Oberlandesgericht München Hinweisbeschluss, 15. Jan. 2018 - 25 U 3770/17
vorgehend
nachgehend
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Landshut vom 19.10.2017, Az. 73 O 2650/16, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
Gründe
– wenn der Versicherungsnehmer (irgendwie) über sein Widerspruchsrecht belehrt wurde (im entschiedenen Fall war keine Belehrung über das Schriftformerfordernis erfolgt) und der Versicherungsnehmer seinen Anspruch (incl. Anspruch auf die Todesfallleistung) 2 Monate nach Erhalt des Versicherungsscheins als Sicherheit für ein Darlehn abgetreten hat über mehr als 8 Jahre Prämien bezahlt hat dann den Anspruch (incl. Anspruch auf die Todesfallleistung) nochmals als Sicherheit für ein Darlehn abgetreten hat und der Versicherer über die Abtretung in Kenntnis gesetzt wurde (BGH, Beschlüsse vom 27.01.2016 und vom 22.03.2016 - Az. IV ZR 130/15).
– wenn der Versicherungsnehmer die Police als Kreditsicherungsmittel genutzt hat und während der Dauer der Versicherung sämtliche Rechte an das Kreditinstitut abgetreten hat, sowie nach einer durch das Kreditinstitut erklärten Kündigung anwaltlich beraten den Widerruf erklärt hat, daraufhin aber die vom Kreditinstitut ausgesprochene Kündigung bestätigt hat und Beitragsfreistellung bis zur Wirksamkeit der Kündigung beantragt hat (OLG Dresden, Urteil vom 26.08.2015 -Az. 7 U 146/15 - VersR 2015,1498),
– wenn der Versicherungsnehmer nach Kündigung den Vertrag dann doch (beitragsfrei) fortgeführt hat (OLG Köln, Urteil vom 26.02.2016 - Az. 20 U 178/15),
– bei einem Rücktrittsrecht nach § 8 VVG, wenn der Versicherungsnehmer durch Wiederinkraft-setzen des Vertrages den Eindruck erweckt hat, dass er an diesem unbedingt festhalten will BGH, Beschlüsse vom 11.11.2015 und 13.01.2016-Az. IV ZR 117/15, BeckRS 2016, 02174, NJW 2016,375).
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Urteil einreichenOberlandesgericht München Hinweisbeschluss, 15. Jan. 2018 - 25 U 3770/17 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
BUNDESGERICHTSHOF
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller auf die mündliche Verhandlung vom 1. Juni 2016
für Recht erkannt:
Die Anschlussrevision des Klägers wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtstreits.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 9.577,08 € festgesetzt.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerseite (Versicherungsnehmer, im Folgenden: d. VN) begehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden: Versicherer) Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer fondsgebundenen Lebensversicherung.
- 3
- Im Jahr 2002 trat d. VN seine Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag an die D. K. AG ab; diese trat die Ansprüche im Jahr 2012 an d. VN zurück ab.
- 4
- Mit Schreiben vom 27. Januar 2013 und vom 18. Februar 2013 erklärte d. VN den Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F., hilfsweise die Kündigung. Der Versicherer akzeptierte die Kündigung und zahlte den Rückkaufswert in Höhe von 18.808 € aus.
- 5
- Mit der Klage hat d. VN - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten Beiträge in Höhe von 18.917,36 € nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten Rückkaufswerts, insgesamt 10.042,14 € verlangt.
- 6
- Nach Auffassung d. VN ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen. Auch nach Ablauf der Frist des - gegen Gemein- schaftsrecht verstoßenden - § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. habe der Widerspruch noch erklärt werden können.
- 7
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat ihr auf die Berufung d. VN unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels in Höhe von 3.519,53 € nebst Zinsen stattgegeben. Insoweit verfolgt der Versicherer mit der Revision seinen Antrag auf Zurückweisung der Berufung und Klageabweisung weiter. D. VN macht mit seiner Anschlussrevision einen weitergehenden Anspruch auf Zahlung von Nutzungszinsen in Höhe von 6.057,55 € geltend.
Entscheidungsgründe:
- 8
- Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückweisung der Berufung, soweit der Klage stattgegeben worden ist. Die Anschlussrevision hat keinen Erfolg.
- 9
- I. Das Berufungsgericht hat d. VN einen Bereicherungsanspruch auf Erstattung der von ihm geleisteten Prämien abzüglich des Risikoanteils zuerkannt und den ausgekehrten Rückkaufswert in Abzug gebracht. D. VN habe dem Vertragsschluss noch im Jahr 2013 widersprechen können. Die 14-tägige Widerspruchsfrist des § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. sei nicht wirksam in Gang gesetzt worden. Die im Versicherungsschein enthaltene Widerspruchsbelehrung sei inhaltlich fehlerhaft, weil der notwendige Hinweis darauf fehle, dass der Widerspruch schriftlich zu erheben sei. § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F., der ein Erlöschen des Wider- spruchsrechts ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie vorgesehen habe , sei auf Lebens- und Rentenversicherungsverträge nicht anwendbar.
- 10
- D. VN habe das Widerspruchsrecht nicht verwirkt und mit der Erklärung des Widerspruchs im Jahr 2013 nicht gegen Treu und Glauben verstoßen, da die Beklagte es versäumt habe, ihn ordnungsgemäß zu belehren.
- 11
- D. VN könne somit aus ungerechtfertigter Bereicherung die gezahlten Versicherungsprämien zurückverlangen. Dabei müsse er sich den darauf entfallenden Risikoanteil in Höhe von 465,06 € anrechnen lassen, um den während der Zeit der Prämienzahlung genossenen Versicherungsschutz als erlangten Vermögensvorteil auszugleichen. Demgegenüber komme eine Anrechnung des Prämienanteils, der auf Abschlussund Verwaltungskosten entfallen sei, nicht in Betracht. Der Versicherer könne insoweit vor allem nicht den Einwand der Entreicherung erheben.
- 12
- Nutzungen stünden d. VN nur in Höhe von 3.875,23 € zu. Hierbei handele es sich um die Differenz zwischen dem Rückkaufswert (= Fondsguthaben) in Höhe von 18.808 € und dem nach Angabe der Beklagten in die Fonds investierten Sparanteil der Prämien in Höhe von 14.932,77 €. Der Anspruch aus § 818 Abs. 1 BGB beschränke sich auf die Erstattung der tatsächlich durch den Versicherer gezogenen Nutzungen. Hierfür sei d. VN darlegungs- und beweispflichtig. Grundsätzlich bedürfe es hierzu eines entsprechenden Tatsachenvortrages des Versicherungsnehmers. Einer Vermutung, dass der Versicherer mit den eingezahlten Prämien einen entsprechenden Gewinn erzielt habe, fehle die Basis für denjenigen Prämienanteil, der auf die Abschluss- und Verwaltungskosten entfalle. Eine solche Vermutung gelte bei fondsgebundenen Lebensversicherungen auch nicht in Bezug auf den Sparanteil der Prämien , der vereinbarungsgemäß in Fondsanteilen angelegt werde.
- 13
- Zu dem zurückzuerstattenden Prämienanteil in Höhe von 18.452,30 € (18.917,36 € - 465,06 €) seien die Erträge in Höhe von 3.875,23 € hinzuzurechnen = 22.327,53 €. Davon sei der Rückkaufswert in Höhe von 18.808 € abzuziehen; es verblieben 3.519,53 €.
- 14
- II. Die Revision hat Erfolg.
- 15
- 1. Sie ist insgesamt zulässig. Das Berufungsgericht hat die Revision entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht nur beschränkt auf die Höhe der gegen den Versicherer bestehenden Zahlungsansprüche d. VN zugelassen. Eine Beschränkung der Revisionszulassung auf die Anspruchshöhe lässt sich dem Berufungsurteil nicht entnehmen. Ausweislich seines Tenors wurde die Revision zugelassen, soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist, was ihre Verurteilung dem Grunde nach mitumfasst. Eine eindeutige Zulassungsbeschränkung auf die Frage der Anspruchshöhe ergibt sich auch nicht aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung, soweit es dort heißt, wie die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung eines Lebensversicherungsvertrages , dem wirksam widersprochen worden sei, erfolge, sei bislang in den Einzelheiten nicht geklärt.
- 16
- 2. Die Revision ist begründet.
- 17
- a) Das Berufungsgericht hat allerdings dem Grunde nach zu Recht die Voraussetzungen eines Bereicherungsanspruchs auf Erstattung der gezahlten Prämien bejaht.
- 18
- aa) Der zwischen den Parteien geschlossene Versicherungsvertrag schafft keinen Rechtsgrund für die Prämienzahlung. Er ist infolge des Widerspruchs d. VN nicht wirksam zustande gekommen.
- 19
- (1) Der Widerspruch war - ungeachtet des Ablaufs der in § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. normierten Jahresfrist - rechtzeitig.
- 20
- (a) Die Widerspruchsfrist gemäß § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. wurde nicht in Gang gesetzt. Nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts belehrte der Versicherer d. VN nicht ordnungsgemäß im Sinne von § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. über das Widerspruchsrecht. Die im Versicherungsschein erteilte Widerspruchsbelehrung ist bereits insofern inhaltlich fehlerhaft, als sie keinen Hinweis darauf enthält, dass der Widerspruch schriftlich zu erheben war. Die notwendige Belehrung über das gesetzliche Formerfordernis erfolgte entgegen der Auffassung der Revision nicht dadurch, dass dem Kläger weiterhin mitgeteilt wurde, zur Fristwahrung genüge die rechtzeitige "Absendung" der Widerspruchserklärung (Senatsurteil vom 29. Juli 2015 - IV ZR 448/14, VersR 2015, 1104 Rn. 24 m.w.N.). Dass d. VN, wie die Revision in Erwägung zieht, durch die Belehrung über den gesetzlichen Standard hinausgehend die Möglichkeit eines Widerspruchs in mündlicher Form eingeräumt werden sollte, ist ihrem Text nicht zu entnehmen (vgl. Senatsurteil vom 29. Juli 2015 - IV ZR 448/14 aaO). Die weiteren Widerspruchsbelehrungen in den Versicherungsbedingungen und der Verbraucherinformation sind - worauf die Revisionserwiderung zu Recht hinweist - nicht in drucktechnisch deutlicher Form gestaltet.
- 21
- (b) Das Widerspruchsrecht bestand nach Ablauf der Jahresfrist des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. und noch im Zeitpunkt der Widerspruchserklärung fort. Das ergibt die richtlinienkonforme Auslegung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F., wie der Senat mit Urteil vom 7. Mai 2014 (IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 17-34) entschieden und im Einzelnen begründet hat.
- 22
- (2) Entgegen der Auffassung der Revision hat d. VN das Recht zum Widerspruch nicht verwirkt. Es fehlt hier jedenfalls am Umstandsmoment. Ein schutzwürdiges Vertrauen kann der Versicherer schon deshalb nicht in Anspruch nehmen, weil er die Situation selbst herbeigeführt hat, indem er d. VN keine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung erteilte (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 39 m.w.N.).
- 23
- Ob - wie die Revision meint - der Verwirkungseinwand möglich ist, wenn eine Widerspruchsbelehrung nur marginale Fehler aufweist, braucht hier nicht entschieden zu werden. Der genannte Belehrungsmangel - der fehlende Hinweis auf das Schriftlichkeitserfordernis - ist nicht belanglos, sondern betrifft einen für die Ausübung des Widerspruchsrechts wesentlichen Punkt (vgl. Senatsurteile vom 24. Februar 2016 - IV ZR 126/15, juris Rn. 23; vom 29. Juli 2015 - IV ZR 448/14 aaO Rn. 30).
- 24
- Auch den Einsatz der Lebensversicherung als Kreditsicherungsmittel musste das Berufungsgericht nicht, wie die Revision meint, als besonders gravierenden Umstand werten, der d. VN die Geltendmachung seines Anspruchs verwehrt. Der Einsatz der Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag zur Sicherung der Rechte eines Dritten aus einem Darlehensvertrag lässt keinen zwingenden Schluss darauf zu, dass d. VN in Kenntnis seines Lösungsrechtes vom Vertrag an diesem festgehalten und von seinem Recht keinen Gebrauch gemacht hätte. Ob ein schutzwürdiges Vertrauen des Versicherers auf den Bestand des Versicherungsvertrages etwa bei einem - hier nicht gegebenen - engen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Abschluss des Versicherungsvertrages und dessen Einsatz zur Kreditsicherung oder einer - hier nicht vorliegenden - mehrfachen Abtretung angenommen werden kann (vgl. Senatsbeschluss vom 27. Januar 2016 - IV ZR 130/15, juris Rn. 16), bleibt der tatrichterlichen Beurteilung vorbehalten, die hier aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist.
- 25
- bb) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Rückgewähranspruch der Höhe nach nicht uneingeschränkt alle gezahlten Prämien umfasst. Es hat d. VN bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung den jedenfalls faktisch bis zum Widerspruch genossenen Versicherungsschutz angerechnet. Der Wert des Versicherungsschutzes kann unter Berücksichtigung der Prämienkalkulation bemessen werden; bei Lebensversicherungen kann etwa dem Risikoanteil Bedeutung zukommen (Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 45 m.w.N.). Ausgehend davon hat das Berufungsgericht den Wertersatz entsprechend dem unstreitig auf das Todesfallrisiko entfallenden Risikoanteil mit 465,06 € bemessen.
- 26
- cc) Der von dem Versicherer erhobene Einwand der Entreicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB greift nicht hinsichtlich der von ihm in Höhe von 3.519,53 € in Abzug gebrachten Abschluss- und Verwaltungskosten durch. Insoweit kann sich der Versicherer nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen. Dies hat der Senat in den Urteilen vom 29. Juli 2015 (IV ZR 384/14, VersR 2015, 1101 Rn. 41 ff.; IV ZR 448/14 aaO Rn. 46 ff.), die vergleichbare Sachverhalte betrafen, entschieden und im Einzelnen begründet.
- 27
- b) Das Berufungsgericht hat aber, wie die Revision mit Recht rügt, d. VN Nutzungen zuerkannt, die der Versicherer bereits mit dem Rückkaufswert ausgezahlt hatte. Es hat richtig gesehen, dass bei einer fondsgebundenen Lebensversicherung der mit der Anlage des Sparanteils in Fonds erzielte Gewinn d. VN als tatsächlich gezogene Nutzung zusteht (Senatsurteil vom 11. November 2015 - IV ZR 513/14, VersR 2016, 33 Rn. 51 f.). Dies war hier die Differenz von 3.875,23 € zwischen dem Fondsguthaben von 18.808 € und dem in die Fonds investierten Sparanteil der Prämien in Höhe von 14.932,77 €. Dieser Differenzbetrag war bereits in dem Rückkaufswert von 18.808 € enthalten.
- 28
- Nach Abzug des Risikoanteils von 465,06 € und des Rückkaufswerts von 18.808 € bleibt von den gezahlten Prämien in Höhe von 18.917,36 € nichts übrig.
- 29
- III. Die Anschlussrevision ist unbegründet. D. VN steht der geltend gemachte Anspruch auf Nutzungszinsen gemäß § 818 Abs. 1 Alt. 1 BGB nicht zu, weil er diese nicht schlüssig dargetan hat, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat.
- 30
- Nach § 818 Abs. 1 Alt. 1 BGB sind nur die Nutzungen herauszugeben , die vom Bereicherungsschuldner tatsächlich gezogen wurden (Se- natsurteile vom 11. November 2015 aaO Rn. 41; vom 29. Juli 2015 - IV ZR 384/14 aaO Rn. 46; IV ZR 448/14 aaO Rn. 51; jeweils m.w.N.). Zudem können bei der Bestimmung der gezogenen Nutzungen die gezahlten Prämien nicht in voller Höhe Berücksichtigung finden (Senatsurteil vom 11. November 2015 aaO Rn. 41 ff.). Nutzungen aus dem Risikoanteil , der dem Versicherer als Wertersatz für den von d. VN faktisch genossenen Versicherungsschutz verbleibt, stehen d. VN nicht zu (vgl. Senatsurteil vom 11. November 2015 aaO Rn. 42). Der auf die Abschlusskosten entfallende Prämienanteil bleibt für Nutzungsersatzansprüche außer Betracht. Mangels abweichender Anhaltspunkte ist davon auszugehen , dass der Versicherer diesen Prämienanteil nicht zur Kapitalanlage nutzen konnte (vgl. Senatsurteil vom 11. November 2015 aaO Rn. 44 f.). Hinsichtlich des Verwaltungskostenanteils der Prämien kann nicht vermutet werden, dass der Versicherer Nutzungszinsen in bestimmter Höhe erzielt hat. Der insoweit darlegungsbelastete VN kann sich nicht ohne Bezug zur Ertragslage des jeweiligen Versicherers auf eine tatsächliche Vermutung einer Gewinnerzielung in bestimmter Höhe - etwa in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz - stützen (vgl. Senatsurteil vom 11. November 2015 aaO Rn. 46 ff.).
- 31
- Den ihm zustehenden Gewinn aus der Anlage des Sparanteils hat d. VN, wie oben ausgeführt, bereits mit der Auszahlung des Rückkaufswertes erhalten.
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 16.06.2014- 26 O 465/13 -
OLG Köln, Entscheidung vom 07.11.2014 - 20 U 130/14 -
BUNDESGERICHTSHOF
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller
am 11. November 2015
beschlossen:
Die Parteien erhalten Gelegenheit, hierzu binnen eines Monats Stellung zu nehmen.
Gründe:
- 1
- I. Die Klägerseite (Versicherungsnehmer: im Folgenden d. VN) begehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer Rentenversicherung.
- 2
- Diese wurde aufgrund eines Antrags d. VN mit Versicherungsbeginn zum 1. September 1996 nach dem so genannten Policenmodell des § 5a VVG in der bei Antragstellung gültigen Fassung (im Folgenden § 5a VVG a.F.) abgeschlossen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt d. VN mit dem Versicherungsschein eine Broschüre, welche die Versicherungsbedingungen, eine Verbraucherinformation nach § 10a des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) mit einer Belehrung über das Widerspruchsrecht enthielt.
- 3
- D. VN zahlte ab September 1996 zunächst regelmäßig die Prämien. Nachdem er ab März 1999 in Beitragsrückstand geraten war und auf Erinnerung und Mahnung nicht reagiert hatte, erklärte der Versicherer unter dem 24. August 1999 die Kündigung wegen Beitragsrückständen. Da d. VN die rückständigen Beiträge nicht ausglich, rechnete der Versicherer mit Schreiben vom 3. September 1999 das Versicherungsverhältnis ab und kündigte die Auszahlung des Rückkaufswertes an. Daraufhin bat d. VN um Rücknahme der Kündigung sowie Unterbrechung der Versicherung für ein Jahr. Hiermit erklärte sich der Versicherer einverstanden. Im August 2000 bat der Versicherer d. VN um eine Erklärung hinsichtlich der Fortführung des Vertragsverhältnisses. Mangels Reaktion d. VN schickte der Versicherer ihm im November 2000 einen Verrechnungsscheck i.H. des Rückkaufswertes gemäß der Abrechnung. D. VN übersandte per Fax eine Wiederherstellungserklärung und fügte hinzu, dass der Scheck nicht eingelöst werde. Der Versicherer übersandte d. VN mit Datum vom 30. November 2000 einen Nachtrag zum Versicherungsschein. Nachdem der Versicherer erfahren hatte, dass der Scheck doch eingelöst worden war, forderte er den Rückkaufswert zurück. D. VN wurde zur Rückzahlung verurteilt und hatte kurz vorher den Rückkaufswert zurückgezahlt.
- 4
- Mit Schreiben vom 28. Juli 2009 erklärte d. VN u.a. den Widerspruch gemäß § 5a VVG, hilfsweise die Kündigung. Der Versicherer akzeptierte die Kündigung und zahlte den Rückkaufswert aus.
- 5
- Mit der Klage verlangt d. VN Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten Rückkaufswerts , insgesamt 11.589,42 €.
- 6
- Nach Auffassung d. VN ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen, weil das Policenmodell mit den Lebensversicherungsrichtlinien der Europäischen Union nicht vereinbar sei. Mangels wirksamer Widerspruchsbelehrung habe die Widerspruchsfrist nicht zu laufen begonnen. Die Jahresfrist in § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. sei europarechtswidrig.
- 7
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen.
- 8
- II. Das Berufungsgericht hat einen Prämienrückerstattungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung verneint. D. VN sei es jedenfalls wegen widersprüchlichen Verhaltens verwehrt, sich auf einen etwaigen Anspruch zu berufen. Ein Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F. sei verfristet. Die 1996 erteilte Widerspruchsbelehrung sei drucktechnisch deutlich hervorgehoben und inhaltlich nicht zu beanstanden. Das Widerspruchsrecht sei daher nach Ablauf der 14-tägigen Frist des § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. erloschen.
- 9
- Die Rücknahme der Kündigung der Beklagten auf Ersuchen d. VN sei als Neuabschluss des Versicherungsvertrages nach dem Antragsmodell zu bewerten. Anderenfalls hätte d. VN über ein Rücktrittsrecht gemäß § 8 Abs. 5 VVG a.F. belehrt werden müssen. Das Rücktrittsrecht sei gemäß § 8 Abs. 5 Satz 4 VVG a.F. jedoch einen Monat nach Zahlung der ersten Folgeprämie nach dieser Vereinbarung erloschen.
- 10
- Einem Bereicherungsanspruch stehe jedenfalls § 242 BGB entgegen. Einem VN, der mit Überlassung der Versicherungspolice die Versicherungsbedingungen , die Verbraucherinformation und eine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung erhalten habe, sei nach jahrelanger Durchführung des Versicherungsvertrages die Berufung auf dessen Unwirksamkeit nach Treu und Glauben wegen widersprüchlichen Verhaltens verwehrt. Damit komme es auf die Frage, ob das Policenmodell mit den gemeinschaftsrechtlichen Lebensversicherungsrichtlinien vereinbar sei, nicht entscheidungserheblich an. Dies gelte auch für einen Anspruch nach Rücktritt gemäß § 8 Abs. 5 VVG a.F., selbst dann, wenn - wie nicht - mangels ausreichender Belehrung über das Rücktrittsrecht ein ewiges Rücktrittsrecht bestünde. Hier lägen besonders gravierende Umstände vor, die d. VN die Geltendmachung seines Anspruchs verwehrten. Aufgrund der Kündigung, die durch Beitragsrückstände veranlasst gewesen sei, sei der Vertrag zunächst abgewickelt worden; d. VN habe den Scheck über den Rückkaufswert sogar - entgegen seiner Versprechungeingelöst und erst später den Betrag an den Versicherer zurückgeführt. Er habe durch sein Bemühen um die Wiederinkraftsetzung des Vertrages dem Versicherer deutlich gemacht, dass er den Vertrag unbedingt habe fortsetzen wollen, und dies zu einem Zeitpunkt, als er über alle Vertragsmodalitäten voll informiert gewesen sei. Der Versicherer habe des- halb darauf vertrauen können, dass der Vertrag durchgeführt werden solle und nicht mit einem Rücktritt oder einem Widerruf rechnen müssen. Bei dieser Sachlage stelle sich der gleichwohl erklärte Widerspruch/Widerruf als grob widersprüchliches Verhalten dar.
- 11
- Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt d. VN das Klagebegehren weiter.
- 12
- III. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision i.S. von § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor, und das Rechtsmittel hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz 1 ZPO).
- 13
- Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, weil die Frage der Vereinbarkeit der Regelung in § 8 Abs. 5 Satz 4 VVG a.F. mit dem Gemeinschaftsrecht, auf welche es ankomme, bislang höchstrichterlich nicht geklärt sei. Dasselbe gelte für die Frage, ob bei einer Wiederinkraftsetzung des Lebensversicherungsvertrages die Voraussetzungen eines Widerrufs/Rücktritts nach den Umständen des Erstabschlusses oder der Wiederinkraftsetzung zu beurteilen seien und ob eine fehlende Belehrung über das Rücktrittsrecht nach § 8 Abs. 5 VVG a.F. einer Anwendung von § 242 BGB entgegenstehe.
- 14
- 1. Die erstgenannte Frage ist mittlerweile geklärt. Mit Urteil vom 17. Dezember 2014 (IV ZR 260/11, VersR 2015, 224) hat der Senat entschieden , dass die in § 8 Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 4 VVG a.F. getroffene Regelung, nach welcher auch bei nicht ordnungsgemäßer Belehrung des Versicherungsnehmers über sein jeweiliges Lösungsrecht dieses einen Monat nach Zahlung der ersten Prämie erlischt, richtlinienkon- form einschränkend dahin auszulegen ist, dass sie im Bereich der Lebens - und Rentenversicherung und der Zusatzversicherung zur Lebensversicherung nicht anwendbar ist, hingegen auf die übrigen von § 8 VVG a.F. erfassten Versicherungsarten uneingeschränkt Anwendung findet. Für das Rücktrittsrecht aus § 8 Abs. 5 VVG a.F. kann nach Auffassung des Senats nichts anderes gelten als für das Widerspruchsrecht nach § 5a VVG a.F. Es macht keinen Unterschied, dass die Anwendung des § 8 Abs. 5 VVG a.F. einen Vertragsschluss nach dem Antragsmodell, d.h. eine Übergabe der Versicherungsbedingungen und der Verbraucherinformationen bereits bei Antragstellung voraussetzt. Entscheidend ist allein , dass die Befristung des Rücktrittsrechts bei Fehlen einer ordnungsgemäßen Belehrung über das Recht zum Rücktritt im Ergebnis zu einer vertraglichen Bindung führen könnte, ohne dass dem Versicherungsnehmer die Rücktrittsmöglichkeit ordnungsgemäß zur Kenntnis gebracht wäre. Diese Gefahr wird durch die Frist des § 8 Abs. 5 VVG a.F. gegenüber der vom Senat zuvor beanstandeten Frist in § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. noch dadurch verschärft, dass das Rücktrittsrecht aus § 8 Abs. 5 VVG a.F. nicht erst ein Jahr, sondern bereits einen Monat nach Zahlung der ersten Prämie erlöschen sollte (Senatsurteil vom 17. Dezember 2014 aaO Rn. 22). Für eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof bestand kein Anlass, die Frage ist durch dessen Urteil vom 19. Dezember 2013 (EuGH, VersR 2014, 225) hinreichend geklärt.
- 15
- 2. Ob bei einer - als Neuabschluss des Versicherungsvertrages zu wertenden - Wiederinkraftsetzung des Lebensversicherungsvertrages die Voraussetzungen eines Widerspruchs oder Rücktritts nach den Umständen des Erstabschlusses oder der Wiederinkraftsetzung zu beurteilen sind, braucht hier nicht entschieden zu werden.
- 16
- Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass ein Bereicherungsanspruch nach § 242 BGB wegen widersprüchlichen Verhaltens d. VN ausgeschlossen ist, selbst wenn eine etwa erforderliche Belehrung über das Rücktrittsrecht nach § 8 Abs. 5 VVG a.F. unterblieb. Allgemein gültige Maßstäbe dazu, ob und unter welchen Voraussetzungen eine fehlende Belehrung über das Rücktrittsrecht nach § 8 Abs. 5 VVG a.F. einer Anwendung von § 242 BGB entgegensteht, können nicht aufgestellt werden. Die Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben im Einzelfall obliegt grundsätzlich dem Tatrichter und ist hier aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
- 17
- Das Berufungsgericht hat besonders gravierende Umstände genannt , die d. VN die Geltendmachung seines Anspruchs verwehrten. Es hat berücksichtigt, dass der Vertrag aufgrund der durch Beitragsrückstände veranlassten Kündigung zunächst abgewickelt worden war und d. VN den Scheck über den Rückkaufswert sogar - entgegen seiner Versprechung - eingelöst hatte und erst auf die Klage des Versicherers diesem den Betrag zurückzahlte. Nach den aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts machte d. VN durch seine Bitte, den Vertrag fortzuführen, deutlich, dass er den Vertrag in jedem Fall fortsetzen wollte. Zu diesem Zeitpunkt war er durch die 1996 erteilte, umfassende Verbraucherinformation und die Versicherungsbedingungen über alle Vertragsmodalitäten informiert. Der Versicherer konnte deshalb darauf vertrauen, dass der Vertrag zu den ursprünglichen Bedingungen erneut abgeschlossen und fortgeführt werden solle, zumal d. VN nicht erkennen ließ, dass er erneute oder wiederholte Informationen über die Vertragsmodalitäten benötigte, und den neu abgeschlossenen Vertrag ohne Beanstandungen durchführte.
- 18
- Bei dieser Sachlage konnte das Berufungsgericht den gleichwohl später erklärten Widerspruch und Rücktritt als grob widersprüchliches Verhalten werten.
- 19
- Soweit die Revision darauf verweist, die Beklagte könne schutzwürdiges Vertrauen nicht beanspruchen, weil sie - unterstellt - dem Kläger keine ordnungsgemäße Belehrung über sein Widerspruchs- und Rücktrittsrecht erteilt habe, greift dies im Streitfall nicht. Die Treuwidrigkeit knüpft nach den rechtsfehlerfreien - und angesichts der besonderen Fallumstände überzeugenden - Feststellungen des Berufungsgerichts nicht an die jahrelange Prämienzahlung an, sondern liegt darin, dass der Kläger bei der Beklagten durch sein Verhalten im Zusammenhang mit der Wiederinkraftsetzung des Vertrages den Eindruck erweckt hat, den Vertrag unbedingt fortsetzen zu wollen.
- 20
- 3. Aus den genannten Gründen hat die Revision keine Aussicht auf Erfolg.
- 21
- Das Berufungsurteil weist keine Rechtsfehler auf. Dies gilt auch, soweit sich die Revision zusätzlich darauf beruft, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sei dem Kläger im Jahr 1996 keine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung erteilt worden. Die Belehrung in der Verbraucherinformation ist - was die Revision nicht in Zweifel zieht - drucktechnisch deutlich hervorgehoben. Sie ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Anders als die Revision meint, konnte d. VN die in der Widerspruchsbelehrung erwähnte "Überlassung der … für den Vertragsschluss maßgeblichen Verbraucherinformation" ohne weiteres so verstehen , dass es auf die Verbraucherinformation ankam, die er laut dem rechts neben der Belehrung abgedruckten Hinweis "gemäß § 10a, Ab- satz 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG)" auf den nachfolgenden Seiten erhielt.
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 06.02.2014- 25 O 16184/13 -
OLG München, Entscheidung vom 09.12.2014- 25 U 1381/14 -
BUNDESGERICHTSHOF
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller
am 27. Januar 2016
beschlossen:
Die Parteien erhalten Gelegenheit, hierzu binnen eines Monats Stellung zu nehmen.
Gründe:
- 1
- I. Die Klägerseite (Versicherungsnehmer: im Folgenden d. VN) begehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer kapitalbildenden Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung.
- 2
- Diese wurde mit Versicherungsbeginn zum 1. Dezember 1999 nach dem so genannten Policenmodell des § 5a VVG in der seinerzeit gültigen Fassung (im Folgenden § 5a VVG a.F.) abgeschlossen. Aufgrund Antrags d. VN vom 6. März 2000 hinsichtlich einer Höherversicherung und Tarifänderung kam es zu einer Neupolicierung rückwirkend zum 1. Dezember 1999. Unstreitig erhielt d. VN mit dem Versicherungsschein, der jeweils die Belehrung über das Widerspruchsrecht gemäß § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. enthielt, die Versicherungsbedingungen und eine Verbraucherinformation nach § 10a des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG).
- 3
- D. VN zahlte in der Folge die Versicherungsprämien. Mit Schreiben vom 15. Oktober 2009 erklärte er u.a. den Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F., hilfsweise die Kündigung und der Versicherer zahlte den Rückkaufswert aus. Mit Schreiben vom 6. März 2012 erklärte er erneut u.a. den Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F.
- 4
- Mit der Klage begehrt d. VN - soweit für die Revisionsinstanz noch von Belang - Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteter Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten Rückkaufwertes, insgesamt 8.871,71 €.
- 5
- Nach Auffassung d. VN ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen, weil d. VN zum einen nicht ordnungsgemäß belehrt wurde und zum anderen das Policenmodell mit den Lebensversicherungsrichtlinien der Europäischen Union nicht vereinbar sei.
- 6
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; die Berufung des Klägers ist vom Oberlandesgericht zurückgewiesen worden.
- 7
- II. Das Berufungsgericht hat einen Prämienrückerstattungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung verneint. D. VN habe die Prämien mit Rechtsgrund geleistet. Der Versicherungsvertrag sei wirksam zustande gekommen. Die erforderliche Widerspruchsbelehrung sei ordnungsgemäß erteilt worden. Sie sei drucktechnisch hervorgehoben und inhaltlich ordnungsgemäß. Das Widerspruchsrecht sei daher nach Ablauf der 14-tägigen Frist des § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. erloschen. Die Reglung des Policenmodells verstoße nicht gegen die Zweite und Dritte Richtlinie Lebensversicherung. Die Ausübung des Widerspruchsrechts widerspreche hier jedenfalls Treu und Glauben, weil d. VN die ihm bekannt gemachte Widerspruchsfrist beim Vertragsschluss im Jahr 2000 ungenutzt habe verstreichen lassen und jahrelang bis Dezember 2008 die Prämien gezahlt habe. Außerdem habe er die Ansprüche aus der Lebensversicherung bereits am 17. März 2000 und erneut im September 2008 zur Kreditsicherung abgetreten, wovon der Versicherer Kenntnis erhalten habe.
- 8
- Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt d. VN das Klagebegehren weiter.
- 9
- III. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision im Sinne von § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO liegen nicht vor, und das Rechtsmittel hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz 1 ZPO).
- 10
- Das Berufungsgericht hat die Revision unbeschränkt zugelassen. Es meinte, es sei eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung, ob wegen § 5a VVG a.F. eine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Widerspruchsbelehrung auch ohne Hinweis auf das Schriftlichkeitserforder- nis gemäß § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. möglich sei. Außerdem sei noch nicht abschließend geklärt, welche Anforderungen bei Auskunftserteilung durch den Versicherer an eine geordnete Form zu stellen seien. Diese Fragen stellen sich hier jedoch nicht oder haben keine grundsätzliche Bedeutung.
- 11
- 1. Das Auskunftsbegehren ist nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens , so dass es auf die letztgenannte Frage schon deshalb nicht ankommt.
- 12
- 2. Hinsichtlich der ersten Frage besteht keine grundsätzliche Bedeutung. Die Maßstäbe einer den gesetzlichen Anforderungen genügende Widerspruchsbelehrung hinsichtlich des Schriftlichkeitserfordernis nach § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. sind durch die Senatsrechtsprechung geklärt. Die notwendige Belehrung über das gesetzliche Formerfordernis (vgl. Senatsurteil vom 28. Januar 2004 - IV ZR 58/03, VersR 2004, 497 unter 3b) erfolgte entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht dadurch, dass d. VN mitgeteilt wurde, zur Fristwahrung genüge die rechtzeitige "Absendung" der Widerspruchserklärung (Senatsurteil vom 17. Juni 2015 - IV ZR 426/13, juris Rn. 12). Selbst wenn ein verständiger Versicherungsnehmer nur verkörperte Erklärungen als der Absendung zugänglich ansieht, so bleibt für ihn dennoch unklar, ob hierzu eine Verkörperung in Textform ausreicht oder ob es nicht der traditionellen Schriftform bedarf (Senatsurteil vom 29. Juli 2015 - IV ZR 448/14, VersR 2015, 1104 Rn. 24).
- 13
- 3. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
- 14
- a) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist d. VN nach dem Vorstehenden allerdings inhaltlich - wie die Revision zu Recht rügt - nicht ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht belehrt worden, weil die Widerspruchsbelehrung keinen Hinweis darauf enthält, dass der Widerspruch schriftlich zu erheben war. Dass, wie das Berufungsgericht und die Revisionserwiderung meinen, durch die Belehrung die Schriftform abbedungen werden sollte, ist ihrem Text nicht zu entnehmen.
- 15
- b) Anders als die Revisionserwiderung meint, war eine ordnungsgemäße Belehrung über das Widerspruchsrecht hier auch nicht ausnahmsweise deshalb entbehrlich, weil d. VN bei seinem Antrag auf Abschluss des Versicherungsvertrages durch einen Versicherungsmakler beraten worden sei. Eine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung ist nach § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. gesetzlich vorgeschrieben. Darauf, ob d. VN im Einzelfall trotz nicht ordnungsgemäßer Belehrung von seinem Widerspruchsrecht gleichwohl zutreffend Kenntnis hatte, kommt es nicht an. Die Frage der Ordnungsgemäßheit der Belehrung ist abstrakt zu beurteilen (vgl. BGH, Urteil vom 17. Dezember 1992 - I ZR 73/91, BGHZ 121, 52, 57; vgl. auch Senatsurteil vom 15. Juli 2015 - IV ZR 386/13, juris Rn. 12 zur "Monatsfrist").
- 16
- c) Das Berufungsgericht hat im Ergebnis aber mit Rücksicht auf die besonderen Umstände des Falles rechtsfehlerfrei angenommen, dass ein Bereicherungsanspruch nach § 242 BGB unabhängig von Wirksamkeitszweifeln nach dem Policenmodell geschlossener Versicherungsverträge wegen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des § 5a VVG a.F. (vgl. dazu Senatsurteil vom 16. Juli 2014 - IV ZR 73/13, BGHZ 202, 102 Rn. 16 ff.; BVerfG VersR 2015, 693 Rn. 30 ff.) wegen widersprüchlichen Verhaltens d. VN ausgeschlossen ist. Es hat zu Recht besonders gravierende Um- stände festgestellt, die d. VN die Geltendmachung seines Anspruchs hier verwehren. Dieser hatte bereits zwei Monate nach Erhalt des Versicherungsscheins am 17. März 2000 seine Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag als Sicherheit für ein Darlehen über 135.000 DM an eine Bank abgetreten, wovon die Beklagte mit Schreiben vom 24. Mai 2000 Kenntnis erhielt. Nach Prämienzahlung über mehr als acht Jahre trat d. VN die Forderungen aus dem Versicherungsvertrag im September 2008 ein weiteres Mal an eine Bank zur Sicherung der Ansprüche aus einem Kreditvertrag ab. Auch darüber wurde die Beklagte informiert. Die Abtretung umfasste jeweils ausdrücklich auch die Todesfallleistung; dies setzt, worauf auch die Revisionserwiderung zutreffend hinweist, zwingend das Bestehen eines wirksamen Vertrages voraus. Der enge zeitliche Zusammenhang zwischen dem Abschluss des Versicherungsvertrages und dessen Einsatz zur Kreditsicherung sowie die Abtretung auch der Todesfallleistung durfte bei dem Versicherer ein schutzwürdiges Vertrauen in den unbedingten Bestand des Vertrages begründen. Diese vertrauensbegründende Wirkung war für d. VN auch erkennbar.
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Potsdam, Entscheidung vom 25.06.2013- 10 O 458/12 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 14.01.2015- 11 U 112/13 -
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 13.07.2010 - 22 O 587/09 - wird
zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens sowie die Kosten des Revi-sionsverfahrens und des Verfahrens vor dem Gerichtshof der Europäischen Union.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Berufungsstreitwert:
bis 20.10.2014: 22.272,56 EUR
danach: 5.211,04 EUR
Gründe
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Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 25. September 2015 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - 9 O 449/14 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe
2I.
Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
3II.
4Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.
5Der Kläger hat keinen Anspruch auf verzinsliche Erstattung der von ihm auf die beiden streitgegenständlichen Rentenversicherungsverträge geleisteten Prämien. Dem Kläger stand Ende Mai 2014 ein Recht zum Widerspruch nach § 5a VVG a.F. nicht mehr zu. Dies gilt ungeachtet des Umstandes, dass es an formal ordnungsgemäßen Widerspruchsbelehrungen in den Bedingungsheften fehlt, weil die Belehrungen nicht in drucktechnisch deutlicher Form im Sinne von § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. gestaltet worden sind.
6Der Senat sieht in der gegebenen besonderen Situation die Ausübung des Widerspruchsrechts trotz einer fehlenden ordnungsgemäßen Widerspruchsbelehrung als widersprüchliches Verhalten im Sinne von § 242 BGB an. Grundsätzlich mag es zutreffend sein, dass der Annahme widersprüchlichen Verhaltens (oder auch der Annahme einer Verwirkung) die wegen fehlender oder unzutreffender Belehrung mangelnde Kenntnis des Versicherungsnehmers vom Widerspruchsrecht entgegensteht (vgl. BGH, VersR 2014, 817). Dies aber ist nur ein, wenngleich sicher wesentliches Element im Rahmen der Gesamtwürdigung aller Umstände. Gleichwohl können besondere Gegebenheiten die Annahme rechtfertigen, dass der Versicherer berechtigterweise mit einem Widerspruch des Versicherungsnehmers viele Jahre nach dem Vertragsbeginn nicht mehr rechnen muss und auch der Versicherungsnehmer insoweit nicht mehr schutzwürdig erscheint. Besonders gravierende Umstände, die die Ausübung des Widerspruchsrechts als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen, liegen nach der vom Senat geteilten Auffassung des Bundesgerichtshofs vor, wenn ein Versicherungsnehmer beim Versicherer durch ein Verhalten bei der Wiederinkraftsetzung eines gekündigten Vertrags den Eindruck erweckt, den Vertrag unbedingt fortsetzen zu wollen (BGH, Beschl. v. 17. November 2015 - IV ZR 117/15 -).
7Eine solche Konstellation ist vorliegend gegeben: Hier hat allerdings nicht (wie in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall) die Beklagte, sondern der Kläger die streitgegenständlichen Rentenversicherungen mit Schreiben vom 19. Februar 2014 (Anlage B 7) gekündigt. Mit Schreiben vom 27. Februar 2014 (Anlage B 8) hatte er sodann indes - was maßgebend ist - die Kündigungen aus freien Stücken zurückgenommen und um Beitragsfreistellung unter Zurücksendung der Policen an ihn gebeten. Dem hat die Beklagte entsprochen. Damit gelten die vom Bundesgerichtshof angeführten Kriterien für die Annahme einer Verwirkung bzw. eines grob widersprüchlichen Verhaltens auch hier. Der Kläger hat durch seine Bitte, die Verträge nach den von ihm ausgesprochenen Kündigungen beitragsfrei fortzuführen (rechtlich handelt es sich dabei um Neuabschlüsse; vgl. BGH, aaO, Rz. 15), verdeutlicht, dass er an den Verträgen festhalten will. Über die Vertragsmodalitäten war er informiert, denn es ist unstreitig, dass er die Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformationen im Jahr 2002 erhalten hat. Bei dieser Sachlage konnte die Beklagte darauf vertrauen, dass die Verträge zu den ursprünglichen Bedingungen entsprechend der Bitte des Klägers erneut abgeschlossen und fortgeführt werden sollten. Der Kläger hat die Verträge denn auch wenigstens noch einige Monate weitergeführt; mit einem Widerspruch Ende Mai 2014 musste die Beklagte in dieser Situation billigerweise nicht mehr rechnen.
8Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
9Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 1 ZPO liegen nicht vor. Grundsätzliche Rechtsfragen stellen sich nicht; es handelt sich vielmehr um eine Einzelfallentscheidung, in der der Senat unter Würdigung der besonderen Umstände des Falles ausnahmsweise ein Widerspruchsrecht trotz nicht ordnungsgemäßer Belehrung als nicht mehr gegeben ansieht.
10Berufungsstreitwert: 10.463,83 €
BUNDESGERICHTSHOF
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller
am 11. November 2015
beschlossen:
Die Parteien erhalten Gelegenheit, hierzu binnen eines Monats Stellung zu nehmen.
Gründe:
- 1
- I. Die Klägerseite (Versicherungsnehmer: im Folgenden d. VN) begehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer Rentenversicherung.
- 2
- Diese wurde aufgrund eines Antrags d. VN mit Versicherungsbeginn zum 1. September 1996 nach dem so genannten Policenmodell des § 5a VVG in der bei Antragstellung gültigen Fassung (im Folgenden § 5a VVG a.F.) abgeschlossen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt d. VN mit dem Versicherungsschein eine Broschüre, welche die Versicherungsbedingungen, eine Verbraucherinformation nach § 10a des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) mit einer Belehrung über das Widerspruchsrecht enthielt.
- 3
- D. VN zahlte ab September 1996 zunächst regelmäßig die Prämien. Nachdem er ab März 1999 in Beitragsrückstand geraten war und auf Erinnerung und Mahnung nicht reagiert hatte, erklärte der Versicherer unter dem 24. August 1999 die Kündigung wegen Beitragsrückständen. Da d. VN die rückständigen Beiträge nicht ausglich, rechnete der Versicherer mit Schreiben vom 3. September 1999 das Versicherungsverhältnis ab und kündigte die Auszahlung des Rückkaufswertes an. Daraufhin bat d. VN um Rücknahme der Kündigung sowie Unterbrechung der Versicherung für ein Jahr. Hiermit erklärte sich der Versicherer einverstanden. Im August 2000 bat der Versicherer d. VN um eine Erklärung hinsichtlich der Fortführung des Vertragsverhältnisses. Mangels Reaktion d. VN schickte der Versicherer ihm im November 2000 einen Verrechnungsscheck i.H. des Rückkaufswertes gemäß der Abrechnung. D. VN übersandte per Fax eine Wiederherstellungserklärung und fügte hinzu, dass der Scheck nicht eingelöst werde. Der Versicherer übersandte d. VN mit Datum vom 30. November 2000 einen Nachtrag zum Versicherungsschein. Nachdem der Versicherer erfahren hatte, dass der Scheck doch eingelöst worden war, forderte er den Rückkaufswert zurück. D. VN wurde zur Rückzahlung verurteilt und hatte kurz vorher den Rückkaufswert zurückgezahlt.
- 4
- Mit Schreiben vom 28. Juli 2009 erklärte d. VN u.a. den Widerspruch gemäß § 5a VVG, hilfsweise die Kündigung. Der Versicherer akzeptierte die Kündigung und zahlte den Rückkaufswert aus.
- 5
- Mit der Klage verlangt d. VN Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten Rückkaufswerts , insgesamt 11.589,42 €.
- 6
- Nach Auffassung d. VN ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen, weil das Policenmodell mit den Lebensversicherungsrichtlinien der Europäischen Union nicht vereinbar sei. Mangels wirksamer Widerspruchsbelehrung habe die Widerspruchsfrist nicht zu laufen begonnen. Die Jahresfrist in § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. sei europarechtswidrig.
- 7
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen.
- 8
- II. Das Berufungsgericht hat einen Prämienrückerstattungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung verneint. D. VN sei es jedenfalls wegen widersprüchlichen Verhaltens verwehrt, sich auf einen etwaigen Anspruch zu berufen. Ein Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F. sei verfristet. Die 1996 erteilte Widerspruchsbelehrung sei drucktechnisch deutlich hervorgehoben und inhaltlich nicht zu beanstanden. Das Widerspruchsrecht sei daher nach Ablauf der 14-tägigen Frist des § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. erloschen.
- 9
- Die Rücknahme der Kündigung der Beklagten auf Ersuchen d. VN sei als Neuabschluss des Versicherungsvertrages nach dem Antragsmodell zu bewerten. Anderenfalls hätte d. VN über ein Rücktrittsrecht gemäß § 8 Abs. 5 VVG a.F. belehrt werden müssen. Das Rücktrittsrecht sei gemäß § 8 Abs. 5 Satz 4 VVG a.F. jedoch einen Monat nach Zahlung der ersten Folgeprämie nach dieser Vereinbarung erloschen.
- 10
- Einem Bereicherungsanspruch stehe jedenfalls § 242 BGB entgegen. Einem VN, der mit Überlassung der Versicherungspolice die Versicherungsbedingungen , die Verbraucherinformation und eine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung erhalten habe, sei nach jahrelanger Durchführung des Versicherungsvertrages die Berufung auf dessen Unwirksamkeit nach Treu und Glauben wegen widersprüchlichen Verhaltens verwehrt. Damit komme es auf die Frage, ob das Policenmodell mit den gemeinschaftsrechtlichen Lebensversicherungsrichtlinien vereinbar sei, nicht entscheidungserheblich an. Dies gelte auch für einen Anspruch nach Rücktritt gemäß § 8 Abs. 5 VVG a.F., selbst dann, wenn - wie nicht - mangels ausreichender Belehrung über das Rücktrittsrecht ein ewiges Rücktrittsrecht bestünde. Hier lägen besonders gravierende Umstände vor, die d. VN die Geltendmachung seines Anspruchs verwehrten. Aufgrund der Kündigung, die durch Beitragsrückstände veranlasst gewesen sei, sei der Vertrag zunächst abgewickelt worden; d. VN habe den Scheck über den Rückkaufswert sogar - entgegen seiner Versprechungeingelöst und erst später den Betrag an den Versicherer zurückgeführt. Er habe durch sein Bemühen um die Wiederinkraftsetzung des Vertrages dem Versicherer deutlich gemacht, dass er den Vertrag unbedingt habe fortsetzen wollen, und dies zu einem Zeitpunkt, als er über alle Vertragsmodalitäten voll informiert gewesen sei. Der Versicherer habe des- halb darauf vertrauen können, dass der Vertrag durchgeführt werden solle und nicht mit einem Rücktritt oder einem Widerruf rechnen müssen. Bei dieser Sachlage stelle sich der gleichwohl erklärte Widerspruch/Widerruf als grob widersprüchliches Verhalten dar.
- 11
- Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt d. VN das Klagebegehren weiter.
- 12
- III. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision i.S. von § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor, und das Rechtsmittel hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz 1 ZPO).
- 13
- Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, weil die Frage der Vereinbarkeit der Regelung in § 8 Abs. 5 Satz 4 VVG a.F. mit dem Gemeinschaftsrecht, auf welche es ankomme, bislang höchstrichterlich nicht geklärt sei. Dasselbe gelte für die Frage, ob bei einer Wiederinkraftsetzung des Lebensversicherungsvertrages die Voraussetzungen eines Widerrufs/Rücktritts nach den Umständen des Erstabschlusses oder der Wiederinkraftsetzung zu beurteilen seien und ob eine fehlende Belehrung über das Rücktrittsrecht nach § 8 Abs. 5 VVG a.F. einer Anwendung von § 242 BGB entgegenstehe.
- 14
- 1. Die erstgenannte Frage ist mittlerweile geklärt. Mit Urteil vom 17. Dezember 2014 (IV ZR 260/11, VersR 2015, 224) hat der Senat entschieden , dass die in § 8 Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 4 VVG a.F. getroffene Regelung, nach welcher auch bei nicht ordnungsgemäßer Belehrung des Versicherungsnehmers über sein jeweiliges Lösungsrecht dieses einen Monat nach Zahlung der ersten Prämie erlischt, richtlinienkon- form einschränkend dahin auszulegen ist, dass sie im Bereich der Lebens - und Rentenversicherung und der Zusatzversicherung zur Lebensversicherung nicht anwendbar ist, hingegen auf die übrigen von § 8 VVG a.F. erfassten Versicherungsarten uneingeschränkt Anwendung findet. Für das Rücktrittsrecht aus § 8 Abs. 5 VVG a.F. kann nach Auffassung des Senats nichts anderes gelten als für das Widerspruchsrecht nach § 5a VVG a.F. Es macht keinen Unterschied, dass die Anwendung des § 8 Abs. 5 VVG a.F. einen Vertragsschluss nach dem Antragsmodell, d.h. eine Übergabe der Versicherungsbedingungen und der Verbraucherinformationen bereits bei Antragstellung voraussetzt. Entscheidend ist allein , dass die Befristung des Rücktrittsrechts bei Fehlen einer ordnungsgemäßen Belehrung über das Recht zum Rücktritt im Ergebnis zu einer vertraglichen Bindung führen könnte, ohne dass dem Versicherungsnehmer die Rücktrittsmöglichkeit ordnungsgemäß zur Kenntnis gebracht wäre. Diese Gefahr wird durch die Frist des § 8 Abs. 5 VVG a.F. gegenüber der vom Senat zuvor beanstandeten Frist in § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. noch dadurch verschärft, dass das Rücktrittsrecht aus § 8 Abs. 5 VVG a.F. nicht erst ein Jahr, sondern bereits einen Monat nach Zahlung der ersten Prämie erlöschen sollte (Senatsurteil vom 17. Dezember 2014 aaO Rn. 22). Für eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof bestand kein Anlass, die Frage ist durch dessen Urteil vom 19. Dezember 2013 (EuGH, VersR 2014, 225) hinreichend geklärt.
- 15
- 2. Ob bei einer - als Neuabschluss des Versicherungsvertrages zu wertenden - Wiederinkraftsetzung des Lebensversicherungsvertrages die Voraussetzungen eines Widerspruchs oder Rücktritts nach den Umständen des Erstabschlusses oder der Wiederinkraftsetzung zu beurteilen sind, braucht hier nicht entschieden zu werden.
- 16
- Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass ein Bereicherungsanspruch nach § 242 BGB wegen widersprüchlichen Verhaltens d. VN ausgeschlossen ist, selbst wenn eine etwa erforderliche Belehrung über das Rücktrittsrecht nach § 8 Abs. 5 VVG a.F. unterblieb. Allgemein gültige Maßstäbe dazu, ob und unter welchen Voraussetzungen eine fehlende Belehrung über das Rücktrittsrecht nach § 8 Abs. 5 VVG a.F. einer Anwendung von § 242 BGB entgegensteht, können nicht aufgestellt werden. Die Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben im Einzelfall obliegt grundsätzlich dem Tatrichter und ist hier aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
- 17
- Das Berufungsgericht hat besonders gravierende Umstände genannt , die d. VN die Geltendmachung seines Anspruchs verwehrten. Es hat berücksichtigt, dass der Vertrag aufgrund der durch Beitragsrückstände veranlassten Kündigung zunächst abgewickelt worden war und d. VN den Scheck über den Rückkaufswert sogar - entgegen seiner Versprechung - eingelöst hatte und erst auf die Klage des Versicherers diesem den Betrag zurückzahlte. Nach den aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts machte d. VN durch seine Bitte, den Vertrag fortzuführen, deutlich, dass er den Vertrag in jedem Fall fortsetzen wollte. Zu diesem Zeitpunkt war er durch die 1996 erteilte, umfassende Verbraucherinformation und die Versicherungsbedingungen über alle Vertragsmodalitäten informiert. Der Versicherer konnte deshalb darauf vertrauen, dass der Vertrag zu den ursprünglichen Bedingungen erneut abgeschlossen und fortgeführt werden solle, zumal d. VN nicht erkennen ließ, dass er erneute oder wiederholte Informationen über die Vertragsmodalitäten benötigte, und den neu abgeschlossenen Vertrag ohne Beanstandungen durchführte.
- 18
- Bei dieser Sachlage konnte das Berufungsgericht den gleichwohl später erklärten Widerspruch und Rücktritt als grob widersprüchliches Verhalten werten.
- 19
- Soweit die Revision darauf verweist, die Beklagte könne schutzwürdiges Vertrauen nicht beanspruchen, weil sie - unterstellt - dem Kläger keine ordnungsgemäße Belehrung über sein Widerspruchs- und Rücktrittsrecht erteilt habe, greift dies im Streitfall nicht. Die Treuwidrigkeit knüpft nach den rechtsfehlerfreien - und angesichts der besonderen Fallumstände überzeugenden - Feststellungen des Berufungsgerichts nicht an die jahrelange Prämienzahlung an, sondern liegt darin, dass der Kläger bei der Beklagten durch sein Verhalten im Zusammenhang mit der Wiederinkraftsetzung des Vertrages den Eindruck erweckt hat, den Vertrag unbedingt fortsetzen zu wollen.
- 20
- 3. Aus den genannten Gründen hat die Revision keine Aussicht auf Erfolg.
- 21
- Das Berufungsurteil weist keine Rechtsfehler auf. Dies gilt auch, soweit sich die Revision zusätzlich darauf beruft, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sei dem Kläger im Jahr 1996 keine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung erteilt worden. Die Belehrung in der Verbraucherinformation ist - was die Revision nicht in Zweifel zieht - drucktechnisch deutlich hervorgehoben. Sie ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Anders als die Revision meint, konnte d. VN die in der Widerspruchsbelehrung erwähnte "Überlassung der … für den Vertragsschluss maßgeblichen Verbraucherinformation" ohne weiteres so verstehen , dass es auf die Verbraucherinformation ankam, die er laut dem rechts neben der Belehrung abgedruckten Hinweis "gemäß § 10a, Ab- satz 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG)" auf den nachfolgenden Seiten erhielt.
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 06.02.2014- 25 O 16184/13 -
OLG München, Entscheidung vom 09.12.2014- 25 U 1381/14 -
BUNDESGERICHTSHOF
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller
am 22. März 2016
beschlossen:
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf bis 9.000 € festgesetzt.
Gründe:
- 1
- Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerseite (Versicherungsnehmer: im Folgenden d. VN) war gemäß § 552a ZPO zurückzuweisen , weil die Voraussetzungen für ihre Zulassung nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. Der Senat hat die Parteien mit Beschluss vom 27. Januar 2016 auf die beabsichtigte Zurückweisung hingewiesen. Auf die dortigen Gründe wird ergänzend Bezug genommen. Der Schriftsatz des Klägervertreters vom 11. März2016 gibt keine Veranlassung, von der Zurückweisung der Revision abzusehen.
- 2
- Entgegen dessen Auffassung greift hier der Einwand nicht, dass schon nach Maßstäben des Europarechts das Berufungsgericht gehindert gewesen sei, Verwirkung anzunehmen. Die Maßstäbe für die Berücksichtigung der Gesichtspunkte von Treu und Glauben sind in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union geklärt (siehe im Einzelnen Senatsurteil vom 16. Juli 2014 - IV ZR 73/13, BGHZ 202, 102 Rn. 41 f.; BVerfG VersR 2015, 693 Rn. 43 ff.). Die Annahme rechtsmissbräuchlichen Verhaltens steht hier im Einklang mit dieser Rechtsprechung.
- 3
- Die Frage, ob verbraucherschützende Widerspruchsrechte durch nationale Vorschriften zum Rechtsmissbrauch beschränkt werden dürfen, berührt zwar das Gebot der praktischen Wirksamkeit. Der Anwendung von Treu und Glauben und des Verbots widersprüchlicher Rechtsausübung steht dies aber nicht entgegen, weil die Ausübung dieser Rechte in das nationale Zivilrecht eingebettet bleibt und die nationalen Gerichte ein missbräuchliches Verhalten auch nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union berücksichtigen dürfen (BVerfG aaO Rn. 44 m.w.N.).
- 4
- Die Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben beeinträchtigt auch angesichts der besonderen Umstände des Streitfalles die praktische Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts und den Sinn und Zweck des Widerspruchsrechts nicht. Die Erwägungen der Zweiten und Dritten Richtlinie Lebensversicherung, eine genaue Belehrung der Versicherungsnehmer über ihr Rücktrittsrecht vor Abschluss des Vertrages sicherzustellen , werden hier nicht berührt. Ob d. VN ordnungsgemäß über das Widerspruchsrecht belehrt wurde, ist hier ausnahmsweise nicht entscheidungserheblich. Ausschlaggebend ist vielmehr, dass d. VN durch sein Verhalten im Zusammenhang mit dem zweimaligen Einsatz des Versicherungsvertrages zur Sicherung eines Kredits bei dem Versicherer den Eindruck erweckt hat, den Vertrag unbedingt fortsetzen zu wollen.
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Potsdam, Entscheidung vom 25.06.2013- 10 O 458/12 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 14.01.2015- 11 U 112/13 -
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 25. September 2015 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - 9 O 449/14 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe
2I.
Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
3II.
4Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.
5Der Kläger hat keinen Anspruch auf verzinsliche Erstattung der von ihm auf die beiden streitgegenständlichen Rentenversicherungsverträge geleisteten Prämien. Dem Kläger stand Ende Mai 2014 ein Recht zum Widerspruch nach § 5a VVG a.F. nicht mehr zu. Dies gilt ungeachtet des Umstandes, dass es an formal ordnungsgemäßen Widerspruchsbelehrungen in den Bedingungsheften fehlt, weil die Belehrungen nicht in drucktechnisch deutlicher Form im Sinne von § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. gestaltet worden sind.
6Der Senat sieht in der gegebenen besonderen Situation die Ausübung des Widerspruchsrechts trotz einer fehlenden ordnungsgemäßen Widerspruchsbelehrung als widersprüchliches Verhalten im Sinne von § 242 BGB an. Grundsätzlich mag es zutreffend sein, dass der Annahme widersprüchlichen Verhaltens (oder auch der Annahme einer Verwirkung) die wegen fehlender oder unzutreffender Belehrung mangelnde Kenntnis des Versicherungsnehmers vom Widerspruchsrecht entgegensteht (vgl. BGH, VersR 2014, 817). Dies aber ist nur ein, wenngleich sicher wesentliches Element im Rahmen der Gesamtwürdigung aller Umstände. Gleichwohl können besondere Gegebenheiten die Annahme rechtfertigen, dass der Versicherer berechtigterweise mit einem Widerspruch des Versicherungsnehmers viele Jahre nach dem Vertragsbeginn nicht mehr rechnen muss und auch der Versicherungsnehmer insoweit nicht mehr schutzwürdig erscheint. Besonders gravierende Umstände, die die Ausübung des Widerspruchsrechts als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen, liegen nach der vom Senat geteilten Auffassung des Bundesgerichtshofs vor, wenn ein Versicherungsnehmer beim Versicherer durch ein Verhalten bei der Wiederinkraftsetzung eines gekündigten Vertrags den Eindruck erweckt, den Vertrag unbedingt fortsetzen zu wollen (BGH, Beschl. v. 17. November 2015 - IV ZR 117/15 -).
7Eine solche Konstellation ist vorliegend gegeben: Hier hat allerdings nicht (wie in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall) die Beklagte, sondern der Kläger die streitgegenständlichen Rentenversicherungen mit Schreiben vom 19. Februar 2014 (Anlage B 7) gekündigt. Mit Schreiben vom 27. Februar 2014 (Anlage B 8) hatte er sodann indes - was maßgebend ist - die Kündigungen aus freien Stücken zurückgenommen und um Beitragsfreistellung unter Zurücksendung der Policen an ihn gebeten. Dem hat die Beklagte entsprochen. Damit gelten die vom Bundesgerichtshof angeführten Kriterien für die Annahme einer Verwirkung bzw. eines grob widersprüchlichen Verhaltens auch hier. Der Kläger hat durch seine Bitte, die Verträge nach den von ihm ausgesprochenen Kündigungen beitragsfrei fortzuführen (rechtlich handelt es sich dabei um Neuabschlüsse; vgl. BGH, aaO, Rz. 15), verdeutlicht, dass er an den Verträgen festhalten will. Über die Vertragsmodalitäten war er informiert, denn es ist unstreitig, dass er die Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformationen im Jahr 2002 erhalten hat. Bei dieser Sachlage konnte die Beklagte darauf vertrauen, dass die Verträge zu den ursprünglichen Bedingungen entsprechend der Bitte des Klägers erneut abgeschlossen und fortgeführt werden sollten. Der Kläger hat die Verträge denn auch wenigstens noch einige Monate weitergeführt; mit einem Widerspruch Ende Mai 2014 musste die Beklagte in dieser Situation billigerweise nicht mehr rechnen.
8Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
9Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 1 ZPO liegen nicht vor. Grundsätzliche Rechtsfragen stellen sich nicht; es handelt sich vielmehr um eine Einzelfallentscheidung, in der der Senat unter Würdigung der besonderen Umstände des Falles ausnahmsweise ein Widerspruchsrecht trotz nicht ordnungsgemäßer Belehrung als nicht mehr gegeben ansieht.
10Berufungsstreitwert: 10.463,83 €
BUNDESGERICHTSHOF
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller
am 11. November 2015
beschlossen:
Die Parteien erhalten Gelegenheit, hierzu binnen eines Monats Stellung zu nehmen.
Gründe:
- 1
- I. Die Klägerseite (Versicherungsnehmer: im Folgenden d. VN) begehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer Rentenversicherung.
- 2
- Diese wurde aufgrund eines Antrags d. VN mit Versicherungsbeginn zum 1. September 1996 nach dem so genannten Policenmodell des § 5a VVG in der bei Antragstellung gültigen Fassung (im Folgenden § 5a VVG a.F.) abgeschlossen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt d. VN mit dem Versicherungsschein eine Broschüre, welche die Versicherungsbedingungen, eine Verbraucherinformation nach § 10a des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) mit einer Belehrung über das Widerspruchsrecht enthielt.
- 3
- D. VN zahlte ab September 1996 zunächst regelmäßig die Prämien. Nachdem er ab März 1999 in Beitragsrückstand geraten war und auf Erinnerung und Mahnung nicht reagiert hatte, erklärte der Versicherer unter dem 24. August 1999 die Kündigung wegen Beitragsrückständen. Da d. VN die rückständigen Beiträge nicht ausglich, rechnete der Versicherer mit Schreiben vom 3. September 1999 das Versicherungsverhältnis ab und kündigte die Auszahlung des Rückkaufswertes an. Daraufhin bat d. VN um Rücknahme der Kündigung sowie Unterbrechung der Versicherung für ein Jahr. Hiermit erklärte sich der Versicherer einverstanden. Im August 2000 bat der Versicherer d. VN um eine Erklärung hinsichtlich der Fortführung des Vertragsverhältnisses. Mangels Reaktion d. VN schickte der Versicherer ihm im November 2000 einen Verrechnungsscheck i.H. des Rückkaufswertes gemäß der Abrechnung. D. VN übersandte per Fax eine Wiederherstellungserklärung und fügte hinzu, dass der Scheck nicht eingelöst werde. Der Versicherer übersandte d. VN mit Datum vom 30. November 2000 einen Nachtrag zum Versicherungsschein. Nachdem der Versicherer erfahren hatte, dass der Scheck doch eingelöst worden war, forderte er den Rückkaufswert zurück. D. VN wurde zur Rückzahlung verurteilt und hatte kurz vorher den Rückkaufswert zurückgezahlt.
- 4
- Mit Schreiben vom 28. Juli 2009 erklärte d. VN u.a. den Widerspruch gemäß § 5a VVG, hilfsweise die Kündigung. Der Versicherer akzeptierte die Kündigung und zahlte den Rückkaufswert aus.
- 5
- Mit der Klage verlangt d. VN Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten Rückkaufswerts , insgesamt 11.589,42 €.
- 6
- Nach Auffassung d. VN ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen, weil das Policenmodell mit den Lebensversicherungsrichtlinien der Europäischen Union nicht vereinbar sei. Mangels wirksamer Widerspruchsbelehrung habe die Widerspruchsfrist nicht zu laufen begonnen. Die Jahresfrist in § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. sei europarechtswidrig.
- 7
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen.
- 8
- II. Das Berufungsgericht hat einen Prämienrückerstattungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung verneint. D. VN sei es jedenfalls wegen widersprüchlichen Verhaltens verwehrt, sich auf einen etwaigen Anspruch zu berufen. Ein Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F. sei verfristet. Die 1996 erteilte Widerspruchsbelehrung sei drucktechnisch deutlich hervorgehoben und inhaltlich nicht zu beanstanden. Das Widerspruchsrecht sei daher nach Ablauf der 14-tägigen Frist des § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. erloschen.
- 9
- Die Rücknahme der Kündigung der Beklagten auf Ersuchen d. VN sei als Neuabschluss des Versicherungsvertrages nach dem Antragsmodell zu bewerten. Anderenfalls hätte d. VN über ein Rücktrittsrecht gemäß § 8 Abs. 5 VVG a.F. belehrt werden müssen. Das Rücktrittsrecht sei gemäß § 8 Abs. 5 Satz 4 VVG a.F. jedoch einen Monat nach Zahlung der ersten Folgeprämie nach dieser Vereinbarung erloschen.
- 10
- Einem Bereicherungsanspruch stehe jedenfalls § 242 BGB entgegen. Einem VN, der mit Überlassung der Versicherungspolice die Versicherungsbedingungen , die Verbraucherinformation und eine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung erhalten habe, sei nach jahrelanger Durchführung des Versicherungsvertrages die Berufung auf dessen Unwirksamkeit nach Treu und Glauben wegen widersprüchlichen Verhaltens verwehrt. Damit komme es auf die Frage, ob das Policenmodell mit den gemeinschaftsrechtlichen Lebensversicherungsrichtlinien vereinbar sei, nicht entscheidungserheblich an. Dies gelte auch für einen Anspruch nach Rücktritt gemäß § 8 Abs. 5 VVG a.F., selbst dann, wenn - wie nicht - mangels ausreichender Belehrung über das Rücktrittsrecht ein ewiges Rücktrittsrecht bestünde. Hier lägen besonders gravierende Umstände vor, die d. VN die Geltendmachung seines Anspruchs verwehrten. Aufgrund der Kündigung, die durch Beitragsrückstände veranlasst gewesen sei, sei der Vertrag zunächst abgewickelt worden; d. VN habe den Scheck über den Rückkaufswert sogar - entgegen seiner Versprechungeingelöst und erst später den Betrag an den Versicherer zurückgeführt. Er habe durch sein Bemühen um die Wiederinkraftsetzung des Vertrages dem Versicherer deutlich gemacht, dass er den Vertrag unbedingt habe fortsetzen wollen, und dies zu einem Zeitpunkt, als er über alle Vertragsmodalitäten voll informiert gewesen sei. Der Versicherer habe des- halb darauf vertrauen können, dass der Vertrag durchgeführt werden solle und nicht mit einem Rücktritt oder einem Widerruf rechnen müssen. Bei dieser Sachlage stelle sich der gleichwohl erklärte Widerspruch/Widerruf als grob widersprüchliches Verhalten dar.
- 11
- Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt d. VN das Klagebegehren weiter.
- 12
- III. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision i.S. von § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor, und das Rechtsmittel hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz 1 ZPO).
- 13
- Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, weil die Frage der Vereinbarkeit der Regelung in § 8 Abs. 5 Satz 4 VVG a.F. mit dem Gemeinschaftsrecht, auf welche es ankomme, bislang höchstrichterlich nicht geklärt sei. Dasselbe gelte für die Frage, ob bei einer Wiederinkraftsetzung des Lebensversicherungsvertrages die Voraussetzungen eines Widerrufs/Rücktritts nach den Umständen des Erstabschlusses oder der Wiederinkraftsetzung zu beurteilen seien und ob eine fehlende Belehrung über das Rücktrittsrecht nach § 8 Abs. 5 VVG a.F. einer Anwendung von § 242 BGB entgegenstehe.
- 14
- 1. Die erstgenannte Frage ist mittlerweile geklärt. Mit Urteil vom 17. Dezember 2014 (IV ZR 260/11, VersR 2015, 224) hat der Senat entschieden , dass die in § 8 Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 4 VVG a.F. getroffene Regelung, nach welcher auch bei nicht ordnungsgemäßer Belehrung des Versicherungsnehmers über sein jeweiliges Lösungsrecht dieses einen Monat nach Zahlung der ersten Prämie erlischt, richtlinienkon- form einschränkend dahin auszulegen ist, dass sie im Bereich der Lebens - und Rentenversicherung und der Zusatzversicherung zur Lebensversicherung nicht anwendbar ist, hingegen auf die übrigen von § 8 VVG a.F. erfassten Versicherungsarten uneingeschränkt Anwendung findet. Für das Rücktrittsrecht aus § 8 Abs. 5 VVG a.F. kann nach Auffassung des Senats nichts anderes gelten als für das Widerspruchsrecht nach § 5a VVG a.F. Es macht keinen Unterschied, dass die Anwendung des § 8 Abs. 5 VVG a.F. einen Vertragsschluss nach dem Antragsmodell, d.h. eine Übergabe der Versicherungsbedingungen und der Verbraucherinformationen bereits bei Antragstellung voraussetzt. Entscheidend ist allein , dass die Befristung des Rücktrittsrechts bei Fehlen einer ordnungsgemäßen Belehrung über das Recht zum Rücktritt im Ergebnis zu einer vertraglichen Bindung führen könnte, ohne dass dem Versicherungsnehmer die Rücktrittsmöglichkeit ordnungsgemäß zur Kenntnis gebracht wäre. Diese Gefahr wird durch die Frist des § 8 Abs. 5 VVG a.F. gegenüber der vom Senat zuvor beanstandeten Frist in § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. noch dadurch verschärft, dass das Rücktrittsrecht aus § 8 Abs. 5 VVG a.F. nicht erst ein Jahr, sondern bereits einen Monat nach Zahlung der ersten Prämie erlöschen sollte (Senatsurteil vom 17. Dezember 2014 aaO Rn. 22). Für eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof bestand kein Anlass, die Frage ist durch dessen Urteil vom 19. Dezember 2013 (EuGH, VersR 2014, 225) hinreichend geklärt.
- 15
- 2. Ob bei einer - als Neuabschluss des Versicherungsvertrages zu wertenden - Wiederinkraftsetzung des Lebensversicherungsvertrages die Voraussetzungen eines Widerspruchs oder Rücktritts nach den Umständen des Erstabschlusses oder der Wiederinkraftsetzung zu beurteilen sind, braucht hier nicht entschieden zu werden.
- 16
- Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass ein Bereicherungsanspruch nach § 242 BGB wegen widersprüchlichen Verhaltens d. VN ausgeschlossen ist, selbst wenn eine etwa erforderliche Belehrung über das Rücktrittsrecht nach § 8 Abs. 5 VVG a.F. unterblieb. Allgemein gültige Maßstäbe dazu, ob und unter welchen Voraussetzungen eine fehlende Belehrung über das Rücktrittsrecht nach § 8 Abs. 5 VVG a.F. einer Anwendung von § 242 BGB entgegensteht, können nicht aufgestellt werden. Die Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben im Einzelfall obliegt grundsätzlich dem Tatrichter und ist hier aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
- 17
- Das Berufungsgericht hat besonders gravierende Umstände genannt , die d. VN die Geltendmachung seines Anspruchs verwehrten. Es hat berücksichtigt, dass der Vertrag aufgrund der durch Beitragsrückstände veranlassten Kündigung zunächst abgewickelt worden war und d. VN den Scheck über den Rückkaufswert sogar - entgegen seiner Versprechung - eingelöst hatte und erst auf die Klage des Versicherers diesem den Betrag zurückzahlte. Nach den aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts machte d. VN durch seine Bitte, den Vertrag fortzuführen, deutlich, dass er den Vertrag in jedem Fall fortsetzen wollte. Zu diesem Zeitpunkt war er durch die 1996 erteilte, umfassende Verbraucherinformation und die Versicherungsbedingungen über alle Vertragsmodalitäten informiert. Der Versicherer konnte deshalb darauf vertrauen, dass der Vertrag zu den ursprünglichen Bedingungen erneut abgeschlossen und fortgeführt werden solle, zumal d. VN nicht erkennen ließ, dass er erneute oder wiederholte Informationen über die Vertragsmodalitäten benötigte, und den neu abgeschlossenen Vertrag ohne Beanstandungen durchführte.
- 18
- Bei dieser Sachlage konnte das Berufungsgericht den gleichwohl später erklärten Widerspruch und Rücktritt als grob widersprüchliches Verhalten werten.
- 19
- Soweit die Revision darauf verweist, die Beklagte könne schutzwürdiges Vertrauen nicht beanspruchen, weil sie - unterstellt - dem Kläger keine ordnungsgemäße Belehrung über sein Widerspruchs- und Rücktrittsrecht erteilt habe, greift dies im Streitfall nicht. Die Treuwidrigkeit knüpft nach den rechtsfehlerfreien - und angesichts der besonderen Fallumstände überzeugenden - Feststellungen des Berufungsgerichts nicht an die jahrelange Prämienzahlung an, sondern liegt darin, dass der Kläger bei der Beklagten durch sein Verhalten im Zusammenhang mit der Wiederinkraftsetzung des Vertrages den Eindruck erweckt hat, den Vertrag unbedingt fortsetzen zu wollen.
- 20
- 3. Aus den genannten Gründen hat die Revision keine Aussicht auf Erfolg.
- 21
- Das Berufungsurteil weist keine Rechtsfehler auf. Dies gilt auch, soweit sich die Revision zusätzlich darauf beruft, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sei dem Kläger im Jahr 1996 keine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung erteilt worden. Die Belehrung in der Verbraucherinformation ist - was die Revision nicht in Zweifel zieht - drucktechnisch deutlich hervorgehoben. Sie ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Anders als die Revision meint, konnte d. VN die in der Widerspruchsbelehrung erwähnte "Überlassung der … für den Vertragsschluss maßgeblichen Verbraucherinformation" ohne weiteres so verstehen , dass es auf die Verbraucherinformation ankam, die er laut dem rechts neben der Belehrung abgedruckten Hinweis "gemäß § 10a, Ab- satz 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG)" auf den nachfolgenden Seiten erhielt.
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 06.02.2014- 25 O 16184/13 -
OLG München, Entscheidung vom 09.12.2014- 25 U 1381/14 -
(1) Die Anfechtung einer nach § 123 anfechtbaren Willenserklärung kann nur binnen Jahresfrist erfolgen.
(2) Die Frist beginnt im Falle der arglistigen Täuschung mit dem Zeitpunkt, in welchem der Anfechtungsberechtigte die Täuschung entdeckt, im Falle der Drohung mit dem Zeitpunkt, in welchem die Zwangslage aufhört. Auf den Lauf der Frist finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften der §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.
(3) Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der Willenserklärung zehn Jahre verstrichen sind.