Oberlandesgericht Naumburg Urteil, 18. Dez. 2014 - 2 U 53/14

published on 18/12/2014 00:00
Oberlandesgericht Naumburg Urteil, 18. Dez. 2014 - 2 U 53/14
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Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 27. Mai 2014 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des Landgerichts Halle abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 9.365,55 € nebst Zinsen in Höhe von jeweils acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB aus einem Teilbetrag in Höhe von 2.720,75 € seit dem 01.01.2011, aus weiteren 3.404,02 € seit dem 01.01.2012 und aus weiteren 3.240,78 € seit dem 01.01.2013 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die in der Gemarkung N. auf den Flurstücken 33/8, 33/16 und 33/7 belegenen und jeweils auf Gebäuden errichteten Fotovoltaikanlagen mit installierten Leistungen von 130 kWp, 115,34 kWp und 52,88 kWp vergütungsrechtlich nicht als eine Anlage i.S. des § 19 Abs. 1 EEG 2009 gelten.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

A.

1

Die Prozessparteien streiten um die vergütungsrechtliche Behandlung von drei Fotovoltaik-Dachinstallationen unter dem Regime des EEG 2009.

2

Die Klägerin ist Muttergesellschaft und jeweils persönlich haftende Gesellschafterin der S 1 ... GmbH & Co. KG, der S 5 ... GmbH & Co. KG und der L. GmbH & Co. KG. Jede der drei genannten Tochtergesellschaften ist Betreiberin eines Fotovoltaik-Dachanlagenkomplexes. Die Gebäude, auf denen die Dachanlagenkomplexe errichtet wurden, befinden sich auf dem Betriebsgelände des Obstgutes K. in der Gemarkung N., welches im Eigentum des Inhabers W. K. steht und als Obstgut eine einheitliche postalische Anschrift, nämlich T. Straße 2z, S., hat. Die Klägerin mietete die Gebäudedächer für die Errichtung und den Betrieb von Fotovoltaikanlagen; das vorgenannte Nutzungsrecht wurde dinglich gesichert durch die Eintragung einer gemeinsamen beschränkten persönlichen Dienstbarkeit zugunsten der Klägerin (vgl. Grundbuch von S., Blatt 519, Abteilung II, lfd. Nr. 6).

3

Der Anlagenkomplex der S 1 ... GmbH & Co. KG mit einer installierten Leistung von 130 kWp (künftig: FVA 1) befindet sich auf dem Dach einer 1974 errichteten Lagerhalle, welche auf dem Flurstück 33/8 belegen ist. Der Anlagenkomplex der S 5 ... GmbH & Co. KG mit einer installierten Leistung von 115,34 kWp (künftig: FVA 2) ist auf dem Dach eines 1983 errichteten Verwaltungs- und Bürogebäudes, belegen auf dem Flurstück 33/16, installiert, der Anlagenkomplex der L. GmbH & Co. KG mit einer installierten Leistung von 52,88 kWp (künftig: FVA 3) auf dem Dach einer 1975 erbauten Lager- und Verkaufshalle, belegen auf dem Flurstück 33/7. Die genannten Flurstücke sind jeweils im Grundbuch von S., Blatt 519, eingetragen, und zwar die Flurstücke 33/8 mit 2.711 m2 und 33/7 mit 5.166 m2 gemeinsam neben weiteren, flächenmäßig kleineren Flurstücken unter lfd. Nr. 1 des Bestandsverzeichnisses und das Flurstück 33/16 mit 2.387 m2 neben weiteren Flurstücken unter lfd. Nr. 2 des Bestandsverzeichnisses. Jeder der Dachanlagenkomplexe verfügt über eigene Wechselrichter und Anschlussleitungen; letztere werden vor dem Netzanschlusspunkt zusammengeführt. Vertragspartnerin des Netzanschluss- und Einspeisevertrages mit der Beklagten, der Betreiberin des vorgelagerten Stromverteilungsnetzes, ist die Klägerin. Die Anlagenkomplexe wurden zeitgleich von der U. Photovoltaik GmbH & Co. KG errichtet und von der R. Volks- und Raiffeisenbank e.G. finanziert; die verwendeten Module (Sharp, Nennleistung 235 W) und Wechselrichter (KACO) stammten jeweils vom selben Hersteller. Alle drei Dachanlagenkomplexe wurden jeweils am 26.01.2010 in Betrieb genommen. Wegen der Einzelheiten der Lage der Fotovoltaikanlagen wird ergänzend auf den Auszug aus der Liegenschaftskarte (Anlage K 5, GA Bl. 131) sowie auf die Luftbildaufnahmen vom Obstgut K. (Anlage B 4, Bl. 204) Bezug genommen.

4

Die Beklagte vergütete den in den drei Anlagenkomplexen erzeugten und in ihr Netz eingespeisten Strom nach den Vergütungssätzen des § 33 Abs. 1 EEG 2009, wobei sie ihrer Berechnung eine Zusammenfassung aller Anlagen nach § 19 Abs. 1 EEG 2009 zugrunde legte.

5

Die Klägerin begehrt eine Ermittlung und Zahlung der Vergütung des eingespeisten Stroms unter vergütungsrechtlich getrennter Betrachtung der drei Anlagenkomplexe.

6

Sie hat die Ansicht vertreten, dass sie als Inhaberin des Netzanschlusses und Vertragspartnerin des Einspeisevertrages klagebefugt sei; hilfsweise hat sie sich auf eine Abtretung etwaiger Ansprüche der drei Anlagenbetreiberinnen berufen. Sie ist der Meinung, dass die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 Nr. 1 EEG 2009 nicht erfüllt seien. Jedes Flurstück sei als eigenständiges Grundstück zu bewerten, welches von den anderen Flurstücken durch eine Grenze, teilweise auch durch dazwischen befindliche andere Flurstücke getrennt sei. Die Zusammenfassung der Flurstücke 33/8 und 33/7 unter einer Nummer des Bestandsverzeichnisses sei im Jahre 2003 vom Eigentümer lediglich vorgenommen worden, um mehrere Wirtschaftsgebäude gemeinsam verkehrsfähig zu machen. Ein Zusammenhang mit der späteren Nutzung zu Zwecken der Energieerzeugung habe nicht bestanden. Die Errichtung und der Betrieb der drei Anlagenkomplexe sei auf den frei stehenden Gebäuden, wie sie vorgefunden und unverändert angemietet worden waren, erfolgt; es fehle an einer im Hinblick auf die Zwecke der Energieerzeugung ausgerichteten Parzellierung bzw. an einem technisch unnötigen Anlagensplitting und damit an einer Umgehung der vergütungsrelevanten Leistungsstufen, deren Verhinderung die o.g. Regelung dienen solle. Die Errichtung und der Betrieb von Solaranlagen auf Bestandsgebäuden und damit die Nutzung von bereits vorhandenen Dachflächen unter Inkaufnahme eines höheren Investitionsaufwands für die Herrichtung der Dächer entspreche den Zielen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Die Klägerin hat sich für ihre Rechtsauffassung insbesondere auch auf die Spruchpraxis der Clearingstelle EEG berufen.

7

Die Klägerin hat die Differenz zwischen dem Gesamtbetrag der fiktiven Vergütung des in den Jahren 2010, 2011 und 2012 jeweils in den streitgegenständlichen Fotovoltaikanlagen erzeugten und in das Netz der Beklagten eingespeisten Stroms unter Zugrundelegung einer Vergütungsermittlung für jeden Anlagenkomplex gesondert und dem jeweils jährlich von der Beklagten gezahlten Betrag der Vergütung als Leistungsanspruch geltend gemacht; wegen der künftigen Vergütung hat sie die Feststellung begehrt, dass die drei selbständigen Anlagenkomplexe auch nicht zu Vergütungszwecken zusammenzufassen seien.

8

Die Beklagte hat die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten. In der Sache hat sie die Auffassung vertreten, dass die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 Nr. 1 EEG 2009 ebenfalls - wie im Übrigen unstreitig die anderen Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 EEG 2009 - erfüllt seien. Die FVA 1 und FVA 3 seien schon auf demselben Grundstück belegen, weil beide Flurstücke unter einer gemeinsamen Nummer des Bestandsverzeichnisses des Grundbuchs eingetragen seien. Das Flurstück, auf dem sich die FVA 2 befände, liege zwischen beiden vorgenannten Flurstücken und stelle eine Verbindung zwischen ihnen her. Der Abstand der Gebäude sei gering, die Gebäude selbst gehörten zu einer wirtschaftlichen Einheit. Dies sowie weitere Umstände, wie die gemeinsame Infrastruktur, die gesellschaftsrechtliche Verknüpfung der Anlagenbetreiberinnen, die Identität der Errichter und Finanzierer der Anlagenkomplexe sowie der Hersteller der wesentlichen Anlagenteile, lasse bei wertender Betrachtung auf eine unmittelbare räumliche Nähe i.S. der Vorschrift schließen.

9

Gegen die Höhe des Leistungsanspruchs der Klägerin hat die Beklagte keine gesonderten Einwendungen erhoben.

10

Das Landgericht hat mit seinem 27.05.2014 verkündeten Urteil die Klage als unbegründet abgewiesen. Es ist zwar von der Aktivlegitimation der Klägerin aus eigenem Recht ausgegangen, hat aber die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 EEG 2009, insbesondere auch diejenige nach Nr. 1 dieser Vorschrift, als erfüllt angesehen, so dass die Vorgehensweise der Beklagten bei der Vergütungsberechnung gerechtfertigt sei. Das Landgericht hat offen gelassen, ob sich die FVA 1 und FVA 3 auf demselben Grundstück befänden, jedenfalls befänden sich alle drei Anlagenkomplexe in unmittelbarer räumlicher Nähe. Alle drei Flurstücke wirkten auf den Lichtbildern wie ein einheitliches Grundstück; ihre jeweiligen Betreiberinnen seien über die Muttergesellschaft miteinander vernetzt. Die Feststellung einer subjektiven Missbrauchsabsicht sei demgegenüber nicht erforderlich.

11

Die Klägerin hat gegen das ihr am 05.06.2014 zugestellte Urteil mit einem am 02.07.2014 vorab per Fax beim Oberlandesgericht Naumburg eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und dieses Rechtsmittel auch innerhalb der ihr bis zum 05.09.2014 verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet.

12

Sie wiederholt und vertieft ihre in erster Instanz vertretene Rechtsansicht und meint, dass das Landgericht die Anforderungen des § 19 Abs. 1 Nr. 1 EEG 2009 fehlerhaft bestimmt und angewandt habe.

13

Die Klägerin beantragt,

14

unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung

15

die Beklagte zu verurteilen, an sie 9.365,55 € nebst Zinsen in Höhe von jeweils acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB aus einem Teilbetrag in Höhe von 2.720,75 € seit dem 01.01.2011, aus weiteren 3.404,02 € seit dem 01.01.2012 und aus weiteren 3.240,78 € seit dem 01.01.2013 zu zahlen,

16

festzustellen, dass die in der Gemarkung N. auf den Flurstücken 33/8, 33/16 und 33/7 belegenen und jeweils auf Gebäuden errichteten Fotovoltaikanlagen mit installierten Leistungen von 130 kWp, 115,34 kWp und 52,88 kWp vergütungsrechtlich nicht als eine Anlage i.S. des § 19 Abs. 1 EEG 2009 gelten.

17

Die Beklagte beantragt,

18

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

19

Sie verteidigt im Wesentlichen das angefochtene Urteil.

20

Der Senat hat am 03.12.2014 mündlich zur Sache verhandelt; wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls von diesem Tage Bezug genommen. Der Senat hat im Rahmen der Erörterung der Sach- und Rechtslage darauf hingewiesen, dass eine Auslegung des § 19 Abs. 1 EEG 2009 dahin in Betracht komme, dass die Norm eine widerlegliche Vermutung konstituiere. Die Beklagte hat insoweit geltend gemacht, dass die Fiktion in § 19 Abs. 1 EEG 2009 lediglich eine rechtstechnisch notwendige Konstruktion sei, um eine abweichende vergütungsrechtlichen Behandlung von Anlagenkomplexen ohne Beeinträchtigung des in § 3 Nr. 1 EEG 2009 legal definierten Anlagenbegriffs zu ermöglichen; keinesfalls habe sie als Einfallstor für Einzelfallerwägungen dienen sollen. Sie hat weiter auf die möglichen Konsequenzen der Annahme einer widerleglichen Vermutung im Hinblick auf die Belastungen der Netzbetreiber mit Einzelfallprüfungen hingewiesen. Im konkreten Fall fehle es an der sachlichen Rechtfertigung einer Besserbehandlung der Klägerin gegenüber einem Anlagenbetreiber, der ein größeres Dach anmiete, um alle Fotovoltaikmodule auf einem Dach zu installieren und zu betreiben.

B.

21

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden. Sie hat auch in der Sache Erfolg.

22

Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist auf der Grundlage des § 19 Abs. 1 EEG 2009 eine vergütungsrechtliche Zusammenfassung der drei Anlagenkomplexe nicht gerechtfertigt.

23

I. Die Klage ist zulässig, insbesondere besitzt die Klägerin auch das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse für den auf Anregung des Senats neu formulierten, inhaltlich unveränderten Feststellungsantrag.

24

II. Die Klägerin ist kraft eigenen Rechts befugt, die begehrten Ansprüche geltend zu machen. Der Senat nimmt insoweit auf die zutreffenden und von der Beklagten nicht mehr angegriffenen Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung (LGU S. 4) Bezug.

25

III. Zu einer Zusammenfassung der drei Anlagenkomplexe FVA 1, FVA 2 und FVA 3 zu Vergütungszwecken im Sinne von § 19 Abs. 1 EEG 2009 ist die Beklagte nicht berechtigt.

26

1. Die Prozessparteien gehen übereinstimmend und zutreffend davon aus, dass auf die streitgegenständlichen Fotovoltaikanlagen nach § 100 Abs. 1 EEG 2014 in der ab dem 01.08.2014 geltenden Fassung i.V.m. § 66 Abs. 1 und 18 EEG 2012 in vergütungsrechtlicher Hinsicht die Vorschriften des EEG 2009 anzuwenden sind.

27

2. Es steht außer Streit, dass alle drei Anlagenkomplexe den Strom aus solarer Strahlungsenergie und damit aus der gleichen erneuerbaren Energie erzeugen (vgl. § 19 Abs. 1 Nr. 2 EEG 2009), dass die Vergütung des dort erzeugten und in das Netz der Beklagten eingespeisten Stroms nach §§ 18, 33 Abs. 1 EEG 2009 in Abhängigkeit von bestimmten Stufen der installierten Maximalleistung der Anlage zu ermitteln (vgl. § 19 Abs. 1 Nr. 3 EEG 2009) und dass alle drei Anlagenkomplexe gleichzeitig und damit innerhalb von zwölf aufeinanderfolgenden Kalendermonaten in Betrieb gesetzt worden sind (vgl. § 19 Abs. 1 Nr. 4 EEG 2009). Da jedes einzelne Fotovoltaikmodul eine Anlage i.S. von § 3 Nr. 1 EEG 2009 darstellt, sind die Anlagen jeweils eines Anlagenkomplexes, d.h. jeweils einer Dachinstallation, nach § 19 Abs. 1 EEG 2009 vergütungsrechtlich zusammenzufassen.

28

3. Mit der Vorschrift des § 19 Abs. 1 Nr. 1 EEG 2009 wird die Zusammenfassung mehrerer Anlagen unabhängig von den Eigentumsverhältnissen und ausschließlich zum Zweck der Ermittlung der Vergütung als eine Anlage davon abhängig gemacht, dass sich die Anlagen „auf demselben Grundstück“ oder „sonst in unmittelbarer räumlicher Nähe“ befinden. Diese Voraussetzungen sind erfüllt.

29

a) Die Eigentums- und die Betreiberverhältnisse an den betreffenden Anlagenkomplexen spielen nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut der Norm für die vergütungsrechtliche Anlagenzusammenfassung keine Rolle. Ob dieses Tatbestandsmerkmal einer verfassungskonformen Auslegung im Sinne einer teleologischen Reduktion bedarf, wie z.T. im Schrifttum diskutiert wird (vgl. nur Ekardt/Hennig in: Frenz/Müggenborg, EEG, 3. Aufl. 2013, § 19 Rn. 9 m.w.N.; vgl. aber auch BVerfG, Nichtannahmebeschlüsse jeweils v. 03.04.2009, 1 BvR 3299/08 und 3369/08 - zitiert nach juris, sowie § 66 Abs. 1a EEG 2009), bedarf hier keiner Entscheidung. Jedenfalls ist im vorliegenden Fall von gleichgerichteten wirtschaftlichen Interessen der drei Anlagenbetreiberinnen auszugehen, was sich aus der gesellschaftsrechtlichen Verbundenheit miteinander und mit der Klägerin, aus ihrem einheitlichen Errichtungs- und Betriebskonzept sowie aus der Bündelung der Einspeisung in das Netz der Beklagten und der Vertragspartnerschaft der Klägerin mit der Beklagten ergibt.

30

b) Nach dem Wortlaut von § 19 Abs. 1 Nr. 1 EEG 2009 wird allein auf räumliche Gegebenheiten abgestellt, und zwar auf die Lage bzw. die räumliche Entfernung der Standorte der betroffenen Anlagen bzw. Anlagenkomplexe.

31

aa) Gemessen am Wortlaut befinden sich die Anlagenkomplexe FVA 1 und FVA 3 auf demselben Grundstück.

32

(1) Der Begriff des Grundstücks i.S. der ersten Alternative der Vorschrift ist zwar im Erneuerbare-Energien-Gesetz nicht legaldefiniert, sondern wird darin vorausgesetzt. Der Senat geht in seiner Rechtsprechung davon aus, dass unter einem Grundstück grundsätzlich im bürgerlich-rechtlichen Sinne ein räumlich abgegrenzter Teil der Erdoberfläche zu verstehen ist, der katastermäßig vermessen und bezeichnet ist sowie im Grundbuch auf einem gesonderten Grundbuchblatt oder mit einer besonderen Nummer des Bestandsverzeichnisses eines gemeinschaftlichen Grundbuchblatts geführt wird (vgl. OLG Naumburg, Urteil v. 16.05.2013, 2 U 129/12 „Biogaspark“, ree 2013, 172 - in juris Tz. 30; ebenso: Oschmann in: Altrock/Oschmann/ Theobald, EEG, 4. Aufl. 2013, § 19 Rn. 32; Salje, EEG, 6. Aufl. 2012, § 19 Rn. 10; Ekardt/Hennig, a.a.O., § 19 Rn. 12).

33

(2) Die beiden o.g. Anlagenkomplexe befinden sich zwar auf verschiedenen Flurstücken. Die Klägerin verweist auch zutreffend darauf, dass die beiden Flurstücke nicht über eine gemeinsame Grenze verfügen und durch die dazwischen befindlichen Flurstücke 33/16 und 33/9 getrennt sind. Die Flurstücke sind aber unter einer Nummer des Bestandsverzeichnisses eines gemeinschaftlichen Grundbuchs zusammengefasst. Sie bilden damit grundbuchrechtlich ein Grundstück, gemeinsam mit zwei weiteren, flächenmäßig kleinen Flurstücken (§§ 3 Abs. 4 bis 6 sowie 4 Abs. 1 GBO). Der Anlass ihrer Zusammenfassung ist für diese Feststellung grundsätzlich, so auch hier, nicht maßgeblich, denn die Zusammenfassung beruhte jedenfalls auf einer freien Entscheidung des Grundstückseigentümers.

34

(3) Es kann hier offen bleiben, ob bei flächenmäßig besonders großen Grundstücken u.U. in eng umgrenzten Ausnahmefällen eine Reduzierung auf einen sog. wirtschaftlichen Grundstücksbegriff vorzunehmen ist, also auf einen Grundstücksteil, welcher als wirtschaftliche Einheit eindeutig abgrenzbar zu anderen Grundstücksteilen mit einer separaten wirtschaftlichen Funktion ist (so Clearingstelle EEG, Empfehlung v. 14.04.2009, 2008/49, S. 38 ff.; Votum v. 30.11.2011, 2011/19, S. 16 ff.). Das streitgegenständliche, unter lfd. Nr. 1 des

Bestandsverzeichnisses des Grundbuchblatts 519 registrierte Grundstück weist insgesamt nur eine Fläche von unter 9.000 m2 auf und bildet zudem als Bestandteil des Betriebshofs eines Obstgutes mit verschiedenen gleichartigen Wirtschaftsgebäuden auch eine wirtschaftliche Einheit, so dass ein solcher Ausnahmefall jedenfalls nicht vorläge. Nach der vom erkennenden Senat vertretenen Gesetzesauslegung besteht allerdings auch kein Bedürfnis für die Anerkennung derartiger Ausnahmefälle.

35

bb) Der Anlagenkomplex FVA 2 befindet sich nach den vorgenannten rein räumlichen Maßstäben zwar nicht auf demselben Grundstück, denn das Flurstück ist unter einer gesonderten Nummer des Bestandsverzeichnisses des Grundbuchblattes 519 des Grundbuchs von S. eingetragen; es befindet sich aber in unmittelbarer räumlicher Nähe zu den Standorten der FVA 1 und FVA 3.

36

(1) Die Standorte der Anlagenkomplexe FVA 1 und FVA 3 liegen - jeweils aus der Sicht der FVA 2 betrachtet - in unmittelbarer Nachbarschaft; der Abstand der FVA 1 zur FVA 2 einerseits und die Entfernung der FVA 3 zur FVA 2 andererseits betragen in der Luftlinie stets nur wenige Meter, wie sich insbesondere auch aus der in Bezug genommenen Luftbildaufnahme ergibt. Betrachtet man die Standorte aller drei Anlagenkomplexe, so bilden die nahezu parallel jeweils nach Süden ausgerichteten Dachinstallationen in der Reihenfolge FVA 3 - FVA 2 - FVA 1 eine dicht zusammen liegende, stringartige Konstruktion.

37

(2) Soweit in der amtlichen Gesetzesbegründung zu § 19 EEG 2009 (vgl. BT-Drs. 16/8148, S. 50 f.) als Indizien für das Vorliegen einer unmittelbaren räumlichen Nähe im Sinne der zweiten Alternative des § 19 Abs. 1 Nr. 1 EEG 2009 auch baulich-technische Verbindungen zwischen den Anlagen angesehen werden und sich insbesondere die Beklagte hierauf bezogen hat, stehen diese Erwägungen nicht im Einklang mit dem Gesetzestext (auch ablehnend: Salje, a.a.O., § 19 Rn. 10 bis 12; kritisch: Oschmann, a.a.O., § 19 Rn. 36 f.). Der Gesetzgeber hat diese Indizien dem nach dem EEG 2004 geltenden Anlagebegriff entnommen, von welchem er selbst in § 3 Nr. 1 EEG 2009 Abstand genommen hat. Der Zweck der systematischen Neuordnung durch einen klar abgrenzbaren, eher kleinteiligen Anlage-begriff und eine allein zu Vergütungszwecken angeordnete fiktive Anlagenzusammenfassung bestand gerade darin, die mit dem baulich-technischen Anlagebegriff verbundenen Rechtsunsicherheiten zu beseitigen und durch klare, an eindeutigen objektiven Maßstäben ausgerichtete Regelungen zu ersetzen. Ein Rückgriff auf die zuvor abgeschaffte Regelung ist dem Gesetzestext selbst - anders als der amtlichen Begründung - nicht zu entnehmen, im Gegenteil: Die Norm des § 19 EEG 2009 stellt allein auf räumliche und zeitliche Gegebenheiten ab (so auch Brandenburgisches OLG, Urteile jeweils v. 22.02.2011, 6 U 39/10, ree 2011, 90 - in juris Tz. 29 bis 32, und 6 U 70/10).

38

(3) Gleiches gilt für die in der amtlichen Gesetzesbegründung vorgenommene Einschränkung, wonach solche Fälle vom räumlichen Zusammenhang nicht erfasst würden, in denen auf Häusern benachbarter Grundstücke Fotovoltaikanlagen angebracht werden, da insoweit eine Nähe zwangsläufig aus der Siedlungsstruktur und der Fotovoltaiktechnik folge. Hierauf hat sich die Klägerin berufen. Auch insoweit fehlt es in der Umsetzung des gesetzgeberischen Willens an einem äußeren Anhaltspunkt im Normtext des § 19 Abs. 1 Nr. 1 EEG 2009.

39

3. Die Erfüllung der Tatbestandsmerkmale des § 19 Abs. 1 EEG 2009 führt jedoch nicht in zwingender Rechtsfolge zu einer Zusammenfassung der Anlagen bzw. Anlagenkomplexe zu einer vergütungsrechtlich einheitlichen Anlage. Als Rechtsfolge ist eine gesetzliche Vermutung angeordnet, welche nach dem insbesondere auch aus der bereits angeführten Gesetzesbegründung erkennbaren gesetzgeberischen Willen und dem Sinn und Zweck der Vorschrift eine vom Anlagenbetreiber zu widerlegende Rechtsvermutung ist. Der Klägerin ist hier die Widerlegung eines rechtsmissbräuchlichen Anlagensplittings gelungen.

40

a) aa) Allerdings verweist die Beklagte zutreffend darauf, dass der Gesetzgeber die Formulierung „gilt“ bzw. „gelten“ meistens gebraucht, um eine gesetzliche Fiktion auszudrücken (vgl. z. Bsp. § 92 Abs. 2 BGB, § 119 Abs. 2 BGB, § 812 Abs. 2 BGB, § 3 Nr. 1 S. 2 EEG 2009); die Fiktion ordnet - in der Regel unwiderleglich - eine rechtliche Gleichsetzung an, welche entweder der Lebenswirklichkeit nicht entspricht oder aber der ohne die Fiktion geltenden Rechtslage mit Sicherheit widersprechen würde (vgl. nur Prütting in: MüKo-ZPO, 4. Aufl. 2013, § 292 ZPO Rn. 8; Leipold in: Stein-Jonas, ZPO, 22. Aufl. 2008, § 292 Rn. 6). Dieser letztgenannte Umstand ist hier erfüllt: Nach dem Anlagebegriff in § 3 Nr. 1 EEG 2009 ist jedes Fotovoltaikmodul als eigenständige EEG-Anlage anzusehen, ohne dass es hierfür auf die in § 19 Abs. 1 EEG 2009 aufgeführten zeitlichen und räumlichen Zusammenhänge zu anderen Fotovoltaikmodulen ankäme. Für das Vergütungsrecht wird im Ergebnis ein eigenständiger Anlagebegriff geschaffen.

41

bb) Der Wortlaut ist aber - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht eindeutig in dem Sinne, dass er jeder anderen Auslegung entgegen steht. Denn der Gesetzgeber hat die Begriffe „gilt“ bzw. „gelten“ auch in anderer Weise verwendet, so neben der Bedeutung als Anordnung des sachlichen, zeitlichen oder persönlichen Anwendungsbereiches von Vorschriften auch für Legaldefinitionen (z. Bsp. § 252 S. 2 BGB, § 506 Abs. 2 BGB, § 950 Abs. 1 S. 2 BGB, § 1505 BGB, § 18 Abs. 2 EEG 2009), für die Aufzählung von Katalogbeispielen (z. Bsp. Anlage 2 zum EEG 2009, Gliederungspunkte III und IV, sowie Anlage 3 zum EEG 2009, Gliederungspunkte III und IV), für die Beschreibung des zeitlichen Wirkungseintritts (z. Bsp. § 50 Abs. 1 S. 4 BGB, § 110 BGB, § 132 Abs. 1 S. 1 BGB, § 1259 S. 2 BGB, § 1559 S. 2 BGB), für die Beschreibung alternativer Tatbestandsmerkmale (z. Bsp. § 9 BGB, § 177 Abs. 2 S. 2 BGB, § 516 Abs. 2 BGB, § 1256 Abs. 2 BGB, § 1366 Abs. 3 S. 2 u. S. 3 BGB) oder auch für die Anordnung bloßer tatsächlicher Vermutungen, also von Tatsachenannahmen, für die eine hohe Wahrscheinlichkeit spricht (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB im Umkehrschluss, § 81 S. 1 AsylVfG, § 5 Abs. 1 S. 2 EEG 2009, §§ 24 Abs. 2, 25 Abs. 2 und § 27 Abs. 2 EEG 2009, § 42 Nr. 2 EEG 2009). Der Gesetzgeber hat im Ausnahmefall sogar widerlegliche Fiktionen angeordnet (z. Bsp. § 41 Abs. 2 BVwVfG -dort allerdings ausdrücklich gekennzeichnet durch die Wendung „das gilt nicht, wenn …“; § 885 Abs. 1 S. 2 ZPO, § 12 Abs. 2 UWG, § 59 Abs. 2 EEG 2009 -bei denen die Rechtsprechung von der Widerleglichkeit der fingierten Dringlichkeit ausgeht; § 349 Abs. 3 S. 2 LAG - vgl. BVerwG, Urteil v. 30.04.2009, 3 C 21/08, LKV 2009, 317). Unter Berücksichtigung dieser Vorgehensweise kommt es auch in Betracht, dass hier in § 19 Abs. 1 EEG 2009 lediglich eine rechtliche Vermutung angeordnet werden soll, für welche - in entsprechender Anwendung des § 292 ZPO (vgl. Prütting, a.a.O., Rn. 5; Leipold, a.a.O., Rn. 10) - die Unwiderleglichkeit im Wortlaut des Gesetzes nicht derart zwingend verankert ist, dass eine andere Auslegung abgeschnitten wäre. Im Gesetzeswortlaut findet sich der Begriff „unwiderleglich“ nicht. Grundsätzlich wird man bei einer rechtlichen Vermutung eine Unwiderleglichkeit nur bei klarer gesetzlicher Anordnung annehmen dürfen.

42

b) In systematischer Hinsicht konkretisiert § 19 EEG 2009 die Vorschriften des § 18 EEG 2009 und hier des § 33 Abs. 1 EEG 2009, wonach die Höhe der Vergütung für Strom aus Fotovoltaikanlagen auf oder an Gebäuden in Abhängigkeit von der installierten Leistung der jeweiligen Anlage erfolgt, und er wird vom nachfolgenden § 20 EEG 2009, welcher eine Degression der Vergütung pro Anlage anordnet, vorausgesetzt. Bereits aus der systematischen Stellung des § 19 EEG 2009 ergibt sich die ihm zugedachte Funktion, eine Umgehung der Leistungsschwellen durch eine aus vergütungsrechtlicher Sicht künstliche Anlagenaufteilung zu unterbinden. Dieser Stellung in der gesetzlichen Regelung und der hieraus abzuleitenden Funktion vermögen sowohl eine widerlegliche gesetzliche Rechtsvermutung als auch eine gesetzliche Fiktion gerecht zu werden.

43

c) Maßgeblich für die Auslegung der angeordneten Rechtsfolge in § 19 Abs. 1 EEG 2009 als eine widerlegliche Rechtsvermutung sind der Zweck der Regelung und die aus den Gesetzesmaterialien eindeutig erkennbare Intension des Gesetzgebers.

44

aa) Der Gesetzgeber hat den Gesetzeszweck in der amtlichen Gesetzesbegründung deutlich zum Ausdruck gebracht:

45

„Die Vorschrift … dient insbesondere dazu, die dem Gesetzeszweck widersprechende Umgehung der für die Vergütungshöhe geltenden Leistungsschwellen durch Aufteilung in kleinere Einheiten zu verhindern. Das sog. Anlagensplitting stellt insbesondere ein Problem im Bereich der Stromerzeugung aus Biomasse dar. Dabei werden anstelle einer oder mehrerer großer Anlagen eine Vielzahl kleiner Anlagen errichtet, um die höheren Vergütungen und Boni der unteren Leistungsklassen zu erhalten. … Da auf diese Weise volkswirtschaftlich unsinnige Kosten hervorgerufen würden, die im Ergebnis von den Stromverbrauchern zu tragen wären, hat er … . … Es ist aber auch dann von einer rechtsmissbräuchlichen und damit rechtswidrigen Umgehung der Leistungsklassen auszugehen, wenn zwar keine gemeinsamen für den Betrieb technisch erforderlichen Einrichtungen vorliegen oder die Module nicht mit baulichen Anlagen unmittelbar verbunden sind, aber ein vernünftiger Anlagenbetreiber, der die gesamtwirtschaftlichen Folgekosten bedenkt, statt vieler kleiner Module mehrere größere Module oder eine einzige Anlage errichtet hätte. …“ (vgl. BT-Drs. 16/8148, S. 50).

46

Danach soll die Vorschrift (nur) dem Rechtsmissbrauch entgegen wirken, nämlich der insbesondere im Bereich der Biomasseanlagen besorgten künstlichen Anlagenaufteilung und damit verbunden der Auslösung von vergütungsrechtlichen Fehlanreizen. Die Begrenzung der Tatbestandsmerkmale auf bloße räumliche und zeitliche Umstände soll die Regelung praktikabel (siehe Abschnitt B. III. 2. c) dieser Gründe) und einfach handhabbar machen. Zugleich hat bereits der Gesetzgeber erkannt, dass mit der von ihm vorgenommenen tatbestandlichen Ausgestaltung der Norm als typisierender Annahme in einer Vielzahl von Einzelfällen kein sachgerechtes Ergebnis erreicht wird, wie sich aus den von ihm aufgeführten Indizien für bzw. gegen eine Zusammenfassung mehrerer Anlagen zu einer vergütungsrechtlich einheitlich zu behandelnden Anlage ergibt (vgl. BT-Drs. 16/8148, S. 51 linke Spalte).

47

bb) Ein Übermaß in den rechtlichen Auswirkungen einer lediglich der Verhinderung von Rechtsmissbrauch dienenden Vorschrift kann durch die Annahme der Ausgestaltung als widerlegliche Rechtsvermutung begegnet werden. Durch diese Auslegung wird ein vom Gesetzgeber nicht gewollter und in der Praxis auch nicht akzeptierter Automatismus vermieden (vgl. Spruchpraxis der Clearingstelle EEG, u.a. Empfehlung v. 14.04.2009, Nr. 2008/49, Votum v. 30.11.2011, Nr. 2011/19, oder zuletzt Votum v. 22.08.2014, Nr. 2014/10; vgl. Oschmann, a.a.O., § 19 Rn. 41; Ekardt/ Hennig, a.a.O., § 19 Rn. 16; kritischer Salje, a.a.O., § 19 Rn. 12). Dem betroffenen Anlagenbetreiber wird die Möglichkeit eingeräumt, die Besonderheiten seines Einzelfalls geltend zu machen. Die Annahme einer Widerleglichkeit der gesetzlichen Vermutung des § 19 Abs. 1 EEG 2009 beeinträchtigt die ebenfalls angestrebte Praktikabilität der Regelung weniger als ein einschränkend auszulegendes Tatbestandsmerkmal. Denn bei einer widerleglichen Vermutung ist es Sache des Anlagenbetreibers, dem Netzbetreiber gegenüber nachzuweisen, dass die in seiner Einflusssphäre liegenden Umstände der Errichtung und des Betriebs der Anlagen objektiv keinen Rechtsmissbrauch darstellen; ihm obliegt die Darlegungs- und Beweislast. Sie beseitigt die vom Gesetzgeber angestrebte Objektivierung der vergütungsrechtlichen Grundlagen nicht. Der Prüfungsaufwand der Netzbetreiber ist wegen der aus der Widerleglichkeit resultierenden Nachweispflicht der Anlagenbetreiber geringer als bei der Annahme eines Beurteilungsspielraums bei der Feststellung des Tatbestandsmerkmals in § 19 Abs. 1 Nr. 1 EEG 2009, welches nach seinem Wortlaut lediglich auf einen räumlichen Zusammenhang abstellt und bei dem der Netzbetreiber die zu prüfenden Indizien selbst zu ermitteln hat.

48

d) Nach diesen Maßstäben ist der Klägerin die Widerlegung der Vermutung eines rechtsmissbräuchlichen Anlagensplittings gelungen.

49

aa) Entscheidend ist, ob unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls davon auszugehen ist, ob ein vernünftiger, die gesamtwirtschaftlichen Folgekosten bedenkender Anlagenbetreiber am fraglichen Standort und in der konkreten räumlichen Konstellation statt vieler kleiner Anlagen bzw. Anlagenkomplexe eine große Anlage errichtet hätte (so auch Ekardt/ Hennig, a.a.O., § 19 Rn. 18 in anderem Zusammenhang). Das ist hier nicht der Fall.

50

bb) Die Tochtergesellschaften der Klägerin haben zwar ihre Anlagenkomplexe FVA 1, FVA 2 und FVA 3 mit einem identischen Projektierer und Errichter gebaut, sie haben einen gemeinsamen Einkauf der technischen Ausrüstung vorgenommen und eine einheitliche Finanzierung genutzt. Dass hieraus eine Ertragsoptimierung durch Verringerung der Investitionskosten resultierte, ist insbesondere angesichts der (geringen) Dimension aller drei Anlagenkomplexe nicht ersichtlich. Auch die in § 33 Abs. 1 EEG 2009 angeordneten Leistungsschwellen (Nr. 2: bis einschließlich 100 kWp, Nr. 3: bis 1 MWp) sprechen dafür, dass aus Sicht des Gesetzgebers für Anlagen bzw. Anlagenkomplexe zwischen diesen beiden Schwellenwerten keine unterschiedliche Behandlung gerechtfertigt ist; die Anlagenkomplexe FVA 1 und FVA 2 überschreiten die Untergrenze bereits bei isolierter Betrachtung. Es ist zwar davon auszugehen, dass das homogene Nutzungskonzept der drei Anlagenbetreiberinnen und der - hier unterstellte - Einsatz gemeinsamen Personals zu einer Reduzierung der Betriebskosten führen. Im Rahmen der Anwendung des § 19 EEG 2009 spielen jedoch die Eigentums- und Betreiberverhältnisse keine Rolle.

51

cc) Dem gegenüber wären selbst dann, wenn zur Errichtung und zum Betrieb aller streitgegenständlichen Fotovoltaikanlagen nur eine Anlagenbetreiberin tätig geworden wäre, keine geringeren gesamtwirtschaftlichen Folgekosten zu erwarten gewesen. Denn die Ausgestaltung der Errichtung und des Betriebs dieser Anlagen konnte den Umstand nicht beseitigen, dass die Fotovoltaikanlagen auf Dächer von drei jeweils frei stehenden Gebäuden verteilt werden mussten und deswegen jeweils eine individuelle Planung der Anlagenkomplexe, eine separate Dachinstallation, weitgehend separate Anschlussleitungen und separat einzusetzende Wechselrichter erforderlich waren. Die Dachinstallationen erfolgten auf Bestandsgebäuden, die jeweils nach Süden ausgerichteten Dachflächen dieser Gebäude sind vollständig belegt worden. Die Errichtung eines größeren einheitlichen Anlagenkomplexes wäre angesichts der konkreten baulichen Grundkonstellation und der technischen Erfordernisse der eingesetzten Fotovoltaikmodule nicht möglich gewesen. Durch die Aufteilung der Anlagenkomplexe auf drei Betreiberinnen wurde eine rechtsmissbräuchliche Ertragsoptimierung, welche der Regelung der Leistungsschwellen in § 33 Abs. 1 EEG 2009 widerspräche, nicht erzielt. Bei objektiver Betrachtung entsprach hier die Aufteilung der drei Anlagenkomplexe auf drei Anlagenbetreiberinnen dem Gedanken, welcher auch der Regelung der Leistungsschwellen zugrunde lag.

52

4. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Zahlungsanspruch in geltend gemachter Höhe als Nachzahlung restlicher gesetzlicher Einspeisevergütung für die Jahre 2010, 2011 und 2012. Die Berechnungen der Klägerin hat die Beklagte nicht angegriffen. Die Nebenforderungen ergeben sich aus §§ 286, 288 Abs. 2 BGB.

53

5. Aus dem Vorausgeführten ergibt sich weiter die Begründetheit des Feststellungsantrags der Klägerin.

C.

54

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

55

Die weiteren Nebenentscheidungen ergeben sich aus § 26 Nr. 8 EGZPO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1, 713 sowie 543, 544 Abs. 1 S. 1 ZPO.

56

Die Revision war nach § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Zwar bezieht sich die Rechtsfrage der Auslegung des § 19 Abs. 1 EEG 2009 auf eine inzwischen geänderte Rechtsnorm. Ihre Beantwortung ist jedoch für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft noch von Bedeutung, weil die Vorschrift unter Berücksichtigung der Übergangsvorschriften mindestens bis zum Jahr 2032 weiter Anwendung findet bzw. Auswirkungen auf die Vergütungshöhe haben kann. Zudem stellt sich die Rechtsfrage in gleicher Weise zu den Nachfolgevorschriften.


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Lastenausgleichsgesetz - LAG

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur
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published on 16/05/2013 00:00

Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das am 27. Juli 2012 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des Landgerichts Halle wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen. Das Urteil des Se
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Annotations

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(1) Der Basiszinssatz beträgt 3,62 Prozent. Er verändert sich zum 1. Januar und 1. Juli eines jeden Jahres um die Prozentpunkte, um welche die Bezugsgröße seit der letzten Veränderung des Basiszinssatzes gestiegen oder gefallen ist. Bezugsgröße ist der Zinssatz für die jüngste Hauptrefinanzierungsoperation der Europäischen Zentralbank vor dem ersten Kalendertag des betreffenden Halbjahrs.

(2) Die Deutsche Bundesbank gibt den geltenden Basiszinssatz unverzüglich nach den in Absatz 1 Satz 2 genannten Zeitpunkten im Bundesanzeiger bekannt.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Jedes Grundstück erhält im Grundbuch eine besondere Stelle (Grundbuchblatt). Das Grundbuchblatt ist für das Grundstück als das Grundbuch im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzusehen.

(2) Die Grundstücke des Bundes, der Länder, der Gemeinden und anderer Kommunalverbände, der Kirchen, Klöster und Schulen, die Wasserläufe, die öffentlichen Wege, sowie die Grundstücke, welche einem dem öffentlichen Verkehr dienenden Bahnunternehmen gewidmet sind, erhalten ein Grundbuchblatt nur auf Antrag des Eigentümers oder eines Berechtigten.

(3) Ein Grundstück ist auf Antrag des Eigentümers aus dem Grundbuch auszuscheiden, wenn der Eigentümer nach Absatz 2 von der Verpflichtung zur Eintragung befreit und eine Eintragung, von der das Recht des Eigentümers betroffen wird, nicht vorhanden ist.

(4) Das Grundbuchamt kann, sofern hiervon nicht Verwirrung oder eine wesentliche Erschwerung des Rechtsverkehrs oder der Grundbuchführung zu besorgen ist, von der Führung eines Grundbuchblatts für ein Grundstück absehen, wenn das Grundstück den wirtschaftlichen Zwecken mehrerer anderer Grundstücke zu dienen bestimmt ist, zu diesen in einem dieser Bestimmung entsprechenden räumlichen Verhältnis und im Miteigentum der Eigentümer dieser Grundstücke steht (dienendes Grundstück).

(5) In diesem Fall müssen an Stelle des ganzen Grundstücks die den Eigentümern zustehenden einzelnen Miteigentumsanteile an dem dienenden Grundstück auf dem Grundbuchblatt des dem einzelnen Eigentümer gehörenden Grundstücks eingetragen werden. Diese Eintragung gilt als Grundbuch für den einzelnen Miteigentumsanteil.

(6) Die Buchung nach den Absätzen 4 und 5 ist auch dann zulässig, wenn die beteiligten Grundstücke noch einem Eigentümer gehören, dieser aber die Teilung des Eigentums am dienenden Grundstück in Miteigentumsanteile und deren Zuordnung zu den herrschenden Grundstücken gegenüber dem Grundbuchamt erklärt hat; die Teilung wird mit der Buchung nach Absatz 5 wirksam.

(7) Werden die Miteigentumsanteile an dem dienenden Grundstück neu gebildet, so soll, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 4 vorliegen, das Grundbuchamt in der Regel nach den vorstehenden Vorschriften verfahren.

(8) Stehen die Anteile an dem dienenden Grundstück nicht mehr den Eigentümern der herrschenden Grundstücke zu, so ist ein Grundbuchblatt anzulegen.

(9) Wird das dienende Grundstück als Ganzes belastet, so ist, sofern nicht ein besonderes Grundbuchblatt angelegt wird oder § 48 anwendbar ist, in allen beteiligten Grundbuchblättern kenntlich zu machen, daß das dienende Grundstück als Ganzes belastet ist; hierbei ist jeweils auf die übrigen Eintragungen zu verweisen.

(1) Verbrauchbare Sachen im Sinne des Gesetzes sind bewegliche Sachen, deren bestimmungsmäßiger Gebrauch in dem Verbrauch oder in der Veräußerung besteht.

(2) Als verbrauchbar gelten auch bewegliche Sachen, die zu einem Warenlager oder zu einem sonstigen Sachinbegriff gehören, dessen bestimmungsmäßiger Gebrauch in der Veräußerung der einzelnen Sachen besteht.

(1) Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, kann die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde.

(2) Als Irrtum über den Inhalt der Erklärung gilt auch der Irrtum über solche Eigenschaften der Person oder der Sache, die im Verkehr als wesentlich angesehen werden.

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.

(1) Die für Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge geltenden Vorschriften der §§ 358 bis 360 und 491a bis 502 sowie 505a bis 505e sind mit Ausnahme des § 492 Abs. 4 und vorbehaltlich der Absätze 3 und 4 auf Verträge entsprechend anzuwenden, durch die ein Unternehmer einem Verbraucher einen entgeltlichen Zahlungsaufschub oder eine sonstige entgeltliche Finanzierungshilfe gewährt. Bezieht sich der entgeltliche Zahlungsaufschub oder die sonstige entgeltliche Finanzierungshilfe auf den Erwerb oder die Erhaltung des Eigentumsrechts an Grundstücken, an bestehenden oder zu errichtenden Gebäuden oder auf den Erwerb oder die Erhaltung von grundstücksgleichen Rechten oder ist der Anspruch des Unternehmers durch ein Grundpfandrecht oder eine Reallast besichert, so sind die für Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge geltenden, in Satz 1 genannten Vorschriften sowie § 503 entsprechend anwendbar. Ein unentgeltlicher Zahlungsaufschub gilt als entgeltlicher Zahlungsaufschub gemäß Satz 2, wenn er davon abhängig gemacht wird, dass die Forderung durch ein Grundpfandrecht oder eine Reallast besichert wird.

(2) Verträge zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher über die entgeltliche Nutzung eines Gegenstandes gelten als entgeltliche Finanzierungshilfe, wenn vereinbart ist, dass

1.
der Verbraucher zum Erwerb des Gegenstandes verpflichtet ist,
2.
der Unternehmer vom Verbraucher den Erwerb des Gegenstandes verlangen kann oder
3.
der Verbraucher bei Beendigung des Vertrags für einen bestimmten Wert des Gegenstandes einzustehen hat.
Auf Verträge gemäß Satz 1 Nummer 3 sind § 500 Absatz 2, § 501 Absatz 1 und § 502 nicht anzuwenden.

(3) Für Verträge, die die Lieferung einer bestimmten Sache oder die Erbringung einer bestimmten anderen Leistung gegen Teilzahlungen zum Gegenstand haben (Teilzahlungsgeschäfte), gelten vorbehaltlich des Absatzes 4 zusätzlich die in den §§ 507 und 508 geregelten Besonderheiten.

(4) Die Vorschriften dieses Untertitels sind in dem in § 491 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 bis 5, Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 bestimmten Umfang nicht anzuwenden. Soweit nach der Vertragsart ein Nettodarlehensbetrag (§ 491 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1) nicht vorhanden ist, tritt an seine Stelle der Barzahlungspreis oder, wenn der Unternehmer den Gegenstand für den Verbraucher erworben hat, der Anschaffungspreis.

(1) Wer durch Verarbeitung oder Umbildung eines oder mehrerer Stoffe eine neue bewegliche Sache herstellt, erwirbt das Eigentum an der neuen Sache, sofern nicht der Wert der Verarbeitung oder der Umbildung erheblich geringer ist als der Wert des Stoffes. Als Verarbeitung gilt auch das Schreiben, Zeichnen, Malen, Drucken, Gravieren oder eine ähnliche Bearbeitung der Oberfläche.

(2) Mit dem Erwerb des Eigentums an der neuen Sache erlöschen die an dem Stoffe bestehenden Rechte.

Die Vorschriften über das Recht auf Ergänzung des Pflichtteils finden zugunsten eines anteilsberechtigten Abkömmlings entsprechende Anwendung; an die Stelle des Erbfalls tritt die Beendigung der fortgesetzten Gütergemeinschaft; als gesetzlicher Erbteil gilt der dem Abkömmling zur Zeit der Beendigung gebührende Anteil an dem Gesamtgut, als Pflichtteil gilt die Hälfte des Wertes dieses Anteils.

(1) Die Auflösung des Vereins oder die Entziehung der Rechtsfähigkeit ist durch die Liquidatoren öffentlich bekannt zu machen. In der Bekanntmachung sind die Gläubiger zur Anmeldung ihrer Ansprüche aufzufordern. Die Bekanntmachung erfolgt durch das in der Satzung für Veröffentlichungen bestimmte Blatt. Die Bekanntmachung gilt mit dem Ablauf des zweiten Tages nach der Einrückung oder der ersten Einrückung als bewirkt.

(2) Bekannte Gläubiger sind durch besondere Mitteilung zur Anmeldung aufzufordern.

Ein von dem Minderjährigen ohne Zustimmung des gesetzlichen Vertreters geschlossener Vertrag gilt als von Anfang an wirksam, wenn der Minderjährige die vertragsmäßige Leistung mit Mitteln bewirkt, die ihm zu diesem Zweck oder zu freier Verfügung von dem Vertreter oder mit dessen Zustimmung von einem Dritten überlassen worden sind.

(1) Eine Willenserklärung gilt auch dann als zugegangen, wenn sie durch Vermittlung eines Gerichtsvollziehers zugestellt worden ist. Die Zustellung erfolgt nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung.

(2) Befindet sich der Erklärende über die Person desjenigen, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben ist, in einer nicht auf Fahrlässigkeit beruhenden Unkenntnis oder ist der Aufenthalt dieser Person unbekannt, so kann die Zustellung nach den für die öffentliche Zustellung geltenden Vorschriften der Zivilprozessordnung erfolgen. Zuständig für die Bewilligung ist im ersteren Falle das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Erklärende seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines inländischen Wohnsitzes seinen Aufenthalt hat, im letzteren Falle das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Person, welcher zuzustellen ist, den letzten Wohnsitz oder in Ermangelung eines inländischen Wohnsitzes den letzten Aufenthalt hatte.

Sind Eigentümer und Pfandgläubiger Unternehmer, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Sondervermögen, können sie für die Verwertung des Pfandes, das einen Börsen- oder Marktpreis hat, schon bei der Verpfändung vereinbaren, dass der Pfandgläubiger den Verkauf aus freier Hand zum laufenden Preis selbst oder durch Dritte vornehmen kann oder dem Pfandgläubiger das Eigentum an der Sache bei Fälligkeit der Forderung zufallen soll. In diesem Fall gilt die Forderung in Höhe des am Tag der Fälligkeit geltenden Börsen- oder Marktpreises als von dem Eigentümer berichtigt. Die §§ 1229 und 1233 bis 1239 finden keine Anwendung.

(1) Ein Soldat hat seinen Wohnsitz am Standort. Als Wohnsitz eines Soldaten, der im Inland keinen Standort hat, gilt der letzte inländische Standort.

(2) Diese Vorschriften finden keine Anwendung auf Soldaten, die nur auf Grund der Wehrpflicht Wehrdienst leisten oder die nicht selbständig einen Wohnsitz begründen können.

(1) Schließt jemand ohne Vertretungsmacht im Namen eines anderen einen Vertrag, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags für und gegen den Vertretenen von dessen Genehmigung ab.

(2) Fordert der andere Teil den Vertretenen zur Erklärung über die Genehmigung auf, so kann die Erklärung nur ihm gegenüber erfolgen; eine vor der Aufforderung dem Vertreter gegenüber erklärte Genehmigung oder Verweigerung der Genehmigung wird unwirksam. Die Genehmigung kann nur bis zum Ablauf von zwei Wochen nach dem Empfang der Aufforderung erklärt werden; wird sie nicht erklärt, so gilt sie als verweigert.

(1) Eine Zuwendung, durch die jemand aus seinem Vermögen einen anderen bereichert, ist Schenkung, wenn beide Teile darüber einig sind, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt.

(2) Ist die Zuwendung ohne den Willen des anderen erfolgt, so kann ihn der Zuwendende unter Bestimmung einer angemessenen Frist zur Erklärung über die Annahme auffordern. Nach dem Ablauf der Frist gilt die Schenkung als angenommen, wenn nicht der andere sie vorher abgelehnt hat. Im Falle der Ablehnung kann die Herausgabe des Zugewendeten nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung gefordert werden.

(1) Das Pfandrecht erlischt, wenn es mit dem Eigentum in derselben Person zusammentrifft. Das Erlöschen tritt nicht ein, solange die Forderung, für welche das Pfandrecht besteht, mit dem Recht eines Dritten belastet ist.

(2) Das Pfandrecht gilt als nicht erloschen, soweit der Eigentümer ein rechtliches Interesse an dem Fortbestehen des Pfandrechts hat.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Hat der Schuldner eine unbewegliche Sache oder ein eingetragenes Schiff oder Schiffsbauwerk herauszugeben, zu überlassen oder zu räumen, so hat der Gerichtsvollzieher den Schuldner aus dem Besitz zu setzen und den Gläubiger in den Besitz einzuweisen. Der Gerichtsvollzieher hat den Schuldner aufzufordern, eine Anschrift zum Zweck von Zustellungen oder einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen.

(2) Bewegliche Sachen, die nicht Gegenstand der Zwangsvollstreckung sind, werden von dem Gerichtsvollzieher weggeschafft und dem Schuldner oder, wenn dieser abwesend ist, einem Bevollmächtigten des Schuldners, einem erwachsenen Familienangehörigen, einer in der Familie beschäftigten Person oder einem erwachsenen ständigen Mitbewohner übergeben oder zur Verfügung gestellt.

(3) Ist weder der Schuldner noch eine der bezeichneten Personen anwesend oder wird die Entgegennahme verweigert, hat der Gerichtsvollzieher die in Absatz 2 bezeichneten Sachen auf Kosten des Schuldners in die Pfandkammer zu schaffen oder anderweitig in Verwahrung zu bringen. Bewegliche Sachen, an deren Aufbewahrung offensichtlich kein Interesse besteht, sollen unverzüglich vernichtet werden.

(4) Fordert der Schuldner die Sachen nicht binnen einer Frist von einem Monat nach der Räumung ab, veräußert der Gerichtsvollzieher die Sachen und hinterlegt den Erlös. Der Gerichtsvollzieher veräußert die Sachen und hinterlegt den Erlös auch dann, wenn der Schuldner die Sachen binnen einer Frist von einem Monat abfordert, ohne binnen einer Frist von zwei Monaten nach der Räumung die Kosten zu zahlen. Die §§ 806, 814 und 817 sind entsprechend anzuwenden. Sachen, die nicht verwertet werden können, sollen vernichtet werden.

(5) Unpfändbare Sachen und solche Sachen, bei denen ein Verwertungserlös nicht zu erwarten ist, sind auf Verlangen des Schuldners jederzeit ohne Weiteres herauszugeben.

(1) Zur Sicherung der in diesem Gesetz bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung können einstweilige Verfügungen auch ohne die Darlegung und Glaubhaftmachung der in den §§ 935 und 940 der Zivilprozessordnung bezeichneten Voraussetzungen erlassen werden.

(2) Ist auf Grund dieses Gesetzes Klage auf Unterlassung erhoben worden, so kann das Gericht der obsiegenden Partei die Befugnis zusprechen, das Urteil auf Kosten der unterliegenden Partei öffentlich bekannt zu machen, wenn sie ein berechtigtes Interesse dartut. Art und Umfang der Bekanntmachung werden im Urteil bestimmt. Die Befugnis erlischt, wenn von ihr nicht innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft Gebrauch gemacht worden ist. Der Ausspruch nach Satz 1 ist nicht vorläufig vollstreckbar.

(3) Macht eine Partei in Rechtsstreitigkeiten, in denen durch Klage ein Anspruch aus einem der in diesem Gesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird, glaubhaft, dass die Belastung mit den Prozesskosten nach dem vollen Streitwert ihre wirtschaftliche Lage erheblich gefährden würde, so kann das Gericht auf ihren Antrag anordnen, dass die Verpflichtung dieser Partei zur Zahlung von Gerichtskosten sich nach einem ihrer Wirtschaftslage angepassten Teil des Streitwerts bemisst. Die Anordnung hat zur Folge, dass

1.
die begünstigte Partei die Gebühren ihres Rechtsanwalts ebenfalls nur nach diesem Teil des Streitwerts zu entrichten hat,
2.
die begünstigte Partei, soweit ihr Kosten des Rechtsstreits auferlegt werden oder soweit sie diese übernimmt, die von dem Gegner entrichteten Gerichtsgebühren und die Gebühren seines Rechtsanwalts nur nach dem Teil des Streitwerts zu erstatten hat und
3.
der Rechtsanwalt der begünstigten Partei, soweit die außergerichtlichen Kosten dem Gegner auferlegt oder von ihm übernommen werden, seine Gebühren von dem Gegner nach dem für diesen geltenden Streitwert beitreiben kann.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 kann vor der Geschäftsstelle des Gerichts zur Niederschrift erklärt werden. Er ist vor der Verhandlung zur Hauptsache anzubringen. Danach ist er nur zulässig, wenn der angenommene oder festgesetzte Streitwert später durch das Gericht heraufgesetzt wird. Vor der Entscheidung über den Antrag ist der Gegner zu hören.

(1) In den Fällen des § 342 Abs. 3 sind die zuviel gewährten Ausgleichsleistungen nach Maßgabe der Absätze 2 bis 5 zurückzufordern. § 21a Abs. 2 des Feststellungsgesetzes findet keine Anwendung. Eine Rückforderung entfällt, soweit auf Grund anderer gesetzlicher Vorschriften Entschädigungsleistungen oder sonstige Ausgleichszahlungen wegen gewährter Ausgleichsleistungen gekürzt worden sind. Ist die Rückforderung von Lastenausgleichsleistungen durch Verrechnung entgegen § 8 des Entschädigungsgesetzes unterblieben, sind die zu viel gewährten Ausgleichsleistungen zurückzufordern; in diesem Fall findet keine Verrechnung mit der nach § 7 des Entschädigungsgesetzes gekürzten Bemessungsgrundlage statt.

(2) Zur Ermittlung des Rückforderungsbetrages ist der Endgrundbetrag der Hauptentschädigung zu berechnen, der sich ohne Berücksichtigung des Schadens, soweit er ausgeglichen ist oder als ausgeglichen gilt, ergeben würde. Für die Bemessung des Schadens sind die Vorschriften des Feststellungsgesetzes und des Beweissicherungs- und Feststellungsgesetzes in der am 31. Dezember 1991 geltenden Fassung anzuwenden. Es gelten die Wertfortschreibungsgrenzen nach § 22 Abs. 1 Satz 1 des Bewertungsgesetzes.

(3) Bei Rückgabe einer wirtschaftlichen Einheit oder eines Wirtschaftsgutes sowie bei der Wiederherstellung der vollen Verfügungsrechte über solche Vermögenswerte wird vermutet, daß der festgestellte Schaden insoweit in voller Höhe ausgeglichen ist. Bei Rückgaben von Vermögenswerten, die in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet belegen sind, sowie der Wiederherstellung der vollen Verfügungsrechte über solche Vermögenswerte gilt der festgestellte Schaden insoweit stets in voller Höhe als ausgeglichen; Wertminderungen sowie das Fehlen von Zubehör oder Inventar werden nicht berücksichtigt. Werden Schäden einer juristischen Person oder einer Personengesellschaft des Handelsrechts ganz oder teilweise durch Rückgabe von Wirtschaftsgütern oder Entschädigungszahlungen ausgeglichen, ist der Schadensausgleich dem einzelnen Beteiligten entsprechend seinem Beteiligungsverhältnis zuzurechnen. Bei Schadensausgleichsleistungen nach dem Vermögensgesetz oder anderen innerdeutschen Rechtsvorschriften in Geld oder Geldeswert in Deutscher Mark, in Euro oder in Form der Bereitstellung von Ersatzgrundstücken ist der festgestellte Schaden in voller Höhe ausgeglichen. Sonstige Schadensausgleichsleistungen in Geld oder Geldeswert sind mit ihrem Wert in Deutscher Mark, nach dem 31. Dezember 2001 in Euro, dem bei der Zuerkennung der Hauptentschädigung berücksichtigten Schadensbetrag gegenüberzustellen. Nach dem 30. Juni 1990 erbrachte Schadensausgleichsleistungen in Geld, die nach den Bestimmungen zur Einführung der Währung der Deutschen Mark in der Deutschen Demokratischen Republik umgestellt worden sind, werden mit ihrem Nominalbetrag vor der Umstellung angesetzt.

(3a) In den Fällen des § 32 Abs. 1 Satz 4 des Vermögensgesetzes kann das Ausgleichsamt dem in der beabsichtigten Entscheidung benannten Berechtigten aufgeben, für den voraussichtlich zurückzufordernden Betrag Sicherheit nach den Vorschriften des 2. Abschnitts der Hypothekenablöseverordnung zu leisten, sobald die Entscheidung über die Rückübertragung bestandskräftig geworden ist. Das Ausgleichsamt übermittelt den Bescheid dem zuständigen Amt oder Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen innerhalb der Frist des § 33 Abs. 5a des Vermögensgesetzes zur Zustellung. § 34 Abs. 1 Satz 3 bis 6 des Vermögensgesetzes gilt mit der Maßgabe entsprechend, daß an die Stelle des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen das zuständige Ausgleichsamt und an die Stelle des Entschädigungsfonds der Bund tritt. Gebühren für das Grundbuchverfahren werden nicht erhoben.

(3b) Für Berechtigte im Sinne des § 6 Abs. 1a des Vermögensgesetzes, die die Rückgabe eines einzelkaufmännischen oder eines Unternehmens im Sinne des § 1 Abs. 2 der Unternehmensrückgabeverordnung, das nur einen Inhaber hatte, beantragt haben, gilt Absatz 3a im Falle der Rückübertragung von Vermögensgegenständen nach § 6 Abs. 6a Satz 1 des Vermögensgesetzes entsprechend.

(3c) Ist der Verfügungsberechtigte im Sinne des § 2 Abs. 3 des Vermögensgesetzes zur Auskehr des Erlöses oder zum Ersatz des Verkehrswertes an den Berechtigten verpflichtet, sind die Vorschriften der Absätze 3a und 3b entsprechend anzuwenden. Daneben gibt das Ausgleichsamt dem Verfügungsberechtigten auf, aus dem Erlös oder Verkehrswert die Sicherheit nach Absatz 3a Satz 1 im Namen des Berechtigten zu leisten. Für die Zustellung des Bescheides gilt Absatz 3a Satz 2 entsprechend. Der Anspruch des Bundes geht dem Anspruch des Berechtigten vor.

(3d) Weitere Einzelheiten des Verfahrens nach den Absätzen 3a bis 3c können durch Rechtsverordnung geregelt werden. § 367 Abs. 2 ist nicht anzuwenden.

(4) Übersteigt der zuerkannte und nach den Vorschriften der §§ 251, 258, 278a, 283 und 283a erfüllte Endgrundbetrag der Hauptentschädigung den nach Absatz 2 berechneten Endgrundbetrag, ist der übersteigende Grundbetrag zuzüglich des nach Satz 3 berechneten Zinszuschlags zurückzufordern. In den Fällen des § 249a ist bei einer Freigabe von Sparanlagen die erfüllte Hauptentschädigung in Höhe des zusätzlich gewährten Grundbetrages (Sparerzuschlag) zuzüglich des Zinszuschlags zurückzufordern. Für die Berechnung des Zinszuschlags ist der für die erstmalige Erfüllung von Hauptentschädigung für das betreffende Wirtschaftsgut angewandte Vomhundertsatz maßgebend, der dem Zinszuschlag im Sinne des § 250 Abs. 3 zugrunde gelegt wurde; der Mehrgrundbetrag (§ 250 Abs. 6) bleibt bei der Berechnung des zurückzufordernden Zinszuschlages unberücksichtigt. Weist der Rückzahlungspflichtige nach, dass der Wert der erlangten Schadensausgleichsleistung geringer ist als der Rückforderungsbetrag, so ist die Rückforderung auf den Wert der Schadensausgleichsleistung zu begrenzen; Schadensausgleichsleistungen vor dem 1. Januar 2002 in Deutscher Mark sind mit dem Divisor 1,95583 in Euro anzusetzen. Bei den geleisteten Zahlungen an Kriegsschadenrente und vergleichbaren Leistungen hat es sein Bewenden; dies gilt nicht für die auf die zuerkannte Hauptentschädigung angerechneten Beträge, die gemäß Satz 1 der Rückforderung unterliegen. Laufende Zahlungen an Kriegsschadenrente und vergleichbaren Leistungen werden nach Maßgabe der geltenden Vorschriften weitergewährt; eine Rückforderung der nach den §§ 251, 258, 278a, 283 und 283a erfüllten Hauptentschädigung mindert die laufenden Zahlungen nicht. Leistungen an Hausratentschädigung oder Beihilfe zur Beschaffung von Hausrat werden nicht zurückgefordert.

(5) Die Rückforderung richtet sich gegen Empfänger von Ausgleichsleistungen, deren Erben oder weitere Erben sowie bei einem der Nacherbfolge unterliegenden Vermögen gegen Nacherben, soweit diese oder deren Rechtsnachfolger die Schadensausgleichsleistung erlangt haben; als Erbe in Ansehung der Rückforderungsansprüche gelten auch Berechtigte im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 3 des Vermögensgesetzes und durch den Verzicht nach § 2a Abs. 3 des Vermögensgesetzes begünstigte Mitglieder einer Erbengemeinschaft (Rückzahlungspflichtige). Hat ein Rechtsnachfolger des Rückzahlungspflichtigen oder des Geschädigten nach § 229 die Schadensausgleichsleistung ohne angemessene Gegenleistung oder als Vermächtnisnehmer erlangt, kann er neben den in Satz 1 genannten Rückzahlungspflichtigen als Gesamtschuldner in Anspruch genommen werden. Empfänger von Schadensausgleichsleistungen sind verpflichtet, dies der zuständigen Ausgleichsbehörde anzuzeigen und die für die Rückforderung erforderlichen Angaben zu machen. Die Rückforderung ist, außer in den Fällen des § 8 des Entschädigungsgesetzes, nach Ablauf von vier Jahren nach dem Kalenderjahr, in dem die Ausgleichsbehörde von dem Schadensausgleich und von der Person des Verpflichteten Kenntnis erlangt hat, frühestens jedoch nach dem 31. Dezember 1996, ausgeschlossen; die Frist beträgt zehn Jahre, wenn der Empfänger einer Schadensausgleichsleistung seiner Verpflichtung nach Satz 3 nicht nachgekommen ist. Die Frist kann durch schriftliche Mitteilung an den Verpflichteten unterbrochen werden.

Stellt das Gesetz für das Vorhandensein einer Tatsache eine Vermutung auf, so ist der Beweis des Gegenteils zulässig, sofern nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt. Dieser Beweis kann auch durch den Antrag auf Parteivernehmung nach § 445 geführt werden.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.