Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 13.07.2010 - 22 O 587/09 - wird

zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens sowie die Kosten des Revi-sionsverfahrens und des Verfahrens vor dem Gerichtshof der Europäischen Union.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Berufungsstreitwert:

bis 20.10.2014: 22.272,56 EUR

danach: 5.211,04 EUR

Gründe

 
I.
Die Berufung des Klägers richtet sich - nach der Zurückverweisung durch den Bundesgerichtshof - noch gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart soweit hierdurch seine Ansprüche auf bereicherungsrechtlicher Grundlage abgewiesen worden waren.
Mit Wirkung zum 01.12.1998 schloss der Kläger - der zum damaligen Zeitpunkt und bis Ende 2006 als Versicherungsvertreter gemäß §§ 84 ff. HGB für die Beklagte tätig war - bei der Beklagten eine Kapital-Rentenversicherung mit aufgeschobener Rentenzahlung ab. Es wurde eine jährliche Beitragszahlung in Höhe von damals 20.000,00 DM (entspricht 10.225,84 EUR) vereinbart. Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (Anlage K 3, Bl. 27 ff d. A.) und die Verbraucherinformation nach § 10 a VAG a. F. erhielt der Kläger erst mit dem Versicherungsschein und einem Begleitschreiben vom 17.11.1998 (vgl. Bl. 209 ff. d. A.: Reproduktion der bei der Beklagten digital gespeicherten Vertragsunterlagen).
Der Kläger hat für die Jahre 1998 bis 2002 jeweils die jährlichen Beiträge geleistet. Mit Mitteilung vom 05.12.2002, 9.45 Uhr (Anlage BLD 9, Bl. 253 d.A.), hat der Kläger bei der Beklagten die beitragsfreie Weiterführung des Vertrages beantragt und um Rücküberweisung des letzten Jahresbeitrages gebeten.
Im Jahre 2004 nahm der Kläger einen Änderungsvorschlag der Beklagten vom 14.09.2004 (Bl. 357 ff. d.A.) mit Erklärung vom 17.09.2004 (Bl. 361 d.A.) an und leistete für die Zeit vom 01.12.2002 bis 30.11.2003 einen weiteren Jahresbeitrag in Höhe von 10.225,84 EUR. Insgesamt zahlte der Kläger Prämien in Höhe von 51.129,20 EUR (vgl. Anlage K 1, Bl. 24 d.A.).
Am 01.06.2007 kündigte der Kläger den Vertrag zum 31.08.2007 und die Beklagte zahlte am 14.09.2007 einen Rückkaufswert in Höhe von 52.705,05 EUR (vgl. Anlage 1, Bl. 62 d.A. bzw. Anlage BLD 4, Bl. 327 f. d.A. ) aus, wobei unstreitig keine Stornokosten abgezogen wurden.
Mit Anwaltsschreiben vom 31.03.2008 erklärte der Kläger der Beklagten gegenüber den Widerspruch nach § 5 a Abs. 1 S. 1 VVG a.F. sowie den „Widerruf“ und forderte die Beklagte zur Rückerstattung der unbezifferten Beiträge und Zinsen auf (Anlage K 5, Bl. 41 ff. d.A.).
Erstinstanzlich hat der Kläger die Auffassung vertreten, dass kein wirksamer Vertrag zu Stande gekommen sei, weil § 5 a VVG a.F. gegen Europarecht verstoße. Zudem sei der Vertrag nach § 306 Abs. 3 BGB unwirksam, weil die wesentlichen Vertragsklauseln überraschend und mehrdeutig und darüber hinaus intransparent seien. Aufgrund der Europarechtswidrigkeit des § 5 a VVG sei das Widerspruchsrecht nicht erloschen. Dieses sei aufgrund der vorangegangenen Kündigung auch nicht ausgeschlossen. Die Kündigungserklärung sei in einen wirksamen Widerspruch umzudeuten. Erstinstanzlich hatte der Kläger auch einen Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsabschluss sowie hilfsweise eine Stufenklage auf Auskunft und noch zu beziffernde Zahlung geltend gemacht. Als Hauptanspruch hat der Kläger aufgrund seiner Zinsberechnung (Anlage K 2, Bl. 25 f d.A.) und unter Berücksichtigung der nach der Kündigung erhaltenen Zahlung einen restlichen Zahlungsanspruch in Höhe von 22.272,56 EUR gegenüber der Beklagten geltend gemacht.
Die Beklagte ist der Klage erstinstanzlich entgegengetreten mit dem Hinweis darauf, dass ein Widerspruch nach Kündigung des Vertrages nicht in Betracht komme. Darüber hinaus sei nach § 5 a Abs. 2 S. 4 VVG a.F. das Widerspruchsrecht erloschen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts Stuttgart vom 13.07.2010 (Bl. 95 ff. d.A.) Bezug genommen.
10 
Das Landgericht hat die Klage im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, dass der Vertrag spätestens 1 Jahr nach Zahlung der ersten Jahresprämie rückwirkend wirksam geworden und das Widerspruchsrecht erloschen sei. Wegen der rechtlichen Erwägungen und der Begründung des Landgerichts im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils Bezug genommen.
11 
Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers, mit der er den Hilfsantrag nicht mehr weiter verfolgt hatte, hat der Senat mit Urteil vom 31.03.2011 (Bl. 220 ff. d.A.) zurückgewiesen und die Auffassung des Landgerichts geteilt. Im Urteil hat der Senat die Revision beschränkt auf die Rechtsfrage, ob die Vorschriften des § 5 a VVG in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung den Regelungen der Europäischen Union entsprechen, zugelassen.
12 
Auf die gegen das Urteil des Senats eingelegte unbeschränkte Revision hat der Bundesgerichtshof zunächst mit Beschluss vom 28. März 2012 (Bl. 85 ff. d.A des BGH - VersR 2012, 608) das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
13 
„Ist Art. 15 Abs. 1 S. 1 der Zweiten Richtlinie 90/619/EWG des Rates vom 08. November 1990 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (Lebensversicherung) und zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs sowie zur Änderung der Richtlinie 79/267/EWG (Zweite Richtlinie Lebensversicherung) unter Berücksichtigung des Art. 31 Abs. 1 der Richtlinie 92/96/EWG vom 10. November 1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (Lebensversicherung) sowie zur Änderung der Richtlinie 79/267/EWG und 90/619/EWG (Dritte Richtlinie Lebensversicherung) dahin auszulegen, dass er einer Regelung - wie § 5 a Abs. 2 S. 4 VVG in der Fassung des Dritten Gesetzes zur Durchführung versicherungsrechtlicher Richtlinien des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 21. Juli 1994 (Drittes Durchführungsgesetz/EWG zum VAG) - entgegensteht, nach der ein Rücktritts- oder Widerspruchsrecht spätestens ein Jahr nach Zahlung der ersten Versicherungsprämie erlischt, selbst wenn der Versicherungsnehmer nicht über das Recht zum Rücktritt oder Widerspruch belehrt worden ist?“ (vgl. Bl. 85 ff. der Akten des Bundesgerichtshofs zu IV ZR 76/11).
14 
Hierauf hat die 1. Kammer des Gerichtshofs der Europäischen Union mit Urteil vom 19. Dezember 2013 (C-209/12, VersR 2014, 225 ff.) die Vorlagefrage bejaht und entschieden, dass die genannten Artikel dahingehend auszulegen seien, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, nach der ein Rücktrittsrecht spätestens 1 Jahr nach Zahlung der ersten Versicherungsprämie erlischt, wenn der Versicherungsnehmer nicht über das Recht zum Rücktritt belehrt worden ist (vgl. Bl. 157 ff. d. A. des BGH).
15 
Mit Urteil vom 07.05.2014 (Bl. 248 ff. d.A.) hat der Bundesgerichtshof die Revision des Klägers gegen das Urteil des Senats vom 31.03.2011 als unzulässig verworfen, soweit sie sich gegen die Verneinung eines Schadensersatzanspruchs richtete. Insoweit sind das Berufungsurteil vom 31.03.2011 und das Urteil des Landgerichts vom 13.07.2010 jeweils rechtskräftig.
16 
Im Übrigen sowie im Kostenpunkt wurde das Senatsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens und des Verfahrens vor dem Gerichtshof der Europäischen Union, an den Senat zurückverwiesen.
17 
Zur Begründung wird auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 07.05.2014 (Bl. 248 ff. d.A.) vollumfänglich Bezug genommen.
18 
Der Kläger hat nach der Zurückverweisung weiter vorgetragen, dass sein Anspruch weder verjährt noch verwirkt sei. Im Übrigen vertieft er seinen bereits zuvor gehaltenen Vortrag.
19 
Der Kläger beantragt:
20 
Unter Abänderung des am 13.07.2010 verkündeten Urteils des Landgericht Stuttgart Az. 22 O 587/09,
21 
I. Die Beklagte wird zur Zahlung an den Kläger von EUR 5.211,04 verurteilt zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 15.09.2007.
22 
II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von EUR 1.574,85 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
23 
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
24 
Sie verweist zunächst auf die mittlerweile im Dezember 2011 vertragsgemäß erfolgte weitere Zahlung an den Kläger in Höhe von 17.061,52 EUR, die bereits in der Abrechnung nach der erklärten Kündigung angekündigt worden war (Anlage B 1, Bl. 62 d.A.).
25 
Die Beklagte vertieft ebenfalls zunächst ihr bisheriges Vorbringen und weist insbesondere darauf hin, dass dem Kläger die Tatsache eines 14-tägigen Widerspruchsrechts bekannt gewesen sei, da er für die Beklagte bis 2006 jahrelang als Versicherungsvertreter gemäß §§ 84 ff. HGB tätig gewesen sei und in dieser Zeit zahlreiche Lebens- und Rentenversicherungsverträge - darunter auch die vorliegend streitgegenständliche Rentenversicherung - vermittelt habe.
26 
Der Kläger verhalte sich in besonderer Weise treuwidrig, wenn er mit seinem Wissen als Versicherungsvertreter jahrelang auf einen Vertrag Beiträge zahle, diesen dann beitragsfrei stellen und später wieder aktivieren lasse, um sich dann neun Monate nach der von ihm erklärten Kündigung des Vertrages darauf zu berufen, dieser sei von Anfang an unwirksam.
27 
Wegen der weiteren Einzelheiten des im Berufungsverfahren erfolgten Parteivorbringens wird auf die eingereichten Anwaltsschriftsätze ergänzend Bezug genommen.
II.
28 
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
29 
Das Landgericht hat die Klage auf Rückzahlung weiterer Beträge aus dem streitgegenständlichen Rentenversicherungsvertrag zwischen den Parteien und auf Zahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
30 
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Herausgabe der geleisteten Beiträge sowie auf Nutzungsersatz gemäß §§ 812, 818 BGB in Höhe von weiteren 5.211,04 EUR, weil er sich auf eine Unwirksamkeit des Vertrages nicht berufen kann (A.) bzw. weil eventuelle bereicherungsrechtliche Ansprüche durch die unstreitigen Zahlungen der Beklagten erfüllt sind, § 362 BGB (B.).
A.
1.
31 
Der Kläger kann von der Beklagten keine (weiteren) Zahlungen beanspruchen, weil es ihm vorliegend unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben wegen rechtsmissbräuchlichen widersprüchlichen Verhaltens verwehrt ist, sich in Kenntnis eines für ihn bestehenden Widerspruchsrechts nach jahrelanger Durchführung der von der Beklagten mit dem Versicherungsschein vom 17.11.1998 gewährten Versicherung auf die Unwirksamkeit des Vertrages zu berufen und hieraus Bereicherungsansprüche herzuleiten.
1.1
32 
Vorliegend kann dahinstehen, ob zwischen den Parteien ein (voll) wirksamer Versicherungsvertrag über die streitgegenständliche Rentenversicherung nach dem sog. Policenmodell gemäß § 5 a VVG a.F. zu Stande gekommen ist.
33 
Der Kläger hatte sich die Rentenversicherung 1998 als damaliger Hauptvertreter der Beklagten selbst vermittelt und hierfür auch eine Abschlussprovision von der Beklagten erhalten. Der Kläger war bis zur Kündigung des Vertretervertrages durch die Beklagte Ende 2006 ständig mit der Vermittlung auch von Lebens- und Rentenversicherungen für die Beklagte betraut. Aufgrund dessen war dem Kläger, wie er bei seiner Anhörung vor dem Senat auch angab, die Tatsache eines 14-tägigen Widerspruchsrechts als eine Möglichkeit, sich von einem Versicherungsvertrag zu lösen, bekannt. Nach seinen Angaben seien ihm jedoch die juristischen Zusammenhänge im Einzelnen nicht klar gewesen. Als Hauptvertreter der Beklagten wusste der Kläger allerdings, dass einem Versicherungsnehmer ein befristetes Widerspruchsrecht zustand. Dieses Wissen ergibt sich bereits aus der Tatsache der Tätigkeit des Klägers als Versicherungsvermittler. Dieser ist insoweit gehalten, seine Kunden entsprechend zu beraten und zu unterrichten und diese - jedenfalls auf entsprechende Nachfragen - auch korrekt zu informieren. Die hierbei relevanten Voraussetzungen nicht zu kennen, machte der Kläger nicht geltend.
34 
Der Kläger ist damit ebenso zu behandeln wie ein über sein Widerspruchsrecht ordnungsgemäß belehrter Versicherungsnehmer.
35 
Auf die zwischen den Parteien streitige Frage, ob im vorliegenden Fall bei Übersendung des Versicherungsscheins an den Kläger eine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung erfolgte oder nicht, kommt es daher vorliegend nicht an.
1.2
36 
Für die Entscheidung des Rechtsstreits kommt es auch nicht auf die Frage an, ob ein Vertragsschluss nach dem sog. Policenmodell gegen europarechtliche Richtlinien verstößt oder nicht.
37 
Dem Kläger, welcher vorliegend einem ordnungsgemäß belehrten Versicherungsnehmer gleichzustellen ist, ist es nach Treu und Glauben wegen widersprüchlicher Rechtsausübung verwehrt, sich nach jahrelanger Durchführung des Vertrages auf dessen angebliche Unwirksamkeit zu berufen.
1.2.1
38 
Die Generalklausel des § 242 BGB verbietet widersprüchliches Verhalten, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand entstanden ist oder wenn besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen (BGH, Urteil vom 16. Juli 2014 - IV ZR 88/13 Rn. 25 m.w.N.; Urteil vom 07. Mai 2014 - IV ZR 76/11 [Bl. 248 ff. d.A.], Rn. 40). Eine Rechtsausübung kann wegen widersprüchlichen Verhaltens unzulässig sein, wenn das frühere Verhalten mit dem späteren sachlich unvereinbar ist und die Interessen der Gegenpartei im Hinblick hierauf vorrangig schutzwürdig erscheinen.
1.2.2
39 
So liegt der Fall hier. Das Verhalten des Klägers ist objektiv widersprüchlich.
40 
Die ihm aufgrund seiner Tätigkeit als Versicherungsvertreter bekannte Widerspruchsfrist ließ er bei Vertragsschluss 1998 und auch im Zuge der Vertragsänderungen in den Jahren 2002 und 2004 ungenutzt verstreichen. Stattdessen zahlte er jeweils die vereinbarten Prämien, um den Vertrag dann weitere 3 Jahre später zu kündigen. Nach der Kündigung ließ er weitere 9 Monate vergehen, bis er sich entschied, dem Vertragsschluss zu widersprechen und sich darauf zu berufen, ein Vertrag sei nicht wirksam zu Stande gekommen.
41 
Mit seinem im eigenen Interesse begründeten und über lange Zeit fortgeführten Verhalten setzt sich der Kläger in Widerspruch, wenn er nun geltend macht, ein Vertrag habe nie bestanden (vgl. BGH NJW-RR 1990, 417 f.; NJW-RR 1987, 335 f.).
1.2.3
42 
Dem Kläger war aufgrund seiner Tätigkeit für die Beklagte bekannt, dass er den Vertrag nicht hätte zu Stande kommen lassen müssen und ihm die Beklagte ein Recht zur Lösung zugestand. Vor diesem Hintergrund können seine Prämienzahlungen nur als Ausdruck seines Willens, den Vertrag durchzuführen, verstanden werden. Da die Beklagte die Prämien entgegennahm und erkennbar von einem bestehenden Versicherungsvertrag ausging, konnte der Kläger bis zur Kündigung erwarten, Versicherungsschutz zu genießen, den er zweifelsfrei bei Eintritt eines Versicherungsfalles auch in Anspruch genommen hätte. Hierbei kommt es nicht darauf an, dass der Kläger nicht sicher wissen konnte, ob das Policenmodell gemeinschaftsrechtswidrig war und ihm - wenn es so wäre - der Anspruch auf Rückzahlung der Prämien zustünde. Ein Rechtsverlust durch widersprüchliches Verhalten kann wegen der an Treu und Glauben ausgerichteten objektiven Beurteilung selbst dann eintreten, wenn der Berechtigte keine Kenntnis von seiner Berechtigung hat (BGH VersR 2014, 1065 Rn. 36 m.w.N.).
1.2.4
43 
Ebenso wenig sind für den aus widersprüchlichem Verhalten hergeleiteten Einwand des Rechtsmissbrauchs unredliche Absichten oder ein Verschulden des Klägers erforderlich. Durch das Verhalten des Rechtsinhabers muss nur ein ihm erkennbares, schutzwürdiges Vertrauen der Gegenseite auf eine bestimmte Sach- oder Rechtslage hervorgerufen worden sein (BGH a.a.O. Rn. 37 m.w.N.).
44 
Die jahrelangen Prämienzahlungen des Klägers haben bei der Beklagten ein solches - dem Kläger durch die erfolgte Zahlung einer Abschlussprovision auch erkennbares - schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand des Vertrages begründet. Dieses Vertrauen wurde durch den Freistellungsantrag des Klägers im Jahre 2002 und die Fortführung des Vertrages durch weitere Beitragszahlungen im Jahre 2004 noch verstärkt. Das Verhalten des Klägers sprach aus Sicht der Beklagten dafür, dass er selbst den Vertrag durchführen, ihn als wirksam behandeln und erfüllen wolle und begründete das schutzwürdige Vertrauen der Beklagten, der Kläger halte am Bestehen des Vertrages - auch für die Vergangenheit - fest.
45 
Hierbei ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass die Beklagte dem Kläger im Vertrauen auf die Wirksamkeit des geschlossenen Vertrages die für die Vermittlung angefallene Abschlussprovision bezahlt hat.
1.2.5
46 
Auch wenn die Beklagte vorliegend durch die Wahl des Policenmodells die Ursache für die vom Kläger behauptete Unwirksamkeit des Vertrages gesetzt hatte, ist ihr Vertrauen vorliegend gleichwohl gegenüber dem Verhalten des Klägers schutzwürdig, da dieser unabhängig von den Umständen des vorliegenden Vertragsschlusses gerade durch seine Tätigkeit für die Beklagte über sein Widerspruchsrecht ausreichend informiert war. Die Frage, ob bei der Überlassung des Versicherungsscheins auch eine zusätzliche Belehrung in gesetzesgemäßer Fassung gegenüber dem eigenen Versicherungsvertreter erfolgt ist, bleibt in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung.
1.2.6
47 
Der - von Amts wegen zu berücksichtigende - im Berufungsverfahren von der Beklagten auch geltend gemachte Einwand von Treu und Glauben greift auch im Falle einer - zu Gunsten des Klägers unterstellten - Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des Policenmodells durch (BGH a.a.O. Rn. 41 m.w.N.).
48 
Dem Kläger ist es deshalb vorliegend verwehrt, bereicherungsrechtliche Ansprüche aufgrund der - unterstellten - Unwirksamkeit des streitgegenständlichen Versicherungsvertrages geltend zu machen.
2.
49 
Mangels Hauptanspruchs besteht auch kein Anspruch auf die geltend gemachten Nebenforderungen in Form von Zinsen und vorgerichtlichen Anwaltskosten.
B.
1.
50 
Der Kläger hätte allerdings auch bei Annahme eines wirksamen Widerspruchs und einer dann durchzuführenden bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung keinen Anspruch auf Herausgabe der von ihm geleisteten Zahlungen sowie auf Nutzungsersatz gegen die Beklagte, weil entsprechende Ansprüche des Klägers durch die unstreitigen Zahlungen der Beklagten bereits erfüllt wären, § 362 BGB.
1.1
51 
Unterstellt, der Kläger sei nicht ordnungsgemäß über das ihm bei dem hier beabsichtigten Vertragsschluss nach dem sog. Policenmodell zustehende Widerspruchsrecht gemäß § 5 a VVG a.F. belehrt worden, und dieser hätte daher ungeachtet sich vorliegend aus dem Grundsatz von Treu und Glauben aufdrängender Bedenken gegen eine entsprechende Rechtsausübung (vgl. oben A.) dem von ihm bereits im Jahre 2007 gekündigten Versicherungsvertrag noch durch das Anwaltsschreiben vom 31.03.2008 wirksam widersprechen können, ergäbe sich bei der hiernach durchzuführenden bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung, dass dem Kläger insoweit keine Ansprüche mehr zustehen.
1.2
52 
Wird von einem bis zum erklärten Widerspruch zunächst schwebend unwirksamen und später endgültig unwirksamen Vertrag zwischen den Parteien ausgegangen, so hat nach dem in dieser Sache ergangenen Revisionsurteil des Bundesgerichtshofs vom 07.05.2014 (Bl. 248 ff. d.A.) die Rückabwicklung nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen zu erfolgen.
1.2.1
53 
Die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung gegenseitiger Verträge hat nach den Grundsätzen der sog. Saldotheorie zu erfolgen.
54 
Danach ist der Bereicherungsanspruch bei beiderseits ausgeführten gegenseitigen nichtigen Verträgen ein von vornherein in sich beschränkter einheitlicher Anspruch auf Ausgleich aller mit der Vermögensverschiebung zurechenbar zusammenhängender Vorgänge in Höhe des sich dabei ergebenden Saldos. Es ist deshalb durch Vergleich der durch den Bereicherungsvorgang hervorgerufenen Vor- und Nachteile zu ermitteln, für welchen Beteiligten sich ein Überschuss ergibt. Leistung und Gegenleistung sind dabei in Fortgeltung des bei Vertragsschluss gewollten Austauschverhältnisses für die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung entsprechend § 818 Abs. 3 BGB grundsätzlich zu saldieren. Dies bedeutet bei ungleichartigen Leistungen, dass der Bereicherungsschuldner die erlangte Leistung nur Zug um Zug gegen seine volle Gegenleistung herauszugeben braucht, ohne dass es der Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts bedarf (so BGH, Urteil vom 20. März 2001 - XI ZR 213/00, NJW 2001, 1863).
1.2.2
55 
Der Kläger kann daher gemäß § 818 Abs. 2 BGB grundsätzlich zunächst den Ersatz des Wertes der von ihm im Zeitraum von Ende 1998 bis Ende 2004 geleisteten Prämien in Höhe von 51.129,20 EUR (vgl. Anlage K 1, Bl. 24 d.A.) verlangen.
1.2.3
56 
Der Kläger muss sich im Rahmen der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung allerdings den Versicherungsschutz anrechnen lassen, den er jedenfalls bis zur Beendigung des Vertrages aufgrund der Kündigung vom 01.06.2007 genossen hat. Es ist davon auszugehen, dass er diesen im Versicherungsfall in Anspruch genommen und sich - selbst bei zwischenzeitlich erlangter Kenntnis von seinem Widerspruchsrecht - gegen eine Rückabwicklung entschieden hätte. Mit Blick darauf führte eine Verpflichtung des Versicherers zur Rückgewähr sämtlicher Prämien zu einem Ungleichgewicht innerhalb der Gemeinschaft der Versicherten. Erlangter Versicherungsschutz ist ein Vermögensvorteil, dessen Wert nach den §§ 812 Abs. 1 S. 1, 818 Abs. 2 BGB zu ersetzen sein kann (vgl. Revisionsurteil des BGH - IV ZR 76/11 - Rn. 45 m.w.N.).
1.2.3.1
57 
Bei der hier streitgegenständlichen Rentenversicherung mit Aufschubzeit und Kündigung während der Aufschubzeit ist der Wert des Versicherungsschutzes allerdings eher marginal. Der Kläger hatte während der Aufschubzeit Versicherungsschutz nur insoweit, als die Beitragsrückzahlung im Todesfall vor Rentenbeginn versichert war. Die dafür anzusetzenden Risikokosten schätzt das Gericht vorliegend gemäß § 287 Abs. 2 ZPO mit dem von der Beklagten angegebenen jährlichen Betrag von 8,25 EUR; dies auch vor dem Hintergrund, dass der Kläger selbst mit Schriftsatz vom 13.10.2014 vorgetragen hat, im hier vorliegenden Fall lägen die Risikoversicherungskosten bei monatlich 1,00 EUR, was einem Jahresbetrag von 12,00 EUR entspräche. Vorliegend ist von einem Versicherungsschutz, welcher im Versicherungsfall auch in Anspruch genommen worden wäre, für die Dauer bis zur Kündigung, also für einen Zeitraum von 8 Jahren und 6 Monaten (Dezember 1998 bis 01.06.2007), auszugehen, weshalb das Gericht die entsprechenden Kosten auf 66 EUR schätzt.
1.2.3.2
58 
Auf diese Risikoabsicherung entfallende Verwaltungskosten fallen demgegenüber nicht maßgeblich ins Gewicht und sind daher mit Blick auf die vorgenommene Schätzung zu vernachlässigen.
1.2.4
59 
Darüber hinaus sind auch die angesichts des Zeitablaufs nicht mehr zurückzufordernden Kosten der Vermittlung in Abzug zu bringen. Hierbei handelt es sich nicht um bloße Verwaltungskosten (so aber OLG Köln, Urteil vom 15. August 2014 - 20 U 39/14), sondern um Kosten des Erwerbs und der Vertragsausführung, die grundsätzlich zu den Aufwendungen auf die erlangte Sache zählen, welche die Bereicherung mindern (dazu allgemein BGH, Urteil vom 15. Oktober 1992 - IX ZR 43/92, NJW 1993, 648).
60 
Die Beklagte hat die Abschlusskosten mit insgesamt 1.957,58 EUR angegeben, wobei hierin ein Betrag in Höhe von 1.310,03 EUR enthalten ist, welcher dem Kläger selbst als Vermittlungsprovision für den streitgegenständlichen Versicherungsvertrag zugeflossen ist.
61 
Soweit der Kläger Grund und Höhe der angegebenen Abschlusskosten (Vertreterprovision sowie Kosten für Risikoprüfung und Policierung) ohne weitere Begründung bestritten hat, legt das Gericht den von der Beklagten angegebenen Betrag im Wege der Schätzung gemäß § 287 Abs. 2 ZPO für den vorzunehmenden Abzug zu Grunde. Insoweit geht der Senat mit Blick auf aus anderen Verfahren gewonnenen Erfahrungswerten und die in § 4 Abs. 1 der Deckungsrückstellungsverordnung bestimmte Obergrenze der im Wege der Zillmerung zu ermittelnden Abschlusskosten davon aus, dass ein Ansatz von bis zu 4 % der Beitragssumme des ursprünglich abgeschlossenen Versicherungsvertrages nicht zu beanstanden wäre.
62 
Diese Grenze übersteigen die von der Beklagten geltend gemachten Kosten nicht.
1.2.5
63 
Nicht abzuziehen sind - entgegen der Auffassung der Beklagten - Verwaltungskosten für den gesamten Vertrag über die hier streitgegenständliche Versicherung, nachdem hier unterstellt wird, dass der Kläger dem Zustandekommen wirksam widersprochen hat.
64 
Insoweit trägt die Beklagte hier das Entreicherungsrisiko.
1.2.6
65 
Weiter im Saldo zu berücksichtigen ist die für den Kläger abgeführte Kapitalertragsteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag. Um diesen Betrag ist die Beklagte nicht mehr bereichert. Sie hat insoweit eine Steuerschuld des Beklagten ausgeglichen.
1.2.7
66 
Demnach ergibt sich folgende Abrechnung bezüglich der von der Beklagten erbrachten Leistungen bzw. der in die Saldierung einzustellenden Abzüge:
67 
Ausgezahlter Rückkaufswert
52.705,05 EUR
geleistete Kapitalertragssteuer   
4.322,45 EUR
weitere Kapitalzahlung
17.061,52 EUR
Risikokosten
66,00 EUR
Abschlusskosten
    1.957,58 EUR
        
76.112,60 EUR
68 
Der Kläger hat hingegen weniger, insgesamt 75.061,55 EUR, geltend gemacht:
69 
Rückzahlung der geleisteten Prämien   
51.129,20 EUR
Herausgabe gezogener Nutzungen
  23.932,35 EUR
        
75.061,55 EUR
70 
Dies zeigt, dass sich selbst aus dem Vortrag des Klägers kein weiterer Anspruch auf bereicherungsrechtlicher Grundlage ergibt. Hierbei ist noch nicht einmal berücksichtigt, dass die gezogenen Nutzungen wohl nicht in Höhe einer Verzinsung auf der Grundlage des gesetzlichen Verzugszinssatzes geltend gemacht werden können.
71 
Die Berufung des Klägers hätte daher auch bei Annahme eines wirksam ausgeübten Widerspruchsrechts in der Sache keine Aussicht auf Erfolg.
III.
1.
72 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 516 Abs. 3 S. 1 ZPO.
2.
73 
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO.
3.
74 
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 543 ZPO liegen nicht vor. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern die Entscheidung des Revisionsgerichts.
75 
An der kurzzeitig vertretenen Rechtsauffassung, die Revision zur Überprüfung europarechtlicher Fragestellungen zum sog. Policenmodell zuzulassen (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 31.10.2013 - 7 U 129/13), hält der Senat nicht fest, weil diese Rechtsfrage durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 16.07.2014 (VersR 2014, 1065) entschieden wurde.
IV.
76 
Der nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangene, nicht nachgelassene Schriftsatz des Klägervertreters vom 04.11.2014 gibt keinen Anlass zur Wiedereröffnung der Verhandlung.

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 812 Herausgabeanspruch


(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mi

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 818 Umfang des Bereicherungsanspruchs


(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 362 Erlöschen durch Leistung


(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird. (2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 306 Rechtsfolgen bei Nichteinbeziehung und Unwirksamkeit


(1) Sind Allgemeine Geschäftsbedingungen ganz oder teilweise nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam, so bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam. (2) Soweit die Bestimmungen nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam sind, richtet

Deckungsrückstellungsverordnung - DeckRV 2016 | § 4 Höchstzillmersätze und versicherungsmathematische Berechnungsmethode


(1) Im Wege der Zillmerung werden die Forderungen auf Ersatz der geleisteten, einmaligen Abschlusskosten einzelvertraglich bis zur Höhe des Zillmersatzes ab Versicherungsbeginn aus den höchstmöglichen Prämienteilen gedeckt, die nach den verwendeten B

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Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 06. Nov. 2014 - 7 U 147/10 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).

Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 06. Nov. 2014 - 7 U 147/10 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Oberlandesgericht Köln Urteil, 15. Aug. 2014 - 20 U 39/14

bei uns veröffentlicht am 15.08.2014

Tenor Auf die Berufung der Klägerin wird das am 10. Februar 2014 verkündete Urteil der 26. Zivilkammer des Landgerichts Köln ‑ 26 O 153/13 - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst: Die Bek

Bundesgerichtshof Urteil, 16. Juli 2014 - IV ZR 88/13

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR88/13 Verkündet am: 16. Juli 2014 Schick Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja BGB § 242 Ba; ARB § 15 Abs. 2 1.

Bundesgerichtshof Urteil, 07. Mai 2014 - IV ZR 76/11

bei uns veröffentlicht am 07.05.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR76/11 Verkündet am: 7. Mai 2014 Heinekamp Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja VVG § 5a F.: 21. Juli 1994; Zweite

Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 31. Okt. 2013 - 7 U 129/13

bei uns veröffentlicht am 31.10.2013

Tenor 1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 6.5.2013 (16 O 417/12) wird zurückgewiesen. 2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. 3. Das vorliegende sowie das angefochten
3 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 06. Nov. 2014 - 7 U 147/10.

Oberlandesgericht München Endurteil, 31. Aug. 2018 - 25 U 607/18

bei uns veröffentlicht am 31.08.2018

Tenor 1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 18.01.2018, Az. 26 O 10992/17, wird zurückgewiesen. 2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. 3. Das Urteil ist vorlä

Oberlandesgericht München Hinweisbeschluss, 15. Jan. 2018 - 25 U 3770/17

bei uns veröffentlicht am 15.01.2018

Tenor 1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Landshut vom 19.10.2017, Az. 73 O 2650/16, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich

Landgericht Köln Urteil, 21. Jan. 2015 - 26 O 177/14

bei uns veröffentlicht am 21.01.2015

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden,

Referenzen

(1) Sind Allgemeine Geschäftsbedingungen ganz oder teilweise nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam, so bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam.

(2) Soweit die Bestimmungen nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam sind, richtet sich der Inhalt des Vertrags nach den gesetzlichen Vorschriften.

(3) Der Vertrag ist unwirksam, wenn das Festhalten an ihm auch unter Berücksichtigung der nach Absatz 2 vorgesehenen Änderung eine unzumutbare Härte für eine Vertragspartei darstellen würde.

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II. Der Höhe nach umfasst der Rückgewähranspruch des Klägers nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB nicht uneingeschränkt alle Prämien, die er an die Beklagte gezahlt hat, ohne hierzu durch einen wirksamen Versicherungsvertrag verpflichtet zu sein. Im Rahmen einer gemeinschaftsrechtlich geforderten rechtsfortbildenden Auslegung einer nationalen Norm darf bei der Regelung der Rechtsfolgen des Widerspruchs nach nationalem Recht ein vernünftiger Ausgleich und eine gerechte Risikoverteilung zwischen den Beteiligten hergestellt werden (vgl. EuGH, NJW 2010, 1511 Rn. 48; BGH, Beschluss vom 12. Juli 2010 - II ZR 250/09, juris unter 1). Eine einschränkungslose Ausgestaltung des W iderspruchsrechts auch auf der Rechtsfolgenseite wäre nicht sachgerecht. Der Versicherungsnehmer hat während der Prämienzahlung Versicherungsschutz genossen. Es ist davon auszugehen, dass er diesen im Versicherungsfall in Anspruch genommen und sich - selbst bei zwischenzeitlich erlangter Kenntnis von seinem Widerspruchsrecht - gegen eine Rückabwicklung entschieden hätte. Mit Blick darauf führte eine Verpflichtung des Versicherers zur Rückgewähr sämtlicher Prämien zu einem Ungleichgewicht innerhalb der Gemeinschaft der Versicherten (so auch OLG München, VersR 2013, 1025 Rn. 28). Daher muss sich der Kläger im Rahmen der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung den Versicherungsschutz anrechnen lassen, den er jedenfalls bis zur Kündigung des Vertrages genossen hat. Erlangter Versicherungsschutz ist ein Vermögensvorteil , dessen Wert nach den §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 818 Abs. 2 BGB zu ersetzen sein kann (BGH, Urteile vom 30. Juni 1983 - III ZR 114/82, NJW 1983, 2692 unter III 3; vom 2. Dezember 1982 - III ZR 90/81, NJW 1983, 1420 unter IV 1 b). Der Wert des Versicherungsschutzes kann unter Berücksichtigung der Prämienkalkulation bemessen wer- den; bei Lebensversicherungen kann etwa dem Risikoanteil Bedeutung zukommen.

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.

(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.

(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.

(2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

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c) Die Generalklausel des § 242 BGB verbietet widersprüchliches Verhalten, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand entstan- den ist oder wenn besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen (BGH, Urteile vom 15. November 2012 - IX ZR 103/11, NJW-RR 2013, 757 Rn. 12; vom 25. Oktober 2012 - I ZR 162/11, NJW-RR 2013, 1057 Rn. 46; vom 16. März 2005 - VIII ZR 14/04, MDR 2005, 858; vom 14. September 2004 - XI ZR 248/03, NJW-RR 2005, 415 unter IV; Erman/Hohloch, BGB 13. Aufl. § 242 Rn. 106; Palandt/Grüneberg , BGB 73. Aufl. § 242 Rn. 55; Pfeiffer, jurisPK-BGB 6. Aufl. § 242 Rn. 56 ff. jeweils m.w.N.). So ist es hier. Die Beklagte hat sich - wie vorstehend ausgeführt - durch ihre Deckungszusage hinsichtlich der Leistungspflicht auf den Kläger festgelegt. Sie ist deshalb gemäß § 242 BGB daran gehindert, sich ihm gegenüber auf die nach den ARB bestehende Verfügungsbefugnis der GmbH als Versicherungsnehmerin, die auf den Insolvenzverwalter übergegangen ist, zu berufen.

(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.

(2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.

(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.

(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

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II. Der Höhe nach umfasst der Rückgewähranspruch des Klägers nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB nicht uneingeschränkt alle Prämien, die er an die Beklagte gezahlt hat, ohne hierzu durch einen wirksamen Versicherungsvertrag verpflichtet zu sein. Im Rahmen einer gemeinschaftsrechtlich geforderten rechtsfortbildenden Auslegung einer nationalen Norm darf bei der Regelung der Rechtsfolgen des Widerspruchs nach nationalem Recht ein vernünftiger Ausgleich und eine gerechte Risikoverteilung zwischen den Beteiligten hergestellt werden (vgl. EuGH, NJW 2010, 1511 Rn. 48; BGH, Beschluss vom 12. Juli 2010 - II ZR 250/09, juris unter 1). Eine einschränkungslose Ausgestaltung des W iderspruchsrechts auch auf der Rechtsfolgenseite wäre nicht sachgerecht. Der Versicherungsnehmer hat während der Prämienzahlung Versicherungsschutz genossen. Es ist davon auszugehen, dass er diesen im Versicherungsfall in Anspruch genommen und sich - selbst bei zwischenzeitlich erlangter Kenntnis von seinem Widerspruchsrecht - gegen eine Rückabwicklung entschieden hätte. Mit Blick darauf führte eine Verpflichtung des Versicherers zur Rückgewähr sämtlicher Prämien zu einem Ungleichgewicht innerhalb der Gemeinschaft der Versicherten (so auch OLG München, VersR 2013, 1025 Rn. 28). Daher muss sich der Kläger im Rahmen der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung den Versicherungsschutz anrechnen lassen, den er jedenfalls bis zur Kündigung des Vertrages genossen hat. Erlangter Versicherungsschutz ist ein Vermögensvorteil , dessen Wert nach den §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 818 Abs. 2 BGB zu ersetzen sein kann (BGH, Urteile vom 30. Juni 1983 - III ZR 114/82, NJW 1983, 2692 unter III 3; vom 2. Dezember 1982 - III ZR 90/81, NJW 1983, 1420 unter IV 1 b). Der Wert des Versicherungsschutzes kann unter Berücksichtigung der Prämienkalkulation bemessen wer- den; bei Lebensversicherungen kann etwa dem Risikoanteil Bedeutung zukommen.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 10. Februar 2014 verkündete Urteil der 26. Zivilkammer des Landgerichts Köln ‑ 26 O 153/13 - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 8.646,69 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2013 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 6% und die Beklagte zu 94% zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn die gegnerische Partei nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird zugelassen, soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.


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(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Im Wege der Zillmerung werden die Forderungen auf Ersatz der geleisteten, einmaligen Abschlusskosten einzelvertraglich bis zur Höhe des Zillmersatzes ab Versicherungsbeginn aus den höchstmöglichen Prämienteilen gedeckt, die nach den verwendeten Berechnungsgrundsätzen in dem Zeitraum, für den die Prämie gezahlt wird, weder für Leistungen im Versicherungsfall noch zur Deckung von Kosten für den Versicherungsbetrieb bestimmt sind. Der Zillmersatz darf 25 Promille der Summe aller Prämien nicht überschreiten.

(2) Die höchstmöglichen Prämienteile im Sinne von Absatz 1 werden in dem Umfang, in dem sie die geleisteten, einmaligen Abschlusskosten in Höhe des Zillmersatzes noch nicht gedeckt haben und folglich der Höhe nach mit den nach § 15 Absatz 1 der Versicherungsunternehmens-Rechnungslegungsverordnung höchstens zu aktivierenden Forderungen gegenüber den Versicherungsnehmern übereinstimmen, von dem bei der Berechnung der einzelvertraglichen Deckungsrückstellung anzusetzenden Barwert der künftigen Prämien abgezogen.

(3) Für Lebensversicherungsverträge, bei denen aufgrund gesetzlich vorgeschriebener Rückkaufswerte gegenüber der nach § 341f des Handelsgesetzbuchs berechneten Deckungsrückstellung eine nach § 25 Absatz 2 der Versicherungsunternehmens-Rechnungslegungsverordnung erhöhte Deckungsrückstellung zu stellen ist, gelten als höchstmögliche Prämienteile gemäß Absatz 1 die Prämienteile, die

1.
nicht zur Bildung der erhöhten Deckungsrückstellung benötigt werden und
2.
nach den verwendeten Berechnungsgrundsätzen in dem Zeitraum, für den die Prämie gezahlt wird, weder für Leistungen im Versicherungsfall noch zur Deckung von Kosten für den Versicherungsbetrieb bestimmt sind.
Für Unfallversicherungen der in § 161 des Versicherungsaufsichtsgesetzes genannten Art gilt Satz 1 entsprechend, soweit in Anlehnung an die für die Lebensversicherung gesetzlich vorgeschriebenen Regelungen erhöhte Rückkaufswerte vertraglich garantiert werden.

(4) Der von einem Versicherungsunternehmen zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses verwendete Zillmersatz für die Berechnung der Deckungsrückstellung gilt für die gesamte Laufzeit des Vertrages.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 6.5.2013 (16 O 417/12) wird

zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das vorliegende sowie das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Geldbetrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor Vollstreckungsbeginn Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Geldbetrags leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Gebührenstreitwert des Berufungsverfahrens: 8.802,38 EUR

Gründe

 
I.
Mit seiner Klage verlangt der Kläger von der Beklagten unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung und des Schadensersatzes wegen Verschuldens bei Vertragsabschluss die Rückzahlung vermeintlich rechtsgrundlos gezahlter Versicherungsprämien im Gesamtbetrag von 16.658,44 EUR zu einer fondsgebundenen Lebensversicherung zuzüglich Verzinsung für die Zeit vom 1.5.2003 bis 1.12.2011 i. H. v. 5.446,16 EUR. Einen von der Beklagten als „Rückkaufswert“ ausgekehrten Betrag in Höhe von 13.302,22 EUR lässt sich der Kläger anrechnen. Hierdurch errechnet sich per Saldo in der Hauptsache ein klageweise geltend gemachter Forderungsbetrag von 8.802,38 EUR. Hieraus verlangt der Kläger weiter laufende Zinsen in Höhe von 7 % p. a. seit 1.12.2011. Daneben verlangt er Erstattung vorgerichtlich aufgewandter Rechtsanwaltskosten in Höhe von 691,69 EUR nebst Rechtshängigkeitszinsen in gesetzlicher Höhe.
Der Kläger hatte die Lebensversicherung aufgrund Antrags vom 25.4.2003 mit Wirkung zum 1.5.2003 bei der Beklagten abgeschlossen. Bereits zum 28.12.2009 kündigte er die Versicherung, woraufhin die Beklagte den Rückkaufswert an den Kläger ausbezahlte.
Mit Anwaltsschreiben vom 29.11.2011 (Anl. K 7 nach Bl. 21 d. A.) ließ der Kläger dem Vertragsabschluss unter Bezugnahme auf § 5 a VVG in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung (im Folgenden: „VVG a. F.“) widersprechen. Zugleich ließ er seine auf den Abschluss des Versicherungsvertrags gerichtete Willenserklärung gem. § 8 VVG a. F. widerrufen und gem. § 119 BGB anfechten.
Der Kläger behauptet, bei Vertragsabschluss hätten ihm nicht alle Verbraucherinformationen vorgelegen. Überdies sei die erforderliche Widerspruchsbelehrung unvollständig und in drucktechnischer Hinsicht nicht hinreichend hervorgehoben gewesen. Hierdurch sei die Widerspruchsfrist gem. § 5 a VVG a. F. nicht in Gang gesetzt worden. Der Vertragsabschluss sei auch nicht gemäß der Regelung in § 5 a Abs. 2 S. 4 VVG a. F. nach Ablauf eines Jahres nach Zahlung der Erstprämie wirksam geworden. Diese Vorschrift widerspreche europäischem Gemeinschaftsrecht, wie im Übrigen das gesamte § 5 a Abs. 1, Abs. 2 S. 1 VVG a. F. zu Grunde liegende Vertragsschlussmodell („Policenmodell“). Ihm habe deshalb noch Ende November 2011 ein Widerspruchsrecht zugestanden, das er wirksam ausgeübt habe. Folge des ausgeübten Widerspruchsrechts sei der Wegfall des Rechtsgrundes für das Behaltendürfen der gezahlten Versicherungsprämien und der daraus gezogenen Nutzungen. Diese seien mit einer nachhaltig erzielten Verzinsung von 7 % p. a. anzunehmen.
Wegen des Parteivorbringens im ersten Rechtszug im Einzelnen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Das Landgericht wies die Klage nach Beweiserhebung durch Vernehmung der Zeugin … ab, maßgeblich mit der Begründung, der Versicherungsvertrag sei wirksam zu Stande gekommen. Der Kläger habe das ihm zustehende Widerspruchsrecht nicht fristgemäß ausgeübt. Ein Widerrufs- oder Anfechtungsrecht habe ihm nicht zugestanden. Wegen der getroffenen tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts und seiner rechtlichen Erwägungen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Unter Bezugnahme auf ihr bisheriges Vorbringen verfolgt die Kläger mit ihrer Berufung ihr erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiter.
Sie greift das Urteil wie folgt an:
Das Landgericht habe verkannt, dass der Vertragsschlussmechanismus, wie ihn § 5 a VVG a. F. nach dem sog. Policenmodell vorgesehen habe, gegen EU-Recht verstoße. Dies gelte erst Recht für die Regelung in § 5 a Abs. 2 S. 4 VVG a. F. für die einjährige Ausschlussfrist, nach deren Ablauf ein Widerspruchsrecht erlöschen solle. Dem Kläger habe deshalb ein immerwährendes Widerspruchsrecht zugestanden, durch dessen Ausübung der Vertragsschluss nicht wirksam geworden sei. Die Beklagte schulde deshalb Rückabwicklung der erbrachten Prämienzahlungen und deren Verzinsung.
10 
Im Übrigen sei die Widerspruchsfrist gem. § 5 a VVG a. F. bereits deshalb nicht angelaufen, weil die Belehrung über dieses Recht fehlerhaft und unwirksam sei. Sie sei weder im Versicherungsschein noch den Allgemeinen Versicherungsbedingungen, sondern im Begleitschreiben zum Versicherungsschein erteilt, dort jedoch weder drucktechnisch noch gestalterisch ausreichend hervorgehoben worden. Im Übrigen sei dem Kläger die Verbraucherinformation gem. § 10 a VAG nicht überlassen worden. Hierauf hätte das Landgericht seine Beweiserhebung ausdehnen müssen.
11 
Zur Frage der Vereinbarkeit des § 5 a VVG a. F. mit europäischem Gemeinschaftsrecht habe sich das Landgericht keine eigene Meinung gebildet, sondern lediglich die Rechtsprechung des OLG Stuttgart unkritisch übernommen. Dies stelle eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör dar.
12 
Am Verstoß des deutschen Policenmodells gegen europarechtliche Vorschriften könne es keinen Zweifel geben, wie die Ausführungen der Europäischen Kommission in einem Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2006 und die Stellungnahme der Generalanwältin im aktuell laufenden, vom Bundesgerichtshof veranlassten Vorabentscheidungsverfahren des EuGH zeige.
13 
Innerhalb der Hilfsanträge sei die Problematik der unberechtigt einbehaltenen Stornoabzüge thematisiert.
14 
Der Kläger beantragt:
15 
1. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Stuttgart vom 6.5.2013, Az.: 16 O 417/12, zugestellt am 28.5.2013, verurteilt, an den Kläger 8.802,38 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz seit dem 1.12.2011 zu bezahlen;
16 
2. Weiterhin wird die Beklagte unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils verurteilt, an den Kläger den nicht anrechenbaren Teil der vorgerichtlichen Anwaltsgebühren in Höhe von 691,69 EUR zuzüglich Zinsen über dem jeweils Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.
17 
Die Beklagte beantragt,
18 
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
19 
Unter Bezugnahme auf ihr gesamtes Vorbringen im ersten Rechtszug verteidigt die Beklagte das landgerichtliche Urteil.
20 
Ergänzend führt die Beklagte aus, dass selbst im Falle der Unvereinbarkeit von § 5 a VVG a. F. mit europäischem Gemeinschaftsrecht eine richtlinienkonforme Auslegung dieser Vorschrift angesichts ihres klaren Wortlautes nicht möglich sei.
II.
21 
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat richtig entschieden.
22 
1. Die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts sind für den Senat bindend und daher gem. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO der vorliegenden Entscheidung zu Grunde zu legen.
23 
1.1 Die Berufung greift die Feststellung des Landgerichts, dass dem Kläger mit dem Versicherungsschein auch die Allgemeinen Versicherungsbedingungen übermittelt worden seien, ausdrücklich nicht an (vgl. Berufungsbegründung S. 2 letzter Absatz). Der Kläger rügt vielmehr die Unvollständigkeit der getroffenen tatsächlichen Feststellungen, weil das Landgericht die Beweisaufnahme nicht auf die Frage ausgedehnt habe, ob dem Kläger auch die Verbraucherinformation gem. § 10 a VAG zugegangen sei. Im ersten Rechtszug hat der Kläger jedoch lediglich bestritten, dass ihm die Versicherungsbedingungen nicht zugegangen seien (vgl. S. 5, Absatz 3 der Klageschrift); die Verbraucherinformation war hingegen nie ein Streitpunkt. Zutreffend hat das Landgericht im Tatbestand des angefochtenen Urteils deshalb auch nur die Allgemeinen Versicherungsbedingungen als Streitpunkt dargestellt, nicht jedoch die Verbraucherinformation erwähnt. Folgerichtig hat es die Beweisaufnahme auch nur auf die im Streit stehende Frage gerichtet, ob dem Kläger die Allgemeinen Versicherungsbedingungen zugegangen seien. Anlass, die Übermittlung der Verbraucherinformation im Rahmen der Beweisaufnahme zu klären, bestand demzufolge nicht. Auch hat weder der Kläger noch sein Prozessbevollmächtigter die Gelegenheit genutzt, im Rahmen der erstinstanzlichen Beweisaufnahme diesen Punkt - erstmals – zu thematisieren und durch Fragen an die Zeugin … zu klären. Von einer Unvollständigkeit der tatsächlichen Feststellungen oder gar einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör kann daher keine Rede sein.
24 
1.2 Im Übrigen ergeben sich auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Verbraucherinformation dem Kläger tatsächlich nicht zugegangen ist. Sie ist im Anschreiben der Beklagten vom 5.5.2003 (Anlage K 1 nach Bl. 21 d. A.), mit dem diese den Versicherungsschein übersandte, ausdrücklich neben den Allgemeinen Versicherungsbedingungen als beigefügte Anlage genannt. Das von der Zeugin … beschriebene automatisierte Postabfertigungs- und Versandsystem bietet auch hinreichende Gewähr dafür, dass alle im Anschreiben genannten Unterlagen tatsächlich beigefügt waren.
25 
1.3 Soweit der Kläger in der Berufung erstmals den Zugang der Verbraucherinformation bestreitet, ist dies bereits nach §§ 529 Abs. 1, 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO unbeachtlich, da dieser Angriff bereits in erster Instanz möglich gewesen wäre und offensichtlich nur aus Nachlässigkeit nicht erfolgt ist.
26 
2. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen hat das Landgericht das Recht richtig angewandt. Der Kläger kann nämlich aus seiner am 29.11.2011 abgegebenen Widerspruchs-, Widerrufs- und Anfechtungserklärung keine Ansprüche herleiten, auf die sich sein Berufungsantrag Ziffer 1 stützen könnte.
27 
2.1 Bei dem abgeschlossenen Versicherungsvertrag handelt es sich um einen Altvertrag gem. Art. 1 Abs. 1 EGVVG, auf den das Versicherungsvertragsgesetz in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung anzuwenden ist. Gemäß § 5 a Abs. 1 Satz 1 VVG in der am 29.07.1994 in Kraft getretenen Gesetzesfassung galt für den Fall, dass der Versicherer dem Versicherungsnehmer bei Antragstellung die Versicherungsbedingungen nicht übergeben oder eine Verbraucherinformation nach § 10 a VAG a. F. nicht überlassen hatte, der Vertrag nach dem sogenannten Policenmodell auf der Grundlage des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der weiteren für den Vertragsinhalt maßgeblichen Verbraucherinformation als geschlossen, wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb von 14 Tagen nach Überlassung der Unterlagen in Textform widersprach (die 30-Tage-Frist gem. § 5 a Abs. 2 S. 2 VVG in der zuletzt geltenden Fassung galt für den vorliegenden Fall noch nicht, weil diese besondere Widerspruchsfrist für Lebensversicherungsverträge erst durch Art. 6 des Gesetzes vom 2.12.2004 normiert wurde; im Folgenden ist deshalb stets die Gesetzesfassung vor dem 2.12.2004 in Bezug genommen).
28 
2.2 Die Widerspruchsfrist ist auch gem. § 5 a Abs. 2 S. 1 VVG a. F. in Gang gesetzt worden.
29 
2.2.1 Die Widerspruchsbelehrung leidet nicht an formellen Unzulänglichkeiten. Gesetzlich gefordert ist gem. § 5 a Abs. 2 S. 1 VVG a. F. lediglich eine „drucktechnisch deutliche Form“ der Widerspruchsbelehrung. Die von der Beklagten gewählte Form eines eigenständigen, durch Kursivdruck hervorgehobenen Absatzes am Ende des einseitigen Anschreibens vom 5.5.2003 (entsprechend dem als Anlage B 2 = Bl. 73 d. A. vorgelegten Muster), mit dem die Beklagte den Versicherungsschein und die erforderlichen Unterlagen dem Kläger übermittelt hat, genügt diesen gesetzlichen Anforderungen. Der Kursivdruck reicht aus, um den Blick des Lesers gezielt auf diese Textpassage zu lenken. Auch ist durch die Aufnahme der Belehrung in das Anschreiben sichergestellt, dass sie nicht im Konvolut von Versicherungsschein, Versicherungsbedingungen und Verbraucherinformation „untergeht“.
30 
Diese Umstände unterscheiden den vorliegenden Fall von dem, der der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 28.1.2004 im Verfahren IV ZR 58/03 zu Grunde lag. Dort war die Widerspruchsbelehrung nämlich inmitten eines 8-seitigen Konvoluts eingegliedert, wo sie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer leicht und nachvollziehbar übersehen konnte.
31 
2.2.2 Die Widerspruchsbelehrung ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden.
32 
2.2.2.1 Gem. § 5 a Abs. 2 S. 1 VVG a. F. ist die Angabe, an welche Anschrift der Widerspruch zu richten sei, nicht erforderlich. Die Entscheidung BGH NJW 2012, 1065 f (Urteil vom 25.1.2012, VIII ZR 95/11) ist nicht einschlägig. Diese bezieht sich auf ein Widerrufsrecht gem. § 312 d BGB i. V. m. § 355 BGB. Die dort genannten inhaltlichen Vorgaben für den Belehrungsinhalt betreffen jedoch nur Widerrufsrechte, die gem. § 355 BGB eingeräumt werden (vgl. § 355 Abs. 1 BGB). Beim Widerspruchsrecht gem. § 5 a Abs. 1 VVG a. F. handelt es sich nicht um ein Widerrufsrecht i. S. v. § 355 BGB, so dass dessen Grundsätze weder unmittelbar noch entsprechend anzuwenden sind.
33 
Im Übrigen hat der Bundesgerichtshof im Verfahren IV ZR 58/03 den Umstand, dass auch in jenem Fall der Widerspruchsadressat nicht benannt und keine „ladungsfähige“ Anschrift mitgeteilt war, unbeanstandet gelassen.
34 
2.2.2.2 Auch die Rüge des Klägers, die Belehrung bezeichne die Rechtsfolge des Widerspruchs nicht, geht fehl. Solche Anforderungen normiert § 5 a Abs. 2 S. 1 VVG a. F. zum einen nicht, zum anderen entbehrt der Vorwurf bei Lichte betrachtet jeder Grundlage. Nach dem Vertragsschlussmodell des § 5 a Abs. 1, Abs. 2 S. 1 VVG a. F. kommt der Vertrag nämlich nicht bereits mit der Abgabe der beiderseitigen Willenserklärungen zustande. Vielmehr entsteht hierdurch zunächst ein Schwebezustand, der entweder durch den fristgerechten Widerspruch oder durch den fruchtlosen Ablauf der Widerspruchsfrist beendet wird. Die Widerspruchsbelehrung klärt ausdrücklich über den letztgenannten Fall auf und bezeichnet die dann eintretende Rechtsfolge, nämlich die Rechtswirksamkeit des Vertrags. Für jeden durchschnittlichen Versicherungsnehmer liegt der Umkehrschluss offensichtlich auf der Hand, dass nämlich die fristgerechte Erklärung des Widerspruchs die Rechtswirksamkeit des Vertrags hindert. Mehr braucht die Belehrung nicht zu leisten.
35 
2.3 Aus alledem ergibt sich, dass der Versicherungsvertrag als Folge der fruchtlos abgelaufenen Widerspruchsfrist im letzten Drittel des Monats Mai 2003 nach Maßgabe des § 5 a Abs. 1, Abs. 2 S. 1 VVG a. F. wirksam zu Stande gekommen ist; der Vertragsschluss vollzog sich hingegen nicht nach der Regelung des § 5 a Abs. 2 S. 4 VVG a. F.
36 
2.4 Der nach längst abgelaufener Widerspruchsfrist am 29.11.2011 erklärte Widerspruch des Klägers konnte demnach keine Rechtswirkungen entfalten. Den Prämienzahlungen des Klägers mangelt es somit nicht am erforderlichen Rechtsgrund.
37 
2.5. Der Senat hält das in § 5 a Abs. 1 VVG normierte Policenmodell für europarechtskonform.
38 
2.5.1 § 5 a VVG setzt weder Art. 31 Abs. 1 der Richtlinie 92/96 EWG des Rates vom 10. November 1992 noch Art. 36 Abs. 1 der ablösenden Richtlinie 2002/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. November 2002 fehlerhaft um. Die genannten Richtlinien-Bestimmungen haben folgenden Wortlaut: "Vor Abschluss des Versicherungsvertrages sind dem Versicherungsnehmer mindestens die in Anhang II Buchstabe A aufgeführten Angaben mitzuteilen" bzw. "Vor Abschluss des Versicherungsvertrages sind dem Versicherungsnehmer mindestens die in Anhang III Buchstabe A aufgeführten Angaben mitzuteilen". Hiergegen verstößt § 5 a Abs. 1 VVG a. F. nicht.
39 
Gem. § 5 a Abs. 1 S. 1 VVG a. F. ist der Vertrag bis zum Ablauf einer 14-tägigen Widerspruchsfrist nach vollständiger Überlassung des Versicherungsscheins und der näher bezeichneten Unterlagen sowie der Belehrung über das Widerspruchsrecht schwebend unwirksam. Damit ist gewährleistet, dass die vertragliche Bindung des Versicherungsnehmers erst eintritt, nachdem ihm die erforderliche Verbraucherinformation vorgelegen hat. Die Zielsetzung der genannten Richtlinien-Bestimmungen ist damit erreicht.
40 
2.5.2 Im Übrigen machen die genannten Richtlinien keine Vorgaben für das Versicherungsvertragsrecht, sondern bezwecken ausdrücklich die Harmonisierung der Versicherungsaufsicht.
41 
2.5.2.1 So lauten die Erwägungsgründe in Nrn. 5 und 19 zu Artikel 31 und Anhang II. A. der Richtlinie 92/96/EWG:
42 
„(5) Der gewählte Ansatz besteht in einer wesentlichen, notwendigen und ausreichenden Harmonisierung, um zu einer gegenseitigen Anerkennung der Zulassungen und der Aufsichtssysteme zu gelangen, die die Erteilung einer einheitlichen, innerhalb der ganzen Gemeinschaft gültigen Zulassung sowie die Anwendung des Grundsatzes der Aufsicht durch den Herkunftsmitgliedstaat erlaubt.
43 
(19) Die Harmonisierung des für den Versicherungsvertrag geltenden Rechts ist keine Vorbedingung für die Verwirklichung des Binnenmarkts im Versicherungssektor. Die den Mitgliedstaaten belassene Möglichkeit, die Anwendung ihres eigenen Rechts für Versicherungsverträge vorzuschreiben, bei denen die Versicherungsunternehmen Verpflichtungen in ihrem Hoheitsgebiet eingehen, stellt deshalb eine hinreichende Sicherung für die Versicherungsnehmer dar.“
44 
Die Erwägungsgründe Nrn. 2 und 44 zu Artikel 36 Abs. 1 der Richtlinie 2002/83/EG bestimmen:
45 
„(2) Zur Erleichterung der Aufnahme und der Ausübung der Tätigkeiten der Lebensversicherung sind gewisse Unterschiede zwischen dem Aufsichtsrecht der verschiedenen Mitgliedstaaten zu beseitigen, wobei ein angemessener Schutz der Versicherten und der Begünstigten in allen Mitgliedstaaten gewahrt bleiben muss. Zu diesem Zweck sind insbesondere die Vorschriften über die an Lebensversicherungsunternehmen gestellten finanziellen Anforderungen zu koordinieren.
46 
(44) Die in den Mitgliedstaaten geltenden Vorschriften des Vertragsrechts für die in dieser Richtlinie genannten Tätigkeiten sind unterschiedlich. Die Harmonisierung des für den Versicherungsvertrag geltenden Rechts ist keine Vorbedingung für die Verwirklichung des Binnenmarkts im Versicherungssektor. Die den Mitgliedstaaten belassene Möglichkeit, die Anwendung ihres eigenen Rechts für Versicherungsverträge vorzuschreiben, bei denen die Versicherungsunternehmen Verpflichtungen in ihrem Hoheitsgebiet eingehen, stellt deshalb eine hinreichende Sicherung für die Versicherungsnehmer dar. Die Freiheit der Wahl eines anderen Vertragsrechts als das des Staates der Verpflichtung kann in bestimmten Fällen nach Regeln gewährt werden, in denen die spezifischen Umstände berücksichtigt werden.“
47 
2.5.2.2 Eine andere Zielrichtung ist auch nicht dem Erwägungsgrund Nr. 52 der Richtlinie 2002/83/EG zu entnehmen, den die Kommission der Europäischen Gemeinschaften betreffend eines Beschwerdeverfahrens in dem Aufforderungsschreiben an die Bundesrepublik Deutschland vom 04.04.2006, AZ. 2005/5046K(2006)1309, als Grund für einen möglichen Verstoß des Policenmodells gegen Artikel 36 Abs. 1 der Richtlinie 2002/83/EG heranzog (vgl. auch die schriftliche Stellungnahme der Kommission vom 12.10.2006, AZ.: 2005/5046K(2006)4688):
48 
„(52) Im Rahmen eines Versicherungsbinnenmarkts wird dem Verbraucher eine größere und weiter gefächerte Auswahl von Verträgen zur Verfügung stehen. Um diese Vielfalt und den verstärkten Wettbewerb voll zu nutzen, muss er im Besitz der notwendigen Informationen sein, um den seinen Bedürfnissen am ehesten entsprechenden Vertrag auszuwählen. Da die Dauer der Verpflichtungen sehr lang sein kann, ist diese Information für den Verbraucher noch wichtiger. Folglich sind die Mindestvorschriften zu koordinieren, damit er klare und genaue Angaben über die wesentlichen Merkmale der ihm angebotenen Produkte und über die Stellen erhält, an die etwaige Beschwerden der Versicherungsnehmer, Versicherten oder Begünstigten des Vertrages zu richten sind.“
49 
Diese Erklärung ist vielmehr im Zusammenhang mit dem Inhalt des Erwägungsgrundes Nr. 2 zu deuten, so dass sich die Mindestvorschriften ausschließlich auf das unterschiedliche Aufsichtsrecht der verschiedenen Mitgliedstaaten beziehen.
50 
2.5.2.3 Den Vorgaben für die Regelung der Versicherungsaufsicht hat der Gesetzgeber durch die Umsetzung in § 10 a VAG a. F. Genüge getan.
51 
2.5.2.4 Damit trifft § 5 a VVG a. F. von vornherein keine Regelungen für die Geltungsbereiche, auf die die genannten Richtlinien abzielen und es besteht kein Bedürfnis, das Normverständnis des § 5 a VVG an dasjenige der in Rede stehenden Richtlinien-Bestimmungen anzupassen.
52 
2.5.3 Auch ein Verstoß gegen Artt. 31 Abs. 1, 43 Abs. 2 der Richtlinie 92/49/EWG des Rates vom 18.06.1992 (Dritte Schadenversicherungsrichtlinie) liegt nicht vor.
53 
2.5.3.1 Die genannten Regelungen haben folgenden Wortlaut:
54 
„Artikel 31
55 
(1) Vor Abschluss eines Versicherungsvertrags sind dem Versicherungsnehmer folgende Informationen zur Verfügung zu stellen:
56 
- auf den Vertrag anwendbares Recht für den Fall, dass die Parteien keine Wahlfreiheit haben, oder, wenn die Parteien das anwendbare Recht frei wählen können, das von dem Versicherungsunternehmen vorgeschlagene Recht;
- Bestimmungen zur Bearbeitung von den Vertrag betreffenden Beschwerden der Versicherungsnehmer, gegebenenfalls einschließlich des Hinweises auf eine Beschwerdestelle; dies gilt unbeschadet der Möglichkeit für den Versicherungsnehmer, den Rechtsweg zu beschreiten.
57 
Artikel 43
58 
...
(2) Wird eine Versicherung im Rahmen der Niederlassungsfreiheit oder der Dienstleistungsfreiheit angeboten, so ist dem Versicherungsnehmer, bevor irgendeine Verpflichtung eingegangen wird, der Mitgliedstaat des Sitzes und gegebenenfalls der Zweigniederlassung, mit dem bzw. der der Vertrag geschlossen wird, mitzuteilen.“
59 
2.5.3.2 Diese Richtlinie betrifft nach Artikel 2 Abs. 1 Richtlinie 92/49/EWG i. V. m. Artikel 1 der Richtlinie 73/239 EWB die Aufnahme und Ausübung der selbständigen Tätigkeit der Direktversicherung durch Versicherungsunternehmen, die in einem Mitgliedstaat niedergelassen sind oder sich dort niederzulassen wünschen, aber ausdrücklich nicht die Lebensversicherung. Im Übrigen ist auch § 10 a VAG a. F. dieser Vorgabe nachgekommen.
60 
2.5.4 Die Richtlinie 93/13/EWG vom 05.04.1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen sieht unter anderem vor, dass der Verbraucher die Möglichkeit haben muss, von allen Vertragsklauseln Kenntnis zu nehmen. Durch die Möglichkeit des Widerspruchs bewirkt das Policenmodell entsprechend der Zielsetzung der Richtlinie einen wirksamen und ausreichenden Schutz vor Überrumpelung des Verbrauchers mit unangemessenen Klauseln.
61 
2.5.5 Die europarechtliche Unbedenklichkeit des Policenmodells kann auch nicht durch die Stellungnahme der Europäischen Kommission im Vertragsverletzungsverfahren 2005/5046 in Zweifel gezogen werden. Ersichtlich hat die Kommission den Vertragsschlussmechanismus nach den Regelungen des § 5 a Abs. 1, Abs. 2 S. 1 VVG a. F. verkannt. Erst aufgrund der Stellungnahme des deutschen Ministeriums der Justiz vom 4.4.2006 [K ( 2006), 1309, S. 4 f] hat die Kommission die Rechtslage des nationalen deutschen Rechts richtig erfasst. Sie hat die zunächst erhobenen Bedenken anschließend fallen gelassen und stattdessen bemängelt, dass das nationale deutsche Recht dem Verbraucher eine „Widerspruchslast“ aufbürde. Dass diese Erwägung keine Substanz hat, liegt auf der Hand. Zahlreiche gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften sehen die Verwirklichung des Verbraucherschutzes durch Gewährung von Widerrufsrechten vor, so dass der Verbraucher die „Widerrufslast“ tragen muss. Obwohl das Widerspruchsrecht gem. § 5 a Abs. 1, Abs. 2 S. 1 VVG a. F. dogmatisch anders einzuordnen ist als ein Widerrufsrecht, ergibt sich hieraus kein Unterschied in der Belastung des Verbrauchers, ein ihm eingeräumtes Erklärungs-/Gestaltungsrecht ausüben zu müssen, um in den Genuss des rechtspolitisch verfolgten Schutzes zu gelangen.
62 
Es hat daher eine gewisse Konsequenz, dass die Kommission das Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland nicht fortgeführt hat, obwohl in den nachfolgenden 1 1/2 Jahren bis zum Inkrafttreten des neuen VVG noch zahllose weitere Versicherungsverträge nach dem angeblich beanstandungswürdigen Policenmodell abgeschlossen wurden.
63 
2.5.6 Auch die Erwägungen der Generalanwältin vom 11.7.2013 im Vorabentscheidungsverfahren RS-209/12 des Europäischen Gerichtshofs über die Vorlage des Bundesgerichtshofs im Verfahren IV ZR 76/11 begründen keine Zweifel an der europarechtlichen Konformität des Policenmodells.
64 
Die Generalanwältin hat im Kern beanstandet, dass die nationale deutsche Regelung in § 5 a VVG a. F. den Verbraucherschutz zeitlich vor dem Vertragsabschluss zu gewährleisten versuche, während das Gemeinschaftsrecht einen wirksamen Verbraucherschutz durch die Einräumung eines dem Vertragsabschluss zeitlich nachfolgenden Widerrufsrecht verlange. Ihre Ausführungen zu Rn. 63 ihrer Stellungnahme ist eine rein formale Argumentation. Sie begründet nicht, weshalb ein dem Vertragsabschluss nachgelagerter Schutzmechanismus den Verbraucher besser schützen soll, als ein zeitlich vorverlagerter Mechanismus, der bereits das wirksame Zustandekommen eines Vertrages zu verhindern vermag. Wie oben dargestellt, sollte kein nationaler Gesetzgeber durch das Gemeinschaftsrecht gehindert werden, den Vertragsschlussmechanismus national eigenständig zu regeln. Bedenken gegen das Policenmodell können somit mit einer lediglich formalen Begründung aus dem Gemeinschaftsrecht nicht abgeleitet werden. Das Gemeinschaftsrecht erfordert neben dem Verbraucherschutz, wie er wirksam durch die Einräumung eines Widerspruchsrechts gestaltet wird, keinen weiteren Schutzmechanismus und keine Einräumung eines dem Vertragsschluss nachgelagerten Widerrufsrechts.
65 
2.5.7 Der Senat hält daher an seiner bisherigen, in zahllosen Parallelfällen dargelegten und veröffentlichten Auffassung fest, dass es an der Vereinbarkeit des Policenmodells mit dem europäischen Gemeinschaftsrecht keinen Zweifel geben kann. Er sieht sich hierin in der bisher in Erscheinung getretenen Haltung des Bundesgerichtshofs bestätigt. Dessen Vorlageentscheidung vom 28.3.2012 im Verfahren IV ZR 76/11 an den Europäischen Gerichtshof bezieht sich ausdrücklich nur auf die Frage, ob § 5 a Abs. 2 S. 4 VVG a. F. mit europäischem Gemeinschaftsrecht vereinbar sei oder nicht. Die Vereinbarkeit der Regelungen in § 5 a Abs. 1, Abs. 2 S. 1 VVG a. F. mit EU-Recht hingegen zieht der Bundesgerichtshof nicht in Zweifel. Der Senat nimmt jedoch zur Kenntnis, dass ein solcher Zweifel nunmehr von der Generalanwältin ernstlich geltend gemacht wird. Im Hinblick auf Art. 267 AEUV ist die Zulassung der Revision bei einem ansonsten nicht dem Revisionsverfahren zugänglichen Verfahrensstreitwert die Konsequenz.
66 
2.6 Ob europarechtliche Bedenken bezüglich der zeitlichen Befristung des Widerrufsrechts nach § 5 a Abs. 2 S. 4 VVG a. F. bestehen, kann für die Entscheidung des vorliegenden Falles dahinstehen, da nach Übersendung aller erforderlichen Unterlagen nach dem sog. Policenmodell die Wirksamkeit des Vertrags sich nicht auf diese Vorschrift stützt.
67 
2.7 Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Rückgewähr der gezahlten Prämien im Rahmen eines Rückgewährschuldverhältnisses, weil er auch den „Widerruf nach § 8 VVG“ a. F. erklärte. Mit Rücksicht auf die Regelungen in § 8 Abs. 4, 5 VVG a. F. kann dabei nur das Rücktrittsrecht nach Absatz 5 jener Vorschrift gemeint sein. Ein solches Rücktrittsrecht besteht jedoch mit Rücksicht auf das Widerspruchsrecht nach § 5 a VVG a. F. nicht, wie § 8 Abs. 6 VVG a. F. ausdrücklich klarstellt. Im Übrigen wäre selbst ein gemäß § 8 Abs. 5 S. 1 VVG bestehendes Rücktrittsrecht zu spät ausgeübt worden, denn ein solches Rücktrittsrecht erlischt auch im Falle unterlassener Belehrung mit Ablauf eines Monats nach Zahlung der Erstprämie.
68 
2.8 Dem Kläger stehen weiter keine Ansprüche aus dem Grund zu, dass er seine auf den Abschluss des Versicherungsvertrags gerichtete Willenserklärung angefochten hat. Gründe, die ihn zur Anfechtung berechtigen könnten, hat er weder dargelegt, noch sind solche sonst ersichtlich. Seine Anfechtungserklärung geht deshalb ins Leere.
69 
3. Die Ausführungen des Klägers zu angeblichen Hilfsanträgen gehen ins Leere. Der Kläger hat solche Hilfsanträge weder im ersten noch im zweiten Rechtszug gestellt oder auch nur angekündigt. Ausführungen hierzu beruhen offensichtlich auf einem Kopierversehen beim Heranziehen von Schriftsätzen für andere, ähnlich gelagerte Fälle.
70 
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Vollstreckbarkeitsentscheidung auf §§ 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2 ZPO.
71 
5. Die Revision wird zugelassen, um die Überprüfung der Rechtsauffassung des Senats zu den europarechtlichen Fragestellungen zu ermöglichen.