Tenor

Unter Aufhebung der Vorlageverfügung des Landgerichts Dessau-Roßlau vom 7. August 2012 wird die Sache zur Entscheidung im Beschwerdeverfahren an das Landgericht zurückgegeben.

Gründe

A.

1

Der Rechtsuchende hat beim Amtsgericht Bitterfeld-Wolfen die nachträgliche Bewilligung von Beratungshilfe für eine Ehesache und Folgesachen begehrt, im Einzelnen für die Ehescheidung (Az. 3 II 42/12), für die Festsetzung des Unterhalts für seine Kinder S. und J. G. (Az.: 3 II 41/12) sowie für die Auseinandersetzung der Ehewohnung (Az. 3 II 340/12).

2

Die Rechtspflegerin des Amtsgerichts Bitterfeld-Wolfen hat die drei Beratungshilfesachen mit Beschluss vom 17.01.2012 unter Führung des Verfahrens 3 II 42/12 verbunden. Sie hat alle drei Angelegenheiten wegen ihres zeitlichen und sachlichen Zusammenhangs als dieselbe Sache bewertet und als anwaltliche Vergütung einen Betrag von (einmalig) 99,96 € festgesetzt.

3

Hiergegen wendet sich der beauftragte Rechtsanwalt mit dem Ziel, dass für alle drei Angelegenheiten jeweils gesondert Beratungshilfe vergütet werden möge. Er hat Erinnerung eingelegt, der die Rechtspflegerin nicht abgeholfen hat. Das Amtsgericht Bitterfeld-Wolfen hat die Erinnerung mit richterlichem Beschluss vom 27.03.2012 zurückgewiesen, jedoch die Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen. Der Anwalt hat gegen diese ihm am 05.04.2012 zugestellte Entscheidung mit Schriftsatz vom 19.04.2012 Beschwerde eingelegt; dieser Schriftsatz ist am selben Tag beim Amtsgericht eingegangen. Wegen der Einzelheiten des Beschwerdevorbringens wird auf den Inhalt der Beschwerdeschrift Bezug genommen. Das Amtsgericht Bitterfeld-Wolfen hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landgericht Dessau-Roßlau als Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt. Das Landgericht hat die Sache mit Verfügung vom 07.08.2012 dem Oberlandesgericht mit der Bitte um Prüfung um Zuständigkeit vorgelegt.

4

Der zuständige Einzelrichter hat das Verfahren dem Senat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache durch Beschluss vom 28.01.2013 nach §§ 56 Abs. 2 S. 1 i.V.m. 33 Abs. 8 S. 2 RVG übertragen. Die Landeskasse ist angehört worden.

B.

5

Das Oberlandesgericht ist nicht das zuständige Beschwerdegericht; die Vorlageverfügung war daher aufzuheben. Im Verfahren der anwaltlichen Vergütungsfestsetzung für Beratungshilfe ist das nach §§ 56 Abs. 2 S. 1 i.V.m. 33 Ab. 4 S. 2 RVG zuständige Beschwerdegericht das Landgericht.

6

I. Die vorgenannten Vorschriften bestimmen, dass grundsätzlich das nächst höhere Gericht für die Entscheidung über die Beschwerde in Verfahren der anwaltlichen Vergütungsfestsetzung zuständig ist; das ist nach § 72 Abs. 1 GVG bei erstinstanzlichen Entscheidungen des Amtsgerichts das Landgericht.

7

II. Zwar ist von diesem Instanzenzug eine Ausnahme vorgesehen, wenn es sich um ein Zivilverfahren der in § 119 Abs. 1 Nr. 1 GVG bezeichneten Art handelt – dann ist das Oberlandesgericht als Beschwerdegericht zuständig. Die vorgenannte Voraussetzung ist jedoch nicht erfüllt.

8

1. Das Verfahren der Vergütungsfestsetzung nach bewilligter Beratungshilfe ist ein eigenständiges Verfahren und stellt selbst keine Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit i.S. von § 119 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) GWB dar. In der enumerativen und abschließenden Aufzählung der Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in § 23a Abs. 2 GVG ist dieses Verfahren nicht enthalten.

9

2. Soweit der Bundesgerichtshof für Kostenfestsetzungsverfahren, die zu einer streitigen Familiensache gehören, aus praktischen Erwägungen eine „Annex“-Zuständigkeit des zweitinstanzlichen Gerichts in der Hauptsache ausnahmsweise auch für die Entscheidung über die Beschwerde im Vergütungsfestsetzungsverfahren angenommen hat (vgl. Beschluss v. 03.05.1978, IV ARZ 39/78, RPfl 1978, 304), sind diese Erwägungen auf das Vergütungsfestsetzungsverfahren für Beratungshilfe nicht übertragbar.

10

a) Es fehlt hier schon ein Zusammenhang zwischen dem Verfahren der Vergütungsfestsetzung und einer Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Denn das der Vergütungsfestsetzung vorausgehende Verfahren der Bewilligung von Beratungshilfe ist ebenfalls kein originär den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zugeordnetes Verfahren, wie sich aus § 23a Abs. 2 GVG ergibt. Es ist insbesondere nicht unter die in § 23a Abs. 2 Nr. 11 GVG aufgeführten sonstigen Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu subsumieren, denn das Beratungshilfegesetz enthält keine entsprechende Zuweisung. Stattdessen ordnet § 5 BerHG lediglich die sinngemäße Geltung der Vorschriften über das Verfahren in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit an. Es ist einhellige Auffassung, dass die Anordnung der entsprechenden Geltung der Verfahrensvorschriften der freiwilligen Gerichtsbarkeit der Verfahrensvereinfachung dienen soll (vgl. nur Schoreit/ Groß, Beratungshilfe, Prozesskostenhilfe, Verfahrenskostenhilfe, 11. Aufl. 2012, § 5 Rn. 1 m.w.N.) und dass allein aus der entsprechenden Anwendbarkeit dieser Vorschriften keine Zuordnung zu den Angelegenheiten nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) GVG erwächst (vgl. auch Kissel/Mayer, GVG, 7. Aufl. 2013, § 23a Rn. 109).

11

b) Für das Verfahren der Vergütungsfestsetzung gelten andere prozessrechtliche Vorschriften als für das ihm vorausgehende Verfahren der Bewilligung von Beratungshilfe. Denn § 5 BerHG ist ausschließlich auf das Bewilligungsverfahren anwendbar, während sich die eigenständigen Regelungen der §§ 55 und 56 RVG am ZPO-Verfahren orientieren; hier gilt § 104 Abs. 2 ZPO entsprechend. Das zeigt sich auch im nach § 33 RVG angeordneten Instanzenzug einschließlich der Eröffnung einer weiteren Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 546, 547 ZPO.

12

c) Ein enger inhaltlicher Zusammenhang zwischen den Voraussetzungen für die Bewilligung von Beratungshilfe und der Vergütungsfestsetzung, welcher die parallele Befassung derselben Instanzgerichte mit beiden Verfahrensgegenständen als zweckmäßig erscheinen ließe, besteht nicht. Beratungshilfe wird nach § 1 Abs. 1 BerHG nur für die Wahrnehmung von Rechten außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens gewährt; ob irgendein Gericht oder gar das mit der Bewilligung von Beratungshilfe befasste Gericht später über denselben Streitstoff wird entscheiden müssen, ist nicht absehbar (vgl. BGH, Beschluss v. 16.05.1984, IVb ARZ 20/84 in Abgrenzung zum Beschluss v. 03.05.1978, IV ARZ 39/78 zur Rechtslage vor der Reform des Rechts der freiwilligen Gerichtsbarkeit). Die Entscheidung über die Vergütungsfestsetzung hingegen erfordert keine näheren Kenntnisse, die bei der Prüfung der Voraussetzungen der Bewilligung nach § 1 Abs. 1 BerHG Bedeutung erlangen können.

13

d) Hinzu kommt, dass im Verfahren der Bewilligung von Beratungshilfe trotz der entsprechenden Geltung der Verfahrensvorschriften der freiwilligen Gerichtsbarkeit eine Sachentscheidung der Oberlandesgerichte nicht in Betracht kommt. Im Falle der Versagung von Beratungshilfe bestimmt § 6 Abs. 2 BerHG ausdrücklich, dass eine Beschwerde des Antragstellers hiergegen nicht statthaft ist (vgl. nur OLG Naumburg, Beschluss v. 25.11.2010, 2 Wx 41/10, JurBüro 2011, 315; OLG Celle, Beschluss v. 08.06.2010, 2 W 149/10, FamRZ 2011, 495; Brandenburg. OLG, Beschluss v. 20.05.2011, 13 Wx 3/11, zitiert nach juris; vgl. auch Schoreit/Groß, a.a.O., § 6 Rn. 4 m.w.N.). Im Falle der Bewilligung wird allgemein eine Beschwerde der Landeskasse für unstatthaft erachtet (vgl. Schoreit/Groß, a.a.O., § 6 Rn. 9 m.w.N.).

14

3. Die hier vertretene Auffassung entspricht – soweit ersichtlich – der inzwischen einhelligen Auffassung der Oberlandesgerichte (vgl. OLG Köln, Beschluss v. 11.10.2010, I-17 W 141/10; OLG Celle, Beschluss v. 28.02.2011, 2 W 45/11; OLG Hamm, Beschluss v. 31.05.2011, I-32 Sbd 39/11; OLG Koblenz, Beschluss v. 28.11.2011, 14 W 694/11; OLG Frankfurt, Beschluss v. 06.03.2012, 20 W 37/12 – alle zitiert nach juris). Soweit der erkennende Senat in der Vergangenheit Sachentscheidungen in Verfahren der Vergütungsfestsetzung nach Bewilligung von Beratungshilfe getroffen hat, wird die damit inzident zum Ausdruck gebrachte Annahme einer eigenen Zuständigkeit ausdrücklich aufgegeben.

C.

15

Nebenentscheidungen durch den Senat sind nicht veranlasst.


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(1) Die Zivilkammern, einschließlich der Kammern für Handelssachen und der in § 72a genannten Kammern, sind die Berufungs- und Beschwerdegerichte in den vor den Amtsgerichten verhandelten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, soweit nicht die Zuständigkeit der Oberlandesgerichte begründet ist. Die Landgerichte sind ferner die Beschwerdegerichte in Freiheitsentziehungssachen und in den von den Betreuungsgerichten entschiedenen Sachen.

(2) In Streitigkeiten nach § 43 Absatz 2 des Wohnungseigentumsgesetzes ist das für den Sitz des Oberlandesgerichts zuständige Landgericht gemeinsames Berufungs- und Beschwerdegericht für den Bezirk des Oberlandesgerichts, in dem das Amtsgericht seinen Sitz hat. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung anstelle dieses Gerichts ein anderes Landgericht im Bezirk des Oberlandesgerichts zu bestimmen. Sie können die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

(1) Die Oberlandesgerichte sind in Zivilsachen zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel:

1.
der Beschwerde gegen Entscheidungen der Amtsgerichte
a)
in den von den Familiengerichten entschiedenen Sachen;
b)
in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit mit Ausnahme der Freiheitsentziehungssachen und der von den Betreuungsgerichten entschiedenen Sachen;
2.
der Berufung und der Beschwerde gegen Entscheidungen der Landgerichte.

(2) § 23b Absatz 1, 2 und 3 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) In Zivilsachen sind Oberlandesgerichte ferner zuständig für die Verhandlung und Entscheidung von Musterfeststellungsverfahren nach Buch 6 der Zivilprozessordnung im ersten Rechtszug. Ein Land, in dem mehrere Oberlandesgerichte errichtet sind, kann durch Rechtsverordnung der Landesregierung einem Oberlandesgericht die Entscheidung und Verhandlung für die Bezirke mehrerer Oberlandesgerichte oder dem Obersten Landesgericht zuweisen, sofern die Zuweisung für eine sachdienliche Förderung oder schnellere Erledigung der Verfahren zweckmäßig ist. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

(1) Die Amtsgerichte sind ferner zuständig für

1.
Familiensachen;
2.
Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, soweit nicht durch gesetzliche Vorschriften eine anderweitige Zuständigkeit begründet ist.
Die Zuständigkeit nach Satz 1 Nummer 1 ist eine ausschließliche.

(2) Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit sind

1.
Betreuungssachen, Unterbringungssachen sowie betreuungsgerichtliche Zuweisungssachen,
2.
Nachlass- und Teilungssachen,
3.
Registersachen,
4.
unternehmensrechtliche Verfahren nach § 375 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
5.
die weiteren Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit nach § 410 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
6.
Verfahren in Freiheitsentziehungssachen nach § 415 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
7.
Aufgebotsverfahren,
8.
Grundbuchsachen,
9.
Verfahren nach § 1 Nr. 1 und 2 bis 6 des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen,
10.
Schiffsregistersachen sowie
11.
sonstige Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, soweit sie durch Bundesgesetz den Gerichten zugewiesen sind.

(3) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 sind für die den Amtsgerichten obliegenden Verrichtungen in Teilungssachen im Sinne von § 342 Absatz 2 Nummer 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit anstelle der Amtsgerichte die Notare zuständig.

(1) Die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung und der Vorschuss hierauf werden auf Antrag des Rechtsanwalts von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszugs festgesetzt. Ist das Verfahren nicht gerichtlich anhängig geworden, erfolgt die Festsetzung durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts, das den Verteidiger bestellt hat.

(2) In Angelegenheiten, in denen sich die Gebühren nach Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses bestimmen, erfolgt die Festsetzung durch den Urkundsbeamten des Gerichts des Rechtszugs, solange das Verfahren nicht durch rechtskräftige Entscheidung oder in sonstiger Weise beendet ist.

(3) Im Fall der Beiordnung einer Kontaktperson (§ 34a des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz) erfolgt die Festsetzung durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Landgerichts, in dessen Bezirk die Justizvollzugsanstalt liegt.

(4) Im Fall der Beratungshilfe wird die Vergütung von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des in § 4 Absatz 1 des Beratungshilfegesetzes bestimmten Gerichts festgesetzt.

(5) § 104 Absatz 2 Satz 1 und 2 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Antrag hat die Erklärung zu enthalten, ob und welche Zahlungen der Rechtsanwalt bis zum Tag der Antragstellung erhalten hat. Bei Zahlungen auf eine anzurechnende Gebühr sind diese Zahlungen, der Satz oder der Betrag der Gebühr und bei Wertgebühren auch der zugrunde gelegte Wert anzugeben. Zahlungen, die der Rechtsanwalt nach der Antragstellung erhalten hat, hat er unverzüglich anzuzeigen.

(6) Der Urkundsbeamte kann vor einer Festsetzung der weiteren Vergütung (§ 50) den Rechtsanwalt auffordern, innerhalb einer Frist von einem Monat bei der Geschäftsstelle des Gerichts, dem der Urkundsbeamte angehört, Anträge auf Festsetzung der Vergütungen, für die ihm noch Ansprüche gegen die Staatskasse zustehen, einzureichen oder sich zu den empfangenen Zahlungen (Absatz 5 Satz 2) zu erklären. Kommt der Rechtsanwalt der Aufforderung nicht nach, erlöschen seine Ansprüche gegen die Staatskasse.

(7) Die Absätze 1 und 5 gelten im Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde entsprechend. An die Stelle des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle tritt die Verwaltungsbehörde.

(1) Über Erinnerungen des Rechtsanwalts und der Staatskasse gegen die Festsetzung nach § 55 entscheidet das Gericht des Rechtszugs, bei dem die Festsetzung erfolgt ist, durch Beschluss. Im Fall des § 55 Absatz 3 entscheidet die Strafkammer des Landgerichts. Im Fall der Beratungshilfe entscheidet das nach § 4 Absatz 1 des Beratungshilfegesetzes zuständige Gericht.

(2) Im Verfahren über die Erinnerung gilt § 33 Absatz 4 Satz 1, Absatz 7 und 8 und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung über die Erinnerung § 33 Absatz 3 bis 8 entsprechend. Das Verfahren über die Erinnerung und über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Über den Festsetzungsantrag entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges. Auf Antrag ist auszusprechen, dass die festgesetzten Kosten vom Eingang des Festsetzungsantrags, im Falle des § 105 Abs. 3 von der Verkündung des Urteils ab mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu verzinsen sind. Die Entscheidung ist, sofern dem Antrag ganz oder teilweise entsprochen wird, dem Gegner des Antragstellers unter Beifügung einer Abschrift der Kostenrechnung von Amts wegen zuzustellen. Dem Antragsteller ist die Entscheidung nur dann von Amts wegen zuzustellen, wenn der Antrag ganz oder teilweise zurückgewiesen wird; im Übrigen ergeht die Mitteilung formlos.

(2) Zur Berücksichtigung eines Ansatzes genügt, dass er glaubhaft gemacht ist. Hinsichtlich der einem Rechtsanwalt erwachsenden Auslagen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen genügt die Versicherung des Rechtsanwalts, dass diese Auslagen entstanden sind. Zur Berücksichtigung von Umsatzsteuerbeträgen genügt die Erklärung des Antragstellers, dass er die Beträge nicht als Vorsteuer abziehen kann.

(3) Gegen die Entscheidung findet sofortige Beschwerde statt. Das Beschwerdegericht kann das Verfahren aussetzen, bis die Entscheidung, auf die der Festsetzungsantrag gestützt wird, rechtskräftig ist.

(1) Berechnen sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert oder fehlt es an einem solchen Wert, setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbstständig fest.

(2) Der Antrag ist erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist. Antragsberechtigt sind der Rechtsanwalt, der Auftraggeber, ein erstattungspflichtiger Gegner und in den Fällen des § 45 die Staatskasse.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können die Antragsberechtigten Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung eingelegt wird.

(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht, in Zivilsachen der in § 119 Absatz 1 Nummer 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Art jedoch das Oberlandesgericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(5) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. Absatz 4 Satz 1 bis 3 gilt entsprechend.

(6) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 3, Absatz 4 Satz 1 und 4 und Absatz 5 gelten entsprechend.

(7) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(8) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(9) Das Verfahren über den Antrag ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet; dies gilt auch im Verfahren über die Beschwerde.

Das Recht ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war;
2.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs ohne Erfolg geltend gemacht ist;
3.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war;
4.
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat;
5.
wenn die Entscheidung auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
6.
wenn die Entscheidung entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht mit Gründen versehen ist.

(1) Hilfe für die Wahrnehmung von Rechten außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens und im obligatorischen Güteverfahren nach § 15a des Gesetzes betreffend die Einführung der Zivilprozessordnung (Beratungshilfe) wird auf Antrag gewährt, wenn

1.
Rechtsuchende die erforderlichen Mittel nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht aufbringen können,
2.
keine anderen Möglichkeiten für eine Hilfe zur Verfügung stehen, deren Inanspruchnahme den Rechtsuchenden zuzumuten ist,
3.
die Inanspruchnahme der Beratungshilfe nicht mutwillig erscheint.

(2) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 sind gegeben, wenn den Rechtsuchenden Prozeßkostenhilfe nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung ohne einen eigenen Beitrag zu den Kosten zu gewähren wäre. Die Möglichkeit, sich durch einen Rechtsanwalt unentgeltlich oder gegen Vereinbarung eines Erfolgshonorars beraten oder vertreten zu lassen, ist keine andere Möglichkeit der Hilfe im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2.

(3) Mutwilligkeit liegt vor, wenn Beratungshilfe in Anspruch genommen werden soll, obwohl Rechtsuchende, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen keine Beratungshilfe beanspruchen können, bei verständiger Würdigung aller Umstände der Rechtsangelegenheit davon absehen würden, sich auf eigene Kosten rechtlich beraten oder vertreten zu lassen. Bei der Beurteilung der Mutwilligkeit sind die Kenntnisse und Fähigkeiten der Rechtsuchenden sowie ihre besondere wirtschaftliche Lage zu berücksichtigen.

(1) Sind die Voraussetzungen für die Gewährung von Beratungshilfe gegeben und wird die Angelegenheit nicht durch das Amtsgericht erledigt, stellt das Amtsgericht Rechtsuchenden unter genauer Bezeichnung der Angelegenheit einen Berechtigungsschein für Beratungshilfe durch eine Beratungsperson ihrer Wahl aus.

(2) Wenn sich Rechtsuchende wegen Beratungshilfe unmittelbar an eine Beratungsperson wenden, kann der Antrag auf Bewilligung der Beratungshilfe nachträglich gestellt werden. In diesem Fall ist der Antrag spätestens vier Wochen nach Beginn der Beratungshilfetätigkeit zu stellen.