Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 10. Apr. 2008 - 1 O 5/08

bei uns veröffentlicht am10.04.2008

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 13. Dezember 2007 - 3 C 204/06 - über die Zurückweisung der Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 02. November 2007 wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss über die Zurückweisung der Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss, mit dem die Urkundsbeamtin auf den Antrag des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers die vom Antragsgegner zu erstattenden Kosten auf 489,45 Euro festgesetzt hat, bleibt ohne Erfolg. Die Beschwerde, mit der unter umfangreicher Begründung im Wesentlichen geltend gemacht wird, der Antragsteller habe weder dargelegt noch glaubhaft gemacht, dass die im vorliegenden Verfahren geltend gemachten Kosten überhaupt entstanden bzw. seinerseits gegenüber seinem Prozessbevollmächtigten geschuldet seien, ist aus den zutreffenden, maßgeblich auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gestützten Erwägungen des Verwaltungsgerichts, denen sich der Senat anschließt (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO), zurückzuweisen.

2

Die vom Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegten Erwägungen stehen in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Beschl. v. 05.12.2007 - 4 KSt 1007.07 -, JurBüro 2008, 142; Beschl. v. 21.03.2005 - 7 C 13.04 -, NJW 2005, 1962 - jeweils zitiert nach juris), der sich der Senat anschließt:

3

Materiell-rechtliche Einwendungen gegen den Kostenerstattungsanspruch des Gegners bzw. streitige Einwendungen des Schuldners sind danach im Kostenfestsetzungsverfahren gemäß §164 VwGO grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die materiell-rechtlichen Einwendungen offensichtlich begründet sind. Diese rechtfertigt sich aus der Erwägung, dass der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle nur bei eindeutigen Verhältnissen die ihm sonst nicht zugängliche und verwehrte Prüfung materiell-rechtlicher Einwendungen selbst zuverlässig vornehmen kann. Dem Schuldner werden damit Rechtschutzmöglichkeiten zudem nicht abgeschnitten, da ihm der Weg der Vollstreckungsgegenklage nach Maßgabe von § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 767 ZPO offensteht. Dieses Verfahren erscheint auch als angemessener Weg zur Bewältigung der streitgegenständlichen Problematik, als insoweit die Zuständigkeit des Gerichts eröffnet ist, dem - anders als dem Urkundsbeamten im Kostenfestsetzungsverfahren, das auf Praktikabilität und Effektivität ausgerichtet ist - insbesondere das notwendige prozessuale Instrumentarium zur Verfügung steht. Diese Linie des Bundesverwaltungsgerichts entspricht im Übrigen zahlreichen obergerichtlichen Entscheidungen (vgl. VGH München, Beschl. v. 14.07.2003 - 15 C 03.947 -, NVwZ-RR 2004, 227; Beschl. v. 09.03.2006 - 1 C 05.3053 -, BayVBl. 2007, 506; OVG HH, Beschl. v. 30.05.2006 - 3 So 38/06 -, NVwZ 2006, 1301; VGH Mannheim, Beschl. v. 25.08.1989 - NC 9 S 91/89 -, VBlBW 1990, 15; OVG Münster, Beschl. v. 22.02.2008 - 20 B 256/08 -; jeweils zitiert nach juris).

4

Von diesen Grundsätzen ausgehend können die vom Antragsgegner erhobenen materiellen Einwendungen gegen den Kostenerstattungsanspruch des Antragstellers keine Berücksichtigung finden, weil sie weder unstreitig noch offensichtlich begründet sind und folglich eine Ausnahme im vorstehenden Sinne nicht angenommen werden kann. Die fehlende Offensichtlichkeit der Begründetheit der erhobenen materiellen Einwendungen ergibt sich dabei aus folgenden Überlegungen:

5

Mit Schriftsatz vom 14. März 2008 hat der Antragsgegner u.a. vorgetragen, der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers habe zur Frage seines Honorars unterschiedliche bzw. widersprüchliche Erklärungen abgegeben. Schon daraus ergibt sich, dass die entsprechenden Erklärungen im Hinblick auf die behauptete Widersprüchlichkeit einer näheren rechtlichen Prüfung zu unterziehen wären, u.a. dahingehend, ob sie einer Auslegung zugänglich sind, die einen vermeintlichen Widerspruch auflösen könnte. Im Übrigen erschließt sich der Bedeutungsgehalt der vom Prozessbevollmächtigten des Antragstellers im Schriftsatz vom 24.10.2007 mitgeteilten Vergütungsvereinbarung zu Ziffer 6., bei der es sich offenkundig nur um eine Teilregelung zur Vergütung handelt, nicht ohne Kenntnis vom Vertrag im Übrigen. Schließlich kann derzeit ohne weitere Ermittlungen insbesondere hinsichtlich der mitgeteilten Vergütungsvereinbarung zu Ziffer 6. nicht gesagt werden, ob zwischen dem Antragsteller und seinem Prozessbevollmächtigten eine Vergütungsvereinbarung getroffen worden sein könnte, die nach § 49b BRAO unzulässig ist. Schon diese Gesichtspunkte rechtfertigen die Annahme, dass die erhobenen materiellen Einwendungen jedenfalls nicht offensichtlich begründet sind bzw. sich ihre Begründetheit dem Senat nicht geradezu aufdrängt. Die materiell-rechtliche Beurteilung, ob der nach der Kostengrundentscheidung erstattungsberechtigte Antragsteller seinem Prozessbevollmächtigten die geltend gemachten Gebühren im Innenverhältnis nach den dort bestehenden vertraglichen Beziehungen tatsächlich schuldet, gehört unter diesen Umständen nicht ins Kostenfestsetzungsverfahren (vgl. BGH, Beschl. v. 22.11.2006 - IV ZB 18/06 -, NJW-RR 2007, 422 - zitiert nach juris). Aus dem Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 04. April 2007 - III ZB 79/06 - (NJW 2007, 2493 - zitiert nach juris) kann der Antragsgegner zu seinen Gunsten nichts Gegenteiliges herleiten, da diese Entscheidung nicht die Frage betraf, in welchen Fällen im Kostenfestsetzungsverfahren Einwendungen des Kostenschuldners berücksichtigungsfähig sind, sondern - allenfalls im Sinne des Antragstellers - die davon zu unterscheidende Frage, welche Grundsätze für die Geltendmachung und Glaubhaftmachung des Erstattungsanspruchs durch den Kostengläubiger zu beachten sein sollen.

6

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, da für das Beschwerdeverfahren gemäß Nr. 5502 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG eine Festgebühr von 50,00 Euro anfällt (vgl. VGH Kassel, Beschl. v. 08.06.2007 - 3 TJ 966/07 -, juris).

7

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 122


(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse. (2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 3 Höhe der Kosten


(1) Die Gebühren richten sich nach dem Wert des Streitgegenstands (Streitwert), soweit nichts anderes bestimmt ist. (2) Kosten werden nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz erhoben.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 767 Vollstreckungsabwehrklage


(1) Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, sind von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen. (2) Sie sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 164


Der Urkundsbeamte des Gerichts des ersten Rechtszugs setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Kosten fest.

Bundesrechtsanwaltsordnung - BRAO | § 49b Vergütung


(1) Es ist unzulässig, geringere Gebühren und Auslagen zu vereinbaren oder zu fordern, als das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz vorsieht, soweit dieses nichts anderes bestimmt. Im Einzelfall darf der Rechtsanwalt besonderen Umständen in der Person des A

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Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Apr. 2007 - III ZB 79/06

bei uns veröffentlicht am 04.04.2007

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS III ZB 79/06 vom 4. April 2007 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 104 Im Kostenfestsetzungsverfahren ist es nicht erforderlich, dass sich die für die Festsetzung der beantragte

Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Nov. 2006 - IV ZB 18/06

bei uns veröffentlicht am 22.11.2006

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IV ZB 18/06 vom 22. November 2006 in dem Rechtsbeschwerdeverfahren Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, die Richterin Dr. Kessal-Wulf
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 10. Apr. 2008 - 1 O 5/08.

Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Beschluss, 02. März 2011 - 9 W 17/11 - 3

bei uns veröffentlicht am 02.03.2011

Tenor Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen Beschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 26. Oktober 2010 – 16 O 43/10 - wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Beschwerdewert: bis 2.500 EUR.

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(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse.

(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung der Vollziehung (§§ 80, 80a) und über einstweilige Anordnungen (§ 123) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 161 Abs. 2) sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

Der Urkundsbeamte des Gerichts des ersten Rechtszugs setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Kosten fest.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, sind von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen.

(2) Sie sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können.

(3) Der Schuldner muss in der von ihm zu erhebenden Klage alle Einwendungen geltend machen, die er zur Zeit der Erhebung der Klage geltend zu machen imstande war.

(1) Es ist unzulässig, geringere Gebühren und Auslagen zu vereinbaren oder zu fordern, als das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz vorsieht, soweit dieses nichts anderes bestimmt. Im Einzelfall darf der Rechtsanwalt besonderen Umständen in der Person des Auftraggebers, insbesondere dessen Bedürftigkeit, Rechnung tragen durch Ermäßigung oder Erlaß von Gebühren oder Auslagen nach Erledigung des Auftrags.

(2) Vereinbarungen, durch die eine Vergütung oder ihre Höhe vom Ausgang der Sache oder vom Erfolg der anwaltlichen Tätigkeit abhängig gemacht wird oder nach denen der Rechtsanwalt einen Teil des erstrittenen Betrages als Honorar erhält (Erfolgshonorar), sind unzulässig, soweit das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz nichts anderes bestimmt. Vereinbarungen, durch die sich der Rechtsanwalt verpflichtet, Gerichtskosten, Verwaltungskosten oder Kosten anderer Beteiligter zu tragen, sind nur zulässig, soweit in der Angelegenheit ein Erfolgshonorar nach § 4a Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes vereinbart wird. Ein Erfolgshonorar im Sinne des Satzes 1 liegt nicht vor, wenn lediglich vereinbart wird, dass sich die gesetzlichen Gebühren ohne weitere Bedingungen erhöhen.

(3) Die Abgabe und Entgegennahme eines Teils der Gebühren oder sonstiger Vorteile für die Vermittlung von Aufträgen, gleichviel ob im Verhältnis zu einem Rechtsanwalt oder Dritten gleich welcher Art, ist unzulässig. Zulässig ist es jedoch, eine über den Rahmen der Nummer 3400 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz hinausgehende Tätigkeit eines anderen Rechtsanwalts angemessen zu honorieren. Die Honorierung der Leistungen hat der Verantwortlichkeit sowie dem Haftungsrisiko der beteiligten Rechtsanwälte und den sonstigen Umständen Rechnung zu tragen. Die Vereinbarung einer solchen Honorierung darf nicht zur Voraussetzung einer Mandatserteilung gemacht werden. Mehrere beauftragte Rechtsanwälte dürfen einen Auftrag gemeinsam bearbeiten und die Gebühren in einem den Leistungen, der Verantwortlichkeit und dem Haftungsrisiko entsprechenden angemessenen Verhältnis untereinander teilen. Die Sätze 2 und 3 gelten nicht für beim Bundesgerichtshof zugelassene Prozeßbevollmächtigte.

(4) Die Abtretung von Vergütungsforderungen oder die Übertragung ihrer Einziehung an Rechtsanwälte oder Berufsausübungsgesellschaften nach § 59b ist zulässig. Im Übrigen sind Abtretung oder Übertragung nur zulässig, wenn eine ausdrückliche, schriftliche Einwilligung des Mandanten vorliegt oder die Forderung rechtskräftig festgestellt ist. Vor der Einwilligung ist der Mandant über die Informationspflicht des Rechtsanwalts gegenüber dem neuen Gläubiger oder Einziehungsermächtigten aufzuklären. Der neue Gläubiger oder Einziehungsermächtigte ist in gleicher Weise zur Verschwiegenheit verpflichtet wie der beauftragte Rechtsanwalt.

(5) Richten sich die zu erhebenden Gebühren nach dem Gegenstandswert, hat der Rechtsanwalt vor Übernahme des Auftrags hierauf hinzuweisen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB 18/06
vom
22. November 2006
in dem Rechtsbeschwerdeverfahren
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Dr. Franke
am 22. November 2006

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des 12. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 3. Mai 2006 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Wert: 9.963,34 €

Gründe:


1
I. Der Beklagte wendet sich gegen die zugunsten der Klägerin erfolgte Festsetzung außergerichtlicher Prozesskosten, die im Berufungsrechtszug angefallen sind.
2
Die Klägerin suchte im April 1996 ihren späteren Prozessbevollmächtigten - einen Anwaltsnotar - auf, um sich in einer erbrechtlichen Angelegenheit beraten zu lassen. Es ging um die Auseinandersetzung der beiden Nachlässe ihrer kurz zuvor verstorbenen Eltern. Gesetzliche Erben nach der vorverstorbenen Mutter waren deren Ehemann, die Klä- gerin und ihr Bruder, der Beklagte. Der nachverstorbene Vater wurde von den Parteien gesetzlich beerbt. Einige Monate nach dieser Beratung setzte sich die Klägerin mit dem Bürovorsteher des Anwaltsnotars in Verbindung, der Entwürfe für zwei Erbscheinsanträge und einen Erbauseinandersetzungsvertrag fertigte, die der Klägerin mit einem Begleitschreiben übersandt wurden, das der spätere Prozessbevollmächtigte in seiner Eigenschaft als Notar unterzeichnet hatte. Ein auf den 5. September 1996 anberaumter Termin zur Beurkundung des Erbauseinandersetzungsvertrages wurde wieder abgesetzt, nachdem der Beklagte Bedenken gegen den Inhalt des ihm von der Klägerin zur Verfügung gestellten Entwurfs geäußert hatte.
3
Prozessbevollmächtigte Der der Klägerin beurkundete jedoch für diese am 12. Dezember 1996 und am 21. März 1997 die beiden Erbscheinsanträge. Zudem führte er das ihm von der Klägerin erteilte anwaltliche Mandat fort und setzte sich am 26. März 1997 zur Vorbereitung der erbrechtlichen Auseinandersetzung beider Vermögensmassen mit dem Beklagten in Verbindung. Im Juli 2002 erhob er Klage auf Feststellung , dass der Beklagte bei der Teilung des Nachlasses des Vaters der Parteien eine ihm bereits im Jahre 1991 zu Eigentum übertragene Immobilie in Höhe von 730.440,14 € nach den §§ 2050 ff. BGB auszugleichen habe. Das Landgericht verkündete am 22. Mai 2003 ein stattgebendes Grundurteil, das die Ausgleichspflicht "in Höhe eines noch zu bestimmenden Betrages" feststellte. Seine hiergegen gerichtete Berufung nahm der Beklagte zurück. Daraufhin wurden ihm die Kosten des Berufungsverfahrens nach einem Wert von 584.352 € auferlegt.

4
Klägerin Die hat am 14. September 2004 beantragt, gegen den Beklagten die ihr im Berufungsrechtszug erwachsenen Prozesskosten in Höhe von insgesamt 9.963,34 € festzusetzen. Am 27. Oktober 2004 zeigte ihr Prozessbevollmächtigter dem Landgericht an, dass er das Mandat niederlege. Dem vorausgegangen war ein Schreiben der zuständigen Rechtsanwaltskammer vom 18. Oktober 2004, in dem die Auffassung vertreten wurde, es liege im Hinblick auf die früheren Beurkundungen der Erbscheinsanträge ein Tätigkeitsverbot nach § 45 BRAO vor. Mit Beschluss vom 21. Dezember 2005 hat die Rechtspflegerin des Landgerichts den Kostenfestsetzungsantrag mit der Begründung zurückgewiesen , der zwischen der Klägerin und ihrem Prozessbevollmächtigten geschlossene Anwaltsvertrag sei wegen Verstoßes gegen § 134 BGB nichtig , ein Vergütungsanspruch daher ausgeschlossen. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Klägerin hatte Erfolg. Mit seiner zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Beschlusses.
5
II. Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Es kann dahinstehen, ob die Voraussetzungen des § 574 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 ZPO für die Zulassung der Rechtsbeschwerde vorgelegen haben, weil die wesentlichen rechtlichen Fragen, die dem Beschwerdegericht Anlass für die Zulassung gegeben haben, bereits höchstrichterlich entschieden sind; jedenfalls ist der Senat an die Zulassung gebunden (§ 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO).
6
1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt: Im Kostenfestsetzungsverfahren könnten materiell-rechtliche Einwendungen und Einreden ge- gen den prozessualen Kostenerstattungsanspruch - hier die angebliche Nichtigkeit des Anwaltsvertrages nach den §§ 134 BGB, 45 BRAO - grundsätzlich nicht berücksichtigt werden; mit diesen sei der Kostenschuldner auf die Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO oder auf einen Rechtsbehelf nach § 775 Nr. 4, 5 ZPO zu verweisen. Der Rechtspfleger entscheide in dem auf Praktikabilität und Effektivität angelegten Verfahren nur über die Höhe der gemäß der vorliegenden Kostengrundentscheidung zu erstattenden Kosten. Eine Ausnahme könne lediglich dann geboten sein, wenn die materiell-rechtliche Einwendung oder Einrede zweifelsfrei bestehe und so gestaltet sei, dass sie - als offenkundiges Gegenrecht - einen bloß zahlenmäßigen Ausgleich innerhalb des Kostenfestsetzungsverfahrens betreffe und nicht durch das Prozessgericht in einem besonderen Rechtsstreit zu lösen sei. Hier sei indes zwischen den Parteien im Streit, ob die Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten der Klägerin gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen habe.
7
2. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
8
Das a) Kostenfestsetzungsverfahren, das mit dem Erlass eines Kostenfestsetzungsbeschlusses abschließt, ist eine Fortsetzung der zwischen den Prozessparteien ergangenen Kostengrundentscheidung (BGH, Beschluss vom 9. März 2006 - V ZB 164/05 - NZM 2006, 660 unter III 2 a); es behandelt daher allein die Frage, welcher Betrag nach der Kostengrundentscheidung zu erstatten ist. Schon das spricht dagegen, materiell-rechtliche Fragen innerhalb des Kostenfestsetzungsverfahrens zu klären, das auf eine formale Prüfung der Kostentatbestände und die Beurteilung einfacher Fragen des Kostenrechts zugeschnitten und deshalb dem Rechtspfleger übertragen ist. Die Entscheidung zwischen den Parteien streitiger Tatsachen und komplizierter Rechtsfragen ist in diesem Verfahren nicht vorgesehen und mangels der dafür notwendigen verfahrensrechtlichen Instrumente auch nicht sinnvoll möglich (BGH, Beschluss vom 23. März 2006 - V ZB 189/05 - Rpfleger 2006, 439 unter II 1). Materiell-rechtliche Einwände gegen den Kostenerstattungsanspruch sind deshalb grundsätzlich nicht zu berücksichtigen; vielmehr sind diese vorrangig mit der Vollstreckungsgegenklage geltend zu machen (BGHZ 5, 251, 253 f.).
9
b) Allerdings kann es unter dem Gesichtspunkt einer (prozessualen ) Gleichbehandlung und aus verfahrensökonomischen Gründen angezeigt sein, den Kostenerstattungsschuldner nicht auf die einen ungleich größeren Aufwand erfordernde Vollstreckungsgegenklage zu verweisen, wenn es um materiell-rechtliche Einwände geht, die keine Tatsachenaufklärung erfordern und sich mit den im Kostenfestsetzungsverfahren zur Verfügung stehenden Mitteln ohne weiteres klären lassen, etwa wenn die tatsächlichen Voraussetzungen feststehen, weil sie unstreitig sind oder vom Rechtspfleger im Festsetzungsverfahren ohne Schwierigkeiten aus den Akten ermittelt werden können. Solche Einwände können dann ausnahmsweise auch im Kostenfestsetzungsverfahren erhoben und beschieden werden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 23. März 2006 aaO; vom 17. März 2005 - IX ZB 247/03 - Rpfleger 2005, 382 unter III 1 b; BayVGH, Beschluss vom 9. März 2006 - 1 C 05.3053 - bei juris abrufbar und Rpfleger 2004, 65; HansOLG Hamburg MDR 2003, 294; München OLGR 2000, 30 und ZIP 2000, 555; OLG Hamm JurBüro 2000, 655 und 1993, 490; OLG Stuttgart Rpfleger 1992, 316; OLG Koblenz Rpfleger 1986, 319; MünchKomm-ZPO/Belz, 2. Aufl. § 104 Rdn. 25 f.; Zöller/Herget , ZPO 25. Aufl. § 104 Rdn. 21 "Materiell-rechtliche Einwendungen"; Musielak/Wolst, ZPO 4. Aufl. § 104 Rdn. 8 f.; Stein/Jonas/Bork, ZPO 22. Aufl. § 104 Rdn. 14 f.; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO 27. Aufl. § 104 Rdn. 12 f.).
10
c) Ein solcher Ausnahmefall ist hier jedoch mit dem Beschwerdegericht zu verneinen.
11
Dem steht nicht entgegen, dass durch den im Kostenfestsetzungsverfahren zuständigen Rechtspfleger zu prüfen ist, ob die zur Erstattung angemeldeten Rechtsanwaltskosten entstanden sind. Das bedeutet nicht, dass auch sämtliche damit verbundenen materiell-rechtlichen Fragen seiner Entscheidung unterfallen. Vielmehr hat seine Prüfung unter rein prozessualen und gebührenrechtlichen Gesichtspunkten zu erfolgen. Sie beschränkt sich im Wesentlichen darauf, ob die zur Erstattung angemeldeten Kosten nach dem konkreten Verfahrensablauf und den einschlägigen Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes oder der - hier noch anwendbaren - Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung entstanden sind. Diese prozessuale Prüfungsbefugnis ist notwendige Folge daraus, dass mit dem Kostenfestsetzungsbeschluss die betragsmäßige Umsetzung der Kostengrundentscheidung erreicht werden soll. Sie ist von der materiell-rechtlichen Beurteilung zu unterscheiden, ob die erstattungsberechtigte Partei ihrem Prozessbevollmächtigten die geltend gemachten Gebühren im Innenverhältnis nach den dort bestehenden vertraglichen Beziehungen tatsächlich schuldet (OLG Hamm JurBüro 2000, 655; anders SchlHOLG MDR 2002, 1459 und Stuttgart OLGR 1999, 383); letztere gehört nicht in das Kostenfestsetzungsverfahren.

12
d) Auch sonst ist nichts dafür ersichtlich, dass die Rechtspflegerin - aus Gründen der Verfahrensökonomie - die ihr an sich verschlossene Prüfung der Wirksamkeit des Anwaltsvertrages selbst zuverlässig und für den prozessualen Kostenerstattungsanspruch abschließend vornehmen durfte. Insbesondere handelt es sich bei dem Einwand, dass der zwischen dem erstattungsberechtigten Gegner und seinem Prozessbevollmächtigten geschlossene Anwaltsvertrag wegen Verstoßes gegen §§ 45 BRAO, 134 BGB nichtig sei, um keine einfache Rechtsfrage, hinsichtlich deren Beurteilung kein Zweifel bestünde und die daher zur Klärung im Kostenfestsetzungsverfahren geeignet wäre.
13
Einer eigenen rechtlichen Beurteilung war die Rechtspflegerin nicht schon deshalb enthoben, weil die zuständige Rechtsanwaltskammer in einem an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin gerichteten Schreiben die Auffassung vertreten hat, die Voraussetzungen eines Tätigkeitsverbotes nach § 45 BRAO seien erfüllt. Denn damit ist keine im Verhältnis der Klägerin zu ihrem Prozessbevollmächtigten bindende Feststellung über die (Un-)Wirksamkeit des anwaltlichen Vertrages getroffen , die es rechtfertigen könnte, der Klägerin die begehrte Festsetzung der Prozesskosten gegen den Beklagten ohne weiteres zu versagen. Um eine Entscheidung über die erhobene materiell-rechtliche Einwendung treffen zu können, hätte sich die Rechtspflegerin vielmehr umfassend damit auseinandersetzen müssen, ob der von der Rechtsanwaltskammer eingenommene Standpunkt zutreffend ist. Sie hätte insbesondere der Frage nachgehen müssen, ob die dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin vorgehaltene Pflichtverletzung im Bereich seiner anwaltlichen oder seiner notariellen Tätigkeit anzusiedeln ist. Denn die Klägerin hatte ihrem späteren Prozessbevollmächtigten bereits im Früh- jahr 1996 ein anwaltliches Mandat erteilt, so dass er zum Zeitpunkt des Entwurfes des Erbauseinandersetzungsvertrages und der Beurkundung der beiden Erbscheinsanträge schon in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt tätig geworden war. Es hätte mithin der Abgrenzung bedurft, ob der Prozessbevollmächtigte nach Übernahme des anwaltlichen Mandats an der Durchführung notarieller Amtshandlungen gehindert gewesen ist (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 BeurkG, § 14 Abs. 1 BNotO; Eylmann, in: Eylmann /Vaasen, Bundesnotarordnung/Beurkundungsgesetz, 2. Aufl. § 3 BeurkG Rdn. 48) oder ob und aus welchen Gründen ihm - gegebenenfalls in Nachwirkung notarrechtlicher Pflichten (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Dezember 1991 - NotZ 26/90 - DNotZ 1992, 455 unter 2) - nach dem Entfalten notarieller Tätigkeit die Fortsetzung des anwaltlichen Mandats versagt war (vgl. Kanzleiter, in: Schippel/Bracker, BNotO 8. Aufl. § 14 Rdn. 45 ff.; Armbrüster, in: Huhn/von Schuckmann, Beurkundungsgesetz und Dienstordnung für Notare, 4. Aufl. § 3 BeurkG Rdn. 81 ff.). Nur so hätte sich beurteilen lassen, ob - je nach Pflichtenverstoß - der anwaltliche Vertrag mit der Nichtigkeitssanktion des § 134 BGB i.V. mit § 45 BRAO belegt war oder dem Prozessbevollmächtigten wegen einer etwaigen fehlerhaften notariellen Sachbehandlung lediglich sein nach der Kostenordnung entstandener Gebührenanspruch verloren gegangen ist (vgl. Eylmann, aaO Rdn. 69).

14
e) Die aufgezeigten Fragen stehen zwischen den Parteien weder außer Streit, noch wurzeln sie im Kostenfestsetzungsverfahren selbst. Sie waren daher - wie vom Beschwerdegericht zu Recht angenommen - der Prüfung der Rechtspflegerin entzogen, der es an der Befugnis zur materiell-rechtlichen Entscheidung insoweit fehlt.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Dr. Kessal-Wulf Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Darmstadt, Entscheidung vom 05.06.2003 - 9 O 318/02 -
OLG Frankfurt in Darmstadt, Entscheidung vom 03.05.2006 - 12 W 21/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 79/06
vom
4. April 2007
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Im Kostenfestsetzungsverfahren ist es nicht erforderlich, dass sich die für die
Festsetzung der beantragten Gebühren maßgeblichen Tatsachen ohne weitere
Erhebungen aus der Gerichtsakte ergeben oder unstreitig sind.
BGH, Beschluss vom 4. April 2007 - III ZB 79/06 - OLG Nürnberg
LG Nürnberg-Fürth
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. April 2007 durch den Vorsitzenden
Richter Schlick und die Richter Dr. Wurm, Streck, Dr. Kapsa und
Dr. Herrmann

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Beklagten wird der Beschluss des Oberlandesgerichts Nürnberg, 8. Zivilsenat, vom 28. Juni 2006 - 8 W 1282/06 - aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Beschwerdewert: 1.532,40 €

Gründe:


I.


1
Die Kläger beanspruchten von dem Beklagten Schadensersatz in Höhe von 80.784,11 €. Sie erwirkten am 10. Januar 2005 einen Mahnbescheid, gegen den der Beklagte mit am 14. Januar 2005 beim Mahngericht eingegangenem Schreiben Widerspruch erhob.
2
Am 9. Februar 2005 führten die Rechtsanwälte der Parteien ein Telefongespräch , dessen Verlauf streitig ist.

3
Nach Abgabe des Verfahrens an das Landgericht Nürnberg-Fürth im Juli 2005 begründeten die Kläger ihren Anspruch. Nachdem der Beklagte seine Verteidigungsbereitschaft angezeigt hatte, nahmen sie die Klage zurück. Auf Antrag des Beklagten wurden ihnen die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
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Unter dem 24. Februar 2006 hat der Beklagte die Festsetzung der ihm zu erstattenden Kosten beantragt. Hierbei hat er unter anderem eine 1,2-fache Terminsgebühr gemäß §§ 2, 13 RVG i.V.m. Nr. 3104 VV-RVG angesetzt. Die Terminsgebühr beansprucht er mit der Begründung, dass die Prozessbevollmächtigten am 9. Februar 2005 eine ausführliche telefonische Besprechung der Sach- und Rechtslage mit dem Ziel einer vergleichsweisen Regelung geführt hätten. Dies haben die Kläger bestritten.
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Der Rechtspfleger hat den Kostenfestsetzungsantrag des Beklagten hinsichtlich der Terminsgebühr zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde ist zurückgewiesen worden. Hiergegen richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde des Beklagten.

II.


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Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässig. In der Sache führt sie zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung an das Beschwerdegericht.
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1. Nach Auffassung des Beschwerdegerichts kann dahingestellt bleiben, ob das Telefonat zwischen den Parteivertretern auf eine Vermeidung oder Erledi- gung des Rechtsstreits gerichtet war. Die Terminsgebühr sei schon deshalb im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103 ff ZPO nicht zu berücksichtigen, weil die für die Entstehung einer solchen Gebühr maßgeblichen Tatsachen nicht den Akten des gerichtlichen Verfahrens entnommen werden könnten und das einfach zu haltende Kostenfestsetzungsverfahren nicht mit Ermittlungsaufwand belastet werden dürfe.
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2. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
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a) Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts, das sich auf den Beschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 16. Januar 2006 (NJW 2006, 2196) bezogen hat, ist es im Verfahren nach §§ 103 ff ZPO nicht erforderlich, dass sich die für die Festsetzung der beantragten Gebühren maßgeblichen Tatsachen ohne weitere Erhebungen aus der Gerichtsakte ergeben oder unstreitig sind, wie es in der vom II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs mit Beschluss 20. November 2006 entschiedenen Sache der Fall war (II ZB 6/06 - NJW-RR 2007, 286, 287, nachgehend zu OLG Stuttgart aaO). Gemäß § 104 Abs. 2 Satz 1 ZPO genügt zur Berücksichtigung eines Ansatzes, dass er glaubhaft gemacht ist. Hierfür ist lediglich erforderlich, dass die tatsächlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Kostentatbestandes mit überwiegender Wahrscheinlichkeit feststehen müssen (z.B. OLG Koblenz, Beschluss vom 23. Februar 2005 - 14 W 118/05 - juris Rn. 10; Marx Rpfl 1999, 157 f; vgl. auch BGHZ 156, 139, 142 f m.w.N.). Zur Glaubhaftmachung können gemäß § 294 Abs. 1 ZPO alle Beweismittel unter Einschluss der eidesstattlichen Versicherung verwendet werden. Die in § 294 Abs. 2 ZPO enthaltene Beschränkung auf präsente Nachweismittel gilt nicht in den Fällen, in denen das Gesetz die Glaubhaftmachung nicht erfordert, sondern, wie im Fall des § 104 Abs. 2 Satz 1 ZPO, lediglich genügen lässt (Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 294 Rn. 3 a.E.). Weite- re Voraussetzungen für den Nachweis der den Kostenansatz rechtfertigenden tatsächlichen Umstände sind nicht vorgesehen. Die vom Beschwerdegericht für richtig gehaltene Beschränkung des zulässigen Nachweises auf Tatsachen, die sich ohne weitere Ermittlungen bereits aus den Gerichtsakten ergeben, findet damit im Gesetz keine Grundlage. Dem Bedürfnis nach einem zügigen Ausgleich der Verfahrenskosten tragen die Erleichterungen hinreichend Rechnung, die damit verbunden sind, dass die bloße Glaubhaftmachung des Kostenansatzes genügt.
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Dem vom Oberlandesgericht Stuttgart für seine Auffassung herangezogenen Senatsbeschluss vom 26. September 2002 (III ZB 22/02 - NJW 2002, 3713) lässt sich Gegenteiliges nicht entnehmen. Die Sache betraf einen Sonderfall. Der Senat hat das Kostenfestsetzungsverfahren für ungeeignet gehalten , die nicht immer einfach zu beantwortende Frage zu klären, ob die teilweise Rücknahme der Klage unter gleichzeitiger Anerkennung der restlichen Klageforderung auf einem Konsens beruht, der die Voraussetzungen eines Vergleichs im Sinne des § 779 BGB erfüllt und eine Vergleichsgebühr auslöst. Für den Senat war dabei die weitere Überlegung maßgebend, dass die Parteien in einer derartigen Situation möglicherweise gerade deshalb von dem - an sich nahe liegenden - Abschluss eines Prozessvergleichs absehen und sich auf diese Art der Konfliktbeilegung verständigen, weil sie darauf vertrauen, von der Berechnung einer Vergleichsgebühr verschont zu bleiben. Dieses Vertrauen hielt der Senat für schützenswert. Eine vergleichbare Fallgestaltung liegt hier nicht vor.
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b) Sollte in dem neuen Verfahren mit überwiegender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden, dass die Parteivertreter am 9. Februar 2005 eine auf Erledigung des Verfahrens gerichtete Besprechung abhielten, ist eine Terminsge- bühr gemäß § 2 Abs. 2 RVG, Teil 3 Vorbem. 3 Abs. 3 Nr. 3104 VV entstanden. Für den Anfall der Terminsgebühr ist es ohne Bedeutung, dass die Unterredung nur fernmündlich geführt worden und dass es nicht zu einer gütlichen Einigung gekommen ist (BGH, Beschluss vom 20. November 2006 aaO).
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Vorinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 10.05.2006 - 10 O 7213/05 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 28.06.2006 - 8 W 1282/06 -

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Die Gebühren richten sich nach dem Wert des Streitgegenstands (Streitwert), soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Kosten werden nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz erhoben.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.