Oberlandesgericht Naumburg Urteil, 25. Juli 2013 - 2 U 23/13

bei uns veröffentlicht am25.07.2013

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 14. Dezember 2012 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des Landgerichts Halle abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.

Gründe

A.

1

Die Klägerin beabsichtigt, die auf sie als Unfallversicherer übergegangenen Schadenersatzansprüche ihres Versicherungsnehmers U. S. gegen S. H. wegen einer am 23.01.2011 eingetretenen Gesundheitsbeschädigung geltend zu machen. Die Beklagte ist der Privathaftpflichtversicherer des S. H. . Die Klägerin begehrt von ihr in einem vorweggenommenen Deckungsprozess die Feststellung der Freistellungsverpflichtung der Beklagten in Höhe ihrer behaupteten Aufwendungen.

2

Der Versicherungsnehmer der Beklagten verbrachte den 23.01.2011, einen Sonntag, gemeinsam mit seiner von ihm getrennt bei seiner ehemaligen Lebensgefährtin wohnenden minderjährigen Tochter. Nachdem diese um ca. 17:30 Uhr abgeholt worden war, begann er nach eigenen Angaben, alkoholische Getränke zu sich zu nehmen. Ab 19:00 Uhr wandte er sich mehrfach – offenkundig erregt und verzweifelt – an seine Nachbarin A. Hf., um sie dazu zu bewegen, zwischen ihm und seiner ehemaligen Lebensgefährtin zu vermitteln und eine Rückkehr seiner Tochter zu ihm zu ermöglichen. Gegen 20:45 Uhr kündigte er in einem weiteren Telefonat ihr gegenüber an, sich selbst zu töten. Die Nachbarin informierte hierüber die Eltern des S. H. . Gegen 21:25 Uhr rief H. erneut bei seiner Nachbarin an und erklärte, dass in fünfzehn Minuten das Haus brennen werde, und bat sie, seinen Nachbarn U. S. und dessen Familie zu warnen, damit sie rechtzeitig das Haus verlassen könnten. U. S. befand sich zu diesem Zeitpunkt bei A. Hf. und deren Lebensgefährten D. K.  . Alle drei begaben sich zum Haus des S. H., wo sie auch dessen Eltern vorfanden. S. H. näherte sich ihnen in aggressiver Haltung. Sie versuchten, ihn festzuhalten, was jedoch misslang. S. H. riss sich los und rannte in sein Haus. D. K.  und U. S. verfolgten ihn, wobei sie im Treppenhaus einen Benzinkanister und am Treppengeländer ein Seil mit Schlinge wahrnahmen. Nachdem sie ihn eingeholt hatten, wandte sich H. zunächst dem K.  zu und würgte ihn. Dabei äußerte er sinngemäß, dass er sein Gegenüber abstechen werde. Sodann rannte H. in die Küche und öffnete eine Schublade mit Besteck. U. S. folgte ihm und versuchte, den H. zu Fall zu bringen; dabei stürzten beide zu Boden. Infolge des Sturzes verletzte sich U. S. am rechten Knie. Bei dem kurz darauf erfolgenden Eintreffen der von A. Hf. gerufenen Polizei wurde eine starke Erregung des H. sowie eine Blutalkoholkonzentration von 1,96 g ‰ festgestellt. Er wurde vorübergehend in die geschlossene psychiatrische Abteilung eines Krankenhauses eingewiesen.

3

In einem darauffolgenden Strafverfahren wurde gegen S. H. wegen Bedrohung des D. K.  ein Strafbefehl über eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen erlassen (vgl. Strafbefehl des Amtsgerichts Eisleben vom 09.05.2011, 11 Cs 425 Js 9605/11, rechtskräftig seit dem 18.06.2011). Der Senat hat die Akte beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht. Das Ermittlungsverfahren wegen vorsätzlicher Körperverletzung zum Nachteil des U. S. wurde nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt (vgl. „Teileinstellung“ Bl. 49 BeiA).

4

Die Klägerin erbrachte im Rahmen der Unfallversicherung Zahlungen an die Erbringer medizinischer Leistungen für ihren Versicherungsnehmer U. S. . Sie forderte die Beklagte zur Regressleistung auf. Die Beklagte antwortete mit Schreiben vom 23.09.2011, mit dem sie die geltend gemachten Ansprüche gegen ihren Versicherungsnehmer wegen des Vorliegens der Voraussetzungen des § 827 Abs. 1 BGB – Deliktsunfähigkeit – zurückwies. Unter Verweis auf die vorübergehende Unterbringung des H. in der geschlossenen psychiatrischen Abteilung eines Krankenhauses führte die Beklagte weiter aus:

5

„… Zwar begründet dieser Umstand bzw. die Selbsttötungsabsicht noch nicht alleine den Ausschluss der Verantwortlichkeit gem. § 827 Abs. 1 BGB. Dass von einer solchen auszugehen ist, ergibt sich jedoch aus den Gesamtumständen, wie z. B., dass für den Selbstmord sowohl ein Seil zum Erhängen als auch ein Benzinkanister zum Abbrennen des Hauses bereit gestellt war.

6

Ihre Ansprüche weisen wir daher wegen des Vorliegens der Voraussetzungen des § 827 Abs. 1 BGB zurück.

7

Rein vorsorglich weisen wir darauf hin, dass wir für den Fall, dass diese Annahme in einem eventl. Rechtsstreit widerlegt würde, den Versicherungsschutz wegen Vorsatztat zu versagen hätten. …“

8

Auf nochmalige Intervention der Klägerin, dass sie die Ablehnung ihres Anspruchs so nicht hinnehmen könne, weil ein Nachweis der Deliktsunfähigkeit nicht geführt sei, Herr H. gezielt auf eine Selbsttötung und Brandstiftung hin gehandelt habe und daher auch davon auszugehen sei, dass er sehr wohl gewusst habe, was er tue, erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 28.11.2011:

9

„Falls man den Ihnen (der Klägerin – Anm. d. Senats) geschilderten Sachverhalt als zutreffend unterstellt, wäre wegen Vorsatztat der Versicherungsschutz zu versagen.

10

Nach wie vor halten wir jedoch an unserer Rechtslagebeurteilung gem. Schreiben vom 23.09.2011 fest und sind auch gern bereit, diese gerichtlich überprüfen zu lassen. …“

11

Die Klägerin wandte sich mit Schreiben vom 18.01.2012 an S. H., teilte ihm mit, dass die Beklagte ihr gegenüber „… den Versicherungsschutz vollumfänglich …“ abgelehnt habe und dass gerichtliche Schritte gegen die Beklagte geprüft würden. Dies geschehe auch im vermuteten Interesse des Adressaten. Die Klägerin bat den H. um Beantwortung von vier Fragen, darunter:

12

„1. Hat die … (Beklagte – Anm. d. Senats) Sie über die Ablehnung des ihr gegenüber geltend gemachten Anspruchs informiert? Wenn ja, …

13

2. Beabsichtigen Sie gegen die Ablehnung vorzugehen oder stehen Sie wegen der Ablehnung des Versicherungsschutzes mit der Versicherung bereits in Verhandlungen? …“

14

Der Versicherungsnehmer der Beklagten beantwortete diese Fragen am 06.02.2012 jeweils mit „nein“ und machte keine Angaben zu seiner telefonischen Erreichbarkeit.

15

Die Klägerin hat behauptet, dass ihr Versicherungsnehmer U. S. durch den Sturz u.a. einen Bruch im oberen Schienbeindrittel (Tibiakopffraktur) mit Gelenkflächenbeteiligung und einen Bruch des Wadenbeins (proximale Fibulafraktur) erlitten habe, deren Heilung in einem langwierigen und kostenintensiven Prozess erfolgt sei, und dass sie unfallbedingte Aufwendungen in Höhe von insgesamt 31.202,98 € erbracht habe.

16

Sie hat die Auffassung vertreten, dass sie ein rechtlich schutzwürdiges Interesse an einer Direktklage gegen die Beklagte auf Gewährung von Deckungsschutz für den S. H. habe, weil S. H. eine Verfolgung seines versicherungsrechtlichen Anspruchs gegen die Beklagte nicht beabsichtige. Ein Vorsatz des S. H., den U. S. zu Fall zu bringen und zu verletzen, sei nicht ersichtlich; dies zeige auch das Ergebnis der strafrechtlichen Verfolgung.

17

Die Beklagte hat die Unzulässigkeit der Klage gerügt. Sie hat bestritten, dass sie ihrem Versicherungsnehmer S. H. den Versicherungsschutz verweigert habe. Die Gefahr eines Untergangs des Deckungsanspruchs als Befriedigungsobjekt der Klägerin bestehe nicht.

18

Im Übrigen hat die Beklagte die Auffassung vertreten, dass die Voraussetzungen für einen Schadenersatzanspruch des Versicherungsnehmers der Klägerin gegen den Versicherungsnehmer der Beklagten nicht vorlägen, weil S. H. sich z.Zt. des Vorfalls in einem Zustand der Schuldunfähigkeit befunden habe. Ihre Erklärung im Schreiben vom 28.11.2011 sei im Lichte der Rechtsprechung dahin zu verstehen, dass sie den Rechtsschutz unter dem Vorbehalt übernehme, die Deckung je nach Ausgang des Haftpflichtprozesses abzulehnen.

19

Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere wegen der widerstreitenden Rechtsauffassungen der Parteien des Rechtsstreits und wegen des Verlaufs des Verfahrens in erster Instanz, nimmt der Senat auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

20

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und diese Entscheidung im Wesentlichen darauf gestützt, dass ein Feststellungsinteresse nach § 256 ZPO vorliege, weil die Beklagte auf die Anfrage der Klägerin, ob Versicherungsschutz bestehe, eine unklare Antwort gegeben habe, die es nicht ausschließe, dass sie sich auf eine Versagung von Versicherungsschutz wegen einer Vorsatztat berufe. Hinsichtlich der Begründetheit der Feststellungsklage sei von der Darstellung des Geschädigten vom Geschehensablauf auszugehen. Danach sei ein Vorsatz auszuschließen.

21

Die Beklagte hat gegen das ihr am 09.01.2013 zugestellte Urteil mit einem am 06.02.2013 beim Oberlandesgericht vorab per Fax eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese Berufung innerhalb der bis zum 11.03.2013 (Montag) laufenden Berufungsbegründungsfrist auch begründet.

22

Mit der Berufung macht sie geltend, dass ein Feststellungsinteresse der Klägerin nicht bestehe, weil sie, die Beklagte, ihre Bereitschaft zur Abwehr des geltend gemachten Anspruchs auch im Falle einer gerichtlichen Geltendmachung angekündigt habe. Die Formulierung „nach wie vor“ deute auf eine – tatsächlich beibehaltene – Rangfolge der Verteidigungsmittel hin. Gegenüber ihrem Versicherungsnehmer habe sie versicherungsrechtliche Gründe zur Versagung des Deckungsschutzes nicht herangezogen. Die Fragen der Klägerin an S. H. im Schreiben vom 18.01.2012 seien ungenau gewesen, so dass aus den Antworten keine Rückschlüsse auf eine Ungewissheit des Eintritts der Beklagten abzuleiten seien. Im Übrigen beanstandet die Beklagte die Tenorierung der erstinstanzlichen Entscheidung, weil danach Deckungsschutz unabhängig von der Frage der Schuldform – Vorsatz oder Fahrlässigkeit – und in der von der Klägerin geltend gemachten Höhe zu gewähren sei. Hilfsweise meint die Beklagte, dass eine Klärung der Schuldform im Deckungsprozess auf der Grundlage einer Beweiserhebung erforderlich sei.

23

Die Beklagte beantragt,

24

unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils

25

die Klage abzuweisen.

26

Die Klägerin beantragt,

27

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

28

Sie verteidigt im Wesentlichen das erstinstanzliche Urteil und vertieft die Argumentation, dass sie sich ohne die begehrte Feststellung der Gefahr des Forderungsausfalls aussetze, weil der Versicherungsnehmer der Beklagten den Anspruch auf Deckungsschutz gegen die Beklagte nicht geltend machte und selbst nicht in der Lage sei, im Falle eines Unterliegens im Haftpflichtprozess die Zahlungen zu leisten.

29

Der Senat hat am 17.07.2013 mündlich zur Sache verhandelt; wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls des Senats vom selben Tage Bezug genommen.

B.

30

Die Berufung der Beklagten ist zulässig; insbesondere ist sie form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden. Sie hat auch in der Sache Erfolg.

31

Das Landgericht ist zu Unrecht von der Zulässigkeit der Feststellungsklage im vorweggenommenen Deckungsprozess ausgegangen. Die Klägerin hat kein rechtlich schutzwürdiges Interesse an der begehrten Feststellung.

32

I. Die gesetzlichen Regelungen zur Pflichtversicherung und die Rechtsprechung gehen grundsätzlich davon aus, dass der Geschädigte bzw. der an seine Stelle getretene Versicherungsträger (künftig: der Geschädigte) den Anspruch auf Schadenersatz zunächst gegenüber dem Schädiger selbst geltend macht und dadurch – ggf. unter Inanspruchnahme von Rechtsschutz – den Anspruch dem Grund und der Höhe nach feststellen lässt (sog. Haftpflichtprozess). Regelmäßig soll erst im Anschluss daran aus abgetretenem oder durch Pfändungs- und Überweisungsbeschluss übergegangenem Recht die Haftpflichtversicherung des Schädigers in Anspruch genommen werden (sog. Deckungsprozess). Die Feststellungen im vorangegangenen Haftpflichtprozess haben im nachfolgenden Deckungsprozess Bindungswirkung, soweit Voraussetzungsidentität besteht (vgl. nur BGH, Urteil v. 30.09.1992, IV ZR 314/91, BGHZ 119, 276; Urteil v. 18.02.2004, IV ZR 126/02, VersR 2004, 590). Zum Umfang der Versicherungsleistungen der Haftpflichtversicherung gehört nach § 100 VVG (in der hier anwendbaren Fassung vom 23.11.2007) auch die Gewährung von Rechtsschutz im Haftpflichtprozess. Ein Direktanspruch des Geschädigten gegen die Haftpflichtversicherung des Schädigers ist nach § 115 Abs. 1 VVG nur in eng begrenzten Ausnahmefällen begründet. Der Gesetzgeber hat sich bewusst gegen eine Ausweitung der Möglichkeit der unmittelbaren Inanspruchnahme des Pflichtversicherers entschieden. Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen für einen Direktanspruch gegen die Beklagte nach übereinstimmender und zutreffender Rechtsauffassung beider Prozessparteien nicht erfüllt: Bei der Privathaftpflicht handelt es sich nicht um eine nach dem Pflichtversicherungsgesetz bestehende Versicherungspflicht (Nr. 1), eine eingetretene oder drohende Insolvenz des S. H. liegt nicht vor (Nr. 2), der Aufenthaltsort des S. H. ist bekannt (Nr. 3).

33

II. Dem gegenüber ist schon der vorweggenommene Deckungsprozess des Schädigers gegen seinen Haftpflichtversicherer ein Ausnahmefall, weil ein Rechtsschutzinteresse regelmäßig das Bestehen eines Haftpflichtanspruchs des Geschädigten gegen den Schädiger voraussetzt. Der Schädiger hat jedoch als Versicherungsnehmer Anspruch auf eine eindeutige Auskunft darüber, ob der Versicherer im Haftpflichtprozess den Rechtsschutz übernimmt (vgl. BGH, Urteil v. 07.02.2007, IV ZR 149/03, BGHZ 171, 56). In diesem vorweggenommenen Deckungsprozess findet eine Prüfung des Haftpflichtanspruchs und der damit zusammenhängenden Tatfragen im Übrigen nicht statt, sondern es ist grundsätzlich die Richtigkeit der Behauptungen des Geschädigten zu unterstellen (vgl. BGH, Urteil v. 15.11.2000, a.a.O.; OLG Frankfurt, Beschluss v. 27.10.2010, 12 U 99/09; Retter in: Schwintowski/ Brömmelmeyer, Praxiskomm. z. Versicherungsvertragsrecht, 2. Aufl. 2011, § 100 Rn. 72; Betz in: Veith/ Gräfe, Der Versicherungsprozess, 2. Aufl. 2010, § 12 Rn. 76). Im Deckungsprozess wird damit nicht geprüft, ob eine Haftungslage gegeben ist, weil es Aufgabe des Haftpflichtversicherungsschutzes ist, nicht nur festzustellen, ob der Versicherer Befreiung von begründeten Ersatzansprüchen schuldet, sondern vor allem auch, dass er die Abwehr von unbegründeten Ansprüchen in eigener Zuständigkeit herbeizuführen hat (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil v. 24.03.2005, 12 U 432/04, VersR 2005, 781). Daher ist der Feststellungsantrag im vorweggenommenen Deckungsprozess des Versicherungsnehmers gegen den Versicherer auch regelmäßig auf die Gewährung „bedingungsgemäßen“ Versicherungsschutzes zu richten, d.h. dem Versicherer soll dadurch nicht das Recht genommen werden, bei Begründetheit der Haftpflichtforderung des Geschädigten zu prüfen, ob der Deckungsschutz aus anderen, aus dem Versicherungsverhältnis herrührenden Gründen zu versagen ist.

34

III. Der vorweggenommene Deckungsprozess des Geschädigten direkt gegen den Haftpflichtversicherer des Schädigers ohne vorherige Abtretung, wie er hier vorliegt, ist eine sehr seltene Ausnahme (vgl. Betz, a.a.O., § 12 Rn. 61 und 71). Grundsätzlich begründet das Interesse des Geschädigten, sich über die Möglichkeiten der Realisierung seines Haftpflichtanspruchs vorab zu orientieren, für sich allein kein rechtliches Interesse an einer gegen den Haftpflichtversicherer des Schädigers gerichteten Deckungsschutz-Feststellungsklage. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Versicherer auf die Erhebung der Verjährungseinrede verzichtet und seinem Versicherungsnehmer den Versicherungsschutz nicht eindeutig entzogen hat (vgl. BGH, Beschluss v. 30.05.1984, IVa ZR 205/83, VersR 1984, 787). Dem Geschädigten wird von der Rechtsprechung nur in Ausnahmefällen ein rechtliches Interesse an einer gegen den Haftpflichtversicherer des Schädigers gerichteten, dem Haftpflichtprozess vorhergehenden Feststellungsklage im Deckungsprozess zugebilligt, wobei sich aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zwei Fallgruppen ergeben, die im Lichte des vorgenannten Grundsatzes aufzufassen sind:

35

1. Ein Feststellungsinteresse i.S. von § 256 ZPO wird bejaht, wenn wegen der Untätigkeit des Versicherungsnehmers die Gefahr besteht, dass dem Haftpflichtgläubiger der Deckungsanspruch als Befriedigungsobjekt verloren geht. Dies ist angenommen worden, wenn der Versicherungsnehmer insolvent ist und weder der Versicherungsnehmer noch der Konkurs- bzw. Insolvenzverwalter gegen eine unberechtigte Deckungsversagung vorgehen und deshalb (auch ohne Verweigerung der Übernahme des Rechtsschutzes durch den Haftpflichtversicherer) der Rechtsverlust durch Verjährung droht (vgl. BGH, Urteil v. 15.11.2000, IV ZR 223/99, VersR 2001. 90 – in juris Tz. 10 m.w.N.; OLG Celle, Urteil v. 05.07.2012, 8 U 28/12 VersR 2013, 750).

36

2. Der Bundesgerichtshof hat in einer weiteren Entscheidung angenommen, dass der Geschädigte ein eigenes rechtliches Interesse i.S. von § 256 ZPO an der Feststellung, dass der Versicherer dem Schädiger Deckungsschutz zu gewähren habe, auch dann haben kann, wenn der Versicherer auf seine Anfrage, ob Versicherungsschutz bestehe, keine oder keine eindeutige Antwort gibt oder die Auskunft verweigert (vgl. BGH, Beschluss v. 22.07.2009, IV ZR 265/06, VersR 2009, 1485 – in juris Tz. 2). Im entschiedenen Fall hatte das Berufungsgericht festgestellt, dass der Versicherer verpflichtet sei, seiner Versicherungsnehmerin im Rahmen eines bestimmten Versicherungsverhältnisses „bedingungsgemäß Deckung“ anlässlich zweier Schadensfälle zu gewähren; der Bundesgerichtshof hat die gegen die Nichtzulassung der Revision gerichtete Beschwerde zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass der Versicherer die Unsicherheit über sein Eintreten für den Fall der rechtskräftigen Titulierung der Haftpflichtansprüche bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung aufrecht erhalten habe und daher ungewiss geblieben sei, ob er bisher nicht vorgebrachte versicherungsrechtliche Einwände nachholen werde. Dem Deckungsprozess war ein Haftpflichtprozess gegen den Schädiger vorausgegangen, der wegen der Insolvenz des Schädigers unterbrochen war (vgl. Vorinstanz: OLG Düsseldorf, Urteil v. 27.09.2006, I-18 U 17/06 – zitiert nach juris).

37

IV. Nach diesen Maßstäben ist hier ein rechtliches Interesse der Klägerin an der begehrten Feststellung nicht gegeben.

38

1. Ein Verlust des Deckungsschutzes i.S. der ersten Fallgruppe droht hier nicht. Über das Vermögen des Schädigers ist ein Insolvenzverfahren nicht eröffnet, welches den Schädiger etwa handlungsunfähig machen könnte. Die Beklagte hat gegenüber ihrem Versicherungsnehmer, dem Schädiger, die Übernahme des Rechtsschutzes nicht verweigert. Jedenfalls hat die Klägerin eine solche Auskunft der Beklagten gegenüber S. H. schon nicht substantiiert behauptet oder gar unter Beweis gestellt. Die an den Versicherungsnehmer der Beklagten gestellte Frage nach einem Vorgehen gegen eine Verweigerung der Übernahme von Rechtsschutz unterstellte eine solche Verweigerung, so dass in der bloß verneinenden Antwort des H. keine Bestätigung dieser Unterstellung zu sehen ist. Der Adressat übersandte zudem auch keine Kopie einer entsprechenden Nachricht der Beklagten über die Ablehnung des Deckungsschutzes. In der Korrespondenz zwischen den Parteien des Rechtsstreits gab die Beklagte vielmehr jeweils zu erkennen, dass sie bei gerichtlicher Geltendmachung des Haftungsanspruches dem Schädiger Rechtsschutz gewähren werde. Ohne ausdrückliche Verweigerung der Beklagten gegenüber ihrem Versicherungsnehmer ist dessen Untätigkeit in der Sache derzeit belanglos. Insbesondere stand der Eintritt der Verjährung des Deckungsanspruches (drei Jahre nach Geltendmachung im September 2011) auch nicht etwa unmittelbar bevor.

39

2. Eine dem Verlust des Deckungsanspruchs gleich stehende Ungewissheit, wie sie der zweiten Fallgruppe in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu entnehmen ist, liegt hier ebenfalls nicht vor.

40

a) Die Beklagte hat die Auskunft nicht verweigert. Sie hat in ihren beiden Schreiben vielmehr eine eindeutige, nachvollziehbare Auskunft erteilt.

41

Sie hat sich darin zum Ersatzanspruch geäußert und diesen Anspruch – für ihren Versicherungsnehmer – mit dem Verweis auf die fehlende Deliktsfähigkeit i.S. von § 827 BGB als unbegründet abgewehrt. Auch wenn die danach offensichtliche Gewährung von Rechtsschutz zugunsten ihres Versicherungsnehmers das Interesse des Geschädigten an der Feststellung der versicherungsrechtlichen Deckungspflicht nicht zu beseitigen vermag, so liegt in dieser Auskunft zugleich eine konkludente gleichlautende Auskunft an den Versicherungsnehmer; dieser hätte mithin kein rechtlich anerkanntes Interesse mehr für eine Feststellungsklage im vorweggenommenen Deckungsprozess. Hieraus ergeben sich bereits erhebliche Bedenken, ob das Rechtsschutzinteresse des Geschädigten weiter gehen kann, als die Rechte des Versicherungsnehmers, obwohl ihm in beiden Fallgruppen das Feststellungsinteresse allein wegen der Untätigkeit des Versicherungsnehmers zugebilligt worden ist.

42

b) Die Beklagte hat sich auch zu den versicherungsrechtlichen Fragen objektiv nicht missverständlich geäußert. Ihre Auskunft ist dahin auszulegen, dass sie den Deckungsschutz nur teilweise – hinsichtlich des Rechtsschutzes – und im Übrigen nur unter dem Vorbehalt der Feststellung einer vorsätzlichen Herbeiführung des Schadens i.S. von § 103 VVG gewährt. Anders, als das Landgericht meint, hat die Beklagte mit dem zweiten Schreiben vom 28.11.2011 ihre vorherige Auskunft nicht abgeändert oder relativiert, sondern bekräftigt. Sie hat lediglich die Reihenfolge und Intensität des Vorbringens – in Reaktion auf die Äußerungen der Klägerin – variiert, ohne den Sinngehalt zu verändern. Auf ihr nach dem Inhalt des Versicherungsvertrages bestehendes Recht, im Falle des Vorliegens eines Risikoausschlussgrundes die (weitere) Versicherungsleistung zu verweigern, musste sie auf Anfrage des Geschädigten nicht verzichten.

43

c) Entscheidend gegen ein rechtliches Interesse der Klägerin an der begehrten Feststellung spricht jedoch der Umstand, dass die Klägerin mit einer – hier nur unterstellt rechtskräftig werdenden – Feststellung, dass die Beklagte „bedingungsgemäß“ Versicherungsschutz zu gewähren habe, nichts gewonnen hätte. Entsprechend den im vorweggenommenen Deckungsprozess geltenden Grundsätzen wären die Angaben des Geschädigten, hier des Versicherungsnehmers der Klägerin, in diesem Prozess als wahr zu unterstellen, so dass der Feststellungsanspruch ohne weitere inhaltliche Prüfung als begründet anzusehen wäre. Im Falle eines erfolgreichen Haftpflichtprozesses der Klägerin gegen den Versicherungsnehmer der Beklagten müsste die Klägerin u.U. mangels Bindungswirkung dieser Feststellungen erneut Deckungsklage erheben; erst in diesem – nachlaufenden – Deckungsprozess wäre dann u.U. Beweis zu erheben über die streitige Frage, ob die Voraussetzungen für einen Risikoausschluss nach § 103 VVG vorlagen oder nicht (vgl. BGH, Urteil v. 29.10.2008, IV ZR 272/06, VersR 2009, 517; OLG Frankfurt, Urteil v. 02.07.2010, 3 U 21/10, VersR 2011, 1314). Hierfür hätte die im Haftpflichtprozess zu treffende Feststellung der Deliktsfähigkeit bzw. Deliktsunfähigkeit des Schädigers wegen teilweiser Voraussetzungsidentität mit der Frage des Vorliegens einer Vorsatztat eine teilweise Bindungswirkung.

44

d) Einer endgültigen Klärung der Frage der Deckungspflicht der Beklagten im vorliegenden vorweggenommenen Deckungsprozess des Geschädigten steht schließlich auch entgegen, dass der Versicherungsnehmer der Beklagten am Prozess nicht beteiligt ist, eine solche Feststellung aber erheblich in seinen Rechtskreis eingreifen würde.

C.

45

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

46

Die weiteren Nebenentscheidungen ergeben sich aus § 26 Nr. 8 EGZPO i.V. mit §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1 sowie 543, 544 Abs. 1 S. 1 ZPO.

47

Die Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.


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Oberlandesgericht Köln Beschluss, 21. Mai 2015 - 9 U 46/15

bei uns veröffentlicht am 21.05.2015

Tenor Der Kläger wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, seine Berufung gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 27.02.2015 – 9 O 293/14 gem. § 522 II ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen. 1G r ü n d

Landgericht Bochum Beschluss, 01. Okt. 2014 - 9 S 108/14

bei uns veröffentlicht am 01.10.2014

Tenor Die Kammer weist die Parteien darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil sie nach dem Vorbringen in der Berufungsbegründung aus den im Ergebnis zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidun

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(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

Wer im Zustand der Bewusstlosigkeit oder in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit einem anderen Schaden zufügt, ist für den Schaden nicht verantwortlich. Hat er sich durch geistige Getränke oder ähnliche Mittel in einen vorübergehenden Zustand dieser Art versetzt, so ist er für einen Schaden, den er in diesem Zustand widerrechtlich verursacht, in gleicher Weise verantwortlich, wie wenn ihm Fahrlässigkeit zur Last fiele; die Verantwortlichkeit tritt nicht ein, wenn er ohne Verschulden in den Zustand geraten ist.

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 126/02 Verkündet am:
18. Februar 2004
Heinekamp
Justizobersekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
VVG §§ 149, 150, 152; AVB f. Haftpflichtvers. (AHB) § 4 II 1
Feststellungen im vorangegangenen Haftpflichtprozeß zwischen dem Geschädigten
und dem Versicherungsnehmer oder dem Versicherten haben im nachfolgenden
Deckungsprozeß zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Haftpflichtversicherer
nur insoweit Bindungswirkung, als Voraussetzungsidentität vorliegt.
BGH, Urteil vom 18. Februar 2004 - IV ZR 126/02 - OLG Hamm
LG Münster
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Februar 2004

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 6. Februar 2002 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger verlangt für einen von seinem mitversicherten Stiefsohn durch Brandstiftung verursachten Schaden Deckungsschutz aus einer seit 1979 beim Beklagten bestehenden Privathaftpflichtversicherung, der die Allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) zugrunde liegen.
In den frühen Morgenstunden des 6. September 1997 zündete der Stiefsohn des Klägers die Ladung eines in der Remise eines Scheunengebäudes stehenden Heuwagens an. Das Feuer breitete sich aus und zerstörte das gesamte Gebäude nebst Inhalt. Der Beklagte verweigerte mit Schreiben vom 11. Juni 1999 Deckungsschutz mit der Begründung,

nach § 4 II 1 AHB seien Ansprüche der Personen, die den Schaden vorsätzlich herbeigeführt haben, vom Versicherungsschutz ausgeschlossen.
Der Geschädigte erhob im Oktober 1999 gegen den Stiefsohn des Klägers Klage auf Ersatz des Gebäudeschadens, die zu einem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Dortmund vom 17. Oktober 2000 auf Zahlung von 86.000 DM nebst Zinsen führte. Das Landgericht hat den auf § 823 Abs. 1 BGB gestützten Anspruch damit begründet, der Stiefsohn des Klägers habe das Heu auf dem in der Scheune abgestellten Wagen vorsätzlich entzündet und die vollständige Zerstörung der Scheune auch grob fahrlässig herbeigeführt.
Der Kläger ist der Ansicht, der Beklagte könne sich wegen der Bindungswirkung des Haftpflichturteils nicht darauf berufen, der Vorsatz seines Stiefsohnes habe auch den Gebäudeschaden umfaßt. Insoweit habe das Landgericht Dortmund festgestellt, daß nur grobe Fahrlässigkeit vorliege, Vorsatz demgemäß nicht festgestellt, sondern damit implizit ausgeschlossen sei. Daran sei das Gericht im Deckungsprozeß gebunden.
Mit seiner Revision verfolgt der Kläger den in den Vorinstanzen erfolglos gebliebenen Antrag auf Gewährung von Deckungsschutz weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat keinen Erfolg. Der Versicherungsschutz ist nach § 4 II 1 Satz 1 AHB ausgeschlossen, weil der Stiefsohn des Klägers den durch das Anzünden des Heus verursachten gesamten Schaden vorsätzlich herbeigeführt hat.
I. Das Berufungsgericht (VersR 2002, 1369) hält es übereinstimmend mit dem Landgericht für erwiesen, daß sich der Vorsatz des Stiefsohnes des Klägers nicht darauf beschränkte, lediglich das auf dem Wagen gelagerte Heu zu entzünden, sondern daß er die Ausweitung des Feuers zumindest als möglich vorhergesehen und die Inbrandsetzung des gesamten Gebäudes nebst Inhalt zumindest billigend in Kauf genommen hat. Diese Feststellung greift die Revision nicht an.
II. Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist der Beklagte durch das Urteil des Landgerichts Dortmund im Haftpflichtprozeß nicht daran gehindert , sich gegenüber dem Kläger darauf zu berufen, sein Stiefsohn habe den Gebäudeschaden vorsätzlich herbeigeführt. Zwar entfalte das Urteil im Haftpflichtprozeß Bindungswirkung für den nachfolgenden Dekkungsprozeß. Dadurch werde verhindert, daß die Grundlagen der Entscheidung im Haftpflichtprozeß nochmals zwischen dem Versicherer und dem Versicherungsnehmer in Frage gestellt würden. Das Landgericht Dortmund sei in seinem Urteil davon ausgegangen, der Stiefsohn des Klägers habe die vollständige Zerstörung der Scheune grob fahrlässig herbeigeführt. Vorsatz und Fahrlässigkeit seien zwei unterschiedliche

Begehungsformen, die bei ein- und derselben Handlung nicht zugleich vorliegen könnten. Mit der Feststellung grober Fahrlässigkeit sei folglich Vorsatz verneint worden, ohne daß es dazu besonderer Ausführungen bedurft hätte. An diesen Vorsatzausschluß hinsichtlich des Schadensumfangs sei der Senat im Deckungsprozeß aber nicht gebunden, weil es insoweit an der Voraussetzungsidentität fehle. Für die Entscheidung im Haftpflichtprozeß sei es unerheblich gewesen, ob der Gebäudeschaden vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht worden sei. Für die Verurteilung wäre ausreichend gewesen, daß das Heu vorsätzlich angezündet und das Übergreifen des Feuers auf die gesamte Scheune dadurch adäquat kausal herbeigeführt worden sei. Eine Bindungswirkung der Feststellungen im Haftpflichtprozeß entstehe in dem Umfang, wie die festgestellten Tatsachen für beide Verfahren gleichermaßen von Bedeutung seien, d.h. nur bei Voraussetzungsidentität. Es sei zwar Aufgabe des Haftpflichtprozesses, über alle tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen des Haftpflichtanspruchs zu befinden, nicht jedoch, darüber hinaus Feststellungen zum Innenverhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer zu treffen, die für den Haftpflichtanspruch ohne Bedeutung seien.
III. Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
1. Der Senat folgt der Ansicht des Berufungsgerichts, daß Feststellungen im vorangegangenen Haftpflichtprozeß zwischen dem Geschädigten und dem Versicherungsnehmer (oder dem Versicherten) im nachfolgenden Deckungsprozeß zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherer Bindungswirkung nur bei Voraussetzungsidentität

entfalten. Nach dem in der Haftpflichtversicherung geltenden Trennungs- prinzip ist grundsätzlich im Haftpflichtprozeß zu entscheiden, ob und in welcher Höhe der Versicherungsnehmer dem Dritten gegenüber haftet (BGH, Urteil vom 20. Juni 2001 - IV ZR 101/00 - VersR 2001, 1103 unter II 2 a m.w.N.). Notwendige Ergänzung des Trennungsprinzips ist die Bindungswirkung des rechtskräftigen Haftpflichturteils für den nachfolgenden Deckungsrechtsstreit. Damit wird verhindert, daß die im Haftpflichtprozeß getroffene Entscheidung und die zugrunde liegenden Feststellungen im Deckungsprozeß erneut überprüft werden können (BGH aaO unter II 2 b m.w.N.). Die Bindungswirkung geht aber nicht weiter, als sie danach geboten ist (BGH, Urteil vom 12. Februar 1969 - IV ZR 539/68 - VersR 1969, 413 unter III b). Geboten ist die Bindungswirkung nur insoweit , als eine für die Entscheidung im Deckungsprozeß maßgebliche Frage sich auch im Haftpflichtprozeß nach dem vom Haftpflichtgericht gewählten rechtlichen Begründungsansatz bei objektiv zutreffender rechtlicher Würdigung als entscheidungserheblich erweist, also Voraussetzungsidentität vorliegt. Nur dann ist es gerechtfertigt anzunehmen, eine Feststellung sei Grundlage für die Entscheidung im Haftpflichtprozeß. Die Begrenzung der Bindungswirkung auf Fälle der Voraussetzungsidentität ist insbesondere deshalb geboten, weil der Versicherungsnehmer und der Versicherer keinen Einfluß darauf haben, daß der Haftpflichtrichter "überschießende", nicht entscheidungserhebliche Feststellungen trifft oder nicht entscheidungserhebliche Rechtsausführungen macht (vgl. zur fehlenden Interventionswirkung nach § 68 ZPO bei sogenannten überschießenden Feststellungen BGH, Beschluß vom 27. November 2003 - V ZB 43/03 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt ). Allein gegen solche "überschießenden" Begründungsinhalte könnten sie sich auch nicht mit einem Rechtsmittel wehren, weil ein

Rechtsmittel, mit dem bei gleichem Ergebnis nur eine andere Entschei- dungsbegründung erstrebt wird, mangels Beschwer unzulässig ist (vgl. BGH, Urteil vom 2. März 1994 - XII ZR 207/92 - NJW 1994, 2697 unter 2 a aa).
Der Senat hat zwar bisher nicht ausgesprochen, Bindungswirkung bestehe nur bei Voraussetzungsidentität. Das läßt sich aber, wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, dem Senatsurteil vom 30. September 1992 entnehmen (BGHZ 119, 276, 279 f.). Dort hat der Senat Bindungswirkung des Haftpflichturteils angenommen, weil die Feststellung fehlenden Vorsatzes maßgeblich sei sowohl für die Haftungsfrage, nämlich die Höhe des Schmerzensgeldes, als auch insbesondere für den Deckungsausschluß gemäß § 4 II 1 AHB, für den vorsätzliches Handeln Voraussetzung sei. Weiter hat der Senat ausgeführt, daß von der dortigen Beklagten herangezogene Urteile in diesem Zusammenhang keine Bedeutung hätten, weil sie sich nicht mit Fällen der Voraussetzungsidentität befaßten.
2. Ob die Annahme des Berufungsgerichts rechtlich haltbar ist, das Landgericht Dortmund habe mit der Feststellung grob fahrlässig herbeigeführter vollständiger Zerstörung der Scheune zugleich Vorsatz ausgeschlossen , kann dahinstehen. Eine solche Feststellung wäre für den Deckungsprozeß nicht bindend, weil es an der erforderlichen Voraussetzungsidentität fehlen würde. Das gilt selbst dann, wenn das Landgericht die Verurteilung auf den Tatbestand der Verletzung des Eigentums an dem Scheunengebäude gestützt und insoweit grobe Fahrlässigkeit angenommen hat. Ob der Stiefsohn des Klägers das Eigentum an der Scheune nur grob fahrlässig und nicht vorsätzlich beschädigt hat, ist von die-

sem rechtlichen Ansatz her für die Entscheidung bei objektiv zutreffender Würdigung ohne jede Bedeutung, weil einfache Fahrlässigkeit genügt. Ausführungen zu einem höheren Verschuldensgrad sind "überschießende" , nicht entscheidungserhebliche Feststellungen, die für den Dekkungsprozeß nicht bindend sind.
Es kann deshalb offenbleiben, ob es dem Berufungsgericht, wie die Revision meint, verwehrt gewesen ist, vom rechtlichen Ansatz her auf die vorsätzliche Verletzung des Eigentums am Heu und bezüglich des Schadens am Gebäude nur noch objektiv auf den adäquaten Kausalzusammenhang abzustellen.

3. Soweit der Kläger Deckungsschutz auch für Schadensersatzansprüche begehrt, die nicht Gegenstand eines Haftpflichturteils sind (unter anderem Schäden am Gebäudeinhalt), hat das Berufungsgericht mit Recht angenommen, daß eine Bindungswirkung nicht in Betracht kommen kann. Dagegen wendet sich die Revision auch nicht.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Dr. Kessal-Wulf Felsch

Bei der Haftpflichtversicherung ist der Versicherer verpflichtet, den Versicherungsnehmer von Ansprüchen freizustellen, die von einem Dritten auf Grund der Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers für eine während der Versicherungszeit eintretende Tatsache geltend gemacht werden, und unbegründete Ansprüche abzuwehren.

(1) Der Dritte kann seinen Anspruch auf Schadensersatz auch gegen den Versicherer geltend machen,

1.
wenn es sich um eine Haftpflichtversicherung zur Erfüllung einer nach dem Pflichtversicherungsgesetz bestehenden Versicherungspflicht handelt oder
2.
wenn über das Vermögen des Versicherungsnehmers das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist oder ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt worden ist oder
3.
wenn der Aufenthalt des Versicherungsnehmers unbekannt ist.
Der Anspruch besteht im Rahmen der Leistungspflicht des Versicherers aus dem Versicherungsverhältnis und, soweit eine Leistungspflicht nicht besteht, im Rahmen des § 117 Abs. 1 bis 4. Der Versicherer hat den Schadensersatz in Geld zu leisten. Der Versicherer und der ersatzpflichtige Versicherungsnehmer haften als Gesamtschuldner.

(2) Der Anspruch nach Absatz 1 unterliegt der gleichen Verjährung wie der Schadensersatzanspruch gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem die Verjährung des Schadensersatzanspruchs gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer beginnt; sie endet jedoch spätestens nach zehn Jahren von dem Eintritt des Schadens an. Ist der Anspruch des Dritten bei dem Versicherer angemeldet worden, ist die Verjährung bis zu dem Zeitpunkt gehemmt, zu dem die Entscheidung des Versicherers dem Anspruchsteller in Textform zugeht. Die Hemmung, die Ablaufhemmung und der Neubeginn der Verjährung des Anspruchs gegen den Versicherer wirken auch gegenüber dem ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer und umgekehrt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 149/03 Verkündetam:
7.Februar2007
Heinekamp
Justizhauptsekretär
alsUrkundsbeamter
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
_____________________
AHaftpflichtVB (AHB) § 3, § 5

a) Die Abwehr unberechtigter Ansprüche (Rechtsschutzverpflichtung) ist Hauptleistungspflicht
des Haftpflichtversicherers; sie umfasst nach den AHB die Führung
des Haftpflichtprozesses auf seine Kosten einschließlich der Auswahl und
Beauftragung des Anwalts.

b) Der Versicherer hat dem Versicherungsnehmer rechtzeitig unmissverständlich
zu erklären, ob er den bedingungsgemäß geschuldeten Rechtsschutz gewährt.

c) Zu den Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer Vereinbarung, mit der die Abwehr
des Anspruchs dem Versicherungsnehmer übertragen wird.
BGH, Urteil vom 7. Februar 2007 - IV ZR 149/03 - OLG Nürnberg
LG Nürnberg-Fürth
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, die Richterin Dr. Kessal
-Wulf und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung vom
7. Februar 2007

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 16. Juni 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin hat gegen die Versicherungsnehmerin des beklagten Haftpflichtversicherers Schadensersatzansprüche erhoben. Mit der Klage macht sie diese Schadensersatzansprüche und den Anspruch der Versicherungsnehmerin auf Deckungsschutz aus zwei von dieser bei der Beklagten unterhaltenen Betriebshaftpflichtversicherungen mit einer Deckungssumme von insgesamt 11 Mio. DM geltend. Den Verträgen liegen Allgemeine Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) zugrunde, die den vom GDV empfohlenen Musterbedingungen - Stand Juni 1997 - entsprechen (abgedruckt bei Littbarski, Haftpflichtversicherung S. 22 ff.).
2
Die Klägerin stellt Kolben für Automotoren her, die sie unter anderem an die V. AG und die A. AG liefert. Ab Juni 1999 beauftragte sie die Versicherungsnehmerin der Beklagten, die H. Metallveredelung GmbH (HMV), die Kolben durch einen Waschvorgang auf die anschließend von ihr selbst vorzunehmende Graphitbeschichtung vorzubereiten. Am 23. Dezember 1999 meldete die V. AG der Klägerin Motorschäden wegen defekter Kolben aus der Produktionszeit von Mitte Oktober bis Mitte November 1999. Die V. AG nahm die Klägerin wegen der Kosten für den Rückruf von Fahrzeugen und Reparaturen in Höhe von circa 39 Mio. DM in Anspruch.
3
Mit Schreiben vom 9. Februar 2000 meldete die Klägerin bei der HMV Schadensersatzansprüche in Millionenhöhe an mit der Begründung, Ursache des Schadens sei ein fehlerhafter Waschvorgang, der zur Ablösung der Graphitschicht geführt habe. Die HMV leitete das Schreiben an die Beklagte weiter. Diese erbat von der HMV mit Schreiben vom 16. Februar 2000 nähere Auskünfte zum Schadenshergang. Abschließend fragte sie, weshalb der Erstbeitrag erst am 6. Dezember 1999 ausgeglichen worden sei, obwohl der Versicherungsschein bereits Anfang Oktober zugegangen sei. Ferner wies sie darauf hin, dass der Schaden an den Kolben als Bearbeitungsschaden nach § 4 I Nr. 6 b AHB nicht gedeckt sei. Am 30. März 2000 trat die HMV ihre Ansprüche auf Versicherungsschutz gegen die Beklagte an die Klägerin ab. Anfang April 2000 übersandte die HMV den Entwurf der gegen sie beabsichtigten Schadensersatzklage an die Beklagte. Mit Schreiben vom 10. April 2000 erbat diese von der HMV weitere Auskünfte und kündigte die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Schadensursache an. Weiter wies sie darauf hin, dass für Lieferungen zwischen Erhalt des Versicherungsscheins und Zahlung des Erstbeitrags am 6. Dezember 1999 kein Versicherungsschutz bestehe. Hinsichtlich anderer Lieferungen bestehe Deckungsschutz nur unter der auflösenden Bedingung, dass die HMV nur deshalb für den Schaden hafte, weil sie die Klägerin in der Qualitätssicherungsvereinbarung vom Juni 1999 von der Untersuchungs- und Rügepflicht nach § 377 HGB befreit habe. Der Ausschluss für Bearbeitungsschäden wurde erneut erwähnt. Schließlich wurde die HMV gefragt, ob sie mit einem Anwalt zusammenarbeite, den sie auch in dieser Sache beauftragen möchte. Am 8. Mai 2000 wurde der HMV die angekündigte Klage zugestellt, die sie der Beklagten mit Schreiben vom 11. Mai 2000 zuleitete. Gleichzeitig teilte sie mit, bisher noch keinen Anwalt beauftragt zu haben, und stellte die Frage nach Unterstützung durch die Beklagte. Diese versprach mit Schreiben vom 16. Mai 2000 "bestmögliche Unterstützung" , die Untersuchungen durch den Sachverständigen würden noch laufen. Weiter heißt es, es sei allerdings unbedingt erforderlich, dass die HMV zur Wahrung der Fristen einen Anwalt mit der Vertretung ihrer rechtlichen Interessen beauftrage. Sie solle mitteilen, welchem Rechtsanwalt sie das Mandat erteilt habe, damit eine Kontaktaufnahme möglich sei. Am 17. und 31. Mai 2000 telefonierte der Sachbearbeiter der Beklagten mit dem Geschäftsführer der HMV. Der Inhalt der Gespräche ist streitig.
4
Da die HMV sich nicht anwaltlich vertreten ließ, erging am 29. Mai 2000 im schriftlichen Verfahren Versäumnisurteil, das beiden Parteien am 6. Juni 2000 zugestellt und nach Ablauf der Einspruchsfrist rechtskräftig wurde. Von der Zustellung des Versäumnisurteils informierte die HMV die Beklagte nicht. Die HMV wurde zur Zahlung eines Teilbetrages von 1.116.799 DM nebst Zinsen verurteilt. Ferner wurde festgestellt, dass sie jeden weiteren Schaden zu ersetzen habe, den die V. AG und die A. AG gegen die Klägerin wegen der Ablösung der Graphitbeschichtung der Kolben geltend mache. Aufgrund des Versäumnisurteils ließ die Klägerin die Ansprüche der HMV gegen die Beklagte auf Auszahlung der Versicherungssumme pfänden und sich zur Einziehung überweisen. Dadurch erfuhr die Beklagte vom Erlass des Versäumnisurteils. Mit Schreiben vom 24. Juli 2000 versagte sie den Versicherungsschutz wegen Obliegenheitsverletzung nach § 6 i.V. mit § 5 Nr. 3 AHB mit der Begründung, die HMV habe entgegen ihrer Ankündigung keinen Anwalt mit der Abwehr der Ansprüche beauftragt und sie nicht von der Zustellung des Versäumnisurteils unterrichtet.
5
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Zahlung der vollen Deckungssumme von 11 Mio. DM, hilfsweise die Feststellung, dass die Beklagte ihrer Versicherungsnehmerin wegen des Schadensfalles Deckungsschutz aus beiden Versicherungsverträgen zu gewähren habe. Die Klägerin meint, aufgrund der Abtretung der Versicherungsansprüche vom 30. März 2000 und des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses könne sie die Beklagte unmittelbar auf Zahlung in Anspruch nehmen.
6
Die Beklagte bestreitet die Verursachung des Schadens durch die HMV und beruft sich im Übrigen auf das Abtretungsverbot in § 7 Nr. 3 AHB und weist darauf hin, dass der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss die Versicherungsansprüche nur in Höhe des Zahlungsanspruchs im Versäumnisurteil erfasse. Sie sei, wie im Ablehnungsschreiben vom 24. Juli 2000 ausgeführt, wegen Obliegenheitsverletzung von der Leistungspflicht frei. Die Hinnahme des Versäumnisurteils stelle zudem ein Anerkenntnis dar, das nach § 6 i.V. mit § 5 Nr. 5 AHB zur Leis- tungsfreiheit führe. Der Versicherungsschutz sei im Übrigen nach § 4 I Nr. 1 AHB ausgeschlossen, weil die Freistellung der Klägerin von der Untersuchungs- und Rügepflicht nach § 377 HGB die Haftung der HMV über den gesetzlichen Umfang hinaus erweitert habe. In der die Produkthaftpflicht einschließenden Versicherung mit der Endnummer 095 bestehe wegen verspäteter Zahlung der Erstprämie kein Versicherungsschutz. Schließlich sei sie wegen Versäumung der Frist des § 12 Abs. 3 VVG leistungsfrei.
7
Das Landgericht hat dem Zahlungsantrag in Höhe von 1.116.779 DM nebst Zinsen und dem hilfsweise gestellten Feststellungsantrag mit Ausnahme solcher Ansprüche stattgegeben, die Schäden an den von der HMV bearbeiteten Kolben selbst betreffen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin die geltend gemachten Ansprüche in vollem Umfang weiter.

Entscheidungsgründe:


8
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
9
Das I. Oberlandesgericht hält die Beklagte wegen vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung nach § 6 i.V. mit § 5 Nr. 3 und 5 AHB für leistungsfrei.
10
Die HMV habe die Weisung der Beklagten gemäß § 5 Nr. 3 AHB nicht beachtet, als sie das Versäumnisurteil vom 29. Mai 2000 gegen sich ergehen und nachfolgend habe rechtskräftig werden lassen. Darin liege zugleich ein Verstoß gegen das Anerkenntnisverbot nach § 5 Nr. 5 AHB. Aufgrund der Beweisaufnahme stehe fest, dass die Beklagte die HMV angewiesen habe, kein Versäumnisurteil gegen sich ergehen zu lassen. Die Beklagte habe Versicherungsschutz nicht verweigert, sondern im Schreiben vom 16. Mai 2000 ausdrücklich bestmögliche Unterstützung zugesagt. Das weisungswidrige Verhalten der HMV, nämlich Nichteinschalten eines Rechtsanwalts, Nichtanzeige der Verteidigungsbereitschaft und Rechtskräftigwerdenlassen des Versäumnisurteils, verliere seine Eigenschaft als Obliegenheitsverletzung entgegen der Ansicht der Klägerin nicht deshalb, weil die Beklagte abweichend von § 3 II AHB die Prozessführung vollständig auf die HMV übertragen hätte. Sie habe der HMV lediglich die Auswahl des Rechtsanwalts überlassen, um dem von ihr für möglich gehaltenen Vorwurf zu entgehen, durch die Wahl eines möglicherweise ungeeigneten Rechtsanwalts zu einem denkbaren existenzbedrohenden Prozessverlust beigetragen zu haben.
11
Das II. hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat, wie die Revision zutreffend ausführt, den Inhalt der Leistungspflicht der Beklagten einerseits und der Obliegenheiten der HMV andererseits verkannt.
12
1. a) Die Leistungspflicht der Beklagten umfasst - wie allgemein in der Haftpflichtversicherung - nach § 3 II Nr. 1 AHB die Prüfung der Haftpflichtfrage , die Abwehr unberechtigter Ansprüche sowie den Ersatz der Entschädigung, welche der Versicherungsnehmer aufgrund eines von dem Versicherer abgegebenen oder genehmigten Anerkenntnisses, eines von ihm geschlossenen oder genehmigten Vergleichs oder einer richterlichen Entscheidung zu zahlen hat. Die Abwehr unberechtigter Ansprüche (Rechtsschutzverpflichtung) ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ebenso wie die Befriedigung begründeter Haftpflichtansprüche eine mit dieser gleichrangige Hauptleistungspflicht des Versicherers und nicht nur eine untergeordnete Nebenpflicht (BGHZ 119, 276, 281; Urteile vom 21. Januar 1976 - IV ZR 123/74 - VersR 1976, 477 unter I und vom 20. Februar 1956 - II ZR 6/55 - VersR 1956, 186 unter 2). Der Versicherer hat nicht das Recht, die mit der Abwicklung der Haftpflichtverbindlichkeiten verbundenen Mühen und Kosten auf den Versicherten abzuwälzen (BGHZ 15, 154, 159). Den Inhalt der Rechtsschutzverpflichtung hat der Senat in dem Urteil in BGHZ (119 aaO) wie folgt beschrieben: "Will er (der Versicherer) den Anspruch bestreiten, so muss er alles tun, was zu dessen Abwehr notwendig ist; er allein trägt die aus der Prüfung und Abwehr folgende Arbeitslast und Verantwortung. Demgemäß hat er im Haftpflichtprozess die Interessen des Versicherten so zu wahren, wie das ein von diesem beauftragter Anwalt tun würde. Weil grundsätzlich sein Abwehrinteresse dem des Versicherten entspricht, ist das im Regelfall unproblematisch. Wegen des umfassend versprochenen Rechtsschutzes gilt das aber sogar dann, wenn eine Kollision zwischen den Interessen des Versicherten und denen des Versicherers einmal nicht zu vermeiden ist. In diesem Fall muss der Versicherer seine eigenen Interessen hintanstellen. Nur diese weite Auslegung des Leistungsversprechens kann den mit der Haftpflichtversicherung bezweckten Schutz gewährleisten."
13
umfassende Die Verantwortlichkeit des Versicherers für die Abwehr des Haftpflichtanspruchs ergibt sich insbesondere für den Fall des Rechtsstreits unmissverständlich aus weiteren Klauseln der Allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (z.T. anders in der Vermögensschaden -Haftpflichtversicherung, vgl. Voit/Knappmann in Prölss/ Martin, VVG 27. Aufl. AVBVermögen/WB § 5 Rdn. 3 § 1 Rdn. 1). Nach § 3 II Nr. 3 AHB führt der Versicherer den Rechtsstreit im Namen des Versicherungsnehmers auf seine Kosten. Den Versicherungsnehmer trifft die Obliegenheit, die Prozessführung dem Versicherer zu überlassen, dem von dem Versicherer bestellten oder bezeichneten Anwalt Vollmacht und alle von diesem oder dem Versicherer für nötig gehaltenen Aufklärungen zu geben (§ 5 Nr. 4 AHB). Zur Disposition über den Haftpflichtanspruch durch Anerkenntnis oder Befriedigung ist der Versicherungsnehmer ohne vorherige Zustimmung des Versicherers nicht berechtigt (§ 5 Nr. 5 AHB). Nach § 5 Nr. 7 AHB gilt der Versicherer als bevollmächtigt, alle zur Beilegung oder Abwehr des Anspruchs ihm zweckmäßig erscheinenden Erklärungen im Namen des Versicherungsnehmers abzugeben (vgl. dazu Senatsurteil vom 11. Oktober 2006 - IV ZR 329/05 - VersR 2006, 1676 unter II 2 c). Wird gegen den Versicherungsnehmer ein Anspruch gerichtlich geltend gemacht, hat er dies dem Versicherer nur unverzüglich anzuzeigen (§ 5 Nr. 2 Abs. 4 AHB), alles Weitere ist Sache des Versicherers, insbesondere die Auswahl und Beauftragung des Rechtsanwalts auf seine Kosten (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 1963 - II ZR 71/61 - VersR 1963, 421 unter III).
14
b) Der Versicherer, der seiner so beschriebenen Rechtsschutzverpflichtung nicht nachkommt, verhält sich vertragswidrig.
15
aa) Ist der Versicherer von seiner Leistungsfreiheit überzeugt und lehnt er den Deckungsschutz vorbehaltlos ab, lässt er dem Versicherungsnehmer konkludent zur Regulierung freie Hand und gibt seine umfassende Dispositionsbefugnis über das Haftpflichtverhältnis auf (BGHZ 119, 276, 282). Die Gefahr, bei dieser freien Entscheidung die Deckungspflicht unrichtig zu beurteilen, kann er nicht auf den Versicherungsnehmer abwälzen. Er kann nicht gleichzeitig einerseits sich seiner vertraglichen Hauptpflicht entledigen, den Versicherungsnehmer von der Führung und den Folgen des Haftpflichtprozesses zu befreien, und andererseits dennoch in Anspruch nehmen, an das Ergebnis des notgedrungen vom Versicherungsnehmer allein geführten Haftpflichtprozesses nicht gebunden zu sein. Nach Leistungsablehnung hat der Versicherungsnehmer auch keine Obliegenheiten mehr zu erfüllen (BGHZ 107, 368, 370 f.; BGH, Urteile vom 7. November 1966 - II ZR 12/65 - VersR 1967, 27 unter III und vom 21. Februar 1963 aaO; Prölss in Prölss/Martin , aaO § 6 Rdn. 33).
16
bb) Hat der Versicherer ernsthafte Anhaltspunkte für seine Leistungsfreiheit , kann er aber wegen noch unklarer Sachlage darüber nicht abschließend befinden, muss er sich entscheiden, ob er Deckungsschutz gewährt oder nicht, und seine Entscheidung dem Versicherungsnehmer bekannt geben. Der Versicherer kann seiner Rechtsschutzverpflichtung in einer solchen Lage auch dadurch genügen, dass er den Rechtsschutz übernimmt unter dem Vorbehalt, die Deckung je nach dem Ausgang des Haftpflichtprozesses abzulehnen (BGH, Urteile vom 20. September 1978 - IV ZR 57/77 - VersR 1978, 1105 unter I und vom 7. November 1966 aaO).
17
Dagegen cc) stellt es keine ordnungsgemäße Erfüllung der Rechtsschutzverpflichtung dar, wenn der Versicherer dem Versicherungsnehmer gegenüber leistungsbefreiende Umstände ins Feld führt, den Versicherungsnehmer aber im Unklaren darüber lässt, ob er Deckungsschutz erhält. Seine Entscheidung darüber hat der Versicherer dem Versicherungsnehmer unverzüglich, spätestens aber dann mitzuteilen , wenn er die Anzeige von der gerichtlichen Geltendmachung des Haftpflichtanspruchs nach § 5 Nr. 2 Abs. 4 AHB erhalten hat. Der Versicherer weiß, dass jedenfalls ab diesem Zeitpunkt dringender Handlungsbedarf besteht, weil dem Versicherungsnehmer allein wegen Fristablaufs Rechtsnachteile in Gestalt eines Vollstreckungsbescheids oder Versäumnisurteils drohen. Deshalb hat der Versicherer dem Versicherungsnehmer rechtzeitig unmissverständlich zu erklären, ob er den bedingungsgemäß geschuldeten Rechtsschutz gewährt, gegebenenfalls unter dem Vorbehalt, später je nach dem Ausgang des Haftpflichtprozesses Leistungsfreiheit geltend zu machen. Gibt der Versicherer eine solche Erklärung nicht ab, nimmt er seine Pflicht zur Abwehr des Anspruchs nicht wahr und gibt damit zugleich seine Dispositionsbefugnis über das Haftpflichtverhältnis auf. Er ist deshalb, solange er seiner Rechtsschutzverpflichtung nicht bedingungsgemäß nachkommt, so zu behandeln, als habe er dem Versicherungsnehmer zur Regulierung freie Hand gelassen. Der Versicherungsnehmer ist demgemäß auch nicht mehr obliegenheitsgebunden. Die Versicherungsbedingungen gestatten es dem Versicherer nicht, sich einer klaren Entscheidung über seine Verpflichtung zum Rechtsschutz zu enthalten, den Versicherungsnehmer darüber im Ungewissen zu lassen und die Arbeits- und Kostenlast sowie das Risiko des Prozessverlustes einseitig auf ihn abzuwälzen, sich aber gleichwohl vorzubehalten , an die Regulierungsentscheidung des Versicherungsnehmers nicht gebunden zu sein, ihn an seinen Obliegenheiten festzuhalten und sich über die vertraglich vereinbarten Obliegenheiten hinaus wegen mangelhafter oder weisungswidriger Prozessführung auf Leistungsfreiheit zu berufen.
18
c)DenParteien des Versicherungsvertrages ist es allerdings nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit nicht verwehrt, nach Erhebung des Anspruchs auf Deckungsschutz von den Bedingungen abweichende Vereinbarungen darüber zu treffen, wie die Leistungspflicht des Versicherers erfüllt werden soll. Dabei ist jedoch zu beachten, dass der Versicherer nach Treu und Glauben gehalten ist, seine überlegene Sach- und Rechtskenntnis nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers auszunutzen. Die Abwehrfunktion der Haftpflichtversicherung ist unter den Versicherungsnehmern nicht immer genügend bekannt (Littbarski, Haftpflichtversicherung Vorbemerkungen Rdn. 48). Insbesondere ist für den Versicherungsnehmer nur schwer durchschaubar, was die Abwehrverpflichtung im Einzelnen bedeutet. Gewährt der Versicherer Versicherungsschutz , will er aber die Abwehr des Anspruchs (ganz oder teilweise) in die Hand des Versicherungsnehmers legen, hat er darüber aufzuklären, dass die Gewährung von Rechtsschutz nach dem Vertrag Sache des Versicherers ist, er den Prozess zu führen und den Anwalt auszuwählen, zu beauftragen und zu bezahlen hat (vgl. zu Vereinbarungen über die Leistungspflicht in der Berufsunfähigkeitsversicherung die Senatsurteile vom 7. Februar 2007 - IV ZR 244/03 - zur Veröffentlichung vorgesehen - und vom 12. November 2003 - IV ZR 173/02 - VersR 2004, 96 unter II 1 b). Nur so ist der Versicherungsnehmer in der Lage, verantwortlich darüber zu entscheiden, auf welche Beschränkungen seiner vertraglichen Rechte er sich einlassen will. Übernimmt der Versicherungsnehmer vereinbarungsgemäß die Prozessführung, gilt für eine Verletzung von Sorgfaltspflichten dann nicht das Recht der Obliegenheiten, sondern das allgemeine Schadensersatzrecht (Voit/Knappmann in Prölss/Martin, aaO § 5 AHB Rdn. 2). Denn insoweit hat er sich nur verpflichtet, die Aufgabe des Versicherers zu übernehmen.
19
Die 2. Beklagte hat ihre Pflicht zur Abwehr des Haftpflichtanspruchs in grober Weise verletzt und ist deshalb so zu behandeln, als habe sie der HMV freie Hand zur Regulierung gelassen. Demgemäß ist sie an das rechtskräftige Versäumnisurteil gebunden und kann sich nicht auf Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung nach § 6 i.V. mit § 5 Nr. 3 und Nr. 5 AHB berufen. Auch der Vorwurf, die HMV habe in kollusivem Zusammenwirken mit der Klägerin die Beklagte vorsätzlich geschädigt , ist nicht berechtigt.
20
a) Die HMV hatte ihre Obliegenheiten zur Anzeige des Versicherungsfalles und der gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs rechtzeitig und vollständig erfüllt. Sie hatte damit alles getan, damit die Beklagte ihrer Verpflichtung nachkommen konnte, einen Rechtsanwalt auszuwählen und zu beauftragen und den Prozess im Namen der HMV zu führen. Diese wäre auf Verlangen der Beklagten gehalten gewesen, dem Anwalt Vollmacht und die nötige Aufklärung zu erteilen. Im Schreiben vom 8. Mai 2000, dem die Klageschrift beigefügt war, hat die HMV in laienhafter Weise um Unterstützung, also für die Beklagte erkennbar um Deckungsschutz gebeten. Beim Telefongespräch vom 17. Mai 2000 hat der Geschäftsführer der HMV den Sachbearbeiter der Beklagten, den Zeugen de J. , erneut um Rechtsschutz gebeten, wie dessen Aussage vor dem Oberlandesgericht zu entnehmen ist.
21
b) Diesem Ersuchen gegenüber hat sich die Beklagte pflichtwidrig verhalten. Sie hat sich bei der Betriebs-/Produkthaftpflichtversicherung ersichtlich zu Unrecht auf Leistungsfreiheit wegen verspäteter Zahlung des Erstbeitrags berufen (dazu unten III. 1.). Weiterhin hat sie sich ersichtlich zu Unrecht auf Leistungsfreiheit nach § 4 I Nr. 1 AHB wegen der Befreiung der Klägerin von der Untersuchungs- und Rügepflicht nach § 377 HGB berufen (dazu unten III. 2.). Im Schreiben vom 16. Mai 2000 hat die Beklagte zwar bestmögliche Unterstützung zugesagt, die HMV aber bedingungswidrig angewiesen, selbst einen Anwalt mit der Wahrnehmung ihrer rechtlichen Interessen zu beauftragen. Die bestmögliche und allein vertragsgemäße Unterstützung hätte darin bestanden, dass die Beklagte den Anwalt beauftragt und die Prozessführung übernimmt. Bei dem Telefongespräch vom 17. Mai 2000 hat der Geschäftsführer der HMV den Sachbearbeiter der Beklagten gefragt, wie sich aus dessen Zeugenaussage ergibt, ob nicht die Beklagte den Rechtsanwalt bestellen und einen Spezialisten benennen könne. Dies hat der Zeuge mit der Begründung abgelehnt, er habe einen solchen auch nicht nennen können. Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Zeuge, Abteilungsleiter der Beklagten und selbst Rechtsanwalt, dazu nicht in der Lage gewesen ist. Diese erneute Weigerung der Beklagten, selbst einen Anwalt zu beauftragen oder auch nur zu benennen, schließt es aus, darin ein Angebot auf Abschluss einer Vereinbarung zu sehen, die Auswahl des Anwalts der HMV zu überlassen. Die Beklagte hat vielmehr wie schon im Schreiben vom 16. Mai 2000 die Auswahl und die Beauftragung des Anwalts vertragswidrig einseitig der HMV zugeschoben. Der Zeuge de J. hat dies damals selbst so gesehen. In seinem Aktenvermerk vom 19. Juni 2000 über das Gespräch vom 17. Mai 2000 ist nicht von einer einvernehmlichen Regelung die Rede, sondern von einer "Entscheidung" der Beklagten, mit der der Geschäftsführer der HMV "nicht ganz glücklich" gewesen sei, sie also nur notgedrungen hingenommen hat. Auch das Berufungsgericht stellt kein Einvernehmen fest, sondern spricht von Weisungen der Beklagten und wertet die Nichteinschaltung eines Anwalts als weisungswidriges Verhalten der HMV. Fehlt es schon an einer Vereinbarung , kommt es nicht mehr darauf an, dass die Beklagte sich darauf mangels der gebotenen Aufklärung (s.o. unter II 1 c) nicht zum Nachteil der HMV berufen könnte.
22
c) Dieses Verhalten der Beklagten legt es nahe, darin schon eine verschleierte Ablehnung des Deckungsschutzes zu sehen mit den sich daraus ergebenden Folgen. So hat es der Geschäftsführer der HMV nach seinen Bekundungen auch verstanden.
23
Jedenfalls aber hat die Beklagte in einem Zeitpunkt, in dem dringender Handlungsbedarf bestand, der HMV nicht unmissverständlich erklärt , ob sie ihre Rechtsschutzverpflichtung erfüllt oder dies ablehnt. Sie hat damit die Arbeits- und Kostenlast und das Risiko des Prozessverlustes einseitig auf die HMV abgewälzt. Den Weg, sich gleichwohl wegen weisungswidriger Prozessführung auf Leistungsfreiheit berufen zu können , konnte sie sich damit nicht frei halten.
24
III. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen ganz oder teilweise als richtig dar.
25
1. Die Beklagte beruft sich zu Unrecht auf Leistungsfreiheit wegen verspäteter Zahlung der Erstprämie in der Betriebs-/Produkthaftpflichtversicherung , bei der der Versicherungsfall vor Zahlung der Erstprämie eingetreten sein soll. Das Landgericht hat die Berufung auf Leistungsfreiheit mit Recht an der fehlenden Belehrung scheitern lassen. Der Versicherungsantrag stammt vom 17. Dezember 1998, ab 1. Januar 1999 hatte die Beklagte unstreitig vorläufige Deckung zugesagt. Der Versicherungsschein ist erst mit Schreiben vom 4. Oktober 1999 übersandt worden. Die Rechnung selbst enthält nicht einmal einen Hinweis darauf, bis wann die Erstprämie zu zahlen ist, naturgemäß deshalb auch keine Belehrung über die Folgen verspäteter Zahlung. Im Versicherungsschein ist nur die übliche erweiterte Einlösungsklausel enthalten, wonach der Versicherungsschutz erst mit Zahlung der Erstprämie beginnt. Sollte also der materielle Versicherungsschutz aus dem Hauptvertrag erst mit Zahlung der Erstprämie, wie üblich, beginnen, endete auch die vorläufige Deckung erst in diesem Zeitpunkt. Eine Belehrung darüber, welche Rechtsfolgen eine verspätete Prämienzahlung für die vorläufige Deckung hat, ist nicht erteilt worden. Deshalb kann sich die Beklagte, wie ihrem Sachbearbeiter hätte bekannt sein müssen, nicht auf Leistungsfreiheit nach § 38 Abs. 2 VVG berufen (st. Rsp. des Senats, zuletzt Urteil vom 26. April 2006 - IV ZR 248/04 - VersR 2006, 913 unter II 2; zum Beginn des materiellen Versicherungsschutzes erst mit Zahlung der Erstprämie BGHZ 47, 352, 354 und Senatsurteil vom 25. Januar 1995 - IV ZR 328/93 - VersR 1995, 409 unter 2 b aa). Die vorläufige Deckung endete nicht schon mit dem formellen Versicherungsbeginn, also dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses.
26
2. Die Beklagte hält sich zu Unrecht nach § 4 I Nr. 1 AHB für leistungsfrei , weil die HMV die Klägerin von der Untersuchungs- und Rügepflicht nach § 377 HGB befreit hat und dadurch eine über den Umfang der gesetzlichen Haftpflicht hinausgehende Zusage gemacht habe. Das Waschen der Kolben ist ein reiner Werkvertrag. Darauf sind die §§ 377, 381 Abs. 2 HGB nicht anzuwenden (BGH, Urteile vom 9. Oktober 2001 - X ZR 58/00 - CR 2002, 93 unter II 2 und 3 und vom 4. Februar 1992 - X ZR 105/90 - NJW-RR 1992, 626 unter I 2). Auch dies hätte der Sachbearbeiter der Beklagten ohne weiteres feststellen können.
27
3. Die Beklagte ist auch nicht nach § 12 Abs. 3 VVG leistungsfrei. Die Klägerin klagt in zulässiger Weise auf Feststellung der Deckungspflicht der Beklagten (vgl. Senatsurteil vom 15. November 2000 - IV ZR 223/99 - VersR 2001, 90 unter 2 a). Diese rechtzeitig erhobene Klage hat die Frist gewahrt (siehe dazu auch Voit/Knappmann, aaO § 156 Rdn. 1 und Langheid in Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 156 Rdn. 1). Dem Landgericht ist auch in diesem Punkt zuzustimmen.
28
4. Die Abtretungserklärung der HMV vom 30. März 2000 enthält kein verbotenes Anerkenntnis, sondern beschreibt nur den Haftungsgrund , wie das Landgericht auf S. 20 seines Urteils zutreffend ausgeführt hat.
29
IV. Im Übrigen ist die Sache mangels ausreichender Feststellungen des Berufungsgerichts nicht entscheidungsreif und deshalb zurückzuverweisen.
30
Antrag Zum der Klägerin auf Zahlung in Höhe der vollen Deckungssumme wird auf Folgendes hingewiesen:
31
Auf Zahlung kann die Klägerin die Beklagte nur in Anspruch nehmen , wenn sie durch Pfändung und Überweisung oder Abtretung an die Stelle des Versicherungsnehmers getreten ist, also Haftpflichtanspruch und Versicherungsanspruch sich bei ihr in einer Hand vereinigt haben (vgl. Senatsurteile vom 13. Februar 1980 - IV ZR 39/78 - VersR 1980, 522 unter I; vom 12. März 1975 - IV ZR 102/74 - VersR 1975, 655 unter 1 und vom 17. März 2004 - IV ZR 268/03 - VersR 2004, 634 unter II 2).
32
1. Das ist hier hinsichtlich des Zahlungsausspruchs des Versäumnisurteils im Haftpflichtprozess i.V. mit dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss der Fall. Der Feststellungsausspruch des Versäumnisurteils im Haftpflichtprozess ist nicht vollstreckungsfähig, kann also nicht zu einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss führen.
33
2. Die Abtretung vom 30. März 2000 verstößt gegen das Abtretungsverbot des § 7 Nr. 3 AHB. Die Ablehnung des Deckungsschutzes mit Schreiben vom 24. Juli 2000 ist keine endgültige Feststellung des Versicherungsanspruchs, um den allein es geht (Senatsurteil vom 26. März 1997 - IV ZR 137/96 - VersR 1997, 1088 unter 5 c). Das Abtretungsverbot kann nicht durch gewillkürte Prozessstandschaft umgangen werden. Ob die Berufung der Beklagten auf das Abtretungsverbot rechtsmissbräuchlich ist, lässt sich noch nicht abschließend beurteilen.
34
Das Abtretungsverbot scheitert nicht an § 354a HGB, weil es sich bei dem Anspruch auf Deckungsschutz in der Haftpflichtversicherung nicht um eine Geldforderung handelt (vgl. MünchKomm-HGB/Karsten Schmidt, § 354a Rdn. 6).
Terno Seiffert Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch

Vorinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 19.10.2001 - 9 O 11050/00 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 16.06.2003 - 8 U 3959/01 -

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird unter deren Zurückweisung im Übrigen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 01.12.2004 - 10 O 484/04 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, aus dem Haftpflichtversicherungsvertrag dem mitversicherten Sohn des Klägers Ch. Deckungsschutz für das Schadensereignis vom 14.10.2003 Deckungsschutz zu gewähren.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte 80 % und der Kläger 60 % mit Ausnahme der vom Kläger zu tragenden Mehrkosten, die durch die Anrufung des unzuständigen Landgerichts Chemnitz entstanden sind.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 9.125 EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die zulässige Berufung hat nur teilweise Erfolg.
I.
Der Kläger verlangt von der Beklagten Leistung aus einer Familienprivathaftpflichtversicherung. Der Sohn des Klägers hatte am 14.10.2003 als Berufsschüler aus dem Rucksack eines Mitschülers eine Flasche Reizgasspray gezogen und den Inhalt ziellos im Unterrichtsraum versprüht. Die Lehrerin atmete das Gas ein. Als Asthmatikerin litt sie kurz darauf unter Atemnot. Es entwickelte sich eine Lungenentzündung, die zu einer mehrmonatigen Arbeitsunfähigkeit der Lehrerin führte. Der Sohn des Klägers wird wegen des Vorfalls vom Freistaat Sachsen auf Schadensersatz hinsichtlich der gewährten Lohnfortzahlung in Anspruch genommen. Außerdem rechnet der Kläger mit einer Schadensersatz- und Schmerzensgeldklage der Lehrerin.
Wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Das Landgericht Karlsruhe hat auf Antrag des Klägers festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Schäden zu tragen, die der Sohn des Klägers am 14.10.2003 durch das Versprühen von Reizgas in der Berufsschule Chemnitz verursacht hat.
Das Landgericht war der Auffassung, dass der Sohn des Klägers den Schaden lediglich fahrlässig verursacht habe. Die Beklagte habe nicht nachgewiesen, dass er gewusst habe, dass in der Sprühdose Reizgas sei. Unstreitig sei der Sohn des Klägers in der vorangegangenen Stunde von seinem Mitschüler mit einem Deo besprüht worden. Da der Klassenraum zum Tatzeitpunkt abgedunkelt gewesen sei, könne die Einlassung des Klägers nicht widerlegt werden, dass sein Sohn davon ausgegangen sei, dass es sich bei der aus dem Rucksack gezogenen Dose um das betreffende Deo gehandelt habe. Außerdem habe die Beklagte nicht nachgewiesen, dass der Sohn des Klägers auch den konkreten Schaden seiner Lehrerin vorsätzlich herbeigeführt habe.
Mit ihrer Berufung will die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage erreichen. Der Feststellungsantrag sei nicht zulässig, da wegen der bereits eingereichten Klage des Freistaates Sachsen ein bezifferter Leistungsantrag gestellt werden könne. Es sei abwegig, dass der Sohn des Klägers als professioneller Body - Guard das Reizgasspray nicht erkannt haben will. Eine Verwechslung mit einem Deo - Spray sei schon wegen der Form der Dose und der Art des Verschlusses ausgeschlossen. Im Übrigen müsse der Sohn des Klägers bei fahrlässiger Begehungsweise nicht haften, da dann der Haftungsausschluss nach §§ 104 ff SGB VII zu seinen Gunsten eingreifen würde. Mithin scheide eine Leistungspflicht der Beklagten von vorneherein aus.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 01.12.2004 wird abgeändert und die Klage abgewiesen.
10 
Der Kläger begehrt Zurückweisung der Berufung unter Beibehaltung seines erstinstanzlichen Klageantrags und beantragt hilfsweise
11 
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, für das Schadensereignis vom 14.10.2003 Deckungsschutz zu gewähren und die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
12 
Wegen der Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.
13 
II.
A.
14 
Das Landgericht hat dem erstinstanzlichen Klagantrag, der auch nach Hinweis des Senats als Hauptantrag weiter verfolgt wird, zu Unrecht stattgegeben.
15 
Eine Verpflichtung der Beklagten, ohne Rücksicht auf eine Haftung des Versicherten die vom Sohn des Klägers am 14.03.2003 „verursachten Schäden zu tragen“, kann dem Versicherungsvertrag zwischen den Parteien nicht entnommen werden. Im Haftpflichtversicherungsrecht kann der Versicherungsnehmer im Allgemeinen vom Versicherer nicht Befriedigung des Haftpflichtgläubigers verlangen. Dem Haftpflichtversicherer steht es vielmehr frei, ob er die gegen seinen Versicherungsnehmer geltend gemachten Haftpflichtansprüche erfüllen oder den Versuch einer Abwehr dieser Ansprüche machen will. Selbst eine Klage auf Befreiung von der Haftpflichtverbindlichkeit, dh. also auf Befriedigung des Haftpflichtgläubigers, kommt demnach in der Regel nur dann in Betracht, wenn das Bestehen des Haftpflichtanspruchs rechtskräftig festgestellt ist (vgl. § 156 Abs. 2 VVG). Solange dies nicht der Fall ist, klagt der Versicherungsnehmer richtigerweise auf Feststellung, dass der Versicherer wegen einer, im einzelnen genau zu bezeichnenden Haftpflichtforderung Versicherungsschutz zu gewähren habe (Senat OLGR Karlsruhe 2003, 179; BGHZ 79, 76; OLG Koblenz RuS 2000, 279).
B.
16 
Mit seinem auf Feststellung der Verpflichtung zur Gewährung von Deckungsschutz gerichteten Hilfsantrag hat der Kläger allerdings Erfolg. Gegen den Sohn des Klägers werden Haftpflichtansprüche geltend gemacht, für die bedingungsgemäß Versicherungsschutz zu leisten ist.
17 
Aus den unter A. genannten Besonderheiten des Haftpflichtversicherungsrechts ergibt sich zugleich das Feststellungsinteresse des Klägers gem. § 256 ZPO (Senat a.a.O.; vgl. auch: Littbarski, AHB, § 3 Rdn. 127f).
18 
Der Einwand der Beklagten, für den Sohn des Klägers greife im Verhältnis zur Geschädigten bzw. zum Anspruchsteller der Haftungsausschluss der §§ 104 ff SGB VII, ist unerheblich. Grundsätzlich hat der Versicherte einen fälligen Anspruch auf Gewährung von Haftpflichtversicherungsschutz bereits dann, wenn er von einem Dritten auf Schadenersatz in Anspruch genommen wird, wobei es nicht darauf ankommt, ob der Haftpflichtanspruch begründet ist oder nicht. Das danach bestehende Verbot, im Deckungsschutz bereits zu prüfen, ob eine Haftungslage gegeben ist, ist schon deshalb notwendig, weil es Aufgabe des Haftpflichtversicherungsschutzes ist, nicht nur festzustellen, ob der Versicherer Befreiung von begründeten Ersatzansprüchen schuldet, sondern vor allem auch, dass er die Abwehr von unbegründeten Ansprüchen in eigener Zuständigkeit herbeizuführen hat. Diese notwendige Aufspaltung des Haftungsdreiecks in die Klärung der Haftpflichtlage im Haftpflichtprozess und der Deckungslage im Deckungsklageprozess führt grundsätzlich dazu, dass im Versicherungsschutzprozess nicht geprüft werden darf, ob der Anspruch des Geschädigten begründet ist oder nicht (OLGR Frankfurt 1998, 344).
19 
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist sie auch nicht wegen vorsätzlicher Schadensherbeiführung leistungsfrei. Hierbei kann dahinstehen, ob der Sohn des Klägers tatsächlich nicht wusste, dass es sich bei der Dose um Reizgas gehandelt hat. Jedenfalls hat er den Schaden nicht vorsätzlich gem. § 4 Abs. II Nr. 1 Satz 1 AHB, 152 VVG verursacht. Gemäß dieser Klausel bleiben von der Versicherung ausgeschlossen Versicherungsansprüche aller Personen, die den Schaden vorsätzlich herbeigeführt haben. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und allgemeiner Auffassung muss der Vorsatz im Sinne dieser Bestimmung anders als bei § 823 Abs. 1 BGB nicht nur die haftungsbegründende Verletzungshandlung, sondern auch die Verletzungsfolgen umfassen (Senat OLGR Karlsruhe 1998, 181; ZfSch 1996, 384 BGH, VersR, NJW-RR 1998, 1321; Knappmann in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 4 AHB Rdn. 82). Das schließt es aus, dem Versicherungsnehmer Schadensfolgen zuzurechnen, die er nicht oder nicht in ihrem wesentlichen Umfang als möglich erkannt und für den Fall ihres Eintritts gewollt oder im Sinne bedingten Vorsatzes billigend in Kauf genommen hat (vgl. BGHZ 75, 328, 332 f.). Tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Sohn des Klägers mit der Asthmaerkrankung seiner Lehrerin rechnete und den schwerwiegenden Krankheitsverlauf in seinen wesentlichen Zügen vorhergesehen hat, lassen sich weder dem Vortrag der Beklagten im Berufungsverfahren, noch der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Chemnitz entnehmen. Nachdem der Sohn des Klägers mit dem Reizgas niemanden gezielt ansprühte, sondern das Gas ziellos im Raum verteilte und sich somit selbst der Reizgaswolke aussetzte, ist ein auf so gravierende Folgen gerichteter Verletzungsvorsatz des jungen Mannes vielmehr unwahrscheinlich.
20 
III.
21 
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus §§ 92, 97 ZPO. Die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 265/06
vom
22. Juli 2009
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, die Richterin Dr. Kessal-Wulf
und den Richter Felsch
am 22. Juli 2009

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 27. September 2006 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Streitwert der Rechtsmittelverfahren: 95.819,19 € (119.773,99 € abzüglich 20%)

Gründe:


1
Die Beschwerde ist zurückzuweisen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. Die von den Vorinstanzen getroffene Feststellung , dass die Beklagte verpflichtet ist, ihrer Versicherungsnehmerin im Rahmen der bei ihr abgeschlossenen Verkehrshaftungspolice bedingungsgemäß Deckung anlässlich der beiden Schadensfälle zu gewähren, ist auch richtig.
2
Beschwerde Die hält die Frage für rechtsgrundsätzlich, ob dem Gläubiger des Versicherungsnehmers im Verhältnis zu dem Versicherer weitergehende Rechte zustehen können als dem Versicherungsnehmer selbst. Auf diese Frage kommt es nicht an. In der Haftpflichtversicherung kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und einhelliger Meinung in der Literatur auch der Geschädigte ein eigenes, aus der Sozialbindung der Haftpflichtversicherung folgendes rechtliches Interesse i.S. von § 256 Abs. 1 ZPO an der Feststellung haben, dass der Versicherer dem Schädiger Deckungsschutz zu gewähren habe (Senatsurteil vom 15. November 2000 - IV ZR 223/99 - VersR 2001, 90 unter 2 m.w.N.). In dem Urteil ist beispielhaft und nicht abschließend aufgeführt, unter welchen Voraussetzungen ein Feststellungsinteresse des Geschädigten angenommen werden kann. Es ist auch dann gegeben, wenn der Versicherer auf Anfrage des Geschädigten, ob Versicherungsschutz bestehe, keine oder keine eindeutige Antwort gibt oder die Auskunft verweigert (Späte , Haftpflichtversicherung § 1 Rdn. 199; BK/Baumann, § 149 VVG Rdn. 149; zur Pflicht des Versicherers, sich gegenüber dem Versicherungsnehmer unmissverständlich über seine Leistungspflicht zu erklären vgl. BGHZ 171, 56, 62 ff.).
3
Das ist nach den rechtsfehlerfreien und von der Beschwerde nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hier der Fall. Es hat dem Verhalten der Beklagten bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung mit Recht entnommen, dass sie die Unsicherheit über ihr Eintreten für den Fall der rechtskräftigen Titulierung der Haftpflichtansprüche aufrecht erhalten hat und ungewiss geblieben sei, ob sie bisher nicht vorgebrachte versicherungsrechtliche Einwände nachholen werde. Aus der Gewährung von Rechtsschutz kann nicht auf ihren Willen geschlossen werden, auch die Freistellungsverpflichtung nach § 154 Abs. 1 VVG a.F. zu erfüllen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Dezember 1963 - II ZR 38/61 - VersR 1964, 156 unter III 2). Zweifel daran bestehen auch deshalb, weil die Beklagte geltend macht, die Verjährung des Deckungsanspruchs sei wegen § 12 Abs. 2 VVG a.F. gehemmt. Daraus folgt, dass sie ihrem Versicherungsnehmer gegenüber noch keine abschließende Entscheidung über ihre Deckungspflicht getroffen hat und sich eine Ablehnung noch vorbehält. Darauf deutet auch die Rüge in der Beschwerdebegründung hin, das Berufungsurteil enthalte unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG keine Ausführungen zur Begründetheit des Feststellungsantrags. Diese Rüge hat nur Sinn, wenn dem Deckungsanspruch mit versicherungsrechtlichen Einwendungen entgegengetreten werden soll. Da solche in den Vorinstanzen nicht erhoben wurden, ist die Gehörsrüge weder nachvollziehbar noch begründet.
Terno Seiffert Wendt Dr. Kessal-Wulf Felsch
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 13.12.2005 - 35 O 169/04 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 27.09.2006 - I-18 U 17/06 -

Wer im Zustand der Bewusstlosigkeit oder in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit einem anderen Schaden zufügt, ist für den Schaden nicht verantwortlich. Hat er sich durch geistige Getränke oder ähnliche Mittel in einen vorübergehenden Zustand dieser Art versetzt, so ist er für einen Schaden, den er in diesem Zustand widerrechtlich verursacht, in gleicher Weise verantwortlich, wie wenn ihm Fahrlässigkeit zur Last fiele; die Verantwortlichkeit tritt nicht ein, wenn er ohne Verschulden in den Zustand geraten ist.

Der Versicherer ist nicht zur Leistung verpflichtet, wenn der Versicherungsnehmer vorsätzlich und widerrechtlich den bei dem Dritten eingetretenen Schaden herbeigeführt hat.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.