Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 10. Juli 2015 - 1 So 47/15
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers werden der Vergütungsfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 24. April 2015 (10 K 2545/11) sowie der Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 22. Mai 2015 (10 KO 2734/15) über die Erinnerung des Antragstellers aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über den Vergütungsfestsetzungsantrag des Antragstellers an die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts zurückverwiesen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Erinnerungs- und Beschwerdeverfahrens. Gerichtsgebühren werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
- 1
Der Antragsteller begehrt gegenüber seinem früheren Mandanten, dem Antragsgegner, die Festsetzung seiner Vergütung für ein gerichtliches Verfahren, in dem es um die Erteilung einer Erlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung ging. Der hierauf gerichtete Antrag wurde bei der Ausländerbehörde (wohl) am 1. Juni 2011 gestellt, die Klage wurde am 18. Oktober 2011 erhoben. Der Antragsgegner wandte gegen die zur Festsetzung angemeldete Forderung ein, er habe diese bereits durch Zahlung ausgeglichen, und legte hierzu Quittungen über Zahlungen an den Antragsteller in Höhe von insgesamt 850 Euro aus der Zeit zwischen dem 16. August 2006 und dem 27. Dezember 2008 vor. Außerdem seien die im einschlägigen Vorverfahren angefallenen Kosten auch nicht teilweise auf die Verfahrensgebühr für das gerichtliche Verfahren angerechnet worden.
- 2
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts lehnte daraufhin mit Beschluss vom 24. April 2015 den Antrag auf Festsetzung der Vergütung gemäß § 11 Abs. 5 Satz 1 RVG ab, da der Antragsgegner Einwendungen erhoben habe, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund hätten. Die hiergegen erhobene Erinnerung wies das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 22. Mai 2015 zurück. Der Vergütungsfestsetzungsantrag sei zu Recht abgelehnt worden. Der Antragsgegner habe nicht-gebührenrechtliche Einwendungen erhoben; diese bräuchten nicht näher inhaltlich substantiiert oder gar schlüssig dargelegt zu werden. Der vom Antragsgegner letztlich geltend gemachte Aufrechnungseinwand sei auch nicht haltlos oder völlig aus der Luft gegriffen.
- 3
Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde.
II.
- 4
1. Über die Beschwerde gegen den nach § 165 Satz 2 i.V.m. § 151 VwGO ergangenen Beschluss des Verwaltungsgerichts entscheidet der Senat in der regulären Besetzung mit drei Berufsrichtern (§ 9 Abs. 3 Satz 1, 1. Hs. VwGO i.V.m. § 3 Satz 2 HmbAGVwGO), da eine spezialgesetzliche Regelung, die die Entscheidungszuständigkeit eines Mitglieds des Senats als Einzelrichter begründet, hierfür nicht besteht (OVG Hamburg, Beschl. v. 8.11. 2013, 1 So 131/13; Beschl. v. 13.6.2013, 1 So 59/13; OVG Münster, Beschl. v. 5.6.2013, 19 E 228/12, juris Rn. 3; OVG Bautzen, Beschl. v. 29.12.2011, 1 E 123/10, juris Rn. 1).
- 5
2. Die gemäß § 146 Abs. 1 VwGO statthafte Beschwerde des Antragstellers ist fristgerecht (§ 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO) erhoben worden. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 22. Mai 2015, mit dem seine Erinnerung zurückgewiesen wurde, ist ihm am 29. Mai 2015 zugestellt worden. Zwar wurde am 7. Juni 2015 nur die erste Seite des Beschwerdeschriftsatzes per Telefax an das Verwaltungsgericht übermittelt, doch ging der vollständige Beschwerdeschriftsatz samt Anlagen am 10. Juni 2015 und damit innerhalb der Zweiwochenfrist beim Verwaltungsgericht ein. Der Beschwerdewert (§ 146 Abs. 3 VwGO) ist überschritten.
- 6
3. Die somit zulässige Beschwerde ist auch begründet; der Vergütungsfestsetzungsantrag hätte hier nicht nach § 11 Abs. 5 Satz 1 RVG abgelehnt werden dürfen.
- 7
a) Nach § 11 Abs. 5 Satz 1 RVG ist eine durch einen Rechtsanwalt beantragte Kostenfestsetzung abzulehnen, wenn dagegen Einwendungen oder Einreden erhoben werden, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund haben. Eine solche Einrede muss inhaltlich grundsätzlich nicht näher substantiiert oder gar schlüssig dargelegt werden.
- 8
Der Einwand des Antragsgegners, er habe die Vergütungsforderung bereits erfüllt, ist im Grundsatz ein nicht-gebührenrechtlicher Einwand; bei unstreitiger (Teil-)Erfüllung wäre der zur Festsetzung angemeldete Anspruch allerdings entsprechend zu kürzen oder ganz zu versagen, wie sich aus § 11 Abs. 1 Satz 2 RVG ergibt.
- 9
Allerdings stehen ungeachtet des Wortlauts von § 11 Abs. 5 Satz 1 RVG Einwendungen oder Einreden, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund haben, einer Festsetzung dann nicht entgegen, wenn sie "aus der Luft gegriffen" bzw. "halt- oder substanzlos" oder "offensichtlich unbegründet" sind (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 19.1.2009, 5 So 212/08, NVwZ-RR 2009, 452, juris Rn. 5; OVG Bautzen, Beschl. v. 12.4.2013, 5 C 8/12, AGS 2013, 237, juris Rn. 11 f.; VGH München, Beschl. v. 23.8.2012, 22 C 12.1418, BayVBl. 2013, 639, 640, juris Rn. 20 ff.; OVG Münster, Beschl. v. 6.4.2010, 17 E 145/10, juris Rn. 8, jeweils m.w.N.; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 21. Aufl. 2013, § 11 RVG Rn. 144). Die dem zugrunde liegenden Überlegungen hat der VGH München (Beschl. v. 23.8.2012, a.a.O., Rn. 21) wie folgt zutreffend zusammengefasst:
- 10
"Bei der näheren Konkretisierung der Voraussetzungen, unter denen ein außerhalb des Gebührenrechts liegender Einwand unbeachtlich ist, muss zum einen berücksichtigt werden, dass auch Vergütungsfestsetzungsbeschlüsse nach § 11 RVG umfassend in materielle Rechtskraft erwachsen können. Dies hat zur Folge, dass sowohl gebühren- als auch nichtgebührenrechtliche Einwände, die bereits vor dem nach § 767 Abs. 2 ZPO maßgeblichen Zeitpunkt entstanden sind, wegen der sich aus dieser Vorschrift ergebenden Präklusionswirkung auch mit einer Vollstreckungsabwehrklage nicht mehr geltend gemacht werden können (...). Mit der staatlichen Justizgewährungspflicht vereinbar ist diese Rechtsfolge nur, wenn der potenzielle Schuldner des anwaltlichen Vergütungsanspruchs alle Möglichkeiten besitzt, um sich umfassend gegen seine Inanspruchnahme zu verteidigen (er z.B. seine Sicht der Sach- und Rechtslage in einer mündlichen Verhandlung vortragen und er eine Beweiserhebung über seiner Auffassung nach aufklärungsbedürftige Gesichtspunkte verlangen kann). Das Vergütungsfestsetzungsverfahren bietet – auch unter Berücksichtigung der Möglichkeit, gegen Entscheidungen des Rechtspflegers (vgl. § 21 Nr. 2 RPflG) bzw. Urkundsbeamten (vgl. § 11 Abs. 3 RVG) das Gericht anzurufen – keine vergleichbaren verfahrensrechtlichen Gewährleistungen. Auf der anderen Seite darf der Umstand, dass das Gesetz dem Anspruchsgegner im Festsetzungsverfahren die Rechtsmacht einräumt, durch die bloße Berufung auf nichtgebührenrechtliche Gesichtspunkte das Erwirken eines Titels im vereinfachten Verfahren nach § 11 RVG auszuschließen (…), nicht dazu führen, dass der in § 11 RVG zum Ausdruck gelangende Wille des Gesetzgebers, Rechtsanwälten die Möglichkeit zu eröffnen, wegen ihrer Entgeltforderungen einen vollstreckbaren Titel in einem vereinfachten Verfahren zu erlangen und die Gerichte von Vergütungsklagen zu entlasten (…), in ungerechtfertigter Weise entwertet wird."
- 11
Die Fallgestaltungen, wonach auch nicht-gebührenrechtliche Einwendungen einer Vergütungsfeststellung nicht entgegenstehen, müssen dabei auf solche Ausnahmefälle beschränkt bleiben, in denen zweifelsfrei feststeht, dass die erhobenen Einwendungen offensichtlich unbegründet sind (vgl. Klos in Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 1. Aufl. 2014 [NK-GK], § 11 RVG Rn. 33 m.w.N.). Ob dies vorliegend schon dann der Fall wäre, wenn der Antragsgegner ohne jegliche Spezifizierung eingewandt hätte, er habe die Forderung bereits erfüllt (vgl. hierzu OLG Hamburg, Beschl. v. 22.11.1994, 2 WF 96/03, JurBüro 1995, 426, in juris nur Leitsatz), kann hier dahinstehen. Immerhin wäre zu berücksichtigen, dass der Antragsgegner auch schon früher vom Antragsteller anwaltlich vertreten wurde, so dass es zumindest fraglich sein könnte, auf welche Gebührenforderungen die Zahlungen geleistet bzw. verrechnet wurden.
- 12
b) Im vorliegenden Fall ist der Erfüllungseinwand des Antragsgegners jedoch wegen offensichtlicher Unbegründetheit unbeachtlich.
- 13
Im zugrunde liegenden Verfahren wurde der Antrag auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis laut dem im Klageverfahren 10 K 2545/11 als Anlage zur Klageschrift eingereichten Ablehnungsbescheid (GA Bl. 8) wohl am 1. Juni 2011 bei der Ausländerbehörde gestellt. Im Betreff des Bescheides vom 10. August 2011 wird auf "Ihre Anträge vom 01.06.2011 und 02.08.2011/jeweils Eingangsdatum" Bezug genommen. Auch der Antragsteller hat im Vergütungsfestsetzungsverfahren vorgetragen, er sei für dieses Begehren erst im Mai 2011 mandatiert worden. Wenn es im Tenor des genannten Bescheides heißt "Der Antrag vom 01.06.2010 … wird abgelehnt.", dürfte dies daher ein Versehen sein. Das Klageverfahren, für das vorliegend die Festsetzung der anwaltlichen Vergütung beantragt wurde, wurde erst am 18. Oktober 2011 eingeleitet. Vor diesem Hintergrund ist – selbst wenn der Antrag schon im Jahr 2010 gestellt worden sein sollte – der Erfüllungseinwand, der mit den vorgelegten Quittungen von 2006 bis Ende 2008 belegt werden soll, schon aus zeitlichen Gründen im o.g. Sinn offensichtlich unbegründet. Bei den Quittungen vom 16. August 2006 und vom 7. Juli 2008 wird dies zusätzlich noch durch die Zweckangabe "Asyl" untermauert; der Antragsteller hatte den Antragsgegner in der Tat in dessen Asylverfahren vertreten, welches mit Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 30. April 2008 (Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung) endete. Es ist aber kein Grund ersichtlich, die durch die Quittungen belegten Zahlungen (zuletzt am 27. Dezember 2008) als bereits auf das Arbeitserlaubnisverfahren geleistet anzusehen, das erst im Mai/Juni 2011 in die Wege geleitet wurde. Die offensichtliche Unbegründetheit der Einwendung wird hier gerade durch die vom Antragsgegner eingereichten Quittungen belegt. Der Antragsgegner hat auf die entsprechende Erwiderung des Antragstellers in dessen Schriftsatz vom 17. April 2015 nicht mehr reagiert.
- 14
4. Das Beschwerdegericht macht von der Möglichkeit Gebrauch, die Entscheidungen der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts vom 24. April 2015 und des Verwaltungsgerichts vom 22. Mai 2015 über die Erinnerung aufzuheben und die Sache zur erneuten Festsetzung des Vergütungsbetrags an die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts zurückverweisen (vgl. Neumann in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 165 Rn. 35 m.w.N.). Das rechtfertigt sich daraus, dass hier zum einen erst das Beschwerdegericht den Kostenansatz des Antragstellers dem Grunde nach für gerechtfertigt hält, zum anderen aber auch bisher noch nicht behandelte gebührenrechtliche Einwendungen zu prüfen sind. So hat der Antragsgegner auch den gebührenrechtlichen Einwand erhoben, dass gemäß dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz eine Anrechnung von Gebühren aus dem Vorverfahren stattfinden müsse (vgl. hierzu auch die Kostenrechnung des Antragstellers vom 28. Mai 2008 [GA 10 K 2545/11, Bl. 186]). Außerdem wird auch noch § 11 Abs. 2 Satz 5 RVG zu berücksichtigen sein.
III.
- 15
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und hinsichtlich der Gerichtsgebührenfreiheit für das Verfahren beim Verwaltungsgericht auf § 11 Abs. 2 Satz 4 RVG. Eine Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren fällt nicht an, da die Beschwerde des Antragstellers erfolgreich ist (siehe Nr. 5502 KV-GKG).
- 16
Aus § 11 Abs. 2 Satz 6 RVG ergibt sich, dass eine Erstattung außergerichtlicher Kosten, abgesehen von § 11 Abs. 2 Satz 5 RVG nicht stattfindet (vgl. FG Hamburg, Beschl. v. 2.12.2010, 3 KO 194/10, NJW-RR 2011, 720, juris Rn. 34, 38 m.w.N.; KG Berlin, Beschl. v. 12.1.2011, 5 W 50/10, juris; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, a.a.O., § 11 RVG Rn. 376 ff.).
ra.de-Urteilsbesprechung zu Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 10. Juli 2015 - 1 So 47/15
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 10. Juli 2015 - 1 So 47/15
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenHamburgisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 10. Juli 2015 - 1 So 47/15 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
(1) Soweit die gesetzliche Vergütung, eine nach § 42 festgestellte Pauschgebühr und die zu ersetzenden Aufwendungen (§ 670 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) zu den Kosten des gerichtlichen Verfahrens gehören, werden sie auf Antrag des Rechtsanwalts oder des Auftraggebers durch das Gericht des ersten Rechtszugs festgesetzt. Getilgte Beträge sind abzusetzen.
(2) Der Antrag ist erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist. Vor der Festsetzung sind die Beteiligten zu hören. Die Vorschriften der jeweiligen Verfahrensordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren mit Ausnahme des § 104 Absatz 2 Satz 3 der Zivilprozessordnung und die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen gelten entsprechend. Das Verfahren vor dem Gericht des ersten Rechtszugs ist gebührenfrei. In den Vergütungsfestsetzungsbeschluss sind die von dem Rechtsanwalt gezahlten Auslagen für die Zustellung des Beschlusses aufzunehmen. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt; dies gilt auch im Verfahren über Beschwerden.
(3) Im Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit, der Finanzgerichtsbarkeit und der Sozialgerichtsbarkeit wird die Vergütung vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle festgesetzt. Die für die jeweilige Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften über die Erinnerung im Kostenfestsetzungsverfahren gelten entsprechend.
(4) Wird der vom Rechtsanwalt angegebene Gegenstandswert von einem Beteiligten bestritten, ist das Verfahren auszusetzen, bis das Gericht hierüber entschieden hat (§§ 32, 33 und 38 Absatz 1).
(5) Die Festsetzung ist abzulehnen, soweit der Antragsgegner Einwendungen oder Einreden erhebt, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund haben. Hat der Auftraggeber bereits dem Rechtsanwalt gegenüber derartige Einwendungen oder Einreden erhoben, ist die Erhebung der Klage nicht von der vorherigen Einleitung des Festsetzungsverfahrens abhängig.
(6) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend.
(7) Durch den Antrag auf Festsetzung der Vergütung wird die Verjährung wie durch Klageerhebung gehemmt.
(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten bei Rahmengebühren nur, wenn die Mindestgebühren geltend gemacht werden oder der Auftraggeber der Höhe der Gebühren ausdrücklich zugestimmt hat. Die Festsetzung auf Antrag des Rechtsanwalts ist abzulehnen, wenn er die Zustimmungserklärung des Auftraggebers nicht mit dem Antrag vorlegt.
Gegen die Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden. Der Antrag ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts zu stellen. §§ 147 bis 149 gelten entsprechend.
(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.
(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.
(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.
(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
(5) u. (6) (weggefallen)
(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen. § 67 Abs. 4 bleibt unberührt.
(2) Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Beschwerdegericht eingeht.
(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.
(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.
(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.
(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
(5) u. (6) (weggefallen)
(1) Soweit die gesetzliche Vergütung, eine nach § 42 festgestellte Pauschgebühr und die zu ersetzenden Aufwendungen (§ 670 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) zu den Kosten des gerichtlichen Verfahrens gehören, werden sie auf Antrag des Rechtsanwalts oder des Auftraggebers durch das Gericht des ersten Rechtszugs festgesetzt. Getilgte Beträge sind abzusetzen.
(2) Der Antrag ist erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist. Vor der Festsetzung sind die Beteiligten zu hören. Die Vorschriften der jeweiligen Verfahrensordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren mit Ausnahme des § 104 Absatz 2 Satz 3 der Zivilprozessordnung und die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen gelten entsprechend. Das Verfahren vor dem Gericht des ersten Rechtszugs ist gebührenfrei. In den Vergütungsfestsetzungsbeschluss sind die von dem Rechtsanwalt gezahlten Auslagen für die Zustellung des Beschlusses aufzunehmen. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt; dies gilt auch im Verfahren über Beschwerden.
(3) Im Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit, der Finanzgerichtsbarkeit und der Sozialgerichtsbarkeit wird die Vergütung vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle festgesetzt. Die für die jeweilige Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften über die Erinnerung im Kostenfestsetzungsverfahren gelten entsprechend.
(4) Wird der vom Rechtsanwalt angegebene Gegenstandswert von einem Beteiligten bestritten, ist das Verfahren auszusetzen, bis das Gericht hierüber entschieden hat (§§ 32, 33 und 38 Absatz 1).
(5) Die Festsetzung ist abzulehnen, soweit der Antragsgegner Einwendungen oder Einreden erhebt, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund haben. Hat der Auftraggeber bereits dem Rechtsanwalt gegenüber derartige Einwendungen oder Einreden erhoben, ist die Erhebung der Klage nicht von der vorherigen Einleitung des Festsetzungsverfahrens abhängig.
(6) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend.
(7) Durch den Antrag auf Festsetzung der Vergütung wird die Verjährung wie durch Klageerhebung gehemmt.
(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten bei Rahmengebühren nur, wenn die Mindestgebühren geltend gemacht werden oder der Auftraggeber der Höhe der Gebühren ausdrücklich zugestimmt hat. Die Festsetzung auf Antrag des Rechtsanwalts ist abzulehnen, wenn er die Zustimmungserklärung des Auftraggebers nicht mit dem Antrag vorlegt.
Tatbestand
- 1
-
Die Beteiligten streiten im Rahmen der Entschädigung für ein 1952 in der DDR enteignetes Unternehmen darum, wie die Degression zu berechnen ist.
- 2
-
Der Kläger ist Rechtsnachfolger seines Großvaters, der mit zwei weiteren Gesellschaftern Mitinhaber der Firma Otto Barthel & Co. OHG, Perlmutterknopffabrik in Kelbra war. Jeder Gesellschafter war zu einem Drittel an dem Unternehmen beteiligt. Nachdem Anfang der 1950er Jahre alle drei Gesellschafter nacheinander die DDR verlassen hatten, wurde das Unternehmen entschädigungslos in Volkseigentum überführt.
- 3
-
Mit Bescheid vom 30. März 1998 stellte das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen fest, dass die Otto Barthel & Co. OHG, Perlmutterknopffabrik in Kelbra i.L. Berechtigte gemäß § 6 Abs. 1a Satz 1 und 2 Vermögensgesetz (VermG) sei. Die Rückgabe des ehemaligen Unternehmens sei ausgeschlossen. Der Berechtigten stehe dem Grunde nach eine Entschädigung für den Verlust des ehemaligen Unternehmens nach Maßgabe des Entschädigungsgesetzes zu. Hierzu kündigte das Landesamt den Erlass eines gesonderten Bescheides an. Als Unternehmensrest wurde das 7297 qm große, ehemalige Betriebsgrundstück an die Berechtigte zurückgegeben.
- 4
-
In der Folgezeit stritten die Beteiligten über den Wert des zurückgegebenen Betriebsgrundstücks und in welcher Höhe dieses auf die Entschädigung anzurechnen sei. Seinen Bescheid vom 28. März 2006, in dem das Landesamt einen Verkehrswert des Grundstücks in Höhe von 800 000,00 DM angenommen und deshalb den Entschädigungsanspruch auf Null DM festgesetzt hatte, hob es im anschließenden Klageverfahren nach entsprechendem Hinweis des Verwaltungsgerichts auf.
- 5
-
Mit dem darauf folgenden und hier im Streit stehenden Bescheid vom 13. Januar 2010 setzte das Landesamt die gekürzte Bemessungsgrundlage bezüglich des ehemaligen Unternehmens auf 58 240 DM fest. Hierbei ging es von einer ungekürzten Bemessungsgrundlage in Höhe von 262 200 DM aus, von der es zwei Posten abzog: Zum einen rechnete es für das zurückgegebene Betriebsgrundstück einen Verkehrswert in Höhe von 106 000 DM an. Zum anderen kürzte es die Bemessungsgrundlage im Rahmen der Degression, wobei es keine anteiligen Entschädigungsbeträge für die ehemaligen Gesellschafter des Unternehmensträgers, sondern einen einheitlichen Betrag zugrunde legte.
- 6
-
Auf die hiergegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht den vorgenannten Bescheid aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Im angefochtenen Bescheid habe der Beklagte sowohl für das zurückgegebene Betriebsgrundstück als auch bei der Berechnung der Degression zu hohe Beträge von der Bemessungsgrundlage für die Unternehmensentschädigung abgezogen. Für das ehemalige Betriebsgrundstück dürfe überhaupt kein Abzug vorgenommen werden. Dessen Verkehrswert sei mit Null DM anzusetzen, weil die Höhe der Abbruchkosten für die darauf stehenden Gebäude den Bodenwert des Grundstücks erheblich übersteige. Im Rahmen der Degression habe der Beklagte die Bemessungsgrundlage zu Unrecht einheitlich als Gesamtbetrag nach § 7 Abs. 1 Entschädigungsgesetz (EntschG) gekürzt (Gesamtdegression). Stattdessen hätte er - aufgeteilt nach den drei Gesellschaftsanteilen der enteigneten Firmeninhaber - nur eine anteilige Kürzung gemäß § 7 Abs. 2 Satz 3 EntschG vornehmen dürfen (Anteilsdegression). Berechtigter im Sinne dieser Vorschrift sei derjenige, der durch die den Entschädigungsanspruch auslösende Maßnahme unmittelbar geschädigt worden sei. Damit werde gerade nicht auf den Begriff des Berechtigten im Sinne des Vermögensgesetzes abgestellt, der nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 VermG auch die Rechtsnachfolger der natürlichen und juristischen Personen sowie Personenhandelsgesellschaften umfasse, die von Maßnahmen nach § 1 VermG betroffen seien. Die gegenteilige Auffassung des Beklagten würde zur Folge haben, dass bei der Berechnung einer Unternehmensschädigung nie eine Anteilsdegression in Betracht käme, weil sich die vermögensrechtliche Berechtigtenstellung nach § 6 Abs. 1a VermG immer auf das ehemalige Unternehmen beziehe.
- 7
-
Mit der Revision wendet sich der Beklagte gegen die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts zur Berechnung der Degression. Er rügt eine Verletzung des § 7 Abs. 2 Satz 3 EntschG.
- 8
-
Der Kläger verteidigt die im angefochtenen Urteil vertretene Rechtsansicht zur Berechnung der Degression.
- 9
-
Der Vertreter des Bundesinteresses beteiligt sich an dem Verfahren und unterstützt die Rechtsansicht des Beklagten. Die Degression nach § 7 EntschG sei bei einer Personenhandelsgesellschaft i.L., die unanfechtbar als Berechtigte nach § 6 Abs. 1a Satz 1 und 2 VermG festgestellt wurde, als Gesamtdegression vorzunehmen. Dies folge sowohl aus dem Wortlaut des § 7 Abs. 2 Satz 3 EntschG als auch aus systematischen Gründen, insbesondere aus dem Rückschluss aus § 6 Abs. 6a VermG.
Entscheidungsgründe
- 10
-
Die zulässige Revision des Beklagten, über die mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann (§ 141 Satz 1, § 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO), ist begründet. Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Es beruht auf einer unrichtigen Auslegung und Anwendung des § 7 Abs. 2 Satz 3 des Gesetzes über die Entschädigung nach dem Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen (Entschädigungsgesetz - EntschG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Juli 2004 (BGBl I S. 1658).
- 11
-
1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist allein die Frage, ob die Bemessungsgrundlage des dem Kläger zustehenden Entschädigungsanspruchs - wie das Verwaltungsgericht entschieden hat - im Wege der Anteilsdegression (§ 7 Abs. 2 Satz 3 EntschG) oder - wofür der Beklagte streitet - im Wege der Gesamtdegression (§ 7 Abs. 1 EntschG) zu kürzen ist. Der Beklagte hat - wie er mit seinem Antrag und dessen Begründung deutlich zum Ausdruck gebracht hat - die Revision nur in dem Umfang eingelegt, wie er sich durch die Gründe des verwaltungsgerichtlichen Bescheidungsurteils materiell beschwert sieht; nämlich allein im Hinblick auf die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, dass er in dem von ihm neu zu erlassenden Bescheid die Entschädigungshöhe auf der Grundlage einer Anteilsdegression zu berechnen habe.
- 12
-
a) Diese Begrenzung der Revision ist zulässig. Die Revision kann zwar grundsätzlich nur auf einen von mehreren selbstständigen Streitgegenständen einer Klage (objektive Klagehäufung nach § 44 VwGO) oder auf einen abtrennbaren Teil des Streitgegenstandes, nicht aber auf einzelne Rechtsgründe beschränkt werden (Urteil vom 1. März 2012 - BVerwG 5 C 11.11 - BVerwGE 142, 107 = Buchholz 428.42 § 2 NS-VEntschG Nr. 10, jeweils Rn. 15; vgl. ferner etwa Beschluss vom 5. Juli 2011 - BVerwG 5 B 35.11 - juris Rn. 1 m.w.N.). Bei einem Rechtsmittel gegen ein Bescheidungsurteil (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO) kann sich der Rechtsmittelführer jedoch auch darauf beschränken, die Abänderung des Urteils in dem Sinne zu begehren, dass einer der Gründe, die nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts bei der Neubescheidung zu beachten sind, entfällt bzw. geändert wird (Urteil vom 28. Februar 1979 - BVerwG 8 C 39.78 - Buchholz 454.31 § 5 WoBindG Nr. 3
= juris Rn. 11). Voraussetzung hierfür ist, dass dieser Rechtsgrund vom Gesamtstreitstoff abteilbar ist und materiell-rechtliche Gründe einer gesonderten Entscheidung darüber nicht entgegen stehen.
- 13
-
Der Kläger hat im Verwaltungsprozess, obgleich dies prozessual keineswegs geboten war, auf Hinweis des Verwaltungsgerichts nur den Erlass eines Bescheidungsurteils beantragt. Hieran ist das Revisionsgericht gebunden, weil dies zum einen nicht mit Verfahrensrügen angegriffen worden ist und es zum anderen der Dispositionsbefugnis des Klägers unterfällt, statt der - regelmäßig auch im Entschädigungsrecht sachgerechten - Verpflichtung zum Erlass eines Verwaltungsakts nur die Verpflichtung zur Neubescheidung zu begehren (vgl. Urteile vom 2. Mai 1984 - BVerwG 8 C 94.82 - BVerwGE 69, 198 = juris Rn. 19 und vom 31. März 2004 - BVerwG 6 C 11.03 - BVerwGE 120, 263 = juris Rn. 43).
- 14
-
Zwar wird eine Rechtsauffassung, die nach dem Vorbringen eines Klägers, der ein Bescheidungsurteil erstrebt, das der Neubescheidung zugrunde gelegt werden soll, nicht Bestandteil des Streitgegenstandes. Denn Streitgegenstand der Bescheidungsklage ist der mit der Klage geltend gemachte und vom Gericht nach Maßgabe der bestehenden Rechtslage zu überprüfende Anspruch auf Neubescheidung, der nicht dadurch eingeschränkt wird, dass der Kläger ausdrücklich die Festlegung einer bestimmten, der Neubescheidung zugrunde zu legenden Rechtsauffassung anstrebt (Beschluss vom 24. Oktober 2006 - BVerwG 6 B 47.06 - Buchholz 442.066 § 24 TKG Nr. 1).
- 15
-
Allerdings tritt durch ein nachfolgendes verwaltungsgerichtliches Bescheidungsurteil eine qualitative Änderung ein. Die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts, nach welcher die Behörde den Kläger neu zu bescheiden hat, ist im Rahmen des Bescheidungsurteils keine bloße unselbstständige Vorfrage. Vielmehr nimmt sie an der materiellen Rechtskraft teil. Bei Bescheidungsurteilen erwächst - im Gegensatz zu sonstigen Klageformen - auch die Rechtsauffassung des Gerichts in Rechtskraft (§ 121 VwGO), die der ausstehenden behördlichen Entscheidung vorgegeben wird (stRspr, vgl. Urteile vom 19. Juni 1968 - BVerwG 5 C 85.67 - Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 31; vom 3. Dezember 1981 - BVerwG 7 C 30.80 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 157 und vom 27. Januar 1995 - BVerwG 8 C 8.93 - Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 70).
- 16
-
Ist diese vom Gericht für verbindlich erklärte Rechtsauffassung einer vom übrigen Streitstoff abteilbaren materiell-rechtlich gesonderten Betrachtung zugänglich und geht von ihr für einen Beteiligten eine Beschwer aus, so entspricht es seiner prozessualen Dispositionsbefugnis, auch nur diesen Punkt einer Prüfung durch das Rechtsmittelgericht zu unterstellen, um damit (nur) insoweit den Eintritt der Rechtskraft zu verhindern. Der für die materielle Rechtsprüfung durch das Revisionsgericht geltende Grundsatz der Vollrevision (vgl. § 137 Abs. 3 Satz 2 VwGO, § 173 VwGO i.V.m. § 557 Abs. 3 Satz 2 ZPO) unterliegt insoweit im Hinblick auf die Dispositionsbefugnis des Rechtsmittelführers (vgl. § 88 VwGO) Einschränkungen. Der Rechtsmittelführer wird nicht gezwungen, stets das gesamte Bescheidungsurteil und damit gegebenenfalls auch Rechtsgründe anzugreifen, die er für zutreffend hält und hinsichtlich derer er, sofern er sie zum Gegenstand des Rechtsmittels macht, davon ausgehen muss, im Rechtsmittelverfahren zumindest teilweise kostenpflichtig zu unterliegen. Eine solche Konstellation liegt hier vor.
- 17
-
Gegenstand des Rechtsmittelangriffs des Beklagten ist ein abtrennbarer Teil des verwaltungsgerichtlichen Bescheidungsurteils, von dem eine Beschwer für den Beklagten ausgeht und deren Rechtskraft er verhindern will, während er die sonstigen bindenden Rechtsgründe - wie etwa die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts zur Bewertung des zurückgegebenen Betriebsgrundstücks - ausdrücklich nicht in Zweifel zieht. Die vom Beklagten mit der Revision allein angegriffene Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, dass der dem Kläger zustehende Entschädigungsanspruch im Wege der Anteilsdegression (§ 7 Abs. 2 Satz 3 EntschG) zu berechnen sei, ist von dem übrigen Prozessstoff in der Weise abteilbar und einer gesonderten Entscheidung zugänglich, dass dies auf die Rechtmäßigkeit des verbleibenden Teils keinen Einfluss hat. Vielmehr steht dem das materielle Recht, das die Berechnung der Degression (§ 7 EntschG) - jedenfalls wenn wie hier die ungekürzte Bemessungsgrundlage unstreitig feststeht - als selbstständigen Berechnungsschritt ausweist, nicht entgegen.
- 18
-
b) Wegen der wirksamen Begrenzung des Prozessstoffs im Revisionsverfahren ist hier allein zu klären, ob der gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4 EntschG von der Bemessungsgrundlage abzuziehende Kürzungsbetrag nach § 7 EntschG entsprechend der Auffassung des Beklagten auf der Grundlage des Gesamtbetrags (hier der Bemessungsgrundlage in Höhe von 262 200 DM) oder aber - wie das Verwaltungsgericht entschieden hat - nach § 7 Abs. 2 Satz 3 EntschG anteilsbezogen auf den jeweiligen Gesellschaftsanteil der drei ehemaligen Gesellschafter der Otto Barthel & Co. OHG, Perlmutterknopffabrik in Kelbra in Liquidation (i.L.) zu berechnen ist.
- 19
-
Nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens und dementsprechend in Rechtskraft erwachsen ist die in dem Bescheidungsurteil für die Neubescheidung vorgegebene Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Anspruchsvoraussetzungen für einen Entschädigungsanspruch nach § 1 Abs. 1 Satz 1 EntschG vorliegen, von einer ungekürzten Bemessungsgrundlage in Höhe von 262 200 € auszugehen ist und der nach § 4 Abs. 4 EntschG abzuziehende Zeitwert der zurückgegebenen Vermögensgegenstände - hier des der Otto Barthel & Co. OHG, Perlmutterknopffabrik in Kelbra i.L. zurückgegebenen ehemaligen Betriebsgrundstücks - mit Null DM anzusetzen ist. Ebenso ist etwa die Frage, ob der Kläger nach § 6 Abs. 6 Satz 1 des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen (Vermögensgesetz - VermG) - hier anwendbar in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Februar 2005 (BGBl I S. 205) - i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 EntschG befugt war, im eigenen Namen eine Entschädigung bzw. eine erneute Bescheidung einzuklagen oder ob er dies nur mit entsprechender Vertretungsberechtigung für die OHG in Liquidation hätte tun können, nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens und bedarf dementsprechend nicht mehr der Klärung.
- 20
-
2. Das Verwaltungsgericht hat zu Unrecht angenommen, dass im vorliegenden Fall die Regelung über die sog. Anteilsdegression (§ 7 Abs. 2 Satz 3 EntschG) anzuwenden ist.
- 21
-
Gemäß § 7 Abs. 2 Satz 3 EntschG ist, wenn ein Vermögenswert zu entschädigen ist, der zum Zeitpunkt der Entziehung mehreren Berechtigten zu Bruchteilen oder zur gesamten Hand zugestanden hat, die nach § 7 Abs. 1 EntschG vorzunehmende Kürzung auf jeden Anteil gesondert anzuwenden. Die Voraussetzungen dieser Regelung sind hier entgegen der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts nicht erfüllt. Zum Zeitpunkt der Entziehung des Vermögenswerts (a) waren nicht die drei ehemaligen Gesellschafter der OHG Berechtigte im Sinne von § 7 Abs. 2 Satz 3 EntschG, sondern allein der Rechtsträger des entzogenen Unternehmens, der später als Otto Barthel & Co. OHG, Perlmutterknopffabrik in Kelbra i.L. wiederbelebt worden ist (b). Daher stand der zu entschädigende Vermögenswert nicht mehreren Berechtigten, sondern allein diesem Unternehmensträger zu, so dass eine sog. Gesamtdegression nach § 7 Abs. 1 EntschG vorzunehmen ist (c).
- 22
-
a) Zeitpunkt der Entziehung im Sinne von § 7 Abs. 2 Satz 3 EntschG ist der Zeitpunkt des vollständigen und endgültigen Verlustes des Eigentums an dem Vermögensgegenstand (Beschluss vom 7. Mai 2007 - BVerwG 5 B 92.07 - juris Rn. 4). Zu entschädigender Vermögenswert ist das Unternehmen, dessen Träger die Otto Barthel & Co. OHG gewesen ist. Dieser Personenhandelsgesellschaft hat nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts das Landesamt des Beklagten mit in Bestandskraft erwachsenem Bescheid vom 30. März 1998 dem Grunde nach einen Entschädigungsanspruch nach Maßgabe des Entschädigungsgesetzes für den Verlust eines Unternehmens zugesprochen. Der Verlust und damit die Entziehung im Sinne von § 7 Abs. 2 Satz 3 EntschG ist durch dessen Überführung in Volkseigentum im Jahre 1952 eingetreten. Der vorgenannte Schädigungstatbestand im Sinne des Vermögensgesetzes ist, wie das Verwaltungsgericht weiter festgestellt hat, ebenfalls in dem Bescheid vom 30. März 1998 ausgesprochen worden, wo es heißt, dass das Unternehmen - gemeint ist der Unternehmensträger - Otto Barthel & Co. OHG, Perlmutterknopffabrik in Kelbra i.L. gemäß § 1 Abs. 1 lit. a VermG durch die Überführung in Volkseigentum entschädigungslos enteignet worden ist.
- 23
-
b) Berechtigte im Sinne von § 7 Abs. 2 Satz 3 EntschG ist allein die Otto Barthel & Co. OHG, Perlmutterknopffabrik in Kelbra i.L.
- 24
-
In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass Berechtigter im Sinne von § 7 Abs. 2 Satz 3 EntschG derjenige ist, der durch die den Entschädigungsanspruch oder den Anspruch auf Ausgleichsleistung auslösende Maßnahme unmittelbar geschädigt wurde. Die Anteilsdegression nach dieser Vorschrift setzt nicht voraus, dass der unmittelbar Geschädigte als "Stichtagsberechtigter" auch noch zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vermögensgesetzes gelebt bzw. existiert hat (grundlegend: Urteil vom 16. September 2004 - BVerwG 3 C 32.03 - Buchholz 428.41 § 7 EntschG Nr. 1; bestätigt durch Urteile vom 19. Mai 2005 - BVerwG 3 C 19.04 - Buchholz 428.41 § 7 EntschG Nr. 2 und - BVerwG 3 C 35.04 - Buchholz 428.41 § 7 EntschG Nr. 3). Hieran hält der Senat insbesondere unter Verweis auf die im Urteil vom 16. September 2004 (a.a.O.) angeführten Gründe fest. Diesen Ausgangspunkt stellen zu Recht weder das Verwaltungsgericht noch die Beteiligten in Frage.
- 25
-
Ist - wie hier - im vermögensrechtlichen Verfahren festgestellt worden, dass im Zeitpunkt der Entziehung des Unternehmens eine Personenhandelsgesellschaft als Unternehmensträgerin geschädigt wurde, die in Auflösung befindlich fortbesteht und die vermögensrechtlich Berechtigte ist, so steht der zu entschädigende Vermögenswert - hier das Unternehmen - nicht mehreren Berechtigten im Sinne von § 7 Abs. 2 Satz 3 EntschG zu Bruchteilen oder zur gesamten Hand zu, sondern allein der berechtigten Gesellschaft. Deren Gesellschafter (Anteilseigner) sind dann lediglich mittelbar Geschädigte. Für die Frage, wer durch die Entziehung unmittelbar geschädigt wurde und damit Berechtigter im Sinne dieser Vorschrift ist, kommt es nämlich, wenn - wie hier - ein Unternehmen durch die Überführung in Volkseigentum entzogen worden ist und ein etwaiger Entschädigungsanspruch seine Grundlage im Vermögensgesetz hat, auf die vermögensrechtliche Berechtigtenstellung an (aa). Auf diese nimmt das Entschädigungsrecht in Fällen wie dem vorliegenden mit dem Begriff des Berechtigten im Sinne von § 7 Abs. 2 Satz 3 EntschG Bezug (bb).
- 26
-
aa) Ein durch eine Maßnahme nach § 1 VermG entzogenes und in Volkseigentum überführtes Unternehmen ist, wenn die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind, an den "Berechtigten" zurückzugeben (§ 3 Abs. 1 Satz 1 und § 6 Abs. 1 Satz 1 VermG). Dies folgt aus § 6 Abs. 1a Satz 1 und 2 VermG. Danach ist bei der Rückgabe eines Unternehmens derjenige Berechtigter, dessen Vermögenswerte von Maßnahmen nach § 1 VermG betroffen sind, also der Rechtsträger des entzogenen Unternehmens (§ 6 Abs. 1a Satz 1 VermG). Dieser Rechtsträger besteht als in Auflösung befindlich fort, wenn die im Zeitpunkt der Schädigung vorhandenen Gesellschafter oder Mitglieder oder Rechtsnachfolger dieser Personen, die mehr als 50 vom Hundert der Anteile oder Mitgliedschaftsrechte auf sich vereinen und namentlich bekannt sind, einen Anspruch auf Rückgabe des Unternehmens oder von Anteilen oder Mitgliedschaftsrechten des Rückgabeberechtigten angemeldet haben (§ 6 Abs. 1a Satz 2 VermG). Rückgabeberechtigter ist in derartigen Fällen allein der wiederbelebte Rechtsträger des entzogenen Unternehmens (Urteil vom 17. April 1997 - BVerwG 7 C 15.96 - BVerwGE 104, 279 = juris Rn. 10 m.w.N.).
- 27
-
In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist auch geklärt, dass die Vorschrift des § 6 Abs. 1a Satz 2 VermG zumindest entsprechend Anwendung findet, wenn der Restitutionsanspruch sich nicht auf ein Unternehmen als solches richtet, sondern auf einzelne einem Unternehmen entzogene Vermögensgegenstände, das Unternehmen selbst aber nachträglich untergegangen ist. In diesen Fällen ist die begehrte Singularrestitution notwendigerweise mit dem Wiederaufleben des Unternehmensträgers als Merkmal einer Unternehmensrestitution verknüpft, weil allein der seinerzeitige Unternehmensträger Berechtigter ist (Urteil vom 19. September 2002 - BVerwG 7 C 21.01 - Buchholz 428 § 6 VermG Nr. 51; Beschluss vom 30. August 2004 - BVerwG 8 B 34.04 - juris Rn. 22). Materiell Berechtigter ist der Unternehmensträger also auch dann, wenn die Rückgabe des Unternehmens ausgeschlossen ist (§ 4 Abs. 1 Satz 2 VermG) und nur ein Vermögensgegenstand (z.B. das ehemalige Betriebsgrundstück) als Unternehmensrest im Wege der Singularrestitution an den Berechtigten zurückgegeben werden kann.
- 28
-
So liegt es hier. Gemessen an den vorgenannten Grundsätzen sind nicht die drei ehemaligen Gesellschafter bzw. deren jeweilige Rechtsnachfolger Berechtigte im Sinne des Vermögensgesetzes, sondern allein der wiederbelebte Rechtsträger des entzogenen Unternehmens, die Otto Barthel & Co. OHG, Perlmutterknopffabrik in Kelbra i.L. Dies entspricht den Feststellungen des Verwaltungsgerichts und ist in dem von diesem in Bezug genommenen bestandskräftigen Bescheid des Beklagten vom 30. März 1998 (Seite 4) ausdrücklich bestimmt worden.
- 29
-
bb) Die Grundsätze zur Frage, wer unmittelbar Geschädigter und damit Berechtigter im Hinblick auf einen Rückgabeanspruch nach dem Vermögensgesetz oder des an seine Stelle tretenden Surrogats ist, setzen sich im Entschädigungsrecht fort. Insbesondere aus dem systematischen Zusammenhang ergibt sich, dass der Berechtigte nach dem Vermögensgesetz grundsätzlich auch der Berechtigte nach dem Entschädigungsgesetz ist und die Regelung des § 7 Abs. 2 Satz 3 EntschG mit dem Begriff des Berechtigten hierauf Bezug nimmt.
- 30
-
(1) Das Entschädigungsgesetz knüpft an das Vermögensgesetz an (Beschluss vom 7. Mai 2007 - BVerwG 5 B 92.07 - juris Rn. 4). Es verhält sich - soweit der Grund für die Entschädigung im Vermögensgesetz normiert ist - grundsätzlich akzessorisch zu diesem. Eine Entschädigung nach dem Entschädigungsgesetz stellt das Surrogat für den Ausschluss der Rückübertragung des Vermögenswertes - hier des Unternehmens - bzw. für den Verzicht auf die Rückgabe dar (vgl. Urteil vom 28. August 1997 - BVerwG 7 C 36.96 - Buchholz 428 § 3 VermG Nr. 19 = juris Rn. 9; VG Leipzig, Urteil vom 29. August 2007 - 1 K 391/05 - juris Rn. 26 und Urteil vom 6. Dezember 2002 - 1 K 2442/01 - juris; VG Gera, Urteil vom 17. Juni 2003 - 3 K 43/00 GE - juris). Weil und soweit der Rückgabeanspruch im Hinblick auf das Unternehmen nicht erfüllbar ist, tritt an seine Stelle ein Entschädigungsanspruch für seinen Verlust. § 1 Abs. 1 EntschG räumt, indem er in Satz 1 an den Berechtigten im Sinne des Vermögensgesetzes anknüpft, den Anspruch auf Entschädigung außer natürlichen auch juristischen Personen und Personenhandelsgesellschaften ein. Das beruht darauf, dass nach § 2 Abs. 1 Satz 1 VermG zu den Restitutionsberechtigten neben natürlichen Personen auch Personenhandelsgesellschaften und juristische Personen gehören. Diese haben wie natürliche Personen grundsätzlich Anspruch auf Rückübertragung des ihnen entzogenen Vermögenswerts in Natur. Ist Rückgabe im Einzelfall aus den in § 1 Abs. 1 Satz 1 EntschG genannten Gründen nicht möglich oder nicht gewollt, sollen beide Gruppen stattdessen Entschädigung nach dem Entschädigungsgesetz verlangen können, also auch hinsichtlich ihrer Sekundäransprüche gleich behandelt werden (BVerfG, Urteil vom 22. November 2000 - 1 BvR 2307/94 u.a. - BVerfGE 102, 254 = juris Rn. 275). Als Ausdruck dieser Verknüpfung nimmt das Entschädigungsgesetz an mehreren Stellen ausdrücklich auf den "Berechtigten nach § 2 Abs. 1 VermG" Bezug (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1, § 8 Abs. 1 Satz 1 EntschG). Umgekehrt wird diesen Berechtigten bereits im Vermögensgesetz eine Entschädigung dem Grunde nach zugesagt (vgl. § 6 Abs. 7, § 8 Abs. 1 Satz 1, § 11 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 VermG). Von dieser Verknüpfung und damit von der grundsätzlichen Identität des Berechtigten nach dem Vermögensgesetz mit demjenigen nach dem Entschädigungsgesetz ist ausweislich der Gesetzesmaterialien (BTDrucks 12/4887 S. 29) auch der Gesetzgeber ausgegangen.
- 31
-
(2) Der Zusammenhang zwischen vermögensrechtlicher Schädigung und Entschädigung wird, wie der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht zu Recht herausstellt, hinsichtlich des Begriffs des Berechtigten im Sinne von § 7 Abs. 2 Satz 3 EntschG durch weitere systematische Rückschlüsse bestätigt, die sich mit Blick auf die konkreten Regelungen des Vermögensgesetzes ergeben. Dies gilt gerade für die vorliegende Konstellation eines nach § 6 Abs. 1a Satz 2 VermG wieder belebten Unternehmensträgers. So folgt aus § 6 Abs. 6a VermG, dass es auch dann, wenn die Rückübertragung des Unternehmens ausgeschlossen und deshalb über Surrogate zu befinden ist, grundsätzlich bei dem einen Berechtigten bleibt. Denn nach Satz 1 dieser Vorschrift kann der Berechtigte, wenn die Rückgabe nach § 4 Abs. 1 Satz 2 VermG ganz oder teilweise ausgeschlossen ist, die Rückgabe von Unternehmenstrümmern, d.h. von bestimmten, dem Unternehmen gehörenden Vermögensgegenständen, verlangen. Ferner verdeutlicht § 6 Abs. 7 Satz 1 VermG, dass der unmittelbar Geschädigte nicht nur rückübertragungsberechtigt, sondern auch der Entschädigungsberechtigte ist. Danach besteht, wenn die Rückgabe des Unternehmens nach Absatz 1 Satz 1 dieser Bestimmung nicht möglich ist oder sich der Berechtigte für eine Entschädigung entscheidet, ein Anspruch auf Entschädigung nach Maßgabe des Entschädigungsgesetzes. Der Entschädigungsanspruch steht damit dem Berechtigten, d.h. dem geschädigten Unternehmensträger bzw. den Restitutionsberechtigten zu. Schließlich lässt sich im Umkehrschluss aus § 6 Abs. 6a Satz 3 VermG folgern, dass der nach Erreichen des Quorums (§ 6 Abs. 1a Satz 2 VermG) wieder belebte Unternehmensträger auch im Entschädigungsverfahren nicht hinter seine Gesellschafter zurückzutreten hat und damit Berechtigter bleibt. Denn nach der Sonderregelung des § 6 Abs. 6a Satz 3 VermG können "die Berechtigten" vom Verfügungsberechtigten die Zahlung eines Geldbetrages in Höhe des ihrem Anteil entsprechenden Erlöses aus der Veräußerung verlangen, wenn das Unternehmen wegen seiner Veräußerung nicht zurückgegeben werden kann. Mit der Verwendung des Plural wird in dieser Sonderregelung zum Ausdruck gebracht, dass der Erlös nicht an den restitutionsberechtigten Unternehmensträger (§ 6 Abs. 1a VermG), sondern an die hinter ihm stehenden natürlichen Personen zu zahlen ist (Messerschmidt, in: Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, VermG, Stand Sept. 2012, § 6 VermG Rn. 630 m.w.N.).
- 32
-
(3) Durchgreifende Gründe, die dem vorgenannten Auslegungsergebnis entgegenstehen und es nahelegen, im Rahmen der Degressionsregelung des § 7 EntschG von einem grundlegend anderen Berechtigtenbegriff auszugehen, gibt es nicht.
- 33
-
(a) Das auf den Gesetzeswortlaut abzielende Argument des Klägers, dass die OHG eine Gesamthandsgemeinschaft im zivilrechtlichen Sinne sei und deshalb die Gesellschafter stets "mehrere Berechtigte" im Sinne von § 7 Abs. 2 Satz 3 EntschG seien, greift nicht durch. Es setzt voraus, dass die OHG (als Unternehmensträger) nicht alleinige Berechtigte im Sinne dieser Vorschrift sein kann. Damit legt der Kläger in den für beide Interpretationen offenen Wortlaut bereits etwas hinein, was namentlich im Wege der systematischen Auslegung erst noch zu klären war.
- 34
-
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass in § 7 EntschG nicht ausdrücklich auf den Berechtigtenbegriff des Vermögensgesetzes verwiesen worden ist. Vielmehr konnte auf die Bezugnahme auf § 2 Abs. 1 VermG verzichtet werden, weil es für die Frage einer Gesamt- oder Anteilsdegression auf die zum Zeitpunkt der Enteignung Berechtigten ankommen sollte. Für die Rechtsnachfolger des Berechtigten ist deshalb in § 7 Abs. 2 Satz 4 EntschG eine Sonderregelung getroffen worden.
- 35
-
(b) Im Ergebnis ebenfalls nicht durchgreifend bezieht sich das Verwaltungsgericht (UA S. 10) zur Begründung seiner Ansicht, dass hier die drei ehemaligen Gesellschafter der OHG unmittelbar Geschädigte und damit als Berechtigte im Sinne des § 7 Abs. 2 Satz 3 EntschG anzusehen seien, auf eine Passage im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. September 2004 (a.a.O.). Weil danach derjenige der Berechtigte im Sinne dieser Vorschrift sei, der durch die den Entschädigungsanspruch auslösende Maßnahme unmittelbar geschädigt worden sei und nicht dessen Rechtsnachfolger, werde - so das Verwaltungsgericht - gerade nicht auf den Begriff des Berechtigten im Sinne des Vermögensgesetzes abgestellt, der nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 VermG auch die Rechtsnachfolger der natürlichen und juristischen Personen sowie Personenhandelsgesellschaften umfasse.
- 36
-
Mit der in Bezug genommenen Aussage in dem vorgenannten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. September 2004 (a.a.O.) wurde jedoch nicht die Konnexität zwischen Vermögensrecht und Entschädigungsrecht in Frage gestellt. Zum einen ist damit lediglich deutlich gemacht worden, dass Berechtigte im Sinne des § 7 Abs. 2 Satz 3 EntschG nicht (mehr) der oder die Rechtsnachfolger des unmittelbar Geschädigten sind. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass es in dem Fall, welcher dem genannten Urteil zugrunde lag, nicht um einen unmittelbar Geschädigten nach dem Vermögensgesetz, sondern nach dem Ausgleichsleistungsgesetz ging, in dessen Regelungsbereich das Vermögensgesetz grundsätzlich nicht anwendbar ist (§ 1 Abs. 8 Buchst. a VermG). Das Ausgleichsleistungsgesetz schließt zudem in § 1 Abs. 1 eine Berechtigung von juristischen Personen und Personenhandelsgesellschaften aus. Berechtigte können nur natürliche Personen und deren Erben bzw. Erbeserben sein. Dieser Ausgangspunkt setzt sich dann notwendig bei der Entschädigungsberechtigung nach dem Entschädigungsgesetz fort.
- 37
-
(c) Schließlich verfängt auch das weitere Argument des Verwaltungsgerichts nicht, dass ansonsten bei der Berechnung einer Unternehmensschädigung nie eine Anteilsdegression in Betracht kommen könne, weil sich die vermögensrechtliche Berechtigtenstellung nach § 6 Abs. 1a VermG immer auf das ehemalige Unternehmen beziehe. Von einem Leerlaufen der Anteilsdegression kann im Hinblick auf die Unternehmensentschädigung nicht die Rede sein. Zum einen ist sie in den Fällen denkbar, in denen sich die Berechtigtenstellung aus dem Ausgleichsleistungsgesetz ergibt. Zum anderen kann die Anteilsdegression auch dann zum Zuge kommen, wenn sich die Berechtigtenstellung aus dem Vermögensgesetz ergibt. Dies ist etwa der Fall, wenn die juristische Person oder Personenhandelsgesellschaft als Unternehmensträger erloschen ist und - weil bei der Anmeldung der Gesellschafter (§ 6 Abs. 6 VermG) das Quorum im Sinne von § 6 Abs. 1a Satz 2 VermG verfehlt wurde - nicht zum Wiederaufleben gebracht werden konnte (vgl. Broschat, in: Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, VermG, Stand Sept. 2012, § 7 EntschG Rn. 37).
- 38
-
c) Gemessen an den zuvor dargelegten Grundsätzen ist hier Berechtigte im Sinne des § 6 Abs. 1a Satz 1 und 2 VermG und dementsprechend auch (Entschädigungs-)Berechtigte im Sinne von § 7 Abs. 2 Satz 3 EntschG allein die Otto Barthel & Co. OHG, Perlmutterknopffabrik in Kelbra i.L. als Unternehmensträger, so dass der zu entschädigende Vermögenswert - hier das Unternehmen - im Zeitpunkt der Entziehung nicht mehreren Berechtigten zu Bruchteilen oder zur gesamten Hand zustand. Dementsprechend hat der Beklagte im Rahmen der Neubescheidung des Klägers die Berechnung der Degression in der Weise vorzunehmen, dass er die Bemessungsgrundlage - entgegen der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts - nicht im Wege der Anteilsdegression (§ 7 Abs. 2 Satz 3 EntschG), sondern im Wege der Gesamtdegression nach § 7 Abs. 1 EntschG kürzt.
(1) Soweit die gesetzliche Vergütung, eine nach § 42 festgestellte Pauschgebühr und die zu ersetzenden Aufwendungen (§ 670 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) zu den Kosten des gerichtlichen Verfahrens gehören, werden sie auf Antrag des Rechtsanwalts oder des Auftraggebers durch das Gericht des ersten Rechtszugs festgesetzt. Getilgte Beträge sind abzusetzen.
(2) Der Antrag ist erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist. Vor der Festsetzung sind die Beteiligten zu hören. Die Vorschriften der jeweiligen Verfahrensordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren mit Ausnahme des § 104 Absatz 2 Satz 3 der Zivilprozessordnung und die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen gelten entsprechend. Das Verfahren vor dem Gericht des ersten Rechtszugs ist gebührenfrei. In den Vergütungsfestsetzungsbeschluss sind die von dem Rechtsanwalt gezahlten Auslagen für die Zustellung des Beschlusses aufzunehmen. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt; dies gilt auch im Verfahren über Beschwerden.
(3) Im Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit, der Finanzgerichtsbarkeit und der Sozialgerichtsbarkeit wird die Vergütung vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle festgesetzt. Die für die jeweilige Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften über die Erinnerung im Kostenfestsetzungsverfahren gelten entsprechend.
(4) Wird der vom Rechtsanwalt angegebene Gegenstandswert von einem Beteiligten bestritten, ist das Verfahren auszusetzen, bis das Gericht hierüber entschieden hat (§§ 32, 33 und 38 Absatz 1).
(5) Die Festsetzung ist abzulehnen, soweit der Antragsgegner Einwendungen oder Einreden erhebt, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund haben. Hat der Auftraggeber bereits dem Rechtsanwalt gegenüber derartige Einwendungen oder Einreden erhoben, ist die Erhebung der Klage nicht von der vorherigen Einleitung des Festsetzungsverfahrens abhängig.
(6) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend.
(7) Durch den Antrag auf Festsetzung der Vergütung wird die Verjährung wie durch Klageerhebung gehemmt.
(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten bei Rahmengebühren nur, wenn die Mindestgebühren geltend gemacht werden oder der Auftraggeber der Höhe der Gebühren ausdrücklich zugestimmt hat. Die Festsetzung auf Antrag des Rechtsanwalts ist abzulehnen, wenn er die Zustimmungserklärung des Auftraggebers nicht mit dem Antrag vorlegt.
(1) Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, sind von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen.
(2) Sie sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können.
(3) Der Schuldner muss in der von ihm zu erhebenden Klage alle Einwendungen geltend machen, die er zur Zeit der Erhebung der Klage geltend zu machen imstande war.
Folgende Geschäfte im Festsetzungsverfahren werden dem Rechtspfleger übertragen:
- 1.
die Festsetzung der Kosten in den Fällen, in denen die §§ 103ff. der Zivilprozessordnung anzuwenden sind; - 2.
die Festsetzung der Vergütung des Rechtsanwalts nach § 11 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes; - 3.
die Festsetzung der Gerichtskosten nach den Gesetzen und Verordnungen zur Ausführung von Verträgen mit ausländischen Staaten über die Rechtshilfe sowie die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen und anderer Schuldtitel in Zivil- und Handelssachen.
(1) Soweit die gesetzliche Vergütung, eine nach § 42 festgestellte Pauschgebühr und die zu ersetzenden Aufwendungen (§ 670 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) zu den Kosten des gerichtlichen Verfahrens gehören, werden sie auf Antrag des Rechtsanwalts oder des Auftraggebers durch das Gericht des ersten Rechtszugs festgesetzt. Getilgte Beträge sind abzusetzen.
(2) Der Antrag ist erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist. Vor der Festsetzung sind die Beteiligten zu hören. Die Vorschriften der jeweiligen Verfahrensordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren mit Ausnahme des § 104 Absatz 2 Satz 3 der Zivilprozessordnung und die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen gelten entsprechend. Das Verfahren vor dem Gericht des ersten Rechtszugs ist gebührenfrei. In den Vergütungsfestsetzungsbeschluss sind die von dem Rechtsanwalt gezahlten Auslagen für die Zustellung des Beschlusses aufzunehmen. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt; dies gilt auch im Verfahren über Beschwerden.
(3) Im Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit, der Finanzgerichtsbarkeit und der Sozialgerichtsbarkeit wird die Vergütung vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle festgesetzt. Die für die jeweilige Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften über die Erinnerung im Kostenfestsetzungsverfahren gelten entsprechend.
(4) Wird der vom Rechtsanwalt angegebene Gegenstandswert von einem Beteiligten bestritten, ist das Verfahren auszusetzen, bis das Gericht hierüber entschieden hat (§§ 32, 33 und 38 Absatz 1).
(5) Die Festsetzung ist abzulehnen, soweit der Antragsgegner Einwendungen oder Einreden erhebt, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund haben. Hat der Auftraggeber bereits dem Rechtsanwalt gegenüber derartige Einwendungen oder Einreden erhoben, ist die Erhebung der Klage nicht von der vorherigen Einleitung des Festsetzungsverfahrens abhängig.
(6) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend.
(7) Durch den Antrag auf Festsetzung der Vergütung wird die Verjährung wie durch Klageerhebung gehemmt.
(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten bei Rahmengebühren nur, wenn die Mindestgebühren geltend gemacht werden oder der Auftraggeber der Höhe der Gebühren ausdrücklich zugestimmt hat. Die Festsetzung auf Antrag des Rechtsanwalts ist abzulehnen, wenn er die Zustimmungserklärung des Auftraggebers nicht mit dem Antrag vorlegt.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
T a t b e s t a n d :
2Die Klägerin, ein Verkehrsunternehmen, das u.a. im Kreisgebiet des Beklagten Busverkehrsdienstleistungen erbringt, beantragte unter dem 00.00.0000 beim Beklagten, der Aufgabenträger für den öffentlichen Personennahverkehr ist, einen Ausgleich nach § 11 a des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr in Nordrhein-Westfalen (ÖPNVG NRW) i.V.m. der „Allgemeinen Vorschrift des Kreises Borken zu § 11 a Abs. 2 ÖPNVG NRW vom 28. Juli 2011“ (nachfolgend als AV bezeichnet).
3Mit Bescheid vom 00.00.0000, abgesandt am selben Tag, setzte der Beklagte gemäß § 11 a ÖPNVG NRW i.V.m. der AV aus den vom Land NRW zur Verfügung gestellten Mitteln für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2011 (Bewilligungs- und Durchführungszeitraum) den voraussichtlichen Anteil der Klägerin an der Ausbildungsverkehr-Pauschale vorläufig in Höhe von 5.658,85 Euro fest. Dieser Betrag sei als Ausgleich zu den Kosten einzusetzen, die der Klägerin bei der Beförderung von Personen mit Zeitfahrausweisen des Ausbildungsverkehrs im Straßenbahn-, O-Busverkehr oder Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen gemäߠ§§ 42, 43 Nr. 2 des Personenbeförderungsgesetzes - PBefG - im Zuständigkeitsbereich des Beklagten entstünden und nicht durch entsprechende Fahrgeldeinnahmen gedeckt würden. Die Mittel würden zur Kompensation der finanziellen Auswirkungen gewährt, die auf die Erfüllung der tariflichen Verpflichtungen nach Ziffer 3 AV zurückzuführen seien. Die Bewilligung stehe unter den Vorbehalten der Bestimmungen der Ziffern 5.2 und 5.3 AV. Unter „IV. Nebenbestimmungen“ zum Bescheid ist in Ziffer 1. folgendes geregelt:
4„Die Festsetzungen und Regelungen dieses Bescheids sind nur vorläufig und stehen unter dem Vorbehalt der abschließenden Entscheidung durch den endgültigen Bewilligungsakt gemäß Ziffer 11.3.3 der Allgemeinen Vorschrift. Eine Korrektur (Erhöhung oder Reduzierung) des vorläufigen Bewilligungsbetrags durch den endgültigen Bewilligungsakt sowie eine Rückabwicklung etwaiger Überzahlungen durch die mit dem endgültigen Bewilligungsakt vorzunehmende Schlussabrechnung bleibt ausdrücklich vorbehalten. Es wird darauf hingewiesen, dass sich nicht nur z.B. aus der Einnahmenaufteilung (Ziffer 6.3.5 und Ziffer 11.3.3 der Allgemeinen Vorschrift), sondern u.a. auch bei unterjährigen Leistungsänderungen und z.B. auch durch Hinzukommen oder Ausscheiden von sonstigen Verkehrsunternehmen in meinem Zuständigkeitsgebiet während des Bewilligungsjahres Veränderungen ergeben können.“
5Die Ziffern 5.2 und 5.3 der im Amtsblatt des Beklagten vom 11. August 2011 veröffentlichten Allgemeinen Vorschrift des Beklagen zu § 11 a Abs. 2 ÖPNVG NRW vom 28. Juli 2011 lauten wie folgt:
6„5.2 Kein Anspruch auf Vollkompensation
7Diese Allgemeinen Vorschrift begründet keinen Anspruch auf vollständigen Ausgleich der Kosten, die bei der Beförderung von Personen mit Zeitfahrausweisen des Ausbildungsverkehrs im Straßenbahn-, O-Busverkehr oder Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen gemäß §§ 42, 43 Nr. 2 PBefG entstehen und nicht durch entsprechende Fahrgeldeinnahmen nach § 11 a Abs. 2 Satz 1 ÖPNVG NRW gedeckt werden. Ferner besteht nach dieser Allgemeinen Vorschrift kein Anspruch auf Vollkompensation des finanziellen Nettoeffekts nach Art. 3 Abs. 2, Art. 4 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 i.V.m. dem Anhang der VO (EG) Nr. 1370/2007.
85.3 Begrenzung des Ausgleichs
9Als Ausgleich (Ziff. 5.1) erhält der Betreiber maximal den sich aus § 11 a Abs. 2 ÖPNVG NRW ergebenden Betrag gemäß Ziffer 6, soweit dieser die beihilfenrechtliche Obergrenze nicht überschreitet, die sich aus der Festlegung der Parameter nach Ziff. 7 sowie der Überkompensationskontrolle nach Ziff. 8 i.V.m. dem Anreizsystem nach Ziff. 9 ergibt (Ziff. 8.2 und 8.3).“
10Ziffer 8.2.3 der Allgemeinen Vorschrift lautet wie folgt:
11„8.2.3 Angemessene Kapitalverzinsung
12Die zulässige Höhe der angemessenen Kapitalverzinsung wird pauschalierend bezogen auf die Linien (Ziff. 7.3) entsprechend einer Umsatzrendite von 3,00 % berechnet. Der Betrag wird als Anteil in Höhe von 3,09% der maßgeblichen Kosten ermittelt.“
13Den gegen den vorläufigen Bewilligungsbescheid des Beklagten vom 25. Oktober 2011 gerichteten Widerspruch der Klägerin wertete der Beklagte als Antrag auf Änderung der vorläufigen Bewilligung und änderte mit Änderungs- und Ergänzungsbescheid vom 23. Februar 2012 die vorläufige Bewilligung auf einen Betrag in Höhe von 84.814, 29 € ab.
14Bereits am 28. November 2011, einem Montag, hatte die Klägerin Klage erhoben und zunächst beantragt:
15„Der Bescheid des Beklagten vom 00.00.0000, Az. 0000, der Klägerin zugegangen am 00.00.0000, wird aufgehoben, soweit der Bescheid unter dem Vorbehalt der Bestimmungen der Ziffern 5.2 und 5.3 der Allgemeinen Vorschrift des Beklagten zu § 11 a Abs. 2 ÖPNVG NRW vom 28. 07. 2011 steht und diese bei der Berechnung des Ausgleichs eine Umsatzrendite von 3,00 % vorgibt.“
16Mit Schriftsatz ihrer Prozeßbevollmächtigten vom 26. März 2012 hat die Klägerin im Wege der Klageänderung statt des bisherigen vorläufigen Bewilligungsbescheids den Änderungs- und Ergänzungsbescheid des Beklagten vom 00.00.0000 zum Gegenstand der Anfechtung gemacht.
17Während des weiteren Klageverfahrens hat der Beklagte mit Bescheid vom 00.00.0000, abgesandt am selben Tag, eine endgültige Festsetzung und Schlussabrechnung vorgenommen. Mit Ziff. 1 dieses Bescheids setzt der Beklagte den Anteil der Klägerin an der Ausbildungsverkehr-Pauschale endgültig auf 0,00 Euro fest. Gemäß Ziff. 2 des Bescheids wird die vorläufige Bewilligung vom 00.00.0000 durch diese endgültige Festsetzung ersetzt. Nach Ziff. 3 des Bescheids ist die sich hieraus ergebende Überzahlung in Höhe von 76.332,86 Euro bis zum 30. Juni 2014 auszugleichen.
18Die Klägerin hat daraufhin mit Schriftsatz vom 23. Juni 2014 die Klage erneut geändert.
19Die Klägerin macht geltend:
20Der Beklagte habe den anrechenbaren angemessenen Gewinn rechtswidrig festgelegt. Die Festlegung stehe im Widerspruch zu Ziffer 6 des Anhangs der Verordnung (EG) 1370/2007, erfolge in willkürlicher Weise und sei im Ergebnis als zu gering anzusehen. Der Wortlaut der Ziffer 6 des Anhangs zur Verordnung (EG) 1370/2007 mache deutlich, dass bei der Bestimmung des angemessenen Gewinns zwei Komponenten zu berücksichtigen seien. Auszugehen sei von einer sektorspezifischen Betrachtung; zu ermitteln sei der angemessene Gewinn in dem betreffenden Sektor im jeweiligen Mitgliedstaat. Eine strikte Orientierung an einer linienscharfen Betrachtung, die allein das Zuständigkeitsgebiet des Beklagten erfasse, sei unzulässig. Vielmehr sei ein Durchschnittswert zu bilden, der für alle Unternehmen des jeweiligen Sektors im jeweiligen Mitgliedstaat maßgeblich sei. Hinzu trete eine zweite, unternehmensindividuelle Komponente. Zu berücksichtigen sei stets auch das Risiko, das aufgrund des Eingreifens der zuständigen Behörde entstehe oder entfalle. Dieses Risiko sei für jedes Verkehrsunternehmen gesondert festzustellen. Somit sei es rechtswidrig, wenn der Beklagte den angemessenen Gewinn, der von ihr, der Klägerin, im Rahmen der ex post-Überkompensationskontrolle angerechnet werde dürfe, pauschalierend für alle Verkehrsunternehmen im Anwendungsbereich seiner AV festlege. Selbst wenn eine pauschale Festlegung des anzurechnenden angemessenen Gewinns dem Grunde nach zulässig sein sollte, wäre die hier vom Beklagten in Ziffer 8.2.3 getroffene Festlegung doch rechtswidrig. Es seien keine sachlichen Erwägungen dokumentiert, die der vom Beklagten getroffenen Festlegung zugrundegelegt worden seien. Ebenso wenig seien andere Anhaltspunkte ersichtlich, die die getroffene Festlegung rechtfertigen könnten. Eine gleichsam „freie“ Festsetzung aber bedeute die Anerkennung eines rechtsstaatlichen Vakuums, weil der Beklagte die Höhe des angemessenen Gewinns nach seinem Gutdünken bestimmen könne. Verallgemeinerungen, Pauschalisierungen und Typisierungen, die nicht hinreichend realitätsgerecht seien, verstießen gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Nicht realitätsgerechte Ausgleichsleistungen verfälschten den Wettbewerb unter konkurrierenden Unternehmen.
21Dass die Festlegung des zulässigerweise anrechenbaren Gewinns eine zentrale Herausforderung bei der Gestaltung Allgemeiner Vorschriften sei, habe bereits die Arbeitsgruppe erkannt, die sich zur Erarbeitung der Hinweise zur Erstellung der Allgemeinen Vorschrift nach § 11 a Abs. 2 Satz 6 ÖPNVG NRW zusammengeschlossen habe. Die Hinweise referierten die Entscheidungspraxis der Kommission, die in ihrer Entscheidung Danske Statsbaner eine Eigenkapitalrendite von bis zu 10% für zulässig erachtet habe, und verwiesen auch auf die Entscheidung der Kommission in Sachen Südmähren, aus der sich eine zulässige Kapitalrendite von bis zu 12,5% ableiten lasse. Vor diesem Hintergrund schließe die Arbeitsgruppe darauf, dass derzeit von einer Gesamtkapitalrendite von etwa 5% ausgegangen werden könne. Allerdings sei gerade dieser Punkt in der Arbeitsgruppe der wesentliche umstrittene Punkt gewesen, dem nicht alle Mitglieder der Arbeitsgruppe zugestimmt hätten. Dabei sei es weder dem Land noch den kommunalen Spitzenverbänden gelungen, die Grundannahme von etwa 5% der Gesamtkapitalrenditen näher zu untermauern. Vor dem Hintergrund dieser Kontroverse hätte der Beklagte die von ihm getroffene Festlegung näher begründen müssen. Dies gelte gerade auch, wenn wie hier ein Renditemaßstab herangezogen werde, der sowohl von Ziffer 6 des Anhangs der VO (EG) 1370/2007 („Kapitalrendite“) als auch von den Empfehlungen in den Hinweisen zur Erstellung Allgemeiner Vorschriften („Gesamtkapitalrendite“) abweiche. Der Eindruck der Willkür dränge sich auch deshalb auf, weil der Beklagte offensichtlich ganz ähnlich wie andere Aufgabenträger eine Festlegung ohne nähere Begründung getroffen habe.
22Ungeachtet der Verantwortlichkeit des Beklagten, den Nachweis für eine rechtmäßige Festlegung des angemessenen Gewinns zu führen, habe die Muttergesellschaft der Klägerin eine wirtschaftswissenschaftliche Studie in Auftrag gegeben mit dem Ziel, u. a. eine empirische Herleitung einer angemessenen Rendite im Bussektor festzustellen. Die Studie komme zu dem Ergebnis, dass ein Gewinn i. S. d. Ziff. 6 des Anhangs zur VO (EG) 1370/2007 für den deutschen Bussektor in einem Bereich von 6,3 % bis 11,5 % EBIT-Marge nicht unangemessen sei. Die vom Beklagten getroffene Festlegung zur Höhe des angemessenen Gewinns sei danach zu gering. Zusammenfassend belege die Studie, die die Klägerin in das Verfahren eingeführt hat, dass eine empirische und zugleich belastbare Grundlage für die Festlegung des angemessenen Gewinns durch die Aufgabenträger gefunden werden könne, diese Grundlage mit wissenschaftlich anerkannten Methoden ausgewertet und bewertet werden könne und eine transparente und nachvollziehbare Herleitung des festzusetzenden angemessenen Gewinns möglich sei.
23Die Klägerin beantragt nunmehr,
24den Bescheid des Beklagten vom 00.00.0000 insoweit aufzuheben, als er eine Rückzahlung festsetzt, die die Summe übersteigt, die die Klägerin unter Berücksichtigung eines nach Rechtsauffassung des Gerichts zu berechnenden angemessenen Gewinns i. S. d. Ziffer 6 der VO (EG) Nr. 1370/2007 zurückzahlen muss.
25Der Beklagte beantragt,
26die Klage abzuweisen.
27Er willigt in die Klageänderung ein und trägt vor:
28Ein Anspruch auf einen Gewinn oder gar einen Gewinn in bestimmter Höhe stehe der Klägerin nicht zu. Weder § 11 a ÖPNVG NRW noch die Verordnung (EG) 1370/2007 regelten einen Anspruch der Verkehrsunternehmen auf Ausgleich eines angemessen Gewinns. Daraus folge, dass es die freie Entscheidung des Beklagten sei, ob er den Verkehrsunternehmen im Rahmen einer AV überhaupt einen angemessenen Gewinn zubillige und wie er diesen genau ausgestalte. Dieses Ergebnis ergebe sich aus einer Auslegung unter Zugrundelegung des Wortlauts, der Regelungssystematik und des Sinn und Zwecks von § 11 a ÖPNVG NRW und der Verordnung (EG) 1370/2007, deren Anhang allein Regelungen zur Festlegung einer beihilfenrechtlichen Obergrenze enthalte. Der geltend gemachte Anspruch bestehe auch nicht nach dem Personenbeförderungsgesetz oder aus Verfassungsrecht. § 11 a ÖPNVG ersetze die bundesgesetzliche Regelung des § 45 a PBefG, der nicht nur keinen angemessenen Gewinn, sondern schon gar keinen vollständigen Defizitausgleich umfaßt habe. Deshalb seien die Aufgabenträger bis zu der beilhilfenrechtlichen Obergrenze nach der Verordnung (EG) 1370/2007 frei, über das „Ob“ und auch das „Wie“ eines angemessenen Gewinns zu bestimmen. Da ein Anspruch auf einen angemessenen Gewinn nicht bestehe, habe auch keine Verpflichtung des Beklagten bestanden, einen „richtigen“ angemessenen Gewinn im Busverkehrsektor in Deutschland zu ermitteln. Vielmehr habe er die Festlegung des angemessenen Gewinns, nachdem er sich für die Anerkennung eines solchen („Ob“) entschieden habe, lediglich unter Berücksichtigung der Grenze des ihm zustehenden Spielraums vornehmen müssen. Dieser Spielraum bestehe sowohl hinsichtlich der Wahl der Bezugsgröße als auch hinsichtlich der Höhe des angemessenen Gewinns, was sich aus einer Auslegung von Ziff. 6 des Anhangs der Verordnung (EG) 1370/2007 ergebe. Bei der Festlegung der Bezugsgröße erfordere die Ausfüllung dieses Spielraums eine Berücksichtigung insbesondere der Sachgerechtheit und Praktikabilität im konkreten Einzelfall. Was die Festlegung der Höhe des angemessenen Gewinns betreffe, gebe Ziff. 6 des Anhangs der Verordnung (EG) 1370/2007 keine bestimmte Methode zur Ermittlung des angemessenen Gewinns vor. Angemessen sei der Gewinn nach Ziff. 6 des Anhangs immer dann, wenn er eine - ggf. auch regionale - Üblichkeit innerhalb des Sektors im jeweiligen Mitgliedstaat abbilde. Innerhalb des ihm eröffneten Spielraums habe der Beklagte den angemessenen Gewinn unter Zugrundelegung sachgerechter Erwägungen festgelegt. Ausgangspunkt der Erwägungen des Beklagten seien die Hinweise zur Erstellung der Allgemeinen Vorschrift nach § 11 a Abs. 2 Satz 6 ÖPNVG NRW gewesen. Der Beklagte habe ergänzend jedoch eine eigene Überprüfung zur Ermittlung des angemessenen Gewinns angestellt. Auf dieser Grundlage habe er schließlich die Festlegungen zum angemessenen Gewinn in seiner AV vorgenommen. Die Angemessenheit des auf diese Weise vom Beklagten festgelegten Gewinns finde auch externe Bestätigung. In diesem Zusammenhang sei zu erwähnen, dass sich im gesamten Gebiet des Münsterlandes nur die Klägerin und ihre „Schwesterunternehmen“ gegen den angemessenen Gewinn in Höhe von 3% (bzw. 3,09 % als Kostenzuschlag) wendeten. Für alle übrigen Verkehrsunternehmen scheine der u.a. vom Beklagten in seiner AV festgelegte Gewinn „auskömmlich“ zu sein. Dies spreche dafür, dass der vom Beklagten festgelegte Gewinn marktüblich und damit angemessen sei. Auch im Übrigen stünden die Festlegungen des Beklagten zum angemessenen Gewinn im Einklang mit Ziff. 6 des Anhangs der Verordnung (EG) 1370/2007. Insbesondere habe der Beklagte die Festlegung des angemessenen Gewinns unter Beachtung des maßgeblichen Sektors und des räumlich relevanten Marktes, des zeitlich relevanten Betrachtungszeitraums und der konkret zugrundeliegenden Risikoverteilung vorgenommen. Dass eine unternehmensindividuelle Komponente einer pauschalen Festlegung des angemessenen Gewinns mit Wirkung für und gegen alle vom Anwendungsbereich der AV des Beklagten erfassten Verkehrsunternehmen entgegenstehe, sei eine Auffassung, die durch Ziff. 6 des Anhangs der Verordnung (EG) 1370/2007 nicht gestützt werde.
29Die Klägerin stelle überzogene Anforderungen an die Festlegung eines angemessenen Gewinns in einer Allgemeinen Vorschrift nach § 11 a Abs. 2 ÖPNVG NRW i. V. m. Art. 3 Abs. 2 VO (EG) 1370/2007. Da kein Anspruch auf Gewährung eines angemessenen Mindestgewinns bestehe, komme es für die entsprechende Festlegung nicht auf eine wissenschaftlich exakte Bestimmung des maximal möglichen angemessenen Gewinns an. Entscheidend sei vielmehr, dass die Obergrenze nach Ziff. 6 des Anhangs der VO (EG) 1370/2007 nicht überschritten werde und dass zum anderen der Spielraum, den die VO (EG) 1370/2007 für die Bestimmung des angemessenen Gewinns einräume, gewahrt werde. Innerhalb des Korridors „0-Gewinn“ auf der einen Seite und „beihilfenrechtliche Obergrenze“ auf der anderen Seite sei die zuständige Behörde frei, über die Höhe des angemessenen Gewinns zu entscheiden. Es gelte also das Prinzip „Mehr geht nimmer, weniger immer“. Diese Festlegung müsse allein willkürfrei erfolgen. Das sei geschehen. Ein Verstoß gegen das Willkürverbot wäre – was aber nicht der Fall sei – nur dann anzunehmen, wenn die Festlegung des angemessenen Gewinns als Umsatzrendite von 3 % unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar sei und somit auf sachfremden Erwägungen beruhe. Hingegen setze willkürfreies Handeln nicht voraus, dass der Beklagte wirtschaftswissenschaftliche Studien heranziehe oder in Auftrag gebe, um herauszufinden, bis zu welcher maximalen beihilfenrechtlichen Obergrenze er die Mittel der Ausbildungsverkehr-Pauschale einem Unternehmen belassen könne, ohne dass dieses einen übermäßigen Gewinn erziele. Im Gegenteil erscheine es fraglich, ob eine solche auf Gewinnmaximierung abzielende Herangehensweise als sachliche Erwägung gelten könnte. Denn da es hier um die Verwendung öffentlicher Mittel gehe, liege es eher nahe, dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit folgend den angemessenen Gewinn nur insoweit zuzubilligen, dass hierbei der Aufgabenträger insgesamt 87,5 % der Mittel an die in seinem Gebiet tätigen Unternehmer auskehren könne, wie es § 11 a Abs. 2 Satz 4 ÖPNVG NRW vorsehe.
30Auf die von der Klägerin in das Verfahren eingeführte Studie komme es nicht an. Selbst wenn die Obergrenze des beihilfenrechtlich Zulässigen in dem von der Studie angesprochenen Bereich liegen sollte, indiziere dies nicht, dass die Festlegung eines geringeren Wertes staatliche Willkür bedeute. Denn wie schon § 45 a PBefG zeige, müsse für Tarifermäßigungen im Ausbildungsverkehr kein voller Kostenausgleich und schon gar kein bestimmter Gewinn zugestanden werden. Es entspreche der Rechtsordnung, den Unternehmer für diese begrenzte Tarifpflicht darauf zu verweisen, einen Querausgleich aus Einnahmen von anderen Fahrgastgruppen zu erzielen oder – wo dies nicht möglich sei – einen Ausgleich auf Basis öffentlicher Dienstleistungsaufträge in Anspruch zu nehmen.
31Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
32E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
33Die Klage hat keinen Erfolg.
34Allerdings ist die Klageänderung zulässig, da der Beklagte eingewilligt hat (§ 91 Abs. 1, 1. Alt. VwGO).
35Ob vor Klageerhebung auch in Ansehung des dieser Annahme entgegenstehenden ausdrücklichen Wortlauts des § 55 Satz 1 PBefG ein Vorverfahren gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO hätte durchgeführt werden müssen,
36in diese Richtung zielt die Rechtsprechung des Bay VGH, Beschluss vom 22. Dezember 2009 - 11 CS 09.2081 -, juris, Rndn. 25 ff., und Urteil vom 09. Februar 2012 - 11 B 10.2791 -, juris, Rndn. 49; ihm folgend VG Düsseldorf, Beschluss vom 28. November 2012 - 6 L 1873/12 -, juris, Rndn. 31 ff. (nachfolgend OVG NRW, Beschluss vom 15. März 2013 - 13 B 1421/12 - juris),
37mag offen bleiben. Denn aus Gründen der Prozessökonomie ist ein Vorverfahren dann entbehrlich, wenn sich der Beklagte – wie hier - auf die Klage einlässt und deren Abweisung beantragt oder wenn der Zweck des Vorverfahrens ohnehin nicht mehr erreicht werden kann.
38Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 1980 ‑ 2 A 4.78 ‑, DVBl. 502, 503, m. w. N.; a. A. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 68 Rndn. 28, 32.
39Die danach zulässige Klage ist aber nicht begründet. Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 27. Mai 2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der allein geltend gemachte Anspruch der Klägerin auf Neuberechnung der ihr aufgegebenen Rückzahlung unter Berücksichtigung eines nach Rechtsauffassung des Gerichts zu berechnenden angemessenen Gewinns im Sinne der Ziffer 6 des Anhangs der VO (EG) Nr. 1370/2007 besteht nicht, § 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 VwGO, so dass es keiner weiteren Ausführungen dazu bedarf, ob der Klageantrag, so wie die Klägerin ihn formuliert hat, überhaupt hinreichend bestimmt ist und das auf ihm fußende Begehren vom Gericht überhaupt zugesprochen werden könnte.
40Ein dahingehender Anspruch der Klägerin würde voraussetzen, dass die in der AV des Beklagten zu § 11 a Abs. 2 ÖPNVG NRW vom 28. Juli 2011 getroffenen Regelungen zur Durchführung der Überkompensationskontrolle gemäß dem Anhang zur VO (EG) 1370/2007 rechtlich zu beanstanden wären. Dies ist jedoch nicht der Fall.
41Mit Ziffer 8 der AV des Beklagten bezweckt dieser die Umsetzung von Art. 4 Abs. 1 Satz 1, Art. 6 Abs. 1 Satz 2 der VO (EG) 1370/2007 in Verbindung mit den Bestimmungen des zugehörigen Anhangs. Danach muss bei Ausgleichszahlungen für die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher, d. h. nicht im betriebswirtschaftlichen Eigeninteresse des Verkehrsunternehmens liegender Verpflichtungen eine beihilfenrechtswidrige Überkompensation vermieden werden. Denn nur dann sind die Mitgliedstaaten nach Art. 9 Abs. 1 Satz 2 der VO (EG) 1370/2007 von der Notifizierungspflicht nach Art. 108 Abs. 3 AEUV (vormals: Art. 88 Abs. 3 EUV) befreit, einer Bestimmung im Rahmen der Beihilfenaufsicht, welche der Durchsetzung des in Art. 107 AEUV grundsätzlich geregelten Beihilfenverbots und der Überprüfung der davon bestehenden Ausnahmen zu dienen bestimmt ist. Hieraus wird zunächst deutlich, dass die mit der AV bezweckte Vermeidung einer Überkompensation letztlich auch – die VO (EG) 1370/07 dient zugleich der Marktregulierung im ÖPV – im Europäischen Beihilfenrecht wurzelt.
42Vgl. Knauff in Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilfenrecht, Baden-Baden 2013, Kapitel 3, Rndn. 200, 250.
43Mit der beihilfenrechtlich beabsichtigten Vermeidung einer Überkompensation geht ein Verbot der Unterkompensation nicht einher. Dies hat die Europäische Kommission in Ziffer 145 ihres Leitfadens zur Anwendung der Vorschriften der Europäischen Union über staatliche Beihilfen, öffentliche Aufträge und den Binnenmarkt auf Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse und insbesondere auf Sozialdienstleistungen von allgemeinem Interesse
44SWD (2013) 53 final/2
45wie folgt formuliert:
46"Die Beihilfevorschriften verbieten lediglich eine Überkompensation, d. h. einen Ausgleich, der über das hinaus geht, was für die Erfüllung der übertragenen Aufgaben erforderlich ist. Es ist zulässig, den Erbringern einer SDAI/DAWI [Sozialdienstleistungen von allgemeinem Interesse/Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse] insbesondere einen geringeren oder gar keinen Ausgleich zu gewähren. Die Mitgliedstaaten befinden unter Beachtung des EU-Rechts selbst über Art und Höhe der Finanzierung von SDAI/DAWI."
47Die letztlich im europäischen Beihilfenrecht gründende Verhinderung einer Überkompensation, die nach den vorstehenden Ausführungen nicht mit einem Verbot der Unterkompensation verbunden ist, bedeutet demzufolge auch, dass die VO (EG) 1370/2007 einen Anspruch der Betreiber auf Vollkompensation nicht gewährt.
48Vgl. Linke, Der Begriff des "angemessenen Gewinns" bei Ausgleichsleistungen für DAWI im europäischen Beihilferecht am Beispiel des öffentlichen Personenverkehrs, in: EWS 2011, S. 456 (457); Schaaffkamp/Karl/Oertel, Wie wird die Überkompensationskontrolle in der Praxis durchgeführt?, Verkehr + Technik 01/2014, 21 ff.; Werner/Oertel/Bayer und andere, ÖPNVG NRW, Kommentar, Praxis der Kommunalverwaltung D2 NRW, 2012, § 11 a S. 79.
49Mit anderen Worten bildet die VO (EG) 1370/2007 einen rechtlichen Rahmen für die Gewährung von Ausgleichsleistungen nur dann, falls überhaupt Ausgleichsleistungen gewährt werden, vermittelt aber selbst keinen Anspruch auf die Gewährung derartiger Ausgleichsleistungen.
50Dafür sprechen ebenfalls der Wortlaut der Verordnung, die nach ihrem Art. 1 Abs. 1 festlegen soll, "wie die zuständigen Behörden unter Einhaltung des Gemeinschaftsrechts im Bereich des öffentlichen Personenverkehr tätig werdenkönnen, um die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse zu gewährleisten, die unter anderem zahlreicher, sicherer, höherwertig oder preisgünstiger sind als diejenigen, die das freie Spiel des Marktes ermöglicht hätte“, und in ihrem Art. 4 Abs. 1 b) bestimmt, dass eineübermäßige Ausgleichsleistung zu vermeiden ist - unauskömmliche Ausgleichsleistungen sind danach erlaubt -, sowie auch die Vorstellungen der Verordnungsgebers selbst, wonach die Einhaltung des im Anhang zur Verordnung vorgegebenen Berechnungsmodells der Garant dafür sei, dass eine übermäßige Ausgleichsleistung vermieden werde und die im Zusammenhang mit der Allgemeinen Vorschrift stehenden Einnahmen nicht die in diesem Zusammenhang tatsächlich angefallenen Kosten zuzüglich einer angemessenen Kapitalverzinsung übersteigen sollen.
51Vgl. Begründungserwägungen Nr. 27 und 28 zur VO (EG) 1370/2007.
52Die Auslegungsleitlinien der Kommission zu der VO (EG) 1370/2007
53ABl. EU 2014 Nr. C 92/1
54bestätigen das gefundene Ergebnis, auch wenn sie in ihrer eigenen Einleitung einschränkend deutlich machen:
55„Diese Mitteilung erhebt weder den Anspruch, alle Bestimmungen erschöpfend abzudecken, noch werden hierdurch neue Rechtsvorschriften geschaffen. Die Auslegung des EU-Rechts bleibt in jedem Fall Sache des Gerichtshofs der Europäischen Union.“
56Rechtliche Bindungswirkung kommt den Auslegungsleitlinien damit nicht zu. Die Kammer misst ihnen jedoch eine gewisse Bedeutung insoweit bei, als sie die Vorstellungen der Kommission widerspiegeln. Wenn die Auslegungsleitlinien also in Ziffer 2.4.2 bestimmen:
57"In Art. 6 Abs. 1 ist geregelt, dass die Ausgleichsleistung bei direkt vergebenen öffentlichen Dienstleistungsaufträgen oder bei allgemeinen Vorschriften den Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 sowie dem Anhang zu dieser Verordnung entsprechen muss,um eine übermäßige Ausgleichsleistung auszuschließen",
58sowie in Ziffer 2.4.3 festlegen:
59"Gemäß Art. 4 Absatz 1 Buchstabe ckönnen die im Rahmen eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags zu berücksichtigenden Kosten "eine angemessene Kapitalrendite" einschließen",
60so folgt daraus, dass die AV des Beklagten i. V. m. der VO (EG) 1370/2007 und ihrem Anhang nicht einen Anspruch auf einen bestimmten Mindestgewinn vermitteln, sondern der Festlegung einer Obergrenze für den Fall dienen, dass überhaupt Ausgleichsleistungen gewährt werden.
61Unter dem Blickwinkel des aus Art. 3 Abs. 1 GG abzuleitenden Gleichheitssatzes für die Leistungsverwaltung bedeutet dies zugleich, dass dem Beklagten bei der Ausgestaltung seiner AV im Rahmen des § 11 a Abs. 2 ÖPNVG NRW in Verbindung mit Art. 3 VO (EG) 1370/2007 ein weites Gestaltungsermessen zusteht, das allerdings dem Willkürverbot unterliegt, mit anderen Worten durch sachliche Gründe gesteuert sein muss.
62Vgl. hierzu etwa BVerwG, Urteil vom 11. Mai 2006 ‑ 5 C 10/05 ‑, juris, unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 29. Mai 1990 - 1 BvL 20, 26, 184 und 4/86 -, juris = BVerfGE 82, 60 (80).
63Dabei ist gerade im Rahmen der Leistungsverwaltung der Gesetzgeber berechtigt, von einem typischen Erscheinungsbild auszugehen und danach die zu gewährenden Leistungen generalisierend zu regeln. Im Bereich der Beurteilung häufig wiederkehrender Sachverhalte kann im Interesse der Praktikabilität auf die gesetzestechnischen Mittel der Typisierung, Generalisierung und Pauschalisierung kaum noch verzichtet werden, auch wenn dies zu Lasten des Ideals der Einzelfallgerechtigkeit gehen mag. Eine Norm, die ihrer Natur nach typisieren muss, kann nicht alle Einzelfälle berücksichtigen; es genügt, wenn sie eine für möglichst viele Tatbestände angemessene Regelung schafft; gewisse Härten für Einzelne müssen dann in Kauf genommen werden.
64Vgl. hierzu grundlegend BVerwG, Urteil vom 24. November 1977 - V C 69.76 -, juris, Rndn. 13.
65Gemessen an diesen Vorgaben hat sich der Beklagte bei der Ausgestaltung seiner AV nicht von unsachlichen Erwägungen leiten lassen. Er hat sich vielmehr an den gemeinsam vom Landkreistag NRW, vom Städtetag NRW, vom Städte- und Gemeindebund NRW und vom Ministerium für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr NRW erarbeiteten Hinweisen zur Erstellung der Allgemeinen Vorschrift nach § 11 a Abs. 2 Satz 6 ÖPNVG NRW orientiert, die ihrerseits von einem Spielraum bei der Ausgestaltung der Überkompensationskontrolle nicht nur bei der Bemessung der Höhe des angemessenen Gewinns i. S. d. Ziffer 6 des Anhangs zur VO (EG) 1370/2007
66„Unter angemessenem Gewinn ist eine in dem betreffenden Sektor in einem bestimmten Mitgliedsstaat übliche angemessene Kapitalrendite zu verstehen, wobei das aufgrund des Eingreifens der Behörde vom Betreiber eines öffentlichen Dienstes eingegangene Risiko oder für ihn entfallende Risiko zu berücksichtigen ist“,
67sondern auch bei der Festlegung des Bezugsmaßstabs ausgehen.
68Vgl. die vorgenannten Hinweise, S. 21.
69Als denkbaren Bezugsmaßstab nennen die Hinweise - ohne insoweit aber eine abschließende oder verbindliche Festlegung vorzugeben - neben einer angemessenen Eigenkapitalrendite und einer angemessenen Gesamtkapitalrendite auch eine angemessene Umsatzrendite. Dass sich der Beklagte für die Bezugsgröße der Umsatzrendite entschieden hat, ist nicht zu beanstanden; die Prozessbevollmächtigten des Beklagten haben in ihrem Schriftsatz vom 31. März 2014 die für diese Entscheidung maßgeblichen Gründe im Einzelnen nachvollziehbar dargelegt. Die dortigen Ausführungen stehen im Einklang mit der Kommentierung von Niemann in Saxinger/Winnes, Recht des öffentlichen Personenverkehrs, Kommentar zur Personenbeförderung auf Straße und Schiene, Köln 2012, VO 1370, Anhang - Kapitel 1, Rndn. 71 ff., der die Auffassung vertritt, die Bezugnahme entsprechend dem Wortlaut der Verordnung auf die Kapitalrendite scheine zu kurz zu greifen. Zum einen erweise sich die Bezugnahme auf die Kapitalrendite als beliebig und für die Berücksichtigung unterschiedlichster Fallgestaltungen in der Praxis als untauglich. Zum anderen könne hierunter das Eigenkapital, das Fremdkapital oder das Gesamtkapital verstanden werden. Die Wahl der Bezugsgröße könne je nach Unternehmensstruktur zu beträchtlichen Unterschieden führen, wenn sich der Betreiber z. B. günstig mit Fremdkapital versorgen könne. Die Bezugnahme auf den Umsatz des Unternehmens erscheine praktikabler und sachgerechter (a. a. O. Rndn. 74). In die gleiche Richtung zielen die Überlegungen von Schaaffkamp/Karl/Oertel, Wie wird die Überkompensationskontrolle in der Praxis durchgeführt?, Verkehr + Technik 2014, 21, 23, die es für angezeigt halten, auf die Umsatzrendite als abgeleitete Renditekennziffer zurückzugreifen. Nach Ansicht der Verfasser stelle die Umsatzrendite (als Quotient aus Gewinn vor Zinsen und Steuern und Gesamtumsatz der jeweiligen Leistung) eine für die Bewertung des Vorliegens einer Überkompensation hinreichend robuste Kennziffer dar. Sie könne pragmatisch erhoben und gerade auf "kleinteilige" Leistungen relativ unproblematisch angewendet werden.
70Die Auslegungsleitlinien der Kommission
71a.a.O., Ziffer 2.4.3, 5. Absatz,
72gehen davon aus, zur Ermittlung der Kapitalrendite eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags könne standardmäßig der interne Ertragssatz (IRR) herangezogen werden, den das Unternehmen während der Projektlaufzeit aus seinem investierten Kapital erziele, d. h. der IRR aus den Cashflows des Auftrags. Daneben könnten zur Ermittlung der Kapitalrendite jedoch auch Buchführungsmethoden wie die Eigenkapitalrendite (ROE), die Rendite des eingesetzten Kapitals (ROCE) oder andere allgemein anerkannte Wirtschaftsindikatoren herangezogen werden.
73Dass die hier in Rede stehende Umsatzrendite nicht zu den allgemein anerkannten Wirtschaftsindikatoren zählen sollte, ist nicht erkennbar.
74In Ansehung des dem Beklagten eingeräumten weiten Gestaltungsspielraumes besteht nach alledem für die Kammer kein Anlass dazu, die vom Beklagten in seiner AV gewählte Bezugsgröße zu beanstanden.
75Entsprechendes gilt bezüglich des vom Beklagten in seiner AV festzulegenden Gewinns. So folgern Schaaffkamp/Karl/Oertel, a. a. O., S. 24, aus der praktischen Erfahrung und aus Diskussionen mit Unternehmen in der Branche, dass bei ausgeschriebenen Bus-Bruttoverträgen derzeit wohl überwiegend Umsatzrenditen unterhalb von 2 bis 3 % erzielt würden. Zu ähnlichen Ergebnissen kämen Snaga/Vibrans, die 3,1 % als (ungewichtete) durchschnittliche Umsatzrendite angeben würden. Die Renditen im deutschen ÖPNV schienen insgesamt ein etwas höheres Niveau zu haben. Ihnen, den Autoren/Autorinnen jener Untersuchung, seien allerdings gerade im ländlichen Raum und bei Einsatz älterer Fahrzeuge Verkehre mit (deutlich) geringeren Renditen bekannt. Andere Unternehmen erzielten dagegen viel höhere Renditen. Auf der Grundlage der vorliegenden empirischen Daten und Erfahrungen wäre zu folgern, dass eine marktübliche und angemessene Umsatzrendite derzeit bei direkt vergebenen Bruttoverträgen nicht höher als 3 % liegen dürfte. Zu einer Einschätzung einer Umsatzrendite in Höhe von 3 bis 5 % als angemessen gelangen Werner/Oertel/Bayer u. a., ÖPNVG NRW, Kommentar 2012, § 11 a, S. 82. Damit ist die vom Beklagten vorgenommene Festlegung des angemessenen Gewinns keineswegs, wie die Klägerin aber meint, willkürlich erfolgt, sondern entspricht plausibel erscheinenden Erfahrungswerten. Dies ist nicht zu beanstanden. Dass der Beklagte davon abgesehen hat, seiner AV einen gegebenenfalls ebenso denkbaren höheren angemessenen Gewinn zugrunde zu legen, ist dem Umstand geschuldet, dass der Beklagte von den Steuerzahlern aufgebrachte öffentliche Mittel verwaltet, mit anderen Worten gehalten ist, bei der Ausgestaltung seiner AV nicht etwa auf eine Steigerung der von der Klägerin erwarteten Gewinne, sondern auf einen sparsamen Umgang mit den ihm, dem Beklagten, anvertrauten öffentlichen Geldern Bedacht zu nehmen.
76Hiervon ausgehend war der Beklagte nicht verpflichtet, sich vor der Regelung der in seiner AV vorgesehenen Ausgleichsmechanismen gutachterlicher Ermittlungen und Einschätzungen darüber zu bedienen, auf welche Weise - im Sinne der von der Klägerin ins Verfahren eingeführten, von der Muttergesellschaft der Klägerin in Auftrag gegebenen wirtschaftswissenschaftlichen Studie - eine empirische und zugleich belastbare Grundlage für die Festlegung des angemessenen Gewinns durch die Aufgabenträger gefunden werden und diese Grundlage mit wissenschaftlich anerkannten Methoden ausgewertet und bewertet werden könne. Auf die von der Klägerin vorgelegte Studie, nämlich den "Abschlussbericht" der Firma E.CA economics vom 18. Juni 2014 - "Feststellung der methodischen Anforderungen und empirische Herleitung einer angemessenen Rendite im Bussektor" – kommt es demzufolge nicht entscheidungserheblich an.
77Aus dem Vorstehenden ergibt sich zugleich, dass die vom Beklagten festgelegte Höhe des angemessenen Gewinns auch einer Überprüfung dahingehend standhält, ob dieser - wie es Ziffer 6 des Anhangs zur VO (EG) 1370/2007 vorschreibt - die in einem bestimmten Mitgliedsstaat übliche angemessene Rendite darstellt. Das ist bei der gebotenen pauschalierenden Betrachtung jedenfalls faktisch der Fall, so dass es auf sich beruhen kann, ob - wofür vieles spricht - der Beklagte vor dem Erlass seiner AV tatsächlich Erwägungen angestellt hat, die die Verhältnisse im gesamten Bundesgebiet widerspiegeln. Mit anderen Worten: Sollte der Beklagte keine Erwägungen zur üblichen angemessenen Kapitalrendite in der Bundesrepublik Deutschland angestellt haben, wäre dies - und nur hierauf kommt es an - für das gefundene vertretbare Ergebnis, die festgelegte Umsatzrendite sei in Deutschland üblich und angemessen, nicht kausal geworden.
78Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, die strikte Orientierung an einer linienscharfen Betrachtung, welche allein das Zuständigkeitsgebiet des Beklagten erfasse, sei unzulässig. Das Gegenteil ergibt sich bereits aus § 11 a Abs. 2 Satz 2 ÖPNVG NRW, wonach die Finanzmittel nach Satz 1 (des § 11 a Abs. 2 ÖPNVG NRW) an alle im jeweiligen Gebiet des Aufgabenträgers die Verkehre nach Satz 1 betreibenden Verkehrsunternehmen weiterzuleiten sind. Im Übrigen gehen die Befugnisse des Beklagten schon von Rechts wegen (vgl. §§ 1 Abs. 1 und 3, 2 Abs. 1 Satz 1 KrO NRW) nicht über einen auf sein Gebiet begrenzten Wirkungsbereich hinaus.
79Auch die von der Klägerin eingeforderte Notwendigkeit, bei der Bestimmung des angemessenen Gewinns einen Durchschnittswert aus der Betrachtung eines mehrjährigen Zeitraumes zu bilden, besteht nicht. Dies ergibt sich bereits aus § 11 a Abs. 2 Satz 4 ÖPNVG NRW, wonach Maßstab für die Verteilung des Anteils der Pauschale nach Satz 1 (von Abs. 2 des § 11 a ÖPNVG NRW) die Erträge im Ausbildungsverkehrdes jeweiligen Jahres der Verkehrsunternehmen im Gebiet der jeweiligen Aufgabenträger sind. Unabhängig davon sieht Ziffer 4 des Anhangs zur VO (EG) 1370/2007 die Berechnung der Kosten und Einnahmen anhand der geltenden Rechnungslegungs- und Steuervorschriften vor. Dazu zählt unter anderem § 25 Abs. 1 EStG, wonach die Einkommensteuer nach Ablauf des Kalenderjahres (Veranlagungszeitraum) nach dem Einkommen veranlagt wird, das der Steuerpflichtige in diesem Veranlagungszeitraum bezogen hat.
80Soweit sich die Klägerin schließlich darauf beruft, Wortlaut und Entstehungsgeschichte der Ziffer 6 des Anhangs zur VO (EG) 1370/2007 sprächen für die Notwendigkeit, neben einer sektorenbezogenen auch eine unternehmensindividuelle Betrachtung anzustellen mit der Folge, dass die Höhe des angemessenen Gewinns nicht pauschal mit Wirkung für alle Verkehrsunternehmen festgelegt werden könne,
81so auch Otting/Olgemöller, Ausgleich gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen durch allgemeine Vorschriften, GewArch 2012, 436 = juris,
82vermag die Kammer dieser Argumentation ebenfalls nicht zu folgen. Wenn Ziffer 6 des Anhangs gebietet, das "aufgrund des Eingreifens der Behörde vom Betreiber eines öffentlichen Dienstes eingegangene Risiko oder für ihn entfallende Risiko" zu berücksichtigen, ist die Verwendung des Singulars für die Eigenschaft des "Betreibers" lediglich die bei der Gestaltung von Normen übliche Nutzbarmachung eines Gattungsbegriffs, wie er auch in anderen Bestimmungen des Anhangs und in der Verordnung selbst (vgl. nur Art. 2 d) und j)) zum Ausdruck kommt. Der Wortlaut der Norm fordert daher die Berücksichtigung einer unternehmensindividuellen Komponente nicht. Worauf die Norm vielmehr abhebt, ist das "Eingreifen" der Behörde, welches zu einem vom Betreiber eines öffentlichen Dienstes eingegangenen Risiko oder für ihn entfallenden Risiko führt. Damit will die Norm zum Ausdruck bringen, dass es auf das durch das Tätigwerden der zuständigen Behörde entstehende oder entfallende Risiko und nicht auf sonstige vom Verkehrsunternehmen zu tragende Risiken ankommt.
83In diesem Sinne auch Niemann in: Saxinger/Winnes, a. a. O., VO 1370, Anhang - Kapitel 1, Rndn. 61.
84Die Entstehungsgeschichte der Ziffer 6 des Anhangs zur VO (EG) 1370/2007 führt zu keinem für die Klägerin günstigeren Ergebnis, denn die Begründung zum Anhang des Verordnungsentwurfs vom 20. Juli 2005
85KOM (2005) 319, S. 13
86lässt weder erkennen, dass eine bewusste Entscheidung gegen ein Regelungsmodell ohne Berücksichtigung unternehmensindividueller Risiken noch für ein solches mit einer derartigen Berücksichtigung getroffen werden sollte.
87Nach alledem erweist sich die vom Beklagten zur Anwendung gebrachte AV als rechtskonform mit der Folge, dass - ungeachtet der Frage, ob die Klägerin sich angesichts ihrer Organisationsstruktur und ihres Aufgabenbereichs überhaupt nach Maßgabe des Art. 19 Abs. 3 GG auf eine grundrechtstypische Gefährdungslage berufen kann und damit grundrechtsberechtigt ist,
88vgl. dazu im Einzelnen Remmert in Maunz/Dürig/Herzog, Grundgesetz, Kommentar, Band III, Lfg. 55, Art. 19 Abs. 3 Rndn. 37 ff. -
89auch die von der Klägerin befürchtete, angeblich zu einer Verletzung des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG führende rechtswidrige Wettbewerbsverfälschung nicht gegeben ist. Ein verfassungswidriger Eingriff in die Wettbewerbsfreiheit läge erst dann vor, wenn der Staat durch einseitige Förderung eines Konkurrenten die Wettbewerbslage verzerren und die wirtschaftliche Stellung des nichtbegünstigten bzw. nicht in gleicher Weise begünstigten Unternehmers in unerträglichem Maße und unzumutbar schädigen würde.
90Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 30. August 1968 - VII C 122.66 -, BVerwGE 30, 191 = juris; OVG NRW, Urteil vom 10. Dezember 1998 - 4 A 599/97 -, juris, Rndn. 41 ff.
91Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Im Gegenteil wird eine Verfälschung des Wettbewerbs durch Anwendung gleicher Maßstäbe auf alle Verkehrsunternehmen unterbunden.
92Bedenken gegen die Schlussabrechnung im Einzelnen sind von der Klägerin weder vorgetragen worden noch sind sie sonst ersichtlich.
93Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
(1) Soweit die gesetzliche Vergütung, eine nach § 42 festgestellte Pauschgebühr und die zu ersetzenden Aufwendungen (§ 670 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) zu den Kosten des gerichtlichen Verfahrens gehören, werden sie auf Antrag des Rechtsanwalts oder des Auftraggebers durch das Gericht des ersten Rechtszugs festgesetzt. Getilgte Beträge sind abzusetzen.
(2) Der Antrag ist erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist. Vor der Festsetzung sind die Beteiligten zu hören. Die Vorschriften der jeweiligen Verfahrensordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren mit Ausnahme des § 104 Absatz 2 Satz 3 der Zivilprozessordnung und die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen gelten entsprechend. Das Verfahren vor dem Gericht des ersten Rechtszugs ist gebührenfrei. In den Vergütungsfestsetzungsbeschluss sind die von dem Rechtsanwalt gezahlten Auslagen für die Zustellung des Beschlusses aufzunehmen. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt; dies gilt auch im Verfahren über Beschwerden.
(3) Im Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit, der Finanzgerichtsbarkeit und der Sozialgerichtsbarkeit wird die Vergütung vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle festgesetzt. Die für die jeweilige Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften über die Erinnerung im Kostenfestsetzungsverfahren gelten entsprechend.
(4) Wird der vom Rechtsanwalt angegebene Gegenstandswert von einem Beteiligten bestritten, ist das Verfahren auszusetzen, bis das Gericht hierüber entschieden hat (§§ 32, 33 und 38 Absatz 1).
(5) Die Festsetzung ist abzulehnen, soweit der Antragsgegner Einwendungen oder Einreden erhebt, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund haben. Hat der Auftraggeber bereits dem Rechtsanwalt gegenüber derartige Einwendungen oder Einreden erhoben, ist die Erhebung der Klage nicht von der vorherigen Einleitung des Festsetzungsverfahrens abhängig.
(6) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend.
(7) Durch den Antrag auf Festsetzung der Vergütung wird die Verjährung wie durch Klageerhebung gehemmt.
(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten bei Rahmengebühren nur, wenn die Mindestgebühren geltend gemacht werden oder der Auftraggeber der Höhe der Gebühren ausdrücklich zugestimmt hat. Die Festsetzung auf Antrag des Rechtsanwalts ist abzulehnen, wenn er die Zustimmungserklärung des Auftraggebers nicht mit dem Antrag vorlegt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit die gesetzliche Vergütung, eine nach § 42 festgestellte Pauschgebühr und die zu ersetzenden Aufwendungen (§ 670 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) zu den Kosten des gerichtlichen Verfahrens gehören, werden sie auf Antrag des Rechtsanwalts oder des Auftraggebers durch das Gericht des ersten Rechtszugs festgesetzt. Getilgte Beträge sind abzusetzen.
(2) Der Antrag ist erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist. Vor der Festsetzung sind die Beteiligten zu hören. Die Vorschriften der jeweiligen Verfahrensordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren mit Ausnahme des § 104 Absatz 2 Satz 3 der Zivilprozessordnung und die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen gelten entsprechend. Das Verfahren vor dem Gericht des ersten Rechtszugs ist gebührenfrei. In den Vergütungsfestsetzungsbeschluss sind die von dem Rechtsanwalt gezahlten Auslagen für die Zustellung des Beschlusses aufzunehmen. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt; dies gilt auch im Verfahren über Beschwerden.
(3) Im Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit, der Finanzgerichtsbarkeit und der Sozialgerichtsbarkeit wird die Vergütung vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle festgesetzt. Die für die jeweilige Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften über die Erinnerung im Kostenfestsetzungsverfahren gelten entsprechend.
(4) Wird der vom Rechtsanwalt angegebene Gegenstandswert von einem Beteiligten bestritten, ist das Verfahren auszusetzen, bis das Gericht hierüber entschieden hat (§§ 32, 33 und 38 Absatz 1).
(5) Die Festsetzung ist abzulehnen, soweit der Antragsgegner Einwendungen oder Einreden erhebt, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund haben. Hat der Auftraggeber bereits dem Rechtsanwalt gegenüber derartige Einwendungen oder Einreden erhoben, ist die Erhebung der Klage nicht von der vorherigen Einleitung des Festsetzungsverfahrens abhängig.
(6) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend.
(7) Durch den Antrag auf Festsetzung der Vergütung wird die Verjährung wie durch Klageerhebung gehemmt.
(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten bei Rahmengebühren nur, wenn die Mindestgebühren geltend gemacht werden oder der Auftraggeber der Höhe der Gebühren ausdrücklich zugestimmt hat. Die Festsetzung auf Antrag des Rechtsanwalts ist abzulehnen, wenn er die Zustimmungserklärung des Auftraggebers nicht mit dem Antrag vorlegt.