Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 25. Juni 2015 - 19 A 488/13
Tenor
Das Berufungsverfahren wird eingestellt, soweit die Beklagte ihre Berufung zurückgenommen hat.
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens zu 41 % und die Beklagte zu 59 %.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe dieses Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist der einzige Sohn des am 31. Januar 2011 in L. verstorbenen Herrn H. F. . Die Beklagte erfuhr am 1. Februar 2011 von dem Todesfall und ermittelte am folgenden Tag fünf Geschwister des Verstorbenen. Am 9. Februar 2011 erhielt sie die Anschrift eines Bruders des Verstorbenen in C. . Am gleichen Tag beauftragte sie das Beerdigungsinstitut T. -G. mit der Feuerbestattung des Verstorbenen. Mit einem Telefax - gerichtet an den S. -F1. -Kreis mit der Bitte um Amtshilfe - vom 10. Februar 2011 (15:21 Uhr) versuchte die Beklagte, den Bruder des Verstorbenen zu erreichen. Ein Mitarbeiter des S. -F1. -Kreises warf den Brief am 10. Februar 2011 um 17:08 Uhr in den Briefkasten des Bruders ein, nachdem dieser in seiner Wohnung nicht anzutreffen war. Von einer Halbschwester des Verstorbenen erfuhr die Beklagte am 15. Februar 2011, dass er einen Sohn - den Kläger - gehabt habe, dessen Adresse sie noch am gleichen Tag ermittelte. Mit Schreiben vom gleichen Tag informierte die Beklagte den Kläger über den Todesfall. In einem Telefonat am 18. Februar 2011 wies sie ihn darauf hin, dass er die Bestattungskosten zu tragen habe. Am 1. März 2011 wurde die Urne beigesetzt.
3Mit Schreiben vom 23. März 2011 gab die Beklagte dem Kläger Gelegenheit, zu dem beabsichtigten Leistungsbescheid Stellung zu nehmen. Dieser machte mit Schreiben vom 24. März und 22. April 2011 geltend, seine Eltern hätten sich bereits 1975 getrennt, da es wegen des Alkoholkonsums seines Vaters immer wieder zu Tätlichkeiten gegenüber ihm und seiner Mutter gekommen sei. Seitdem habe keinerlei Kontakt mehr bestanden. Unterhaltszahlungen habe sein Vater nie geleistet. Unterlagen hierüber seien beim Jugend- und Sozialamt nicht mehr vorhanden. Das Erbe habe er ausgeschlagen. Finanziell sei er zur Kostentragung nicht in der Lage.
4Mit Bescheid vom 7. Juni 2011 erhob die Beklagte gegenüber dem Kläger Kosten für die von ihr veranlasste Bestattung in Höhe von 2.260,91 Euro. Der Betrag setzt sich zusammen aus 1.667,38 Euro Friedhofsgebühren (1.016,00 Euro Urnenrasengrab mit zentralem Gedenkstein, 263,00 Euro Grabbereitung für die Beisetzung der Urne, 63,00 Euro Annahme und Verwahrung des Verstorbenen, 325,38 Einäscherung im Krematorium E. ); 47,00 Euro Trägerdienst auf dem Friedhof; 341,53 Euro Bestattungsunternehmen (Sarg, Hemd, Kissen und Decke, Ankleiden und Einbetten, Überführung, Besorgungen und Formalitäten); 25,00 Euro ärztliche Todesbescheinigung, 30,00 Euro Attest zur Einäscherung sowie 150,00 Euro Verwaltungsgebühr. Als einziges Kind sei der Kläger bestattungspflichtig. Aus der geltend gemachten Unterhaltspflichtverletzung resultiere keine unbillige Härte, da sein Vater nicht leistungsfähig gewesen sei. Sofern er die Kosten nicht aufbringen könne, könne er einen Antrag auf Übernahme der Bestattungskosten nach § 74 SGB XII stellen.
5Gegen den am 14. Juni 2011 zugestellten Bescheid hat der Kläger am 28. Juni 2011 Klage erhoben. Zur Begründung hat er geltend gemacht, § 8 BestG NRW ermächtige die Beklagte nicht, Bestattungskosten geltend zu machen. Die Beklagte hätte die von ihm geltend gemachten familiären Umstände näher aufklären müssen. Jedenfalls sei nicht nachvollziehbar, warum wegen der Leistungsunfähigkeit des Verstorbenen keine gröbliche Unterhaltspflichtverletzung vorliegen solle. Die von der Beklagten geltend gemachten Kosten seien im Einzelnen nicht nachvollziehbar.
6Der Kläger hat beantragt,
7den Bescheid der Beklagten vom 7. Juni 2011 aufzuheben.
8Die Beklagte hat beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Sie hat die Umstände der Bestattung erläutert und darauf hingewiesen, dass der Kläger für das Vorliegen einer unbilligen Härte darlegungs- und beweispflichtig sei.
11Das Verwaltungsgericht hat den angefochtenen Bescheid aufgehoben, soweit die Beklagte hierin Kosten der Urnenbeisetzung festgesetzt hat. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Einäscherung des Verstorbenen sei zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr notwendig gewesen, nicht hingegen die anschließende Beisetzung. Die Beklagte hätte genug Zeit gehabt, um den Kläger durch sofort vollziehbaren Verwaltungsakt aufzufordern, seiner Beisetzungspflicht nachzukommen, und diesen Verwaltungsakt gegebenenfalls im gestreckten Vollzug zu vollstrecken. Von der Beitreibung der zu Recht festgesetzten Einäscherungskosten habe die Beklagte auch nicht nach § 24 Abs. 2, 2. Fall VO VwVG NRW wegen unbilliger Härte absehen müssen. Die vorgenannte Vorschrift sei von der Ermächtigung in § 77 Abs. 4 Satz 2 VwVG NRW nicht gedeckt. Sie ermögliche überdies lediglich, von der Beitreibung von Kosten wegen unbilliger Härte abzusehen, nicht hingegen von der Berechnung der Kosten. Die Beitreibung dürfe darüber hinaus nur "nach Begleichung der Hauptschuld" unterbleiben. Dies sei nicht gleichzusetzen mit "nach Durchführung der Ersatzvornahme". Eine unbillige Härte könne darüber hinaus mit Blick auf den Anspruch auf Übernahme von Bestattungskosten nach § 74 SGB XII nicht bestehen.
12Gegen das am 19. Februar 2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 22. Februar 2013 die vom Verwaltungsgericht unter anderem wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Berufung eingelegt. Die Beklagte hat am 18. März 2013 Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 16. April 2013 zurückgenommen.
13Zur Begründung der Berufung wiederholt der Kläger seine Einschätzung, dass die Beitreibung der Bestattungskosten für ihn eine unbillige Härte darstellen würde. Er regt an, hierzu Beweis zu erheben. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Billigkeitsklausel nicht von einer Ermächtigungsgrundlage gedeckt sei, sei nicht nachvollziehbar. Entsprechende Regelungen seien üblich und nicht Ausprägung eines eigenen politischen Gestaltungswillens. Trotz eines Übernahmeanspruchs aus § 74 SGB XII könne das Landesrecht Abweichendes regeln und Kostenpflichtige aus finanziellen oder persönlichen Gründen freistellen.
14Der Kläger beantragt,
15das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Klageantrag zu erkennen.
16Die Beklagte beantragt,
17die Berufung zurückzuweisen,
18und bezieht sich zur Begründung auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.
19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten ergänzend Bezug genommen.
20E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
21A. Das Berufungsverfahren ist nach §§ 126 Abs. 3, 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, soweit die Beklagte ihre Berufung zurückgenommen hat.
22B. Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht teilweise abgewiesen. Die Klage ist als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 1. Alt. VwGO zulässig, aber im Umfang der Abweisung nicht begründet. Der angefochtene Bescheid ist insoweit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
23Maßgeblich für die gerichtliche Überprüfung eines Leistungsbescheides, mit dem die Vollzugsbehörde dem Bestattungspflichtigen die Kosten einer ordnungsbehördlichen Bestattung auferlegt, ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung.
24OVG NRW, etwa Beschluss vom 19. April 1994 ‑ 19 A 2644/92 -, juris, Rdn. 10 mit weiterem Nachweis.
25Der streitgegenständliche Bescheid vom 7. Juni 2011 findet danach im Hinblick auf die vor der Urnenbeisetzung angefallenen Kosten seine Ermächtigungsgrundlage in § 77 Abs. 1 Satz 1 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVG NRW) in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Nr. 11, § 20 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 7 der am 17. Dezember 2009 in Kraft getretenen Verordnung zur Ausführung des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (Ausführungsverordnung VwVG - VO VwVG NRW) vom 8. Dezember 2009 (GV.NRW. S. 787). Nach diesen Bestimmungen werden für Amtshandlungen nach dem VwVG NRW von einem Vollstreckungsschuldner oder Pflichtigen - hier dem Kläger - Kosten (Gebühren und Auslagen) erhoben, wobei zu den Auslagen gemäß § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 7 VO VwVG NRW auch die Beträge gehören, die unter anderem bei der Ersatzvornahme an Beauftragte oder Hilfspersonen zu zahlen sind, sowie Kosten, die der Vollzugsbehörde durch eine rechtmäßige Ersatzvornahme entstanden sind.
26Vgl. zur Frage der zutreffenden Ermächtigungsgrundlage für die Geltendmachung der Kosten einer Notbestattung auch nach Inkrafttreten des § 8 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über das Friedhofs- und Bestattungswesen vom 17. Juni 2003 ‑ BestG NRW - (GV. NRW. S. 311) OVG NRW, Urteil vom 30. Juli 2009 - 19 A 448/07 -, juris, Rdn. 21 ff.
27I. Der Bescheid vom 7. Juni 2011 hält in formeller Hinsicht der Rechtskontrolle Stand. Insbesondere hat die Beklagte dem Anhörungserfordernis des § 28 Abs. 1 VwVfG NRW entsprochen, indem sie dem Kläger mit Schreiben vom 23. März 2011 Gelegenheit gegeben hat, zu dem beabsichtigten Leistungsbescheid Stellung zu nehmen. Der Bescheid ist auch entsprechend § 39 Abs. 1 VwVfG NRW begründet.
28II. Der Bescheid ist auch sowohl in Bezug auf die Kostenforderung (1.) als auch auf die Gebührenforderung (2.) materiell rechtmäßig.
291. Der Kostenforderung liegt eine rechtmäßige Ersatzvornahme zugrunde. Die Veranlassung der Bestattung war eine Ersatzvornahme im Sinne von § 59 Abs. 1 VwVG NRW, mit der die Beklagte als örtliche Ordnungs- und als Vollzugsbehörde die Handlung, die der Kläger als Bestattungspflichtiger nach § 8 Abs. 1 Satz 1 BestG NRW vorzunehmen verpflichtet war, selbst ausgeführt oder mit ihrer Ausführung einen anderen beauftragt hat. Das Zwangsmittel der Ersatzvornahme konnte sie nach § 55 Abs. 2 VwVG NRW auch ohne vorausgegangenen Verwaltungsakt anwenden, weil sie als Vollzugsbehörde hierbei innerhalb ihrer Befugnisse handelte (a.) und dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr notwendig war (b.).
30a. Die Beklagte hat innerhalb ihrer Befugnisse gehandelt. Eine fiktive, auf Bestattung des Verstorbenen gerichtete Ordnungsverfügung an den Kläger wäre auf der Grundlage von § 14 Abs. 1 OBG NRW rechtmäßig gewesen. Hiernach können die Ordnungsbehörden die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im einzelnen Falle bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung (Gefahr) abzuwehren. Da sich der Verstorbene im Gebiet der Beklagten befand, war die Beklagte nach § 8 Abs. 1 Satz 2 BestG NRW für den Erlass einer fiktiven Ordnungsverfügung zuständig. Im Zeitpunkt der Beauftragung des Beerdigungsinstituts T. -G. am 9. Februar 2011 bestand ferner eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit, da der Verstorbene zu diesem Zeitpunkt entgegen § 13 Abs. 3 Satz 1 BestG NRW noch nicht bestattet worden war. Die aus Gründen des Gesundheitsschutzes für Erd- und Feuerbestattungen gleichermaßen - für Feuerbestattungen entsprechend - anwendbare Frist von acht Tagen nach § 13 Abs. 3 Satz 1 BestG NRW war zu diesem Zeitpunkt bereits abgelaufen, da der Vater des Klägers bereits am 31. Januar 2011 verstorben war. Sinn und Zweck dieser zum damaligen Zeitpunkt nur für Erdbestattungen normierten Frist besteht darin, Gesundheitsgefahren zu verhindern, die nach dem Einsetzen des Verwesungsprozesses von einer unbestatteten Leiche ausgehen können. Diese Gefahr besteht unabhängig davon, für welche Art der Bestattung sich der Pflichtige nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BestG NRW entscheidet. Nach § 7 Abs. 3 Satz 1 BestG NRW ist dafür zu sorgen, dass von Toten keine Gesundheitsgefahren ausgehen. Diese gesetzliche Verpflichtung besteht unabhängig von der Bestattungsart.
31Vgl. etwa VG Köln, Urteil vom 30. Mai 2012 - 9 K 1361/11 -, juris, Rdn. 30; VG Düsseldorf, Urteil vom 29. März 2010 - 23 K 2976/09 -, juris, Rdn. 27; VG Aachen, Urteil vom 20. August 2007 - 6 K 1554/06 -, juris, Rdn. 24; ausdrücklich inzwischen auch § 13 Abs. 3 Satz 1 BestG NRW in der Fassung des im Streitfall noch nicht anwendbaren Änderungsgesetzes vom 9. Juli 2014 (GV. NRW. S. 405).
32Die Frist endete am Dienstag, dem 8. Februar 2011, ohne dass die Bemühungen der Beklagten, den Aufenthalt nach § 8 Abs. 1 Satz 1 BestG NRW bestattungspflichtiger Angehöriger zu ermitteln und diese zu benachrichtigen, bis zu diesem Zeitpunkt Erfolg gehabt hätten.
33Die Inanspruchnahme des Klägers wäre nach § 8 Abs. 1 Satz 1 BestG NRW rechtmäßig gewesen, da dieser als volljähriger Sohn des Verstorbenen bestattungspflichtig war und es keine vorrangig Bestattungspflichtigen gab. Der Kläger hat sich seiner öffentlich-rechtlichen Bestattungspflicht auch nicht dadurch entledigen können, dass er das Erbe seines Vaters nach eigenen Angaben ausgeschlagen hat. Aus den zivilrechtlichen Regelungen über die Erbenstellung sowie darüber, wer die Kosten der Beerdigung zu tragen hat (§§ 1968, 1615 Abs. 2 BGB), ergibt sich nichts anderes, weil sie unmittelbare Wirkung nur für das Innenverhältnis der in Frage kommenden Personen, nicht aber für die ordnungsrechtliche Bestattungspflicht haben. Letztere beruht auf einem eigenständigen öffentlich-rechtlichen Rechtsgrund. Die Bestattungspflicht dient der Gefahrenabwehr und findet ihren tradierten rechtlichen Grund in der Totenfürsorge.
34BVerwG, Beschluss vom 14. Oktober 2010 - 7 B 56.10 -, juris, Rdn. 6; OVG NRW, Urteil vom 30. Juli 2009 - 19 A 448/07 -, juris, Rdn. 39.
35Die weiteren vom Kläger vorgetragenen Einwände des fehlenden Kontakts zu seinem Vater und dessen Verletzung der Unterhaltspflicht entbinden ihn ebenfalls nicht von seiner Bestattungspflicht. Hierfür sieht das BestG NRW im Gegensatz zu den Vorschriften über eine Beschränkung oder einen Wegfall der familienrechtlichen Unterhaltspflicht bei der Verpflichtung in Fällen grober Unbilligkeit (§§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 2 bis 8, 1611 BGB) keine Ausnahmetatbestände vor.
36OVG NRW, Urteil vom 30. Juli 2009 - 19 A 448/07 -, juris, Rdn. 41.
37b. Der Sofortvollzug war auch zur Abwendung einer gegenwärtigen Gefahr notwendig. Eine Gefahr ist gegenwärtig im Sinne des § 55 Abs. 2 VwVG NW, wenn die Einwirkung des schädigenden Ereignisses schon begonnen hat oder bei der diese Einwirkung unmittelbar oder in allernächster Zeit mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit bevorsteht, sodass sofortige Abhilfe derart geboten ist, dass nicht mit der Anordnung und Durchführung von Gefahrbeseitigungsmaßnahmen im gestreckten Vollzug auch einer sofort vollziehbaren Ordnungsverfügung zugewartet werden kann.
38OVG NRW, Urteil vom 8. April 2014 - 2 A 371/13 -, juris, Rdn. 56; Beschluss vom 12. Juni 2014 - 5 B 446/14, 5 E 451/14 -, juris, Rdn. 18; Urteil vom 26. September 1996 - 21 A 7041/95 -, juris, Rdn. 25.
39Eine solche Sachlage lag mit Blick darauf, dass die Bestattungsfrist zum Zeitpunkt der Einäscherung bereits abgelaufen war, vor.
40c. Die Beklagte konnte von der Beitreibung der Kosten für die Einäscherung des Verstorbenen nicht nach § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW absehen. Nach dieser Vorschrift kann die Vollstreckungsbehörde von der Berechnung und Beitreibung der Gebühren und Auslagen unter anderem dann ganz oder teilweise absehen, wenn nach Begleichung der Hauptschuld die Beitreibung der Kosten für den Schuldner eine unbillige Härte bedeuten würde. § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW ist zwar wirksames Landesrecht (dazu aa.). Die Vorschrift erfasst auch nicht nur die Kosten aus der Vollstreckung von Geldforderungen ("Hauptschuld"), sondern auch die Erhebung und Beitreibung von Gebühren und Auslagen nach § 20 VO VwVG NRW (bb.). Die Beklagte konnte von der Beitreibung der Einäscherungskosten aber nicht nach § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW absehen, weil die Möglichkeit, einen Anspruch auf Übernahme der Bestattungskosten aus § 74 SGB XII geltend zu machen, eine unbillige Härte im Sinne des § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW ausschließt (cc.).
41aa. § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW ist wirksames Landesrecht. Insbesondere ist die Vorschrift von der gesetzlichen Verordnungsermächtigung in § 77 Abs. 2 Satz 1 VwVG NRW gedeckt. Diese Vorschrift ermächtigt das Innenministerium und das Finanzministerium, durch Rechtsverordnung die Ausführungsverordnung VwVG zu erlassen. Nach § 77 Abs. 4 Satz 2 VwVG NRW können in der Ausführungsverordnung unter anderem "der Umfang der zu erstattenden Auslagen" und "die Gebührenberechnung, -befreiung und -ermäßigung" "abweichend" von den in Abs. 4 Satz 1 für anwendbar erklärten einzelnen Vorschriften des Gebührengesetzes für das Land NRW (GebG NRW) geregelt werden.
42Die Bestimmungen in § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW über das Absehen von der Berechnung und Beitreibung der Gebühren und Auslagen unter anderem in Fällen einer unbilligen Härte sind abweichende Regelungen der Gebühren- und Auslagenerstattung im Sinne des § 77 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 Satz 2 VwVG NRW. Diese Vorschriften ermöglichen Abweichungen insbesondere von der in § 19 GebG NRW enthaltenen Verweisung auf die Haushaltsordnungen des jeweiligen Rechtsträgers (Land oder Kommune) für die Stundung, die Niederschlagung und den Erlass von Forderungen auf Zahlung von Gebühren, Auslagen und sonstigen Nebenleistungen. Speziell in Bezug auf Auslagen ermöglichen diese Vorschriften ferner Abweichungen von der in § 10 Abs. 1 Satz 1 GebG NRW geregelten Ersatzpflicht des Gebührenschuldners für solche Auslagen, die nicht bereits in die Gebühr einbezogen sind. Hierzu gehören nicht nur die in § 10 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 bis 7 GebG NRW aufgezählten Auslagen ("insbesondere"), sondern auch Beträge, die bei der Ersatzvornahme an Beauftragte und an Hilfspersonen zu zahlen waren und die der Verordnungsgeber insbesondere außerhalb der Verwaltungsgebühr für die Veranlassung einer Bestattung durch die Ordnungsbehörde nach § 15 Abs. 1 Nr. 11 VO VwVG NRW gesondert geregelt hat (§ 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 7 VO VwVG NRW). Mit seiner Überschrift "Abweichende Kostenberechnung" nimmt § 24 VO VwVG NRW sinngemäß diese Verordnungsermächtigung in § 77 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 Satz 2 VwVG NRW in Bezug.
43Unzutreffend ist hiernach die abweichende, soweit ersichtlich auch vereinzelt gebliebene Auffassung des Verwaltungsgerichts, es fehle eine gesetzliche Ermächtigung für eine allgemeine Härteklausel, die ein Absehen von der Beitreibung der Kosten einer Ersatzvornahme ermögliche.
44Vgl. auch VG Düsseldorf, Urteile vom 4. März 2013 - 23 K 4915/12 -, juris, Rdn. 69 und vom 4. Februar 2013 - 23 K 7521/11 -, juris, Rdn. 78.
45Zu Unrecht interpretiert das Verwaltungsgericht die in § 59 VwVG NRW normierte Kostenpflicht des Betroffenen für die Ersatzvornahmekosten als eine "zwingende" Kostenpflicht, mit der eine Härteklausel unvereinbar und insbesondere durch § 77 Abs. 4 Satz 2 VwVG NRW nicht gedeckt sei. § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW verlasse deshalb "den gesetzlichen Rahmen der Verordnungsermächtigung" und bringe einen "eigenen politischen Gestaltungswillen des Verordnungsgebers zum Ausdruck".
46VG Düsseldorf, Urteil vom 4. März 2013 - 23 K 4915/12 -, juris, Rdn. 49, 59.
47Diese Interpretation des § 59 VwVG NRW entbehrt der Grundlage. Insbesondere kann keine Rede davon sein, die Exekutive habe mit der Härteregelung in § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW eine eigenständige, vom Gesetzgeber unabhängige politische Entscheidung getroffen. Vor allem die Entstehungsgeschichte der Vorschrift belegt im Gegenteil, dass diese seit 1958 selbstverständlicher und auch vom Landesgesetzgeber getragener Bestandteil des Verwaltungsvollstreckungsrechts in NRW ist. Schon § 14 Abs. 2 der Kostenordnung zum VwVG NRW vom 20. Januar 1958 (GV. NRW. S. 23, 25) bestimmte, dass die Vollstreckungsbehörde von der Berechnung und Beitreibung der Gebühren und Auslagen u. a. dann ganz oder teilweise absehen konnte, wenn nach Begleichung der Hauptschuld die Beitreibung der Kosten für den Schuldner eine unbillige Härte bedeuten würde. Der Landesgesetzgeber hat diese Bestimmung sogar ausdrücklich in seinen Willen aufgenommen, indem er der KostO NRW 1958 im Jahr 1969 für einen vorübergehenden Zeitraum Gesetzeskraft verliehen und diese rückwirkend auf die Zeit seit 1958 erstreckt hat (§§ 1, 4 Abs. 1 und Nr. 3 der Anlage zum Gesetz zur Überleitung gebührenrechtlicher Vorschriften vom 14. Januar 1969, GV. NRW. S. 100). Hiermit wollte er gerade die Rechtsunsicherheit vorläufig beheben, die zwischenzeitlich infolge der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Bestimmtheit gesetzlicher Verordnungsermächtigungen auch hinsichtlich der Ermächtigung im damals geltenden § 68 Abs. 2 VwVG NRW 1957 entstanden war. Zur endgültigen Behebung dieser Rechtsunsicherheit hat er diese Verordnungsermächtigung sodann mit Wirkung vom 21. Oktober 1971 unter anderem in Abs. 4 ausdrücklich auch auf den "Umfang der zu erstattenden Auslagen" und "die Gebührenberechnung, ‑befreiung und ‑ermäßigung" sowie den Gebührenerlass erstreckt (Art. I Nr. 6 des Änderungsgesetzes vom 5. Oktober 1971 [GV. NRW. S. 326]). Diese Präzisierungen gingen auf einen entsprechenden Vorschlag des Innenausschusses des Landtags zurück.
48BVerfG, Beschluss vom 11. Oktober 1966 - 2 BvR 179, 476, 477/64 -, BVerfGE 20, 257, juris, Rdn. 40 ff.; Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des VwVG NRW, LT-Drs. 7/754 vom 11. Mai 1971, S. 8; Bericht des Ausschusses für Innere Verwaltung, LT-Drs. 7/1054 vom 10. September 1971, S. 2.
49Mit dieser Entstehungsgeschichte ist die Auffassung des Verwaltungsgerichts unvereinbar, § 59 Abs. 1 VwVG NRW schließe eine Anwendung der Härteregelung in § 24 Abs. 2 VO VwVG auf die Kostentragung bei der Ersatzvornahme aus. Vielmehr bestätigt auch § 59 Abs. 2 Satz 2 VwVG NRW, dass die allgemeinen Regeln des Verwaltungszwangsverfahrens vorbehaltlich der in Abs. 2 und 3 dieser Vorschrift bestimmten Besonderheiten auch für die Beitreibung der Kosten einer Ersatzvornahme gelten. Nach dieser Vorschrift können die Kosten der Ersatzvornahme oder die voraussichtlich entstehenden Kosten der Ersatzvornahme im Verwaltungszwangsverfahren beigetrieben werden, wenn der Betroffene sie nicht fristgerecht zahlt. Die Bestimmung erklärt die allgemeinen Regeln des Verwaltungszwangsverfahrens, zu denen auch die Härteregelung in § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW gehört, auch für die Betreibung der Kosten einer Ersatzvornahme für grundsätzlich anwendbar. Auch den Sonderregelungen für die Beitreibung dieser Kosten in Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 lässt sich kein Ausschluss der genannten Härteregelung entnehmen.
50Das Verwaltungsgericht geht auch fehl in der Annahme, die gesetzliche Ermächtigung in § 77 Abs. 4 Satz 2 VwVG NRW, den Umfang der zu erstattenden Auslagen abweichend regeln zu dürfen, beschränke sich aufgrund des Verweises in § 77 Abs. 4 Satz 1 VwVG NRW auf die von § 10 GebG NRW erfassten Auslagen. Da die Pflicht zur Erstattung von Kosten der Ersatzvornahme bereits in § 59 VwVG NRW geregelt sei, würden die Kosten der Ersatzvornahme von § 10 GebG nicht erfasst, so dass eine abweichende Regelung hinsichtlich des Umfangs der Kostenerstattung insoweit nicht in Betracht komme.
51VG Düsseldorf, Urteil vom 4. März 2013 - 23 K 4915/12 -, juris, Rdn. 56, 58.
52Diese Auffassung übersieht, dass die Ermächtigung, den Umfang der zu erstattenden Auslagen in einer Verordnung zu regeln, bereits seit Jahrzehnten im VwVG NRW enthalten und der Verweis auf die Vorschriften des GebG NRW (als Satz 1 von § 77 Abs. 4 VwVG NRW) erst durch das Gesetz zur Änderung des VwVG und des GebG vom 18. Dezember 2002 (GV. NRW. 2003 S. 24) eingefügt worden ist. Der Gesetzgeber verfolgte mit diesem Verweis nicht die Absicht, die bereits seit Jahrzehnten bestehende Ermächtigungsgrundlage einzuschränken. Vielmehr sollten durch den Verweis Regelungslücken, insbesondere zur Verjährung, geschlossen werden.
53Vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung vom 7. November 2002, LT-Drs. 13/3192, S. 72.
54Mit dem Verweis auf § 10 GebG NRW in § 77 Abs. 4 Satz 1 VwVG NRW wurde auch nicht etwa eine Ermächtigungsgrundlage geschaffen, ohne die der Ersatz von Auslagen im Verwaltungsvollstreckungsverfahren vom Vollstreckungsschuldner nicht verlangt werden könnte. Dass derartige Auslagen vom Vollstreckungsschuldner zu erstatten sind, ergibt sich bereits aus § 77 Abs. 1 Satz 1 VwVG NRW. Vor diesem Hintergrund erschöpft sich der Verweis auf § 10 GebG NRW im Wesentlichen in der Klarstellung, welche Auslagen als nicht in die Gebühr einbezogen gelten mit der Folge, dass der Vollstreckungsgläubiger deren gesonderte Erstattung verlangen kann. Eine Beschränkung der Ermächtigung in § 77 Abs. 4 Satz 2 VwVG NRW, den Umfang der zu erstattenden Auslagen "abweichend" zu regeln, ist mit Blick auf die im VwVG NRW selbst geregelte Pflicht zum Auslagenersatz in dem Verweis auf § 10 GebG NRW in § 77 Abs. 4 Satz 1 VwVG NRW folglich nicht zu erkennen. Die "abweichende" Regelungsbefugnis hinsichtlich des Umfangs der zu erstattenden Auslagen bezieht sich nicht auf spezielle, im GebG NRW geregelte Ersatzpflichten, sondern auf den auch dort geltenden Grundsatz, dass Auslagen in vollem Umfang zu erstatten sind. Die abweichende Auffassung des Verwaltungsgerichts würde im Übrigen zu dem wertungswidersprüchlichen Ergebnis führen, dass zwar der Umfang der Erstattung von verauslagten Sachverständigenkosten (§ 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 GebG NRW) abweichend geregelt werden könnte, nicht jedoch der Erstattungsumfang von Kosten der Ersatzvornahme, bei der sich die Vollstreckungsbehörde gleichermaßen der Hilfe Dritter bedient und diese vergüten muss.
55Die hier vertretene Auslegung des § 59 VwVG NRW ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch mit Art. 70 LV NRW vereinbar. Insbesondere genügt § 77 Abs. 4 Satz 2 VwVG NRW dem Bestimmtheitsgebot in Art. 70 Satz 2 LV NRW, wonach eine gesetzliche Verordnungsermächtigung Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung bestimmen muss. Der in Art. 70 Satz 2 LV NRW enthaltene Grundsatz folgt ebenso wie der entsprechende Grundsatz in Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG aus dem rechtsstaatlichen und demokratischen Verfassungssystem, das auch die Auslegung des landesverfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstabs in Art. 70 Satz 2 LV NRW vorgibt. Der Grad der zu fordernden Bestimmtheit hängt danach unter anderem von der Grundrechtsrelevanz der Regelungen ab, zu welchen der Gesetzgeber die Exekutive ermächtigt.
56VerfGH NRW, Urteil vom 24. August 1993 -VerfGH 13/92 -, OVGE 43, 266, juris, Rdn. 18 f.; BVerwG, Urteil vom 30. August 2012 - 3 C 17.11 -, BVerwGE 144, 109, juris, Rdn. 32 f.
57Nach diesem Maßstab genügt die zitierte Umschreibung in § 77 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 Satz 2 VwVG NRW den verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsanforderungen und erfasst ohne Weiteres auch die Härteregelung in § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW. Denn diese Regelung bewirkt keinen Grundrechtseingriff für den betroffenen Kostenschuldner, sondern hat für ihn ausschließlich begünstigende Tendenz.
58Unberechtigt ist schließlich auch die Kritik des Verwaltungsgerichts, die VO VwVG zitiere die Vorschrift des § 77 Abs. 4 VwVG NRW nicht ausdrücklich.
59Vgl. auch VG Düsseldorf, Urteil vom 4. März 2013 - 23 K 4915/12 -, juris, Rdn. 51.
60Das Zitiergebot in Art. 70 Satz 3 LV NRW verlangt nur, in der Verordnung „die Rechtsgrundlage“ anzugeben, ohne jedoch vorzuschreiben, wie genau der Verordnungsgeber diese zu bezeichnen hat. Diesem Gebot hat der Verordnungsgeber hier genügt, indem er § 77 VwVG NRW als gesetzliche Ermächtigung zitiert hat.
61bb. § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW erfasst auch die Erhebung und Beitreibung von Gebühren und Auslagen nach § 20 VO VwVG NRW. Die erstgenannte Vorschrift erstreckt sich nicht nur auf die Kosten aus der Vollstreckung von Geldforderungen ("Hauptschuld"), sondern auch auf die Kosten aus der Vollstreckung von vertretbaren Handlungen im Wege der Ersatzvornahme. Die Formulierung „nach Begleichung der Hauptschuld“ ist, soweit es um Kosten der Ersatzvornahme ging, im Sinne von "nach Durchführung der Ersatzvornahme" zu verstehen.
62OVG NRW, Urteil vom 30. Juli 2009 - 19 A 448/07 -, juris, Rdn. 43 mit weiteren Nachweisen.
63cc. Ein Absehen von der Beitreibung der Einäscherungskosten kam jedoch im Streitfall nicht in Betracht, weil die Möglichkeit, einen sozialhilferechtlichen Anspruch auf Übernahme der erforderlichen Bestattungskosten gemäß § 74 SGB XII geltend zu machen, eine unbillige Härte im Sinne des § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW ausschließt. Nach § 74 SGB XII werden die erforderlichen Kosten einer Bestattung von dem Sozialhilfeträger übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen. Der Kläger ist "hierzu Verpflichteter" im Sinne des § 74 SGB XII (α.). Die Unzumutbarkeit der Kostentragung im Sinne von § 74 SGB XII wird nicht ihrerseits durch die Möglichkeit beseitigt, nach § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW von der Beitreibung der Vollstreckungskosten aus Billigkeitsgründen abzusehen (β.). Das Merkmal der Unzumutbarkeit im Sinne von § 74 SGB XII ist so weit zu verstehen, dass das Bestehen einer unbilligen Härte daneben auszuschließen ist (γ).
64α. Der Kläger ist "hierzu Verpflichteter" im Sinne des § 74 SGB XII. Die Verpflichtung, die Kosten einer Bestattung zu tragen, wird in § 74 SGB XII nicht näher umschrieben oder definiert, sondern als anderweitig begründet vorausgesetzt. Sie kann insbesondere erbrechtlich aus § 1968 BGB oder unterhaltsrechtlich aus § 1615 Abs. 2 BGB begründet sein, aber auch aus landesrechtlichen Bestattungspflichten herrühren.
65Vgl. BSG, Urteil vom 29. September 2009 - B 8 SO 23/08 R, juris, Rdn. 13; OVG NRW, Urteil vom 30. Juli 2009 - 19 A 448/07 -, juris, Rdn. 47; für das hessische Bestattungskostenrecht: HessVGH, Urteil vom 26. Oktober 2011 - 5 A 1245/11 -, juris, Rdn. 37.
66Der Kläger ist nach § 77 Abs. 1 Satz 1 VwVG NRW in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Nr. 11, § 20 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 7 VO VwVG als Vollstreckungsschuldner dazu verpflichtet, die Kosten der im Wege der Ersatzvornahme durchgeführten Einäscherung und die Verwaltungsgebühren zu tragen. Wäre er seiner Bestattungspflicht aus § 8 Abs. 1 Satz 1 BestG NRW nachgekommen, wäre er unmittelbar aufgrund dieser Vorschrift "hierzu Verpflichteter" im Sinne des § 74 SGB XII gewesen.
67Dem kann nicht entgegen gehalten werden, eine Kostentragungspflicht im Sinne von § 74 SGB XII bestehe bei einer im Wege der Ersatzvornahme durchgeführten Einäscherung dann nicht, wenn eine unbillige Härte im Sinne von § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW vorliege. Denn die Möglichkeit, nach § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW von der Beitreibung der Vollstreckungskosten wegen unbilliger Härte abzusehen, lässt die grundsätzliche Verpflichtung zur Kostentragung unberührt.
68Vgl. OVG NRW, Urteil vom 28. Februar 2011 - 14 A 451/10, juris, Rdn. 46 ff für das Verhältnis zwischen dem Übernahmeanspruch aus § 74 SGB XII und einem Anspruch auf Erlass von Friedhofsgebühren; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 10. Juli 2012 - 14 K 2308/11 -, juris, Rdn. 87 f.; anders noch OVG NRW, Urteil vom 30. Juli 2009 - 19 A 448/07 -, juris, Rdn. 45 ff.
69Dies ergibt sich aus Sinn und Struktur der Norm. Sie stellt nicht die - kraft Gesetzes mit Durchführung einer rechtmäßigen Verwaltungsvollstreckung entstandene - Kostenpflicht des Vollstreckungsschuldners in Frage, sondern sieht lediglich die Möglichkeit des Absehens von der Beitreibung aus Billigkeitsgründen vor. Sie stellt damit kein Leistungsgesetz dar, sondern soll den Vollstreckungsschuldner nur vor der Beitreibung von rechtmäßig in Ansatz gebrachten Vollstreckungskosten schützen, weil die Betreibung aus persönlichen und/ oder wirtschaftlichen Gründen unbillig erscheint. Die Vorschrift gleicht damit strukturell sonstigen sozial motivierten Schuldnerschutzvorschriften, die der Durchsetzung berechtigter Ansprüche im Einzelfall entgegenstehen können, etwa den Vollstreckungsschutzvorschriften (vgl. § 48 VwVG NRW und §§ 850 ff. der Zivilprozessordnung). Daher stellt die Möglichkeit, von der Beitreibung der Vollstreckungskosten aus Billigkeitsgründen nach § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW abzusehen, das Merkmal des "hierzu Verpflichteten" im Sinne von § 74 SGB XII ebensowenig in Frage, wie die Verpflichtung in Frage steht, wenn die zivilrechtliche Kostenforderung eines Bestattungsunternehmens aufgrund von Pfändungsschutzvorschriften gegenüber dem Schuldner nicht durchgesetzt werden kann.
70OVG NRW, Urteil vom 28. Februar 2011 - 14 A 451/10, juris Rdn. 49.
71β. Dabei kann umgekehrt nicht die Unzumutbarkeit der Kostentragung im Sinne von § 74 SGB XII mit dem Hinweis auf die Möglichkeit, nach § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW von der Beitreibung der Vollstreckungskosten aus Billigkeitsgründen abzusehen, in Zweifel gezogen werden. Hiergegen sprechen der spezielle Charakter des § 74 SGB XII und Aspekte der Gleichbehandlung der Bestattungspflichtigen. Mit § 74 SGB XII wird - anders als durch § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW - ausdrücklich und ausschließlich für Fälle der Unzumutbarkeit der Kostentragung bei Bestattungen eine fürsorgerechtliche Regelung der Hilfe in einer besonderen Lebenslage getroffen. Die Norm bestimmt eigens für diese Fallgestaltung, dass die Bestattungskosten letztlich beim Sozialhilfeträger verbleiben sollen. Dem ist die gesetzgeberische Grundentscheidung zu entnehmen, dass die Kosten von der Gemeinschaft der Steuerzahler durch Sozialhilfe abgedeckt werden, wenn kein anderer Kostentragungspflichtiger vorhanden oder diesem die Kostentragung unzumutbar ist.
72Vgl. OVG NRW, Urteil vom 28. Februar 2011 - 14 A 451/10 -, juris, Rdn. 49, und VG Düsseldorf, Urteil vom 2. Februar 2010 - 23 K 2884/08 -, juris, Rdn. 35 für das Verhältnis zwischen dem Übernahmeanspruch aus § 74 SGB XII und einem Anspruch auf Erlass von Friedhofsgebühren; auch LSG NRW, Urteil vom 30. Oktober 2008 - L 9 SO 22/07, juris, Rdn. 31; Nds. OVG, Beschluss vom 13. Juli 2005 - 8 PA 37/05 -, juris, Rdn. 7; VG Gelsenkirchen, Urteile vom 16. Dezember 2014 - 14 K 4511/12 -, juris Rdn. 104, und vom 19. Juli 2012 - 14 K 2308/11 -, juris, Rdn. 82; Stelkens/Seifert, Die Bestattungspflicht und ihre Durchsetzung: Neue und alte Probleme, DVBl. 2008, 1537 (1545).
73Diese Bewertung des Verhältnisses von § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW und § 74 SGB XII bewirkt zugleich die gebotene Gleichbehandlung derjenigen Bestattungspflichtigen, die ihrer Verpflichtung ungeachtet der Unzumutbarkeit der Kostentragung zunächst aus moralischen oder anderen Gründen nachkommen, und derjenigen Bestattungspflichtigen, die sich dem verweigern. Es besteht kein sachangemessener Grund dafür, dass der Verbleib der Bestattungskosten bei dem einen oder anderen Rechtsträger (Kommune oder Sozialhilfeträger) davon abhängen soll, ob der Bestattungspflichtige, dem das Tragen der Bestattungskosten wegen des Vorliegens einer unbilligen Härte nicht zugemutet werden kann, seiner Bestattungspflicht nachkommt oder nicht.
74Vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 9. Juni 2008 - 4 ZB 07.2815 -, juris, Rdn. 9; OVG Saarland, Urteil vom 27. Dezember 2007 - 1 A 40/07 -, juris, Rdn. 83; Stelkens/Cohrs, Bestattungspflicht und Bestattungskosten, NVwZ 2002, 917 (923 f.); auch Nds. OVG, Beschluss vom 13. Juli 2005 - 8 PA 37/05 -, juris, Rdn. 4, 7.
75Die Gleichbehandlung gewährleistet ferner, dass die Prüfung der Zumutbarkeitsfrage einheitlich den hiermit vertrauten Sozialhilfeträgern zugewiesen ist und vermeidet eine aufgespaltene Zuständigkeit zweier unterschiedlicher Behörden für die Prüfung derselben Problematik je nachdem, ob der Bestattungspflichtige die Bestattung veranlasst oder nicht.
76Vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 9. Juni 2008 - 4 ZB 07.2815 -, juris, Rdn. 9; OVG Saarland, Urteil vom 27. Dezember 2007 - 1 A 40/07 -, juris, Rdn. 83; Stelkens/Cohrs, a.a.O. S. 924.
77Zur Sicherstellung dieser einheitlichen Zuständigkeit ist es hinzunehmen, dass die Prüfung des Kostenübernahmeanspruchs einem selbstständigen Verwaltungsverfahren außerhalb des unmittelbaren Bestattungsrechts vorbehalten bleibt.
78Vgl. Hamb. OVG, Urteil vom 26. Mai 2010 - 5 Bf 34/10 -, juris, Rdn. 28.
79Dem kann schon vom Ansatz her nicht der sozialhilferechtliche Grundsatz des Nachrangs der Sozialhilfe entgegen gehalten werden. Nach § 2 Abs. 1 SGB XII erhält Sozialhilfe nicht, wer sich vor allem durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann oder wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Nach § 2 Abs. 2 SGB XII bleiben Verpflichtungen anderer, insbesondere Unterhaltspflichtiger oder der Träger anderer Sozialleistungen, unberührt; auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach dem Recht der Sozialhilfe entsprechende Leistungen vorgesehen sind. Die in § 24 VO VwVG NRW vorgesehene Möglichkeit der Behörde, von der Beitreibung der Vollstreckungskosten lediglich abzusehen, stellt keine Möglichkeit des Verpflichteten zur Selbsthilfe im Sinne des Abs. 1 der Vorschrift,
80OVG NRW, Urteil vom 28. Februar 2011 - 14 A 451/10 -, juris, Rdn. 51,
81oder auf anderweitigen Rechtsvorschriften beruhende (Sozial-)Leistung im Sinne des Abs. 2 dar. Im Übrigen handelt es sich bei dem Anspruch auf Übernahme der Bestattungskosten um einen eigenständigen sozialhilferechtlichen Anspruch auf Hilfe in anderen Lebenslagen, der sich in seiner Bedarfsstruktur wesentlich von den Ansprüchen auf Leistungen zum Lebensunterhalt unterscheidet und für den statt des sozialhilferechtlichen Kriteriums der Bedürftigkeit der Maßstab der Zumutbarkeit maßgeblich ist.
82Vgl. BSG, Urteil vom 25. August 2011 - B 8 SO 20/10 R -, juris, Rdn. 16; zur Vorgängernorm des § 15 BSHG BVerwG, Urteil vom 29. Januar 2004 - 5 C 2.03 -, juris, Rdn. 18; OVG Saarland, Urteil vom 27. Dezember 2007 - 1 A 40/07 -, juris, Rdn. 79; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19. Oktober 2004 - 1 S 681/04 -, juris, Rdn. 26.
83γ. Das Merkmal der Unzumutbarkeit im Sinne des § 74 SGB XII ist so weit zu verstehen, dass das Bestehen einer unbilligen Härte daneben ausgeschlossen ist, weil die Rechtsordnung mit § 74 SGB XII eine Regelung bereitstellt, die gewährleistet, dass sich aus der Bestattung keine unzumutbaren Verpflichtungen ergeben.
84Es ist anerkannt, dass zur Begründung der Unzumutbarkeit im Sinne von § 74 SGB XII neben den wirtschaftlichen Voraussetzungen auch weitere Gesichtspunkte herangezogen werden können, die als solche im Allgemeinen sozialhilferechtlich unbeachtlich sind, so solche persönlicher Natur. Daher kann die Kostentragung etwa bei schweren Verfehlungen des Verstorbenen gegenüber dem Bestattungspflichtigen unzumutbar sein.
85Vgl. BSG, Urteil vom 29. September 2009 - B 8 SO 23/08 R -, juris, Rdn. 16; Hess. LSG, Urteil vom 6. Oktober 2011 - L9 SO 226/10 -, juris, Rdn. 38; Greise in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 74 SGB XII Rdn. 78 f.; Spranger, Unzumutbarkeit der Kostenübernahme nur in Härtefällen, Sozialrecht und Praxis 2010, 656 (659); Trésoret/Seifert, Eine soziale Bestattung ist kein Armenbegräbnis, Soziale Sicherheit 2012, 433 (435 f.); zur Vorgängernorm des § 15 BSHG BVerwG, Urteil vom 29. Januar 2004 - 5 C 2.03 -, juris Rdn. 18.
86Kann demnach aufgrund der vom Kläger vorgetragenen Aspekte, so die Tätlichkeiten seines Vaters ihm und seiner Mutter gegenüber, ein Anspruch nach § 74 SGB XII bestehen, sind die nämlichen Gesichtspunkte aus den vorstehenden systematischen Gründen ungeeignet, eine unbillige Härte im Sinne von § 24 VO VwVG NRW zu begründen.
87Ob in besonderen Ausnahmefällen trotz der Möglichkeit, die Übernahme der Kosten nach § 74 SGB XII zu beanspruchen, eine unbillige Härte anzunehmen sein kann, kann anlässlich des Streitfalls unentschieden bleiben, in dem für eine solche Annahme jedenfalls keine Grundlage besteht.
88d. Konkrete Bedenken gegen die Höhe der einzelnen Positionen der Kosten der Ersatzvornahme - soweit sie vor der Urnenbeisetzung angefallen und damit noch streitgegenständlich sind - sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Den Verwaltungsvorgängen ist zu entnehmen, dass die geltend gemachten Beträge (325,38 Euro Gebühren Einäscherung; 63,00 Euro Gebühren Annahme und Verwahrung des Verstorbenen; 341,53 Euro Leistungen des Bestattungsunternehmens; 25,00 Euro Todesbescheinigung; 30,00 Euro Attest zur Einäscherung) angefallen sind.
892. Die Verwaltungsgebühren durfte die Beklagte nach § 15 Abs. 1 Nr. 11 VO VwVG NRW festsetzen. Danach ist die Vollzugsbehörde berechtigt, für die Veranlassung der Bestattung durch die Ordnungsbehörde Verwaltungsgebühren in Höhe von 25,00 Euro bis 300,00 Euro zu erheben. Die Festsetzung der Verwaltungsgebühr ist danach nicht zu beanstanden. Sie bewegt sich mit einer Höhe von 150,00 Euro im von § 15 Abs. 1 Nr. 11 VO VwVG NRW vorgegebenen Rahmen.
90C. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 155 Abs. 2 VwGO.
91Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
92Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht erfüllt sind. Die landesrechtlichen Rechtsfragen, die der vorliegende Rechtstreit aufwirft, sind nicht revisibel. Die bundesrechtlichen Rechtsfragen zu den Voraussetzungen des sozialhilferechtlichen Übernahmeanspruchs aus § 74 SGB XII sind in der zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung grundsätzlich geklärt.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 25. Juni 2015 - 19 A 488/13
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Die erforderlichen Kosten einer Bestattung werden übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen.
(1) Die Berufung kann bis zur Rechtskraft des Urteils zurückgenommen werden. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus.
(2) Die Berufung gilt als zurückgenommen, wenn der Berufungskläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als drei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Der Berufungskläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Berufung als zurückgenommen gilt.
(3) Die Zurücknahme bewirkt den Verlust des eingelegten Rechtsmittels. Das Gericht entscheidet durch Beschluß über die Kostenfolge.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.
(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn
- 1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint; - 2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde; - 3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll; - 4.
die Behörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will; - 5.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen.
(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.
(1) Ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt ist mit einer Begründung zu versehen. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die Begründung von Ermessensentscheidungen soll auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist.
(2) Einer Begründung bedarf es nicht,
- 1.
soweit die Behörde einem Antrag entspricht oder einer Erklärung folgt und der Verwaltungsakt nicht in Rechte eines anderen eingreift; - 2.
soweit demjenigen, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, die Auffassung der Behörde über die Sach- und Rechtslage bereits bekannt oder auch ohne Begründung für ihn ohne weiteres erkennbar ist; - 3.
wenn die Behörde gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlässt und die Begründung nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist; - 4.
wenn sich dies aus einer Rechtsvorschrift ergibt; - 5.
wenn eine Allgemeinverfügung öffentlich bekannt gegeben wird.
Der Erbe trägt die Kosten der Beerdigung des Erblassers.
(1) Der Unterhaltsanspruch erlischt mit dem Tode des Berechtigten oder des Verpflichteten, soweit er nicht auf Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung für die Vergangenheit oder auf solche im Voraus zu bewirkende Leistungen gerichtet ist, die zur Zeit des Todes des Berechtigten oder des Verpflichteten fällig sind.
(2) Im Falle des Todes des Berechtigten hat der Verpflichtete die Kosten der Beerdigung zu tragen, soweit ihre Bezahlung nicht von dem Erben zu erlangen ist.
(1) Leben die Ehegatten getrennt, so kann ein Ehegatte von dem anderen den nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt verlangen; für Aufwendungen infolge eines Körper- oder Gesundheitsschadens gilt § 1610a. Ist zwischen den getrennt lebenden Ehegatten ein Scheidungsverfahren rechtshängig, so gehören zum Unterhalt vom Eintritt der Rechtshängigkeit an auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der verminderten Erwerbsfähigkeit.
(2) Der nicht erwerbstätige Ehegatte kann nur dann darauf verwiesen werden, seinen Unterhalt durch eine Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen, wenn dies von ihm nach seinen persönlichen Verhältnissen, insbesondere wegen einer früheren Erwerbstätigkeit unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe, und nach den wirtschaftlichen Verhältnissen beider Ehegatten erwartet werden kann.
(3) Die Vorschrift des § 1579 Nr. 2 bis 8 über die Beschränkung oder Versagung des Unterhalts wegen grober Unbilligkeit ist entsprechend anzuwenden.
(4) Der laufende Unterhalt ist durch Zahlung einer Geldrente zu gewähren. Die Rente ist monatlich im Voraus zu zahlen. Der Verpflichtete schuldet den vollen Monatsbetrag auch dann, wenn der Berechtigte im Laufe des Monats stirbt. § 1360a Abs. 3, 4 und die §§ 1360b, 1605 sind entsprechend anzuwenden.
Tenor
Das angefochtene Urteil wird geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen der Kläger zu 7/8 und die Beklagte zu 1/8. Die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist gemeinsam mit seiner Ehefrau Eigentümer des Grundstücks Gemarkung X. , Flur 4, Flurstück 277 (F. Straße 144 in I. ). Das Grundstück ist mit einem viereinhalbgeschossigen Wohnhaus bebaut. Es grenzt an die Bundesstraße 7 (im Folgenden: B 7). Vor dem Haus verläuft auf einer Breite von 10 m ein Gehweg. Zwischen der Fahrbahn der B 7 und dem Gehweg befindet sich ein zum Parken genutzter Seitenstreifen.
3Am 24. August 2011 stellten Mitarbeiter der Beklagten im Rahmen einer Ortsbesichtigung Schäden in dem zur Straße gelegenen Bereich des Dachs des Wohnhauses des Klägers fest. Die Dachrinne mit Unterbau und mehrere Dachpfannen der untersten Reihe hingen durch. Die Mitarbeiter des Beklagten sprachen vor Ort die Tochter des Klägers, die die Dachwohnung im Haus F. Straße 144 bewohnt, auf die Gefahrensituation und die Notwendigkeit von Sicherungsmaßnahmen an. Der Kläger selbst war nicht vor Ort.
4Die Beklagte beauftragte am 24. August 2011 die Gesellschaft für Verkehrstechnik mbH (im Folgenden: GVT mbH) mit der Absperrung des Gehwegs und des Seitenstreifens vor dem Wohnhaus des Klägers und der Einrichtung eines Ersatzgehwegs auf der rechten Fahrspur der B 7 in Fahrtrichtung H. . Sie erließ unter dem Datum vom 25. August 2011 gegenüber der GVT mbH eine „Anordnung nach § 45 Straßenverkehrsordnung (StVO) - Verkehrsrechtliche Genehmigung“, mit der die als solche bezeichnete „Absicherungsmaßnahme“ mit folgendem Inhalt angeordnet wurde: „Der Gehweg und der Seitenstreifen sind einzuziehen und ein Fußgängernotweg auf der rechten Fahrspur in FR H. einzurichten. Die Absicherung und Einrichtung erfolgt nach dem beiliegenden Verkehrszeichenplan.“ Für die Erteilung dieser verkehrsrechtlichen Genehmigung wurde eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 75,00 EUR erhoben.
5Die Absperrung wurde von der GVT mbH am 25. August 2011 eingerichtet. Der Tochter des Klägers sandte die GVT mbH unter dem Datum vom 25. August 2011 eine Auftragsbestätigung zu. Unter dem Datum vom 29. August 2011 sandte die GVT mbH an den Kläger und seine Ehefrau eine 1. Teilrechnung, mit der die Kosten für den Aufbau der Verkehrssicherung mit Gehwegabsperrung (276,50 EUR), das Vorhalten und Unterhalten der Verkehrssicherung für sieben Tage (52,50 EUR) und die Gebühr für die straßenverkehrsrechtliche Genehmigung vom 25. August 2011 (75,00 EUR) zuzüglich Mehrwertsteuer und damit insgesamt 480,76 EUR in Rechnung gestellt wurden.
6Der Dachdeckermeister S. überprüfte nach Beauftragung durch den Kläger am 29. August 2011 ausweislich eines vorliegenden „Angebots“ vom 29. August 2011 den beschädigten Dachbereich und kontrollierte den Sitz der Dachsteine. Er baute zugleich eine Lage Gerüst an der Hauswand in einer Tiefe von ca. 1 m mit einem Gerüsttunnel vor dem Eingang auf. Aus dem „Angebot“ geht zugleich hervor, dass nach Auffassung des Dachdeckermeisters die Dachrinne ohne ein weiteres Gerüst oder einen Hubwagen nicht zu sichern sei, sie könne beim nächsten Starkregen oder stärkerem Windstoß abreißen, sofortige Sicherungsmaßnahmen seien zwingend notwendig. Nicht vor dem 1., aber bis zum 3. September 2011 wurde zur weiteren Absicherung der Gefahrenstelle vom Dachdeckermeister S. im Auftrag des Klägers ein (vollständiges) Gerüst auf dem Gehweg errichtet.
7Das beschädigte Dach wurde in den folgenden Monaten zunächst nicht repariert, da der Kläger mit seiner Gebäudeversicherung vor dem Landgericht I. einen Prozess über die Regulierung des Schadens führte (und noch führt). Die Sicherungsmaßnahmen in Form der Absperrung des Gehwegs und des Seitenstreifens bei gleichzeitiger Errichtung eines Ersatzgehwegs blieben zunächst aufrechterhalten, auch das Gerüst blieb stehen.
8Unter dem 28. November 2011 und 29. Februar 2012 übermittelte die GVT mbH weitere Teilrechnungen für die Absperrmaßnahme an den Kläger und seine Ehefrau. Diese wurden - ebenso wie die 1. Teilrechnung - nicht beglichen. Mit Schlussrechnung vom 2. April 2012 machte die GVT mbH gegenüber der Beklagten einen Betrag in Höhe von insgesamt 2.638,84 EUR geltend. Sie kündigte zugleich an, dass sie die Absicherung des Gehwegs am 13. April 2012 gegen 14.00 Uhr räumen werde, wenn bis zu diesem Zeitpunkt kein Zahlungseingang erfolgt sein sollte.
9Mit Bescheid vom 10. April 2012 gab die Beklagte dem Kläger auf, die bestehende Absperrvorrichtung auf der Bürgersteig- und Parkstreifenfläche vor seinem Haus in der F. Str. 144, die am 13. April 2012 um 14.00 Uhr durch die GVT mbH abgebaut werde, gleichwertig zu ersetzen. Die sofortige Vollziehung wurde angeordnet und dem Kläger für den Fall der Nichtbefolgung die Ersatzvornahme angedroht. Mit Bescheid vom 27. April 2012 wurde dem Kläger aufgegeben, das bestehende Sicherungsgerüst auf der Bürgersteigfläche vor seinem Haus, das am 4. Mai 2012, ab ca. 9.00 Uhr abgebaut werde, gleichwertig zu ersetzen. Die sofortige Vollziehung wurde angeordnet und dem Kläger für den Fall der Nichtbefolgung die Ersatzvornahme angedroht. Der Kläger erhob gegen den Bescheid vom 27. April 2012 Klage vor dem Verwaltungsgericht und stellte zugleich einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes (Verfahren 4 K 1632/12 und 4 L 389/12). Mit Bescheid vom 16. Mai 2012 setzte die Beklagte die Ersatzvornahme bezüglich der in den Bescheiden vom 10. April 2012 und 27. April 2012 angeordneten Maßnahmen fest und veranschlagte die voraussichtlichen Kosten auf 5.000,- EUR. Den Festsetzungsbescheid machte der Kläger ebenfalls zum Gegenstand eines Klage- und Eilverfahrens vor dem Verwaltungsgericht (Verfahren 4 K 1682/12 und 4 L 408/12). Mit Bescheid vom 29. Juni 2012 forderte die Beklagte vom Kläger die Kosten der Ersatzvornahme der Verkehrssicherung für den Zeitraum vom 13. April 2012 bis zum 13. Juni 2012 in Höhe von 553,55 EUR. Hiergegen erhob der Kläger ebenfalls Klage und stellte zugleich einen Eilantrag (Verfahren 4 K 1987/12 und 4 L 492/12).
10In den oben genannten Verfahren schlossen die Beteiligten am 10. August 2012 einen gerichtlichen Vergleich. Die Beklagte gestattete dem Kläger in diesem unter anderem als Austauschmittel im Sinne des § 21 OBG NRW für die Ordnungsverfügung vom 10. April 2012 die Aufstellung eines bis zum Dachgeschoss reichenden Schutzgerüsts mit einem Netz im Bereich der oberen Gerüstlage und mit Spanngurten im Bereich der Traufe. Die von der GVT mbH errichtete Absperrung sei damit nicht mehr erforderlich (Ziff. 1 des Vergleichs). Unter Ziff. 2 des Vergleichs erklärte die Beklagte, Kosten der Ersatzvornahme nur bis zum 4. August 2012 zu erheben. Für die nicht durch den Bescheid vom 29. Juni 2012 gedeckten Kosten der durchgeführten Ersatzvornahme durch die GVT mbH und den Dachdeckermeister S. werde dem Kläger ein gesonderter Kostenbescheid zugehen. Die Verfahren wurden in der Hauptsache für erledigt erklärt.
11Mit Bescheid vom 31. August 2012 forderte die Beklagte vom Kläger die Zahlung von weiteren Kosten in Höhe von 1.553,46 EUR, darunter unter anderem Kosten für Tätigkeiten des Dachdeckermeisters S. sowie Kosten in Höhe von 480,76 EUR für die Absperrmaßnahme im Zeitraum vom 25. August bis zum 31. August 2011. Zur Begründung des Bescheids wurde insoweit im Wesentlichen ausgeführt, die Absperrung sei im Wege des Sofortvollzugs zwingend erforderlich gewesen.
12Der Kläger hat am 1. Oktober 2012 Klage erhoben, mit der er die Aufhebung des Bescheids vom 31. August 2012 begehrt hat, soweit darin die Kosten für einen bestimmten Teil der Tätigkeiten des Dachdeckermeisters S. und die Kosten für die Absperrmaßnahme im Zeitraum vom 25. August bis zum 31. August 2011 gefordert werden. Die Beklagte hob (ausdrücklich) in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 15. Januar 2013 den Kostenbescheid in Höhe von 68,11 EUR auf. Damit half sie dem klägerischen Begehren ab, soweit sich dieses auf die geltend gemachten Dachdeckerkosten bezog. Die Beteiligten haben das Verfahren insoweit in der Hauptsache für erledigt erklärt.
13Der Kläger hat seine Klage, soweit sie sich gegen die Erhebung der Kosten in Höhe von 480,76 EUR für die Absperrmaßnahme der GVT mbH für den Zeitraum vom 25. August 2011 bis zum 31. August 2011 gerichtet hat, aufrechterhalten und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen: Es sei nicht ersichtlich, auf welcher gesetzlichen Grundlage die Beklagte die Kosten für die Absperrmaßnahme von ihm fordere. Eine angebliche Notmaßnahme am 25. August 2011 werde mit Nichtwissen bestritten. Die straßenverkehrsrechtliche Anordnung vom 25. August 2011 sei nicht das geeignete Mittel zur Beseitigung der aufgrund des Dachschadens am Gebäude bestehenden Gefahr gewesen. Die Gefahr hätte allein durch das Aufbauen eines Sicherungsgerüsts beseitigt werden können. Diese Maßnahme hätte ihm von der Beklagten aufgegeben werden können. Der Absperrmaßnahme hätte es dann nicht bedurft. Durch die Absperrung der Straße seien unverhältnismäßig hohe Kosten entstanden.
14Der Kläger hat beantragt,
15den Bescheid des Oberbürgermeisters der Beklagten vom 31. August 2012 in der geänderten Fassung der Erklärung vom 15. Januar 2013 insoweit aufzuheben, als darin ein Betrag von 480,76 EUR aufgrund der Schlussrechnung der Gesellschaft für Verkehrstechnik mbH vom 2. April 2012 für eine Notmaßnahme im Zeitraum vom 25. August 2011 bis 31. August 2011 gefordert wird.
16Die Beklagte hat beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Sie hat zur Begründung zunächst Bezug genommen auf die Ausführungen im angegriffenen Bescheid. Ergänzend hat sie unter anderem ausgeführt, dass die Absperrung im Wege des Sofortvollzugs auch ohne Kontakt zu dem Eigentümer unter den gegebenen Umständen zwingend erforderlich gewesen sei.
19Mit Urteil vom 15. Januar 2013 hat das Verwaltungsgericht das Verfahren eingestellt, soweit es die Beteiligten im Hinblick auf die um 68,11 EUR reduzierte Kostenforderung übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben. Im Übrigen hat es der Klage stattgegeben und den Bescheid vom 31. August 2012 aufgehoben, soweit er noch streitgegenständlich war. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Eine Pflicht zur Erstattung der Kosten für die Durchführung der Absperrmaßnahme durch die GVT mbH vom 25. August bis zum 31. August 2011 komme auf der Grundlage von §§ 59 Abs. 1, 77 Abs. 1 Satz 1 VwVG NRW in Verbindung mit § 20 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 7 VO VwVG NRW nicht in Betracht. Die der Kostenforderung zugrunde liegende Ersatzvornahme sei rechtswidrig gewesen sei. Die Voraussetzungen des allein in Betracht kommenden § 55 Abs. 2 VwVG NRW seien nicht gegeben. Die Beklagte hätte dem Kläger die konkrete Maßnahme, die Absperrung durch die GVT mbH, nicht rechtmäßig aufgeben können. Es fehle an einer Ermächtigungsgrundlage für eine Ordnungsverfügung, mit der dem Kläger die Einziehung eines Straßenabschnitts und die Herrichtung eines Fußgängernotwegs auf der Fahrbahn einer Bundesstraße hätten aufgegeben werden können.
20Mit Beschluss vom 28. Oktober 2013 hat der Senat die Berufung der Beklagten zugelassen.
21Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Beklagte - ihr bisheriges Vorbringen wiederholend und vertiefend - im Wesentlichen vor: Die Voraussetzungen für ein Einschreiten im Wege des Sofortvollzugs hätten vorgelegen. Auf der Grundlage von § 61 Abs. 1 Satz 2 BauO NRW bzw. § 14 OBG NRW hätte an den Kläger eine Ordnungsverfügung mit dem Inhalt ergehen können, nach Einholung und Maßgabe einer entsprechenden straßenverkehrsrechtlichen Genehmigung eine Absperrung einzurichten bzw. von der GVT mbH als Fachfirma einrichten zu lassen, um die von dem schadhaften Dach ausgehenden Gefahren zu beseitigen. Der fiktive Grundverwaltungsakt wäre auch verhältnismäßig gewesen. Der Aufbau des zusätzlichen Schutzgerüsts durch den Kläger sei erst am 3. September 2011 erfolgt. Ein Vorgehen im gestreckten Verfahren sei unter den konkreten Umständen wegen Gefahr in Verzug nicht in Betracht gekommen.
22Die Beklagte beantragt - schriftsätzlich -,
23das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
24Der Kläger beantragt,
25die Berufung zurückzuweisen,
26hilfsweise,
27die Revision zuzulassen.
28Er hält an seinem erstinstanzlichen Vorbringen fest. Ergänzend trägt er im Wesentlichen vor: Eine behauptete Notmaßnahme im Sofortvollzug der Beklagten als untere Bauaufsichtsbehörde habe es zu keinem Zeitpunkt gegeben. Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass die Beklagte am 25. August 2011 den Geschäftswillen gehabt habe, als untere Bauaufsichtsbehörde ihm gegenüber ein bauordnungsrechtliches Handeln an seiner Stelle vorzunehmen. Der Geschäftswille der Beklagten sei es gewesen, als Straßenordnungsbehörde gegenüber der GVT mbH eine Anordnung nach § 45 StVO und eine straßenverkehrsordnungsrechtliche Allgemeinverfügung zu erlassen. Die Bauaufsichtsbehörde hätte ihm nichts aufgeben können, was die Befugnisse der Straßenverkehrsbehörde betreffe. Das Verwaltungsgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass die öffentlich-rechtliche Befugnis der Straßenverkehrsbehörde nicht durch eine Ordnungsverfügung der unteren Bauaufsichtsbehörde auf ihn hätte übertragen und im Wege der Ersatzvornahme durchgesetzt werden können. Das Einziehen des Bürgersteigs und der Fahrbahn durch den Kläger hätte nicht die vom Gebäudedach ausgehende, bauordnungsrechtliche Gefahr beseitigt. Er habe während der zwischenzeitlich vorgenommenen Reparatur des Gebäudedachs keine Einziehung des Bürgersteigs oder der Fahrbahn benötigt. Es handele sich bei den Aufwendungen der Beklagten nicht um öffentlich-rechtliche Vollstreckungskosten. Ein Anspruch der Beklagten gegenüber dem Kläger auf Erstattung ihrer Kosten aus fraglicher Geschäftsführung ohne Auftrag gehöre als Leistungsklage vor die ordentlichen Gerichte.
29Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge sowie der Gerichtsakten der Verfahren 4 K 1632/12, 4 K 1682/12, 4 K 1683/12, 1987/12, 4 L 389/12, 4 L 408/12, 4 L 409/12 und 4 L 492/12 Bezug genommen.
30E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
31Die zulässige, namentlich innerhalb der Frist des § 124 a Abs. 6 Satz 1 VwGO begründete Berufung der Beklagten hat Erfolg.
32Das angefochtene Urteil ist im Umfang der Berufung zu ändern und die Klage abzuweisen.
33Die Klage ist, soweit sie noch anhängig ist, zulässig, aber unbegründet.
34Der Bescheid vom 31. August 2012, soweit er noch Gegenstand der Anfechtungsklage ist, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Beklagte fordert vom Kläger zu Recht die Zahlung von Ersatzvornahmekosten für die Absperrung des Gehwegs und des Seitenstreifens und das Einrichten eines Ersatzgehwegs vor seinem Haus in Höhe von 480,76 EUR.
35Ermächtigungsgrundlage für den Erlass des Kostenbescheids sind die §§ 59 Abs. 1, 77 Abs. 1 Satz 1 VwVG NRW in Verbindung mit § 20 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 7 VO VwVG NRW.
36Danach sind Beträge, die bei der Ersatzvornahme oder bei der Anwendung unmittelbaren Zwangs an Beauftragte oder an Hilfspersonen zu zahlen sind, sowie Kosten, die der Vollzugsbehörde durch die Ersatzvornahme entstanden sind, der Vollzugsbehörde vom Pflichtigen zu erstatten.
37Der Kostenbescheid ist formell rechtmäßig. Die Beklagte war als Kostengläubigerin nach § 77 Abs. 1 Satz 2 VwVG NRW für den Erlass des Kostenbescheids zuständig. Es liegt auch kein zur formellen Rechtswidrigkeit führender Anhörungsfehler vor. Zwar wurde dem Kläger von der Beklagten vor Erlass des Kostenbescheids nicht - noch einmal ausdrücklich - Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt. Eine solche Anhörung war jedoch im vorliegenden Fall nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten im Sinne des § 28 Abs. 2 VwVfG NRW. Aus dem oben genannten gerichtlichen Vergleich geht eindeutig hervor, dass die Beklagte beabsichtigte, für die nicht durch den Bescheid vom 29. Juni 2012 gedeckten Kosten der durchgeführten Ersatzvornahme durch die GVT mbH - und damit für die hier in Rede stehenden Maßnahmen im Zeitraum vom 25. August bis zum 31. August 2011 - einen gesonderten Kostenbescheid zu erlassen. Der Kläger musste demnach ohne Weiteres mit Erlass eines entsprechenden Bescheids rechnen. Zu den in diesem Zusammenhang - auch aus seiner Sicht - maßgeblichen Aspekten hatte sich der Kläger in den vorgenannten Klage- und Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht bereits ausführlich geäußert. Einer weitergehenden Stellungnahmemöglichkeit bedurfte es daher nicht. Im Übrigen wäre ein etwaiger Anhörungsfehler nach § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG NRW aber auch dadurch geheilt, dass sich die Beklagte mit dem klägerischen Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren mit Schriftsatz vom 30. Oktober 2012 im Einzelnen auseinandergesetzt hat.
38Vgl. zu den Anforderungen an die Nachholung einer unterbliebenen Anhörung im gerichtlichen Verfahren z. B.: OVG NRW, Beschluss vom 14. Juni 2010 - 10 B 270/10 -, juris Rn. 7 ff., m. w. N.
39Der Kostenbescheid ist materiell rechtmäßig.
40Der Kostenforderung liegt eine rechtmäßige Ersatzvornahme zugrunde. Diese findet ihre Rechtsgrundlage in den §§ 55 Abs. 2, 57 Nr. 1, 59, 63, 64 VwVG NRW.
41Die Voraussetzungen für einen - mangels vorausgehenden Grundverwaltungsakts allein in Betracht kommenden - Sofortvollzug lagen vor.
42Nach § 55 Abs. 2 VwVG NRW kann Verwaltungszwang ohne vorausgehenden Verwaltungsakt angewendet werden, wenn das zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr notwendig ist und die Vollzugsbehörde innerhalb ihrer Befugnisse handelt.
43Die Beklagte hat innerhalb ihrer Befugnisse gehandelt. Eine fiktive, auf Durchführung der Absperrmaßnahmen - (fachmännisches) Absperren des Gehwegs und des Seitenstreifens vor dem Wohnhaus des Klägers und Einrichten eines Ersatzgehwegs nach Maßgabe einer entsprechenden straßenverkehrsrechtlichen Genehmigung/Anordnung - gerichtete Ordnungsverfügung an den Kläger wäre auf der Grundlage von § 61 Abs. 1 Satz 2 BauO NRW rechtmäßig gewesen. Die Vorschrift ermächtigt nicht nur zur Auferlegung von Maßnahmen, die direkt darauf gerichtet sind, eine bauliche Anlage (wieder) in einen baurechtskonformen Zustand zu versetzen, sondern auch zur Auferlegung von Sicherungsmaßnahmen, die dem Schutz anderer Rechtsgüter vor den von - einem nicht baurechtskonformen Zustand - einer baulichen Anlage ausgehenden Gefahren dienen.
44Die Beklagte war, da es um die Beseitigung solcher Gefahren ging, für den Erlass einer entsprechenden bauordnungsrechtlichen Verfügung nach § 60 Abs. 1 Nr. 3 BauO NRW zuständig. Es lag auch eine die Bauordnungsbehörde zum Einschreiten ermächtigende Gefahr vor. Das Haus des Klägers stand nicht im Einklang mit den Vorgaben des § 3 Abs. 1 BauO NRW, wonach bauliche Anlagen unter anderem so instandzuhalten sind, dass die öffentliche Sicherheit, insbesondere Leben und Gesundheit, nicht gefährdet werden. Nach den Vor-Ort-Feststellungen der Mitarbeiter der Beklagten vom 24. August 2011, die durch den Dachdeckermeister S. ausweislich seines „Angebots“ vom 29. August 2011 bestätigt werden und dessen Richtigkeit der Kläger zu keinem Zeitpunkt bestritten hat, war das Dach des Wohnhauses des Klägers zur Straßenseite hin stark beschädigt, die Dachrinne und die unterste Dachpfannenreihe hingen durch. Dies begründete aus der maßgeblichen ex-ante-Sicht, d. h. nach den Verhältnissen und dem möglichen Erkenntnisstand zur Zeit des Erlasses der (fiktiven) Maßnahme, eine konkrete Gefahr, also eine Sachlage, bei der bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden an einem geschützten Rechtsgut eintreten wird.
45Vgl. zum Begriff der Gefahr: BVerwG, Urteile vom 18. Dezember 2002 - 6 CN 3.03 -, juris Rn. 23 f., und vom 26. Februar 1974 - I C 31.72 -, BVerwGE 45, 51 = DÖV 1974, 637 = juris Rn. 32; OVG NRW, Urteil vom 21. September 2012 - 2 A 182/11 - BRS 79 Nr. 130 = juris Rn. 68, Beschlüsse vom 3. Juli 2012 - 2 B 748/12 -, BauR 2012, 1779 = juris Rn. 18, und vom 21. Februar 2011 - 2 E 186/11 -, S. 4 f. des amtlichen Umdrucks.
46Vorliegend war hinreichend wahrscheinlich zu erwarten, dass Dachpfannen oder andere Dachteile - insbesondere bei jederzeit möglichem Wind oder Regen, aber auch sonst jederzeit - von dem Gebäude herunterfallen würden. Durch die, zumal aus großer Höhe, herunterfallenden Teile drohten erhebliche Schäden an Leib, Leben oder Eigentum von Fußgängern und anderen Verkehrsteilnehmern, die den Bereich vor dem Wohnhaus des Klägers zahlreich passieren.
47Für die Beseitigung der Gefahr konnte die Beklagte ermessensfehlerfrei den Kläger als (Mit-)Eigentümer des Wohnhauses nach § 18 Abs. 1 Satz 1 OBG NRW als Zustandsverantwortlichen in Anspruch nehmen. Der Kläger war zudem Verhaltensverantwortlicher nach § 17 Abs. 1 OBG NRW. Eine Verhaltenshaftung kann auch durch ein Unterlassen begründet werden, wenn eine Rechtspflicht zum Tun besteht.
48Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. Februar 1988 - 11 B 186/88 -, BauR 1988, 457 f., zum Umfang der Zustandshaftung siehe nochmals OVG NRW, Beschluss vom 3. Juli 2012 - 2 B 748/12 -, BauR 2012, 1779 = juris Rn. 17.
49Diese ergab sich für den Kläger vorliegend aus seiner Pflicht, seine bauliche Anlage den Anforderungen des § 3 Abs. 1 BauO NRW entsprechend so instand zu halten, dass die öffentliche Sicherheit nicht gefährdet wird.
50Das fiktive Gebot an den Kläger, die Absperrmaßnahmen durchzuführen, hätte auch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt (vgl. auch § 15 OBG NRW).
51Die Maßnahme war zunächst geeignet, um der von dem schadhaften Dach ausgehenden Gefahr zu begegnen. Nach der fachlichen Einschätzung der Beklagten war der Abstand zwischen dem schadhaften Bereich des Dachs und dem Ersatzgehweg ausreichend, um zu verhindern, dass Fußgänger und andere Verkehrsteilnehmer von herunterfallenden Dachteilen direkt getroffen werden. Ausgehend von der Tiefe des Bürgersteigs vor dem Wohnhaus des Klägers erscheint diese Einschätzung keinesfalls als offensichtlich verfehlt. Soweit die Prozessbevollmächtigte des Klägers im Erörterungstermin darauf Bezug genommen hat, es sei nicht auszuschließen gewesen, dass vom Dach herunterfallende Dachpfannen oder andere Dachteile bis in den Bereich des eingerichteten Ersatzgehwegs hätten hinein geraten können, stellt dies die grundsätzliche Eignung der Maßnahme zur Eindämmung der in Rede stehenden Gefahr nicht in Frage, zumal eine Komplettsperrung des Gehwegs und des Seitenstreifens vor dem Haus des Klägers und der Verweis der Fußgänger auf die andere Straßenseite angesichts der starken Frequentierung der B 7 an dieser Stelle nach den plausiblen Darlegungen der Vertreter der Beklagten im Erörterungstermin als Alternativmaßnahme nicht in Betracht kam.
52Die Maßnahme war auch erforderlich. Die Beklagte hätte nicht - anders als der Kläger meint - als weniger belastende, gleich effektive Maßnahme ihm (fiktiv) die Errichtung eines Schutzgerüsts mit Anbringung eines Sicherheitsnetzes in der Gestalt aufgeben müssen, wie dies später zwischen den Beteiligten in dem oben genannten gerichtlichen Vergleich vereinbart worden ist. Die Errichtung eines Gerüsts hätte, wie von den Vertretern der Beklagten im Erörterungstermin ausgeführt wurde und was durch die zeitlichen Abläufe im Folgenden bestätigt wird - die vollständige Errichtung eines Gerüsts erfolgte nicht vor dem 1. September 2011 -, eine gewisse Zeit in Anspruch genommen und kam demnach als erste, schnell zu verwirklichende Sicherungsmaßnahme nicht in Betracht. Ausgehend von dem Vorstehenden ergibt sich, dass als mildere, ebenso effektive Gefahrenabwehrmaßnahme auch nicht die Auferlegung einer sofortigen Instandsetzungspflicht gegenüber dem Kläger in Betracht gekommen wäre. Die Beklagte hat sich vielmehr - gerade unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes - darauf beschränkt, eine die Gefahrenstelle zunächst nur sichernde Maßnahme zu treffen.
53Der fiktive Grundverwaltungsakt wäre nicht wegen rechtlicher Unmöglichkeit rechtswidrig gewesen. Der Kläger hätte nach Einholung und nach Maßgabe einer entsprechenden straßenverkehrsrechtlichen Genehmigung bzw. Anordnung den Gehweg und den Seitenstreifen vor seinem Haus absperren und einen Ersatzgehweg einrichten können bzw. von einer Fachfirma die erforderlichen Maßnahmen durchführen lassen können. Eine entsprechende straßenverkehrsrechtliche Genehmigung hätten der Kläger oder ein von ihm beauftragtes Unternehmen auf der Grundlage von § 45 Abs. 6 StVO - wie gegenüber der GVT mbH erfolgt - erlangen können. Nach dieser Vorschrift müssen - und können - Unternehmer vor dem Beginn von Arbeiten, die sich auf den Straßenverkehr auswirken, von der zuständigen Behörde Anordnungen nach Absatz 1 und 3 unter anderem darüber einholen, wie ihre Arbeitsstellen abzusperren und zu kennzeichnen sind, ob und wie der Verkehr, auch bei teilweise Straßensperrung, zu beschränken, zu leiten und zu regeln ist. Diese Vorschrift ist grundsätzlich für alle Arbeiten anwendbar, sofern sie sich auf den Straßenverkehr auswirken, betrifft also nicht nur Arbeiten am Straßenkörper selbst.
54Vgl. Bad.-Württ. VGH, Urteil vom 16. Dezember 2009 - 1 S 3263/08 -, VBlBW 2010, 198 = juris Rn. 17; König, in: ders./Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Aufl. 2011, § 45 StVO Rn. 45; Heß, in: Burmann/Heß/u.a., Straßenverkehrsrecht, 22. Aufl. 2012, § 45 StVO Rn. 18.
55Sie bildet auch eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage für Fälle wie den vorliegenden, in dem nicht erst die bevorstehenden Bauarbeiten selbst zu einer Gefährdung von Verkehrsteilnehmern führen, denen durch entsprechende verkehrsrechtliche Anordnungen begegnet werden muss, sondern bereits ein die Straßenverkehrsteilnehmer gefährdender Zustand einer baulichen Anlage vorliegt, der in Erfüllung der Instandsetzungspflicht aus § 3 Abs. 1 BauO NRW beseitigt werden muss.
56Eine rechtliche Unmöglichkeit folgt hiervon ausgehend auch nicht daraus, dass dem Kläger mit der hier in Rede stehenden fiktiven Grundverfügung aufgegeben worden wäre, im Hinblick auf die Regelung des Verkehrs hoheitlich tätig zu werden. Handelt ein Privater auf der Grundlage von Anordnungen nach § 45 Abs. 6 StVO, wird er gerade nicht selbst hoheitlich tätig. Die hoheitliche Entscheidungskompetenz verbleibt bei der Behörde. Dem Privaten obliegt lediglich die tatsächliche Umsetzung der zuvor von dieser getroffenen Entscheidung, er ist lediglich als sogenannter Verwaltungshelfer technisches Ausführungsorgan der anordnenden Behörde.
57Vgl. OVG NRW, Urteil vom 28. November 2000 - 5 A 4522/99 -, NWVBl. 2001, 184 = juris Rn. 3; Bad.-Württ. VGH, Urteil vom 16. Dezember 2009 - 1 S 3263/08 -, VBlBW 2010, 198 = juris Rn. 17. Siehe auch OLG Hamm, Urteil vom 9. Juni 1998 - 9 U 129/97 -, NVwZ-RR 1999, 223 = juris Rn. 21.
58Der Sofortvollzug war auch zur Abwendung einer gegenwärtigen Gefahr notwendig. Eine gegenwärtige Gefahr im Sinne des § 55 Abs. 2 VwVG NRW liegt bei einer Sachlage vor, bei der die Einwirkung des schädigenden Ereignisses schon begonnen hat oder bei der diese Einwirkung unmittelbar oder in allernächster Zeit mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit bevorsteht.
59Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Februar 1974 - I C 31.72 -, BVerwGE 45, 51 = DÖV 1974, 637 = juris Rn. 32; OVG NRW, Beschluss vom 6. Juli 2010 - 13 B 663/10 -, DVBl. 2010, 1455 = juris Rn. 20.
60Dabei sind an den erforderlichen Wahrscheinlichkeitsgrad - wie beim einfachen Gefahrenbegriff - umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und gewichtiger der zu befürchtende Schaden ist.
61Vgl. nur: BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 2002 - 6 CN 3.03 -, juris Rn. 27; OVG NRW, Urteil vom 21. September 2012 - 2 A 182/11 - BRS 79 Nr. 130 = juris Rn. 70.
62Danach lag hier aus der auch insoweit allein maßgeblichen ex-ante-Sicht eine gegenwärtige Gefahr vor. Es war angesichts der Unbeherrschbarkeit der Gefahrenquelle und der starken Frequentierung der B 7 im Bereich des Wohnhauses des Klägers jederzeit mit dem Eintritt eines erheblichen Schadens an den besonders bedeutenden Rechtsgütern Leib und Leben zu rechnen. Zur Abwehr dieser gegenwärtigen Gefahr war es auch notwendig im Sinne des § 55 Abs. 2 VwVG NRW, den Verwaltungszwang ohne vorausgehenden Verwaltungsakt anzuwenden. Angesichts der bestehenden gegenwärtigen Gefahrenlage war sofortige Abhilfe derart geboten, dass nicht mit der Anordnung und Durchführung von Gefahrenabwehrbeseitigungsmaßnahmen im gestreckten Vollzug zugewartet werden konnte.
63Vgl. zu den diesbezüglichen Anforderungen an den Sofortvollzug: OVG NRW, Beschluss vom 9. April 2008 - 11 A 1386/05 -, NVwZ-RR 2008, 437 = juris Rn. 20, Urteile vom 17. Juni 2004 ‑ 7 A 4492/99 -, juris Rn. 61, vom 30. Juli 1998 ‑ 20 A 5664/96 -, juris Rn. 22, vom 26. September 1996 - 21 A 7041/95 -, ZfB 1997, 36 = juris Rn. 25, und vom 7. Mai 1998 - 20 A 1335/96 -, S. 9 f. des amtlichen Umdrucks.
64Ein Vorgehen im gestreckten Verfahren hätte vorliegend des Erlasses einer mit einer Zwangsmittelandrohung versehenen Ordnungsverfügung gegenüber dem Kläger, in der ihm - wenn auch unter Anordnung der sofortigen Vollziehung - eine angemessene Frist zur Erfüllung der aufgegebenen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr zu setzen gewesen wäre, bedurft. Selbst wenn die mit einem solchen Vorgehen im gestreckten Verfahren verbundenen Verzögerungen bei Ausnutzung aller Möglichkeiten zur Verkürzung des gestreckten Verfahrens hier nur gering ausgefallen wären - im Idealfall möglicherweise nur ein bis zwei Tage in Anspruch genommen hätten -, durfte die Beklagte angesichts der geschilderten gegenwärtigen Gefahrenlage, in der jederzeit ein Schaden an Leib- und Leben von Straßenverkehrsteilnehmern einzutreten drohte, im Wege des Sofortvollzugs Gefahrenabwehrmaßnahmen einleiten. Sie hat dies auch getan, indem sie noch am 24. August 2011 die GVT mbH mit Sicherungsmaßnahmen beauftragte, die diese schon am 25. August 2011 umsetzte.
65Lagen die Voraussetzungen für eine Ersatzvornahme im Sofortvollzug demnach zum Zeitpunkt ihrer Einleitung vor, begegnet es zunächst keinen Bedenken, dass die Beklagte vom Kläger die Kosten für das Aufstellen der Absperrvorrichtungen durch die GVT mbH fordert. Sie macht zudem in nicht zu beanstandender Weise die von der GVT mbH in Rechnung gestellten Vorhaltungskosten für den Zeitraum vom 25. August bis zum 31. August 2011 geltend. Es kann offen bleiben, ob bzw. (ab) wann eine Behörde, wenn sie im Wege des Sofortvollzugs eine Ersatzvornahme durchführt, die sich nicht in einer punktuellen Maßnahme erschöpft, sondern eine (zunächst) andauernde Maßnahme betrifft, möglicherweise unter Verhältnismäßigkeits- und Rechtsschutzgesichtspunkten in das gestreckte Verfahren „überwechseln“ muss. In der hier gegebenen Situation war dies jedenfalls vor Ablauf der ersten Woche, für die allein die Beklagte die Vorhaltungskosten erhebt, noch nicht der Fall. Nichts anderes ergibt sich aus dem Vorbringen des Klägers, er habe von der Vollstreckung gegen ihn überhaupt nichts gewusst. Denn für ihn war bei objektivierter Betrachtung ohne Weiteres erkennbar - auch wenn davon auszugehen wäre, dass die an seine Tochter gerichtete Aufforderung der Mitarbeiter des Beklagten vom 24. August 2011 sowie die an diese gerichtete Auftragsbestätigung der GVT mbH vom 25. August 2011 den Kläger nicht erreichte -, dass die Absperrung vor seinem Wohnhaus zur Abwehr der von dem schadhaften Dach seines Wohnhauses ausgehenden Gefahr für Fußgänger und andere Straßenverkehrsteilnehmer diente und somit eine Gefahrenabwehrmaßnahme darstellte, für die er als Eigentümer des Gebäudes und Unterhaltungspflichtiger primär verantwortlich ist.
66Der damit dem Grunde nach gegebenen Pflicht zur Erstattung der Kosten der Ersatzvornahme für den in Rede stehenden Zeitraum und der Geltendmachung dieser Kosten mit dem streitgegenständlichen Leistungsbescheid steht auch nicht etwa entgegen, dass - wie der Kläger meint - die Beklagte tatsächlich nicht im Wege des Sofortvollzugs einer bauaufsichtlichen Ordnungsverfügung mit dem oben genannten Inhalt gehandelt habe bzw. habe handeln wollen, sondern die GVT mbH mit der Durchführung allein einer straßenverkehrsrechtlichen Maßnahme ohne rechtlichen Grund in seinem Namen beauftragt habe mit der Folge, dass eine Kostenerstattung allein auf zivilrechtlicher Grundlage in Betracht käme. Dass die Beklagte - bei maßgeblicher objektivierter Betrachtung - eine (fiktive) bauaufsichtliche Ordnungsverfügung gegenüber dem Kläger vollstreckt und nicht etwa für diesen eine Beauftragung vorgenommen hat, ergibt sich ohne Weiteres daraus, dass sie zur Abwehr der von dem schadhaften Dach des Wohnhauses des Klägers ausgehenden Gefahren - einen anderen Grund für die Absperrmaßnahmen gab es nicht - handelte. Da - wie sich aus dem Vorstehenden ergibt - alle Voraussetzungen für ein bauaufsichtliches Handeln, auch für die Vollstreckung einer (fiktiven) Ordnungsverfügung des in Rede stehenden Inhalts im Wege des Sofortvollzugs vorlagen, bestand auch kein Grund für die Beklagte, nicht im Wege der Vollstreckung gegen den Kläger vorzugehen, sondern zivilrechtlich im Wege der Beauftragung. Dass die straßenverkehrsrechtliche Genehmigung bzw. Anordnung vom 25. August 2011 eine Voraussetzung für die Durchführung der Ersatzvornahme durch die hiermit von der Beklagten beauftragte GVT mbH und nicht etwa eine davon unabhängige straßenverkehrsrechtliche Maßnahme darstellte, ergibt sich aus dem Inhalt des straßenverkehrsrechtlichen Bescheids, in dem eindeutig Bezug genommen wird auf die aufgrund des Dachschadens und der damit verbundenen Gefahren erforderlichen Absperrmaßnahmen. Die Bezeichnung des Klägers als „Auftraggeber“ in dem Bescheid ist hiervon ausgehend ebenso wenig aussagekräftig, wie der Umstand, dass die GVT mbH Rechnungen zunächst an den Kläger und seine Ehefrau versandte.
67Der angefochtene Bescheid ist auch nicht mit Blick auf die Höhe der vom Kläger
68geforderten Kosten zu beanstanden. Die GVT mbH, die die Beklagte mit der Durchführung der Ersatzvornahme beauftragt hat, hat die einzelnen Rechnungspositionen in der 1. Teilrechnung vom 29. August 2011 nachvollziehbar aufgeschlüsselt. Keine Bedenken bestehen dahingehend, dass die Beklagte auch die Verwaltungsgebühr für die straßenverkehrsrechtliche Genehmigung dem Kläger auferlegt, denn diese gehört zu den Kosten, die der GVT mbH bei der Durchführung der Ersatzvornahme entstanden sind - und überdies auch dem Kläger entstanden wären, hätte er die Absperrmaßnahmen selbst durchgeführt bzw. durch eine Fachfirma durchführen lassen.
69Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 2 VwGO. Die erstinstanzliche Kostenentscheidung war entsprechend dem Kostentenor zu ändern. Soweit es den übereinstimmend für erledigt erklärten Teil des Verfahrens betrifft - dieser entspricht ca. 1/8 der ursprünglich im erstinstanzlichen Verfahren im Streit stehenden Kostenforderung -, bleibt es bei der auf Billigkeitserwägungen beruhenden Kostentragungspflicht der Beklagten. Im Übrigen sind die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Berufungsverfahrens dem unterlegenen Kläger aufzuerlegen.
70Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 ZPO.
71Die Revision war nicht zugelassen. Ein Zulassungsgrund liegt nicht vor. Die Rechtssache hat insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Eine - revisibles Recht betreffende - Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung hat der Kläger auch nicht benannt.
Tenor
Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 25. März 2014 wird den Antragstellern für das erstinstanzliche Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin L. aus E. beigeordnet, soweit die Antragsteller die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage 18 K 1218/14 (VG Düsseldorf) gegen Ziffer 1 der Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 21. Januar 2014 begehren. Im Übrigen wird die Beschwerde der Antragsteller gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes durch den genannten Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf zurückgewiesen.
Auf die Beschwerde der Antragsteller gegen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 25. März 2014 teilweise geändert: Die aufschiebende Wirkung der Klage 18 K 1218/14 (VG Düsseldorf) wird angeordnet, soweit sie sich gegen Ziffer 1 der Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 21. Januar 2014 richtet. Im Übrigen wird diese Beschwerde zurückgewiesen.
Die Beteiligten tragen die Kosten des Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes in beiden Instanzen jeweils zur Hälfte. Im Verfahren gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe tragen die Antragsteller die Kosten des Beschwerdeverfahrens, wobei die Festgebühr (vgl. Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz) auf die Hälfte ermäßigt wird; außergerichtliche Kosten werden insoweit nicht erstattet.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren gegen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes auf 2.500,- Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
21. Die Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe hat teilweise Erfolg. Die Rechtsverfolgung erscheint nicht mutwillig und bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg, soweit sie sich gegen die sofort vollziehbare Sicherstellung des Hundes „Q.“ richtet (Ziffer 1 der Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 21. Januar 2014, § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Antragsteller können nach den von ihnen dargelegten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der erstinstanzlichen Prozessführung nicht aufbringen (vgl. § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 115 ZPO). Die Beiordnung von Rechtsanwältin L. beruht auf § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 121 Abs. 2 ZPO.
3Soweit die Antragsteller die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen Ziffer 2 der Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin (Untersagung der Haltung, Führung und Betreuung des Hundes „Q.“) begehren, hat das Verwaltungsgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin L. aus E. zu Recht als unbegründet abgelehnt. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet insoweit keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
42. Die Beschwerde gegen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes bleibt – soweit es um die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage 18 K 1218/14 (VG Düsseldorf) gegen die Untersagung des Haltens, Führens und Betreuens des Hundes „Q.“ der Antragsteller geht (Ziffer 2 der Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 21. Januar 2014) – ebenfalls erfolglos (a). Hingegen hat die Beschwerde gegen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes Erfolg, soweit die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen Ziffer 1 der genannten Ordnungsverfügung (Sicherstellung des Hundes „Q.“) betroffen ist (b).
5a) Bei summarischer Prüfung spricht ganz Überwiegendes dafür, dass die Untersagungsverfügung rechtmäßig erfolgt ist. Zur Begründung nimmt der Senat gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO Bezug auf die entsprechenden Ausführungen im angegriffenen Beschluss. Diese werden durch das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, nicht erschüttert.
6Ohne Erfolg wenden die Antragsteller ein, bei „Q.“ handele es sich nicht um einen der Rasse nach gefährlichen Hund im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW mit der Folge, dass dessen Haltung nicht erlaubnispflichtig sei. Nach den nachvollziehbaren Angaben der amtlichen Tierärztin weist der Hund deutlich hervortretende Rassemerkmale eines Hundes vom Typ Staffordshire-Terrier auf. Die Antragsteller räumen selbst ein, dass der Verkäufer des Hundes ihnen erklärt habe, die Optik von „Q.“ erinnere ein wenig an einen Kampfhund. Schließlich war es auch das phänotypische Erscheinungsbild, aufgrund dessen die Antragsgegnerin auf „Q.“ aufmerksam gemacht wurde. Die von den Antragstellern geltend gemachte Einordnung von „Q.“ als Boxer-Labrador-Mix wird hingegen weder durch die in den Verwaltungsvorgängen befindlichen Fotos untermauert noch haben die Antragsteller insoweit aussagekräftige Unterlagen vorgelegt. Unabhängig davon, dass sich den Antragstellern schon aufgrund der ausgeprägten phänotypischen Merkmale hätte aufdrängen müssen, dass „Q.“ kein Boxer-Labrador-Mix ist, wird die objektiv vorzunehmende Feststellung der Rassezugehörigkeit nicht durch ihre etwaige Unkenntnis in Frage gestellt. Für die Einstufung als gefährlicher Hund im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW ist schließlich auch unerheblich, dass „Q.“ sich bislang als „zuverlässiger Familienhund“ verhalten habe, der nie auffällig geworden sei. Denn die Gefährlichkeit der in § 3 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW aufgeführten Hunderassen und deren Kreuzungen untereinander sowie deren Kreuzungen mit anderen Hunden ergibt sich unmittelbar kraft Gesetzes. Es kommt hierbei – anders als bei den im Einzelfall gefährlichen Hunden gemäß § 3 Abs. 3 LHundG NRW – nicht darauf an, ob ein einzelner Hund ein gefährliches oder aggressives Verhalten gezeigt hat.
7Vgl. Reich, Hundegesetz für das Land Nordrhein-Westfalen, 2005, § 3 Rn. 1 f.
8Im Übrigen hat in Zweifelsfällen der Halter nachzuweisen, dass eine Kreuzung nach § 3 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW nicht vorliegt (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 3 LHundG NRW). Das gilt auch bei „völlig unauffälligen“ Hunden. Dieser Nachweis ist vorliegend nicht erbracht.
9Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 LHundG NRW ist die Haltung eines gefährlichen Hundes erlaubnispflichtig. Die Antragsteller verfügen jedoch weder über eine Erlaubnis noch erfüllen sie sämtliche Voraussetzungen zur Erteilung einer derartigen Erlaubnis (§ 4 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 LHundG NRW): Abgesehen davon, dass bislang keine fälschungssichere Kennzeichnung von „Q.“ nachgewiesen ist (§ 4 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 7 LHundG NRW), fehlt es insbesondere an einem öffentlichen Interesse an der weiteren Haltung (§ 4 Abs. 2 LHundG NRW).
10Die hiergegen vorgebrachten Einwendungen greifen nicht durch. Die Antragsteller machen erfolglos geltend, es gehe um eine Vermittlung eines gefährlichen Hundes aus einem Tierheim. Zwar kann nach der Senatsrechtsprechung ein öffentliches Interesse im Sinne von § 4 Abs. 2 LHundG NRW auch aus Gründen des Tierschutzes bestehen, wenn ein Hund aus einem Tierheim an eine Privatperson vermittelt werden soll.
11Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16. Mai 2014 - 5 B 185/14 - und vom 19. Mai 2010 - 5 B 159/10 -. Siehe auch LT-Drs. 13/2387, S. 22, und Nr. 4.2 VV LHundG NRW).
12Ein derartiges öffentliches Interesse scheidet aber jedenfalls aus, wenn die Vorgaben des § 4 Abs. 2 LHundG NRW bewusst umgangen werden. Mit dieser Fallgestaltung ist es unter Rechtsmissbrauchsgesichtspunkten gleichzusetzen, wenn ein Betroffener einen gefährlichen Hund ohne die erforderliche Erlaubnis in Obhut nimmt und behält, obwohl er dessen Eigenschaft als gefährlich kennt oder kennen muss.
13Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. Januar 2011 - 5 E 888/10 -.
14Wie bereits ausgeführt, hätte sich den Antragstellern angesichts der deutlich hervortretenden Rassemerkmale eines Hundes vom Typ Staffordshire Terrier und des oben zitierten Hinweises des Verkäufers aufdrängen müssen, dass es sich bei „Q.“ um einen gefährlichen Hund handelt. Zumindest hätten sie sich in Bezug auf die Rassezugehörigkeit des Tieres genauer informieren müssen. § 4 Abs. 2 LHundG NRW dient nicht dazu, die Haltung eines privat erworbenen Hundes nachträglich zu legalisieren, nachdem der Hund wegen Fehlens der Erlaubnisvoraussetzungen weggenommen und in einem Tierheim untergebracht worden ist. Andernfalls könnte der Hundehalter, der mit der nicht erlaubten Haltung eines gefährlichen Hundes selber die Ursache dafür gesetzt hat, dass der Hund in ein Tierheim verbracht wird, nach seinem Belieben ein öffentliches Interesse erzeugen. Auf diese Weise würde § 4 Abs. 2 LHundG NRW letztlich bedeutungslos.
15Die von den Antragstellern vorgetragene Ungleichbehandlung gegenüber denjenigen Personen, die mit einem gefährlichen Hund aus einem anderen Bundesland, in welchem keine Erlaubnispflicht besteht, nach Nordrhein-Westfalen ziehen, verfängt nicht. Dies hat das Verwaltungsgericht überzeugend begründet (Seite 3, letzter Absatz des Beschlussabdrucks); die Antragsteller haben dem nichts Durchgreifendes entgegengesetzt.
16Ihr Hinweis, dass sie zu „Q.“ eine emotionale Bindung aufgebaut hätten, führt mangels Entscheidungserheblichkeit ebenfalls nicht zum Erfolg der Beschwerde betreffend die Untersagungsverfügung.
17b) Die im Wege des Sofortvollzugs erfolgte, u.a. auf § 12 Abs. 1 LHundG NRW gestützte Sicherstellung von „Q.“ ist bei summarischer Prüfung materiell ermessensfehlerhaft. Außer in den Fällen der Haltungsuntersagung, in denen ein Hund gemäß § 12 Abs. 2 Satz 4 LHundG NRW entzogen und seine Abgabe angeordnet werden kann, kommt die Sicherstellung eines Hundes als ordnungsrechtliche Standardmaßnahme nur unter den engeren Voraussetzungen nach § 15 Abs. 1 LHundG NRW i. V. m. § 24 Nr. 13 OBG NRW und § 43 PolG NRW in Betracht. Neben dieser spezielleren Ermächtigung tritt die allgemeine hunderechtliche Generalklausel zurück.
18Vgl. sinngemäß Gesetzesbegründung, LT-Drs. 13/2387, S. 32, wonach die §§ 15 ff. OBG zu beachten sind.
19Eine Sicherstellung kann danach unter anderem erfolgen, um eine gegenwärtige Gefahr abzuwenden. Der Begriff der gegenwärtigen Gefahr stellt strengere Anforderungen an die zeitliche Nähe und den Wahrscheinlichkeitsgrad des Schadenseintritts. Gegenwärtig ist eine Gefahr dann, wenn die Einwirkung des schädigenden Ereignisses bereits begonnen hat oder unmittelbar bzw. in allernächster Zeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bevorsteht.
20Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Februar 1974 - I C 31.72 -, BVerwGE 45, 51, 58.
21Eine gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit liegt beispielsweise dann vor, wenn jemand einen gefährlichen Hund ohne die erforderliche Erlaubnis hält und auch die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen nicht vorliegen. Aber auch in einer Hundehaltung ohne die erforderliche Erlaubnis liegt für sich gesehen ein schon eingetretener formaler Rechtsverstoß, der eine Sicherstellung rechtfertigen kann. Allerdings verlangt die Formulierung „kann" in § 43 PolG NRW zusätzlich eine Ermessensausübung über ein Einschreiten im Einzelfall, die nach § 40 VwVfG NRW den strengeren Anforderungen des gesetzlichen Tatbestands Rechnung tragen muss. Einer nachvollziehbaren Ermessensausübung bedarf es gerade in Fällen lediglich formaler Rechtsverstöße bei der Hundehaltung, weil aus ihnen nicht notwendig auf eine hohe Wahrscheinlichkeit der Gefährdung für die körperliche Unversehrtheit von Menschen und anderen Tieren geschlossen werden kann. Jedenfalls lassen sich der gesetzlichen Ermächtigung keine Anzeichen dafür entnehmen, bei Fehlen der erforderlichen Erlaubnis sei das Ermessen regelmäßig dahingehend reduziert, dass eine Sicherstellung des Hundes und Unterbringung in einem Tierheim erfolgen müsse.
22Vgl. zum Ganzen OVG NRW, Beschluss vom 30. Oktober 2012 - 5 B 669/12 -, juris, Rn. 15 ff. m. w. N.; siehe auch OVG NRW, Beschluss vom 25. Juli 2013 - 5 B 212/13 -.
23Genau dies hat vorliegend jedoch die Antragsgegnerin angenommen, indem sie den Hund deshalb sicherstellte, weil „weder ein Sachkundenachweis, Haftpflichtversicherung, Haltungserlaubnis, Kastration u.ä. vorhanden waren“ (vgl. Vermerk vom 15. Januar 2014), obwohl „Q.“ nicht konkret gefährlich in Erscheinung getreten ist (z. B. Beißvorfall, Beinahe-Beißvorfall oder auffallende Aggressivität des Hundes).
24Im Übrigen ist nicht erkennbar, dass die Antragsgegnerin etwaige weniger belastende Alternativen in Erwägung gezogen hat. Derartiges ist nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gemäß § 15 Abs. 1 LHundG i. V. m. § 15 OBG NRW nötig. Bei Verstößen gegen ein Genehmigungserfordernis bietet sich insbesondere an zu klären, ob eine Erlaubnis kurzfristig erteilt werden kann. Dies liegt gerade dann nahe, wenn der Betroffene signalisiert, er wolle und könne die Erlaubnisvoraussetzungen kurzfristig nachweisen. In derartigen Fällen drängt es sich auf, dem betroffenen Hundehalter hierzu Gelegenheit zu geben, etwa indem gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW eine angemessene Frist eingeräumt wird, innerhalb derer er die erforderliche Erlaubnis beantragen kann. Sofern nicht bereits andere behördliche Erkenntnisse über eine konkret gefährliche Hundehaltung vorliegen, lässt im Allgemeinen erst das anschließende Verhalten des Hundehalters eine hinreichend verlässliche Beurteilung zu, ob mildere Alternativen zu einer vorläufigen Sicherstellung nach § 15 Abs. 1 LHundG NRW i. V. m. § 24 Nr. 13 OBG NRW und § 43 PolG NRW vorhanden sind oder ob nach dem ordnungsbehördlichen Opportunitätsprinzip für die Dauer des Genehmigungsverfahrens von einer Tierheimunterbringung abgesehen werden kann. Auch Gründe des Tierschutzes können dafür sprechen, stattdessen andere Unterbringungsmöglichkeiten bei einer Privatperson in Erwägung zu ziehen.
25Vgl. Art. 20 a GG und Art. 29 a LV NRW sowie Gesetzesbegründung zu § 4 Abs. 2 LHundG NRW, LT-Drs. 13/2387, S. 22; siehe auch OVG NRW, Beschluss vom 30. Oktober 2012 - 5 B 669/12 -, juris, Rn. 18 ff.
26Ob mittlerweile die Entziehung des Hundes „Q.“ auf der Grundlage von § 12 Abs. 2 Satz 4 LHundG NRW angeordnet werden könnte, bedarf keiner Entscheidung.
27Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1 Satz 2, 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO.
28Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG.
29Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.
Tenor
Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 25. März 2014 wird den Antragstellern für das erstinstanzliche Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin L. aus E. beigeordnet, soweit die Antragsteller die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage 18 K 1218/14 (VG Düsseldorf) gegen Ziffer 1 der Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 21. Januar 2014 begehren. Im Übrigen wird die Beschwerde der Antragsteller gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes durch den genannten Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf zurückgewiesen.
Auf die Beschwerde der Antragsteller gegen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 25. März 2014 teilweise geändert: Die aufschiebende Wirkung der Klage 18 K 1218/14 (VG Düsseldorf) wird angeordnet, soweit sie sich gegen Ziffer 1 der Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 21. Januar 2014 richtet. Im Übrigen wird diese Beschwerde zurückgewiesen.
Die Beteiligten tragen die Kosten des Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes in beiden Instanzen jeweils zur Hälfte. Im Verfahren gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe tragen die Antragsteller die Kosten des Beschwerdeverfahrens, wobei die Festgebühr (vgl. Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz) auf die Hälfte ermäßigt wird; außergerichtliche Kosten werden insoweit nicht erstattet.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren gegen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes auf 2.500,- Euro festgesetzt.
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G r ü n d e :
21. Die Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe hat teilweise Erfolg. Die Rechtsverfolgung erscheint nicht mutwillig und bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg, soweit sie sich gegen die sofort vollziehbare Sicherstellung des Hundes „Q.“ richtet (Ziffer 1 der Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 21. Januar 2014, § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Antragsteller können nach den von ihnen dargelegten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der erstinstanzlichen Prozessführung nicht aufbringen (vgl. § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 115 ZPO). Die Beiordnung von Rechtsanwältin L. beruht auf § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 121 Abs. 2 ZPO.
3Soweit die Antragsteller die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen Ziffer 2 der Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin (Untersagung der Haltung, Führung und Betreuung des Hundes „Q.“) begehren, hat das Verwaltungsgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin L. aus E. zu Recht als unbegründet abgelehnt. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet insoweit keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
42. Die Beschwerde gegen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes bleibt – soweit es um die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage 18 K 1218/14 (VG Düsseldorf) gegen die Untersagung des Haltens, Führens und Betreuens des Hundes „Q.“ der Antragsteller geht (Ziffer 2 der Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 21. Januar 2014) – ebenfalls erfolglos (a). Hingegen hat die Beschwerde gegen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes Erfolg, soweit die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen Ziffer 1 der genannten Ordnungsverfügung (Sicherstellung des Hundes „Q.“) betroffen ist (b).
5a) Bei summarischer Prüfung spricht ganz Überwiegendes dafür, dass die Untersagungsverfügung rechtmäßig erfolgt ist. Zur Begründung nimmt der Senat gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO Bezug auf die entsprechenden Ausführungen im angegriffenen Beschluss. Diese werden durch das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, nicht erschüttert.
6Ohne Erfolg wenden die Antragsteller ein, bei „Q.“ handele es sich nicht um einen der Rasse nach gefährlichen Hund im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW mit der Folge, dass dessen Haltung nicht erlaubnispflichtig sei. Nach den nachvollziehbaren Angaben der amtlichen Tierärztin weist der Hund deutlich hervortretende Rassemerkmale eines Hundes vom Typ Staffordshire-Terrier auf. Die Antragsteller räumen selbst ein, dass der Verkäufer des Hundes ihnen erklärt habe, die Optik von „Q.“ erinnere ein wenig an einen Kampfhund. Schließlich war es auch das phänotypische Erscheinungsbild, aufgrund dessen die Antragsgegnerin auf „Q.“ aufmerksam gemacht wurde. Die von den Antragstellern geltend gemachte Einordnung von „Q.“ als Boxer-Labrador-Mix wird hingegen weder durch die in den Verwaltungsvorgängen befindlichen Fotos untermauert noch haben die Antragsteller insoweit aussagekräftige Unterlagen vorgelegt. Unabhängig davon, dass sich den Antragstellern schon aufgrund der ausgeprägten phänotypischen Merkmale hätte aufdrängen müssen, dass „Q.“ kein Boxer-Labrador-Mix ist, wird die objektiv vorzunehmende Feststellung der Rassezugehörigkeit nicht durch ihre etwaige Unkenntnis in Frage gestellt. Für die Einstufung als gefährlicher Hund im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW ist schließlich auch unerheblich, dass „Q.“ sich bislang als „zuverlässiger Familienhund“ verhalten habe, der nie auffällig geworden sei. Denn die Gefährlichkeit der in § 3 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW aufgeführten Hunderassen und deren Kreuzungen untereinander sowie deren Kreuzungen mit anderen Hunden ergibt sich unmittelbar kraft Gesetzes. Es kommt hierbei – anders als bei den im Einzelfall gefährlichen Hunden gemäß § 3 Abs. 3 LHundG NRW – nicht darauf an, ob ein einzelner Hund ein gefährliches oder aggressives Verhalten gezeigt hat.
7Vgl. Reich, Hundegesetz für das Land Nordrhein-Westfalen, 2005, § 3 Rn. 1 f.
8Im Übrigen hat in Zweifelsfällen der Halter nachzuweisen, dass eine Kreuzung nach § 3 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW nicht vorliegt (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 3 LHundG NRW). Das gilt auch bei „völlig unauffälligen“ Hunden. Dieser Nachweis ist vorliegend nicht erbracht.
9Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 LHundG NRW ist die Haltung eines gefährlichen Hundes erlaubnispflichtig. Die Antragsteller verfügen jedoch weder über eine Erlaubnis noch erfüllen sie sämtliche Voraussetzungen zur Erteilung einer derartigen Erlaubnis (§ 4 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 LHundG NRW): Abgesehen davon, dass bislang keine fälschungssichere Kennzeichnung von „Q.“ nachgewiesen ist (§ 4 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 7 LHundG NRW), fehlt es insbesondere an einem öffentlichen Interesse an der weiteren Haltung (§ 4 Abs. 2 LHundG NRW).
10Die hiergegen vorgebrachten Einwendungen greifen nicht durch. Die Antragsteller machen erfolglos geltend, es gehe um eine Vermittlung eines gefährlichen Hundes aus einem Tierheim. Zwar kann nach der Senatsrechtsprechung ein öffentliches Interesse im Sinne von § 4 Abs. 2 LHundG NRW auch aus Gründen des Tierschutzes bestehen, wenn ein Hund aus einem Tierheim an eine Privatperson vermittelt werden soll.
11Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16. Mai 2014 - 5 B 185/14 - und vom 19. Mai 2010 - 5 B 159/10 -. Siehe auch LT-Drs. 13/2387, S. 22, und Nr. 4.2 VV LHundG NRW).
12Ein derartiges öffentliches Interesse scheidet aber jedenfalls aus, wenn die Vorgaben des § 4 Abs. 2 LHundG NRW bewusst umgangen werden. Mit dieser Fallgestaltung ist es unter Rechtsmissbrauchsgesichtspunkten gleichzusetzen, wenn ein Betroffener einen gefährlichen Hund ohne die erforderliche Erlaubnis in Obhut nimmt und behält, obwohl er dessen Eigenschaft als gefährlich kennt oder kennen muss.
13Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. Januar 2011 - 5 E 888/10 -.
14Wie bereits ausgeführt, hätte sich den Antragstellern angesichts der deutlich hervortretenden Rassemerkmale eines Hundes vom Typ Staffordshire Terrier und des oben zitierten Hinweises des Verkäufers aufdrängen müssen, dass es sich bei „Q.“ um einen gefährlichen Hund handelt. Zumindest hätten sie sich in Bezug auf die Rassezugehörigkeit des Tieres genauer informieren müssen. § 4 Abs. 2 LHundG NRW dient nicht dazu, die Haltung eines privat erworbenen Hundes nachträglich zu legalisieren, nachdem der Hund wegen Fehlens der Erlaubnisvoraussetzungen weggenommen und in einem Tierheim untergebracht worden ist. Andernfalls könnte der Hundehalter, der mit der nicht erlaubten Haltung eines gefährlichen Hundes selber die Ursache dafür gesetzt hat, dass der Hund in ein Tierheim verbracht wird, nach seinem Belieben ein öffentliches Interesse erzeugen. Auf diese Weise würde § 4 Abs. 2 LHundG NRW letztlich bedeutungslos.
15Die von den Antragstellern vorgetragene Ungleichbehandlung gegenüber denjenigen Personen, die mit einem gefährlichen Hund aus einem anderen Bundesland, in welchem keine Erlaubnispflicht besteht, nach Nordrhein-Westfalen ziehen, verfängt nicht. Dies hat das Verwaltungsgericht überzeugend begründet (Seite 3, letzter Absatz des Beschlussabdrucks); die Antragsteller haben dem nichts Durchgreifendes entgegengesetzt.
16Ihr Hinweis, dass sie zu „Q.“ eine emotionale Bindung aufgebaut hätten, führt mangels Entscheidungserheblichkeit ebenfalls nicht zum Erfolg der Beschwerde betreffend die Untersagungsverfügung.
17b) Die im Wege des Sofortvollzugs erfolgte, u.a. auf § 12 Abs. 1 LHundG NRW gestützte Sicherstellung von „Q.“ ist bei summarischer Prüfung materiell ermessensfehlerhaft. Außer in den Fällen der Haltungsuntersagung, in denen ein Hund gemäß § 12 Abs. 2 Satz 4 LHundG NRW entzogen und seine Abgabe angeordnet werden kann, kommt die Sicherstellung eines Hundes als ordnungsrechtliche Standardmaßnahme nur unter den engeren Voraussetzungen nach § 15 Abs. 1 LHundG NRW i. V. m. § 24 Nr. 13 OBG NRW und § 43 PolG NRW in Betracht. Neben dieser spezielleren Ermächtigung tritt die allgemeine hunderechtliche Generalklausel zurück.
18Vgl. sinngemäß Gesetzesbegründung, LT-Drs. 13/2387, S. 32, wonach die §§ 15 ff. OBG zu beachten sind.
19Eine Sicherstellung kann danach unter anderem erfolgen, um eine gegenwärtige Gefahr abzuwenden. Der Begriff der gegenwärtigen Gefahr stellt strengere Anforderungen an die zeitliche Nähe und den Wahrscheinlichkeitsgrad des Schadenseintritts. Gegenwärtig ist eine Gefahr dann, wenn die Einwirkung des schädigenden Ereignisses bereits begonnen hat oder unmittelbar bzw. in allernächster Zeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bevorsteht.
20Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Februar 1974 - I C 31.72 -, BVerwGE 45, 51, 58.
21Eine gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit liegt beispielsweise dann vor, wenn jemand einen gefährlichen Hund ohne die erforderliche Erlaubnis hält und auch die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen nicht vorliegen. Aber auch in einer Hundehaltung ohne die erforderliche Erlaubnis liegt für sich gesehen ein schon eingetretener formaler Rechtsverstoß, der eine Sicherstellung rechtfertigen kann. Allerdings verlangt die Formulierung „kann" in § 43 PolG NRW zusätzlich eine Ermessensausübung über ein Einschreiten im Einzelfall, die nach § 40 VwVfG NRW den strengeren Anforderungen des gesetzlichen Tatbestands Rechnung tragen muss. Einer nachvollziehbaren Ermessensausübung bedarf es gerade in Fällen lediglich formaler Rechtsverstöße bei der Hundehaltung, weil aus ihnen nicht notwendig auf eine hohe Wahrscheinlichkeit der Gefährdung für die körperliche Unversehrtheit von Menschen und anderen Tieren geschlossen werden kann. Jedenfalls lassen sich der gesetzlichen Ermächtigung keine Anzeichen dafür entnehmen, bei Fehlen der erforderlichen Erlaubnis sei das Ermessen regelmäßig dahingehend reduziert, dass eine Sicherstellung des Hundes und Unterbringung in einem Tierheim erfolgen müsse.
22Vgl. zum Ganzen OVG NRW, Beschluss vom 30. Oktober 2012 - 5 B 669/12 -, juris, Rn. 15 ff. m. w. N.; siehe auch OVG NRW, Beschluss vom 25. Juli 2013 - 5 B 212/13 -.
23Genau dies hat vorliegend jedoch die Antragsgegnerin angenommen, indem sie den Hund deshalb sicherstellte, weil „weder ein Sachkundenachweis, Haftpflichtversicherung, Haltungserlaubnis, Kastration u.ä. vorhanden waren“ (vgl. Vermerk vom 15. Januar 2014), obwohl „Q.“ nicht konkret gefährlich in Erscheinung getreten ist (z. B. Beißvorfall, Beinahe-Beißvorfall oder auffallende Aggressivität des Hundes).
24Im Übrigen ist nicht erkennbar, dass die Antragsgegnerin etwaige weniger belastende Alternativen in Erwägung gezogen hat. Derartiges ist nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gemäß § 15 Abs. 1 LHundG i. V. m. § 15 OBG NRW nötig. Bei Verstößen gegen ein Genehmigungserfordernis bietet sich insbesondere an zu klären, ob eine Erlaubnis kurzfristig erteilt werden kann. Dies liegt gerade dann nahe, wenn der Betroffene signalisiert, er wolle und könne die Erlaubnisvoraussetzungen kurzfristig nachweisen. In derartigen Fällen drängt es sich auf, dem betroffenen Hundehalter hierzu Gelegenheit zu geben, etwa indem gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW eine angemessene Frist eingeräumt wird, innerhalb derer er die erforderliche Erlaubnis beantragen kann. Sofern nicht bereits andere behördliche Erkenntnisse über eine konkret gefährliche Hundehaltung vorliegen, lässt im Allgemeinen erst das anschließende Verhalten des Hundehalters eine hinreichend verlässliche Beurteilung zu, ob mildere Alternativen zu einer vorläufigen Sicherstellung nach § 15 Abs. 1 LHundG NRW i. V. m. § 24 Nr. 13 OBG NRW und § 43 PolG NRW vorhanden sind oder ob nach dem ordnungsbehördlichen Opportunitätsprinzip für die Dauer des Genehmigungsverfahrens von einer Tierheimunterbringung abgesehen werden kann. Auch Gründe des Tierschutzes können dafür sprechen, stattdessen andere Unterbringungsmöglichkeiten bei einer Privatperson in Erwägung zu ziehen.
25Vgl. Art. 20 a GG und Art. 29 a LV NRW sowie Gesetzesbegründung zu § 4 Abs. 2 LHundG NRW, LT-Drs. 13/2387, S. 22; siehe auch OVG NRW, Beschluss vom 30. Oktober 2012 - 5 B 669/12 -, juris, Rn. 18 ff.
26Ob mittlerweile die Entziehung des Hundes „Q.“ auf der Grundlage von § 12 Abs. 2 Satz 4 LHundG NRW angeordnet werden könnte, bedarf keiner Entscheidung.
27Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1 Satz 2, 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO.
28Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG.
29Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.
Die erforderlichen Kosten einer Bestattung werden übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen.
(1) Durch Gesetz können die Bundesregierung, ein Bundesminister oder die Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Dabei müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetze bestimmt werden. Die Rechtsgrundlage ist in der Verordnung anzugeben. Ist durch Gesetz vorgesehen, daß eine Ermächtigung weiter übertragen werden kann, so bedarf es zur Übertragung der Ermächtigung einer Rechtsverordnung.
(2) Der Zustimmung des Bundesrates bedürfen, vorbehaltlich anderweitiger bundesgesetzlicher Regelung, Rechtsverordnungen der Bundesregierung oder eines Bundesministers über Grundsätze und Gebühren für die Benutzung der Einrichtungen des Postwesens und der Telekommunikation, über die Grundsätze der Erhebung des Entgelts für die Benutzung der Einrichtungen der Eisenbahnen des Bundes, über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen, sowie Rechtsverordnungen auf Grund von Bundesgesetzen, die der Zustimmung des Bundesrates bedürfen oder die von den Ländern im Auftrage des Bundes oder als eigene Angelegenheit ausgeführt werden.
(3) Der Bundesrat kann der Bundesregierung Vorlagen für den Erlaß von Rechtsverordnungen zuleiten, die seiner Zustimmung bedürfen.
(4) Soweit durch Bundesgesetz oder auf Grund von Bundesgesetzen Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen, sind die Länder zu einer Regelung auch durch Gesetz befugt.
Die erforderlichen Kosten einer Bestattung werden übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen.
Der Erbe trägt die Kosten der Beerdigung des Erblassers.
(1) Der Unterhaltsanspruch erlischt mit dem Tode des Berechtigten oder des Verpflichteten, soweit er nicht auf Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung für die Vergangenheit oder auf solche im Voraus zu bewirkende Leistungen gerichtet ist, die zur Zeit des Todes des Berechtigten oder des Verpflichteten fällig sind.
(2) Im Falle des Todes des Berechtigten hat der Verpflichtete die Kosten der Beerdigung zu tragen, soweit ihre Bezahlung nicht von dem Erben zu erlangen ist.
Die erforderlichen Kosten einer Bestattung werden übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet
1
Tatbestand:
2Am °. B. 2012 verstarb der Vater der Klägerin im Krankenhaus in L. . Er war seit 1988 geschieden und hinterließ neben der Klägerin eine weitere, zum Zeitpunkt des Todes volljährige Schwester der Klägerin sowie einen ebenfalls volljährigen Halbbruder der Klägerin.
3Die Beklagte unterrichtete mit Schreiben vom 10. April 2012 die Klägerin sowie ihre Schwester über den Tod des Vaters. Zu diesem Zeitpunkt war der Beklagten die Anschrift des Halbbruders der Klägerin noch nicht bekannt. In diesem Anschreiben informierte die Beklagte die Klägerin über die Bestattungspflicht nach dem Bestattungsgesetz. Sie bat bis zum 12. April 2012 um Mitteilung, ob die Bestattung des verstorbenen Vaters veranlasst werde. Des weiteren informierte die Beklagte die Klägerin in diesem Schreiben darüber, dass anderenfalls die Bestattung im Rahmen der Ersatzvornahme durchzuführen sei und hierdurch neben den Bestattungskosten auch eine Verwaltungsgebühr entstehe. Ferner informierte sie über die Möglichkeit einer Ratenzahlung sowie über die Prüfung nach den Bestimmungen des 12. Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) und bat für diesen Fall um die Übersendung von im einzelnen aufgeführten Nachweisen und Unterlagen.
4Am 11. April 2012 meldete sich die Klägerin telefonisch bei der Beklagten und lehnte eine Übernahme der Bestattung ab. Daraufhin beauftragte die Beklagte am 12. April 2012 einen Bestatter mit der Durchführung einer anonymen Urnenbestattung.
5Mit Schreiben vom 12. April 2012, welches am 17. April bei der Beklagten einging, meldete sich die Betreuerin des Halbbruders der Klägerin und teilte mit, dass dieser derzeit nach einer Straftat in einer forensischen Einrichtung untergebracht und psychisch erkrankt sei. Er verfüge nur über ein monatliches Taschengeld in Höhe von 47,32 €.
6Mit Schreiben vom 25. Juli 2012 hörte die Beklagte die Klägerin zum Erlass eines Leistungsbescheides hinsichtlich der Bestattungskosten an. In dem Anhörungsschreiben wurden die Bestattungskosten aufgeschlüsselt, die Gesamtsumme beläuft sich auf 2631,20 €. Dem Anhörungsschreiben waren die Belege über die Kosten und Auslagen beigefügt. Des Weiteren wies die Beklagte auf die Gesamtschuldnerstellung der drei ermittelten Bestattungspflichtigen hin. Ebenso wies die Beklagte noch einmal auf die Möglichkeit der Überprüfung der finanziellen Verhältnisse, die Belastbarkeitsgrenze nach dem SGB XII und die Möglichkeit einer Ratenzahlung hin.
7In einem Telefonat vom 3. August 2012 wurde der Ehemann der Klägerin darauf hingewiesen, dass durch eine Erbausschlagung der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch nicht tangiert werde.
8Am 13. August 2012 ging bei der Beklagten eine notariell beglaubigte Erklärung ein, dass die Klägerin und auch ihr Sohn die Erbschaft ausschlagen. In einem weiteren Telefonat am 15. August 2012 wurde der Ehemann der Klägerin daraufhin von der Beklagten noch einmal auf die Rechtslage hingewiesen.
9In einem Vermerk vom 7. September 2012 fasste die Sachbearbeiterin der Beklagten die bisherigen Ermittlungsergebnisse zu den drei Hinterbliebenen zusammen.
10Mit dem streitgegenständlichen Leistungsbescheid vom 18. September 2012 nahm die Beklagte die Klägerin sowie mit gleichlautendem Bescheid vom selben Datum ihre Schwester, die Klägerin im Verfahren - 14 K 4511/12 -, jeweils in Höhe des hälftigen Betrages der Aufwendungen i.H.v. 1.318,22 € als Gesamtschuldnerinnen in Anspruch.
11Die Gesamtsumme in Höhe von 2.636,44 € setzt sich zusammen aus 2.329,- € ungedeckter Kosten zuzüglich 300,- € Verwaltungsgebühr und 7,44 € Postgebühren.
12Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass der Verstorbene drei volljährige Kinder hinterlassen habe, die als Geschwister zur Bestattung verpflichtet seien. Weder die Klägerin noch ihre Geschwister hätten jedoch die Bestattung veranlasst. Die entstandenen Kosten seien der Klägerin sowie ihrer Schwester aufzuerlegen, da gegen den Halbbruder aufgrund seiner finanziellen Gegebenheiten keine Kostenerstattung geltend gemacht werden könne. Gründe, dass der Klägerin die Zahlung aufgrund des Vorliegens einer unbilligen Härte nicht möglich sei, seien nicht dargelegt worden.
13Der mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung versehene Bescheid wurde der Klägerin am 20. September 2012 zugestellt.
14Die Klägerin hat am 12. Oktober 2012 Klage erhoben.
15Zur Begründung führt sie aus, sie sei zur Übernahme der Bestattungskosten nicht verpflichtet, die Beklagte verkenne, dass die Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuchs als Bundesrecht den Vorschriften des Bestattungsgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen vorgehe. Zwar sei die öffentliche Pflicht, für die Beerdigung eines Verstorbenen zu sorgen, nicht mit der zivilrechtlichen Pflicht identisch, die Beerdigungskosten zu tragen. Vorliegend gehe es aber nicht mehr um die Bestattungspflicht, da diese mittlerweile entfallen sei. Dem Landesgesetzgeber stehe keine Kompetenz zu, abweichend von §1968 BGB eine Heranziehung der Hinterbliebenen zu den Kosten der Beerdigung zu regeln.
16Zudem stelle sich die Heranziehung der Klägerin zu den Kosten der Ersatzvornahme und der Gebühren als ermessensfehlerhaft dar, weil nicht ersichtlich sei, dass die Beklagte ihr Auswahlermessen ordnungsgemäß ausgeübt habe. Denn die Beklagte habe die Klägerin zu einem hälftigen Anteil der Kosten herangezogen, obwohl ihr bekannt sei, dass der Verstorbene insgesamt drei Abkömmlinge hatte. Die Nichtinanspruchnahme des Halbbruders der Klägerin aufgrund der finanziellen Gegebenheiten widerspreche allgemeinen Grundsätzen des Ordnungsrechts, zu dem auch das Bestattungsrecht zu zählen sei. Der Bestattungspflicht des Halbbruders stehe grundsätzlich eine etwaige Leistungsunfähigkeit aufgrund seiner finanziellen Verhältnisse nicht entgegen. Die finanzielle Leistungsfähigkeit sei für die Frage des Bestehens der Bestattungspflicht nicht relevant. Da der Halbbruder gleichrangig bestattungspflichtig mit der Klägerin und ihrer Schwester gewesen sei, habe es nicht im Ermessen der Klägerin gestanden, diesen von der Inanspruchnahme auszuschließen. Dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sei vielmehr bei der Leistungsfähigkeit auf der sogenannten sekundären Ebene Rechnung zu tragen, die ein Absehen von der Inanspruchnahme des Kostenpflichtigen aus Billigkeitsgründen ermögliche. Tatbestandsvoraussetzung dieser Ermessensausübung sei nach § 24 Abs. 2 VOVwVG das Vorliegen einer unbilligen Härte.
17Weder die Klägerin noch ihre Schwester hätten einen wie auch immer gearteten persönlichen Bezug zum Verstorbenen gehabt. Die Mutter der Klägerin habe seit 1986 von dem Verstorbenen getrennt gelebt. Die Klägerin habe deswegen keine Erinnerung an den Verstorbenen. Der Versuch der Kindesmutter, Unterhaltsansprüche gegen den Verstorbenen zu erstreiten sei gescheitert, so dass diese für die Klägerin und ihre Schwester auf Leistungen der Unterhaltsvorschusskasse angewiesen gewesen sei. Im Jahr 1988 sei Klage auf Kindesunterhalt gegen den Verstorbenen für die Klägerin und ihre Schwester erhoben worden, der Verstorbene sei durch Versäumnisurteil des Amtsgerichts L. vom °. B. 1989 zur Unterhaltsleistung verurteilt worden. In der Folgezeit habe sämtlicher Kindesunterhalt vollstreckt werden müssen. Dies ergebe sich aus den beigefügten Vollstreckungsunterlagen. Der Verstorbene sei dann untergetaucht, so dass die Klägern und ihre Schwester keine Möglichkeit gehabt hätten, irgendwelche Unterhaltsansprüche gegen ihn geltend zu machen. Für den Halbbruder der Klägerin und ihrer Schwester soll dagegen Unterhalt geleistet worden sein. Der Ausschluss des Halbbruders aus dem Kreis der Kostenpflichtigen sei daher ermessensfehlerhaft erfolgt. Ermessensgerecht sei es allerdings, die Klägerin und ihre Schwester aus dem Kreis der Kostenpflichtigen auszunehmen. Die Inanspruchnahme der Klägerin als Kostenpflichtige verstoße daher gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung.
18Die Klägerin legt des Weiteren den Bescheid des Kreises V. vom 19. April 2012 über den Bezug von Elterngeld im Zeitraum bis zum 18. Januar 2014 vor.
19Die Klägerin beantragt,
20den Bescheid der Beklagten vom 18. September 2012 aufzuheben.
21Die Beklagte beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Zur Begründung bezieht sie sich auf die Begründung des streitgegenständlichen Bescheides und vertieft diese. Die von der Klägerin vorgetragenen Einwände des fehlenden Kontaktes zum Verstorbenen und dessen Verletzung der Unterhaltspflicht seien nicht hinreichend dargelegt und im übrigen nicht geeignet, sie von der Bestattungspflicht bzw. der Kostentragungspflicht zu entbinden. Die Klägerin habe bislang ihre Einkommensverhältnisse nicht dargelegt, so dass nicht ersichtlich sei, dass ihre Inanspruchnahme aufgrund fehlender Leistungsfähigkeit unmöglich sei.
24Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakten einschließlich der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (Beiakte Heft 1)
25Entscheidungsgründe:
26Die zulässige Klage ist unbegründet, denn der angefochtene Leistungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - ), da sich die Entscheidung der Beklagten, die Klägerin als Kostenpflichtige in Anspruch zu nehmen, als ermessensfehlerfrei darstellt.
27Der streitgegenständliche Kostenbescheid findet seine Rechtsgrundlage in § 77 Abs. 1 Satz 1 VwVG in Verbindung mit § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 7 VOVwVG hinsichtlich der Bestattungskosten bzw. § 15 Abs. 1 Nr. 11 VOVwVG für die Verwaltungsgebühr.
28Nach diesen Bestimmungen werden für Amtshandlungen nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz nach näherer Bestimmung einer Kostenordnung von dem Vollstreckungsschuldner oder dem Pflichtigen Kosten (Gebühren und Auslagen) erhoben. Zu den Auslagen gehören insbesondere Beträge, die bei der Ersatzvornahme an Beauftragte und an Hilfspersonen zu zahlen sind, sowie Kosten, die der Vollzugsbehörde (§ 56 VwVG NRW) durch die Ersatzvornahme entstanden sind.
29Der Kostenbescheid ist formell rechtmäßig. Die Beklagte hat hier als für den Erlass des Bescheides zuständige Kostengläubigerin gehandelt. Insbesondere wurde die Klägerin vor Erlass des Kostenbescheides mit Blick auf die Frage einer persönlichen Härte aus wirtschaftlichen Gründen gerade auch zu ihren Einkommensverhältnissen angehört, so dass die Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG - vorliegend eingehalten wurden.
30Die dem streitgegenständlichen Leistungsbescheid zugrundeliegende Ersatzvornahme erfolgte ebenfalls rechtmäßig.
31Wird die Bestattung durch die Ordnungsbehörde veranlasst, weil die Bestattungspflichtigen ihren Pflichten aus § 8 Abs. 1 Satz 1 Bestattungsgesetz NRW - BestG - nicht nachkommen, handelt es sich um eine Ersatzvornahme im Sinne der §§ 57, 59 Abs. 1 VwVG.
32Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urt. v. 30. Juli 2009- 19 A 448/07 -, www.nrwe.de.
33Die Beklagte konnte die Bestattung nach § 55 Abs. 2 VwVG im Wege des sogenannten „Sofortvollzugs“ auch ohne den Erlass einer vorhergehenden, an die Bestattungspflichtigen gerichteten, Ordnungsverfügung veranlassen, da dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr notwendig war und sie als Verwaltungsbehörde hierbei innerhalb ihrer Befugnisse handelte.
34Die Beklagte wäre als örtliche Ordnungsbehörde aufgrund § 8 Abs. 1 Satz 2 BestG und § 14 Abs. 1 Ordnungsbehördengesetz NRW - OBG - befugt gewesen, den Bestattungspflichtigen die Bestattung des Verstorbenen innerhalb der Bestattungsfrist von acht Tagen (§ 13 Abs. 3 BestG) durch Ordnungsverfügung aufzugeben.
35Die Voraussetzungen für ein ordnungsbehördliches Einschreiten der Beklagten waren erfüllt. Im Zeitpunkt des Einschreitens bestand aufgrund eines Verstoßes gegen §§ 8 Abs. 1 Satz 1 und 13 Abs. 3 BestG eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit, weil sämtliche der Beklagten bekannten Personen, die eine familienrechtliche oder soziale Nähe zum Verstorbenen aufwiesen, eine Durchführung der Bestattung abgelehnt haben. Es stand daher bei ungehindertem Geschehensablauf unmittelbar zu befürchten, dass die Bestattung nicht innerhalb der gesetzlichen Frist erfolgen würde.
36Zum Zeitpunkt des Einschreitens der Beklagten war diese Gefahr auch gegenwärtig, da die Bestattungsfrist des § 13 Abs. 3 BestG am 15. April 2012, ablief. Die Auftragserteilung an das Bestattungsunternehmen drei Tage vor Ablauf der Bestattungsfrist ist nicht zu beanstanden, insbesondere da vorliegend nach den sorgfältigen Ermittlungen der Beklagten keinerlei Anhaltspunkte für weitere, möglicherweise bestattungspflichtige Personen bestanden, die Anlass gegeben hätten mit einer Bestattung vor Ablauf der Bestattungsfrist rechnen zu können. Auch der Umstand, dass der Halbbruder der Klägerin sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht zu der Übernahme der Bestattung geäußert hat, führt zu keiner anderen Betrachtung. Denn zum Zeitpunkt der Beauftragung des Bestatters war die Anschrift des Halbbruders der Beklagten noch nicht bekannt, so dass nach der allgemeinen Lebenserfahrung nicht damit zu rechnen war, dass innerhalb der Bestattungsfrist noch eine Bestattung durch Bestattungspflichtige oder andere Personen veranlasst würde.
37Die Inanspruchnahme der Klägerin für die Kosten dieser Ersatzvornahme und die Gebühren stellen sich entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht als ermessensfehlerhaft dar, weil die Beklagte das ihr bei der Existenz mehrerer prinzipiell gleichrangig Bestattungspflichtiger zustehende Auswahlermessen fehlerhaft ausgeübt hätte. Die Beklagte hat, wie sich aus der Begründung des Bescheides und auch schon aus dem Anhörungsschreiben sowie dem beigezogenen Verwaltungsvorgang ergibt, ihr Ermessen erkannt und fehlerfrei ausgeübt.
38Das Gericht prüft nach § 114 VwGO ausschließlich, ob die Behörde in der Erkenntnis des ihr eingeräumten Ermessens alle den Rechtsstreit kennzeichnenden Belange in ihre Erwägung eingestellt hat, dabei von richtigen und vollständigen Tatsachen ausgegangen ist, die Gewichtung dieser Belange der Sache angemessen erfolgt ist und das Abwägungsergebnis zu vertreten ist, insbesondere nicht gegen höherrangiges Recht verstößt.
39Die Klägerin gehört, wie auch ihre Schwester und ihr Halbbruder zum Kreis der Kostenpflichtigen im Sinne der §§ 77 Abs. 1 VwVG; 20 Abs. 2 Satz 1 VOVwVG.
40Diese Bestimmungen treffen keine eigene Regelung wer „Pflichtiger“ ist, sondern beziehen sich auf die ordnungsrechtliche Pflichtigkeit, welche Grundlage der die Kosten auslösenden Ersatzvornahme ist. § 20 VOVwVG ist, ebenso wie die bis Dezember 2009 einschlägige Regelung in § 11 der Kostenordnung NRW - KostO -, im Zusammenhang mit den Vorschriften des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes zu sehen. Bereits aus dem Wortlaut des § 59 VwVG NRW „Wird die Verpflichtung eine Handlung durchzuführen [...] nicht erfüllt, so kann die Vollzugsbehörde auf Kosten des Betroffenen die Handlung selbst ausführen oder einen anderen mit der Durchführung beauftragen“, ergibt sich nämlich, dass die Ersatzvornahme auf Kosten dessen durchgeführt werden soll, der eigentlich ordnungsrechtlich zur Vornahme der durchgesetzten vertretbaren Handlung verpflichtet gewesen wäre.
41Der Kreis der Kostenpflichtigen ist daher nach dem Kreis der ordnungsrechtlich Verantwortlichen zu bestimmen.
42Vgl. Denninger in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Auflage Rdnr. 132.
43Daraus folgt auch, dass zivilrechtliche Beziehungen auf die Frage der Kostenpflicht keinen Einfluss haben, so dass es nicht darauf ankommt, ob der Kostenpflichtige (auch) als Erbe oder aufgrund bestehender Unterhaltspflichten nach dem bürgerlichen Recht dazu verpflichtet wäre, die Kosten der Bestattung zu tragen.
44Diese Rechtsauffassung bedeutet entgegen der Auffassung der Klägerin auch keine "Abänderung" der durch Bundesrecht geregelten zivilrechtlichen Pflicht über die Tragung der Beerdigungskosten (vgl. § 1968, § 1360 a Abs. 3, § 1615 Abs. 2, § 1615m BGB). Die öffentlich-rechtliche Pflicht, für die Beerdigung eines Verstorbenen zu sorgen, ist nicht mit der zivilrechtlichen Pflicht identisch, die Beerdigungskosten zu tragen. Die zivilrechtlichen Vorschriften über die Kostentragungspflicht enthalten keine rechtliche Vorgabe für den Kreis der öffentlich-rechtlichen Bestattungspflichtigen. Sie begründen einen Anspruch auf Ersatz der für die Beerdigung aufgewendeten Kosten oder auf Befreiung von zum Zwecke der Beerdigung begründeten Verbindlichkeiten. Ebenso wie die zivilrechtliche Kostentragungspflicht die von dem Bestattungspflichtigen gegenüber einem Beerdigungsunternehmer eingegangene Verpflichtung nicht berührt, schließt sie auch öffentlich-rechtliche Ansprüche, die sich aus einem ordnungsbehördlichen Einschreiten gegenüber dem Bestattungspflichtigen ergeben, nicht aus, und zwar unbeschadet eines etwaigen Ersatzanspruchs des Bestattungspflichtigen gegenüber dem zivilrechtlich zur Kostentragung Verpflichteten. Derartige öffentlich-rechtliche Ansprüche beruhen auf einem vom Zivilrecht unabhängigen, der Kompetenz des Landesgesetzgebers unterliegenden Rechtsgrund.
45Vgl. auch Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschl. v. 19. August 1994 - 1 B 149.94 -, NVwZ-RR 1995, 283; OVG NRW Beschluss vom 15. Oktober 2001 - 19 A 571/00 -, NVwZ 2002, 996 und ständige Kammerrechtsprechung, vgl. VG Gelsenkirchen, Urt. v. 18. Oktober 2011 - 14 K 2230/10 -, und vom 10. Juli 2012 - 14 K 2307/11 - , sämtlich www.nrwe.de.
46Die Klägerin war als volljähriges Kind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 BestG zur Bestattung ihres verstorbenen Vaters verpflichtet.
47Ihrer Bestattungspflicht stand dabei zunächst nicht die Existenz von im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 BestG vorrangig zur Bestattung verpflichteten Hinterbliebenen entgegen. Nach dieser Bestimmung sind in der nachstehenden Rangfolge zunächst Ehegatten, Lebenspartner, volljährige Kinder, Eltern, volljährige Geschwister und nachfolgend weitere Verwandte zur Bestattung verpflichtet.
48Zur Rangfolge des § 8 Abs. 1 Satz 1 BestG vgl. OVG NRW, Beschl. v. 31. März 2006 - 19 E 969/04 -, www.nrwe.de.
49Da der Verstorbene rechtskräftig geschieden war, scheidet eine Ehefrau als vorrangig Verpflichtete aus, denn geschiedene Ehegatten werden von § 8 Abs. 1 Satz 1 BestG nicht erfasst. Die Bestattungspflicht endet mit Rechtskraft des Scheidungsurteils. Dies ergibt sich aus Sinn und Zweck des § 8 Satz 1 BestG, der Ausfluss des Rechts der Angehörigen auf Totenfürsorge aus Art. 2 Grundgesetz - GG - und damit der familienrechtlichen Verhältnisse, die über den Tod hinaus wirken, ist.
50Vgl. OVG NRW, Beschl. v. 31. März 2006 - 19 E 969/04 -, www.nrwe.de; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 19. Oktober 2004, - 1 S 681/04 -, Juris.
51Demnach ist der Kreis der Bestattungspflichtigen auf Angehörige, die dem Verstorbenen im Zeitpunkt des Todes möglichst nahe standen, beschränkt.
52Die nach den Feststellungen der Beklagten noch lebende Mutter des Verstorbenen steht in der Rangfolge des § 8 Satz 1 BestG als Elternteil nach den volljährigen Kindern, so dass sie als Bestattungspflichtige durch die Klägerin und ihre (Halb-) Geschwister von der Bestattungspflicht ausgeschlossen wird.
53Vgl. OVG NRW, Beschl. v. 31. März 2006 - 19 E 969/04 -, www.nrwe.de.
54Der Bestattungspflicht der Klägerin steht grundsätzlich auch eine Leistungsunfähigkeit aufgrund ihrer finanziellen Verhältnisse nicht entgegen. Unabhängig davon, dass die Klägerin - abgesehen von der Mitteilung über den Bezug des Elterngeldes - über ihre finanziellen Verhältnisse keine Auskunft gegeben hat, ist die finanzielle Leistungsfähigkeit für die Frage des Bestehens der Bestattungspflicht nicht relevant. Wie bereits ausgeführt, knüpft die Bestattungspflicht allein an die über den Tod hinaus wirkenden familienrechtlichen Verhältnisse an. Diese bestehen unabhängig von den finanziellen Möglichkeiten der Bestattungspflichtigen. Das Bestattungsgesetz begründet eine ordnungsrechtliche Verantwortlichkeit und dient der Gefahrenabwehr. Die Bestattungspflicht erfüllt in Verbindung mit der Frist des § 13 Abs. 3 BestG den ordnungsrechtlichen Zweck, im öffentlichen Interesse die ordnungsgemäße und zeitige Durchführung der Bestattung Verstorbener zu gewährleisten und so sicherzustellen, dass von einem Leichnam keine Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgehen.
55Vgl. OVG NRW, Beschl. v. 15. Oktober 2001- 19 A 571/00 -, NVwZ 2002, 996.
56Es ist im Ordnungsrecht ein allgemein anerkannter Grundsatz, dass die Verantwortlichkeit eines Störers allein auf der ihm zuzurechnenden Gefahrverursachung beruht, nicht jedoch auf seinen individuellen persönlichen Verhältnissen. Insoweit kommt es weder auf Vorsatz an, noch darauf, ob der Verantwortliche wirtschaftlich dazu in der Lage ist, die von ihm zu verantwortende Gefahr zu beseitigen, denn auf die finanzielle Leistungsfähigkeit kommt es in diesem Zusammenhang ebenfalls nicht an.
57Vgl. Denninger in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Auflage Rdnr. 73 f.; Pieroth/Schlink/Kniesel, Polizei- und Ordnungsrecht,3. Auflage 2005, Rdnr. 86 ff.
58Aus den vorgenannten Gründen sind auch die Schwester und der Halbbruder der Klägerin nach § 8 Abs. 1 BestG gleichrangig bestattungspflichtig.
59Dies hat die Beklagte bei Ihrer Entscheidung zutreffend erkannt.
60Aufgrund dieser Bestattungspflicht sind sowohl die Klägerin als auch ihre (Halb-) Geschwister grundsätzlich als gleichrangig Kostenpflichtige im Sinne der §§ 77 Abs. 1 VwVG; 20 Abs. 2 Satz 1 VOVwVG in Anspruch zu nehmen.
61Der Wortlaut des § 77 Abs. 1 VwVG, „für Amtshandlungen nach diesem Gesetz werden [...] von dem Pflichtigen Kosten (Gebühren und Auslagen) erhoben“, ebenso wie der Wortlaut der hier ebenfalls einschlägigen Bestimmungen der §§ 15 Abs. 1 Nr. 11 („werden erhoben“) und 20 Abs. 2 Satz 2 („sind zu erstatten“) VOVwVG, geht von dem Grundsatz aus, dass (jeder) Pflichtige zur Kostenerstattung und zu Verwaltungsgebühren heranzuziehen ist, der Behörde also insoweit kein Ermessen eingeräumt ist. Dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wird auf der sogenannten „sekundären Ebene“ der Auswahl des heranzuziehenden Kostenpflichtigen durch § 24 Abs. 2 VOVwVG Rechnung getragen, der ein Absehen von der Inanspruchnahme des Kostenpflichtigen aus Billigkeitsgründen ermöglicht.
62Vgl. Spranger, Bestattungsgesetz Nordrhein-Westfalen, 2. Auflage, Seite 143f.
63Dies gilt uneingeschränkt jedoch nur für die Fälle des sogenannten „gestreckten Verfahrens“, in denen die Behörde bereits auf der Primärebene bei der Auswahl des „Pflichtigen“ aus einem Kreis mehrerer in Betracht kommender Störer ihr pflichtgemäßes Ermessen ausgeübt und so den potenziellen Kreis der Kostenschuldner bestimmt hat. Im Fall des hier zu betrachtenden „Sofortvollzugs“ nach § 55 Abs. 2 OBG, bei dem die Behörde unmittelbar selbst und zunächst adressatenneutral tätig geworden ist, verlagert sich die Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens jedoch von der primären Ebene der „Störerauswahl“ auf die sekundäre Ebene der Auswahl des heranzuziehenden Kostenpflichtigen. Das in diesen Fällen auf die Sekundärebene verlagerte Auswahlermessen bedeutet jedoch nicht freies Belieben der Behörde; schon die verfassungsmäßige Bindung an das Übermaßverbot und an den Grundsatz der Gleichbehandlung verbieten jede Willkür.
64Vgl. Denninger in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Auflage Rdnr. 129ff.
65Das bedeutet, dass die Behörde in den Fällen des Sofortvollzugs vor Erlass eines Kostenbescheides zu prüfen hat, ob ein Bestattungspflichtiger aus Billigkeitsgründen als Kostenpflichtiger ausscheidet und in den Fällen, in denen mehrere Kostenpflichtige verbleiben, im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens zu entscheiden hat, ob sie alle oder nur einzelne und wenn letzteres der Fall ist, welche Kostenschulder sie in Anspruch nimmt.
66Vgl. OVG NRW, Beschl. v. 31. Juli 2007 - 19 E 371/05, -, www.nrwe.de.
67Sowohl die Entscheidung über den Erlass der Forderung aus Billigkeitsgründen, als auch die Auswahlentscheidung unter mehreren Kostenpflichtigen, sind als Ermessensentscheidungen durch das Gericht nur im Rahmen des § 114 VwGO zu überprüfen.
68Die Beklagte hat das ihr eingeräumte Ermessen vorliegend im Ergebnis fehlerfrei ausgeübt.
69Die Beklagte hat zutreffend zunächst geprüft, ob die Inanspruchnahme der drei bestattungspflichtigen Kinder des Verstorbenen für diese jeweils eine Unbilligkeit darstellt.
70Das Vorliegen einer unbilligen Härte ist Tatbestandsvoraussetzung der nachfolgenden Ermessensentscheidung im Rahmen der Billigkeitsentscheidung nach § 24 Abs. 2 VOVwVG. Es handelt sich insoweit um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der Inhalt und Grenzen der pflichtgemäßen Ermessensausübung bestimmt,
71vgl. BVerwG, Urt. v. 23. August 1990 - 8 C 42/88 -, Juris,
72und als solcher der vollständigen gerichtlichen Überprüfung unterliegt.
73§ 24 Abs. 2 VOVwVG enthält keine Definition des Begriffs der unbilligen Härte.
74In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die Inanspruchnahme eines Bestattungspflichtigen jedenfalls dann eine unbillige Härte darstellt, wenn sich diese aufgrund der familiären Verhältnisse vor dem Todesfall in Anknüpfung an unterhaltsrechtliche Regelungen als grob unbillig darstellt.
75Vgl. OVG NRW, Urt. v. 30. Juli 2009 - 19 A 448/07 -; VG Gelsenkirchen, Urt. v. 18. Oktober 2011- 14 K 2230/10 - m.w.N., beide www.nrwe.de.
76Derartige Ausschlussgründe hat die Beklagte nicht angenommen und sie wurden weder von der Klägerin noch von ihrer Schwester oder ihrem Halbbruder im Verwaltungsverfahren substantiiert vorgetragen.
77Soweit sich die Klägerin im vorliegenden Klageverfahren auf die fehlende familiäre Bindung beruft, stellt dies keine Unbilligkeit im oben dargestellten Sinn dar.
78Eine unbillige Härte kann nämlich nicht bereits daraus hergeleitet werden, dass im Zeitpunkt des Todes eines Familienangehörigen eine familiäre Verbundenheit nicht mehr besteht, etwa weil sich die Familienangehörigen auseinandergelebt haben. Die Bestattungspflicht in § 8 Abs. 1 BestG NRW und ihr folgend die öffentlich-rechtliche Pflicht zur Kostentragung stellen lediglich auf den Status als Angehöriger ab und bestehen unabhängig von der individuellen persönlichen Beziehung des Pflichtigen zum Verstorbenen. Der Kontaktverlust gerade auch zwischen (geschiedenen) Eltern und den beim anderen Elternteil aufwachsenden Kindern ist eine Frage der jeweiligen menschlichen Beziehungen und stellt angesichts seiner relativen Häufigkeit allein keinen Grund für die Annahme einer unbilligen Härte im Einzelfall dar.
79Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. Oktober 2001-19 A 571/00 – a.a.O.
80Eine solche kann aber gegeben sein, wenn sich der Verstorbene in Anknüpfung an die Bestimmungen des § 1611 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1579 BGB eines Verbrechens oder eines schweren Vergehens gegen den Kostenpflichtigen schuldig gemacht (§ 1579 Nr. 3) oder seine Pflicht, zum Familienunterhalt bzw. zum Unterhalt des Pflichtigen beizutragen, über längere Zeit gröblich verletzt hat (§ 1579 Nr. 6) oder ein anderer Grund vorliegt, der ebenso schwer wiegt wie die in § 1579 Nr. 1 bis Nr. 7 BGB aufgeführten Gründe (Nr. 8). Die in § 1579 BGB normierten Beispielsfälle für die grobe Unbilligkeit im Verhältnis zwischen geschiedenen Ehegatten können zugleich als Beispielsfälle für die grobe Unbilligkeit im Verhältnis zwischen Verwandten gerader Linie nach § 1611 Abs. 1 Satz BGB herangezogen werden.
81Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. Oktober 2001 -19 A 571/00 – und Urteil vom 30. Juli 2009 – 19 A 448/07 –, jeweils a.a.O.
82Nach den allgemeinen Grundsätzen der Beweislastverteilung ist die Klägerin für den Nachweis des Vorliegens der sie begünstigenden Tatsachen darlegungs- und beweispflichtig ist. Um eine solche, die Klägerin im Rechtssinne begünstigende Tatsache handelt es sich bei dem Merkmal der „unbilligen Härte“ im Sinne des § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW.
83Vgl. OVG NRW, Urteil vom 30. Juli 2009 - 19 A 448/07 -, Juris, m.w.N.
84Nach der Rechtsprechung des OVG NRW hat der Bestattungskostenpflichtige, auch wenn die Behörde das Vorliegen einer unbilligen Härte von Amts wegen zu prüfen hat, die ihm obliegenden Mitwirkungspflichten zur Sachaufklärung gründlich zu erfüllen, weil die entscheidungserheblichen Tatsachen zu den früheren familiären Verhältnissen regelmäßig im Wissens- und Einflussbereich des Kostenpflichtigen liegen und er darüber bei lange zurückliegenden Sachverhalten - von Altakten bei der Behörde abgesehen - jedenfalls eher als die Ordnungsbehörde Kenntnisse hat oder im familiären Bereich ermitteln kann. Er muss damit rechnen, dass unzurei-chende Sachaufklärung im gerichtlichen Verfahren zu seinen Lasten geht.
85Vgl. OVG NRW, Urteil vom 30. Juli 2009 - 19 A 448/07 -, Juris, m.w.N.
86Anhaltspunkte für eine gröbliche Verletzung der Unterhaltspflicht hat die Klägerin nicht vorgetragen. Aus den von ihr erst im Verlauf des Klageverfahrens vorgelegten Unterlagen ergibt sich vielmehr, dass die Stadt C. in Jahr 1991 einen Antrag beim zuständigen Amtsgericht gestellt hat, die bei dem Arbeitgeber des Verstorbenen angebrachten Lohnpfändungen als gleichrangig zu behandeln, da es sich bei den der Pfändung zu Grunde liegenden Forderungen um Unterhaltsansprüche sowohl der Schwester der Klägerin, als auch für ein nichteheliches Kind des Verstorbenen handelt. Ob es sich bei dem nichtehelichen Kind um den Halbbruder der Klägerin handelt, lässt sich dem Antrag nicht entnehmen, dies dürfte aufgrund der Ermittlungen der Beklagten zu den möglicherweise bestattungspflichtigen Personen aber naheliegen. Dies spricht gegen die - ebenfalls nicht weiter substantiierte - Behauptung der Klägerin, im Gegensatz zu ihr und ihrer Schwester, habe ihr Halbbruder Unterhaltsleistungen von dem Verstorbenen erhalten. Es deutet vielmehr alles darauf hin, dass der Verstorbene nicht in der Lage war, die fälligen Unterhaltsleistungen zu erbringen.
87Auch Anhaltspunkte dafür, dass der Verstorbene, wie die Klägerin vorträgt „untergetaucht“ war, um sich den Unterhaltsansprüchen zu entziehen, ergeben sich weder aus den vorgelegten Unterlagen, noch sonst.
88Nach alledem hat die Klägerin weder eine gröbliche Verletzung der Unterhaltspflicht noch sonstige Verfehlungen des Verstorbenen vorgetragen, die ihre Inanspruchnahme für die Bestattungskosten als unbillige Härte darstellen könnten.
89Die Klägerin hat mit ihrem bloßen Hinweis auf den Bezug des Elterngeldes auch das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Unbilligkeit ihrer Inanspruchnahme wegen einer drohenden wirtschaftlichen Existenzgefährdung nicht hinreichend dargelegt und erst recht nicht nachgewiesen.
90Grundsätzlich kommt eine Unbilligkeit der Inanspruchnahme der Klägerin als Kostenpflichtige auch dann in Betracht, wenn ihr durch ihre Inanspruchnahme eine wirtschaftliche Existenzgefährdung droht. In einem solchen Fall würde sich die Inanspruchnahme als Kostenpflichtige auch mit Blick auf das aus §§ 77 Abs. 1 VwVG; 20 Abs. 2 Satz 1 VOVwVG folgende öffentliche Interesse daran, dass der Bestattungspflichtige und nicht der öffentliche Haushalt die Kosten der Bestattung trägt, als unverhältnismäßig darstellen.
91Zur Klärung der Frage, wann eine solche Existenzgefährdung droht, lässt sich die Rechtsprechung zu der abgabenrechtlichen Billigkeitsregelung in § 227 Abgabenordnung (AO) heranziehen. Gemäß § 227 AO können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Bei der Entscheidung über den Erlass von öffentlichen Abgaben geht es um den Ausgleich des öffentlichen Interesses an einer gleichmäßigen und vollständigen Steuerhebung und der persönlichen Situation des Steuerschuldners. Die nach § 24 Abs. 2 VOVwVG zu treffende Entscheidung betrifft ebenfalls die in ihrer Ausgangsposition vergleichbare Abwägung öffentlicher fiskalischer Interessen mit der im Einzelfall zu wahrenden Verhältnismäßigkeit, denn es ist das öffentliche Interesse an der möglichst vollständigen Erstattung der Kosten für eine Ersatzvornahme durch den Pflichtigen mit dessen persönlicher Situation abzuwägen.
92In der Rechtsprechung ist allgemein anerkannt, dass die Einziehung einer Abgabe aus persönlichen Gründen unbillig ist, wenn der Abgabepflichtige erlasswürdig und erlassbedürftig ist, wobei letzteres vorliegt, wenn die Einziehung der Abgabe die Fortführung der persönlichen wirtschaftlichen Existenz gefährdet, das heißt wirtschaftlich existenzgefährdend oder existenzvernichtend wirken würde. Gefährdet ist die wirtschaftliche Existenz, wenn ohne Billigkeitsmaßnahmen der notwendige Lebensunterhalt vorübergehend oder dauernd nicht mehr bestritten werden kann.
93Vgl. Bundesfinanzhof (BFH), Urt. v. 27. September 2001,X R 134/98 -, Juris; BVerwG, Urt. v. 23. August 1990- 8 C 42/88 -, Juris; OVG NRW, Urteil vom28. Februar 2011, - 14 A 451/10 -, www.nrwe.de.
94Dies setzt voraus, dass sich der Billigkeitserlass auf die wirtschaftliche Situation des Steuer- bzw. hier des Kostenpflichtigen konkret auswirken kann. Lebt der Pflichtige unabhängig von Billigkeitsmaßnahmen in wirtschaftlichen Verhältnissen, die - weil Einkünfte und Vermögen gering sind und im Übrigen dem Pfändungsschutz unterliegen - eine Durchsetzung von Ansprüchen aus dem öffentlich - rechtlichen Schuldverhältnis ausschließen, könnte ein Erlass hieran nichts ändern und wäre aus diesem Grunde nicht mit einem wirtschaftlichen Vorteil für den Kostenpflichtigen verbunden. Bei Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit kommt deshalb grundsätzlich weder eine zinslose Stundung noch ein Erlass aus persönlichen Billigkeitsgründen in Betracht
95Vgl. BFH, Urt. v. 27. September 2001, - X R 134/98 -, Beschl. v. 21. April 1999, - VII B 347/98 - m.w.N., beide Juris.
96Allein die Tatsache der Vermögenslosigkeit führt daher nicht notwendig zur Annahme einer unbilligen Härte nach § 24 VOVwVG wegen Existenzgefährdung, mit der Folge, dass das öffentliche fiskalische Interesse hinter das private Interesse des (möglicherweise nur zur Zeit zahlungsunfähigen) Kostenpflichtigen zurücktreten müsste.
97Unabhängig davon bedroht allein das Bestehen einer öffentlich-rechtlichen Kostenforderung den Kostenpflichtigen schon nicht in seiner Existenz, auch wenn er seinen Lebensunterhalt (zur Zeit der Behördenentscheidung über den Erlass) nicht durch eigenes Einkommen, sondern nur durch die Inanspruchnahme von Sozialleistungen sichern kann. Sein Existenzminimum wird in diesen Fällen - ebenso wie bei der Vollstreckung zivilrechtlicher Forderungen - auch gegenüber einer Vollstreckung der Forderung durch die öffentliche Hand durch die Pfändungsschutzvorschriften hinreichend geschützt, ohne dass es deshalb eines Verzichts der öffentlichen Hand auf diese Forderung bedürfte.
98Die gemäß § 77 Abs. 4 VwVG in Verbindung mit § 20 Abs. 2 Gebührengesetz NRW- GebG - auch auf den festgesetzten Kostenerstattungsanspruch anzuwendenden Verjährungsregeln sichern darüber hinaus, dass ein Kostenpflichtiger nicht über einen ungewissen Zeitraum mit der Kostenforderung konfrontiert wird.
99Unabhängig von ihren bis jetzt nicht offengelegten wirtschaftlichen Verhältnissen wäre die Klägerin daher vorliegend bereits aus diesen Gründen nicht erlassbedürftig.
100Bei der Prüfung, ob die Inanspruchnahme eines vermögens- bzw. einkommenslosen Bestattungspflichtigen sich als unbillige Härte darstellt, ist des Weiteren die Bestimmung des § 74 SGB XII in den Blick zu nehmen. Nach dieser Vorschrift werden die erforderlichen Kosten einer Bestattung übernommen, soweit dem hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen.
101Der Übernahmeanspruch aus § 74 SGB XII besteht unabhängig von möglichen Ausgleichsansprüchen des Pflichtigen gegenüber anderen Bestattungspflichtigen oder einem denkbaren Erlass der Kosten nach § 24 VOVwVG. Es ist dem Bestattungspflichtigen insbesondere nicht zuzumuten, vor der Inanspruchnahme von Sozialhilfe nach § 74 SGB XII eine ordnungsbehördliche Bestattung abzuwarten und sich dann als Kostenpflichtiger in Anspruch nehmen zu lassen.
102Vgl. Bundessozialgericht, Urt. v. 29. September 2009- B 8 SO 23/08 R, vorgehend Landessozialgericht NRW, Urt. v. 29. Oktober 2008 - L 12 SO 3/08 -, Juris.
103Dieser Rechtslage kann nicht entgegen gehalten werden, dass § 74 SGB XII auf die - hier landesrechtliche - Kostentragungspflicht verweise, die gerade in Form des § 24 Abs. 2 VOVwVG eine Ausnahme von der Kostenpflicht vorsehe.
104So OVG NRW, Urt. v. 30. September 2009 - 19 A 448/07 -, Beschluss vom 24. Februar 2010 - 19 E 150/10 -, beide www.nrwe.de und im Ergebnis auch Hess. VGH, Urt. v.26. Oktober 2011 - 5 A 1245/11 -, Juris.
105Wenn der Bestattungspflichtige nach der sozialrechtlichen Rechtsprechung schon nicht auf das Abwarten einer ordnungsbehördlichen Bestattung verwiesen werden kann, kann es auf die Frage, ob nach dem Verwaltungsvollstreckungsrecht eine theoretische Erlassmöglichkeit besteht, erst recht nicht ankommen. Denn der sozialhilferechtliche Anspruch aus § 74 SGB XII knüpft allein an das Bestehen einer nicht lediglich aus persönlichen Pietätsgründen bestehenden Bestattungspflicht, sei es nach den Bestimmungen des Bürgerlichen Rechts, sei es aufgrund der landesrechtlichen Regelung des § 8 Abs. 1 BestG, und die Unzumutbarkeit, die sich aus dieser Pflicht ergebenden Kosten zu übernehmen, an.
106Es spricht aus systematischen Erwägungen deshalb überwiegendes dafür, dass es sich bei § 74 SGB XII um die gegenüber den Erlassbestimmungen speziellere Vorschrift handelt, so dass es nicht zu einem "Zirkelverweis" kommt, der letztendlich nur über das Verhältnis von Bundes- zu Landesrecht zu lösen wäre.
107Vgl. dazu im einzelnen OVG NRW, Urteil vom28. Februar 2011, - 14 A 451/10 -, www.nrwe.de.
108Unabhängig davon, wäre ein Übernahmeanspruch nach § 74 SGB XII in Fällen der hier vorliegenden Konstellation auch mit Blick auf die Möglichkeit, nach § 24 Abs. 2 VOVwVG von der Kostenpflicht im Einzelfall abzusehen, bereits deshalb nicht ausgeschlossen weil allein der Sozialhilfebezug - wie oben ausgeführt - bereits nicht zur Erlassbedürftigkeit führt, da keine persönliche Unbilligkeit der Kostenerstattung und damit auch keine Ausnahme von der Kostenpflicht vorliegt.
109Die Annahme einer unbilligen Härte aufgrund einer wirtschaftlichen Existenzgefährdung wäre demnach nur dann möglich, wenn die aus §§ 77 Abs. 1 VwVG; 20 Abs. 2 Satz 1 VOVwVG resultierende Forderung trotz der Pfändungsschutz- und Verjährungsregelungen sowie des Kostenübernahmeanspruchs aus § 74 SGB XII dazu geeignet wäre, eine eigenständige wirtschaftliche Existenz des Kostenpflichtigen dauerhaft zu verhindern.
110Anhaltspunkte dafür, dass eine solche Möglichkeit angesichts der persönlichen Situation der Klägerin eintreten könnte, sind nicht ersichtlich, so dass die Klägerin von der Beklagten in rechtmäßiger Weise nicht aus dem Kreis der als Gesamtschuldner haftenden Kostenpflichtigen ausgeschlossen wurde.
111Die Inanspruchnahme der Klägerin als Kostenpflichtige verstößt auch nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung.
112Grundsätzlich ist es nicht zu beanstanden, wenn sich die Beklagte bei der Auswahl der Kostenpflichtigen an deren wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit orientiert.
113Vgl. OVG NRW, Beschl. v. 31. Juli 2006 - 19 E 371/05 -, www.nrwe.de.
114Nach den allgemein anerkannten ordnungsrechtlichen Grundsätzen wirkt sich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit auf der primären Ebene bei der Auswahl unter mehreren im Übrigen gleichrangig ordnungsrechtlich Verantwortlichen zwar allenfalls mit Blick auf die Effektivität der Gefahrenabwehr im Spannungsfeld mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit aus, indem es nicht zu beanstanden ist, wenn ein "leistungsfähiger" Störer vorrangig oder gar alleine in Anspruch genommen wird.
115Vgl. Denninger in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Auflage Rdnr. 129ff.
116Insbesondere muss sich die Ordnungsbehörde auf der Primärebene keine Gedanken darüber machen, ob der in Anspruch genommene Ordnungspflichtige auf der sogenannten „Tertiärebene“ gegen einen weiterenStörer einen Anspruch auf Aufwendungsersatz hat.
117Vgl. OVG NRW, Beschl. v. 28. Januar 2011 - 2 B 1495/10 -, www.nrwe.de.
118Wenn auch die fehlende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Bestattungspflichtigen, wie dargelegt, nicht aus Billigkeitsgründen bereits dessen Ausschluss aus dem Kreis der im Rahmen der Auswahlentscheidung zu betrachtenden Kostenpflichtigen rechtfertigt, kann sie mit Blick auf die Grundsätze der Gesamtschuld bei der Auswahl der durch Leistungsbescheid in Anspruch zu nehmenden Kostenpflichtigen jedoch eine Rolle spielen. Stehen nämlich mehrere gleichrangig Bestattungspflichtige als Kostenpflichtige zur Auswahl, haften sie nicht nur auf der sogenannten „tertiären Ebene“ des Ausgleichs innerhalb des Kreises der Kostenpflichtigen im Innenverhältnis untereinander nach den Grundsätzen der Gesamtschuld,
119vgl. Denninger in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Auflage Rdnr. 134ff (137),
120sondern die Beklagte kann diese Grundsätze auch als Grundlage ihrer Ermessensausübung bei der Entscheidung heranziehen, in welchem Umfang sie die jeweiligen Kostenpflichtigen als Adressaten eines Leistungsbescheides heranzieht.
121Es ist zwar angesichts des dem Gläubiger insoweit eingeräumten weiten Ermessenspielraums regelmäßig ebenso ermessensfehlerfrei, gleichrangig bestattungspflichtige Angehörige als Gesamtschuldner jeweils in voller Höhe und nicht (nur) anteilig zu gleichen Teilen in Anspruch zu nehmen. Etwas anderes gilt aber dann, wenn nach Aktenlage eine davon abweichende differenzierende Heranziehung nahe liegt oder sich sogar aufdrängt.
122Eine solche Konstellation ist insbesondere dann anzunehmen, wenn einzelne Gesamtschuldner dem für die Durchführung der Bestattung im Wege der Ersatzvornahme bzw. der nachfolgenden Kostenerstattung zuständigen Amt der Beklagten ihre „bescheidenen“ finanziellen Verhältnisse offen legen, so dass dieses (und nicht erst die für die Bewilligung von Sozialleistungen zuständigen Ämter) in die Lage versetzt wird zu überprüfen, ob das Einkommen der jeweiligen Bestattungspflichtigen den sozialhilferechtlichen Bedarf übersteigt oder eben nicht, andere bestattungspflichtige Gesamtschuldner hingegen keine entsprechenden Einwände erheben und/oder ihre finanziellen Verhältnisse nicht offenbaren.
123Jedenfalls dann, wenn einzelne der potentiellen Kostenschuldner nicht nur auf ihre bescheidenen Einkünfte verweisen, sondern belegen, dass ihr Bedarf den notwendigen Lebensunterhalt im Sinne von §§ 41 f, 28 ff SGB XII nicht übersteigt und/oder (sogar) die Eröffnung eines Privatinsolvenzverfahrens nachweisen, drängen sich mindestens nähere Erwägungen auf, die Kostenschuldner ggf. unterschiedlich entsprechend ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit in Anspruch zu nehmen. Diese Überlegungen können es im Ergebnis nahe legen, wenn nicht gebieten, einzelne Gesamtschuldner nicht in die Kostenerstattung einzubeziehen.
124Es ist jedenfalls nicht zu beanstanden, wenn - wie hier geschehen - bei einer solchen Betrachtung - auch mit Blick auf den auf die Zumutbarkeit der Kostentragung abstellenden Übernahmeanspruch des § 74 SGB XII - die Leistungsfähigkeit unter Heranziehung der Grundsätze des Sozialhilferechts anhand der Einkommensgrenze in § 85 SGB XII, beurteilt wird.
125Vorliegend hat lediglich der Halbbruder der Klägerin seine Einkommensverhältnisse offenbart, während die Klägerin und auch ihre Schwester hierzu im Verwaltungsverfahren überhaupt keine und auch im Klageverfahren keine vollständigen Angaben machten, sondern - erst im Klageverfahren - auf den Bezug von Elterngeld verwiesen haben.
126Nach den oben dargelegten Grundsätzen ist es daher auch mit Blick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 GG) nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte aus dem Kreis der als Gesamtschuldner kostentragunspflichtigen volljährigen Kinder des Verstorbenen lediglich den Halbbruder nicht in Anspruch genommen hat.
127Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
128Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die erforderlichen Kosten einer Bestattung werden übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen.
Tenor
Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 9. Februar 2007 - 11 K 50/06 - wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
den Leistungsbescheid des Beklagten vom 2.3.2006 und den in seiner Sitzung vom 8.6.2006 ergangenen Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses des Landkreises A-Stadt aufzuheben.
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes (Az.: 11 K 50/06) vom 9.2.2007 die Klage abzuweisen.
die Berufung zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Amtsbl. S. 1414, geändert durch Art. 9 Abs. 17 des Gesetzes vom 7.11.2001, Amtsbl. S. 2158,
vgl. Urteil des VG des Saarlandes vom 6.3.2001 -10 K 112/00- und Urteil des OVG des Saarlandes vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, AS 30, 439, wonach nach der bisherigen Regelung im Saarland die Bestattungspflicht gewohnheitsrechtlich den zur Totenfürsorge verpflichteten nächsten Angehörigen des Verstorbenen oblag.
„In Bezug auf die Bestattungspflicht kommt es immer wieder zu gerichtlichen Verfahren. Die bisherige Polizeiverordnung über das Bestattungs- und Leichenwesen hat eine Regelung nicht getroffen. Absatz 1 bestimmt daher die Rangfolge der öffentlich-rechtlich zur Bestattung verpflichteten Hinterbliebenen. Die Bestattungspflicht eines Vorrangigen schließt die öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht der nachfolgenden Rangstufen aus. Diese Regelung orientiert sich an zivilrechtlichen Erbfolgeregelungen. Sie bewirkt auch, dass im Normalfall eine Gemeinde, die in Erfüllung der Pflicht der Ersatzvornahme die Bestattung veranlasst hat, in der überwiegenden Zahl der Fälle die/den Bestattungspflichtige/n zur Kostenerstattung heranziehen kann. Die zivilrechtlichen Ausgleichsansprüche Bestattungspflichtiger gegen Erben bleiben unberührt.“
vgl. insofern § 9 Bestattungsgesetz Rheinland-Pfalz
vgl. im Einzelnen Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 9. Aufl., 2004, S. 103 f. sowie S. 304 ff. mit einer Übersicht über die landesgesetzlichen Bestimmungen; des Weiteren: Stelkens/Cohrs, Bestattungspflicht und Bestattungskostenpflicht, NVwZ 2002, 917 (918).
ebenso die Bestattungsgesetze Brandenburg (§ 20 Abs. 1 Satz 2) und Sachsen (§ 10 Abs. 1 Satz 3); anders § 8 Abs. 4 Satz 2 BestattG Niedersachsen, der eine gesamtschuldnerische Haftung der Bestattungspflichtigen vorsieht.
vgl. die fast wortgleichen Regelungen in § 10 Abs.1 Satz 3 BestattG Sachsen und § 20 Abs. 1 Satz 2 BestattG Brandenburg.
BVerfG, Beschluss vom 23.3.1994 -8 BvL 8/85-, BVerfGE 90, 226 (229).
vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.8.1994 -1 B 149/94-, NVwZ-RR 1995, 283; OVG des Saarlandes, Urteil vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, AS 30, 439 (443); VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, VBlBW 2005,141; jeweils dokumentiert bei juris.
vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004, a.a.O.; Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 920.
vgl. im Übrigen die inhaltsgleichen Regelungen in § 31 Abs. 2 BestattG Baden-Württemberg, Art. 14 Abs. 2 BestattG Bayern, § 20 Abs. 2 BestattG Brandenburg und § 9 Abs. 2 BestattG Mecklenburg-Vorpommern.
vgl. bspw. § 10 BestattG Sachsen
vgl. § 14 BestattG Sachsen-Anhalt und § 9 BestattG Rheinland-Pfalz.
in diesem Sinne auch Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 921, und –zu § 2 Abs. 3 TierSchG 1972- BVerwG, Urteil vom 12.2.1987 -3 C 22/86-, BVerwGE 77, 19.
so erfolgt bspw. in § 10 Abs. 3 BestattG Sachsen.
„Absatz 2 geht auf die Situation ein, dass Bestattungspflichtige nicht vorhanden sind oder nicht ermittelbar sind. Auch in diesen Fällen muss die Bestattung des Leichnams geregelt werden. Daher wird unter Bezug auf die polizeirechtlichen Bestimmungen die Ortspolizeibehörde als zuständige Stelle ausgewiesen.“
VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O..
Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O., m.w.Nw.,
vgl. zu § 15 BSHG: Schellhorn, BSHG, Kommentar, 16. Auf., § 15 Rdnrn. 6 f..
Schellhorn, a.a.O. zu § 15 BSHG Rdnr. 6; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 10.1.2005 -12 A 11605/04-, FEVS 56, 476 m.w.Nw. zur Rspr., dokumentiert bei juris.
Urteile vom 5.6.1997 -5 C 13/96-, BVerwGE 105,51, und vom 29.1.2004 -5 C 2/03-, BVerwGE 110, 111, jeweils dokumentiert bei juris,
vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.6.2007 -7 A 11566/06-, AS 34, 401 (405/406).
vgl. BVerwG, Urteil vom 29.1.2004 -5 C 2/03-, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O.; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 26.9.2007 -8 LA 81/07-, dokumentiert bei juris.
vgl. Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 923 f..
vgl. Gaedke, a.a.O., S. 118 a.E.; Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 923 Fn. 70.
Urteil vom 16.1.2007 -11 K 1326/06-, BWGZ 2007, 471, dokumentiert bei juris,
u.a. mit dem Hinweis auf das Urteil des OVG des Saarlandes vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, a.a.O.; a.A. aber VG Ansbach, Urteil vom 6.9.2007 –AN 4 K 06.03544-, dokumentiert bei juris.
Beschluss vom 2.2.1996 -19 A 3802/95-, NVwZ-RR 1997, 99, dokumentiert bei juris,
vgl. VG Koblenz, Urteil vom 14.6.2005 -6 K 93/05.KO-, KKZ 2006, 35, dokumentiert bei juris.
Urteil vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, a.a.O.,
Gaedke, a.a.O., S. 117.
Gründe
Amtsbl. S. 1414, geändert durch Art. 9 Abs. 17 des Gesetzes vom 7.11.2001, Amtsbl. S. 2158,
vgl. Urteil des VG des Saarlandes vom 6.3.2001 -10 K 112/00- und Urteil des OVG des Saarlandes vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, AS 30, 439, wonach nach der bisherigen Regelung im Saarland die Bestattungspflicht gewohnheitsrechtlich den zur Totenfürsorge verpflichteten nächsten Angehörigen des Verstorbenen oblag.
„In Bezug auf die Bestattungspflicht kommt es immer wieder zu gerichtlichen Verfahren. Die bisherige Polizeiverordnung über das Bestattungs- und Leichenwesen hat eine Regelung nicht getroffen. Absatz 1 bestimmt daher die Rangfolge der öffentlich-rechtlich zur Bestattung verpflichteten Hinterbliebenen. Die Bestattungspflicht eines Vorrangigen schließt die öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht der nachfolgenden Rangstufen aus. Diese Regelung orientiert sich an zivilrechtlichen Erbfolgeregelungen. Sie bewirkt auch, dass im Normalfall eine Gemeinde, die in Erfüllung der Pflicht der Ersatzvornahme die Bestattung veranlasst hat, in der überwiegenden Zahl der Fälle die/den Bestattungspflichtige/n zur Kostenerstattung heranziehen kann. Die zivilrechtlichen Ausgleichsansprüche Bestattungspflichtiger gegen Erben bleiben unberührt.“
vgl. insofern § 9 Bestattungsgesetz Rheinland-Pfalz
vgl. im Einzelnen Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 9. Aufl., 2004, S. 103 f. sowie S. 304 ff. mit einer Übersicht über die landesgesetzlichen Bestimmungen; des Weiteren: Stelkens/Cohrs, Bestattungspflicht und Bestattungskostenpflicht, NVwZ 2002, 917 (918).
ebenso die Bestattungsgesetze Brandenburg (§ 20 Abs. 1 Satz 2) und Sachsen (§ 10 Abs. 1 Satz 3); anders § 8 Abs. 4 Satz 2 BestattG Niedersachsen, der eine gesamtschuldnerische Haftung der Bestattungspflichtigen vorsieht.
vgl. die fast wortgleichen Regelungen in § 10 Abs.1 Satz 3 BestattG Sachsen und § 20 Abs. 1 Satz 2 BestattG Brandenburg.
BVerfG, Beschluss vom 23.3.1994 -8 BvL 8/85-, BVerfGE 90, 226 (229).
vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.8.1994 -1 B 149/94-, NVwZ-RR 1995, 283; OVG des Saarlandes, Urteil vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, AS 30, 439 (443); VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, VBlBW 2005,141; jeweils dokumentiert bei juris.
vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004, a.a.O.; Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 920.
vgl. im Übrigen die inhaltsgleichen Regelungen in § 31 Abs. 2 BestattG Baden-Württemberg, Art. 14 Abs. 2 BestattG Bayern, § 20 Abs. 2 BestattG Brandenburg und § 9 Abs. 2 BestattG Mecklenburg-Vorpommern.
vgl. bspw. § 10 BestattG Sachsen
vgl. § 14 BestattG Sachsen-Anhalt und § 9 BestattG Rheinland-Pfalz.
in diesem Sinne auch Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 921, und –zu § 2 Abs. 3 TierSchG 1972- BVerwG, Urteil vom 12.2.1987 -3 C 22/86-, BVerwGE 77, 19.
so erfolgt bspw. in § 10 Abs. 3 BestattG Sachsen.
„Absatz 2 geht auf die Situation ein, dass Bestattungspflichtige nicht vorhanden sind oder nicht ermittelbar sind. Auch in diesen Fällen muss die Bestattung des Leichnams geregelt werden. Daher wird unter Bezug auf die polizeirechtlichen Bestimmungen die Ortspolizeibehörde als zuständige Stelle ausgewiesen.“
VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O..
Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O., m.w.Nw.,
vgl. zu § 15 BSHG: Schellhorn, BSHG, Kommentar, 16. Auf., § 15 Rdnrn. 6 f..
Schellhorn, a.a.O. zu § 15 BSHG Rdnr. 6; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 10.1.2005 -12 A 11605/04-, FEVS 56, 476 m.w.Nw. zur Rspr., dokumentiert bei juris.
Urteile vom 5.6.1997 -5 C 13/96-, BVerwGE 105,51, und vom 29.1.2004 -5 C 2/03-, BVerwGE 110, 111, jeweils dokumentiert bei juris,
vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.6.2007 -7 A 11566/06-, AS 34, 401 (405/406).
vgl. BVerwG, Urteil vom 29.1.2004 -5 C 2/03-, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O.; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 26.9.2007 -8 LA 81/07-, dokumentiert bei juris.
vgl. Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 923 f..
vgl. Gaedke, a.a.O., S. 118 a.E.; Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 923 Fn. 70.
Urteil vom 16.1.2007 -11 K 1326/06-, BWGZ 2007, 471, dokumentiert bei juris,
u.a. mit dem Hinweis auf das Urteil des OVG des Saarlandes vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, a.a.O.; a.A. aber VG Ansbach, Urteil vom 6.9.2007 –AN 4 K 06.03544-, dokumentiert bei juris.
Beschluss vom 2.2.1996 -19 A 3802/95-, NVwZ-RR 1997, 99, dokumentiert bei juris,
vgl. VG Koblenz, Urteil vom 14.6.2005 -6 K 93/05.KO-, KKZ 2006, 35, dokumentiert bei juris.
Urteil vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, a.a.O.,
Gaedke, a.a.O., S. 117.
(1) Sozialhilfe erhält nicht, wer sich vor allem durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann oder wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.
(2) Verpflichtungen anderer, insbesondere Unterhaltspflichtiger oder der Träger anderer Sozialleistungen, bleiben unberührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach dem Recht der Sozialhilfe entsprechende Leistungen vorgesehen sind.
Tenor
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Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. Juni 2009 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Im Streit ist die Übernahme von Bestattungskosten in Höhe von zusätzlich 956,32 Euro.
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Der Ehemann der Klägerin, die Arbeitslosengeld (Alg) II bezog, verstarb Mitte Oktober 2005 in K Das von der Klägerin beauftragte Bestattungsunternehmen stellte für die Durchführung der Bestattung 1507,01 Euro in Rechnung; die städtischen Eigenbetriebe forderten per Bescheid für den Graberwerb 1565 Euro, und das Polizeipräsidium K machte für die Bergung und Überführung des Verstorbenen bescheidmäßig 263,32 Euro geltend. Der Beklagte übernahm - ohne Berücksichtigung eines eventuellen Erbanteils - die gesamten Kosten für den Graberwerb und die Kosten des Bestattungsunternehmens zum Teil (in Höhe von 550,69 Euro); die Übernahme der vom Polizeipräsidium verfügten Kosten lehnte er gänzlich ab (Bescheide vom 15.11.2005, 7.12.2005 und 26.6.2006; Widerspruchsbescheid vom 30.11.2006 unter Beteiligung sozial erfahrener Dritter).
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Die Klage blieb erst- und zweitinstanzlich erfolglos (Urteil des Sozialgerichts
Koblenz vom 19.9.2007; Urteil des Landessozialgerichts . Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, mit den vom Beklagten gewährten Mitteln sei eine den örtlichen Verhältnissen entsprechende würdige, aber einfache Bestattung durchführbar. Die vom Beklagten auf der Grundlage verschiedener Rechnungen von örtlichen Bestattungsunternehmen entwickelten Vergütungssätze stellten nachvollziehbar und plausibel fest, welche Kosten dem Grunde und der Höhe nach angemessen seien; auf die Kostenerstattung der Bergungs- und Überführungskosten gemäß dem Bescheid des Polizeipräsidiums habe die Klägerin in der mündlichen Verhandlung verzichtet.Rheinland-Pfalz vom 8.6.2009)
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Mit der Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 74 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII). Sie ist der Ansicht, diese Vorschrift solle nicht nur eine Einfachstbestattung ermöglichen; ein Betrag von insgesamt 2000 bis 3500 Euro zuzüglich öffentlicher Gebühren sei für eine angemessene Bestattung üblich. Die Gesamtkosten des Bestattungsunternehmens seien jedoch vorliegend bereits deshalb als erforderlich anzusehen, weil ihr der Beklagte die maßgeblichen Vergütungssätze nicht offengelegt habe; sie behauptet, die Restforderung des Bestattungsunternehmers sei gestundet, nicht abgetreten.
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Die Klägerin beantragt,
die Urteile des LSG und des SG aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 15.11.2005, 7.12.2005 und 26.6.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.11.2006 zu verurteilen, Bestattungskosten in Höhe weiterer 956,32 Euro zu übernehmen.
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Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
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1. Die Revision der Klägerin ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz
) . Mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) zur Verpflichtung der Klägerin, die Bestattungskosten zu tragen, zur Erforderlichkeit der geltend gemachten Kosten und zur Zumutbarkeit der Kostentragung kann der Senat nicht abschließend entscheiden, ob die Klägerin einen Anspruch auf Übernahme weiterer Bestattungskosten hat.
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2. Gegenstand des Verfahrens sind die Bescheide vom 15.11.2005 (Übernahme von 405,59 Euro der Kosten für den Bestattungsunternehmer) und 7.12.2005 (Ablehnung der Übernahme von Bergungs- und Überführungskosten) sowie der Änderungsbescheid vom 26.6.2006 (Übernahme von insgesamt zusätzlich 1710,10 Euro für Graberwerb gemäß Bescheid der städtischen Eigenbetriebe und weitere Kosten des Bestattungsunternehmens) in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.11.2006 (§ 95 SGG), gegen die sich die Klägerin mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4, § 56 SGG) wendet, soweit der Beklagte höhere Leistungen (956,32 Euro) abgelehnt hat. Dadurch, dass die Klägerin vor dem LSG erklärt hat, die Bergungs- und Überführungskosten nicht mehr geltend zu machen, hat sie nur der Höhe nach die Klage teilweise zurückgenommen, nicht jedoch auf einen abtrennbaren Teilanspruch im Sinne eines eigenen Streitgegenstandes materiellrechtlich verzichtet bzw die Klage streitgegenständlich teilweise zurückgenommen. Die insoweit angefallenen Kosten sind, wenn und soweit sie ersatzfähig sind, lediglich ein Berechnungselement des der Klägerin insgesamt zustehenden Anspruchs auf Übernahme der Beerdigungskosten (vgl zu dieser Problematik umfassend Coseriu in juris PraxisKommentar SGB XII
, § 19 SGB XII RdNr 76.3 - online - mwN zur Rechtsprechung) . Das LSG wird deshalb nach der Zurückverweisung der Sache die Anspruchsberechtigung dem Grunde und der Höhe nach gleichwohl umfassend zu prüfen haben, wenn sich der geltend gemachte höhere Anspruch (zusätzlich 956,32 Euro) nicht bereits aus der Beauftragung des Bestattungsunternehmens ergibt.
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3. Eine Verpflichtungsklage war nicht erforderlich, weil § 74 SGB XII (nur) einen Anspruch auf Zahlung an den Bestattungspflichtigen selbst normiert(BSGE 104, 219 ff RdNr 9 = SozR 4-3500 § 74 Nr 1), und zwar unabhängig davon, ob die Klägerin die einzelnen die Bestattungskosten betreffenden Rechnungen bereits beglichen hat. Hieran ändert sich auch nichts dadurch, dass sie in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, ihr sei es gleichgültig, ob der ausstehende Betrag vom Beklagten unmittelbar an das Bestattungsunternehmen gezahlt werde. Es kann dahinstehen, ob die Klägerin dem Beklagten mit dieser Erklärung eine sog Ersetzungsbefugnis (vgl Grüneberg in Palandt, BGB, 70. Aufl 2011, § 262 RdNr 7 f) zugestanden hat, die der Beklagte bisher jedoch nicht ausgeübt hat. Jedenfalls will die Klägerin nicht die Erklärung eines Schuldbeitritts durch den Beklagten (siehe zu dieser eventuellen Möglichkeit Greiser in jurisPK-SGB XII, § 74 SGB XII RdNr 9),was die Notwendigkeit einer Verpflichtungsklage nach sich ziehen würde (vgl BSGE 102, 1 ff RdNr 25 mwN = SozR 4-1500 § 75 Nr 9).
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4. Richtiger Beklagter ist der für die Leistung örtlich und sachlich zuständige (§ 98 Abs 3 Alt 2 SGB XII, § 97 Abs 1 SGB XII)Oberbürgermeister der kreisfreien Stadt Koblenz (§ 70 Nr 3 SGG), weil § 2 des rheinland-pfälzischen Landesgesetzes zur Ausführung des SGG vom 2.10.1954 (Gesetz- und Verordnungsblatt
115) eine Beteiligtenfähigkeit von Behörden vor den Sozialgerichten vorsieht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats bedeutet dies, dass die Klage zu richten ist gegen den Oberbürgermeister, ohne dass insoweit ein Wahlrecht bestünde (vgl dazu umfassend Söhngen in jurisPK-SGB XII, § 99 SGB XII RdNr 19 ff mwN zur Rechtsprechung). Das Rubrum ist bei fehlerhafter Bezeichnung des Beklagten von Amts wegen zu korrigieren (Söhngen, aaO, RdNr 19 mwN); einer Zustimmung des Beklagten bedarf es hierfür nicht.
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Denn aus der Entscheidung ist ohnedies nur die juristische Person, die Stadt Koblenz, verpflichtet; der Oberbürgermeister, der für diese handelt, nimmt deren prozessuale Aufgaben als Organ, nicht als Prozessstandschafter wahr (Bundessozialgericht
, Urteil vom 30.9.2010 - B 10 EG 7/09 R -, RdNr 20; Söhngen, aaO, RdNr 20.1) . Entscheidend für die Stellung des Oberbürgermeisters (in seiner Funktion, nicht als Person) iS des § 70 Nr 3 SGG ist, dass er nach § 28 Abs 1 Satz 2 und § 47 Abs 1 der Gemeindeordnung für das Land Rheinland-Pfalz vom 31.1.1994 (GVBl 153) in eigenem Namen für die Stadt handelt; ohne Bedeutung ist, ob er im Briefkopf der Schreiben oder in sonstiger Form gegenüber der Klägerin in Erscheinung getreten ist. Wollte man dies anders sehen, würde dadurch eine unnötige Unsicherheit in den Prozess hineingetragen. Die Beklagtenbezeichnung ist also lediglich formeller Natur; sie hat keine materiellrechtliche Bedeutung (Söhngen, aaO, RdNr 20 mwN). Berechtigt oder verpflichtet aus dem Urteil ist - wie bereits ausgeführt - allein die Stadt Koblenz als Rechtsträger (BSGE 102, 10 ff RdNr 12 = SozR 4-2500 § 264 Nr 2). Es bedarf insoweit keiner Vorlage an den Großen Senat des BSG gemäß § 41 Abs 2 SGG wegen Abweichung zu einer Entscheidung des 9. Senats des BSG (BSG aaO).
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Ohne dass es vorliegend darauf ankommt, ist die Rechtsmittelbelehrung im Widerspruchsbescheid, wonach die Klage gegen die Stadt Koblenz zu erheben sei, nicht falsch iS des § 66 SGG. Die Bezeichnung des richtigen Beklagten ist in dieser Norm ohnedies nicht vorgesehen; der über die gesetzlichen Erfordernisse hinausgehende ungenaue Hinweis auf die Klageerhebung gegen die juristische Person, nicht gegen deren Behörde, führt letztlich auch nicht zu einer verfahrensrechtlichen Unsicherheit (vgl zu dieser Voraussetzung nur Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 66 RdNr 11 mwN). Ob die Anordnung des Behördenprinzips sinnvoll ist (zweifelnd Söhngen, aaO, RdNr 20), unterliegt nicht der Entscheidungskompetenz der Gerichte. Allerdings besteht hinreichend Anlass, das Behördenprinzip nicht unnötig über die klare gesetzliche Regelung hinaus mit rechtlichem und tatsächlichem Ballast zu versehen (s dazu oben).
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5. Von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrensmängel sind nicht ersichtlich. Insbesondere war das Bestattungsunternehmen nicht notwendig beizuladen iS des § 75 Abs 2 SGG. Anders als in den Fällen der Leistungen in Einrichtungen bzw durch ambulante Dienste in Fällen der §§ 75 ff SGB XII(vgl dazu BSGE 102, 1 ff RdNr 25 mwN = SozR 4-1500 § 75 Nr 9)bedeutet Kostenübernahme iS des § 74 SGB XII - wie unter 3 dargelegt - nicht die Erklärung eines Schuldbeitritts, sondern lediglich die Normierung einer Geldschuld. Die Klägerin hat auch nicht die Erbringung der Leistung an das Bestattungsunternehmen beantragt, sondern - wie ebenfalls bereits unter 3 ausgeführt - allenfalls dem Beklagten eine Ersetzungsbefugnis zugestanden. Dies ändert nichts daran, dass der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch ausschließlich auf Zahlung an sich selbst gerichtet ist, sodass sich auch unter diesem Gesichtspunkt keine notwendige Beiladung rechtfertigen kann.
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6. Ob die Klage bereits daran scheitert, dass die Klägerin ihren Anspruch an das Bestattungsunternehmen abgetreten hat, bedarf gegenwärtig keiner Entscheidung. Ob eine solche Abtretung überhaupt vorgenommen worden ist, wie der Beklagte vermutet, ist vom LSG nicht festgestellt; der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung jedoch vorgetragen, seines Wissens sei die Zahlungsverpflichtung der Klägerin gegenüber dem Bestattungsunternehmen nur gestundet. Selbst wenn man von einer Abtretung ausginge, könnte sich aus § 17 Abs 1 SGB XII deren Unwirksamkeit ergeben. Allerdings wird in der Literatur in bestimmten Konstellationen eine teleologische Reduktion des in § 17 Abs 1 SGB XII vorgesehenen Abtretungsverbots vertreten(vgl nur: Coseriu in jurisPK-SGB XII, § 17 SGB XII RdNr 24; Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Aufl 2010, § 17 SGB XII RdNr 20). Von einer Stellungnahme hierzu sieht der Senat ab, weil hierüber erst nach entsprechenden Feststellungen über aktuelle Abtretungserklärungen entschieden werden muss.
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7. Rechtsgrundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch ist § 74 SGB XII(in der Fassung, die die Norm durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - Bundesgesetzblatt I 3022 - erhalten hat). Danach werden die erforderlichen Kosten einer Bestattung übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen. Die Feststellungen des LSG in tatsächlicher Hinsicht und zum maßgeblichen Landesrecht ermöglichen bereits keine endgültige Aussage darüber, ob die Klägerin zur Tragung der Bestattungskosten (zur Unterscheidung zwischen dieser Pflicht und der Bestattungspflicht selbst: BVerwGE 114, 57, 58 f; BSGE 104, 219 ff RdNr 13 = SozR 4-3500 § 74 Nr 1) verpflichtet war.
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Für die Annahme einer solchen Pflicht genügt nicht die Vereinbarung der Klägerin mit dem Bestattungsunternehmen; erforderlich ist vielmehr ein besonderer zivil- oder öffentlich-rechtlicher Status (das Bundesverwaltungsgericht
formuliert insoweit in BVerwGE 116, 287, 290: "wer der Kostenlast von vornherein nicht ausweichen kann"). Zu unterscheiden ist dieser von dem Totensorgerecht, einer in familienrechtlichen Beziehungen begründeten, näheren Verwandten zustehenden Rechts-, nicht verpflichtenden Position (Bundesgerichtshof, Urteil vom 26.2.1992 - XII ZR 58/91 -, FamRZ 1992, 657 ff). Vorliegend kann mangels entsprechender Anhaltspunkte offen bleiben, ob sich der erforderliche besondere Status aus anderen Gesichtspunkten als aus erbrechtlichen, unterhaltsrechtlichen und polizeirechtlichen - damit gesetzlichen -, insbesondere vertraglichen Gesichtspunkten ergeben kann (vgl dazu nur: Adolph in Linhart/Adolph, SGB II/SGB XII/AsylbLG, § 74 SGB XII RdNr 19 ff, Stand Juli 2010; Greiser in jurisPK-SGB XII, § 74 SGB XII RdNr 23 ff mwN). Erbrechtlich wäre § 1968 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) einschlägig, wonach der Erbe die Kosten einer Bestattung zu tragen hat. Unterhaltsrechtlich kommen § 1360a Abs 3, § 1615 Abs 2 BGB als gegenüber der Erbenhaftung nachrangige Haftungsgründe in Betracht(vgl dazu insgesamt nur BSGE 104, 219 ff = SozR 4-3500 § 74 Nr 1). Weder zur Frage der Erbeneigenschaft der Klägerin noch zur Unterhaltsverpflichtung hat das LSG indes Tatsachen festgestellt. Vorliegend dürfte zumindest eine öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht und Pflicht zur Übernahme der Bestattungskosten aus dem rheinland-pfälzischen Bestattungsgesetz vom 4.3.1983 (GVBl 69) resultieren, wonach zwar auch der Erbe ("zunächst") verantwortlich ist, sich jedoch eine Verpflichtung des Ehegatten ergibt, wenn der Erbe nicht rechtzeitig ermittelt oder aus anderen Gründen nicht oder nicht rechtzeitig in Anspruch genommen werden kann (§ 9). Ob dies der Fall ist, lässt sich den Feststellungen des LSG ebenfalls nicht entnehmen; nach Aktenlage hat die Klägerin selbst den Verstorbenen möglicherweise beerbt.
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8. War die Klägerin zur Tragung der Bestattungskosten verpflichtet, fehlt es allerdings auch an den für eine endgültige Entscheidung notwendigen tatsächlichen Feststellungen des LSG dazu, inwieweit es sich bei den geltend gemachten Kosten um Bestattungskosten im Sinne der Norm handelt, sowie zu deren Erforderlichkeit. Das LSG hat hierzu nur ausgeführt, mit den vom Beklagten gewährten Mitteln sei eine den örtlichen Verhältnissen entsprechende würdige, aber einfache Bestattung durchführbar, wobei die vom Beklagten hierzu entwickelten Vergütungssätze nachvollziehbar und plausibel seien. Abgesehen davon, dass dem Senat auf diese Weise keine Prüfung ermöglicht wird, wie der Beklagte die Vergütungssätze überhaupt ermittelt hat, sodass deren Schlüssigkeit in keiner Weise nachprüfbar, geschweige denn plausibel ist, durfte der Beklagte die der Klägerin entstandenen Kosten nicht pauschal begrenzen; vielmehr ist die Erforderlichkeit der Kosten im Einzelnen zu ermitteln und zu beurteilen. Es ist mithin eine den Individualitätsgrundsatz berücksichtigende Entscheidung zu treffen (§ 9 Abs 1 SGB XII); grundsätzlich ist dabei auch angemessenen Wünschen des Bestattungspflichtigen (§ 9 Abs 2 SGB XII) und ggf des Verstorbenen (§ 9 Abs 1 SGB XII) sowie religiösen Bekenntnissen (Art 4 Grundgesetz) mit Rücksicht auf die auch nach dem Tod zu beachtende Menschenwürde (vgl dazu nur: BVerwG Buchholz 436.0 § 88 BSHG Nr 41; BSGE 100, 131 ff RdNr 22 = SozR 4-3500 § 90 Nr 3) Rechnung zu tragen.
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Gegen das Verbot pauschaler Leistungsbegrenzung wird in besonderer Weise verstoßen, wenn - wie vorliegend - die Vergütungssätze - nach dem Vortrag des Beklagten in der mündlichen Verhandlung - aus ordnungsrechtlich veranlassten Beerdigungen und vertraglichen Regelungen des Beklagten in diesem Zusammenhang mit Bestattungsunternehmen resultieren und dabei ggf günstigere vertragliche Konditionen für den Beklagten ausgehandelt worden sind, als diese auf dem allgemeinen Markt üblich bzw für die Klägerin verwirklichbar sind. Es kann dahinstehen, ob es insoweit eines Rückgriffs auf § 2 Abs 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I) im Sinne eines Optimierungsgebots für soziale Rechte bedarf(s dazu nur: Eichenhofer, SGb 2011, 301 ff; Bürck in Festschrift 50 Jahre BSG, 2004, S 139 ff); jedenfalls ergibt sich das Gebot der Individualisierung nach bereits aus Sinn und Zweck der Vorschrift unter Berücksichtigung der Systematik des SGB XII, der historischen Entwicklung der Norm und ihrem Wortlaut. Letzterer stellt ausdrücklich - ohne Pauschalierungsmöglichkeit - auf die Erforderlichkeit und damit auf eine individuelle Berechnung ab. Rechtsprechung und Literatur haben zudem bereits zur Vorgängervorschrift des § 74 SGB XII, zu § 15 Bundessozialhilfegesetz (BSHG), die Notwendigkeit einer Einzelfallentscheidung betont(vgl nur: VG Wiesbaden, Gerichtsbescheid vom 15.9.2005 - 2 E 1340/04; VG Braunschweig, Gerichtsbescheid vom 31.8.2004 - 3 A 348/03; W. Schellhorn/H. Schellhorn, BSHG, 16. Aufl 2002, § 15 BSHG RdNr 2 ff; Greiser in jurisPK-SGB XII, § 74 SGB XII RdNr 55 ff mit umfassenden weiteren Nachweisen); hierauf baut § 74 SGB XII auf(vgl BT-Drucks 15/1514 S 64 zu § 69).
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9. Allerdings erfasst die Norm nur die Bestattungskosten selbst. Zu übernehmen sind im Sinne eines Zurechnungszusammenhangs, aber auch nach dem Wortlaut, deshalb nur die Kosten, die unmittelbar der Bestattung (unter Einschluss der ersten Grabherrichtung) dienen bzw mit der Durchführung der Bestattung untrennbar verbunden sind, nicht jedoch solche für Maßnahmen, die nur anlässlich des Todes entstehen, also nicht final auf die Bestattung selbst ausgerichtet sind (etwa Todesanzeigen, Danksagungen, Leichenschmaus, Anreisekosten, Bekleidung). Bestattungskosten sind mithin von vornherein all die Kosten, die aus öffentlich-rechtlichen Vorschriften resultierend notwendigerweise entstehen, damit die Bestattung überhaupt durchgeführt werden kann oder darf, sowie die, die aus religiösen Gründen unerlässlicher Bestandteil der Bestattung sind. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, ist eine zeitliche Grenze zu beachten: Die Kosten müssen aus Maßnahmen oder Handlungen vor oder bis zum Ende des Bestattungsvorgangs erwachsen (damit etwa auch der nach der Bestattung gesetzte Grabstein). Der Gesetzgeber hat, um die sozialhilferechtliche Verpflichtung der Solidargemeinschaft der Steuerzahler zu begrenzen, bewusst nicht auf die gesamten sich aus dem Sterbefall ergebenden Kosten abgestellt. Hierbei muss § 74 SGB XII funktionsdifferent gegenüber den Vorschriften des BGB bzw den ordnungsrechtlichen Vorschriften über eine Bestattungspflicht ausgelegt werden; denn die zivilrechtlichen Vorschriften orientieren sich - anders als § 74 SGB XII (dazu im Folgenden) - mehr oder minder am individuellen Lebensstandard des Verstorbenen vor dessen Tod. Ob dies in gleicher Weise für die öffentlich-rechtlichen Bestattungspflichten gilt oder nicht ein niedrigerer Standard als bei § 74 SGB XII zu gewährleisten ist, kann dahinstehen. Erforderlich werdende Umbettungen sind ggf ein neuer Leistungsfall. Die in der Akte befindliche Rechnung des Bestattungsunternehmens weist einige Abrechnungsposten auf, deren Eigenschaft als Bestattungskosten im bezeichneten Sinne zweifelhaft ist (vgl nur die Beurkundung des Sterbefalls vom Standesamt Koblenz, die Abmeldung bei der Krankenkasse, die Beratung im Trauerhaus ua).
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§ 74 SGB XII soll darüber hinaus nur eine angemessene Bestattung garantieren(BSGE 104, 219 ff RdNr 26 = SozR 4-3500 § 74 Nr 1). Dabei ist ohne Bedeutung, ob man dieses Kriterium als Bestandteil der Erforderlichkeitsprüfung ansieht oder, wofür mehr spricht, weil auch die Vorschriften des BGB über die Bestattungskosten einer Angemessenheitsgrenze unterliegen, obwohl dies nicht mehr ausdrücklich normiert ist, als teleologisch-immanenter Bestandteil dessen, was die Norm überhaupt unter Bestattungskosten meint. Der Steuerzahler soll sozialhilferechtlich jedenfalls nur für eine würdige Bestattung aufkommen müssen (BSG, aaO; Strnischa in Oestreicher, SGB II/SGB XII, § 74 SGB XII RdNr 8 mwN; Berlit in Lehr- und Praxiskommentar SGB XII
, 8. Aufl 2008, § 74 SGB XII RdNr 12 ff mwN; Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 74 RdNr 14 ff mwN; Greiser in jurisPK-SGB XII, § 74 SGB XII RdNr 55 mwN). Maßstab kann dann nicht der frühere Lebensstandard des Verstorbenen sein, sondern es muss das sein, was ortsüblicherweise (§ 9 Abs 1 SGB XII)zu den Bestattungskosten im oben bezeichneten Sinne gehört. Ortsüblichkeit darf sich insoweit jedoch nicht an der Situation aller Verstorbenen orientieren, sondern herangezogen werden können nur die Bezieher unterer bzw mittlerer Einkommen anhand eines regelmäßig objektiven Maßstabs (zum objektiven Maßstab: Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Aufl 2010, § 74 SGB XII RdNr 31 mwN; siehe aber zu einem subjektiven Maßstab in Ausnahmefällen unter 11).
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10. Erst wenn auf diese Weise der inhaltliche Rahmen der von § 74 SGB XII erfassten Bestattungskosten feststeht, ist ihre Erforderlichkeit im engen Sinne zu beurteilen. Hierfür sind die - wiederum - ortsüblichen Preise zu ermitteln. Zu berücksichtigen ist indes, dass dem Bestattungspflichtigen im Hinblick auf die ihm üblicherweise zur Verfügung stehende nur kurze Zeit und die besondere (Belastungs-)Situation keine umfassende Prüfungspflicht abverlangt werden kann, welches der vor Ort oder im erweiterten Umkreis ansässigen Bestattungsunternehmen die günstigsten Bedingungen bieten kann. Vielmehr müssen alle Kostenansätze akzeptiert werden, die sich nicht außerhalb der Bandbreite eines wettbewerbsrechtlich orientierten Marktpreises bewegen. Dies wird das LSG ggf zu ermitteln und dabei zu beachten haben, ob sich, wenn einzelne Rechnungsposten des Bestattungsunternehmens überhöht sein sollten, doch die Gesamtkosten in einem hinnehmbaren Rahmen bewegen, der der Ungewissheit des (potenziellen) Leistungsempfängers über das Ausmaß dessen, was an Bestattungskosten vom Sozialhilfeträger überhaupt übernommen werden kann, Rechnung trägt.
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11. Die Rechtslage kann sich aber dann ändern, wenn sich - was empfehlenswert ist - der Bestattungspflichtige vor der Eingehung von Verpflichtungen beim zuständigen Sozialhilfeträger darüber beraten lässt, was einer würdigen Bestattung entspricht und welche dafür anfallenden Kosten ggf als erforderlich anerkannt werden können. Zwar besteht eine Beratungspflicht (§ 11 Abs 1 und 2 SGB XII)regelmäßig nicht von Amts wegen, wenn nicht Anlass für eine sog Spontanberatung besteht (vgl dazu nur Mönch-Kalina in jurisPK-SGB I, § 14 RdNr 32 ff mwN); jedoch hat der zuständige Sozialhilfeträger den potentiellen Leistungsempfänger dann ausführlich und umfassend zu beraten, wenn dieser um entsprechenden Rat nachsucht. Ob dies vorliegend geschehen ist, wird das LSG zu ermitteln haben. Dabei ist von besonderer Bedeutung, dass der Beklagte mit örtlichen bzw regionalen Bestattungsunternehmen offenbar auf ordnungsrechtlicher Basis Vereinbarungen über Bestattungsmodalitäten und deren Kosten getroffen hat, die es uU nahelegen, dass die Beratung durch weitere Unterstützungshandlungen iS des § 11 Abs 3 SGB XII ergänzt wird. Insoweit bedarf es keines Rückgriffs auf die allgemeine Beratungspflicht des § 14 SGB I, weil die Regelungen des § 11 SGB XII ohnedies einen weitergehenden Anspruch (Geldleistungen für Beratungen Dritter, Unterstützungsleistungen) gewähren(dies verkennt Krahmer, Sozialrecht aktuell 2011, 161 ff). Ist der Beklagte seinen Verpflichtungen, die ihm auch gegenüber der Klägerin trotz deren Bezugs von Alg II unter Berücksichtigung des § 21 Satz 1 SGB XII obliegen(BSGE 106, 268 ff RdNr 23 = SozR 4-4200 § 16 Nr 5; Spellbrink in jurisPK-SGB XII, § 11 RdNr 5 und 12; dies verkennt die Kritik von Krahmer, Sozialrecht aktuell 2011, 161 ff, der zu Unrecht behauptet, der Senat habe entschieden, Beratungsleistungen nach §§ 11, 8 SGB XII stünden im Sinne einer echten Annexleistung nur Bedürftigen zu, die tatsächlich Sozialleistungen erhielten), nicht bzw nicht ausreichend nachgekommen, hat er die tatsächlichen Kosten selbst dann zu übernehmen, wenn und soweit sie zu den objektiv erforderlichen Kosten nicht in einem derart auffälligen Missverhältnis stehen, dass dies der Klägerin als der Bestattungspflichtigen ohne Weiteres hätte auffallen müssen. Ausnahmsweise muss dann also ein subjektiver Maßstab genügen.
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12. Stehen die erforderlichen Bestattungskosten fest, wird das LSG schließlich ggf zu prüfen haben, ob bzw inwieweit der Klägerin die Tragung dieser Kosten zugemutet werden kann; auch hierzu fehlen ausreichende tatsächliche Feststellungen. Bei seiner Entscheidung wird das LSG zu beachten haben, dass nach der ständigen Rechtsprechung des BVerwG und des BSG im Hinblick auf die von den üblichen sozialhilferechtlichen Bedarfssituationen abweichende Struktur des § 74 SGB XII Besonderheiten zu beachten sind. Dies gilt nicht nur für die Anwendung des § 18 SGB XII und die darin verlangte Kenntnis des Sozialhilfeträgers(BSGE 104, 219 ff RdNr 15 = SozR 3500 § 74 Nr 1), sondern auch für die Bedürftigkeitsprüfung des § 19 Abs 3 SGB XII, die überlagert ist von der in § 74 SGB XII vorgesehenen (besonderen) Zumutbarkeitsprüfung. Dies hat bereits das BVerwG zur Vorgängervorschrift des § 15 BSHG entschieden und betont, die Vorschrift nehme im Recht der Sozialhilfe eine Sonderstellung ein, die es (sogar) rechtfertige, neben wirtschaftlichen Verhältnissen des Verpflichteten andere Momente zu berücksichtigen(BVerwGE 105, 51 ff; vgl auch BSGE 104, 219 ff RdNr 14 ff = SozR 3500 § 74 Nr 1). Dass die Übernahme von Bestattungskosten im BSHG der Hilfe zum Lebensunterhalt zugeordnet wurde, während sie im SGB XII systematisch zu den besonderen Hilfen (früher: Hilfe in besonderen Lebenslagen) zählt, ist nicht von wesentlicher Bedeutung. Mit der Einführung des SGB XII in das Sozialgesetzbuch sollte nichts an der besonderen Struktur der Regelung geändert werden.
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Die üblichen Bedürftigkeitskriterien der §§ 85 bis 91 SGB XII dienen gleichwohl als Orientierungspunkte für die Beurteilung der Zumutbarkeit(vgl H. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Aufl 2010, § 74 SGB XII RdNr 12); in besonderer Weise ist Bedürftigkeit im Sinne des SGB II bzw SGB XII bezogen auf Leistungen zum Lebensunterhalt ein wesentliches Kriterium der Zumutbarkeit des § 74 SGB XII. Liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Alg II bzw Leistungen für den Lebensunterhalt nach dem SGB XII vor, ist regelmäßig von Unzumutbarkeit auszugehen (BSGE 104, 219 ff RdNr 17 = SozR 4-3500 § 74 Nr 1). Vom Bewilligungsbescheid über die Gewährung von Alg II gehen indes keine Bindungswirkungen aus. Auch zu diesem Punkt fehlen die notwendigen Feststellungen des LSG. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Bedürftigkeit ist das Fälligwerden der entsprechenden Schuldverpflichtungen der Klägerin (BSGE 104, 219 ff RdNr 17 = SozR 4-3500 § 74 Nr 1). Ein späterer Wegfall der Bedürftigkeit ist aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes ohne Bedeutung (BSGE aaO). Offen bleiben kann nach Aktenlage auch, ob bei der Beurteilung der Zumutbarkeit Einkommen oder Vermögen einer anderen Person einer Einsatzgemeinschaft iS des § 19 Abs 3 SGB XII zu berücksichtigen ist(dazu etwa Greiser in jurisPK-SGB XII, § 74 SGB XII RdNr 49 mwN).
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13. Zumutbar ist die Tragung der Kosten allerdings unabhängig von der unter 12 bezeichneten Bedürftigkeit, wenn die Klägerin über Einkommen oder Vermögen verfügte (Sterbegeld, Bestattungsvorsorge, Erbschaft), das für die Bestattung vorgesehen (H. Schellhorn, aaO, § 74 SGB XII RdNr 12 mwN; Berlit in LPK-SGB XII, § 74 SGB XII RdNr 8 mwN)oder nach Sinn und Zweck des § 74 SGB XII dafür zu verwenden ist(s für den Fall der Erbschaft § 1968 BGB). Dies entspricht nicht zuletzt den Kriterien der §§ 85 bis 91 SGB XII; denn auch § 88 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII ermöglicht die Berücksichtigung von Einkommen unterhalb der Einkommensgrenze(Gutzler in jurisPK-SGB XII, § 88 SGB XII RdNr 42), und eine Erbschaft fällt nach der Rechtsprechung des BVerwG (BVerwG Buchholz 436.0 § 15 BSHG Nr 2)jedenfalls nicht unter § 90 Abs 2 Nr 9 SGB XII, ist somit als solche nicht unter diesem Gesichtspunkt privilegiertes Vermögen. Etwas anderes kann für einzelne Gegenstände der Erbschaft gelten (etwa ein nach § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII privilegiertes Hausgrundstück). Ist Einkommen oder Vermögen im bezeichneten Sinne vorhanden, steht es in Höhe des Bestattungsbedarfs nicht für den Lebensunterhalt zur Verfügung; es handelt sich insoweit nicht um bereite Mittel. Auch hierzu fehlen tatsächliche Feststellungen des LSG.
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Ggf wird das LSG auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Tenor
Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 9. Februar 2007 - 11 K 50/06 - wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
den Leistungsbescheid des Beklagten vom 2.3.2006 und den in seiner Sitzung vom 8.6.2006 ergangenen Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses des Landkreises A-Stadt aufzuheben.
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes (Az.: 11 K 50/06) vom 9.2.2007 die Klage abzuweisen.
die Berufung zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Amtsbl. S. 1414, geändert durch Art. 9 Abs. 17 des Gesetzes vom 7.11.2001, Amtsbl. S. 2158,
vgl. Urteil des VG des Saarlandes vom 6.3.2001 -10 K 112/00- und Urteil des OVG des Saarlandes vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, AS 30, 439, wonach nach der bisherigen Regelung im Saarland die Bestattungspflicht gewohnheitsrechtlich den zur Totenfürsorge verpflichteten nächsten Angehörigen des Verstorbenen oblag.
„In Bezug auf die Bestattungspflicht kommt es immer wieder zu gerichtlichen Verfahren. Die bisherige Polizeiverordnung über das Bestattungs- und Leichenwesen hat eine Regelung nicht getroffen. Absatz 1 bestimmt daher die Rangfolge der öffentlich-rechtlich zur Bestattung verpflichteten Hinterbliebenen. Die Bestattungspflicht eines Vorrangigen schließt die öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht der nachfolgenden Rangstufen aus. Diese Regelung orientiert sich an zivilrechtlichen Erbfolgeregelungen. Sie bewirkt auch, dass im Normalfall eine Gemeinde, die in Erfüllung der Pflicht der Ersatzvornahme die Bestattung veranlasst hat, in der überwiegenden Zahl der Fälle die/den Bestattungspflichtige/n zur Kostenerstattung heranziehen kann. Die zivilrechtlichen Ausgleichsansprüche Bestattungspflichtiger gegen Erben bleiben unberührt.“
vgl. insofern § 9 Bestattungsgesetz Rheinland-Pfalz
vgl. im Einzelnen Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 9. Aufl., 2004, S. 103 f. sowie S. 304 ff. mit einer Übersicht über die landesgesetzlichen Bestimmungen; des Weiteren: Stelkens/Cohrs, Bestattungspflicht und Bestattungskostenpflicht, NVwZ 2002, 917 (918).
ebenso die Bestattungsgesetze Brandenburg (§ 20 Abs. 1 Satz 2) und Sachsen (§ 10 Abs. 1 Satz 3); anders § 8 Abs. 4 Satz 2 BestattG Niedersachsen, der eine gesamtschuldnerische Haftung der Bestattungspflichtigen vorsieht.
vgl. die fast wortgleichen Regelungen in § 10 Abs.1 Satz 3 BestattG Sachsen und § 20 Abs. 1 Satz 2 BestattG Brandenburg.
BVerfG, Beschluss vom 23.3.1994 -8 BvL 8/85-, BVerfGE 90, 226 (229).
vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.8.1994 -1 B 149/94-, NVwZ-RR 1995, 283; OVG des Saarlandes, Urteil vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, AS 30, 439 (443); VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, VBlBW 2005,141; jeweils dokumentiert bei juris.
vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004, a.a.O.; Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 920.
vgl. im Übrigen die inhaltsgleichen Regelungen in § 31 Abs. 2 BestattG Baden-Württemberg, Art. 14 Abs. 2 BestattG Bayern, § 20 Abs. 2 BestattG Brandenburg und § 9 Abs. 2 BestattG Mecklenburg-Vorpommern.
vgl. bspw. § 10 BestattG Sachsen
vgl. § 14 BestattG Sachsen-Anhalt und § 9 BestattG Rheinland-Pfalz.
in diesem Sinne auch Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 921, und –zu § 2 Abs. 3 TierSchG 1972- BVerwG, Urteil vom 12.2.1987 -3 C 22/86-, BVerwGE 77, 19.
so erfolgt bspw. in § 10 Abs. 3 BestattG Sachsen.
„Absatz 2 geht auf die Situation ein, dass Bestattungspflichtige nicht vorhanden sind oder nicht ermittelbar sind. Auch in diesen Fällen muss die Bestattung des Leichnams geregelt werden. Daher wird unter Bezug auf die polizeirechtlichen Bestimmungen die Ortspolizeibehörde als zuständige Stelle ausgewiesen.“
VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O..
Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O., m.w.Nw.,
vgl. zu § 15 BSHG: Schellhorn, BSHG, Kommentar, 16. Auf., § 15 Rdnrn. 6 f..
Schellhorn, a.a.O. zu § 15 BSHG Rdnr. 6; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 10.1.2005 -12 A 11605/04-, FEVS 56, 476 m.w.Nw. zur Rspr., dokumentiert bei juris.
Urteile vom 5.6.1997 -5 C 13/96-, BVerwGE 105,51, und vom 29.1.2004 -5 C 2/03-, BVerwGE 110, 111, jeweils dokumentiert bei juris,
vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.6.2007 -7 A 11566/06-, AS 34, 401 (405/406).
vgl. BVerwG, Urteil vom 29.1.2004 -5 C 2/03-, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O.; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 26.9.2007 -8 LA 81/07-, dokumentiert bei juris.
vgl. Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 923 f..
vgl. Gaedke, a.a.O., S. 118 a.E.; Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 923 Fn. 70.
Urteil vom 16.1.2007 -11 K 1326/06-, BWGZ 2007, 471, dokumentiert bei juris,
u.a. mit dem Hinweis auf das Urteil des OVG des Saarlandes vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, a.a.O.; a.A. aber VG Ansbach, Urteil vom 6.9.2007 –AN 4 K 06.03544-, dokumentiert bei juris.
Beschluss vom 2.2.1996 -19 A 3802/95-, NVwZ-RR 1997, 99, dokumentiert bei juris,
vgl. VG Koblenz, Urteil vom 14.6.2005 -6 K 93/05.KO-, KKZ 2006, 35, dokumentiert bei juris.
Urteil vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, a.a.O.,
Gaedke, a.a.O., S. 117.
Gründe
Amtsbl. S. 1414, geändert durch Art. 9 Abs. 17 des Gesetzes vom 7.11.2001, Amtsbl. S. 2158,
vgl. Urteil des VG des Saarlandes vom 6.3.2001 -10 K 112/00- und Urteil des OVG des Saarlandes vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, AS 30, 439, wonach nach der bisherigen Regelung im Saarland die Bestattungspflicht gewohnheitsrechtlich den zur Totenfürsorge verpflichteten nächsten Angehörigen des Verstorbenen oblag.
„In Bezug auf die Bestattungspflicht kommt es immer wieder zu gerichtlichen Verfahren. Die bisherige Polizeiverordnung über das Bestattungs- und Leichenwesen hat eine Regelung nicht getroffen. Absatz 1 bestimmt daher die Rangfolge der öffentlich-rechtlich zur Bestattung verpflichteten Hinterbliebenen. Die Bestattungspflicht eines Vorrangigen schließt die öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht der nachfolgenden Rangstufen aus. Diese Regelung orientiert sich an zivilrechtlichen Erbfolgeregelungen. Sie bewirkt auch, dass im Normalfall eine Gemeinde, die in Erfüllung der Pflicht der Ersatzvornahme die Bestattung veranlasst hat, in der überwiegenden Zahl der Fälle die/den Bestattungspflichtige/n zur Kostenerstattung heranziehen kann. Die zivilrechtlichen Ausgleichsansprüche Bestattungspflichtiger gegen Erben bleiben unberührt.“
vgl. insofern § 9 Bestattungsgesetz Rheinland-Pfalz
vgl. im Einzelnen Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 9. Aufl., 2004, S. 103 f. sowie S. 304 ff. mit einer Übersicht über die landesgesetzlichen Bestimmungen; des Weiteren: Stelkens/Cohrs, Bestattungspflicht und Bestattungskostenpflicht, NVwZ 2002, 917 (918).
ebenso die Bestattungsgesetze Brandenburg (§ 20 Abs. 1 Satz 2) und Sachsen (§ 10 Abs. 1 Satz 3); anders § 8 Abs. 4 Satz 2 BestattG Niedersachsen, der eine gesamtschuldnerische Haftung der Bestattungspflichtigen vorsieht.
vgl. die fast wortgleichen Regelungen in § 10 Abs.1 Satz 3 BestattG Sachsen und § 20 Abs. 1 Satz 2 BestattG Brandenburg.
BVerfG, Beschluss vom 23.3.1994 -8 BvL 8/85-, BVerfGE 90, 226 (229).
vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.8.1994 -1 B 149/94-, NVwZ-RR 1995, 283; OVG des Saarlandes, Urteil vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, AS 30, 439 (443); VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, VBlBW 2005,141; jeweils dokumentiert bei juris.
vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004, a.a.O.; Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 920.
vgl. im Übrigen die inhaltsgleichen Regelungen in § 31 Abs. 2 BestattG Baden-Württemberg, Art. 14 Abs. 2 BestattG Bayern, § 20 Abs. 2 BestattG Brandenburg und § 9 Abs. 2 BestattG Mecklenburg-Vorpommern.
vgl. bspw. § 10 BestattG Sachsen
vgl. § 14 BestattG Sachsen-Anhalt und § 9 BestattG Rheinland-Pfalz.
in diesem Sinne auch Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 921, und –zu § 2 Abs. 3 TierSchG 1972- BVerwG, Urteil vom 12.2.1987 -3 C 22/86-, BVerwGE 77, 19.
so erfolgt bspw. in § 10 Abs. 3 BestattG Sachsen.
„Absatz 2 geht auf die Situation ein, dass Bestattungspflichtige nicht vorhanden sind oder nicht ermittelbar sind. Auch in diesen Fällen muss die Bestattung des Leichnams geregelt werden. Daher wird unter Bezug auf die polizeirechtlichen Bestimmungen die Ortspolizeibehörde als zuständige Stelle ausgewiesen.“
VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O..
Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O., m.w.Nw.,
vgl. zu § 15 BSHG: Schellhorn, BSHG, Kommentar, 16. Auf., § 15 Rdnrn. 6 f..
Schellhorn, a.a.O. zu § 15 BSHG Rdnr. 6; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 10.1.2005 -12 A 11605/04-, FEVS 56, 476 m.w.Nw. zur Rspr., dokumentiert bei juris.
Urteile vom 5.6.1997 -5 C 13/96-, BVerwGE 105,51, und vom 29.1.2004 -5 C 2/03-, BVerwGE 110, 111, jeweils dokumentiert bei juris,
vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.6.2007 -7 A 11566/06-, AS 34, 401 (405/406).
vgl. BVerwG, Urteil vom 29.1.2004 -5 C 2/03-, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O.; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 26.9.2007 -8 LA 81/07-, dokumentiert bei juris.
vgl. Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 923 f..
vgl. Gaedke, a.a.O., S. 118 a.E.; Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 923 Fn. 70.
Urteil vom 16.1.2007 -11 K 1326/06-, BWGZ 2007, 471, dokumentiert bei juris,
u.a. mit dem Hinweis auf das Urteil des OVG des Saarlandes vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, a.a.O.; a.A. aber VG Ansbach, Urteil vom 6.9.2007 –AN 4 K 06.03544-, dokumentiert bei juris.
Beschluss vom 2.2.1996 -19 A 3802/95-, NVwZ-RR 1997, 99, dokumentiert bei juris,
vgl. VG Koblenz, Urteil vom 14.6.2005 -6 K 93/05.KO-, KKZ 2006, 35, dokumentiert bei juris.
Urteil vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, a.a.O.,
Gaedke, a.a.O., S. 117.
Die erforderlichen Kosten einer Bestattung werden übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.
Die erforderlichen Kosten einer Bestattung werden übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen.