Oberlandesgericht Rostock Urteil, 02. Sept. 2016 - 5 U 156/13

bei uns veröffentlicht am02.09.2016

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Teilurteil des Landgerichts Rostock vom 06.11.2013, Az: 10 O 638/11 (2) wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil und Ziff. 1 des Teilurteils des Landgerichts Rostock vom 06.11.2013 sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung wegen der Kosten der Berufung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % abwenden, sofern nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Wert der Berufung beträgt 133.000,00 €.

Gründe

I.

1

Die Klägerin verlangt nach einer Bandscheibenoperation vom 22.11.2004 von der Klinik und den an der Operation beteiligten Ärzten Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen vermeintlicher Behandlungs- und Aufklärungsfehler. Der Beklagte zu 3) war aufsichtsführender Oberarzt der Anästhesie im Zentraloperationsbereich. Dem Beklagten zu 4) oblag - bis zum Wechsel auf Dr. ..., der von der Klägerin mit Schriftsatz vom 13.03.2014 klageerweiternd als Beklagter zu 5) in Anspruch genommen wird - die Durchführung der Anästhesie.

2

Die Klägerin hat den Beklagten zu 3) und 4) eine unzureichende Aufklärung sowie Fehler bei der Durchführung der Anästhesie vorgeworfen. Dem Beklagten zu 3) hat sie zudem ein Überwachungsverschulden zur Last gelegt; er habe einen Weiterbildungsassistenten im erst dritten oder vierten Ausbildungsjahr bei einer Operation mit der bekannten Gefahr unwillkürlicher Bewegungen intraoperativ unbeaufsichtigt gelassen. Mit Nichtwissen hat sie bestritten, dass der Beklagte zu 4) über ausreichende Erfahrungen mit den Besonderheiten der Anästhesie bei neurochirurgischen Operationen gehabt habe.

3

Das Landgericht hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 14.08.2013 gem. § 141 ZPO persönlich angehört.

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Mit Teilurteil vom 06.11.2013 hat das Landgericht Rostock die gegen die Beklagten zu 3) und 4) gerichtete Klage abgewiesen. Etwaige Ansprüche der Klägerin gegen die beiden Beklagten könnten sich allenfalls im Hinblick auf die Anästhesie ergeben, denn lediglich insoweit seien sie in die Behandlung der Klägerin involviert und für diese verantwortlich. Ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagten zu 3) und 4) wegen einer vermeintlich fehlerhaft unterbliebenen Aufklärung über die Besonderheit der Narkose mit Verzicht auf eine ultratiefe Relaxation bestehe schon dem Grunde nach nicht. Zum einen sei die Aufklärung durch Frau Dr. ... erfolgt. Auch seien keine Aufklärungspflichten verletzt worden. Soweit die Klägerin auf ihre Vorkenntnisse verweise, hätte auch dies kein Erfordernis einer umfangreicheren Grundaufklärung bedingt, sondern allenfalls der Klägerin selbst Anlass zu entsprechenden Nachfragen während des Aufklärungsgespräches geben müssen. Im Übrigen seien etwaige Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagten zu 3) und 4) wegen einer vermeintlich fehlerhaft durchgeführten Anästhesie bei der Operation, sowie sie dem Grunde nach bestehen sollten, im Ergebnis verjährt.

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Die Klägerin hat gegen das Teilurteil Berufung eingelegt. Sie habe erst durch den Operationsbericht, der ihr im Jahr 2007 ausgehändigt worden sei, davon erfahren, dass es während der Operation zu Husten und Aufbäumen gekommen sei. Aufgrund dessen sei der Verdacht eines Behandlungsfehlers aufgekommen. Ihr Anwalt habe daraufhin die Patientendokumentation angefordert, welche ihm am 04.01.2008 zugegangen sei. Erst aus dieser Dokumentation und dem darin enthaltenen Anästhesieprotokoll habe ermittelt werden können, zu etwa welchem Zeitpunkt es während der Operation zu dem Aufbäumen der Klägerin gekommen sein müsse und welcher Anästhesist zu diesem Zeitpunkt die Narkose geleitet habe bzw. wer aufsichtsführender Anästhesist gewesen sei. Dass tatsächlich nicht die erforderliche Erhaltungsdosis gegeben worden sei und dass die Narkose ab 13:20 Uhr von einem anderen Anästhesisten mit dem Namen ... übernommen worden sei, wisse sie erst aus dem Anästhesieprotokoll. Kenntnis, wer zum Zeitpunkt des Narkosezwischenfalls die verantwortlich handelnden Anästhesisten gewesen seien, habe sie mithin erst durch die Behandlungsunterlagen erhalten. Auch der Name des Beklagten zu 3) habe sich erst aus dem Anästhesieprotokoll ergeben. Auch die Ansprüche gegen den Beklagten zu 4) seien nicht verjährt. Erst mit Schriftsatz der Beklagten zu 1), 2) und 4) vom 11.12.2012 habe sie Kenntnis davon erlangt, dass bei der Operation zeitweise offenbar überhaupt kein Anästhesist am Operationstisch zugegen gewesen sei und dass die Anästhesie ab 13:20 Uhr durch den Beklagten zu 5) übernommen worden sei. Da im Universitätsklinikum Rostock der Anästhesist während einer Operation nicht selten wechsle (vgl. z.B. OLG Rostock, Az.: 5 U 151/13), habe sie erst nach Erhalt auch des Anästhesieprotokolls im Januar 2008 die Verantwortlichkeiten klären und bestimmen können, welcher Person die fehlerhaft durchgeführte Narkose zuzurechnen sei.

6

Die Klägerin ist der Ansicht, dass das Verfahren an das Landgericht Rostock zurückzuverweisen sei, da ein Teilurteil nicht hätte ergehen dürfen, weil es von der Entscheidung über den Rest des geltend gemachten prozessualen Anspruchs abhängig sei, so dass die Gefahr widerstreitender Erkenntnisse, auch durch das Rechtsmittelgericht, bestehe.

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Die Klägerin beantragt,

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das Teilurteil des Landgerichts Rostock vom 06.11.2013, Az.: 10 O 638/11 (2) aufzuheben und das Verfahren zur erneuten Entscheidung in der Sache an das Landgericht Rostock zurückzuverweisen.

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hilfsweise

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1. die Beklagten zu 3) und 4) zu verurteilen, der Klägerin gesamtschuldnerisch ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, welches in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, die Höhe von 100.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit jedoch nicht unterschreiten sollte,

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2. die Beklagten zu 3) und 4) zu verurteilen, der Klägerin gesamtschuldnerisch den materiellen Schaden in Höhe von 28.848,93 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszins der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit zu ersetzen,

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3. festzustellen, dass die Beklagten zu 3) und 4) als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die ihr aus der fehlerhaften Behandlung im Zeitraum 11.11.2004 bis 04.12.2004 entstanden sind, soweit die Ansprüche nicht bereits im Antrag zu 2. enthalten oder auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen oder übergegangen sind.

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Der Beklagte zu 3), der Zurückweisung der Berufung beantragt, verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung. Die Klägerin selbst habe erklärt, dass sie von der vermeintlich fehlerhaften Anästhesie durch Zugang des Operationsberichtes Kenntnis erlangt habe. Dieser Bericht weise auf Seite 2 die nachrichtliche Übersendung an ihn - den Beklagten zu 3) - aus. Die Behauptung, die Behandlungsunterlagen seien dem damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin erst im Januar 2008 zugegangen, werde bestritten. Dieser Vortrag sei zudem verspätet gem. § 296 Abs. 1 ZPO erfolgt, weshalb das Landgericht Rostock zu Recht von einem Zugang der Krankenunterlagen entsprechend dem Sachvortrag der Klägerin selbst noch im Dezember 2007 ausgegangen sei.

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Der Beklagte zu 4) beantragt ebenfalls Zurückweisung der Berufung. Er ist der Ansicht, dass der Erlass eines Teilurteils zulässig gewesen sei, da die Beklagten keine notwendigen Streitgenossen seien. Der Beklagte zu 4) verweist darauf, dass er während der maßgeblichen Zeit, als es zu der Spontanbewegung der Klägerin gekommen sei, nicht der verantwortliche Anästhesist gewesen sei. Die Behauptung der Klägerin, zwischen 13:00 Uhr und 13.20 Uhr sei überhaupt kein Anästhesist am Operationstisch gewesen, entbehre jeder Grundlage. Die Narkose sei nicht zu flach gewesen. Der Vortrag, der Beklagte zu 2) habe aufgrund der unerwarteten Bewegung der Klägerin wichtige Strukturen im Rückenmark beschädigt, treffe nicht zu. Soweit die Klägerin in der Berufungsbegründung erstmals schriftlich den Erhalt des Operationsberichtes im Jahr 2007 bestätigt habe, mache er sich dies ebenso zu eigen wie den Vortrag der Klägerin, sie habe durch den Operationsbericht erfahren, dass es während der Operation zu einem Husten und Aufbäumen gekommen sei und dass ein Behandlungsfehler, möglicherweise auch eine zu flache Narkose vorgelegen haben könne. Wann sie bzw. ihre Bevollmächtigten weitere Behandlungsdokumente erhalten hätten, sei unbeachtlich. Dass diese Unterlagen erst am 04.01.2008 bei den Streitverkündeten eingegangen sei, werde bestritten. Die Echtheit und Authentizität der Anlage K1 zur Berufungsbegründung - ein Anschreiben des Beklagten zu 2) vom 28.12.2007 mit Eingangsstempel der RAe ... vom 04.01.2008 - werde in Abrede gestellt. Letztlich komme es auf diese Frage nicht an, denn die Verjährungsfrist habe jedenfalls aufgrund grob fahrlässiger Unkenntnis der Klägerin noch im Jahre 2007 begonnen. Ihr sei im vorliegenden Fall ein schwerer Obliegenheitsverstoß in ihrer eigenen Angelegenheit der Anspruchsverfolgung unterlaufen, weil sich ihr die den (vermeintlichen) Anspruch begründenden Umstände förmlich aufgedrängt hätten. Die Klägerin habe sich nach der Operation erstmals im Dezember 2006 in die Klinik und Poliklinik für Neurologie der Beklagten zu 1) begeben. Dem Behandler, Prof. Dr. ..., habe sich die Genese des perioperativ entstandenen inkompletten Cauda-Syndroms nicht erschlossen, weshalb er die Klägerin schon zu diesem Zeitpunkt darauf hingewiesen habe, zu der Entstehung des postoperativen Zustandes könne er mangels Kenntnis des Operationsberichtes nichts sagen. Die Klägerin habe diesen Hinweis nicht genutzt und sich trotz ihrer schweren Folgen nicht um dessen Erhalt gekümmert. Bei einem erneuten Aufsuchen des Prof. Dr. ... am 19.10.2007 sei die Klägerin abermals darüber informiert worden, dass sich ihm der Zusammenhang der postoperativen Symptomatik aufgrund Fehlens des Operationsberichtes nicht erschließe und er habe die Klägerin darauf hingewiesen, dass es sich um eine Zerrungsschädigung intraoperativ oder auch um die Folge einer lokalen Blutung handeln könne. Diese Konsultation habe die Klägerin dann zum Anlass genommen, sich im Herbst 2007 zumindest den Operationsbericht von der Beklagten zu 1) aushändigen zu lassen. Hieraus und aufgrund ihrer Kenntnisse habe sie gewusst, dass sie sich aufgebäumt habe und hieraus die Schlussfolgerung gezogen, dass die Narkosetiefe nicht ausreichend gewesen sei. Sie hätte sich daher im eigenen Interesse noch im Herbst 2007 um den Erhalt der vollständigen Behandlungsunterlagen kümmern können und müssen.

15

Auf den Hinweis des Senats, dass dem Beklagten zu 3) das Verweisungsprivileg des § 839 BGB zugute kommen könnte, hat die Klägerin bestritten, dass er wirksam zum Beamten ernannt worden sei, was auch für die Zeit vor der vermeintlichen Versetzung zum neuen Dienstherrn gelte. Selbst wenn es sich bei dem Beklagten zu 3) um einen Beamten handele, hafte er im konkreten Fall persönlich aus § 839 Abs. 1 S. 1 erste Alt. BGB, denn er habe die der Klägerin gegenüber obliegende Pflicht, die Anästhesie persönlich durchzuführen, vorsätzlich verletzt, indem er die Anästhesie auf den Beklagen zu 4) übertragen habe. Zudem hafte der Beklagte zu 3) unmittelbar aus der Wahlleistungsvereinbarung selbst. Unabhängig davon bestehe auch eine Rechtsscheinhaftung des Beklagten zu 3).

16

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes nimmt der Senat Bezug auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien sowie auf die Sitzungsprotokolle des Senats.

II.

17

Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Soweit sie sich zur Begründung ihrer Ansprüche auf eine behandlungsfehlerhafte Durchführung der Anästhesie sowie auf ein Überwachungs- bzw. Auswahlverschulden des Beklagten zu 3) stützt, kommt dem Beklagten zu 3) das Verweisungsprivileg des § 839 BGB zugute. Die auf den Vorwurf einer vorsätzlichen Pflichtverletzung wegen der Übertragung der Anästhesie auf den Beklagen zu 4) gestützten deliktischen Ansprüche gegen den Beklagen zu 3) sind ebenso verjährt, wie etwaige vertragliche Ansprüche gegen ihn. Die streitgegenständlichen Ansprüche gegen den Beklagten zu 4) sind ebenfalls verjährt.

1.

18

Der Erlass eines Teilurteils durch das Landgericht ist zulässig.

19

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes darf ein Teilurteil nur ergehen, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen ausgeschlossen ist; dabei ist auch die Möglichkeit einer abweichenden Entscheidung durch ein Rechtsmittelgericht zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 24.02.2015, VI ZR 279/14, juris Rdn. 7 m. w. N.). Eine solche Gefahr besteht in der Regel bei einer Mehrheit selbständiger prozessualer Ansprüche, wenn zwischen ihnen eine materiell-rechtliche Verzahnung besteht oder die Ansprüche prozessual in ein Abhängigkeitsverhältnis gestellt sind. Eine materiell-rechtliche Verzahnung kann bei subjektiver Klagehäufung, aber auch bei objektiver Häufung inhaltlich zusammenhängender Anträge auftreten. Ein Teilurteil über einen von mehreren einfachen Streitgenossen ist daher in der Regel unzulässig, wenn die Möglichkeit besteht, dass es in demselben Rechtsstreit, auch im Instanzenzug, zu einander widersprechenden Entscheidungen kommt. Über ein Prozessrechtsverhältnis darf deshalb nicht vorab durch Teilurteil entschieden werden, wenn eine gemeinsame Beweisaufnahme in Betracht kommt (a. a. O.). Zwar muss gegenüber einfachen Streitgenossen grundsätzlich keine einheitliche Entscheidung getroffen werden. Eine Teilentscheidung ist aber nur zulässig, wenn sie unabhängig von der Entscheidung über den restlichen Verfahrensstand ist (a. a. O.).

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Letzteres ist hier der Fall. Die Beklagten zu 3) und 4) haften gegenüber der Klägerin auf Schmerzensgeld und Schadensersatz nur, wenn ihnen jeweils persönlich ein Behandlungsfehler und/oder ein Aufklärungsfehler anzulasten ist. Da sie bei der streitgegenständlichen Operation als Anästhesisten tätig waren, müssen diese Vorwürfe einen Zusammenhang mit der Anästhesie für diese Operation aufweisen. Das Landgericht hat mit Teilurteil über diese die Anästhesie betreffenden Vorwürfe der Klägerin entschieden; einen Aufklärungsmangel über die Durchführung der Anästhesie hat es verneint, Ansprüche wegen etwaiger Behandlungsfehler der Anästhesisten hat es als verjährt angesehen. Eine materiell-rechtliche Verzahnung mit den gegenüber den Beklagten zu 1) und 2) im weiteren zu prüfenden Vorwürfen einer vermeintlich unzureichenden Aufklärung über alternative Behandlungsmöglichkeiten, einer vermeintlich nicht ausreichenden konservativen Therapie vor der Operation und einer vermeintlich fehlerhaften Nachbehandlung in der neurochirurgischen Klinik der Beklagten zu 1) besteht ersichtlich nicht. Die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen war daher zum Zeitpunkt der Entscheidung durch das Landgericht ausgeschlossen.

21

Den Beklagten zu 5) - ebenfalls Anästhesist - hat die Klägerin erst nach Erlass des Teilurteils durch das Landgericht als weiteren Beklagten in Anspruch genommen. Da die Berufung der Klägerin gegen die Abweisung ihrer gegen die Beklagten zu 3) und 4) gerichteten Klage aus Gründen, die einen eventuellen Anspruch gegen den Beklagten zu 5) nicht tangieren, unbegründet ist, kann der Senat in der Sache abschließend entscheiden.

2.

22

Mit ihrer Berufung setzt sich die Klägerin lediglich mit den Ausführungen des Landgerichts Rostock zur Frage der Verjährung ihrer Ansprüche gegen die Beklagten zu 3) und 4) auseinander. Die zutreffende Feststellung des Landgerichts, dass dem Beklagten zu 3) und 4) eine fehlerhafte Aufklärung über die Anästhesie nicht vorzuwerfen ist, hat die Klägerin mit ihrem Rechtsmittel ausdrücklich nicht angegriffen, wie sie in der mündlichen Verhandlung vom 06.11.2015 klargestellt hat.

3.

23

Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht erkannt, dass die streitgegenständlichen Ansprüche der Klägerin gegen den Beklagten zu 3) nicht bestehen.

24

3.1. Allerdings sind etwaige deliktische Ansprüche gegen den Beklagten zu 3) entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht verjährt, soweit die Klägerin diese auf den Vorwurf einer behandlungsfehlerhaft durchgeführten Narkose sowie auf ein Überwachungs- bzw. Auswahlverschulden stützt.

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a) Gem. § 199 Abs. 1 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB) mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist, und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen.

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Entstanden in diesem Sinne ist der Anspruch, sobald er im Wege der Klage geltend gemacht werden kann. Bei Schadensersatzansprüchen ist dies der Fall mit der Entstehung eines (Teil-) Schadens bzw. mit der Möglichkeit der Geltendmachung eines ersten Teilbetrages durch Leistungsklage. Denn nach dem Grundsatz der Schadenseinheit verjährt der Schadensersatzanspruch, soweit er nur auf eine pflichtwidrige Handlung gestützt wird, grundsätzlich einheitlich auch für erst in Zukunft entstehende Schäden, sobald ein erster Schadensbetrag im Wege der Klage geltend gemacht werden kann.

27

Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände i. S. v. § 199 Abs. 1 BGB bedeutet, dass der Gläubiger die Tatsachen kennen muss, die die Voraussetzungen der anspruchsbegründenden Normen erfüllen. Dazu gehört bei Schadensersatzansprüchen Name und Anschrift des Schuldners, dessen Pflichtverletzung oder die gleichstehende Handlung, der Eintritt eines Schadens und die Kenntnis von der eigenen Schadensbetroffenheit sowie bei der Verschuldensfrage das Vertretenmüssen des Schuldners. Fallen dem Schuldner mehrere Pflichtverletzungen zur Last, beginnt die Verjährung für jede Pflichtverletzung gesondert mit der jeweils erforderlichen Tatsachenkenntnis (Saarländisches OLG, Beschluss vom 02.07.2014 - 1 W 37/13 -, juris Rn. 20 m. w. Nachw.). Die Kenntnis aller Einzelheiten ist nicht erforderlich. Es genügt, dass der Gläubiger aufgrund der ihm bekannten und erkennbaren Tatsachen eine hinreichende aussichtsreiche, wenn auch nicht risikolose Klage - zumindest eine Feststellungsklage - erheben kann. Dem steht nicht entgegen, dass der Schuldner seine Verantwortlichkeit bestreitet (Pal./Ellenberger, BGB, 74. Aufl., § 199 Rn 27, 33 m. w. Nachw.).

28

Die Kenntnis vom Schaden i. S. v. § 199 Abs. 1 BGB kann allerdings nicht schon dann bejaht werden, wenn dem Patienten lediglich der negative Ausgang der ärztlichen Behandlung bekannt ist. Denn das Ausbleiben des Erfolgs ärztlicher Maßnahmen kann in der Eigenart der Erkrankung oder in der Unzulänglichkeit ärztlicher Bemühungen seinen Grund haben. Deshalb gehört zur Kenntnis der den Anspruch begründenden Tatsachen das Wissen, dass sich in dem Misslingen der ärztlichen Tätigkeit das Behandlungs- und nicht das Krankheitsrisiko verwirklicht hat (BGH, Urteil vom 10. November 2009 - VI ZR 247/08 -, juris Rdn. 6 m. w. N.). Hierzu genügt es nicht schon, dass der Patient Einzelheiten des ärztlichen Tuns oder Unterlassens kennt. Vielmehr muss ihm aus seiner Laiensicht der Stellenwert des ärztlichen Vorgehens für den Behandlungserfolg bewusst sein (a. a. O.). Deshalb beginnt die Verjährungsfrist gem. § 199 Abs. 1 BGB nicht zu laufen, bevor der Patient als medizinischer Laie Kenntnis von Tatsachen erlangt hat, aus denen sich ergab, dass der Arzt von dem üblichen ärztlichen Vorgehen abgewichen war oder Maßnahmen nicht getroffen hatte, die nach ärztlichem Standard zur Vermeidung oder Beherrschung von Komplikationen erforderlich gewesen wären (a. a. O., m. w. Nachw.). Diese Kenntnis ist erst vorhanden, wenn die dem Anspruchssteller bekannten Tatsachen ausreichen, um den Schluss auf ein schuldhaftes Fehlverhalten des Anspruchsgegners und auf die Ursache dieses Verhaltens für den Schaden bzw. die erforderliche Folgeoperation als naheliegend erscheinen lassen. Denn nur dann wäre dem Geschädigten die Erhebung einer Schadensersatzklage, sei es auch nur in Form der Feststellungsklage, Erfolg versprechend, wenn auch nicht risikolos möglich.

29

Allerdings muss dem Anspruchsteller lediglich zumutbar sein, aufgrund dessen, was ihm hinsichtlich des tatsächlichen Geschehensablaufs bekannt ist, Klage zu erheben, wenn auch mit verbleibendem Prozessrisiko insbesondere hinsichtlich der Nachweisbarkeit einer schadensursächlichen Pflichtverletzung (OLG Hamm, Beschluss vom 28. Dezember 2001, 6 W 59/01, juris Rn. 4). Kenntnis von der Pflichtverletzung setzt auch nicht voraus, dass der Anspruchsteller alle Einzelheiten der dem Anspruch zu Grunde liegenden Umstände überblickt oder bereits Klarheit darüber gewonnen hat, ob der Schuldner begründete Einwendungen erheben wird oder sich auf ein Mitverschulden berufen kann. Es genügt, dass er den Hergang in seinen Grundzügen kennt und weiß, dass der Sachverhalt erhebliche Anhaltspunkte für die Entstehung eines Anspruchs bietet (MünchKomm/Grothe, BGB, 5. Aufl., § 199 Rn. 25).

30

b) Gemessen an diesen Grundsätzen waren die auf vermeintlich vorwerfbare Fehler des Beklagten zu 3) bei Durchführung der Anästhesie anlässlich der streitgegenständlichen Operation sowie auf den Vorwurf eines Überwachungs- und Auswahlverschuldens gestützten Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld bei Erhebung der Klage im Juni 2011 nicht verjährt.

31

Das Operationsprotokoll vom 22.11.2004, das der Klägerin nach eigenem Bekunden noch im Jahr 2007 übersandt worden war, weist nur den Beklagten zu 4), nicht aber den Beklagten zu 3) als verantwortlichen Anästhesisten aus. Der in diesem Protokoll enthaltene Vermerk, wonach der Beklagte zu 3) dieses Protokoll nachrichtlich erhalten hat, lässt nicht, jedenfalls nicht für den Patienten, auf dessen Verantwortlichkeit für Behandlungsfehler bei der Durchführung der Anästhesie schließen. Eine Pflicht für die Klägerin nachzuforschen, ob und in welchem Umfang der Beklagte zu 3) an ihrer Operation beteiligt war, bestand auf Grund des Vermerks im Operationsprotokoll nicht.

32

Dass der Beklagte zu 3) als verantwortlicher Anästhesist an der streitgegenständlichen Operation vom 22.11.2004 beteiligt war, ergibt sich aus dem Anästhesieprotokoll vom 22.11.2004 (Anl. K 6), wo sein Name unter „Anästhesist/in“ und unter „OP-Aufsicht“ aufgeführt ist. Dieses Anästhesieprotokoll hat die Klägerin nach eigenem Bekunden erst im Jahr 2008 erhalten. In ihrer Anhörung vor dem Landgericht hat sie u. a. erklärt, nach Erhalt des Operationsberichtes weitere Unterlagen über ihre Anwälte angefordert zu haben. Ihre vorgerichtlich beauftragten Rechtsanwälte, die Streitverkündeten zu 1) und 2), haben mit einem anwaltlichen Schreiben vom 05.12.2007 die Behandlungsunterlagen der Klägerin bei der Beklagten zu 1) angefordert (Anl. SVK 2). Der Beklagte zu 2) hat daraufhin mit Schreiben vom 12.12.2007 die Übersendung der Krankenakte „in den nächsten Tagen“ angekündigt (Anl. SVK 3). In der Berufungsinstanz hat die Klägerin behauptet, dass die Patientendokumentation ihren Anwälten am 04.01.2008 zugegangen sei. Diese Behauptung ist nicht verspätet, denn die auf Seiten der Klägerin beigetretenen Streitverkündeten haben bereits erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 13.08.2013 darauf verwiesen, dass die Klägerin erst im Laufe des Jahres 2008 Tatsachenkenntnis von den Behandlungsunterlagen erhalten habe. Den ihm obliegenden Beweis, dass der Klägerin diese Unterlagen bereits im Jahr 2007 zugegangen sind (vgl. Pal./Ellenberger, BGB, 74. Aufl., § 199 Rdn. 50 m. w. Nachw.), hat der Beklagte zu 3) nicht erbracht. Zudem ergibt sich aus dem Begleitschreiben des Beklagten zu 2), dass sie die Behandlungsunterlagen erst am Freitag, den 28.12.2007, abgesandt hat. Auf Grund der anschließenden Feiertage zum Jahreswechsel ist ein Zugang dieser Unterlagen noch im Jahr 2007 nicht ohne weiteres anzunehmen.

33

Entgegen der Darstellung des Beklagten zu 3) hat das Landgericht auch nicht als unstreitig festgestellt, dass der Eingang der Behandlungsunterlagen noch im Jahr 2007 erfolgt ist. Im unstreitigen Tatbestand des angefochtenen Teilurteils heißt es lediglich: „U. A. meldete sich der Beklagte zu 2) mit Schreiben vom 12.12.2007 (Anl. SVK 3, Bl. 89 Bd. II d. A.) bei den Streithelfern und teilte u.a. mit, die Kopie der Krankenakte werde ihnen in den nächsten Tagen zugehen. Die Behandlungsunterlagen wurden sodann noch im Jahr 2007 übersandt.“ Wann sie den Streithelfern zugegangen sind, hat das Landgericht gerade nicht festgestellt. Da aber von einer für den Beginn der Verjährung maßgeblichen Kenntnis der Klägerin von einer Beteiligung und damit Verantwortlichkeit des Beklagten zu 3) für die Durchführung der Anästhesie bei der streitgegenständlichen Operation am 22.11.2004 allenfalls mit Zugang der Krankenunterlagen ausgegangen werden kann, kommt es auf den Zeitpunkt der „Übersendung“ nicht entscheidend an.

34

3.2. Soweit nach dem Vorstehenden etwaige Ansprüche wegen des Vorwurfs einer behandlungsfehlerhaft durchgeführten Anästhesie sowie eines Überwachungs- bzw. Auswahlverschuldens nicht verjährt sind, kann sich der Beklagte zu 3) auf das Verweisungsprivileg des § 839 BGB berufen.

35

a) Nach vorliegender amtlicher Auskunft des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur Mecklenburg-Vorpommern vom 30. Juni 2016 ist der Beklagte zu 3) und Berufungsbeklagte zu 1) zum 01.09.1999 durch Versetzung von der Universität Freiburg zur Universität Rostock in das Beamtenverhältnis des Landes Mecklenburg-Vorpommern übernommen worden. Das Beamtenverhältnis ist auf Lebenszeit.

36

Da die amtliche Auskunft nicht nur das Beamtenverhältnis des Beklagten zu 3) bestätigt, sondern zugleich von dessen Anerkennung durch das Land Mecklenburg-Vorpommern zeugt, ist das Bestreiten einer ordnungsgemäßen Verbeamtung des Beklagten zu 3) durch die Klägerin als außenstehende Dritte unbeachtlich.

37

Verspätet i. S. v. § 531 ZPO ist die Behauptung des Beklagten zu 3), er sei Beamter gewesen, nicht. Nach § 531 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im Berufungsverfahren zuzulassen, wenn sie einen rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt betreffen, der von dem Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist, Insoweit kommt es auch nicht darauf an, ob ein neues Angriffs- oder Verteidigungsmittel schon in erster Instanz hätte vorgebracht werden können. Denn diese Bestimmung soll verhindern, dass die Prozessparteien gezwungen werden, in der ersten Instanz vorsorglich auch solche Angriffs- oder Verteidigungsmittel vorzutragen, die vom Standpunkt des erstinstanzlichen Gerichts unerheblich sind (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juni 2016,- XI ZR 74/14 -, juris Rn. 18 m. w. Nachw.). Allerdings findet die genannte Vorschrift nur unter der ungeschriebenen Voraussetzung Anwendung, dass die Rechtsansicht des Gerichts den erstinstanzlichen Sachvortrag der Parteien beeinflusst hat und daher, ohne dass deswegen ein Verfahrensfehler gegeben wäre, (mit-)ursächlich dafür geworden ist, dass sich Parteivortrag in das Berufungsverfahren verlagert (a. a. O.). So ist die Sachlage hier.

38

Das Landgericht hat die gegen den Beklagten zu 3) geltend gemachten Ersatzansprüche nur unter dem Gesichtspunkt der Verjährung geprüft. Mögliche Anspruchsgrundlagen hat der Senat erstmals erörtert, nachdem er auf seine vom Landgericht abweichende Rechtsauffassung zur Verjährung hingewiesen hatte. Da gerichtsbekannt ist, dass die Beklage zu 1) zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt der streitgegenständlichen Operation im November 2004 eine Anstalt öffentlichen Rechts war, war der Senat gem. § 139 Abs. 1 ZPO gehalten, auf § 839 BGB als mögliche Anspruchsgrundlage hinzuweisen und der Beklagte zu 3) konnte hierzu ergänzend vortragen.

39

b) Als beamteter Oberarzt der Anästhesie haftet der Beklagte zu 3) wegen der behaupteten Behandlungsfehler bei der Durchführung der Anästhesie sowie wegen eines vermeintlichen Überwachungs- oder Auswahlverschuldens deliktisch nach § 839 BGB.

40

Dass die Rechtsbeziehung zwischen der Universitätsklinik und der Klägerin bürgerlich-rechtlicher Natur war und der Beklagte zu 3) im privatrechtlichen Rechtskreis seines Dienstherrn tätig geworden ist, schließt zwar eine Übernahme seiner Haftung durch seine Anstellungskörperschaft nach Art. 34 GG aus. Dieser Umstand lässt aber grundsätzlich unberührt, dass sich die deliktische Eigenhaftung des Beklagten zu 3) nach der für Beamte geltenden Sondervorschrift des § 839 BGB mit dem den Schädiger begünstigenden Verweisungsprivileg des § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB richtet (vgl. BGH, Urteil vom 30. November 1982 - VI ZR 77/81 -, juris).

41

c) Eine anderweitige Ersatzmöglichkeit für die Klägerin ist hier durch die tatsächlich auch erfolgte Inanspruchnahme der Universitätsmedizin Rostock als Erstbeklagte und die Beklagten zu 3) und 5) als die die Operation begleitenden Anästhesisten gegeben, so dass der Beklagte zu 3) sowohl wegen der behaupteten Behandlungsfehler bei Durchführung der Anästhesie als auch wegen eines Überwachungs- oder Auswahlverschuldens nicht in Anspruch genommen werden kann. Für ein vorsätzliches Handeln, das die Klägerin darlegen und beweisen müsste, spricht insoweit nichts.

42

3.3. Etwaige deliktische Ansprüche gegen den Beklagten zu 3) sind verjährt, soweit die Klägerin ihm vorwirft, er habe vorsätzlich gegen die Wahlleistungsvereinbarung vom 19.11.2004 verstoßen, weil er die Anästhesie nicht persönlich durchgeführt habe.

43

Wie bereits unter Ziff. 3.1. Buchst. a) ausgeführt, ist die Frage der Verjährung von Arzthaftungsansprüchen, wenn sich der Schadensersatzanspruch auf mehrere Pflichtverletzungen stützen lässt, für jede Pflichtverletzung gesondert zu prüfen. Die Verjährung beginnt für jede Pflichtverletzung gesondert mit der jeweils erforderlichen Tatsachenkenntnis.

44

Die für den Vorwurf, der Beklagte zu 3) habe die Anästhesie unter Verstoß gegen die Wahlleistungsvereinbarung nicht persönlich durchgeführt, maßgebende Kenntnis i. S. v. § 199 Abs. 1 BGB hatte die Klägerin bereits im Dezember 2007. Auf Grund ihrer mit Prof. Dr. med. ..., Direktorin der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie der Universität ... und liquidationsberechtigte Ärztin für anästhesiologische wahlärztliche Leistungen, am 19.11.2004 geschlossenen Vereinbarung über die Vertretung des Wahlarztes wusste sie, dass der Beklagte zu 3) als Individualvertreter von Frau Prof. ... mit der Erbringung der wahlärztlichen Wahlleistung beauftragt war. Nach eigenem Vortrag war ihr bereits vor der Operation bekannt, dass der Beklagte zu 3) die Anästhesie nicht selbst leiten wird; unbekannt sei ihr gewesen, aus welchem Grund, ob er an diesem Tag überhaupt Dienst gehabt habe bzw. wer stattdessen die Anästhesie übernommen habe. Spätestens mit Erhalt des Operationsprotokolls im Dezember 2007 hatte die Klägerin Kenntnis, dass der Beklagte zu 3) die Anästhesie auch tatsächlich nicht persönlich durchgeführt hat, denn als Anästhesist ist dort der Beklagte zu 4) angegeben.

45

Auf Basis und in Kenntnis dieses Sachverhalts wäre ihr somit zu diesem Zeitpunkt die Erhebung einer (Feststellungs-)Klage auf Schadensersatz wegen einer ohne ihre erforderliche Einwilligung durchgeführten Operation möglich gewesen.

46

3.4. Etwaige vertragliche Ansprüche gegen den Beklagten zu 3) sind ebenfalls gem. §§ 195, 199 Abs. 1 BGB verjährt.

47

Ob der Beklagte zu 3) der Klägerin auf Grund der zwischen ihr und Frau Prof. Dr. ... geschlossenen Vertretervereinbarung auf Erfüllung der Wahlleistungsvereinbarung betreffend die Anästhesie persönlich haftet (sog. Substitution), kann offen bleiben, denn etwaige vertragliche Ersatzansprüche waren jedenfalls mit Ablauf des Jahres 2010, und damit vor Erhebung der streitgegenständlichen Klage verjährt, weil die Klägerin mit Übersendung des Operationsberichtes im Jahr 2007 die nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erforderliche Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen erhalten hat.

48

Die Klägerin selbst hat in ihrer Anhörung durch das Landgericht erklärt, sie habe durch den Operationsbericht, den sie noch im Jahr 2007 erhalten habe, Kenntnis davon erlangt, dass die Anästhesie fehlerhaft war, denn daraus habe sich ergeben, dass sie sich während der Operation aufgebäumt habe und die Narkosetiefe nicht ausreichend gewesen sei (S. 2 Protokoll vom 14.08.2013). Im Operationsbericht ist auch vermerkt, dass der Operateur wegen des Aufbäumens der Klägerin mit dem Wurzelhaken in die Duraöffnung geraten ist, diese erweiterte und Liquor abfloss (Anl. K 1). Auf Grund ihrer Kenntnis, dass bei der Anästhesie, die der Beklagte zu 3) als Individualvertreter von Frau Prof. Dr. ... durchführen sollte, ein Fehler passiert ist, der eine Schädigung ihrer Gesundheit zur Folge hatte, war der Klägerin die Erhebung einer Schadenersatzklage, sei es auch nur als Feststellungsklage, Erfolg versprechend möglich.

49

3.5. Der Beklagte zu 3) haftet der Klägerin nicht nach Rechtsscheinsgrundsätzen.

50

Die Klägerin beruft sich insoweit auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Haftung eines in Anspruch Genommenen, der sich zunächst auf den Anspruch einlässt und sich erst später zum Nachteil des Anspruchsstellers auf das Fehlen seiner Passivlegitimation beruft (vgl. Urteil vom 11. Juni 1996 - VI ZR 256/95 -). Danach handelt eine Partei treuwidrig, wenn sie zunächst keine Bedenken gegen ihre Passivlegitimation erhebt und hiermit erst verspätet hervortritt, obwohl ihr die Bedenken schon früher bekannt waren, den Anspruchsteller jedoch nicht bekannt sein konnten. Ein ähnlicher Rechtsgedanke liegt dem Urteil des Bundesgerichtshofes vom 17. Dezember 1985 (- VI ZR 178/84 -, BGHZ 96, 360 - 371) zugrunde, wonach ein Krankenhausträger alsbald auf seine fehlende Passivlegitimation hinweisen muss, wenn er sich nicht als verantwortlicher Krankenhausträger behandeln lassen will.

51

Eine vergleichbare Sachlage ist hier bereits deshalb nicht gegeben, weil der Klägerin aus dem Umstand, dass sich der Beklagte zu 3) erst in der Berufungsinstanz auf sein Haftungsprivileg nach § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB berufen hat, kein Schaden erwachsen ist, denn sie hat bereits mit Erhebung der Klage als anderweitige Ersatzmöglichkeit ihre Ansprüche gegen die Klinik und gegen einen weiteren, an der streitgegenständlichen Operation beteiligten Anästhesisten als weitere Beklagte geltend gemacht.

4.

52

Zu Recht hat das Landgericht festgestellt, dass die auf vermeintlich vorwerfbare Fehler des Beklagten zu 4) bei Durchführung der Anästhesie anlässlich der streitgegenständlichen Operation vom 22.11.2004 gestützten Ersatzansprüche der Klägerin bei Erhebung der Klage im Juni 2011 verjährt waren.

53

Die Klägerin selbst hat in ihrer Anhörung durch das Landgericht erklärt, sie habe sich im Herbst 2007 an die Beklagte zu 1) gewandt und um Übersendung des Operationsberichtes gebeten, den sie dann noch im Jahr 2007 bekommen habe, Durch den Operationsbericht habe sie Kenntnis davon erlangt, dass die Anästhesie fehlerhaft war, denn daraus habe sich ergeben, dass sie sich während der Operation aufgebäumt habe und die Narkosetiefe nicht ausreichend gewesen sei (S. 2 Protokoll vom 14.08.2013).

54

In dem der Klägerin 2007 übersandten Operationsbericht ist ferner vermerkt, dass der Operateur wegen des Aufbäumens der Klägerin mit dem Wurzelhaken in die Duraöffnung geraten ist, diese erweiterte und Liquor abfloss (Anl. K 1). Der Beklagte zu 4) ist in dem Bericht als Anästhesist (“Anästhesie: Dr. ...“) aufgeführt.

55

Die Klägerin hatte mithin nach eigenem Bekunden mit dem Erhalt des Operationsberichtes Kenntnis davon erlangt, dass bei der Operation die Narkosetiefe nicht ausreichend war, was eine vom üblichen Vorgang abweichende Vorgehensweise darstellt, und dass dies zu einem Aufbäumen und in der Folge zu einer Schädigung im Operationsbereich durch den Wurzelhaken geführt hat. Sie wusste von ihren gesundheitlichen Beschwerden, die sie nach dieser Operation hatte und wegen derer sie bei Prof. ... in ärztlicher Behandlung war (Eintritt des Schadens und eigene Schadensbetroffenheit) und sie wusste, dass der Beklagte zu 4) für die Anästhesie während der Operation verantwortlich war (Vertretenmüssen des Schuldners). Diese der Klägerin Ende 2007 bekannten Tatsachen reichten aus, um den Schluss auf ein schuldhaftes Fehlverhalten des Beklagten zu 4) und auf die Ursache dieses Verhaltens für ihre gesundheitlichen Beschwerden als naheliegend erscheinen zu lassen. Damit waren Ende 2007 alle Voraussetzungen für den Beginn der Verjährung der Ersatzansprüche gegen den Beklagten zu 4) wegen der vermeintlichen Fehler bei Durchführung der Anästhesie bei der Operation vom 22.11.2004 gegeben.

56

Der Einwand der Klägerin, sie habe erst aus der Verlaufskurve des Anästhesieprotokolls erkennen können, dass die fehlerhafte Anästhesie nicht auf einen möglichen technischen Fehler, sondern tatsächlich auf ein Verschulden des Anästhesisten zurückzuführen sei, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Einer Kenntnis der konkreten Verlaufskurve bedurfte es nicht, um den Schluss auf einen vorwerfbaren Fehler des Anästhesisten bei der Durchführung der Anästhesie und auf die Ursächlichkeit dieses Fehlers für die gesundheitliche Schädigung zu ziehen. Ein technischer Fehler als mögliche Ursache für eine zu flache Narkose fällt ebenfalls in den Verantwortungsbereich des zuständigen Anästhesisten, der auch für ein einwandfreies Funktionieren der für die Durchführung der Anästhesie erforderlichen Technik zu sorgen hat. Ausreichend für den Beginn der Verjährung ist, dass die Klägerin den Hergang in seinen Grundzügen kennt und weiß, dass der Sachverhalt erhebliche Anhaltspunkte für die Entstehung eines Ersatzanspruches bietet. Diese Voraussetzungen waren hier hinsichtlich etwaiger Ersatzansprüche gegen den Beklagten zu 4) Ende 2007 gegeben. Damit waren etwaige auf vermeintlich vorwerfbare Fehler bei Durchführung der Anästhesie anlässlich der streitgegenständlichen Operation vom 22.11.2004 gestützten Ansprüche der Klägerin gegen den Beklagten zu 4) mit Ablauf des 31. Dezember 2010 verjährt.

III.

57

Die Schriftsätze der Klägerin vom 22.07.2016 und vom 24.08.2016 geben keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung gem. § 156 ZPO wiederzueröffnen.

IV.

58

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

59

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gem. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

60

Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht. Weder hat die Sache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

V.

61

Der Wert der Berufung entspricht dem vom Landgericht mit Beschluss vom 23.06.2011 vorläufig festgesetzten Streitwert; er errechnet sich aus der Höhe des angegebenen Mindestbetrages für das Schmerzensgeld, aus dem bezifferten Klageantrag zu 2) sowie aus dem Wert des Feststellungsantrages, den der Senat mit bis zu 4.000,00 € bemisst (§§ 39, 47, 48 Abs. 1 GKG i. V. m. §§ 3, 4 Abs. 1, 5 ZPO.

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(1) Das Gericht soll das persönliche Erscheinen beider Parteien anordnen, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheint. Ist einer Partei wegen großer Entfernung oder aus sonstigem wichtigen Grund die persönliche Wahrnehmung des Termins nicht zuzumuten, so sieht das Gericht von der Anordnung ihres Erscheinens ab.

(2) Wird das Erscheinen angeordnet, so ist die Partei von Amts wegen zu laden. Die Ladung ist der Partei selbst mitzuteilen, auch wenn sie einen Prozessbevollmächtigten bestellt hat; der Zustellung bedarf die Ladung nicht.

(3) Bleibt die Partei im Termin aus, so kann gegen sie Ordnungsgeld wie gegen einen im Vernehmungstermin nicht erschienenen Zeugen festgesetzt werden. Dies gilt nicht, wenn die Partei zur Verhandlung einen Vertreter entsendet, der zur Aufklärung des Tatbestandes in der Lage und zur Abgabe der gebotenen Erklärungen, insbesondere zu einem Vergleichsabschluss, ermächtigt ist. Die Partei ist auf die Folgen ihres Ausbleibens in der Ladung hinzuweisen.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf einer hierfür gesetzten Frist (§ 273 Abs. 2 Nr. 1 und, soweit die Fristsetzung gegenüber einer Partei ergeht, 5, § 275 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 4, § 276 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, § 277) vorgebracht werden, sind nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt.

(2) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die entgegen § 282 Abs. 1 nicht rechtzeitig vorgebracht oder entgegen § 282 Abs. 2 nicht rechtzeitig mitgeteilt werden, können zurückgewiesen werden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht.

(3) Verspätete Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen und auf die der Beklagte verzichten kann, sind nur zuzulassen, wenn der Beklagte die Verspätung genügend entschuldigt.

(4) In den Fällen der Absätze 1 und 3 ist der Entschuldigungsgrund auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR279/14 Verkündet am:
24. Februar 2015
Beširović
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO § 301; EuGVVO Art. 6 Nr. 1
1. Ist eine Klage gegen mehrere einfache Streitgenossen erhoben worden und fehlt es
bezüglich eines von ihnen an der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte
, kann er durch Teilurteil aus dem Prozess entlassen werden.
2. Nach Art. 11 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember
2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von
Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (im Folgenden: EuGVVO) i.V.m. Art. 9
Abs. 1 Buchst. b EuGVVO kann der Geschädigte, der seinen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat
hat, vor dem Gericht seines Wohnsitzes eine Klage unmittelbar gegen den
Versicherer erheben, sofern eine solche unmittelbare Klage zulässig ist und der Versicherer
seinen Sitz im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates hat (Anschluss
an BGHZ 176, 276).
3. Art. 6 Nr. 1 EuGVVO eröffnet trotz Konnexität mit der Klage gegen den Versicherer
diesen Gerichtsstand am Wohnsitz des Klägers nicht für eine Klage gegen den Versicherten
oder Versicherungsnehmer, wenn dieser gemäß Art. 2 Abs. 1 EuGVVO
seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats als dem des Kläger
hat. Die durch den sogenannten "Ankerbeklagten" vermittelte internationale Zuständigkeit
nach Art. 6 Nr. 1 EuGVVO kann nur auf dessen Wohnsitzgerichtsstand (Art. 2
Abs. 1 EuGVVO) gestützt werden.
BGH, Urteil vom 24. Februar 2015 - VI ZR 279/14 - LG Dortmund
AG Dortmund
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. Februar 2015 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter Wellner
und Stöhr, die Richterinnen von Pentz und Dr. Oehler

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund vom 18. Juni 2014 wird zurückgewiesen. Der Kläger hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger begehrt Ersatz materiellen Schadens aufgrund eines Verkehrsunfalls , der sich am 10. Dezember 2011 auf der Autobahn E 40 in Belgien ereignete. Der in Dortmund wohnhafte Kläger ist Halter und Fahrer des unfallbeteiligten PKW VW Transporter Kombi, die Beklagte zu 1 (im Folgenden Beklagte ) ist Fahrerin des ebenfalls unfallbeteiligten Kraftfahrzeuges und wohnt in Belgien. Ihr Kraftfahrzeug ist bei der an den Rechtsmittelverfahren nicht beteiligten Beklagten zu 2 haftpflichtversichert. Dieser Haftpflichtversicherer hat seinen Sitz in Belgien.
2
Kläger und Beklagte fuhren mit ihren Fahrzeugen auf der Autobahn Richtung Ostende, auf der mittleren Fahrspur fuhr der Kläger mit seinem Fahrzeug auf das Fahrzeug der Beklagten auf. Es ist streitig, ob ein zuvor erfolgter Spurwechsel der Beklagten seinen Abstand zu ihr derart verkürzte, dass das Auffahren nach einer Bremsung der Beklagten für den Kläger trotz einer Vollbremsung nicht zu vermeiden war.
3
Das Amtsgericht hat mit Zwischenurteil vom 15. August 2013 festgestellt, dass die Klage gegen die Beklagte mangels örtlicher Zuständigkeit des angerufenen Gerichts unzulässig sei. Das Landgericht hat mit Urteil vom 18. Juni 2014 die Berufung des Klägers gegen das Zwischenurteil mit der Klarstellung zurückgewiesen , dass es sich um ein Teilurteil handele, dessen Tenor laute, dass die Klage gegen die Beklagte abgewiesen werde, und hat die Revision zugelassen.
4
Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Begehren auf Verurteilung der Beklagten als Gesamtschuldnerin mit dem erstinstanzlich beklagten Haftpflichtversicherer in vollem Umfang weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht führt aus, dass es sich entgegen der Bezeichnung des amtsgerichtlichen Urteils bei der verkündeten Entscheidung um ein Endurteil in Form eines Teilurteils und nicht um ein Zwischenurteil handele. Stelle sich - wie im Streitfall - im Rahmen einer gemäß § 280 Abs. 1 ZPO abgesonderten Verhandlung über die Zulässigkeit einer Klage heraus, dass sie nicht zulässig sei, so sei sie durch Endurteil als unzulässig abzuweisen. Die fehlerhafte Bezeichnung des Urteils als Zwischenurteil hindere indes seine Bindungswirkung und die Statthaftigkeit der Berufung nicht. Die Klage sei unzulässig, da das angerufene Gericht international nicht zuständig sei. Für die gegen die Beklagte gerichtete Klage sei in Deutschland kein Gerichtsstand begründet. Der allgemeine Gerichtsstand der Beklagten liege gemäß Art. 2 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil - und Handelssachen (Abl. L 12 vom 16. Januar 2001, S. 1, in der bis zum 9. Januar 2015 geltenden Fassung, im Folgenden EuGVVO) in Belgien, da dort ihr Wohnsitz sei. Besondere Gerichtsstände in der Bundesrepublik Deutschland seien nicht einschlägig. In Bezug auf die ebenfalls beklagte Haftpflichtversicherung greife zwar gemäß Art. 11 Abs. 2 i.V.m. Art. 9 Abs. 1 Buchst. b EuGVVO ein besonderer Gerichtsstand ein, demzufolge die Versicherung zulässigerweise in Deutschland verklagt werden könne. Die Norm finde jedoch auf die Beklagte als Fahrerin des unfallbeteiligten PKW keine Anwendung. Die inländischen Gerichte seien auch nicht wegen des engen Sachzusammenhangs mit der Klage gegen die Beklagte zu 2 gemäß Art. 6 Nr. 1 EuGVVO international zuständig. Die Voraussetzungen dieser Zuständigkeitsregelung seien nicht erfüllt. Die Norm setze nach ihrem Wortlaut voraus, dass der Wohnsitz eines der Beklagten an dem zu begründenden Gerichtsstand liegen müsse. Dies sei hier nicht der Fall. Die Beklagte wohne in Belgien, die Beklagte zu 2 habe ihren Sitz ebenfalls in Belgien. Es gebe keinen Anlass, die Norm entgegen ihrem eindeutigen Wortlaut auf andere Gerichtsstände als den allgemeinen Gerichtsstand des Wohnsitzes zu erstrecken.

II.

6
Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , die Klage habe durch Teilurteil als unzulässig abgewiesen werden dürfen.
7
1. Gemäß § 301 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat das Gericht die Endentscheidung durch Teilurteil zu erlassen, wenn von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur der eine oder nur ein Teil eines Anspruchs zur Endentscheidung reif ist. § 301 ZPO dient der Beschleunigung, soll aber auch die Einheitlichkeit und Widerspruchsfreiheit der Entscheidung in ein und demselben Rechtsstreit gewährleisten (vgl. Senatsurteil vom 12. Januar 1999 - VI ZR 77/98, VersR 1999, 734 f.). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf ein Teilurteil nur ergehen, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen ausgeschlossen ist; dabei ist auch die Möglichkeit einer abweichenden Entscheidung durch ein Rechtsmittelgericht zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteil vom 29. März 2011 - VI ZR 117/10, BGHZ 189, 79 Rn. 15; BGH, Urteile vom 17. Januar 2012 - X ZR 59/11, BGHZ 193, 60 Rn. 8; vom 7. November 2006 - X ZR 149/04, MDR 2007, 539; Beschluss vom 7. Juli 2010 - XII ZR 158/09, ZIP 2010, 2410 Rn. 13). Eine solche Gefahr besteht in der Regel bei einer Mehrheit selbständiger prozessualer Ansprüche, wenn zwischen ihnen eine materiell-rechtliche Verzahnung besteht oder die Ansprüche prozessual in ein Abhängigkeitsverhältnis gestellt sind (vgl. Senatsurteil vom 29. März 2011 - VI ZR 117/10, BGHZ 189, 79 Rn. 16). Eine materiell-rechtliche Verzahnung kann bei subjektiver Klagehäufung, aber auch bei objektiver Häufung inhaltlich zusammenhängender Anträge auftreten (vgl. BGH, Urteil vom 28. November 2003 - V ZR 123/03, BGHZ 157, 133, 143). Ein Teilurteil über die Klage gegen einen von mehreren einfachen Streitgenossen ist daher in der Regel unzulässig, wenn die Möglichkeit besteht, dass es in demselben Rechtsstreit , auch im Instanzenzug, zu einander widersprechenden Entscheidungen kommt. Über ein Prozessrechtsverhältnis darf deshalb nicht vorab durch Teilurteil entschieden werden, wenn eine gemeinsame Beweisaufnahme in Betracht kommt (vgl. BGH, Urteile vom 17. Januar 2012 - X ZR 59/11, BGHZ 193, 60 Rn. 8; vom 19. Dezember 2002 - VII ZR 176/02, ZIP 2003, 594 f.). Zwar muss gegenüber einfachen Streitgenossen grundsätzlich keine einheitliche Entscheidung getroffen werden. Eine Teilentscheidung ist aber nur zulässig, wenn sie unabhängig von der Entscheidung über den restlichen Verfahrensgegenstand ist (BGH, Urteil vom 13. Oktober 2008 - II ZR 112/07, NJW 2009, 230 Rn. 8).
8
Eine materiell-rechtliche Verzahnung, die einem Teilurteil entgegenstehen kann, kommt bei der Klage gegen Versicherungsnehmer und Haftpflichtversicherer , die im Verhältnis untereinander einfache Streitgenossen sind (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 1974 - IV ZR 212/72, BGHZ 63, 51, 52 ff.), regelmäßig dann in Betracht, wenn um den Haftungsgrund gestritten wird. Eine solche Verzahnung hindert nicht stets den Erlass eines Teilurteils, insbesondere dann nicht, wenn die Klage wegen fehlender internationaler Zuständigkeit nicht gegen alle Streitgenossen zulässig ist. Dann besteht in aller Regel ein rechtlich anzuerkennendes Bedürfnis, den Streitgenossen, bezüglich dessen die Klage bereits unzulässig ist, durch Teilurteil aus dem Prozess zu entlassen (vgl. BGH, Urteil vom 27. September 2013 - V ZR 232/10, ZOV 2014, 16 Rn. 2, 8 ff.; Dressler in BeckOK ZPO, § 61 Rn. 11 [Stand 1. Januar 2013]; Rensen in Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. Aufl. § 301 Rn. 31).
9
2. So verhält es sich im Streitfall, weil das Berufungsgericht die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für die Klage gegen die Beklagte zu Recht verneint hat.
10
a) Die internationale Zuständigkeit richtet sich hier nach der schon zitierten Verordnung (EG) Nr. 44/2001 (EuGVVO), nachdem die Klage nach dem Inkrafttreten dieser Verordnung am 1. März 2002 erhoben (vgl. Art. 76, 66 Abs. 1 EuGVVO) und der sachliche und räumliche Geltungsbereich der Verordnung (vgl. Art. 1 Abs. 1 und 3 EuGVVO) im Verhältnis der Bundesrepublik Deutschland zu Belgien als Mitgliedstaat eröffnet ist. Die sie ersetzende Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO 2012, Abl. L. 351 vom 20. Dezember 2012, S. 1) gilt gemäß deren Art. 81 Satz 2, Art. 66 Abs. 1 erst für diejenigen Klagen, welche ab dem 10. Januar 2015 erhoben wurden.
11

b) Die Beklagte, die Unfallgegnerin des hier klagenden Geschädigten, hat ihren Wohnsitz in Belgien. Auch die mitverklagte Beklagte zu 2, ihr Haftpflichtversicherer , hat den Sitz in Belgien.
12
Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für die Klage gegen die Beklagte zu 2 gegeben sein kann. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteil vom 13. Dezember 2007 - C-463/06, Slg. 2007, I-11321 - FBTO/Odenbreit), der der erkennende Senat gefolgt ist, kann nach Art. 11 Abs. 2 EuGVVO i.V.m. Art. 9 Abs. 1 Buchst. b EuGVVO der Geschädigte , der seinen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat hat, vor dem Gericht seines Wohnsitzes eine Klage unmittelbar gegen den Versicherer erheben, sofern eine solche unmittelbare Klage zulässig ist und der Versicherer seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats hat (vgl. Senatsurteil vom 6. Mai 2008 - VI ZR 200/05, BGHZ 176, 276 Rn. 3, 5).
13
Für die Klage gegen die zu 1 beklagte Unfallgegnerin und Versicherungsnehmerin sind dagegen gemäß Art. 2 Abs. 1 EuGVVO grundsätzlich die Gerichte ihres Wohnsitzstaates, also die belgischen Gerichte, international zuständig. Nach Art. 3 Abs. 1 EuGVVO können Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben, vor den Gerichten eines anderen Mitgliedstaats nur gemäß den Vorschriften der Abschnitte 2 bis 7 des zweiten Kapitels der EuGVVO verklagt werden. Zu den Regelungen, die eine Klage vor dem Gericht eines anderen Mitgliedstaats zulassen, gehört auch Art. 6 Nr. 1 EuGVVO. Danach kann eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, wenn mehrere Personen zusammen verklagt werden, vor dem Gericht des Ortes, an dem einer der Beklagten seinen Wohnsitz hat, verklagt werden, sofern zwischen den Klagen eine so enge Beziehung gegeben ist, dass eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung geboten erscheint, um zu vermeiden, dass in getrennten Verfahren widersprechende Entscheidungen ergehen könnten.
14
Entgegen der Auffassung der Revision ist das Berufungsgericht aber zu Recht davon ausgegangen, dass über diese Regelung des Mehrparteiengerichtsstandes (vgl. dazu Kropholler/v. Hein, Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl., Art. 6 EuGVO Rn. 4) bzw. des Gerichtsstands der Streitgenossenschaft (vgl. Geimer in derselbe/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl., Art. 6 Rn. 3) keine Zuständigkeit der deutschen Gerichte für die Klage gegen die Beklagte begründet wird, selbst wenn die gemäß Art. 6 Nr. 1 EuGVVO erforderliche Konnexität beider Klagen gegeben sein sollte. Nach seinem Wortlaut setzt Art. 6 Nr. 1 EuGVVO voraus, dass mindestens einer der mehreren Beklagten seinen Wohnsitz am Ort des Gerichts hat. Das ist im Streitfall nicht gegeben. Eine allein mit der Konnexität begründete erweiternde Auslegung oder analoge Anwendung dahingehend, dass es für die Annexzuständigkeit genügt, dass ein Mitbeklagter oder Streitgenosse aufgrund einer anderen Gerichtsstandsregelung als der allgemeinen des Art. 2 Abs. 1 EuGVVO, nämlich einer Regelung eines besonderen Gerichtsstandes, seinen Gerichtsstand am Wohnsitzgericht des Klägers hat, kommt nicht in Betracht (allg. Ansicht, vgl. dazu grundsätzlich Kropholler/v. Hein, Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl., Art. 6 EuGVO Rn. 12; Geimer in Zöller, ZPO, 30. Aufl., Art. 6 EuGVO Rn. 2; Pfeiffer in Prütting/Gehrlein, ZPO, 6. Aufl., Art. 6 EUGVO Rn. 3; Wagner in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., Art. 6 EuGVVO Rn. 8, 15 f.; speziell für den Fall der Direktklage gegen den Haftpflichtversicherer am Wohnsitzgericht des Klägers Riedmeyer in Stiefel/Maier, Kraftfahrtversicherung, 18. Aufl., AuslUnf Rn. 112; Riedmeyer, r+s Beil. 2011, 91, 94; Staudinger/Czaplinski, NJW 2009, 2249, 2253; Nugel, jurisPR -VerkR 13/2013 Anm. 3 zu AG Rosenheim, NZV 2013, 194). Die Zuständigkeit für die Klage gegen den sogenannten "Ankerbeklagten" muss sich auf dessen Wohnsitz stützen (vgl. Wagner, aaO, Rn. 15; Pfeiffer, aaO, Rn. 3).
15
Dies ergibt sich aus dem - schon angeführten - klaren Wortlaut von Art. 6 Nr. 1 EuGVVO und steht in Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Auslegung der Zuständigkeitsvorschriften. Danach sind die Vorschriften der genannten Verordnung autonom unter Berücksichtigung ihrer Systematik und ihrer Zielsetzungen auszulegen (EuGH, Urteil vom 13. Juli 2006 - C-103/05, Slg. 2006, I-06827 Rn. 29 - Reisch Montage). Ausgangspunkt dieser Auslegung sind die Erwägungsgründe der EuGVVO, die - soweit für den Streitfall von Bedeutung - wie folgt lauten: "(11) Die Zuständigkeitsvorschriften müssen in hohem Maße vorhersehbar sein und sich grundsätzlich nach dem Wohnsitz des Beklagten richten, und diese Zuständigkeit muss stets gegeben sein außer in einigen genau festgelegten Fällen, in denen aufgrund des Streitgegenstands oder der Vertragsfreiheit der Parteien ein anderes Anknüpfungskriterium gerechtfertigt ist… (12) Der Gerichtsstand des Wohnsitzes des Beklagten muss durch alternative Gerichtsstände ergänzt werden, die entweder aufgrund der engen Verbindung zwischen Gericht und Rechtsstreit oder im Interesse einer geordneten Rechtspflege zuzulassen sind. (15) Im Interesse einer abgestimmten Rechtspflege müssen Parallelverfahren so weit wie möglich vermieden werden, damit nicht in zwei Mitgliedstaa- ten miteinander unvereinbare Entscheidungen ergehen …"
16
Sie gebieten, die besonderen Zuständigkeitsregelungen, zu denen auch Art. 6 EuGVVO gehört (vgl. Art. 3 Abs. 1 EuGVVO), eng auszulegen; eine Auslegung über die ausdrücklich in der Verordnung Nr. 44/2001 vorgesehenen Fälle hinaus ist unzulässig (vgl. EuGH, Urteil vom 13. Juli 2006 - C-103/05, Slg. 2006, I-06827 Rn. 23 - Reisch Montage; vom 11. Oktober 2007 - C-98/06, Slg. 2007, I-08319 Rn. 35 - Freeport; speziell zu Art. 6 Nr. 1 EuGH, Urteil vom 11. April 2013 - C-645/11, NJW 2013, 1661 Rn. 41 - Sapir u.a.; vom 22. Mai 2008 - C-462/06, Slg. 2008, I-03965 Rn. 28 - Glaxosmithkline; vom 1. Dezember 2011 - C-145/10, Slg. 2011, I-12533 Rn. 74 - Painer/Standard). Laut dem Erwägungsgrund Nr. 11 der EuGVVO müssen die Zuständigkeitsvorschriften in hohem Maße vorhersehbar sein und sich grundsätzlich nach dem Wohnsitz der Beklagten richten (EuGH, Urteil vom 11. Oktober 2007 - C-98/06, Slg. 2007, I-08319 Rn. 36 - Freeport). Die in Art. 2 EuGVVO vorgesehene Zuständigkeit, d.h. die Zuständigkeit der Gerichte des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet der Beklagte seinen Wohnsitz hat, stellt den allgemeinen Grundsatz dar und besondere Zuständigkeitsregelungen in Abweichung von diesem Grundsatz sieht die Verordnung nur für abschließend aufgeführte Fälle vor (vgl. EuGH, Urteil vom 13. Juli 2006 - C-103/05, Slg. 2006, I-06827 Rn. 22 - Reisch Monta- ge). Der Charakter eines allgemeinen Grundsatzes in Art. 2 EuGVVO erklärt sich daraus, dass diese Zuständigkeitsregel dem Beklagten normalerweise die Verteidigung erleichtert. Infolgedessen können die von diesem allgemeinen Grundsatz abweichenden Zuständigkeitsregeln nicht zu einer Auslegung führen , die über die in dem Übereinkommen vorgesehenen Fälle hinausgeht (vgl. EuGH, Urteil vom 17. Juni 1992 - C-26/91, Slg. 1992, I-3967 Rn.14 - Handte /TMCS zu der im Wesentlichen gleichlautenden Regelung in Art. 2 EuGVÜ).
17
Gemessen daran würde die Begründung des Mehrparteiengerichtsstandes des Art. 6 Nr. 1 EuGVVO über die besondere Zuständigkeit in Versicherungssachen gemäß Art. 11 Abs. 2, Art. 9 Abs. 1 Buchst. b EuGVVO dem Versicherten oder Versicherungsnehmer den Schutz nehmen, den diese Verordnung mit dem allgemeinen Grundsatz der Zuständigkeit des Wohnsitzgerichtes verbunden mit dem abschließenden Katalog der besonderen Zuständigkeiten gewähren will. Für den Versicherten bzw. Versicherungsnehmer wäre nicht zuverlässig vorhersehbar, welche Gerichte für eine gegen ihn gerichtete Klage international zuständig wären. Die Systematik der Verordnung würde beeinträchtigt , ließe man zu, dass eine Zuständigkeit nach Art. 11 Abs. 2, Art. 9 Abs. 1 Buchst. b EuGVVO, bei der es sich um eine besondere Zuständigkeit handelt, die auf abschließend aufgeführte Fälle beschränkt ist, als Grundlage für eine Zuständigkeit für andere Klagen dienen könnte (vgl. zu Art. 5 und Art. 6 Nr. 1 EuGVVO EuGH, Urteil vom 11. Oktober 2007 - C-98/06, Slg. 2007, I08319 Rn. 46 - Freeport). Die von der Revision geforderte erweiternde Auslegung bzw. analoge Anwendung würde ein Verlassen des abschließenden Kataloges der besonderen Zuständigkeiten bedeuten. Eine Regelungslücke der Verordnung ist insoweit nicht erkennbar. Mit dem deutlichen Hinweis auf den abschließenden Katalog der besonderen Zuständigkeiten hat der Europäische Gerichtshof auch klar gestellt, dass die in dem Erwägungsgrund Nr. 15 formulierte Zielsetzung, Parallelverfahren zur Verhinderung miteinander unvereinbarer Entscheidungen zu vermeiden, hinter dieser der Rechtssicherheit geschuldeten Regelung eines abschließenden Zuständigkeitskatalogs zurücktreten muss. Da die EuGVVO in Art. 27 und Art. 28 über die Möglichkeit der Ausset- zung einen Weg zur Vermeidung miteinander unvereinbarer Entscheidungen anbietet, ist dieser Zielsetzung anderweit Rechnung getragen.
18
Im Übrigen ist die Frage der Möglichkeit einer erweiternden Auslegung der Annexzuständigkeit des Art. 6 Nr. 1 EuGVVO lediglich wegen der Konnexität geklärt durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 27. Oktober 1998 (- C-51/97, Slg. 1998, I-06511 Rn. 44 ff. - Réunion Européenne) zu der im Wesentlichen gleichlautenden Vorschrift in Art. 6 EuGVÜ (vgl. auch EuGH, Urteil vom 11. Oktober 2007 - C-98/06, Slg. 2007, I-08319 Rn. 46 - Freeport zu Art. 6 Nr. 1 EuGVVO).
19
Dieses Urteil bezog sich auf eine Klage, die vor einem Gericht eines Mitgliedstaats (Frankreich) anhängig gemacht worden war, in dem keiner der drei Beklagten des Ausgangsverfahrens seinen Wohnsitz hatte, und bei der sich die Zuständigkeit des französischen Gerichts für den in Australien ansässigen Beklagten aus Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ (entspr. Art. 5 Nr. 3 EuGVVO bzw. Art. 7 Nr. 3 EuGVVO 2012) ableitete. Darin hat der Europäische Gerichtshof zu der Annexzuständigkeit gem. Art. 6 Nr. 1 EuGVÜ ausgeführt, dass das mit dem Übereinkommen angestrebte Ziel der Rechtssicherheit nicht erreicht würde, wenn der Umstand, dass sich das Gericht eines Vertragsstaats in Bezug auf einen der Beklagten, der seinen Wohnsitz nicht in einem Vertragsstaat hat, für zuständig erklärt hat, es ermöglichen würde, einen anderen Beklagten, der seinen Wohnsitz in einem Vertragsstaat hat, außerhalb der im Übereinkommen vorgesehenen Fälle vor diesem Gericht zu verklagen; denn hierdurch würde diesem der durch die Bestimmung des Übereinkommens gewährte Schutz genommen (vgl. EuGH, Urteil vom 27. Oktober 1998 - C-51/97, Slg. 1998, I-06511 Rn. 46 - Réunion Européenne).
20
Dass Art. 11 Abs. 3 EuGVVO es bei einer Direktklage gegen den Versicherer diesem über eine Streitverkündung rechtlich möglich macht, den Schädiger am Wohnsitzgericht des Geschädigten auf Regress zu verklagen, steht dem nicht entgegen. Die Regelung zeigt, dass eine generelle Erweiterung des besonderen Gerichtsstandes des Versicherungsnehmers (Art. 9 Abs. 1 Buchst. b EuGVVO) bei einer Direktklage gegen den Haftpflichtversicherer nicht geschaffen werden sollte.
21
c) Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht veranlasst (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - C-283/81, Slg. 1982, I-03415 Rn. 16 - CILFIT/Ministero delle Sanità; vom 11. September 2008 - C-428/06, Slg. 2008, I-06747 Rn. 42 - UGT-Rioja). Die Frage, ob aus der Zuständigkeit des Wohnsitzgerichts des Klägers für eine Direktklage gegen den Haftpflichtversicherer des Unfallgegners gemäß Art. 11 Abs. 2 i.V.m. Art. 9 Abs. 1 Buchst. b EuGVVO über Art. 6 Nr. 1 EuGVVO wegen der Konnexität die Zuständigkeit für den mitbeklagten Unfallgegner bzw. Versicherten oder Versicherungsnehmer begründet werden kann, obwohl keiner der Beklagten seinen Wohnsitz im Mitgliedstaat des Klägers hat, hat der Europäische Gerichtshof bereits geklärt. Die für die Beurteilung der internationalen Zuständigkeit nach Art. 6 Nr. 1 EuGVVO richtige Auslegung ist aus den ausgeführten Gründen derart offenkundig, dass für vernünftige Zweifel kein Raum bleibt.
22
3. Die Revision ist deshalb zurückzuweisen. Galke Wellner Stöhr von Pentz Oehler
Vorinstanzen:
AG Dortmund, Entscheidung vom 15.08.2013 - 435 C 1661/13 -
LG Dortmund, Entscheidung vom 18.06.2014 - 4 S 110/13 -

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 247/08 Verkündet am:
10. November 2009
Böhringer-Mangold,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zu den Voraussetzungen der grob fahrlässigen Unkenntnis eines Patienten von
den einen Schadensersatzanspruch wegen eines ärztlichen Behandlungsfehlers
begründenden Umständen.
BGH, Urteil vom 10. November 2009 - VI ZR 247/08 - OLG Bremen
LG Bremen
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. November 2009 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richterin
Diederichsen, die Richter Pauge und Stöhr und die Richterin von Pentz

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom 20. August 2008 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin begehrt von der Beklagten zu 1 als Klinikträgerin und dem Beklagten zu 2 als behandelndem Arzt mit der im Jahre 2007 erhobenen Klage Ersatz materiellen und immateriellen Schadens wegen behaupteter Behandlungsfehler bei der Geburt ihres Kindes am 16. Mai 1998. Bei dieser Entbindung kam es infolge des Einsatzes einer Geburtszange zu einem Dammriss sowie einem Riss des unteren bis mittleren Vaginaldrittels. Die aufgrund dessen erforderlichen Nähte setzte der Beklagte zu 2. Die Klägerin macht geltend, durch fehlerhaftes ärztliches Vorgehen seien Vernarbungen im Vaginalbereich eingetreten , die seit der Entbindung schmerzhaft seien und unter denen sie bis heute leide. Dass ihre Beschwerden auf eine fehlerhafte Behandlung zurückzuführen seien, habe sie erst durch den Hinweis einer Gynäkologin am 23. Juni 2006 erfahren. Die Beklagten haben u.a. die Einrede der Verjährung erhoben.
2
Die Klage hatte in den Tatsacheninstanzen keinen Erfolg. Mit ihrer vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

3
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Ansprüche der Klägerin seien verjährt. Zwar bestünden Bedenken gegen die Annahme des Landgerichts , dass Verjährung bereits im Jahr 2001 eingetreten sei, weil sich die Klägerin so behandeln lassen müsse, als habe sie bereits seit der Entbindung Kenntnis im Sinne von § 852 BGB a.F. gehabt, doch seien sowohl deliktische als auch vertragliche Ansprüche der Klägerin jedenfalls gemäß § 199 Abs. 1 BGB n.F. mit Ablauf des 31. Dezember 2004 verjährt. Die seit dem 1. Januar 2002 (Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 EGBGB) für den Beginn der Verjährung genügende grob fahrlässige Unkenntnis sei vorliegend deutlich vor dem 31. Dezember 2001 erfüllt. Grobe Fahrlässigkeit sei anzunehmen, wenn im Einzelfall einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt würden und das außer Acht gelassen werde, was jedem einleuchte. Hier sei zu berücksichtigen , dass die Klägerin gleich nach der Behandlung im Krankenhaus unter erheblichen Schmerzen und Beschwerden gelitten habe, die ihr tägliches Leben in hohem Maße beeinträchtigten und mit denen sie ständig konfrontiert sei. Trotz zahlreicher ärztlicher Untersuchungen und Behandlungen habe sich keinerlei Besserung eingestellt; eine operative Beseitigung der Beschwerden im Hinblick auf die festgestellte Narbenbildung sei erwogen worden. Es sei offensichtlich gewesen, dass die von der Klägerin geschilderten Beschwerden auch nach einer schweren Geburt keineswegs dem normalen Verlauf entsprochen hätten. Deshalb hätte es unmittelbar auf der Hand gelegen, in den Jahren nach der Entbindung einem der behandelnden Ärzte wenigstens einmal die Frage zu stellen, ob möglicherweise bei der Behandlung im Krankenhaus irgendein Fehler unterlaufen sein könnte. Auch sei unklar geblieben, weshalb die Klägerin gerade aufgrund des Gesprächs mit der Gynäkologin im Jahr 2006 einen ärztlichen Behandlungsfehler in Betracht gezogen habe, denn diese habe gegenüber den der Klägerin bereits bekannten Tatsachen nichts wesentlich Neues beigesteuert, sondern ihr nur mitgeteilt, dass der fragliche Vaginalbereich hinsichtlich der Naht nicht gut aussehe und nicht in Ordnung sei.

II.

4
Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
5
1. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht für die Zeit bis zum 31. Dezember 2001 die Verjährung nach Maßgabe der bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Vorschriften geprüft. Seine Beurteilung, die Klägerin habe nicht schon seit der Entbindung im Jahr 1998 positive Kenntnis von dem Schaden gehabt und müsse sich auch nicht so behandeln lassen, ist aufgrund der getroffenen Feststellungen aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden und wird von der Revision als ihr günstig hingenommen.
6
a) Wie der erkennende Senat wiederholt ausgesprochen hat, kann die Kenntnis vom Schaden i.S.d. § 852 Abs. 1 BGB a.F. (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB n.F.) nicht schon dann bejaht werden, wenn dem Patienten lediglich der negative Ausgang der ärztlichen Behandlung bekannt ist (Senatsurteile vom 20. September 1983 - VI ZR 35/82 - VersR 1983, 1158, 1159; vom 23. April 1985 - VI ZR 207/83 - VersR 1985, 740, 741; vom 29. November 1994 - VI ZR 189/93 - VersR 1995, 659, 660 und vom 3. Februar 1998 - VI ZR 356/96 - VersR 1998, 634, 636). Denn das Ausbleiben des Erfolgs ärztlicher Maßnahmen kann in der Eigenart der Erkrankung oder in der Unzulänglichkeit ärztlicher Bemühungen seinen Grund haben. Deshalb gehört zur Kenntnis der den Anspruch begründenden Tatsachen das Wissen, dass sich in dem Misslingen der ärztlichen Tätigkeit das Behandlungs- und nicht das Krankheitsrisiko verwirklicht hat (Senatsurteil vom 23. April 1991 - VI ZR 161/90 - VersR 1991, 815, 816). Hierzu genügt es nicht schon, dass der Patient Einzelheiten des ärztlichen Tuns oder Unterlassens kennt, wie hier den Einsatz der Geburtszange, das Nähen des Risses oder das Unterlassen einer Sectio. Vielmehr muss ihm aus seiner Laiensicht der Stellenwert des ärztlichen Vorgehens für den Behandlungserfolg bewusst sein. Deshalb begann die Verjährungsfrist gemäß § 852 BGB a.F. nicht zu laufen, bevor nicht der Patient als medizinischer Laie Kenntnis von Tatsachen erlangt hatte, aus denen sich ergab, dass der Arzt von dem üblichen ärztlichen Vorgehen abgewichen war oder Maßnahmen nicht getroffen hatte, die nach ärztlichem Standard zur Vermeidung oder Beherrschung von Komplikationen erforderlich gewesen wären (st. Rspr., vgl. Senatsurteile vom 23. April 1985 - VI ZR 207/83 - aaO; vom 23. Februar 1988 - VI ZR 56/87 - NJW 1988, 1516, 1517 - insoweit in VersR 1988, 495 nicht abgedruckt; vom 23. April 1991 - VI ZR 161/90 - aaO; vom 29. November 1994 - VI ZR 189/93 - aaO; vom 3. Februar 1998 - VI ZR 356/96 - aaO und vom 31. Oktober 2000 - VI ZR 198/99 - VersR 2001, 108, 109 - insoweit in BGHZ 145, 358 nicht abgedruckt; BGH, Urteil vom 24. Juni 1999 - IX ZR 363/97 - VersR 1999, 1149, 1150). Diese Kenntnis ist erst vorhanden, wenn die dem Anspruchsteller bekannten Tatsachen ausreichen, um den Schluss auf ein schuldhaftes Fehlverhalten des Anspruchsgegners und auf die Ursache dieses Verhaltens für den Schaden bzw. die erforderliche Folgeoperation als naheliegend erscheinen zu lassen (Senatsurteile vom 27. Oktober 1970 - VI ZR 66/69 - VersR 1971, 154, 155; vom 3. Juni 1986 - VI ZR 210/85 - VersR 1986, 1080, 1081 und vom 23. Februar 1988 - VI ZR 56/87 - aaO). Denn nur dann wäre dem Geschädigten die Erhebung einer Schadensersatzklage, sei es auch nur in Form der Feststellungsklage , Erfolg versprechend, wenn auch nicht risikolos, möglich (st. Rspr., vgl. Senatsurteile vom 31. Januar 1995 - VI ZR 305/94 - VersR 1995, 551, 552 und vom 14. Oktober 2003 - VI ZR 379/02 - VersR 2004, 123 m.w.N.; BGH, Urteil vom 23. September 2008 - XI ZR 395/07 - NJW 2009, 587, 588). Dass die Klägerin hier von Umständen wusste, die die Haftpflicht begründeten, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.
7
b) Die getroffenen Feststellungen rechtfertigen auch nicht die Annahme, die Klägerin habe sich rechtsmissbräuchlich einer sich aufdrängenden Kenntnis verschlossen. Allerdings steht es nach der Rechtsprechung des Senats der vom Gesetz geforderten positiven Kenntnis gleich, wenn der Geschädigte diese Kenntnis nur deswegen nicht besitzt, weil er vor einer sich ihm ohne Weiteres anbietenden, gleichsam auf der Hand liegenden Erkenntnismöglichkeit, die weder besondere Kosten noch nennenswerte Mühe verursacht, die Augen verschlossen hat (st. Rspr., vgl. Senatsurteile vom 24. März 1987 - VI ZR 217/86 - VersR 1987, 820; vom 15. Dezember 1987 - VI ZR 285/86 - VersR 1988, 465, 466; vom 16. Mai 1989 - VI ZR 251/88 - VersR 1989, 914, 915; vom 10. April 1990 - VI ZR 288/89 - VersR 1990, 795, 796; vom 20. September 1994 - VI ZR 336/93 - NJW 1994, 3092, 3093; vom 29. November 1994 - VI ZR 189/93 - aaO; vom 31. Januar 1995 - VI ZR 305/94 - aaO; vom 6. März 2001 - VI ZR 30/00 - VersR 2001, 866, 867; vom 8. Oktober 2002 - VI ZR 182/01 - VersR 2003, 75, 76 und vom 14. Oktober 2003 - VI ZR 379/02 - aaO, S. 123 f.). Diese Rechtsprechung betrifft aber nur Fälle, in denen letztlich das Sichberufen auf die Unkenntnis als Förmelei erscheint, weil jeder andere in der Lage des Geschädigten unter denselben konkreten Umständen die Kenntnis gehabt hätte (vgl. Senatsurteile BGHZ 133, 192, 198 ff.; 150, 94, 97 f.; vom 5. Februar 1985 - VI ZR 61/83 - VersR 1985, 367, 368 f.; vom 16. Mai 1989 - VI ZR 251/88 - aaO; vom 6. Februar 1990 - VI ZR 75/89 - VersR 1990, 539; vom 20. September 1994 - VI ZR 336/93 - aaO; vom 16. Dezember 1997 - VI ZR 408/96 - VersR 1998, 378, 380; vom 17. November 1998 - VI ZR 32/97 - VersR 1999, 585, 587; vom 18. Januar 2000 - VI ZR 375/98 - VersR 2000, 503, 504; vom 12. Dezember 2000 - VI ZR 345/99 - VersR 2001, 381, 382; vom 6. März 2001 - VI ZR 30/00 - aaO; vom 8. Oktober 2002 - VI ZR 182/01 - VersR 2003, 75, 76 und vom 14. Oktober 2003 - VI ZR 379/02 - aaO). In diesem Fall gelten die maßgebenden Umstände in dem Augenblick als bekannt, in dem der Geschädigte auf die entsprechende Erkundigung hin die Kenntnis erhalten hätte (Senatsurteil vom 14. Oktober 2003 - VI ZR 379/02 - aaO m.w.N.). Ein Anwendungsfall dieser Rechtsprechung liegt jedoch insbesondere dann nicht vor, wenn der Geschädigte - wie hier - besondere Recherchen hinsichtlich der Schadensursache durchführen müsste. Allein aus den erheblichen Schadensfolgen musste die Klägerin nicht auf einen Behandlungsfehler schließen. Die möglicherweise schicksalhafte, ungünstige Narbenbildung weist nicht ohne Weiteres auf ein Fehlverhalten des behandelnden Arztes hin, denn die zugrunde liegende Verletzung (Dammriss) gehört nicht zu den vermeidbaren, unüblichen Verletzungen bei einer Entbindung (vgl. Senatsurteil vom 20. September 1983 - VI ZR 35/82 - aaO). Auch im Übrigen ist nach den getroffenen Feststellungen nicht ersichtlich, dass der Geburtsvorgang für die Klägerin einen Hinweis auf ein Verschulden des Beklagten zu 2 geboten hätte (vgl. Senatsurteile vom 18. Juni 1974 - VI ZR 106/72 - VersR 1974, 1082, 1083 und vom 23. April 1985 - VI ZR 207/83 - aaO).
8
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts erlauben die getroffenen Feststellungen jedoch nicht die Annahme, dass die geltend gemachten Ansprüche gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB n.F. mit Ablauf des Jahres 2004 verjährt seien, weil die Unkenntnis der Klägerin von den den Anspruch begründenden Umständen auf grober Fahrlässigkeit beruhe.
9
a) Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass sich die Verjährung der klägerischen Ansprüche gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB ab dem 1. Januar 2002 nach dem ab dann geltenden neuen Verjährungsrecht richtet, denn die nach dem Klagevorbringen im Jahr 1998 entstandenen Ansprüche waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht verjährt. Etwaige vertragliche Ansprüche unterlagen der 30-jährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB a.F.. Die Verjährung deliktischer Ansprüche hatte wegen fehlender Kenntnis der Klägerin im Sinne von § 852 BGB a.F. noch nicht begonnen.
10
b) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht die erhobenen Ansprüche einheitlich der dreijährigen Regelverjährung des § 195 BGB n.F. unterstellt und die Verjährungsfrist nach der Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 6 Abs. 4 S. 1 EGBGB ab dem 1. Januar 2002 berechnet. Denn die neue Frist ist hinsichtlich des geltend gemachten vertraglichen Anspruchs kürzer als die alte Regelverjährung von 30 Jahren und eröffnet für die Verjährung deliktischer Ansprüche mit der Gleichstellung von Kenntnis und grob fahrlässiger Unkenntnis einen zusätzlichen Anwendungsfall. Zutreffend ist auch, dass bei Vorliegen der subjekti- ven Voraussetzungen von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB schon vor dem 1. Januar 2002 die neue Verjährungsfrist zum 31. Dezember 2004 abgelaufen wäre, mithin vertragliche und deliktische Ansprüche der Klägerin zu diesem Zeitpunkt verjähren konnten (vgl. BGHZ 171, 1, 7 ff.; BGH, Beschluss vom 19. März 2008 - III ZR 220/07 - VersR 2008, 1121; Urteile vom 8. Mai 2008 - VII ZR 106/07 - NJW 2008, 2427, 2428 und vom 3. Juni 2008 - XI ZR 319/06 - NJW 2008, 2576, 2578).
11
c) Zu Unrecht nimmt das Berufungsgericht indessen an, dass grob fahrlässige Unkenntnis der Klägerin als subjektive Voraussetzung des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB vor dem 1. Januar 2002 vorgelegen habe.
12
aa) Die tatrichterliche Beurteilung, ob einer Partei der Vorwurf grober Fahrlässigkeit zu machen ist, ist mit der Revision allerdings nur beschränkt angreifbar. Der Nachprüfung unterliegt lediglich, ob der Tatrichter den Begriff der groben Fahrlässigkeit verkannt oder bei der Beurteilung des Verschuldensgrades wesentliche Umstände außer Betracht gelassen hat (st. Rspr.; vgl. Senatsurteile BGHZ 163, 351, 353; vom 8. Mai 1984 - VI ZR 296/82 - VersR 1984, 775, 776; vom 12. Januar 1988 - VI ZR 158/87 - VersR 1988, 474; vom 18. Oktober 1988 - VI ZR 15/88 - VersR 1989, 109; vom 30. Januar 2001 - VI ZR 49/00 - VersR 2001, 985; vom 10. Februar 2009 - VI ZR 28/08 - VersR 2009, 558, 561 und vom 17. Februar 2009 - VI ZR 86/08 - VersR 2009, 839). Dies ist hier der Fall.
13
bb) Grobe Fahrlässigkeit setzt einen objektiv schweren und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Grob fahrlässige Unkenntnis liegt dann vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis fehlt, weil er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich grobem Maße verletzt und auch ganz naheliegende Überlegun- gen nicht angestellt oder das nicht beachtet hat, was jedem hätte einleuchten müssen (st. Rspr.; zuletzt vgl. Senatsurteile vom 10. Februar 2009 - VI ZR 28/08 - aaO und vom 17. Februar 2009 - VI ZR 86/08 - aaO, S. 840 m.w.N.; BGH, Urteile vom 23. September 2008 - XI ZR 253/07 - NJW-RR 2009, 544, 546 und vom 23. September 2008 - XI ZR 395/07 - aaO m.w.N.). Ihm muss persönlich ein schwerer Obliegenheitsverstoß in seiner eigenen Angelegenheit der Anspruchsverfolgung vorgeworfen werden können (Mansel, NJW 2002, 89, 91; vgl. Piekenbrock, Jahrbuch Junger Zivilrechtswissenschaftler 2001, S. 309, 325; Rebhahn, FS Welser, 2004, S. 849, 857).
14
Dabei bezieht sich die grob fahrlässige Unkenntnis ebenso wie die Kenntnis auf Tatsachen, auf alle Merkmale der Anspruchsgrundlage und bei der Verschuldenshaftung auf das Vertretenmüssen des Schuldners, wobei es auf eine zutreffende rechtliche Würdigung nicht ankommt (BGH, Beschluss vom 19. März 2008 - III ZR 220/07 - aaO; Mansel, aaO, S. 92). Ausreichend ist, wenn dem Gläubiger aufgrund der ihm grob fahrlässig unbekannt gebliebenen Tatsachen zugemutet werden kann, zur Durchsetzung seiner Ansprüche gegen eine bestimmte Person aussichtsreich, wenn auch nicht risikolos Klage - sei es auch nur in Form einer Feststellungsklage - zu erheben (vgl. Senatsurteile vom 18. Januar 2000 - VI ZR 375/98 - aaO m.w.N. und vom 14. Oktober 2003 - VI ZR 379/02 - aaO m.w.N.; Mansel, aaO).
15
cc) Nach gefestigter Rechtsprechung besteht für den Gläubiger keine generelle Obliegenheit, im Interesse des Schädigers an einem möglichst frühzeitigen Beginn der Verjährungsfrist Initiative zur Klärung von Schadenshergang oder Person des Schädigers zu entfalten (zu § 852 BGB a.F.: vgl. Senatsurteile BGHZ 133, 192, 199; vom 6. Februar 1990 - VI ZR 75/89 - aaO; vom 29. November 1994 - VI ZR 189/93 - aaO; vom 31. Januar 1995 - VI ZR 305/94 - aaO; vom 18. Januar 2000 - VI ZR 375/98 - aaO m.w.N. und vom 6. März 2001 - VI ZR 30/00 - aaO). Daran hat sich durch die Neuregelung des Verjährungsrechts in § 199 BGB nichts geändert (BGH, Urteil vom 16. September 2005 - V ZR 242/04 - WM 2006, 49, 50; OLG Saarbrücken, OLG-Report 2008, 817, 818 f.; Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 6. Aufl., Rn. D 8; Erman /Schmidt-Räntsch, BGB, 12.Aufl., §199, Rn.20; MünchKommBGB /Grothe, 5.Aufl., §199, Rn.28; Wendtland, in: Haas/Medicus/Schäfer/Wendtland, Das neue Schuldrecht, 2002, Kapitel 2, Rn. 17 f.; Rohlfing, MDR 2006, 721, 723). Diese Rechtslage entspricht der Regelung in § 932 Abs. 2 BGB, die ebenso wie § 199 Abs. 1 BGB an die grob fahrlässige Unkenntnis einer Partei anknüpft (vgl. BGH, Urteile vom 22. Juni 1966 - VIII ZR 141/64 - NJW 1966, 1959, 1960; vom 1. Juli 1987 - VIII ZR 331/86 - NJW-RR 1987, 1456, 1457 und vom 9. Oktober 1991 - VIII ZR 19/91 - NJW 1992, 310).
16
Für die Frage, unter welchen Voraussetzungen der Gläubiger zur Vermeidung der groben Fahrlässigkeit zu einer aktiven Ermittlung gehalten ist, kommt es vielmehr auf die Umstände des Einzelfalls an. Das Unterlassen einer Nachfrage ist ebenso wie in den Fällen des § 932 Abs. 2 BGB auch nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB nur dann als grob fahrlässig einzustufen, wenn weitere Umstände hinzutreten, die das Unterlassen aus der Sicht eines verständigen und auf seine Interessen bedachten Geschädigten als unverständlich erscheinen lassen. Für den Gläubiger müssen konkrete Anhaltspunkte für das Bestehen eines Anspruchs ersichtlich sein und sich ihm der Verdacht einer möglichen Schädigung aufdrängen (zu § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB: vgl. BGH, Urteil vom 23. September 2008 - XI ZR 253/07 - aaO; OLG Köln, GRUR-RR 2003, 187, 188; OLG Celle, OLG-Report 2009, 422 f.; Erman/Schmidt-Räntsch, aaO; Palandt /Heinrichs, BGB, 68. Aufl., § 199, Rn. 36; vgl. Staudinger/Greger, BGB [2007], § 199, Rn. 54 f.; vgl. Bäune/Dahn, MedR 2004, 645, 653; Geiß/Greiner, aaO; zu § 932 Abs. 2 BGB: BGHZ 77, 274, 277; BGH, Urteile vom 22. Juni 1966 - VIII ZR 141/64 - aaO; vom 1. Juli 1987 - VIII ZR 331/86 - aaO; vom 9. Oktober 1991 - VIII ZR 19/91 - aaO und vom 13. April 1994 - II ZR 196/93 - NJW 1994, 2022, 2023; vgl. Otto, Die Bestimmung des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB, Diss. [2006], S. 229; Soergel/Henssler, BGB, 13. Aufl., § 932, Rn. 23).
17
In Arzthaftungssachen ist bei der Prüfung, ob grobe Fahrlässigkeit vorliegt , zugunsten des Patienten zu berücksichtigen, dass dieser nicht ohne Weiteres aus einer Verletzungshandlung, die zu einem Schaden geführt hat, auf einen schuldhaften Behandlungs- oder Aufklärungsfehler zu schließen braucht. Deshalb führt allein der negative Ausgang einer Behandlung ohne weitere sich aufdrängende Anhaltspunkte für ein behandlungsfehlerhaftes Geschehen nicht dazu, dass der Patient zur Vermeidung der Verjährung seiner Ansprüche Initiative zur Aufklärung des Behandlungsgeschehens entfalten müsste (vgl. MünchKommBGB /Grothe, aaO, Rn. 30, 39; vgl. Bäune/Dahn, aaO). Denn das Ausbleiben des Erfolgs ärztlicher Maßnahmen muss nicht in der Unzulänglichkeit ärztlicher Bemühungen seinen Grund haben, sondern kann schicksalhaft und auf die Eigenart der Erkrankung zurückzuführen sein (vgl. Senatsurteile vom 20. September 1983 - VI ZR 35/82 - aaO; vom 23. April 1985 - VI ZR 207/83 - aaO; vom 29. November 1994 - VI ZR 189/93 - aaO und vom 3. Februar 1998 - VI ZR 356/96 - aaO).
18
dd) Mit diesen Grundsätzen steht die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Klägerin habe ohne grobe Fahrlässigkeit deutlich vor dem 31. Dezember 2001 Kenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erlangen müssen, nicht in Einklang. Zwar hätte die Klägerin vor diesem Zeitpunkt Erkundigungen wegen eines etwaigen Fehlverhaltens der Beklagten einholen können. Das Unterlassen einer solchen Nachfrage ist aber nur dann als grob fahrlässig einzustufen, wenn weitere Umstände hinzutreten, die dieses Verhalten aus der Sicht eines verständigen und auf seine Interessen bedachten Patienten als unverständlich erscheinen lassen (vgl. BGH, Urteil vom 16. September 2005 - V ZR 242/04 - aaO; vgl. Staudinger/Greger, aaO, Rn. 55 f.). Hier musste sich der Klägerin ein behandlungsfehlerhaftes Verhalten der Beklagten nach den Umständen des Falles bis zu dem Gespräch mit der Gynäkologin im Jahr 2006 nicht aufdrängen. Zwar litt die Klägerin nach eigenen Angaben seit der Entbindung unter erheblichen Beschwerden, die ihre Lebensführung stark einschränkten und deren operative Beseitigungsmöglichkeit von ihr mit Ärzten besprochen wurde. Eine schmerzhafte Narbenbildung kann aber ebenso wie ein bei der Entbindung eingetretener Dammriss schicksalhaft sein und gibt einem verständigen, auf seine Interessen bedachten Patienten nicht ohne Weiteres Veranlassung, wegen eines Behandlungsfehlers nachzuforschen. Welche konkreten Umstände abgesehen vom negativen Ausgang der ärztlichen Behandlung der Klägerin Veranlassung hätten geben sollen, wegen eines Behandlungsfehlers nachzufragen, hat das Berufungsgericht nicht aufgezeigt.
19
ee) Hat die Klägerin erstmals in dem Gespräch mit ihrer Gynäkologin am 23. Juni 2006 einen Hinweis darauf erhalten, dass eine falsch gesetzte Naht die Ursache ihrer Beschwerden sein könnte, waren die geltend gemachten Ansprüche bei Klageerhebung im Juli 2007 noch nicht verjährt.
20
d) Im Übrigen ist weder festgestellt noch vorgetragen, dass eine etwaige Nachfrage der Klägerin vor dem 1. Januar 2002 Klarheit über die Ursache ihrer Beschwerden gebracht hätte, um ihr die Möglichkeit zu geben, aussichtsreich, wenn auch nicht risikolos Klage - sei es auch nur in Form einer Feststellungsklage - zu erheben (vgl. BGH, Urteil vom 23. September 2008 - XI ZR 253/07 - aaO; vgl. BGH, Urteil vom 23. September 2008 - XI ZR 395/07 - aaO; Mansel, aaO, S. 91 f.; Bäune/Dahn, aaO; Winkhart, Arzthaftungsrecht, 2. Aufl., S. 858 f., 882 f.; Otto, aaO, S. 274; Palandt/Heinrichs, aaO, § 199, Rn. 37; anders Erman /Schmidt-Räntsch, aaO).

III.

21
Das angefochtene Urteil ist deshalb aufzuheben. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit dieses die erforderlichen Feststellungen nachholen kann. Dabei wird es auch dem Vorbringen der Klägerin nachzugehen haben, sie habe erst nach dem 23. Juni 2006 erfahren, dass der Beklagte zu 2 behandlungsfehlerhaft von einer Sectio abgesehen habe. Galke Diederichsen Pauge Stöhr von Pentz
Vorinstanzen:
LG Bremen, Entscheidung vom 25.04.2008 - 3 O 1303/07 -
OLG Bremen, Entscheidung vom 20.08.2008 - 5 U 19/08 -

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

18
aa) Nach § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO sind neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im Berufungsverfahren zuzulassen, wenn sie einen rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt betreffen, der von dem Gericht des ersten Rechtszugs erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob ein neues Angriffs- oder Verteidigungsmittel schon in erster Instanz hätte vorgebracht werden können. Denn diese Bestimmung soll verhindern, dass Prozessparteien gezwungen werden, in der ersten Instanz vorsorglich auch solche Angriffs- und Verteidigungsmittel vorzutragen , die vom Standpunkt des erstinstanzlichen Gerichts unerheblich sind (vgl. BGH, Urteile vom 30. Juni 2006 - V ZR 148/05, WM 2006, 1827 Rn. 16 und vom 21. Dezember 2011 - VIII ZR 166/11, NJW-RR 2012, 341 Rn. 18 mwN). Allerdings findet die genannte Vorschrift nur unter der ungeschriebenen Voraussetzung Anwendung, dass die Rechtsansicht des Gerichts den erstin- stanzlichen Sachvortrag der Partei beeinflusst hat und daher, ohne dass deswegen ein Verfahrensfehler gegeben wäre, (mit-)ursächlich dafür geworden ist, dass sich Parteivorbringen in das Berufungsverfahren verlagert (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 19. Februar 2004 - III ZR 147/03, WM 2004, 2213, 2215, vom 30. Juni 2006 - V ZR 148/05, aaO Rn. 17 und vom 21. Dezember 2011 - VIII ZR 166/11, aaO Rn. 19 mwN).

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.

(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn

1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt,
2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder
3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) In demselben Verfahren und in demselben Rechtszug werden die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Der Streitwert beträgt höchstens 30 Millionen Euro, soweit kein niedrigerer Höchstwert bestimmt ist.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts anderes bestimmt ist. In Musterfeststellungsklagen nach Buch 6 der Zivilprozessordnung und in Rechtsstreitigkeiten aufgrund des Unterlassungsklagengesetzes darf der Streitwert 250 000 Euro nicht übersteigen.

(2) In nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten ist der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen. Der Wert darf nicht über eine Million Euro angenommen werden.

(3) Ist mit einem nichtvermögensrechtlichen Anspruch ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Anspruch, und zwar der höhere, maßgebend.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

(1) Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der Einreichung der Klage, in der Rechtsmittelinstanz der Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels, bei der Verurteilung der Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, entscheidend; Früchte, Nutzungen, Zinsen und Kosten bleiben unberücksichtigt, wenn sie als Nebenforderungen geltend gemacht werden.

(2) Bei Ansprüchen aus Wechseln im Sinne des Wechselgesetzes sind Zinsen, Kosten und Provision, die außer der Wechselsumme gefordert werden, als Nebenforderungen anzusehen.