Oberlandesgericht München Beschluss, 14. Nov. 2018 - 34 Wx 42/18

bei uns veröffentlicht am14.11.2018

Tenor

I. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Amtsgerichts München - Ermittlungsrichter - vom 30. August 2017 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die in München aktive Gruppierung mit der Eigenbezeichnung „Für ... Haus“ betreibt unter der Internetadresse http://f...blogsport.eu eine Homepage, auf der u.a. Berichte über die Aktivitäten der Gruppierung und Aufrufe an Aktivisten veröffentlicht werden.

Nachdem ein von der Gruppierung besetztes Haus im Juli 2017 von der Polizei geräumt worden war, kündigte die Gruppierung im August 2017 auf ihrer Webseite eine Besetzungsaktion in München an, für die sie zur Unterstützung aufrief. Der Eintrag auf der Website lautet wie folgt:

Tag X: Welcome Back Party

Aufruf zum massenhaften Cornern anlässlich der Rückkehr des Für ...Hauses am Tag X.

Das Für ...Haus kommt zurück! Das möchte es natürlich gemeinsam mit euch feiern und lädt daher am Tag X zum massenhaften Cornern vor seiner neuen Heimat.

Was passiert am Tag X?

Am Tag X, irgendwann Ende August, Anfang September, also noch in den Sommerferien, wird das Für ...Haus wieder in München auftauchen. Unmittelbar nach seinem Einzug lädt das Für ... Haus alle seine Unterstützer_innen, Nachbar_innen und sonstigen Interessierten ein, seine Rückkehr beim massenhaften Cornern vor der Tür seines neuen Zuhauses zu feiern. Und natürlich gerne auch in seiner neuen Heimat.

Was sonst noch passiert, das hängt ganz von euch ab.

Wie kann ich helfen?

Du kannst dem Für ... Haus im Vorfeld vor allem bei der Mobilisierung auf den Tag X helfen. Es hat verschiedene Materialien erstellt, mit denen du Werbung für das Für ... Haus und seine Welcome Back Party machen kannst, darunter Flyer, Plakate und Stencils. Aber du kannst auch eigene Materialien erstellen, Transparente malen und aufhängen und dir ganz neue, kreative Aktionsformen ausdenken …

Am 26.8.2017 um 9.30 Uhr stellten Polizeibeamte bei einem leerstehenden Gebäude in München Schmierereien an der Außenfassade, eingeschlagene Fensterscheiben und offenstehende Eingangstüren fest. Bei der Gebäudebegehung wurden u. a. eine Gaspistole, leere Glasflaschen mit in den Flaschenhals gestopften Stofffetzen, Barrikaden in den Treppenhäusern und Matratzen für Schlafgelegenheiten festgestellt, außerdem zahlreiche Papierstücke im DIN A 4-Format, deren Texte an die Polizei gerichtet waren und nach dem aufgedruckten „Impressum“ der Gruppierung „Für ... Haus“ zuzuordnen sind.

Bereits um 1.15 Uhr des 26.8.2017 wurden die Beteiligten zu 1 und 2 im öffentlichen Verkehrsraum einer polizeilichen Kontrolle unterzogen. Sie führten schwarze Wechselkleidung, „Panzertape“, diverse DIN A 4-Zettel mit dem Aufdruck „Eingang“, verfaulte Eier und drei große selbstgeschriebene Banner/Transparente mit sich. Auf einem Banner wurde zur „Welcome-Back-Party“ der Gruppe „Für ... Haus“ eingeladen, über ein anderes Banner war quer in großen Buchstaben das Wort „Besetzt“ geschrieben.

Unter Darlegung dieser Umstände beantragte die zuständige Polizeibehörde, die Beteiligte zu 3, am 30.8.2017 den Erlass eines richterlichen Beschlusses zur Wohnungsdurchsuchung bei beiden Betroffenen zum Zweck der Sicherstellung nach den Vorschriften des Gesetzes über die Aufgaben und Befugnisse der Bayerischen Staatlichen Polizei (Polizeiaufgabengesetz - PAG). Die Umstände würden den dringenden Verdacht begründen, dass sich die Beteiligten zu 1 und 2 in der Gruppierung „Für ... Haus“ engagieren, an Hausbesetzungen in der Vergangenheit beteiligt hätten und an weiteren, angekündigten Hausbesetzungen nicht unwesentlich beteiligen würden. Konkret sei mit einer Besetzungsaktion am anstehenden Wochenende zu rechnen. Die aufgefundenen Gegenstände würden auf eine große kriminelle Energie und ein erhebliches Gewaltpotential, wie es sich in jüngster Vergangenheit anlässlich von Besetzungsaktionen der Gruppierung verwirklicht habe, schließen lassen. Der mit der beantragten Maßnahme verbundene Grundrechtseingriff sei daher verhältnismäßig. Die Durchsuchung ziele auf das Auffinden von näher bezeichneten, sicherzustellenden Gegenständen.

Mit Beschlüssen je vom 30.8.2017 ordnete das Amtsgericht unter zusammenfassender Darstellung dieses Sachverhalts antragsgemäß die Wohnungsdurchsuchung bei den Beteiligten zu 1 und 2 nach folgenden Gegenständen an:

- weitere Hinweise auf eine direkte Verbindung zur Gruppierung „Für ... Haus“

- Pläne und Aufzeichnungen, Videos und Bilder, die auf geplante Hausbesetzungen hindeuten

- in diesem Zusammenhang EDV-Anlagen, Mobiltelefone sowie Speichermedien

- Utensilien, die bei einer Hausbesetzung Verwendung finden, wie Sperrwerkzeuge, Schlösser, Ketten und Transparente

- außerdem Gegenstände, die zur Herstellung von Brandsätzen, z. B. Molotowcocktails, verwendet werden können

- sowie Waffen und gefährliche Werkzeuge.

Die Sicherstellung dieser Gegenstände wurde angeordnet.

Die Prüfung der konkreten Sachlage habe ergeben, dass das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr mit Blick auf die Schutzwürdigkeit der gefährdeten Rechtsgüter und der verfassungsrechtlichen Pflicht des Staates zu deren Schutz die grundrechtlich geschützten Interessen der Betroffenen überwiege. Die aufgefundenen Gegenstände sprächen dafür, dass von der Gruppierung „Für ... Haus“ eine große kriminelle Energie ausgehe. Von einem Einsatz der aufgefundenen Gegenstände gegen Polizeibeamte bei einer etwaigen Räumung sei auszugehen. Andere Maßnahmen seien nicht erfolgversprechend. Trotz des schwerwiegenden Eingriffs in die Grundrechte sei die Wohnungsdurchsuchung verhältnismäßig.

Am 31.8.2017 ab 6.00 Uhr wurde in Anwesenheit des Beteiligten zu 1 dessen Wohnung durchsucht. Dort wurde Material aufgefunden und sichergestellt, wie es in der Vergangenheit für Hausbesetzungen eingesetzt worden war, u. a. Blankotransparente, schwarze Stofffarbe zum Beschriften sowie Spraydosen; weiter wurde eine Notiz sichergestellt, aus der hervorgeht, dass für das Wochenende eine Hausbesetzungsaktion geplant war. Die gleichzeitig begonnene Durchsuchung an der im Beschluss bezeichneten Adresse des Beteiligten zu 2 wurde beendet, da der Beteiligte zu 2 dort nicht mehr wohnhaft war.

Mit Anwaltsschriftsatz vom 20.9.2017, eingegangen bei Gericht am selben Tag, legte der Beteiligte zu 1 gegen den Durchsuchungsbeschluss Beschwerde ein. Er hält die Anordnung für rechtswidrig; sie habe ihn in seinen Rechten verletzt.

Die Vorschriften der Strafprozessordnung seien gezielt umgangen worden. Die Sachverhaltsschilderung biete keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass der Beteiligte zu 1 Teil der Gruppe „Für ... Haus“ sei und in diesem Rahmen Hausbesetzungen planen würde. Es fehle eine Auseinandersetzung mit der Möglichkeit, dass der Beteiligte zu 1 lediglich zu den Unterstützern der Gruppe gehöre, der deren Aufruf auf der Internetseite („Wie kann ich helfen?“) gelesen habe. Außerdem sei bei vielen Gegenständen, die beschlagnahmt werden sollten, kein Bezug zu einer gegenwärtigen Gefahr gegeben. Weder von Hinweisen auf eine direkte Verbindung zur Gruppierung „Für ... Haus“ noch von EDV-Anlagen, Mobiltelefonen und Speichermedien gehe eine gegenwärtige Gefahr aus. Dass Sperrwerkzeuge, Schlösser und Ketten bei Hausbesetzungen zum Einsatz gekommen seien, sei dem Sachverhalt nicht zu entnehmen. Zudem würden Anhaltspunkte dafür fehlen, dass beim Beteiligten zu 1 Waffen und gefährliche Werkzeuge sowie Gegenstände zur Herstellung von Brandsätzen aufzufinden seien. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Gruppe gewalttätig sei, zumal bei keiner der Besetzungen Personen vor Ort angetroffen worden seien. Der Verdacht, dass „Molotow-Cocktails“ gebaut würden, sei konstruiert.

Die Maßnahme sei darüber hinaus unverhältnismäßig. Ohne Auseinandersetzung mit dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit hätten nach dem Beschluss alle Transparente unabhängig von einem Bezug zu Hausbesetzungen beschlagnahmt werden sollen. Der mit der Beschlagnahme sämtlicher Kommunikationsmittel verbundene Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sei unerwähnt geblieben. Außerdem fehle eine Auseinandersetzung mit den Zielen der Besetzungsaktionen. Diese seien nicht auf eine dauerhafte Nutzung fremden Eigentums, sondern auf das Setzen eines politischen Symbols durch die Thematisierung von Gebäudeleerstand gerichtet.

Schließlich seien Gegenstände sichergestellt worden, die vom Durchsuchungszweck offensichtlich nicht erfasst seien, denn bei diversen Gegenständen sei kein Bezug zu Hausbesetzungen ersichtlich.

Wären die Umstände richtig gewürdigt worden, insbesondere hinsichtlich der so wörtlich „offensichtlich“ nicht vorhandenen Gewaltbereitschaft der Gruppierung, des niedrigen Tatverdachts gegen den Beteiligten zu 1, der Bedeutung der Grundrechte der Meinungsfreiheit und der informationellen Selbstbestimmung, dann wäre der Durchsuchungsbeschluss so nicht ergangen. Er sei daher aufzuheben und sämtliche sichergestellten Gegenstände seien an den Beteiligten zu 1 herauszugeben.

Das Amtsgericht hat nicht abgeholfen und die Sache zunächst dem Landgericht zur Entscheidung über die Beschwerde vorgelegt. Von dort wurde die Sache zuständigkeitshalber an das Oberlandesgericht abgegeben.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Gegen die Durchsuchungsanordnung des Amtsgerichts ist gemäß Art. 24 Abs. 1 Satz 3 PAG (in der hier maßgeblichen, bis 24.5.2018 gültigen Fassung des Gesetzes) i. V. m. § 58 Abs. 1, § 62 FamFG die Beschwerde statthaft, mit der nach Beendigung der Durchsuchung zwar nicht mehr die Aufhebung des durch Vollzug erledigten Beschlusses, aber die Feststellung beantragt werden kann, dass die Anordnung der Wohnungsdurchsuchung den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat (Schwabenbauer in BeckOK PolR Bayern 8. Edition Art. 24 PAG Rn. 46 f.). In diesem Sinne ist das Beschwerdeziel auszulegen.

Das Feststellungsinteresse ist schon wegen des mit einer Wohnungsdurchsuchung verbundenen schwerwiegenden Grundrechtseingriffs gegeben, § 62 Abs. 1 Nr. 2 FamFG.

Auch im Übrigen erweist sich das mit diesem Ziel angebrachte Rechtsmittel als zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§ 64 Abs. 2, § 63 Abs. 1 FamFG).

Die Entscheidung über die Beschwerde obliegt aufgrund der allgemeinen Verweisung des Landesrechts auf das Verfahren des FamFG gemäß § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG dem Oberlandesgericht (BGH vom 20.12.2011 - 1 StB 16/11, BeckRS 2012, 3448; Schwabenbauer in BeckOK PolR Bayern Art. 24 PAG Rn. 48).

2. In der Sache ist das Rechtsmittel allerdings nicht begründet. Der Anordnungsbeschluss verletzt den Beschwerdeführer nicht in seinen Rechten.

Rechtsgrundlage für die Durchsuchungsanordnung ist Art. 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Art. 24 Abs. 1 Sätze 1 und 2, Art. 25 Nr. 1 PAG (soweit nicht besonders erwähnt: in der bis 24.5.2018 gültigen Fassung des Gesetzes). Danach kann durch das Amtsgericht die Durchsuchung einer Wohnung angeordnet werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich in ihr eine Sache befindet, die zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung sichergestellt werden darf.

Ergeben die somit anzustellenden Prognosen, dass eine gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung besteht und sich eine Sache in der Wohnung befindet, durch deren Sicherstellung der gegenwärtigen Gefahr zu Abwehrzwecken begegnet werden kann, kann die Wohnungsdurchsuchung angeordnet werden, sofern die Schwere des damit verbundenen Eingriffs in die grundrechtlich geschützte Lebenssphäre des betroffenen Wohnungsinhabers in angemessenem Verhältnis zum Anlass steht.

Nach diesen Maßstäben erweist sich der angefochtene Beschluss als rechtmäßig.

a) Die Annahme einer gegenwärtigen Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Zeitpunkt der Durchsuchungsanordnung beruht auf ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkten, desgleichen auch die damalige Annahme, dass sich in der Wohnung des Beteiligten zu 1 Sachen befinden, deren Sicherstellung der Abwehr dieser Gefahr dient. Aus der maßgeblichen ex-ante-Sicht (Schwabenbauer in BeckOK PolR Bayern Art. 24 PAG Rn. 60; Senftl in BeckOK PolR Bayern Art. 25 PAG Rn. 17) ist die prognostische Beurteilung der Tatsachenlage durch das Amtsgericht nicht zu beanstanden.

aa) Zum Schutzgut der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gehört u. a. die Unversehrtheit der Rechtsordnung (Holzner in BeckOK PolR Bayern Art. 11 PAG Rn. 66).

Zur Rechtsordnung zählt die Gesamtheit der verfassungsmäßigen Rechtsvorschriften. Besondere Relevanz kommt dem materiellen Strafrecht zu. Ist im konkreten Einzelfall mit der Begehung einer Straftat zu rechnen, so besteht neben einer Gefahr für das von der Strafnorm geschützte Individualrechtsgut stets auch eine Gefahr für die Unversehrtheit der Rechtsordnung (Holzner in BeckOK PolR Bayern Art. 11 PAG Rn. 67, 69). Das ist bei drohender Hausbesetzung mit Blick auf §§ 123, 303 StGB unabhängig von der Frage eines vorliegenden Strafantrags der Fall (Schmidbauer/Steiner BayPAG 4. Aufl. Art. 25 Rn. 20). Auf die Subsidiarität des Schutzguts der Unversehrtheit von Individualrechtsgütern wie des Eigentums kommt es daher hier nicht weiter an (Holzner in BeckOK PolR Bayern Art. 11 PAG Rn. 72 f. und 76).

bb) Gegenwärtig ist die Gefahr, wenn die Einwirkung des schädigenden Ereignisses bereits begonnen hat oder wenn diese Einwirkung unmittelbar oder in allernächster Zeit mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit bevorsteht. Dabei wird für die Annahme einer gegenwärtigen Gefahr vorausgesetzt, dass der zum Schadenseintritt führende Kausalverlauf nicht nur absehbar, sondern bereits in Gang gesetzt ist (Holzner in BeckOK PolR Bayern Art. 11 PAG Rn. 39 f.; Senftl in BeckOK PolR Bayern Art. 25 PAG Rn. 14; auch OLG Brandenburg NVwZ-RR 2015, 32/33).

Dabei muss die Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung nicht von der Sache selbst ausgehen, zu deren Sicherstellung die Wohnungsdurchsuchung angeordnet wird. Es genügt vielmehr, wenn die Gefahr vom Besitzer der Sache und dessen Verhalten ausgeht (Senftl in BeckOK PolR Bayern Art. 25 PAG Rn. 15; Schmidbauer/Steiner Art. 25 Rn. 12).

cc) Mit den im Antrag dargelegten Erkenntnissen der Polizeibehörde lagen hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür vor, dass für das Wochenende eine Hausbesetzung durch die Gruppierung „Für .... Haus“ geplant war, die Vorbereitungen hierfür bereits liefen und bei ungestörtem Verlauf in die Durchführung der Hausbesetzung münden würden. Ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte bestanden auch dafür, dass der Beteiligte zu 1 diese Vorbereitungen aktiv unterstützte und weitere Gegenstände, die im Rahmen von Hausbesetzungen Verwendung finden, für diesen Einsatzzweck in seiner Wohnung aufbewahrte.

(1) Die mit einem Aufruf um Unterstützung verbundene „Einladung“ zur so bezeichneten „Welcome Back Party“ auf der Internetseite der Gruppierung ist als Ankündigung einer Hausbesetzungsaktion zu verstehen, die an einem nicht öffentlich bekanntgegebenen Tag Ende August/Anfang September 2017 in München stattfinden sollte. Die konkret am Samstag, dem 26.8.2017 getroffenen Feststellungen erlaubten die Prognose, dass die Vorbereitungen für die bis dahin nicht ausgeführte Aktion bereits liefen und mit der Ausführung demnächst - naheliegend am Wochenende, dem 2./3. September - zu rechnen sei. Es bestehen keine berechtigten Zweifel daran, dass die anlässlich der Verkehrskontrolle bei den Beteiligten zu 1 und 2 aufgefundenen Gegenstände, insbesondere die beschrifteten Banner, für die geplante Besetzungsaktion verwendet werden sollten. Dass daneben bereits Vorbereitungen in größerem Stil liefen, war aufgrund der am Vormittag des 26.8.2017 in einem leerstehenden Gebäude vorgefundenen provisorischen Schlafgelegenheiten, leeren, teils mit Stofffetzen präparierten Glasflaschen, Schriftstücken etc. anzunehmen. Diese Umstände belegten, dass das Gebäude damals der Zusammenkunft mehrerer, der Gruppierung nahestehender Personen diente. Sie wiesen darauf hin, dass die Aktion von einem größeren Zusammenschluss von Personen vorbereitet wird und ihre Durchführung von einer entsprechenden Kooperation getragen sein würde. In einer Gesamtschau der am 26.8.2017 getroffenen tatsächlichen Feststellungen (siehe unter I.) lag deshalb die Annahme nahe, dass die Ausführung der auf der Internetseite angekündigten Aktion nicht lediglich geplant oder angedacht war, sondern dass bereits konkrete Maßnahmen getroffen wurden, die bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens in die Durchführung der Besetzungsaktion unter Einschluss der damit verbundenen Verwirklichung von Straftatbeständen (jedenfalls §§ 123, 303 StGB) münden würden.

Die Annahme einer gegenwärtigen Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ist somit von konkreten, aussagekräftigen Tatsachen getragen.

(2) Die von den Beteiligten zu 1 und 2 bei der Verkehrskontrolle mitgeführten Gegenstände erlauben außerdem den Schluss auf eine aktive Rolle des Beteiligten zu 1, mindestens im Sinne einer aktiven Unterstützung bei den Vorbereitungen der bevorstehenden Aktion. Unabhängig davon, ob der Beteiligte zu 1 als Teil der Gruppierung oder lediglich als Unterstützer tätig war, rechtfertigte dies die Prognose, dass sich in seiner Wohnung weitere Gegenstände befinden, die im Rahmen der Unterstützung der Aktion Verwendung finden und daher zur Abwehr der gegenwärtigen Gefahr sichergestellt werden können.

(3) Die im angegriffenen Beschluss genannten Gegenstände, auf deren Auffinden und Sicherstellung die Durchsuchung gerichtet war, sind sämtlich vom Anordnungszweck der präventiven Gefahrenabwehr gedeckt.

Dass Pläne, Aufzeichnungen, Videos und Bilder, die auf geplante Hausbesetzungen hindeuten, zur Abwehr der Gefahr (Durchführung der Hausbesetzung) sichergestellt werden dürfen, weil sie dem Zweck der angeordneten Präventivmaßnahme (Verhinderung der Hausbesetzung) dienen, bedarf keiner weiteren Darlegung.

Aber auch auf das Auffinden und die Sicherstellung von EDV-Anlagen, Mobiltelefonen und Speichermedien „in diesem Zusammenhang“ erstreckte sich der Durchsuchungsbeschluss mit Recht. Es genügt, dass aufgrund der aktiven Unterstützerrolle des Beteiligten zu 1 der Einsatz dieser Gegenstände im Zusammenhang mit der Vorbereitung der Besetzungsaktion nahelag, die Gefahr also nicht von den Gegenständen an sich, aber von ihrem Besitzer und dessen Nutzung der Kommunikationsmittel im Zusammenhang mit der Vorbereitung der Hausbesetzung ausging. Mit der ausdrücklich aufgenommenen Beschränkung auf einen Zusammenhang mit geplanten Hausbesetzungen wurde der präventiv-polizeiliche Rahmen der Durchsuchungsanordnung herausgestellt.

Soweit die Durchsuchung nach Utensilien, die bei einer Hausbesetzung Verwendung finden, angeordnet wurde, liegt der präventiv-polizeiliche Bezug, nämlich die Verhinderung der Hausbesetzung durch Sicherstellung entsprechender Werkzeuge, wiederum auf der Hand. Dem Bestimmtheitsgebot ist mit dieser am Einsatzzweck orientierten Beschreibung und den angefügten Beispielen Genüge getan. Die Aufzählung ihrerseits beruht auf der Erfahrung, dass solche Werkzeuge im Rahmen von Hausbesetzungen durch Gruppierungen der autonomen Szene Verwendung finden, und ist inhaltlich nicht zu beanstanden.

Angeblich fehlende Hinweise auf eine Gewalttätigkeit der Gruppierung sind mit den am 26.8.2017 getroffenen Feststellungen in dem leerstehenden Gebäude nicht zu vereinbaren. Weil die Gegenstände, die die Beteiligten zu 1 und 2 bei der Kontrolle am selben Tag mit sich führten, jedenfalls den Schluss auf eine sympathisierend-aktive Unterstützerrolle erlaubten, durfte die Durchsuchung auch zum Zwecke des Auffindens und Sicherstellens von Waffen, gefährlichen Werkzeugen und Gegenständen, die sich zur Herstellung von Brandsätzen eignen, angeordnet werden. Die Annahme, dass sich derlei Gegenstände in der Wohnung eines aktiven Sympathisanten der Gruppe und damit auch in derjenigen des Beteiligten zu 1 befinden könnten, war durch die im leerstehenden Gebäude getroffenen Feststellungen und die belegte aktive Unterstützerrolle des Beteiligten zu 1 ausreichend begründet. Zusätzliche Hinweise darauf, dass der Beteiligte zu 1 in seiner Wohnung Gegenstände dieser Art zum Zweck des Einsatzes im Zusammenhang mit der in Vorbereitung befindlichen Besetzungsaktion tatsächlich aufbewahre, waren zur Begründung einer ausreichenden Auffindewahrscheinlichhkeit daneben nicht erforderlich, denn die auf Tatsachen gestützte Annahme (vgl. Graulich in Lisken/Denninger Handbuch des Polizeirechts 6. Aufl. Rn. 623) kann ein Verdacht bleiben; Gewissheit ist nicht erforderlich (Schmidbauer/Steiner Art. 23 Rn. 18).

Auch soweit die Durchsuchung zum Auffinden von Hinweisen angeordnet wurde, die auf eine direkte Verbindung zur Gruppierung „Für ... Haus“ hindeuten, ist der präventiv-rechtliche Rahmen nicht in unzulässiger Weise überschritten. Solchen Hinweisen kann zwar auch Bedeutung für Zwecke der Strafverfolgung zukommen, sofern sie geeignet sind, einen Anfangsverdacht gegen den Beteiligten zu 1 wegen einer Teilnahme an in der Vergangenheit liegenden strafbaren Handlungen der Gruppierung zu begründen oder zu verstärken. Sie dienen aber jedenfalls auch dem hier verfolgten präventiven Zweck der Verhütung von Straftaten, weil solche Hinweise weitere Erkenntnisse und damit Anknüpfungspunkte ergeben können, die für die Verhinderung der geplanten Aktion bedeutsam sind. Eine rein repressive Zielrichtung liegt deshalb nicht vor. Der präventive Rahmen der Anordnung geht aus dem richterlichen Beschluss ausreichend klar hervor.

Die richterliche Anordnung der Wohnungsdurchsuchung ist mithin insgesamt gerichtet auf die Suche dessen, was Anlass und Zweck der präventiven Maßnahme war. Die beanstandete Umgehung strafprozessualer Vorschriften (§§ 102, 103 StPO) liegt nicht vor.

dd) Die im Beschluss gegebene Begründung für die angeordnete Maßnahme erfüllt die inhaltlichen Anforderungen, die an die richterliche Durchsuchungsanordnung zu stellen sind (vgl. BVerfGE 103, 142/151; Papier in Maunz/Dürig GG Stand April 2018 Art. 13 Rn. 25-33; Schmidbauer/Steiner Art. 24 Rn. 5; Kruis/Wehowsky NJW 1999, 682/683).

Die einzelfallbezogenen Überlegungen des Gerichts gehen aus den Gründen des Beschlusses hervor. Die Tatsachen der Prognosebasis werden ebenso wie der Zweck der Maßnahme (Gefahrenabwehr zum Schutz der durch die geplante Hausbesetzung akut bedrohten Rechtsgüter) und deren Ziel (Sicherstellung von Gegenständen gemäß Aufzählung) kurz, aber hinreichend genau beschrieben (hierzu: Schwabenbauer in BeckOK PolR Bayern Art. 24 PAG Rn. 16). Der Rahmen, innerhalb dessen die Durchsuchung durchzuführen ist, ist aufgrund der geschilderten tatsächlichen Umstände und des ausdrücklich formulierten Ziels der Maßnahme (Zitat: „Abwehr solcher Gefahren“) klar abgesteckt. Dass das Gericht auf der Grundlage einer eigenständigen Sachverhaltsprüfung eine eigene rechtliche Würdigung vorgenommen hat, ergibt sich aus den Gründen des Beschlusses. Die maßgeblichen Überlegungen, mit denen das Gericht die Schutzgüter, deren Gefährdung mit der Anordnung begegnet werden soll, und die Grundrechte des Betroffenen abgewogen hat, sind ausreichend dokumentiert.

b) Die Durchsuchungsanordnung ist zudem - auch unter Berücksichtigung des hohen Rangs der betroffenen Grundrechte - verhältnismäßig.

Mit Blick auf die grundrechtlichen Garantien muss eine eingreifende Maßnahme nicht nur einfachgesetzlich zulässig, sondern darüber hinaus nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt sein (vgl. BVerfGE 42, 212/219 f.; 59, 95/97; 96, 44/51; Hömig/Wolff Grundgesetz 12. Aufl. Art. 13 Rn. 12; Kruis/Wehowsky NJW 1999, 682). Auch diese Anforderung ist hier allerdings erfüllt.

aa) Der mit einer Wohnungsdurchsuchung verbundene schwerwiegende Eingriff in die grundrechtlich gemäß Art. 13 Abs. 1 und 2 GG geschützte Lebenssphäre des Betroffenen (vergleichbar auch Art. 8 EMRK sowie Art. 8 EuGrCH; Hömig/Wolff Art. 13 Rn. 1) ist erheblich, denn mit der Garantie der Unverletzlichkeit der Wohnung ist dem Einzelnen mit Blick auf seine Menschenwürde (Art. 1 GG) sowie im Interesse der freien Entfaltung seiner Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG) ein elementarer Lebensraum verbürgt (BVerfGE 103, 142/150 f.; BVerfG NJW 2005, 1707; BVerfG vom 30.7.2015 - 1 BvR 1951/13, juris Rn. 15; vom 14.7.2016 - 2 BvR 2748/14 -, juris Rn. 25 f.; Hömig/Wolff GG Art. 13 Rn. 2).

Indem die Durchsuchung u. a. zur Sicherstellung von Mobiltelefonen und weiteren Geräten, die als Kommunikationsmittel in Betracht kommen, angeordnet wurde, ist außerdem das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG) in ebenfalls schwer wiegender Weise betroffen (vgl. BVerfGE 115, 166/198; auch BVerfG NJW 2018, 2385/2386; Schwabenbauer in BeckOK PolR Bayern Art. 23 PAG Rn. 82).

Da die Durchsuchung zur Sicherstellung von Utensilien, die bei einer Hausbesetzung Verwendung finden, angeordnet wurde und hier insbesondere Banner und Transparente, auf denen die gesellschaftspolitische Einstellung der Gruppierung und ihrer Unterstützer zum Ausdruck gebracht werden sollte, in Betracht kommen, ist außerdem das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 GG insofern betroffen, als die öffentlichkeitswirksame Verwendung solcher Utensilien im Rahmen einer - rechtswidrigen - Hausbesetzungsaktion unterbunden werden sollte.

Hingegen trifft die Behauptung der Beschwerde nicht zu, dass nach dem Beschluss alle Transparente unabhängig von einem Bezug zu Hausbesetzungen „beschlagnahmt“ werden sollten. Speziell die Transparente sind als Beispiel für Utensilien genannt, „die bei einer Hausbesetzung Verwendung finden“. Die Begrenzung auf diesen Zweck ist damit klar zum Ausdruck gebracht.

bb) Die Durchsuchungsanordnung zum Zweck der Sicherstellung war geeignet zur Gefahrenabwehr. Tauglich sind nämlich nicht nur diejenigen Maßnahmen, die eine vollständige Gefahrenabwehr bewirken. Es genügt vielmehr, dass die Maßnahme einen Beitrag zum Erreichen dieses Ziels leisten kann (Schwabenbauer in BeckOK PolR Bayern Art. 23 PAG Rn. 77a).

In diesem Sinne war die angeordnete Durchsuchung der Wohnung eines aktiven Unterstützers, nämlich des Beteiligten zu 1, geeignet, in den Kausalverlauf einzugreifen und damit einen Beitrag dafür zu erbringen, dass sich die Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung nicht verwirklicht.

cc) Grundrechtsschonendere, aber vergleichbar effektive Mittel zur Abwehr der gegenwärtigen Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung standen nicht zur Verfügung.

Berechtigt war die Annahme, dass die laut Internetauftritt als koordinierte Aktion unter Beteiligung einer großen Personenanzahl geplante Hausbesetzung nicht ohne in den Kausalverlauf eingreifende Maßnahmen verhindert werden könnte. Die Durchsuchungsanordnung knüpft an die aktive Unterstützerrolle des Beteiligten zu 1 an, die mit den von ihm (und vom Beteiligten zu 2) bei der Kontrolle mitgeführten Gegenständen belegt ist, und dient der Unterbindung seines Beitrags. Dieser Zweck war nach der anzustellenden Prognose allein mit der Sicherstellung der bei der Verkehrskontrolle festgestellten Gegenstände nicht zu erreichen, denn aus ex-ante-Sicht durfte davon ausgegangen werden, dass sich weitere Gegenstände, die sich zur Unterstützung eignen, zudem auch solche, mit denen der Verlust des sichergestellten Materials ausgeglichen werden kann, in der Wohnung des Betroffenen finden werden. Ein effektiver Eingriff in den bereits in Gang gesetzten Kausalverlauf durch Verhinderung eines aktiven Förderbeitrags des Beteiligten zu 1 erforderte das Auffinden und die Sicherstellung auch dieser Gegenstände.

Mit weniger einschneidenden Maßnahmen war das Ziel der Schadensverhütung nicht mit gleicher Erfolgsaussicht zu erreichen.

dd) Die Durchsuchungsanordnung steht schließlich in einem angemessenen Verhältnis zum Anlass; gegen das Übermaßverbot ist nicht verstoßen.

(1) Angesichts der Ankündigung auf der Internetseite der Gruppierung und der am 26.8.2017 getroffenen Tatsachenfeststellungen war mit einer koordinierten Hausbesetzungsaktion einschließlich der damit verbundenen Straftaten in allernächster Zeit zu rechnen; die Vorbereitungen hierfür liefen bereits. Die Gesellschaft hat aber ein Grundinteresse an der Verhütung von Straftaten. Zwar ist zu berücksichtigen, dass es „nur“ um die Verhinderung von Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung (beides sog. Antragsdelikte) ging (vgl. BVerfG NJW 2016, 1645). Dennoch kommt dem Interesse der Gesellschaft daran, dass geplante Straftaten durch hoheitliches Einschreiten unterbunden werden, eine nicht unwesentliche Bedeutung zu. Weder der Leerstand des zur Besetzung ausersehenen Gebäudes noch der Umstand, dass die Besetzung - möglicherweise - zu irgendeinem in der Zukunft liegenden Zeitpunkt ohne staatlichen Zwang von den Besetzern wieder aufgegeben worden wäre, rechtfertigen eine andere Sicht. Nichts anderes gilt mit Blick auf die gesellschaftspolitischen Motive für die Besetzungsaktionen der Gruppierung.

(2) Zu diesem allgemeinen Interesse der Gesellschaft an der Verhinderung von Straftaten tritt hier als Gesichtspunkt von erheblichem Gewicht der Umstand, dass der Waffenfund und die mit Stofffetzen präparierten Glasflaschen einen deutlichen Hinweis auf vorhandene Gewaltbereitschaft innerhalb der zur (erneuten) Hausbesetzung entschlossenen Gruppierung gaben. Diese Gegenstände begründeten einen hinreichenden Verdacht dafür, dass im Zuge der Hausbesetzung auch Gegenstände, die zur Herstellung von Brandsätzen wie sog. „Molotow-Cocktails“ geeignet sind, in das Gebäude verbracht würden und bei einer Räumung durch Polizeikräfte gegen diese zum Einsatz kommen könnten. Da für die Prognose ein differenzierender Wahrscheinlichkeitsmaßstab in der Weise anzulegen ist, dass mit zunehmendem Ausmaß des möglichen Schadens ein abgesenkter Grad von Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts korreliert (vgl. BVerwGE 144, 230 Rn. 18), sind neben den genannten Funden weitere konkrete Tatsachen, welche diese Prognose zu stützen geeignet wären, nicht erforderlich. Vor diesem Hintergrund wiegt das gesellschaftliche Interesse daran, bereits eine Hausbesetzung durch diese Gruppierung zu verhindern und sich nicht auf die Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Wege der Räumung unter Einsatz von Hoheitsträgern zu beschränken, besonders schwer.

(3) Bei einer Abwägung mit den grundrechtlich geschützten Interessen des Beteiligten zu 1 überwiegt das Interesse des Staates an der wirksamen Verhinderung von Straftaten, deren bevorstehende Durchführung durch eine gewaltbereite Gruppierung nach objektiver Sachlage bei ungehindertem Fortgang der bereits laufenden Vorbereitung prognostisch mit Sicherheit zu erwarten ist. Der Eingriff steht in einem angemessenen Verhältnis zum Gewicht des gefährdeten Rechtsgutes und der Stärke des gegen den Beteiligten zu 1 bestehenden Verdachts, aktiv im Interesse einer erfolgreichen Durchführung der Aktion an deren Vorbereitung mitzuwirken.

3. Soweit mit der Beschwerde außerdem beanstandet wird, dass Gegenstände sichergestellt worden seien, bei denen ein Bezug zu Hausbesetzungen fehle, ist hierauf nicht weiter einzugehen.

Gegenstand der Überprüfung im Beschwerdeverfahren ist nur der erstinstanzliche Durchsuchungsbeschluss (OLG Karlsruhe NJW 2017, 90/91; Senftl in BeckOK PolR Bayern Art. 25 PAG Rn. 55).

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil der Beteiligte zu 1 bereits kraft Gesetzes gemäß § 22 Abs. 1 GNotKG die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen hat und eine Erstattung außergerichtlicher Kosten nicht in Betracht kommt.

Die gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 GNotKG vorzunehmende Geschäftswertfestsetzung beruht auf § 61 Abs. 1, § 36 Abs. 2, Abs. 3 GNotKG.

Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben, Art. 24 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 PAG bzw. Art. 92 Abs. 1 Satz 2 PAG (in der Fassung des Gesetzes vom 18.5.2018).

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(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen G

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 5


(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Fi

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 13


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Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 63 Beschwerdefrist


(1) Die Beschwerde ist, soweit gesetzlich keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Frist von einem Monat einzulegen. (2) Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen, wenn sie sich gegen folgende Entscheidungen richtet: 1

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Bei dem, welcher als Täter oder Teilnehmer einer Straftat oder der Datenhehlerei, Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei verdächtig ist, kann eine Durchsuchung der Wohnung und anderer Räume sowie seiner Person und der ihm gehörenden Sachen sowo

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(1) Bei anderen Personen sind Durchsuchungen nur zur Ergreifung des Beschuldigten oder zur Verfolgung von Spuren einer Straftat oder zur Beschlagnahme bestimmter Gegenstände und nur dann zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist,

Referenzen - Urteile

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Oberlandesgericht München Beschluss, 14. Nov. 2018 - 34 Wx 42/18 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

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Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 14. Juli 2016 - 2 BvR 2748/14

bei uns veröffentlicht am 14.07.2016

Tenor Der Beschluss des Landgerichts Tübingen vom 29. September 2014 - 9 Qs 25+26/14 - und die Beschlüsse des Amtsgerichts Reutlingen vom 28. Februar 2013 - 9 OWi 28 Js 129/13 - und vom 8. März 201

Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 30. Juli 2015 - 1 BvR 1951/13

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Tenor 1. Die Beschlüsse des Amtsgerichts Lübeck vom 9. Januar 2013 - 100 Gs 31/13 - und vom 25. Januar 2013 - 100 Gs 240/13 - sowie der darauf bezogene Beschluss des Landesgerichts Lübeck vom 17. M

Referenzen

(1) Die Beschwerde findet gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Endentscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte in Angelegenheiten nach diesem Gesetz statt, sofern durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

(2) Der Beurteilung des Beschwerdegerichts unterliegen auch die nicht selbständig anfechtbaren Entscheidungen, die der Endentscheidung vorausgegangen sind.

(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.

(2) Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn

1.
schwerwiegende Grundrechtseingriffe vorliegen oder
2.
eine Wiederholung konkret zu erwarten ist.

(3) Hat der Verfahrensbeistand oder der Verfahrenspfleger die Beschwerde eingelegt, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten wird. Anträge auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde sind bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten werden soll.

(2) Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle eingelegt. Die Einlegung der Beschwerde zur Niederschrift der Geschäftsstelle ist in Ehesachen und in Familienstreitsachen ausgeschlossen. Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist von dem Beschwerdeführer oder seinem Bevollmächtigten zu unterzeichnen.

(3) Das Beschwerdegericht kann vor der Entscheidung eine einstweilige Anordnung erlassen; es kann insbesondere anordnen, dass die Vollziehung des angefochtenen Beschlusses auszusetzen ist.

(1) Die Beschwerde ist, soweit gesetzlich keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Frist von einem Monat einzulegen.

(2) Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen, wenn sie sich gegen folgende Entscheidungen richtet:

1.
Endentscheidungen im Verfahren der einstweiligen Anordnung oder
2.
Entscheidungen über Anträge auf Genehmigung eines Rechtsgeschäfts.

(3) Die Frist beginnt jeweils mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses an die Beteiligten. Kann die schriftliche Bekanntgabe an einen Beteiligten nicht bewirkt werden, beginnt die Frist spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses.

(1) Wer in die Wohnung, in die Geschäftsräume oder in das befriedete Besitztum eines anderen oder in abgeschlossene Räume, welche zum öffentlichen Dienst oder Verkehr bestimmt sind, widerrechtlich eindringt, oder wer, wenn er ohne Befugnis darin verweilt, auf die Aufforderung des Berechtigten sich nicht entfernt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt.

(1) Wer rechtswidrig eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer unbefugt das Erscheinungsbild einer fremden Sache nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wer in die Wohnung, in die Geschäftsräume oder in das befriedete Besitztum eines anderen oder in abgeschlossene Räume, welche zum öffentlichen Dienst oder Verkehr bestimmt sind, widerrechtlich eindringt, oder wer, wenn er ohne Befugnis darin verweilt, auf die Aufforderung des Berechtigten sich nicht entfernt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt.

(1) Wer rechtswidrig eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer unbefugt das Erscheinungsbild einer fremden Sache nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert.

(3) Der Versuch ist strafbar.

Bei dem, welcher als Täter oder Teilnehmer einer Straftat oder der Datenhehlerei, Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei verdächtig ist, kann eine Durchsuchung der Wohnung und anderer Räume sowie seiner Person und der ihm gehörenden Sachen sowohl zum Zweck seiner Ergreifung als auch dann vorgenommen werden, wenn zu vermuten ist, daß die Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln führen werde.

(1) Bei anderen Personen sind Durchsuchungen nur zur Ergreifung des Beschuldigten oder zur Verfolgung von Spuren einer Straftat oder zur Beschlagnahme bestimmter Gegenstände und nur dann zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, daß die gesuchte Person, Spur oder Sache sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet. Zum Zwecke der Ergreifung eines Beschuldigten, der dringend verdächtig ist, eine Straftat nach § 89a oder § 89c Absatz 1 bis 4 des Strafgesetzbuchs oder nach § 129a, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, des Strafgesetzbuches oder eine der in dieser Vorschrift bezeichneten Straftaten begangen zu haben, ist eine Durchsuchung von Wohnungen und anderen Räumen auch zulässig, wenn diese sich in einem Gebäude befinden, von dem auf Grund von Tatsachen anzunehmen ist, daß sich der Beschuldigte in ihm aufhält.

(2) Die Beschränkungen des Absatzes 1 Satz 1 gelten nicht für Räume, in denen der Beschuldigte ergriffen worden ist oder die er während der Verfolgung betreten hat.

(1) Die Wohnung ist unverletzlich.

(2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.

(3) Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, daß jemand eine durch Gesetz einzeln bestimmte besonders schwere Straftat begangen hat, so dürfen zur Verfolgung der Tat auf Grund richterlicher Anordnung technische Mittel zur akustischen Überwachung von Wohnungen, in denen der Beschuldigte sich vermutlich aufhält, eingesetzt werden, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos wäre. Die Maßnahme ist zu befristen. Die Anordnung erfolgt durch einen mit drei Richtern besetzten Spruchkörper. Bei Gefahr im Verzuge kann sie auch durch einen einzelnen Richter getroffen werden.

(4) Zur Abwehr dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit, insbesondere einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr, dürfen technische Mittel zur Überwachung von Wohnungen nur auf Grund richterlicher Anordnung eingesetzt werden. Bei Gefahr im Verzuge kann die Maßnahme auch durch eine andere gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden; eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen.

(5) Sind technische Mittel ausschließlich zum Schutze der bei einem Einsatz in Wohnungen tätigen Personen vorgesehen, kann die Maßnahme durch eine gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden. Eine anderweitige Verwertung der hierbei erlangten Erkenntnisse ist nur zum Zwecke der Strafverfolgung oder der Gefahrenabwehr und nur zulässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt ist; bei Gefahr im Verzuge ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen.

(6) Die Bundesregierung unterrichtet den Bundestag jährlich über den nach Absatz 3 sowie über den im Zuständigkeitsbereich des Bundes nach Absatz 4 und, soweit richterlich überprüfungsbedürftig, nach Absatz 5 erfolgten Einsatz technischer Mittel. Ein vom Bundestag gewähltes Gremium übt auf der Grundlage dieses Berichts die parlamentarische Kontrolle aus. Die Länder gewährleisten eine gleichwertige parlamentarische Kontrolle.

(7) Eingriffe und Beschränkungen dürfen im übrigen nur zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, auf Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot, zur Bekämpfung von Seuchengefahr oder zum Schutze gefährdeter Jugendlicher vorgenommen werden.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

Tenor

1. Die Beschlüsse des Amtsgerichts Lübeck vom 9. Januar 2013 - 100 Gs 31/13 - und vom 25. Januar 2013 - 100 Gs 240/13 - sowie der darauf bezogene Beschluss des Landesgerichts Lübeck vom 17. Mai 2013 - 4 Qs 112/13 - verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 13 Absatz 1 des Grundgesetzes. Sie werden insoweit aufgehoben. Die Sache wird an das Landgericht Lübeck zurückverwiesen. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

2. Das Land Schleswig-Holstein hat der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen zu erstatten.

3. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit im Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 25.000 € (in Worten: fünfundzwanzigtausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft zwei Durchsuchungsbeschlüsse, die im Rahmen eines gegen die Beschwerdeführerin wegen Missbrauchs von Titeln geführten Strafverfahrens erlassen wurden.

2

1. Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin einer in Dortmund ansässigen Kommunikationsagentur. Sie betreibt darüber hinaus einen Weblog, in dem sie sich vornehmlich mit Fragestellungen aus dem Bereich sozialer Medien auseinandersetzt. Am 3. März 2012 erhielt die Beschwerdeführerin zu ihrem Geburtstag einen "Ehrendoktor" (Dr. h.c. of Ministry der Miami Life Developement Church & Institute) geschenkt, der über das Internet zum Kauf angeboten worden war. In ihrem Blog schrieb die Beschwerdeführerin im März 2012 einen Beitrag unter dem Titel: "Dr. h.c. of Ministry I. stellt sich vor: ,Ich setze mir selbst die Krone auf…ʻ". In dem Beitrag heißt es auszugsweise:

"Sollte ich mir also zum Geburtstag einen Ehrendoktortitel gönnen? Meine Kinder fanden die Idee gut und wollten sich an der Aktion gern beteiligen (…). Im Internet fand ich einige Dr. h.c.ʻs, denen ihr Ehrentitel alles andere als unangenehm war: Dr. h.c. T., Dr. h.c. G. (…). Ich bin stolz auf das, was um mich herum entstanden ist, auf unser Netzwerk, unsere Zusammenarbeit, unser Wirken (…). Herzlichen Dank für diese unsichtbare Fakultät von großartigen Menschen, mit deren Hilfe ich das geworden bin, was ich seit dem 10. März 2012 bin: Dr. h.c. of Ministry I., MLDC Miami!"

3

Unterzeichnet hat die Beschwerdeführerin den Blog-Beitrag mit ihrem Namen, ohne den "Dr. h.c. of Ministry"-Zusatz.

4

2. Mit angefochtenem Beschluss vom 9. Januar 2013 ordnete das Amtsgericht nach §§ 94, 98, 102, 105 StPO die Durchsuchung der Wohnräume, Geschäftsräume sowie der Nebenräume wie Keller-, Dachboden- und Abstellräume der Beschwerdeführerin an.

5

Die Durchsuchung diene dazu, Beweismittel aufzufinden, namentlich die Ernennungsurkunde der "Miami Life Developement Church & Institute, MLDC" sowie solcher Gegenstände, auf denen der erworbene Titel verwendet wird (Visitenkarten, Stempel, Schilder, Ausweise). Für die Durchführung der Durchsuchung wurde die Anordnung getroffen, dass Computer sowie Mobiltelefone von der Beschlagnahmeanordnung nicht umfasst seien und ohne vorherige gesonderte richterliche Entscheidung nur bei Gefahr im Verzug beschlagnahmt werden dürften. Die Beschwerdeführerin sei verdächtig, unbefugt eine einem akademischen Grad zum Verwechseln ähnliche Bezeichnung geführt zu haben, indem sie den käuflich erworbenen Titel im Internet verwendet habe. Dabei handele es sich um ein Vergehen gemäß § 132a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StGB. Der Tatverdacht beruhe auf einer Internetrecherche. Mildere, gleich geeignete Ermittlungsmaßnahmen seien nicht ersichtlich. Auch im Übrigen sei der Eingriff in die Grundrechte aus Art. 2 und 13 GG verhältnismäßig. Zwar sei die Eingriffsintensität trotz der Beschränkung des Durchsuchungsziels immer noch als erheblich und die Tat, deren Strafrahmen von Geldstrafe bis zu Freiheitsstrafe von einem Jahr reiche, nicht als schwer anzusehen. Der Verdachtsgrad sei jedoch hoch und auch die Bedeutung der zu erwartenden Beweismittel groß, da diese für das Verfahren gegen den gesondert verfolgten Verkäufer des Titels relevant seien.

6

3. Mit ebenfalls angefochtenem Beschluss vom 25. Januar 2013 erstreckte das Amtsgericht die Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung ausdrücklich auf die Geschäftsräume der Beschwerdeführerin sowie geschäftlich genutzte Fahrzeuge.

7

4. Die Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung wurde am 16. April 2013 in den Privat- und Geschäftsräumen der Beschwerdeführerin vollzogen. In den Geschäftsräumen wurde die Ernennungsurkunde aufgefunden und beschlagnahmt.

8

5. Mit ebenfalls angefochtenem Schreiben vom 10. Mai 2013 half das Amtsgericht der Beschwerde gemäß §§ 304, 306 Abs. 2 StPO nicht ab und legte den Rechtsbehelf dem Beschwerdegericht vor. Dies verwarf die Beschwerde als unbegründet. Das Amtsgericht habe sich sowohl mit der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme auseinandergesetzt als auch mit dem Vorliegen des Tatverdachts, der sich aus der Verwendung des Titels auf bestimmten Internetseiten ergebe.

9

6. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde macht die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 13 Abs. 1, 2 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 sowie aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geltend.

10

7. Dem Ministerium für Justiz, Kultur und Europa des Landes Schleswig-Holstein und der Präsidentin des Bundesgerichtshofs ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen. Das Strafverfahren gegen die Beschwerdeführerin wurde mit Beschluss des Amtsgerichts vom 25. Oktober 2013 gemäß § 153 Abs. 2 StPO eingestellt.

II.

11

Die Verfassungsbeschwerde ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zur Entscheidung anzunehmen (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihres Rechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung gemäß Art. 13 Abs. 1 GG rügt, liegen die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung vor (§ 93 c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).

12

1. Ein Durchsuchungsbeschluss kann als Zwischenentscheidung im Strafverfahren mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden. Die Verfassungsbeschwerde ist insoweit zulässig. Ausnahmsweise können auch Zwischenentscheidungen unmittelbar mit der Verfassungsbeschwerde angefochten werden, wenn diese in weiteren Instanzen nicht mehr nachgeprüft und korrigiert werden können (vgl. BVerfGE 58, 1 <23>). Zu den Ausnahmefällen gehört auch die Durchsuchung, die gemäß § 305 Satz 2 StPO von der fachgerichtlichen Beschwerde ausgeschlossen ist. Diese wird dadurch charakterisiert, dass die bereits eingetretene Beschwer des Betroffenen durch eine Anfechtung des Urteils nicht mehr beseitigt werden kann (vgl. BVerfGE 21, 139 <143>; BVerfGK 4, 227 <231>).

13

Unzulässig ist die Verfassungsbeschwerde, soweit sie sich gegen die Nichtabhilfeentscheidung des Amtsgerichts vom 10. Mai 2013 richtet, die als verfahrensinterne Entscheidung keine selbstständige Beschwer der Beschwerdeführerin begründet.

14

2. Die Verfassungsbeschwerde ist, soweit sie zulässig ist, auch begründet. Die Beschlüsse verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 GG, denn sie verstoßen gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

15

a) Art. 13 Abs. 1 GG garantiert die Unverletzlichkeit der Wohnung. Damit wird dem Einzelnen zur freien Entfaltung der Persönlichkeit ein elementarer Lebensraum gewährleistet. In seinen Wohnräumen hat er das Recht, in Ruhe gelassen zu werden. Neben Privatwohnungen fallen auch Betriebs- und Geschäftsräume in den Schutzbereich des Art. 13 GG (vgl. BVerfGE 32, 54 <69 ff.>; 44, 353 <371>; 76, 83 <88>; 96, 44 <51>; 120, 274 <309>; stRspr). In diese grundrechtlich geschützte Lebenssphäre greift eine Durchsuchung schwerwiegend ein (vgl. BVerfGE 42, 212 <219 f.>; 59, 95 <97>; 96, 27 <40>; 103, 142 <150 f.>). Dem Gewicht dieses Eingriffs und der verfassungsrechtlichen Bedeutung des Schutzes der räumlichen Privatsphäre entspricht es, dass Art. 13 Abs. 2 GG die Anordnung einer Durchsuchung grundsätzlich dem Richter vorbehält. Dieser Richtervorbehalt zielt auf eine vorbeugende Kontrolle der Maßnahme durch eine unabhängige und neutrale Instanz (vgl. BVerfGE 20, 162 <223>; 57, 346 <355 f.>; 76, 83 <91>; 103, 142 <150 f.>).

16

Die Durchsuchung bedarf einer Rechtfertigung nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Sie muss im Blick auf den bei der Anordnung verfolgten gesetzlichen Zweck Erfolg versprechend sein. Ferner muss gerade diese Zwangsmaßnahme zur Ermittlung und Verfolgung der Straftat erforderlich sein; dies ist nicht der Fall, wenn andere, weniger einschneidende Mittel zur Verfügung stehen. Schließlich muss der jeweilige Eingriff in angemessenem Verhältnis zu der Schwere der Straftat und der Stärke des Tatverdachts stehen. Der Richter darf die Durchsuchung nur anordnen, wenn er sich aufgrund eigenverantwortlicher Prüfung der Ermittlungen überzeugt hat, dass die Maßnahme verhältnismäßig ist (vgl. BVerfGE 96, 44 <51>; BVerfGK 4, 227 <233>).

17

b) Die mit Beschlüssen des Amtsgerichts vom 9. Januar 2013 und vom 25. Januar 2013 angeordnete und mit Beschluss des Landgerichts vom 17. Mai 2013 bestätigte Durchsuchung genügt diesen Anforderungen nicht.

18

aa) Die Durchsuchungsanordnung war zwar geeignet, den vorgeblichen Besitz der Beschwerdeführerin an den in den Beschlüssen genannten Beweismitteln aufzuklären. Die Maßnahme war jedoch zur Ermittlung und Verfolgung der Straftat nicht erforderlich. Hierfür hätten andere, weniger einschneidende Mittel zur Verfügung gestanden.

19

Die Beschwerdeführerin hat in ihrem Blogeintrag behauptet, einen Ehrendoktor einer ausländischen Fakultät von ihren Kindern zum Geburtstag geschenkt bekommen zu haben und diesen in dem Beitrag ihrem Namen vorangestellt. Die tatsächlichen Umstände für die Prüfung eines tatbestandsmäßigen Handelns im Sinne der Strafnorm waren den Strafverfolgungsbehörden aufgrund einer Internetrecherche bekannt. Für das gegen die Beschwerdeführerin geführte Ermittlungsverfahren wegen Missbrauchs von Titeln nach § 132a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StGB bedurfte es daher der Ernennungsurkunde als Beweismittel nicht.

20

Unter diesen Umständen hätte der Zweck, verwertbare und verfahrenserhebliche Beweismittel zu erlangen, auch durch die Aufforderung wirksam erreicht werden können, den Strafverfolgungsbehörden die Ernennungsurkunde und weitere Beweismittel (Visitenkarten, etc.) zeitnah vorzulegen. Dieses wäre gegenüber der Durchsuchung ein milderes, aber für die Verfolgung der hier in Frage stehenden, eher gering wiegenden Straftat ein hinreichend wirksames Mittel gewesen. Zwar ist die Beschwerdeführerin als Beschuldigte nicht dazu verpflichtet, zu ihrer Strafverfolgung durch aktives Handeln beizutragen (vgl. BGHSt 34, 39 <46>) und unterliegt im Strafverfahren keiner Darlegungs- und Beweislast (vgl. BVerfGK 4, 227 <234> m.w.N.). Im Falle einer etwaigen Nichtvorlage der Ernennungsurkunde wären die Fachgerichte jedoch nicht gehindert gewesen, hieraus verwertbare Schlüsse zu ziehen. Diese Folgerungen hätten dem Beweiswert einer vollzogenen, die Beschwerdeführerin in schwer wiegender Weise belastenden Durchsuchung im Wesentlichen entsprochen. Eine Vorlage der Ernennungsurkunde hätte - wie auch das Auffinden im Rahmen der Durchsuchung - deren Überprüfung ermöglicht (vgl. BVerfGK 4, 227 <234>). Auch der besondere Beweiswert der Urkunde in einem Strafverfahren gegen den gesondert verfolgten Titelverkäufer vermag eine Durchsuchung bei der Beschwerdeführerin nicht zu rechtfertigen, zumal die Strafverfolgungsbehörden im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte dafür hatten, die Beschwerdeführerin werde Beweismittel bei einer bloßen Aufforderung zu ihrer Herausgabe unterdrücken.

21

bb) Ob die Durchsuchung wegen der Intensität des Grundrechtseingriffs auch außer Verhältnis zu der geringen Schwere des Tatvorwurfs gestanden hat, den auch die angegriffenen Beschlüsse konzediert haben (vgl. BVerfGE 20, 162 <187>), kann hiernach offen bleiben.

22

3. Ob die Durchsuchung in den Geschäftsräumen der Beschwerdeführerin zugleich eine Verletzung der Pressefreiheit begründet, bedarf danach ebenfalls keiner Entscheidung.

23

4. Die angefochtenen Beschlüsse beruhen auf dem Grundrechtsverstoß. Sie sind daher aufzuheben. Die Sache ist an das Landgericht zur erneuten Entscheidung über die Kosten zurückzuverweisen (§ 93c Abs. 2 i.V.m. § 95 Abs. 2 BVerfGG).

24

5. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).

25

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Tenor

Der Beschluss des Landgerichts Tübingen vom 29. September 2014 - 9 Qs 25+26/14 - und die Beschlüsse des Amtsgerichts Reutlingen vom 28. Februar 2013 - 9 OWi 28 Js 129/13 - und vom 8. März 2013 - 9 OWi 28 Js 129/13 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 13 Absätze 1 und 2 des Grundgesetzes.

Der Beschluss des Landgerichts Tübingen vom 29. September 2014 - 9 Qs 25+26/14 - wird aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung über die Kosten an das Landgericht Tübingen zurückverwiesen.

Das Land Baden-Württemberg hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen zu erstatten.

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 10.000 € (in Worten: zehntausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft eine Wohnungsdurchsuchung im Rahmen eines Bußgeldverfahrens wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit.

2

1. Dem Beschwerdeführer wurde durch Bußgeldbescheid der Stadt Reutlingen vom 26. Juli 2012 zur Last gelegt, am 21. Juni 2012 um 18:30 Uhr auf der L 378a als Führer eines Kraftrades (fahrlässig) die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 30 km/h (zulässige Geschwindigkeit: 70 km/h; festgestellte Geschwindigkeit nach Toleranzabzug: 100 km/h) überschritten zu haben. Nach Nr. 11.3.5 des zum Tatzeitpunkt gültigen Bußgeldkataloges wurde gegen ihn eine Geldbuße in Höhe von 80 € verhängt. Gegen den Bußgeldbescheid hat der Beschwerdeführer rechtzeitig Einspruch eingelegt. Vor dem Amtsgericht Reutlingen fand am 28. Februar 2013 die Hauptverhandlung in öffentlicher Sitzung statt. Der Beschwerdeführer machte keine Angaben zur Sache, wies vielmehr lediglich darauf hin, dass aus seiner Sicht eine Identifizierung des Fahrers nicht möglich sei. Vom Amtsgericht wurde Termin zur Fortsetzung der Hauptverhandlung auf 14. März 2013 anberaumt.

3

2. Noch am 28. Februar 2013 ordnete das Amtsgericht Reutlingen die Durchsuchung der Wohnung des Beschwerdeführers zum Zwecke des Auffindens und der Beschlagnahme der vom Fahrer des Kraftrades getragenen Motorradbekleidung (Helm, Oberbekleidung, Handschuhe, Schuhe) sowie einer auf dem Tatfoto ebenfalls erkennbaren Armbanduhr an. Das Amtsgericht führte neben dem Tatvorwurf aus, dass es sich um eine beträchtliche Geschwindigkeitsüberschreitung handele. Bei der Schwere der Tat und der Stärke des Tatverdachts sei die Durchsuchung und darüber hinaus, wegen des gerichtlichen Bußgeldverfahrens (u.a. Vorbereitung eines anthropologischen Identitätsgutachtens oder eines Augenscheins durch das Gericht), auch die Beschlagnahme erforderlich und verhältnismäßig. Der Betroffene besitze eine Fahrerlaubnis für Krafträder und sei Halter des Fahrzeugs. Er räume die Tat nicht ein. Die Bilder der Messung zeigten unter anderem einen Helm, Schuhe und eine markante Oberbekleidung. Es stehe zu erwarten, dass die Gegenstände, so sie dem Beschwerdeführer gehörten, noch bei ihm aufgefunden werden könnten. Umgekehrt könne das Nichtauffinden des Helmes und der Jacke den Betroffenen vom Tatverdacht entlasten.

4

Der Beschluss wurde am 1. März 2013 vollzogen. Ausweislich des Durchsuchungsvermerks des Polizeireviers Metzingen habe die vorgefundene Bekleidung (Motorradjacke/Motorradschuhe) und zwei Motorradhelme nicht den auf dem Tatfoto erkennbaren Objekten entsprochen.

5

3. Mit Beschluss vom 8. März 2013 ordnete das Amtsgericht erneut die Durchsuchung der Wohnung des Betroffenen und die Beschlagnahme der genannten Gegenstände an. In seiner Begründung führte es aus, dass das Polizeirevier Metzingen den Beschluss vom 28. Februar 2013 nicht vollständig vollzogen habe. Die aufgefundenen Gegenstände, insbesondere die beiden Motorradhelme, seien nicht beschlagnahmt worden. Das Gericht sei vor dieser Abweichung vom Beschluss nicht informiert worden. Die Motorradhelme und die Motorradbekleidung seien auch nicht fotografiert worden. Zu der im Beschlusstenor aufgeführten Armbanduhr gebe es keine Stellungnahme. Es fehle an einem förmlichen Durchsuchungsprotokoll. Das Gericht habe erst auf Nachfrage nach dem Verbleib der Durchsuchungsergebnisse am 6. März 2013 erfahren, dass es sich bei dem Betroffenen um einen Kriminalbeamten der Landespolizeidirektion Tübingen handele. Dies sei dem Polizeirevier Metzingen bekannt gewesen. Durch die Vorgehensweise des Polizeireviers Metzingen sei die Überprüfung des Tatvorwurfs zwar erheblich erschwert und der Betroffene nunmehr gewarnt worden. Die Aufklärung sei jedoch nicht unmöglich. In der Hauptverhandlung könnten die mit der Vollziehung betrauten Polizeibeamten vernommen werden. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers sei die Beurteilung, ob Gegenstände den Betroffenen ent- oder belasteten, grundsätzlich nicht Aufgabe der Ermittlungsbeamten, sondern des erkennenden Gerichts. Die beschlagnahmten Gegenstände seien dem Gericht daher vorzulegen und in der Hauptverhandlung in Augenschein zu nehmen. Das Gericht habe ferner einen Sachverständigen für Anthropologie geladen.

6

Der neuerliche Durchsuchungsbeschluss wurde am 12. März 2013 vollzogen. Ausweislich des Durchsuchungsprotokolls des nunmehr beauftragten Polizeireviers Reutlingen habe sich die Durchsuchung auf sämtliche Räume erstreckt. Lediglich im Untergeschoss seien Helme und Motorradbekleidung - jedoch nicht in der Größe des Beschwerdeführers, sondern deutlich kleiner - aufgefunden worden. Von sämtlichen Gegenständen und auch der Armbanduhr des Beschwerdeführers seien Lichtbilder gefertigt worden. Eine Beschlagnahme sei nicht erfolgt.

7

4. Durch - inzwischen rechtskräftiges - Urteil auf Grund mündlicher Verhandlung wurde der Beschwerdeführer zu einer Geldbuße in Höhe von 80 Euro verurteilt. Im Verfahren waren ein Profilfoto des Beschwerdeführers sowie ein anthropologisches Gutachten, das eine Übereinstimmungswahrscheinlichkeit von zwischen 95 und 99% ergeben hatte, angefertigt worden.

8

5. Gegen beide Durchsuchungsbeschlüsse hat der Beschwerdeführer mit Schriftsätzen seines Prozessbevollmächtigten vom 20. August 2013 Beschwerde erhoben. Die richterliche Anordnung werde den rechtsstaatlichen Mindestanforderungen nicht gerecht. Der Beschluss sei bereits zu unbestimmt. Des Weiteren sei das Verhältnismäßigkeitsprinzip nicht gewahrt. Das Amtsgericht verkenne auch in eklatanter Weise, dass der Beschwerdeführer lediglich von seinem Schweigerecht Gebrauch gemacht habe. Das Amtsgericht habe vernachlässigt, dass die vollzogene Durchsuchung das Persönlichkeitsrecht des Beschwerdeführers schwerwiegend tangiere. Das Regelbußgeld bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 30 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften betrage demgegenüber lediglich 80 €. Ein Fahrverbot werde im Regelfall nicht verhängt. Allein hieraus ergebe sich, dass der Staat diesen Verstoß als minderes Unrecht einstufe. Auch habe kein starker Tatverdacht vorgelegen. Es sei allgemein bekannt, dass ein Fahrzeug nicht ausschließlich vom Halter benutzt, sondern gelegentlich auch Dritten überlassen werde. Zuletzt seien auch mildere Ermittlungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft worden, so dass der Grundrechtseingriff im Zeitpunkt seiner Entscheidung noch nicht erforderlich und verhältnismäßig gewesen sei. Als milderes Mittel hätte insbesondere die Einholung eines anthropologischen Sachverständigengutachtens zur Verfügung gestanden, da das Gesicht des Fahrers teilweise auf dem Foto erkennbar gewesen sei. Ein Gutachten hätte gegebenenfalls abgewartet werden müssen. Auch hätten beispielsweise Nachbarschaftsbefragungen durchgeführt oder die Führung eines Fahrtenbuches (§ 31a StVZO) angeordnet werden können.

9

Ergänzend wies der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde gegen den Beschluss vom 8. März 2013 darauf hin, dass nach der ersten Durchsuchung auch kein Hinweis darauf vorgelegen habe, dass sich im Haus weitere Motorradbekleidung befinde. Vielmehr sei festgestellt worden, dass die aufgefundene Motorradbekleidung gerade nicht der auf dem Beweisfoto entspreche. Zuletzt hätten auch vorrangig die Ermittlungsbeamten vor Erlass des zweiten Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlusses ergänzend befragt werden müssen. Den Beamten wäre möglicherweise eine Ergänzung ihres Berichts oder die Vorlage von Lichtbildern möglich gewesen. Dass das mit der Vollziehung beauftragte Polizeirevier Metzingen den ersten Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss nicht vollständig vollzogen habe, könne nicht zu Lasten des Beschwerdeführers gehen.

10

6. Das Landgericht Tübingen hat die Beschwerde gegen die Beschlüsse des Amtsgerichts Reutlingen vom 28. Februar 2013 und vom 8. März 2013 mit Beschluss vom 29. September 2014 als unbegründet verworfen.

11

Beide Durchsuchungsanordnungen seien rechtmäßig erlassen worden. Gegen den Betroffenen habe der Verdacht einer erheblichen Ordnungswidrigkeit bestanden, zu dem die Durchsuchungsmaßnahmen - auch unter Berücksichtigung des Gewichts des betroffenen Grundrechts aus Art. 13 GG - nicht außer Verhältnis gestanden hätten. Das Amtsgericht habe den Tatverdacht in seinen Beschlüssen exakt umschrieben. Es handele sich um eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 3 Abs. 3, § 49 StVO, § 24 StVG, die im Regelfall mit einer Geldbuße von 80 € zu ahnden sei und die Eintragung von drei Punkten im Verkehrszentralregister zur Folge habe. Der Tatverdacht habe sich aus der Haltereigenschaft des Beschwerdeführers für das betreffende Motorrad sowie einer gewissen Ähnlichkeit des auf den Überwachungsbildern abgebildeten Fahrzeugführers mit der Person, die auf dem bereits von der Bußgeldbehörde erhobenen Passfoto des Fahrzeughalters abgebildet gewesen sei, ergeben. Es sei deshalb zu vermuten gewesen, dass die Gegenstände beim Beschwerdeführer aufgefunden werden konnten.

12

Die Bekleidungsstücke seien vorliegend geeignete Beweismittel, da sie markante Besonderheiten aufwiesen. Die Durchsuchung sei auch erforderlich gewesen, da sich der Beschwerdeführer nicht zur Sache eingelassen habe. Das Amtsgericht habe sich pflichtgemäß durch Inaugenscheinnahme des Beschwerdeführers in einer ersten Hauptverhandlung davon überzeugt, dass eine weitere Aufklärung notwendig sei. Soweit der Beschwerdeführer darauf verweise, dass die Anordnung zur Führung eines Fahrtenbuchs ein milderes Mittel gewesen wäre, verkenne er, dass dieses Mittel zur Identifizierung des Fahrers im konkreten Verfahren ungeeignet gewesen wäre.

13

Das Amtsgericht habe auch nicht etwa vorrangig ein anthropologisches Sachverständigengutachten in Auftrag geben und dessen Ergebnis abwarten müssen. Ein derart gestuftes Vorgehen sei schon angesichts der kurzen Verjährungsfristen im Ordnungswidrigkeitenrecht nicht geboten. Darüber hinaus sei aber auch das Ergebnis eines solchen Gutachtens keineswegs absehbar. Vielmehr stelle es in Fällen wie dem vorliegenden häufig lediglich ein Indiz dar, das im Rahmen der Beweiswürdigung durch weitere Indizien untermauert oder entkräftet werden müsse. Mit einer derart hohen Übereinstimmungswahrscheinlichkeit, wie sie das Gutachten hier - mit 95 bis 99% - letztlich ergeben habe, sei aller Erfahrung nach nicht zu rechnen gewesen, zumal das Gesicht des Betroffenen auf den Überwachungsbildern lediglich im Profil mit Helm und nicht frontal abgebildet gewesen sei.

14

Das Amtsgericht habe die Durchsuchungsmaßnahme demnach ex ante als erforderlich ansehen dürfen. Dass es ihr gegenüber einer - von der Beschwerde für ein milderes Mittel gehaltenen - polizeilichen "Nachbarschaftsbefragung" oder "Er-mittlungen im Verwandtschaftsbereich" den Vorzug gegeben habe, sei rechtlich nicht zu beanstanden, zumal auch diese mit erheblichen belastenden Folgen für den Betroffenen verbunden gewesen wären. Im Übrigen hätten sich zusätzliche Ermittlungsansätze erst im Verlauf des weiteren Verfahrens ergeben. So sei eine Überprüfung der Arbeitszeiten des Betroffenen erst möglich geworden, als durch Nachforschungen des Gerichts nach den Gründen für den unvollständigen Vollzug des ersten Durchsuchungsbeschlusses seitens des beauftragten Polizeireviers aktenkundig geworden sei, dass es sich bei dem Betroffenen um einen Polizeibeamten gehandelt habe. Der Betroffene habe zuvor keine Angaben zur Berufstätigkeit gemacht.

15

Unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit sei ebenfalls nicht zu beanstanden, dass das Amtsgericht die Durchsuchung nach dem unvollständigen Vollzug der ersten Maßnahme erneut angeordnet habe. Eine Durchsuchungsanordnung berechtige nur zu einer einmaligen, einheitlichen Durchsuchung und sei mit deren Beendigung verbraucht. Nachdem sich aufgrund des Berichts des beauftragten Polizeireviers herausgestellt habe, dass der erste Beschluss unvollständig vollzogen und zum Beispiel nach der Armbanduhr gar nicht gesucht worden sei, habe eine erneute Durchsuchung deshalb einen weiteren Beschluss vorausgesetzt.

16

Schließlich sei die Anordnung der Durchsuchungen darüber hinaus - auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass es sich bei der vorgeworfenen Tat lediglich um eine Ordnungswidrigkeit handele - verhältnismäßig im engeren Sinne.

17

Zwar könne die Durchsuchung privater Wohnräume wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte unverhältnismäßig sein (unter Hinweis auf EGMR, III. Sektion, Urteil vom 28. April 2005 - 41604/98 -). Soweit der Beschwerdeführer diese Rechtsprechung für sich in Anspruch nehme, verkenne er allerdings, dass es sich im dort entschiedenen Fall um die Durchsuchung bei einem Dritten gehandelt habe, die strengeren Anforderungen unterliege und deshalb mit dem vorliegenden Sachverhalt - Durchsuchung beim Betroffenen - nicht vergleichbar sei.

18

Die vorliegend begangene Ordnungswidrigkeit sei zur Tatzeit im Regelfall - also bereits unter Berücksichtigung des Fehlens von Voreintragungen im Verkehrszentralregister - mit der hohen Geldbuße von 80 € geahndet worden und hatte herkömmlich drei Punkte im Verkehrszentralregister zur Folge. Mithin habe es sich um einen schwerwiegenden, nämlich besonders gefährlichen Verkehrsverstoß gehandelt (unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 2. November 2005 - 2 BvR 1307/05 -), der überdies im Wiederholungsfall gemäß § 4 Abs. 2 BKatV die Verhängung eines Fahrverbots indizieren könne. Auch nach neuer Rechtslage führe eine solche Tat zur Bewertung mit einem Punkt im Fahreignungs-Bewer-tungssystem, werde also weiterhin vom Verordnungsgeber als gewichtige Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit eingestuft. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Bekleidung des Fahrzeugführers gerade bei Motorradfahrern wegen der Verdeckung des Gesichts durch Helm und Visier ein wichtiges, vielfach ausschlaggebendes Indiz für die Fahrereigenschaft des Betroffenen darstelle, stehe die Durchsuchungsmaßnahme deshalb nicht außer Verhältnis zur Schwere der Tat.

II.

19

Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG sowie Art. 13 Abs. 1 und 2 GG. Er sieht in den Durchsuchungsanordnungen vor allem einen schwerwiegenden Eingriff in sein Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung und eine Missachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Der Eingriff stehe in einem erheblichen Missverhältnis zur Bedeutung der Angelegenheit und der gesetzlich angeordneten Rechtsfolge. Das Amtsgericht argumentiere bereits fehlerhaft, wenn es die Rechtfertigung der Beschlagnahme auch auf die Inanspruchnahme des Schweigerechts des Beschwerdeführers stütze. Eine Verhältnismäßigkeitsprüfung finde in den Beschlüssen des Amtsgerichts nicht statt; insbesondere setze sich dieses nicht mit der Schwere eines zweiten Grundrechtseingriffs bei vorangegangenem möglicher-weise fehlerhaftem Verhalten der Ermittlungsbehörden auseinander.

20

Vorliegend habe auch lediglich der Vorwurf einer geringfügigen Verkehrsordnungswidrigkeit im Raum gestanden, welche aufgrund fehlender Vorbelastungen bei dem Beschwerdeführer bereits im Bußgeldbescheid nicht mit einem Fahrverbot sanktioniert worden sei. Allein aus dem fehlenden Fahrverbot und der Geldbuße in Höhe von lediglich 80 € ergebe sich, dass der Gesetzgeber diesen Verstoß als eher minderes Unrecht einstufe.

21

Zudem hätten für das Amtsgericht mildere Ermittlungsmöglichkeiten zur Verfügung gestanden; insbesondere habe es ein anthropologisches Sachverständigengutachten einholen können. Schließlich ignoriere das Amtsgericht, dass der Beschwerdeführer gerade als Polizeibeamter durch die Vornahme staatlicher Zwangsmittel besonders empfindlich im Ansehen getroffen sei. Eine Durchsuchungsmaßnahme, insbesondere eine wiederholte, habe erhebliche Auswirkungen auf den Ruf, sei es durch die Wahrnehmung in der Nachbarschaft oder auch innerhalb der Familie.


III.

22

Das Justizministerium Baden-Württemberg hat von einer Stellungnahme abgesehen. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen.

IV.

23

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (§ 93b i.V.m. § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig und - in einer die Entscheidungszuständigkeit der Kammer gemäß § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG eröffnenden Weise - auch offensichtlich begründet; die für die Beurteilung maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits beantwortet.

24

1. Die angegriffenen Beschlüsse verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 und Abs. 2 GG.

25

Mit der Garantie der Unverletzlichkeit der Wohnung durch Art. 13 Abs. 1 GG erfährt die räumliche Lebenssphäre des Einzelnen einen besonderen grundrechtlichen Schutz, in den mit einer Durchsuchung schwerwiegend eingegriffen wird (vgl. BVerfGE 42, 212 <219 f.>; 96, 27 <40>; 103, 142 <150 f.>; 139, 245 <265>). Notwendiger und grundsätzlich auch hinreichender Anlass für Zwangsmaßnahmen im Straf-/Bußgeldverfahren ist der Verdacht einer Straftat/Ordnungswidrigkeit. Der Verdacht muss auf konkreten Tatsachen beruhen; vage Anhaltspunkte oder bloße Vermutungen reichen nicht aus (vgl. BVerfGE 44, 353 <381 f.>; 59, 95 <97 f.>; BVerfGK 1, 126 <131>).

26

Dem erheblichen Eingriff in die grundrechtlich geschützte Lebenssphäre des Betroffenen entspricht ein besonderes Rechtfertigungsbedürfnis nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. BVerfGE 20, 162 <186 f.>; 96, 44 <51>; 115, 166 <197>). Die Durchsuchung muss zum einen im Blick auf den bei der Anordnung verfolgten gesetzlichen Zweck Erfolg versprechend sein (vgl. BVerfGE 42, 212 <220>; 96, 44 <51>; 115, 166 <198>); dabei ist die Bedeutung des potentiellen Beweismittels für das Verfahren zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 115, 166 <197>). Zum anderen muss gerade diese Zwangsmaßnahme zur Ermittlung und Verfolgung der Straftat erforderlich sein; dies ist nicht der Fall, wenn andere, weniger einschneidende Mittel zur Verfügung stehen (BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 30. Juli 2015 - 1 BvR 1951/13 -, juris, Rn. 16; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 11. Januar 2016 - 2 BvR 1361/13 -, juris, Rn. 12). Insbesondere muss der jeweilige Eingriff schließlich auch in angemessenem Verhältnis zur Schwere der Tat und der Stärke des Tatverdachts stehen (vgl. BVerfGE 20, 162 <187>; 59, 95 <97>; 96, 44 <51>; 115, 166 <197>).

27

Die mit Beschlüssen des Amtsgerichts vom 28. Februar 2013 und vom 8. März 2013 zweifach angeordnete und mit Beschluss des Landgerichts vom 29. September 2014 bestätigte Durchsuchung genügt diesen Anforderungen nicht.

28

a) Bei dem Tatverdacht handelte es sich zwar nicht lediglich um eine Vermutung, da der Beschwerdeführer als Halter des Kraftrades ermittelt wurde und als Fahrer eine männliche Person erkennbar war. Die Durchsuchungsanordnungen waren auch geeignet, den mutmaßlichen Besitz des Beschwerdeführers an den in den Beschlüssen genannten Beweismitteln, die einen Tatnachweis liefern konnten, aufzuklären. Es lag auch kein formeller Begründungsmangel vor, denn der Tatvorwurf und die zu suchenden Beweismittel wurden bereits vom Amtsgericht ausreichend umschrieben, und das Landgericht hat sich ausführlich mit der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme auseinandergesetzt.

29

b) Das Amtsgericht konnte die Durchsuchungsmaßnahmen auch noch als erforderlich ansehen.

30

Die Beurteilung der Erforderlichkeit der Maßnahme muss sich an der Ermittlung und Verfolgung der bereits begangenen Tat messen lassen (vgl. BVerfGE 96, 44 <51>). Ein milderes Mittel war daher nicht bereits in der Möglichkeit der Verhängung einer Fahrtenbuchauflage (§ 31a StVZO) zu sehen. Denn dabei handelt es sich um ein Verwaltungsverfahren der nach Landesrecht zuständigen Behörde mit anderer Zielrichtung als das Bußgeldverfahren. Letzteres hat den Zweck, den Täter zu ermitteln und diesen im konkreten Fall zu sanktionieren. Eine Fahrtenbuchauflage dient demgegenüber der präventiven Abwehr von abstrakten Gefahren wegen künftiger ähnlicher Zuwiderhandlungen des Fahrers und der Ermittlung eines Betroffenen in etwaigen zukünftigen Verfahren (vgl. Gehrmann, in: Berz/Burmann, Handbuch des Straßenverkehrsrechts, 34. EL 2015, E. Fahrtenbuch I. 1.). Auch die vom Beschwerdeführer vorgebrachten möglichen Nachbarschaftsbefragungen/Ermittlungen im Verwandtschaftsbereich waren kein geeignetes milderes Mittel, da der Abgleich mit dem Tatfoto die ureigene Aufgabe des erkennenden Gerichts darstellt, die nicht anderen Personen übertragen werden kann. Allenfalls kann das Gericht einen Sachverständigen hinzuziehen.

31

Diese - hier vorhandene - Möglichkeit der Einholung eines anthropologischen Gutachtens kam als milderes Mittel zwar in Betracht. Aus der gebotenen ex ante-Perspektive erscheint es jedoch noch vertretbar, dass das Amtsgericht davon ausging, das anthropologische Gutachten werde nicht gleich wirksam sein wie die Durchsuchung und die etwaige Beschlagnahme der Motorradbekleidung und des Helmes beziehungsweise der Armbanduhr.

32

c) Entgegen der Auffassung des Landgerichts waren die Durchsuchungsmaßnahmen jedoch bei dieser Sachlage zur Ermittlung und Verfolgung der Ordnungswidrigkeit nicht mehr angemessen.

33

In Ordnungswidrigkeitenverfahren ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von ganz erheblicher Bedeutung (vgl. Burhoff, Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche Ordnungswidrigkeitenverfahren, 4. Aufl. 2014, Rn. 914). Bei der Abwägung zwischen den durch eine Ermittlungsmaßnahme beeinträchtigten Grundrechten und dem Verfolgungsinteresse des Staates ist zu berücksichtigen, dass der Vorwurf einer Ordnungswidrigkeit stets weniger schwer wiegt als der einer Straftat (vgl. Lampe, in: KK-OWiG, 4. Aufl. 2014, § 46 Rn. 13). Es ist bei der Angemessenheitsprüfung auch zu bedenken, dass im Bußgeldverfahren das öffentliche Interesse an der Ahndung aufgrund der Nichtgeltung des Legalitätsprinzips niedriger ist als im Strafverfahren (vgl. Gassner, in: HK-OWiG, 1. Aufl. 2016, § 46 Rn. 7). Daher ist im Bußgeldverfahren von Eingriffsbefugnissen in der Regel nach den Wertungen des Gesetzgebers zurückhaltender Gebrauch zu machen (vgl. Seitz, in: Göhler, OWiG, 16. Aufl. 2012, § 46 Rn. 10).

34

Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verlangt aber nicht, dass bei Ordnungswidrigkeiten generell von einer Durchsuchung (und Beschlagnahme) abgesehen wird (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 9. März 2005 - 2 BvR 1178/04 -, HRRS 2005 Nr. 313; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 27. Juli 2007 - 2 BvR 1994/02 -, juris, Rn. 20). Die Durchsuchung hat der Gesetzgeber gemäß § 46 Abs. 1 OWiG in Verbindung mit §§ 102, 103 StPO grundsätzlich auch im Bußgeldverfahren vorgesehen. Soweit durch Bußgeldvorschriften Eingriffe in die Sicherheit des Straßenverkehrs sanktioniert werden, dient die Prävention des Ordnungswidrigkeitenverfahrens jedenfalls auch dem Schutz der hochrangigen Rechtsgüter Leib und Leben (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 27. Juli 2007 - 2 BvR 254/07 - ZfSch 2007, S. 655 f.).

35

Eine schematische Untergrenze für intensivere Eingriffsmaßnahmen etwa im Hinblick auf die Bußgeldhöhe existiert jedenfalls nicht; vielmehr ist jeweils eine Abwägung im konkreten Einzelfall vorzunehmen. Dabei sind - unabhängig davon, ob es sich um eine Durchsuchung bei einem Betroffenen oder einer dritten Person handelt - unter anderem die Schwere der Tat und die Stärke des Tatverdachts, die Auffindewahrscheinlichkeit (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 27. Juli 2007 - 2 BvR 254/07 -, ZfSch 2007, S. 655 f.), etwa bereits vorliegendes oder anderweitig zu gewinnendes Beweismaterial, Inhalt und Umfang der Anordnung, Voreintragungen des Betroffenen im Verkehrszentralregister (vgl. LG Itzehoe, Beschluss vom 10. Oktober 2008 - 1 Qs 143/08 -, juris, Rn. 13), die Art der betroffenen Räumlichkeiten und Schutzvorkehrungen zur Beschränkung der Maßnahme zu berücksichtigen (vgl. EGMR, III. Sektion, Urteil vom 28. April 2005 - 41604/98 -, NJW 2006, S. 1495 ff.). Auch nicht aufzuklärende vorausgegangene Ordnungswidrigkeiten mit dem gleichen Kraftfahrzeug können mit in Betracht zu ziehen sein (vgl. LG Mühlhausen, Beschluss vom 24. September 2008 - 3 Qs 153/08 -, juris, Rn. 25).

36

Die demnach vorzunehmende Abwägung aller Kriterien führt im vorliegenden Fall zur Unverhältnismäßigkeit der Durchsuchungsanordnungen.

37

Zwar war der Tatverdacht nicht unerheblich und nicht lediglich auf Vermutungen gegründet (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 22. März 1999 - 2 BvR 2158/98 -, juris, Rn. 11; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 4. März 2008 - 2 BvR 103/04 -, juris, Rn. 24). Insoweit waren die Haltereigenschaft und nach der Einschätzung des erkennenden Gerichts die Ähnlichkeit der Person auf dem Überwachungsfoto mit dem Betroffenen jedenfalls ausreichende Indizien.

38

Das Gewicht der Ordnungswidrigkeit sowie die auf Grund der guten Qualität der vorhandenen Beweismittelfotos erfolgversprechende Möglichkeit einer Identitätsfeststellung durch Einholung eines anthropologischen Gutachtens sprachen im vorliegenden Fall jedoch gegen den mit einer Wohnungsdurchsuchung verbundenen erheblichen Eingriff in das Grundrecht des Beschwerdeführers aus Art. 13 Abs. 1 und Abs. 2 GG. Zwar handelt es sich bei der vorgeworfenen Ordnungswidrigkeit nicht um eine Bagatelle (vgl. dazu z.B. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 7. September 2006 - 2 BvR 1141/05 -, juris, Rn. 17), aber auch nicht - wie von den Fachgerichten angenommen - um eine "beträchtliche" Geschwindigkeitsüberschreitung. Die Geldbuße nach Nr. 11.3.5 des zum Tatzeitpunkt gültigen Bußgeldkatalogs in Höhe von 80 € befand sich vielmehr am unteren Rand der Geschwindigkeitsüberschreitungen mit Krafträdern, die überhaupt zu einer Eintragung im Verkehrszentralregister führten. Ein Fahrverbot war im Regelfall bei erstmaliger Begehung nicht vorgesehen (zur Relevanz eines drohenden Fahrverbots vgl. z.B. LG Freiburg, Beschluss vom 3. Februar 2014 - 3 Qs 9/14 -, SVR 2014, S. 275, juris, Rn. 8).

39

Es waren auch keine erschwerenden Umstände bei der dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Tat erkennbar. Die Geschwindigkeitsüberschreitung trug sich außerhalb geschlossener Ortschaften zu und wies somit nicht die gleiche abstrakte Gefährlichkeit auf wie eine Geschwindigkeitsüberschreitung in gleicher Höhe innerhalb einer geschlossenen Ortschaft (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 2. November 2005 - 2 BvR 1307/05 -). Gegen die Durchsuchungsanordnungen ist zudem anzuführen, dass bei dem Beschwerdeführer keine Voreintragungen im Verkehrszentralregister vorlagen. Weiter war mit der Wohnung die Privatsphäre des Beschwerdeführers betroffen und nicht etwa lediglich nicht besonders privilegierte Geschäftsräumlichkeiten (vgl. z.B. LG Mühlhausen, a.a.O., juris, Rn. 23).

40

Insbesondere aber haben Amtsgericht und Landgericht verkannt, dass im vorliegenden Einzelfall wegen der guten Qualität der Beweismittelfotos die Einholung eines anthropologischen Gutachtens nahe lag und jedenfalls die sofortige, noch dazu mehrfache Anordnung der Wohnungsdurchsuchung deshalb zurückzustehen hatte (vgl. dazu - allerdings bereits im Rahmen der Prüfung der Erforderlichkeit der Maßnahme - LG Zweibrücken, Beschluss vom 22. Dezember 1998 - 1 Qs 1168/98 -, NStZ-RR 1999, S. 339). Denn bei dem - vom Amtsgericht auch eingeholten - Gutachten nach Bildern handelte es sich um ein erheblich milderes Mittel als es die Durchsuchung darstellt. Insoweit hätte das Amtsgericht die Tauglichkeit der Überwachungsbilder für ein Gutachten zunächst mit dem Sachverständigen abklären und gegebenenfalls die Erstellung des Gutachtens abwarten müssen (zu den Anforderungen an ein anthropologisches Identitätsgutachten, bei welchem es sich nicht um ein standardisiertes Verfahren handelt, vgl. z.B. BGH, Urteil vom 15. Februar 2005 - 1 StR 91/04 -, NStZ 2005, S. 458 <459 f.>).

41

Dem können nicht - wie das Landgericht meint - die "regelmäßig kurzen Verjährungsfristen" im Ordnungswidrigkeitenrecht entgegengehalten werden. Die Verjährungsfrist beträgt gemäß § 26 Abs. 3 StVG bei einer Verkehrsordnungswidrigkeit nach § 24 StVG ab Erlass eines Bußgeldbescheides sechs Monate. Diese sechsmonatige Verjährungsfrist wird allerdings durch jede Anberaumung einer Hauptverhandlung (§ 33 Abs. 1 Nr. 11 OWiG) und auch jede Beauftragung eines Sachverständigen durch die Verfolgungsbehörde oder den Richter, wenn der Betroffene vernommen oder ihm die Einleitung des Ermittlungsverfahrens bekanntgegeben worden ist (§ 33 Abs. 1 Nr. 3 OWiG), unterbrochen. Die absolute Verjährungsfrist beträgt dann zwei Jahre nach der Tat (§ 33 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 31 Abs. 3 OWiG).

42

Es war dem Gericht zuzumuten, innerhalb der nach Beauftragung des Sachverständigen neu anlaufenden sechsmonatigen Verjährungsfrist auf die fristgerechte Erstellung des Gutachtens hinzuwirken. Dass die Durchsuchung nach der Motorradbekleidung und der Armbanduhr des Betroffenen möglicherweise noch wirksamer oder jedenfalls zusätzlich notwendig sein konnte, kann die Angemessenheit der Maßnahme - angesichts des geringeren Gewichts der vorgeworfenen Geschwindigkeitsüberschreitung außerhalb geschlossener Ortschaften ohne Regelfahrverbot und unter Berücksichtigung der fehlenden Voreintragungen für den Betroffenen im Verkehrszentralregister - nicht begründen. Die Gewinnung aller bestmöglichen Beweismittel mittels einer Wohnungsdurchsuchung war in dieser Konstellation im Hinblick auf das Gewicht des Grundrechts aus Art. 13 Abs. 1 und Abs. 2 GG nicht verhältnismäßig.

43

2. Die angegriffene Entscheidung des Landgerichts war gemäß § 95 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG aufzuheben und die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen, das noch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden hat.

44

Das Land Baden-Württemberg hat dem Beschwerdeführer gemäß § 34a Abs. 2 BVerfGG die notwendigen Auslagen zu erstatten. Die Festsetzung des Werts des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG (vgl. dazu BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).

(1) Die Wohnung ist unverletzlich.

(2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.

(3) Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, daß jemand eine durch Gesetz einzeln bestimmte besonders schwere Straftat begangen hat, so dürfen zur Verfolgung der Tat auf Grund richterlicher Anordnung technische Mittel zur akustischen Überwachung von Wohnungen, in denen der Beschuldigte sich vermutlich aufhält, eingesetzt werden, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos wäre. Die Maßnahme ist zu befristen. Die Anordnung erfolgt durch einen mit drei Richtern besetzten Spruchkörper. Bei Gefahr im Verzuge kann sie auch durch einen einzelnen Richter getroffen werden.

(4) Zur Abwehr dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit, insbesondere einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr, dürfen technische Mittel zur Überwachung von Wohnungen nur auf Grund richterlicher Anordnung eingesetzt werden. Bei Gefahr im Verzuge kann die Maßnahme auch durch eine andere gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden; eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen.

(5) Sind technische Mittel ausschließlich zum Schutze der bei einem Einsatz in Wohnungen tätigen Personen vorgesehen, kann die Maßnahme durch eine gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden. Eine anderweitige Verwertung der hierbei erlangten Erkenntnisse ist nur zum Zwecke der Strafverfolgung oder der Gefahrenabwehr und nur zulässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt ist; bei Gefahr im Verzuge ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen.

(6) Die Bundesregierung unterrichtet den Bundestag jährlich über den nach Absatz 3 sowie über den im Zuständigkeitsbereich des Bundes nach Absatz 4 und, soweit richterlich überprüfungsbedürftig, nach Absatz 5 erfolgten Einsatz technischer Mittel. Ein vom Bundestag gewähltes Gremium übt auf der Grundlage dieses Berichts die parlamentarische Kontrolle aus. Die Länder gewährleisten eine gleichwertige parlamentarische Kontrolle.

(7) Eingriffe und Beschränkungen dürfen im übrigen nur zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, auf Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot, zur Bekämpfung von Seuchengefahr oder zum Schutze gefährdeter Jugendlicher vorgenommen werden.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) In gerichtlichen Verfahren, die nur durch Antrag eingeleitet werden, schuldet die Kosten, wer das Verfahren des Rechtszugs beantragt hat, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Die Gebühr für den Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs schuldet jeder, der an dem Abschluss beteiligt ist.

(1) Soweit eine Entscheidung nach § 78 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Gericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Verfahrensgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. Satz 1 gilt nicht, wenn

1.
Gegenstand des Verfahrens eine bestimmte Geldsumme in Euro ist,
2.
zumindest für den Regelfall ein fester Wert bestimmt ist oder
3.
sich der Wert nach den Vorschriften dieses Gesetzes unmittelbar aus einer öffentlichen Urkunde oder aus einer Mitteilung des Notars (§ 39) ergibt.
In den Fällen des Satzes 2 setzt das Gericht den Wert nur fest, wenn ein Zahlungspflichtiger oder die Staatskasse dies beantragt, oder wenn es eine Festsetzung für angemessen hält.

(2) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen des Hauptgegenstands oder wegen der Entscheidung über den Geschäftswert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung wegen des Hauptgegenstands Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Geschäftswert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden bei einer Rechtsbeschwerde innerhalb der Frist für die Begründung Anträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Wert ist durch den Geschäftswert des ersten Rechtszugs begrenzt. Dies gilt nicht, soweit der Gegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung der Sprungrechtsbeschwerde ist Gegenstandswert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) Soweit sich in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt und er auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen.

(2) Soweit sich in einer nichtvermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt, ist er unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beteiligten, nach billigem Ermessen zu bestimmen, jedoch nicht über 1 Million Euro.

(3) Bestehen in den Fällen der Absätze 1 und 2 keine genügenden Anhaltspunkte für eine Bestimmung des Werts, ist von einem Geschäftswert von 5 000 Euro auszugehen.

(4) Wenn sich die Gerichtsgebühren nach den für Notare geltenden Vorschriften bestimmen, sind die für Notare geltenden Wertvorschriften entsprechend anzuwenden. Wenn sich die Notargebühren nach den für Gerichte geltenden Vorschriften bestimmen, sind die für Gerichte geltenden Wertvorschriften entsprechend anzuwenden.