Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 20. Juli 2011 - 1 Ausl A 76/11

ECLI:ECLI:DE:OLGKOBL:2011:0720.1AUSLA76.11.0A
bei uns veröffentlicht am20.07.2011

Tenor

1. Die Auslieferung des Verfolgten an die Republik Polen zur Vollstreckung der im Europäischen Haftbefehl des Kreisgerichts in Jelenia Gora vom 13. Dezember 2007 – III Kop 88/07 – aufgeführten Strafe aus dem Urteil des Kreisgerichts Kamienna Gora vom 13. Dezember 2005 – II 24/05 – ist wegen der im vorgenannten Europäischen Haftbefehl unter Abschnitt E. Punkt 2. Unterpunkte II. bis XVI. aufgeführten Taten zulässig.

Wegen der im vorgenannten Europäischen Haftbefehl in Abschnitt E. Punkt 2. Unterpunkt I. aufgeführten Tat vom 10. Juli 2004 ist die Auslieferung unzulässig.

2. Die Auslieferungshaft dauert fort.

Gründe

A.

1

Mit Europäischem Haftbefehl des Kreisgerichts Jelenia Gora vom 13. Dezember 2007 – III Kop 88/07 –, der den inhaltlichen Anforderungen des § 83a Abs. 1 Alt. 2 IRG genügt, ersucht die Republik Polen um Auslieferung des Verfolgten zum Zwecke der Strafvollstreckung. Vollstreckt werden soll aufgrund eines rechtskräftigen Urteils des Kreisgerichts Kamienna Gora vom 13. Dezember 2005 – II 24/05 – eine noch vollständig zu verbüßende Gesamtfreiheitsstrafe von zwei (2) Jahren und zehn (10) Monaten.

2

Laut Europäischem Haftbefehl werden dem Verfolgten folgende, in …[X]/Polen, begangene Taten zur Last gelegt:

I.

3

Er drohte am 10. Juli 2004 dem Inhaber eines Lokals, ...[A], dass er "den Club überfallen und den Club einreißen" und ihm damit einen Vermögensschaden zuzufügen werde, was bei dem Geschädigten zu der berechtigten Angst führte, dass die Drohung wahrgemacht werden würde.

II.

4

Im Lokal "...[B]" drohte er am 11. September 2004 dem Angestellten der Einrichtung, ...[C], dass er "ihn töten und das Lokal niederbrennen" wird, was bei dem Geschädigten zu der berechtigten Angst führte, dass die Drohung wahrgemacht werden würde.

III.

5

Er beleidigte am 11./12. September 2004 den ...[C] und benutzte dabei Worte, die allgemein als Schimpfwörter gelten, nämlich „Hurensohn", „Brühwurst“ und "Homosexueller".

IV.

6

Im Lokal "...[B]" drohte er am 11. September 2004 dem Inhaber der Einrichtung, ...[A], damit, dass er "ihm den Kopf abreißen" bzw. "die Augen auskratzen" werde und versuchte im Anschluss, den Geschädigten im Bereich der Augen zu schlagen, so dass die Drohung beim Geschädigten zu der berechtigten Angst führte, dass die Drohung wahrgemacht werden würde.

V.

7

Er beleidigte am 11. September 2004 den ...[A] und benutzte dabei Worte, die allgemein als Schimpfwörter gelten, nämlich „Du Arschloch“ und „Schwuler“.

VI.

8

Am 11. September 2004 drohte er dem Inhaber eines Lokals, ...[D], dass er "ihn im Stadtzentrum erledigen" bzw. "ihn in die Finger kriegen" würde, was bei dem Geschädigten zu der berechtigten Angst führte, dass die Drohungen wahrgemacht werden würden.

VII.

9

Am 11. September 2004 beleidigte er den ...[D], indem er Worte benutzte, die allgemein als Schimpfwörter gelten, nämlich "Du Arschloch" und "Schwuler".

VIII.

10

Am 11. September 2004 weigerte er sich im Lokal "...[B]", die Räumlichkeiten zu verlassen, obwohl er durch die Inhaber des Lokals dazu aufgefordert worden war.

IX.

11

Im Lokal "...[E]" drohte er am 26. September 2004 dem Inhaber des Lokals, ...[F], dass er "[ihn] im Springbrunnen ertränken" würde, was beim Geschädigten zu der berechtigten Angst führte, dass die Drohungen wahrgemacht werden würden.

X.

12

Am 2. Oktober 2004 warf er im Lokal "…[E]" einen Barhocker gegen einen Spiegel, so dass der Spiegel beschädigt wurde, wodurch er zum Nachteil des Besitzers ...[F] einen Sachschaden von 200 Zloty verursachte.

XI.

13

Am 2. Oktober 2004 verschaffte er sich gewaltsam Zutritt in das Lokal "...[E]", indem er drohte, die Tür zu zerstören.

XII.

14

Am 4. Oktober 2004 drohte er dem ...[F] damit, dass er "[ihn] im Kofferraum des Autos wegbringen" würde. Dies tat er, um ihn dazu zu zwingen, sein Lokal unter den „Schutz“ des Verfolgten zu stellen.

XIII.

15

Am 14. April 2004 drohte er ...[G] im Lokal „...[H]“ damit, "[sie] mit Säure zu übergießen", was bei der Geschädigten zu der berechtigten Angst führte, dass die Drohung wahrgemacht werden würde.

XIV.

16

Am 14. April 2004 griff er im Lokal „...[H]“ ...[G] an, indem er sie an den Haaren riss, sie im Halsbereich würgte und ihren Kopf gegen die Wand schlug, was zu einer Verletzung der Geschädigten bis zu sieben Tagen führte.

XV.

17

Am 28. September 2003 verprügelte der Verfolgte die ...[G] in einer Wohnung, wodurch diese zahlreiche Hämatome an beiden Armen, am linken Oberschenkel und am Kopf sowie eine schmerzhafte Schwellung am Hals davon trug, was zu einer Verletzung der Geschädigten bis zu sieben Tagen führte.

XVI.

18

Am 12./13. Dezember 2003 verprügelte der Verfolgte die ...[G] im Lokal „...[B]“, wodurch diese eine Gesichtsquetschung mit Schwellung des Mundbereichs und Hämatomen im Gesicht davon trug, was zu einer Verletzung der Geschädigten bis zu sieben Tagen führte.

B.

19

Die Auslieferung ist zum ganz überwiegenden Teil zulässig.

I.

20

Die dem Verfolgten zur Last gelegten Taten, die nicht zu den Katalogtaten im Sinne des Art 2 Abs. 2 RbEuHb gehören und deren beiderseitige Strafbarkeit daher zu prüfen ist (§ 81 Nr. 1 IRG), sind mit Ausnahme der unter I. genannten Tat sowohl nach polnischen Recht als auch nach deutschem Recht strafbar. Die unter den Ziffern II. IV., VI. IX. und XIII. beschriebenen Taten sind nach Art. 190 i.V.m. Art. 64 § 1 des polnisches StGB als Bedrohung anzusehen, bei denen die strafschärfenden Rückfallvoraussetzungen vorlagen. Die unter den Ziffern III., V. und VII. beschriebenen Taten stellen eine Beleidigung nach Art. 216 § 1 des polnischen StGB dar. Die unter den Ziffern VIII. und XI. beschriebenen Taten stellen sich als Hausfriedensbruch nach Art. 193 § 1 des polnischen StGB dar, wobei in dem unter Ziffer XI. geschilderten Sachverhalt die strafschärfenden Rückfallvoraussetzungen nach Art. 64 § 1 des polnischen StGB vorlagen. Die unter Ziffer X. beschriebene Tat ist als Zueignung einer Sache mit einem Wert von unter 250 Zloty nach Art. 119 § 1 des polnischen OWiG strafbar. Bei der unter Ziffer XII. geschilderten Tat handelt es sich um eine Nötigung nach Art. 191 § 1 des polnischen StGB, bei der die strafschärfenden Rückfallvoraussetzungen nach Art. 64 § 1 des polnischen StGB vorlagen. Die unter den Ziffern XIV., XV. und XVI. beschriebenen Taten sind als Körperverletzungen mit einem Gesundheitsschaden bis zu sieben Tagen nach Art. 157 § 2 i.V.m. Art. 64 § 1 des polnischen StGB strafbar, bei denen die strafschärfenden Rückfallvoraussetzungen vorlagen.

21

Die Taten sind – außer der unter Ziffer I. geschilderten Tat – auch nach deutschem Recht strafbar, und zwar in den Fällen II. IV., VI. IX. und XIII. als Bedrohung gem. § 241 StGB, in den Fällen III., V. und VII. als Beleidigung gem. § 185 StGB, in den Fällen VIII. und XI. als Hausfriedensbruch gem. § 123 StGB, im Fall X. als Sachbeschädigung gem. § 303 StGB, im Fall XII. als Nötigung gem. § 240 StGB sowie in den Fällen XIV., XV. und XVI. als vorsätzliche Körperverletzung gem. § 223 StGB.

II.

22

Die unter Ziffer I. geschilderte Tat vom 10. Juli 2004 ist nach Art. 190 i.V.m. Art. 64 § 1 des polnisches StGB ebenfalls als Bedrohung unter den strafschärfenden Rückfallvoraussetzungen strafbar. Nach deutschem Recht ist die Tat auch bei sinngemäßer Umstellung des Sachverhalts entsprechend § 3 Abs. 1 2. Halbsatz IRG (vgl. dazu BGH NJW 1977, 1598; OLG Jena NStZ-RR 1997, 11) nicht strafbar, da die Strafbarkeit wegen Bedrohung nach § 241 StGB die Drohung mit der Begehung eines Verbrechens voraussetzt und vorliegend „nur“ mit einer Sachbeschädigung, einem Vergehen nach § 303 StGB, gedroht wurde. Insoweit haben auch die polnischen Behörden mit Schreiben vom 19. Mai 2011 auf Anfrage der Generalstaatsanwaltschaft ergänzend mitgeteilt, dass Zweck der vom Verfolgten am 10. Juli 2004 begangenen Bedrohung ausschließlich die Einschüchterung des Geschädigten ...[A] und nicht die Erlangung von Geld gewesen sei.

23

Da demnach nach deutschem Recht wegen des unter Ziffer I. dargestellten Sachverhalts eine Strafbarkeit nicht gegeben ist, erweist sich die Auslieferung insoweit als unzulässig (§§ 3 Abs. 1 und Abs. 3, 81 Nr. 1 IRG).

III.

24

Wie dem Spezialitätsgrundsatz im Hinblick auf die im Urteil des Kreisgerichts Kamienna Gora vom 13. Dezember 2005 gebildete Gesamtfreiheitsstrafe Rechnung getragen wird, bleibt der Entscheidung der polnischen Behörden bzw. Gerichten überlassen (BGH a.a.O.; OLG Köln, Beschluss vom 15.04.2009, 6 AuslA 19/08, zitiert nach juris). Der Senat folgt – unter ausdrücklicher Aufgabe der in anderer Besetzung ergangenen Rechtsprechung (Beschluss vom 23. Juni 1993 – 1 Ausl. 2/92 - GA 1993, 561) – der in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung (BGH a.a.O.; OLG Jena a.a.O.; Vogel/Burchard in Grützner/Pötz/Kress, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, 3. Aufl., zu § 3 IRG Rdnr. 31; Lagodny in Schomburg/ Lagodny/Gleß/Hackner, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, 4. Aufl., zu § 3 IRG Rdnr. 20), dass es grundsätzlich Aufgabe des Gerichts oder der sonst zuständigen Behörde des ersuchenden Staates ist, den nach Ausscheiden der nicht auslieferungsfähigen Taten verbliebenen Teil der Strafe der Art und Höhe nach zu bestimmen und die Strafe nur insoweit zu vollstrecken. Damit wird vermieden, dass das mit der Sache befasste deutsche Gericht die von einem ausländischen Gericht verhängte Gesamtstrafe auflösen und dabei Entscheidungen treffen muss, die ihrem Wesen nach Strafzumessung darstellen. Die Strafzumessung ist nämlich Aufgabe des erkennenden Gerichts des ersuchenden Staates (OLG Jena a.a.O.).

25

Ob ausnahmsweise die zu vollstreckenden Strafe vom Senat selbst festgelegt werden kann, ohne selbst Strafzumessung auszuüben, weil die Gesamtstrafe des ersuchten Staates durch die Addition von zuvor numerisch festgelegten Einzelstrafen zustande gekommen ist (Fallkonstellation des OLG Jena a.a.O.), kann hier dahinstehen. Nach Mitteilung der polnischen Behörden vom 19. Mai 2011 ist für die unter Ziffer I. genannte Tat vom 10. Juli 2004 keine Einzelstrafe verhängt worden, vielmehr ist für die unter den Ziffern I., II., IV., VI. IX. und XIII. genannten Taten wegen der Ähnlichkeit in der Begehungsweise und des engen zeitlichen Zusammenhangs nach Artikel 91 § 1 des polnischen StGB eine Einheitsfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verhängt worden ist. Ein einfacher Abzug für die für Ziffer I. verhängte Strafe kommt vorliegend schon deshalb nicht in Betracht.

C.

26

Angesichts der Verurteilung des Verfolgten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten, die noch vollständig zu verbüßen ist, ist die Mindestverbüßungsdauer gemäß § 81 Nr. 2 IRG gewahrt. Auch wenn wegen der teilweisen Unzulässigkeit der Auslieferung durch den ersuchenden Staat eine neue Gesamtstrafe zu bilden ist, wird diese nach der vom Senat vorzunehmenden Prognose (siehe Vogel/Burchard, a.a.O., zu § 3 IRG Rdnr. 65), die Mindestverbüßungsdauer noch erheblich überschreiten.

D.

27

Verjährungsprobleme stellen sich vorliegend nicht. Nach dem Europäischen Haftbefehl tritt Vollstreckungsverjährung erst am 7. März 2021 ein. Da die deutsche Gerichtsbarkeit nicht begründet ist, ist eine Verjährung nach dem deutschen Strafgesetzbuch weder nach § 9 Nr. 2 IRG noch nach dem seit Inkrafttreten des EuHbG am 2. August 2006 nicht mehr anwendbaren Art. 10 EuAlÜbk zu prüfen.

E.

28

Zulässigkeitshindernisse nach § 83 IRG sind nicht erkennbar. Insbesondere ergibt sich kein Zulässigkeitshindernis aus § 83 Nr. 3 IRG. Das Urteil vom 13. Dezember 2005 ist laut Angaben im Europäischen Haftbefehl in Anwesenheit des Verfolgten ergangen. Dies hat der Verfolgte durch Schreiben seines Beistandes vom 8. Juli 2011 auch bestätigt. Entgegen der Behauptung des Verfolgten hatte er auch Kenntnis vom Ausgang des weiteren Verfahrens über seine Berufung. Nach einer zwischenzeitlich vorliegenden Mitteilung des Bezirksgericht Jelenia Gora vom 15. Juli 2011 (Bl. 202 ff. d.A.) legte der Verfolgte am 9. Januar 2006 Berufung gegen das Urteil des Kreisgerichts Kamienna Gora vom 13. Dezember 2005 ein. Am 7. März 2006 entschied das Bezirksgericht Jelenia Gora über das Rechtsmittel und hielt das angefochtene Urteil aufrecht. Der Verfolgte nahm an der Berufungsverhandlung persönlich teil.

F.

29

Die Entscheidung der Generalstaatsanwaltschaft, keine Bewilligungshindernisse nach § 83b geltend zu machen, ist nicht zu beanstanden. Individualrechtliche Belange des Verfolgten, die der Bewilligung entgegenstehen könnten, bestehen nicht. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Verfolgte seinen gewöhnlichen Aufenthalt i.S.d. § 83b Abs. 2 Satz 1 IRG in der Bundesrepublik Deutschland hat. Nach der insoweit zu berücksichtigenden (OLG Karlsruhe NStZ-RR 2011, 145; NStZ-RR 2009, 107; Senatsbeschluss vom 05.07.2011 – 1 AuslA 81/11 –) Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs hat eine gesuchte Person im Vollstreckungsmitgliedstaat dann ihren „Wohnsitz“ i.S.d. Art. 4 Nr. 6 RbEuHb, wenn sie dort ihren tatsächlichen Wohnsitz begründet hat und sich dort „aufhält“ oder wenn sie infolge eines beständigen Verweilens von gewisser Dauer in dem Mitgliedstaat Bindungen zu diesem Staat von ähnlicher Intensität aufgebaut hat, wie sie sich aus einem Wohnsitz ergeben (vgl. EuGH NJW 2008, 3201). Der Verfolgte mag sich zwar – so seine Angaben bei der richterlichen Vernehmung vom 25. Mai 2011 – seit 2005 überwiegend in Deutschland aufgehalten haben. Einen Wohnsitz hat er in der Bundesrepublik Deutschland aber nicht begründet. Er fiel allenfalls durch die Begehung von Straftaten in Deutschland auf. In der Zeit vom 9. Januar bis 9. Februar 2005 befand er sich in Untersuchungshaft in dem Verfahren 85 Js 1558/04 StA Lörrach. In diesem Verfahren wurde er am 22. Februar 2005 wegen Einbruchsdiebstahls durch das Amtsgericht Lörrach zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Die Strafaussetzung zur Bewährung wurde durch Beschluss vom 20. Februar 2008 widerrufen. Am 13. Oktober 2008 erging gegen den Verfolgten ein Vollstreckungshaftbefehl, weil er unbekannten Aufenthalts war (Bl. 10 d.A.). In dem Verfahren 2030 Js 41602/06 StA Koblenz wegen räuberischen Diebstahls erging gegen ihn am 24. September 2009 wegen seines Ausbleibens in der Berufungshauptverhandlung ein Haftbefehl gem. § 329 Abs. 4 Satz 1 StPO, aufgrund dessen er am 21. April 2011 festgenommen wurde. Seit dem 21. April 2011 befindet sich der Verfolgte in Untersuchungshaft bzw. Strafhaft. Wie sich aus dem Bericht der Staatsanwaltschaft Koblenz vom 2. Mai 2011 ergibt, hat der Verfolgte bei seiner Vernehmung am 21. April 2011 eingeräumt, sich gefälschte Ausweispapiere auf den Namen … beschafft zu haben, um sich einer Festnahme in Deutschland zu entziehen. Insoweit ist das Ermittlungsverfahren 2030 Js 20134/11 StA Koblenz anhängig (Bl. 78 d.A.). Nennenswerte Bindungen des Verfolgten in Deutschland sind offensichtlich nicht vorhanden. Zwar leben nach seinen Angaben seine Mutter und ein Onkel in Deutschland. Seine Freundin, mit der er laut seinen Angaben bei der richterlichen Anhörung ein Kind hat und die offensichtlich mit ihm in Deutschland lebte, ist nach seiner Verhaftung nach Polen zurückgekehrt. Im Übrigen hat der Verfolgte durch seinen Beistand mit Schreiben vom 8. Juli 2011 mitgeteilt, dass er auch während seines Aufenthaltes in Deutschland durchgängig einen polnischen Wohnsitz hatte und dort auch behördlich gemeldet war.

G.

30

Bei dem Verfolgten handelt es sich um die mit Europäischem Haftbefehl gesuchten Person. Dies hat er bei seiner richterlichen Anhörung gem. §§ 22, 28 IRG am 25. Mai 2011 bestätigt.

F.

31

Da der Haftgrund der Fluchtgefahr (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 IRG) aus den im Auslieferungshaftbefehl vom 6. Mai 2011 eingehend dargelegten Gründen fortbesteht, hat die Auslieferungshaft, die bislang nur als Überhaft vermerkt ist, fortzudauern.

32

Sofern erforderlich wird der Senat gem. § 26 Abs. 1 IRG über die Fortdauer der Auslieferungshaft entscheiden, wenn der Auslieferungshaftbefehl – nicht nur als Überhaft – zwei Monate vollzogen sein wird.

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Referenzen - Gesetze

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Die Beleidigung wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Beleidigung öffentlich, in einer Versammlung, durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) oder mittels einer Tätlichkeit begangen wird, mit Freiheitsstraf

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§ 3 findet mit den Maßgaben Anwendung, dass 1. die Auslieferung zur Verfolgung nur zulässig ist, wenn die Tat nach dem Recht des ersuchenden Mitgliedstaates mit einer Freiheitsstrafe oder sonstigen Sanktion im Höchstmaß von mindestens zwölf Monaten b

Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen - IRG | § 3 Auslieferung zur Verfolgung oder zur Vollstreckung


(1) Die Auslieferung ist nur zulässig, wenn die Tat auch nach deutschem Recht eine rechtswidrige Tat ist, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht, oder wenn sie bei sinngemäßer Umstellung des Sachverhalts auch nach deutschem Recht eine so

Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen - IRG | § 83b Bewilligungshindernisse


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Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen - IRG | § 28 Vernehmung des Verfolgten


(1) Nach dem Eingang des Auslieferungsersuchens beantragt die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht die Vernehmung des Verfolgten bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk er sich befindet. (2) Der Richter beim Amtsgericht vernimmt den Verfolgten

Referenzen

§ 3 findet mit den Maßgaben Anwendung, dass

1.
die Auslieferung zur Verfolgung nur zulässig ist, wenn die Tat nach dem Recht des ersuchenden Mitgliedstaates mit einer Freiheitsstrafe oder sonstigen Sanktion im Höchstmaß von mindestens zwölf Monaten bedroht ist,
2.
die Auslieferung zur Vollstreckung nur zulässig ist, wenn nach dem Recht des ersuchenden Mitgliedstaates eine freiheitsentziehende Sanktion zu vollstrecken ist, deren Maß mindestens vier Monate beträgt,
3.
die Auslieferung in Steuer-, Zoll- und Währungsangelegenheiten auch zulässig ist, wenn das deutsche Recht keine gleichartigen Steuern vorschreibt oder keine gleichartigen Steuer-, Zoll- und Währungsbestimmungen enthält wie das Recht des ersuchenden Mitgliedstaates,
4.
die beiderseitige Strafbarkeit nicht zu prüfen ist, wenn die dem Ersuchen zugrunde liegende Tat nach dem Recht des ersuchenden Staates mit einer freiheitsentziehenden Sanktion im Höchstmaß von mindestens drei Jahren bedroht ist und den in Artikel 2 Absatz 2 des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. L 190 vom 18. 7. 2002, S. 1), der durch den Rahmenbeschluss 2009/299/JI (ABl. L 81 vom 27.3.2009, S. 24) geändert worden ist, (Rahmenbeschluss Europäischer Haftbefehl) aufgeführten Deliktsgruppen zugehörig ist.

(1) Wer einen Menschen mit der Begehung einer gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten rechtswidrigen Tat gegen die sexuelle Selbstbestimmung, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder gegen eine Sache von bedeutendem Wert bedroht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Wer einen Menschen mit der Begehung eines gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechens bedroht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(3) Ebenso wird bestraft, wer wider besseres Wissen einem Menschen vortäuscht, daß die Verwirklichung eines gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechens bevorstehe.

(4) Wird die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) begangen, ist in den Fällen des Absatzes 1 auf Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder auf Geldstrafe und in den Fällen der Absätze 2 und 3 auf Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder auf Geldstrafe zu erkennen.

(5) Die für die angedrohte Tat geltenden Vorschriften über den Strafantrag sind entsprechend anzuwenden.

Die Beleidigung wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Beleidigung öffentlich, in einer Versammlung, durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) oder mittels einer Tätlichkeit begangen wird, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Wer in die Wohnung, in die Geschäftsräume oder in das befriedete Besitztum eines anderen oder in abgeschlossene Räume, welche zum öffentlichen Dienst oder Verkehr bestimmt sind, widerrechtlich eindringt, oder wer, wenn er ohne Befugnis darin verweilt, auf die Aufforderung des Berechtigten sich nicht entfernt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt.

(1) Wer rechtswidrig eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer unbefugt das Erscheinungsbild einer fremden Sache nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
eine Schwangere zum Schwangerschaftsabbruch nötigt oder
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger mißbraucht.

(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wer einen Menschen mit der Begehung einer gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten rechtswidrigen Tat gegen die sexuelle Selbstbestimmung, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder gegen eine Sache von bedeutendem Wert bedroht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Wer einen Menschen mit der Begehung eines gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechens bedroht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(3) Ebenso wird bestraft, wer wider besseres Wissen einem Menschen vortäuscht, daß die Verwirklichung eines gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechens bevorstehe.

(4) Wird die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) begangen, ist in den Fällen des Absatzes 1 auf Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder auf Geldstrafe und in den Fällen der Absätze 2 und 3 auf Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder auf Geldstrafe zu erkennen.

(5) Die für die angedrohte Tat geltenden Vorschriften über den Strafantrag sind entsprechend anzuwenden.

(1) Wer rechtswidrig eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer unbefugt das Erscheinungsbild einer fremden Sache nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(1) Die Auslieferung ist nur zulässig, wenn die Tat auch nach deutschem Recht eine rechtswidrige Tat ist, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht, oder wenn sie bei sinngemäßer Umstellung des Sachverhalts auch nach deutschem Recht eine solche Tat wäre.

(2) Die Auslieferung zur Verfolgung ist nur zulässig, wenn die Tat nach deutschem Recht im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bedroht ist oder wenn sie bei sinngemäßer Umstellung des Sachverhalts nach deutschem Recht mit einer solchen Strafe bedroht wäre.

(3) Die Auslieferung zur Vollstreckung ist nur zulässig, wenn wegen der Tat die Auslieferung zur Verfolgung zulässig wäre und wenn eine freiheitsentziehende Sanktion zu vollstrecken ist. Sie ist ferner nur zulässig, wenn zu erwarten ist, daß die noch zu vollstreckende freiheitsentziehende Sanktion oder die Summe der noch zu vollstreckenden freiheitsentziehenden Sanktionen mindestens vier Monate beträgt.

§ 3 findet mit den Maßgaben Anwendung, dass

1.
die Auslieferung zur Verfolgung nur zulässig ist, wenn die Tat nach dem Recht des ersuchenden Mitgliedstaates mit einer Freiheitsstrafe oder sonstigen Sanktion im Höchstmaß von mindestens zwölf Monaten bedroht ist,
2.
die Auslieferung zur Vollstreckung nur zulässig ist, wenn nach dem Recht des ersuchenden Mitgliedstaates eine freiheitsentziehende Sanktion zu vollstrecken ist, deren Maß mindestens vier Monate beträgt,
3.
die Auslieferung in Steuer-, Zoll- und Währungsangelegenheiten auch zulässig ist, wenn das deutsche Recht keine gleichartigen Steuern vorschreibt oder keine gleichartigen Steuer-, Zoll- und Währungsbestimmungen enthält wie das Recht des ersuchenden Mitgliedstaates,
4.
die beiderseitige Strafbarkeit nicht zu prüfen ist, wenn die dem Ersuchen zugrunde liegende Tat nach dem Recht des ersuchenden Staates mit einer freiheitsentziehenden Sanktion im Höchstmaß von mindestens drei Jahren bedroht ist und den in Artikel 2 Absatz 2 des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. L 190 vom 18. 7. 2002, S. 1), der durch den Rahmenbeschluss 2009/299/JI (ABl. L 81 vom 27.3.2009, S. 24) geändert worden ist, (Rahmenbeschluss Europäischer Haftbefehl) aufgeführten Deliktsgruppen zugehörig ist.

(1) Die Auslieferung ist nur zulässig, wenn die Tat auch nach deutschem Recht eine rechtswidrige Tat ist, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht, oder wenn sie bei sinngemäßer Umstellung des Sachverhalts auch nach deutschem Recht eine solche Tat wäre.

(2) Die Auslieferung zur Verfolgung ist nur zulässig, wenn die Tat nach deutschem Recht im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bedroht ist oder wenn sie bei sinngemäßer Umstellung des Sachverhalts nach deutschem Recht mit einer solchen Strafe bedroht wäre.

(3) Die Auslieferung zur Vollstreckung ist nur zulässig, wenn wegen der Tat die Auslieferung zur Verfolgung zulässig wäre und wenn eine freiheitsentziehende Sanktion zu vollstrecken ist. Sie ist ferner nur zulässig, wenn zu erwarten ist, daß die noch zu vollstreckende freiheitsentziehende Sanktion oder die Summe der noch zu vollstreckenden freiheitsentziehenden Sanktionen mindestens vier Monate beträgt.

Ist für die Tat auch die deutsche Gerichtsbarkeit begründet, so ist die Auslieferung nicht zulässig, wenn

1.
ein Gericht oder eine Behörde im Geltungsbereich dieses Gesetzes gegen den Verfolgten wegen der Tat ein Urteil oder eine Entscheidung mit entsprechender Rechtswirkung erlassen, die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt (§ 204 der Strafprozeßordnung), einen Antrag auf Erhebung der öffentlichen Klage verworfen (§ 174 der Strafprozeßordnung), das Verfahren nach Erfüllung von Auflagen und Weisungen eingestellt (§ 153a der Strafprozeßordnung) oder nach Jugendstrafrecht von der Verfolgung abgesehen oder das Verfahren eingestellt hat (§§ 45, 47 des Jugendgerichtsgesetzes) oder
2.
die Verfolgung oder Vollstreckung nach deutschem Recht verjährt oder auf Grund eines deutschen Straffreiheitsgesetzes ausgeschlossen ist.

(1) Die Auslieferung ist nicht zulässig, wenn

1.
der Verfolgte wegen derselben Tat, die dem Ersuchen zugrunde liegt, bereits von einem anderen Mitgliedstaat rechtskräftig abgeurteilt worden ist, vorausgesetzt, dass im Fall der Verurteilung die Sanktion bereits vollstreckt worden ist, gerade vollstreckt wird oder nach dem Recht des Urteilsstaates nicht mehr vollstreckt werden kann,
2.
der Verfolgte zur Tatzeit nach § 19 des Strafgesetzbuchs schuldunfähig war oder
3.
bei Ersuchen zum Zweck der Strafvollstreckung die verurteilte Person zu der dem Urteil zugrunde liegenden Verhandlung nicht persönlich erschienen ist oder
4.
die dem Ersuchen zugrunde liegende Tat nach dem Recht des ersuchenden Mitgliedstaates mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder einer sonstigen lebenslangen freiheitsentziehenden Sanktion bedroht ist oder der Verfolgte zu einer solchen Strafe verurteilt worden war und eine Überprüfung der Vollstreckung der verhängten Strafe oder Sanktion auf Antrag oder von Amts wegen nicht spätestens nach 20 Jahren erfolgt.

(2) Die Auslieferung ist abweichend von Absatz 1 Nummer 3 jedoch zulässig, wenn

1.
die verurteilte Person
a)
rechtzeitig
aa)
persönlich zu der Verhandlung, die zu dem Urteil geführt hat, geladen wurde oder
bb)
auf andere Weise tatsächlich offiziell von dem vorgesehenen Termin und Ort der Verhandlung, die zu dem Urteil geführt hat, in Kenntnis gesetzt wurde, sodass zweifelsfrei nachgewiesen wurde, dass die verurteilte Person von der anberaumten Verhandlung Kenntnis hatte, und
b)
dabei darauf hingewiesen wurde, dass ein Urteil auch in ihrer Abwesenheit ergehen kann,
2.
die verurteilte Person in Kenntnis des gegen sie gerichteten Verfahrens, an dem ein Verteidiger beteiligt war, eine persönliche Ladung durch Flucht verhindert hat oder
3.
die verurteilte Person in Kenntnis der anberaumten Verhandlung einen Verteidiger bevollmächtigt hat, sie in der Verhandlung zu verteidigen, und sie durch diesen in der Verhandlung tatsächlich verteidigt wurde.

(3) Die Auslieferung ist abweichend von Absatz 1 Nummer 3 auch zulässig, wenn die verurteilte Person nach Zustellung des Urteils

1.
ausdrücklich erklärt hat, das ergangene Urteil nicht anzufechten, oder
2.
innerhalb geltender Fristen keine Wiederaufnahme des Verfahrens oder kein Berufungsverfahren beantragt hat.
Die verurteilte Person muss zuvor ausdrücklich über ihr Recht auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder auf ein Berufungsverfahren, an dem sie teilnehmen kann und bei dem der Sachverhalt, einschließlich neuer Beweismittel, erneut geprüft und das ursprüngliche Urteil aufgehoben werden kann, belehrt worden sein.

(4) Die Auslieferung ist abweichend von Absatz 1 Nummer 3 ferner zulässig, wenn der verurteilten Person unverzüglich nach ihrer Übergabe an den ersuchenden Mitgliedstaat das Urteil persönlich zugestellt werden wird und die verurteilte Person über ihr in Absatz 3 Satz 2 genanntes Recht auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder ein Berufungsverfahren sowie über die hierfür geltenden Fristen belehrt werden wird.

(1) Die Bewilligung der Auslieferung kann abgelehnt werden, wenn

1.
gegen den Verfolgten wegen derselben Tat, die dem Auslieferungsersuchen zugrunde liegt, im Geltungsbereich dieses Gesetzes ein strafrechtliches Verfahren geführt wird,
2.
die Einleitung eines strafrechtlichen Verfahrens wegen derselben Tat, die dem Auslieferungsersuchen zugrunde liegt, abgelehnt wurde oder ein bereits eingeleitetes Verfahren eingestellt wurde,
3.
dem Auslieferungsersuchen eines dritten Staates Vorrang eingeräumt werden soll,
4.
nicht aufgrund einer Pflicht zur Auslieferung nach dem Rahmenbeschluss Europäischer Haftbefehl, aufgrund einer vom ersuchenden Staat gegebenen Zusicherung oder aus sonstigen Gründen erwartet werden kann, dass dieser einem vergleichbaren deutschen Ersuchen entsprechen würde.

(2) Die Bewilligung der Auslieferung eines Ausländers, der im Inland seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, kann ferner abgelehnt werden, wenn

1.
bei einer Auslieferung zum Zwecke der Strafverfolgung die Auslieferung eines Deutschen gemäß § 80 Abs. 1 und 2 nicht zulässig wäre,
2.
bei einer Auslieferung zum Zwecke der Strafvollstreckung er dieser nach Belehrung zu richterlichem Protokoll nicht zustimmt und sein schutzwürdiges Interesse an der Strafvollstreckung im Inland überwiegt; § 41 Abs. 3 und 4 gelten entsprechend.

(1) Ist bei Beginn eines Hauptverhandlungstermins weder der Angeklagte noch ein Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht erschienen und das Ausbleiben nicht genügend entschuldigt, so hat das Gericht eine Berufung des Angeklagten ohne Verhandlung zur Sache zu verwerfen. Ebenso ist zu verfahren, wenn die Fortführung der Hauptverhandlung in dem Termin dadurch verhindert wird, dass

1.
sich der Verteidiger ohne genügende Entschuldigung entfernt hat und eine Abwesenheit des Angeklagten nicht genügend entschuldigt ist oder der Verteidiger den ohne genügende Entschuldigung nicht anwesenden Angeklagten nicht weiter vertritt,
2.
sich der Angeklagte ohne genügende Entschuldigung entfernt hat und kein Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht anwesend ist oder
3.
sich der Angeklagte vorsätzlich und schuldhaft in einen seine Verhandlungsfähigkeit ausschließenden Zustand versetzt hat und kein Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht anwesend ist.
Über eine Verwerfung wegen Verhandlungsunfähigkeit nach diesem Absatz entscheidet das Gericht nach Anhörung eines Arztes als Sachverständigen. Die Sätze 1 bis 3 finden keine Anwendung, wenn das Berufungsgericht erneut verhandelt, nachdem die Sache vom Revisionsgericht zurückverwiesen worden ist.

(2) Soweit die Anwesenheit des Angeklagten nicht erforderlich ist, findet die Hauptverhandlung auch ohne ihn statt, wenn er durch einen Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht vertreten wird oder seine Abwesenheit im Fall der Verhandlung auf eine Berufung der Staatsanwaltschaft nicht genügend entschuldigt ist. § 231b bleibt unberührt.

(3) Kann die Hauptverhandlung auf eine Berufung der Staatsanwaltschaft hin nicht ohne den Angeklagten abgeschlossen werden oder ist eine Verwerfung der Berufung nach Absatz 1 Satz 4 nicht zulässig, ist die Vorführung oder Verhaftung des Angeklagten anzuordnen, soweit dies zur Durchführung der Hauptverhandlung geboten ist.

(4) Ist die Anwesenheit des Angeklagten in der auf seine Berufung hin durchgeführten Hauptverhandlung trotz der Vertretung durch einen Verteidiger erforderlich, hat das Gericht den Angeklagten zur Fortsetzung der Hauptverhandlung zu laden und sein persönliches Erscheinen anzuordnen. Erscheint der Angeklagte zu diesem Fortsetzungstermin ohne genügende Entschuldigung nicht und bleibt seine Anwesenheit weiterhin erforderlich, hat das Gericht die Berufung zu verwerfen. Über die Möglichkeit der Verwerfung ist der Angeklagte mit der Ladung zu belehren.

(5) Wurde auf eine Berufung der Staatsanwaltschaft hin nach Absatz 2 verfahren, ohne dass ein Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht anwesend war, hat der Vorsitzende, solange mit der Verkündung des Urteils noch nicht begonnen worden ist, einen erscheinenden Angeklagten oder Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht von dem wesentlichen Inhalt dessen zu unterrichten, was in seiner Abwesenheit verhandelt worden ist. Eine Berufung der Staatsanwaltschaft kann in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 und 2 auch ohne Zustimmung des Angeklagten zurückgenommen werden, es sei denn, dass die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 4 vorliegen.

(6) Ist die Verurteilung wegen einzelner von mehreren Taten weggefallen, so ist bei der Verwerfung der Berufung der Inhalt des aufrechterhaltenen Urteils klarzustellen; die erkannten Strafen können vom Berufungsgericht auf eine neue Gesamtstrafe zurückgeführt werden.

(7) Der Angeklagte kann binnen einer Woche nach der Zustellung des Urteils die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unter den in den §§ 44 und 45 bezeichneten Voraussetzungen beanspruchen. Hierüber ist er bei der Zustellung des Urteils zu belehren.

(1) Wird der Verfolgte vorläufig festgenommen, so ist er unverzüglich, spätestens am Tag nach der Festnahme, dem Richter des nächsten Amtsgerichts vorzuführen.

(2) Der Richter beim Amtsgericht vernimmt den Verfolgten unverzüglich nach der Vorführung, spätestens am nächsten Tag, über seine persönlichen Verhältnisse, insbesondere über seine Staatsangehörigkeit. Er weist ihn darauf hin, daß er sich in jeder Lage des Verfahrens eines Rechtsbeistands (§ 40) bedienen kann und daß es ihm freisteht, sich zu der ihm zur Last gelegten Tat zu äußern oder dazu nicht auszusagen. Sodann befragt er ihn, ob und gegebenenfalls aus welchen Gründen er Einwendungen gegen die Auslieferung oder gegen seine vorläufige Festnahme erheben will. § 21 Abs. 2 Satz 4 gilt entsprechend.

(3) Ergibt sich bei der Vernehmung, daß der Ergriffene nicht die Person ist, auf die sich das Ersuchen oder die Tatsachen im Sinne des § 17 Abs. 2 Nr. 4 beziehen, so ordnet der Richter beim Amtsgericht seine Freilassung an. Andernfalls ordnet der Richter beim Amtsgericht an, daß der Verfolgte bis zur Entscheidung des Oberlandesgerichts festzuhalten ist. § 21 Abs. 4 Satz 2, Abs. 6 und 7 gilt entsprechend.

(1) Nach dem Eingang des Auslieferungsersuchens beantragt die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht die Vernehmung des Verfolgten bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk er sich befindet.

(2) Der Richter beim Amtsgericht vernimmt den Verfolgten über seine persönlichen Verhältnisse, insbesondere über seine Staatsangehörigkeit. Er weist ihn darauf hin, daß er sich in jeder Lage des Verfahrens eines Rechtsbeistands (§ 40) bedienen kann und daß es ihm freisteht, sich zu der ihm zur Last gelegten Tat zu äußern oder dazu nicht auszusagen. Sodann befragt er ihn, ob und gegebenenfalls aus welchen Gründen er Einwendungen gegen die Auslieferung erheben will. Zu dem Gegenstand der Beschuldigung ist der Verfolgte nur zu vernehmen, wenn die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht dies beantragt; in den übrigen Fällen sind die Angaben, die der Verfolgte von sich aus hierzu macht, in das Protokoll aufzunehmen.

(3) Erhebt der Verfolgte gegen die Auslieferung keine Einwendungen, so belehrt ihn der Richter beim Amtsgericht über die Möglichkeit der vereinfachten Auslieferung und deren Rechtsfolgen (§ 41) und nimmt sodann dessen Erklärung zu Protokoll.

(1) Nach dem Eingang des Auslieferungsersuchens kann gegen den Verfolgten die Auslieferungshaft angeordnet werden, wenn

1.
die Gefahr besteht, daß er sich dem Auslieferungsverfahren oder der Durchführung der Auslieferung entziehen werde, oder
2.
auf Grund bestimmter Tatsachen der dringende Verdacht begründet ist, daß der Verfolgte die Ermittlung der Wahrheit in dem ausländischen Verfahren oder im Auslieferungsverfahren erschweren werde.

(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn die Auslieferung von vornherein unzulässig erscheint.

(1) Befindet sich der Verfolgte in Auslieferungshaft, so entscheidet das Oberlandesgericht über deren Fortdauer, wenn der Verfolgte seit dem Tag der Ergreifung, der vorläufigen Festnahme oder der letzten Entscheidung über die Fortdauer der Haft insgesamt zwei Monate zum Zweck der Auslieferung in Haft ist. Die Haftprüfung wird jeweils nach zwei Monaten wiederholt. Das Oberlandesgericht kann anordnen, daß die Haftprüfung innerhalb einer kürzeren Frist vorgenommen wird.

(2) Befindet sich der Verfolgte in vorläufiger Auslieferungshaft oder in einstweiliger Unterbringung in einem Erziehungsheim (§ 71 Abs. 2 des Jugendgerichtsgesetzes), so gilt Absatz 1 entsprechend.