Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 26. Okt. 2015 - 7 K 1523/14
Tenor
Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden hälftig geteilt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
T a t b e s t a n d
2Am 16.07.2014 wurde der Bruder der Klägerin, Herr U. M. , tot in seiner Wohnung in B. aufgefunden. Es war bereits Leichenstarre an allen Extremitäten und am Kiefer stark ausgeprägt eingetreten und Leichenflecke waren stark ausgebildet. Zuletzt hatte ein Mitbewohner den Verstorbenen am 09.07.2014 lebend gesehen. Durch Erkundigungen bei Einwohnermeldeämtern, Standesämtern etc. konnte die Beklagte die Anschrift der Klägerin, als Schwester des Verstorbenen ermitteln und feststellen, dass zwei Geschwistern des Verstorbenen vorverstorben waren. Die Telefonnummer der Klägerin, war mangels Eintragung im öffentlichen Telefonregister zunächst nicht bekannt. Die Beklagte veranlasste daher zunächst eine Notversorgung des Leichnams durch das Bestattungsunternehmen T. -N. .
3Mit der streitbefangenen Ordnungsverfügung vom 17.07.2014, zugestellt am 19.07.2014, forderte die Beklagte die Klägerin auf, eine Bestattung bis spätestens 24.07.2014 - 12.00 Uhr - in Auftrag zu geben und drohte zugleich eine Ersatzvornahme an, wobei sich die Kosten voraussichtlich auf 2.574,- € belaufen würden.
4Hierauf teilte die Klägerin am 21.07.2014 fernmündlich mit, dass sie zu dem Verstorbenen keinen Kontakt gehabt habe und nicht zu einer Bestattungsregelung bereit sei. Frau N. vom Bestattungsunternehmen T. -N. berichtete unter dem 24.07.2014, dass kein Bestattungsauftrag durch die Klägerin erfolgt sei.
5Mit Bescheid vom 24.07.2014, zugestellt am 26.07.2014, erfolgte gegenüber der Klägerin eine Festsetzung der Ersatzvornahme mit der Begründung, die Klägerin habe die Frist zu einer Beauftragung einer Bestattung verstreichen lassen. Ebenfalls am 24.07.2014 gab die Beklagte bei dem Bestattungsunternehmen im Wege der Ersatzvornahme eine Erdbestattung ohne Trauerhallennutzung in Auftrag und bat darum einen Freund des Verstorbenen zu informieren. Per E-Mail vom 24.07.2014 (13.15 Uhr) unterrichtete die Beklagte den Leiter des Gemeindebüros der Evangelischen Kirchengemeinde B. darüber, dass das Bestattungsinstitut beauftragt worden sei.
6Die Klägerin hat am 14.08.2014 Klage erhoben und trägt vor, die Ordnungsverfügung vom 17.07.2014 sowie die Festsetzung der Ersatzvornahme vom 24.07.2014 seien rechtswidrig. Sie habe bereits am 21.07.2014 mitgeteilt, dass sie seit mehr als 35 Jahren keinen Kontakt zu dem Verstorbenen mehr gehabt habe. Da seine Lebensumstände ihr nicht bekannt seien, habe sie keine Möglichkeit zu prüfen, ob sie überhaupt als Bestattungspflichtige in Anspruch genommen werden könne. Zudem lebten zumindest zwei weitere Geschwister, die gleichrangig verpflichtet wären. Sie habe bei der Beklagten vergeblich um Aushändigung einer Sterbeurkunde und Angabe des Todestages gebeten.
7Eine Ordnungsverfügung müsse nach ihrem Mindestinhalt den Betroffenen in die Lage versetzen, aufgrund des mitgeteilten Sachverhalts entscheiden zu können, ob er im Rahmen eines hoheitlichen Aktes tatsächlich in Anspruch genommen werden kann. Hieran mangele es vorliegend sowohl bei Durchsicht der Ordnungsverfügung als auch der Festsetzungsverfügung. Auch nach Akteneinsicht sei die Klägerin nicht in der Lage, ihre nachrangige Bestattungspflicht zu überprüfen. Die Beklagte habe bislang keine Ermittlung nach vorrangig bestattungspflichtigen Personen aufgenommen.
8Es sei fraglich, ob die Beklagte sich zum Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung vom 17.07.2014 zu deren Begründung noch auf § 13 Abs. 3 BestG NRW berufen könne. Da der Tag der Leichenauffindung nicht der Todestag gewesen sein könne, spreche einiges dafür, dass bei Erlass der Ordnungsverfügung bereits eine subsidiäre Bestattungspflicht der Beklagten eingetreten gewesen sei. Dieses bestattungsrechtliche Subsidiaritätsprinzip müsse zwangsläufig auch dann eintreten, wenn feststehe, dass bestattungspflichtige Angehörige die Frist aus § 13 Abs. 3 BestG NRW nicht einhalten könnten. Mangels Vorlage einer Sterbeurkunde könne die Klägerin nicht prüfen, ob die subsidiäre Bestattungspflicht der Beklagten bereits eingetreten sei.
9Dem Verwaltungsvorgang ließen sich keine Recherchen der Beklagten bezüglich eines Lebenspartners des Verstorbenen, Kindern oder Eltern entnehmen. Es finde sich lediglich der Vermerk, das Standesamt H. habe nicht mitgeteilt, ob die Eltern noch lebten. Vor diesem Hintergrund hätte die Klägerin ohne weitere Recherchen der Beklagten nicht in Anspruch genommen werden dürfen. Im Übrigen habe die Beklagte zwei noch lebende Geschwister der Klägerin nicht ausfindig gemacht. Die Klägerin reichte mit Schreiben vom 19.05.2015 eine Mitteilung der Gemeinde X. nach, wonach ihr Bruder - Herr N1. N2. . - im Jahre 1994 nach N3. verzogen sei.
10Die streitbefangene Ordnungsverfügung sei unzureichend gewesen. Der Klägerin könne nicht entgegengehalten werden, wenn die Beklagte von den Standesämtern falsche Auskünfte erhalten habe, wobei der Inhalt der Telefonate mit den Standesämtern nicht dokumentiert worden sei.
11Nach Hinweis des Gerichts auf eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) vom 02.02.2015 - 11 A 2729/13 -, die sich auf den Übergang vom gestreckten Verfahren zum Sofortvollzug bezieht, haben die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung den Rechtstreit betreffend der Festsetzungsverfügung vom 24.07.2014 unter Verweigerung gegen die Kostenlast übereinstimmend für erledigt erklärt.
12Die Klägerin beantragt nunmehr,
13den Bescheid der Beklagten vom 17.07.2014 aufzuheben.
14Die Beklagte beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Sie trägt vor, der Bescheid vom 17.07.2014 sei rechtmäßig; gleiches gelte hinsichtlich des (erledigten) Festsetzungsbescheides vom 24.07.2014. In der nachgereichten Sterbeurkunde vom 10.10.2014 sei als Zeitpunkt des Todes ein Zeitraum zwischen dem 09.07.2014 (12.00 Uhr) und 16.07.2014 (10.50 Uhr) angegeben. Am 16.07.2014 habe die Beklagte zunächst nur die Klägerin als lebende nahe Angehörige (Schwester) ermitteln können; zwei weitere Schwestern seien vorverstorben. Weitere gleichrangige Hinterbliebene oder vorrangig bestattungspflichtige Personen hätten nicht ermittelt werden können. Die Ordnungsverfügung sei rechtmäßig. Die Beklagte sei als örtliche Ordnungsbehörde befugt gewesen, der bestattungspflichtigen Klägerin die Bestattung ihres verstorbenen Bruders innerhalb der Bestattungsfrist aufzugeben. Trotz intensiver Bemühungen hätten keine anderen Bestattungspflichtigen ermittelt werden können. Es seien u.a. das Bürgeramt der Stadt B. , das Betreuungsgericht B. , die Gemeinde X. , das Standesamt H. , das Einwohnermeldeamt P. / X. , das Einwohnermeldeamt L. , das Polizeipräsidium B. und die evangelische Kirchengemeinde X. kontaktiert worden.
17Der Vortrag der Klägerin, sie habe beim Telefonat vom 21.07.2014 zwei weitere lebende Geschwister erwähnt und eine Sterbeurkunde sowie die Bekanntgabe des Todestages verlangt, treffe nicht zu. In dem sehr kurzen Telefonat habe sie lediglich mitgeteilt, dass sie keine Bestattung in Auftrag geben wolle und einen Rechtsanwalt eingeschaltet habe.
18Für die Rechtmäßigkeit der Ordnungsverfügung sei es rechtlich irrelevant, ob die Klägerin hierdurch in die Lage versetzt worden sei, ihre nachrangige Bestattungspflicht zu überprüfen. Maßgeblich sei allein der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (also hier der 17.07.2014). Abgesehen hiervon habe die Klägerin alle zur Prüfung ihrer Bestattungspflicht wesentlichen Informationen erhalten. Die Ordnungsbehörde dürfe eine Bestattung erst vornehmen, wenn feststehe, dass die Angehörigen des Verstorbenen ihrer Bestattungspflicht nicht nachkommen oder wenn alle zumutbaren Maßnahmen zur Ermittlung und Benachrichtigung erfolglos geblieben seien.
19Nachträgliche weitere Recherchen hätten ergeben, dass eine weitere Schwester namens F. noch lebe. Das Standesamt H. habe zunächst eine unzutreffende Auskunft erteilt. Aufgrund Angabe der Klägerin im ersten Verhandlungstermin vom 18.05.2015 habe die Anschrift ihres Bruders N1. N2. . ermittelt werden können, der zum Erlass eines Kostenfestsetzungsbescheides noch anzuhören sei. Die Sterbeurkunden der Eltern der Klägerin hätten bereits im Termin vom 18.05.2015 vorgelegt werden können. Die Lebensversicherung des Verstorbenen habe einen Betrag in Höhe von 809,98 € überwiesen. Die Höhe der zu erstattenden Bestattungskosten reduziere sich möglicherweise entsprechend. Die Fehler der frühzeitig kontaktierten Standesämter H. und X. seien der Beklagten nicht anzulasten.
20Mit Beschluss vom 01.04.2015 ist der Rechtstreit auf den Einzelrichter übertragen worden.
21Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen.
22E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
23Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache (betreffend den Festsetzungsbescheid vom 24.07.2014) für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.
24Im Übrigen ist die Klage zulässig, aber unbegründet. Trotz Übergangs vom gestreckten Vollzug in den Sofortvollzug ist davon auszugehen, dass die Ordnungsverfügung vom 17.07.2014 nicht gegenstandslos geworden. Hinsichtlich der Ordnungsverfügung ist danach das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage zu bejahen.
25Mit der Ordnungsverfügung war der Klägerin aufgegeben worden, die Beisetzung ihres verstorbenen Bruders bis spätestens 24.07.2014 - 12.00 Uhr - in Auftrag zu geben. Der Festsetzungsbescheid vom 24.07.2014 war zum Zeitpunkt seiner Bekanntgabe am 26.07.2014 durch begonnenen Sofortvollzug bereits inhaltlich gegenstandslos geworden und ging daher ins Leere. Dabei ist es unerheblich, dass sich die Beklagte zum Zeitpunkt der Beauftragung des Bestattungsunternehmens am 24.07.2014 hierüber nicht im Klaren war. Auch wenn in dem Festsetzungsbescheid vom 24.07.2014 davon die Rede ist, die Klägerin habe die gesetzte Frist ungenutzt verstreichen lassen, erfolgte der Bestattungsauftrag an das Beerdigungsinstitut noch vor Zugang des Bescheides vom 24.07.2014. Damit war die Beklagte zum Sofortvollzug übergegangen.
26Vgl. zum Übergang vom gestreckten Verfahren in den Sofortvollzug: OVG NRW, Beschluss vom 02.02.2015 - 11 A 2729/13 -, juris, Rn. 5-8 mit weiteren Nachweisen.
27Im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit der Klage ist allerdings davon auszugehen, dass durch diesen Übergang zum Sofortvollzug nicht auch die Ordnungsverfügung vom 17.07.2014 gleichfalls von der Beklagten fallen gelassen wurde bzw. gegenstandslos geworden ist. Denn die Beklagte wollte bei der Beauftragung des Beerdigungsinstituts aufgrund der zuvor ergangenen Ordnungsverfügung vorgehen bzw. diese im Wege der Ersatzvornahme umsetzen.
28Die Klage ist indes unbegründet. Die Ordnungsverfügung vom 17.07.2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 VwGO).
29Rechtsgrundlage für die auf Bestattung des Verstorbenen gerichtete Ordnungsverfügung an die Klägerin war § 14 Abs. 1 OBG NRW. Hiernach können die Ordnungsbehörden die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im einzelnen Falle bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung (Gefahr) abzuwehren. Da sich der Verstorbene im Gebiet der Beklagten befand, war diese nach § 8 Abs. 1 Satz 2 BestG NRW für den Erlass der Ordnungsverfügung zuständig. Im Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung am 17.07.2014 bestand bereits eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Durch die Ordnungsverfügung wurde die Klägerin als Bestattungspflichtige in Anspruch genommen, da ansonsten der Ablauf der achttägigen Bestattungsfrist nach § 13 Abs. 3 Satz 1 BestG NRW (in der hier aufgrund des Todeszeitpunkts im Juli 2014 noch anzuwenden Fassung vom 01.09.2003, die bis zum 30.09.2014 Geltung besaß, GVBl. NRW, 2003, 313) drohte. Sinn und Zweck der Bestattungsfrist besteht darin, Gesundheitsgefahren zu verhindern, die nach dem Einsetzen des Verwesungsprozesses von einer unbestatteten Leiche ausgehen können. Diese Gefahr besteht unabhängig davon, für welche Art der Bestattung sich der Pflichtige nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BestG NRW entscheidet. Vorliegend endete die Frist spätestens am 24.07.2014 (acht Tage nach Auffinden der Leiche). Bis zum Erlass der Ordnungsverfügung waren Bemühungen der Beklagten, weitere Bestattungspflichtige bzw. deren Anschriften zu ermitteln, ohne Erfolg geblieben. Im Hinblick auf die konkreten Umstände des Einzelfalls und den Zustand des Leichnams bei seiner Auffindung ist es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte innerhalb von zwei Tagen ihre vorläufigen Ermittlungen quasi abschloss und mittels Ordnungsverfügung gegen die Klägerin vorging. Mit der Ordnungsverfügung wurde der Klägerin die Möglichkeit eingeräumt, bis zum 24.07.2014 - 12.00 Uhr - selbst eine Bestattung in Auftrag zu geben. Die Inanspruchnahme der Klägerin als Bestattungspflichtige war nach § 8 Abs. 1 Satz 1 BestG NRW rechtmäßig, da sie eine Schwester des Verstorbenen war. Vorrangig Bestattungspflichtige gab es nicht. Die Eltern der Klägerin und ihres Bruders waren bereits vorverstorben, auch wenn dies der Beklagten zum Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung noch nicht bekannt war.
30Soweit die Klägerin geltend macht, aufgrund des Inhalts der Ordnungsverfügung nicht in der Lage gewesen zu sein, ihre Bestattungspflichtigkeit zu prüfen, ist dies für die Rechtmäßigkeit der gegen sie gerichteten Ordnungsverfügung rechtlich nicht ausschlaggebend. Entsprechend ihrem damaligen Kenntnisstand unterrichtete die Beklagte die Klägerin darüber, dass sie als Schwester des Verstorbenen - mangels Kenntniserlangung der Behörde über andere vorrangig Bestattungspflichtige - als bestattungspflichtig anzusehen sei. Es kann für die Rechtmäßigkeit der Verpflichtung zur Beisetzung mittels Ordnungsverfügung letztlich nicht darauf ankommen, ob der Adressat der Ordnungsverfügung unmittelbar in die Lage versetzt wird, Kostenabwälzungsmöglichkeiten auf andere Angehörige abschätzen zu können. Im Hinblick auf den kurzen Zeitraum, der den Ordnungsbehörden zur Verfügung steht, um Bestattungspflichtige ausfindig zu machen und der Einhaltung der gesetzlichen Beisetzungsfristen zu genügen, liegt es auf der Hand, dass häufig keine abschließende Feststellung aller bestattungspflichtigen Angehörigen möglich ist. Zudem ist die Inanspruchnahme als Ordnungspflichtiger für den Fall, dass der jeweilige Adressat der Ordnungsverfügung - wie im vorliegenden Fall - tatsächlich ordnungspflichtig ist (mangels vorrangig Bestattungspflichtiger als Geschwisterkind), ohnehin nicht zu beanstanden. Für den Fall, dass vorrangig Bestattungspflichtige vorhanden sind, könnte der Betroffene diese benennen oder von ihnen nach Beauftragung einer Bestattung im Innenverhältnis Ausgleich einfordern. Zudem könnte der Adressat der Ordnungsverfügung schlicht abwarten und eine Ersatzvornahme der Behörde in Kauf nehmen, ohne Kostenrisiken ausgesetzt zu sein. Bei Erlass eines nachfolgenden Kostenersatzbescheides, dem regelmäßig weitere behördliche Ermittlungen ohne Zeitdruck vorausgehen, bliebe es dem Betroffenen unbenommen geltend zu machen, ein anderer sei vorrangig bestattungspflichtig und seine Inanspruchnahme für die Kosten der Ersatzvornahme daher rechtswidrig.
31Vgl. OVG NRW, Urteil vom 25.06.2015 - 19 A 488/13 - bezüglich Kostenersatzforderung gegenüber dem Sohn des Verstorbenen, nachdem unmittelbar nach Kenntniserlangung vom Todesfall lediglich Geschwister des Verstorbenen hatten ausfindig gemacht werden können und eine Beisetzungsbeauftragung abgelehnt hatten.
32Im Übrigen dienen die Regelungen über Notbestattungen dem Schutz der öffentlichen Sicherheit vor Gesundheitsgefahren, wobei allerdings Rücksicht auf die Menschenwürde des Verstorbenen aus Art. 1 Abs. 1 GG und auf das Recht der Angehörigen auf Totenfürsorge aus Art. 2 Abs. 1 GG zu nehmen ist. Allein durch die Unterrichtung derjenigen Angehörigen, die als bestattungspflichtige Personen in Betracht kommen, kann diesen Schutzgütern Rechnung getragen werden. Diese Rechte wirken sich im Fall des Auffindens einer Leiche verfahrensrechtlich (lediglich) dahingehend aus, dass die Ordnungsbehörde alle unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu Gebote stehenden Möglichkeiten ausschöpfen muss, um etwaige Angehörige ausfindig zu machen und mit diesen möglichst umgehend in Kontakt zu treten.
33Vgl. OVG NRW, Urteil vom 29.04.2008 - 19 A 3665/06 -, juris, Rn. 24, 33 ff., 39.
34Diesen Anforderungen hat die Beklagte durch diverse Anfragen bei Standesämtern und Meldeämtern etc. und Kontaktierung der Klägerin genügt, auch wenn von den kontaktierten Behörden zum Teil unzutreffende Angaben gemacht wurden und weitere noch lebende Geschwister der Klägerin erst deutlich später (im Anschluss an den Verhandlungstermin vom 18.05.2015) durch erneute Anfragen ausfindig gemacht werden konnten.
35Der weitere Einwand der Klägerin, die Beklagte sei aufgrund Ablaufs der Bestattungsfrist aus § 13 Abs. 3 Satz 1 selbst nach § 8 Abs. 1 Satz 2 BestG NRW bestattungspflichtig bzw. ihre subsidiäre Bestattungspflicht sei möglicherweise bereits am 17.07.2014 eingetreten gewesen, verfängt nicht. Denn die Ordnungsbehörde war auch nach Ablauf der gesetzlichen Bestattungsfrist nicht ohne Weiteres zur Beauftragung einer Notbestattung berechtigt. Vielmehr wirkt das bestattungsrechtliche Subsidiaritätsprinzip aus § 8 Abs. 1 Satz 2 BestG NRW auch in einem solchen Fall. Es bedürfte keiner Notbestattung, wenn ein vorrangig bestattungspflichtiger Angehöriger nach Ablauf der Bestattungsfrist ebenso wie die Ordnungsbehörde zur unverzüglichen Erdbestattung bereit und in der Lage wäre. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Die Ordnungsbehörde bleibt in derartigen Fällen gehalten, die Bestattungspflichtigen zur unverzüglichen Beauftragung einer Bestattung anzuhalten (vgl. § 10 Abs. 4 Satz 1 und § 13 Abs. 3 Satz 2 BestG NRW).
36Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11.02.2009 - 19 B 188/09 - zur Rechtswidrigkeit einer Ordnungsverfügung trotz Bereitschaft einer Bestattungspflichtigen zur unverzüglichen Veranlassung einer Beisetzung, juris, Rn. 8-10.
37Ob sie dieser Obliegenheit durch Erlass einer Ordnungsverfügung oder lediglich durch ein einfaches Informationsschreiben mit der Bitte um kurzfristige Beantwortung genügt, ist in das Entschließungsermessen der Ordnungsbehörde gestellt, das gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist. Anhaltspunkte für ein ermessenswidriges Vorgehen der Beklagten sind hier nicht gegeben.
38Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 i.V.m. § 161 Abs. 2 VwGO. Es war eine einheitliche Kostenentscheidung zu treffen, welche die die Teilerledigung und auch den streitig entschiedenen Teil umfasst.
39Vgl. zur Einheitlichkeit der Kostenentscheidung: BVerwG, Urteil vom 02.06.1965 – V C 88.63 –, juris (Kurztext); BVerwG, Beschluss vom 03.11.1981 – 4 B 140.81 –, Rn. 3, juris; VG München, Urteil vom 08.05.2014 – N2. 24 K 13.31306 –, Rn. 43, juris; Olbertz, in: Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, § 155 Rn. 14 (Stand: Oktober 2005).
40Soweit die Beteiligten hinsichtlich des Festsetzungsbescheides vom 24.07.2015 den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, sind der Beklagten nach billigem Ermessen die Verfahrenskosten aufzuerlegen (§ 161 Abs. 2 VwGO). Denn durch den Übergang zum Sofortvollzug hat sie de facto die Erledigung des Festsetzungsbescheides herbeigeführt - aber zugleich durch dessen Zustellung den Anschein erweckt, hiergegen müsse im Klagewege Rechtsschutz gesucht werden. Es handelt sich um Kosten, die durch Verschulden der Beklagten entstanden sind (vgl. § 155 Abs. 4 VwGO). Da im Übrigen (hinsichtlich der Klage gegen die Ordnungsverfügung vom 17.07.2014) die Klägerin unterlegen ist, hat sie insoweit die Kosten zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO). Auf dieser Grundlage sind die Kosten des Verfahrens nach dem Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen hälftig geteilt worden (vgl. § 155 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwGO).
41Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 26. Okt. 2015 - 7 K 1523/14
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 26. Okt. 2015 - 7 K 1523/14
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenVerwaltungsgericht Aachen Urteil, 26. Okt. 2015 - 7 K 1523/14 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 2.400 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag hat keinen Erfolg.
3Dem Zulassungsantrag bleibt schon deshalb der Erfolg versagt, weil für die erhobene Anfechtungsklage schon bei Klageerhebung das Rechtsschutzinteresse fehlte. Denn die angefochtene Ordnungsverfügung der Beklagten vom 11. Dezember 2012 war bereits bei Klageerhebung gegenstandslos. Die Klägerin konnte daher ihre Rechtsposition in Bezug auf diese Ordnungsverfügung durch die erhobene Anfechtungsklage nicht verbessern.
4Vgl. z. B. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Auflage 2014, vor § 40 Rdnr. 38, m. w. N.
51. Die in der Ordnungsverfügung ausgesprochene „Festsetzung der Ersatzvornahme“ ging von vornherein ins Leere. Die Beklagte hatte zur Erreichung ihres Ziels, die von der Klägerin zur Verfügung gestellten Müllgefäße aus dem öffentlichen Straßenraum zu entfernen, zunächst ein gestrecktes Verwaltungsverfahren begonnen (vgl. § 55 Abs. 1 VwVG NRW), indem sie unter dem 5. Dezember 2012 eine auf § 22 Satz 1 StrWG NRW gestützte Grundverfügung mit Androhung der Ersatzvornahme erlassen hatte. Mit der angefochtenen Ordnungsverfügung vom 11. Dezember 2012 hat sie sodann die angedrohte Ersatzvornahme für den Abfuhrbezirk 1 gemäß § 64 Satz 1 VwVG NRW festgesetzt. Diese Ordnungsverfügung wurde der Klägerin zunächst am 11. Dezember 2012 per E‑Mail übermittelt; sie gilt damit gemäß § 41 Abs. 2 Satz 2 VwVfG NRW am 14. Dezember 2012 als bekannt gegeben. Die förmliche Zustellung mit Zustellungsurkunde folgte erst am 18. Dezember 2012. Damit wurde die Ordnungsverfügung gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW frühestens am 14. Dezember 2012 wirksam. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Beklagte mit der Durchführung der Ersatzvornahme im Abfuhrbezirk 1 jedoch bereits begonnen, indem sie am 11. Dezember 2012 mit einem um 14.45 Uhr abgegangenen Telefax die Firma C. Abfallbeseitigung GmbH & Co. KG (im Folgenden: Firma C. ) beauftragt hatte, im Abfuhrbezirk 1 „alle im öffentlichen Verkehrsraum abgestellten, gelagerten oder sonst wie auffindbaren blauen Altpapiertonnen der T. Recycling GmbH einzusammeln.“
6Damit ist die Beklagte durch die Beauftragung der Firma C. vor Wirksamwerden der Festsetzung der angedrohten Ersatzvornahme zum Sofortvollzug gemäß § 55 Abs. 2 VwVG NRW übergegangen. Ein Übergang vom zunächst eingeleiteten gestreckten Verfahren zum Sofortvollzug ist im nordrhein-westfälischen Vollstreckungsrecht nicht ausdrücklich vorgesehen, aber rechtlich möglich.
7Vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. Dezember 1980 ‑ 11 A 2347/79 ‑, OVGE 35, 153, 155; ferner etwa Engelhardt/App/Schlatmann, Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz, Verwaltungszustellungsgesetz, Kommentar, 10. Auflage 2014, § 6 VwVG, Rdnr. 22; Sadler, Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz, Verwaltungszustellungsgesetz, Kommentar, 9. Auflage 2014, § 6 VwVG, Rdnr. 291.
8Daher steht nur noch der Sofortvollzug und damit der Kostenbescheid der Beklagten vom 27. Juni 2013 im Streit; der im vorliegenden Verfahren ergangene Bescheid war bereits zum Zeitpunkt seiner Bekanntgabe gegenstandslos und beschwert die Klägerin nicht.
9Dabei ist es unerheblich, dass sich die Beklagte zum Zeitpunkt der Beauftragung der Firma C. möglicherweise nicht darüber im Klaren war, dass sie nunmehr im Rechtssinn vom gestreckten Verfahren zum Sofortvollzug überging. Maßgebend ist allein, wie ihre Vorgehensweise objektiv rechtlich zu bewerten ist. Die Frage, ob ein angefochtener Bescheid ‑ hier der abschließend ergangene Kostenbescheid vom 27. Juni 2013 ‑ materiell rechtmäßig ist, richtet sich nach dem Recht, das geeignet ist, die getroffene Regelung zu rechtfertigen. Erweist sie sich aus anderen Rechtsgründen, als sie die Verwaltungsbehörde angegeben hat, als rechtmäßig, dann ist der Verwaltungsakt im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht rechtswidrig.
10Vgl. BVerwG, Urteile vom 31. März 2010 ‑ 8 C 12.09 ‑, NVwZ-RR 2010, 636, vom 21. November 1989 ‑ 9 C 28.89 ‑, NVwZ 1990, 673 f., und vom 19. August 1988 ‑ 8 C 29.87 ‑, BVerwGE 80, 96 (98); ferner OVG NRW, Urteil vom 16. Juni 2014 ‑ 11 A 2816/12 ‑, NVwZ-RR 2014, 748 (749).
11Ob das Handeln der Beklagten den Voraussetzungen des § 55 Abs. 2 VwVG NRW für einen Sofortvollzug entsprach, ist im Verfahren gegen den Kostenbescheid vom 27. Juni 2013 zu prüfen; er ist Gegenstand des Klageverfahrens 1 K 2650/13 vor dem Verwaltungsgericht Minden.
122. Ziffer 2 der angefochtenen Ordnungsverfügung ist schon mangels Regelungsgehalts nicht anfechtbar. Es handelt sich nicht um eine „Kostengrundentscheidung“ mit „Titelfunktion“. Vielmehr liegt nur ein rechtlich nicht verbindlicher Hinweis auf die voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme vor. Das folgt zum einen aus der Formulierung „werden vorläufig auf 2.400 Euro veranschlagt“, sowie aus dem weiteren Hinweis, dass ein gesonderter Kostenbescheid ergehe. Vor allem knüpft Ziffer 2 an die Festsetzung der Ersatzvornahme an, die ‑ wie soeben dargelegt ‑ von vornherein ins Leere ging.
133. Der hilfsweise gestellte Antrag, die Berufung zuzulassen mit dem Ziel der Feststellung, dass die angefochtene Ordnungsverfügung nichtig ist, hat schon deshalb keinen Erfolg, weil ein Nichtigkeitsgrund ersichtlich nicht vorliegt. Der von der Klägerin angeführte § 44 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG NRW setzt eine objektive tatsächliche Unmöglichkeit in dem Sinne voraus, dass nach dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft, Technik usw. niemand den Verwaltungsakt ausführen könnte.
14Vgl. etwa Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, Kommentar, 15. Auflage 2014, § 44 Rdnr. 39.
15Das ist nicht der Fall, wenn – wie hier – die zu entfernenden Altpapiertonnen bereits entfernt worden sind. Auch die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 VwVfG NRW liegen nicht vor, weil die von Anfang an bestehende „Gegenstandslosigkeit“ der Ordnungsverfügung nicht offensichtlich im Sinne der vorgenannten Bestimmung war.
16Auch der weiter hilfsweise gestellte Antrag der Klägerin festzustellen, dass die im vorliegenden Verfahren angefochtene Ordnungsverfügung „mangels Wirksamkeit gegenstandslos ist“ und „rechtswidrig war und die Klägerin in ihren Rechten verletzt hat“, hat keinen Erfolg; ihm fehlt das erforderliche Feststellungsinteresse. Rechtswirkungen zu Lasten der Klägerin enthält nur noch der Kostenbescheid vom 27. Juni 2013. Gegen ihn erhält die Klägerin umfassenden Rechtsschutz im Verfahren 1 K 2650/13 vor dem Verwaltungsgericht Minden.
17Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
18Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist nunmehr rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
19Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 3 GKG.
20Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.
(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.
(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 2.400 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag hat keinen Erfolg.
3Dem Zulassungsantrag bleibt schon deshalb der Erfolg versagt, weil für die erhobene Anfechtungsklage schon bei Klageerhebung das Rechtsschutzinteresse fehlte. Denn die angefochtene Ordnungsverfügung der Beklagten vom 11. Dezember 2012 war bereits bei Klageerhebung gegenstandslos. Die Klägerin konnte daher ihre Rechtsposition in Bezug auf diese Ordnungsverfügung durch die erhobene Anfechtungsklage nicht verbessern.
4Vgl. z. B. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Auflage 2014, vor § 40 Rdnr. 38, m. w. N.
51. Die in der Ordnungsverfügung ausgesprochene „Festsetzung der Ersatzvornahme“ ging von vornherein ins Leere. Die Beklagte hatte zur Erreichung ihres Ziels, die von der Klägerin zur Verfügung gestellten Müllgefäße aus dem öffentlichen Straßenraum zu entfernen, zunächst ein gestrecktes Verwaltungsverfahren begonnen (vgl. § 55 Abs. 1 VwVG NRW), indem sie unter dem 5. Dezember 2012 eine auf § 22 Satz 1 StrWG NRW gestützte Grundverfügung mit Androhung der Ersatzvornahme erlassen hatte. Mit der angefochtenen Ordnungsverfügung vom 11. Dezember 2012 hat sie sodann die angedrohte Ersatzvornahme für den Abfuhrbezirk 1 gemäß § 64 Satz 1 VwVG NRW festgesetzt. Diese Ordnungsverfügung wurde der Klägerin zunächst am 11. Dezember 2012 per E‑Mail übermittelt; sie gilt damit gemäß § 41 Abs. 2 Satz 2 VwVfG NRW am 14. Dezember 2012 als bekannt gegeben. Die förmliche Zustellung mit Zustellungsurkunde folgte erst am 18. Dezember 2012. Damit wurde die Ordnungsverfügung gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW frühestens am 14. Dezember 2012 wirksam. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Beklagte mit der Durchführung der Ersatzvornahme im Abfuhrbezirk 1 jedoch bereits begonnen, indem sie am 11. Dezember 2012 mit einem um 14.45 Uhr abgegangenen Telefax die Firma C. Abfallbeseitigung GmbH & Co. KG (im Folgenden: Firma C. ) beauftragt hatte, im Abfuhrbezirk 1 „alle im öffentlichen Verkehrsraum abgestellten, gelagerten oder sonst wie auffindbaren blauen Altpapiertonnen der T. Recycling GmbH einzusammeln.“
6Damit ist die Beklagte durch die Beauftragung der Firma C. vor Wirksamwerden der Festsetzung der angedrohten Ersatzvornahme zum Sofortvollzug gemäß § 55 Abs. 2 VwVG NRW übergegangen. Ein Übergang vom zunächst eingeleiteten gestreckten Verfahren zum Sofortvollzug ist im nordrhein-westfälischen Vollstreckungsrecht nicht ausdrücklich vorgesehen, aber rechtlich möglich.
7Vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. Dezember 1980 ‑ 11 A 2347/79 ‑, OVGE 35, 153, 155; ferner etwa Engelhardt/App/Schlatmann, Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz, Verwaltungszustellungsgesetz, Kommentar, 10. Auflage 2014, § 6 VwVG, Rdnr. 22; Sadler, Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz, Verwaltungszustellungsgesetz, Kommentar, 9. Auflage 2014, § 6 VwVG, Rdnr. 291.
8Daher steht nur noch der Sofortvollzug und damit der Kostenbescheid der Beklagten vom 27. Juni 2013 im Streit; der im vorliegenden Verfahren ergangene Bescheid war bereits zum Zeitpunkt seiner Bekanntgabe gegenstandslos und beschwert die Klägerin nicht.
9Dabei ist es unerheblich, dass sich die Beklagte zum Zeitpunkt der Beauftragung der Firma C. möglicherweise nicht darüber im Klaren war, dass sie nunmehr im Rechtssinn vom gestreckten Verfahren zum Sofortvollzug überging. Maßgebend ist allein, wie ihre Vorgehensweise objektiv rechtlich zu bewerten ist. Die Frage, ob ein angefochtener Bescheid ‑ hier der abschließend ergangene Kostenbescheid vom 27. Juni 2013 ‑ materiell rechtmäßig ist, richtet sich nach dem Recht, das geeignet ist, die getroffene Regelung zu rechtfertigen. Erweist sie sich aus anderen Rechtsgründen, als sie die Verwaltungsbehörde angegeben hat, als rechtmäßig, dann ist der Verwaltungsakt im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht rechtswidrig.
10Vgl. BVerwG, Urteile vom 31. März 2010 ‑ 8 C 12.09 ‑, NVwZ-RR 2010, 636, vom 21. November 1989 ‑ 9 C 28.89 ‑, NVwZ 1990, 673 f., und vom 19. August 1988 ‑ 8 C 29.87 ‑, BVerwGE 80, 96 (98); ferner OVG NRW, Urteil vom 16. Juni 2014 ‑ 11 A 2816/12 ‑, NVwZ-RR 2014, 748 (749).
11Ob das Handeln der Beklagten den Voraussetzungen des § 55 Abs. 2 VwVG NRW für einen Sofortvollzug entsprach, ist im Verfahren gegen den Kostenbescheid vom 27. Juni 2013 zu prüfen; er ist Gegenstand des Klageverfahrens 1 K 2650/13 vor dem Verwaltungsgericht Minden.
122. Ziffer 2 der angefochtenen Ordnungsverfügung ist schon mangels Regelungsgehalts nicht anfechtbar. Es handelt sich nicht um eine „Kostengrundentscheidung“ mit „Titelfunktion“. Vielmehr liegt nur ein rechtlich nicht verbindlicher Hinweis auf die voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme vor. Das folgt zum einen aus der Formulierung „werden vorläufig auf 2.400 Euro veranschlagt“, sowie aus dem weiteren Hinweis, dass ein gesonderter Kostenbescheid ergehe. Vor allem knüpft Ziffer 2 an die Festsetzung der Ersatzvornahme an, die ‑ wie soeben dargelegt ‑ von vornherein ins Leere ging.
133. Der hilfsweise gestellte Antrag, die Berufung zuzulassen mit dem Ziel der Feststellung, dass die angefochtene Ordnungsverfügung nichtig ist, hat schon deshalb keinen Erfolg, weil ein Nichtigkeitsgrund ersichtlich nicht vorliegt. Der von der Klägerin angeführte § 44 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG NRW setzt eine objektive tatsächliche Unmöglichkeit in dem Sinne voraus, dass nach dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft, Technik usw. niemand den Verwaltungsakt ausführen könnte.
14Vgl. etwa Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, Kommentar, 15. Auflage 2014, § 44 Rdnr. 39.
15Das ist nicht der Fall, wenn – wie hier – die zu entfernenden Altpapiertonnen bereits entfernt worden sind. Auch die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 VwVfG NRW liegen nicht vor, weil die von Anfang an bestehende „Gegenstandslosigkeit“ der Ordnungsverfügung nicht offensichtlich im Sinne der vorgenannten Bestimmung war.
16Auch der weiter hilfsweise gestellte Antrag der Klägerin festzustellen, dass die im vorliegenden Verfahren angefochtene Ordnungsverfügung „mangels Wirksamkeit gegenstandslos ist“ und „rechtswidrig war und die Klägerin in ihren Rechten verletzt hat“, hat keinen Erfolg; ihm fehlt das erforderliche Feststellungsinteresse. Rechtswirkungen zu Lasten der Klägerin enthält nur noch der Kostenbescheid vom 27. Juni 2013. Gegen ihn erhält die Klägerin umfassenden Rechtsschutz im Verfahren 1 K 2650/13 vor dem Verwaltungsgericht Minden.
17Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
18Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist nunmehr rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
19Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 3 GKG.
20Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Tenor
Das Berufungsverfahren wird eingestellt, soweit die Beklagte ihre Berufung zurückgenommen hat.
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens zu 41 % und die Beklagte zu 59 %.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe dieses Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist der einzige Sohn des am 31. Januar 2011 in L. verstorbenen Herrn H. F. . Die Beklagte erfuhr am 1. Februar 2011 von dem Todesfall und ermittelte am folgenden Tag fünf Geschwister des Verstorbenen. Am 9. Februar 2011 erhielt sie die Anschrift eines Bruders des Verstorbenen in C. . Am gleichen Tag beauftragte sie das Beerdigungsinstitut T. -G. mit der Feuerbestattung des Verstorbenen. Mit einem Telefax - gerichtet an den S. -F1. -Kreis mit der Bitte um Amtshilfe - vom 10. Februar 2011 (15:21 Uhr) versuchte die Beklagte, den Bruder des Verstorbenen zu erreichen. Ein Mitarbeiter des S. -F1. -Kreises warf den Brief am 10. Februar 2011 um 17:08 Uhr in den Briefkasten des Bruders ein, nachdem dieser in seiner Wohnung nicht anzutreffen war. Von einer Halbschwester des Verstorbenen erfuhr die Beklagte am 15. Februar 2011, dass er einen Sohn - den Kläger - gehabt habe, dessen Adresse sie noch am gleichen Tag ermittelte. Mit Schreiben vom gleichen Tag informierte die Beklagte den Kläger über den Todesfall. In einem Telefonat am 18. Februar 2011 wies sie ihn darauf hin, dass er die Bestattungskosten zu tragen habe. Am 1. März 2011 wurde die Urne beigesetzt.
3Mit Schreiben vom 23. März 2011 gab die Beklagte dem Kläger Gelegenheit, zu dem beabsichtigten Leistungsbescheid Stellung zu nehmen. Dieser machte mit Schreiben vom 24. März und 22. April 2011 geltend, seine Eltern hätten sich bereits 1975 getrennt, da es wegen des Alkoholkonsums seines Vaters immer wieder zu Tätlichkeiten gegenüber ihm und seiner Mutter gekommen sei. Seitdem habe keinerlei Kontakt mehr bestanden. Unterhaltszahlungen habe sein Vater nie geleistet. Unterlagen hierüber seien beim Jugend- und Sozialamt nicht mehr vorhanden. Das Erbe habe er ausgeschlagen. Finanziell sei er zur Kostentragung nicht in der Lage.
4Mit Bescheid vom 7. Juni 2011 erhob die Beklagte gegenüber dem Kläger Kosten für die von ihr veranlasste Bestattung in Höhe von 2.260,91 Euro. Der Betrag setzt sich zusammen aus 1.667,38 Euro Friedhofsgebühren (1.016,00 Euro Urnenrasengrab mit zentralem Gedenkstein, 263,00 Euro Grabbereitung für die Beisetzung der Urne, 63,00 Euro Annahme und Verwahrung des Verstorbenen, 325,38 Einäscherung im Krematorium E. ); 47,00 Euro Trägerdienst auf dem Friedhof; 341,53 Euro Bestattungsunternehmen (Sarg, Hemd, Kissen und Decke, Ankleiden und Einbetten, Überführung, Besorgungen und Formalitäten); 25,00 Euro ärztliche Todesbescheinigung, 30,00 Euro Attest zur Einäscherung sowie 150,00 Euro Verwaltungsgebühr. Als einziges Kind sei der Kläger bestattungspflichtig. Aus der geltend gemachten Unterhaltspflichtverletzung resultiere keine unbillige Härte, da sein Vater nicht leistungsfähig gewesen sei. Sofern er die Kosten nicht aufbringen könne, könne er einen Antrag auf Übernahme der Bestattungskosten nach § 74 SGB XII stellen.
5Gegen den am 14. Juni 2011 zugestellten Bescheid hat der Kläger am 28. Juni 2011 Klage erhoben. Zur Begründung hat er geltend gemacht, § 8 BestG NRW ermächtige die Beklagte nicht, Bestattungskosten geltend zu machen. Die Beklagte hätte die von ihm geltend gemachten familiären Umstände näher aufklären müssen. Jedenfalls sei nicht nachvollziehbar, warum wegen der Leistungsunfähigkeit des Verstorbenen keine gröbliche Unterhaltspflichtverletzung vorliegen solle. Die von der Beklagten geltend gemachten Kosten seien im Einzelnen nicht nachvollziehbar.
6Der Kläger hat beantragt,
7den Bescheid der Beklagten vom 7. Juni 2011 aufzuheben.
8Die Beklagte hat beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Sie hat die Umstände der Bestattung erläutert und darauf hingewiesen, dass der Kläger für das Vorliegen einer unbilligen Härte darlegungs- und beweispflichtig sei.
11Das Verwaltungsgericht hat den angefochtenen Bescheid aufgehoben, soweit die Beklagte hierin Kosten der Urnenbeisetzung festgesetzt hat. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Einäscherung des Verstorbenen sei zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr notwendig gewesen, nicht hingegen die anschließende Beisetzung. Die Beklagte hätte genug Zeit gehabt, um den Kläger durch sofort vollziehbaren Verwaltungsakt aufzufordern, seiner Beisetzungspflicht nachzukommen, und diesen Verwaltungsakt gegebenenfalls im gestreckten Vollzug zu vollstrecken. Von der Beitreibung der zu Recht festgesetzten Einäscherungskosten habe die Beklagte auch nicht nach § 24 Abs. 2, 2. Fall VO VwVG NRW wegen unbilliger Härte absehen müssen. Die vorgenannte Vorschrift sei von der Ermächtigung in § 77 Abs. 4 Satz 2 VwVG NRW nicht gedeckt. Sie ermögliche überdies lediglich, von der Beitreibung von Kosten wegen unbilliger Härte abzusehen, nicht hingegen von der Berechnung der Kosten. Die Beitreibung dürfe darüber hinaus nur "nach Begleichung der Hauptschuld" unterbleiben. Dies sei nicht gleichzusetzen mit "nach Durchführung der Ersatzvornahme". Eine unbillige Härte könne darüber hinaus mit Blick auf den Anspruch auf Übernahme von Bestattungskosten nach § 74 SGB XII nicht bestehen.
12Gegen das am 19. Februar 2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 22. Februar 2013 die vom Verwaltungsgericht unter anderem wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Berufung eingelegt. Die Beklagte hat am 18. März 2013 Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 16. April 2013 zurückgenommen.
13Zur Begründung der Berufung wiederholt der Kläger seine Einschätzung, dass die Beitreibung der Bestattungskosten für ihn eine unbillige Härte darstellen würde. Er regt an, hierzu Beweis zu erheben. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Billigkeitsklausel nicht von einer Ermächtigungsgrundlage gedeckt sei, sei nicht nachvollziehbar. Entsprechende Regelungen seien üblich und nicht Ausprägung eines eigenen politischen Gestaltungswillens. Trotz eines Übernahmeanspruchs aus § 74 SGB XII könne das Landesrecht Abweichendes regeln und Kostenpflichtige aus finanziellen oder persönlichen Gründen freistellen.
14Der Kläger beantragt,
15das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Klageantrag zu erkennen.
16Die Beklagte beantragt,
17die Berufung zurückzuweisen,
18und bezieht sich zur Begründung auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.
19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten ergänzend Bezug genommen.
20E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
21A. Das Berufungsverfahren ist nach §§ 126 Abs. 3, 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, soweit die Beklagte ihre Berufung zurückgenommen hat.
22B. Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht teilweise abgewiesen. Die Klage ist als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 1. Alt. VwGO zulässig, aber im Umfang der Abweisung nicht begründet. Der angefochtene Bescheid ist insoweit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
23Maßgeblich für die gerichtliche Überprüfung eines Leistungsbescheides, mit dem die Vollzugsbehörde dem Bestattungspflichtigen die Kosten einer ordnungsbehördlichen Bestattung auferlegt, ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung.
24OVG NRW, etwa Beschluss vom 19. April 1994 ‑ 19 A 2644/92 -, juris, Rdn. 10 mit weiterem Nachweis.
25Der streitgegenständliche Bescheid vom 7. Juni 2011 findet danach im Hinblick auf die vor der Urnenbeisetzung angefallenen Kosten seine Ermächtigungsgrundlage in § 77 Abs. 1 Satz 1 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVG NRW) in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Nr. 11, § 20 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 7 der am 17. Dezember 2009 in Kraft getretenen Verordnung zur Ausführung des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (Ausführungsverordnung VwVG - VO VwVG NRW) vom 8. Dezember 2009 (GV.NRW. S. 787). Nach diesen Bestimmungen werden für Amtshandlungen nach dem VwVG NRW von einem Vollstreckungsschuldner oder Pflichtigen - hier dem Kläger - Kosten (Gebühren und Auslagen) erhoben, wobei zu den Auslagen gemäß § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 7 VO VwVG NRW auch die Beträge gehören, die unter anderem bei der Ersatzvornahme an Beauftragte oder Hilfspersonen zu zahlen sind, sowie Kosten, die der Vollzugsbehörde durch eine rechtmäßige Ersatzvornahme entstanden sind.
26Vgl. zur Frage der zutreffenden Ermächtigungsgrundlage für die Geltendmachung der Kosten einer Notbestattung auch nach Inkrafttreten des § 8 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über das Friedhofs- und Bestattungswesen vom 17. Juni 2003 ‑ BestG NRW - (GV. NRW. S. 311) OVG NRW, Urteil vom 30. Juli 2009 - 19 A 448/07 -, juris, Rdn. 21 ff.
27I. Der Bescheid vom 7. Juni 2011 hält in formeller Hinsicht der Rechtskontrolle Stand. Insbesondere hat die Beklagte dem Anhörungserfordernis des § 28 Abs. 1 VwVfG NRW entsprochen, indem sie dem Kläger mit Schreiben vom 23. März 2011 Gelegenheit gegeben hat, zu dem beabsichtigten Leistungsbescheid Stellung zu nehmen. Der Bescheid ist auch entsprechend § 39 Abs. 1 VwVfG NRW begründet.
28II. Der Bescheid ist auch sowohl in Bezug auf die Kostenforderung (1.) als auch auf die Gebührenforderung (2.) materiell rechtmäßig.
291. Der Kostenforderung liegt eine rechtmäßige Ersatzvornahme zugrunde. Die Veranlassung der Bestattung war eine Ersatzvornahme im Sinne von § 59 Abs. 1 VwVG NRW, mit der die Beklagte als örtliche Ordnungs- und als Vollzugsbehörde die Handlung, die der Kläger als Bestattungspflichtiger nach § 8 Abs. 1 Satz 1 BestG NRW vorzunehmen verpflichtet war, selbst ausgeführt oder mit ihrer Ausführung einen anderen beauftragt hat. Das Zwangsmittel der Ersatzvornahme konnte sie nach § 55 Abs. 2 VwVG NRW auch ohne vorausgegangenen Verwaltungsakt anwenden, weil sie als Vollzugsbehörde hierbei innerhalb ihrer Befugnisse handelte (a.) und dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr notwendig war (b.).
30a. Die Beklagte hat innerhalb ihrer Befugnisse gehandelt. Eine fiktive, auf Bestattung des Verstorbenen gerichtete Ordnungsverfügung an den Kläger wäre auf der Grundlage von § 14 Abs. 1 OBG NRW rechtmäßig gewesen. Hiernach können die Ordnungsbehörden die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im einzelnen Falle bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung (Gefahr) abzuwehren. Da sich der Verstorbene im Gebiet der Beklagten befand, war die Beklagte nach § 8 Abs. 1 Satz 2 BestG NRW für den Erlass einer fiktiven Ordnungsverfügung zuständig. Im Zeitpunkt der Beauftragung des Beerdigungsinstituts T. -G. am 9. Februar 2011 bestand ferner eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit, da der Verstorbene zu diesem Zeitpunkt entgegen § 13 Abs. 3 Satz 1 BestG NRW noch nicht bestattet worden war. Die aus Gründen des Gesundheitsschutzes für Erd- und Feuerbestattungen gleichermaßen - für Feuerbestattungen entsprechend - anwendbare Frist von acht Tagen nach § 13 Abs. 3 Satz 1 BestG NRW war zu diesem Zeitpunkt bereits abgelaufen, da der Vater des Klägers bereits am 31. Januar 2011 verstorben war. Sinn und Zweck dieser zum damaligen Zeitpunkt nur für Erdbestattungen normierten Frist besteht darin, Gesundheitsgefahren zu verhindern, die nach dem Einsetzen des Verwesungsprozesses von einer unbestatteten Leiche ausgehen können. Diese Gefahr besteht unabhängig davon, für welche Art der Bestattung sich der Pflichtige nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BestG NRW entscheidet. Nach § 7 Abs. 3 Satz 1 BestG NRW ist dafür zu sorgen, dass von Toten keine Gesundheitsgefahren ausgehen. Diese gesetzliche Verpflichtung besteht unabhängig von der Bestattungsart.
31Vgl. etwa VG Köln, Urteil vom 30. Mai 2012 - 9 K 1361/11 -, juris, Rdn. 30; VG Düsseldorf, Urteil vom 29. März 2010 - 23 K 2976/09 -, juris, Rdn. 27; VG Aachen, Urteil vom 20. August 2007 - 6 K 1554/06 -, juris, Rdn. 24; ausdrücklich inzwischen auch § 13 Abs. 3 Satz 1 BestG NRW in der Fassung des im Streitfall noch nicht anwendbaren Änderungsgesetzes vom 9. Juli 2014 (GV. NRW. S. 405).
32Die Frist endete am Dienstag, dem 8. Februar 2011, ohne dass die Bemühungen der Beklagten, den Aufenthalt nach § 8 Abs. 1 Satz 1 BestG NRW bestattungspflichtiger Angehöriger zu ermitteln und diese zu benachrichtigen, bis zu diesem Zeitpunkt Erfolg gehabt hätten.
33Die Inanspruchnahme des Klägers wäre nach § 8 Abs. 1 Satz 1 BestG NRW rechtmäßig gewesen, da dieser als volljähriger Sohn des Verstorbenen bestattungspflichtig war und es keine vorrangig Bestattungspflichtigen gab. Der Kläger hat sich seiner öffentlich-rechtlichen Bestattungspflicht auch nicht dadurch entledigen können, dass er das Erbe seines Vaters nach eigenen Angaben ausgeschlagen hat. Aus den zivilrechtlichen Regelungen über die Erbenstellung sowie darüber, wer die Kosten der Beerdigung zu tragen hat (§§ 1968, 1615 Abs. 2 BGB), ergibt sich nichts anderes, weil sie unmittelbare Wirkung nur für das Innenverhältnis der in Frage kommenden Personen, nicht aber für die ordnungsrechtliche Bestattungspflicht haben. Letztere beruht auf einem eigenständigen öffentlich-rechtlichen Rechtsgrund. Die Bestattungspflicht dient der Gefahrenabwehr und findet ihren tradierten rechtlichen Grund in der Totenfürsorge.
34BVerwG, Beschluss vom 14. Oktober 2010 - 7 B 56.10 -, juris, Rdn. 6; OVG NRW, Urteil vom 30. Juli 2009 - 19 A 448/07 -, juris, Rdn. 39.
35Die weiteren vom Kläger vorgetragenen Einwände des fehlenden Kontakts zu seinem Vater und dessen Verletzung der Unterhaltspflicht entbinden ihn ebenfalls nicht von seiner Bestattungspflicht. Hierfür sieht das BestG NRW im Gegensatz zu den Vorschriften über eine Beschränkung oder einen Wegfall der familienrechtlichen Unterhaltspflicht bei der Verpflichtung in Fällen grober Unbilligkeit (§§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 2 bis 8, 1611 BGB) keine Ausnahmetatbestände vor.
36OVG NRW, Urteil vom 30. Juli 2009 - 19 A 448/07 -, juris, Rdn. 41.
37b. Der Sofortvollzug war auch zur Abwendung einer gegenwärtigen Gefahr notwendig. Eine Gefahr ist gegenwärtig im Sinne des § 55 Abs. 2 VwVG NW, wenn die Einwirkung des schädigenden Ereignisses schon begonnen hat oder bei der diese Einwirkung unmittelbar oder in allernächster Zeit mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit bevorsteht, sodass sofortige Abhilfe derart geboten ist, dass nicht mit der Anordnung und Durchführung von Gefahrbeseitigungsmaßnahmen im gestreckten Vollzug auch einer sofort vollziehbaren Ordnungsverfügung zugewartet werden kann.
38OVG NRW, Urteil vom 8. April 2014 - 2 A 371/13 -, juris, Rdn. 56; Beschluss vom 12. Juni 2014 - 5 B 446/14, 5 E 451/14 -, juris, Rdn. 18; Urteil vom 26. September 1996 - 21 A 7041/95 -, juris, Rdn. 25.
39Eine solche Sachlage lag mit Blick darauf, dass die Bestattungsfrist zum Zeitpunkt der Einäscherung bereits abgelaufen war, vor.
40c. Die Beklagte konnte von der Beitreibung der Kosten für die Einäscherung des Verstorbenen nicht nach § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW absehen. Nach dieser Vorschrift kann die Vollstreckungsbehörde von der Berechnung und Beitreibung der Gebühren und Auslagen unter anderem dann ganz oder teilweise absehen, wenn nach Begleichung der Hauptschuld die Beitreibung der Kosten für den Schuldner eine unbillige Härte bedeuten würde. § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW ist zwar wirksames Landesrecht (dazu aa.). Die Vorschrift erfasst auch nicht nur die Kosten aus der Vollstreckung von Geldforderungen ("Hauptschuld"), sondern auch die Erhebung und Beitreibung von Gebühren und Auslagen nach § 20 VO VwVG NRW (bb.). Die Beklagte konnte von der Beitreibung der Einäscherungskosten aber nicht nach § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW absehen, weil die Möglichkeit, einen Anspruch auf Übernahme der Bestattungskosten aus § 74 SGB XII geltend zu machen, eine unbillige Härte im Sinne des § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW ausschließt (cc.).
41aa. § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW ist wirksames Landesrecht. Insbesondere ist die Vorschrift von der gesetzlichen Verordnungsermächtigung in § 77 Abs. 2 Satz 1 VwVG NRW gedeckt. Diese Vorschrift ermächtigt das Innenministerium und das Finanzministerium, durch Rechtsverordnung die Ausführungsverordnung VwVG zu erlassen. Nach § 77 Abs. 4 Satz 2 VwVG NRW können in der Ausführungsverordnung unter anderem "der Umfang der zu erstattenden Auslagen" und "die Gebührenberechnung, -befreiung und -ermäßigung" "abweichend" von den in Abs. 4 Satz 1 für anwendbar erklärten einzelnen Vorschriften des Gebührengesetzes für das Land NRW (GebG NRW) geregelt werden.
42Die Bestimmungen in § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW über das Absehen von der Berechnung und Beitreibung der Gebühren und Auslagen unter anderem in Fällen einer unbilligen Härte sind abweichende Regelungen der Gebühren- und Auslagenerstattung im Sinne des § 77 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 Satz 2 VwVG NRW. Diese Vorschriften ermöglichen Abweichungen insbesondere von der in § 19 GebG NRW enthaltenen Verweisung auf die Haushaltsordnungen des jeweiligen Rechtsträgers (Land oder Kommune) für die Stundung, die Niederschlagung und den Erlass von Forderungen auf Zahlung von Gebühren, Auslagen und sonstigen Nebenleistungen. Speziell in Bezug auf Auslagen ermöglichen diese Vorschriften ferner Abweichungen von der in § 10 Abs. 1 Satz 1 GebG NRW geregelten Ersatzpflicht des Gebührenschuldners für solche Auslagen, die nicht bereits in die Gebühr einbezogen sind. Hierzu gehören nicht nur die in § 10 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 bis 7 GebG NRW aufgezählten Auslagen ("insbesondere"), sondern auch Beträge, die bei der Ersatzvornahme an Beauftragte und an Hilfspersonen zu zahlen waren und die der Verordnungsgeber insbesondere außerhalb der Verwaltungsgebühr für die Veranlassung einer Bestattung durch die Ordnungsbehörde nach § 15 Abs. 1 Nr. 11 VO VwVG NRW gesondert geregelt hat (§ 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 7 VO VwVG NRW). Mit seiner Überschrift "Abweichende Kostenberechnung" nimmt § 24 VO VwVG NRW sinngemäß diese Verordnungsermächtigung in § 77 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 Satz 2 VwVG NRW in Bezug.
43Unzutreffend ist hiernach die abweichende, soweit ersichtlich auch vereinzelt gebliebene Auffassung des Verwaltungsgerichts, es fehle eine gesetzliche Ermächtigung für eine allgemeine Härteklausel, die ein Absehen von der Beitreibung der Kosten einer Ersatzvornahme ermögliche.
44Vgl. auch VG Düsseldorf, Urteile vom 4. März 2013 - 23 K 4915/12 -, juris, Rdn. 69 und vom 4. Februar 2013 - 23 K 7521/11 -, juris, Rdn. 78.
45Zu Unrecht interpretiert das Verwaltungsgericht die in § 59 VwVG NRW normierte Kostenpflicht des Betroffenen für die Ersatzvornahmekosten als eine "zwingende" Kostenpflicht, mit der eine Härteklausel unvereinbar und insbesondere durch § 77 Abs. 4 Satz 2 VwVG NRW nicht gedeckt sei. § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW verlasse deshalb "den gesetzlichen Rahmen der Verordnungsermächtigung" und bringe einen "eigenen politischen Gestaltungswillen des Verordnungsgebers zum Ausdruck".
46VG Düsseldorf, Urteil vom 4. März 2013 - 23 K 4915/12 -, juris, Rdn. 49, 59.
47Diese Interpretation des § 59 VwVG NRW entbehrt der Grundlage. Insbesondere kann keine Rede davon sein, die Exekutive habe mit der Härteregelung in § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW eine eigenständige, vom Gesetzgeber unabhängige politische Entscheidung getroffen. Vor allem die Entstehungsgeschichte der Vorschrift belegt im Gegenteil, dass diese seit 1958 selbstverständlicher und auch vom Landesgesetzgeber getragener Bestandteil des Verwaltungsvollstreckungsrechts in NRW ist. Schon § 14 Abs. 2 der Kostenordnung zum VwVG NRW vom 20. Januar 1958 (GV. NRW. S. 23, 25) bestimmte, dass die Vollstreckungsbehörde von der Berechnung und Beitreibung der Gebühren und Auslagen u. a. dann ganz oder teilweise absehen konnte, wenn nach Begleichung der Hauptschuld die Beitreibung der Kosten für den Schuldner eine unbillige Härte bedeuten würde. Der Landesgesetzgeber hat diese Bestimmung sogar ausdrücklich in seinen Willen aufgenommen, indem er der KostO NRW 1958 im Jahr 1969 für einen vorübergehenden Zeitraum Gesetzeskraft verliehen und diese rückwirkend auf die Zeit seit 1958 erstreckt hat (§§ 1, 4 Abs. 1 und Nr. 3 der Anlage zum Gesetz zur Überleitung gebührenrechtlicher Vorschriften vom 14. Januar 1969, GV. NRW. S. 100). Hiermit wollte er gerade die Rechtsunsicherheit vorläufig beheben, die zwischenzeitlich infolge der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Bestimmtheit gesetzlicher Verordnungsermächtigungen auch hinsichtlich der Ermächtigung im damals geltenden § 68 Abs. 2 VwVG NRW 1957 entstanden war. Zur endgültigen Behebung dieser Rechtsunsicherheit hat er diese Verordnungsermächtigung sodann mit Wirkung vom 21. Oktober 1971 unter anderem in Abs. 4 ausdrücklich auch auf den "Umfang der zu erstattenden Auslagen" und "die Gebührenberechnung, ‑befreiung und ‑ermäßigung" sowie den Gebührenerlass erstreckt (Art. I Nr. 6 des Änderungsgesetzes vom 5. Oktober 1971 [GV. NRW. S. 326]). Diese Präzisierungen gingen auf einen entsprechenden Vorschlag des Innenausschusses des Landtags zurück.
48BVerfG, Beschluss vom 11. Oktober 1966 - 2 BvR 179, 476, 477/64 -, BVerfGE 20, 257, juris, Rdn. 40 ff.; Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des VwVG NRW, LT-Drs. 7/754 vom 11. Mai 1971, S. 8; Bericht des Ausschusses für Innere Verwaltung, LT-Drs. 7/1054 vom 10. September 1971, S. 2.
49Mit dieser Entstehungsgeschichte ist die Auffassung des Verwaltungsgerichts unvereinbar, § 59 Abs. 1 VwVG NRW schließe eine Anwendung der Härteregelung in § 24 Abs. 2 VO VwVG auf die Kostentragung bei der Ersatzvornahme aus. Vielmehr bestätigt auch § 59 Abs. 2 Satz 2 VwVG NRW, dass die allgemeinen Regeln des Verwaltungszwangsverfahrens vorbehaltlich der in Abs. 2 und 3 dieser Vorschrift bestimmten Besonderheiten auch für die Beitreibung der Kosten einer Ersatzvornahme gelten. Nach dieser Vorschrift können die Kosten der Ersatzvornahme oder die voraussichtlich entstehenden Kosten der Ersatzvornahme im Verwaltungszwangsverfahren beigetrieben werden, wenn der Betroffene sie nicht fristgerecht zahlt. Die Bestimmung erklärt die allgemeinen Regeln des Verwaltungszwangsverfahrens, zu denen auch die Härteregelung in § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW gehört, auch für die Betreibung der Kosten einer Ersatzvornahme für grundsätzlich anwendbar. Auch den Sonderregelungen für die Beitreibung dieser Kosten in Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 lässt sich kein Ausschluss der genannten Härteregelung entnehmen.
50Das Verwaltungsgericht geht auch fehl in der Annahme, die gesetzliche Ermächtigung in § 77 Abs. 4 Satz 2 VwVG NRW, den Umfang der zu erstattenden Auslagen abweichend regeln zu dürfen, beschränke sich aufgrund des Verweises in § 77 Abs. 4 Satz 1 VwVG NRW auf die von § 10 GebG NRW erfassten Auslagen. Da die Pflicht zur Erstattung von Kosten der Ersatzvornahme bereits in § 59 VwVG NRW geregelt sei, würden die Kosten der Ersatzvornahme von § 10 GebG nicht erfasst, so dass eine abweichende Regelung hinsichtlich des Umfangs der Kostenerstattung insoweit nicht in Betracht komme.
51VG Düsseldorf, Urteil vom 4. März 2013 - 23 K 4915/12 -, juris, Rdn. 56, 58.
52Diese Auffassung übersieht, dass die Ermächtigung, den Umfang der zu erstattenden Auslagen in einer Verordnung zu regeln, bereits seit Jahrzehnten im VwVG NRW enthalten und der Verweis auf die Vorschriften des GebG NRW (als Satz 1 von § 77 Abs. 4 VwVG NRW) erst durch das Gesetz zur Änderung des VwVG und des GebG vom 18. Dezember 2002 (GV. NRW. 2003 S. 24) eingefügt worden ist. Der Gesetzgeber verfolgte mit diesem Verweis nicht die Absicht, die bereits seit Jahrzehnten bestehende Ermächtigungsgrundlage einzuschränken. Vielmehr sollten durch den Verweis Regelungslücken, insbesondere zur Verjährung, geschlossen werden.
53Vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung vom 7. November 2002, LT-Drs. 13/3192, S. 72.
54Mit dem Verweis auf § 10 GebG NRW in § 77 Abs. 4 Satz 1 VwVG NRW wurde auch nicht etwa eine Ermächtigungsgrundlage geschaffen, ohne die der Ersatz von Auslagen im Verwaltungsvollstreckungsverfahren vom Vollstreckungsschuldner nicht verlangt werden könnte. Dass derartige Auslagen vom Vollstreckungsschuldner zu erstatten sind, ergibt sich bereits aus § 77 Abs. 1 Satz 1 VwVG NRW. Vor diesem Hintergrund erschöpft sich der Verweis auf § 10 GebG NRW im Wesentlichen in der Klarstellung, welche Auslagen als nicht in die Gebühr einbezogen gelten mit der Folge, dass der Vollstreckungsgläubiger deren gesonderte Erstattung verlangen kann. Eine Beschränkung der Ermächtigung in § 77 Abs. 4 Satz 2 VwVG NRW, den Umfang der zu erstattenden Auslagen "abweichend" zu regeln, ist mit Blick auf die im VwVG NRW selbst geregelte Pflicht zum Auslagenersatz in dem Verweis auf § 10 GebG NRW in § 77 Abs. 4 Satz 1 VwVG NRW folglich nicht zu erkennen. Die "abweichende" Regelungsbefugnis hinsichtlich des Umfangs der zu erstattenden Auslagen bezieht sich nicht auf spezielle, im GebG NRW geregelte Ersatzpflichten, sondern auf den auch dort geltenden Grundsatz, dass Auslagen in vollem Umfang zu erstatten sind. Die abweichende Auffassung des Verwaltungsgerichts würde im Übrigen zu dem wertungswidersprüchlichen Ergebnis führen, dass zwar der Umfang der Erstattung von verauslagten Sachverständigenkosten (§ 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 GebG NRW) abweichend geregelt werden könnte, nicht jedoch der Erstattungsumfang von Kosten der Ersatzvornahme, bei der sich die Vollstreckungsbehörde gleichermaßen der Hilfe Dritter bedient und diese vergüten muss.
55Die hier vertretene Auslegung des § 59 VwVG NRW ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch mit Art. 70 LV NRW vereinbar. Insbesondere genügt § 77 Abs. 4 Satz 2 VwVG NRW dem Bestimmtheitsgebot in Art. 70 Satz 2 LV NRW, wonach eine gesetzliche Verordnungsermächtigung Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung bestimmen muss. Der in Art. 70 Satz 2 LV NRW enthaltene Grundsatz folgt ebenso wie der entsprechende Grundsatz in Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG aus dem rechtsstaatlichen und demokratischen Verfassungssystem, das auch die Auslegung des landesverfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstabs in Art. 70 Satz 2 LV NRW vorgibt. Der Grad der zu fordernden Bestimmtheit hängt danach unter anderem von der Grundrechtsrelevanz der Regelungen ab, zu welchen der Gesetzgeber die Exekutive ermächtigt.
56VerfGH NRW, Urteil vom 24. August 1993 -VerfGH 13/92 -, OVGE 43, 266, juris, Rdn. 18 f.; BVerwG, Urteil vom 30. August 2012 - 3 C 17.11 -, BVerwGE 144, 109, juris, Rdn. 32 f.
57Nach diesem Maßstab genügt die zitierte Umschreibung in § 77 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 Satz 2 VwVG NRW den verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsanforderungen und erfasst ohne Weiteres auch die Härteregelung in § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW. Denn diese Regelung bewirkt keinen Grundrechtseingriff für den betroffenen Kostenschuldner, sondern hat für ihn ausschließlich begünstigende Tendenz.
58Unberechtigt ist schließlich auch die Kritik des Verwaltungsgerichts, die VO VwVG zitiere die Vorschrift des § 77 Abs. 4 VwVG NRW nicht ausdrücklich.
59Vgl. auch VG Düsseldorf, Urteil vom 4. März 2013 - 23 K 4915/12 -, juris, Rdn. 51.
60Das Zitiergebot in Art. 70 Satz 3 LV NRW verlangt nur, in der Verordnung „die Rechtsgrundlage“ anzugeben, ohne jedoch vorzuschreiben, wie genau der Verordnungsgeber diese zu bezeichnen hat. Diesem Gebot hat der Verordnungsgeber hier genügt, indem er § 77 VwVG NRW als gesetzliche Ermächtigung zitiert hat.
61bb. § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW erfasst auch die Erhebung und Beitreibung von Gebühren und Auslagen nach § 20 VO VwVG NRW. Die erstgenannte Vorschrift erstreckt sich nicht nur auf die Kosten aus der Vollstreckung von Geldforderungen ("Hauptschuld"), sondern auch auf die Kosten aus der Vollstreckung von vertretbaren Handlungen im Wege der Ersatzvornahme. Die Formulierung „nach Begleichung der Hauptschuld“ ist, soweit es um Kosten der Ersatzvornahme ging, im Sinne von "nach Durchführung der Ersatzvornahme" zu verstehen.
62OVG NRW, Urteil vom 30. Juli 2009 - 19 A 448/07 -, juris, Rdn. 43 mit weiteren Nachweisen.
63cc. Ein Absehen von der Beitreibung der Einäscherungskosten kam jedoch im Streitfall nicht in Betracht, weil die Möglichkeit, einen sozialhilferechtlichen Anspruch auf Übernahme der erforderlichen Bestattungskosten gemäß § 74 SGB XII geltend zu machen, eine unbillige Härte im Sinne des § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW ausschließt. Nach § 74 SGB XII werden die erforderlichen Kosten einer Bestattung von dem Sozialhilfeträger übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen. Der Kläger ist "hierzu Verpflichteter" im Sinne des § 74 SGB XII (α.). Die Unzumutbarkeit der Kostentragung im Sinne von § 74 SGB XII wird nicht ihrerseits durch die Möglichkeit beseitigt, nach § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW von der Beitreibung der Vollstreckungskosten aus Billigkeitsgründen abzusehen (β.). Das Merkmal der Unzumutbarkeit im Sinne von § 74 SGB XII ist so weit zu verstehen, dass das Bestehen einer unbilligen Härte daneben auszuschließen ist (γ).
64α. Der Kläger ist "hierzu Verpflichteter" im Sinne des § 74 SGB XII. Die Verpflichtung, die Kosten einer Bestattung zu tragen, wird in § 74 SGB XII nicht näher umschrieben oder definiert, sondern als anderweitig begründet vorausgesetzt. Sie kann insbesondere erbrechtlich aus § 1968 BGB oder unterhaltsrechtlich aus § 1615 Abs. 2 BGB begründet sein, aber auch aus landesrechtlichen Bestattungspflichten herrühren.
65Vgl. BSG, Urteil vom 29. September 2009 - B 8 SO 23/08 R, juris, Rdn. 13; OVG NRW, Urteil vom 30. Juli 2009 - 19 A 448/07 -, juris, Rdn. 47; für das hessische Bestattungskostenrecht: HessVGH, Urteil vom 26. Oktober 2011 - 5 A 1245/11 -, juris, Rdn. 37.
66Der Kläger ist nach § 77 Abs. 1 Satz 1 VwVG NRW in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Nr. 11, § 20 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 7 VO VwVG als Vollstreckungsschuldner dazu verpflichtet, die Kosten der im Wege der Ersatzvornahme durchgeführten Einäscherung und die Verwaltungsgebühren zu tragen. Wäre er seiner Bestattungspflicht aus § 8 Abs. 1 Satz 1 BestG NRW nachgekommen, wäre er unmittelbar aufgrund dieser Vorschrift "hierzu Verpflichteter" im Sinne des § 74 SGB XII gewesen.
67Dem kann nicht entgegen gehalten werden, eine Kostentragungspflicht im Sinne von § 74 SGB XII bestehe bei einer im Wege der Ersatzvornahme durchgeführten Einäscherung dann nicht, wenn eine unbillige Härte im Sinne von § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW vorliege. Denn die Möglichkeit, nach § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW von der Beitreibung der Vollstreckungskosten wegen unbilliger Härte abzusehen, lässt die grundsätzliche Verpflichtung zur Kostentragung unberührt.
68Vgl. OVG NRW, Urteil vom 28. Februar 2011 - 14 A 451/10, juris, Rdn. 46 ff für das Verhältnis zwischen dem Übernahmeanspruch aus § 74 SGB XII und einem Anspruch auf Erlass von Friedhofsgebühren; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 10. Juli 2012 - 14 K 2308/11 -, juris, Rdn. 87 f.; anders noch OVG NRW, Urteil vom 30. Juli 2009 - 19 A 448/07 -, juris, Rdn. 45 ff.
69Dies ergibt sich aus Sinn und Struktur der Norm. Sie stellt nicht die - kraft Gesetzes mit Durchführung einer rechtmäßigen Verwaltungsvollstreckung entstandene - Kostenpflicht des Vollstreckungsschuldners in Frage, sondern sieht lediglich die Möglichkeit des Absehens von der Beitreibung aus Billigkeitsgründen vor. Sie stellt damit kein Leistungsgesetz dar, sondern soll den Vollstreckungsschuldner nur vor der Beitreibung von rechtmäßig in Ansatz gebrachten Vollstreckungskosten schützen, weil die Betreibung aus persönlichen und/ oder wirtschaftlichen Gründen unbillig erscheint. Die Vorschrift gleicht damit strukturell sonstigen sozial motivierten Schuldnerschutzvorschriften, die der Durchsetzung berechtigter Ansprüche im Einzelfall entgegenstehen können, etwa den Vollstreckungsschutzvorschriften (vgl. § 48 VwVG NRW und §§ 850 ff. der Zivilprozessordnung). Daher stellt die Möglichkeit, von der Beitreibung der Vollstreckungskosten aus Billigkeitsgründen nach § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW abzusehen, das Merkmal des "hierzu Verpflichteten" im Sinne von § 74 SGB XII ebensowenig in Frage, wie die Verpflichtung in Frage steht, wenn die zivilrechtliche Kostenforderung eines Bestattungsunternehmens aufgrund von Pfändungsschutzvorschriften gegenüber dem Schuldner nicht durchgesetzt werden kann.
70OVG NRW, Urteil vom 28. Februar 2011 - 14 A 451/10, juris Rdn. 49.
71β. Dabei kann umgekehrt nicht die Unzumutbarkeit der Kostentragung im Sinne von § 74 SGB XII mit dem Hinweis auf die Möglichkeit, nach § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW von der Beitreibung der Vollstreckungskosten aus Billigkeitsgründen abzusehen, in Zweifel gezogen werden. Hiergegen sprechen der spezielle Charakter des § 74 SGB XII und Aspekte der Gleichbehandlung der Bestattungspflichtigen. Mit § 74 SGB XII wird - anders als durch § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW - ausdrücklich und ausschließlich für Fälle der Unzumutbarkeit der Kostentragung bei Bestattungen eine fürsorgerechtliche Regelung der Hilfe in einer besonderen Lebenslage getroffen. Die Norm bestimmt eigens für diese Fallgestaltung, dass die Bestattungskosten letztlich beim Sozialhilfeträger verbleiben sollen. Dem ist die gesetzgeberische Grundentscheidung zu entnehmen, dass die Kosten von der Gemeinschaft der Steuerzahler durch Sozialhilfe abgedeckt werden, wenn kein anderer Kostentragungspflichtiger vorhanden oder diesem die Kostentragung unzumutbar ist.
72Vgl. OVG NRW, Urteil vom 28. Februar 2011 - 14 A 451/10 -, juris, Rdn. 49, und VG Düsseldorf, Urteil vom 2. Februar 2010 - 23 K 2884/08 -, juris, Rdn. 35 für das Verhältnis zwischen dem Übernahmeanspruch aus § 74 SGB XII und einem Anspruch auf Erlass von Friedhofsgebühren; auch LSG NRW, Urteil vom 30. Oktober 2008 - L 9 SO 22/07, juris, Rdn. 31; Nds. OVG, Beschluss vom 13. Juli 2005 - 8 PA 37/05 -, juris, Rdn. 7; VG Gelsenkirchen, Urteile vom 16. Dezember 2014 - 14 K 4511/12 -, juris Rdn. 104, und vom 19. Juli 2012 - 14 K 2308/11 -, juris, Rdn. 82; Stelkens/Seifert, Die Bestattungspflicht und ihre Durchsetzung: Neue und alte Probleme, DVBl. 2008, 1537 (1545).
73Diese Bewertung des Verhältnisses von § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW und § 74 SGB XII bewirkt zugleich die gebotene Gleichbehandlung derjenigen Bestattungspflichtigen, die ihrer Verpflichtung ungeachtet der Unzumutbarkeit der Kostentragung zunächst aus moralischen oder anderen Gründen nachkommen, und derjenigen Bestattungspflichtigen, die sich dem verweigern. Es besteht kein sachangemessener Grund dafür, dass der Verbleib der Bestattungskosten bei dem einen oder anderen Rechtsträger (Kommune oder Sozialhilfeträger) davon abhängen soll, ob der Bestattungspflichtige, dem das Tragen der Bestattungskosten wegen des Vorliegens einer unbilligen Härte nicht zugemutet werden kann, seiner Bestattungspflicht nachkommt oder nicht.
74Vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 9. Juni 2008 - 4 ZB 07.2815 -, juris, Rdn. 9; OVG Saarland, Urteil vom 27. Dezember 2007 - 1 A 40/07 -, juris, Rdn. 83; Stelkens/Cohrs, Bestattungspflicht und Bestattungskosten, NVwZ 2002, 917 (923 f.); auch Nds. OVG, Beschluss vom 13. Juli 2005 - 8 PA 37/05 -, juris, Rdn. 4, 7.
75Die Gleichbehandlung gewährleistet ferner, dass die Prüfung der Zumutbarkeitsfrage einheitlich den hiermit vertrauten Sozialhilfeträgern zugewiesen ist und vermeidet eine aufgespaltene Zuständigkeit zweier unterschiedlicher Behörden für die Prüfung derselben Problematik je nachdem, ob der Bestattungspflichtige die Bestattung veranlasst oder nicht.
76Vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 9. Juni 2008 - 4 ZB 07.2815 -, juris, Rdn. 9; OVG Saarland, Urteil vom 27. Dezember 2007 - 1 A 40/07 -, juris, Rdn. 83; Stelkens/Cohrs, a.a.O. S. 924.
77Zur Sicherstellung dieser einheitlichen Zuständigkeit ist es hinzunehmen, dass die Prüfung des Kostenübernahmeanspruchs einem selbstständigen Verwaltungsverfahren außerhalb des unmittelbaren Bestattungsrechts vorbehalten bleibt.
78Vgl. Hamb. OVG, Urteil vom 26. Mai 2010 - 5 Bf 34/10 -, juris, Rdn. 28.
79Dem kann schon vom Ansatz her nicht der sozialhilferechtliche Grundsatz des Nachrangs der Sozialhilfe entgegen gehalten werden. Nach § 2 Abs. 1 SGB XII erhält Sozialhilfe nicht, wer sich vor allem durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann oder wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Nach § 2 Abs. 2 SGB XII bleiben Verpflichtungen anderer, insbesondere Unterhaltspflichtiger oder der Träger anderer Sozialleistungen, unberührt; auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach dem Recht der Sozialhilfe entsprechende Leistungen vorgesehen sind. Die in § 24 VO VwVG NRW vorgesehene Möglichkeit der Behörde, von der Beitreibung der Vollstreckungskosten lediglich abzusehen, stellt keine Möglichkeit des Verpflichteten zur Selbsthilfe im Sinne des Abs. 1 der Vorschrift,
80OVG NRW, Urteil vom 28. Februar 2011 - 14 A 451/10 -, juris, Rdn. 51,
81oder auf anderweitigen Rechtsvorschriften beruhende (Sozial-)Leistung im Sinne des Abs. 2 dar. Im Übrigen handelt es sich bei dem Anspruch auf Übernahme der Bestattungskosten um einen eigenständigen sozialhilferechtlichen Anspruch auf Hilfe in anderen Lebenslagen, der sich in seiner Bedarfsstruktur wesentlich von den Ansprüchen auf Leistungen zum Lebensunterhalt unterscheidet und für den statt des sozialhilferechtlichen Kriteriums der Bedürftigkeit der Maßstab der Zumutbarkeit maßgeblich ist.
82Vgl. BSG, Urteil vom 25. August 2011 - B 8 SO 20/10 R -, juris, Rdn. 16; zur Vorgängernorm des § 15 BSHG BVerwG, Urteil vom 29. Januar 2004 - 5 C 2.03 -, juris, Rdn. 18; OVG Saarland, Urteil vom 27. Dezember 2007 - 1 A 40/07 -, juris, Rdn. 79; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19. Oktober 2004 - 1 S 681/04 -, juris, Rdn. 26.
83γ. Das Merkmal der Unzumutbarkeit im Sinne des § 74 SGB XII ist so weit zu verstehen, dass das Bestehen einer unbilligen Härte daneben ausgeschlossen ist, weil die Rechtsordnung mit § 74 SGB XII eine Regelung bereitstellt, die gewährleistet, dass sich aus der Bestattung keine unzumutbaren Verpflichtungen ergeben.
84Es ist anerkannt, dass zur Begründung der Unzumutbarkeit im Sinne von § 74 SGB XII neben den wirtschaftlichen Voraussetzungen auch weitere Gesichtspunkte herangezogen werden können, die als solche im Allgemeinen sozialhilferechtlich unbeachtlich sind, so solche persönlicher Natur. Daher kann die Kostentragung etwa bei schweren Verfehlungen des Verstorbenen gegenüber dem Bestattungspflichtigen unzumutbar sein.
85Vgl. BSG, Urteil vom 29. September 2009 - B 8 SO 23/08 R -, juris, Rdn. 16; Hess. LSG, Urteil vom 6. Oktober 2011 - L9 SO 226/10 -, juris, Rdn. 38; Greise in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 74 SGB XII Rdn. 78 f.; Spranger, Unzumutbarkeit der Kostenübernahme nur in Härtefällen, Sozialrecht und Praxis 2010, 656 (659); Trésoret/Seifert, Eine soziale Bestattung ist kein Armenbegräbnis, Soziale Sicherheit 2012, 433 (435 f.); zur Vorgängernorm des § 15 BSHG BVerwG, Urteil vom 29. Januar 2004 - 5 C 2.03 -, juris Rdn. 18.
86Kann demnach aufgrund der vom Kläger vorgetragenen Aspekte, so die Tätlichkeiten seines Vaters ihm und seiner Mutter gegenüber, ein Anspruch nach § 74 SGB XII bestehen, sind die nämlichen Gesichtspunkte aus den vorstehenden systematischen Gründen ungeeignet, eine unbillige Härte im Sinne von § 24 VO VwVG NRW zu begründen.
87Ob in besonderen Ausnahmefällen trotz der Möglichkeit, die Übernahme der Kosten nach § 74 SGB XII zu beanspruchen, eine unbillige Härte anzunehmen sein kann, kann anlässlich des Streitfalls unentschieden bleiben, in dem für eine solche Annahme jedenfalls keine Grundlage besteht.
88d. Konkrete Bedenken gegen die Höhe der einzelnen Positionen der Kosten der Ersatzvornahme - soweit sie vor der Urnenbeisetzung angefallen und damit noch streitgegenständlich sind - sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Den Verwaltungsvorgängen ist zu entnehmen, dass die geltend gemachten Beträge (325,38 Euro Gebühren Einäscherung; 63,00 Euro Gebühren Annahme und Verwahrung des Verstorbenen; 341,53 Euro Leistungen des Bestattungsunternehmens; 25,00 Euro Todesbescheinigung; 30,00 Euro Attest zur Einäscherung) angefallen sind.
892. Die Verwaltungsgebühren durfte die Beklagte nach § 15 Abs. 1 Nr. 11 VO VwVG NRW festsetzen. Danach ist die Vollzugsbehörde berechtigt, für die Veranlassung der Bestattung durch die Ordnungsbehörde Verwaltungsgebühren in Höhe von 25,00 Euro bis 300,00 Euro zu erheben. Die Festsetzung der Verwaltungsgebühr ist danach nicht zu beanstanden. Sie bewegt sich mit einer Höhe von 150,00 Euro im von § 15 Abs. 1 Nr. 11 VO VwVG NRW vorgegebenen Rahmen.
90C. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 155 Abs. 2 VwGO.
91Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
92Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht erfüllt sind. Die landesrechtlichen Rechtsfragen, die der vorliegende Rechtstreit aufwirft, sind nicht revisibel. Die bundesrechtlichen Rechtsfragen zu den Voraussetzungen des sozialhilferechtlichen Übernahmeanspruchs aus § 74 SGB XII sind in der zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung grundsätzlich geklärt.
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.
(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.
Tenor
I.
Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Klage- und die Beklagtenpartei den Rechtsstreit jeweils hinsichtlich Nr. 2 und Nr. 3 des Klageantrags vom 05.12.2013 für erledigt erklärt haben.
II.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger und die Beklagte jeweils zur Hälfte.
IV.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger stellte am 14. Januar 2013 einen Asylerstantrag (Bl. 2 der vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - BAMF - vorgelegten Verwaltungsakte, d. A.). Dabei gab er unter anderem an, ein am ... 1989 in ... geborener afghanischer Staatsangehöriger sunnitischen Glaubens vom Volk der Pashtunen zu sein.
Die Regierung von ... hat den Kläger am 7. Januar 2013 angehört (Bl. 112 - 119 d. A.).
Mit Bescheid vom ... Januar 2013 wies die Regierung von ... dem Kläger als Wohnsitz eine dezentrale Wohnung im Landkreis ... zu (Bl. 49 d. A.).
Mit Schriftsatz vom ... Juli 2013 bestellte sich die Bevollmächtigte im Verwaltungsverfahren unter Vorlage einer entsprechenden Vollmacht (Bl. 124 d. A.)
Zum ... September 2013 änderte sich die Anschrift des Klägers innerhalb des Landkreises ... (Bl. 128 und 129 d. A.).
Mit Schriftsatz vom ... Oktober 2013 bat die - bereits im Verwaltungsverfahren bestellte - Klägerbevollmächtigte unter Hinweis auf § 75 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) um Mitteilung, bis wann voraussichtlich mit einer Bearbeitung des Verfahrens zu rechnen sei. Mit dem Schriftsatz vom ... Oktober 2013 wurden Unterlagen, unter anderem Fotos, vorgelegt (Bl. 132 - 166 d. A.), die nach Ansicht der Klagepartei belegen, dass sich der Vater des Klägers in höchsten afghanischen Kreisen bewegt und dass während einer Entführung des Klägers und zweier weiterer Personen mittels Flugblättern und Plakaten nach diesen gesucht worden sei.
Mit Schreiben vom ... November 2013 (Bl. 167 d. A.) teilte das BAMF der Klägerbevollmächtigten unter anderem mit, dass die Anhörungstermine wegen einer vorübergehenden Überlastung nicht zeitgerecht durchgeführt werden könnten. Dieser Situation müsse bei im Wesentlichen unverändertem Personalstand im Asylbereich nach wie vor durch organisatorische Umverteilungsmaßnahmen und Priorisierungsentscheidungen Rechnung getragen werden.
Mit Klageschrift vom 5. Dezember 2013, bei Gericht per Telefax eingegangen am 9. Dezember 2013, beantragte die Klägerbevollmächtigte im Wege der Untätigkeitsklage unter anderem,
die Beklagte zu verpflichten, festzustellen (Nr. 1), dass beim Kläger hinsichtlich Afghanistans die Voraussetzungen von § 60 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG), hilfsweise (Nr. 2) Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 5 und Abs. 7 Satz 2 AufenthG a. F. vorliegen, höchsthilfsweise (Nr. 3) festzustellen, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Afghanistan vorliegen.
Zur Begründung der Klage wurde unter anderem mitgeteilt, der Vater des Klägers sei ein Berater eines Assistenten des afghanischen Präsidenten. Der Kläger sei in Afghanistan Opfer eines Überfalls geworden und einige Zeit verschleppt gewesen. Aufgrund der intensiven Fahndung nach ihm sowie Interventionen von höchster Ebene sei er wieder freigekommen. Bis einschließlich 4. Dezember 2013 habe noch kein Termin zur Anhörung festgestanden. Die Klagevoraussetzungen gemäß § 75 VwGO seien gegeben. Im Verfahren des Klägers sei seit der Antragstellung offensichtlich gar nichts passiert - nach elf Monaten sei noch nicht einmal ein Termin zur Anhörung festgesetzt worden. Auf Seiten der Beklagten liege ein zurechenbares Organisationsverschulden vor.
Mit Schreiben vom 23. Dezember 2013 legte das BAMF die Verwaltungsakte vor.
Mit Klageerwiderung vom 23. Dezember 2013 trug das BAMF vor, die Untätigkeitsklage sei unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Wegen der exorbitanten Erhöhung der Zugangszahlen liege seitens der Beklagten ein zureichender Grund für die noch nicht erfolgte Verbescheidung vor. Das Gericht könne also allenfalls das Verfahren bis zum Ablauf einer bestimmten Frist aussetzen.
Am 4. Februar 2014 wurde der Kläger vom BAMF angehört (Bl. 185 d. A.), was dem Gericht aber erst in der mündlichen Verhandlung vom 20. März 2014 mitgeteilt worden ist. Bei der Anhörung teilte der Kläger unter anderem mit, seine Personaldokumente seien verlorengegangen (BAMF-Protokoll - BAMF-P - S. 2). Er habe in Afghanistan zuletzt in der Stadt ... gelebt (BAMF-P S. 3). Zu seinem Verfolgungsschicksal trug er im Wesentlichen vor (BAMF-P S. 2 ff.), er habe auf der amerikanischen Militärbasis „...“ in ... ein Geschäft zum Verkauf von Edelsteinen und Silber betrieben; auch habe er in ... im „...“ (am Flughafen) gearbeitet. Er und sein Bruder seien auf der Fahrt von ... nach ... entführt worden. Das sei - umgerechnet - im März 2012 gewesen. 17 Tage habe man sie an einem unbekannten Ort festgehalten und nach Zahlung von Lösegeld letztendlich freigelassen. Ein Cousin, der mit im Auto gesessen habe, sei von den Entführern in einem anderen Fahrzeug weggebracht worden. Nachdem der Vater das Lösegeld gezahlt habe, hätte man ihn und den Bruder in der Provinz ... freigelassen. Sie wären auf Anraten des Vaters nicht mehr nach Hause gegangen, sondern gleich in den Iran weitergereist. Während des Aufenthalts im Iran habe der Kläger erfahren, dass der Cousin getötet worden sei. Nun würde der Vater des Cousins, der Onkel des Klägers, die Familie des Klägers beschuldigen, für den Tod seines Sohnes - des Cousins des Klägers - verantwortlich zu sein; der Onkel sei der Ansicht, wenn der Vater des Klägers auch für den Cousin Lösegeld bezahlt hätte, dann wäre er jetzt frei und nicht tot (BAMF-P S. 6). Bei einer Rückkehr nach Afghanistan müsste er (der Kläger) mit Personenschutz leben und könnte kein normales Leben führen.
Mit Beschluss vom 11. März 2013 bewilligte die Kammer dem Kläger antragsgemäß Prozesskostenhilfe und ordnete ihm seine Bevollmächtigte bei im Hinblick auf die schwierigen Rechtsfragen hinsichtlich der Untätigkeitsklage unter Hinweis unter anderem auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach
Die Kammer hat am 20. März 2013 erstmals mündlich verhandelt und die Verwaltungsstreitsache auf den 8. Mai 2014 vertagt; Anträge wurden in dieser Verhandlung nicht gestellt.
Mit Bescheid vom ... März 2014 (Bl. 215 d. A.) entschied das BAMF wie folgt:
1. Der subsidiäre Schutzstatus wird zuerkannt.
2. Im Übrigen wird der Asylantrag abgelehnt.
Das BAMF hielt dabei die Angaben des Klägers über die Lösegeldforderungen gegen seine wohlhabende Familie im Ergebnis für glaubhaft, so dass sich ähnliche Übergriffe auch künftig nicht ausschließen ließen; seitens des Onkels bestehe eine zusätzliche Gefahr (vgl. auch den BAMF-Vermerk vom ... 04.2014; Bl. 236 d. A.). Demgegenüber sah das BAMF kein Verfolgungsmotiv im Sinne des Asyl- und Flüchtlingsrechts. Vielmehr ging das BAMF lediglich von einem Übergriff krimineller Art aus. Die in einigen Punkten abweichenden Angaben des Bruders des Klägers (BAMF-Az.: ...) würden dies ebenfalls belegen. Auch die vorgelegten Kopien von drei Dokumenten und Fotos würden zu keiner anderen Einschätzung führen.
Erst auf ein gerichtliches Schreiben vom 2. Mai 2014 hin übersandte das BAMF die fortgeführte Verwaltungsakte mit Schreiben vom gleichen Tag.
Mit Schriftsatz vom 3. Mai 2014, bei Gericht eingegangen am 5. Mai 2014, erklärte die Klagepartei den Rechtsstreit teilweise für erledigt hinsichtlich der Klageanträge zu 2 und zu 3 im Hinblick auf den Bescheid vom ... März 2014. Der Kläger verfolge den Klageantrag zu 1 weiter.
Mit Schreiben vom 6. Mai 2014 stimmte die Beklagtenpartei der teilweisen Erledigungserklärung der Klagepartei zu, legte auf entsprechende Bitte des Gerichts die Niederschrift der Anhörung des Bruders des Klägers durch das BAMF vor und teilte mit, dass das BAMF im Asylverfahren des Bruders des Klägers noch nicht entschieden habe.
Am 8. Mai 2014 hat das Gericht erneut mündlich verhandelt, wobei seitens der Beklagtenpartei wiederum niemand erschienen war. Der Kläger wurde informatorisch gehört.
Die Klägerbevollmächtigte beantragte in der mündlichen Verhandlung vom 8. Mai 2014,
den Bescheid vom ... März 2014 in Nr. 2 aufzuheben (1.), die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen (2.) bei Kostentragung durch die Beklagte, § 161 Abs. 3 VwGO (3.).
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die vom BAMF vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Gründe
1. Soweit das Klageverfahren im maßgeblichen Zeitpunkt des Schlusses der letzten mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) noch anhängig war, hat die insoweit zulässige Klage in der Sache keinen Erfolg (vgl. unter 3.). Im Übrigen war das Verfahren infolge der übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Beteiligten einzustellen (vgl. unter 2.).
Das Gericht konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 8. Mai 2014 entscheiden, obwohl seitens der Beklagtenpartei niemand zur mündlichen Verhandlung erschienen war. Denn im Ladungsanschreiben vom 28. Februar 2014 zur ersten mündlichen Verhandlung am 20. März 2014, in der der weitere Verhandlungstermin am 8. Mai 2014 verkündet wurde, war darauf hingewiesen worden, dass bei Nichterscheinen eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO); diese Belehrung wurde bei der Verkündung des zweiten Verhandlungstermins zu Protokoll wiederholt (Sitzungsprotokoll vom 20.3.2014, S. 6).
Das Verwaltungsgericht München ist entscheidungsbefugt, insbesondere örtlich zuständig, weil der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt der Klageerhebung seinen Aufenthalt im Gerichtsbezirk des Verwaltungsgerichts München zu nehmen hatte (§ 52 Nr. 2 Satz 3 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - i. V. m. Art. 1 Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung - AGVwGO - i. V. m. § 83 Satz 1 VwGO i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz - GVG).
Gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ist für die gerichtliche Entscheidung die im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung geltende Sach- und Rechtslage maßgeblich.
2. Streitgegenständlich waren zum maßgeblichen Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung nur noch die auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gerichteten, in der mündlichen Verhandlung gestellten Anträge der Klagepartei. Hinsichtlich der ursprünglich hilfsweise erhobenen Anträge Nr. 2 und Nr. 3 der Klageschrift haben die Parteien den Rechtsstreit mit Erklärungen vom 3. Mai 2014 und vom 6. Mai 2014 teilweise für erledigt erklärt.
Das Verfahren war insoweit entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, und zwar im Schlussurteil (vgl. BVerwG U. v. 2.6.1965 - V C 8863 - Buchholz 310 § 161 Abs. 2 Erledigung Nr. 16, BeckRS 1965, 31320551; BVerwG B. v. 3.11.1981 - 4 B 140/81 - BayVBl 1982, 156, juris Rn. 3).
3. Die demnach allein verbliebene Klage auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft unter Aufhebung der diesbezüglichen Ablehnung im Bescheid vom ... März 2014 war zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg - dem Kläger steht kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zu gemäß § 60 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) i. V. m. §§ 3 - 3e und § 31 Abs. 2 Satz 1 AsylVfG.
3.1. Ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 4 und Abs. 1 AsylVfG i. V. m. § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG setzt voraus, dass das Leben oder die Freiheit des Ausländers im Falle der Rückkehr in seinen Heimatstaat wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, wegen seiner politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe bedroht sind. Eine solche Verfolgung kann nicht nur vom Staat oder ihn beherrschenden Parteien oder Organisationen ausgehen, sondern auch von nichtstaatlichen Akteuren, sofern der Staat oder ihn beherrschende Parteien oder Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung zu bieten (§§ 3c, 3d AsylVfG). Weiter darf für den Ausländer keine innerstaatliche Fluchtalternative bestehen (§ 3e AsylVfG).
Damit geht zwar der Schutzbereich des Flüchtlingsschutzes über den des Art. 16a Abs. 1 Grundgesetz (GG) hinaus, insbesondere hinsichtlich der möglichen Verfolgungsgründe und der möglichen Akteure, von denen Verfolgung drohen kann (§§ 3b und 3c AsylVfG). Allerdings ist in jedem Fall erforderlich, dass die Verfolgung an eines der in § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG genannten Verfolgungsmotive (Rasse, Religion, Nationalität, politische Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe) anknüpft. Außerdem ist nach § 3d AsylVfG bei nichtstaatlichen Akteuren die Furcht vor Verfolgung nicht begründet im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG, sofern der Herkunftsstaat in der Lage und willens ist, wirksamen Schutz vor der Verfolgung zu bieten (§ 3d AsylVfG).
Dabei ist für die Feststellung, ob eine Verfolgung nach § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG i. V. m. §§ 3 - 3e AsylVfG vorliegt, die Richtlinie 2011/95/EU (EU-Flüchtlingsschutz-RL - EUF-RL), insbesondere Art. 4 Abs. 4 EUF-RL, ergänzend anzuwenden (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 2 und § 3e Abs. 2 Satz 1 AsylVfG sowie § 2 Abs. 13 Nr. 2 AufenthG). Nach Art. 4 Abs. 4 EUF-RL ist die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde, ein ernsthafter Hinweis darauf, dass seine Furcht vor Verfolgung begründet ist, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird.
3.2. Im vorliegenden Fall sind vor diesem Hintergrund die Voraussetzungen für eine Flüchtlingsanerkennung aufgrund eines individuellen Verfolgungsschicksals nicht gegeben. Selbst wenn unterstellt wird, dass die vom Kläger vorgetragenen Tatsachen so zutreffen, ist nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit von einem Verfolgungsmotiv im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG (Rasse, Religion, Nationalität, politische Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe) auszugehen; vielmehr ist auch dann nur von der Gefahr krimineller Gewalt auszugehen, die zwar subsidiären Schutz rechtfertigen kann, aber - mangels eines Verfolgungsmotivs i. S. v. § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG - für eine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht ausreicht.
Ein Anknüpfungspunkt für ein Verfolgungsmotiv in der Person des Klägers selbst, etwa im Hinblick auf seine eigenen politischen Überzeugungen, seine Volks- oder Religionszugehörigkeit, ist nicht ersichtlich - vielmehr kommt nur eine mittelbare Anknüpfung über die Person des Vaters des Klägers in Betracht, was auch die Klagepartei selbst in der mündlichen Verhandlung in den Mittelpunkt gestellt hat (vgl. Sitzungsprotokoll vom 8.5.2014 - nachfolgend Sitzungsprotokoll -, S. 9 f.).
Hinsichtlich der vom Kläger geschilderten Entführung und der Gefahr einer möglichen Wiederholung im Falle einer Rückkehr in das Heimatland geht das Gericht nicht von einem Verfolgungsmotiv i. S. v. § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG aus. Es ist für das Gericht nicht hinreichend wahrscheinlich, dass die Entführung über das rein kriminelle Lösegeldinteresse hinaus auch aufgrund einer - auch dem Kläger zugeschriebenen - politischen Überzeugung seines Vaters erfolgt ist. Dabei ist zunächst festzuhalten, dass der Kläger mitgeteilt hat (Sitzungsprotokoll S. 5, zweiter Absatz), er wisse nicht genau, um wie viel Lösegeld es anlässlich seiner Entführung gegangen sei und mit wem sein Vater wegen des Lösegelds verhandelt habe - er (der Kläger) habe diesbezüglich auch nicht nachgefragt. Soweit der Kläger im Hinblick auf die Frage einer politischen Motivation seiner Entführung die Entführung des früheren Partners seines Vaters angeführt hat (Sitzungsprotokoll S. 5/6), ist zu sehen, dass nach dem eigenen Vortrag des Klägers die Entführung des früheren Partners des Vaters des Klägers im Jahr 2007 stattgefunden hat, zu einer Zeit, in der der Vater selbst nicht für die Regierung Karzai, sondern im Immobilienbereich tätig gewesen ist (Sitzungsprotokoll S. 6, erster und dritter Absatz). Nur weil damals die Täter einer Entführung einer politischen Gruppierung angehört haben könnten - der Kläger sprach insoweit von Mudjaheddin oder Taliban (Sitzungsprotokoll S. 5, vierter Absatz) -, muss deshalb die Entführung selbst nicht an die politische Überzeugung des Entführten anknüpfen; auch politische Gruppierungen können Entführungen aus rein finanziellen kriminellen Motiven heraus begehen und sich ihre Opfer allein nach deren wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit suchen, ohne dass es auf die politische Überzeugung der Opfer insoweit ankäme. Das gilt auch für die Entführung des Klägers selbst. Aus dem Vortrag des Klägers lässt sich vor diesem Hintergrund nicht mit hinreichender Deutlichkeit auf ein politisches Motiv der Entführung schließen. Er hat selbst mitgeteilt, bei seinem Vater nicht nachgefragt zu haben, mit wem sein Vater wegen des Lösegeldes verhandelt hat (s.o.). Vielmehr hat der Kläger geschildert, mit seinem Vater darüber, was der Hintergrund der Entführung gewesen sei, nicht gesprochen zu haben - der Vater habe immer schon Angst vor Entführungen seiner Kinder gehabt; alle in Afghanistan, die etwas Geld haben, fürchteten solche Entführungen (Sitzungsprotokoll S. 7, vierter Absatz). Letzteres spricht aus Sicht des Gerichts dagegen, über ein finanzielles kriminelles Motiv hinaus auch ein politisches Motiv der Entführung für hinreichend wahrscheinlich zu halten. Es ist keinerlei Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass der Kläger oder sein Vater von den staatlichen Stellen in Afghanistan etwas zu befürchten hätte - ganz im Gegenteil sind die afghanischen Polizeibehörden offenkundig im Fall des Klägers tätig geworden (vgl. BAMF-P vom 4.2.2014, S. 2/3).
Auch hinsichtlich der vom Kläger geschilderten Drohungen seitens seines Onkels geht das Gericht nicht von einem Verfolgungsmotiv i. S. v. § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG aus. Insbesondere ist nach der Schilderung des Klägers (Sitzungsprotokoll S. 7, unten und S. 8) nicht mit hinreichender Deutlichkeit ersichtlich, dass der Onkel dem Kläger wegen der politischen Überzeugung des Klägers oder des Vaters des Klägers schaden will. Vielmehr liegt nach der Schilderung des Klägers eher eine Verbitterung wegen des Todes des Cousins des Klägers, für den der Vater des Klägers kein Lösegeld bezahlt hatte, nahe. Auch ist insoweit zu sehen, dass nach dem eigenen Vortrag des Klägers der Onkel bislang nicht versucht hat, der innerhalb Afghanistans nach ... umgesiedelten Familie des Klägers zu schaden (Sitzungsprotokoll S. 8, unten).
Insgesamt scheidet eine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft schon mangels eines mit hinreichender Wahrscheinlichkeit feststellbaren Verfolgungsmotivs aus.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 161 Abs. 3 i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Es war eine einheitliche Kostenentscheidung sowohl hinsichtlich des erledigten Teils als auch hinsichtlich des streitig entschiedenen Teils zu treffen (BVerwG U. v. 2.6.1965 - V C 88.63 - Buchholz 310 § 161 Abs. 2 Erledigung Nr. 16, BeckRS 1965, 1965, 31320551; BVerwG B. v. 3.11.1981 - 4 B 140/81 - BayVBl 1982, 156, juris Rn. 3).
Hinsichtlich des erledigten Teils, der die Hälfte des ursprünglichen Streitgegenstands ausmacht, trifft die Kostenlast die Beklagte. Dabei kann offen bleiben, ob sich dies bereits aus § 161 Abs. 3 VwGO ergibt, weil der Kläger bei Erhebung der Klage mit seiner Bescheidung rechnen durfte. Denn selbst wenn Letzteres nicht der Fall gewesen sein sollte, weil die von der Beklagten genannten Priorisierungsgründe insoweit ausreichend waren, hätte die Beklagte die Kosten gleichwohl gemäß § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO nach billigem Ermessen zu tragen. Dabei ist für die Frage, wem nach billigem Ermessen die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen sind, regelmäßig der Umstand maßgeblich, ob und aus welchen Gründen ein Verfahrensbeteiligter das zur Erledigung führende Ereignis bewirkt hat. Wenn eine Behörde aus eigenem Willensentschluss das erledigende Ereignis herbeigeführt und sich damit freiwillig in die Rolle des Unterlegenen begeben hat, spricht dies dafür, ihr die Verfahrenskosten aufzuerlegen; für diesen Gesichtspunkt der Verantwortlichkeit für die Erledigung des Rechtsstreits ist auch erheblich, ob die Gründe für das Handeln der Behörde ausschließlich in ihrer Sphäre gelegen haben (vgl. BVerwG B. v. 26.11.1991 - 7 C 16/89 - NVwZ 1992, 787 (788/789)). So liegt es hier. Denn die Beklagte hat sich eigeninitiativ entschlossen, das Verwaltungsverfahren weiter zu betreiben und sodann dem Kläger den subsidiären Schutzstatus zuerkannt.
Hinsichtlich der streitig entschiedenen Klage auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft trifft die Kostenlast dagegen den insoweit unterlegenen Kläger gemäß § 154 Abs. 1 VwGO. § 161 Abs. 3 VwGO ist insoweit schon nicht anwendbar. Denn eine Kostenüberbürdung gemäß § 161 Abs. 3 VwGO findet nicht statt, wenn der Kläger nach Ablehnung des beantragten Verwaltungsakts den Rechtsstreit fortsetzt und unterliegt; in diesem Fall erweist sich nämlich die verzögerte Bescheidung durch den Beklagten als nicht mehr kausal für den nach dem Erlass des Verwaltungsakts sich fortsetzenden Prozess (BVerwG B. v. 23.7.1991 - 3 C 56/90 - NVwZ 1991, 1180, juris Rn. 13).
Der erledigte und der streitig entschiedene Teil sind jeweils mit der Hälfte des Streitwertes anzusetzen, was zu einer hälftigen Kostenteilung führt (§ 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 2 und Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO). Die Entscheidung über die Abwendungsbefugnis beruht angesichts der einheitlich getroffenen Kostenentscheidung sowohl hinsichtlich des streitig entschiedenen Teils der Klage als auch hinsichtlich des für erledigt erklärten Teils auf § 711 ZPO i. V. m. § 167 VwGO (vgl. BVerwG U. v. 8.9.2005 - 3 C 50/04 - NJW 2006, 536, juris Rn. 31 ff.).
(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.
(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.