Oberlandesgericht Köln Urteil, 26. Aug. 2015 - 2 U 127/14
Tenor
Die Berufung des Klägers zu 1. wird zurückgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten wird das am 24.11.2014 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 20. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 20 O 428/13 - teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.
Die in beiden Rechtszügen entstandenen Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten des Beklagten tragen der Kläger zu 1. zu 90% und der Kläger zu 2. zu 10%.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund dieses Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
G r ü n d e :
2I.
3Der Kläger ist aufgrund Beschlusses des Amtsgerichts Köln vom 28.09.2012 (71 IN 354/12) Insolvenzverwalter über das Vermögen der E GmbH (im Folgenden: Schuldnerin). Der maßgebliche Eröffnungsantrag ging am 03.09.2012 beim Amtsgericht Köln ein.
4Die Kläger zu 1. erwarb in den Jahren 2005 und 2006 Anleihen der Schuldnerin mit einem Nennwert von insgesamt 750.000,00 €, die nach den Anleihebedingungen mit 6% p.a. verzinslich waren. Einen Teil hiervon, nämlich Anleihen mit einem Nennwert von 70.000,00 € übertrug er auf seinen Sohn, den Kläger zu 2.
5In der Folgezeit geriet die Schuldnerin in finanzielle Schwierigkeiten. Nach dem unstreitigen Tatbestand des von den Klägern vorgelegten Urteils des Landgerichts Köln vom 26.01.2012 (Anlage K 3 Bl. 10 ff. d.A.) war per 31.12.2010 ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag von ca. 4,2 Mio € zu erwarten. In einer B-I-Mitteilung vom 30.06.2010 erklärte die Schuldnerin, dass keine positive Fortführungsprognose bestehe und eine Überschuldung gegeben sei. Sie kündigte ein Re-strukturierungskonzept an und teilte mit, dass sie vor diesem Hintergrund Zinszahlungen, die zum 01.07.2010 fällig würden, aussetze. In einer weiteren B-I-Mitteilung vom 19.07.2010 (Anlage K 6, Bl. 69 d.A.) teilte die Schuldnerin sodann mit, dass ihre Geschäftsführung auf der Grundlage der aktuellen Ertrags- und Finanzplanung und auf der Grundlage des aktuellen Restrukturierungskonzeptes davon ausgehe, „dass eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass die E GmbH im laufenden und im darauffolgenden Jahr zahlungsfähig bleibt.“ Teil des Restrukturierungskonzeptes - und damit auch Prämisse für diese Annahmen - seien allerdings gravierende Einschnitte in den Anleiheforderungen und in deren Verzinsung. Die Geschäftsführung prüfe intensiv und fortlaufend, ob sich die Annahmen des Restrukturierungskonzeptes künftig als nicht mehr zutreffend erweisen – mit der Folge, dass unmittelbar wieder eine negative Fortbestehensprognose und eine entsprechende Insolvenzantragspflicht eintreten werde. Es bestehe deshalb nach wie vor Insolvenzgefahr. In einer weiteren B-I-Mitteilung vom 12.08.2010 teilte die Schuldnerin sodann mit, dass nach dem von der Geschäftsführung zur Vermeidung der Insolvenz vorgelegten Restrukturierungskonzept eine Reduzierung des Zinssatzes der Anleihen auf 1% (Stufe 1) sowie eine Reduzierung des Nennwertes der Anleihen um 60% auf dann 40% (Stufe 2) vorgesehen sei. Auf den reduzierten Nennwert könnten dann nach dem bisherigen Finanzplan Zinsen von bis zu 3,5% gezahlt werden. Abschließend wies die Schuldnerin darauf hin, dass nach wie vor Insolvenzgefahr bestehe.
6In den von der Insolvenzschuldnerin - für jede Tranche der Anleihe gesondert - einberufenen Gläubigerversammlungen vom 24., 25. und 26.08.2010 kam der beabsichtigte Beschluss über den „Zinsschnitt“ zunächst mangels Beschlussfähigkeit nicht zustande. In weiteren Gläubigerversammlungen vom 27., 28. und 29.10. erfolgte schließlich die Zustimmung zur Ermäßigung des Zinssatzes der Anleihen auf 1%. Im November 2010 erfolgte sodann die Zahlung der bis dahin rückständigen und der aktuell fälligen Zinsen an die Gläubiger, wobei den Zahlungen für die Zeit ab dem 01.07.2010 der reduzierte Zinssatz von 1% p.a. zu Grunde gelegt wurde. Die genannten Sachverhalte wurden in Ad-hoc-Mitteilungen vom 27.10., 28.10., 02.11. und 09.11.2010 (Abl. Bl. 93 ff. d.A.) bekannt gemacht. In einer weiteren B-I-Mitteilung vom 21.12.2010 (Abl. Bl. 100 d.A.) teilte die Schuldnerin mit, dass ihr Abschlussprüfer „in Bezug auf den Jahresabschluss zum 31.12.2009 angekündigt [habe], einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk zu erteilen, wenn und sobald Stufe 2 des Restrukturierungskonzeptes, wie im Rahmen der B-I-Mitteilung vom 12.08.2010, 19:07 Uhr, bekannt gemacht, finalisiert worden ist.“ Zu der damit angesprochenen Zustimmung zur Reduzierung des Nennwertes der Anleihen kam es allerdings in der Folgezeit nicht.
7Bereits zuvor, nämlich mit anwaltlichem Schreiben vom 08.09.2010, hatten die Kläger die Anleihe im Hinblick auf die finanzielle Situation der Schuldnerin aus wichtigem Grund gekündigt. Neben den Klägern kündigten auch weitere Gläubiger die Anleihe; der Nominalbetrag der gekündigten Anleihen beträgt nach den Feststellungen der Staatsanwaltschaft Köln in dem gegen die Verantwortlichen der Schuldnerin geführten Ermittlungsverfahren insgesamt 2.484.000,00 € (S. 80 des Vermerks der Wirtschaftsreferentin der Staatsanwaltschaft Köln im Ermittlungsverfahren 110 Js 599/11, Bl. 207 ff. d.A.).
8Mit Klage vom 02.12.2010 (Anlage B 5, Bl. 153 ff. d.A.) haben die Kläger sodann die Rückzahlung der Anleihen sowie - auf der Grundlage eines Zinssatzes von 6% p.a. - die Zahlung rückständiger Zinsen verlangt (30 O 538/10 – LG Köln; das im Tatbestand des angefochtenen Urteils angegebene Aktentenzeichen 30 O 538/12 ist falsch). Mit Urteil vom 26.01.2012 (Anlage K 3, Bl. 10 ff. d.A.) ist die Schuldnerin im Wesentlichen antragsgemäß zur Zahlung von 680.000,00 € nebst Zinsen und Anwaltskosten an den Kläger zu 1. und zur Zahlung von 70.000 € nebst Zinsen und Anwaltskosten an den Kläger zu 2. verurteilt worden. In weiteren Verfahren hat das Landgericht Köln auch den Klagen von 24 weiteren Anlegern stattgegeben. Gegen das von den Klägern erstrittene Urteil, das gegen Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärt worden war, hat die Schuldnerin - ebenso wie gegen die weiteren stattgebenden Urteile - Berufung eingelegt, die beim dem Oberlandesgericht Köln unter dem Aktenzeichnen 3 U 58/12 geführt worden ist. Das Berufungsverfahren ist aufgrund der Insolvenzeröffnung über das Vermögen der Schuldnerin unterbrochen und später aufgenommen worden. Zwischenzeitlich hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln mit Urteil vom 09.07.2015 über die Berufung des dortigen - und hiesigen - Beklagten entschieden. Der Senat hat dabei die Hauptforderung der Kläger (Zahlungsanspruch in Höhe des Nennwertes der Anleihen) nebst 1 % Jahreszinsen entsprechend dem Anerkenntnis der Beklagten zur Insolvenztabelle festgestellt und die weitergehende Klage abgewiesen. Auf die Zwischenfeststellungsklage des Beklagten hat es zudem festgestellt, dass die von den Klägern unter dem 08.09.2010 ausgesprochene Kündigung unwirksam ist.
9Während des laufenden Berufungsverfahrens in der Sache 3 U 58/12 erwirkten die Kläger am 18.05.2012 im Wege der Sicherungsvollstreckung nach § 720a ZPO Pfändungsbeschlüsse jeweils vom 18.05.2012, wegen deren genauem Wortlaut auf die von den Klägern zur Akte gereichten Ablichtungen (Anlagen K 4 und K 5, Bl. 23 ff., 29 ff. d.A.), Bezug genommen wird. Mit den Beschlüssen wurden wegen einer Vollstreckungsforderung von 746.678,48 € nebst Tageszinsen (Kläger zu 1.) bzw. 80.560,84 € nebst Tageszinsen (Kläger zu 2.) Forderungen der Schuldnerin gegen insgesamt fünf Banken, unter ihnen die Stadtsparkasse E2, gepfändet. Die Zustellung des vom Kläger zu 2. erwirkten des Pfändungsbeschlusses an die Stadtsparkasse E2 erfolgte am 25.05.2012, die sodann mit Drittschuldnererklärung vom 05.06.2012 (Bl. 50 d.A.) die Pfändung anerkannte und mitteilte, dass das von der Pfändung betroffene Girokonto ein ausreichendes Guthaben ausweise. Die Zustellung des vom Kläger zu 1. erwirkten Pfändungsbeschlusses an die Sparkasse E2 erfolgte erst am 02.07.2012. Die Sparkasse gab auch insoweit eine Drittschuldnererklärung ab (Bl. 49 d. A.), in der sie die Pfändung anerkannte und mitteilte, das von der Pfändung betroffenen Girokonto weise heute ein ausreichendes Guthaben aus; es lägen vorrangige Pfändungen in Höhe von 81.229,28 € vor. Der Kontostand bei Zustellung wurde mit 82.006,79 € angegeben.
10Da die Pfändungen die Geschäftstätigkeit der Schuldnerin beeinträchtigten, trafen die Kläger und die Schuldnerin mündlich eine Vereinbarung, auf deren Grundlage die Stadtsparkasse E2 am 12.07.2012 einen Betrag in Höhe von 875.000,00 € für die Kläger auf einem hierfür eingerichteten Tagesgeldkonto mit der Nummer 1006366114 (im Folgenden nur noch „Tagesgeldkonto“) separierte; im Gegenzug verzichteten die Kläger auf die Rechte aus den Pfändungsbeschlüssen. Ein schriftliche Vereinbarung wurde nicht abgeschlossen, der Inhalt der mündlichen Vereinbarung entspricht aber unstreitig dem von den Klägern als Anlage K 16 (Bl. 191 ff.) vorgelegten Entwurf einer Verpfändungsvereinbarung.
11Nachdem aufgrund eines am 03.09.2012 eingegangenen Antrages am 28.09.2012 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt worden war, erklärte er mit Schreiben vom 06.12.2012 (Anlage K 8, Bl. 38 f.) die Anfechtung der vom Kläger zu 1. durch den Pfändungsbeschluss vom 18.05.2012 erlangten Sicherheit. Dabei stützte er sich im Wesentlichen darauf, dass die Schuldnerin wegen der Fälligkeit einer Darlehensrückzahlungsforderung der D Bank AG in Höhe von 38,5 Mio. € seit dem 01.06.2012 zahlungsunfähig gewesen sei. Mit Schreiben vom 13.12.2012 (Anlage K 9, Bl. 40) teilte die Stadtsparkasse E2 mit, dass sie den separierten Betrag auf das Insolvenzanderkonto des Beklagten ausgekehrt habe. Die Kläger forderten den Beklagten sodann mit anwaltlichem Schreiben vom 15.01.2013 (Bl. 41 ff. d.A.) vergeblich auf, den erhaltenen Betrag in Höhe von 875.000,00 € bis zum 25.01.2013 zurück auf das Tagesgeldkonto zu überweisen. Mit Schreiben vom 19.03.2013 (Anlage B 4, Bl. 143 f. d. A.) teilte der Beklagte den Klägern mit, dass er den von der Stadtsparkasse E2 ausgekehrten Betrag aufgrund des von den Klägern behaupteten Absonderungsrechts separiert habe.
12Die Kläger haben gemeint, die von ihnen ausgebrachten Pfändungen hätten nicht zu einer Gläubigerbenachteiligung geführt, da im Zeitpunkt der Pfändungen keine Zahlungsunfähigkeit bestanden habe und eine positive Fortbestehensprognose gerechtfertigt gewesen sei. Eine solche ergebe sich aus den B-I-Mitteilungen der Schuldnerin und werde sowohl im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren als auch in dem von den Geschäftsführern der Schuldnerin in Auftrag gegebene Sachverständigengutachten der E3 U GmbH bestätigt. Infolgedessen hätten sie auch weder Kenntnis davon gehabt, dass die Pfändungen die anderen Gläubiger benachteiligten, noch Kenntnis von Umständen gehabt, die zwingend hierauf hätte schließen lassen. Die unstreitige Überschuldung der Schuldnerin hätte durch Eintritt eines neuen Investors und durch den von den Anleihegläubigern zu genehmigenden Zins- und Schuldenschnitt beseitigt werden sollen. Der Investor sei erst am 14.08.2012 überraschend abgesprungen, so dass es nicht mehr zum Schuldenschnitt gekommen sei und die Insolvenzantragspflicht begründet worden sei. Zudem haben die Kläger die Ansicht vertreten, es fehle an einer zu einer Gläubigerbenachteiligung führenden Rechtshandlung des Schuldners, da das Pfändungspfandrecht lediglich durch ein rechtsgeschäftliches Pfandrecht ausgetauscht worden sei.
13Ursprünglich haben die Kläger beantragt, den Beklagten zu verurteilen, einen Betrag in Höhe von 875.000,00 € nebst Zinsen von der freien Masse abzusondern und auf einem separaten Konto für die obsiegende Partei aus dem beim Oberlandesgericht Köln unter dem Aktenzeichen 3 U 58/12 anhängigen Rechtsstreit zu hinterlegen. Diesen Antrag haben die Kläger zunächst dahingehend geändert, den Beklagten zu verurteilen, den genannten Betrag zuzüglich Zinsen von der freien Masse abzusondern und auf ein separates Konto zu Sicherung der Ansprüche aus dem beim Oberlandesgericht Köln anhängigen Rechtsstreit zu überweisen. Zuletzt haben die Kläger mit Schriftsatz vom 03.11.204 - dessen Zustellung an den Beklagten vor Urteilserlass nicht festgestellt werden kann - beantragt,
141. festzustellen, dass ihnen ein Absonderungsrecht in Höhe von 875.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.01.2013 gegen die Masse zusteht, das zur Sicherung der Ansprüche aus dem beim Oberlandesgericht Köln, Reichenspergerplatz 1, 50679 Köln, Gerichtszeichen 3 U 58/12 anhängigen Rechtsstreits dient,
152. den Beklagten zu verurteilen, an sie zur gesamten Hand außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 10.001,59 € zu zahlen.
16Der Beklagte hat beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Der Beklagte hat bereits in Abrede gestellt, dass den Klägern der im Urteil vom 26.01.2012 titulierte Anspruch zusteht; tatsächlich sei nämlich die von den Klägern unter dem 08.09.2010 erklärte Kündigung unwirksam. Ferner sei die Schuldnerin jedenfalls am 01.06.2012 zahlungsunfähig geworden. Dies ergebe sich daraus, dass zum 31.05.2012 Darlehensforderungen der D Bank AG in Höhe von ca. 38,5 Mio. € fällig geworden sein. Den Klägern sei zur Zeit ihrer Handlungen auch bekannt gewesen, dass diese die Insolvenzgläubiger benachteiligten. Dies folge nicht zuletzt daraus, dass die Kläger selbst in dem Verfahren vor dem Landgericht Köln ihre außerordentliche Kündigung mit der Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage der Schuldnerin begründeten, durch die sie die Rückerstattung ihrer Anleihen gefährdet sahen.
19Mit am 24.11.2014 verkündetem und beiden Seiten am 26.11.2014 zugestelltem Urteil, auf das wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes sowie wegen der rechtlichen Würdigung durch die Kammer Bezug genommen wird, hat das Landgericht entsprechend dem im Schriftsatz vom 03.11.2014 gestellten Klageantrag festgestellt, dass dem Kläger zu 2. ein Absonderungsrecht in Höhe von 80.560,84 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.01.2013 zusteht, und die Klage im Übrigen abgewiesen. Der Kläger zu 2. habe durch die von ihm noch vor dem Dreimonatszeitraum bewirkte Pfändung ein insolvenzfestes Pfandrecht erworben; die so erworbene Sicherheit sei durch die spätere rechtsgeschäftliche Verpfändung des Tagesgeldkontos lediglich in einer nicht gläubigerbenachteiligenden Weise ausgetauscht worden. Demgegenüber sei in Bezug auf den Kläger zu 1. schon die Pfändung selbst nach § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO anfechtbar, weil sie erst am 02.07.2012 - und damit innerhalb des Dreimonatszeitraums - erfolgt sei; dem Kläger sei vor dem Hintergrund des Sach- und Streitstandes im Verfahren 30 O 358/10 auch die damit verbundene Gläubigerbenachteiligung bekannt gewesen.
20Gegen dieses Urteil haben der Kläger zu 1. und der Beklagte im Umfang ihrer jeweiligen Beschwer form- und fristgerecht Berufung eingelegt und diese unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens begründet.
21Die Kläger meinen, dass es sich bei der Verpfändung des Tagesgeldkontos zu ihren Gunsten um einen bloßen Sicherheitentausch gehandelt habe, dem keine gläubigerbenachteiligende Wirkung zukomme. Sie hätten nämlich bereits zuvor durch die Zustellung der Pfändungsbeschlüsse vom 18.05.2012 am 25.05.2012 bzw. am 02.07.2012 anfechtungsfeste Pfandrechte erworben, die durch die spätere rechtsgeschäftliche Verpfändung lediglich ausgetauscht worden seien. Die erforderliche objektive Gläubigerbenachteiligung scheide aber auch deshalb aus, weil im Juli 2012 noch eine positive Fortbestehensprognose und keine Überschuldung vorgelegen hätten. Der Kläger zu 1. hat zudem in Abrede gestellt, dass ihm eine etwaige gläubigerbenachteiligende Wirkung der Pfandrechtsbestellung bekannt gewesen sei. Tatsächlich hätten beide Kläger im Verfahren 30 O 358/10 vorgetragen, dass nicht mit einer Insolvenz der Schuldnerin zu rechnen sei; des Weiteren habe sich die die Lage der Schuldnerin ohnehin nach der Kündigung durch die begonnene Restrukturierung und das geplante Engagement eines Investors verbessert.
22Nachdem der Kläger zu 1. in der Berufungsschrift vom 29.12.2014 zunächst angekündigt hatte, seinen letzten erstinstanzlichen Antrag unverändert weiter zu verfolgen, hat er diesen Antrag im Termin vom 15.07.2015 im Hinblick auf die dort erteilten Hinweise des Senats präzisiert.
23Der Kläger zu 1. beantragt nunmehr,
24das am 24.11.2014 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 20. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 20 O 428/13 - teilweise abzuändern und festzustellen, dass dem Kläger zu 1. wegen eines Betrages in Höhe von 746.678,48 € nebst weiterer Tageszinsen in Höhe von 97,2335 € seit dem 10.05.2012 und dem Kläger zu 2. wegen eines Betrages in Höhe von 80.560,84 € nebst weiterer Tageszinsen in Höhe von 9,9556 € seit dem 10. Mai 2012 ein Absonde-rungsrecht in Form eines Pfandrechts an dem vom Beklagten eingerichteten Sonderkonto bei der Sparkasse E2 zusteht. Das Pfandrecht dient der Sicherung der von den Klägern in dem Rechtsstreit 30 O 358/10 LG Köln = 3 U 58/12 OLG Köln verfolgten Zahlungsansprüche.
25Hierzu beantragt der Beklagte,
26die Berufung zurückzuweisen.
27Mit seiner eigenen Berufung beantragt der Beklagte,
28das am 24.11.2014 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 20. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 20 O 428/13 - teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
29Hierzu beantragt der Kläger zu 2.,
30die Berufung zurückzuweisen.
31Der Beklagte verteidigt unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens das angefochtene Urteil, soweit darin die Klage des Klägers zu 1. abgewiesen worden ist. Soweit die Kammer ein Absonderungsecht des Klägers zu 2. festgestellt hat, sei dies hingegen unzutreffend. Maßgebliche Rechtshandlung sei hier die Einrichtung und rechtsgeschäftliche Verpfändung des Tagesgeldkontos; insoweit lägen die Voraussetzungen des § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO vor, so dass ein etwa bestehendes Pfandrecht nicht insolvenzfest erworben sei. Insbesondere sei die Verpfändung entgegen der Annahme des Landgerichts auch objektiv gläubigerbenachteiligend.
32Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsrechtszug wird auf die Berufungsschrift des Klägers zu 1. vom 29.12.2014 (Bl. 377 ff. d.A.), die Berufungsbegründung des Beklagten vom 20.01.2015 (Bl. 410 ff.d.A.), auf die Berufungserwiderungen des Klägers zu 2. vom 17.02.2015 (Bl. 432 ff. d.A.) und des Beklagen vom 02.03.2015 (Bl. 453 ff.) - jeweils nebst Anlagen - sowie auf die Schriftsätze des Beklagten vom 08.04.2015 und 26.05.2015 (Bl. 464 f., Bl. 469 d.A.) Bezug genommen. Der Senat hat die Kläger im Beschluss vom 30.03.2015 darauf hingewiesen, dass Bedenken gegen die Bestimmtheit der von ihnen erwirkten Pfändungsbeschlüsse jeweils vom 18.05.2012 bestehen könnten (Bl. 460 d.A.).
33II.
34Die zulässige Berufung des Klägers zu 1. ist nicht begründet. Demgegenüber hat das ebenfalls zulässige Rechtsmittel des Beklagten auch in der Sache selbst Erfolg und führt zur Abweisung auch der vom Kläger zu 2. erhobenen Klage.
35A. Berufung des Klägers zu 1.
36Die Klage - und damit auch Berufung - des Klägers zu 1. ist nicht begründet.
371.
38Einem möglichen Absonderungsrecht des Klägers zu 1. steht allerdings nicht schon der Umstand entgegenstehen, dass das Tagesgeldkonto, auf das beide Kläger das Entstehen ihres Absonderungsrechts im Grundsatz stützen, unstreitig aufgelöst worden ist. Denn insoweit kommt eine Ersatzabsonderung in Betracht.
39Vereiteln der Insolvenzschuldner oder der Insolvenzverwalter ein Absonderungsrecht, so gelten in analoger Anwendung des § 48 InsO die Regeln über die Ersatzaussonderung entsprechend. § 48 InsO findet insbesondere dann entsprechende Anwendung, wenn der Insolvenzverwalter über einen mit einem Absonderungsrecht belasteten Gegenstand in einer Weise verfügt, dass dieses untergeht. Voraussetzung für die Ersatzabsonderung ist zudem, dass die Gegenleistung entweder noch aussteht oder noch unterscheidbar in der Insolvenzmasse vorhanden ist. Bei eingezogenen Geldforderungen durch den Insolvenzverwalter gelten die gleichen Grundsätze wie für die Aussonderung von Eingängen auf einem Konto des Insolvenzschuldners oder des Insolvenzverwalters (vgl. etwa Uhlenbruck/Brinkmann, InsO; 14. Aufl. 2015, § 48 Rdn. 41). Geld, welches der Verwalter durch Einziehung einer Forderung für die Masse vereinnahmt hat, bleibt grundsätzlich auch bei Einzahlung auf ein allgemeines Bankkonto des Verwalters aussonderungsfähig, weil es auf Grund der Buchung und der dazu gehörenden Belege von dem übrigen dort angesammelten Guthaben unterschieden werden kann. Steht ein bestimmter dem Konto gutgeschriebener Betrag materiell nicht der Masse, sondern einem anderen zu, so muss er so lange als noch vorhanden gelten, wie das Konto eine ausreichende Deckung aufweist (BGH; NZI 2006, 7001 702; BGH, NZI 2008, 426). Die Ersatzaussonderung – und damit auch die Ersatzabsonderung – ist damit zulässig, solange ein sie deckender „Bodensatz“ auf dem Konto vorhanden ist (Uhlenbruck/Brinkmann, a.a.O., § 48 Rdn. 30).
40Hiervon ist auch im vorliegenden Fall auszugehen. Der Beklagte hat den zunächst auf seinem allgemeinen Insolvenzverwalteranderkonto eingegangenen Gutschriftbetrag aus der Auflösung des Tagesgeldkontos zwischenzeitlich auf ein gesondertes Anderkonto eingezahlt. Das allgemeine Konto verfügte also offensichtlich über einen ausreichenden „Bodensatz“; auch - und erst recht - nach der Umbuchung auf ein eigenes dafür eingerichtetes weiteres Konto bestehen gegen die fortbestehende Unterscheidbarkeit im Sinne des § 48 InsO keine Bedenken.
412.
42Der Kläger zu 1. hat indes durch die im Juli 2012 getroffene Verpfändungsvereinbarung kein insolvenzfestes Pfandrecht - und damit kein Absonderungsrecht - an dem Tagesgeldkonto bei der Stadtsparkasse E2 erworben.
43a) Das zu Gunsten des Klägers zu 1. bestellte Pfandrecht an dem Tagesgeldkonto diente nach dem in unstreitigen Inhalt der Vereinbarung (vgl. Anlage K 16, Bl. 191 f.. d.A.) der Sicherung der im Urteil der 30. Zivilkammer des LG Köln vom 26.01.2012 - 30 O 358/10 - titulierten Ansprüche. Da ein Pfandrecht auch an einer Forderung nur entstehen kann, wenn die gesicherte Forderung besteht (§§ 1204 Abs. 1, 1277 Abs. 2 BGB), bestünde ein zur Ersatzabsonderung berechtigendes Pfandrecht an dem Tagesgeldkonto also von vornherein nur dann, wenn die Schuldnerin in dem zwischenzeitlich abgeänderten Urteil vom 26.01.2012 zu Recht zur Zahlung verurteilt worden wäre. Hiergegen bestehen jedenfalls insoweit erhebliche Bedenken, als die Kündigung vom 08.09.2010, auf welche die Kläger ihren Anspruch in erster Linie stützen, nach dem Berufungsurteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 09.07.2015 unwirksam ist. Soweit in diesem Urteil Rückzahlungsansprüche der Kläger zur Tabelle festgestellt worden sind, beruhen diese nicht auf dem der im Jahre 2010 erklärten Kündigung, sondern auf der Tatsache, dass über das Vermögen der Schuldnerin inzwischen das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist (§ 41 Abs. 1 InsO). Hierbei handelt es sich indes um einen anderen Streitgegenstand, als er der ursprünglichen Verurteilung der Schuldnerin im Urteil vom 26.01.2012 zu Grunde lag; vom Bestehen der hier gesicherte Forderung könnte deshalb nur dann ausgegangen werden, wenn die Kläger mit der von ihnen im Senatstermin vom 15.07.2015 bereits angekündigten Revision zum Bundesgerichtshof erfolgreich wären.
44Auch vor diesem Hintergrund besteht allerdings im Ergebnis kein Anlass, den vorliegende Rechtsstreit gemäß § 148 ZPO bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens 30 O 358/10 - LG Köln => 3 U 58/12 - OLG Köln - auszusetzen. Denn die danach erforderliche Vorgreiflichkeit läge nur dann vor, wenn auch im Übrigen die Voraussetzungen für das von den Klägern geltend gemachte Ersatzabsonderungsrecht vorlägen. Dies ist hingegen aus den nachfolgend darzulegenden Gründen nicht der Fall. Die Klage ist vielmehr auch dann abzuweisen, wenn für die weitere Prüfung das Bestehen der auf die Kündigung vom 08.09.2010 gestützten Ansprüche der Kläger unterstellt wird.
45b) Ein etwaiger Pfandrechtserwerb des Klägers zu 1. unterläge der Anfechtung nach § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO. Nach dieser Vorschrift ist eine Rechtshandlung, die innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist, anfechtbar, wenn hierdurch einem Insolvenzgläubiger eine inkongruente Sicherung gewährt worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, dass sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.
46aa) Zwischen den Parteien steht zu Recht außer Streit, dass die anfechtungsrechtlich maßgebliche „Rechtshandlung“ die im Juli 2012 rechtsgeschäftlich vereinbarte Verpfändung des Tagesgeldkontos der Schuldnerin bei der Stadtsparkasse E2 ist. Soweit der Kläger zu 1. bereits zuvor durch die Zustellung des Pfändungsbeschlusses 18.05.2012 ein Pfändungspfandrecht mit den Wirkungen der §§ 720a Abs. 1 ZPO erworben hätte (quod non, s.u.), wäre dieses jedenfalls durch die zwischen den Klägern und der Schuldnerin getroffenen Vereinbarungen wieder aufgehoben worden; der Einhaltung der Formalien des § 843 ZPO bedurfte es insoweit nicht (vgl. hierzu etwa BGH, NJW 1983, 886, 887; Zöller/Stöber, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 843 Rdn. 2 m.w.Nachw.).
47bb) Der rechtsgeschäftliche Erwerb des Pfandrechts an dem Tagesgeldkonto war entgegen der Auffassung des Klägers objektiv gläubigerbenachteiligend im Sinne des § 129 InsO.
48Eine Gläubigerbenachteiligung liegt im Allgemeinen vor, wenn die anzufechtende Rechtshandlung die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt und dadurch den Zugriff der Gläubiger auf das Vermögen des Schuldners vereitelt, erschwert oder verzögert hat (BGH, NZI 2008, 539, 540). Dies ist insoweit der Fall, als das Tagesgeldkonto durch seine Verpfändung zu Gunsten der Kläger dem allgemeinen Vollstreckungszugriff und damit auch einer Verteilung unter den Insolvenzgläubigern entzogen worden ist.
49Allerdings kann es - worauf beide Kläger im Ansatz zu Recht hinweisen - an der Gläubigerbenachteiligung fehlen, wenn sich die angefochtene Rechtshandlung auf einen bloßen Austausch gleichwertiger Sicherheiten am Schuldnervermögen beschränkt; hierdurch werden die Befriedigungsaussichten der Insolvenzgläubiger letztlich nicht verschlechtert (BGH, NJW-RR 2005, 1636, 1637; BGH, NZI 2008, 539, 540; MünchKomm/InsO-Kayser, 3. Aufl. 2013, § 129 Rdn. 108d). Auch in einem solchen Fall ist die Gläubigerbenachteiligung allerdings gegeben, soweit schon der Erwerb der ursprünglichen Sicherheit seinerseits der Anfechtung unterliegt (BGH, NZI 2008, 539, 540; MünchKomm/InsO-Kayser, a.a.O., § 129 Rdn. 108d). Vor diesem Hintergrund ist die Bestellung des Pfandrechts an dem Tagesgeldkonto jedenfalls deshalb gläubigerbenachteiligend, weil schon die vorangegangene Forderungspfändung nach § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO anfechtbar ist (siehe, dazu unten (2)). Unabhängig davon scheitert das Vorliegen eines anfechtungsrechtlich neutralen Sicherheiten-tauschs aber auch schon daran, dass der Kläger zu 1. mit der Zustellung des Pfändungsbeschlusses vom 18.05.2012 am 02.07.2012 überhaupt kein Pfändungspfandrecht erworben hat; tatsächlich hat der Kläger zu 1. - das Bestehen der gesicherten Forderung unterstellt - erstmals durch die rechtsgeschäftliche Pfandrechtsbestellung im Juli ein Pfandrecht erworben (s. sogleich unter (1)). An der gläubigerbenachteiligenden Wirkung dieses Vorgangs bestehen dann aber keine Zweifel. Im Einzelnen gilt:
50(1) Durch die Zustellung des Pfändungsbeschlusses vom 18.05.2012 am 02.07.2012 ist kein Pfändungspfandrecht an Forderungen der Schuldnerin gegen die Stadtsparkasse E2 entstanden.
51Ein Pfändungsbeschluss nach § 829 ZPO muss die gepfändete Forderung so genau bezeichnen, dass ihre Identität zweifelsfrei feststeht. Er muss sie wenigstens in allgemeinen Umrissen angeben und dabei ihren Rechtsgrund und den Drittschuldner so genau bezeichnen, dass bei verständiger Auslegung feststeht, welche Forderung Gegenstand der Zwangsvollstreckung ist. Fehlt eine ausreichende Bezeichnung, ist die Pfändung unwirksam und ein Pfändungspfandrecht entsteht nicht (allg. Meinung, vgl. etwa BGH NJW 2008, 3144, 3146; OLG Karlsruhe, NJW 1998, 549; Zöller/Stöber, a.a.O., § 829 Rdn. 8; Musielak/Becker, ZPO, 11. Aufl. 2014, § 829 Rdn. 3; MünchKomm/Smid, ZPO, 4. Aufl. 2014, § 829 Rdn. 27). Bezogen auf die Pfändung von Konten ist deshalb z.B. unzulässig eine Pfändung „aller Ansprüche und Rechte aus Bankvertrag“, „aller Guthaben sämtlicher Konten“, „aus Wertpapierdepots, Kreditzusagen, Bankstahlfächern“, „Rückübertragung von Forderungen für Sicherheiten“, „Rückübertragung aller gegebenen Sicherheiten“, „Rückübertragung und Rückgabe von Sicherheiten“. Ausreichend ist hingegen jede Angabe, die dem Drittschuldner die zuverlässige Feststellung der gepfändeten Forderung, z.B. aus dem Girovertrag ermöglicht und sie auch Dritten mit der gebotenen Bestimmtheit bezeichnet. Es genügt daher die erkennbar auf Giroverträge bezogene Bezeichnung „aus laufender Geschäftsverbindung auf Auszahlung der gegenwärtigen und künftigen Guthaben nach erfolgter Abrechnung“, „aus bestehender Geschäftsverbindung und den Verträgen evtl. weiter von dem Schuldner unterhaltener Konten.“ (vgl. zum Ganzen etwa Musielak/Becker, a.a.O., § 850k Rdn. 11; Sternal, in: Hasselblatt/Sternal, Beck’sches Formularbuch Zwangsvollstreckung, 2. Aufl. 2012, Formular H .I. 2 Anmerkung 11.). Im Pfändungsbeschluss muss auch angegeben sein, welche Art Konten gepfändet werden sollen (z.B. „Girokonten“, „Festgeldkonten“, „Sparguthaben“; vgl. Keller/Steder, Handbuch Zwangsvollstreckungsrecht, Kap. 3 A Rdn. 53). Werden mehrere Forderungen aus verschiedenen Rechtsgründen gegen denselben oder verschiedene Drittschuldner gepfändet, sind sie einzeln und bestimmt anzugeben (Dörnhofer, in: Handbuch des Zwangsvollstreckungsrechts, 2. Teil, 5. Kap. Rdn. 38).
52Diesen Anforderungen genügt der vom Kläger zu 1. erwirkte Pfändungsbeschluss in mehrfacher Hinsicht nicht. Der Beschluss lässt schon nicht erkennen, welche Art von Konten der Schuldnerin gepfändet und welche Ansprüche in Bezug auf einzelne Konten bzw. Kontenarten konkret erfasst sein sollten. Soweit unter Ziff. 3 der Aufzählung der „gegenwärtige und jeder künftige Aktivsaldo“ zum Zustellungszeitpunkt und zum jeweiligen Rechnungsabschluss gepfändet worden ist, erschließt sich nicht, auf welche Art von Konten sich diese Saldenpfändung beziehen soll; auch die Pfändung „jeglichen Guthabens“ (Ziff. 2.) ist unklar. Selbst wenn man all diese Bedenken hintanstellte und annähme, dem Kläger zu 1. sei es letztlich darum gegangen, jedenfalls die Guthaben auf Spar- und Girokonten der Schuldnerin zu pfänden (vgl. zu einem solchen Fall etwa BGH, NJW 1988, 2543, 2544), ist die Pfändung jedenfalls deshalb nicht hinreichend bestimmt, weil sie erklärtermaßen nur solange greifen soll, „bis der Gläubigeranspruch vollständig besichert ist.“ Es sollten also gerade nicht alle Konten und sonstigen Ansprüche gepfändet werden, die bei den Drittschuldnerbanken für die Schuldnerin geführt wurden; die Pfändung sollte vielmehr nur soweit reichen, wie dies zur Sicherung der vollstreckten Forderung erforderlich war. Da sich aus dem Pfändungsbeschluss keine bestimmte Reihenfolge der gepfändeten Ansprüche ergibt, ist sowohl in Bezug auf die Ansprüche gegen jeden einzelnen der dort aufgeführten Drittschuldner als auch in Bezug auf die Reihenfolge der Drittschuldner unklar, welche Ansprüche konkret erfasst werden sollen.
53Da nach all dem durch die Zustellung des unbestimmten Pfändungsbeschlusses vom 18.05.2010 kein Pfändungspfandrecht im Sinne der §§ 720a, 829 ZPO entstanden ist, bedarf es auch kein weiteren Vertiefung, dass auch die Höhe eines etwas für den Kläger zu 1. gepfändeten Guthabens unklar geblieben ist. Insoweit sei lediglich darauf hingewiesen, dass in der Drittschuldnererklärung der Stadtsparkasse E2 vom 13.07.2012 in Bezug auf das Geschäftsgirokonto der Schuldnerin (Kontonr. XXX636XXXX) ein Zustellungssaldo von lediglich 82.006,79 € erwähnt ist, zu dem noch vorrangige Pfändungen in Höhe von 81.229,28 € vorlägen; es kann deshalb keineswegs davon ausgegangen werden, dass die Pfändung einen Betrag in der hier maßgeblichen Höhe erfasst hat.
54(2) Zur Vermeidung von Missverständnissen sei allerdings darauf hingeweisen, dass auch dann kein anfechtungsrechtlich unbedenklicher Sicherheitentausch vorläge, wenn entgegen der Auffassung des Senats von der Wirksamkeit des Pfändungsbeschlusses vom 18.05.2012 auszugehen sein sollte. Denn in diesem Falle wäre aus den von der Kammer in den Vordergrund gestellten Erwägungen der Erwerb des Pfändungspfandrechts nach § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO anfechtbar gewesen; diese Anfechtbarkeit würde dann aber - wie bereits oben dargelegt - dazu führen, dass auch die nachfolgende rechtsgeschäftliche Pfandrechtsbestellung gläubigerbenachteiligend wäre:
55(a) Da der Kläger zu 1. die Zustellung des für seine Forderung ergangenen Pfändungsbeschlusses, auf die es gemäß § 140 Abs. 1 InsO, § 829 Abs. 3 ZPO für die anfechtungsrechtliche Beurteilung ankommt, erst am 02.07.2012 bewirkt hat, wäre der - unterstellte - Pfandrechtserwerb innerhalb des Dreimonatszeitraums erfolgt; der Eröffnungsantrag ist am 03.09.2012 beim Insolvenzgericht eingegangen. Auch steht zwischen den Parteien zu Recht außer Streit, dass eine in diesem Zeitraum im Wege der Zwangsvollstreckung erlangte Sicherung oder Befriedigung inkongruent im Sinne des § 131 InsO wäre (vgl. etwa BGH, NZI 2014, 262, 265; Uhlenbruck/Ede/Hirte, a.a.O., § 131 Rdn. 60; jeweils m.w.Nachw.).
56(b) Schließlich war dem Kläger zu 1. zu diesem Zeitpunkt auch bekannt, dass die Rechtshandlung die Insolvenzgläubiger benachteiligte.
57Kenntnis im Sinne des § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO bedeutet das für sicher gehaltene Wissen, dass die fragliche Deckungshandlung die Befriedigungsaussichten der anderen Insolvenzgläubiger mit verschlechtert. Der begünstigte Gläubiger muss also die Vorstellung haben, dass die Handlung das zur Gläubigerbefriedigung verfügbare Vermögen des Schuldners schmälert und dieses voraussichtlich nicht mehr ausreichen wird, um alle Insolvenzgläubiger zu befriedigen (BGH, NJW 2004, BGH, NJW-RR 2004, 1563, 1565; MünchKomm/InsO-Kayser, a.a.O., § 131 Rdn. 3 m.w.Nachw.). Dabei steht gemäß § 131 Abs. 2 S. 1 InsO der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Der Gläubiger muss deshalb (nur) solche Tatsachen kennen, aus denen sich bei zutreffender rechtlicher Beurteilung zweifelsfrei ergibt, dass der Schuldner infolge seiner Liquiditäts- und Vermögenslage in absehbarer Zeit seine Zahlungspflichten nicht mehr in vollem Umfang erfüllen kann und dass dann Insolvenzgläubiger wenigstens teilweise leer ausgehen (BGH NJW 2004, 1385, 1386; MünchKomm/Kayser, a.a.O., § 131 Rdn. 54 m.w.Nachw.).
58Diese Voraussetzungen lagen im Zeitpunkt der Zustellung des Pfändungsbeschlusses vom 18.05.2010 am 02.07.2010 vor. Der abweichenden Auffassung des Klägers zu 1., der seine Berufung im Wesentlichen darauf stützt, dass diese sowohl zur Zeit der Zustellung des Pfändungsbeschlusses als auch bei der späteren Verpfändung des Tagesgeldkontos die erforderliche Kenntnis von der Gläubigerbenachteiligung gefehlt, vermag der Senat sich nicht anzuschließen. Soweit der Kläger zu 1. damit argumentiert, dass die Anfechtbarkeit nach §§ 130, 131 InsO mit der Regelung des § 64 GmbH korrespondiere, trifft dies schon im Ansatz nicht zu. Sowohl § 64 GmbHG als auch § 15a InsO - den der Kläger zu 1. möglicherweise in Wahrheit meint - knüpfen an den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung an; für § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO genügt es hingegen, wenn der Gläubiger auf Grund der ihm bekannt gewordenen Tatsachen die Liquiditäts- und Vermögenslage des Schuldners als so unzulänglich einschätzt, dass dieser in absehbarer Zeit voraussichtlich nicht mehr in der Lage sein wird, alle seine Zahlungspflichten zu erfüllen, und dass dann andere Gläubiger wenigstens teilweise leer ausgehen. Da § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO die Anfechtung im Vergleich mit § 130 Abs. 1 Nr. 1 erleichtern soll, ist dafür die Kenntnis einer Zahlungsunfähigkeit im Sinne von § 17 InsO gerade nicht nötig; schon die Kenntnis einer drohenden Zahlungsunfähigkeit im Sinne von § 18 InsO reicht hier ohne Weiteres aus (vgl. MünchKomm/InsO-Kayser, a.a.O., § 131 Rdn. 54). Diese Kenntnis hatte der Kläger zu 1. (auch) im Juli 2012.
59Beide Kläger hatten schon die Berechtigung der am 08.09.2010 erklärten außerordentlichen Kündigung im Vorprozess 30 O 538/10 ausdrücklich mit der schlechten finanziellen Situation der Schuldnerin begründet. Diese Einschätzung wird zudem durch die eigenen Erklärungen der Schuldnerin belegt, die in ihren B-I-Mitteilungen vom 30.06.2010, 19.07.2010 12.08.2010 und 21.12.2010 nicht nur auf die (fort)besthende Insolvenzgefahr hingewiesen, sondern auch darauf aufmerksam gemacht hatte, dass eine erfolgreiche Restrukturierung sowohl eine Reduzierung des Zinssatzes der Anleihen auf 1% (Stufe 1) als auch eine Herabsetzung des Nennwertes der Anleihen um 60% auf dann nur noch 40% voraussetze (Stufe 2). Nach dem Inhalt ihrer eigen Erklärungen war die Schuldnerin also schon vor der Kündigung der Kläger Mitte 2010 nicht mehr in der Lage, den Gläubigern die vereinbarten Zinsen zu zahlen.
60Die danach schon seit Längerem drohende Zahlungsunfähigkeit lag - was der Kläger zu 1. wusste - auch noch im hier maßgeblichen im Zeitpunkt Anfang Juli 2012 vor. An der wirtschaftlichen Schieflage der Schulderin hatte sich in der Zeit seit der Kündigung der Anleihen im September 2010 nur insoweit etwas geändert, als in den Gläubigerversammlungen vom 27., 28. und 29.10.2010 eine zeitweise Ermäßigung des Zinssatzes der Anleihen auf 1% p.a. beschlossen worden war. Soweit der Kläger zu 1. daraus erfolgversprechende Sanierungsbemühungen der Schuldnerin herleiten möchten, hat schon die Kammer im angefochtenen Urteil zu Recht darauf hingewiesen, dass eine erfolgreiche Sanierung weiterhin - und selbst bei Einstieg eines neuen Inverstors - nur dann in Frage gekommen wäre, wenn die Anleger nicht nur auf die Zinsen, sondern auf immerhin 60% des Nominalbetrages der Anleihen verzichteten. Da schon der Kläger zu 1. selbst hierzu nicht bereit war, kann er kaum darauf vertraut haben, dass die anderen Anleger – weitere von den Prozessbevollmächtigten der Kläger vertretene Anleger hatte ebenfalls die Anleihen gekündigt und Klageverfahren beim Landgericht Köln geführt - sich solidarischer als er selbst verhalten und nach dem bereits erfolgten „Zinsschnitt“ von 6% p.a. auf 1% p.a. nunmehr auch einen massiven „Schuldenschnitt“ akzeptieren würden, mit dem der Nennwert der Anleihen von 100 auf 40% herabgesetzt werden sollte. Dies gilt umso mehr, als die Ankündigung der Schuldnerin, nunmehr die „Stufe 2“ der Restrukturierung in Angriff zu nehmen, im Juli 2012 bereits eineinhalb Jahre zurücklag, obwohl die Schuldnerin die hierzu notwendigen Gläubigerversammlungen schon für das zweite Quartal 2011 angekündigt hatte (B-I-Mitteilung vom 21.12.2010, Bl. 100 d.A.). Unabhängig davon ergibt sich auch schon aus dem Sanierungskonzept selbst, dass das vorhandene Vermögen der Schuldnerin zu einer vollständigen Befriedigung der Gläubiger nicht ausreichen würde - mit der Folge dass jede Zahlung oder Sicherung zugunsten eines Gläubigers zu einem entsprechenden Nachteil bei den übrigen Gläubigern führen musste. Zudem war auch der geplante Einstieg des Investors selbst entgegen der Darstellung der Kläger keineswegs sicher; belastbare Informationen der Schuldnerin hierzu, auf die der Kläger zu 1. eine günstigere Einschätzung hätte gründen könne, sind nicht ersichtlich. Zu all dem kommt hinzu, dass nicht nur die Kläger, sondern mehr als 20 weitere Gläubiger mit ihren Rückzahlungsklagen vor dem Landgericht Köln Erfolg gehabt hatten. Die Wahrscheinlichkeit, alle Anleihegläubiger an dem erfoderlichen „Schuldenschnitt“ beteiligen zu könne, war dadurch weiter gesunken. Vor diesem Hintergrund war die weitere Umsetzung des Sanierungskonzeptes von zahlreichen Unwägbarkeiten abhängig und im Ergebnis offen.
61Die danach jedenfalls in einer dem Kläger zu 1. bekannten Weise drohende Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin wird auch durch die von den Klägern in Bezug genommenen Ausführungen der Strafverteidigerin eines der früheren Geschäftsführer der Schuldnerin (Schriftsatz vom 10.07.2012, Anlage K 20 im Anlagenheft), nicht in Frage gestellt. Selbst wenn der Inhalt der Stellungnahme vollständig zuträfe, würde daraus nur folgen, dass die Schuldnerin bis Juli 2012 noch nicht zahlungsunfähig und/oder überschuldet war (vgl. die rechtliche Würdigung auf S. 60 ff. des Schriftsatzes); dass eine solche Zahlungsunfähigkeit bei einem jederzeit möglichen Scheitern der Sanierung drohte, wird auch dort keineswegs in Abrede gestellt.
62Nicht überzeugend ist es schließlich auch, wenn der Kläger zu 1. meint, der Gläubiger könne auf der Grundlage der landgerichtlichen Auffassung bei einem wirtschaftlich angeschlagenen Schuldner nie wissen, ob er auch „die Gegenleistung“ erhält. Der entsprechenden Klärung dient § 142 InsO; da es sich im vorliegenden Fall aber erkennbar nicht um ein Bargeschäft im Sinne dieser Vorschrift handelt, spielt dieser Gesichtspunkt von vornherein keine Rolle. Aus den gleichen Gründen sind auch die Erwägungen des Klägers zu 1. zu einem Vertrauensschutz unbehelflich: Dem Kläger zu 1. ging es allein darum, seine auch aus seiner eigenen Sicht höchst gefährdete Forderung durchzusetzen - welches Vertrauen in diesem Zusammenhang zu schützen wäre, erschließt sich dem Senat nicht.
63Zusammenfassend ist damit festzuhalten, dass die Verpfändung des Tagesgeldkontos der Schuldnerin zu Gunsten des Klägers zu 1. im Juli 2012 objektiv gläubigerbenachteiligend im Sinne des § 129 InsO war: Es handelte sich entgegen der Auffassung des Klägers zu 1. nicht um einen anfechtungsrechtlich neutralen Austausch gegen ein zuvor erworbenes Pfändungspfandrecht an dem oder den Konten der Schuldnerin, weil
64- der Kläger ein solches Pfandrecht wegen der mangelnden Bestimmtheit des Pfändungsbeschlusses vom 18.05.2010 überhaupt nicht erworben hatte und außerdem
65- ein etwa erworbenes Pfändungspfandrecht nach § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO anfechtbar gewesen wäre.
66cc) Auch die übrigen Voraussetzungen des § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO liegen insoweit vor: Die Verpfändung des Tagesgeldkotos der Schuldnerin war inkongruent, weil der Kläger zu 1. hierauf keinen Anspruch hatte. Sie erfolgte ebenfalls im Dreimonatszeitraum des § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO. Schließlich wusste der Kläger auch, dass die Pfandrechtsbestellung die Gläubiger benachteiligte; insoweit kann auf die obigen Erwägungen, die hier in gleicher Weise gelten, Bezug genommen werden.
673.
68Das mit der Klage und der Berufung verfolgte Absonderungsrecht des Klägers zu 1. besteht nach all dem nicht. Weitere Überlegungen zur Berechtigung von Nebenforderungen (Zinsen und Rechtsanwaltsgebühren) sind deshalb nicht angezeigt.
69B. Berufung des Beklagten
70Die Berufung des Beklagten ist demgegenüber begründet; auch dem Kläger zu 2. steht kein (Ersatz-)Absonderungsrecht an dem vom Beklagten bei der Stadtsparkasse E2 separierten Guthaben zu, weil die - auch hier als „Rechtshandlung“ maßgebliche - Verpfändung des Tagesgeldkontos gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO anfechtbar ist.
711.
72Die in § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO angesprochenen Anfechtungsvoraussetzungen liegen - im Wesentlichen aus denselben Erwägungen wie in Bezug auf den Kläger zu 1. - vor: Die rechtsgeschäftliche Verpfändung war mangels darauf gerichteten Anspruchs inkongruent, sie ist auch im Dreimonatszeitraum des § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO erfolgt. Auch in Bezug auf die Kenntnis des Klägers zu 2. von der Gläubigerbenachteiligung gelten dieselben Erwägungen wie für den Kläger zu 1.; dessen Kenntnisse muss sich der minderjährige Kläger zu 2. gemäß § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen (vgl. hierzu Palandt/Ellenberger, BGB, 74. Aufl. 2015, § 166 Rdn. 2).
73Der in Bezug auf den Kläger zu 2. maßgebliche Sachverhalt unterscheidet sich von demjenigen, der den obigen Erwägungen zur Klage des Klägers zu 1. zu Grunde liegt, lediglich insoweit, als der Kläger zu 2. noch vor dem Dreimonatszeitraum, nämlich am 25.05.2012, die Zustellung „seines“ Pfändungsbeschlusses an die Stadtsparkasse E2 bewirkt hat. Dies führt indes entgegen der Auffassung der Kammer nicht dazu, dass unter dem Gesichtspunkt eines neutralen Sicherheitentauschs die gläubigerbenachteiligende Wirkung der späteren rechtsgeschäftlichen Verpfändung zu verneinen wäre. Denn auch der vom Kläger zu 2. erwirkte und am 25.05.2010 zugestellte Pfändungsbeschluss vom 18.05.2012 ist aus den dargelegten Gründen mangels Bestimmtheit unwirksam und konnte damit kein Pfändungspfandrecht begründen. Deshalb ist auch in Bezug auf den Kläger zu 2. erst durch die nachfolgende rechtsgeschäftliche Verpfändung im Juli 2012 überhaupt ein Pfandrecht für die im Urteil vom 26.01.2012 titulierte Forderung (deren Bestehen unterstellt) begründet worden. An der objektiven Gläubigerbenachteiligung durch die Verpfändung besteht deshalb auch insoweit kein Zweifel.
74III.
75Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
76Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind nicht gegeben, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich ist.
77Berufungsstreitwert:
78Berufung des Klägers zu 1.: 597.342,78 € (746.678,48 € x 80%)
79Berufung des Beklagten : 64.448,67 € (80.560,84 € x 80%)
80gesamt: 661.791,45
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Tenor
Auf die Berufung des Beklagten und die Berufung und Anschlussberufung der Kläger wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 26.01.2012 – 30 O 538/10 – abgeändert und unter Zurückweisung der Berufungen und der Anschlussberufung im Übrigen wie folgt neu gefasst:
1. Die Forderung des Klägers zu 1) in Höhe von 680.000 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 1% p.a. vom 01.07.2012 bis 28.09.2012 aus 332.000 € sowie in Höhe von 1% Zinsen p.a. für die Zeit vom 16.11.2011 bis 28.09.2012 aus 348.000 € wird für den Ausfall zur Insolvenztabelle im Insolvenzverfahren über das Vermögen der E GmbH (AG Köln – 71 IN 354/12) zur laufenden Nummer 20 festgestellt;
2. Die Forderung des Klägers zu 2) in Höhe von 70.000 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 1% p.a. für die Zeit vom 01.07.2012 bis 28.09.2012 wird für den Ausfall zur Insolvenztabelle im Insolvenzverfahren über das Vermögen der E GmbH (AG Köln – 71 IN 354/12) zur laufenden Nummer 21 festgestellt.
3. Es wird festgestellt, dass die von den Klägern unter dem 08.09.2010 ausgesprochene Kündigung unwirksam ist.
4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
5. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages erbringt.
7. Die Revision wird zugelassen.
1
Gründe:
2I.
3Die Parteien streiten über Ansprüche auf Rückzahlung von Anleihen nach erklärter Kündigung aus wichtigem Grund. Der Beklagte ist – nachdem das Verfahren aufgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der E GmbH (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin) mit Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 28.09.2012, Az. 71 IN 354/12 zwischenzeitlich unterbrochen gewesen ist, weil die ursprüngliche Beklagte Insolvenz angemeldet hat – nunmehr als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin Partei des Rechtsstreits geworden.
4Die Insolvenzschuldnerin ist ein Immobilienunternehmen, das sich auf den Erwerb, die Vermietung, die Entwicklung und das Bestandsmanagement vermieteter Einzelhandelsimmobilien spezialisiert hat.
5Der Kläger zu 1) erwarb in den Jahren 2005 und 2006 332 Anleihen im Nennwert von 332.000 € einer sogenannten „zweiten Tranche“ und 348 Anleihen der sogenannten „dritten Tranche“ im Nennwert von 348.000 €, die jeweils von der Insolvenzschuldnerin ausgegeben worden waren. Anleihen der „zweiten Tranche“ im Nennwert von 70.000 € übertrug der Kläger zu 1) im Wege der Schenkung an seinen Sohn, den Kläger zu 2). Die Schuldverschreibungen sollten nach den Anleihebedingungen mit 6% jährlich verzinst werden. Die Zinsen waren hinsichtlich der sogenannten „zweiten Tranche“ am 01.07. eines jeden Jahres und die der „dritten Tranche“ am 16.11. eines jeden Jahres fällig. Die Tranchen waren nach den Anleihebedingungen am 30.06.2016 bzw. am 16.11.2016 zur Rückzahlung in Höhe des Nennwerts fällig.
6Unter § 4 der Anleihebedingungen der „zweiten Tranche“ wird unter der Überschrift „Laufzeit, Rückzahlung, Rückerwerb, Kündigung, Übertragung“ folgendes ausgeführt:
7„1. Die Laufzeit der Hypotheken-Anleihe beginnt am 01.07.2006 und endet am 30.06.2016.
82. Die Gesellschaft verpflichtet sich, die Teilschuldverschreibungen am 01.07.2016 zum Nennbetrag zurückzuzahlen. Fällt dieser Fälligkeitstermin auf einen Sonnabend, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, verschiebt sich der Fälligkeitstag auf den nächstfolgenden Bankarbeitstag.
93. Die Gesellschaft ist jederzeit berechtigt, Teilschuldverschreibungen aus dieser Emission im eigenen Namen und auf eigene Rechnung zurück zu erwerben. Die angekauften Schuldverschreibungen kann die Gesellschaft nach eigener Wahl halten oder weiterverkaufen.
104. Die Gesellschaft ist berechtigt, die Schuldverschreibungen insgesamt oder teilweise ab dem 30.09.2009 jeweils am ersten Tag eines Kalendermonats („Rückzahlungstag“) zum Nennbetrag einschließlich der bis zum Rückzahlungstag aufgelaufenen Zinsen zurück zu zahlen. Die Rückzahlung ist den Anlegern gemäß § 11 bekannt zu geben und muss die folgenden Angaben enthalten:
11…
125. In Übereinstimmung mit den Geschäftsbedingungen der D Banking AG,G, bzw. von F, C, können die Teilschuldverschreibungen als Miteigentumsanteil an der Globalurkunde jederzeit übertragen werden. Die Übereignung und der Verkauf bedürfen nicht der Genehmigung der Gesellschaft.“
13Weitere Angaben zu Kündigungsmöglichkeiten der Anleihen durch Gläubiger oder Schuldner enthalten die Anleihebedingungen nicht.
14Die Anleihebedingungen der „dritten Tranche“ unterscheiden sich darin, dass dort unter § 4 Ziffer 1 der Beginn auf den 16.11.2006 und das Ende auf den 15.11.2016 aufgenommen wurden.
15In der Folgezeit geriet die Insolvenzschuldnerin in finanzielle Schwierigkeiten. Seit Juni 2010 ist sie bilanziell überschuldet. Am 31.12.2010 verzeichnete die Insolvenzschuldnerin einen Fehlbetrag in Höhe von 4,2 Millionen Euro. Bereits am 30.06.2010 erklärte die Insolvenzschuldnerin dies in einer Ad-hoc-Mitteilung. Mit einer Ad-hoc-Mitteilung vom 12.08.2010 legte sie ein Restrukturierungskonzept vor. Dieses sah eine Reduzierung des Zinssatzes für die ausgegebenen Anleihen auf 1% p.a. rückwirkend ab dem 01.07.2010 bis einschließlich 30.06.2013 und eine Reduzierung des Nennwerts der Anleihen um 60% auf 40% vor. Gleichzeitig wies die Insolvenzschuldnerin darauf hin, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Insolvenzantrag unausweichlich sei, wenn die Gläubigerversammlungen nicht sämtlich der vorgeschlagenen Reduzierung des Zinssatzes zustimmen würden.
16In von der Insolvenzschuldnerin einberufenen Gläubigerversammlungen vom 24., 25. und 26.08.2010 – diese waren für jede Tranche gesondert einberufen worden – sollte beschlossen werden, dass die Gläubiger bis zum 24.08.2013 auf etwaige Kündigungsrechte verzichteten. Die Versammlung war allerdings nicht beschlussfähig, weil nicht die Hälfte der im Umlauf befindlichen Inhaberschuldverschreibungen vertreten war.
17Die Kläger kündigten ihre Anleihen daraufhin mit anwaltlichem Schreiben vom 08.09.2010, der Beklagten zugegangen am 13.09.2010, aus wichtigem Grund.
18In Gläubigerversammlungen am 27. und 28.10.2010 stimmten die Anleihengläubiger den Beschlussvorschlägen der Insolvenzschuldnerin hinsichtlich des Ausschlusses der Kündigungen und der Reduzierung der Zinsen wirksam zu.
19Mit Wertstellung vom 11.11.2010 zahlte die Beklagte die Zinsen für die erste und zweite „Tranche“. Für die dritte „Tranche“ zahlte die Beklagte Zinsen in Höhe von 6% p.a. bis zum 30.06.2010 und 1% p.a. ab dem 01.07.2010.
20Um den Nennwert zu reduzieren, führte die Insolvenzschuldnerin erneut Gläubigerversammlungen durch, die allerdings nicht beschlussfähig waren. Mit Beschluss vom 28.09.2012 – Az. 71 IN 354/12 – hat das Amtsgericht Köln das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gemeinschuldnerin eröffnet.
21Die Kläger haben erstinstanzlich die Auffassung vertreten, dass ihnen wegen erheblicher Verschlechterung der Vermögenslage der Insolvenzschuldnerin ein außerordentliches Kündigungsrecht aus wichtigem Grund gemäß § 314 Abs. 1 BGB zugestanden habe. Die Kündigung sei zudem deshalb erfolgt, weil die Zinszahlung zum 01.07.2010 nicht geleistet wurde und zur Abwendung der Insolvenzanmeldepflicht ein Zinsverzicht der Gläubiger herbeigeführt werden sollte. Ob der Erfolg der Klage zur Insolvenz über das Vermögen der Beklagten führen würde, bleibe reine Spekulation; ebenso spekulativ bleibe die Vermutung, dass die Kläger im Insolvenzfall mit ihren Forderungen vollständig ausfallen sollten. Die Wahrnehmung ihrer gesetzlichen Rechte sei im Übrigen nicht treuwidrig.
22„Vorsorglich“ haben die Kläger ihr Rückzahlungsverlangen auch auf pVV, §§ 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 264 StGB gestützt und in diesem Zusammenhang vorgetragen, dass die Insolvenzschuldnerin spätestens von Frühjahr 2005 an überschuldet gewesen sei und Insolvenz hätte anmelden müssen; zudem seien die in den Jahren 2006 und 2007 veröffentlichten Einschätzungen betreffend den Wert des Immobilienvermögens deutlich zu positiv gewesen; die gravierende Abwertung des Immobilienbestandes im Jahr 2008 hätte schon in den Jahren 2006 und 2007 erfolgen müssen. Darüber hinaus enthalte der Prospekt zum Thema Erfahrung und Kompetenz der Emittentin vorsätzlich falsche Angaben und sei gezielt auf die Täuschung von Anlageinteressenten ausgerichtet gewesen. Die Kläger seien durch die Prospektangaben sowie ein Rechtsgutachten der Kanzlei D2 bewusst über die Sicherheit der Anlage getäuscht worden; so sei insbesondere der Eindruck erweckt worden, dass eine werthaltige, grundbuchliche Absicherung vor Insolvenzrisiken vorliege und die Anleihe daher so gut wie mündelsicher sei.
23Die Kläger haben beantragt,
241. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zu 1) 680.000 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.09.2010 zu zahlen;
252. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zu 2) 70.000 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.09.2010 zu zahlen;
263. festzustellen, dass die Beklagte mit der Rücknahme der Inhaber-Teilschuldverschreibungen im Verzug ist;
274. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zu 1) rückständige Zinsen für die Zeit vom 01.07.2010 bis zum 17.09.2010 in Höhe von 7.177,77 € zu zahlen, nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.09.2010 zu zahlen;
285. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zu 2) rückständige Zinsen für die Zeit vom 11.07.2010 bis zum 17.09.2010 in Höhe von 738,88 € zu zahlen, nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.09.2010 zu zahlen;
296. die Beklagte zu verurteilen, an sie zur gesamten Hand außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 11.168,15 € zu zahlen.
30Die Insolvenzschuldnerin hat beantragt,
31die Klage abzuweisen.
32Die Insolvenzschuldnerin hat sich erstinstanzlich darauf berufen, dass eine wesentliche Verschlechterung ihrer Vermögensverhältnisse nicht vorliege; ein Kündigungsgrund könne nicht angenommen werden. Zwar sei sie inzwischen bilanziell überschuldet und habe von Anfang an nur ein Stammkapital in Höhe von 25.000,-- € aufzuweisen gehabt. Wesentliche Ursache ihres Restrukturierungsbedarfs sei jedoch die negative Preisentwicklung für Einzelhandelsimmobilien seit der Finanzkrise 2008 gewesen. Die beabsichtigte Herbeiführung eines Beschlusses der Gläubigerversammlung zur Reduzierung des Nennwertes könne ebenfalls kein Kündigungsrecht begründen, denn ansonsten wäre eine – gesetzlich vorgesehene – Anpassung von Anleihebedingungen durch Mehrheitsbeschluss der Gläubiger von vornherein unmöglich. Ein Kündigungsrecht der Kläger bestehe zudem deshalb nicht, weil sie aus einer Kündigung keinerlei Vorteile ziehen könnte, denn ein Erfolg der Kläger – und der zahlreichen weiteren klagenden Anleihegläubiger – würde dazu führen, dass eine weitere positive Fortbestehensprognose möglicherweise ausgeschlossen wäre und die Beklagte die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen beantragen müsste. Sollte daraufhin tatsächlich über das Vermögen der Beklagten das Insolvenzverfahren eröffnet werden, müssten die Kläger damit rechnen, dass sie einen Totalverlust des eingesetzten Kapitals erleiden. Von daher würden bei der gebotenen Interessenabwägung die Interessen der Beklagten an einer Fortsetzung des Schuldverhältnisses überwiegen. Darüber hinaus scheide ein Kündigungsrecht deshalb aus, weil die Kläger dabei einen unzulässigen Sondervorteil anstrebten, was dem Gedanken der Gleichbehandlung der einzelnen Anleger entgegenstünde. Schließlich stünden der klägerischen Kündigung auch die Beschlüsse der Anleihegläubiger entgegen.
33Die Beklagte hat sich erstinstanzlich zudem darauf berufen, dass fehlerhafte Angaben im Vorfeld des Erwerbs, die einen Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 i.V.m. § 264a StGB begründen könnten, nicht vorlägen. Sie sei nicht bereits seit Frühjahr 2005 überschuldet gewesen. Die Angaben im Wertpapierprospekt seien richtig und vollständig, auch in Bezug auf die Sicherheitenlage.
34Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird im Übrigen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
35Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Es ist davon ausgegangen, dass den Klägern jeweils gemäß § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB ein Anspruch auf Zahlung der Hauptforderung in Höhe von 680.000 € bzw. 70.000 € zusteht. Auch hat es die Insolvenzschuldnerin verurteilt, an den Kläger zu 1) rückständige Zinsen für die Zeit vom 01.07.2010 bis zum 17.09.2010 in Höhe von 3.673,33 € sowie entsprechende Prozesszinsen zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Diese Entscheidung hat das Landgericht im Wesentlichen wie folgt begründet:
36Gegen die Aktivlegitimation der Kläger bestünden keine Bedenken, nachdem diese entsprechende Depotbescheinigungen vorgelegt hätten.
37Die Kündigungen der Kläger seien gemäß § 314 BGB wirksam erfolgt; ein wichtiger Grund zur Kündigung sei unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls anzunehmen. Dabei könne offen bleiben, ob die Insolvenzschuldnerin bereits zum Erwerbszeitpunkt überschuldet gewesen sei oder fehlerhafte Angaben im Emissionsprospekt gemacht habe. Den Klägern sei eine Fortsetzung des Vertrages nicht mehr zumutbar, weil die Beklagte in den Ad-hoc-Mitteilungen vom 30.06.2010 und 12.08.2010 angekündigt habe, bei unveränderten Anleihebedingungen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit einen Insolvenzantrag stellen zu müssen. Hierin liege ein Grund für eine fristlose Kündigung, selbst wenn die Überschuldung tatsächlich nicht festgestellt werden könne. In diesem Zusammenhang sei zu berücksichtigen, dass die die Anleihen der Kläger sichernden Grundpfandrechte nachrangig gegenüber anderen Gläubigern seien. Die Anleihen seien mit einem Darlehensvertrag jedenfalls vergleichbar. Einer vorherigen Abmahnung hätte es nicht bedurft. Eine solche wäre eine bloße Förmelei gewesen. Es lägen auch weitere besondere Umstände vor, die eine fristlose Kündigung rechtfertigten. Insbesondere habe die Insolvenzschuldnerin das Recht zur Kündigung ausschließen wollen. Die Kündigung sei auch innerhalb einer angemessenen Frist erklärt worden; sie sei nicht gemäß § 242 BGB ausgeschlossen. Neben weiteren Erwägungen sei zu berücksichtigen, dass das Vermögen der Kläger ohne die Kündigung mit hoher Wahrscheinlichkeit jedenfalls zu großen Teilen verloren gegangen wäre. Auch erlangten die Kläger gegenüber anderen Anleihengläubigern keinen unzulässigen Vorteil. Der Kündigungsverzicht in der Gläubigerversammlung im Oktober 2010 könne die Kündigung nicht ausschließen, weil diese bereits erfolgt sei.
38Ein Anspruch auf Zahlung von Zinsen für die „erste“ und „zweite Tranche“ bestünde nicht, weil diese unstreitig gezahlt worden seien. Hinsichtlich der „dritten Tranche“ bestehe jedoch ein solcher Anspruch, weil die Reduzierung der Zinsen erst nach der Kündigung durch die Kläger wirksam beschlossen worden sei. Der Zinsanspruch belaufe sich insoweit auf 3.673,33 €.
39Soweit die Kläger auch die Zahlung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten geltend gemacht haben, bestehe dieser Anspruch dem Grunde nach. Allerdings sei dieser nicht auf der Basis einer 2,5-fachen, sondern mit einer 1,8-fachen Gebühr angemessen zu berechnen.
40Hinsichtlich der weiteren Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
41Gegen dieses Urteil haben die Insolvenzschuldnerin und die Kläger Berufung eingelegt. Auf die Berufung der Insolvenzschuldnerin haben die Kläger Anschlussberufung eingelegt.
42Die Parteien streiten – wie auch in erster Instanz – im Wesentlichen über die Frage, ob die von den Klägern ausgesprochenen Kündigungen unter den gegebenen Umständen wirksam waren, d. h. insbesondere darüber, ob für die Kläger ein wichtiger Kündigungsgrund vorlag.
43Der (nach Eröffnung des Insolvenzfahrens) nunmehr im Berufungsverfahren beklagte Insolvenzverwalter der Insolvenzschuldnerin macht geltend, in den Anleihebedingungen sei ein Individualkündigungsrecht nicht vorgesehen. Ein solches sei durch die Anleihebedingungen wirksam ausgeschlossen worden. Es sei nur ein Kündigungsrecht für den Gläubiger, nicht aber ein solches für den Schuldner genannt, was insoweit als konkludenter Ausschluss des Kündigungsrechts anzusehen sei. Eine Kündigung nach § 314 BGB komme auch aus anderen Gründen nicht in Betracht. Die Rechtsprechung zu den Darlehensverträgen könne insoweit keine Anwendung finden. Dies sei schon aus dem Grund anzunehmen, weil bei Rechtsstreitigkeiten zwischen einer darlehensgebenden Bank und einer dritten Person grundsätzlich die AGB der Banken zu berücksichtigen seien, die eine solche Kündigungsmöglichkeit ausdrücklich zuließen.
44Jedenfalls könnte die Frage, ob sich die Vermögensverhältnisse der Insolvenzschuldnerin verschlechtert hätten, nicht offen bleiben. Denn eine Kündigung könne nach den für Darlehen geltenden Grundsätzen nur berechtigt sein, wenn sich die Substanz des Vermögens verschlechtert hätte. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Denn die Immobilien an sich hätten sich nicht verschlechtert. Lediglich seien diese im Marktwert gesunken.
45Die drohende Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin sei kein Kündigungsgrund gewesen. Allenfalls eine verschlechterte Zahlungsfähigkeit der Insolvenzschuldnerin könne einen Kündigungsgrund darstellen. Eine solche hätten die Kläger nicht hinreichend dargelegt.
46Das Landgericht hätte auch eine unzureichende Interessenabwägung vorgenommen. Denn vorliegend könnten die Kläger nur auf Kosten der übrigen Gläubiger kündigen. Die gesetzlich vorgesehene Restrukturierung scheide dann aber aus. In diesem Zusammenhang sei auf die Gesamtzahl der Kündigungen abzustellen. Auch müssten die Belange der anderen Gläubiger hinreichend berücksichtigt werden. Unstreitig sei insoweit, dass der Erfolg der Kläger zu einer (vorzeitigen) Insolvenz der Beklagten führen würde. Auch der Schutzzweck des SchVG stehe einer Kündigung entgegen.
47Ein anderer Kündigungsgrund sei nicht ersichtlich. Die Anwendung von § 490 BGB scheide aus. Dieser laufe der kollektiven Bindung des SchVG entgegen. Dies müsse jedenfalls dann gelten, wenn – wie hier – Kenntnis von der Restrukturierung anzunehmen sei. In diesem Zusammenhang sei die Kündigung auch als treuwidrig und daher unwirksam zu betrachten, zumal es anderenfalls zu einem ungewollten „Wettlauf der Gläubiger“ kommen würde. Der Kündigung stehe schließlich die Beschlussfassung der Gläubigerversammlung entgegen. Diese könne auch rückwirkend entsprechende Beschlüsse fassen.
48Zinsansprüche und Ansprüche auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten schieden vor diesem Hintergrund ohne weiteres aus.
49Im Hinblick auf die ursprünglich von der Insolvenzschuldnerin eingelegte Berufung geht diese davon aus, dass die hinsichtlich des Zinsanspruchs vorgetragenen Tatsachen zutreffend seien. Allerdings seien die Zinsen wirksam auf einen Zinssatz von 1% p.A. reduziert worden. Dieser Beschluss wirke auch für und gegen die Kläger.
50Soweit die Kläger nunmehr lediglich die Anmeldung der Forderungen zur Insolvenztabelle begehrten, könnte dieser Anspruch anerkannt werden, wenn die Kläger ihre Aktivlegitimation, die weiterhin bestritten werde, nachweisen würden. Das Anerkenntnis könne auch noch sofort im Sinne des § 93 ZPO erfolgen, weil die Kläger die Aktivlegitimation bislang nicht hinreichend dargelegt hätten und bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Klage nicht begründet gewesen sei.
51Ursprünglich hat die Insolvenzschuldnerin angekündigt zu beantragen, unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 26.01.2012 (Az. 30 O 538/10) die Klage abzuweisen. Die Kläger haben insoweit einen Antrag auf Zurückweisung der Berufung angekündigt.
52Ursprünglich haben die Kläger angekündigt zu beantragen, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 26.01.2012 (Az. 30 O 538/10), die Insolvenzschuldnerin zu verurteilen, an die Kläger zu 1) rückständige Zinsen aus der Hypothekenanleihe mit der ISIN DE 00xxxxQxx2 (WKN AxxxAG) für die Zeit vom 01.07.2010 bis 17.09.2010 in Höhe von weiteren 3.504,44 € zu zahlen, nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.09.2010; an den Kläger zu 2) rückständige Zinsen aus der Hypothekenanleihe mit der ISIN DE000xxQxx2 (WKN AxxxAG) für die Zeit vom 01.07.2010 bis 17.09.2010 in Höhe von 738,88 € zu zahlen, nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.09.2010; an die Kläger zu 1) und 2) zur gesamten Hand außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von weiteren 2.799,12 € zu zahlen. Die Insolvenzschuldnerin hat angekündigt, die Zurückweisung der Berufung zu beantragen.
53Im Wege der Anschlussberufung haben die Kläger weiter angekündigt zu beantragen, festzustellen, dass die Insolvenzschuldnerin im Verzug mit der Annahme der Anleihen ist. Insoweit hat die Insolvenzschuldnerin einen Berufungszurückweisungsantrag angekündigt.
54Mit Schriftsatz vom 14.08.2014 haben die Kläger beantragt, das Verfahren wieder aufzunehmen und gegen den Insolvenzverwalter fortzuführen, nachdem dieser die von den Klägern geltend gemachten Forderungen in voller Höhe bestritten hatte.
55Sie beantragen nunmehr,
561. die Forderung des Klägers zu 1) in Höhe von 767.917,13 € für den Ausfall zur Insolvenztabelle im Insolvenzverfahren über das Vermögen der E GmbH (AG Köln – 71 IN 354/12) zur laufenden Nummer 20 festzustellen;
572. die Forderung des Klägers zu 1) in Höhe von 25.758,74 € für den Ausfall zur Insolvenztabelle im Insolvenzverfahren über das Vermögen der E GmbH (AG Köln – 71 IN 354/12) zur laufenden Nummer 117 festzustellen;
583. die Forderung des Klägers zu 2) in Höhe von 82.082,03 € für den Ausfall zur Insolvenztabelle im Insolvenzverfahren über das Vermögen der E GmbH (AG Köln – 71 IN 354/12) zur laufenden Nummer 21 festzustellen;
59Der Beklagte erkennt die Forderung des Klägers zu 1) in Höhe von 680.000 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 1% p.a. vom 01.07.2012 bis 28.09.2012 aus 332.000 € sowie in Höhe von 1% Zinsen p.a. für die Zeit vom 16.11.2011 bis 28.09.2012 aus 348.000 € an.
60Der Beklagte erkennt die Forderung des Klägers zu 2) in Höhe von 70.000 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 1% p.a. für die Zeit vom 01.07.2012 bis 28.09.2012 an.
61Im Übrigen beantragt der Beklagte,
621. unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 26.01.2012 (Az. 30 O 538/10) die Klage abzuweisen.
632. festzustellen, dass die von den Klägern unter dem 08.09.2010 ausgesprochene Kündigung unwirksam ist.
64Der Kläger beantragt,
65die Feststellungsklage abzuweisen.
66Die Kläger verteidigen das erstinstanzliche Urteil, soweit ihrer Klage stattgegeben wurde. Das Landgericht habe die Kündigungsmöglichkeit aus § 314 BGB mit Recht angenommen. Es müsse insoweit auch berücksichtigt werden, dass die Gläubiger vorliegend Verbraucher seien. Schließlich habe sich die Insolvenzschuldnerin an einem Zinsswap-Geschäft beteiligt. Auch dies stelle einen wirksamen Kündigungsgrund dar. Auch könnte § 313 BGB einschlägig sein. Hinsichtlich der von ihnen eingelegten Berufung tragen die Kläger vor, das Landgericht habe unzutreffend angenommen, dass die mit der Klage geltend gemachten Zinsen bereits gezahlt seien. Zwar seien Zinsen für die „erste“ und „zweite Tranche“ am 11.11.2010 gezahlt worden. Dabei habe es sich aber um die Zinsen für den Zeitraum bis zum 30.06.2010 gehandelt, die am 01.07.2010 fällig gewesen wären. Die Kläger hätten jedoch einen Anspruch auf Zahlung von Zinsen für den Zeitraum vom 07.07.2010 bis zum 16.09.2010. Diesen Vortrag stellt der Beklagte nunmehr ausdrücklich als zutreffend dar. Danach belaufe sich dieser für den Kläger zu 1) auf 3.504,44 € und für den Kläger zu 2) auf 738,88 €.
67Die Reduzierung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten von der geltend gemachten 2,5-fachen Gebühr auf eine 1,8-fache Gebühr sei nicht möglich. Das Landgericht habe insoweit den der Geltendmachung der Forderung zugrundeliegenden Sachverhalt nicht hinreichend berücksichtigt.
68Im Rahmen der mündlichen Verhandlung haben die Kläger erklärt, dass sie ihre Klageforderung nicht mehr auf Schadensersatzansprüche stützen. Die geltend gemachten Ansprüche ergäben sich aus der Kündigung der Anleihen.
69Im Übrigen wird auf die von den Parteien zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlage Bezug genommen.
70II.
71Die zulässige Berufung des Beklagten hat Erfolg; sie führt, soweit die Klageforderungen nicht von dem Beklagten im Rahmen der Anträge der Berufung anerkannt worden sind, zur Änderung des landgerichtlichen Urteils und zur Abweisung der Klage mit den nunmehr gestellten Anträgen. Die Berufung und Anschlussberufung der Kläger haben keinen Erfolg.
721. Das Verfahren ist gegen den Beklagten als bestreitenden Insolvenzverwalter über das Vermögen der ursprünglichen Beklagten fortzusetzen, nachdem das Verfahren nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der ursprünglichen Beklagten gemäß § 240 ZPO unterbrochen gewesen ist. Ist – wie hier – in einem Insolvenzverfahren eine Forderung vom Insolvenzverwalter bestritten worden, so bleibt es gemäß § 179 Abs. 1 InsO dem Gläubiger überlassen, die Feststellung gegen den bestreitenden Insolvenzverwalter zu betreiben. War zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Rechtsstreit über die Forderung anhängig, so ist die Feststellung gemäß § 180 Abs. 2 InsO durch Aufnahme des Rechtsstreits zu betreiben. Hierzu ist auch der Gläubiger befugt gewesen (vgl. BGH, Urteil vom 31.10.2012 – III ZR 204/12, BGHZ 195, 233 Rn. 7, mwN). Die Aufnahme des Verfahrens ist beim Oberlandesgericht möglich (vgl. Greger in Zöller, ZPO, 30. Aufl., § 240 Rn. 10, mwN). Durch die Aufnahme des Verfahrens hat sich der Streitgegenstand gemäß § 180 Abs. 2 ZPO entsprechend den nunmehr gestellten Anträgen geändert, ohne dass es auf die Vorschriften der Klageänderung ankäme (vgl. Greger in Zöller aaO, § 240 Rn. 14, mwN).
73Im Rahmen der Entscheidung über die nunmehr von den Klägern gestellten Anträge auf Feststellung von Ansprüchen zur Insolvenztabelle ist sowohl über die Berufung des Beklagten, als auch über die Berufung der Kläger zu entscheiden, weil die nunmehr gestellten Feststellungsanträge sowohl die ursprünglichen Zahlungsanträge enthalten, soweit diesen durch das Landgericht stattgegeben worden ist (insoweit Berufung des Beklagten), als auch die weitergehenden Anträge, die das Landgericht zurückgewiesen hat (insoweit Berufung und Anschlussberufung der Kläger).
742. Der Beklagte war gemäß § 304 Satz 1 ZPO dem Anerkenntnis gemäß zu verurteilen, soweit er den gegen ihn geltend gemachten Anspruch (teilweise) anerkennt hat. Denn unstreitig besteht gemäß § 41 Abs. 1 InsO ein Anspruch des Klägers zu 1), die Hauptforderung in Höhe von 680.000 € nebst Zinsen von 1% p.A. für die Zeit vom 01.07.2012 bis zur Insolvenzeröffnung aus 332.000 € und Zinsen in Höhe von 1% p.A. aus 348.000 € für die Zeit seit dem 16.11.2011 bis zur Insolvenzeröffnung zur Insolvenztabelle festzustellen.
75Denn jedenfalls nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens sind die Anleihen in Höhe des Nennbetrages sowie die bis zu diesem Zeitpunkt aufgelaufenen Zinsen durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig geworden (§ 41 Abs. 1 InsO). Ebenfalls unstreitig ist, dass die Forderung des Klägers zu 2) in Höhe von 70.000 € nebst Zinsen in Höhe von 1% p.a. für die Zeit zwischen dem 01.07.2012 bis zur Insolvenzeröffnung festzustellen ist.
763. Soweit die Kläger über den anerkannten Anspruch hinaus die Feststellung von Forderungen zur Insolvenztabelle geltend machen, ist die Klage abzuweisen. Den Klägern steht über den anerkannten Betrag kein weitergehender Anspruch gegen den Beklagten zu.
77a) Die Kläger sind zur Geltendmachung der Ansprüche aktivlegitimiert. Vorliegend hat das Landgericht bereits im Tatbestand auf Seite 2 des angegriffenen Urteils folgendes ausdrücklich festgestellt:
78„Der Kläger zu 1) ist daher Inhaber von Anleihen im Nennwert von insgesamt 680.000 €. Der Kläger zu 2) ist Inhaber von Anleihen der zweiten Tranche im Nennwert von 70.000 €.“
79Diese Feststellung hat die damalige Insolvenzschuldnerin nicht mit einem Tatbestandberichtigungsantrag angegriffen. Damit ist die entsprechende Feststellung als in erster Instanz unstreitig anzusehen, so dass ein Bestreiten in der zweiten Instanz ohne weiteres nicht mehr in Betracht kommt (§§ 529, 531 ZPO). Der Beklagte hat insbesondere keine Gründe vorgetragen, die eine Berücksichtigung ausnahmeweise ermöglichen würde.
80Der Tatbestand des landgerichtlichen Urteils ist allerdings auch zutreffend. Denn die Insolvenzschuldnerin hat ursprünglich die Aktivlegitimation der Kläger mit der Begründung bestritten, es seien keine Depotauszüge vorgelegt worden. Diese haben die Kläger sodann vorgelegt. Nachdem die Insolvenzschuldnerin die Richtigkeit dieser Auszüge in erster Instanz nicht bestritten hat, ist das Landgericht mit Recht davon ausgegangen, dass die Aktivlegitimation insgesamt unstreitig ist.
81b) Ein vertraglicher Anspruch der Kläger auf Zahlung der weitergehenden Zinsen in Höhe von weiteren 5% p.a. wie von den Klägern geltend gemacht (Zinsen bis zur fristlosen Kündigung), setzt voraus, dass der Beschluss der Gläubigerversammlung mit der Reduzierung des Zinssatzes auf 1% p.a. ihnen gegenüber nicht wirksam geworden ist. Nur in diesem Fall bestünde ein Anspruch auf Zahlung der mit insgesamt 6% p.a. in den Anleihebedingungen festgelegten Zinsen bis zum Wirksamwerden der ausgesprochenen fristlosen Kündigung aus den Anleiheverträgen und sodann aus Verzug. Auch die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten, die auf der Grundlage der §§ 280, 286 BGB geltend gemacht werden, setzen voraus, dass die damalige Forderung der Kläger berechtigt gewesen ist.
82Die weitere Zinsforderung der Kläger ist nur berechtigt, wenn die Kündigung der Kläger vom 08.09.2010 wirksam war. Denn nur in diesem Fall wäre der Beschluss der jeweiligen Gläubigerversammlung mit der Reduzierung des Zinssatzes ihnen gegenüber nicht wirksam geworden. Die Voraussetzungen für den Beschluss der Gläubigerversammlung vom 27.10./28.10./01.11.2010 zur Reduzierung des Zinssatzes liegen im Übrigen insgesamt vor. Dies gilt gleichermaßen für die Verzugszinsen. Denn diese sind nur zu zahlen, wenn die Insolvenzschuldnerin mit der Rückzahlung der Hauptforderung in Verzug gekommen wäre. Dies setzt wiederum zunächst die Pflicht zur Rückzahlung aus dem Anleihenvertrag voraus, die wiederum eine wirksame Kündigung voraussetzt. Auch der Anspruch auf Zahlung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten setzt voraus, dass die Forderungen berechtigt waren, was wiederum nur dann der Fall ist, wenn die Kündigung wirksam wäre.
83c) Entgegen der Ansicht des Landgerichts konnten sich die Kläger nicht durch ihre Kündigungen von dem jeweiligen Anleihenvertrag lösen. Ihre Kündigungen sind nicht wirksam geworden. Zwar besteht ein grundsätzliches Kündigungsrecht der Kläger. Dieses konnte aber zeitlich begrenzt nicht ausgeübt werden.
84aa) Eine Kündigung auf der Grundlage der vertraglichen Vereinbarungen in den Anleihenbedingungen kommt nicht in Betracht. Die Anleihenbedingungen enthalten unter § 4 die unter Ziffer I genannten Kündigungsmöglichkeiten. Danach ist die Laufzeit ausdrücklich festgeschrieben. Das Gleiche gilt für die Möglichkeit der Schuldnerin (in den Bedingungen als „Gesellschaft“ bezeichnet), die Anleihe zu kündigen. Eine Regelung, nach der die Gläubiger – hier die Kläger – zur Kündigung der Anleihe mit der Folge einer Rückzahlungspflicht zum Nennbetrag berechtigt wären, enthalten die Bedingungen hingegen nicht. Dies wird auch nicht geltend gemacht.
85bb) Auch die Anwendung des außerordentlichen Kündigungsrechts gemäß § 490 Abs. 1 BGB scheidet aus, weil es sich bei den streitgegenständlichen Anleihen um Inhaber(teil)schuldverschreibungen handelt, auf die nach h. M. in Literatur und Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, die §§ 488 ff. BGB nicht anwendbar sind, weil es sich nicht um Darlehen, sondern um abstrakte Schuldversprechen handelt. Auch wenn Anleihen nach ihrem wirtschaftlichen Charakter als Darlehen im Sinne der §§ 488 ff. BGB anzusehen sein könnten, hat der Gesetzgeber diese als verkehrsfähige, verbriefte Darlehen in den Vorschriften der §§ 793 ff. BGB geregelt, so dass die für Wertpapiere geltenden Sonderregelungen anzuwenden sind. Hierdurch wird der Rückgriff auf die Bestimmungen des Darlehensvertrages, insbesondere auf § 490 BGB ausgeschlossen (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 17.09.2014, 4 U 97/14, DB 2014, 2521, juris Rn. 46; wohl auch für die Frage nach der Anwendbarkeit des § 313 BGB: BGH, Urteil vom 15.07.2014, XI ZR 100/13, NJW 2014, 3362 Rn. 31 ff.; Seibt/Schwarz in ZIP 2015, 401, 407, jeweils mwN; sowie zur Rechtsentwicklung und zu den verschiedenen Meinungen: Hopt/Mülbert, WM 1990, Sonderbeilage 3, S. 3, 5; Hammen, NJW 1987, 2856, 2857; Sprau in Palandt, BGB, 73. Auflage, § 793 Rn. 2; Staudinger-Freitag/Mülbert, BGB (2011), § 488 Rn. 48; OLG München, Urteil vom 22.01.1997 – 7 U 4544/96, Rn. 18, zitiert nach juris; Maier-Reimer, in: Baums/Cahn, Die Reform des Schuldverschreibungsrechts (2004), S. 135; Lenenbach, Kapitalmarktrecht, 2. Auflage, Rn. 2.112; Trautrims, BB 2012, 1824).
86cc) Schließlich kommt auch eine Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 314 Abs. 1 BGB entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht in Betracht.
87Gemäß § 314 Abs. 1 Satz 2 BGB liegt ein wichtiger Kündigungsgrund im Grundsatz dann vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung nicht zugemutet werden kann (Lenenbach, a. a. O., Rn. 2.110; Knops, BB 2008, 2535, 2539; Thomas, ZHR 171 (2007), 684, 708; Müller-Eising/Bode, BKR 2006, 480, 482; Rühlmann, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt (2005), § 14 Rn. 42).
88Eine solche Kündigung ist zwar nicht durch die Anleihebedingungen ausgeschlossen (dazu (1)). Auch ist die Kündigung nicht ausgeschlossen, weil Anleihen kein Dauerschuldverhältnis begründen (dazu (2)), durch die Regelungen des Schuldverschreibungsgesetzes grundsätzlich ausgeschlossen würden (dazu (3)) oder die Gläubigerversammlung die Kündigungsmöglichkeit wirksam ausgeschlossen hätte (dazu (4)). Die Kündigung scheidet aber aus, weil diese zur Unzeit erfolgte (dazu (5)).
89(1) Entgegen der Ansicht des Beklagten ist das Kündigungsrecht gemäß § 314 BGB nicht durch die vertraglichen Vereinbarungen in den Bedingungen der Anleihen ausgeschlossen. Zum einen kann die Kündigungsmöglichkeit aus wichtigem Grund als zwingendes Recht nicht vollständig ausgeschlossen werden (vgl. OLG Frankfurt, DB 2014, 2521, juris Rn. 37 f.). Zum anderen fehlt in ausdrücklicher Ausschluss des Kündigungsrechts. Selbst wenn grundsätzlich auch ein konkludenter Ausschluss der Kündigungsmöglichkeit des § 314 BGB durch die Bedingungen der Anleihen möglich wäre (so OLG Frankfurt DB 2014, 2521), kommt dieser vorliegend nicht in Betracht. Anders als in dem der vorgenannten Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt sind in den Anleihebedingungen der Schuldnerin überhaupt keine Kündigungsmöglichkeiten vorgesehen. In den Anleihebedingungen, die Gegenstand des Verfahrens des OLG Frankfurt waren, waren hingegen Kündigungsmöglichkeiten für die Gläubiger in den Anleihebedingungen ausdrücklich für verschiedene Fälle aufgenommen. Diese Regelungen hat das OLG Frankfurt als abschließend angesehen. Da im vorliegenden Fall für die Gläubiger keine Gründe genannt sind, die eine Beendigung der Anleihe ermöglichen, kommt eine Auslegung der Anleihebedingungen in Bezug auf einen möglichen Ausschluss des Kündigungsrechts im Sinne des § 314 BGB nicht in Betracht. Es bleiben die allgemeinen Regelungen, so auch § 314 BGB, grundsätzlich weiterhin anwendbar (vgl. LG Bonn, Urteil vom 25.03.2014 – 10 O 299/13, ZIP 2014, 1073). Aus dem Schweigen der Anleihebedingungen kann somit entgegen der Auffassung des Beklagten nicht gefolgert werden, dass die Kündigung auch aus wichtigem Grund ausgeschlossen werden sollte.
90(2) Die Kündigung nach § 314 BGB scheidet vorliegend nicht aus, weil die Vorschrift des § 314 BGB auf Anleihen wegen des fehlenden Charakters als Dauerschuldverhältnis nicht anwendbar ist.
91Grundsätzlich setzt die Anwendbarkeit des § 314 BGB zwar ein Dauerschuldverhältnis voraus. Auch ist zweifelhaft, ob es sich bei einer Anleihe um ein solches handelt. Ein Dauerschuldverhältnis ist auf ein fortgesetztes Verhalten innerhalb eines Vertrages gerichtet, aus dem sich während der Laufzeit immer wieder neue Rechte und Pflichten beider Parteien ergeben. Anleihen könnten insoweit einseitige Verpflichtungen zur Zahlung der Zinsen und schließlich nach Ablauf der vereinbarten Zeit des Nennwertes sein (vgl. hierzu insgesamt Seibt/Schwarz ZIP 2015, 401, mwN). Unabhängig von der Frage, ob Anleihen ein Dauerschuldverhältnis darstellen, bleibt aber die Kündigungsmöglichkeit des § 314 BGB bestehen, weil § 314 BGB Ausfluss des Gedankens von Treu und Glauben im Sinne von § 242 BGB ist und daher grundsätzliche Bedeutung hat (vgl. Horn in BKR 2009, 446).
92Dass die Anleihe als Kapitalmarktinstrument veräußerbar ist, schließt die Kündigung aus denselben Gründen nicht aus.
93(3) Auch die Regelungen des Schuldverschreibungsgesetzes 2009 und 1899 (dieses ist aufgrund des Ausgabedatums der Anleihen - bis zum 05.08.2009 - anwendbar) schließen die Kündigung gemäß § 314 BGB nicht grundsätzlich aus. Allerdings kann insoweit die Ausübung des Kündigungsrechts zeitlich begrenzt nicht ausgeübt werden, weil ein Kündigungsgrund nicht anzunehmen ist. Dies ergibt eine systematische und teleologische Betrachtung der Regelungen des Schuldverschreibungsgesetztes aus dem Jahr 2009, aber auch eine solche Betrachtung des Schuldverschreibungsgesetzes aus dem Jahr 1899.
94In diesem Zusammenhang ist die gesetzliche Wertung des Schuldverschreibungsgesetzes mit zu berücksichtigen, insbesondere im Hinblick auf die Frage der (Un-)Zumutbarkeit eines Festhaltens am Vertrag für den Gläubiger (vgl. Seibt/Schwarz, ZIP 2015, 401) als Grund für die Kündigung. Bereits das Schuldverschreibungsgesetz 1899 sah in § 11 Abs. 1 die Möglichkeit zur Ermäßigung des Zinsfußes oder der Bewilligung einer Stundung durch einen entsprechenden Beschluss der Gläubigerversammlung vor. Das Schuldverschreibungsgesetz 2009 ermöglicht es in § 5 Abs. 3 Ziff. 3 und 8 darüber hinaus, dass die Gläubiger durch Mehrheitsbeschluss einer Verringerung der Hauptforderung und einem Kündigungsverzicht zustimmen können, wobei über § 24 Abs. 2 des SchVG 2009 sogar die Möglichkeit besteht, diese Regelungen auch auf Schuldverschreibungen, die vor dem 05.08.2009 ausgegeben wurden, für anwendbar zu erklären (was vorliegend in der ersten Gläubigerversammlung geplant war, aber daran scheiterte, dass nicht das notwendige Kapital vertreten war (§ 24 Abs. 2, § 15 Abs. 3 SchVG 2009).
95Dieser Wertung steht die grundsätzliche Möglichkeit einer Kündigung aus wichtigem Grund (§ 314 BGB) nicht entgegen, auch wenn der Kündigungsgrund zeitlich begrenzt nicht anzunehmen ist. Denn im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung gehen die Interessen der Gläubiger, ihr Vermögen evtl. durch Kündigung und den damit entstehenden Anspruch auf Rückzahlung zu sichern, nur in dem Fall vor, wenn die Mehrheit der Gläubiger eine Restrukturierung plant. Denn nur in diesem Fall gebietet es das Ziel des Gesetzgebers, der Gläubigerversammlung die Möglichkeit einzuräumen, eine Restrukturierung der Gesellschaft zu ermöglichen (Primat der Gläubigerversammlung), die Kündigungsrechte zu beschränken.
96Es ist den Gläubigern auch nicht grundsätzlich zumutbar, generell auf das Recht der außerordentlichen Kündigung zu verzichten und die Anwendbarkeit des § 314 BGB insgesamt abzulehnen, weil dies für den Vorrang der Entscheidung der Gläubigerversammlung nicht notwendig ist. Insbesondere ist kein Grund ersichtlich, ein Kündigungsrecht des jeweiligen Gläubigers auch dann nicht anzuerkennen, wenn die Gläubigerversammlung einer Restrukturierung nicht zustimmt.
97Für die Annahme, dass das Kündigungsrecht nach § 314 BGB nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden sollte, spricht auch, dass der Referentenentwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse bei Schuldverschreibungen aus Anleihen und zur Anpassung kapitalmarktrechtlicher Verjährungsvorschriften vom 09.05.2008 in § 22 des vorgeschlagenen Schuldverschreibungsgesetzes noch vorsah, dass die Kündigungsrechte in den Anleihebedingungen ausgeschlossen werden können. Diese Regelung sei – so der Referentenentwurf (S. 39) – notwendig, weil Schuldverhältnisse mindestens aus wichtigem Grund gekündigt werden könnten und der Schuldner die Sicherheit haben müsse, dass die Gläubiger insbesondere bei einer Realisierung des vom Gläubiger übernommenen Risikos nicht kündigen könnten. Es war seinerzeit streitig, ob mit dieser Regelung auch die Kündigungsmöglichkeit des § 314 BGB ausgeschlossen werden sollte. Dadurch dass diese Regelung nicht in das Gesetz aufgenommen worden ist, wird deutlich, dass jedenfalls ein genereller Ausschluss der Kündigungsrechte aus wichtigem Grund (§ 314 BGB) nicht gewollt war.
98Auch die Vorschrift des § 5 Abs. 5 SchVG 2009 – diese ist vorliegend ohnehin nicht anwendbar – führt entgegen der Auffassung von Paulus (WM 2012, 1109) zu keinem anderen Ergebnis, weil insoweit eine Interessenabwägung bezogen auf den Einzelfall zu erfolgen hat. Auch kommt diese Regelung nicht zur Anwendung, weil das SchVG 2009 nur anwendbar ist, soweit die Anleihe ab dem 05.08.2009 herausgegeben wurde, oder die Anwendbarkeit im Rahmen einer Gläubigerversammlung beschlossen wurde. Ein solcher Beschluss ist wirksam nicht zustande gekommen, weil die hierzu einberufene Gläubigerversammlung nicht beschlussfähig war. Damit kommt die Anwendung des § 5 Abs. 5 SchVG 2009 nicht in Betracht. Die Möglichkeit der Gläubigerversammlung, eine Rückwirkung des Kündigungsverzichts zu erreichen, kann vor diesem Hintergrund nicht zum Tragen kommen (vgl. OLG Frankfurt DB 2014, 2521, juris Rn. 61; so auch LG Bonn, ZIP 2014, 1073). § 5 Abs. 5 SchVG regelt darüber hinaus nur den Fall, dass die Kündigungsrechte nach den Anleihebedingungen nur Kollektiv von Gläubigern gemeinsam wahrgenommen werden können (vgl. Veranneman, SchVG, § 5 Rn. 36 sowie Begründung des Regierungsentwurfs der Bundesregierung, BT-Drucks. 16/12814 S. 19). Eine solche Regelung sehen die Anleihebedingungen der Insolvenzschuldnerin nicht vor und sollten unter Berücksichtigung der historischen Entwicklung auch nicht Gegenstand der gesetzlichen Regelung sein.
99Schließlich kann auch ein Vergleich mit der Treuepflicht der Gesellschafter einer Gesellschaft den Ausschluss des Kündigungsrechts vorliegend nicht begründen. Die Gesellschafter können Einfluss auf die Leitung der Geschäfte der Gesellschaft nehmen. Einen solchen Einfluss haben die Kläger als Gläubiger der Anleihen der Insolvenzschuldnerin nicht. Ihre rechtlichen Möglichkeiten werden durch das SchVG konkretisiert.
100(4) Soweit im vorliegenden Fall – noch vor Zugang der klägerischen Kündigung bei der Insolvenzschuldnerin – von der Gläubigerversammlung ein Beschluss gefasst wurde, der einen Kündigungsverzicht der Anleihegläubiger für das Jahr 2013 vorsah, ist dieser Beschluss seinerzeit nicht wirksam geworden, weil die erforderliche Mehrheit der Hälfte des Nennwertes der im Umlauf befindlichen Schuldverschreibungen nicht zustande gekommen war (vgl. § 11 Abs. 2 Satz 2 SchVG). Die spätere Beschlussfassung erfolgte erst nach Zugang der Kündigung, ohne dass dabei etwa eine Rückwirkung des Kündigungsverzichts beschlossen worden wäre. Die im Jahr 2010 erfolgten Beschlussfassungen der Gläubigerversammlung stehen mithin der klägerischen Kündigung nicht entgegen.
101Soweit eine rückwirkende Möglichkeit, die Kündigung auszuschließen, gemäß § 5 Abs. 5 SchVG anzunehmen sein könnte, kommt diese Regelung – wie dargelegt – nicht zur Anwendung.
102(5) Die Wirksamkeit der Kündigung scheitert allerdings daran, dass sie zur Unzeit erfolgte. Eine Kündigung durch die Kläger vor der zweiten Gläubigerversammlung war nicht zulässig. Es war den Klägern vielmehr zuzumuten, die zweite Gläubigerversammlung abzuwarten. Insofern fehlte der Kündigung der Kläger im Zeitpunkt ihres Ausspruchs der erforderliche Kündigungsgrund gem. § 314 BGB.
103Im Rahmen der für die Frage nach der Kündigungsmöglichkeit gemäß § 314 BGB erforderlichen Interessenabwägung ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Verschlechterung der Vermögenslage der Schuldnerin der Anleihen grundsätzlich einen Grund zur außerordentlichen Kündigung darstellen kann, wenn dadurch die Ansprüche des Anlegers gefährdet werden (Knops, BB 2008, 2535, 2539), wobei jedoch immer auch die Frage der Zumutbarkeit und die Frage einer damit im Zusammenhang stehenden Risikoverteilung zu beachten ist (vgl. insbesondere Seibt/Schwarz, ZIP 2015, 401 sowie Hellner/Steuer, Bankrecht und Bankpraxis, Bd. 5, Rn. 10/186b).
104In diesem Zusammenhang ist zunächst davon auszugehen, dass es zu einer Verschlechterung der Vermögensverhältnisse der Insolvenzschuldnerin kam, die den Klägern nicht aufgrund einer Risikoverteilung zuzumuten ist.
105Die Insolvenzschuldnerin hat das Vorliegen einer Verschlechterung ihrer Vermögenslage unter Hinweis darauf bestritten, dass keine Substanzverschlechterung der erworbenen Immobilien vorliege, sondern wesentliche Ursache ihres Restrukturierungsbedarfs die negative Preisentwicklung für Einzelhandelsimmobilien seit der Finanzkrise 2008 sei. Die Kläger sind dem in tatsächlicher Hinsicht nicht weiter entgegen getreten, haben jedoch die Auffassung vertreten, dass es – bedingt durch die Neubewertung der Immobilien im Zuge einer negativen Entwicklung der Marktlage - zu einer deutlichen Verschärfung der Überschuldungssituation bei der Insolvenzschuldnerin gekommen sei. Dieses sei ein von der Insolvenzschuldnerin zu tragendes Risiko, dessen Verwirklichung sie – die Kläger – zu einer fristlosen Kündigung berechtige.
106Die Insolvenzschuldnerin ist demgegenüber der Auffassung, dass die Veränderung des Marktniveaus ein von den Klägern zu tragendes Risiko sei. Die Veränderung des Marktniveaus stelle einen wirtschaftlichen Faktor dar, der von der Insolvenzschuldnerin nicht zu beeinflussen sei. Vielmehr handele es sich insoweit um ein allein den Anleger treffendes wirtschaftliches Prognoserisiko, auf das auch auf verschiedenen Seiten des Prospekts der Sache nach hingewiesen worden sei. Wenn es danach allein aufgrund der Verwirklichung eines die Anleger treffenden Risikos einer negativen Marktentwicklung (Prognoserisiko) zu einer drohenden Insolvenz der Schuldnerin gekommen sei, könne die sich daraus ergebende Gefährdung von Gläubigeransprüchen keine außerordentliche Kündigung der Kläger rechtfertigen. Vielmehr sei es ihnen aufgrund der vertraglichen Risikoverteilung zuzumuten, bis zum Ende der Laufzeit am Vertrag festzuhalten.
107Dem kann so nicht beigetreten werden. Der Gläubiger kann – wie dargelegt – keinen Einfluss auf die Geschäfte der Schuldnerin nehmen. Er ist vielmehr – abgesehen von den im SchVG vorgesehenen Möglichkeiten – nicht in der Lage, die Geschäftsführung der Schuldnerin zu beeinflussen, so dass allein die Insolvenzschuldnerin für die wirtschaftliche Entwicklung ihres Vermögens verantwortlich ist. Die Frage, aus welchem Grund eine Verschlechterung der Vermögenssituation eingetreten ist, kann jedenfalls dann keine Rolle (mehr) spielen, wenn diese sich soweit verschlechtert hat, dass eine Insolvenz unmittelbar bevorsteht. Eine solche Konstellation war hier gegeben. Die drohende Insolvenz war für den Fall angekündigt, dass die Gläubiger nicht auf einen Teil ihrer Ansprüche verzichten. In diesem Fall überwiegen die Gläubigerinteressen an der Erhaltung ihrer Ansprüche.
108Allein die Gläubigerversammlung muss – nach dem gesetzlichen Schutzzweck des SchVG und dem insoweit gebotenen Anlegerschutz – die Möglichkeit erhalten, über die nach dem SchVG vorgesehenen Maßnahmen zur Restrukturierung zu entscheiden, so dass die Möglichkeit einer Kündigung jedenfalls dann ausgeschlossen ist, wenn – wie hier – ein Restrukturierungskonzept vorliegt und die Gläubigerversammlung bislang nicht die Möglichkeit hatte, eine Kündigung durch entsprechenden Beschluss abzuwenden.
109Vorliegend konnte die vor der Kündigung der Kläger einberufene Gläubigerversammlung nicht wirksam das Kündigungsrecht ausschließen, weil der hierfür erforderliche Kapitalanteil in der Versammlung nicht vertreten war (§ 11 Abs. 2 Satz 2 SchVG 1899). In diesem Fall muss der Gläubigerversammlung aber die Möglichkeit eingeräumt werden, eine zweite, unabhängig vom anwesenden Kapitalanteil beschlussfähige Gläubigerversammlung (§ 11 Abs. 5 SchVG 1899) einzuberufen, die sodann auch über den Ausschluss des Kündigungsrechts befinden kann.
110Nur auf diese Weise bleibt das Primat der Gläubigerversammlung als Leitbild des SchVG gewahrt. Jedenfalls ab dem Zeitpunkt der Kenntnis eines Restrukturierungskonzepts und der durch die Gläubigerversammlung geplanten Annahme (hier mit Bekanntmachung der Restrukturierung vom 25.08.2010, Anlage B5), hat daher eine Interessenabwägung im Rahmen der Zumutbarkeit des § 314 BGB zu ergeben, dass Einzelkündigungenvor einer möglichen Beschlussfassung der Gläubigerversammlung ausgeschlossen sind, weil es den einzelnen Gläubigern zumutbar ist, im Interesse der kollektiven Bindung aller Gläubiger und einer sich daraus ergebenden Vorrangstellung der Gläubigerversammlung als solcher, eine Beschlussfassung und damit Einschätzung der Sanierungsmöglichkeiten durch alle Gläubiger zu ermöglichen.
111Eine effektive Umsetzung des Primats der Gläubigerversammlung ist dann aber auch nur gewährleistet, wenn die zweite Gläubigerversammlung abgewartet wird, dessen Beschlussfähigkeit nicht von einem bestimmten Anteil der vertretenen Gläubiger abhängig ist. Ob diese Auffassung zur Bestimmung des wichtigen Grundes gem. § 314 BGB sodann eine Einschränkung der durch die Gläubigerversammlung zu beschließenden rückwirkenden Kündigungsverzichtsmöglichkeiten gebietet, kann der Senat vorliegend offen lassen.
112Mit dieser Einschränkung kann durch die Kündigung des einzelnen Gläubigers – entgegen der Ansicht des Beklagten – kein unzulässiger Sondervorteil entstehen, zumal die Möglichkeit der Kündigung im Übrigen jedem Gläubiger gleichermaßen zusteht.
113Zu keinem anderen Ergebnis kann es führen, wenn die Zinsen nicht, oder nicht fristgerecht gezahlt wurden. Denn auch in diesem Fall würden die Rechte der Gläubigerversammlung gegen den Willen des Gesetzgebers beschränkt, wenn die Nichtzahlung der Zinsen – die Zinsen werden im Regelfall nicht gezahlt, weil sich die wirtschaftliche Situation der Schuldnerin verschlechterte – der Gläubigerversammlung faktisch die Möglichkeit, über geplante Restrukturierungsmaßnahmen zu entscheiden, entziehen würde. Zahlreiche Gläubiger könnten die Möglichkeit einer Kündigung gemäß § 314 BGB nutzen und so die Restrukturierung gefährden.
114dd) Eine Kündigung gemäß § 313 BGB (vgl. Paulus, WM 2012, 1109) kommt aus den vorstehend dargelegten Gründen ebenfalls nicht in Betracht.
1154. Soweit die Kläger ihre Ansprüche in erster Instanz auch auf Schadensersatz gestützt haben, sind solche Ansprüche nicht mehr Gegenstand des Rechtsstreits. Die Kläger haben ausdrücklich ihre Ansprüche nicht mehr auf Schadensersatz gestützt. Insoweit handelt es sich um einen anderen Streitgegenstand, weil diesem Begehren ein anderer Lebenssachverhalt (Umstände bei Ausgabe der Anleihen) zugrunde gelegen hat.
1165. Die von dem Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung beim Senat erhobene Zwischenfeststellungsklage gemäß § 256 Abs. 2 ZPO ist zulässig und begründet. Sie kann auch in der zweiten Instanz ohne die Beschränkung des § 533 Nr. 1 ZPO noch erhoben werden (vgl. Becker-Eberhard in MünchKomm/ZPO, 4. Aufl. § 256 Rn. 85). Es besteht zwischen den Prozessparteien auch Streit über ein Rechtsverhältnis, nämlich über die Frage, ob die von den Klägern unter dem 08.09.2010 ausgesprochene Kündigung wirksam ist. Diese Frage ist – entsprechend den vorstehenden Ausführungen – vorgreiflich, weil die Frage, ob die Kündigung wirksam ist, für das Bestehen der – über die anerkannten Ansprüche hinausgehenden Ansprüche entscheidend ist, und auch für die Verwertung von Sicherheiten, die die Kläger aufgrund des erstinstanzlichen Urteils erlangt haben, Bedeutung hat.
117Die Zwischenfeststellungsklage ist auch begründet, weil die von den Klägern unter dem 08.09.2010 ausgesprochene Kündigung – wie im Einzelnen dargelegt – unwirksam ist.
1186. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen (§ 92 Abs. 2 ZPO), weil er im Wesentlichen unterlegen ist. Lediglich Nebenforderungen bestehend aus Zinsen und Ansprüchen auf Zahlung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren sind nicht begründet.
119Entgegen der Ansicht des Beklagten hat dieser die Forderungen der Kläger nicht sofort mit der Kostenfolge des § 93 ZPO anerkannt. Vielmehr hat der Beklagte durch die Ablehnung der Eintragung der Forderung in die Insolvenztabelle Anlass zur Klage gegeben. Ein sofortiges Anerkenntnis kommt – entgegen der Auffassung des Beklagten – nicht deshalb in Betracht, weil die Kläger erst in der Berufung ihre Aktivlegitimation hinreichend nachgewiesen hätten. Zwar kommt ein sofortiges Anerkenntnis auch in Betracht, wenn eine Klage erst nachträglich schlüssig gemacht worden ist (vgl. Schulz in MünchKomm/ZPO, 4. Aufl., § 93 Rn. 15, mwN). Wie bereits ausgeführt war der Beklagte aber mit dem Einwand der mangelnden Aktivlegitimation im Berufungsverfahren ausgeschlossen (s.o.). Auch erfolgte das Anerkenntnis erst nach richterlichem Hinweis.
1207. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
1218. Die Revision ist (ohne Einschränkung) zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Insbesondere das Verhältnis der Kündigungsmöglichkeit gemäß § 314 BGB im Spannungsfeld mit dem Gläubigerschutz nach dem Schuldverschreibungsgesetz ist höchstrichterlich nicht hinreichend geklärt und – wie sich auch aus der umfangreichen Literatur und Rechtsprechung zu dieser Frage ergibt – für zahlreiche Fälle von Bedeutung.
122Streitwert für das Berufungsverfahren: 875.757,00 €
123(1) Aus einem nur gegen Sicherheit vorläufig vollstreckbaren Urteil, durch das der Schuldner zur Leistung von Geld verurteilt worden ist, darf der Gläubiger ohne Sicherheitsleistung die Zwangsvollstreckung insoweit betreiben, als
- a)
bewegliches Vermögen gepfändet wird, - b)
im Wege der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen eine Sicherungshypothek oder Schiffshypothek eingetragen wird.
(2) Für die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen gilt § 930 Abs. 2, 3 entsprechend.
(3) Der Schuldner ist befugt, die Zwangsvollstreckung nach Absatz 1 durch Leistung einer Sicherheit in Höhe des Hauptanspruchs abzuwenden, wegen dessen der Gläubiger vollstrecken kann, wenn nicht der Gläubiger vorher die ihm obliegende Sicherheit geleistet hat.
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten und die Berufung und Anschlussberufung der Kläger wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 26.01.2012 – 30 O 538/10 – abgeändert und unter Zurückweisung der Berufungen und der Anschlussberufung im Übrigen wie folgt neu gefasst:
1. Die Forderung des Klägers zu 1) in Höhe von 680.000 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 1% p.a. vom 01.07.2012 bis 28.09.2012 aus 332.000 € sowie in Höhe von 1% Zinsen p.a. für die Zeit vom 16.11.2011 bis 28.09.2012 aus 348.000 € wird für den Ausfall zur Insolvenztabelle im Insolvenzverfahren über das Vermögen der E GmbH (AG Köln – 71 IN 354/12) zur laufenden Nummer 20 festgestellt;
2. Die Forderung des Klägers zu 2) in Höhe von 70.000 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 1% p.a. für die Zeit vom 01.07.2012 bis 28.09.2012 wird für den Ausfall zur Insolvenztabelle im Insolvenzverfahren über das Vermögen der E GmbH (AG Köln – 71 IN 354/12) zur laufenden Nummer 21 festgestellt.
3. Es wird festgestellt, dass die von den Klägern unter dem 08.09.2010 ausgesprochene Kündigung unwirksam ist.
4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
5. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages erbringt.
7. Die Revision wird zugelassen.
1
Gründe:
2I.
3Die Parteien streiten über Ansprüche auf Rückzahlung von Anleihen nach erklärter Kündigung aus wichtigem Grund. Der Beklagte ist – nachdem das Verfahren aufgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der E GmbH (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin) mit Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 28.09.2012, Az. 71 IN 354/12 zwischenzeitlich unterbrochen gewesen ist, weil die ursprüngliche Beklagte Insolvenz angemeldet hat – nunmehr als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin Partei des Rechtsstreits geworden.
4Die Insolvenzschuldnerin ist ein Immobilienunternehmen, das sich auf den Erwerb, die Vermietung, die Entwicklung und das Bestandsmanagement vermieteter Einzelhandelsimmobilien spezialisiert hat.
5Der Kläger zu 1) erwarb in den Jahren 2005 und 2006 332 Anleihen im Nennwert von 332.000 € einer sogenannten „zweiten Tranche“ und 348 Anleihen der sogenannten „dritten Tranche“ im Nennwert von 348.000 €, die jeweils von der Insolvenzschuldnerin ausgegeben worden waren. Anleihen der „zweiten Tranche“ im Nennwert von 70.000 € übertrug der Kläger zu 1) im Wege der Schenkung an seinen Sohn, den Kläger zu 2). Die Schuldverschreibungen sollten nach den Anleihebedingungen mit 6% jährlich verzinst werden. Die Zinsen waren hinsichtlich der sogenannten „zweiten Tranche“ am 01.07. eines jeden Jahres und die der „dritten Tranche“ am 16.11. eines jeden Jahres fällig. Die Tranchen waren nach den Anleihebedingungen am 30.06.2016 bzw. am 16.11.2016 zur Rückzahlung in Höhe des Nennwerts fällig.
6Unter § 4 der Anleihebedingungen der „zweiten Tranche“ wird unter der Überschrift „Laufzeit, Rückzahlung, Rückerwerb, Kündigung, Übertragung“ folgendes ausgeführt:
7„1. Die Laufzeit der Hypotheken-Anleihe beginnt am 01.07.2006 und endet am 30.06.2016.
82. Die Gesellschaft verpflichtet sich, die Teilschuldverschreibungen am 01.07.2016 zum Nennbetrag zurückzuzahlen. Fällt dieser Fälligkeitstermin auf einen Sonnabend, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, verschiebt sich der Fälligkeitstag auf den nächstfolgenden Bankarbeitstag.
93. Die Gesellschaft ist jederzeit berechtigt, Teilschuldverschreibungen aus dieser Emission im eigenen Namen und auf eigene Rechnung zurück zu erwerben. Die angekauften Schuldverschreibungen kann die Gesellschaft nach eigener Wahl halten oder weiterverkaufen.
104. Die Gesellschaft ist berechtigt, die Schuldverschreibungen insgesamt oder teilweise ab dem 30.09.2009 jeweils am ersten Tag eines Kalendermonats („Rückzahlungstag“) zum Nennbetrag einschließlich der bis zum Rückzahlungstag aufgelaufenen Zinsen zurück zu zahlen. Die Rückzahlung ist den Anlegern gemäß § 11 bekannt zu geben und muss die folgenden Angaben enthalten:
11…
125. In Übereinstimmung mit den Geschäftsbedingungen der D Banking AG,G, bzw. von F, C, können die Teilschuldverschreibungen als Miteigentumsanteil an der Globalurkunde jederzeit übertragen werden. Die Übereignung und der Verkauf bedürfen nicht der Genehmigung der Gesellschaft.“
13Weitere Angaben zu Kündigungsmöglichkeiten der Anleihen durch Gläubiger oder Schuldner enthalten die Anleihebedingungen nicht.
14Die Anleihebedingungen der „dritten Tranche“ unterscheiden sich darin, dass dort unter § 4 Ziffer 1 der Beginn auf den 16.11.2006 und das Ende auf den 15.11.2016 aufgenommen wurden.
15In der Folgezeit geriet die Insolvenzschuldnerin in finanzielle Schwierigkeiten. Seit Juni 2010 ist sie bilanziell überschuldet. Am 31.12.2010 verzeichnete die Insolvenzschuldnerin einen Fehlbetrag in Höhe von 4,2 Millionen Euro. Bereits am 30.06.2010 erklärte die Insolvenzschuldnerin dies in einer Ad-hoc-Mitteilung. Mit einer Ad-hoc-Mitteilung vom 12.08.2010 legte sie ein Restrukturierungskonzept vor. Dieses sah eine Reduzierung des Zinssatzes für die ausgegebenen Anleihen auf 1% p.a. rückwirkend ab dem 01.07.2010 bis einschließlich 30.06.2013 und eine Reduzierung des Nennwerts der Anleihen um 60% auf 40% vor. Gleichzeitig wies die Insolvenzschuldnerin darauf hin, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Insolvenzantrag unausweichlich sei, wenn die Gläubigerversammlungen nicht sämtlich der vorgeschlagenen Reduzierung des Zinssatzes zustimmen würden.
16In von der Insolvenzschuldnerin einberufenen Gläubigerversammlungen vom 24., 25. und 26.08.2010 – diese waren für jede Tranche gesondert einberufen worden – sollte beschlossen werden, dass die Gläubiger bis zum 24.08.2013 auf etwaige Kündigungsrechte verzichteten. Die Versammlung war allerdings nicht beschlussfähig, weil nicht die Hälfte der im Umlauf befindlichen Inhaberschuldverschreibungen vertreten war.
17Die Kläger kündigten ihre Anleihen daraufhin mit anwaltlichem Schreiben vom 08.09.2010, der Beklagten zugegangen am 13.09.2010, aus wichtigem Grund.
18In Gläubigerversammlungen am 27. und 28.10.2010 stimmten die Anleihengläubiger den Beschlussvorschlägen der Insolvenzschuldnerin hinsichtlich des Ausschlusses der Kündigungen und der Reduzierung der Zinsen wirksam zu.
19Mit Wertstellung vom 11.11.2010 zahlte die Beklagte die Zinsen für die erste und zweite „Tranche“. Für die dritte „Tranche“ zahlte die Beklagte Zinsen in Höhe von 6% p.a. bis zum 30.06.2010 und 1% p.a. ab dem 01.07.2010.
20Um den Nennwert zu reduzieren, führte die Insolvenzschuldnerin erneut Gläubigerversammlungen durch, die allerdings nicht beschlussfähig waren. Mit Beschluss vom 28.09.2012 – Az. 71 IN 354/12 – hat das Amtsgericht Köln das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gemeinschuldnerin eröffnet.
21Die Kläger haben erstinstanzlich die Auffassung vertreten, dass ihnen wegen erheblicher Verschlechterung der Vermögenslage der Insolvenzschuldnerin ein außerordentliches Kündigungsrecht aus wichtigem Grund gemäß § 314 Abs. 1 BGB zugestanden habe. Die Kündigung sei zudem deshalb erfolgt, weil die Zinszahlung zum 01.07.2010 nicht geleistet wurde und zur Abwendung der Insolvenzanmeldepflicht ein Zinsverzicht der Gläubiger herbeigeführt werden sollte. Ob der Erfolg der Klage zur Insolvenz über das Vermögen der Beklagten führen würde, bleibe reine Spekulation; ebenso spekulativ bleibe die Vermutung, dass die Kläger im Insolvenzfall mit ihren Forderungen vollständig ausfallen sollten. Die Wahrnehmung ihrer gesetzlichen Rechte sei im Übrigen nicht treuwidrig.
22„Vorsorglich“ haben die Kläger ihr Rückzahlungsverlangen auch auf pVV, §§ 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 264 StGB gestützt und in diesem Zusammenhang vorgetragen, dass die Insolvenzschuldnerin spätestens von Frühjahr 2005 an überschuldet gewesen sei und Insolvenz hätte anmelden müssen; zudem seien die in den Jahren 2006 und 2007 veröffentlichten Einschätzungen betreffend den Wert des Immobilienvermögens deutlich zu positiv gewesen; die gravierende Abwertung des Immobilienbestandes im Jahr 2008 hätte schon in den Jahren 2006 und 2007 erfolgen müssen. Darüber hinaus enthalte der Prospekt zum Thema Erfahrung und Kompetenz der Emittentin vorsätzlich falsche Angaben und sei gezielt auf die Täuschung von Anlageinteressenten ausgerichtet gewesen. Die Kläger seien durch die Prospektangaben sowie ein Rechtsgutachten der Kanzlei D2 bewusst über die Sicherheit der Anlage getäuscht worden; so sei insbesondere der Eindruck erweckt worden, dass eine werthaltige, grundbuchliche Absicherung vor Insolvenzrisiken vorliege und die Anleihe daher so gut wie mündelsicher sei.
23Die Kläger haben beantragt,
241. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zu 1) 680.000 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.09.2010 zu zahlen;
252. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zu 2) 70.000 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.09.2010 zu zahlen;
263. festzustellen, dass die Beklagte mit der Rücknahme der Inhaber-Teilschuldverschreibungen im Verzug ist;
274. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zu 1) rückständige Zinsen für die Zeit vom 01.07.2010 bis zum 17.09.2010 in Höhe von 7.177,77 € zu zahlen, nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.09.2010 zu zahlen;
285. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zu 2) rückständige Zinsen für die Zeit vom 11.07.2010 bis zum 17.09.2010 in Höhe von 738,88 € zu zahlen, nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.09.2010 zu zahlen;
296. die Beklagte zu verurteilen, an sie zur gesamten Hand außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 11.168,15 € zu zahlen.
30Die Insolvenzschuldnerin hat beantragt,
31die Klage abzuweisen.
32Die Insolvenzschuldnerin hat sich erstinstanzlich darauf berufen, dass eine wesentliche Verschlechterung ihrer Vermögensverhältnisse nicht vorliege; ein Kündigungsgrund könne nicht angenommen werden. Zwar sei sie inzwischen bilanziell überschuldet und habe von Anfang an nur ein Stammkapital in Höhe von 25.000,-- € aufzuweisen gehabt. Wesentliche Ursache ihres Restrukturierungsbedarfs sei jedoch die negative Preisentwicklung für Einzelhandelsimmobilien seit der Finanzkrise 2008 gewesen. Die beabsichtigte Herbeiführung eines Beschlusses der Gläubigerversammlung zur Reduzierung des Nennwertes könne ebenfalls kein Kündigungsrecht begründen, denn ansonsten wäre eine – gesetzlich vorgesehene – Anpassung von Anleihebedingungen durch Mehrheitsbeschluss der Gläubiger von vornherein unmöglich. Ein Kündigungsrecht der Kläger bestehe zudem deshalb nicht, weil sie aus einer Kündigung keinerlei Vorteile ziehen könnte, denn ein Erfolg der Kläger – und der zahlreichen weiteren klagenden Anleihegläubiger – würde dazu führen, dass eine weitere positive Fortbestehensprognose möglicherweise ausgeschlossen wäre und die Beklagte die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen beantragen müsste. Sollte daraufhin tatsächlich über das Vermögen der Beklagten das Insolvenzverfahren eröffnet werden, müssten die Kläger damit rechnen, dass sie einen Totalverlust des eingesetzten Kapitals erleiden. Von daher würden bei der gebotenen Interessenabwägung die Interessen der Beklagten an einer Fortsetzung des Schuldverhältnisses überwiegen. Darüber hinaus scheide ein Kündigungsrecht deshalb aus, weil die Kläger dabei einen unzulässigen Sondervorteil anstrebten, was dem Gedanken der Gleichbehandlung der einzelnen Anleger entgegenstünde. Schließlich stünden der klägerischen Kündigung auch die Beschlüsse der Anleihegläubiger entgegen.
33Die Beklagte hat sich erstinstanzlich zudem darauf berufen, dass fehlerhafte Angaben im Vorfeld des Erwerbs, die einen Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 i.V.m. § 264a StGB begründen könnten, nicht vorlägen. Sie sei nicht bereits seit Frühjahr 2005 überschuldet gewesen. Die Angaben im Wertpapierprospekt seien richtig und vollständig, auch in Bezug auf die Sicherheitenlage.
34Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird im Übrigen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
35Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Es ist davon ausgegangen, dass den Klägern jeweils gemäß § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB ein Anspruch auf Zahlung der Hauptforderung in Höhe von 680.000 € bzw. 70.000 € zusteht. Auch hat es die Insolvenzschuldnerin verurteilt, an den Kläger zu 1) rückständige Zinsen für die Zeit vom 01.07.2010 bis zum 17.09.2010 in Höhe von 3.673,33 € sowie entsprechende Prozesszinsen zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Diese Entscheidung hat das Landgericht im Wesentlichen wie folgt begründet:
36Gegen die Aktivlegitimation der Kläger bestünden keine Bedenken, nachdem diese entsprechende Depotbescheinigungen vorgelegt hätten.
37Die Kündigungen der Kläger seien gemäß § 314 BGB wirksam erfolgt; ein wichtiger Grund zur Kündigung sei unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls anzunehmen. Dabei könne offen bleiben, ob die Insolvenzschuldnerin bereits zum Erwerbszeitpunkt überschuldet gewesen sei oder fehlerhafte Angaben im Emissionsprospekt gemacht habe. Den Klägern sei eine Fortsetzung des Vertrages nicht mehr zumutbar, weil die Beklagte in den Ad-hoc-Mitteilungen vom 30.06.2010 und 12.08.2010 angekündigt habe, bei unveränderten Anleihebedingungen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit einen Insolvenzantrag stellen zu müssen. Hierin liege ein Grund für eine fristlose Kündigung, selbst wenn die Überschuldung tatsächlich nicht festgestellt werden könne. In diesem Zusammenhang sei zu berücksichtigen, dass die die Anleihen der Kläger sichernden Grundpfandrechte nachrangig gegenüber anderen Gläubigern seien. Die Anleihen seien mit einem Darlehensvertrag jedenfalls vergleichbar. Einer vorherigen Abmahnung hätte es nicht bedurft. Eine solche wäre eine bloße Förmelei gewesen. Es lägen auch weitere besondere Umstände vor, die eine fristlose Kündigung rechtfertigten. Insbesondere habe die Insolvenzschuldnerin das Recht zur Kündigung ausschließen wollen. Die Kündigung sei auch innerhalb einer angemessenen Frist erklärt worden; sie sei nicht gemäß § 242 BGB ausgeschlossen. Neben weiteren Erwägungen sei zu berücksichtigen, dass das Vermögen der Kläger ohne die Kündigung mit hoher Wahrscheinlichkeit jedenfalls zu großen Teilen verloren gegangen wäre. Auch erlangten die Kläger gegenüber anderen Anleihengläubigern keinen unzulässigen Vorteil. Der Kündigungsverzicht in der Gläubigerversammlung im Oktober 2010 könne die Kündigung nicht ausschließen, weil diese bereits erfolgt sei.
38Ein Anspruch auf Zahlung von Zinsen für die „erste“ und „zweite Tranche“ bestünde nicht, weil diese unstreitig gezahlt worden seien. Hinsichtlich der „dritten Tranche“ bestehe jedoch ein solcher Anspruch, weil die Reduzierung der Zinsen erst nach der Kündigung durch die Kläger wirksam beschlossen worden sei. Der Zinsanspruch belaufe sich insoweit auf 3.673,33 €.
39Soweit die Kläger auch die Zahlung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten geltend gemacht haben, bestehe dieser Anspruch dem Grunde nach. Allerdings sei dieser nicht auf der Basis einer 2,5-fachen, sondern mit einer 1,8-fachen Gebühr angemessen zu berechnen.
40Hinsichtlich der weiteren Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
41Gegen dieses Urteil haben die Insolvenzschuldnerin und die Kläger Berufung eingelegt. Auf die Berufung der Insolvenzschuldnerin haben die Kläger Anschlussberufung eingelegt.
42Die Parteien streiten – wie auch in erster Instanz – im Wesentlichen über die Frage, ob die von den Klägern ausgesprochenen Kündigungen unter den gegebenen Umständen wirksam waren, d. h. insbesondere darüber, ob für die Kläger ein wichtiger Kündigungsgrund vorlag.
43Der (nach Eröffnung des Insolvenzfahrens) nunmehr im Berufungsverfahren beklagte Insolvenzverwalter der Insolvenzschuldnerin macht geltend, in den Anleihebedingungen sei ein Individualkündigungsrecht nicht vorgesehen. Ein solches sei durch die Anleihebedingungen wirksam ausgeschlossen worden. Es sei nur ein Kündigungsrecht für den Gläubiger, nicht aber ein solches für den Schuldner genannt, was insoweit als konkludenter Ausschluss des Kündigungsrechts anzusehen sei. Eine Kündigung nach § 314 BGB komme auch aus anderen Gründen nicht in Betracht. Die Rechtsprechung zu den Darlehensverträgen könne insoweit keine Anwendung finden. Dies sei schon aus dem Grund anzunehmen, weil bei Rechtsstreitigkeiten zwischen einer darlehensgebenden Bank und einer dritten Person grundsätzlich die AGB der Banken zu berücksichtigen seien, die eine solche Kündigungsmöglichkeit ausdrücklich zuließen.
44Jedenfalls könnte die Frage, ob sich die Vermögensverhältnisse der Insolvenzschuldnerin verschlechtert hätten, nicht offen bleiben. Denn eine Kündigung könne nach den für Darlehen geltenden Grundsätzen nur berechtigt sein, wenn sich die Substanz des Vermögens verschlechtert hätte. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Denn die Immobilien an sich hätten sich nicht verschlechtert. Lediglich seien diese im Marktwert gesunken.
45Die drohende Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin sei kein Kündigungsgrund gewesen. Allenfalls eine verschlechterte Zahlungsfähigkeit der Insolvenzschuldnerin könne einen Kündigungsgrund darstellen. Eine solche hätten die Kläger nicht hinreichend dargelegt.
46Das Landgericht hätte auch eine unzureichende Interessenabwägung vorgenommen. Denn vorliegend könnten die Kläger nur auf Kosten der übrigen Gläubiger kündigen. Die gesetzlich vorgesehene Restrukturierung scheide dann aber aus. In diesem Zusammenhang sei auf die Gesamtzahl der Kündigungen abzustellen. Auch müssten die Belange der anderen Gläubiger hinreichend berücksichtigt werden. Unstreitig sei insoweit, dass der Erfolg der Kläger zu einer (vorzeitigen) Insolvenz der Beklagten führen würde. Auch der Schutzzweck des SchVG stehe einer Kündigung entgegen.
47Ein anderer Kündigungsgrund sei nicht ersichtlich. Die Anwendung von § 490 BGB scheide aus. Dieser laufe der kollektiven Bindung des SchVG entgegen. Dies müsse jedenfalls dann gelten, wenn – wie hier – Kenntnis von der Restrukturierung anzunehmen sei. In diesem Zusammenhang sei die Kündigung auch als treuwidrig und daher unwirksam zu betrachten, zumal es anderenfalls zu einem ungewollten „Wettlauf der Gläubiger“ kommen würde. Der Kündigung stehe schließlich die Beschlussfassung der Gläubigerversammlung entgegen. Diese könne auch rückwirkend entsprechende Beschlüsse fassen.
48Zinsansprüche und Ansprüche auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten schieden vor diesem Hintergrund ohne weiteres aus.
49Im Hinblick auf die ursprünglich von der Insolvenzschuldnerin eingelegte Berufung geht diese davon aus, dass die hinsichtlich des Zinsanspruchs vorgetragenen Tatsachen zutreffend seien. Allerdings seien die Zinsen wirksam auf einen Zinssatz von 1% p.A. reduziert worden. Dieser Beschluss wirke auch für und gegen die Kläger.
50Soweit die Kläger nunmehr lediglich die Anmeldung der Forderungen zur Insolvenztabelle begehrten, könnte dieser Anspruch anerkannt werden, wenn die Kläger ihre Aktivlegitimation, die weiterhin bestritten werde, nachweisen würden. Das Anerkenntnis könne auch noch sofort im Sinne des § 93 ZPO erfolgen, weil die Kläger die Aktivlegitimation bislang nicht hinreichend dargelegt hätten und bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Klage nicht begründet gewesen sei.
51Ursprünglich hat die Insolvenzschuldnerin angekündigt zu beantragen, unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 26.01.2012 (Az. 30 O 538/10) die Klage abzuweisen. Die Kläger haben insoweit einen Antrag auf Zurückweisung der Berufung angekündigt.
52Ursprünglich haben die Kläger angekündigt zu beantragen, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 26.01.2012 (Az. 30 O 538/10), die Insolvenzschuldnerin zu verurteilen, an die Kläger zu 1) rückständige Zinsen aus der Hypothekenanleihe mit der ISIN DE 00xxxxQxx2 (WKN AxxxAG) für die Zeit vom 01.07.2010 bis 17.09.2010 in Höhe von weiteren 3.504,44 € zu zahlen, nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.09.2010; an den Kläger zu 2) rückständige Zinsen aus der Hypothekenanleihe mit der ISIN DE000xxQxx2 (WKN AxxxAG) für die Zeit vom 01.07.2010 bis 17.09.2010 in Höhe von 738,88 € zu zahlen, nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.09.2010; an die Kläger zu 1) und 2) zur gesamten Hand außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von weiteren 2.799,12 € zu zahlen. Die Insolvenzschuldnerin hat angekündigt, die Zurückweisung der Berufung zu beantragen.
53Im Wege der Anschlussberufung haben die Kläger weiter angekündigt zu beantragen, festzustellen, dass die Insolvenzschuldnerin im Verzug mit der Annahme der Anleihen ist. Insoweit hat die Insolvenzschuldnerin einen Berufungszurückweisungsantrag angekündigt.
54Mit Schriftsatz vom 14.08.2014 haben die Kläger beantragt, das Verfahren wieder aufzunehmen und gegen den Insolvenzverwalter fortzuführen, nachdem dieser die von den Klägern geltend gemachten Forderungen in voller Höhe bestritten hatte.
55Sie beantragen nunmehr,
561. die Forderung des Klägers zu 1) in Höhe von 767.917,13 € für den Ausfall zur Insolvenztabelle im Insolvenzverfahren über das Vermögen der E GmbH (AG Köln – 71 IN 354/12) zur laufenden Nummer 20 festzustellen;
572. die Forderung des Klägers zu 1) in Höhe von 25.758,74 € für den Ausfall zur Insolvenztabelle im Insolvenzverfahren über das Vermögen der E GmbH (AG Köln – 71 IN 354/12) zur laufenden Nummer 117 festzustellen;
583. die Forderung des Klägers zu 2) in Höhe von 82.082,03 € für den Ausfall zur Insolvenztabelle im Insolvenzverfahren über das Vermögen der E GmbH (AG Köln – 71 IN 354/12) zur laufenden Nummer 21 festzustellen;
59Der Beklagte erkennt die Forderung des Klägers zu 1) in Höhe von 680.000 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 1% p.a. vom 01.07.2012 bis 28.09.2012 aus 332.000 € sowie in Höhe von 1% Zinsen p.a. für die Zeit vom 16.11.2011 bis 28.09.2012 aus 348.000 € an.
60Der Beklagte erkennt die Forderung des Klägers zu 2) in Höhe von 70.000 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 1% p.a. für die Zeit vom 01.07.2012 bis 28.09.2012 an.
61Im Übrigen beantragt der Beklagte,
621. unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 26.01.2012 (Az. 30 O 538/10) die Klage abzuweisen.
632. festzustellen, dass die von den Klägern unter dem 08.09.2010 ausgesprochene Kündigung unwirksam ist.
64Der Kläger beantragt,
65die Feststellungsklage abzuweisen.
66Die Kläger verteidigen das erstinstanzliche Urteil, soweit ihrer Klage stattgegeben wurde. Das Landgericht habe die Kündigungsmöglichkeit aus § 314 BGB mit Recht angenommen. Es müsse insoweit auch berücksichtigt werden, dass die Gläubiger vorliegend Verbraucher seien. Schließlich habe sich die Insolvenzschuldnerin an einem Zinsswap-Geschäft beteiligt. Auch dies stelle einen wirksamen Kündigungsgrund dar. Auch könnte § 313 BGB einschlägig sein. Hinsichtlich der von ihnen eingelegten Berufung tragen die Kläger vor, das Landgericht habe unzutreffend angenommen, dass die mit der Klage geltend gemachten Zinsen bereits gezahlt seien. Zwar seien Zinsen für die „erste“ und „zweite Tranche“ am 11.11.2010 gezahlt worden. Dabei habe es sich aber um die Zinsen für den Zeitraum bis zum 30.06.2010 gehandelt, die am 01.07.2010 fällig gewesen wären. Die Kläger hätten jedoch einen Anspruch auf Zahlung von Zinsen für den Zeitraum vom 07.07.2010 bis zum 16.09.2010. Diesen Vortrag stellt der Beklagte nunmehr ausdrücklich als zutreffend dar. Danach belaufe sich dieser für den Kläger zu 1) auf 3.504,44 € und für den Kläger zu 2) auf 738,88 €.
67Die Reduzierung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten von der geltend gemachten 2,5-fachen Gebühr auf eine 1,8-fache Gebühr sei nicht möglich. Das Landgericht habe insoweit den der Geltendmachung der Forderung zugrundeliegenden Sachverhalt nicht hinreichend berücksichtigt.
68Im Rahmen der mündlichen Verhandlung haben die Kläger erklärt, dass sie ihre Klageforderung nicht mehr auf Schadensersatzansprüche stützen. Die geltend gemachten Ansprüche ergäben sich aus der Kündigung der Anleihen.
69Im Übrigen wird auf die von den Parteien zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlage Bezug genommen.
70II.
71Die zulässige Berufung des Beklagten hat Erfolg; sie führt, soweit die Klageforderungen nicht von dem Beklagten im Rahmen der Anträge der Berufung anerkannt worden sind, zur Änderung des landgerichtlichen Urteils und zur Abweisung der Klage mit den nunmehr gestellten Anträgen. Die Berufung und Anschlussberufung der Kläger haben keinen Erfolg.
721. Das Verfahren ist gegen den Beklagten als bestreitenden Insolvenzverwalter über das Vermögen der ursprünglichen Beklagten fortzusetzen, nachdem das Verfahren nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der ursprünglichen Beklagten gemäß § 240 ZPO unterbrochen gewesen ist. Ist – wie hier – in einem Insolvenzverfahren eine Forderung vom Insolvenzverwalter bestritten worden, so bleibt es gemäß § 179 Abs. 1 InsO dem Gläubiger überlassen, die Feststellung gegen den bestreitenden Insolvenzverwalter zu betreiben. War zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Rechtsstreit über die Forderung anhängig, so ist die Feststellung gemäß § 180 Abs. 2 InsO durch Aufnahme des Rechtsstreits zu betreiben. Hierzu ist auch der Gläubiger befugt gewesen (vgl. BGH, Urteil vom 31.10.2012 – III ZR 204/12, BGHZ 195, 233 Rn. 7, mwN). Die Aufnahme des Verfahrens ist beim Oberlandesgericht möglich (vgl. Greger in Zöller, ZPO, 30. Aufl., § 240 Rn. 10, mwN). Durch die Aufnahme des Verfahrens hat sich der Streitgegenstand gemäß § 180 Abs. 2 ZPO entsprechend den nunmehr gestellten Anträgen geändert, ohne dass es auf die Vorschriften der Klageänderung ankäme (vgl. Greger in Zöller aaO, § 240 Rn. 14, mwN).
73Im Rahmen der Entscheidung über die nunmehr von den Klägern gestellten Anträge auf Feststellung von Ansprüchen zur Insolvenztabelle ist sowohl über die Berufung des Beklagten, als auch über die Berufung der Kläger zu entscheiden, weil die nunmehr gestellten Feststellungsanträge sowohl die ursprünglichen Zahlungsanträge enthalten, soweit diesen durch das Landgericht stattgegeben worden ist (insoweit Berufung des Beklagten), als auch die weitergehenden Anträge, die das Landgericht zurückgewiesen hat (insoweit Berufung und Anschlussberufung der Kläger).
742. Der Beklagte war gemäß § 304 Satz 1 ZPO dem Anerkenntnis gemäß zu verurteilen, soweit er den gegen ihn geltend gemachten Anspruch (teilweise) anerkennt hat. Denn unstreitig besteht gemäß § 41 Abs. 1 InsO ein Anspruch des Klägers zu 1), die Hauptforderung in Höhe von 680.000 € nebst Zinsen von 1% p.A. für die Zeit vom 01.07.2012 bis zur Insolvenzeröffnung aus 332.000 € und Zinsen in Höhe von 1% p.A. aus 348.000 € für die Zeit seit dem 16.11.2011 bis zur Insolvenzeröffnung zur Insolvenztabelle festzustellen.
75Denn jedenfalls nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens sind die Anleihen in Höhe des Nennbetrages sowie die bis zu diesem Zeitpunkt aufgelaufenen Zinsen durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig geworden (§ 41 Abs. 1 InsO). Ebenfalls unstreitig ist, dass die Forderung des Klägers zu 2) in Höhe von 70.000 € nebst Zinsen in Höhe von 1% p.a. für die Zeit zwischen dem 01.07.2012 bis zur Insolvenzeröffnung festzustellen ist.
763. Soweit die Kläger über den anerkannten Anspruch hinaus die Feststellung von Forderungen zur Insolvenztabelle geltend machen, ist die Klage abzuweisen. Den Klägern steht über den anerkannten Betrag kein weitergehender Anspruch gegen den Beklagten zu.
77a) Die Kläger sind zur Geltendmachung der Ansprüche aktivlegitimiert. Vorliegend hat das Landgericht bereits im Tatbestand auf Seite 2 des angegriffenen Urteils folgendes ausdrücklich festgestellt:
78„Der Kläger zu 1) ist daher Inhaber von Anleihen im Nennwert von insgesamt 680.000 €. Der Kläger zu 2) ist Inhaber von Anleihen der zweiten Tranche im Nennwert von 70.000 €.“
79Diese Feststellung hat die damalige Insolvenzschuldnerin nicht mit einem Tatbestandberichtigungsantrag angegriffen. Damit ist die entsprechende Feststellung als in erster Instanz unstreitig anzusehen, so dass ein Bestreiten in der zweiten Instanz ohne weiteres nicht mehr in Betracht kommt (§§ 529, 531 ZPO). Der Beklagte hat insbesondere keine Gründe vorgetragen, die eine Berücksichtigung ausnahmeweise ermöglichen würde.
80Der Tatbestand des landgerichtlichen Urteils ist allerdings auch zutreffend. Denn die Insolvenzschuldnerin hat ursprünglich die Aktivlegitimation der Kläger mit der Begründung bestritten, es seien keine Depotauszüge vorgelegt worden. Diese haben die Kläger sodann vorgelegt. Nachdem die Insolvenzschuldnerin die Richtigkeit dieser Auszüge in erster Instanz nicht bestritten hat, ist das Landgericht mit Recht davon ausgegangen, dass die Aktivlegitimation insgesamt unstreitig ist.
81b) Ein vertraglicher Anspruch der Kläger auf Zahlung der weitergehenden Zinsen in Höhe von weiteren 5% p.a. wie von den Klägern geltend gemacht (Zinsen bis zur fristlosen Kündigung), setzt voraus, dass der Beschluss der Gläubigerversammlung mit der Reduzierung des Zinssatzes auf 1% p.a. ihnen gegenüber nicht wirksam geworden ist. Nur in diesem Fall bestünde ein Anspruch auf Zahlung der mit insgesamt 6% p.a. in den Anleihebedingungen festgelegten Zinsen bis zum Wirksamwerden der ausgesprochenen fristlosen Kündigung aus den Anleiheverträgen und sodann aus Verzug. Auch die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten, die auf der Grundlage der §§ 280, 286 BGB geltend gemacht werden, setzen voraus, dass die damalige Forderung der Kläger berechtigt gewesen ist.
82Die weitere Zinsforderung der Kläger ist nur berechtigt, wenn die Kündigung der Kläger vom 08.09.2010 wirksam war. Denn nur in diesem Fall wäre der Beschluss der jeweiligen Gläubigerversammlung mit der Reduzierung des Zinssatzes ihnen gegenüber nicht wirksam geworden. Die Voraussetzungen für den Beschluss der Gläubigerversammlung vom 27.10./28.10./01.11.2010 zur Reduzierung des Zinssatzes liegen im Übrigen insgesamt vor. Dies gilt gleichermaßen für die Verzugszinsen. Denn diese sind nur zu zahlen, wenn die Insolvenzschuldnerin mit der Rückzahlung der Hauptforderung in Verzug gekommen wäre. Dies setzt wiederum zunächst die Pflicht zur Rückzahlung aus dem Anleihenvertrag voraus, die wiederum eine wirksame Kündigung voraussetzt. Auch der Anspruch auf Zahlung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten setzt voraus, dass die Forderungen berechtigt waren, was wiederum nur dann der Fall ist, wenn die Kündigung wirksam wäre.
83c) Entgegen der Ansicht des Landgerichts konnten sich die Kläger nicht durch ihre Kündigungen von dem jeweiligen Anleihenvertrag lösen. Ihre Kündigungen sind nicht wirksam geworden. Zwar besteht ein grundsätzliches Kündigungsrecht der Kläger. Dieses konnte aber zeitlich begrenzt nicht ausgeübt werden.
84aa) Eine Kündigung auf der Grundlage der vertraglichen Vereinbarungen in den Anleihenbedingungen kommt nicht in Betracht. Die Anleihenbedingungen enthalten unter § 4 die unter Ziffer I genannten Kündigungsmöglichkeiten. Danach ist die Laufzeit ausdrücklich festgeschrieben. Das Gleiche gilt für die Möglichkeit der Schuldnerin (in den Bedingungen als „Gesellschaft“ bezeichnet), die Anleihe zu kündigen. Eine Regelung, nach der die Gläubiger – hier die Kläger – zur Kündigung der Anleihe mit der Folge einer Rückzahlungspflicht zum Nennbetrag berechtigt wären, enthalten die Bedingungen hingegen nicht. Dies wird auch nicht geltend gemacht.
85bb) Auch die Anwendung des außerordentlichen Kündigungsrechts gemäß § 490 Abs. 1 BGB scheidet aus, weil es sich bei den streitgegenständlichen Anleihen um Inhaber(teil)schuldverschreibungen handelt, auf die nach h. M. in Literatur und Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, die §§ 488 ff. BGB nicht anwendbar sind, weil es sich nicht um Darlehen, sondern um abstrakte Schuldversprechen handelt. Auch wenn Anleihen nach ihrem wirtschaftlichen Charakter als Darlehen im Sinne der §§ 488 ff. BGB anzusehen sein könnten, hat der Gesetzgeber diese als verkehrsfähige, verbriefte Darlehen in den Vorschriften der §§ 793 ff. BGB geregelt, so dass die für Wertpapiere geltenden Sonderregelungen anzuwenden sind. Hierdurch wird der Rückgriff auf die Bestimmungen des Darlehensvertrages, insbesondere auf § 490 BGB ausgeschlossen (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 17.09.2014, 4 U 97/14, DB 2014, 2521, juris Rn. 46; wohl auch für die Frage nach der Anwendbarkeit des § 313 BGB: BGH, Urteil vom 15.07.2014, XI ZR 100/13, NJW 2014, 3362 Rn. 31 ff.; Seibt/Schwarz in ZIP 2015, 401, 407, jeweils mwN; sowie zur Rechtsentwicklung und zu den verschiedenen Meinungen: Hopt/Mülbert, WM 1990, Sonderbeilage 3, S. 3, 5; Hammen, NJW 1987, 2856, 2857; Sprau in Palandt, BGB, 73. Auflage, § 793 Rn. 2; Staudinger-Freitag/Mülbert, BGB (2011), § 488 Rn. 48; OLG München, Urteil vom 22.01.1997 – 7 U 4544/96, Rn. 18, zitiert nach juris; Maier-Reimer, in: Baums/Cahn, Die Reform des Schuldverschreibungsrechts (2004), S. 135; Lenenbach, Kapitalmarktrecht, 2. Auflage, Rn. 2.112; Trautrims, BB 2012, 1824).
86cc) Schließlich kommt auch eine Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 314 Abs. 1 BGB entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht in Betracht.
87Gemäß § 314 Abs. 1 Satz 2 BGB liegt ein wichtiger Kündigungsgrund im Grundsatz dann vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung nicht zugemutet werden kann (Lenenbach, a. a. O., Rn. 2.110; Knops, BB 2008, 2535, 2539; Thomas, ZHR 171 (2007), 684, 708; Müller-Eising/Bode, BKR 2006, 480, 482; Rühlmann, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt (2005), § 14 Rn. 42).
88Eine solche Kündigung ist zwar nicht durch die Anleihebedingungen ausgeschlossen (dazu (1)). Auch ist die Kündigung nicht ausgeschlossen, weil Anleihen kein Dauerschuldverhältnis begründen (dazu (2)), durch die Regelungen des Schuldverschreibungsgesetzes grundsätzlich ausgeschlossen würden (dazu (3)) oder die Gläubigerversammlung die Kündigungsmöglichkeit wirksam ausgeschlossen hätte (dazu (4)). Die Kündigung scheidet aber aus, weil diese zur Unzeit erfolgte (dazu (5)).
89(1) Entgegen der Ansicht des Beklagten ist das Kündigungsrecht gemäß § 314 BGB nicht durch die vertraglichen Vereinbarungen in den Bedingungen der Anleihen ausgeschlossen. Zum einen kann die Kündigungsmöglichkeit aus wichtigem Grund als zwingendes Recht nicht vollständig ausgeschlossen werden (vgl. OLG Frankfurt, DB 2014, 2521, juris Rn. 37 f.). Zum anderen fehlt in ausdrücklicher Ausschluss des Kündigungsrechts. Selbst wenn grundsätzlich auch ein konkludenter Ausschluss der Kündigungsmöglichkeit des § 314 BGB durch die Bedingungen der Anleihen möglich wäre (so OLG Frankfurt DB 2014, 2521), kommt dieser vorliegend nicht in Betracht. Anders als in dem der vorgenannten Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt sind in den Anleihebedingungen der Schuldnerin überhaupt keine Kündigungsmöglichkeiten vorgesehen. In den Anleihebedingungen, die Gegenstand des Verfahrens des OLG Frankfurt waren, waren hingegen Kündigungsmöglichkeiten für die Gläubiger in den Anleihebedingungen ausdrücklich für verschiedene Fälle aufgenommen. Diese Regelungen hat das OLG Frankfurt als abschließend angesehen. Da im vorliegenden Fall für die Gläubiger keine Gründe genannt sind, die eine Beendigung der Anleihe ermöglichen, kommt eine Auslegung der Anleihebedingungen in Bezug auf einen möglichen Ausschluss des Kündigungsrechts im Sinne des § 314 BGB nicht in Betracht. Es bleiben die allgemeinen Regelungen, so auch § 314 BGB, grundsätzlich weiterhin anwendbar (vgl. LG Bonn, Urteil vom 25.03.2014 – 10 O 299/13, ZIP 2014, 1073). Aus dem Schweigen der Anleihebedingungen kann somit entgegen der Auffassung des Beklagten nicht gefolgert werden, dass die Kündigung auch aus wichtigem Grund ausgeschlossen werden sollte.
90(2) Die Kündigung nach § 314 BGB scheidet vorliegend nicht aus, weil die Vorschrift des § 314 BGB auf Anleihen wegen des fehlenden Charakters als Dauerschuldverhältnis nicht anwendbar ist.
91Grundsätzlich setzt die Anwendbarkeit des § 314 BGB zwar ein Dauerschuldverhältnis voraus. Auch ist zweifelhaft, ob es sich bei einer Anleihe um ein solches handelt. Ein Dauerschuldverhältnis ist auf ein fortgesetztes Verhalten innerhalb eines Vertrages gerichtet, aus dem sich während der Laufzeit immer wieder neue Rechte und Pflichten beider Parteien ergeben. Anleihen könnten insoweit einseitige Verpflichtungen zur Zahlung der Zinsen und schließlich nach Ablauf der vereinbarten Zeit des Nennwertes sein (vgl. hierzu insgesamt Seibt/Schwarz ZIP 2015, 401, mwN). Unabhängig von der Frage, ob Anleihen ein Dauerschuldverhältnis darstellen, bleibt aber die Kündigungsmöglichkeit des § 314 BGB bestehen, weil § 314 BGB Ausfluss des Gedankens von Treu und Glauben im Sinne von § 242 BGB ist und daher grundsätzliche Bedeutung hat (vgl. Horn in BKR 2009, 446).
92Dass die Anleihe als Kapitalmarktinstrument veräußerbar ist, schließt die Kündigung aus denselben Gründen nicht aus.
93(3) Auch die Regelungen des Schuldverschreibungsgesetzes 2009 und 1899 (dieses ist aufgrund des Ausgabedatums der Anleihen - bis zum 05.08.2009 - anwendbar) schließen die Kündigung gemäß § 314 BGB nicht grundsätzlich aus. Allerdings kann insoweit die Ausübung des Kündigungsrechts zeitlich begrenzt nicht ausgeübt werden, weil ein Kündigungsgrund nicht anzunehmen ist. Dies ergibt eine systematische und teleologische Betrachtung der Regelungen des Schuldverschreibungsgesetztes aus dem Jahr 2009, aber auch eine solche Betrachtung des Schuldverschreibungsgesetzes aus dem Jahr 1899.
94In diesem Zusammenhang ist die gesetzliche Wertung des Schuldverschreibungsgesetzes mit zu berücksichtigen, insbesondere im Hinblick auf die Frage der (Un-)Zumutbarkeit eines Festhaltens am Vertrag für den Gläubiger (vgl. Seibt/Schwarz, ZIP 2015, 401) als Grund für die Kündigung. Bereits das Schuldverschreibungsgesetz 1899 sah in § 11 Abs. 1 die Möglichkeit zur Ermäßigung des Zinsfußes oder der Bewilligung einer Stundung durch einen entsprechenden Beschluss der Gläubigerversammlung vor. Das Schuldverschreibungsgesetz 2009 ermöglicht es in § 5 Abs. 3 Ziff. 3 und 8 darüber hinaus, dass die Gläubiger durch Mehrheitsbeschluss einer Verringerung der Hauptforderung und einem Kündigungsverzicht zustimmen können, wobei über § 24 Abs. 2 des SchVG 2009 sogar die Möglichkeit besteht, diese Regelungen auch auf Schuldverschreibungen, die vor dem 05.08.2009 ausgegeben wurden, für anwendbar zu erklären (was vorliegend in der ersten Gläubigerversammlung geplant war, aber daran scheiterte, dass nicht das notwendige Kapital vertreten war (§ 24 Abs. 2, § 15 Abs. 3 SchVG 2009).
95Dieser Wertung steht die grundsätzliche Möglichkeit einer Kündigung aus wichtigem Grund (§ 314 BGB) nicht entgegen, auch wenn der Kündigungsgrund zeitlich begrenzt nicht anzunehmen ist. Denn im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung gehen die Interessen der Gläubiger, ihr Vermögen evtl. durch Kündigung und den damit entstehenden Anspruch auf Rückzahlung zu sichern, nur in dem Fall vor, wenn die Mehrheit der Gläubiger eine Restrukturierung plant. Denn nur in diesem Fall gebietet es das Ziel des Gesetzgebers, der Gläubigerversammlung die Möglichkeit einzuräumen, eine Restrukturierung der Gesellschaft zu ermöglichen (Primat der Gläubigerversammlung), die Kündigungsrechte zu beschränken.
96Es ist den Gläubigern auch nicht grundsätzlich zumutbar, generell auf das Recht der außerordentlichen Kündigung zu verzichten und die Anwendbarkeit des § 314 BGB insgesamt abzulehnen, weil dies für den Vorrang der Entscheidung der Gläubigerversammlung nicht notwendig ist. Insbesondere ist kein Grund ersichtlich, ein Kündigungsrecht des jeweiligen Gläubigers auch dann nicht anzuerkennen, wenn die Gläubigerversammlung einer Restrukturierung nicht zustimmt.
97Für die Annahme, dass das Kündigungsrecht nach § 314 BGB nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden sollte, spricht auch, dass der Referentenentwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse bei Schuldverschreibungen aus Anleihen und zur Anpassung kapitalmarktrechtlicher Verjährungsvorschriften vom 09.05.2008 in § 22 des vorgeschlagenen Schuldverschreibungsgesetzes noch vorsah, dass die Kündigungsrechte in den Anleihebedingungen ausgeschlossen werden können. Diese Regelung sei – so der Referentenentwurf (S. 39) – notwendig, weil Schuldverhältnisse mindestens aus wichtigem Grund gekündigt werden könnten und der Schuldner die Sicherheit haben müsse, dass die Gläubiger insbesondere bei einer Realisierung des vom Gläubiger übernommenen Risikos nicht kündigen könnten. Es war seinerzeit streitig, ob mit dieser Regelung auch die Kündigungsmöglichkeit des § 314 BGB ausgeschlossen werden sollte. Dadurch dass diese Regelung nicht in das Gesetz aufgenommen worden ist, wird deutlich, dass jedenfalls ein genereller Ausschluss der Kündigungsrechte aus wichtigem Grund (§ 314 BGB) nicht gewollt war.
98Auch die Vorschrift des § 5 Abs. 5 SchVG 2009 – diese ist vorliegend ohnehin nicht anwendbar – führt entgegen der Auffassung von Paulus (WM 2012, 1109) zu keinem anderen Ergebnis, weil insoweit eine Interessenabwägung bezogen auf den Einzelfall zu erfolgen hat. Auch kommt diese Regelung nicht zur Anwendung, weil das SchVG 2009 nur anwendbar ist, soweit die Anleihe ab dem 05.08.2009 herausgegeben wurde, oder die Anwendbarkeit im Rahmen einer Gläubigerversammlung beschlossen wurde. Ein solcher Beschluss ist wirksam nicht zustande gekommen, weil die hierzu einberufene Gläubigerversammlung nicht beschlussfähig war. Damit kommt die Anwendung des § 5 Abs. 5 SchVG 2009 nicht in Betracht. Die Möglichkeit der Gläubigerversammlung, eine Rückwirkung des Kündigungsverzichts zu erreichen, kann vor diesem Hintergrund nicht zum Tragen kommen (vgl. OLG Frankfurt DB 2014, 2521, juris Rn. 61; so auch LG Bonn, ZIP 2014, 1073). § 5 Abs. 5 SchVG regelt darüber hinaus nur den Fall, dass die Kündigungsrechte nach den Anleihebedingungen nur Kollektiv von Gläubigern gemeinsam wahrgenommen werden können (vgl. Veranneman, SchVG, § 5 Rn. 36 sowie Begründung des Regierungsentwurfs der Bundesregierung, BT-Drucks. 16/12814 S. 19). Eine solche Regelung sehen die Anleihebedingungen der Insolvenzschuldnerin nicht vor und sollten unter Berücksichtigung der historischen Entwicklung auch nicht Gegenstand der gesetzlichen Regelung sein.
99Schließlich kann auch ein Vergleich mit der Treuepflicht der Gesellschafter einer Gesellschaft den Ausschluss des Kündigungsrechts vorliegend nicht begründen. Die Gesellschafter können Einfluss auf die Leitung der Geschäfte der Gesellschaft nehmen. Einen solchen Einfluss haben die Kläger als Gläubiger der Anleihen der Insolvenzschuldnerin nicht. Ihre rechtlichen Möglichkeiten werden durch das SchVG konkretisiert.
100(4) Soweit im vorliegenden Fall – noch vor Zugang der klägerischen Kündigung bei der Insolvenzschuldnerin – von der Gläubigerversammlung ein Beschluss gefasst wurde, der einen Kündigungsverzicht der Anleihegläubiger für das Jahr 2013 vorsah, ist dieser Beschluss seinerzeit nicht wirksam geworden, weil die erforderliche Mehrheit der Hälfte des Nennwertes der im Umlauf befindlichen Schuldverschreibungen nicht zustande gekommen war (vgl. § 11 Abs. 2 Satz 2 SchVG). Die spätere Beschlussfassung erfolgte erst nach Zugang der Kündigung, ohne dass dabei etwa eine Rückwirkung des Kündigungsverzichts beschlossen worden wäre. Die im Jahr 2010 erfolgten Beschlussfassungen der Gläubigerversammlung stehen mithin der klägerischen Kündigung nicht entgegen.
101Soweit eine rückwirkende Möglichkeit, die Kündigung auszuschließen, gemäß § 5 Abs. 5 SchVG anzunehmen sein könnte, kommt diese Regelung – wie dargelegt – nicht zur Anwendung.
102(5) Die Wirksamkeit der Kündigung scheitert allerdings daran, dass sie zur Unzeit erfolgte. Eine Kündigung durch die Kläger vor der zweiten Gläubigerversammlung war nicht zulässig. Es war den Klägern vielmehr zuzumuten, die zweite Gläubigerversammlung abzuwarten. Insofern fehlte der Kündigung der Kläger im Zeitpunkt ihres Ausspruchs der erforderliche Kündigungsgrund gem. § 314 BGB.
103Im Rahmen der für die Frage nach der Kündigungsmöglichkeit gemäß § 314 BGB erforderlichen Interessenabwägung ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Verschlechterung der Vermögenslage der Schuldnerin der Anleihen grundsätzlich einen Grund zur außerordentlichen Kündigung darstellen kann, wenn dadurch die Ansprüche des Anlegers gefährdet werden (Knops, BB 2008, 2535, 2539), wobei jedoch immer auch die Frage der Zumutbarkeit und die Frage einer damit im Zusammenhang stehenden Risikoverteilung zu beachten ist (vgl. insbesondere Seibt/Schwarz, ZIP 2015, 401 sowie Hellner/Steuer, Bankrecht und Bankpraxis, Bd. 5, Rn. 10/186b).
104In diesem Zusammenhang ist zunächst davon auszugehen, dass es zu einer Verschlechterung der Vermögensverhältnisse der Insolvenzschuldnerin kam, die den Klägern nicht aufgrund einer Risikoverteilung zuzumuten ist.
105Die Insolvenzschuldnerin hat das Vorliegen einer Verschlechterung ihrer Vermögenslage unter Hinweis darauf bestritten, dass keine Substanzverschlechterung der erworbenen Immobilien vorliege, sondern wesentliche Ursache ihres Restrukturierungsbedarfs die negative Preisentwicklung für Einzelhandelsimmobilien seit der Finanzkrise 2008 sei. Die Kläger sind dem in tatsächlicher Hinsicht nicht weiter entgegen getreten, haben jedoch die Auffassung vertreten, dass es – bedingt durch die Neubewertung der Immobilien im Zuge einer negativen Entwicklung der Marktlage - zu einer deutlichen Verschärfung der Überschuldungssituation bei der Insolvenzschuldnerin gekommen sei. Dieses sei ein von der Insolvenzschuldnerin zu tragendes Risiko, dessen Verwirklichung sie – die Kläger – zu einer fristlosen Kündigung berechtige.
106Die Insolvenzschuldnerin ist demgegenüber der Auffassung, dass die Veränderung des Marktniveaus ein von den Klägern zu tragendes Risiko sei. Die Veränderung des Marktniveaus stelle einen wirtschaftlichen Faktor dar, der von der Insolvenzschuldnerin nicht zu beeinflussen sei. Vielmehr handele es sich insoweit um ein allein den Anleger treffendes wirtschaftliches Prognoserisiko, auf das auch auf verschiedenen Seiten des Prospekts der Sache nach hingewiesen worden sei. Wenn es danach allein aufgrund der Verwirklichung eines die Anleger treffenden Risikos einer negativen Marktentwicklung (Prognoserisiko) zu einer drohenden Insolvenz der Schuldnerin gekommen sei, könne die sich daraus ergebende Gefährdung von Gläubigeransprüchen keine außerordentliche Kündigung der Kläger rechtfertigen. Vielmehr sei es ihnen aufgrund der vertraglichen Risikoverteilung zuzumuten, bis zum Ende der Laufzeit am Vertrag festzuhalten.
107Dem kann so nicht beigetreten werden. Der Gläubiger kann – wie dargelegt – keinen Einfluss auf die Geschäfte der Schuldnerin nehmen. Er ist vielmehr – abgesehen von den im SchVG vorgesehenen Möglichkeiten – nicht in der Lage, die Geschäftsführung der Schuldnerin zu beeinflussen, so dass allein die Insolvenzschuldnerin für die wirtschaftliche Entwicklung ihres Vermögens verantwortlich ist. Die Frage, aus welchem Grund eine Verschlechterung der Vermögenssituation eingetreten ist, kann jedenfalls dann keine Rolle (mehr) spielen, wenn diese sich soweit verschlechtert hat, dass eine Insolvenz unmittelbar bevorsteht. Eine solche Konstellation war hier gegeben. Die drohende Insolvenz war für den Fall angekündigt, dass die Gläubiger nicht auf einen Teil ihrer Ansprüche verzichten. In diesem Fall überwiegen die Gläubigerinteressen an der Erhaltung ihrer Ansprüche.
108Allein die Gläubigerversammlung muss – nach dem gesetzlichen Schutzzweck des SchVG und dem insoweit gebotenen Anlegerschutz – die Möglichkeit erhalten, über die nach dem SchVG vorgesehenen Maßnahmen zur Restrukturierung zu entscheiden, so dass die Möglichkeit einer Kündigung jedenfalls dann ausgeschlossen ist, wenn – wie hier – ein Restrukturierungskonzept vorliegt und die Gläubigerversammlung bislang nicht die Möglichkeit hatte, eine Kündigung durch entsprechenden Beschluss abzuwenden.
109Vorliegend konnte die vor der Kündigung der Kläger einberufene Gläubigerversammlung nicht wirksam das Kündigungsrecht ausschließen, weil der hierfür erforderliche Kapitalanteil in der Versammlung nicht vertreten war (§ 11 Abs. 2 Satz 2 SchVG 1899). In diesem Fall muss der Gläubigerversammlung aber die Möglichkeit eingeräumt werden, eine zweite, unabhängig vom anwesenden Kapitalanteil beschlussfähige Gläubigerversammlung (§ 11 Abs. 5 SchVG 1899) einzuberufen, die sodann auch über den Ausschluss des Kündigungsrechts befinden kann.
110Nur auf diese Weise bleibt das Primat der Gläubigerversammlung als Leitbild des SchVG gewahrt. Jedenfalls ab dem Zeitpunkt der Kenntnis eines Restrukturierungskonzepts und der durch die Gläubigerversammlung geplanten Annahme (hier mit Bekanntmachung der Restrukturierung vom 25.08.2010, Anlage B5), hat daher eine Interessenabwägung im Rahmen der Zumutbarkeit des § 314 BGB zu ergeben, dass Einzelkündigungenvor einer möglichen Beschlussfassung der Gläubigerversammlung ausgeschlossen sind, weil es den einzelnen Gläubigern zumutbar ist, im Interesse der kollektiven Bindung aller Gläubiger und einer sich daraus ergebenden Vorrangstellung der Gläubigerversammlung als solcher, eine Beschlussfassung und damit Einschätzung der Sanierungsmöglichkeiten durch alle Gläubiger zu ermöglichen.
111Eine effektive Umsetzung des Primats der Gläubigerversammlung ist dann aber auch nur gewährleistet, wenn die zweite Gläubigerversammlung abgewartet wird, dessen Beschlussfähigkeit nicht von einem bestimmten Anteil der vertretenen Gläubiger abhängig ist. Ob diese Auffassung zur Bestimmung des wichtigen Grundes gem. § 314 BGB sodann eine Einschränkung der durch die Gläubigerversammlung zu beschließenden rückwirkenden Kündigungsverzichtsmöglichkeiten gebietet, kann der Senat vorliegend offen lassen.
112Mit dieser Einschränkung kann durch die Kündigung des einzelnen Gläubigers – entgegen der Ansicht des Beklagten – kein unzulässiger Sondervorteil entstehen, zumal die Möglichkeit der Kündigung im Übrigen jedem Gläubiger gleichermaßen zusteht.
113Zu keinem anderen Ergebnis kann es führen, wenn die Zinsen nicht, oder nicht fristgerecht gezahlt wurden. Denn auch in diesem Fall würden die Rechte der Gläubigerversammlung gegen den Willen des Gesetzgebers beschränkt, wenn die Nichtzahlung der Zinsen – die Zinsen werden im Regelfall nicht gezahlt, weil sich die wirtschaftliche Situation der Schuldnerin verschlechterte – der Gläubigerversammlung faktisch die Möglichkeit, über geplante Restrukturierungsmaßnahmen zu entscheiden, entziehen würde. Zahlreiche Gläubiger könnten die Möglichkeit einer Kündigung gemäß § 314 BGB nutzen und so die Restrukturierung gefährden.
114dd) Eine Kündigung gemäß § 313 BGB (vgl. Paulus, WM 2012, 1109) kommt aus den vorstehend dargelegten Gründen ebenfalls nicht in Betracht.
1154. Soweit die Kläger ihre Ansprüche in erster Instanz auch auf Schadensersatz gestützt haben, sind solche Ansprüche nicht mehr Gegenstand des Rechtsstreits. Die Kläger haben ausdrücklich ihre Ansprüche nicht mehr auf Schadensersatz gestützt. Insoweit handelt es sich um einen anderen Streitgegenstand, weil diesem Begehren ein anderer Lebenssachverhalt (Umstände bei Ausgabe der Anleihen) zugrunde gelegen hat.
1165. Die von dem Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung beim Senat erhobene Zwischenfeststellungsklage gemäß § 256 Abs. 2 ZPO ist zulässig und begründet. Sie kann auch in der zweiten Instanz ohne die Beschränkung des § 533 Nr. 1 ZPO noch erhoben werden (vgl. Becker-Eberhard in MünchKomm/ZPO, 4. Aufl. § 256 Rn. 85). Es besteht zwischen den Prozessparteien auch Streit über ein Rechtsverhältnis, nämlich über die Frage, ob die von den Klägern unter dem 08.09.2010 ausgesprochene Kündigung wirksam ist. Diese Frage ist – entsprechend den vorstehenden Ausführungen – vorgreiflich, weil die Frage, ob die Kündigung wirksam ist, für das Bestehen der – über die anerkannten Ansprüche hinausgehenden Ansprüche entscheidend ist, und auch für die Verwertung von Sicherheiten, die die Kläger aufgrund des erstinstanzlichen Urteils erlangt haben, Bedeutung hat.
117Die Zwischenfeststellungsklage ist auch begründet, weil die von den Klägern unter dem 08.09.2010 ausgesprochene Kündigung – wie im Einzelnen dargelegt – unwirksam ist.
1186. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen (§ 92 Abs. 2 ZPO), weil er im Wesentlichen unterlegen ist. Lediglich Nebenforderungen bestehend aus Zinsen und Ansprüchen auf Zahlung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren sind nicht begründet.
119Entgegen der Ansicht des Beklagten hat dieser die Forderungen der Kläger nicht sofort mit der Kostenfolge des § 93 ZPO anerkannt. Vielmehr hat der Beklagte durch die Ablehnung der Eintragung der Forderung in die Insolvenztabelle Anlass zur Klage gegeben. Ein sofortiges Anerkenntnis kommt – entgegen der Auffassung des Beklagten – nicht deshalb in Betracht, weil die Kläger erst in der Berufung ihre Aktivlegitimation hinreichend nachgewiesen hätten. Zwar kommt ein sofortiges Anerkenntnis auch in Betracht, wenn eine Klage erst nachträglich schlüssig gemacht worden ist (vgl. Schulz in MünchKomm/ZPO, 4. Aufl., § 93 Rn. 15, mwN). Wie bereits ausgeführt war der Beklagte aber mit dem Einwand der mangelnden Aktivlegitimation im Berufungsverfahren ausgeschlossen (s.o.). Auch erfolgte das Anerkenntnis erst nach richterlichem Hinweis.
1207. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
1218. Die Revision ist (ohne Einschränkung) zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Insbesondere das Verhältnis der Kündigungsmöglichkeit gemäß § 314 BGB im Spannungsfeld mit dem Gläubigerschutz nach dem Schuldverschreibungsgesetz ist höchstrichterlich nicht hinreichend geklärt und – wie sich auch aus der umfangreichen Literatur und Rechtsprechung zu dieser Frage ergibt – für zahlreiche Fälle von Bedeutung.
122Streitwert für das Berufungsverfahren: 875.757,00 €
123(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,
- 1.
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist, - 2.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder - 3.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.
(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.
Ist ein Gegenstand, dessen Aussonderung hätte verlangt werden können, vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner oder nach der Eröffnung vom Insolvenzverwalter unberechtigt veräußert worden, so kann der Aussonderungsberechtigte die Abtretung des Rechts auf die Gegenleistung verlangen, soweit diese noch aussteht. Er kann die Gegenleistung aus der Insolvenzmasse verlangen, soweit sie in der Masse unterscheidbar vorhanden ist.
(1) Nicht fällige Forderungen gelten als fällig.
(2) Sind sie unverzinslich, so sind sie mit dem gesetzlichen Zinssatz abzuzinsen. Sie vermindern sich dadurch auf den Betrag, der bei Hinzurechnung der gesetzlichen Zinsen für die Zeit von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bis zur Fälligkeit dem vollen Betrag der Forderung entspricht.
(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.
(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten und die Berufung und Anschlussberufung der Kläger wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 26.01.2012 – 30 O 538/10 – abgeändert und unter Zurückweisung der Berufungen und der Anschlussberufung im Übrigen wie folgt neu gefasst:
1. Die Forderung des Klägers zu 1) in Höhe von 680.000 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 1% p.a. vom 01.07.2012 bis 28.09.2012 aus 332.000 € sowie in Höhe von 1% Zinsen p.a. für die Zeit vom 16.11.2011 bis 28.09.2012 aus 348.000 € wird für den Ausfall zur Insolvenztabelle im Insolvenzverfahren über das Vermögen der E GmbH (AG Köln – 71 IN 354/12) zur laufenden Nummer 20 festgestellt;
2. Die Forderung des Klägers zu 2) in Höhe von 70.000 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 1% p.a. für die Zeit vom 01.07.2012 bis 28.09.2012 wird für den Ausfall zur Insolvenztabelle im Insolvenzverfahren über das Vermögen der E GmbH (AG Köln – 71 IN 354/12) zur laufenden Nummer 21 festgestellt.
3. Es wird festgestellt, dass die von den Klägern unter dem 08.09.2010 ausgesprochene Kündigung unwirksam ist.
4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
5. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages erbringt.
7. Die Revision wird zugelassen.
1
Gründe:
2I.
3Die Parteien streiten über Ansprüche auf Rückzahlung von Anleihen nach erklärter Kündigung aus wichtigem Grund. Der Beklagte ist – nachdem das Verfahren aufgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der E GmbH (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin) mit Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 28.09.2012, Az. 71 IN 354/12 zwischenzeitlich unterbrochen gewesen ist, weil die ursprüngliche Beklagte Insolvenz angemeldet hat – nunmehr als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin Partei des Rechtsstreits geworden.
4Die Insolvenzschuldnerin ist ein Immobilienunternehmen, das sich auf den Erwerb, die Vermietung, die Entwicklung und das Bestandsmanagement vermieteter Einzelhandelsimmobilien spezialisiert hat.
5Der Kläger zu 1) erwarb in den Jahren 2005 und 2006 332 Anleihen im Nennwert von 332.000 € einer sogenannten „zweiten Tranche“ und 348 Anleihen der sogenannten „dritten Tranche“ im Nennwert von 348.000 €, die jeweils von der Insolvenzschuldnerin ausgegeben worden waren. Anleihen der „zweiten Tranche“ im Nennwert von 70.000 € übertrug der Kläger zu 1) im Wege der Schenkung an seinen Sohn, den Kläger zu 2). Die Schuldverschreibungen sollten nach den Anleihebedingungen mit 6% jährlich verzinst werden. Die Zinsen waren hinsichtlich der sogenannten „zweiten Tranche“ am 01.07. eines jeden Jahres und die der „dritten Tranche“ am 16.11. eines jeden Jahres fällig. Die Tranchen waren nach den Anleihebedingungen am 30.06.2016 bzw. am 16.11.2016 zur Rückzahlung in Höhe des Nennwerts fällig.
6Unter § 4 der Anleihebedingungen der „zweiten Tranche“ wird unter der Überschrift „Laufzeit, Rückzahlung, Rückerwerb, Kündigung, Übertragung“ folgendes ausgeführt:
7„1. Die Laufzeit der Hypotheken-Anleihe beginnt am 01.07.2006 und endet am 30.06.2016.
82. Die Gesellschaft verpflichtet sich, die Teilschuldverschreibungen am 01.07.2016 zum Nennbetrag zurückzuzahlen. Fällt dieser Fälligkeitstermin auf einen Sonnabend, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, verschiebt sich der Fälligkeitstag auf den nächstfolgenden Bankarbeitstag.
93. Die Gesellschaft ist jederzeit berechtigt, Teilschuldverschreibungen aus dieser Emission im eigenen Namen und auf eigene Rechnung zurück zu erwerben. Die angekauften Schuldverschreibungen kann die Gesellschaft nach eigener Wahl halten oder weiterverkaufen.
104. Die Gesellschaft ist berechtigt, die Schuldverschreibungen insgesamt oder teilweise ab dem 30.09.2009 jeweils am ersten Tag eines Kalendermonats („Rückzahlungstag“) zum Nennbetrag einschließlich der bis zum Rückzahlungstag aufgelaufenen Zinsen zurück zu zahlen. Die Rückzahlung ist den Anlegern gemäß § 11 bekannt zu geben und muss die folgenden Angaben enthalten:
11…
125. In Übereinstimmung mit den Geschäftsbedingungen der D Banking AG,G, bzw. von F, C, können die Teilschuldverschreibungen als Miteigentumsanteil an der Globalurkunde jederzeit übertragen werden. Die Übereignung und der Verkauf bedürfen nicht der Genehmigung der Gesellschaft.“
13Weitere Angaben zu Kündigungsmöglichkeiten der Anleihen durch Gläubiger oder Schuldner enthalten die Anleihebedingungen nicht.
14Die Anleihebedingungen der „dritten Tranche“ unterscheiden sich darin, dass dort unter § 4 Ziffer 1 der Beginn auf den 16.11.2006 und das Ende auf den 15.11.2016 aufgenommen wurden.
15In der Folgezeit geriet die Insolvenzschuldnerin in finanzielle Schwierigkeiten. Seit Juni 2010 ist sie bilanziell überschuldet. Am 31.12.2010 verzeichnete die Insolvenzschuldnerin einen Fehlbetrag in Höhe von 4,2 Millionen Euro. Bereits am 30.06.2010 erklärte die Insolvenzschuldnerin dies in einer Ad-hoc-Mitteilung. Mit einer Ad-hoc-Mitteilung vom 12.08.2010 legte sie ein Restrukturierungskonzept vor. Dieses sah eine Reduzierung des Zinssatzes für die ausgegebenen Anleihen auf 1% p.a. rückwirkend ab dem 01.07.2010 bis einschließlich 30.06.2013 und eine Reduzierung des Nennwerts der Anleihen um 60% auf 40% vor. Gleichzeitig wies die Insolvenzschuldnerin darauf hin, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Insolvenzantrag unausweichlich sei, wenn die Gläubigerversammlungen nicht sämtlich der vorgeschlagenen Reduzierung des Zinssatzes zustimmen würden.
16In von der Insolvenzschuldnerin einberufenen Gläubigerversammlungen vom 24., 25. und 26.08.2010 – diese waren für jede Tranche gesondert einberufen worden – sollte beschlossen werden, dass die Gläubiger bis zum 24.08.2013 auf etwaige Kündigungsrechte verzichteten. Die Versammlung war allerdings nicht beschlussfähig, weil nicht die Hälfte der im Umlauf befindlichen Inhaberschuldverschreibungen vertreten war.
17Die Kläger kündigten ihre Anleihen daraufhin mit anwaltlichem Schreiben vom 08.09.2010, der Beklagten zugegangen am 13.09.2010, aus wichtigem Grund.
18In Gläubigerversammlungen am 27. und 28.10.2010 stimmten die Anleihengläubiger den Beschlussvorschlägen der Insolvenzschuldnerin hinsichtlich des Ausschlusses der Kündigungen und der Reduzierung der Zinsen wirksam zu.
19Mit Wertstellung vom 11.11.2010 zahlte die Beklagte die Zinsen für die erste und zweite „Tranche“. Für die dritte „Tranche“ zahlte die Beklagte Zinsen in Höhe von 6% p.a. bis zum 30.06.2010 und 1% p.a. ab dem 01.07.2010.
20Um den Nennwert zu reduzieren, führte die Insolvenzschuldnerin erneut Gläubigerversammlungen durch, die allerdings nicht beschlussfähig waren. Mit Beschluss vom 28.09.2012 – Az. 71 IN 354/12 – hat das Amtsgericht Köln das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gemeinschuldnerin eröffnet.
21Die Kläger haben erstinstanzlich die Auffassung vertreten, dass ihnen wegen erheblicher Verschlechterung der Vermögenslage der Insolvenzschuldnerin ein außerordentliches Kündigungsrecht aus wichtigem Grund gemäß § 314 Abs. 1 BGB zugestanden habe. Die Kündigung sei zudem deshalb erfolgt, weil die Zinszahlung zum 01.07.2010 nicht geleistet wurde und zur Abwendung der Insolvenzanmeldepflicht ein Zinsverzicht der Gläubiger herbeigeführt werden sollte. Ob der Erfolg der Klage zur Insolvenz über das Vermögen der Beklagten führen würde, bleibe reine Spekulation; ebenso spekulativ bleibe die Vermutung, dass die Kläger im Insolvenzfall mit ihren Forderungen vollständig ausfallen sollten. Die Wahrnehmung ihrer gesetzlichen Rechte sei im Übrigen nicht treuwidrig.
22„Vorsorglich“ haben die Kläger ihr Rückzahlungsverlangen auch auf pVV, §§ 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 264 StGB gestützt und in diesem Zusammenhang vorgetragen, dass die Insolvenzschuldnerin spätestens von Frühjahr 2005 an überschuldet gewesen sei und Insolvenz hätte anmelden müssen; zudem seien die in den Jahren 2006 und 2007 veröffentlichten Einschätzungen betreffend den Wert des Immobilienvermögens deutlich zu positiv gewesen; die gravierende Abwertung des Immobilienbestandes im Jahr 2008 hätte schon in den Jahren 2006 und 2007 erfolgen müssen. Darüber hinaus enthalte der Prospekt zum Thema Erfahrung und Kompetenz der Emittentin vorsätzlich falsche Angaben und sei gezielt auf die Täuschung von Anlageinteressenten ausgerichtet gewesen. Die Kläger seien durch die Prospektangaben sowie ein Rechtsgutachten der Kanzlei D2 bewusst über die Sicherheit der Anlage getäuscht worden; so sei insbesondere der Eindruck erweckt worden, dass eine werthaltige, grundbuchliche Absicherung vor Insolvenzrisiken vorliege und die Anleihe daher so gut wie mündelsicher sei.
23Die Kläger haben beantragt,
241. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zu 1) 680.000 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.09.2010 zu zahlen;
252. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zu 2) 70.000 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.09.2010 zu zahlen;
263. festzustellen, dass die Beklagte mit der Rücknahme der Inhaber-Teilschuldverschreibungen im Verzug ist;
274. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zu 1) rückständige Zinsen für die Zeit vom 01.07.2010 bis zum 17.09.2010 in Höhe von 7.177,77 € zu zahlen, nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.09.2010 zu zahlen;
285. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zu 2) rückständige Zinsen für die Zeit vom 11.07.2010 bis zum 17.09.2010 in Höhe von 738,88 € zu zahlen, nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.09.2010 zu zahlen;
296. die Beklagte zu verurteilen, an sie zur gesamten Hand außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 11.168,15 € zu zahlen.
30Die Insolvenzschuldnerin hat beantragt,
31die Klage abzuweisen.
32Die Insolvenzschuldnerin hat sich erstinstanzlich darauf berufen, dass eine wesentliche Verschlechterung ihrer Vermögensverhältnisse nicht vorliege; ein Kündigungsgrund könne nicht angenommen werden. Zwar sei sie inzwischen bilanziell überschuldet und habe von Anfang an nur ein Stammkapital in Höhe von 25.000,-- € aufzuweisen gehabt. Wesentliche Ursache ihres Restrukturierungsbedarfs sei jedoch die negative Preisentwicklung für Einzelhandelsimmobilien seit der Finanzkrise 2008 gewesen. Die beabsichtigte Herbeiführung eines Beschlusses der Gläubigerversammlung zur Reduzierung des Nennwertes könne ebenfalls kein Kündigungsrecht begründen, denn ansonsten wäre eine – gesetzlich vorgesehene – Anpassung von Anleihebedingungen durch Mehrheitsbeschluss der Gläubiger von vornherein unmöglich. Ein Kündigungsrecht der Kläger bestehe zudem deshalb nicht, weil sie aus einer Kündigung keinerlei Vorteile ziehen könnte, denn ein Erfolg der Kläger – und der zahlreichen weiteren klagenden Anleihegläubiger – würde dazu führen, dass eine weitere positive Fortbestehensprognose möglicherweise ausgeschlossen wäre und die Beklagte die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen beantragen müsste. Sollte daraufhin tatsächlich über das Vermögen der Beklagten das Insolvenzverfahren eröffnet werden, müssten die Kläger damit rechnen, dass sie einen Totalverlust des eingesetzten Kapitals erleiden. Von daher würden bei der gebotenen Interessenabwägung die Interessen der Beklagten an einer Fortsetzung des Schuldverhältnisses überwiegen. Darüber hinaus scheide ein Kündigungsrecht deshalb aus, weil die Kläger dabei einen unzulässigen Sondervorteil anstrebten, was dem Gedanken der Gleichbehandlung der einzelnen Anleger entgegenstünde. Schließlich stünden der klägerischen Kündigung auch die Beschlüsse der Anleihegläubiger entgegen.
33Die Beklagte hat sich erstinstanzlich zudem darauf berufen, dass fehlerhafte Angaben im Vorfeld des Erwerbs, die einen Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 i.V.m. § 264a StGB begründen könnten, nicht vorlägen. Sie sei nicht bereits seit Frühjahr 2005 überschuldet gewesen. Die Angaben im Wertpapierprospekt seien richtig und vollständig, auch in Bezug auf die Sicherheitenlage.
34Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird im Übrigen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
35Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Es ist davon ausgegangen, dass den Klägern jeweils gemäß § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB ein Anspruch auf Zahlung der Hauptforderung in Höhe von 680.000 € bzw. 70.000 € zusteht. Auch hat es die Insolvenzschuldnerin verurteilt, an den Kläger zu 1) rückständige Zinsen für die Zeit vom 01.07.2010 bis zum 17.09.2010 in Höhe von 3.673,33 € sowie entsprechende Prozesszinsen zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Diese Entscheidung hat das Landgericht im Wesentlichen wie folgt begründet:
36Gegen die Aktivlegitimation der Kläger bestünden keine Bedenken, nachdem diese entsprechende Depotbescheinigungen vorgelegt hätten.
37Die Kündigungen der Kläger seien gemäß § 314 BGB wirksam erfolgt; ein wichtiger Grund zur Kündigung sei unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls anzunehmen. Dabei könne offen bleiben, ob die Insolvenzschuldnerin bereits zum Erwerbszeitpunkt überschuldet gewesen sei oder fehlerhafte Angaben im Emissionsprospekt gemacht habe. Den Klägern sei eine Fortsetzung des Vertrages nicht mehr zumutbar, weil die Beklagte in den Ad-hoc-Mitteilungen vom 30.06.2010 und 12.08.2010 angekündigt habe, bei unveränderten Anleihebedingungen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit einen Insolvenzantrag stellen zu müssen. Hierin liege ein Grund für eine fristlose Kündigung, selbst wenn die Überschuldung tatsächlich nicht festgestellt werden könne. In diesem Zusammenhang sei zu berücksichtigen, dass die die Anleihen der Kläger sichernden Grundpfandrechte nachrangig gegenüber anderen Gläubigern seien. Die Anleihen seien mit einem Darlehensvertrag jedenfalls vergleichbar. Einer vorherigen Abmahnung hätte es nicht bedurft. Eine solche wäre eine bloße Förmelei gewesen. Es lägen auch weitere besondere Umstände vor, die eine fristlose Kündigung rechtfertigten. Insbesondere habe die Insolvenzschuldnerin das Recht zur Kündigung ausschließen wollen. Die Kündigung sei auch innerhalb einer angemessenen Frist erklärt worden; sie sei nicht gemäß § 242 BGB ausgeschlossen. Neben weiteren Erwägungen sei zu berücksichtigen, dass das Vermögen der Kläger ohne die Kündigung mit hoher Wahrscheinlichkeit jedenfalls zu großen Teilen verloren gegangen wäre. Auch erlangten die Kläger gegenüber anderen Anleihengläubigern keinen unzulässigen Vorteil. Der Kündigungsverzicht in der Gläubigerversammlung im Oktober 2010 könne die Kündigung nicht ausschließen, weil diese bereits erfolgt sei.
38Ein Anspruch auf Zahlung von Zinsen für die „erste“ und „zweite Tranche“ bestünde nicht, weil diese unstreitig gezahlt worden seien. Hinsichtlich der „dritten Tranche“ bestehe jedoch ein solcher Anspruch, weil die Reduzierung der Zinsen erst nach der Kündigung durch die Kläger wirksam beschlossen worden sei. Der Zinsanspruch belaufe sich insoweit auf 3.673,33 €.
39Soweit die Kläger auch die Zahlung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten geltend gemacht haben, bestehe dieser Anspruch dem Grunde nach. Allerdings sei dieser nicht auf der Basis einer 2,5-fachen, sondern mit einer 1,8-fachen Gebühr angemessen zu berechnen.
40Hinsichtlich der weiteren Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
41Gegen dieses Urteil haben die Insolvenzschuldnerin und die Kläger Berufung eingelegt. Auf die Berufung der Insolvenzschuldnerin haben die Kläger Anschlussberufung eingelegt.
42Die Parteien streiten – wie auch in erster Instanz – im Wesentlichen über die Frage, ob die von den Klägern ausgesprochenen Kündigungen unter den gegebenen Umständen wirksam waren, d. h. insbesondere darüber, ob für die Kläger ein wichtiger Kündigungsgrund vorlag.
43Der (nach Eröffnung des Insolvenzfahrens) nunmehr im Berufungsverfahren beklagte Insolvenzverwalter der Insolvenzschuldnerin macht geltend, in den Anleihebedingungen sei ein Individualkündigungsrecht nicht vorgesehen. Ein solches sei durch die Anleihebedingungen wirksam ausgeschlossen worden. Es sei nur ein Kündigungsrecht für den Gläubiger, nicht aber ein solches für den Schuldner genannt, was insoweit als konkludenter Ausschluss des Kündigungsrechts anzusehen sei. Eine Kündigung nach § 314 BGB komme auch aus anderen Gründen nicht in Betracht. Die Rechtsprechung zu den Darlehensverträgen könne insoweit keine Anwendung finden. Dies sei schon aus dem Grund anzunehmen, weil bei Rechtsstreitigkeiten zwischen einer darlehensgebenden Bank und einer dritten Person grundsätzlich die AGB der Banken zu berücksichtigen seien, die eine solche Kündigungsmöglichkeit ausdrücklich zuließen.
44Jedenfalls könnte die Frage, ob sich die Vermögensverhältnisse der Insolvenzschuldnerin verschlechtert hätten, nicht offen bleiben. Denn eine Kündigung könne nach den für Darlehen geltenden Grundsätzen nur berechtigt sein, wenn sich die Substanz des Vermögens verschlechtert hätte. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Denn die Immobilien an sich hätten sich nicht verschlechtert. Lediglich seien diese im Marktwert gesunken.
45Die drohende Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin sei kein Kündigungsgrund gewesen. Allenfalls eine verschlechterte Zahlungsfähigkeit der Insolvenzschuldnerin könne einen Kündigungsgrund darstellen. Eine solche hätten die Kläger nicht hinreichend dargelegt.
46Das Landgericht hätte auch eine unzureichende Interessenabwägung vorgenommen. Denn vorliegend könnten die Kläger nur auf Kosten der übrigen Gläubiger kündigen. Die gesetzlich vorgesehene Restrukturierung scheide dann aber aus. In diesem Zusammenhang sei auf die Gesamtzahl der Kündigungen abzustellen. Auch müssten die Belange der anderen Gläubiger hinreichend berücksichtigt werden. Unstreitig sei insoweit, dass der Erfolg der Kläger zu einer (vorzeitigen) Insolvenz der Beklagten führen würde. Auch der Schutzzweck des SchVG stehe einer Kündigung entgegen.
47Ein anderer Kündigungsgrund sei nicht ersichtlich. Die Anwendung von § 490 BGB scheide aus. Dieser laufe der kollektiven Bindung des SchVG entgegen. Dies müsse jedenfalls dann gelten, wenn – wie hier – Kenntnis von der Restrukturierung anzunehmen sei. In diesem Zusammenhang sei die Kündigung auch als treuwidrig und daher unwirksam zu betrachten, zumal es anderenfalls zu einem ungewollten „Wettlauf der Gläubiger“ kommen würde. Der Kündigung stehe schließlich die Beschlussfassung der Gläubigerversammlung entgegen. Diese könne auch rückwirkend entsprechende Beschlüsse fassen.
48Zinsansprüche und Ansprüche auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten schieden vor diesem Hintergrund ohne weiteres aus.
49Im Hinblick auf die ursprünglich von der Insolvenzschuldnerin eingelegte Berufung geht diese davon aus, dass die hinsichtlich des Zinsanspruchs vorgetragenen Tatsachen zutreffend seien. Allerdings seien die Zinsen wirksam auf einen Zinssatz von 1% p.A. reduziert worden. Dieser Beschluss wirke auch für und gegen die Kläger.
50Soweit die Kläger nunmehr lediglich die Anmeldung der Forderungen zur Insolvenztabelle begehrten, könnte dieser Anspruch anerkannt werden, wenn die Kläger ihre Aktivlegitimation, die weiterhin bestritten werde, nachweisen würden. Das Anerkenntnis könne auch noch sofort im Sinne des § 93 ZPO erfolgen, weil die Kläger die Aktivlegitimation bislang nicht hinreichend dargelegt hätten und bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Klage nicht begründet gewesen sei.
51Ursprünglich hat die Insolvenzschuldnerin angekündigt zu beantragen, unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 26.01.2012 (Az. 30 O 538/10) die Klage abzuweisen. Die Kläger haben insoweit einen Antrag auf Zurückweisung der Berufung angekündigt.
52Ursprünglich haben die Kläger angekündigt zu beantragen, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 26.01.2012 (Az. 30 O 538/10), die Insolvenzschuldnerin zu verurteilen, an die Kläger zu 1) rückständige Zinsen aus der Hypothekenanleihe mit der ISIN DE 00xxxxQxx2 (WKN AxxxAG) für die Zeit vom 01.07.2010 bis 17.09.2010 in Höhe von weiteren 3.504,44 € zu zahlen, nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.09.2010; an den Kläger zu 2) rückständige Zinsen aus der Hypothekenanleihe mit der ISIN DE000xxQxx2 (WKN AxxxAG) für die Zeit vom 01.07.2010 bis 17.09.2010 in Höhe von 738,88 € zu zahlen, nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.09.2010; an die Kläger zu 1) und 2) zur gesamten Hand außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von weiteren 2.799,12 € zu zahlen. Die Insolvenzschuldnerin hat angekündigt, die Zurückweisung der Berufung zu beantragen.
53Im Wege der Anschlussberufung haben die Kläger weiter angekündigt zu beantragen, festzustellen, dass die Insolvenzschuldnerin im Verzug mit der Annahme der Anleihen ist. Insoweit hat die Insolvenzschuldnerin einen Berufungszurückweisungsantrag angekündigt.
54Mit Schriftsatz vom 14.08.2014 haben die Kläger beantragt, das Verfahren wieder aufzunehmen und gegen den Insolvenzverwalter fortzuführen, nachdem dieser die von den Klägern geltend gemachten Forderungen in voller Höhe bestritten hatte.
55Sie beantragen nunmehr,
561. die Forderung des Klägers zu 1) in Höhe von 767.917,13 € für den Ausfall zur Insolvenztabelle im Insolvenzverfahren über das Vermögen der E GmbH (AG Köln – 71 IN 354/12) zur laufenden Nummer 20 festzustellen;
572. die Forderung des Klägers zu 1) in Höhe von 25.758,74 € für den Ausfall zur Insolvenztabelle im Insolvenzverfahren über das Vermögen der E GmbH (AG Köln – 71 IN 354/12) zur laufenden Nummer 117 festzustellen;
583. die Forderung des Klägers zu 2) in Höhe von 82.082,03 € für den Ausfall zur Insolvenztabelle im Insolvenzverfahren über das Vermögen der E GmbH (AG Köln – 71 IN 354/12) zur laufenden Nummer 21 festzustellen;
59Der Beklagte erkennt die Forderung des Klägers zu 1) in Höhe von 680.000 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 1% p.a. vom 01.07.2012 bis 28.09.2012 aus 332.000 € sowie in Höhe von 1% Zinsen p.a. für die Zeit vom 16.11.2011 bis 28.09.2012 aus 348.000 € an.
60Der Beklagte erkennt die Forderung des Klägers zu 2) in Höhe von 70.000 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 1% p.a. für die Zeit vom 01.07.2012 bis 28.09.2012 an.
61Im Übrigen beantragt der Beklagte,
621. unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 26.01.2012 (Az. 30 O 538/10) die Klage abzuweisen.
632. festzustellen, dass die von den Klägern unter dem 08.09.2010 ausgesprochene Kündigung unwirksam ist.
64Der Kläger beantragt,
65die Feststellungsklage abzuweisen.
66Die Kläger verteidigen das erstinstanzliche Urteil, soweit ihrer Klage stattgegeben wurde. Das Landgericht habe die Kündigungsmöglichkeit aus § 314 BGB mit Recht angenommen. Es müsse insoweit auch berücksichtigt werden, dass die Gläubiger vorliegend Verbraucher seien. Schließlich habe sich die Insolvenzschuldnerin an einem Zinsswap-Geschäft beteiligt. Auch dies stelle einen wirksamen Kündigungsgrund dar. Auch könnte § 313 BGB einschlägig sein. Hinsichtlich der von ihnen eingelegten Berufung tragen die Kläger vor, das Landgericht habe unzutreffend angenommen, dass die mit der Klage geltend gemachten Zinsen bereits gezahlt seien. Zwar seien Zinsen für die „erste“ und „zweite Tranche“ am 11.11.2010 gezahlt worden. Dabei habe es sich aber um die Zinsen für den Zeitraum bis zum 30.06.2010 gehandelt, die am 01.07.2010 fällig gewesen wären. Die Kläger hätten jedoch einen Anspruch auf Zahlung von Zinsen für den Zeitraum vom 07.07.2010 bis zum 16.09.2010. Diesen Vortrag stellt der Beklagte nunmehr ausdrücklich als zutreffend dar. Danach belaufe sich dieser für den Kläger zu 1) auf 3.504,44 € und für den Kläger zu 2) auf 738,88 €.
67Die Reduzierung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten von der geltend gemachten 2,5-fachen Gebühr auf eine 1,8-fache Gebühr sei nicht möglich. Das Landgericht habe insoweit den der Geltendmachung der Forderung zugrundeliegenden Sachverhalt nicht hinreichend berücksichtigt.
68Im Rahmen der mündlichen Verhandlung haben die Kläger erklärt, dass sie ihre Klageforderung nicht mehr auf Schadensersatzansprüche stützen. Die geltend gemachten Ansprüche ergäben sich aus der Kündigung der Anleihen.
69Im Übrigen wird auf die von den Parteien zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlage Bezug genommen.
70II.
71Die zulässige Berufung des Beklagten hat Erfolg; sie führt, soweit die Klageforderungen nicht von dem Beklagten im Rahmen der Anträge der Berufung anerkannt worden sind, zur Änderung des landgerichtlichen Urteils und zur Abweisung der Klage mit den nunmehr gestellten Anträgen. Die Berufung und Anschlussberufung der Kläger haben keinen Erfolg.
721. Das Verfahren ist gegen den Beklagten als bestreitenden Insolvenzverwalter über das Vermögen der ursprünglichen Beklagten fortzusetzen, nachdem das Verfahren nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der ursprünglichen Beklagten gemäß § 240 ZPO unterbrochen gewesen ist. Ist – wie hier – in einem Insolvenzverfahren eine Forderung vom Insolvenzverwalter bestritten worden, so bleibt es gemäß § 179 Abs. 1 InsO dem Gläubiger überlassen, die Feststellung gegen den bestreitenden Insolvenzverwalter zu betreiben. War zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Rechtsstreit über die Forderung anhängig, so ist die Feststellung gemäß § 180 Abs. 2 InsO durch Aufnahme des Rechtsstreits zu betreiben. Hierzu ist auch der Gläubiger befugt gewesen (vgl. BGH, Urteil vom 31.10.2012 – III ZR 204/12, BGHZ 195, 233 Rn. 7, mwN). Die Aufnahme des Verfahrens ist beim Oberlandesgericht möglich (vgl. Greger in Zöller, ZPO, 30. Aufl., § 240 Rn. 10, mwN). Durch die Aufnahme des Verfahrens hat sich der Streitgegenstand gemäß § 180 Abs. 2 ZPO entsprechend den nunmehr gestellten Anträgen geändert, ohne dass es auf die Vorschriften der Klageänderung ankäme (vgl. Greger in Zöller aaO, § 240 Rn. 14, mwN).
73Im Rahmen der Entscheidung über die nunmehr von den Klägern gestellten Anträge auf Feststellung von Ansprüchen zur Insolvenztabelle ist sowohl über die Berufung des Beklagten, als auch über die Berufung der Kläger zu entscheiden, weil die nunmehr gestellten Feststellungsanträge sowohl die ursprünglichen Zahlungsanträge enthalten, soweit diesen durch das Landgericht stattgegeben worden ist (insoweit Berufung des Beklagten), als auch die weitergehenden Anträge, die das Landgericht zurückgewiesen hat (insoweit Berufung und Anschlussberufung der Kläger).
742. Der Beklagte war gemäß § 304 Satz 1 ZPO dem Anerkenntnis gemäß zu verurteilen, soweit er den gegen ihn geltend gemachten Anspruch (teilweise) anerkennt hat. Denn unstreitig besteht gemäß § 41 Abs. 1 InsO ein Anspruch des Klägers zu 1), die Hauptforderung in Höhe von 680.000 € nebst Zinsen von 1% p.A. für die Zeit vom 01.07.2012 bis zur Insolvenzeröffnung aus 332.000 € und Zinsen in Höhe von 1% p.A. aus 348.000 € für die Zeit seit dem 16.11.2011 bis zur Insolvenzeröffnung zur Insolvenztabelle festzustellen.
75Denn jedenfalls nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens sind die Anleihen in Höhe des Nennbetrages sowie die bis zu diesem Zeitpunkt aufgelaufenen Zinsen durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig geworden (§ 41 Abs. 1 InsO). Ebenfalls unstreitig ist, dass die Forderung des Klägers zu 2) in Höhe von 70.000 € nebst Zinsen in Höhe von 1% p.a. für die Zeit zwischen dem 01.07.2012 bis zur Insolvenzeröffnung festzustellen ist.
763. Soweit die Kläger über den anerkannten Anspruch hinaus die Feststellung von Forderungen zur Insolvenztabelle geltend machen, ist die Klage abzuweisen. Den Klägern steht über den anerkannten Betrag kein weitergehender Anspruch gegen den Beklagten zu.
77a) Die Kläger sind zur Geltendmachung der Ansprüche aktivlegitimiert. Vorliegend hat das Landgericht bereits im Tatbestand auf Seite 2 des angegriffenen Urteils folgendes ausdrücklich festgestellt:
78„Der Kläger zu 1) ist daher Inhaber von Anleihen im Nennwert von insgesamt 680.000 €. Der Kläger zu 2) ist Inhaber von Anleihen der zweiten Tranche im Nennwert von 70.000 €.“
79Diese Feststellung hat die damalige Insolvenzschuldnerin nicht mit einem Tatbestandberichtigungsantrag angegriffen. Damit ist die entsprechende Feststellung als in erster Instanz unstreitig anzusehen, so dass ein Bestreiten in der zweiten Instanz ohne weiteres nicht mehr in Betracht kommt (§§ 529, 531 ZPO). Der Beklagte hat insbesondere keine Gründe vorgetragen, die eine Berücksichtigung ausnahmeweise ermöglichen würde.
80Der Tatbestand des landgerichtlichen Urteils ist allerdings auch zutreffend. Denn die Insolvenzschuldnerin hat ursprünglich die Aktivlegitimation der Kläger mit der Begründung bestritten, es seien keine Depotauszüge vorgelegt worden. Diese haben die Kläger sodann vorgelegt. Nachdem die Insolvenzschuldnerin die Richtigkeit dieser Auszüge in erster Instanz nicht bestritten hat, ist das Landgericht mit Recht davon ausgegangen, dass die Aktivlegitimation insgesamt unstreitig ist.
81b) Ein vertraglicher Anspruch der Kläger auf Zahlung der weitergehenden Zinsen in Höhe von weiteren 5% p.a. wie von den Klägern geltend gemacht (Zinsen bis zur fristlosen Kündigung), setzt voraus, dass der Beschluss der Gläubigerversammlung mit der Reduzierung des Zinssatzes auf 1% p.a. ihnen gegenüber nicht wirksam geworden ist. Nur in diesem Fall bestünde ein Anspruch auf Zahlung der mit insgesamt 6% p.a. in den Anleihebedingungen festgelegten Zinsen bis zum Wirksamwerden der ausgesprochenen fristlosen Kündigung aus den Anleiheverträgen und sodann aus Verzug. Auch die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten, die auf der Grundlage der §§ 280, 286 BGB geltend gemacht werden, setzen voraus, dass die damalige Forderung der Kläger berechtigt gewesen ist.
82Die weitere Zinsforderung der Kläger ist nur berechtigt, wenn die Kündigung der Kläger vom 08.09.2010 wirksam war. Denn nur in diesem Fall wäre der Beschluss der jeweiligen Gläubigerversammlung mit der Reduzierung des Zinssatzes ihnen gegenüber nicht wirksam geworden. Die Voraussetzungen für den Beschluss der Gläubigerversammlung vom 27.10./28.10./01.11.2010 zur Reduzierung des Zinssatzes liegen im Übrigen insgesamt vor. Dies gilt gleichermaßen für die Verzugszinsen. Denn diese sind nur zu zahlen, wenn die Insolvenzschuldnerin mit der Rückzahlung der Hauptforderung in Verzug gekommen wäre. Dies setzt wiederum zunächst die Pflicht zur Rückzahlung aus dem Anleihenvertrag voraus, die wiederum eine wirksame Kündigung voraussetzt. Auch der Anspruch auf Zahlung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten setzt voraus, dass die Forderungen berechtigt waren, was wiederum nur dann der Fall ist, wenn die Kündigung wirksam wäre.
83c) Entgegen der Ansicht des Landgerichts konnten sich die Kläger nicht durch ihre Kündigungen von dem jeweiligen Anleihenvertrag lösen. Ihre Kündigungen sind nicht wirksam geworden. Zwar besteht ein grundsätzliches Kündigungsrecht der Kläger. Dieses konnte aber zeitlich begrenzt nicht ausgeübt werden.
84aa) Eine Kündigung auf der Grundlage der vertraglichen Vereinbarungen in den Anleihenbedingungen kommt nicht in Betracht. Die Anleihenbedingungen enthalten unter § 4 die unter Ziffer I genannten Kündigungsmöglichkeiten. Danach ist die Laufzeit ausdrücklich festgeschrieben. Das Gleiche gilt für die Möglichkeit der Schuldnerin (in den Bedingungen als „Gesellschaft“ bezeichnet), die Anleihe zu kündigen. Eine Regelung, nach der die Gläubiger – hier die Kläger – zur Kündigung der Anleihe mit der Folge einer Rückzahlungspflicht zum Nennbetrag berechtigt wären, enthalten die Bedingungen hingegen nicht. Dies wird auch nicht geltend gemacht.
85bb) Auch die Anwendung des außerordentlichen Kündigungsrechts gemäß § 490 Abs. 1 BGB scheidet aus, weil es sich bei den streitgegenständlichen Anleihen um Inhaber(teil)schuldverschreibungen handelt, auf die nach h. M. in Literatur und Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, die §§ 488 ff. BGB nicht anwendbar sind, weil es sich nicht um Darlehen, sondern um abstrakte Schuldversprechen handelt. Auch wenn Anleihen nach ihrem wirtschaftlichen Charakter als Darlehen im Sinne der §§ 488 ff. BGB anzusehen sein könnten, hat der Gesetzgeber diese als verkehrsfähige, verbriefte Darlehen in den Vorschriften der §§ 793 ff. BGB geregelt, so dass die für Wertpapiere geltenden Sonderregelungen anzuwenden sind. Hierdurch wird der Rückgriff auf die Bestimmungen des Darlehensvertrages, insbesondere auf § 490 BGB ausgeschlossen (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 17.09.2014, 4 U 97/14, DB 2014, 2521, juris Rn. 46; wohl auch für die Frage nach der Anwendbarkeit des § 313 BGB: BGH, Urteil vom 15.07.2014, XI ZR 100/13, NJW 2014, 3362 Rn. 31 ff.; Seibt/Schwarz in ZIP 2015, 401, 407, jeweils mwN; sowie zur Rechtsentwicklung und zu den verschiedenen Meinungen: Hopt/Mülbert, WM 1990, Sonderbeilage 3, S. 3, 5; Hammen, NJW 1987, 2856, 2857; Sprau in Palandt, BGB, 73. Auflage, § 793 Rn. 2; Staudinger-Freitag/Mülbert, BGB (2011), § 488 Rn. 48; OLG München, Urteil vom 22.01.1997 – 7 U 4544/96, Rn. 18, zitiert nach juris; Maier-Reimer, in: Baums/Cahn, Die Reform des Schuldverschreibungsrechts (2004), S. 135; Lenenbach, Kapitalmarktrecht, 2. Auflage, Rn. 2.112; Trautrims, BB 2012, 1824).
86cc) Schließlich kommt auch eine Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 314 Abs. 1 BGB entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht in Betracht.
87Gemäß § 314 Abs. 1 Satz 2 BGB liegt ein wichtiger Kündigungsgrund im Grundsatz dann vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung nicht zugemutet werden kann (Lenenbach, a. a. O., Rn. 2.110; Knops, BB 2008, 2535, 2539; Thomas, ZHR 171 (2007), 684, 708; Müller-Eising/Bode, BKR 2006, 480, 482; Rühlmann, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt (2005), § 14 Rn. 42).
88Eine solche Kündigung ist zwar nicht durch die Anleihebedingungen ausgeschlossen (dazu (1)). Auch ist die Kündigung nicht ausgeschlossen, weil Anleihen kein Dauerschuldverhältnis begründen (dazu (2)), durch die Regelungen des Schuldverschreibungsgesetzes grundsätzlich ausgeschlossen würden (dazu (3)) oder die Gläubigerversammlung die Kündigungsmöglichkeit wirksam ausgeschlossen hätte (dazu (4)). Die Kündigung scheidet aber aus, weil diese zur Unzeit erfolgte (dazu (5)).
89(1) Entgegen der Ansicht des Beklagten ist das Kündigungsrecht gemäß § 314 BGB nicht durch die vertraglichen Vereinbarungen in den Bedingungen der Anleihen ausgeschlossen. Zum einen kann die Kündigungsmöglichkeit aus wichtigem Grund als zwingendes Recht nicht vollständig ausgeschlossen werden (vgl. OLG Frankfurt, DB 2014, 2521, juris Rn. 37 f.). Zum anderen fehlt in ausdrücklicher Ausschluss des Kündigungsrechts. Selbst wenn grundsätzlich auch ein konkludenter Ausschluss der Kündigungsmöglichkeit des § 314 BGB durch die Bedingungen der Anleihen möglich wäre (so OLG Frankfurt DB 2014, 2521), kommt dieser vorliegend nicht in Betracht. Anders als in dem der vorgenannten Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt sind in den Anleihebedingungen der Schuldnerin überhaupt keine Kündigungsmöglichkeiten vorgesehen. In den Anleihebedingungen, die Gegenstand des Verfahrens des OLG Frankfurt waren, waren hingegen Kündigungsmöglichkeiten für die Gläubiger in den Anleihebedingungen ausdrücklich für verschiedene Fälle aufgenommen. Diese Regelungen hat das OLG Frankfurt als abschließend angesehen. Da im vorliegenden Fall für die Gläubiger keine Gründe genannt sind, die eine Beendigung der Anleihe ermöglichen, kommt eine Auslegung der Anleihebedingungen in Bezug auf einen möglichen Ausschluss des Kündigungsrechts im Sinne des § 314 BGB nicht in Betracht. Es bleiben die allgemeinen Regelungen, so auch § 314 BGB, grundsätzlich weiterhin anwendbar (vgl. LG Bonn, Urteil vom 25.03.2014 – 10 O 299/13, ZIP 2014, 1073). Aus dem Schweigen der Anleihebedingungen kann somit entgegen der Auffassung des Beklagten nicht gefolgert werden, dass die Kündigung auch aus wichtigem Grund ausgeschlossen werden sollte.
90(2) Die Kündigung nach § 314 BGB scheidet vorliegend nicht aus, weil die Vorschrift des § 314 BGB auf Anleihen wegen des fehlenden Charakters als Dauerschuldverhältnis nicht anwendbar ist.
91Grundsätzlich setzt die Anwendbarkeit des § 314 BGB zwar ein Dauerschuldverhältnis voraus. Auch ist zweifelhaft, ob es sich bei einer Anleihe um ein solches handelt. Ein Dauerschuldverhältnis ist auf ein fortgesetztes Verhalten innerhalb eines Vertrages gerichtet, aus dem sich während der Laufzeit immer wieder neue Rechte und Pflichten beider Parteien ergeben. Anleihen könnten insoweit einseitige Verpflichtungen zur Zahlung der Zinsen und schließlich nach Ablauf der vereinbarten Zeit des Nennwertes sein (vgl. hierzu insgesamt Seibt/Schwarz ZIP 2015, 401, mwN). Unabhängig von der Frage, ob Anleihen ein Dauerschuldverhältnis darstellen, bleibt aber die Kündigungsmöglichkeit des § 314 BGB bestehen, weil § 314 BGB Ausfluss des Gedankens von Treu und Glauben im Sinne von § 242 BGB ist und daher grundsätzliche Bedeutung hat (vgl. Horn in BKR 2009, 446).
92Dass die Anleihe als Kapitalmarktinstrument veräußerbar ist, schließt die Kündigung aus denselben Gründen nicht aus.
93(3) Auch die Regelungen des Schuldverschreibungsgesetzes 2009 und 1899 (dieses ist aufgrund des Ausgabedatums der Anleihen - bis zum 05.08.2009 - anwendbar) schließen die Kündigung gemäß § 314 BGB nicht grundsätzlich aus. Allerdings kann insoweit die Ausübung des Kündigungsrechts zeitlich begrenzt nicht ausgeübt werden, weil ein Kündigungsgrund nicht anzunehmen ist. Dies ergibt eine systematische und teleologische Betrachtung der Regelungen des Schuldverschreibungsgesetztes aus dem Jahr 2009, aber auch eine solche Betrachtung des Schuldverschreibungsgesetzes aus dem Jahr 1899.
94In diesem Zusammenhang ist die gesetzliche Wertung des Schuldverschreibungsgesetzes mit zu berücksichtigen, insbesondere im Hinblick auf die Frage der (Un-)Zumutbarkeit eines Festhaltens am Vertrag für den Gläubiger (vgl. Seibt/Schwarz, ZIP 2015, 401) als Grund für die Kündigung. Bereits das Schuldverschreibungsgesetz 1899 sah in § 11 Abs. 1 die Möglichkeit zur Ermäßigung des Zinsfußes oder der Bewilligung einer Stundung durch einen entsprechenden Beschluss der Gläubigerversammlung vor. Das Schuldverschreibungsgesetz 2009 ermöglicht es in § 5 Abs. 3 Ziff. 3 und 8 darüber hinaus, dass die Gläubiger durch Mehrheitsbeschluss einer Verringerung der Hauptforderung und einem Kündigungsverzicht zustimmen können, wobei über § 24 Abs. 2 des SchVG 2009 sogar die Möglichkeit besteht, diese Regelungen auch auf Schuldverschreibungen, die vor dem 05.08.2009 ausgegeben wurden, für anwendbar zu erklären (was vorliegend in der ersten Gläubigerversammlung geplant war, aber daran scheiterte, dass nicht das notwendige Kapital vertreten war (§ 24 Abs. 2, § 15 Abs. 3 SchVG 2009).
95Dieser Wertung steht die grundsätzliche Möglichkeit einer Kündigung aus wichtigem Grund (§ 314 BGB) nicht entgegen, auch wenn der Kündigungsgrund zeitlich begrenzt nicht anzunehmen ist. Denn im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung gehen die Interessen der Gläubiger, ihr Vermögen evtl. durch Kündigung und den damit entstehenden Anspruch auf Rückzahlung zu sichern, nur in dem Fall vor, wenn die Mehrheit der Gläubiger eine Restrukturierung plant. Denn nur in diesem Fall gebietet es das Ziel des Gesetzgebers, der Gläubigerversammlung die Möglichkeit einzuräumen, eine Restrukturierung der Gesellschaft zu ermöglichen (Primat der Gläubigerversammlung), die Kündigungsrechte zu beschränken.
96Es ist den Gläubigern auch nicht grundsätzlich zumutbar, generell auf das Recht der außerordentlichen Kündigung zu verzichten und die Anwendbarkeit des § 314 BGB insgesamt abzulehnen, weil dies für den Vorrang der Entscheidung der Gläubigerversammlung nicht notwendig ist. Insbesondere ist kein Grund ersichtlich, ein Kündigungsrecht des jeweiligen Gläubigers auch dann nicht anzuerkennen, wenn die Gläubigerversammlung einer Restrukturierung nicht zustimmt.
97Für die Annahme, dass das Kündigungsrecht nach § 314 BGB nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden sollte, spricht auch, dass der Referentenentwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse bei Schuldverschreibungen aus Anleihen und zur Anpassung kapitalmarktrechtlicher Verjährungsvorschriften vom 09.05.2008 in § 22 des vorgeschlagenen Schuldverschreibungsgesetzes noch vorsah, dass die Kündigungsrechte in den Anleihebedingungen ausgeschlossen werden können. Diese Regelung sei – so der Referentenentwurf (S. 39) – notwendig, weil Schuldverhältnisse mindestens aus wichtigem Grund gekündigt werden könnten und der Schuldner die Sicherheit haben müsse, dass die Gläubiger insbesondere bei einer Realisierung des vom Gläubiger übernommenen Risikos nicht kündigen könnten. Es war seinerzeit streitig, ob mit dieser Regelung auch die Kündigungsmöglichkeit des § 314 BGB ausgeschlossen werden sollte. Dadurch dass diese Regelung nicht in das Gesetz aufgenommen worden ist, wird deutlich, dass jedenfalls ein genereller Ausschluss der Kündigungsrechte aus wichtigem Grund (§ 314 BGB) nicht gewollt war.
98Auch die Vorschrift des § 5 Abs. 5 SchVG 2009 – diese ist vorliegend ohnehin nicht anwendbar – führt entgegen der Auffassung von Paulus (WM 2012, 1109) zu keinem anderen Ergebnis, weil insoweit eine Interessenabwägung bezogen auf den Einzelfall zu erfolgen hat. Auch kommt diese Regelung nicht zur Anwendung, weil das SchVG 2009 nur anwendbar ist, soweit die Anleihe ab dem 05.08.2009 herausgegeben wurde, oder die Anwendbarkeit im Rahmen einer Gläubigerversammlung beschlossen wurde. Ein solcher Beschluss ist wirksam nicht zustande gekommen, weil die hierzu einberufene Gläubigerversammlung nicht beschlussfähig war. Damit kommt die Anwendung des § 5 Abs. 5 SchVG 2009 nicht in Betracht. Die Möglichkeit der Gläubigerversammlung, eine Rückwirkung des Kündigungsverzichts zu erreichen, kann vor diesem Hintergrund nicht zum Tragen kommen (vgl. OLG Frankfurt DB 2014, 2521, juris Rn. 61; so auch LG Bonn, ZIP 2014, 1073). § 5 Abs. 5 SchVG regelt darüber hinaus nur den Fall, dass die Kündigungsrechte nach den Anleihebedingungen nur Kollektiv von Gläubigern gemeinsam wahrgenommen werden können (vgl. Veranneman, SchVG, § 5 Rn. 36 sowie Begründung des Regierungsentwurfs der Bundesregierung, BT-Drucks. 16/12814 S. 19). Eine solche Regelung sehen die Anleihebedingungen der Insolvenzschuldnerin nicht vor und sollten unter Berücksichtigung der historischen Entwicklung auch nicht Gegenstand der gesetzlichen Regelung sein.
99Schließlich kann auch ein Vergleich mit der Treuepflicht der Gesellschafter einer Gesellschaft den Ausschluss des Kündigungsrechts vorliegend nicht begründen. Die Gesellschafter können Einfluss auf die Leitung der Geschäfte der Gesellschaft nehmen. Einen solchen Einfluss haben die Kläger als Gläubiger der Anleihen der Insolvenzschuldnerin nicht. Ihre rechtlichen Möglichkeiten werden durch das SchVG konkretisiert.
100(4) Soweit im vorliegenden Fall – noch vor Zugang der klägerischen Kündigung bei der Insolvenzschuldnerin – von der Gläubigerversammlung ein Beschluss gefasst wurde, der einen Kündigungsverzicht der Anleihegläubiger für das Jahr 2013 vorsah, ist dieser Beschluss seinerzeit nicht wirksam geworden, weil die erforderliche Mehrheit der Hälfte des Nennwertes der im Umlauf befindlichen Schuldverschreibungen nicht zustande gekommen war (vgl. § 11 Abs. 2 Satz 2 SchVG). Die spätere Beschlussfassung erfolgte erst nach Zugang der Kündigung, ohne dass dabei etwa eine Rückwirkung des Kündigungsverzichts beschlossen worden wäre. Die im Jahr 2010 erfolgten Beschlussfassungen der Gläubigerversammlung stehen mithin der klägerischen Kündigung nicht entgegen.
101Soweit eine rückwirkende Möglichkeit, die Kündigung auszuschließen, gemäß § 5 Abs. 5 SchVG anzunehmen sein könnte, kommt diese Regelung – wie dargelegt – nicht zur Anwendung.
102(5) Die Wirksamkeit der Kündigung scheitert allerdings daran, dass sie zur Unzeit erfolgte. Eine Kündigung durch die Kläger vor der zweiten Gläubigerversammlung war nicht zulässig. Es war den Klägern vielmehr zuzumuten, die zweite Gläubigerversammlung abzuwarten. Insofern fehlte der Kündigung der Kläger im Zeitpunkt ihres Ausspruchs der erforderliche Kündigungsgrund gem. § 314 BGB.
103Im Rahmen der für die Frage nach der Kündigungsmöglichkeit gemäß § 314 BGB erforderlichen Interessenabwägung ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Verschlechterung der Vermögenslage der Schuldnerin der Anleihen grundsätzlich einen Grund zur außerordentlichen Kündigung darstellen kann, wenn dadurch die Ansprüche des Anlegers gefährdet werden (Knops, BB 2008, 2535, 2539), wobei jedoch immer auch die Frage der Zumutbarkeit und die Frage einer damit im Zusammenhang stehenden Risikoverteilung zu beachten ist (vgl. insbesondere Seibt/Schwarz, ZIP 2015, 401 sowie Hellner/Steuer, Bankrecht und Bankpraxis, Bd. 5, Rn. 10/186b).
104In diesem Zusammenhang ist zunächst davon auszugehen, dass es zu einer Verschlechterung der Vermögensverhältnisse der Insolvenzschuldnerin kam, die den Klägern nicht aufgrund einer Risikoverteilung zuzumuten ist.
105Die Insolvenzschuldnerin hat das Vorliegen einer Verschlechterung ihrer Vermögenslage unter Hinweis darauf bestritten, dass keine Substanzverschlechterung der erworbenen Immobilien vorliege, sondern wesentliche Ursache ihres Restrukturierungsbedarfs die negative Preisentwicklung für Einzelhandelsimmobilien seit der Finanzkrise 2008 sei. Die Kläger sind dem in tatsächlicher Hinsicht nicht weiter entgegen getreten, haben jedoch die Auffassung vertreten, dass es – bedingt durch die Neubewertung der Immobilien im Zuge einer negativen Entwicklung der Marktlage - zu einer deutlichen Verschärfung der Überschuldungssituation bei der Insolvenzschuldnerin gekommen sei. Dieses sei ein von der Insolvenzschuldnerin zu tragendes Risiko, dessen Verwirklichung sie – die Kläger – zu einer fristlosen Kündigung berechtige.
106Die Insolvenzschuldnerin ist demgegenüber der Auffassung, dass die Veränderung des Marktniveaus ein von den Klägern zu tragendes Risiko sei. Die Veränderung des Marktniveaus stelle einen wirtschaftlichen Faktor dar, der von der Insolvenzschuldnerin nicht zu beeinflussen sei. Vielmehr handele es sich insoweit um ein allein den Anleger treffendes wirtschaftliches Prognoserisiko, auf das auch auf verschiedenen Seiten des Prospekts der Sache nach hingewiesen worden sei. Wenn es danach allein aufgrund der Verwirklichung eines die Anleger treffenden Risikos einer negativen Marktentwicklung (Prognoserisiko) zu einer drohenden Insolvenz der Schuldnerin gekommen sei, könne die sich daraus ergebende Gefährdung von Gläubigeransprüchen keine außerordentliche Kündigung der Kläger rechtfertigen. Vielmehr sei es ihnen aufgrund der vertraglichen Risikoverteilung zuzumuten, bis zum Ende der Laufzeit am Vertrag festzuhalten.
107Dem kann so nicht beigetreten werden. Der Gläubiger kann – wie dargelegt – keinen Einfluss auf die Geschäfte der Schuldnerin nehmen. Er ist vielmehr – abgesehen von den im SchVG vorgesehenen Möglichkeiten – nicht in der Lage, die Geschäftsführung der Schuldnerin zu beeinflussen, so dass allein die Insolvenzschuldnerin für die wirtschaftliche Entwicklung ihres Vermögens verantwortlich ist. Die Frage, aus welchem Grund eine Verschlechterung der Vermögenssituation eingetreten ist, kann jedenfalls dann keine Rolle (mehr) spielen, wenn diese sich soweit verschlechtert hat, dass eine Insolvenz unmittelbar bevorsteht. Eine solche Konstellation war hier gegeben. Die drohende Insolvenz war für den Fall angekündigt, dass die Gläubiger nicht auf einen Teil ihrer Ansprüche verzichten. In diesem Fall überwiegen die Gläubigerinteressen an der Erhaltung ihrer Ansprüche.
108Allein die Gläubigerversammlung muss – nach dem gesetzlichen Schutzzweck des SchVG und dem insoweit gebotenen Anlegerschutz – die Möglichkeit erhalten, über die nach dem SchVG vorgesehenen Maßnahmen zur Restrukturierung zu entscheiden, so dass die Möglichkeit einer Kündigung jedenfalls dann ausgeschlossen ist, wenn – wie hier – ein Restrukturierungskonzept vorliegt und die Gläubigerversammlung bislang nicht die Möglichkeit hatte, eine Kündigung durch entsprechenden Beschluss abzuwenden.
109Vorliegend konnte die vor der Kündigung der Kläger einberufene Gläubigerversammlung nicht wirksam das Kündigungsrecht ausschließen, weil der hierfür erforderliche Kapitalanteil in der Versammlung nicht vertreten war (§ 11 Abs. 2 Satz 2 SchVG 1899). In diesem Fall muss der Gläubigerversammlung aber die Möglichkeit eingeräumt werden, eine zweite, unabhängig vom anwesenden Kapitalanteil beschlussfähige Gläubigerversammlung (§ 11 Abs. 5 SchVG 1899) einzuberufen, die sodann auch über den Ausschluss des Kündigungsrechts befinden kann.
110Nur auf diese Weise bleibt das Primat der Gläubigerversammlung als Leitbild des SchVG gewahrt. Jedenfalls ab dem Zeitpunkt der Kenntnis eines Restrukturierungskonzepts und der durch die Gläubigerversammlung geplanten Annahme (hier mit Bekanntmachung der Restrukturierung vom 25.08.2010, Anlage B5), hat daher eine Interessenabwägung im Rahmen der Zumutbarkeit des § 314 BGB zu ergeben, dass Einzelkündigungenvor einer möglichen Beschlussfassung der Gläubigerversammlung ausgeschlossen sind, weil es den einzelnen Gläubigern zumutbar ist, im Interesse der kollektiven Bindung aller Gläubiger und einer sich daraus ergebenden Vorrangstellung der Gläubigerversammlung als solcher, eine Beschlussfassung und damit Einschätzung der Sanierungsmöglichkeiten durch alle Gläubiger zu ermöglichen.
111Eine effektive Umsetzung des Primats der Gläubigerversammlung ist dann aber auch nur gewährleistet, wenn die zweite Gläubigerversammlung abgewartet wird, dessen Beschlussfähigkeit nicht von einem bestimmten Anteil der vertretenen Gläubiger abhängig ist. Ob diese Auffassung zur Bestimmung des wichtigen Grundes gem. § 314 BGB sodann eine Einschränkung der durch die Gläubigerversammlung zu beschließenden rückwirkenden Kündigungsverzichtsmöglichkeiten gebietet, kann der Senat vorliegend offen lassen.
112Mit dieser Einschränkung kann durch die Kündigung des einzelnen Gläubigers – entgegen der Ansicht des Beklagten – kein unzulässiger Sondervorteil entstehen, zumal die Möglichkeit der Kündigung im Übrigen jedem Gläubiger gleichermaßen zusteht.
113Zu keinem anderen Ergebnis kann es führen, wenn die Zinsen nicht, oder nicht fristgerecht gezahlt wurden. Denn auch in diesem Fall würden die Rechte der Gläubigerversammlung gegen den Willen des Gesetzgebers beschränkt, wenn die Nichtzahlung der Zinsen – die Zinsen werden im Regelfall nicht gezahlt, weil sich die wirtschaftliche Situation der Schuldnerin verschlechterte – der Gläubigerversammlung faktisch die Möglichkeit, über geplante Restrukturierungsmaßnahmen zu entscheiden, entziehen würde. Zahlreiche Gläubiger könnten die Möglichkeit einer Kündigung gemäß § 314 BGB nutzen und so die Restrukturierung gefährden.
114dd) Eine Kündigung gemäß § 313 BGB (vgl. Paulus, WM 2012, 1109) kommt aus den vorstehend dargelegten Gründen ebenfalls nicht in Betracht.
1154. Soweit die Kläger ihre Ansprüche in erster Instanz auch auf Schadensersatz gestützt haben, sind solche Ansprüche nicht mehr Gegenstand des Rechtsstreits. Die Kläger haben ausdrücklich ihre Ansprüche nicht mehr auf Schadensersatz gestützt. Insoweit handelt es sich um einen anderen Streitgegenstand, weil diesem Begehren ein anderer Lebenssachverhalt (Umstände bei Ausgabe der Anleihen) zugrunde gelegen hat.
1165. Die von dem Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung beim Senat erhobene Zwischenfeststellungsklage gemäß § 256 Abs. 2 ZPO ist zulässig und begründet. Sie kann auch in der zweiten Instanz ohne die Beschränkung des § 533 Nr. 1 ZPO noch erhoben werden (vgl. Becker-Eberhard in MünchKomm/ZPO, 4. Aufl. § 256 Rn. 85). Es besteht zwischen den Prozessparteien auch Streit über ein Rechtsverhältnis, nämlich über die Frage, ob die von den Klägern unter dem 08.09.2010 ausgesprochene Kündigung wirksam ist. Diese Frage ist – entsprechend den vorstehenden Ausführungen – vorgreiflich, weil die Frage, ob die Kündigung wirksam ist, für das Bestehen der – über die anerkannten Ansprüche hinausgehenden Ansprüche entscheidend ist, und auch für die Verwertung von Sicherheiten, die die Kläger aufgrund des erstinstanzlichen Urteils erlangt haben, Bedeutung hat.
117Die Zwischenfeststellungsklage ist auch begründet, weil die von den Klägern unter dem 08.09.2010 ausgesprochene Kündigung – wie im Einzelnen dargelegt – unwirksam ist.
1186. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen (§ 92 Abs. 2 ZPO), weil er im Wesentlichen unterlegen ist. Lediglich Nebenforderungen bestehend aus Zinsen und Ansprüchen auf Zahlung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren sind nicht begründet.
119Entgegen der Ansicht des Beklagten hat dieser die Forderungen der Kläger nicht sofort mit der Kostenfolge des § 93 ZPO anerkannt. Vielmehr hat der Beklagte durch die Ablehnung der Eintragung der Forderung in die Insolvenztabelle Anlass zur Klage gegeben. Ein sofortiges Anerkenntnis kommt – entgegen der Auffassung des Beklagten – nicht deshalb in Betracht, weil die Kläger erst in der Berufung ihre Aktivlegitimation hinreichend nachgewiesen hätten. Zwar kommt ein sofortiges Anerkenntnis auch in Betracht, wenn eine Klage erst nachträglich schlüssig gemacht worden ist (vgl. Schulz in MünchKomm/ZPO, 4. Aufl., § 93 Rn. 15, mwN). Wie bereits ausgeführt war der Beklagte aber mit dem Einwand der mangelnden Aktivlegitimation im Berufungsverfahren ausgeschlossen (s.o.). Auch erfolgte das Anerkenntnis erst nach richterlichem Hinweis.
1207. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
1218. Die Revision ist (ohne Einschränkung) zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Insbesondere das Verhältnis der Kündigungsmöglichkeit gemäß § 314 BGB im Spannungsfeld mit dem Gläubigerschutz nach dem Schuldverschreibungsgesetz ist höchstrichterlich nicht hinreichend geklärt und – wie sich auch aus der umfangreichen Literatur und Rechtsprechung zu dieser Frage ergibt – für zahlreiche Fälle von Bedeutung.
122Streitwert für das Berufungsverfahren: 875.757,00 €
123(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,
- 1.
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist, - 2.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder - 3.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.
(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.
(1) Aus einem nur gegen Sicherheit vorläufig vollstreckbaren Urteil, durch das der Schuldner zur Leistung von Geld verurteilt worden ist, darf der Gläubiger ohne Sicherheitsleistung die Zwangsvollstreckung insoweit betreiben, als
- a)
bewegliches Vermögen gepfändet wird, - b)
im Wege der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen eine Sicherungshypothek oder Schiffshypothek eingetragen wird.
(2) Für die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen gilt § 930 Abs. 2, 3 entsprechend.
(3) Der Schuldner ist befugt, die Zwangsvollstreckung nach Absatz 1 durch Leistung einer Sicherheit in Höhe des Hauptanspruchs abzuwenden, wegen dessen der Gläubiger vollstrecken kann, wenn nicht der Gläubiger vorher die ihm obliegende Sicherheit geleistet hat.
Der Gläubiger kann auf die durch Pfändung und Überweisung zur Einziehung erworbenen Rechte unbeschadet seines Anspruchs verzichten. Die Verzichtleistung erfolgt durch eine dem Schuldner zuzustellende Erklärung. Die Erklärung ist auch dem Drittschuldner zuzustellen.
(1) Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 anfechten.
(2) Eine Unterlassung steht einer Rechtshandlung gleich.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,
- 1.
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist, - 2.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder - 3.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.
(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.
(1) Soll eine Geldforderung gepfändet werden, so hat das Gericht dem Drittschuldner zu verbieten, an den Schuldner zu zahlen. Zugleich hat das Gericht an den Schuldner das Gebot zu erlassen, sich jeder Verfügung über die Forderung, insbesondere ihrer Einziehung, zu enthalten. Die Pfändung mehrerer Geldforderungen gegen verschiedene Drittschuldner soll auf Antrag des Gläubigers durch einheitlichen Beschluss ausgesprochen werden, soweit dies für Zwecke der Vollstreckung geboten erscheint und kein Grund zu der Annahme besteht, dass schutzwürdige Interessen der Drittschuldner entgegenstehen.
(2) Der Gläubiger hat den Beschluss dem Drittschuldner zustellen zu lassen. Der Gerichtsvollzieher hat dem Schuldner den Beschluss mit dem Zustellungsnachweis sofort zuzustellen, sofern nicht eine öffentliche Zustellung erforderlich ist. An Stelle einer an den Schuldner im Ausland zu bewirkenden Zustellung erfolgt die Zustellung durch Aufgabe zur Post, sofern die Zustellung nicht nach unmittelbar anwendbaren Regelungen der Europäischen Union zu bewirken ist.
(3) Mit der Zustellung des Beschlusses an den Drittschuldner ist die Pfändung als bewirkt anzusehen.
(4) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Formulare für den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses einzuführen. Soweit nach Satz 1 Formulare eingeführt sind, muss sich der Antragsteller ihrer bedienen. Für Verfahren bei Gerichten, die die Verfahren elektronisch bearbeiten, und für Verfahren bei Gerichten, die die Verfahren nicht elektronisch bearbeiten, können unterschiedliche Formulare eingeführt werden.
(1) Aus einem nur gegen Sicherheit vorläufig vollstreckbaren Urteil, durch das der Schuldner zur Leistung von Geld verurteilt worden ist, darf der Gläubiger ohne Sicherheitsleistung die Zwangsvollstreckung insoweit betreiben, als
- a)
bewegliches Vermögen gepfändet wird, - b)
im Wege der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen eine Sicherungshypothek oder Schiffshypothek eingetragen wird.
(2) Für die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen gilt § 930 Abs. 2, 3 entsprechend.
(3) Der Schuldner ist befugt, die Zwangsvollstreckung nach Absatz 1 durch Leistung einer Sicherheit in Höhe des Hauptanspruchs abzuwenden, wegen dessen der Gläubiger vollstrecken kann, wenn nicht der Gläubiger vorher die ihm obliegende Sicherheit geleistet hat.
(1) Soll eine Geldforderung gepfändet werden, so hat das Gericht dem Drittschuldner zu verbieten, an den Schuldner zu zahlen. Zugleich hat das Gericht an den Schuldner das Gebot zu erlassen, sich jeder Verfügung über die Forderung, insbesondere ihrer Einziehung, zu enthalten. Die Pfändung mehrerer Geldforderungen gegen verschiedene Drittschuldner soll auf Antrag des Gläubigers durch einheitlichen Beschluss ausgesprochen werden, soweit dies für Zwecke der Vollstreckung geboten erscheint und kein Grund zu der Annahme besteht, dass schutzwürdige Interessen der Drittschuldner entgegenstehen.
(2) Der Gläubiger hat den Beschluss dem Drittschuldner zustellen zu lassen. Der Gerichtsvollzieher hat dem Schuldner den Beschluss mit dem Zustellungsnachweis sofort zuzustellen, sofern nicht eine öffentliche Zustellung erforderlich ist. An Stelle einer an den Schuldner im Ausland zu bewirkenden Zustellung erfolgt die Zustellung durch Aufgabe zur Post, sofern die Zustellung nicht nach unmittelbar anwendbaren Regelungen der Europäischen Union zu bewirken ist.
(3) Mit der Zustellung des Beschlusses an den Drittschuldner ist die Pfändung als bewirkt anzusehen.
(4) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Formulare für den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses einzuführen. Soweit nach Satz 1 Formulare eingeführt sind, muss sich der Antragsteller ihrer bedienen. Für Verfahren bei Gerichten, die die Verfahren elektronisch bearbeiten, und für Verfahren bei Gerichten, die die Verfahren nicht elektronisch bearbeiten, können unterschiedliche Formulare eingeführt werden.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,
- 1.
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist, - 2.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder - 3.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.
(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.
(1) Eine Rechtshandlung gilt als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten.
(2) Ist für das Wirksamwerden eines Rechtsgeschäfts eine Eintragung im Grundbuch, im Schiffsregister, im Schiffsbauregister oder im Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen erforderlich, so gilt das Rechtsgeschäft als vorgenommen, sobald die übrigen Voraussetzungen für das Wirksamwerden erfüllt sind, die Willenserklärung des Schuldners für ihn bindend geworden ist und der andere Teil den Antrag auf Eintragung der Rechtsänderung gestellt hat. Ist der Antrag auf Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf die Rechtsänderung gestellt worden, so gilt Satz 1 mit der Maßgabe, daß dieser Antrag an die Stelle des Antrags auf Eintragung der Rechtsänderung tritt.
(3) Bei einer bedingten oder befristeten Rechtshandlung bleibt der Eintritt der Bedingung oder des Termins außer Betracht.
(1) Soll eine Geldforderung gepfändet werden, so hat das Gericht dem Drittschuldner zu verbieten, an den Schuldner zu zahlen. Zugleich hat das Gericht an den Schuldner das Gebot zu erlassen, sich jeder Verfügung über die Forderung, insbesondere ihrer Einziehung, zu enthalten. Die Pfändung mehrerer Geldforderungen gegen verschiedene Drittschuldner soll auf Antrag des Gläubigers durch einheitlichen Beschluss ausgesprochen werden, soweit dies für Zwecke der Vollstreckung geboten erscheint und kein Grund zu der Annahme besteht, dass schutzwürdige Interessen der Drittschuldner entgegenstehen.
(2) Der Gläubiger hat den Beschluss dem Drittschuldner zustellen zu lassen. Der Gerichtsvollzieher hat dem Schuldner den Beschluss mit dem Zustellungsnachweis sofort zuzustellen, sofern nicht eine öffentliche Zustellung erforderlich ist. An Stelle einer an den Schuldner im Ausland zu bewirkenden Zustellung erfolgt die Zustellung durch Aufgabe zur Post, sofern die Zustellung nicht nach unmittelbar anwendbaren Regelungen der Europäischen Union zu bewirken ist.
(3) Mit der Zustellung des Beschlusses an den Drittschuldner ist die Pfändung als bewirkt anzusehen.
(4) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Formulare für den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses einzuführen. Soweit nach Satz 1 Formulare eingeführt sind, muss sich der Antragsteller ihrer bedienen. Für Verfahren bei Gerichten, die die Verfahren elektronisch bearbeiten, und für Verfahren bei Gerichten, die die Verfahren nicht elektronisch bearbeiten, können unterschiedliche Formulare eingeführt werden.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,
- 1.
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist, - 2.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder - 3.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.
(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat,
- 1.
wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte oder - 2.
wenn sie nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
(2) Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen.
(3) Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,
- 1.
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist, - 2.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder - 3.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.
(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.
(1) Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern einen Eröffnungsantrag zu stellen. Der Antrag ist spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung zu stellen. Das Gleiche gilt für die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter oder die Abwickler bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist; dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere Gesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.
(2) Bei einer Gesellschaft im Sinne des Absatzes 1 Satz 3 gilt Absatz 1 sinngemäß, wenn die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter ihrerseits Gesellschaften sind, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, oder sich die Verbindung von Gesellschaften in dieser Art fortsetzt.
(3) Im Fall der Führungslosigkeit einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist auch jeder Gesellschafter, im Fall der Führungslosigkeit einer Aktiengesellschaft oder einer Genossenschaft ist auch jedes Mitglied des Aufsichtsrats zur Stellung des Antrags verpflichtet, es sei denn, diese Person hat von der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung oder der Führungslosigkeit keine Kenntnis.
(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen Absatz 1 Satz 1 und 2, auch in Verbindung mit Satz 3 oder Absatz 2 oder Absatz 3, einen Eröffnungsantrag
(5) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 4 fahrlässig, ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.
(6) Im Falle des Absatzes 4 Nummer 2, auch in Verbindung mit Absatz 5, ist die Tat nur strafbar, wenn der Eröffnungsantrag rechtskräftig als unzulässig zurückgewiesen wurde.
(7) Auf Vereine und Stiftungen, für die § 42 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt, sind die Absätze 1 bis 6 nicht anzuwenden.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,
- 1.
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist, - 2.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder - 3.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.
(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.
(1) Beantragt der Schuldner die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, so ist auch die drohende Zahlungsunfähigkeit Eröffnungsgrund.
(2) Der Schuldner droht zahlungsunfähig zu werden, wenn er voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. In aller Regel ist ein Prognosezeitraum von 24 Monaten zugrunde zu legen.
(3) Wird bei einer juristischen Person oder einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit der Antrag nicht von allen Mitgliedern des Vertretungsorgans, allen persönlich haftenden Gesellschaftern oder allen Abwicklern gestellt, so ist Absatz 1 nur anzuwenden, wenn der oder die Antragsteller zur Vertretung der juristischen Person oder der Gesellschaft berechtigt sind.
(1) Eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt, ist nur anfechtbar, wenn die Voraussetzungen des § 133 Absatz 1 bis 3 gegeben sind und der andere Teil erkannt hat, dass der Schuldner unlauter handelte.
(2) Der Austausch von Leistung und Gegenleistung ist unmittelbar, wenn er nach Art der ausgetauschten Leistungen und unter Berücksichtigung der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs in einem engen zeitlichen Zusammenhang erfolgt. Gewährt der Schuldner seinem Arbeitnehmer Arbeitsentgelt, ist ein enger zeitlicher Zusammenhang gegeben, wenn der Zeitraum zwischen Arbeitsleistung und Gewährung des Arbeitsentgelts drei Monate nicht übersteigt. Der Gewährung des Arbeitsentgelts durch den Schuldner steht die Gewährung dieses Arbeitsentgelts durch einen Dritten nach § 267 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gleich, wenn für den Arbeitnehmer nicht erkennbar war, dass ein Dritter die Leistung bewirkt hat.
(1) Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 anfechten.
(2) Eine Unterlassung steht einer Rechtshandlung gleich.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,
- 1.
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist, - 2.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder - 3.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.
(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.
(1) Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht.
(2) Hat im Falle einer durch Rechtsgeschäft erteilten Vertretungsmacht (Vollmacht) der Vertreter nach bestimmten Weisungen des Vollmachtgebers gehandelt, so kann sich dieser in Ansehung solcher Umstände, die er selbst kannte, nicht auf die Unkenntnis des Vertreters berufen. Dasselbe gilt von Umständen, die der Vollmachtgeber kennen musste, sofern das Kennenmüssen der Kenntnis gleichsteht.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.