Oberlandesgericht Köln Urteil, 16. Sept. 2016 - 19 U 204/15
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 19.11.2015 – 1 O 64/15 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 37,20 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 29.07.2014 zu zahlen.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.725,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB aus 1.265,44 € seit dem 24.04.2014, aus weiteren 230,08 € seit dem 21.08.2014 sowie aus weiteren 230,08 € seit dem 26.11.2014 (Rechtshängigkeit) zu zahlen.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 139,23 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 21.08.2014 zu zahlen.
Die Widerklage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe:
2Die Parteien streiten um die Ersatzfähigkeit von Mehraufwendungen für die private Krankenversicherung des 2012 geborenen Sohns der Klägerin. Die Klägerin wurde bei einem Verkehrsunfall durch einen bei dem Beklagten haftpflichtversicherten PKW, für den der Beklagte seine Einstandspflicht zu 100 % anerkennt, schwer verletzt. Aufgrund unfallbedingter Dienstunfähigkeit wurde die zuvor in einem Beamtenverhältnis auf Probe als Lehrerin tätige Klägerin entlassen. Durch das Ausscheiden der Klägerin aus dem Beamtenverhältnis entfielen die Beihilfeberechtigung der Klägerin und ihres Sohnes, so dass beide sich nunmehr zu 100 % privat krankenversicherten. Ab dem 01.08.2013 erhöhten sich daher die Krankenkassenbeiträge für die private Krankenversicherung für die Klägerin und ihren Sohn. Den Mehrbetrag bezüglich der privaten Krankenversicherung für die Klägerin übernimmt der Beklagte. Den Mehrbetrag von 115,04 € monatlich für die Versicherung des Kindes Q will der Beklagte nicht erstatten.
3Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass die monatlichen Mehrkosten für die Krankenvollversicherung ihres Sohnes durch den Beklagten zu tragen seien. Die Krankenkassenbeiträge des Kindes seien sowohl vor als auch nach dem Unfallereignis alleine von der Klägerin getragen worden. Es sei daher ihr selbst unmittelbar durch den Unfall ein Schaden entstanden und kein Drittschaden anzunehmen.
4Im Übrigen sei eine Krankenversicherung grundsätzlich nach den gesetzlichen Unterhaltsverpflichtungen zu stellen. Diese Unterhaltspflicht umfasse auch eine private Krankenversicherung, zumal die Entscheidung für die private Krankenkasse schon vor dem Unfallereignis gefallen sei. Durch den Wegfall der Beihilfeberechtigung sei der Krankenkassenbeitrag für den Sohn gestiegen und somit auch der von der Klägerin zu erbringende Unterhalt für das Kind.
5Eine Mitversicherung über den Kindesvater in der gesetzlichen Krankenversicherung sei - so hat die Klägerin behauptet - nicht mehr möglich. Nur im Fall der Scheidung bestehe für die gesetzliche Krankenversicherung eine Verpflichtung zur Aufnahme eines zuvor über den anderen Elternteil privat mitversicherten Kindes.
6Zudem hat die Klägerin behauptet, dass ihre ostheopatische Behandlung und die damit verbundenen Fahrtkosten in Höhe von 37,20 Euro notwendig seien.
7Demgegenüber hat der Beklagte die Ansicht vertreten, dem Sohn der Klägerin stehe im Rahmen des Unterhaltsanspruches zwar eine ausreichende Krankenversicherung zu, eine gesetzliche Krankenversicherung genüge dem jedoch. Im Übrigen handele es sich bei den Versicherungskosten um solche des Sohnes und damit um einen Drittschaden. Insofern will der Beklagte widerklagend festgestellt wissen, dass der Klägerin Ersatzansprüche wegen Krankenkassenbeiträgen für den Sohn Q ab dem 01.11.2014 nicht zustehen.
8Das Landgericht hat der Klage nur bezüglich der geltend gemachten Fahrtkosten der Klägerin zum Osteopathen stattgegeben. Ein Anspruch auf Übernahme der erhöhten Krankenversicherungskosten für das Kind Q bestehe hingegen nicht. Zwar mache die Klägerin einen eigenen Schaden und nicht einen solchen ihres Sohnes geltend, weil es sich um erhöhten Unterhalt handele, den die Klägerin in Erfüllung ihrer Unterhaltspflicht nach § 1610 BGB leiste. Das Kind leite den angemessenen Unterhalt von den Eltern ab. Sei das Kind privat krankenversichert, müsse z.B. auch im Falle der Scheidung der Barunterhaltsschuldner für die Kosten zusätzlich einstehen. Zwar habe der Beklagte grundsätzlich auch für den durch den Unfall erhöhten Unterhaltsbedarf einzustehen. Hier sei aber zu beachten, dass das Kind keinen Anspruch darauf habe, dass sich die Lebensverhältnisse seiner Eltern nicht änderten und Unterhalt über das Mindestmaß hinaus gewährt werde. Der Verlust des Arbeitsplatzes oder die Erkrankung eines Elternteils könne jederzeit dazu führen, dass sich der Unterhalt des Kindes faktisch kürze. Hätten sich die Verhältnisse - wie hier geschehen - dadurch geändert, dass die Klägerin nicht mehr Beamtin sei, müsse sie auch nur noch den Unterhalt gewähren, den sie in ihrer Situation zu leisten in der Lage sei. Da die Klägerin deshalb keinen erhöhten Unterhalt an ihr Kind leisten müsse, bestehe auch kein ersatzfähiger Schaden, der bei dem Beklagten geltend gemacht werden könne.
9Jedenfalls müsse die Klägerin sich einen Verstoß gegen die ihr obliegende Schadensminderungspflicht vorhalten lassen, weil sie ihr Kind nicht kostenfrei in der gesetzlichen Familienversicherung über den Vater des Sohnes versichert und die Unterschiede zu einer privaten Versorgung ggfl. durch entsprechende Zusatzversicherungen ausgeglichen habe. Entgegen der Behauptung der Klägerin sei ein solcher Wechsel im Zeitpunkt des Wegfalls der Beihilfeberechtigung möglich gewesen. Soweit dies nun, nachdem der Sohn weiterhin freiwillig privat versichert sei, nicht mehr möglich sei, könnte dies nicht zu Lasten des Beklagten gehen, da dieser Umstand allein auf einem Entschluss der Eltern beruhe.
10Selbst wenn man aber vorliegend einen Anspruch der Klägerin auf Ersatz des erhöhten Unterhaltsschadens und auch keinen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht annehmen wollte, käme allenfalls ein hälftiger Anspruch in Betracht, da beide Eltern dem Kind unterhaltspflichtig seien und der Ehemann der Klägerin mehr verdiene als diese. Insofern könne die (zufällige) Verteilung der Unterhaltsleistung im Innenverhältnis der Eltern nicht zu Lasten eines Dritten gehen.
11Die Widerklage sei zulässig und begründet. Sie habe auch nicht eine bloße Verneinung des Klageanspruchs zum Gegenstand, sondern betreffe einen völlig anderen - von dem Streitgegenstand der Klage nicht umfassten - Zeitraum.
12Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachvortrags der Parteien sowie der tatsächlichen Feststellungen und der Begründung des Landgerichts wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die Ausführungen in dem Urteil vom 16.09.2015 (Bl. 111 ff. GA) Bezug genommen.
13Dagegen führt die Klägerin Berufung, mit der sie ihren erstinstanzlichen Antrag auf Erstattung der erhöhten Kosten der privaten Krankenversicherung für das Kind Q und die Abweisung der Widerklage weiterverfolgt. Sie wiederholt und vertieft ihre erstinstanzliche Argumentation, nach der entgegen der Ansicht des Landgerichts durch die Entscheidung der Eltern vor dem Unfall, ihr Kind privat krankenzuversichern, eine unterhaltsrechtliche Disposition getroffen worden sei, die einen unterhaltsrechtlichen Mehrbedarf festschreibe, der z.B. auch im Falle der Scheidung zu finanzieren sei. Dieser Mehrbedarf sei allein aufgrund des Unfalls gestiegen, so dass der (erhöhte) Mehrbedarf einen kausalen Schaden darstelle. Es bestehe kein Grund, zwischen den Mehrkosten der privaten Krankenversicherung der Klägerin, die der Beklagte erstatte, und denen des Sohnes zu differenzieren. Soweit das Landgericht darauf verweise, dass das Kind keinen Anspruch darauf habe, dass die Lebensverhältnisse sich nicht veränderten und ihm immer ein Unterhalt über das Mindestmaß hinaus gewährt werde, so verkenne es die schadensrechtlichen Grundsätze, nach denen sich die Lebensstellung und das Einkommensniveau durch das Unfallgeschehen nicht verschlechtern dürften.
14Zudem bestehe keine Möglichkeit, das Kind über den gesetzlich versicherten Ehemann (kostenlos) mitzuversichern. Diese Möglichkeit bestehe nur im Fall der Scheidung der Eheleute. Die Entscheidung, das Kind über die Klägerin privat krankenzuversichern, sei vor dem Unfall getroffen worden. Daran seien die Klägerin und somit auch der Beklagte gebunden. Zudem würde das Kind durch die gesetzliche Versicherung schlechter gestellt, da deren Leistungen gerade bei Kleinkindern hinter den Leistungen der privaten Versicherung zurückblieben. Insofern müssten Nachteile durch eine private Zusatzversicherung ausgeglichen werden, deren Kosten mindestens so hoch seien wie die nun entstandenen Mehrkosten der privaten Krankenversicherung. Zudem sei der Wechsel in die gesetzliche Krankenversicherung auch nicht zumutbar, weil die zu 100 % schwerbehinderte Klägerin dann mit ihrem Sohn einen anderen Kinderarzt aufsuchen müsse (der jetzige nehme nur Privatpatienten) und sie längere Fahrwege habe. Würden die Eltern ihren Sohn gesetzlich versichern, stelle dies einen Vertrag zu Lasten Dritter dar. Zudem müsse die Klägerin, die allein Schuldnerin des Anspruchs der Krankenversicherung sei, so gestellt werden, wie sie ohne den Unfall gestanden hätte. Das Landgericht beziehe zu Unrecht den Vater des Kindes, der in keiner Vertragsbeziehung zur Versicherung stehe, mit ein.
15Die Klägerin beantragt, unter teilweiser Aufhebung des Urteils des Landgerichts Aachen vom 19.11.2015, 1 O 64/15, den Beklagten zu verurteilen,
161. an die Klägerin weitere 1.762,80 Euro nebst Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB gemäß § 247 Abs.1 BGB aus 1.265,44 Euro seit dem 24.04.2014, aus weiteren 230,08 Euro seit dem 21.08.2014 sowie aus weiteren 230,08 seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
172. an die Klägerin weitere außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 80,63 Euro nebst Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB gemäß § 247 Abs.1 BGB seit dem 21.08.2014 zu zahlen;
183. die Widerklage abzuweisen.
19Der Beklagte beantragt,
20die Berufung zurückzuweisen.
21Er verteidigt das angegriffene Urteil. Die Klägerin habe durch ihren Entschluss, den Sohn über sie privat krankenzuversichern, keinen Mehrbedarf begründet, der sie zwingen würde, diesen permanent auch bei veränderten Lebensbedingungen zu decken. Deshalb sei sie nicht gehindert, ihren Sohn gesetzlich über den Ehemann mitzuversichern. Der Sohn habe auch keinen Anspruch auf eine private Zusatzversicherung. Es werde auch bestritten, dass diese genauso teuer sei, wie die jetzt geltend gemachten Mehrkosten. Sollten die Leistungen der gesetzlichen Versicherung geringer sein als die der privaten, so stelle dies einen Schaden des Sohnes dar, der aber keinen Anspruch gegen den Beklagten habe. Es sei auch nicht zutreffend, dass ein Wechsel in die gesetzliche Krankenversicherung des Vaters nicht möglich sei. Die Klägerin gehe auf die Argumentation des Landgerichts gar nicht ein.
22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 26.08.2016 Bezug genommen.
23II.
241. Die zulässige Berufung ist begründet. Die Klägerin hat entgegen der Ansicht des Landgerichts einen Anspruch gegen den Beklagten aus den §§ 7 Abs. 1 StVG, 823 BGB i.V.m. § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG auf Ersatz des aufgrund der Entlassung aus dem Beamtenverhältnis gestiegenen Kosten der privaten Krankenversicherung des über sie versicherten Sohnes.
25a) Dadurch, dass das Kind nicht in der Familienversicherung über einen Elternteil gesetzlich mitversichert ist, ist ein unterhaltsrechtlicher Mehrbedarf geschaffen worden, der ihm einen Anspruch auf Tragung der Kosten der privaten Krankenversicherung gegen seine Eltern gibt. Das Kind leitet den angemessenen Unterhalt von seinen Eltern ab (Palandt-Brudermüller, BGB, 75. Aufl. § 1610 BGB Rn. 3). Ist das Kind seit seiner Geburt privat krankenversichert und sind auch ein oder beide Elternteile privat krankenversichert, so gehört die private Krankenversicherung zum angemessenen Unterhalt (OLG Sachsen Anhalt, Urteil vom 17.08.2006, 4 UF 16/06, juris Rz. 25; OLG Koblenz, Urteil vom 19.01.2010, 11 UF 620/09 juris Rz. 11; Viefhues, jurisPK BGB, 7. Aufl. 2014, § 1610 Rz. 146). Zwar hat das Kind keine Lebensstandardgarantie; vielmehr muss es Einkommensverschlechterungen hinnehmen, wenn diese nicht unterhaltsbezogen verantwortungslos herbeigeführt werden (Palandt-Brudermüller, a.a.O.). Hier ist die Einkommensverschlechterung der Klägerin durch den Verlust der Beihilfeberechtigung aber allein auf den Unfall zurückzuführen. Der Schädiger ist nach § 249 Abs. 1 BGB verpflichtet, die Klägerin so zu stellen, wie sie ohne den Unfall stünde. Er muss also die Einkommensnachteile der Klägerin ausgleichen – und der Beklagte tut dies hier auch -, so dass sich die finanziellen Lebensverhältnisses der Klägerin nicht geändert haben und daher - von ihr abgeleitet - auch nicht die Lebensverhältnisse des Kindes. Der Anspruch des Kindes Q auf Tragung der Kosten der privaten Krankenversicherung besteht daher unverändert fort.
26Die Entscheidung der Eltern, das Kind über einen Elternteil privat zu versichern, stellt keine freiwillige überobligationsmäßige Leistung dar, sondern die Entscheidung wird im Falle einer längeren privaten Versicherung für die Lebensverhältnisse prägend und erstarkt zu einem Anspruch. Soweit das Landgericht ausführt, die von der Klägerin zitierten Entscheidungen seien nur für den Fall der Scheidung maßgeblich, vor dem Hintergrund, dass das Kind durch die Scheidung seiner Eltern keinen Nachteil erfahren solle, so überzeugt dies nicht. Vielmehr können daraus auch allgemeine Schlüsse gezogen werden: Welcher Unterhalt „angemessen“ ist, soll sich nach den angeführten Entscheidungen (z.B. OLG Koblenz, Urteil vom 19.01.2010, 11 UF 620/09, juris Rz. 11) nicht nach der scheidungsbedingt geänderten Situation richten, sondern der Bedarf wird durch die vor der Scheidung gelebten Verhältnisse perpetuiert. Insofern ist ein „Erst-recht-Schluss“ möglich, nach dem der durch die tatsächlichen Verhältnisse bestimmte Bedarf des Kindes erst recht nicht durch eine schuldhaft von einem Dritten herbeigeführte Verletzung des Unterhaltspflichtigen sinken darf. Die gestiegenen Kosten der privaten Krankenversicherung des Kindes sind adäquat kausal auf den Unfall zurückzuführen. Die Kausalkette ist nicht durch eine Entscheidung der Verletzten unterbrochen worden.
27b) Die Klägerin trifft an der Entstehung der erhöhten Krankenversicherungskosten des Sohnes auch kein Mitverschulden im Sinne des § 254 Abs. 2 BGB, das die Verpflichtung zum Schadensersatz ausschließen oder herabsetzen würde.
28Von einem Mitverschulden ist nur auszugehen, wenn der Geschädigte die Maßnahmen unterlässt, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Schadensabwendung oder –minderung ergreifen würde (BGH, NJW 2011, 1529); dabei ist der entscheidende Abgrenzungsmaßstab der Grundsatz von Treu und Glauben, § 242 BGB (Palandt-Grüneberg, § 254 BGB Rz. 36). Hier stellt aber der Wechsel des Kindes in die gesetzliche Krankenversicherung – auch wenn er möglich gewesen wäre - keine nach Treu und Glauben gebotene Handlung der Klägerin zur Schadensminimierung dar. Denn die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung bleiben unstreitig in manchen Bereichen gegenüber denen einer privaten Krankenversicherung zurück und es sind auch andere Nachteile (z.B. eingeschränkte Arztwahl, Überweisung zum Facharzt nötig) vorhanden, die auch durch eine private Zusatzversicherung, die zudem vergleichbare Kosten verursachen dürfte, nicht vollständig ausgeglichen werden können. Die Klägerin führt zudem konkrete Gründe an, die einen Wechsel nachteilig erscheinen lassen, etwa, dass der bisherige Kinderarzt nur Privatpatienten behandelt und die schwerbehinderte Klägerin mit ihrem Sohn für Fahrten zu einem anderen Kinderarzt längere Strecken und größere Mühen auf sich nehmen müsste. Ferner ist der Wechsel in die gesetzliche Versicherung nur innerhalb bestimmter Fristen möglich, deren Einhaltung der Klägerin aufgrund ihrer schweren Verletzung nicht zumutbar war.
29Ergänzend lässt sich auch in diesem Zusammenhang die familienrechtliche Rechtsprechung anführen. Aus dem Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt, vom 18.04.2012, 3 UF 279/11, nach dem ein Kind im Fall der Scheidung der Eltern nur dann auf einen Wechsel zu einer gesetzlichen Krankenversicherung verwiesen werden kann, wenn durch eine private Zusatzversicherung keine Nachteile bezüglich des Umfangs der Versicherungsleistungen entstehen, kann wiederum ein „Erst-Recht-Schluss“ gezogen werden: Geht es im Fall der Scheidung beim Kindesunterhalt auch darum, „wirtschaftlich sinnvolle Alternativen“ zum Ausgleich der Interessen des Barunterhaltspflichtigen und des Kindes zu prüfen (so OLG Köln, Beschluss vom 20.02.2015, 4 UF 168/14, juris Rz. 5; OLG Koblenz, Urteil vom 19.01.2010, 11 UF 620/09, juris Rz. 14), hat der Geschädigte im Schadenrecht nicht die Pflicht, das für den Schädiger Sinnvollste zu wählen. Das Gebot zu wirtschaftlich vernünftiger Schadensbehebung verlangt vom Geschädigten nicht, zugunsten des Schädigers zu sparen oder sich in jedem Fall so zu verhalten, als ob er den Schaden selbst zu tragen hätte. Erforderlich ist eine subjektbezogene Schadensbetrachtung (OLG München, Urteil vom 26.02.2016, 10 U 579/15, juris); Ausnahmen von dem Grundsatz, dass der Geschädigte keine besondere Maßnahmen zur Schadensgeringhaltung treffen muss, sind nur in engen Grenzen zulässig und dürfen nicht dazu führen, dass dem Geschädigten bei der Schadensbehebung die von dem Schädiger bzw. dessen Versicherer gewünschten Maßnahmen (im konkreten Fall Verwertungsmodalitäten eines Unfallfahrzeugs) aufgezwungen werden (BGH, Urteil vom 01.06.2010, VI ZR 316/09, juris Rz. 10 m.w.N).
30Vor diesem Hintergrund ist es nicht nach §§ 254 Abs. 2, 242 BGB geboten gewesen, dass die Klägerin ihren Sohn über den Vater gesetzlich versichert.
31c) Soweit das Landgericht einen Anspruch allenfalls in Höhe der Hälfte des geltend gemachten Betrages für begründet hält, da die Eltern gemeinsam für den angemessenen Unterhalt des Kindes einzustehen hätten, überzeugt dies nicht. Nach § 249 Abs. 1 BGB ist der Geschädigte so zu stellen, wie er ohne das schädigende Ereignis stehen würde. Wäre die Klägerin nicht verletzt worden, wäre ihr Sohn weiterhin über sie zu 80 % beihilfeberechtigt gewesen und hätte zu (geringeren) Kosten für das Restrisiko privat versichert werden können. Indem die Eltern vor dem Unfall diese Art der Krankenversicherung gewählt haben und die Klägerin die Krankenversicherungskosten ihres Sohnes allein getragen hat, haben sie angesichts der seinerzeitigen Beihilfeberechtigung der Klägerin eine vernünftige Entscheidung getroffen, durch die der andere Elternteil zudem nicht notwendig entlastet wird. Hätte nämlich die Beihilfeberechtigung der Klägerin nicht bestanden, wäre der Sohn vermutlich sogleich über den Vater familienversichert worden. Es erscheint unbillig, die Eltern über den Umweg des Unterhaltsrechts mit Kosten zu belasten, die ohne das schädigende Ereignis nie angefallen wären.
32d) Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 ZPO. Die in der Höhe nicht angegriffenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten stellen erforderliche Rechtsverfolgungskosten dar, die als Schaden ebenfalls ersatzfähig sind.
332. Die Widerklage ist nach den vorstehenden Ausführungen nicht begründet.
343. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die sofortige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
354. Die Revision wird nicht zugelassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und eine Entscheidung des Revisionsgerichts ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 543 Abs. 2 ZPO).
365. Der Streitwert für die erste Instanz wird in Abänderung der Wertbestimmung im landgerichtlichen Urteil auf 6.594,48 € festgesetzt (Klage: 1.762,80 €, Widerklage: 4.831,68 € = 115,04 € x 12 x 3,5 gem. § 9 ZPO).
37Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 6.557,28 €.
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Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 37,20 Euro nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.07.2014 zu zahlen.
Die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 58,60 Euro nebst Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB gemäß § 247 Abs.1 BGB seit dem 21.08.2014 zu zahle
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Auf die Widerklage wird festgestellt, dass der Klägerin Ersatzansprüche wegen Krankenkassenbeiträgen für den Sohn Q ab dem 01.11.2014 nicht zustehen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aufgrund eines Verkehrsunfalles, der sich am 07.04.2012 auf der L 115 in XXXX ereignete.
3An diesem Tag befuhr der Ehemann der Klägerin mit seinem PKW VW Golf mit dem amtlichen Kennzeichen XXXX die L 115 in Fahrtrichtung XXXXX. Im Fahrzeug befanden sich hinter dem Fahrer sitzend die Klägerin sowie neben ihr der zum Unfallzeitpunkt zehn Wochen alte Sohn XXX.
4Dem Klägerfahrzeug kam auf der Landstraße der PKW XXXXXX des Versicherungsnehmers des Beklagten, Herrn C, entgegen. Dieser Wagen geriet im Kurvenbereich auf die Fahrbahn des klägerischen Pkw, so dass es zu einem Frontalzusammenstoß der Fahrzeuge kam.
5Die alleinige Haftungsverpflichtung der Beklagten für die Folgen des Unfallgeschehens ist zwischen den Parteien unstreitig.
6Die zum Unfallzeitpunkt 30 Jahre alte Klägerin wurde durch den Unfall lebensgefährlich verletzt. Sie musste mehrfach operiert werden. Aufgrund einer Carotis-Dissektion sowie einem Mediateilinfarkt zeigten sich neurologische Störungen. Die Klägerin wurde bis zum 16.07.2012 stationär behandelt und befand sich darüber hinaus lange Zeit in physiotherapeutischer, augenheilkundlicher, logopädischer und psychologischer Behandlung.
7Die Klägerin war Lehrerin in den Fächern Geschichte und Deutsch in einem Beamtenverhältnis auf Probe. Seit dem 23.12.2011 hatte sich im Mutterschutz befunden. Das Ende der Probezeit war aufgrund der Elternzeit für den 23.04.2013 vorgesehen. Aufgrund einer amtsärztlich festgestellten unfallbedingten Dienstunfähigkeit wurde sie durch Bescheid vom 04.07.2013 aus dem Beamtenverhältnis auf Probe entlassen. Die hiergegen gerichtete Klage war erfolglos.
8Die Klägerin und ihr Ehemann hatten bei der Geburt des gemeinsamen Sohnes die Entscheidung getroffen, ihn über die Mutter aufgrund einer Beihilfeberechtigung von 80 % krankenzuversichern. Bei einer privaten Krankenversicherung wurde der Sohn zu den weiteren 20 % versichert. Daraus ergab sich, dass die Eltern die Kosten der privaten Krankenversicherung für den Sohn lediglich zu 20 % zusätzlich zu tragen hatten. Durch das Ausscheiden der Klägerin aus dem Beamtenverhältnis entfielen die Beihilfeberechtigung der Klägerin und ihres Sohnes, so dass beide sich nunmehr zu 100 % privat krankenversicherten. Ab dem 01.08.2013 erhöhten sich daher die Krankenkassen-Beiträge für die private Krankenversicherung für die Klägerin und ihren Sohn. Den Mehrbetrag bezüglich der privaten Krankenversicherung für die Klägerin übernimmt der Beklagte. Um die Ersatzfähigkeit der Mehrkosten für den Sohn streiten sich die Parteien mit dieser Klage.
9Des Weiteren begehrt die Klägerin mit der Klage den Ersatz der Fahrtkosten für Behandlungen bei einem Osteopathen in Höhe von 37,20 €. Die osteopathische Zusatzbehandlung hatte der behandelnde Orthopäde als indiziert erachtet.
10Der Beklagte wehrt sich gegen die Übernahme der klägerseits geltend gemachten Kosten für die Monate bis Oktober 2014 und möchte darüber hinaus durch die am 15.12.2014 erhobene Wiederklage festgestellt wissen, dass auch für die Zukunft keine Schadensersatzansprüche im Hinblick auf die höheren Krankenversicherungskosten des Sohnes der Klägerin bestehen.
11Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass die monatlichen Mehrkosten für die Krankenvollversicherung ihres Sohnes durch den Beklagten zu tragen seien. Dessen Krankenkassenbeiträge seien sowohl vor als auch nach dem Unfallereignis alleine von ihr getragen worden. Es sei daher ihr selbst unmittelbar durch den Unfall ein Schaden entstanden und kein Drittschaden anzunehmen.
12Im Übrigen sei eine Krankenversicherung grundsätzlich nach den gesetzlichen Unterhaltsverpflichtungen zu stellen. Diese Unterhaltspflicht umfasse auch eine private Krankenversicherung, zumal die Entscheidung für die private Krankenkasse schon vor dem Unfallereignis gefallen sei. Durch den Wegfall der Beihilfeberechtigung sei der Krankenkassenbeitrag für den Sohn gestiegen und somit auch der zu erbringende Unterhaltsanspruch der Klägerin.
13Eine Mitversicherung über den Kindesvater in der gesetzlichen Krankenversicherung sei - so die Behauptung der Klägerin - nicht mehr möglich. Dazu müsse zuvor eine rechtskräftige Scheidung vorliegen. Nur so bestehe für die gesetzliche Krankenversicherung eine Verpflichtung zur Aufnahme eines zuvor über den anderen Elternteil privat mitversicherten Kindes.
14Zudem behauptet die Klägerin, dass die ostheopathische Behandlung und die damit verbundenen Fahrtkosten in Höhe von 37,20 Euro notwendig seien.
15Die Klägerin beantragt,
161. die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.762,80 Euro nebst Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB gemäß § 247 Abs.1 BGB aus 1.265,44 Euro seit dem 24.04.2014, aus weiteren 37,20 Euro seit dem 19.07.2014, aus weiteren 230,08 Euro seit dem 21.08.2014 sowie aus weiteren 230,08 seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
172. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 139,23 Euro nebst Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB gemäß § 247 Abs.1 BGB seit dem 21.08.2014 zu zahlen.
18Der Beklagte beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Wiederklagend beantragt der Beklagte,
21festzustellen, dass der Klägerin Ersatzansprüche wegen Krankenkassenbeiträgen für den Sohn Q ab dem 01.11.2014 nicht zustehen.
22Die Klägerin beantragt,
23die Wiederklage abzuweisen.
24Der Beklagte vertritt die Ansicht, dem Sohn der Klägerin stehe im Rahmen des Unterhaltsanspruches zwar eine ausreichende Krankenversicherung zu, eine gesetzliche Krankenversicherung genüge dem jedoch.
25Im Übrigen handele es sich bei den Versicherungskosten um solche des Sohnes und damit um einen Drittschaden.
26Der Beklagte behauptet, die Osteopathie stelle keine schuldmedizinisch anerkannte Heilmethode dar. Deren Kosten seien daher nicht ersatzfähig.
27Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
28Die Klageschrift ist dem Beklagten am 28.10.2014 zugestellt worden.
29Aufgrund der streitwerterhöhenden Widerklage hat das Amtsgericht Aachen die Klage durch Beschluss vom 02.02.2015 an das hiesige Landgericht verwiesen.
30Nach Zustimmung beider Parteien ist am 21.10.2015 das schriftliche Verfahren gem. § 128 Abs. 2 ZPO angeordnet worden.
31Die Akte 1 O 123/13 des Landgerichts Aachen ist beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden.
32Entscheidungsgründe:
33Die zulässige Klage hat in der Sache nur bezüglich der geltend gemachten Fahrtkosten Erfolg.
341.
35Ein Anspruch auf Übernahme der erhöhten Krankenversicherungskosten für das Kind Q besteht nicht.
36Die Klägerin hat gegen den Beklagten grundsätzlich einen Anspruch auf Ersatz ihrer unfallbedingten Schäden aus §§ 7 Abs.1 StVG, 823 BGB i. V. m. § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG.
37Würde es sich bei den Kosten der Krankenversicherung allein um höhere Aufwendungen handeln, die der Sohn der Klägerin zu tragen hätte, wären diese von der Beklagten nicht zu ersetzen. In diesem Fall würde es sich um den Schaden eines Dritten handeln, der nur in besonderen Konstellationen gegenüber dem Schädiger geltend gemacht werden kann. Auf der Grundlage der gesetzlichen Regelungen kann ein Unterhaltsberechtigter gegenüber dem deliktischen Schädiger nur dann Unterhaltsansprüche beanspruchen, wenn der eigentliche Unterhaltsschuldner verstorben ist, § 844 Abs. 2 BGB.
38Zu den ersatzfähigen Schadenspositionen der Klägerin zählt jedoch auch ein erhöhter Unterhalt, wenn die Klägerin solchen aufgrund des Unfalls nunmehr leisten muss.
39Die Klägerin ist gemeinsam mit ihrem Ehemann gem. § 1601 BGB gegenüber dem gemeinsamen Sohn unterhaltspflichtig. Mit umfasst von der Unterhaltsverpflichtung ist nach § 1610 BGB auch die Übernahme der Kosten einer Krankenversicherung für das Kind. Wenn das Kind nicht in der gesetzlichen Familienversicherung mitversichert ist, sind die Kosten für die private Krankenversicherung zusätzlich zu tragen, da es sich um einen angemessenen Unterhalt im Sinne des § 1610 Abs.1 BGB handelt (vgl. OLG Naumburg, NJW-RR 2007, 728 f.).
40Das Maß des zu gewährenden Unterhaltes bemisst sich hierbei nach der Lebensstellung des Bedürftigen, wobei Kinder ihren angemessenen Lebensbedarf von ihren Eltern ableiten (vgl. OLG Naumburg, a. a. O.). Ist das Kind nicht nach § 10 Abs. 2 SGB V gegen Krankheit mitversichert, hat der Barunterhaltsschuldner für die Kosten der Krankenversicherung der Kindes zusätzlich einzustehen (vgl. OLG Köln v. 20.02.2015- II-4 UF 168/14, 4 UF4 UF 168/14, juris Rn. 4).
41Die zitierten Entscheidungen betreffen dabei Fälle, in denen es um Unterhaltsansprüche nach einer Scheidung ging. Das Kind soll bei einer Scheidung der Eltern keinerlei Nachteile erfahren. Wenn das Kind schon von Geburt an in einer privaten Krankenversicherung versichert war, so soll dies auch nach der Scheidung der Eltern fortgeführt werden. Der Barunterhaltsschuldner muss demnach dann für die zusätzlichen Kosten auch einstehen (vgl. OLG Koblenz v. 19.01.2010 - 11 UF 620/09).
42Die aufgezeigten Ansätze sind jedoch auf den vorliegenden Fall nur bedingt übertragbar, da ein Kind grundsätzlich keinen Anspruch darauf hat, dass die persönlichen, wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse der (verheirateten) Eltern von der Geburt an stringent gleichbleibend sind und dem Kind daher der Unterhalt konsequent auf einem über dem Mindestmaß liegenden Niveau gewährt wird. Der Verlust des Arbeitsplatzes oder die Erkrankung eines Elternteils können jederzeit dazu führen, dass sich der Unterhalt des Kindes faktisch kürzt.
43Vorliegend ist die Klägerin aufgrund des Unfalls nicht mehr in der Lage, ihren Beruf auszuüben. Den hierdurch erlittenen Erwerbsschaden hat der Beklagte auszugleichen. Einen hierdurch entstandenen höheren Unterhaltsschaden ebenfalls. Jedoch hatte der Sohn der Klägerin dieser gegenüber keinen Anspruch darauf, dass sich die persönlichen Verhältnisse der Mutter niemals ändern werden. Haben sie sich - wie hier geschehen - dadurch geändert, dass die Klägerin nicht mehr Beamtin ist, muss sie auch nur noch den Unterhalt gewähren, den sie in ihrer Situation zu leisten in der Lage ist. Muss die Klägerin deshalb keinen erhöhten Unterhalt an ihr Kind leisten, besteht auch kein ersatzfähiger Schaden, der bei dem Beklagten geltend gemacht werden könnte.
442.
45Selbst wenn man vorliegend annehmen wollte, dass die Klägerin als Geschädigte so zu stellen ist, wie sie stehen würde, wenn das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre und hierunter auch den Umstand greifen, dass ihr Sohn dann weiterhin in der privaten Krankenversicherung versichert und sie mit einer geringen Beitragshöhe aufgrund der Beihilfeberechtigung belastet gewesen wäre, müsste sich die Klägerin dennoch einen Verstoß gegen die ihr obliegende Schadensminderungspflicht vorhalten lassen, wenn sie ihr Kind nicht kostenfrei in der gesetzlichen Familienversicherung über den Vater des Sohnes versichern (und die Unterschiede zu einer privaten Versorgung ggfl. durch entsprechende Zusatzversicherungen ausgleichen) würde.
46Entgegen der Behauptung der Klägerin kam ein Wechsel des Kindes in die gesetzliche Familienversicherung über den Vater bei Wegfall der Beihilfeberechtigung durchaus in Betracht. Gemäß § 10 Abs. 1 SGB V ist ein Eintritt in die Familienversicherung dann möglich, wenn das zu versichernde Kind seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, nicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1, 2, 3 bis 8, 11 oder 12 oder nicht freiwillig versichert ist, nicht versicherungsfrei oder nicht von der Versicherungspflicht befreit ist, nicht hauptberuflich selbständig erwerbstätig ist und kein Gesamteinkommen hat, das regelmäßig im Monat ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches überschreitet.
47Der Sohn unterfiel weder den Vorschriften nach § 5 Abs. 1 Nr. 1, 2, 3 bis 8, 11, 12 SBG V, noch war er einkommensbedingt von der Familienversicherung ausgeschlossen. Da er nach einem Wegfall der Beihilfeberechtigung auch nicht mehr von der Versicherungspflicht befreit war oder versicherungsfrei war, wäre er mit dem Wegfall der Beihilfeberechtigung gesetzlich versicherbar gewesen.
48Soweit das Kind nunmehr - nachdem er durch die Klägerin und ihren Ehemann vollständig privat versichert wurde - nicht mehr in die gesetzliche Versicherung wechseln könnte, würde dies einen Umstand darstellen, der nicht zu Lasten des Beklagten gehen kann, da er auf allein auf einem Entschluss der Eltern beruht.
49Auch ein Ausschluss aus der Familienversicherung nach § 10 Abs. 3 SGB V war nicht gegeben. Danach sind Kinder dann nicht familienversichert, wenn der mit den Kindern verwandte Ehegatte oder Lebenspartner des Mitglieds nicht Mitglied einer (gesetzlichen) Krankenkasse ist und sein Gesamteinkommen regelmäßig im Monat ein Zwölftel der Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigt und regelmäßig höher als das Gesamteinkommen des Mitglieds ist.
50Unstreitig ließ und lässt die Einkommenssituation der Klägerin einen Wechsel des Kindes in die Versicherung des Vaters zu.
513.
52Selbst wenn man vorliegend einen Anspruch der Klägerin auf Ersatz des erhöhten Unterhaltsschadens und auch keinen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht annehmen wollte - wie nicht -, käme ein Anspruch gegen den Beklagten nur bezogen auf den Schaden der Klägerin in Betracht. Die Klägerin und ihr Ehemann sind jedoch gemeinsam unterhaltspflichtig gegenüber ihrem Sohn. Auch wenn die Klägerin anführt, dass sie alleine die zahlungspflichtige Schuldnerin für die Krankenkassenbeiträge für den gemeinsamen Sohn war und ist, so sind die Beiträge dennoch von beiden Elternteilen zu tragen. Wenn eine gemeinsame Unterhaltspflicht der Eltern besteht, so sind sie im Innenverhältnis zwar berechtigt, die Ausführung der Zahlungen entsprechend ihrem Leistungsvermögen aufzuteilen. Jedoch ist vorliegend zu beachten, dass der Ehemann der Klägerin mehr verdient und somit nicht von einem schwächeren Leistungsvermögen seinerseits auszugehen ist, welches die alleinige Tragung der Krankenkassenbeiträge durch die Klägerin rechtfertigen würde (vgl. OLG Naumburg v. 17.08.2006 - 4 UF 16/06). Mithin müssen die zusätzlichen Kosten der privaten Krankenversicherung beiden Ehegatten zur Last fallen, so dass die Klägerin grundsätzlich nur die Hälfte der monatlich anfallenden Mehrkosten verlangen könnte.
534.
54Die Klägerin hat gegen den Beklagten jedoch Anspruch auf den Ersatz der Fahrten zum Osteopathen verlangen. Die entsprechende Behandlung wurde der Klägerin im Rahmen eines Therapieplans durch ihren Orthopäden verordnet. Dementsprechend durfte die Klägerin davon ausgehen, dass diese Behandlung für ihr Genesen erforderlich ist und die Behandlung in Anspruch nehmen.
555.
56Der Anspruch auf Zinsen und außergerichtliche Rechtsanwaltskosten besteht allein im Hinblick auf den Anspruch auf Ersatz der Fahrtkosten.
576.
58Die Widerklage des Beklagten ist zulässig und begründet.
59Sie hat nicht eine bloße Verneinung des Klageanspruchs zum Gegenstand, sondern betrifft einen völlig anderen - von dem Streitgegenstand der Klage nicht umfassten - Zeitraum.
60Die Widerklage ist auch begründet. Insoweit wird auf die Ausführungen unter 1. und 2. Bezug genommen.
617.
62Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
63Der Streitwert wird auf 23.658,48 EUR festgesetzt.
64Rechtsbehelfsbelehrung:
65A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
661. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
672. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Landgericht zugelassen worden ist.
68Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Oberlandesgericht Köln, Reichenspergerplatz 1, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils (Datum des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
69Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht Köln zu begründen.
70Die Parteien müssen sich vor dem Oberlandesgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
71Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
72B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Landgericht Aachen statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Landgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Landgericht Aachen, B-Weg, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
73C |
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als Einzelrichterin |
(1) Das Maß des zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich nach der Lebensstellung des Bedürftigen (angemessener Unterhalt).
(2) Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf, bei einer der Erziehung bedürftigen Person auch die Kosten der Erziehung.
(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil
- 1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen, - 2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 37,20 Euro nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.07.2014 zu zahlen.
Die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 58,60 Euro nebst Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB gemäß § 247 Abs.1 BGB seit dem 21.08.2014 zu zahle
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Auf die Widerklage wird festgestellt, dass der Klägerin Ersatzansprüche wegen Krankenkassenbeiträgen für den Sohn Q ab dem 01.11.2014 nicht zustehen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aufgrund eines Verkehrsunfalles, der sich am 07.04.2012 auf der L 115 in XXXX ereignete.
3An diesem Tag befuhr der Ehemann der Klägerin mit seinem PKW VW Golf mit dem amtlichen Kennzeichen XXXX die L 115 in Fahrtrichtung XXXXX. Im Fahrzeug befanden sich hinter dem Fahrer sitzend die Klägerin sowie neben ihr der zum Unfallzeitpunkt zehn Wochen alte Sohn XXX.
4Dem Klägerfahrzeug kam auf der Landstraße der PKW XXXXXX des Versicherungsnehmers des Beklagten, Herrn C, entgegen. Dieser Wagen geriet im Kurvenbereich auf die Fahrbahn des klägerischen Pkw, so dass es zu einem Frontalzusammenstoß der Fahrzeuge kam.
5Die alleinige Haftungsverpflichtung der Beklagten für die Folgen des Unfallgeschehens ist zwischen den Parteien unstreitig.
6Die zum Unfallzeitpunkt 30 Jahre alte Klägerin wurde durch den Unfall lebensgefährlich verletzt. Sie musste mehrfach operiert werden. Aufgrund einer Carotis-Dissektion sowie einem Mediateilinfarkt zeigten sich neurologische Störungen. Die Klägerin wurde bis zum 16.07.2012 stationär behandelt und befand sich darüber hinaus lange Zeit in physiotherapeutischer, augenheilkundlicher, logopädischer und psychologischer Behandlung.
7Die Klägerin war Lehrerin in den Fächern Geschichte und Deutsch in einem Beamtenverhältnis auf Probe. Seit dem 23.12.2011 hatte sich im Mutterschutz befunden. Das Ende der Probezeit war aufgrund der Elternzeit für den 23.04.2013 vorgesehen. Aufgrund einer amtsärztlich festgestellten unfallbedingten Dienstunfähigkeit wurde sie durch Bescheid vom 04.07.2013 aus dem Beamtenverhältnis auf Probe entlassen. Die hiergegen gerichtete Klage war erfolglos.
8Die Klägerin und ihr Ehemann hatten bei der Geburt des gemeinsamen Sohnes die Entscheidung getroffen, ihn über die Mutter aufgrund einer Beihilfeberechtigung von 80 % krankenzuversichern. Bei einer privaten Krankenversicherung wurde der Sohn zu den weiteren 20 % versichert. Daraus ergab sich, dass die Eltern die Kosten der privaten Krankenversicherung für den Sohn lediglich zu 20 % zusätzlich zu tragen hatten. Durch das Ausscheiden der Klägerin aus dem Beamtenverhältnis entfielen die Beihilfeberechtigung der Klägerin und ihres Sohnes, so dass beide sich nunmehr zu 100 % privat krankenversicherten. Ab dem 01.08.2013 erhöhten sich daher die Krankenkassen-Beiträge für die private Krankenversicherung für die Klägerin und ihren Sohn. Den Mehrbetrag bezüglich der privaten Krankenversicherung für die Klägerin übernimmt der Beklagte. Um die Ersatzfähigkeit der Mehrkosten für den Sohn streiten sich die Parteien mit dieser Klage.
9Des Weiteren begehrt die Klägerin mit der Klage den Ersatz der Fahrtkosten für Behandlungen bei einem Osteopathen in Höhe von 37,20 €. Die osteopathische Zusatzbehandlung hatte der behandelnde Orthopäde als indiziert erachtet.
10Der Beklagte wehrt sich gegen die Übernahme der klägerseits geltend gemachten Kosten für die Monate bis Oktober 2014 und möchte darüber hinaus durch die am 15.12.2014 erhobene Wiederklage festgestellt wissen, dass auch für die Zukunft keine Schadensersatzansprüche im Hinblick auf die höheren Krankenversicherungskosten des Sohnes der Klägerin bestehen.
11Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass die monatlichen Mehrkosten für die Krankenvollversicherung ihres Sohnes durch den Beklagten zu tragen seien. Dessen Krankenkassenbeiträge seien sowohl vor als auch nach dem Unfallereignis alleine von ihr getragen worden. Es sei daher ihr selbst unmittelbar durch den Unfall ein Schaden entstanden und kein Drittschaden anzunehmen.
12Im Übrigen sei eine Krankenversicherung grundsätzlich nach den gesetzlichen Unterhaltsverpflichtungen zu stellen. Diese Unterhaltspflicht umfasse auch eine private Krankenversicherung, zumal die Entscheidung für die private Krankenkasse schon vor dem Unfallereignis gefallen sei. Durch den Wegfall der Beihilfeberechtigung sei der Krankenkassenbeitrag für den Sohn gestiegen und somit auch der zu erbringende Unterhaltsanspruch der Klägerin.
13Eine Mitversicherung über den Kindesvater in der gesetzlichen Krankenversicherung sei - so die Behauptung der Klägerin - nicht mehr möglich. Dazu müsse zuvor eine rechtskräftige Scheidung vorliegen. Nur so bestehe für die gesetzliche Krankenversicherung eine Verpflichtung zur Aufnahme eines zuvor über den anderen Elternteil privat mitversicherten Kindes.
14Zudem behauptet die Klägerin, dass die ostheopathische Behandlung und die damit verbundenen Fahrtkosten in Höhe von 37,20 Euro notwendig seien.
15Die Klägerin beantragt,
161. die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.762,80 Euro nebst Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB gemäß § 247 Abs.1 BGB aus 1.265,44 Euro seit dem 24.04.2014, aus weiteren 37,20 Euro seit dem 19.07.2014, aus weiteren 230,08 Euro seit dem 21.08.2014 sowie aus weiteren 230,08 seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
172. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 139,23 Euro nebst Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB gemäß § 247 Abs.1 BGB seit dem 21.08.2014 zu zahlen.
18Der Beklagte beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Wiederklagend beantragt der Beklagte,
21festzustellen, dass der Klägerin Ersatzansprüche wegen Krankenkassenbeiträgen für den Sohn Q ab dem 01.11.2014 nicht zustehen.
22Die Klägerin beantragt,
23die Wiederklage abzuweisen.
24Der Beklagte vertritt die Ansicht, dem Sohn der Klägerin stehe im Rahmen des Unterhaltsanspruches zwar eine ausreichende Krankenversicherung zu, eine gesetzliche Krankenversicherung genüge dem jedoch.
25Im Übrigen handele es sich bei den Versicherungskosten um solche des Sohnes und damit um einen Drittschaden.
26Der Beklagte behauptet, die Osteopathie stelle keine schuldmedizinisch anerkannte Heilmethode dar. Deren Kosten seien daher nicht ersatzfähig.
27Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
28Die Klageschrift ist dem Beklagten am 28.10.2014 zugestellt worden.
29Aufgrund der streitwerterhöhenden Widerklage hat das Amtsgericht Aachen die Klage durch Beschluss vom 02.02.2015 an das hiesige Landgericht verwiesen.
30Nach Zustimmung beider Parteien ist am 21.10.2015 das schriftliche Verfahren gem. § 128 Abs. 2 ZPO angeordnet worden.
31Die Akte 1 O 123/13 des Landgerichts Aachen ist beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden.
32Entscheidungsgründe:
33Die zulässige Klage hat in der Sache nur bezüglich der geltend gemachten Fahrtkosten Erfolg.
341.
35Ein Anspruch auf Übernahme der erhöhten Krankenversicherungskosten für das Kind Q besteht nicht.
36Die Klägerin hat gegen den Beklagten grundsätzlich einen Anspruch auf Ersatz ihrer unfallbedingten Schäden aus §§ 7 Abs.1 StVG, 823 BGB i. V. m. § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG.
37Würde es sich bei den Kosten der Krankenversicherung allein um höhere Aufwendungen handeln, die der Sohn der Klägerin zu tragen hätte, wären diese von der Beklagten nicht zu ersetzen. In diesem Fall würde es sich um den Schaden eines Dritten handeln, der nur in besonderen Konstellationen gegenüber dem Schädiger geltend gemacht werden kann. Auf der Grundlage der gesetzlichen Regelungen kann ein Unterhaltsberechtigter gegenüber dem deliktischen Schädiger nur dann Unterhaltsansprüche beanspruchen, wenn der eigentliche Unterhaltsschuldner verstorben ist, § 844 Abs. 2 BGB.
38Zu den ersatzfähigen Schadenspositionen der Klägerin zählt jedoch auch ein erhöhter Unterhalt, wenn die Klägerin solchen aufgrund des Unfalls nunmehr leisten muss.
39Die Klägerin ist gemeinsam mit ihrem Ehemann gem. § 1601 BGB gegenüber dem gemeinsamen Sohn unterhaltspflichtig. Mit umfasst von der Unterhaltsverpflichtung ist nach § 1610 BGB auch die Übernahme der Kosten einer Krankenversicherung für das Kind. Wenn das Kind nicht in der gesetzlichen Familienversicherung mitversichert ist, sind die Kosten für die private Krankenversicherung zusätzlich zu tragen, da es sich um einen angemessenen Unterhalt im Sinne des § 1610 Abs.1 BGB handelt (vgl. OLG Naumburg, NJW-RR 2007, 728 f.).
40Das Maß des zu gewährenden Unterhaltes bemisst sich hierbei nach der Lebensstellung des Bedürftigen, wobei Kinder ihren angemessenen Lebensbedarf von ihren Eltern ableiten (vgl. OLG Naumburg, a. a. O.). Ist das Kind nicht nach § 10 Abs. 2 SGB V gegen Krankheit mitversichert, hat der Barunterhaltsschuldner für die Kosten der Krankenversicherung der Kindes zusätzlich einzustehen (vgl. OLG Köln v. 20.02.2015- II-4 UF 168/14, 4 UF4 UF 168/14, juris Rn. 4).
41Die zitierten Entscheidungen betreffen dabei Fälle, in denen es um Unterhaltsansprüche nach einer Scheidung ging. Das Kind soll bei einer Scheidung der Eltern keinerlei Nachteile erfahren. Wenn das Kind schon von Geburt an in einer privaten Krankenversicherung versichert war, so soll dies auch nach der Scheidung der Eltern fortgeführt werden. Der Barunterhaltsschuldner muss demnach dann für die zusätzlichen Kosten auch einstehen (vgl. OLG Koblenz v. 19.01.2010 - 11 UF 620/09).
42Die aufgezeigten Ansätze sind jedoch auf den vorliegenden Fall nur bedingt übertragbar, da ein Kind grundsätzlich keinen Anspruch darauf hat, dass die persönlichen, wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse der (verheirateten) Eltern von der Geburt an stringent gleichbleibend sind und dem Kind daher der Unterhalt konsequent auf einem über dem Mindestmaß liegenden Niveau gewährt wird. Der Verlust des Arbeitsplatzes oder die Erkrankung eines Elternteils können jederzeit dazu führen, dass sich der Unterhalt des Kindes faktisch kürzt.
43Vorliegend ist die Klägerin aufgrund des Unfalls nicht mehr in der Lage, ihren Beruf auszuüben. Den hierdurch erlittenen Erwerbsschaden hat der Beklagte auszugleichen. Einen hierdurch entstandenen höheren Unterhaltsschaden ebenfalls. Jedoch hatte der Sohn der Klägerin dieser gegenüber keinen Anspruch darauf, dass sich die persönlichen Verhältnisse der Mutter niemals ändern werden. Haben sie sich - wie hier geschehen - dadurch geändert, dass die Klägerin nicht mehr Beamtin ist, muss sie auch nur noch den Unterhalt gewähren, den sie in ihrer Situation zu leisten in der Lage ist. Muss die Klägerin deshalb keinen erhöhten Unterhalt an ihr Kind leisten, besteht auch kein ersatzfähiger Schaden, der bei dem Beklagten geltend gemacht werden könnte.
442.
45Selbst wenn man vorliegend annehmen wollte, dass die Klägerin als Geschädigte so zu stellen ist, wie sie stehen würde, wenn das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre und hierunter auch den Umstand greifen, dass ihr Sohn dann weiterhin in der privaten Krankenversicherung versichert und sie mit einer geringen Beitragshöhe aufgrund der Beihilfeberechtigung belastet gewesen wäre, müsste sich die Klägerin dennoch einen Verstoß gegen die ihr obliegende Schadensminderungspflicht vorhalten lassen, wenn sie ihr Kind nicht kostenfrei in der gesetzlichen Familienversicherung über den Vater des Sohnes versichern (und die Unterschiede zu einer privaten Versorgung ggfl. durch entsprechende Zusatzversicherungen ausgleichen) würde.
46Entgegen der Behauptung der Klägerin kam ein Wechsel des Kindes in die gesetzliche Familienversicherung über den Vater bei Wegfall der Beihilfeberechtigung durchaus in Betracht. Gemäß § 10 Abs. 1 SGB V ist ein Eintritt in die Familienversicherung dann möglich, wenn das zu versichernde Kind seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, nicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1, 2, 3 bis 8, 11 oder 12 oder nicht freiwillig versichert ist, nicht versicherungsfrei oder nicht von der Versicherungspflicht befreit ist, nicht hauptberuflich selbständig erwerbstätig ist und kein Gesamteinkommen hat, das regelmäßig im Monat ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches überschreitet.
47Der Sohn unterfiel weder den Vorschriften nach § 5 Abs. 1 Nr. 1, 2, 3 bis 8, 11, 12 SBG V, noch war er einkommensbedingt von der Familienversicherung ausgeschlossen. Da er nach einem Wegfall der Beihilfeberechtigung auch nicht mehr von der Versicherungspflicht befreit war oder versicherungsfrei war, wäre er mit dem Wegfall der Beihilfeberechtigung gesetzlich versicherbar gewesen.
48Soweit das Kind nunmehr - nachdem er durch die Klägerin und ihren Ehemann vollständig privat versichert wurde - nicht mehr in die gesetzliche Versicherung wechseln könnte, würde dies einen Umstand darstellen, der nicht zu Lasten des Beklagten gehen kann, da er auf allein auf einem Entschluss der Eltern beruht.
49Auch ein Ausschluss aus der Familienversicherung nach § 10 Abs. 3 SGB V war nicht gegeben. Danach sind Kinder dann nicht familienversichert, wenn der mit den Kindern verwandte Ehegatte oder Lebenspartner des Mitglieds nicht Mitglied einer (gesetzlichen) Krankenkasse ist und sein Gesamteinkommen regelmäßig im Monat ein Zwölftel der Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigt und regelmäßig höher als das Gesamteinkommen des Mitglieds ist.
50Unstreitig ließ und lässt die Einkommenssituation der Klägerin einen Wechsel des Kindes in die Versicherung des Vaters zu.
513.
52Selbst wenn man vorliegend einen Anspruch der Klägerin auf Ersatz des erhöhten Unterhaltsschadens und auch keinen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht annehmen wollte - wie nicht -, käme ein Anspruch gegen den Beklagten nur bezogen auf den Schaden der Klägerin in Betracht. Die Klägerin und ihr Ehemann sind jedoch gemeinsam unterhaltspflichtig gegenüber ihrem Sohn. Auch wenn die Klägerin anführt, dass sie alleine die zahlungspflichtige Schuldnerin für die Krankenkassenbeiträge für den gemeinsamen Sohn war und ist, so sind die Beiträge dennoch von beiden Elternteilen zu tragen. Wenn eine gemeinsame Unterhaltspflicht der Eltern besteht, so sind sie im Innenverhältnis zwar berechtigt, die Ausführung der Zahlungen entsprechend ihrem Leistungsvermögen aufzuteilen. Jedoch ist vorliegend zu beachten, dass der Ehemann der Klägerin mehr verdient und somit nicht von einem schwächeren Leistungsvermögen seinerseits auszugehen ist, welches die alleinige Tragung der Krankenkassenbeiträge durch die Klägerin rechtfertigen würde (vgl. OLG Naumburg v. 17.08.2006 - 4 UF 16/06). Mithin müssen die zusätzlichen Kosten der privaten Krankenversicherung beiden Ehegatten zur Last fallen, so dass die Klägerin grundsätzlich nur die Hälfte der monatlich anfallenden Mehrkosten verlangen könnte.
534.
54Die Klägerin hat gegen den Beklagten jedoch Anspruch auf den Ersatz der Fahrten zum Osteopathen verlangen. Die entsprechende Behandlung wurde der Klägerin im Rahmen eines Therapieplans durch ihren Orthopäden verordnet. Dementsprechend durfte die Klägerin davon ausgehen, dass diese Behandlung für ihr Genesen erforderlich ist und die Behandlung in Anspruch nehmen.
555.
56Der Anspruch auf Zinsen und außergerichtliche Rechtsanwaltskosten besteht allein im Hinblick auf den Anspruch auf Ersatz der Fahrtkosten.
576.
58Die Widerklage des Beklagten ist zulässig und begründet.
59Sie hat nicht eine bloße Verneinung des Klageanspruchs zum Gegenstand, sondern betrifft einen völlig anderen - von dem Streitgegenstand der Klage nicht umfassten - Zeitraum.
60Die Widerklage ist auch begründet. Insoweit wird auf die Ausführungen unter 1. und 2. Bezug genommen.
617.
62Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
63Der Streitwert wird auf 23.658,48 EUR festgesetzt.
64Rechtsbehelfsbelehrung:
65A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
661. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
672. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Landgericht zugelassen worden ist.
68Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Oberlandesgericht Köln, Reichenspergerplatz 1, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils (Datum des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
69Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht Köln zu begründen.
70Die Parteien müssen sich vor dem Oberlandesgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
71Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
72B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Landgericht Aachen statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Landgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Landgericht Aachen, B-Weg, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
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als Einzelrichterin |
(1) Der Basiszinssatz beträgt 3,62 Prozent. Er verändert sich zum 1. Januar und 1. Juli eines jeden Jahres um die Prozentpunkte, um welche die Bezugsgröße seit der letzten Veränderung des Basiszinssatzes gestiegen oder gefallen ist. Bezugsgröße ist der Zinssatz für die jüngste Hauptrefinanzierungsoperation der Europäischen Zentralbank vor dem ersten Kalendertag des betreffenden Halbjahrs.
(2) Die Deutsche Bundesbank gibt den geltenden Basiszinssatz unverzüglich nach den in Absatz 1 Satz 2 genannten Zeitpunkten im Bundesanzeiger bekannt.
(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.
(3) Benutzt jemand das Kraftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des Kraftfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das Kraftfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.
(1) Der Dritte kann seinen Anspruch auf Schadensersatz auch gegen den Versicherer geltend machen,
- 1.
wenn es sich um eine Haftpflichtversicherung zur Erfüllung einer nach dem Pflichtversicherungsgesetz bestehenden Versicherungspflicht handelt oder - 2.
wenn über das Vermögen des Versicherungsnehmers das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist oder ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt worden ist oder - 3.
wenn der Aufenthalt des Versicherungsnehmers unbekannt ist.
(2) Der Anspruch nach Absatz 1 unterliegt der gleichen Verjährung wie der Schadensersatzanspruch gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem die Verjährung des Schadensersatzanspruchs gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer beginnt; sie endet jedoch spätestens nach zehn Jahren von dem Eintritt des Schadens an. Ist der Anspruch des Dritten bei dem Versicherer angemeldet worden, ist die Verjährung bis zu dem Zeitpunkt gehemmt, zu dem die Entscheidung des Versicherers dem Anspruchsteller in Textform zugeht. Die Hemmung, die Ablaufhemmung und der Neubeginn der Verjährung des Anspruchs gegen den Versicherer wirken auch gegenüber dem ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer und umgekehrt.
(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.
Tenor
Die Antragstellerin wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, ihre Beschwerde gegen den von dem Amtsgericht – Familiengericht – Wipperfürth am 24.10.2012 erlassenen Beschluss – 10 F 116/14 – im schriftlichen Verfahren zurückzuweisen.
Für die Antragstellerin besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 13.03.2015.
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G r ü n d e :
2Der Hinweisbeschluss beruht auf § 117 Abs. 3 FamFG. Der Senat beabsichtigt, von der ihm nach § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG eröffneten Möglichkeit zur Entscheidung im schriftlichen Verfahren Gebrauch zu machen, nachdem sich die Beteiligten vor dem Amtsgericht mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren gemäß § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i. V. m. § 128 Abs. 2 ZPO einverstanden erklärt haben und weil von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Senat ein weiterer Erkenntnisgewinn nicht zu erwarten ist.
3Nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand bleibt die zulässige Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie den im Tenor näher bezeichneten Beschluss insoweit angreift, als ihrem Antrag auf Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Zahlung von Krankenvorsorgeunterhalt in Höhe von monatlich 169,05 € ab Oktober 2014 und zur Zahlung von einem auf dieser Grundlage ermittelten rückständigen Krankenvorsorgeunterhalt für die Zeit von Juli 2013 bis einschließlich September 2014 nur teilweise in Höhe von monatlich 30,00 € ab Oktober 2014 entsprochen worden ist, in der Sache ohne Erfolg.
4Zur Begründung wird zunächst auf den angefochtenen Beschluss, insbesondere die Begründung auf dessen Seiten 8 bis 10 (Bl. 96 ff.), Bezug genommen. Das Erkenntnis des Amtsgerichts erscheint dem Senat uneingeschränkt richtig. Die von der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren erhobenen Einwendungen rechtfertigen eine abweichende Sicht nicht. Das Beschwerdevorbringen gibt nur zu folgenden klarstellenden Ergänzungen Veranlassung:
5Der Anspruch der Antragstellerin auf Übernahme der Kosten ihrer Krankenversicherung durch die Antragsgegnerin folgt aus § 1610 BGB. In den Tabellensätzen finden Krankenversicherungsbeiträge für Kinder keine Berücksichtigung, weil diese in der gesetzlichen Familienversicherung gemäß § 10 Abs. 2 SGB V gegen Krankheit mitversichert sind; ist dies ausnahmsweise nicht der Fall, wie etwa bei Selbständigen oder Beamten, hat der Barunterhaltsschuldner für die Kosten der Krankenversicherung des Kindes zusätzlich einzustehen (vgl. etwa: Klinkhammer in Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 8. Auflage, § 2 Rn. 327, S. 508; Brudermüller in Palandt, BGB, 74. Auflage, § 1610 Rn. 12; siehe auch Kölner Unterhaltsleitlinien Stand 01.01.2013 Nr. 11.1).
6Allerdings kann der Barunterhaltspflichtige gemäß § 1612 Abs. 1 S. 2 BGB verlangen, dass ihm die Gewährung des Unterhalts ganz oder teilweise in anderer Weise, etwa in Form von Sachleistungen gestattet wird, wenn besondere Gründe dies rechtfertigen. Ein solcher Grund kann etwa dann bestehen, wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil – wie hier die Antragstellerin – beamtet und deswegen beihilfeberechtigt ist (Scholz in Wendl/Dose, a. a. O., § 2 Rn. 16, S. 418). Die Antragsgegnerin kann die Antragstellerin wegen des von der Beihilfe nicht getragenen Krankenversicherungsanteils von 20 % in ihrer Privatversicherung zum Preis von monatlich 30,00 € mitversichern. Ihre finanzielle Belastung ist im Vergleich zu der Situation, wenn die Antragstellerin bei der Privatversicherung ihres Vaters mit einem Preiszuschlag von 169,05 € monatlich mitversichert ist und die Antragsgegnerin diese erstatten müsste, wesentlich geringer. Bei der gebotenen Abwägung kommt wirtschaftlichen Gründen ein besonderes Gewicht zu (Brudermüller, a. a. O., § 1612 Rn. 11).
7Die Antragstellerin hat keine überzeugenden Gründe gegen die Feststellung des Amtsgerichts anzuführen vermocht, dass es sachgerecht erscheine, sie auf die günstigere Möglichkeit der Versicherung bei der Antragsgegnerin zu verweisen und die Antragsgegnerin deswegen an den weit höheren Kosten der Mitversicherung in der privaten Krankenversicherung des Kindesvaters nicht zu beteiligen. Die Gründe, die die Antragstellerin gegen eine Krankenmitversicherung über die Antragsgegnerin anführt, nämlich, bereits in der Vergangenheit (Ende 2012/Anfang 2013) habe sich die Antragsgegnerin als unzuverlässig erwiesen und sei auch im Übrigen nach wie vor nicht kooperativ, wie sich unter anderem bei der Auskunftserteilung über ihre Einkommensverhältnisse zwecks Geltendmachung des Kindesunterhalts und im Rahmen der Ausübung der gemeinsamen Umgangskontakte gezeigt habe, rechtfertigt nicht die Annahme, im Rahmen von Erstattungsabrechnungen mit der Beihilfestelle der Antragsgegnerin und ihrer ergänzenden Privatversicherung könne es im Einzelnen zu Abwicklungsschwierigkeiten kommen.
8Zu Recht hat das Amtsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt, die Antragstellerin könne mit der Beihilfestelle und der Privatversicherung der Antragsgegnerin unmittelbar abrechnen, weil dieser Umstand erstinstanzlich unstreitig gewesen ist. Soweit die Antragstellerin nunmehr eine andere Auffassung bezogen auf die Beihilfe vertritt, führt dies zu keiner anderen Bewertung. Denn sie kann sich, wie gerichtsbekannt ist, bei formaler Handhabung durch die Abrechnungsstelle von der Antragsgegnerin eine Vollmacht zur unmittelbaren Abrechnung der sie betreffenden medizinischen Leistungen geben lassen und diese vorlegen. Aber selbst dann, wenn man eine unmittelbare Abrechnungsbefugnis generell verneinen wollte, ist ein vernünftiger Grund für eine Verweigerungshaltung der Antragsgegnerin nicht ersichtlich, würde diese sich doch anderenfalls über den Krankenversicherungsbeitrag hinaus in Höhe der Rechnungsbeträge haftbar machen.
9Die Zeit bis Frühjahr 2013 betreffend, als die Antragstellerin noch über die Antragsgegnerin krankenversichert war, führt die Antragstellerin einen Vorfall von Ende 2012/Anfang 2013 an, in der sie in eine therapeutische Maßnahme bei der B Q aufgenommen werden sollte, was aber zunächst an der unzureichenden Mitwirkung der Antragsgegnerin gescheitert sei. Verifizierbar ist insoweit anhand des von der Antragsgegnerin mit der Beschwerdeerwiderung vorgelegten Schreibens vom 26.01.2013 (Bl. 148 GA) und der von der Seite 6 des Hilfeplans vom 27.02.2013 vorgelegten Kopie (Bl. 31 GA) lediglich, dass sich die Antragsgegnerin um eine Kostenübernahmezusage bemühte, diese aber aus formalen Gründen, auf die die Antragsgegnerin keinen Einfluss hatte, zunächst scheiterte, sie dies dem damals zuständigen Jugendamt mit dem vorbezeichneten Schreiben mitteilte und um entsprechende Veranlassung unter Beteuerung ihrer weiteren Mitwirkungsbereitschaft bat, diese Vorgehensweise einer Mitarbeiterin des Jugendamtes allerdings zu langwierig erschien und diese deswegen die Aufnahme der Antragstellerin in die private Krankenversicherung des Kindesvaters initiierte. Ungeachtet dessen handelte es sich – dessen grundsätzliche Beachtlichkeit einmal unterstellt – um ein einmaliges Ereignis, das zudem rund zwei Jahre lang zurückliegt. Eine Unzuverlässigkeit der Antragsgegnerin bei der Mitwirkung im Rahmen der Abwicklung eines Krankenversicherungsfalls der Antragstellerin über die bei ihr bestehende Mitversicherung lässt sich daraus nicht herleiten.
10Auch der von der Antragstellerin dargelegte Umstand der unzulänglichen Kommunikations- und Kompromissbereitschaft zwischen dem Kindesvater und der Antragsgegnerin lässt nicht den Schluss auf eine unzulängliche Mitwirkung der Antragsgegnerin bei der Abwicklung von Leistungsfällen den Krankenversicherungsschutz ihrer Tochter betreffend zu. Entsprechendes gilt, soweit die Antragstellerin auf Umgangskontakte verweist, deren Verlauf nicht „rund“ war.
11Abschließend legt der Senat der Antragstellerin die Rücknahme ihrer Beschwerde zwecks Ersparnis eines Teils der angefallenen Gerichtskosten und zwecks Vermeidung von eventuell entstehenden weiteren außergerichtlichen Kosten nahe.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
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- Der Kläger nimmt den Beklagten, das Deutsche Büro "Grüne Karte", auf Ersatz restlichen Sachschadens aus einem Verkehrsunfall in Anspruch, bei dem sein PKW beschädigt wurde. Die volle Haftung des Beklagten steht dem Grunde nach außer Streit. Die Parteien streiten nur noch darum, in welcher Höhe sich der Kläger bei der Ermittlung des Wiederbeschaffungsaufwandes den Restwert seines unfallbeschädigten Kraftfahrzeuges anrechnen lassen muss. Der vom Kläger mit der Schadensermittlung beauftragte Sachverständige ermittelte für das Fahrzeug Reparaturkosten in Höhe von 4.924,97 € brutto, einen Wiederbeschaffungswert von 4.200 € brutto und einen Restwert von 800 €. Mit Schreiben vom 9. April 2008 unterbreitete der Beklagte dem Kläger neun Restwertangebote, an die die Bieter bis 29. April 2008 gebunden waren und die die kostenlose Abholung des Unfallfahrzeugs gegen Barzahlung ("auf Wunsch des Geschädigten") vorsahen. Das höchste Gebot belief sich auf 1.730 €. Der Kläger veräußerte sein Fahrzeug am 10. Mai 2008 für 800 € an einen von ihm ausgewählten Käufer.
- 2
- Der Beklagte legte der Schadensregulierung einen Restwert in Höhe von 1.730 € zugrunde. Mit der Klage begehrt der Kläger, soweit in der Revisionsinstanz noch von Interesse, den Differenzbetrag in Höhe von 930 € zu dem von ihm erzielten Verkaufserlös.
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- Beide Vorinstanzen haben die Klage insoweit abgewiesen. Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
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- Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dem Kläger stehe kein weitergehender Schadensersatzanspruch zu. Der Kläger habe durch die Nichtannahme des Restwertangebots in Höhe von 1.730 € und den Verkauf seines Fahrzeugs für 800 € gegen die ihm obliegende Schadensminderungspflicht verstoßen, weshalb im Rahmen der Schadensberechnung von einem Restwert in Höhe von 1.730 € auszugehen sei. Entgegen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , wonach sich der Geschädigte grundsätzlich nicht auf Angebote aus dem Sondermarkt für Restwertaufkäufer verweisen lassen müsse und das Fahrzeug zu dem Wert verkaufen könne, den der Sachverständige als Restwert festgesetzt habe, habe sich der Kläger hier auf das Restwertangebot aus dem Internet verweisen lassen müssen. Aus dem Wirtschaftlichkeitspostulat folge, dass der Kläger sein Fahrzeug so verkaufen müsse, wie er es für sich selber verkauft hätte. Dabei stehe außer Zweifel, dass sich der Kläger in diesem Fall für das höhere Angebot in Höhe von 1.730 € entschieden hätte. Es sei für den Kläger auch nicht unzumutbar, sich auf ein höheres Restwertangebot verweisen zu lassen. Für ihn hätte keinerlei Risiko bestanden, da er nur den Bieter hätte anrufen müssen und dieser dann das Fahrzeug gegen Barzahlung abgeholt hätte. Der Vortrag des Klägers, dass Restwertangebote aus dem Internet unseriös seien, sei unsubstantiiert. Dass der Geschädigte sich auf ein Restwertangebot verweisen lassen müsse, stelle auch weder eine Verletzung des Grundsatzes , dass der Geschädigte Herr des Restitutionsgeschehens sei, noch eine Verletzung seiner Dispositionsfreiheit dar.
II.
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- Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand. Das Berufungsgericht hat der Schadensberechnung zu Recht einen Restwert des Unfallfahrzeugs von 1.730 € brutto zugrunde gelegt.
- 6
- 1. Das Berufungsgericht ist im Ansatz zu Recht davon ausgegangen, dass der Geschädigte, wenn er von der Ersetzungsbefugnis des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB Gebrauch macht und den Schaden wie im Streitfall nicht im Wege der Reparatur, sondern durch Beschaffung eines Ersatzfahrzeugs beheben will, nur Ersatz des Wiederbeschaffungswerts abzüglich des Restwerts verlangen kann (vgl. Senatsurteile BGHZ 115, 364, 372; 143, 189, 193; 163, 362, 365; vom 21. Januar 1992 - VI ZR 142/91 - VersR 1992, 457; vom 6. April 1993 - VI ZR 181/92 - VersR 1993, 769; vom 7. Dezember 2004 - VI ZR 119/04 - VersR 2005, 381 und vom 7. Juni 2005 - VI ZR 192/04 - VersR 2005, 1257, 1258 f.). Das Berufungsgericht hat auch zutreffend angenommen, dass die Ersatzbeschaffung als Variante der Naturalrestitution unter dem Gebot der Wirtschaftlichkeit steht. Dies bedeutet, dass der Geschädigte bei der Schadensbehebung gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB im Rahmen des ihm Zumutbaren und unter Berücksichtigung seiner individuellen Lage den wirtschaftlichsten Weg zu wählen hat (vgl. Senatsurteile BGHZ 132, 373, 376 f.; 143, 189, 193; vom 21. Januar 1992 - VI ZR 142/91 - aaO; vom 6. April 1993 - VI ZR 181/92 - aaO, S. 769 f. und vom 7. Dezember 2004 - VI ZR 119/04 - aaO, S. 381 f.). Das Wirtschaftlichkeitspostulat gilt auch für die Frage, in welcher Höhe der Restwert des Unfallfahrzeuges bei der Schadensabrechnung berücksichtigt werden muss (Senatsurteile BGHZ 143, 189, 193; 163, 362, 365; vom 21. Januar 1992 - VI ZR 142/91 - aaO und vom 6. April 1993 - VI ZR 181/92 - aaO S. 770). Denn auch bei der Verwertung des beschädigten Fahrzeuges muss sich der Geschädigte im Rahmen der wirtschaftlichen Vernunft halten.
- 7
- 2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts leistet der Geschädigte dem Gebot zur Wirtschaftlichkeit indessen im Allgemeinen Genüge und bewegt sich in den für die Schadensbehebung durch § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB gezogenen Grenzen, wenn er die Veräußerung seines beschädigten Kraftfahrzeuges zu demjenigen Preis vornimmt, den ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger in einem Gutachten, das eine korrekte Wertermittlung erkennen lässt, als Wert auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat (vgl. Senatsurteile BGHZ 143, 189, 193; 163, 362, 366; 171, 287, 290 f.; vom 21. Januar 1992 - VI ZR 142/91 - aaO, S. 458; vom 6. April 1993 - VI ZR 181/92 - aaO; vom 7. Dezember 2004 - VI ZR 119/04 - aaO; vom 12. Juli 2005 - VI ZR 132/04 - VersR 2005, 1448, 1449; vom 10. Juli 2007 - VI ZR 217/06 - VersR 2007, 1243 f. und vom 13. Oktober 2009 - VI ZR 318/08 - VersR 2010, 130, 131). Anders als das Berufungsgericht meint, ist der Geschädigte insbesondere grundsätzlich nicht verpflichtet, einen Sondermarkt für Restwertaufkäufer im Internet in Anspruch zu nehmen. Will der Geschädigte das Fahrzeug der ihm vertrauten Vertragswerkstatt oder einem Gebrauchtwagenhändler bei dem Erwerb eines Ersatzwagens in Zahlung geben, so kann der Schädiger gegenüber deren Ankaufsangebot grundsätzlich nicht auf ein höheres Angebot verweisen, das vom Geschädigten nur auf einem Sondermarkt, etwa durch Einschaltung spezialisierter Restwertaufkäufer über das Internet, zu erzielen wäre. Andernfalls würde die dem Geschädigten nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB zustehende Ersetzungsbefugnis unterlaufen und dem Geschädigten die vom Schädiger gewünschte Verwertungsmodalität aufgezwungen (vgl. Senatsurteile BGHZ 163, 362, 367; vom 21. Januar 1992 - VI ZR 142/91 - aaO, S. 457; vom 6. April 1993 - VI ZR 181/92 - aaO S. 770; vom 7. Dezember 2004 - VI ZR 119/04 - aaO und vom 13. Januar 2009 - VI ZR 205/08 - VersR 2009, 413, 414).
- 8
- 3. Auf die unter Ziffer 2 dargestellten Fragen kommt es im Streitfall indes nicht an. Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass der Kläger durch den Verkauf des Unfallfahrzeugs für 800 € seine Pflicht zur Geringhaltung des Schadens gemäß § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB verletzt hat.
- 9
- a) Nach der gefestigten Rechtsprechung des erkennenden Senats können besondere Umstände dem Geschädigten Veranlassung geben, günstigere Verwertungsmöglichkeiten wahrzunehmen, um seiner sich aus § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB ergebenden Verpflichtung zur Geringhaltung des Schadens zu genügen. Unter diesem Blickpunkt kann er gehalten sein, von einer grundsätzlich zulässigen Verwertung des Unfallfahrzeugs Abstand zu nehmen und im Rahmen des Zumutbaren andere sich ihm darbietende Verwertungsmöglichkeiten zu ergreifen (vgl. Senatsurteile BGHZ 143, 189, 194; 163, 362, 367 und vom 6. März 2007 - VI ZR 120/06 - VersR 2007, 1145, 1146). Derartige Ausnahmen stehen nach allgemeinen Grundsätzen zur Beweislast des Schädigers (vgl. Senatsurteile BGHZ 143, 189, 194 und vom 22. November 1977 - VI ZR 114/76 - VersR 1978, 182, 183). Auch müssen sie in engen Grenzen gehalten werden und dürfen insbesondere nicht dazu führen, dass dem Geschädigten bei der Schadensbehebung die von dem Schädiger bzw. dessen Versicherer gewünschten Verwertungsmodalitäten aufgezwungen werden (vgl. Senatsurteile BGHZ 143, 189, 194 f.; 163, 362, 367 und vom 6. März 2007 - VI ZR 120/06 - aaO).
- 10
- b) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist die Beurteilung des Berufungsgerichts , der Kläger habe durch den Verkauf des Unfallfahrzeugs zu dem vom Sachverständigen geschätzten Wert gegen die ihm obliegende Schadensminderungspflicht verstoßen, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hatte der Beklagte dem Kläger vor der Veräußerung des Fahrzeugs eine erheblich günstigere Verwertungsmöglichkeit unterbreitet, die dieser ohne weiteres hätte wahrnehmen können und deren Wahrnehmung ihm zumutbar war. Danach hatte der Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 9. April 2008 ein bis 29. April 2008 bindendes Restwertangebot unterbreitet, das eine Abholung des Unfallfahrzeugs gegen Barzahlung von 1.730 € garantierte und das der Kläger lediglich telefonisch hätte annehmen müssen. Die Revision zeigt keinen übergangenen Sachvortrag auf, der ein anerkennenswertes Interesse des Klägers daran begründen könnte, das Unfallfahrzeug nicht an den von der Beklagten benannten Interessenten, sondern zu einem wesentlich geringeren Preis an den von ihm ausgewählten Käufer zu veräußern.
AG Landshut, Entscheidung vom 29.05.2009 - 3 C 154/09 -
LG Landshut, Entscheidung vom 28.10.2009 - 13 S 1761/09 -
(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.
(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.