Oberlandesgericht München Beschluss, 04. Apr. 2017 - 1 AR 68/17

bei uns veröffentlicht am04.04.2017

Gericht

Oberlandesgericht München

Tenor

1. Die Anfechtung der Bewilligungsentscheidung der Generalstaatsanwaltschaft München vom 13.03.2017 hat sich erledigt.

2. Die Auslieferung des Verfolgten an die bulgarischen Behörden zur Strafverfolgung wegen der im Europäischen Haftbefehl der Bezirksstaatsanwaltschaft V. vom 28.07.2015, Gz.: ..., aufgeführten Straftaten wird mit der Maßgabe für zulässig erklärt, dass der Verfolgte in Bulgarien ausschließlich in der Haftanstalt St. W. inhaftiert und dort in einem Haftraum untergebracht wird, in dem ihm eine Fläche von mindestens 4 Quadratmetern zur Verfügung steht.

Gründe

I.

Hinsichtlich des bisherigen Verfahrensgangs wird auf die Senatsentscheidungen vom 02.09.2016, 13.09.2016, 19.10.2016, 17.11.2016 und 19.01.2017 Bezug genommen. Der Verfolgte hat sich bereits am 23.08.2016 zu Protokoll des Ermittlungsrichters des Amtsgerichts München mit seiner vereinfachten Auslieferung nach Bulgarien einverstanden erklärt. Am 02.09.2016 hat der Senat gegen ihn Auslieferungshaft angeordnet und den Auslieferungshaftbefehl gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die vorgenannten Senatsentscheidungen Bezug genommen.

Mit Verfügung vom 13.03.2017 hat die Generalstaatsanwaltschaft München die Auslieferung des Verfolgten an die bulgarischen Behörden zum Zwecke der Strafverfolgung wegen der im Europäischen Haftbefehl der Bezirksstaatsanwaltschaft V. vom 28.07.2017, Gz.: aufgeführten Straftaten bewilligt. Auf die Beachtung des Grundsatzes der Spezialität wurde hierbei nicht verzichtet.

Mit Schriftsatz seines Rechtsbeistands vom 17.03.2017, eingegangen bei der Generalstaatsanwaltschaft München am 20.03.2017, hat der Verfolgte diese Bewilligungsentscheidung der Generalstaatsanwaltschaft München angefochten.

Mit weiterem Schriftsatz vom 17.03.2017 hat der Rechtsbeistand des Verfolgten für diesen beim Oberlandesgericht München beantragt, die Entscheidung der Generalstaatsanwaltschaft „über die Zulässigkeit der Auslieferung“ vom 13.03.2017 für unzulässig zu erklären und aufzuheben, die Auslieferung für unzulässig zu erklären und den Auslieferungshaftbefehl vom 02.09.2016 aufzuheben, hilfsweise den Aufschub der Auslieferung anzuordnen.

Die Generalstaatsanwaltschaft München hat mit Schreiben vom 24.03.2017 beantragt, gem. § 29 Abs. 2 IRG über die Zulässigkeit der Auslieferung zu entscheiden.

Im Hinblick auf ein vom Verfolgten im Schriftsatz seines Rechtsbeistands vom 17.03.2017 für möglich gehaltenes Bewilligungshindernis gem. § 83b Abs. 2 Nr. 1 IRG hat die Generalstaatsanwaltschaft München mit Schreiben vom 30.03.2017 mitgeteilt, dass sie nicht beabsichtigt, ein Bewilligungshindernis gem. § 83b Abs. 2 Nr. 1 IRG geltend zu machen bzw. die aufgrund der Antragstellung gem. § 29 Abs. 2 IRG nach erfolgter Zulässigkeitsentscheidung von ihr erneut zu treffende Bewilligungsentscheidung unter die Bedingung der Rücküberstellung zur Strafvollstreckung zu stellen. Dies hat sie wie folgt begründet:

„Im vorliegenden Fall wäre die Auslieferung eines Deutschen gem. § 80 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 IRG zulässig.

Die dem Europäischen Haftbefehl der Bezirksstaatsanwaltschaft V. vom 28.07.2015, Gz.: zugrunde liegenden Taten weisen einen maßgeblichen Bezug zu Bulgarien als ersuchendem Mitgliedsstaat im Sinne von § 80 Abs. 1 Satz 2 IRG auf. Die entsprechenden Tathandlungen wurden in Bulgarien begangen; auch ist der Erfolg der Tathandlungen dort eingetreten.

Die Generalstaatsanwaltschaft München beabsichtigt auch nicht, anlehnend an § 80 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 IRG die Auslieferung unter der Bedingung zu bewilligen, dass der Verfolgte im Falle der Verhängung einer rechtskräftigen Freiheitsstrafe auf seinen Wunsch zur Vollstreckung in die Bundesrepublik Deutschland zurück zu überstellen ist. Maßgeblich für dieses Ergebnis sind die folgenden Erwägungen:

Zwar ist der geschiedene Verfolgte bei Zugrundelegung der von ihm bzw. seinem Rechtsbeistand im Laufe des Auslieferungsverfahrens erfolgten Ausführungen bereits seit 2001 in der Bundesrepublik Deutschland wohnhaft. Auch ist er Vater eines mittlerweile 25-jährigen Sohnes, der jedoch nicht mehr bei ihm in einem Haushalt lebt und in München Geographie studiert. Auch ist der Verfolgte Eigentümer des von ihm bewohnten Hauses in … (Deutschland). Schließlich ist er seit 2001 als Kellner in einem Speiserestaurant beschäftigt.

Gleichwohl ist bei Berücksichtigung dieser Umstände nicht von einer derart persönlichen bzw. sozialen Einbindung in Deutschland auszugehen, die letztlich es zwingend gebietet, die Auslieferung unter der Bedingung der Rücküberstellung zu bewilligen. Vorliegend ist nicht ersichtlich, dass der Verfolgte ein unabweisbares Interesse an einer Resozialisierung im deutschen Strafvollzug hätte, sodass eine Inhaftierung im bulgarischen Strafvollzug als unbillige Härte erscheinen würde.

Insoweit ist zu berücksichtigen, dass es sich bei dem ersuchenden Staat um den Heimatstaat des Verfolgten handelt, d. h. im Falle einer Inhaftierung wären keine sprachlichen Probleme zu befürchten, die einer Resozialisierung durchgreifend entgegenstehen würden. Umgekehrt ist vielmehr zu berücksichtigen, dass die deutschen Sprachkenntnisse des Verfolgten trotz seines langjährigen Aufenthalts noch nicht vergleichbar ausgeprägt sind, da sich der Verfolgte im Rahmen der mündlichen Anhörungen vor dem Amtsgericht München am 23.08.2016 und am 26.09.2016 einer Dolmetscherin bedienen musste. Demnach erschiene eine Resozialisierung im deutschen Strafvollzug schon im Hinblick auf die noch eingeschränkten Kenntnisse des Verfolgten der deutschen Sprache von vornherein schwieriger als im bulgarischen Strafvollzug.

Zur familiären Situation des Verfolgten ist auszuführen, dass dieser zwar Vater eines Sohnes ist.

1 AR 328/16 - Seite 4 Der Sohn ist jedoch bereits 25 Jahre alt und als Student mit eigenem Hausstand nicht von einem persönlichen Kontakt mit dem Verfolgten vergleichbar abhängig wie z. B. als Minderjähriger.

Auch die langjährige Beschäftigung des Verfolgten in einem Speiserestaurant führt zu keiner anderen Beurteilung. Diese Arbeitsstelle würde der Verfolgte im Falle einer Verbüßung von einer nicht nur völlig unwesentlichen Freiheitsstrafe auch im deutschen Strafvollzug ohnehin verlieren.

Letztlich entscheidend für die Entscheidung, die Auslieferung nicht unter der Bedingung der Rücküberstellung zu bewilligen, ist aber der Gesichtspunkt, dass der Verfolgte letztlich in Bulgarien nach Mitteilung der bulgarischen Behörden mit der Verhängung einer Freiheitsstrafe von maximal 8 Monaten zu rechnen hat. Selbst im Falle einer Vollverbüßung im bulgarischen Strafvollzug erscheint bei Berücksichtigung der maximal möglichen Strafdauer im Hinblick auf das vorhandene Wohneigentum sowie seine familiären Kontakte in Deutschland, woran erneut angeknüpft werden könnte, eine Rückkehr in die Bundesrepublik bzw. in das Alltagsleben unproblematisch und ohne wesentliche Aufwendungen zur Resozialisierung möglich."

Diese Begründung hat die Generalstaatsanwaltschaft München gem. § 79 Abs. 3 Satz 2, 2. Halbsatz IRG dem Verfolgten und seinem Rechtsbeistand bekannt gemacht.

ii. Die Anfechtung der Bewilligungsentscheidung vom 13.03.2017 ist prozessual überholt und hat sich daher erledigt.

Die Anfechtung der Bewilligungsentscheidung vom 13.03.2017 war zulässig und wurde auch zu Recht vor dem Oberlandesgericht München erhoben.

Zwar handelt es sich bei der Anfechtung einer Bewilligung der Auslieferung um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nicht verfassungsrechtlicher Art im Sinne von § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Streitigkeit ist jedoch durch § 13 Abs. 1 Satz 1 IRG den ordentlichen Gerichten und hierbei den Oberlandesgerichten zugewiesen (§ 40 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz VwGO).

§ 13 Abs. 1 Satz 1 IRG bestimmt, dass die gerichtlichen Entscheidungen vorbehaltlich der §§ 21, 22 und 39 Abs. 2 IRG das Oberlandesgericht erlässt. Diese Bestimmung regelt nicht nur die sachliche Zuständigkeit in Auslieferungssachen innerhalb der ordentlichen Gerichtsbarkeit, sondern enthält zugleich eine Rechtswegzuweisung an die ordentlichen Gerichte im Sinne von § 40 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz VwGO (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18.05.2010 - 1 B 1/10, BVerwGE 137, 52).

Die Konzentration der gerichtlichen Überprüfung in Auslieferungssachen bei den Oberlandesgerichten entspricht dem Willen des Gesetzgebers und dem mit der Gesamtregelung des Europäischen Haftbefehlsgesetzes verfolgten Zweck, die Auslieferungsverfahren innerhalb der Europäischen Union zu beschleunigen und die mit einem gespaltenen Rechtsweg verbundenen Nachteile zu vermeiden (vgl. BT-Drs. 16/1024, S. 13).

Für die Entscheidung über eine Anfechtung der Bewilligungsentscheidung der Generalstaatsanwaltschaft vom 13.03.2017 ist daher entsprechend der allgemeinen Regel in § 13 Abs. 1 Satz 1 IRG das Oberlandesgericht München zuständig.

Von der Frage des Rechtswegs und der sachlichen Zuständigkeit ist die Frage zu unterscheiden, ob die Anfechtung der konkreten Bewilligungsentscheidung zulässig ist.

Das Bundesverfassungsgericht hält die Überprüfung von Bewilligungsentscheidungen für nicht bzw. nur eingeschränkt für möglich (vgl. BVerfG, Beschluss v. 09.06.2015 - 2 BvR 965/15), wobei das Bundesverfassungsgericht dabei davon ausging, dass die rechtlichen Voraussetzungen der Auslieferung im gerichtlichen Zulässigkeitsverfahren geklärt werden. In diesen Fällen stelle sich die nachfolgende Bewilligungsentscheidung gemäß § 12 IRG anders als die gerichtliche Zulässigkeitsentscheidung als Entscheidung der Bewilligungsbehörde gegenüber dem ersuchenden Staat dar.

Im Hinblick auf die Rechtschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG kann diese Überlegung aber nur in denjenigen Fällen zu einer Unanfechtbarkeit der Bewilligungsentscheidung führen, in denen die Oberlandesgerichte im Rahmen der Zulässigkeitsentscheidung alle subjektiven öffentlichen Rechtspositionen des Verfolgten umfassend berücksichtigt haben und die Entscheidung insoweit nicht (allein) der Bewilligungsbehörde überlassen haben. Im Falle einer positiven Zulässigkeitsentscheidung verbleibt der Bewilligungsbehörde, ungeachtet ihrer aus Art. 1 Abs. 3 und Art. 20 Abs. 3 GG folgenden Pflicht zur eigenen Rechtmäßigkeitskontrolle einerseits und etwaiger völkerrechtlicher Bindungen andererseits, ein gerichtlich allenfalls eingeschränkt überprüfbarer außenpolitischer Entscheidungsspielraum (vgl. BVerfG, Beschluss v. 25.11.2008 -2 BvR 2196/08).

Etwas anderes gilt auch nicht im Auslieferungsverkehr zwischen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. In diesem Zusammenhang stellt sich nach den §§ 78 ff. IRG die Bewilligung als rechtlich eingebettete Entscheidung der Bewilligungsbehörde dar. § 79 Abs. 1 IRG statuiert insoweit eine grundsätzliche Pflicht zur Bewilligung, welche nur unter den in den folgenden Normen explizit genannten Gründen, namentlich unter den Voraussetzungen von § 83b IRG, abgelehnt werden kann. Bei Auslieferungen an einen Mitgliedsstaat der Europäischen Union erlangt die Bewilligungsentscheidung damit den Charakter einer gegenüber dem Verfolgten die gesetzlichen Voraussetzungen für den Grundrechtseingriff konkretisierenden Maßnahme.

Diese muss wegen der Rechtsweggarantie aus Art. 19 Abs. 4 GG der gerichtlichen Kontrolle unterliegen (BVerfGE 113, 273). § 79 Abs. 2 u. Abs. 3 IRG sehen dies für die dort geregelten Teilbereiche auch vor. Daraus, dass der hier vorliegende Fall dort nicht geregelt ist, folgt nicht, dass insoweit eine gerichtliche Kontrolle der Bewilligungsentscheidung nicht eröffnet wäre.

Geht eine Bewilligungsentscheidung über die Zulässigkeitsentscheidung des Oberlandesgerichts hinaus bzw. deckt sie nicht alle in der Zulässigkeitsentscheidung aufgeführten Kriterien ab, so ist die Bewilligungsentscheidung isoliert anfechtbar. Denn in diesem Fall kommt der Bewilligungsentscheidung gleichsam ein eigener Regelungsgehalt zu, schon deswegen muss eine eigenständige gerichtliche Überprüfung der Bewilligungsentscheidung möglich sein.

Nachdem sich vorliegend der Verfolgte mit seiner vereinfachten Auslieferung einverstanden erklärt hatte und somit ein Fall von § 41 Abs. 1 IRG vorlag, konnte die Generalstaatsanwaltschaft gem. § 12 IRG auch ohne gerichtliche Zulässigkeitsentscheidung über die Bewilligung der Auslieferung entscheiden. Gleichwohl hat sie die Senatsentscheidungen vom 13.09.2016, 19.10.2016, 17.11.2016 und 19.01.2017 abgewartet, in denen Anforderungen an die Haftbedingungen für den Verfolgten in Bulgarien gestellt wurden, und hat erst danach am 13.03.2017 über die Bewilligung der Auslieferung entschieden.

Hierbei hat sie berücksichtigt, dass sich nach der letzten Senatsentscheidung im gegenständlichen Auslieferungsverfahren vom 19.01.2017 die ständige Rechtsprechung des Senats geändert hat, soweit der ersuchende Staat eine EU-Mitgliedsstaat ist.

Insoweit hält es der Senat seit seiner, eine Auslieferung nach Rumänien betreffenden, Entscheidung vom 20.02.2017 (OLG München, Beschluss vom 20. Februar 2017 - 1 AR 68/17 -, juris) nicht länger für erforderlich, dass der ersuchende EU-Mitgliedsstaat zu den Haftbedingungen eine völkerrechtlich verbindliche Zusicherung abgibt. Ausreichend sind insoweit nun auch nach Ansicht des Senats „zusätzliche Informationen“ im Sinne der diesbezüglichen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 05.04.2016 in der verbundenen Rechtssache Aranyosi und Cäldäraru - C 404/15 und C 659/15).

Auch zu der Frage, ob der ersuchende Staat ein Besuchsrecht für diplomatische bzw. konsularische Vertreter zuzusichern hat (was insbesondere auch der Kontrolle der Haftbedingungen dienen soll), hat der Senat seit der vorgenannten Entscheidung vom 20.02.2017 seine Rechtsprechung geändert. Handelt es sich bei dem ersuchenden Staat um eine EU-Mitgliedsstaat, so hält der Senat wegen des Grundsatzes des Vertrauens zwischen den Mitgliedsstaaten der EU (vgl. Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 05.04.2016 in der verbundenen Rechtssache Aranyosi und Cäldäraru - C 404/15 und C 659/15) seither nicht länger für erforderlich, dass der ersuchende Mitgliedsstaat die Möglichkeit von Besuchen diplomatischer bzw. konsularischer Vertreter zusichert.

Es kann dahinstehen, ob unter Berücksichtigung der vorgenannten Umstände der Bewilligungsentscheidung vom 13.03.2017 überhaupt ein eigener Regelungsgehalt zukam, denn jedenfalls ist die Bewilligungsentscheidung vom 13.03.2017 prozessual dadurch überholt, dass die Generalstaatsanwaltschaft selbst im Hinblick auf die zahlreichen Anträge des Verfolgten vom 17.03.2017 mit Schreiben vom 24.03.2017 gemäß § 29 Abs. 2 IRG beantragt hat, über die Zulässigkeit der Auslieferung zu entscheiden.

Bereits durch diesen Antrag ist die Bewilligungsentscheidung vom 13.03.2017 prozessual überholt und hat sich dadurch erledigt. Ergänzend hat die Generalstaatsanwaltschaft mit Schreiben vom 30.03.2017 mitgeteilt, dass sie nach der auf ihren Antrag hin ergehenden Zulässigkeitsentscheidung eine neue Bewilligungsentscheidung „in Anlehnung an die Zulässigkeitsentscheidung des Senats“ treffen wird. Auch aus diesem Grund ist die Anfechtung der Bewilligungsentscheidung vom 13.03.2017 prozessual überholt und hat sich dadurch erledigt.

Aufgrund des Antrags des Verfolgten vom 17.03.2017 und des Antrags der Generalstaatsanwaltschaft vom 24.03.2017 war nunmehr auf der Grundlage der vorgenannten Änderungen der Rechtsprechung des Senats und der Mitteilung der Generalstaatsanwaltschaft, kein Bewilligungshindernis gem. § 83b Abs. 2 Nr. 1 IRG geltend zu machen bzw. die Bewilligung nicht unter die Bedingung der Rücküberstellung zur Strafvollstreckung stellen zu wollen, über die Zulässigkeit der Auslieferung zu entscheiden.

Das dem Verfolgten unter Ziffer I. 1. des Europäischen Haftbefehls der Bezirksstaatsanwaltschaft V. vom 28.07.2015, Gz.: ... zur Last gelegte Verhalten ist nach bulgarischem Recht nach Art. 278 Abs. 1 des bulgarischen Strafgesetzbuches strafbar. Es ist auch nach deutschem Recht strafbar gemäß § 246 Abs. 1 des deutschen Strafgesetzbuchs.

Das dem Verfolgten unter Ziffer I. 2. des Europäischen Haftbefehls der Bezirksstaatsanwaltschaft V. vom 28.07.2015, Gz.: ..., zur Last gelegte Verhalten ist nach bulgarischem Recht strafbar gemäß Art. 278 a Abs. 4 i. V. m. Art. 1, 20 Abs. 2 des bulgarischen Strafgesetzbuchs. Insoweit liegt eine Katalogtat gemäß Art. 2 Abs. 2 RbEuHB (illegaler Handel mit Kulturgütern, einschließlich Antiquitäten und Kunstgegenstände) vor, die nach bulgarischem Recht mit einer freiheitsentziehenden Sanktion im Höchstmaß von mindestens drei Jahren bedroht ist, sodass die beiderseitige Strafbarkeit nach § 81 Nr. 4 IRG nicht zu prüfen ist.

Die Auslieferungsfähigkeit ergibt sich weiterhin aus § 81 Nr. 1 IRG.

Auslieferungshindernisse nach §§ 2 ff., 80, 81, 83 IRG sind weiterhin nicht ersichtlich.

§ 83b Abs. 2 Nr. 2 IRG ist vorliegend nicht anwendbar, da es sich nicht um eine Auslieferung zur Strafvollstreckung, sondern zur Strafverfolgung handelt.

Wegen des langjährigen Aufenthalts des Verfolgten in Deutschland kommt dagegen ein Bewilligungshindernis gem. § 83b Abs. 2 Nr. 1 IRG in Betracht.

Die Generalstaatsanwaltschaft München hat bereits mitgeteilt, dass sie nicht beabsichtigt, ein entsprechendes Bewilligungshindernis geltend zu machen und auch nicht beabsichtigt, die Bewilligung unter die Bedingung der Rücküberstellung zur Strafvollstreckung zu stellen. Dies hat sie, wie oben unter I. ausgeführt, begründet. Es handelt sich hierbei um eine Ermessensentscheidung.

Die Ermessensentscheidung der Bewilligungsbehörde, ein entsprechendes Bewilligungshindernis nicht geltend zu machen, kann vom Senat im Rahmen der Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung nur auf Ermessensfehler überprüft werden (vgl. Grützner/Pötz/Kress/Böse, Internationaler Rechtshilfeverkehr in Strafsachen, 3. Aufl., § 79 IRG Rn. 19) und hält vorliegend der rechtlichen Nachprüfung stand.

Bei der Beurteilung, ob ein fakultatives Bewilligungshindernis geltend gemacht wird, ist der Bewilligungsbehörde ein Wertungsspielraum eröffnet (vgl. EuGH-Urteil vom 06.10.2009 in NJW 2010, 283 und Grützner/Pötz/Kress/Böse, § 79 IRG Rn. 20). Dieser Wertungsspielraum ist vorliegend eingehalten.

Es handelt sich zudem um eine Auslieferung in das Heimatland des Verfolgten. Dies stellt regelmäßig keine besondere Härte für den Verfolgten dar.

Soweit der Verfolgte rügt, dass nicht ausreichend sichergestellt sei, dass die bulgarischen Behörden dem Verfolgten garantieren, dass er Besuch von diplomatischen bzw. konsularischen Vertretern in der Haft erhalten kann, führt dies nicht zur Unzulässigkeit der Auslieferung, da der Senat eine solche Zusicherung - wie oben ausgeführt - im Auslieferungsverkehr auf der Grundlage des Europäischen Haftbefehls nicht länger für erforderlich erachtet.

Ergänzende Informationen zu den den Verfolgten in Bulgarien erwartenden Haftbedingungen haben die bulgarischen Behörden gemacht. Insoweit wird auf die Senatsentscheidungen vom 19.10.2016 und vom 17.11.2016 Bezug genommen. Daraus geht hervor, dass es in der Haftanstalt St. Wraza, in der der Verfolgte nach den ergänzenden Informationen der bulgarischen Behörden inhaftiert werden wird, (auch) Zellen gibt, in denen dem einzelnen Gefangenen 4 Quadratmeter zur Verfügung stehen. Es erscheint insoweit ausreichend, aber auch erforderlich, dass die Zulässigkeit der Auslieferung unter die Bedingung einer entsprechenden Unterbringung in St. W. gestellt wird.

Die Auslieferung war daher mit der Maßgabe für zulässig zu erklären, dass der Verfolgte ausschließlich in der Haftanstalt in St. W. inhaftiert wird und dass er dort in einem Haftraum mit einer Fläche von mindestens 4 Quadratmetern pro Gefangenem untergebracht wird.

Nachdem sich hinsichtlich der Voraussetzungen zur Aufrechterhaltung des Auslieferungshaftbefehls sowie der Aufrechterhaltung der Außervollzugsetzung des Auslieferungshaftbefehls keine Veränderungen zu Gunsten des Verfolgten ergeben haben, bestand weder Veranlassung den Auslieferungshaftbefehl vom 02.09.2016 aufzuheben, noch die Auflagen, unter denen dieser vom Senat außer Vollzug gesetzt wurde, zu verändern.

Schon weil die Generalstaatsanwaltschaft auf der Grundlage der gegenständlichen Zulässigkeitsentscheidung des Senats noch keine (neue) Bewilligungsentscheidung getroffen hat, bestand keinerlei Veranlassung, den Aufschub der Auslieferung, wie vom Rechtsbeistand des Verfolgten beantragt, anzuordnen.

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Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 18. Mai 2010 - 1 B 1/10

bei uns veröffentlicht am 18.05.2010

Gründe I. 1 Der Kläger, ein polnischer Staatsangehöriger, wendet sich gegen die von der

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(1) Hat sich der Verfolgte nicht mit der vereinfachten Auslieferung (§ 41) einverstanden erklärt, so beantragt die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht die Entscheidung des Oberlandesgerichts darüber, ob die Auslieferung zulässig ist.

(2) Die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht kann die Entscheidung des Oberlandesgerichts auch dann beantragen, wenn sich der Verfolgte mit der vereinfachten Auslieferung einverstanden erklärt hat.

(1) Die Bewilligung der Auslieferung kann abgelehnt werden, wenn

1.
gegen den Verfolgten wegen derselben Tat, die dem Auslieferungsersuchen zugrunde liegt, im Geltungsbereich dieses Gesetzes ein strafrechtliches Verfahren geführt wird,
2.
die Einleitung eines strafrechtlichen Verfahrens wegen derselben Tat, die dem Auslieferungsersuchen zugrunde liegt, abgelehnt wurde oder ein bereits eingeleitetes Verfahren eingestellt wurde,
3.
dem Auslieferungsersuchen eines dritten Staates Vorrang eingeräumt werden soll,
4.
nicht aufgrund einer Pflicht zur Auslieferung nach dem Rahmenbeschluss Europäischer Haftbefehl, aufgrund einer vom ersuchenden Staat gegebenen Zusicherung oder aus sonstigen Gründen erwartet werden kann, dass dieser einem vergleichbaren deutschen Ersuchen entsprechen würde.

(2) Die Bewilligung der Auslieferung eines Ausländers, der im Inland seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, kann ferner abgelehnt werden, wenn

1.
bei einer Auslieferung zum Zwecke der Strafverfolgung die Auslieferung eines Deutschen gemäß § 80 Abs. 1 und 2 nicht zulässig wäre,
2.
bei einer Auslieferung zum Zwecke der Strafvollstreckung er dieser nach Belehrung zu richterlichem Protokoll nicht zustimmt und sein schutzwürdiges Interesse an der Strafvollstreckung im Inland überwiegt; § 41 Abs. 3 und 4 gelten entsprechend.

(1) Hat sich der Verfolgte nicht mit der vereinfachten Auslieferung (§ 41) einverstanden erklärt, so beantragt die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht die Entscheidung des Oberlandesgerichts darüber, ob die Auslieferung zulässig ist.

(2) Die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht kann die Entscheidung des Oberlandesgerichts auch dann beantragen, wenn sich der Verfolgte mit der vereinfachten Auslieferung einverstanden erklärt hat.

(1) Die Auslieferung eines Deutschen zum Zwecke der Strafverfolgung ist nur zulässig, wenn

1.
gesichert ist, dass der ersuchende Mitgliedstaat nach Verhängung einer rechtskräftigen Freiheitsstrafe oder sonstigen Sanktion anbieten wird, den Verfolgten auf seinen Wunsch zur Vollstreckung in den Geltungsbereich dieses Gesetzes zurückzuüberstellen, und
2.
die Tat einen maßgeblichen Bezug zum ersuchenden Mitgliedstaat aufweist.
Ein maßgeblicher Bezug der Tat zum ersuchenden Mitgliedstaat liegt in der Regel vor, wenn die Tathandlung vollständig oder in wesentlichen Teilen auf seinem Hoheitsgebiet begangen wurde und der Erfolg zumindest in wesentlichen Teilen dort eingetreten ist, oder wenn es sich um eine schwere Tat mit typisch grenzüberschreitendem Charakter handelt, die zumindest teilweise auch auf seinem Hoheitsgebiet begangen wurde.

(2) Liegen die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 nicht vor, ist die Auslieferung eines Deutschen zum Zwecke der Strafverfolgung nur zulässig, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 vorliegen und die Tat
2.
keinen maßgeblichen Bezug zum Inland aufweist und
3.
auch nach deutschem Recht eine rechtswidrige Tat ist, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht oder bei sinngemäßer Umstellung des Sachverhalts auch nach deutschem Recht eine solche Tat wäre, und bei konkreter Abwägung der widerstreitenden Interessen das schutzwürdige Vertrauen des Verfolgten in seine Nichtauslieferung nicht überwiegt.
Ein maßgeblicher Bezug der Tat zum Inland liegt in der Regel vor, wenn die Tathandlung vollständig oder in wesentlichen Teilen im Geltungsbereich dieses Gesetzes begangen wurde und der Erfolg zumindest in wesentlichen Teilen dort eingetreten ist. Bei der Abwägung sind insbesondere der Tatvorwurf, die praktischen Erfordernisse und Möglichkeiten einer effektiven Strafverfolgung und die grundrechtlich geschützten Interessen des Verfolgten unter Berücksichtigung der mit der Schaffung eines Europäischen Rechtsraums verbundenen Ziele zu gewichten und zueinander ins Verhältnis zu setzen. Liegt wegen der Tat, die Gegenstand des Auslieferungsersuchens ist, eine Entscheidung einer Staatsanwaltschaft oder eines Gerichts vor, ein deutsches strafrechtliches Verfahren einzustellen oder nicht einzuleiten, so sind diese Entscheidung und ihre Gründe in die Abwägung mit einzubeziehen; Entsprechendes gilt, wenn ein Gericht das Hauptverfahren eröffnet oder einen Strafbefehl erlassen hat.

(3) Die Auslieferung eines Deutschen zum Zwecke der Strafvollstreckung ist nur zulässig, wenn der Verfolgte nach Belehrung zu richterlichem Protokoll zustimmt. § 41 Abs. 3 und 4 gilt entsprechend.

(4) (weggefallen)

(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.

(2) Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben; dies gilt nicht für Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts sowie über den Rechtsweg bei Ausgleich von Vermögensnachteilen wegen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte bleiben unberührt.

(1) Die gerichtlichen Entscheidungen erläßt vorbehaltlich der §§ 21, 22 und 39 Abs. 2 das Oberlandesgericht. Die Entscheidungen des Oberlandesgerichts sind unanfechtbar.

(2) Die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht bereitet die Entscheidung über die Auslieferung vor und führt die bewilligte Auslieferung durch.

(1) Wird der Verfolgte auf Grund eines Auslieferungshaftbefehls ergriffen, so ist er unverzüglich, spätestens am Tag nach der Ergreifung, dem Richter des nächsten Amtsgerichts vorzuführen.

(2) Der Richter beim Amtsgericht vernimmt den Verfolgten unverzüglich nach der Vorführung, spätestens am nächsten Tag, über seine persönlichen Verhältnisse, insbesondere über seine Staatsangehörigkeit. Er weist ihn darauf hin, daß er sich in jeder Lage des Verfahrens eines Rechtsbeistands (§ 40) bedienen kann und daß es ihm freisteht, sich zu der ihm zur Last gelegten Tat zu äußern oder dazu nicht auszusagen. Sodann befragt er ihn, ob und gegebenenfalls aus welchen Gründen er Einwendungen gegen die Auslieferung, gegen den Auslieferungshaftbefehl oder gegen dessen Vollzug erheben will. Im Fall des § 16 Abs. 1 Nr. 2 erstreckt sich die Vernehmung auch auf den Gegenstand der Beschuldigung; in den übrigen Fällen sind die Angaben, die der Verfolgte von sich aus hierzu macht, in das Protokoll aufzunehmen.

(3) Ergibt sich bei der Vernehmung, daß

1.
der Ergriffene nicht die in dem Auslieferungshaftbefehl bezeichnete Person ist,
2.
der Auslieferungshaftbefehl aufgehoben ist oder
3.
der Vollzug des Auslieferungshaftbefehls ausgesetzt ist,
so ordnet der Richter beim Amtsgericht die Freilassung an.

(4) Ist der Auslieferungshaftbefehl aufgehoben oder der Vollzug ausgesetzt, so ordnet der Richter beim Amtsgericht an, daß der Verfolgte bis zur Entscheidung des Oberlandesgerichts festzuhalten ist, wenn

1.
die Voraussetzungen eines neuen Auslieferungshaftbefehls wegen der Tat vorliegen oder
2.
Gründe dafür vorliegen, den Vollzug des Auslieferungshaftbefehls anzuordnen.
Die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht führt unverzüglich die Entscheidung des Oberlandesgerichts herbei.

(5) Erhebt der Verfolgte gegen den Auslieferungshaftbefehl oder gegen dessen Vollzug sonstige Einwendungen, die nicht offensichtlich unbegründet sind, oder hat der Richter beim Amtsgericht Bedenken gegen die Aufrechterhaltung der Haft, so teilt er dies der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht unverzüglich und auf dem schnellsten Weg mit. Die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht führt unverzüglich die Entscheidung des Oberlandesgerichts herbei.

(6) Erhebt der Verfolgte gegen die Auslieferung keine Einwendungen, so belehrt ihn der Richter beim Amtsgericht über die Möglichkeit der vereinfachten Auslieferung und deren Rechtsfolgen (§ 41) und nimmt sodann dessen Erklärung zu Protokoll.

(7) Die Entscheidung des Richters beim Amtsgericht ist unanfechtbar. Die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht kann die Freilassung des Verfolgten anordnen.

(1) Wird der Verfolgte vorläufig festgenommen, so ist er unverzüglich, spätestens am Tag nach der Festnahme, dem Richter des nächsten Amtsgerichts vorzuführen.

(2) Der Richter beim Amtsgericht vernimmt den Verfolgten unverzüglich nach der Vorführung, spätestens am nächsten Tag, über seine persönlichen Verhältnisse, insbesondere über seine Staatsangehörigkeit. Er weist ihn darauf hin, daß er sich in jeder Lage des Verfahrens eines Rechtsbeistands (§ 40) bedienen kann und daß es ihm freisteht, sich zu der ihm zur Last gelegten Tat zu äußern oder dazu nicht auszusagen. Sodann befragt er ihn, ob und gegebenenfalls aus welchen Gründen er Einwendungen gegen die Auslieferung oder gegen seine vorläufige Festnahme erheben will. § 21 Abs. 2 Satz 4 gilt entsprechend.

(3) Ergibt sich bei der Vernehmung, daß der Ergriffene nicht die Person ist, auf die sich das Ersuchen oder die Tatsachen im Sinne des § 17 Abs. 2 Nr. 4 beziehen, so ordnet der Richter beim Amtsgericht seine Freilassung an. Andernfalls ordnet der Richter beim Amtsgericht an, daß der Verfolgte bis zur Entscheidung des Oberlandesgerichts festzuhalten ist. § 21 Abs. 4 Satz 2, Abs. 6 und 7 gilt entsprechend.

(1) Gegenstände, deren Herausgabe an einen ausländischen Staat in Betracht kommt, können, auch schon vor Eingang des Auslieferungsersuchens, beschlagnahmt oder sonst sichergestellt werden. Zu diesem Zweck kann auch eine Durchsuchung vorgenommen werden.

(2) Ist noch kein Oberlandesgericht mit dem Auslieferungsverfahren befaßt, so werden die Beschlagnahme und die Durchsuchung zunächst von dem Amtsgericht angeordnet, in dessen Bezirk die Handlungen vorzunehmen sind.

(3) Bei Gefahr im Verzug sind die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) befugt, die Beschlagnahme und die Durchsuchung anzuordnen.

Gründe

I.

1

Der Kläger, ein polnischer Staatsangehöriger, wendet sich gegen die von der Justizbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg (im Folgenden: Justizbehörde) ausgesprochene Bewilligung seiner Auslieferung nach Polen zum Zwecke der Strafvollstreckung.

2

Das Bezirksgericht W. in Polen ersuchte im April 2008 auf der Grundlage eines Europäischen Haftbefehls die Generalstaatsanwaltschaft Hamburg um Auslieferung des Klägers. Nachdem die Justizbehörde mit Schreiben vom 10. Juli 2008 erklärt hatte, es sei nicht beabsichtigt, Bewilligungshindernisse nach § 83b des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG) geltend zu machen, erklärte das Hanseatische Oberlandesgericht mit Beschluss vom 10. Oktober 2008 die Auslieferung für zulässig. Daraufhin teilte die Justizbehörde mit Schreiben vom 20. Oktober 2008 dem Bezirksgericht W. in Polen mit, dass sie die Auslieferung des Klägers bewilligt habe. Hiervon unterrichtete sie zugleich auch den Bevollmächtigten des Klägers. Nach Einlegung eines "Widerspruchs" gegen die Auslieferungsbewilligung und - erfolglos gebliebenem - Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz hat der Kläger im September 2009 Klage gegen die Auslieferungsbewilligung der Justizbehörde beim Verwaltungsgericht Hamburg erhoben. Dieses hat mit Beschluss vom 29. Oktober 2009 den Verwaltungsrechtsweg für unzulässig erklärt und das Verfahren an das Hanseatische Oberlandesgericht verwiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, innerstaatliche Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit der Auslieferung an einen Mitgliedstaat der Europäischen Union nach den §§ 78 ff. IRG habe der Gesetzgeber in § 13 Abs. 1 Satz 1, § 79 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. §§ 29, 79 Abs. 3 i.V.m. § 33 IRG umfassend und eindeutig den zuständigen Oberlandesgerichten zugewiesen. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 11. Dezember 2009 zurückgewiesen und die (weitere) Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtswegfrage zugelassen. Zur Begründung hat es sich auf seine Ausführungen in einem zuvor ergangenen Beschluss im Rahmen eines vorläufigen Rechtsschutzverfahrens zwischen den Beteiligten bezogen (OVG Hamburg, Beschluss vom 23. Januar 2009 - 5 Bs 240/08 - juris).

3

Mit seiner (weiteren) Beschwerde macht der Kläger im Wesentlichen geltend, § 13 Abs. 1 Satz 1 IRG enthalte keine ausdrückliche und klare Rechtswegzuweisung der Streitigkeiten um die Bewilligung der Auslieferung an die ordentliche Gerichtsbarkeit. Er genüge damit nicht den Anforderungen des § 40 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO an eine abdrängende Sonderrechtszuweisung. § 13 Abs. 1 Satz 1 IRG regele - auch ausweislich der Überschrift - nur die sachliche Zuständigkeit, nicht aber den Rechtsweg. Er betreffe zudem nur "gerichtliche Entscheidungen" auf der Grundlage des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen, nicht aber Verwaltungsentscheidungen wie die Bewilligung der Auslieferung. Entgegen der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts spreche auch der Wille des Gesetzgebers, der im Übrigen allein für die Annahme einer klaren anderweitigen Rechtswegzuweisung nicht ausreiche, nicht eindeutig für eine Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte. Der Gesetzgeber sei weder dem Vorschlag der Bundesregierung gefolgt, die Bewilligungsentscheidung jeglicher Anfechtbarkeit zu entziehen, noch habe er klar entschieden, welche Gerichtsbarkeit über eine Anfechtung der Bewilligung entscheiden solle. Es verbleibe daher bei der allgemeinen Regelung in § 40 Abs. 1 VwGO, nach der der Verwaltungsrechtsweg eröffnet sei.

II.

4

1. Die gemäß § 17a Abs. 4 Satz 4 GVG i.V.m. § 173 VwGO statthafte (weitere) Beschwerde ist zulässig. Sie ist insbesondere rechtzeitig vor Ablauf der Beschwerdefrist am 30. Dezember 2009 eingelegt worden. Dabei kann dahinstehen, ob mit der fälschlicherweise an das Verwaltungsgericht Hamburg adressierten Beschwerdeschrift, die per Fax am 23. Dezember 2009 bei der Gemeinsamen Annahmestelle im Haus der Gerichte eingegangen ist, die Frist gewahrt worden ist, obwohl das Fax - entsprechend der falschen Adressierung - ausweislich der darauf angebrachten Eingangsstempel am 28. Dezember 2009 zunächst an das Verwaltungsgericht gelangt und erst am 5. Januar 2010 beim Oberverwaltungsgericht eingetroffen ist. Denn die Urschrift der Beschwerdeschrift, die am 29. Dezember 2009 bei der Gemeinsamen Annahmestelle im Haus der Gerichte eingegangen ist, ist ausweislich der Eingangsstempel direkt an das Oberverwaltungsgericht weitergeleitet worden und am 5. Januar 2010 dort eingetroffen. Jedenfalls damit ist die Beschwerdefrist gewahrt, da der Eingang bei der Gemeinsamen Annahmestelle zweifellos dann maßgeblich ist, wenn die versehentlich falsch adressierte Beschwerdeschrift auf Grund der übrigen, auf den richtigen Adressaten hindeutenden Umstände (hier: Aktenzeichen des Oberverwaltungsgerichts und Antragsformulierung) tatsächlich direkt an das zuständige Gericht gelangt ist. Über den vom Kläger vorsorglich gestellten Wiedereinsetzungsantrag brauchte deshalb nicht entschieden zu werden.

5

2. Die Beschwerde des Klägers ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht und das Oberverwaltungsgericht haben zu Recht angenommen, dass für die Klage gegen die Bewilligung der Auslieferung nicht der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet ist, sondern auf Grund von § 13 Abs. 1 Satz 1 IRG der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben ist. Der mit der Beschwerde angegriffene Verweisungsbeschluss des Verwaltungsgerichts ist daher nicht zu beanstanden.

6

Bei der Klage gegen die Bewilligung der Auslieferung eines Verfolgten in einen Mitgliedstaat der Europäischen Union gemäß § 12 und §§ 78 ff. IRG handelt es sich zwar um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nicht verfassungsrechtlicher Art im Sinne von § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Streitigkeit ist aber durch Bundesgesetz, nämlich durch § 13 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen - IRG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Juni 1994 (BGBl I S. 1537), zuletzt geändert durch Gesetz vom 6. Juni 2008 (BGBl I S. 995), ausdrücklich den ordentlichen Gerichten in Gestalt der Oberlandesgerichte zugewiesen (§ 40 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO).

7

Im Rahmen des Zweiten Teils des Gesetzes mit der Überschrift "Auslieferung an das Ausland" bestimmt § 13 Abs. 1 Satz 1 IRG, dass "die gerichtlichen Entscheidungen vorbehaltlich der §§ 21, 22 und 39 Abs. 2 das Oberlandesgericht" erlässt. Nach Satz 2 der Vorschrift sind die Entscheidungen des Oberlandesgerichts unanfechtbar. Diese Bestimmung regelt nicht nur, wie die Beschwerde meint, die sachliche Zuständigkeit in Auslieferungssachen innerhalb der ordentlichen Gerichtsbarkeit, die - vorbehaltlich der den Amtsgerichten obliegenden Entscheidungen in den dort genannten Spezialvorschriften - bei den Oberlandesgerichten konzentriert ist, sondern enthält zugleich auch eine abdrängende Rechtswegzuweisung an die ordentlichen Gerichte im Sinne von § 40 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO. Diese beschränkt sich nicht auf die gerichtliche Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung im engeren Sinne, wie sie die nach § 12 IRG grundsätzliche Voraussetzung für die Bewilligung der Auslieferung durch die nach § 74 IRG zuständige Behörde ist. Schon dem Wortlaut nach erfasst § 13 Abs. 1 Satz 1 IRG "die gerichtlichen Entscheidungen" in Auslieferungssachen mit Ausnahme der den Amtsgerichten zugewiesenen Entscheidungen. Dies spricht dafür, dass - bis auf diese Ausnahmen - alle in Auslieferungssachen anfallenden gerichtlichen Entscheidungen gemeint sind. Dementsprechend begründet diese Rechtswegzuweisung im klassischen Auslieferungsrecht nach allgemeiner Auffassung die ausschließliche Zuständigkeit der Oberlandesgerichte (vgl. auch BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2005 - 2 BvR 2236/04 - BVerfGE 113, 273 <317>; Ehlers, in: Schoch u.a., VwGO, Stand November 2009, § 40 VwGO Rn. 633; Rennert, in: Eyermann, VwGO, 12. Aufl. 2006, § 40 Rn. 129; a.A. OVG Berlin, Beschluss vom 26. März 2001 - 2 S 2/01 -, OVGE BE 23, 232 = NVwZ 2002, 114; Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 40 Rn. 664 f.; offen Lagodny, in: Schomburg u.a., Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, IRG-Kommentar, 4. Aufl. 2006, § 12 Rn. 31 f.).

8

An der ausschließlichen Zuständigkeit der Oberlandesgerichte in Auslieferungssachen hat sich auch durch das Gesetz zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Europäisches Haftbefehlsgesetz - EuHbG - vom 20. Juli 2006, BGBl I S. 1721) nichts geändert. Nach Aufhebung des ersten Umsetzungsgesetzes vom 21. Juli 2004 durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 2005 (a.a.O.) hat der Gesetzgeber in dem neuen Umsetzungsgesetz u.a. den Rechtsschutz gegen die Auslieferung auf Grund eines Europäischen Haftbefehls neu geregelt. Im Achten Teil des IRG mit der Überschrift "Auslieferungs- und Durchlieferungsverkehr mit Mitgliedstaaten der Europäischen Union" ist nunmehr in § 79 Abs. 2 IRG vorgesehen, dass die Bewilligungsstelle vor der Zulässigkeitsentscheidung des Oberlandesgerichts entscheidet, ob sie beabsichtigt, Bewilligungshindernisse nach § 83b IRG geltend zu machen. Die Vorabentscheidung, keine Bewilligungshindernisse geltend zu machen, unterliegt der Überprüfung durch das Oberlandesgericht im Rahmen des Verfahrens nach § 29 IRG bzw. bei späteren Veränderungen im Rahmen des Verfahrens nach § 33 IRG79 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 IRG). Darüber hinaus hat der Gesetzgeber - abweichend vom ursprünglichen Gesetzesvorschlag der Bundesregierung (BTDrucks 16/1024 S. 6, § 74b IRG-E) - davon abgesehen, die abschließende Bewilligungsentscheidung für unanfechtbar zu erklären. Maßgeblich hierfür war die Erwägung, dass Fragen, die die subjektiven Rechte des Betroffenen tangieren, im Auslieferungsverfahren zwar im Rahmen der gerichtlichen Zulässigkeitsentscheidung im Verfahren nach § 29 und § 33 IRG geprüft würden, dass aber dennoch nicht ausgeschlossen erscheine, dass im Einzelfall die Entscheidung der Bewilligungsbehörde in subjektive Rechte des Betroffenen eingreifen könne (BTDrucks 16/2015 S. 12 zu Buchst. f).

9

Daraus folgt entgegen der Ansicht der Beschwerde allerdings nicht, dass es hinsichtlich der nunmehr für möglich gehaltenen gerichtlichen Überprüfung der abschließenden Bewilligung der Auslieferung an einer ausdrücklichen und hinreichend eindeutigen Sonderzuweisung an die ordentlichen Gerichte fehlen würde und insoweit der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten nach § 40 Abs. 1 VwGO eröffnet wäre. Zwar trifft es zu, dass das Gesetz mit den speziellen Regelungen in § 79 Abs. 2 und 3 IRG, die die gerichtliche Überprüfung der neu eingeführten Vorabentscheidung der Bewilligungsstelle betreffen, keine Regelung über die Zuständigkeit der Oberlandesgerichte auch für die gerichtliche Überprüfung der endgültigen Bewilligungsentscheidung getroffen hat. Die Zuständigkeit der Oberlandesgerichte ergibt sich insoweit aber aus § 78 Abs. 1 IRG, der die übrigen Bestimmungen des Gesetzes für anwendbar erklärt, soweit der Achte Teil keine besonderen Regelungen enthält. Da nichts dafür spricht, dass § 79 Abs. 2 und 3 IRG eine abschließende Regelung hinsichtlich der Zuständigkeit der Oberlandesgerichte enthält, ist hinsichtlich der gerichtlichen Überprüfung der abschließenden Bewilligungsentscheidung in Auslieferungssachen auf die Rechtswegzuweisung zu den ordentlichen Gerichten in § 13 Abs. 1 Satz 1 IRG zurückzugreifen.

10

Die Konzentration der gerichtlichen Überprüfung in Auslieferungssachen auf die Oberlandesgerichte entspricht erkennbar dem Willen des Gesetzgebers und dem mit der Gesamtregelung des Europäischen Haftbefehlsgesetzes verfolgten Zweck, die Auslieferungsverfahren innerhalb der Europäischen Union zu beschleunigen und die mit einem gespaltenen Rechtsweg verbundenen Nachteile zu vermeiden (vgl. BTDrucks 16/1024 S. 13). Nachdem der Gesetzgeber sich nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 2005 für die Beibehaltung der Zweistufigkeit des Auslieferungsverfahrens und des vorgelagerten Rechtsschutzes durch Einführung einer Vorabentscheidung der Bewilligungsstelle entschieden hat, besteht kein Grund zu der Annahme, dass er hinsichtlich der in Einzelfällen denkbaren Anfechtung der abschließenden Bewilligungsentscheidung nicht den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten, sondern den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnen wollte. Die ausdrückliche Überantwortung der Überprüfung derjenigen Elemente der Bewilligungsentscheidung, die nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 2005 (a.a.O. S. 312 ff.) für die Notwendigkeit eines Rechtsschutzes für den Verfolgten ausschlaggebend waren, an die ordentlichen Gerichte (§ 79 Abs. 2 und 3 IRG) spricht vielmehr dafür, dass der Gesetzgeber den etwa noch erforderlichen Rechtsschutz gegen die abschließende Bewilligung - entsprechend der allgemeinen Regel in § 13 Abs. 1 Satz 1 IRG - ebenfalls den ordentlichen Gerichten zuweisen wollte.

11

Die Beschwerde kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass im Rechtsausschuss des Bundestages ein Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen abgelehnt wurde, nach dem in einem neuen § 83d IRG geregelt werden sollte, dass gegen die Bewilligungsentscheidung die Beschwerde vor dem Oberlandesgericht zulässig ist (BTDrucks 16/2015 S. 8 ff.). Diesem Antrag lag ein völlig anderes Konzept, nämlich das einer nachträglichen gerichtlichen Überprüfung der gesamten Bewilligungsentscheidung, zu Grunde. Demgegenüber sah der Gesetzentwurf der Bundesregierung mit der Einführung einer Vorabentscheidung der Bewilligungsbehörde zu den Bewilligungshindernissen nach § 83b IRG in erster Linie eine präventive gerichtliche Überprüfung im Rahmen der Zulässigkeitsentscheidung des Oberlandesgerichts vor. Die Ablehnung der von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vorgeschlagenen Regelung im Rechtsausschuss beruhte daher nicht auf einer Meinungsverschiedenheit in Bezug auf den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten, sondern auf einer grundsätzlich anderen Konzeption der Neugestaltung des Auslieferungsverfahrens und des gerichtlichen Rechtsschutzes in Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts. Aus der Ablehnung des Antrags können deshalb auch keine Schlüsse auf einen fehlenden Willen des Gesetzgebers zur Zuweisung der gerichtlichen Kontrolle der Bewilligungsentscheidung an die ordentlichen Gerichte oder auch nur auf eine unentschlossene Haltung zu dieser Frage gezogen werden.

12

Liegt damit eine eindeutige und ausreichend klare anderweitige Rechtswegzuweisung im Sinne von § 40 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO an die ordentlichen Gerichte vor, ist das Verfahren zu Recht an das zuständige Hanseatische Oberlandesgericht verwiesen worden. Über die Frage, ob der Kläger durch die von ihm angefochtene Bewilligungsentscheidung tatsächlich in subjektiven Rechten verletzt ist, ist allein von diesem Gericht zu entscheiden.

13

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Sie ist nicht wegen der Regelung in § 17b Abs. 2 GVG entbehrlich. Die Anfechtung der Entscheidung über die Verweisung löst ein selbständiges Rechtsmittelverfahren aus, in dem nach den allgemeinen Vorschriften über die Kosten zu befinden ist (Beschlüsse vom 17. September 2009 - BVerwG 2 B 70.09 - juris und vom 28. September 1994 - BVerwG 1 B 163.94 - Buchholz 300 § 13 GVG Nr. 4). Der Festsetzung eines Streitwerts für das Beschwerdeverfahren bedarf es nicht, da für Beschwerden der vorliegenden Art nach Nr. 5502 der Anlage 1 zum GKG eine Festgebühr von 50 € erhoben wird.

(1) Die gerichtlichen Entscheidungen erläßt vorbehaltlich der §§ 21, 22 und 39 Abs. 2 das Oberlandesgericht. Die Entscheidungen des Oberlandesgerichts sind unanfechtbar.

(2) Die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht bereitet die Entscheidung über die Auslieferung vor und führt die bewilligte Auslieferung durch.

Die Auslieferung darf, außer im Fall des § 41, nur bewilligt werden, wenn das Gericht sie für zulässig erklärt hat.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Zulässige Ersuchen eines Mitgliedstaates um Auslieferung oder Durchlieferung können nur abgelehnt werden, soweit dies in diesem Teil vorgesehen ist. Die ablehnende Bewilligungsentscheidung ist zu begründen.

(2) Vor der Zulässigkeitsentscheidung des Oberlandesgerichts entscheidet die für die Bewilligung zuständige Stelle, ob sie beabsichtigt, Bewilligungshindernisse nach § 83b geltend zu machen. Die Entscheidung, keine Bewilligungshindernisse geltend zu machen, ist zu begründen. Sie unterliegt der Überprüfung durch das Oberlandesgericht im Verfahren nach § 29; die Beteiligten sind zu hören. Bei der Belehrung nach § 41 Abs. 4 ist der Verfolgte auch darauf hinzuweisen, dass im Falle der vereinfachten Auslieferung eine gerichtliche Überprüfung nach Satz 3 nicht stattfindet.

(3) Führen nach der Entscheidung nach Absatz 2 Satz 1 eingetretene oder bekannt gewordene Umstände, die geeignet sind, Bewilligungshindernisse geltend zu machen, nicht zu einer Ablehnung der Bewilligung, so unterliegt die Entscheidung, keine Bewilligungshindernisse geltend zu machen, der Überprüfung im Verfahren nach § 33.

(1) Die Bewilligung der Auslieferung kann abgelehnt werden, wenn

1.
gegen den Verfolgten wegen derselben Tat, die dem Auslieferungsersuchen zugrunde liegt, im Geltungsbereich dieses Gesetzes ein strafrechtliches Verfahren geführt wird,
2.
die Einleitung eines strafrechtlichen Verfahrens wegen derselben Tat, die dem Auslieferungsersuchen zugrunde liegt, abgelehnt wurde oder ein bereits eingeleitetes Verfahren eingestellt wurde,
3.
dem Auslieferungsersuchen eines dritten Staates Vorrang eingeräumt werden soll,
4.
nicht aufgrund einer Pflicht zur Auslieferung nach dem Rahmenbeschluss Europäischer Haftbefehl, aufgrund einer vom ersuchenden Staat gegebenen Zusicherung oder aus sonstigen Gründen erwartet werden kann, dass dieser einem vergleichbaren deutschen Ersuchen entsprechen würde.

(2) Die Bewilligung der Auslieferung eines Ausländers, der im Inland seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, kann ferner abgelehnt werden, wenn

1.
bei einer Auslieferung zum Zwecke der Strafverfolgung die Auslieferung eines Deutschen gemäß § 80 Abs. 1 und 2 nicht zulässig wäre,
2.
bei einer Auslieferung zum Zwecke der Strafvollstreckung er dieser nach Belehrung zu richterlichem Protokoll nicht zustimmt und sein schutzwürdiges Interesse an der Strafvollstreckung im Inland überwiegt; § 41 Abs. 3 und 4 gelten entsprechend.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die Auslieferung eines Verfolgten, gegen den ein Auslieferungshaftbefehl besteht, kann auf Ersuchen einer zuständigen Stelle eines ausländischen Staates um Auslieferung oder um vorläufige Festnahme zum Zweck der Auslieferung ohne Durchführung des förmlichen Auslieferungsverfahrens bewilligt werden, wenn sich der Verfolgte nach Belehrung zu richterlichem Protokoll mit dieser vereinfachten Auslieferung einverstanden erklärt hat.

(2) Im Fall des Absatzes 1 kann auf die Beachtung der Voraussetzungen des § 11 verzichtet werden, wenn sich der Verfolgte nach Belehrung zu richterlichem Protokoll damit einverstanden erklärt hat.

(3) Das Einverständnis kann nicht widerrufen werden.

(4) Auf Antrag der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht belehrt der Richter beim Amtsgericht den Verfolgten über die Möglichkeit der vereinfachten Auslieferung und deren Rechtsfolgen (Absätze 1 bis 3) und nimmt sodann dessen Erklärung zu Protokoll. Zuständig ist der Richter bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk sich der Verfolgte befindet.

Die Auslieferung darf, außer im Fall des § 41, nur bewilligt werden, wenn das Gericht sie für zulässig erklärt hat.

(1) Hat sich der Verfolgte nicht mit der vereinfachten Auslieferung (§ 41) einverstanden erklärt, so beantragt die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht die Entscheidung des Oberlandesgerichts darüber, ob die Auslieferung zulässig ist.

(2) Die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht kann die Entscheidung des Oberlandesgerichts auch dann beantragen, wenn sich der Verfolgte mit der vereinfachten Auslieferung einverstanden erklärt hat.

(1) Die Bewilligung der Auslieferung kann abgelehnt werden, wenn

1.
gegen den Verfolgten wegen derselben Tat, die dem Auslieferungsersuchen zugrunde liegt, im Geltungsbereich dieses Gesetzes ein strafrechtliches Verfahren geführt wird,
2.
die Einleitung eines strafrechtlichen Verfahrens wegen derselben Tat, die dem Auslieferungsersuchen zugrunde liegt, abgelehnt wurde oder ein bereits eingeleitetes Verfahren eingestellt wurde,
3.
dem Auslieferungsersuchen eines dritten Staates Vorrang eingeräumt werden soll,
4.
nicht aufgrund einer Pflicht zur Auslieferung nach dem Rahmenbeschluss Europäischer Haftbefehl, aufgrund einer vom ersuchenden Staat gegebenen Zusicherung oder aus sonstigen Gründen erwartet werden kann, dass dieser einem vergleichbaren deutschen Ersuchen entsprechen würde.

(2) Die Bewilligung der Auslieferung eines Ausländers, der im Inland seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, kann ferner abgelehnt werden, wenn

1.
bei einer Auslieferung zum Zwecke der Strafverfolgung die Auslieferung eines Deutschen gemäß § 80 Abs. 1 und 2 nicht zulässig wäre,
2.
bei einer Auslieferung zum Zwecke der Strafvollstreckung er dieser nach Belehrung zu richterlichem Protokoll nicht zustimmt und sein schutzwürdiges Interesse an der Strafvollstreckung im Inland überwiegt; § 41 Abs. 3 und 4 gelten entsprechend.

§ 3 findet mit den Maßgaben Anwendung, dass

1.
die Auslieferung zur Verfolgung nur zulässig ist, wenn die Tat nach dem Recht des ersuchenden Mitgliedstaates mit einer Freiheitsstrafe oder sonstigen Sanktion im Höchstmaß von mindestens zwölf Monaten bedroht ist,
2.
die Auslieferung zur Vollstreckung nur zulässig ist, wenn nach dem Recht des ersuchenden Mitgliedstaates eine freiheitsentziehende Sanktion zu vollstrecken ist, deren Maß mindestens vier Monate beträgt,
3.
die Auslieferung in Steuer-, Zoll- und Währungsangelegenheiten auch zulässig ist, wenn das deutsche Recht keine gleichartigen Steuern vorschreibt oder keine gleichartigen Steuer-, Zoll- und Währungsbestimmungen enthält wie das Recht des ersuchenden Mitgliedstaates,
4.
die beiderseitige Strafbarkeit nicht zu prüfen ist, wenn die dem Ersuchen zugrunde liegende Tat nach dem Recht des ersuchenden Staates mit einer freiheitsentziehenden Sanktion im Höchstmaß von mindestens drei Jahren bedroht ist und den in Artikel 2 Absatz 2 des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. L 190 vom 18. 7. 2002, S. 1), der durch den Rahmenbeschluss 2009/299/JI (ABl. L 81 vom 27.3.2009, S. 24) geändert worden ist, (Rahmenbeschluss Europäischer Haftbefehl) aufgeführten Deliktsgruppen zugehörig ist.

(1) Die Bewilligung der Auslieferung kann abgelehnt werden, wenn

1.
gegen den Verfolgten wegen derselben Tat, die dem Auslieferungsersuchen zugrunde liegt, im Geltungsbereich dieses Gesetzes ein strafrechtliches Verfahren geführt wird,
2.
die Einleitung eines strafrechtlichen Verfahrens wegen derselben Tat, die dem Auslieferungsersuchen zugrunde liegt, abgelehnt wurde oder ein bereits eingeleitetes Verfahren eingestellt wurde,
3.
dem Auslieferungsersuchen eines dritten Staates Vorrang eingeräumt werden soll,
4.
nicht aufgrund einer Pflicht zur Auslieferung nach dem Rahmenbeschluss Europäischer Haftbefehl, aufgrund einer vom ersuchenden Staat gegebenen Zusicherung oder aus sonstigen Gründen erwartet werden kann, dass dieser einem vergleichbaren deutschen Ersuchen entsprechen würde.

(2) Die Bewilligung der Auslieferung eines Ausländers, der im Inland seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, kann ferner abgelehnt werden, wenn

1.
bei einer Auslieferung zum Zwecke der Strafverfolgung die Auslieferung eines Deutschen gemäß § 80 Abs. 1 und 2 nicht zulässig wäre,
2.
bei einer Auslieferung zum Zwecke der Strafvollstreckung er dieser nach Belehrung zu richterlichem Protokoll nicht zustimmt und sein schutzwürdiges Interesse an der Strafvollstreckung im Inland überwiegt; § 41 Abs. 3 und 4 gelten entsprechend.

(1) Zulässige Ersuchen eines Mitgliedstaates um Auslieferung oder Durchlieferung können nur abgelehnt werden, soweit dies in diesem Teil vorgesehen ist. Die ablehnende Bewilligungsentscheidung ist zu begründen.

(2) Vor der Zulässigkeitsentscheidung des Oberlandesgerichts entscheidet die für die Bewilligung zuständige Stelle, ob sie beabsichtigt, Bewilligungshindernisse nach § 83b geltend zu machen. Die Entscheidung, keine Bewilligungshindernisse geltend zu machen, ist zu begründen. Sie unterliegt der Überprüfung durch das Oberlandesgericht im Verfahren nach § 29; die Beteiligten sind zu hören. Bei der Belehrung nach § 41 Abs. 4 ist der Verfolgte auch darauf hinzuweisen, dass im Falle der vereinfachten Auslieferung eine gerichtliche Überprüfung nach Satz 3 nicht stattfindet.

(3) Führen nach der Entscheidung nach Absatz 2 Satz 1 eingetretene oder bekannt gewordene Umstände, die geeignet sind, Bewilligungshindernisse geltend zu machen, nicht zu einer Ablehnung der Bewilligung, so unterliegt die Entscheidung, keine Bewilligungshindernisse geltend zu machen, der Überprüfung im Verfahren nach § 33.