe er einen leichten Schlaganfall und in den Jahren 2003 sowie 2006 jeweils einen Lendenwirbelbruch erlitten. Wegen einer darauf hin festgestellten Osteoporose sei „eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um 40 %“ anerkannt worden. Er habe ein Stahlkorsett getragen und sei durch die sitzende Tätigkeit sehr belastet gewesen. Im Oktober 2002 sei im Finanzamt die Erhebungsstelle eingerichtet worden, was zu großer Unruhe bei den Mitarbeitern geführt habe. Er habe zudem teilweise die Arbeit eines erkrankten Kollegen übernommen. Die Arbeit sei für ihn zunehmend zu einer großen Belastung geworden.
133Diese vom Beklagten vorgebrachten Gesichtspunkte sind zwar für die Bestimmung der persönlichen Tatumstände von Bedeutung. Allerdings ist ihnen ein durchgreifendes entlastendes Gewicht, das eine mildere Maßnahme rechtfertigen könnte, nicht beizumessen. Ein Zusammenhang zwischen den persönlichen Belastungen und den Vermögensdelikten liegt nicht nahe. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit der Tod der Eltern, eigene gesundheitliche Einschränkungen des Beklagten und eine erhöhte berufliche Belastung für die Vermögensdelikte von Bedeutung waren. Dabei ist insbesondere zu bedenken, dass die Straftaten sich über einen Zeitraum von rund sechs Jahren erstreckten und bereits in zeitlicher Hinsicht eine Auswirkung der genannten Umstände auf die Taten fernliegt. So beging der Beklagte die erste Tat, als der Tod der Mutter bereits rund vier Jahre, der des Vaters etwa ein Jahr zurücklag. Zu den Wirbelbrüchen und der Umstrukturierung der Dienststelle kam es erst, nachdem der Beklagte sich bereits (wenigstens) einmal unberechtigt Geld überwiesen hatte. Im Übrigen ist auch in der Sache weder dargelegt noch sonst erkennbar, dass die Vermögensdelikte die vom Beklagten genannten persönlichen Probleme hätten lindern können und eine wesentliche Motivation für die Taten waren. Der Beklagte hat in seiner mündlichen Anhörung im Rahmen des Disziplinarverfahrens ebenso wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt, er könne im Nachhinein selbst nicht mehr nachvollziehen, warum er die sieben Überweisungen umgeleitet habe. Vor dem Senat hat er zudem ausgeführt, er habe sich möglicherweise für den Augenblick etwas gönnen wollen. Was später komme, habe ihn nicht interessiert.
134Ohne dass es darauf noch entscheidend ankäme, erreichen die den Beklagten bedrückenden Umstände kein im Vergleich zu anderen Beamten außergewöhnliches Maß. Der Tod der (hochbetagten) Eltern ist eine Situation, der sich ein Großteil der Bevölkerung zu stellen hat. Auch behördliche Umstrukturierungen und damit eventuell einhergehender Arbeitszuwachs sind im Rahmen eines langjährigen Beamtendienstes gelegentlich zu bewältigen. Der Senat verkennt insoweit nicht die damit verbundenen Belastungen, wertet sie aber mit Blick auf die konkrete Dienstpflichtverletzung nicht als durchgreifenden Entlastungsgrund. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die vom Beklagten vorgebrachten Aspekte in einem Zeitraum von rund zehn Jahren auftraten und nicht in zeitlicher Nähe zusammentrafen.
135b) Unabhängig davon, dass sich der Beklagte nicht in einer existentiellen wirtschaftlichen Notlage befand, hat der Senat als Hintergrund der Taten gewisse finanzielle Probleme des Beklagten angesichts recht hoher Finanzierungskosten für seinen Pkw und des Fortfalls des zuvor gemeinsam mit den Eltern genutzten Hauses mildernd bedacht.
136c) Dem Beklagten sind sein Geständnis und seine auch in der Verhandlung vor dem Senat geäußerte Reue zugute zu halten. Zwar räumte er die Straftaten erst nach deren Entdeckung und einer bei ihm am 29. Juni 2010 durchgeführten Hausdurchsuchung, aber immerhin schon kurz nach Eröffnung der Vorwürfe ein. Daher ist der für ihn sprechende Charakterzug der Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung für das eigene Fehlverhalten – wenngleich mit minderem Gewicht – mildernd einzubeziehen.
137Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2013 - 2 WD 5.12 -, DokBer 2013, 301, 306.
138d) Ebenso ist zu beachten, dass der Beklagte nach Aufforderung durch die Oberfinanzdirektion unverzüglich die zu Unrecht erlangte Gesamtsumme von 17 168,92 € zurückzahlte. Obschon er zu einem entsprechenden Schadensersatz rechtlich verpflichtet war, ist ihm dies zugute zu halten.
139e) Dass der Beklagte zuvor über Jahrzehnte unbeanstandet Dienst geleistet hatte, angesichts seiner Leistungen im Übrigen bis ins Spitzenamt des gehobenen Dienstes befördert worden war und disziplinar- sowie strafrechtlich unbelastet war, ist für das insofern positive Persönlichkeitsbild zusätzlich von Bedeutung. Allerdings ist ein beanstandungsfreies Verhalten regelmäßig nicht geeignet, schwere Pflichtenverstöße in einem milderen Licht erscheinen zu lassen, da der Beamte generell verpflichtet ist, bestmögliche Leistungen bei vollem Einsatz der Arbeitskraft zu erbringen und sich achtungs- sowie vertrauenswürdig zu verhalten (§ 57 Sätze 1 und 3 LBG NRW a.F., vgl. § 34 Sätze 1 und 3 BeamtStG).
140Vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Januar 2013 - 2 B 63.12 -, juris Rn. 13 m.w.N.
141f) Der Beklagte wird nicht durch eine Vorgesetzten vorzuwerfende Verletzung der Dienstaufsicht entlastet. Eine solche Aufsichtspflichtverletzung lag nicht vor, da konkrete Anhaltspunkte für besondere Umstände fehlten, die ausreichende Kontrollmaßnahmen unerlässlich gemacht hätten.
142Vgl. zu diesen Maßstäben BVerwG, Urteil vom 10. Januar 2007 - 1 D 15.05 -, Buchholz 235.1 § 85 BDG Nr. 14 S. 7 m.w.N.
143Der Dienstherr hatte keine Hinweise auf die Untreuehandlungen des Beklagten. Vielmehr bestand eine Sicherung darin, dass die Sammelüberweisungsträger grundsätzlich von zwei Personen zu unterschreiben waren. Dass der Beklagte diese Sicherung umging, indem er nach Unterschrift jeweils Einzelüberweisungsträger austauschte, führt nicht zu einem „Mitverschulden“ des Dienstherrn. Im Gegenteil spricht die konkrete Tatausführung für eine gewisse kriminelle Energie des Beklagten, der seine dienstlichen Kenntnisse über die genauen Abläufe der Überweisungsverfahren und das fehlende Wissen der Zahlungsempfänger von den zu erwartenden Überweisungen ausnutzte, um jahrelang unentdeckt Buchungen auf sein Konto zu veranlassen. Überdies hatte er als Beamter des gehobenen Dienstes und als Kassenleiter eine besondere Vertrauensstellung.
144Vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 1979 - 1 D 97.77 -, DÖD 1979, 127, 128; Urteil vom 6. Juni 2007 - 1 D 2.06 -, juris Rn. 36, 38; s. zur Vorteilsannahme BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2013 - 2 C 3.12 -, BVerwGE 146, 98, 106.
145g) Die gegebenen mildernden Aspekte reichen auch in ihrer Gesamtheit nicht aus, um trotz Vorliegens einer dem Gewicht eines Zugriffsdelikts gleichkommenden Pflichtverletzung von der Aberkennung des Ruhegehaltes abzusehen. Das Gewicht derartiger Entlastungsgründe muss nämlich umso größer sein, je schwerer das Dienstvergehen aufgrund der Höhe des Geldbetrags oder des Wertes der veruntreuten Gegenstände, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen und der Begehung von „Begleitdelikten" und anderer belastender Umstände wiegt. Je weniger die Höhe des Geldbetrags oder der Wert des Gegenstandes die Geringfügigkeitsgrenze überschreitet, desto geringer kann das Gewicht der Entlastungsgründe sein, um die Indizwirkung zu entkräften.
146St. Rspr; vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 26. März 2014 - 2 B 100.13 -, juris Rn. 7 m.w.N.
147Die Bedeutung der vom Beklagten begangenen Dienstpflichtverletzung wird dadurch gekennzeichnet, dass er insgesamt sieben einzelne Taten in einem Zeitraum von immerhin rund sechs Jahren – gleichsam in gewisser Regelmäßigkeit – beging. Der Gesamtschaden beläuft sich auf über 17 000 € und mithin auf ein Mehrfaches der Grenze von 5 000 €, ab der nach der Rechtsprechung innerdienstliche, nicht unmittelbar auf Bargeld oder andere Sachen bezogene Untreuehandlungen mit der Schwere eines Zugriffsdelikts vergleichbar sind und auch ohne Hinzutreten besonderer erschwerender Umstände eine Entfernung aus dem Dienst möglich ist. Als solcher Erschwerungsgrund schlägt hier der Missbrauch dienstlicher Möglichkeiten durchgreifend zu Buche. Demgegenüber sind die Entlastungsgründe – insbesondere das Geständnis bei erdrückender Beweislage und die (rechtlich ohnehin gebotene) Schadenswiedergutmachung, die vorige Unbescholtenheit sowie die näher dargelegten persönlichen Umstände – in ihrer Summe nicht von solchem Gewicht, dass sie einem anerkannten Milderungsgrund auch nur annähernd gleichkämen. Vielmehr hat der Beklagte durch sein Verhalten das Vertrauen sowohl des Dienstherrn als auch der Allgemeinheit in einer Weise beeinträchtigt, dass ein weiterer Verbleib im Dienst der Finanzverwaltung nicht vertretbar erschiene, wenn er sich noch im Dienst befände, und ihm daher das Ruhegehalt abzuerkennen ist. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass er als Kassenleiter und Steueroberamtsrat (im höchsten Beförderungsamt des gehobenen Dienstes) zum einen eine besondere Vertrauensstellung innehatte und ihm zum anderen eine gewisse Vorbildfunktion für andere Mitarbeiter zukam.
148Bei einem Ruhestandsbeamten soll die Disziplinarmaßnahme der Aberkennung des Ruhegehalts sicherstellen, dass sich der Beamte der Sanktionierung eines schweren Dienstvergehens, das er im aktiven Dienst begangen hat, nicht durch den Eintritt in den Ruhestand entziehen kann. Sie findet ihre Rechtfertigung in der Wahrung der Integrität des Beamtentums und des Ansehens des öffentlichen Dienstes sowie in dem Gebot der Gleichbehandlung.
149Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2013 - 2 C 62.11 -, NVwZ-RR 2013, 693, 697 m.w.N.
150IV. Zu einer Modifikation des Unterhaltsbeitrags (§ 10 Abs. 3 Sätze 2 und 3, § 12 Abs. 2 Satz 2 LDG NRW) besteht kein Anlass.
151Die Kostenentscheidung beruht auf § 74 Abs. 1 LDG NRW, § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 3 Abs. 1 LDG NRW, § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 708 Nr. 11, §§ 711, 709 Satz 2 ZPO.
152Ein Grund, die Revision zuzulassen (§ 132 Abs. 2 VwGO), ist nicht gegeben.
153moreResultsText
Annotations
(1) Der enteignete frühere Eigentümer kann verlangen, daß das nach den Vorschriften dieses Gesetzes enteignete Grundstück zu seinen Gunsten wieder enteignet wird (Rückenteignung), wenn das Grundstück nicht mehr für Aufgaben im Sinne des § 1 benötigt wird oder mit der Ausführung des Vorhabens, dessentwegen das Grundstück enteignet wurde, nicht binnen zweier Jahre, nachdem der Enteignungsbeschluß unanfechtbar geworden ist, begonnen wurde. Dieses gilt sinngemäß zugunsten des Eigentümers eines Grundstückes, an dem nach § 12 Abs. 1 ein Recht begründet worden ist.
(2) Das Verlangen auf Rückenteignung ist binnen eines Jahres, nachdem die das Grundstück verwaltende Stelle dem früheren Eigentümer von den Tatsachen, die den Anspruch begründen, Kenntnis gegeben hat, spätestens binnen dreißig Jahren, nachdem der Enteignungsbeschluß, Teil A, unanfechtbar geworden ist, bei der Enteignungsbehörde zu stellen. § 203 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt sinngemäß.
(3) Die Enteignungsbehörde kann die Rückenteignung ablehnen, wenn das Grundstück erheblich verändert oder ganz oder überwiegend Entschädigung in Land gewährt worden ist.
(4) Für die Rückenteignung sind die Vorschriften der §§ 17 bis 24, 28, 29, 31 bis 37 und 44 bis 55 sinngemäß anzuwenden.
(5) Der frühere Inhaber eines Rechts, das durch Enteignung nach den Vorschriften dieses Gesetzes erloschen oder entzogen worden ist, kann unter den in Absatz 1 bezeichneten Voraussetzungen verlangen, daß ein gleiches Recht an dem früher belasteten Grundstück zu seinen Gunsten durch Enteignung wieder begründet wird. Für Rechte, die durch Enteignung des früher belasteten Grundstücks erloschen sind, gilt dies nur, wenn der frühere Eigentümer oder sein Rechtsnachfolger das Grundstück zurückerhält. Die Vorschriften über die Rückenteignung gelten sinngemäß.
(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.
(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
(1) Soll gegen den Beamten auf Zurückstufung, auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder auf Aberkennung des Ruhegehalts erkannt werden, ist gegen ihn Disziplinarklage zu erheben.
(2) Die Disziplinarklage wird bei Beamten durch die oberste Dienstbehörde, bei Ruhestandsbeamten durch den nach § 84 zur Ausübung der Disziplinarbefugnisse zuständigen Dienstvorgesetzten erhoben. Die oberste Dienstbehörde kann ihre Befugnis nach Satz 1 durch allgemeine Anordnung ganz oder teilweise auf nachgeordnete Dienstvorgesetzte übertragen; die Anordnung ist im Bundesgesetzblatt zu veröffentlichen. § 17 Abs. 1 Satz 2 zweiter Halbsatz sowie Abs. 3 und 4 gilt entsprechend.
(1) In jeder Dienststelle mit in der Regel mindestens 100 Beschäftigten wird eine Gleichstellungsbeauftragte gewählt. Dies gilt auch für oberste Bundesbehörden mit in der Regel weniger als 100 Beschäftigten.
(2) Die Verwaltungen mit einem großen Geschäftsbereich können abweichend von Absatz 1 Satz 1 weniger Gleichstellungsbeauftragte wählen lassen, sofern sichergestellt ist, dass die Beschäftigten des gesamten Geschäftsbereichs angemessen durch eine Gleichstellungsbeauftragte vertreten werden.
(3) Gewählt werden
- 1.
in den Dienststellen mit mindestens 100 und höchstens 1 499 Beschäftigten sowie in Dienststellen mit weniger als 100 Beschäftigten, die eine eigene Gleichstellungsbeauftragte wählen, eine Stellvertreterin, - 2.
in den Dienststellen mit mindestens 1 500 und höchstens 1 999 Beschäftigten zwei Stellvertreterinnen, - 3.
in den Dienststellen mit höchstens 1 999 Beschäftigten und einem großen Zuständigkeits- oder komplexen Aufgabenbereich zwei oder drei Stellvertreterinnen, - 4.
in den Verwaltungen mit einem großen Geschäftsbereich, die von der Ausnahmeregelung nach Absatz 2 Gebrauch machen, sowie in Verwaltungen, zu denen Dienststellen mit weniger als 100 Beschäftigten gehören, die keine eigene Gleichstellungsbeauftragte wählen, - a)
bei insgesamt höchstens 1 499 Beschäftigten in allen Dienststellen, die durch eine Gleichstellungsbeauftragte vertreten werden, eine Stellvertreterin, - b)
bei insgesamt mindestens 1 500 und höchstens 1 999 Beschäftigten in allen Dienststellen, die durch eine Gleichstellungsbeauftragte vertreten werden, zwei Stellvertreterinnen, - c)
bei insgesamt mindestens 2 000 Beschäftigten in allen Dienststellen, die durch eine Gleichstellungsbeauftragte vertreten werden, drei Stellvertreterinnen und
- 5.
in den Dienststellen mit mindestens 2 000 Beschäftigten drei Stellvertreterinnen.
(4) Die Wahl der Gleichstellungsbeauftragten und der jeweiligen Zahl an Stellvertreterinnen findet in getrennten Wahlgängen nach Maßgabe der allgemeinen Wahlrechtsgrundsätze statt. Wahlberechtigt und wählbar sind die weiblichen Beschäftigten der Dienststelle. Die Wiederwahl ist zulässig. Die weiblichen Beschäftigten einer Dienststelle ohne eigene Gleichstellungsbeauftragte sind bei der nächsthöheren Dienststelle wahlberechtigt.
(5) Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates das Verfahren der Wahl nach den Absätzen 1 bis 4.
(1) Die Gleichstellungsbeauftragte hat den Vollzug dieses Gesetzes in der Dienststelle zu fördern und zu unterstützen; dies gilt auch für das Soldatinnen- und Soldaten-Gleichbehandlungsgesetz in Bezug auf das Verbot von Benachteiligungen auf Grund des Geschlechts in Form von Belästigungen und sexuellen Belästigungen. Im Übrigen wirkt sie bei allen personellen, organisatorischen und sozialen Maßnahmen ihrer Dienststelle mit, welche die Gleichstellung von Soldatinnen und Soldaten, die Vereinbarkeit von Familie und Dienst sowie den Schutz vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz betreffen. Sie ist frühzeitig zu beteiligen, insbesondere bei
- 1.
Personalangelegenheiten wie der Einstellung, Maßnahmen des beruflichen Aufstiegs und der vorzeitigen Entlassung aus dem Dienstverhältnis, - 2.
der Abfassung von Beurteilungs- und Auswahlrichtlinien und bei Besprechungen, welche die einheitliche Anwendung dieser Richtlinien in der Dienststelle sicherstellen sollen, - 3.
Maßnahmen zum Schutz vor sexueller Belästigung.
(2) Die Dienststelle hat die Gleichstellungsbeauftragte in Verfahren zur Besetzung von Gremien nach Maßgabe des Bundesgremienbesetzungsgesetzes zu beteiligen, sofern in der Dienststelle keine besondere Organisationseinheit zur Gleichstellung von Soldatinnen und Soldaten eingerichtet ist.
(3) Die Gleichstellungsvertrauensfrau ist Ansprechpartnerin für die Soldatinnen und Soldaten der Dienststelle sowie der zuständigen Gleichstellungsbeauftragten. Die Aufgabe der Gleichstellungsvertrauensfrau besteht in der Vermittlung von Informationen zwischen den Soldatinnen und Soldaten einerseits und der zuständigen Gleichstellungsbeauftragten andererseits. Die Gleichstellungsvertrauensfrau berät die zuständige Gleichstellungsbeauftragte in allen Fragen, die die vertretenen Dienststellen betreffen. Die Gleichstellungsbeauftragte kann der Gleichstellungsvertrauensfrau mit deren Einverständnis eigene Aufgaben übertragen.
(1) Die Verjährung schließt die Ahndung der Tat und die Anordnung von Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8) aus. § 76a Absatz 2 bleibt unberührt.
(2) Verbrechen nach § 211 (Mord) verjähren nicht.
(3) Soweit die Verfolgung verjährt, beträgt die Verjährungsfrist
- 1.
dreißig Jahre bei Taten, die mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht sind, - 2.
zwanzig Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als zehn Jahren bedroht sind, - 3.
zehn Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als fünf Jahren bis zu zehn Jahren bedroht sind, - 4.
fünf Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als einem Jahr bis zu fünf Jahren bedroht sind, - 5.
drei Jahre bei den übrigen Taten.
(4) Die Frist richtet sich nach der Strafdrohung des Gesetzes, dessen Tatbestand die Tat verwirklicht, ohne Rücksicht auf Schärfungen oder Milderungen, die nach den Vorschriften des Allgemeinen Teils oder für besonders schwere oder minder schwere Fälle vorgesehen sind.
(1) Sind seit der Vollendung eines Dienstvergehens mehr als zwei Jahre vergangen, darf ein Verweis nicht mehr erteilt werden.
(2) Sind seit der Vollendung eines Dienstvergehens mehr als drei Jahre vergangen, darf eine Geldbuße, eine Kürzung der Dienstbezüge oder eine Kürzung des Ruhegehalts nicht mehr ausgesprochen werden.
(3) Sind seit der Vollendung eines Dienstvergehens mehr als sieben Jahre vergangen, darf auf Zurückstufung nicht mehr erkannt werden.
(4) Die Fristen der Absätze 1 bis 3 werden durch die Einleitung oder Ausdehnung des Disziplinarverfahrens, die Erhebung der Disziplinarklage, die Erhebung der Nachtragsdisziplinarklage oder die Anordnung oder Ausdehnung von Ermittlungen gegen Beamte auf Probe und Beamte auf Widerruf nach § 34 Abs. 3 Satz 2 und § 37 Abs. 1 in Verbindung mit § 34 Abs. 3 Satz 2 des Bundesbeamtengesetzes unterbrochen.
(5) Die Fristen der Absätze 1 bis 3 sind für die Dauer des Widerspruchsverfahrens, des gerichtlichen Disziplinarverfahrens, für die Dauer einer Aussetzung des Disziplinarverfahrens nach § 22 oder für die Dauer der Mitwirkung des Personalrats gehemmt. Ist vor Ablauf der Frist wegen desselben Sachverhalts ein Straf- oder Bußgeldverfahren eingeleitet oder eine Klage aus dem Beamtenverhältnis erhoben worden, ist die Frist für die Dauer dieses Verfahrens gehemmt.
(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.
(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten oder früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen oder an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, oder wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Bei sonstigen früheren Beamtinnen und früheren Beamten gilt es als Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Für Beamtinnen und Beamte nach den Sätzen 1 und 2 können durch Landesrecht weitere Handlungen festgelegt werden, die als Dienstvergehen gelten.
(3) Das Nähere über die Verfolgung von Dienstvergehen regeln die Disziplinargesetze.
(1) Der enteignete frühere Eigentümer kann verlangen, daß das nach den Vorschriften dieses Gesetzes enteignete Grundstück zu seinen Gunsten wieder enteignet wird (Rückenteignung), wenn das Grundstück nicht mehr für Aufgaben im Sinne des § 1 benötigt wird oder mit der Ausführung des Vorhabens, dessentwegen das Grundstück enteignet wurde, nicht binnen zweier Jahre, nachdem der Enteignungsbeschluß unanfechtbar geworden ist, begonnen wurde. Dieses gilt sinngemäß zugunsten des Eigentümers eines Grundstückes, an dem nach § 12 Abs. 1 ein Recht begründet worden ist.
(2) Das Verlangen auf Rückenteignung ist binnen eines Jahres, nachdem die das Grundstück verwaltende Stelle dem früheren Eigentümer von den Tatsachen, die den Anspruch begründen, Kenntnis gegeben hat, spätestens binnen dreißig Jahren, nachdem der Enteignungsbeschluß, Teil A, unanfechtbar geworden ist, bei der Enteignungsbehörde zu stellen. § 203 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt sinngemäß.
(3) Die Enteignungsbehörde kann die Rückenteignung ablehnen, wenn das Grundstück erheblich verändert oder ganz oder überwiegend Entschädigung in Land gewährt worden ist.
(4) Für die Rückenteignung sind die Vorschriften der §§ 17 bis 24, 28, 29, 31 bis 37 und 44 bis 55 sinngemäß anzuwenden.
(5) Der frühere Inhaber eines Rechts, das durch Enteignung nach den Vorschriften dieses Gesetzes erloschen oder entzogen worden ist, kann unter den in Absatz 1 bezeichneten Voraussetzungen verlangen, daß ein gleiches Recht an dem früher belasteten Grundstück zu seinen Gunsten durch Enteignung wieder begründet wird. Für Rechte, die durch Enteignung des früher belasteten Grundstücks erloschen sind, gilt dies nur, wenn der frühere Eigentümer oder sein Rechtsnachfolger das Grundstück zurückerhält. Die Vorschriften über die Rückenteignung gelten sinngemäß.
(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.
(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.
(1) Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat.
(2) Ein Beamter, der durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, ist aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Dem Ruhestandsbeamten wird das Ruhegehalt aberkannt, wenn er als noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.
(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.
(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.
(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.
(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
(1) Der enteignete frühere Eigentümer kann verlangen, daß das nach den Vorschriften dieses Gesetzes enteignete Grundstück zu seinen Gunsten wieder enteignet wird (Rückenteignung), wenn das Grundstück nicht mehr für Aufgaben im Sinne des § 1 benötigt wird oder mit der Ausführung des Vorhabens, dessentwegen das Grundstück enteignet wurde, nicht binnen zweier Jahre, nachdem der Enteignungsbeschluß unanfechtbar geworden ist, begonnen wurde. Dieses gilt sinngemäß zugunsten des Eigentümers eines Grundstückes, an dem nach § 12 Abs. 1 ein Recht begründet worden ist.
(2) Das Verlangen auf Rückenteignung ist binnen eines Jahres, nachdem die das Grundstück verwaltende Stelle dem früheren Eigentümer von den Tatsachen, die den Anspruch begründen, Kenntnis gegeben hat, spätestens binnen dreißig Jahren, nachdem der Enteignungsbeschluß, Teil A, unanfechtbar geworden ist, bei der Enteignungsbehörde zu stellen. § 203 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt sinngemäß.
(3) Die Enteignungsbehörde kann die Rückenteignung ablehnen, wenn das Grundstück erheblich verändert oder ganz oder überwiegend Entschädigung in Land gewährt worden ist.
(4) Für die Rückenteignung sind die Vorschriften der §§ 17 bis 24, 28, 29, 31 bis 37 und 44 bis 55 sinngemäß anzuwenden.
(5) Der frühere Inhaber eines Rechts, das durch Enteignung nach den Vorschriften dieses Gesetzes erloschen oder entzogen worden ist, kann unter den in Absatz 1 bezeichneten Voraussetzungen verlangen, daß ein gleiches Recht an dem früher belasteten Grundstück zu seinen Gunsten durch Enteignung wieder begründet wird. Für Rechte, die durch Enteignung des früher belasteten Grundstücks erloschen sind, gilt dies nur, wenn der frühere Eigentümer oder sein Rechtsnachfolger das Grundstück zurückerhält. Die Vorschriften über die Rückenteignung gelten sinngemäß.
(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.
(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.
(1) Die nach bisherigem Recht eingeleiteten Disziplinarverfahren werden in der Lage, in der sie sich bei Inkrafttreten dieses Gesetzes befinden, nach diesem Gesetz fortgeführt, soweit in den Absätzen 2 bis 7 nichts Abweichendes bestimmt ist. Maßnahmen, die nach bisherigem Recht getroffen worden sind, bleiben rechtswirksam.
(2) Die folgenden Disziplinarmaßnahmen nach bisherigem Recht stehen folgenden Disziplinarmaßnahmen nach diesem Gesetz gleich:
- 1.
die Gehaltskürzung der Kürzung der Dienstbezüge, - 2.
die Versetzung in ein Amt derselben Laufbahn mit geringerem Endgrundgehalt der Zurückstufung und - 3.
die Entfernung aus dem Dienst der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.
(3) Vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eingeleitete förmliche Disziplinarverfahren werden nach bisherigem Recht fortgeführt.
(4) Die Behörde des Bundesdisziplinaranwalts wird mit Ablauf des 31. Dezember 2003 aufgelöst. Ab diesem Zeitpunkt fertigt die Einleitungsbehörde in den Fällen von Absatz 3 die Anschuldigungsschrift; die Vorschriften der Bundesdisziplinarordnung sind nicht anzuwenden, soweit sie den Bundesdisziplinaranwalt betreffen.
(5) Für die Wiederaufnahme von Disziplinarverfahren, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes rechtskräftig abgeschlossen worden sind, gilt bis zum Ablauf des 31. Dezember 2003 Abschnitt IV der Bundesdisziplinarordnung. Ab diesem Zeitpunkt gelten die Bestimmungen dieses Gesetzes.
(6) Die nach bisherigem Recht in einem Disziplinarverfahren ergangenen Entscheidungen sind nach bisherigem Recht zu vollstrecken, wenn sie unanfechtbar geworden sind.
(7) Die Frist für das Verwertungsverbot und ihre Berechnung für die Disziplinarmaßnahmen, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes verhängt worden sind, bestimmen sich nach diesem Gesetz. Dies gilt nicht, wenn die Frist und ihre Berechnung nach bisherigem Recht für den Beamten günstiger ist.
(8) Gebühren nach § 78 Satz 1 werden nur für die nach dem 31. Dezember 2009 anhängig werdenden gerichtlichen Verfahren erhoben. Dies gilt nicht im Verfahren über ein Rechtsmittel, das nach dem 31. Dezember 2009 eingelegt worden ist.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.