Oberlandesgericht Köln Urteil, 15. Aug. 2014 - 19 U 163/13
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Bonn vom 23.09.2013 – 20 O 15/13 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger als Gesamtschuldner.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Klägern bleibt jeweils nachgelassen, die gegen sie gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe:
2I.
3Die Kläger machen Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit der Beteiligung an den beiden geschlossenen Immobilienfonds J Immobilienfonds N Klinik GbR und J Immobilienfonds P E GbR geltend. Der Kläger zu 1) macht Ansprüche auch in seiner Eigenschaft als selbstständiger Handelsvertreter geltend.
4Zum Zeitpunkt der Zeichnung der streitgegenständlichen Beteiligungen war der Kläger zu 1) 46 bzw. 47 Jahre alt, selbständiger Handelsvertreter und (seit 1992) Geschäftsstellenleiter der Beklagten und hatte für diese bereits mehrere Beteiligungen an geschlossenen Immobilienfonds vermittelt. Im Zeitraum seiner Tätigkeit für die Beklagte in den Jahren 1989 bis 2009 vermittelte er 551 Beteiligungen an geschlossenen Immobilienfonds mit einem Volumen von ca. 13,2 Mio. Euro. Die Klägerin zu 2) ist dessen Ehefrau und war bei Zeichnung ihrer Beteiligung 45 Jahre alt und als Büroangestellte bei dem Kläger zu 1) beschäftigt.
5Der Kläger zu 1) nahm als Handelsvertreter an Schulungsmaßnahmen der Beklagten zu dem J Immobilienfonds N Klinik GbR und dem J Immobilienfonds P E GbR teil. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten hierzu und zum Inhalt der Emissionsprospekte dieser Beteiligungen wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
6Der Kläger zu 1) beteiligte sich gemäß Vollmacht zur Beitrittserklärung vom 04.03.1996 mit einem Nominalbetrag in Höhe von 30.000,00 DM zzgl. 5 % Agio an dem J Immobilienfonds N Klinik GbR. Der Kläger zu 1) erhielt von der Beklagten für die Zeichnung der Beteiligung eine Provision in Höhe von 613,55 €. Am 10.03.1997 zeichnete er eine Beteiligung an dem J Immobilienfonds P E GbR in Höhe von 25.000,00 DM zzgl. 5 % Agio. Der Kläger zu 1) erhielt von der Beklagten für die Zeichnung dieser Beteiligung eine Provision in Höhe von 511,29 €. Beide Beteiligungen wurden über die E2 fremdfinanziert.
7Die Klägerin zu 2) zeichnete am 27.02.1997 eine Beteiligung in Höhe von 50.000,00 DM an dem J Immobilienfonds P E GbR, die über ein Darlehn bei der E2 fremdfinanziert wurde. Auch für diese Beteiligung erhielt der Kläger zu 1) eine Provision.
8Der Kläger zu 1) erhielt aus seiner Beteiligung an dem J Immobilienfonds N Klinik GbR eine Ausschüttung in Höhe von insgesamt 904,99 €, während aus dem J Immobilienfonds P E GbR keine Ausschüttungen erfolgten. Ende 2001 beteiligte sich der Kläger zu 1) an der Kapitalerhöhung des J Immobilienfonds N Klinik GbR mit einem Betrag von umgerechnet 1.917,34 € und an der Kapitalerhöhung des J Immobilienfonds P E GbR mit einem weiteren Betrag von umgerechnet 1.700,05 € zum Zwecke der Sanierung der Fonds. Die Klägerin zu 2) beteiligte sich an der Kapitalerhöhung des J Immobilienfonds P E GbR mit einem Betrag von umgerechnet 3.400,09 €.
92006 beteiligte sich der Kläger zu 1) auf Veranlassung der Beklagten in Höhe von 3.595 € an Kulanzzahlungen an Kunden der Beklagten, die eine Beteiligung an dem J Immobilienfonds P E GbR gezeichnet und keine Ausschüttungen erhalten hatten.
10Die Kläger beantragten die Einleitung des Güterverfahrens, der Kläger zu 1) mit Schreiben vom 29.12.2011 (Anlage K 40) und die Klägerin zu 2) mit Schreiben vom 27.12.2011 (Anlage K 41). Die Beklagte lehnte das Schlichtungsverfahren mit Schreiben vom 10.01.2012 ab. Unter dem 07.05.2012 (Anlagen K 44 und 45 – Bl. 456 – 459 d.A.) teilte die Gütestelle I den Klägern dann jeweils das Scheitern des Schlichtungsverfahrens mit.
11Die Kläger machen Pflichtverletzungen aus einem Anlageberatungs- bzw. -vermittlungsvertrag und der Kläger zu 1) auch aus dem Handelsvertretervertrag geltend. Sie rügen eine Reihe von Falschinformationen in Bezug auf die Werthaltigkeit der Beteiligungen. Dabei wird zum einen auf Angaben im Emissionsprospekt und zum anderen auf behauptete Erklärungen in Schulungsveranstaltungen der Beklagten abgestellt. Den Klägern seien die Beteiligungen als sichere, rentable, zur Altersvorsorge geeignete Investitionen angeboten worden, die jederzeit wieder veräußerbar seien. Risikohinweise, insbesondere auf ein Totalverlustrisiko, seien nicht erteilt worden. Die Kläger rügen eine fehlende erforderliche Plausibilitätsprüfung der Beteiligungen und die in diesem Zusammenhang gemachten bzw. unterlassenen Angaben. Insbesondere seien sie auf persönliche und kapitalmäßige Verflechtungen der beteiligten Unternehmen und Gründungsgesellschafter sowie Sonderzuwendungen an den Gründungsgesellschafter nicht hingewiesen worden. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten hierzu wird auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
12Der Kläger zu 1) macht hinsichtlich seiner Beteiligung an dem J Immobilienfonds N Klinik GbR als Schaden die Nominalbeteiligung in Höhe von 15.388,76 €, Agio in Höhe von 766,94 €, die Kapitalerhöhung in Höhe von 1.917,34 € und Darlehenszinsen in Höhe von 3.090,90 € abzüglich 12.169,26 € Steuervorteile, 904,99 € Ausschüttungen und 613,55 € Provision und damit insgesamt 7.426,14 € geltend. Hinsichtlich seiner Beteiligung an dem J Immobilienfonds P E GbR macht der Kläger zu 1) als Schaden die Nominalbeteiligung in Höhe von 12.782,30 €, Agio in Höhe von 639,11 €, die Kapitalerhöhung in Höhe von 1.700,05 € und Darlehenszinsen in Höhe von 2.636,75 € abzüglich 9.432,82 € Steuervorteile und 511,29 € Provision, insgesamt 7.814,10 € (rechnerisch richtig: 7.476,14 €) geltend. Ferner begehrt er Ersatz der von ihm gezahlten Kulanzentschädigung in Höhe von 3.595,00 € und damit insgesamt einen Gesamtschaden in Höhe von 18.835,24 €.
13Die Klägerin zu 2) begehrt als Schaden aus ihrer Beteiligung an dem J Immobilienfonds P E GbR die Nominalbeteiligung in Höhe von 25.564,59 €, Agio in Höhe von 1.278,23 €, die Kapitalerhöhung in Höhe von 3.400,09 € und Darlehenszinsen in Höhe von 6.911,60 € abzüglich 19.411,71 € Steuervorteile. Sie macht demgemäß einen Gesamtschaden in Höhe von 17.742,80 € geltend.
14Die Kläger haben beantragt,
15I.
16Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zu 1) 18.835,24 € nebst 4 % Zinsen aus einem Teilbetrag in Höhe von 7.426,14 € seit 01.01.1997 und aus einem weiteren Teilbetrag in Höhe von 7.814,10 € seit 01.01.2006 und aus einem weiteren Teilbetrag in Höhe von 3.595,00 € zu zahlen,
17II.
18festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger zu 1) jeden weiteren künftigen Schaden, der dem Kläger zu 1) im Zusammenhang mit dem Erwerb seiner Beteiligungen an dem J Immobilienfonds N Klinik GbR sowie an den J Immobilienfonds P E GbR entstehen wird, zu ersetzen,
19III.
20festzustellen, dass die Beklagte mit der Annahme der Beteiligung des Klägers zu 1) an dem J Immobilienfonds N Klinik GbR in Höhe von nominal 30.000,00 DM sowie mit der Annahme der Beteiligung des Klägers zu 1) an dem J Immobilienfonds P E GbR in Höhe von nominal 25.000,00 DM jeweils in Verzug ist,
21IV.
22die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin zu 2) 17.742,80 € nebst 4 % Zinsen hieraus seit 01.01.2006 zu zahlen,
23V.
24festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin zu 2) jeden weiteren künftigen Schaden, der der Klägerin zu 2) im Zusammenhang mit dem Erwerb ihrer Beteiligung an dem J Immobilienfonds P E GbR entstehen wird, zu ersetzen,
25VI.
26festzustellen, dass die Beklagte mit der Annahme der Beteiligung der Klägerin zu 2) an den J Immobilienfonds P E GbR in Höhe von nominal 50.000,00 DM in Verzug ist.
27Die Beklagte hat beantragt,
28die Klage abzuweisen.
29Sie hat sich gegen die Klage mit der Auffassung verteidigt, Pflichtverletzungen seien nicht nachgewiesen. Im Übrigen hat sie die Einrede der Verjährung erhoben.
30Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
31Der Kläger zu 1) könne von der Beklagten weder Schadensersatz noch die Feststellung einer Schadensersatzverpflichtung bzw. des Verzugs mit der Annahme der beiden Beteiligungen an dem J Immobilienfonds N Klinik GbR und an dem J Immobilienfonds P E GbR verlangen. Es sei kein Beratungs- oder Anlagevermittlungsvertrag zwischen dem Kläger zu 1) und der Beklagten zustande gekommen. Auch ein Anspruch aus der Verletzung des Handelsvertretervertrages (pVV) in Verbindung mit Artikel 229 § 5 Satz 1 EGBGB stünde dem Kläger zu 1) nicht zu, da ein etwaiger Anspruch jedenfalls nach § 88 HGB a. F. verjährt sei. Der Beklagten sei es auch nicht versagt, sich auf die Verjährungsvorschriften zu berufen. Darüber hinaus bestünden auch keine Ansprüche aus spezialgesetzlicher Prospekthaftung. Die Einführung einer Prospektpflicht für Fonds sei erst am 01.07.2005 durch § 8 f Abs. 1 VerkProspG in Kraft getreten. Auch die Voraussetzungen einer zum damaligen Zeitpunkt bereits bestehenden bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung im engeren Sinne fehlten, weil die Beklagte für den Emissionsprospekt nicht verantwortlich gewesen sei. Auch ein Anspruch aus bürgerlich-rechtlicher Prospekthaftung im weiteren Sinne (uneigentliche Prospekthaftung) sei nicht gegeben. Deliktische Schadensersatzansprüche aus § 826 BGB, § 823 Abs. 2 BGB i. V .m. § 263 StGB; § 831 BGB; § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 264 a StGB stünden dem Kläger zu 1) ebenfalls nicht zu. Schließlich könne der Kläger zu 1) die von ihm an Kunden geleisteten Kulanzzahlungen in Höhe von insgesamt 3.595,00 EUR nicht von der Beklagten ersetzt verlangen. Ein solcher Anspruch stehe ihm unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu, da der Kläger zu 1) diese Kulanzzahlungen selbst in freier unternehmerischer Entscheidung getätigt habe.
32Die Klägerin zu 2) könne von der Beklagten ebenfalls weder Schadensersatz, noch die Feststellung einer Schadensersatzverpflichtung bzw. des Verzugs mit der Annahme ihrer Beteiligung an dem J Immobilienfonds P E GbR verlangen. Es erscheine schon zweifelhaft, ob überhaupt ein von dem Kläger zu 1) vermittelter Beratungs- oder Anlagevermittlungsvertrag zustande gekommen sei, für dessen Verletzung die Beklagte haftete. Das könne jedoch dahingestellt bleiben, da jedenfalls keine der Beklagten zuzurechnende Pflichtverletzung vorliege, aufgrund derer die Klägerin zu 2) noch Schadensersatzansprüche durchsetzen könne. Soweit die Klägerin zu 2) eine Fehlberatung im Hinblick auf die eingeschränkte Fungibilität der Beteiligung rüge und sich darauf berufe, dass der Kläger zu 1) ihr entsprechend den internen Informationen und Schulungsveranstaltungen der Beklagten berichtet habe, dass man sich ohne weiteres von einer Beteiligung wieder lösen könne und zu diesem Zweck bei der Beklagten extra entsprechende Replatzierungslisten geführt würden, begründe dies keinen Beratungsfehler. Soweit sie rüge, dass die Beteiligung nach den Informationen aus den Schulungsveranstaltungen der Beklagten als sichere und werthaltige Anlage, die zur Altersvorsorge geeignet sei, präsentiert worden sei, sei ein darauf gestützter Schadensersatzanspruch jedenfalls verjährt. Soweit die Klägerin zu 2) die fehlende Plausibilität der Rentabilität rüge, folge auch daraus kein unverjährter Beratungsfehler der Beklagten. Der Vorwurf unzutreffender Angaben hinsichtlich der Auslastung der P E begründe keinen durchsetzbaren Schadensersatzanspruch. Auch die Angaben zur Werthaltigkeit der Anlage führten zu keinem durchsetzbaren Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte. Im Ergebnis könne insoweit nicht angenommen werden, dass die Beklagte aufgrund der in dem Investitions- und Finanzierungsplan des Emissionsprospektes zu dem J Immobilienfonds P E GbR enthaltenen Position „Avale Bauzeit“ von einem Risiko ausgehen musste, auf das die Kläger hinzuweisen waren. Auch die in der Investitionsplanung enthaltenen Finanzierungskosten seien insoweit unbedenklich. Es liege keine schuldhafte Pflichtverletzung der Beklagten vor. Zudem wäre ein auf die Position „Finanzierungskosten“ gestützter Schadensersatzanspruch absolut verjährt. Ein etwaiger Schadensersatzanspruch wegen eines unterlassenen Rentabilitäts-/Sicherheitsvergleichs sei zumindest nach dem Ausbleiben von Ausschüttungen und nach Teilnahme an der Kapitalerhöhung verjährt. Soweit die Kläger der Beklagten vorwerfen, sie habe ihnen nicht erläutert, dass sie z.B. im Falle der Anlage desselben Gesamtbetrages in festverzinsliche Wertpapiere eine absolut sichere und rentable Investition gehabt hätten, die selbst bei einem Vergleich mit den geschönten Prospektangaben noch wirtschaftlich sinnvoller gewesen wäre, wäre ein solcher Beratungsfehler jedenfalls verjährt. Soweit die Klägerin zu 2) mangelnde Risikohinweise durch die Beklagte beanstandet, folge daraus kein Beratungsfehler. Daraus, dass die Klägerin zu 2) vor Zeichnung ihrer Beteiligung nicht über die mit der Vermittlung der Fondsbeteiligung erzielten Provisionen aufgeklärt worden sei, ergebe sich kein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte. Soweit die Klägerin zu 2) weiter rüge, dass die Beklagte sie pflichtwidrig nicht auf die vorhandenen persönlichen und kapitalmäßigen Verflechtungen der beteiligten Unternehmen und Gründungsgesellschafter und die zu erwartenden unmittelbaren und mittelbaren Sonderzuwendungen an den Gründungsgesellschafter der Fondsgesellschaften I2, der über seine Gesellschaften nicht nur Verkäufer der Fondsimmobilien, sondern auch Grundstückseigentümer und Grundstückstreuhänder für die Fondsgesellschaften, Geschäftsbesorger für die Fondsgesellschaften und Mieter der Fondsimmobilien gewesen ist, hingewiesen habe, liege darin kein Beratungsfehler. Darüber hinaus sei dieser Aspekt nicht im Güteantrag enthalten und damit mit Ablauf des 31.12.2011 absolut verjährt. Schließlich stünden der Klägerin zu 2) auch keine deliktischen Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte zu.
33Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf den Inhalt des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
34Gegen das Urteil richtet sich die Berufung der Kläger, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren weiter verfolgen.
35Hinsichtlich des Klägers zu 1) habe das Landgericht fehlerhaft das Bestehen von Schadensersatz- und Feststellungsansprüchen verneint.
36Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei zwischen dem Kläger zu 1) und der Beklagten ein Anlageberatungs- bzw. Anlagevermittlungsvertrag zustande gekommen. Grundsätzlich könne zwischen einem Handelsvertreter und seinem Unternehmer ein Anlageberatungs- oder Vermittlungsvertrag zustande kommen. Unzutreffend sei das Landgericht der Meinung, dass ein solches Vertragsverhältnis wegen mangelndem Aufklärungs- und/oder Beratungsbedarf des Klägers zu 1) in Bezug auf die Beteiligungen nicht zustande gekommen sei. Die Beklagte habe für alle ihre Handelsvertreter die Plausibilitätsprüfung der von der Beklagten in Vertrieb gebrachten Produkte übernommen bzw. diese durch die E4 (E4 mbH) vornehmen lassen. Sie habe sämtliche Informationen und Unterlagen betreffend die von der Beklagten vermittelten Produkte ausschließlich über ihre Handelsvertreter weitergegeben. Eigenzeichnungen der Handelsvertreter der Beklagten seien ausdrücklich gewünscht und ausdrücklich empfohlen worden. Sie seien auch - insoweit unstreitig - gegenüber dem jeweiligen Handelsvertreter verprovisioniert worden. Die Beklagte habe ihren Handelsvertretern und dem Kläger zu 1) mitgeteilt, dass eine eigene Prüfung der Produkte nicht erforderlich sei. Sämtliche Informationen über die streitgegenständlichen Immobilienfonds stammten ausschließlich von der Beklagten. Darüber hinaus hätten die Mitarbeiter und Handelsvertreter der Beklagten keine eigene Kenntnis von den vertriebenen Produkten gehabt. Es habe insofern ein Informationsgefälle zwischen der Beklagten und dem Kläger zu 1) bestanden, was für die Beklagte offensichtlich und gewollt gewesen sei. Die Beklagte könne nicht einerseits in Schulungsveranstaltungen in Bezug auf Eigenzeichnungen propagieren, dass von ihr eine besonders sichere und seriöse Produktauswahl und strenge Plausibilitätsprüfung vorgenommen würde, andererseits sich aber im Prozess darauf berufen, eine Beratungs- oder Vermittlungssituation sei im Hinblick auf Eigenzeichnungen nicht gewollt gewesen. Der vorliegende Fall sei auch von der vom Landgericht zitierten Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle zu unterscheiden. Anders als im dortigen Fall habe hier die Beklagte durch die Angaben in ihren Schulungsveranstaltungen insbesondere im Hinblick auf Eigenzeichnungen ein Informationsgefälle zwischen ihr und ihren Mitarbeitern und Handelsvertretern hergestellt und damit den Beratungsbedarf wissentlich und willentlich begründet.
37Darüber hinaus stünden ihm, dem Kläger zu 1), auch Schadensersatzansprüche aus dem Handelsvertretervertrag mit der Beklagten zu. Es sei hinreichend substantiiert dargelegt, was auf welchen Schulungen der Beklagten von wem und zu welchen der beiden Immobilienfonds genau gesagt worden sei. Das Landgericht habe zu Unrecht die zum erstinstanzlichen Sachvortrag, insbesondere im Schriftsatz vom 10.05.2013 (dort Seite 2 ff.) angebotenen Beweise nicht erhoben und daher gegen § 286 ZPO verstoßen. Rechtsfehlerhaft sei zudem die Auffassung des Landgerichts, Ansprüche des Klägers zu 1) aus dem Handelsvertretervertrag seien gem. § 88 HGB a. F. verjährt. Die Regelung gelte nicht für deliktische Ansprüche des Handelsvertreters oder für Fälle, in denen der Unternehmer arglistig die Kenntnis des Handelsvertreters vom Entstehen von Schadensersatzansprüchen vereitele. Das Landgericht habe in diesem Zusammenhang den Vortrag der Kläger im Schriftsatz vom 10.05.2013 (dort Seite 9) unberücksichtigt gelassen. Dort werde im Einzelnen dargelegt, dass die Beklagte arglistig Schadensersatzansprüche des Klägers wegen bewusst wahrheitswidriger Ausführungen zur angeblichen Risikolosigkeit und Geeignetheit der Beteiligungen zur Altersvorsorge sowie wegen angeblich strenger Plausibilitätsprüfung durch die E4 vereitelt habe.
38Auch deliktische Ansprüche bestünden. Die Beklagte sei zur Prüfung der Plausibilität der streitgegenständlichen Fondsbeteiligungen verpflichtet gewesen. Soweit sie diese Prüfung nicht ordnungsgemäß vorgenommen habe oder die E4 nicht hat ordnungsgemäß vornehmen lassen, habe die Beklagte im Hinblick auf die Angaben zur Risikolosigkeit und Altersvorsorgegeeignetheit wie zum pflichtwidrigen Verschweigen ebenso wie zum pflichtwidrigen Verschweigen von personellen und kapitalmäßigen Verflechtungen im Rahmen der Beteiligungsmodelle sowie zu den verschwiegener Sonderzuwendungen an den Gründungsgesellschafter selbst Angaben ins Blaue gemacht. Dabei sei die Schädigung ihrer Kunden wie auch die ihrer Mitarbeiter bei Eigenzeichnungen bewusst in Kauf genommen worden. Die „Unterdrückung von Informationen auch und insbesondere im Hinblick auf die unzureichende Plausibilitätsprüfung der Beteiligungsprospekte sowie die erheblichen bestehenden Risiken im Zusammenhang mit den streitgegenständlichen Immobilienfondsbeteiligungen im Rahmen der unter Beweis gestellten Schulungsveranstaltungen der Beklagten, um ihre Mitarbeiter und auch und insbesondere den Kläger zu 1) nicht nur zu wahrheitswidrigen Kundenberatungen, sondern darüber hinaus zu Eigenzeichnungen unter vollkommen falschen Voraussetzungen zu bewegen“, erfüllten insoweit den Tatbestand einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung.
39Die vorhandenen persönlichen und kapitalmäßigen Verflechtungen seien nach den Darstellungen der Beklagten jedem Prospektleser und damit auch den Klägern bekannt gewesen. Dies gelte jedoch nicht für den Kläger zu 1), der sich insoweit auf die Prospektlektüre und Prüfung durch die Beklagte und die entsprechenden Schulungsinhalte verlassen habe. Die Beklagte habe positiv gewusst, dass die Immobilienfondsbeteiligungen nicht risikolos, nicht sicher und nicht uneingeschränkt zur Altersvorsorge geeignet gewesen seien, und dass der Abschluss von Versorgungsverträgen zur Absicherung der Auslastung der Kliniken nicht sicher gestellt gewesen sei. Für den gegenteiligen Schulungsinhalt hätten die Kläger Beweis angeboten. Das Landgericht habe insoweit gegen § 286 ZPO verstoßen. Auch von der fehlenden Plausibilität der Kostenpositionen „Avale Bauzeit“ und „Finanzierungskosten“ habe die Beklagte positive Kenntnis gehabt. Andernfalls seien die Plausibilitätsmängel der Beklagten grob fahrlässig unbekannt geblieben und sie hafte gem. § 826 BGB wegen Angaben ins Blaue hinein. Unzutreffend sei die Annahme des Landgerichts, die Schulungsunterlagen der Beklagten seien nicht für eine nach außen gerichtete Werbung konzipiert gewesen. Vielmehr seien die Schulungsunterlagen Entscheidungsgrundlage ihrer Mitarbeiter und Handelsvertreter für Eigenzeichnungen, aber auch zum Einsatz in der Kundenberatung bezweckt gewesen. Hierzu bieten die Kläger Beweis an.
40Unverständlich sei, weshalb das Landgericht davon ausgehe, dass der Kläger zu 1) die von ihm im Jahre 2006 an die Kunden geleisteten Kulanzzahlungen in Höhe von 3.595,00 € „selbst in freier unternehmerrscher Entscheidung“ getätigt habe. Hierzu habe die Beklagte den Kläger zu 1) geradezu genötigt. Andernfalls wäre die Beklagte nicht bereit gewesen, den betroffenen Kunden wegen ausgebliebener Ausschüttungen Kulanzzahlungen zu gewähren. Die durch den Kläger zu 1) für die Beklagte betreuten Kunden hätten – so auch der entsprechend Vortrag der Beklagten – aus dem jeweiligen Anlageberatungsvertrag mit der Beklagten nur dann eine Kulanzentschädigung erhalten, wenn der Beklagte zu 1) dazu bereit gewesen sei, aus eigenen wirtschaftlichen Mitteln einen entsprechenden Beitrag zu leisten. Dies sei keine „freie unternehmerische Entscheidung“.
41Auch in Bezug auf die Klägerin zu 2) verkenne das Landgericht bestehende Schadens- und Feststellungsansprüche im Zusammenhang mit ihrer Beteiligung an der J Immobilienfonds P E GbR.
42Zwischen der Klägerin zu 2) und der Beklagten sei ein Anlageberatungs-, jedenfalls aber ein Anlagevermittlungsvertrag zustande gekommen. Die Klägerin zu 2) habe die Beitrittserklärung für eine Beteiligung an dem genannten Immobilienfonds (Anlage K 11) unterzeichnet. Dies sei durch Vermittlung des Klägers zu 1) und mithin durch die Beklagte erfolgt. Der Kläger zu 1) habe - insoweit unstreitig - hierfür eine Provision erhalten. Die Klägerin zu 2) habe entgegen der Auffassung des Landgerichts den Emmissionsprospekt nicht lange vor der Zeichnung ihrer Anlage gehabt. Der Kläger zu 1) habe lediglich im Februar 1997 gemeinsam mit seiner Ehefrau die Bilder sowie das Kartenmaterial des Emissionsprospektes angesehen. Im Übrigen habe der Kläger nur den Inhalt der Schulungen wiedergegeben. Der Inhalt des Emissionsprospektes der J Immobilienfonds P E GbR sei nicht Gegenstand des Gesprächs der Kläger im Februar 1997 gewesen. Auch habe der Kläger zu 1) der Klägerin zu 2) den Emissionsprospekt zu keinem Zeitpunkt vor der Zeichnung ausgehändigt oder überlassen. Die Kläger treten Beweis durch Parteieinvernahme an. Selbst wenn der Emissionsprospekt bereits 5 Monate vor Zeichnung der Klägerin zu 2) vorgelegen hätte, käme es darauf nicht an. Der Kläger zu 1) habe als Mitarbeiter der Beklagten die Beteiligung der Klägerin zu 2) insoweit vollkommen abweichend vom Inhalt des Beteiligungsprospektes geschildert und der Klägerin zu 2) mitgeteilt, dass es sich insoweit um eine absolut risikolose und altersvorsorgegeeignete Investition handele. Die Klägerin zu 2) sei nicht verpflichtet gewesen, ihren Ehemann als Berater durch Lektüre des Prospektes zu kontrollieren. Der Umstand, dass der Anleger auf die Angaben eines Beraters oder Vermittlers vertraue und deshalb nicht den Prospekt durchsehe und auswerte, begründe kein „grobes Verschulden gegen sich selbst“. Auch das verkenne das Landgericht.
43Auch gehe das Landgericht unzutreffend davon aus, dass die Klägerin zu 2) durch den Prospekt hinreichend über die eingeschränkte Veräußerbarkeit ihrer Beteiligung informiert gewesen sei und der Kläger zu 1) hierzu keine abweichenden Angaben gemacht habe. In der mündlichen Verhandlung vom 06.08.2013 habe der Kläger zu 1) mitgeteilt, dass es einen funktionierenden Zweitmarkt gegeben habe und die dortigen Produkte durchaus nachgefragt gewesen seien. Auch dem Kläger zu 1) sei offensichtlich nicht klar gewesen, dass im Rahmen dieses Zweitmarkts grundsätzlich das Risiko bestehe, dass auch kein Käufer gefunden werde. Es komme noch nicht einmal darauf an, ob dem Kläger zu 1) die Funktionsweise und die Einschränkung des sogenannten Zweitmarkts bekannt gewesen seien. Nach der Einlassung des Klägers zu 1) in der mündlichen Verhandlung vom 06.08.2013 habe die Ehefrau, die Klägerin zu 2), keine Kenntnisse darüber gehabt, wie Fondsbeteiligungen veräußert werden können. Entsprechendes gelte für eine eingeschränkte Veräußerbarkeit. Eine Zurechnung der Kenntnisse des Ehepartners erfolge ohnehin nicht. Die Klägerin zu 2) sei auch nicht verpflichtet gewesen, die Angaben ihres Beraters, des Klägers zu 1), in Bezug auf eine sichere, zur Altersvorsorge geeignete Kapitalanlage anhand des Emissionsprospektes auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen.
44Unzutreffend gehe das Landgericht davon aus, die Klägerin zu 2) habe spätestens mit Teilnahme an der Kapitalerhöhung im Jahre 2001 Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände erlangt bzw. grob fahrlässig nicht erlangt. Hiermit werde unzulässig die Kenntnis vom möglichen Eintritt eines Schadens der Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände gleichgesetzt. Aus dem Ausbleiben von Ausschüttungen oder der Teilnahme an der Kapitalerhöhung hätten sie nicht darauf schließen können, dass - entgegen der ursprünglich gegebenen Information - zu keinem Zeitpunkt Versorgungsverträge abgeschlossen worden waren und deshalb die Auslastung der Klinik nicht sichergestellt war.
45Auch im Hinblick auf die fehlende Plausibilität der Rentabilität habe das Landgericht die verjährungsrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verkannt. Der Anleger könne aus dem Ausbleiben von Ausschüttungen oder der Teilnahme an der Kapitalerhöhung nicht darauf schließen, dass entgegen der ursprünglichen Information zu keinem Zeitpunkt Versorgungsverträge abgeschlossen worden seien und deshalb die Auslastung der Klinik nicht sichergestellt gewesen sei. Dasselbe gelte für den unterlassenen Rentabilitäts- und Sicherheitsvergleich mit einem fest verzinslichen Wertpapier. Den Ausführungen des Landgerichts sei nicht zu entnehmen, weshalb den Klägern aus der Teilnahme an der Kapitalerhöhung im Jahr 2001 hätte bekannt sein müssen, dass im Fall der Anlage desselben Gesamtbetrages in fest verzinsliche Wertpapiere der Anleger eine absolut sichere und rentable Investition gehabt hätte, die selbst im Vergleich mit den Prospektangaben noch wirtschaftlich sinnvoller gewesen wäre. Die Kläger meinen, die Beklagte hätte die Kostenposition „Avale Bauzeit“ als Risiko erkennen müssen, auf das hinzuweisen gewesen wäre. Tatsächlich verberge sich dahinter eine Sonderzuwendung an den Gründungsgesellschafter. Sie machen geltend, dass das Landgericht nicht unter Bezugnahme auf die zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 15.11.2012 - III ZR 55/12) hätte annehmen dürfen, dass die Beteiligungsprozesse im Hinblick auf die Kostenposition „Avale Bauzeit“ keine für die Beklagte erkennbaren Fehler aufweise. Die Kläger halten die hierzu ergangene Entscheidung des Bundesgerichtshofs für fehlerhaft.
46Das Landgericht verneine im Übrigen unzutreffend eine Aufklärungsverpflichtung der Beklagten über das Bestehen des Totalverlustrisikos. Unzutreffend werde diese Ansicht auf die zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 27.10.2009 - XI ZR 337/09) gestützt. Im Übrigen sei die vom Landgericht zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs ohnehin durch spätere Entscheidungen überholt (BGH, Urteil vom 08.07.2010 - III ZR 249/09 -, Urteil vom 14.04.2011 - III ZR 27/10 - und Urteil vom 07.07.2011 - III ZR 90/10). Danach sei die richtige oder falsche Aufklärung des jeweiligen Anlegers über das jeweils mit seiner Beteiligung verbundene Teil-/Totalverlustrisiko für die Schadensersatzverpflichtung des jeweiligen Beraters entscheidend. Auch habe das Landgericht unzutreffend unterstellt, die Klägerin zu 2) habe ihr Darlehen ohne Mitwirken der Beklagten aufgenommen. Das Gegenteil sei in der Klageschrift behauptet worden und dem sei nicht widersprochen worden. Insoweit sei die Beklagte gegenüber der Klägerin zu 2) verpflichtet gewesen, ihr mitzuteilen, dass sie das zur Finanzierung ihrer Beteiligung aufgenommene Darlehen auch bei einem Fehlschlag der Investitionen weiter zu bedienen haben würde.
47Auch sei unzutreffend, dass die Klägerin zu 2) durch den Prospekt zutreffend über die vorhandenen persönlichen und kapitalmäßigen Verflechtungen der beteiligten Unternehmen- und Gründungsgesellschafter und die zu erwartenden unmittelbaren und mittelbaren Sonderzuwendungen an den Gründungsgesellschaftern informiert worden sei. Der Prospekt habe der Klägerin zu 2) bei Zeichnung der Beteiligung nicht vorgelegen. Im Übrigen gebe in Bezug auf die persönlichen und kapitalmäßigen Verflechtungen der Prospekt kein zutreffendes Gesamtbild. Auch seien die diesbezüglichen Ansprüche der Kläger nicht (absolut) verjährt. In allen Güteanträgen seien die unzutreffende Prospektplausibilität, die Entscheidung des Bundesgerichtshofs in NJW 1995, 130 sowie die geschmälerte Werthaltigkeit der Beteiligungen durch versteckte Sonderzuwendungen thematisiert worden. Die personellen und kapitalmäßigen Verflechtungen seien in den Beteiligungsprospekten und Schulungen der Beklagten bewusst verschleiert worden. Dadurch sei es dem Gründungsgesellschafter möglich gewesen, sich aus den eingeworbenen Einlegergeldern mit Sonderzuwendungen zu bedienen. In beiden Fondgesellschaften hätte sich diese Gefahr der Sonderzuwendungen an den Gründungsgesellschafter realisiert. Es liege verjährungsrechtlich betrachtet eine einheitliche Aufklärungspflichtverletzung vor.
48Die Kläger beantragen,
49I.
50die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zu 1) 18.835,24 € nebst 4 % Zinsen aus einem Teilbetrag in Höhe von 7.426,14 € seit 01.01.1997 und aus einem weiteren Teilbetrag in Höhe von 7.814,10 € seit 01.01.2006 und aus einem weiteren Teilbetrag in Höhe von 3.595,00 € zu zahlen,
51II.
52festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger zu 1) jeden weiteren künftigen Schaden, der dem Kläger zu 1) im Zusammenhang mit dem Erwerb seiner Beteiligungen an dem J Immobilienfonds N Klinik GbR sowie an den J Immobilienfonds P E GbR entstehen wird, zu ersetzen,
53III.
54festzustellen, dass die Beklagte mit der Annahme der Beteiligung des Klägers zu 1) an dem J Immobilienfonds N Klinik GbR in Höhe von nominal 30.000,00 DM sowie mit der Annahme der Beteiligung des Klägers zu 1) an dem J Immobilienfonds P E GbR in Höhe von nominal 25.000,00 DM jeweils in Verzug ist,
55IV.
56die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin zu 2) 17.742,80 € nebst 4 % Zinsen hieraus seit 01.01.2006 zu zahlen,
57V.
58festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin zu 2) jeden weiteren künftigen Schaden, der der Klägerin zu 2) im Zusammenhang mit dem Erwerb ihrer Beteiligung an dem J Immobilienfonds P E GbR entstehen wird, zu ersetzen,
59VI.
60festzustellen, dass die Beklagte mit der Annahme der Beteiligung der Klägerin zu 2) an den J Immobilienfonds P E GbR in Höhe von nominal 50.000,00 DM in Verzug ist.
61Die Beklagte beantragt,
62die Berufung zurückzuweisen.
63Sie verteidigt das angegriffene landgerichtliche Urteil und ist der Auffassung, den Klägern stünden keine vertraglichen oder deliktischen Ansprüche zu.
64Zu den Ansprüchen des Klägers zu 1) führt sie aus, dass eine vertragliche Haftung der Beklagten bereits an der Einrede der Verjährung scheitere, deren Voraussetzungen gem. § 88 HGB a.F. erfüllt seien. Da der Kläger zu 1) sein Begehren auf einen Sachverhalt stütze, der irgendwann vor der Zeichnung der Beteiligungen erfolgt sein soll, gleichwohl aber erst nach dem 02.01.2012 Klage erhoben worden sei, könne ihm ein Anspruch gegen die Beklagte nur zuerkannt werden, wenn und soweit es ihm gelinge, die Verjährung der Ansprüche, die mit der Klage geltend gemacht werden, vor Ablauf des 02.01.2012 zu hemmen. Andernfalls sei die erhobene Verjährungseinrede erfolgreich. Eine derartige Hemmung sei aber nicht eingetreten. Wenn ein Güteantrag als „Hemmungsmittel“ eingesetzt werde, so müsse dieser, um Wirkung zu entfalten, erkennen lassen, worauf der geltend gemacht Anspruch gestützt werde. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor, da der Güteantrag des Klägers zu 1) vom 29.12.2011 (Anlage K 40) nicht erkennen lasse, auf welcher Grundlage der Kläger zu 1) Ansprüche wegen Schlechterfüllung erheben wolle. Eine Individualisierung der Ansprüche erfolge nicht. Mithin sei von Verjährung der Ansprüche auszugehen. Aus dem von den Klägern zitierten Urteil des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 22.10.2013 - V ZR 42/12) ergebe sich insoweit kein abweichendes Ergebnis.
65Aber selbst wenn man dies anders sehen wolle, so scheitere die Klage jedenfalls an der unzureichenden Darlegung der Ansprüche des Klägers zu 1). Der Kläger zu 1) sei Handelsvertreter der Beklagten gewesen. Unstreitig habe er Kenntnis vom Emissionsprospekt gehabt. Die darin enthaltenen Risikohinweise seien inhaltlich nicht zu beanstanden. Der Emissionsprospekt enthalte ausreichende Angaben zu den vom Kläger zu 1) thematisierten personellen und kapitalmäßigen Verflechtungen auf Initiatorenseite. Der Kläger zu 1) hätte angesichts des von ihm abgeschlossenen Handelsvertretervertrages mindestens Tatsachen vortragen müssen, welche die Annahme eines „überschießenden“ Beratungsvertrages mit der Beklagten rechtfertigten. Dem sei er nicht nachgekommen. Auch sei nicht ersichtlich, bei welcher Gelegenheit die Beklagte nach Abschluss des (angenommenen) Beratungsvertrages Vertragspflichten verletzt habe.
66Ansprüche aus dem bestehenden Handelsvertretervertrag seien im Güteantrag des Klägers zu 1) vom 29.12.2011 nicht angemeldet worden. Im Übrigen würde insoweit § 88 HGB a.F. eingreifen. Verjährung sei eingetreten.
67Auch eine deliktische Haftung der Beklagten komme nicht in Betracht. Wenn überhaupt, so sei allein an einen Anspruch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung aus § 826 BGB zu denken. Auch insoweit fehle jedoch die Darlegung einer konkreten haftungsbegründenden, der Beklagten zurechenbaren Handlung. Jedenfalls scheitere der Anspruch am subjektiven Tatbestand. Ein sittenwidriges Verhalten der Beklagten gegenüber ihren eigenen Handelsvertretern sei nicht ersichtlich.
68Die Beklagte bestreitet den „neuen“ Vortrag des Klägers, dass Eigenzeichnungen der Handelsvertreter „ausdrücklich gewünscht“ gewesen seien. Auch bestreitet sie, dass einzelne Handelsvertreter der Beklagten interne Schulungsunterlagen bei Gesprächen eingesetzt hätten, welche sie im Außenverhältnis mit den Kunden führten.
69Die Ansprüche der Klägerin zu 2) scheiterten bereits daran, dass keine Tatsachen vorgetragen worden seien, welche die Annahme rechtfertigen könnten, der Kläger zu 1) sei ihr gegenüber nicht in seiner Eigenschaft als Ehemann und Arbeitgeber, sondern als Berater der Beklagten aufgetreten und habe mit ihr einen „überschießenden“ Anlageberatungsvertrag abgeschlossen. Soweit eine Verletzung eines solchen Anlageberatungsvertrages behauptet wird, fehle es am tauglichen Beweisantritt.
70Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 27.06.2014 Bezug genommen Bezug genommen.
71II.
72Die Berufung der Kläger ist zulässig, wenngleich die Berufungsbegründung sich nicht mit allen vom Landgericht erörterten Ansprüchen befasst. In der Sache ist die Berufung unbegründet. Das Landgericht hat mit zutreffenden Erwägungen, auf die Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen, weil den Klägern gegen die Beklagte die begehrten Schadensersatz- und Feststellungsansprüche nicht zustehen. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine andere, den Klägern günstigere Entscheidung.
731. Dem Kläger zu 1) stehen weder Schadensersatz- noch Feststellungsansprüche zu.
74a) Ein Schadensersatzanspruch des Klägers zu 1) aufgrund von Pflichtverletzungen aus einem Anlageberatungs- oder Anlagevermittlungsvertrag besteht entgegen seiner Auffassung nicht.
75Der Kläger zu 1) hat zwei Beteiligungen gezeichnet, zum einen durch Beitrittserklärung vom 04.03.1996 (Anlage K 6, Bl. 137 d.A.) betreffend den J Immoblienfonds N Klinik GbR und zum anderen durch Beitrittserklärung vom 10.03.1996 (Anlage K 10, Bl. 187 d.A.) betreffend den J Immoblienfonds P E GbR. Ausweislich der Beitrittserklärungen erfolgte dies durch die „Vermittlung der Beklagten, vertreten durch den Kläger zu 1)“. Gleichwohl ist weder ein Anlagevermittlungs- noch ein Anlageberatungsvertrag im Verhältnis Kläger zu 1) und Beklagte zustande gekommen.
76Bei einem Anlagevermittler ist dem Kunden bewusst, dass dieser bestimmte Anlagen vertreibt, aus dieser Tätigkeit Provisionen erzielt und der werbende, anpreisende Charakter im Vordergrund seiner Tätigkeit steht (BGH NJW-RR 1993, 1114 ff.). Nach gefestigter Rechtsprechung kommt ungeachtet dessen zwischen Kunden und Vermittler ein stillschweigend geschlossener Auskunftsvertrag zustande, wenn der Interessent deutlich macht, dass er, auf eine bestimmte Anlageentscheidung bezogen, die besonderen Kenntnisse und Verbindungen des Vermittlers in Anspruch nehmen will und der Anlagevermittler die gewünschte Tätigkeit beginnt. Ein solcher Vertrag verpflichtet den Vermittler zu richtiger und vollständiger Information über diejenigen tatsächlichen Umstände, die für den Anlageentschluss des Interessenten von besonderer Bedeutung sind (BGH MDR 2007, 228 f.; siehe auch BGH NJW-RR 1993,1114 ff.; BGH NJW-RR 2003, 1690). Dabei kann es als Mittel der Aufklärung genügen, wenn dem Anlageinteressenten rechtzeitig vor dem Vertragsschluss ein Prospekt über die Kapitalanlage überreicht wird, sofern dieses nach Form und Inhalt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln (vgl. etwa BGH WM 2007, 1608 ff.; BGH NJW-RR 2010, 115 ff.; vgl. insgesamt zum Maßstab OLG Frankfurt, Hinweisbeschluss vom 13.08.2013 – 18 U 1/13, BeckRS 2013, 22587). Nach diesen Maßstäben fehlt es sowohl an der Darlegung eines Anlagevermittlungs- als auch eines damit im Zusammenhang stehenden und/oder gesonderten Anlageberatungsvertrags.
77Die Voraussetzungen eines Anlagevermittlungsvertrages mit dem Kläger zu 1) sind schon nicht dargetan. Die Beklagte hat keine vom Kläger zu 1) unabhängige Vermittlungsleistung erbracht. Anders als in der vom Landgericht in Bezug genommenen Entscheidung des OLG Celle (Urt. v. 04.10.2001 – 11 U 297/00) und auch in der insoweit vergleichbaren Entscheidung des LG Köln (Urt. v. 29.07.2009 – 2a O 75/05 BeckRS 2009, 24226) ist der Vertrag mit der Beklagten hier nicht durch eine andere, für die Beklagte tätige Person angebahnt oder vermittelt worden. In den Fällen der zitierten Rechtsprechung sind Leistungen durch Vertreter der Anlagefirma in Anspruch genommen worden, bei denen es sich um Kollegen oder andere Mitarbeiter handelte. Das OLG Celle hat darauf abgestellt, dass sich der klagende Anleger nicht an den Mitarbeiter der Anlagefirma wandte, weil er gerade nicht der Mithilfe eines sachlich überlegenen Beraters, sondern nur eines Boten bedurfte; der Kläger dort war also nicht beratungsbedürftiger Kunde. Ob es damit schon an einer Vermittlungsleistung der Anlagefirma fehlte, kann dahingestellt bleiben. Hier fehlt es schon grundsätzlich an einem „dazwischen geschalteten“ Kollegen oder Mitarbeiter der Beklagten, da der Kläger zu 1) die Beteiligung nur sich selbst vermittelte, ohne dass ein Vertreter oder Bote der Beklagten daran beteiligt war. Damit fehlt es schon an einer Vermittlungsleistung der Beklagten, denn insoweit ist die Beklagte nur durch den Kläger zu 1) kraft „eigener Selbstvermittlung“ aufgetreten. Der Umstand, dass der Kläger zu 1) für die Vermittlung eine Provision erhalten hat, begründet allein keine Vermittlungstätigkeit oder gar die Annahme eines Anlagevermittlungsvertrags.
78Darüber hinaus ist auch ein Anlageberatungsvertrag nicht zustande gekommen. Ein solcher kommt regelmäßig konkludent zustande, wenn im Zusammenhang mit der Anlage eines Geldbetrages tatsächlich eine Beratung stattfindet (BGH WM 2002, 1683 ff.). Macht der Anlageinteressent deutlich, über die Anlage eines Geldbetrages beraten werden zu wollen, so wird das darin liegende Angebot zum Abschluss eines Beratungsvertrages stillschweigend durch die Aufnahme des Beratungsgespräches angenommen (BGH, NJW 1993 2433 f.; BGH WM 2000, 1441 ff.; BGH WM 2006, 851 ff.). Den Anlageberater treffen aus einem solchen Vertrag weitgehende Pflichten. Er schuldet nicht nur die Mitteilung von Tatsachen, sondern auch deren fachkundige, fundierte Bewertung und Beurteilung, die auf den Wissensstand des Kunden und dessen persönliche Bedürfnisse zugeschnitten, also anlegergerecht, ist (BGH NJW 1982, 1095 ff.; vgl. zum Maßstab auch OLG Frankfurt, Hinweisbeschluss vom 13.08.2013 – 18 U 1/13, BeckRS 2013, 22587). Danach ist ein Anlageberatungsvertrag schon mangels Beratungsgespräch nicht zustande gekommen, da der Kläger zu 1) ein solches Gespräch gerade nicht behauptet. Der Kläger zu 1) hat nicht mit einem Mitarbeiter der Beklagten ein Beratungsgespräch geführt. Es ist auch nicht anzunehmen, dass die Schulungsmaßnahmen, an denen der Kläger zu 1) in seiner Eigenschaft als Handelsvertreter der Beklagten teilgenommen hat, im Verhältnis zu ihm den Charakter eines Beratungsgesprächs haben. Der Leiter oder andere Mitarbeiter beraten nicht ohne weiteres jeden Handelsvertreter während der Schulungsveranstaltung individuell im Sinne einer Anlageberatung. Es fehlt insofern schon an einer individuellen Gesprächssituation, in der auch dem zu Beratenden die Möglichkeit eingeräumt wird, bezogen auf seine eigene Anlagesituation Fragen zu stellen, um sodann eine individuelle Beratungsleistung zu erhalten. Sinn und Zweck der Schulungsveranstaltung ist die Erteilung von allgemeinen Informationen über das Produkt und die Beratung der Handelsvertreter der Beklagten mit dem Ziel eines möglichst erfolgreichen Vertriebs des Finanzprodukts. Davon ist ein an den individuellen Bedürfnissen eines Anlegers orientiertes Beratungsgespräch zu unterscheiden. Für die Begründung eines Anlageberatungsvertrages eines Handelsvertreters im Fall von Eigenzeichnungen ist mithin ein konkretes, individuelles Gespräch erforderlich. Mit diesem Erfordernis wird der Handelsvertreter auch nicht im Fall der gewünschten Eigenzeichnung schutzlos gestellt. Aus dem Handelsvertretervertrag schuldet der Unternehmer in Bezug auf die den Handelsvertretern zur Verfügung gestellten Informationen richtige und zutreffende Angaben. Angesichts dieses Maßstabs verlangt die Begründung eines Anlageberatungsvertrages mit Handelsvertretern bei Eigenzeichnungen den Vortrag einer konkret nachgefragten und mithin geschuldeten bzw. in Anspruch genommenen individualisierte Beratungsleistung. Ob diese bereits anzunehmen ist, wenn ein Handelsvertreter im Rahmen einer Schulungsveranstaltung eine individualisierte Frage an die Leistung stellt, was zweifelhaft ist, kann hier offen bleiben. Es ist nicht ersichtlich und von den Klägern nicht vorgetragen, dass eine solche auf die Bedürfnisse des Klägers zu 1) zugeschnittene Beratungsleistung von der Beklagten erbracht wurde.
79Eine Beratungsleistung bezogen auf Eigenzeichnungen mag zwar in Erwägung gezogen werden, wenn gegenüber den Handelsvertretern in Schulungsveranstaltungen Kenntnisse vermittelt werden, die vom Inhalt der Prospekte und Unterlagen abweichen bzw. diesen konkretisieren. Das setzt aber voraus, dass der Gegenstand der Kenntnisse sich erkennbar auf Eigenzeichnungen bezieht und sich nicht darauf beschränkt, die Handelsvertreter in die Lage zu versetzen, die Produkte der Anlagefirma gegenüber Dritten zu vertreten. Die Vermittlungsleistung muss über die Leistung, die sich aus dem Handelsvertretervertrag ergibt, hinausgehen. Der Schulungsveranstaltung als solcher kann weder aus Sicht der Beklagten noch aus Sicht des Klägers zu 1) der Sinngehalt entnommen werden, gegenüber den Mitarbeitern zum Zweck der Eigenzeichnung eine Beratungsleistung zu erbringen. Die Kläger haben nicht dargelegt, inwieweit Inhalte der Schulungsveranstaltung über das hinausgehen, was zur Erfüllung der Pflichten aus dem Handelsvertretervertrag gehört. Sofern in diesem Zusammenhang Informationen – auch in Bezug auf die Erforderlichkeit von Nachprüfungen zur Plausibilität – gemacht oder unterlassen worden sind, so beziehen sich diese allein auf die Tätigkeit als Handelsvertreter. Es kann eben – darauf stellt auch das OLG Celle ab - nicht angenommen werden, dass sich der Kläger zu 1) als Handelsvertreter und mithin Mitarbeiter in diesem Kontext Erkenntnisse der Beklagten, die er im Sinne einer Beraterüberlegenheit verstanden haben müsste, zu Nutze macht. Es spricht keine Vermutung dafür, dass der Kläger zu 1) die Schulungsveranstaltung als Anbahnung von Vertrauen schon vor Abschluss der eigenen, noch nicht konkretisierten Beteiligung verstehen durfte. Dies gilt auch für den Fall, dass Eigenzeichnungen - wie der Kläger zu 1) vorträgt - von der Beklagten gewünscht und empfohlen worden wären.
80Die Frage der Verletzung von Pflichten aus dem Handelsvertretervertrag im Zusammenhang u. a. mit den Schulungsmaßnahmen ist im Übrigen von Vorstehendem zu trennen und gesondert zu beurteilen (hierzu sub. II. 1. b) im Folgenden).
81Es fehlt vorliegend zudem auch an einem Beratungs-/Anlageschutzinteresse im Sinne einer erkennbaren Inanspruchnahme von besonderen Kenntnissen des Vermittlers und einer entsprechenden Vermittlungsleistung. Die Beklagte müsste gegenüber dem Kläger zu 1) mit der Vermittlung von Kenntnissen begonnen haben. Das aber ist ausgeschlossen, wenn die Kenntnisse beim Kläger zu 1) schon vorhanden waren. Da der Kläger zu 1) als Handelsvertreter schon aus anderer Vermittlungstätigkeit im Besitz der Prospekte und sonstiger Unterlagen war, ist nicht ersichtlich, welche Kenntnisse – darüber hinaus – vermittelt worden sein sollen.
82Darüber hinaus fehlt es vorliegend auch an der erkennbaren Nachfrage von überlegenem Wissen. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger zu 1) besondere Kenntnisse der Beklagten in Anspruch nehmen wollte, die er nicht schon – als Handelsvertreter - hat. Der Kläger zu 1) hat hierzu nicht substantiiert vorgetragen. Er stellt denn auch letztlich nur auf sein – als Handelsvertreter erworbenes - Wissen ab und macht geltend, diesen Informationsstand von der Beklagten zu haben, ohne aber von der Beklagten ein ihm gegenüber bestehendes überlegenes Beraterwissen in Bezug auf die konkrete eigene Anlage zu reklamieren. Er rügt allein, dass die Beklagte eine eigene Prüfung der Produkte durch ihre Handelsvertreter im Hinblick auf die bereits durchgeführte Prüfung durch die E4 für nicht erforderlich gehalten habe. Das allein reicht ungeachtet der Frage, ob die Beklagte ausdrücklich gegenüber den Handelsvertretern für Eigenzeichnungen geworben habe, nicht aus. Denn auch insoweit wäre nur das Handelsvertreterverhältnis betroffen.
83Es ist darüber hinaus auch nicht ersichtlich und wird nicht konkret vorgetragen, dass die Beklagte aufgrund konkreter Mitteilungen den Kläger zu 1) arglistig von einer eigenen Prüfungsmaßnahme abgehalten oder Erklärungen abgegeben hat, die in Bezug auf Eigenzeichnungen eine besondere Einstandspflicht hinsichtlich der Plausibilitätsprüfung begründen. Dass mit internen Angaben eine besondere Zusicherung gegenüber den Handelsvertretern als Kunden übernommen werden sollte, kann dem insofern undifferenzierten Vortrag der Kläger zum Inhalt der Schulungsveranstaltungen nicht entnommen werden.
84Der Kläger zu 1) kann sich schließlich in diesem Zusammenhang auch nicht darauf berufen, er kenne die Prospekte J Immoblienfonds N Klinik GbR (Anlage K 5, Bl. 94 d.A.) bzw. und J Immoblienfonds P E GbR (Anlage K 9, Bl. 142 d.A.), nicht, weil er sich nur auf die Inhalte der Schulungsveranstaltungen verlassen habe und die Prospekte nicht gelesen habe. Für den Abschluss eines Anlagevermittlungs- und/oder –Beratungsvertrags gibt dies von vorneherein nichts her. Da der Kläger zu 1) seinen Kunden dieselben Beteiligungen als Handelsvertreter der Beklagten vermittelte, kann er sich ungeachtet dessen im Übrigen nicht darauf berufen, den Prospekt nicht gekannt zu haben. Die Kenntnis des Prospekts gehört zu den Pflichten aus dem Handelsvertreterverhältnis, was angesichts der hier erzielten Provision bei Eigenzeichnung in besonderer Weise zu berücksichtigen ist.
85b) Der Kläger zu 1) kann auch keinen Schadensersatzanspruch wegen Pflichtverletzung des Handelsvertretervertrags (pVV) i.V.m. Art. 229 § 5 S. 1 EGBGB geltend machen. Grundsätzlich kann sich insoweit, wie es das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, zwar ein Anspruch ergeben. Auf die zutreffenden Erwägungen des Landgerichts wird Bezug genommen. Zu Recht hat das Landgericht die Frage indes offen gelassen. Denn ein insoweit in Betracht kommender, vom Kläger zu 1) im Übrigen gegebenenfalls nachzuweisender Schadensersatzanspruch ist, wie vom Landgericht ebenfalls zutreffend angenommen, verjährt. Das greift die Berufung ohne Erfolg an. Die Beklagte kann sich erfolgreich auf ein dauerndes Leistungsverweigerungsrecht berufen, § 214 Abs. 1 BGB. Ob der Vortrag des Klägers zu 1) überhaupt schlüssig für die Annahme einer Pflichtverletzung des Handelsvertretervertrages ist, kann daher dahinstehen.
86Das Landgericht hat mit zutreffenden Erwägungen § 88 HGB a.F. angewandt. Wenn sich die Kläger darauf berufen, die Regelung gelte nicht für deliktische Ansprüche oder in dem Fall, dass der Unternehmer arglistig die Kenntnis des Handelsvertreters von dem Entstehen der Schadensersatzanspruch vereitele, so mag das im rechtlichen Ansatz zwar richtig sein, greift hier aber nicht, weil es sich um keinen deliktischen Anspruch handelt und zudem kein arglistiges Vereiteln der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs vorliegt. Zutreffend ist zwar, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs trotz Verjährung dann ein Schadensersatzanspruch nach §§ 826, 249 BGB in Betracht kommt und die Beklagte den Kläger zu 1) so stellen muss, als sei die Verjährung nicht eingetreten, wenn der Kläger zu 1) von der rechtzeitigen Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs im Wege der Klage abgehalten wurde (BGH, Urteil vom 28.01.1977 - I ZR 171/75, BeckRS 1977, 31066652). Dies dürfte bei der hier fraglichen Anwendung des § 88 HGB a.F. auch für Schadensersatzansprüche gelten, die dem Kläger zu 1) wegen Verletzung des Handelsvertretervertrages zustünden. Ungeachtet dessen käme im Übrigen mit gleichen Erwägungen die Anwendung von § 242 BGB in Betracht, mit der Folge, dass sich die Beklagte nicht auf den Eintritt der Verjährung berufen könnte. Ungeachtet der Frage, ob ein derartiger Schadensersatzanspruch nach §§ 826, 249 BGB seinerseits verjährt wäre (vgl. dazu BGH a.a.O.), kann sich die Beklagte aber auf den Verjährungseinwand berufen, weil schon kein arglistiges Vereiteln der gerichtlichen Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs festzustellen ist.
87Zur Begründung arglistigen Vereitelns stellt der Kläger zu 1) in der Berufungsbegründung darauf ab, dass die Beklagte wahrheitswidrige Ausführungen zur Risikolosigkeit, Altersvorsorgegeeignetheit der Beteiligung und zur durch die E4 durchgeführten umfassenden Plausibilitätsprüfung gemacht habe. Dies sei insbesondere im Schriftsatz der Kläger vom 10.05.2013 dargelegt, aber vom Landgericht nicht berücksichtigt worden.
88Mit diesem Einwand bleiben die Kläger erfolglos. Das Landgericht hat den Vortrag im Schriftsatz vom 10.05.2013 nicht unberücksichtigt gelassen und daher nicht gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs verstoßen, was auch nicht ausdrücklich von den Klägern gerügt wird. Allein der Tatbestand des angegriffenen Urteils enthält eine Vielzahl von Tatsachen, die die Kläger im genannten Schriftsatz vorgetragen haben. Wenn das Landgericht (S. 12 UA) keine weitere Begründung anführt, sondern lediglich ausführt, Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte die Kläger bewusst über den J Immoblienfonds P E GbR getäuscht hatte, seien nicht hinreichend konkret vorgetragen oder ersichtlich, begründet dies keinen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG.
89Ungeachtet dessen ist die Begründung des Landgerichts auch in der Sache richtig.
90Ausgehend von den von den Klägern konkret gerügten Beratungsfehlern bzw. Pflichtverletzungen des Handelsvertretervertrages lässt sich ein arglistiges Vereiteln der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen nicht feststellen. Wenn überhaupt, so werden nur fahrlässige, nicht aber gezielt bewusste Falschinformationen behauptet.
91Der Kläger zu 1) trägt insoweit vor, selbst wenn die personellen und kapitalmäßigen Verflechtungen jedem Prospektleser bekannt gewesen wären, seien ihm die Inhalte des Prospekts nicht bekannt gewesen bzw. hätten diese nicht bekannt sein müssen, weil er sich auf die Schulungsinhalte verlassen habe und hätte verlassen dürfen. In den Schulungen hätten die Mitarbeiter der Beklagten, die Herren Dr. C und I3, erklärt, dass sich die Beteiligungen als “Immobilie in der Westentasche zum Auf- und Ausbau der eigenen Altersversorgung der Mitarbeiter der Beklagten eignen … würden.“ Auch die Mitarbeiter des Emissionshauses Dr. H, die Herren G und I2, hätten im Auftrag der Beklagten die Eigenzeichnung der Beteiligung als eigene Altersversorgung empfohlen. Die Mitarbeiter der Beklagten hätten darauf hingewiesen, dass sie keine eigene Plausibilitätsprüfung hätten vornehmen müssen, weil diese im Auftrag der Beklagten durch die E4 vorgenommen sei. Die Mitarbeiter hätten die Beteiligung als risikolos bezeichnet. Die Beklagte habe gewusst, dass die Fondsbeteiligungen nicht risikolos, sicher und uneingeschränkt zur Altersvorsorge geeignet seien und der Abschluss von Versorgungsverträgen zur Absicherung der Auslastung der Klinken nicht sichergestellt gewesen sei. Auch sei die fehlende Plausibilität der Kostenpositionen „Avale Bauzeit“ und „Finanzierungskosten“ der Beklagten bekannt gewesen. Jedenfalls seien Plausibilitätsmängel der Beklagten grob fahrlässig unbekannt geblieben. Es seien Angaben ins Blaue hinein gemacht worden. Bei Kenntnis von mangelnder Werthaltigkeit, Sicherheit, Veräußerbarkeit und Geeignetheit zur Altersvorsorge hätte der Kläger zu 1) keine Beteiligung gezeichnet. Bei Kenntnis von der Kostenposition „Avale Bauzeit“ hätte der Kläger zu 1) ebenfalls nicht gezeichnet. Hinsichtlich dieser gerügten Beratungsfehler bzw. Pflichtverletzungen kann ein bedingt vorsätzliches, rechtswidriges Verhalten nicht festgestellt werden.
92Soweit sich der Kläger zu 1) als Maßstab für arglistiges Verhalten auf eine Entscheidung des OLG Karlsruhe (Urteil vom 26.05.2011 – 4 U 187/09, BeckRS 2012, 01111) beruft, so verhilft dies nicht zu einer anderen Sicht. Soweit dort Schulungsunterlagen erstellt und Schulungen veranstaltet wurden, die gezielt darauf angelegt waren, den Kunden unter allen Umständen, also auch und gerade dann, wenn er sich bei zutreffender Kenntnis der Risiken anders entschieden hätte, zum Vertragsschluss zu veranlassen, so liegen diese Voraussetzungen hier nicht vor. Von einer gezielten Desinformation und Manipulation der Handelsvertreter als Kunden durch die Mitarbeiter der Beklagten kann hier nicht ausgegangen werden. Dies lässt sich dem klägerischen Vortrag nicht entnehmen. Dazu hätte es bedurft zu behaupten, dass in den Schulungen wider besseres Wissen und auf Weisung der Beklagten die Mitarbeiter bewusst falsche Angaben gemacht hätten. Dafür ist nichts ersichtlich. Das liegt insbesondere deshalb nicht auf der Hand, als es um die Eigenzeichnungen der Handelsvertreter ging. In der zitierten Entscheidung des OLG Karlsruhe ging es allein um Fremdkunden und deren gezielte Falschinformation. Das hier auch oder gerade gegenüber den Handelsvertretern der Beklagten eine solche gezielte Falschinformation und Bewerbung erfolgte, ist nicht im Ansatz vorgetragen und unter Beweis gestellt.
93Auch der insoweit vom Kläger zu 1) zitierte Sachverhalt einer Entscheidung des OLG Düsseldorf (Urteil vom 09.11.2009 – I 9 U 91/09, zitiert nach juris) ist vorliegend nicht vergleichbar. Es kann hier - anders als dort - nicht festgestellt werden, dass in Mustergesprächen mit Anlegern – hier mit Handelsvertretern - Funktionsweise, Eigenheiten und Risiken der Kapitalanlage nicht angesprochen werden sollten und die Klienten durch Suggestivfragen dazu bewogen werden sollten, bestehende Kapitalanlagen als schlecht einzustufen und die vom Berater empfohlene Anlage als einzig sinnvolle und lukrative Anlage zu bewerten.
94Insoweit kann auch dahingestellt bleiben, ob Schulungsunterlagen - als Entscheidungsgrundlagen der Mitarbeiter und Handelsvertreter für Eigenzeichnungen - auch in der Kundenberatung eingesetzt wurden, wie von den Klägern behauptet. Daher kann auch dahin gestellt bleiben, ob dieser Vortrag in der Berufung neu ist und gem. §§ 529, 531 ZPO überhaupt noch zu berücksichtigten wäre.
95Aber auch in Bezug auf die Kostenposition „Avale Bauzeit“ (und „Finanzierungskosten“) kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine gezielte Fehlinformation des Klägers zu 1) vorliegt, die ein arglistiges Vereiteln von Schadensersatzansprüchen begründete. Der Kläger zu 1) behauptet, die Benennung der Kostenposition „Aval Bauzeit“ (und „Finanzierungskosten“) stelle eine Irreführung des Anlegers dar. Ob das so ist, kann hier dahingestellt bleiben, weil nach Maßgabe der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 15.11.2012 – III ZR 55/12, NJW-RR 2013, 371 ff., bestätigt für denselben Fonds durch Urteil vom 31.10.2013 – III ZR 66/13, BeckRS 2013, 19776; ähnlich Urteil vom 20.06.2013 – III ZR 293/12, BeckRS 2013, 11561) schon von keiner Pflichtverletzung auszugehen ist. Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 15.11.2012 ist gegen die Beklagte in Bezug auf den J Immoblienfonds N Klinik GbR ergangen. Der Bundesgerichtshof hat hier, nachdem zu der Frage der Pflichtverletzung in Bezug auf die Plausibilitätsprüfung zu dieser Kostenposition verschiedene Oberlandesgerichte unterschiedliche Ansichten vertreten haben und das OLG Bamberg (Anlage CBH 22) die Revision beschränkt zugelassen hatte, abschließend entschieden. Allein der Umstand, dass der - hier wie dort streitgegenständlich identische - Prospekt N Angaben zur „Avalen Bauzeit“ und „Finanzierungskosten“ enthält, begründet – so der Bundesgerichtshof - ohne Weiteres schon keine Prüfungspflichten des Anlageberaters.
96Die Prüfungspflichten zur Plausibilität sind nach Maßgabe des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 05.03.2009 – III ZR 17/08, NZG 2009, 471 ff.) beschränkt. Danach hat der Anlagevermittler oder -berater, der eine Anlage anhand eines Prospekts vertreibt, im Rahmen der geschuldeten Plausibilitätsprüfung den Prospekt jedenfalls darauf zu überprüfen, ob er ein in sich schlüssiges Gesamtbild über das Beteiligungsobjekt gibt und ob die darin enthaltenen Informationen, soweit er das mit zumutbarem Aufwand zu überprüfen in der Lage ist, sachlich vollständig und richtig sind. Hinsichtlich der Angabe „Avale Bauzeit“ besteht jedenfalls dann keine gesteigerte Prüfungspflicht, wenn die Position nach Grund und/oder Höhe keine Anhaltspunkte für Unregelmäßigkeiten und damit besondere Risiken für den Anleger begründet. Bezieht sich die Position im Investitionsplan erkennbar auf während der Bau- bzw. Investitionsphase anfallende Kosten für Bürgschaften oder vergleichbare Garantien, besteht keine weitere Prüfungspflicht (BGH NJW-RR 2013, 371 ff.). Die Kläger machen hier geltend, ein Aval sei weder für die Bauzeit noch für die Investitionszeit gestellt worden. Vielmehr seien die als „Avale Bauzeit“ prospektierten Gelder für die Beklagte erkennbar dem Gründungsgesellschafter der Fondsgesellschaft zugeflossen.
97Der Bundesgerichtshof hat aber in der die Beklagte und den hier streitgegenständlichen J Immoblienfonds N Klinik GbR betreffenden Entscheidung (BGH NJW-RR 2013, 371 ff.) ausdrücklich klargestellt, dass allein die Verwendung des Begriffs „Avale Bauzeit“ im konkreten Prospekt die Beklagte nicht verpflichtet, die Anleger darauf hinzuweisen, dass der Begriff Aval üblicherweise für eine Sicherheit einer Bank stehe und eine konkrete Bank im Prospekt nicht genannt werde. Der Bundesgerichtshof führt weiter aus, dass sich der Begriff „Avale Bauzeit“ erkennbar auf während der Bau- bzw. Investitionsphase anfallende Kosten für Bürgschaften oder vergleichbare Garantien bezog und Anlass für kritische Nachfragen nur bestanden hätte, wenn der Anfall einer Avalprovision nicht plausibel gewesen wäre. Es musste sich jedenfalls bei dieser Kostenposition „Avale Bauzeit“ dem Anlageberater nicht der Verdacht aufdrängen, dass es sich um versteckte Sonderzuwendungen an den Gründungsgesellschafter I2 handele (so ausdrücklich BGH NJW-RR 2013, 371 ff.). Auch in Bezug auf die Angaben zu Finanzierungskosten hat der BGH keine Pflichtverletzung in den Angaben des Prospekts gesehen (BGH, a.a.O.).
98Selbst wenn mit der Auffassung der Kläger davon auszugehen wäre, dass Anhaltspunkte zu Prüfpflichten bestanden, fehlt es jedenfalls am arglistiges Verhalten, weil hier schon das objektive Bestehen einer Pflichtverletzung – in jedenfalls vertretbarer Weise - unterschiedlich beurteilt werden konnte, zumal insoweit keine weiteren, eine Prüfungspflicht auslösenden Ungereimtheiten vorgetragen werden. Abgesehen davon überzeugt die Entscheidung des Bundesgerichtshofs in der Sache. Dabei spielt, worauf der Bundesgerichtshof auch abgestellt hat, insbesondere die Höhe dieser Kosten eine Rolle. Beim J Immoblienfonds N Klinik GbR hat die Position Avale Bauzeit - 782.568 DM - gerechnet auf die Gesamtkosten nur 0,9 % und gerechnet auf die Anschaffungskosten Gebäude und Außenanlagen nur 1,1 % ausgemacht; beim J Immoblienfonds P E GbR betrug die Position „Avale Bauzeit“ von 1,15 Mio. DM gerechnet auf die Gesamtkosten nur 1,8 % und gerechnet auf die Anschaffungskosten Gebäude und Außenanlagen 2,4 % (vgl. dazu J Immoblienfonds N Klinik GbR, Anlage K 5, Bl. 94, 112 d. A. und J Immoblienfonds P E GbR, Anlage K 9, Bl. 142, 161 d. A.). Wenn auch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht den J Immoblienfonds P E GbR betrifft, so ist angesichts der allein unterschiedlichen Kostenhöhe nicht erkennbar, dass hier eine abweichende Entscheidung geboten wäre, weil sich auch dort vergleichbare Verhältnisse zeigen. Auch andere Oberlandesgerichte haben sich insoweit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs angeschlossen, soweit Parallelfälle zur Entscheidung anstanden (vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 11.12.2012 - 24 U 218/11 betreffend den J Immoblienfonds N Klinik GbR, Anlage CBH 22).
99Der Vortrag dazu, dass die Beklagte Informationen unterdrückt haben soll, ist völlig substanzlos.
100Soweit man daran denken könnte, dass ein arglistiges Vereiteln von Schadensersatzansprüchen nicht an den Zeitpunkt der Beratung, sondern an einen späteren Zeitpunkt anknüpft, so fehlen auch insoweit die Voraussetzungen. Aus den von der Beklagten vorgelegten Rundschreiben in Bezug auf den J Immoblienfonds N Klinik GbR war bereits klar zu entnehmen, dass der Fonds in Schwierigkeiten war, wie sich dem Rundschreiben vom 24.08.1999 (Anlage CBH 2) entnehmen lässt. Nichts anderes ergibt sich aus dem „Musterbrief“ vom 25.08.1999 bezüglich des J Immoblienfonds P E GbR (Anlage CBH 15). Die Maßnahmen zur Rettung der beiden Fonds rechtfertigen für sich genommen ebenfalls nicht die Annahme eines Vereitelns eines Schadensersatzanspruchs des Klägers zu 1). Es fehlen Ansätze dafür, dass mit Blick auf die Rettung der Fonds (keine Ausschüttung, Kapitalerhöhung) die Handelsvertreter von der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen aus ihren Handelsvertreterverträgen abgehalten werden sollten.
101Es kann auch nicht festgestellt werden, dass ein arglistiges Vereiteln eines Schadensersatzanspruchs dahingehend vorliegt, dass – wie der Kläger zu 1) behauptet –er von der Beklagten zu Kulanzzahlungen genötigt worden wäre, ungeachtet dessen, dass die Kulanzzahlung der Beklagten von der Beteiligung des Klägers zu 1) abhängig gemacht werden konnte (hierzu im Folgenden sub. II. 1. g.).
102c) Soweit das Landgericht einen Anspruch aus spezialgesetzlicher Prospekthaftung verneint hat, ist schon nicht erkennbar, inwieweit sich die Kläger hiergegen wenden. Das landgerichtliche Urteil, auf dessen Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, ist im Übrigen zutreffend und nicht ergänzungsbedürftig.
103d) Soweit das Landgericht einen Anspruch aus bürgerlich-rechtlicher Prospekthaftung verneint hat, ist ebenfalls nicht erkennbar, inwieweit sich die Kläger hiergegen wenden. Das landgerichtliche Urteil ist auch insoweit zutreffend und in der Begründung nicht ergänzungsbedürftig.
104e) Dem Kläger zu 1) steht auch kein Anspruch aus § 826 BGB zu. Die Geltendmachung dieses Anspruchs wird auf die fehlende Plausibilität der Kostenpositionen „Avale Bauzeit“ und „Finanzierungskosten“ gestützt. Entgegen der Auffassung der Kläger kann hier aber nach der bereits zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (NJW-RR 2013, 371 ff.) nicht davon ausgegangen werden, dass dem Kläger zu 1) sittenwidrig vorsätzlich ein Schaden zugefügt werden sollte und insoweit - objektiv wie subjektiv - die Voraussetzungen des § 826 BGB erfüllt sind. Die von den Klägern behauptete grobfahrlässig fehlende Plausibilitätsprüfung und die angeführten „Angaben ins Blaue“ hinein, reichen jedenfalls nicht aus, um den Tatbestand zu begründen. Die Ausführungen des Landgerichts sind zutreffend. Die Entscheidungen des OLG Karlsruhe (Urteil vom 26.05.2001 – 4 U 187/09, BeckRS 2012, 01111) und des OLG Hamm (MDR 2010, 746 f.) sind vom Landgericht berücksichtigt worden; ein Anspruch ist - insoweit mit Blick auf eine über den Wortlaut von §§ 30, 31 BGB hinausgehende Repräsentantenhaftung - aber zu Recht mangels Kenntnis der Beklagten bzw. der E4 davon, dass es der Beklagten selbst positiv bekannt war, dass Prospekt- oder Schulungsinhalte falsch waren und eine selbstbegünstigende Interessenwahrnehmung (Sonderzuwendungen) durch den Gründungsgesellschafter I2 zu erwarten war, verneint worden. Die Kläger haben zum Kenntnisstand der Beklagten bzw. der E4 im Hinblick auf die genannten Kostenpositionen nichts weiter vorgetragen. Aus den landgerichtlichen Erwägungen, denen sich der Senat anschließt, kommt ein Anspruch mithin nicht in Betracht.
105f) In Bezug auf die Anspruchsgrundlagen der §§ 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 263 StGB, §§ 831 BGB, §§ 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 264 a StGB ist wiederum nicht erkennbar, dass die landgerichtliche Entscheidung begründet angegriffen wird. Die Entscheidung des Landgerichts ist richtig. Auf die zutreffenden Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
106g) Ein Anspruch auf Schadensersatz für geleistete Kulanzzahlungen in Höhe von 3.595,00 € besteht weder unter dem Gesichtspunkt einer positiven Vertragsverletzung des Handelsvertretervertrags noch aus Delikt nach §§ 823 ff. BGB. Es ist weder dargetan noch sonst ersichtlich, inwieweit die Aufforderung zur Kulanzzahlung an die Kunden als Voraussetzung dafür, dass auch die Beklagte Kulanzzahlungen vornimmt, pflicht- und/oder rechtswidrig ist. Die Beklagte hat sich dahingehend eingelassen, eine Ausschüttung als Kulanzzahlung nur dann zu gewähren, wenn auch der Kläger zu 1) aus eigenen Mitteln eine Kulanzzahlung an Kunden in Bezug auf den J Immoblienfonds P E GbR zahlte. Ungeachtet der Frage, ob es sich hier – so die Beklagte und das Landgericht – um eine freie unternehmerische Entscheidung handelt oder – so die Kläger – er „geradezu genötigt“ worden ist, liegt jedenfalls in diesem Verhalten kein Umstand, der eine Pflichtverletzung des Handelsvertretervertrages oder eine deliktische Haftung nach §§ 823 Abs. 2 BGB 240 StGB und/oder § 826 BGB begründete. An die Weigerung von Kulanzzahlungen sind keine für den Kläger zu 1) nachteiligen Folgen geknüpft worden. Das Ausbleiben von Kulanzzahlungen konnte nur im Rahmen einer Sanierung des notleidend gewordenen Fonds von Bedeutung gewesen sein. Das aber ist für den Kläger zu 1) als Anleger und als Handelsvertreter gleichermaßen weder ein pflichtwidriges Verhalten der Beklagten noch ein „empfindliches Übel“ im Sinne von § 240 StGB. Der Kläger zu 1) hatte auch keinen Anspruch auf alleinige Kulanzzahlungen der Beklagten an ihre Kunden. Aus dem Handelsvertretervertrag (Treuepflicht etc.) folgt keine Pflicht zur Zahlung der Kulanz zum Zwecke der Erhaltung des provisionspflichtigen Geschäfts oder der Anlage an sich. Zwar trifft den Unternehmer aus § 86a Abs. 1 HGB eine Pflicht, den Handelsvertreter zu unterstützen. Diese Pflicht geht aber nicht so weit, dass er hier Kulanzzahlungen an Anleger vornehmen müsste. Ohne Pflicht zur Kulanzzahlung ist aber auch die unstreitig gesetzte Bedingung der Beteiligung durch den Handelsvertreter selbst nicht rechtswidrig. Es bleibt im Ergebnis – ohne dass es noch entscheidend darauf ankäme - auch nach Auffassung des Senats letztlich im Übrigen eine unternehmerische Entscheidung des Unternehmers und auch des Handelsvertreters, Kulanzzahlungen zu erbringen bzw. sich an solchen zu beteiligen. Auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung (§ 86 Abs. 1 HGB) aller Handelsvertreter ist eine Pflichtverletzung nicht zu erkennen. Ungleiche Behandlungen unter Handelsvertretern werden nicht behauptet; und solche sind auch nicht zwingend rechtswidrig (vgl. Baumbauch/Hopt, HGB, 34. Aufl., 2010, § 86, Rn 10, § 86 a Rn 15).
107h) Nach dem Vorstehenden bestehen auch keine Feststellungsansprüche des Klägers zu 1).
1082. Die Berufung der Klägerin zu 2) bleibt ebenfalls erfolglos, da auch ihr im Ergebnis keine Schadensersatz- bzw. Feststellungsansprüche gegen die Beklagte zustehen.
109a) Ob der Klägerin zu 2) ein Schadensersatzanspruch aus einem Anlageberatungs- oder Anlagevermittlungsvertrag zusteht und ein entsprechendes Vertragsverhältnis mit der Beklagten überhaupt begründet wurde, kann der Senat offen lassen. Jedenfalls wäre – soweit überhaupt eine Pflichtverletzung anzunehmen ist - ein derartiger Anspruch verjährt und die Beklagte kann sich auf die dauernde Einrede der Verjährung gem. § 214 Abs. 1 BGB berufen.
110Das Landgericht geht zunächst zutreffend davon aus, dass die Verjährungsfrist, die zunächst 30 Jahre betrug (§ 195 BGB a.F.), seit dem 01.01.2002 auf eine dreijährige Regelverjährung verkürzt worden ist (Art 229 § 6 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 S. 1 EGBGB). Der Fristbeginn bemisst sich nunmehr nach §§ 199 Abs. 1 Nr. 1 und 2, 195 BGB und richtet sich nach der Kenntniserlangung der den Anspruch begründenden Umstände durch den Schuldner bzw. eine diesbezügliche auf grober Fahrlässigkeit beruhende Unkenntnis (vgl. BGH, Urt. v. 07.07.2011 – III ZR 90/10, NJOZ 2011, 2087 ff.; BGH, Urt. v. 08.07.2010 – III ZR 249/09, NJW 2010, 3292 ff.). Grobe Fahrlässigkeit setzt dabei einen objektiv schwerwiegenden und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Sie liegt vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis deshalb fehlt, weil er ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt und nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Ihm muss persönlich ein schwerer Obliegenheitsverstoß in seiner eigenen Angelegenheit der Anspruchsverfolgung („Verschulden gegen sich selbst“) vorgeworfen werden können, weil sich ihm die den Anspruch begründenden Umstände förmlich aufgedrängt haben, er davor aber die Augen verschlossen hat (BGH, Urt. v. 22.07.2010 – III ZR 203/09, NZG 2010, 1026 ff.). Nach dieser Rechtsprechung erfolgt - entgegen der Auffassung der Kläger - auch die Prüfung der kenntnisabhängigen regelmäßigen Verjährungsfrist nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB für jeden Beratungsfehler gesondert, also getrennt für jede Pflichtverletzung (vgl. hierzu auch BGH NJOZ 2011, 2087 ff., m.w.N.).
111Kommt eine kenntnisabhängige Verjährungsfrist nicht in Betracht, so verjähren die Ansprüche auf Schadensersatz wegen pflichtwidriger Beratung bzw. Vermittlung in 10 Jahren ab Entstehung des Anspruchs, § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB. Der Anspruch entsteht mit der Unterzeichnung der Beitrittserklärung und Zahlung der Beteiligungssumme, nach der Übergangsregelung (siehe dazu Vorstehendes) hier aber beginnend mit dem 01.01.2002. Ab 01.01.2012 sind danach die Ansprüche absolut verjährt. Die Verjährung ist nicht gem. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB durch die Klageerhebung gehemmt, da diese erst nach Eintritt der absoluten Verjährung erfolgt ist (Klage vom 30.10.2012, zugestellt am 21.11.2012). In Betracht kommt aber auch eine frühere Hemmung durch Eingang des Güteantrags, § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB. Dabei ist eine Zustellung nicht erforderlich, es reicht die Bekanntgabe des Güteantrags, die, wenn sie demnächst erfolgt, auf den Zeitpunkt der Einreichung zurückwirkt (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 72. Aufl., 2013, § 204 Rn. 19; BGH NJW 10, 222 ff.). Allerdings kann der Güteantrag die Verjährung nur hemmen, wenn er den geltend gemachten Anspruch, also das zum Schadensersatz verpflichtende Ereignis, die konkrete Pflichtverletzung, hinreichend genau bezeichnet (Duchstein NJW 2014, 342 ff., m.w.N.; Palandt/Ellenberger, a.a.O.).
112Das Güteverfahren ist von dem Kläger zu 1) mit Schreiben vom 29.12.2011 (Anlage K 40) und von der Klägerin zu 2) mit Schreiben vom 27.12.2011 eingeleitet worden (Anl. K 41). Für den Verjährungsbeginn kommt es nicht auf das Zeugnis der Gütestelle – hier vom 01.05.2012 (K 44, Bl. 456 f. d.A., und K 45, Bl. 458 f. d.A.) - an. Der Zeitpunkt des Eingangs der Schreiben vom 29.12.2011 bei der Gütestelle ist von den Klägern mit nachgelassenem Schriftsatz vom 10.07.2014 dahingehend mitgeteilt worden, dass diese noch im Jahr 2011 bei der Gütestelle abgegeben worden seien. Demnach könnte das Güteverfahren, da die Zustellung, die jedenfalls vor dem 10.01.2012 liegen muss, da zu diesem Zeitpunkt die Beklagte das Schlichtungsverfahren ablehnte, und damit demnächst im Sinne des § 167 ZPO erfolgt ist, bis zum 31.12.2011 nicht verjährte Ansprüche gehemmt haben. Indes führt auch dies nicht zu einer der Klägerin zu 2) günstigeren Entscheidung, so dass die Frage des Eingangs bei der Gütestelle im Ergebnis offen bleiben kann.
113Nach diesem Maßstab liegen - soweit angeführte Pflichtverletzungen überhaupt als solche greifen könnten - die Voraussetzungen der Verjährung für die gerügten Pflichtverletzungen vor.
114aa) Die Klägerin zu 2) führt an, es handele sich nicht um eine sichere und werthaltige Anlage, die zur Altersvorsorge geeignet sei. Die Klägerin zu 2) behauptet, der Kläger zu 1) habe im Gespräch entsprechend seiner Kenntnisse und Informationen aus den Schulungsveranstaltungen die Anlage als sicher, werthaltig und zur Altersvorsorge geeignet bezeichnet.
115Soweit die Klägerin zu 2) in der Berufungsbegründung meint, dass hier ein falscher Verjährungsbeginn bestimmt worden sei und sie nicht spätestens mit der Teilnahme an der Kapitalerhöhung in 2001 Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände erlangt oder grob fahrlässig nicht erlangt habe, weil hier insoweit die Kenntnis vom möglichen Eintritt eines Schadens der Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände gleichgesetzt werde, so geht sie hiermit fehl.
116Zutreffend weist das Landgericht darauf hin, dass bereits mit dem Erwerb der Anlage der Schaden eingetreten ist, unabhängig davon, ob sich ein wirtschaftlicher Nachteil zeigt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der der Senat folgt, liegt die Kenntnis vom Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen im Allgemeinen vor, wenn dem Geschädigten die Erhebung einer Schadensersatzklage möglich ist. Es ist nicht notwendig, dass der Geschädigte alle Einzelumstände kennt, die für die Beurteilung möglicherweise Bedeutung haben; auch muss er nicht bereits hinreichend sichere Beweismittel in der Hand haben, um einen Rechtsstreit im Wesentlichen risikolos führen zu können. Zudem kommt es – abgesehen von Ausnahmefällen – nicht auf die zutreffende rechtliche Würdigung an. Vielmehr genügt im Grundsatz die Kenntnis der den Einzelanspruch begründenden tatsächlichen Umstände. Hierzu gehört in Fällen unzureichender Beratung oder Aufklärung auch die Kenntnis der Umstände einschließlich der wirtschaftlichen Zusammenhänge, aus denen sich die Rechtspflicht zur Aufklärung ergibt. Die dem Geschädigten bekannten Tatsachen müssen ausreichen, um den Schluss auf ein schuldhaftes Fehlverhalten des Anspruchsgegners als naheliegend erscheinen zu lassen. Es muss dem Geschädigten – lediglich – zumutbar sein, auf Grund dessen, was ihm hinsichtlich des tatsächlichen Geschehensablaufs bekannt ist, Klage zu erheben, wenn auch mit dem verbleibenden Prozessrisiko, insbesondere hinsichtlich der Nachweisbarkeit von Schadensersatz auslösenden Umständen (zum Ganzen BGH NJOZ 2011, 2087 ff., m.w.N). Das Landgericht benennt als Zeitpunkt des Verjährungsbeginns den Zeitpunkt der Teilnahme an der Kapitalerhöhung und mithin den 25.09.2001. Abstellend auf diesen Zeitpunkt hätte die Verjährungsfrist am 01.01.2002 begonnen. Zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass dieser Zeitpunkt in Bezug auf den Beratungs-/Vermittlungsfehler – Angabe als sichere und werthaltige Anlage, die zur Altersvorsorge geeignet ist – für eine Kenntniserlangung maßgeblich ist. Zu diesem Zeitpunkt musste der Klägerin zu 2) die Krise bekannt sein, weil ein vollständiger Kapitalerhalt zumindest zweifelhaft geworden war. In jedem Fall besteht ab diesem Zeitpunkt eine grob fahrlässige Unkenntnis. Begründet ist dies mit dem Ausbleiben der Ausschüttung und der Teilnahme an der Kapitalerhöhung (so auch OLG Frankfurt, Urt. v. 30.11.2010 – 14 U 229/09, BeckRS 2012, 16076). Die Klägerin zu 2) setzt sich in der Berufungsbegründung nicht im Einzelnen mit den vom Landgericht benannten Gründen auseinander. Ihre dahingehende Auffassung, es hätte ihr zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt sein müssen, dass im Fall der Anlage desselben Gesamtbetrages in fest verzinsliche Wertpapiere der Anleger eine sichere und rentable Investition gehabt hätte, die im Vergleich mit den Prospektangaben noch wirtschaftlich sinnvoller gewesen wäre, ist abzulehnen. Ob es auf eine vergleichende Betrachtungsweise ankommt, kann dahinstehen. Jedenfalls ist die Anlage nicht sicher und rentabel, wenn keine Gewinne erwirtschaftet werden können. Sobald das erkannt wird bzw. grobfahrlässig nicht erkannt wird, liegt die Kenntnis von einer Pflichtverletzung vor.
117Selbst wenn man Vorstehendes anders sähe bliebe es im Übrigen dabei, dass ein etwaiger Anspruch verjährt ist. Auch wenn anzunehmen wäre, dass allein die Teilnahme an der Kapitalerhöhung vom 13.09.2001 - von hier nur 13,3 % (3.400,09 € Kapitalerhöhung bei 25.564,59 € Nominalbeteiligung, vgl. Anlage K 33, Bl. 283 d.A.) - und das Ausbleiben von Ausschüttungen angesichts der mit diesen Maßnahmen verbundenen Hoffnungen auf eine Sanierung noch kein Umstand sein sollte, der dem Anleger die Kenntnis davon verschafft, dass die Anlage nicht sicher, werthaltig und zur Vorsorge geeignet ist, oder die Annahme der grobfahrlässigen Unkenntnis rechtfertigte, greift die Verjährung. Die Beklagte trägt unwidersprochen vor, dass in den den J Immoblienfonds P E GbR betreffenden Rundschreiben vom 03.02.2005 (Anlage CBH 19) und vom 06.04.2005 (Anlage CBH 20) mitgeteilt wurde, dass sowohl die Betreibergesellschaft als auch die Fondsgesellschaft Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt haben. Die Kläger haben nicht bestritten, diese Schreiben erhalten zu haben. Spätestens ab diesem Zeitpunkt war der Klägerin zu 2) bewusst bzw. hätte bewusst sein müssen, dass die Anlage nicht sicher, werthaltig und zur Altersvorsorge geeignet war. Die Beklagte hatte in Bezug auf den J Immoblienfonds P E GbR im Übrigen bereits früh darauf hingewiesen, was es bedeuten würde, wenn die Betreibergesellschaft ausfällt, nämlich im Schreiben vom 25.08.1999 ausgeführt: „Bei einem Ausfall der Betreibergesellschaft dürfte es angesichts der jetzigen Marktsituation schwer fallen, eine neue Betriebsgesellschaft zu finden. Dies würde auch zu einem wesentlichen Vermögensverlust des Fonds führen“ (Anlage CBH 15). Die grobfahrlässige Unkenntnis wäre auch nicht deshalb entfallen, wenn die Schreiben der Gesellschaft nicht gelesen worden wären (vgl. Langen, NZG 2011, 94 ff.). Ist davon auszugehen (so ausdrücklich OLG Stuttgart NJOZ 2007, 3794 ff.), dass schon in Bezug auf die Pflichtverletzung „kein Hinweis auf Totalverlust der Anlage“ die Verjährungsfrist jedenfalls zu dem Zeitpunkt beginnt, zu dem sich das Verlustrisiko ersichtlich verwirklicht hat, was dann der Fall ist, wenn der Fonds in eine wirtschaftliche Krise gerät, keine Ausschüttungen mehr zahlt und den Anlegern mitgeteilt wird, dass eine in die Insolvenz gehende Betreibergesellschaft den Fonds existentiell gefährde, so gilt dies auch für die Erklärung, der Fond sei sicher, werthaltig und zur Altersvorsorge geeignet. Jedenfalls ab der Kenntnis oder der grob fahrlässigen Unkenntnis der Insolvenzantragstellung musste sich der Klägerin zu 2) ein möglicher Pflichtverstoß nahezu aufdrängen. Insbesondere in 2005 bestand eine Pflicht der Anleger, sich über die wirtschaftliche Krise des Fonds zu informieren, da in diesem Jahr die Sanierungsmaßnahmen Früchte zeigen sollten. Wenn dann Rundschreiben nicht zur Kenntnis genommen werden, ist dies ein Verschulden gegen sich selbst.
118Damit begann die Verjährungsfrist in jedem Fall mit dem 01.01.2006 zu laufen und war - dreijährig – mit dem 31.12.2008 abgelaufen, also in jedem Fall bevor es zum Einreichen und zur Zustellung des Güteantrags vom 29.12.2011 kam.
119bb) Die Klägerin zu 2) rügt zudem, die Beklagte habe nicht zur eingeschränkten Fungibilität der Anlage aufgeklärt. Soweit sie sich insoweit darauf beruft, dass der Kläger zu 1) ihr entsprechend den internen Informationen und Schulungsveranstaltungen der Beklagten berichtet habe, dass man sich ohne weiteres von einer Beteiligung an dem J Immobilienfonds P E GbR wieder lösen könne und zu diesem Zweck bei der Beklagten extra entsprechende Replatzierungslisten geführt würden, begründet dies nach den zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil, denen sich der Senat anschließt, keinen Beratungsfehler. Seite 4 des der Klägerin zu 2) nach dem Vorbingen in erster Instanz jedenfalls vorliegenden Emissionsprospektes zu dem J Immobilienfonds P E GbR beinhaltet einen ausreichenden Hinweis über die eingeschränkte Veräußerbarkeit der Anteile an geschlossenen Immobilienfonds. Dass der Kläger zu 1) diese Prospektangaben bei dem Gespräch mit der Klägerin zu 2) im September 1996 in einem deutlich anderen Licht hätte erscheinen lassen, ist auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens nicht ersichtlich. Soweit die Klägerin zu 2) rügt, entgegen der (tatbestandlichen) Feststellung des erstinstanzlichen Urteils habe sie das Emissionsprospekt nicht „lange vor der Zeichnung ihrer Anlage“ gehabt, und dieser sei ihr vom Kläger zu 1) nicht vor Zeichnung ausgehändigt oder überlassen worden, ändert dies nichts. Ungeachtet der Bindungswirkung des § 314 ZPO bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen des Landgerichts. In der Klageschrift (dort S. 9) ist angeführt, dass der Kläger zu 1) seine Ehefrau, die Klägerin zu 2), auf die besondere Lage und exzellente Ausstattung der Klinik auch anhand der Bilder und Karten des Emissionsprospektes hingewiesen habe, wozu auf die Anlage K 5, also eben das Emissionsprospekt, Bezug genommen wird. Das jetzige Bestreiten ist - ungeachtet dessen, dass es zur Kenntniserlangung vor der Zeichnung der Anlage nicht der Aushändigung des Prospektes durch den Ehemann bedurfte - demgemäß nicht zu berücksichtigen, §§ 529 Abs.1, 531 Abs. 2 ZPO.
120Im Übrigen wäre ein etwaiger Anspruch auch verjährt. Denn jedenfalls nach den den J Immoblienfonds P E GbR betreffenden Rundschreiben vom 03.02.2005 (Anlage CBH 19) und vom 06.04.2005 (Anlage CBH 20) wäre der Klägerin zu 2) grobfahrlässige Unkenntnis des Inhalts des Prospektes vorzuwerfen bzw. für den Fall, dass ihr dieses noch nicht vorgelegen hätte – was so von ihr im Übrigen nicht behauptet wird – sich jenes zu besorgen und sich mit dessen Inhalt vertraut zu machen. Verjährung wäre entsprechend den vorstehenden Ausführungen jedenfalls mit Ablauf des 31.12.2008 eingetreten.
121cc) Auch in Bezug auf die „fehlende Plausibilität“ ist von Verjährung auszugehen bzw. teils schon eine Pflichtverletzung zu verneinen.
122Zutreffend unterscheidet das Landgericht hier zwischen verschiedenen Beratungsfehlern:
123(1) In Bezug auf die Pflichtverletzung, „Vorspiegelung des Abschlusses von Versorgungsverträgen mit Krankenkassen und Rentenversicherungsträgern in den Schulungsveranstaltungen“ ist ein Anspruch verjährt. Ohne Erfolg meinen die Kläger, das Ausbleiben von Ausschüttungen und die Teilnahme an der Kapitalerhöhung seien keine Umstände, die die Kenntnis von diesem (etwaigen) Beratungsfehler begründeten. Darauf hat das Landgericht auch nicht direkt abgestellt, sondern vielmehr auf das Ausbleiben der Mietzinszahlungen durch die F Klinik GmbH, weil die Auslastung der Klinik zu gering war. Letztlich kann hier alles dahingestellt bleiben, weil jedenfalls – wie ausgeführt – mit der Stellung der Anträge zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens für die Betreibergesellschaft und die Fondsgesellschaft für die Klägerin zu 2) bekannt war bzw. hätte bekannt sein müssen, dass jedenfalls die Auslastung der Klinik nicht sichergestellt war und insoweit auch die Angaben zum Abschluss von Versorgungsverträgen – nach dem oben beschriebenen Maßstab (BGH NJOZ 2011, 2087 ff.) – möglicherweise unzutreffend waren. Die grob fahrlässige Unkenntnis lässt sich auch nicht damit verneinen, dass die Schreiben der Gesellschaft nicht gelesen wurden (s.o.).
124(2) Auch in Bezug auf die angeführte Pflichtverletzung „fehlende Analyse und Angabe, dass es sich bei „Avale Bauzeit“ und „Finanzierungskosten“ um verdeckte Sonderzuwendungen an den Gründungsgesellschafter I2 gehandelt habe“, ist ein Anspruch jedenfalls verjährt, ungeachtet dessen, dass es auch an einer Pflichtverletzung mangelt.
125Die Kläger reklamieren, dass die bereits zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs (NJW–RR 2013, 371 ff.) zur Position „Avale Bauzeit“ in einer Parallelsache unzutreffend sei und insofern entgegen der Ansicht des Landgerichts hier sehr wohl ein Beratungsfehler vorliege. Aus den zutreffenden Gründen der genannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs, von der abzuweichen für den Senat kein Anlass besteht, bleiben die Kläger mit ihrer abweichenden Sicht erfolglos; das landgerichtliche Urteil ist zutreffend. Im Ergebnis besteht aus den vorstehenden Erwägungen auch in Bezug auf die „Finanzierungskosten“ kein Anspruch, weil auch hier keine Pflichtverletzung nach Maßgabe der jüngeren Rechtsprechung festzustellen ist.
126Selbst wenn man Vorstehendes anders sehen wollte, wäre bei Verjährungsbeginn am 01.01.2002 – ungeachtet einer kenntnisabhängigen Verjährung – gem. § 199 Abs. 3 BGB am 01.01.2012 absolute Verjährung eingetreten. Eine Hemmung durch den Güteantrag ist in jedem Fall nicht eingetreten. Das Landgericht führt zutreffend aus, dass der Güteantrag der Klägerin zu 2) die Finanzierungskosten gerade nicht – weder ausdrücklich noch sinngemäß - erfasst und schon deshalb keine Hemmung in Betracht kam. Auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil, denen sich der Senat anschließt, wird Bezug genommen.
127(3) Auch hinsichtlich der gerügten Pflichtverletzung „Unterlassener Rentabilitäts-/Sicherheitsvergleich nach dem Ausbleiben von Ausschüttungen und nach der Teilnahme an der Kapitalerhöhung“ besteht kein Anspruch. Das Ausbleiben von Ausschüttungen und die Teilnahme an der Kapitalerhöhung seien – so die Klägerin zu 2) in der Berufungsbegründung – keine Umstände, die die Kenntnis von diesem Beratungsfehler begründeten. Es kann offen bleiben, ob aus dem Umstand, dass durch die Anlage desselben Gesamtbetrages in festverzinsliche Wertpapiere eine absolut sichere und rentable Investition hätte erzielt werden können, eine Pflichtverletzung herzuleiten sein könnte, da auch insoweit Verjährung eingetreten ist. Jedenfalls mit der Stellung der Anträge zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens für die Betreibergesellschaft und die Fondsgesellschaft war der Klägerin zu 2) bekannt bzw. hätte ihr bekannt sein müssen, dass die Auslastung der Klinik nicht sichergestellt war und insoweit auch die Angaben zum Abschluss von Versorgungsverträgen – nach dem oben beschriebenen Maßstab (BGH NJOZ 2011, 2087 ff.) – unzutreffend waren. Verjährung wäre entsprechend den vorstehenden Ausführungen jedenfalls mit Ablauf des 31.12.2008 eingetreten.
128dd) In Bezug auf die Pflichtverletzung „mangelnde Risikohinweise, kein Hinweis auf Totalverlustrisiko und kein Hinweis auf Bedienung des Darlehens zur Finanzierung unabhängig von der Wirtschaftlichkeit“ reklamieren die Kläger Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 08.07.2010 - III ZR 249/09, NJW 2010, 3292 ff.; Urt. v. 14.04.2011 - III ZR 27/10, NJW-RR 2011, 1139 f.; und Urt. v. 07.07.2011 - III ZR 90/10, NJOZ 2011, 2087 ff.) und sind der Auffassung, die vom Landgericht zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 27.10.2009 - XI ZR 337/08, NJW-RR 2010, 115 ff.) sei überholt. Ungeachtet der Frage, ob hier überhaupt eine Pflichtverletzung vorliegt, scheitert die Geltendmachung dieser Pflichtverletzung an der Verjährungseinrede, da der Klägerin zu 2) die oben genannten Rundschreiben bekannt waren oder jedenfalls hätten bekannt sein müssen. Auch hier wäre demnach für einen etwaigen Anspruch Verjährung jedenfalls mit Ablauf des 31.12.2008 eingetreten. Abgesehen davon hat das Landgericht auch zutreffend schon eine Pflichtverletzung verneint. Insoweit nimmt der Senat auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils Bezug. Die Berufungsbegründung gibt zu keinen weiteren Ausführungen Anlass. Soweit die Klägerin zu 2) im Rahmen der Pflichtverletzung „Keine Risikohinweise“ auch rügen, nicht auf die Fortentrichtung der Darlehensverbindlichkeit auch bei einem Fehlschlag der Investitionen hingewiesen worden zu sein, so scheitert auch insoweit aus den dargelegten Gründen ein Anspruch an der Verjährung. Mit der grobfahrlässigen Unkenntnis der wirtschaftlichen Krise unter gleichzeitiger Verpflichtung, das Darlehn zu bedienen, war von einer grob fahrlässigen Unkenntnis der – angenommenen – Pflichtverletzung auszugehen.
129ee) In Bezug auf die „Provisionspflicht im Zusammenhang mit Vermittlung der Fondsbeteiligung“ ist nach den zutreffenden Ausführungen im landgerichtlichen Urteil, denen sich der Senat anschließt, nicht von einer Pflichtverletzung auszugehen. Die Berufung greift die Entscheidung insoweit auch nicht ausdrücklich an.
130ff) Der angeführte Umstand, es sei „kein Hinweis auf persönliche und kapitalmäßige Verflechtungen der beteiligten Unternehmen und Gründungsgesellschafter und die zu erwartenden Sonderzuwendungen an den Gründungsgesellschafter I2“ erfolgt, begründet schon keine Pflichtverletzung, weil hier gerade – wie im Rahmen der Ausführungen zur „Avalen Bauzeit“ und „Finanzierungskosten“ ausgeführt - keine Prüfungspflicht der Beklagten bestand. Dass darüber hinaus andere Gründe es erforderten, hinsichtlich der Provisionspflicht bzw. Verflechtungen eine Aufklärung der Anleger vorzunehmen, ist nicht ersichtlich und von der Rechtsprechung bezogen auf die vorliegenden Fonds ausdrücklich verneint worden. Ungeachtet der Ausführungen zu einem Urteil des OLG München (Urteil vom 24.01.2013 – 14 U 270/12), das die Kläger zur Begründung ihrer Berufung noch anführen, hat der Bundesgerichtshof eine Pflichtverletzung ausdrücklich verneint (Urteil vom 31.10.2013 – III ZR 66/13, BeckRS 2013, 19776). Auch wenn zudem der Einwand der Klägerin zu 2) zu berücksichtigten wäre, ihr habe das Beteiligungsprospekt nicht vorgelegen und es gäbe „kein zutreffendes Gesamtbild der Beteiligung“, scheiterte ein etwaiger Anspruch jedenfalls aufgrund der auch insoweit greifenden Verjährungseinrede. Auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil und die sinngemäß auch hier geltenden vorstehenden Ausführungen sub II. 2. b) bb) wird Bezug genommen. Der Güteantrag hat nicht zu einer Hemmung geführt, da persönliche Verflechtungen im Güteantrag nicht erwähnt werden.
131b) Der Klägerin zu 2) stehen auch keine Schadensersatzansprüche aus Delikt nach den §§ 823 ff. BGB zu. Auf die Ausführungen II. 1. wird Bezug genommen. Insoweit greift die Berufung das landgerichtliche Urteil auch nicht an.
132c) Aus den unter II. 1. dargelegten Gründen bestehen auch keine Feststellungsansprüche der Klägerin zu 2). Auch insoweit wird im Übrigen die landgerichtliche Entscheidung ausdrücklich von der Berufung nicht angegriffen.
3. Die Kostenentscheidung zur Berufung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Der Senat hat von der Zulassung der Revision (§§ 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO) abgesehen. Weder kommt der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zu, noch erfordern Belange der Rechtsfortbildung oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs.
133Streitwert für das Berufungsverfahren: 57.552,43 €
ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Köln Urteil, 15. Aug. 2014 - 19 U 163/13
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Urteil einreichenOberlandesgericht Köln Urteil, 15. Aug. 2014 - 19 U 163/13 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).
Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat, - 2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen, - 3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt, - 4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder - 5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.
(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.
(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.
(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).
(7) (weggefallen)
(1) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.
(2) Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher für den Geschäftsherrn die Besorgung eines der im Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Geschäfte durch Vertrag übernimmt.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.
(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.
Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsrechtszugs.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz wegen seiner Meinung nach fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit der Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds.
- 2
- Nach Gesprächen mit dem Geschäftsstellenleiter W. der Beklagten zeichnete der Kläger am 3. April 1996 eine Beteiligung an der I. GbR (im Folgenden: Immobilienfonds) in Höhe eines Nominalbetrags von 25.000 DM zuzüglich eines Agios von 5 %. Gegenstand des Immobilienfonds waren laut Prospekt "Erwerb und Vermietung" einer damals im Bau befindlichen "Vorsorge- und Rehabilitationsklinik mit 240 Betten in K. / M. ". Nachdem der Kläger in den Jahren 1998 und 1999 noch Ausschüttungen erhalten hatte, geriet der Immobilienfonds in der Folgezeit wegen verringerter Pachtzahlungen der Klinikbetreiberin in wirtschaftliche Schwierigkeiten.
- 3
- Der Kläger hat die Beklagte wegen verschiedener Pflichtverletzungen auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Die Klage hatte in erster Instanz im Wesentlichen Erfolg. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht unter Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht (beschränkt) zugelassene Revision des Klägers.
Entscheidungsgründe
I.
- 4
- Das Berufungsgericht hat die Revision im Hinblick auf teilweise anders lautende instanzgerichtliche Rechtsprechung beschränkt auf die Frage zugelassen , ob die Prospektangaben zu "Finanzierungskosten" und "AvaleBauzeit" eine Haftung des Anlageberaters wegen Verletzung seiner Prüfungspflichten begründen. Diese - von der Revision auch hingenommene - Beschränkung der Revisionszulassung auf einzelne von mehreren zur Begründung eines Schadensersatzanspruchs wegen fehlerhafter Anlageberatung vorgetragene Pflichtverletzungen ist wirksam (vgl. nur Senatsbeschluss vom 16. Dezember 2010 - III ZR 127/10, WM 2011, 526 Rn. 5 f; s. a. BGH, Urteile vom 27. September 2011 - XI ZR 178/10, BKR 2011, 508 Rn. 8 und XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 8, insoweit in BGHZ 191, 119 nicht abgedruckt).
II.
- 5
- Die Revision hat keinen Erfolg.
- 6
- Die aus einem Anlageberatungsvertrag folgende Pflicht zur objektgerechten Beratung bezieht sich auf diejenigen Eigenschaften und Risiken des Anlageobjekts , die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Ein Anlageberater ist deshalb verpflichtet, eine Anlage, die er empfehlen will, mit üblichem kritischem Sachverstand zu prüfen, oder den Anleger auf ein diesbezügliches Unterlassen hinzuweisen. Hierbei kann eine unterlassene Prüfung allerdings nur dann zu einer Haftung führen, wenn bei dieser ein Risiko erkennbar geworden wäre, über das der Anleger hätte aufgeklärt werden müssen, oder aber wenn erkennbar geworden wäre, dass eine Empfehlung der Anlage nicht anleger- und/oder objektgerecht ist (vgl. nur Senatsurteil vom 5. März 2009 - III ZR 302/07, NJW-RR 2009, 687 Rn. 13; BGH, Urteil vom 7. Oktober 2008 - XI ZR 89/07, NJW 2008, 3700, Rn. 12, 14).
- 7
- Ausgehend von diesem Prüfungsmaßstab hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei eine Pflichtverletzung der Beklagten verneint.
- 8
- a) Im Anlageprospekt ist auf Seite 16 im "Investitions- und Finanzierungsplan" unter der Überschrift "Investitionsplanung" unter anderem die Position "Avale Bauzeit" mit einem Betrag von 782.568 DM aufgeführt.
- 9
- Das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang darauf abgestellt, dass sich der Sinngehalt dieser Formulierung dem kundig Prüfenden nicht ver- schließe. Nach allgemeinem Sprachgebrauch verstehe man unter einem Aval die (meist von Banken) abgegebene Erklärung, für einen Schuldner einzuspringen , falls dieser seinen Verpflichtungen nicht nachkomme. Weil es sich für den Avalgeber um eine Eventualverbindlichkeit handele, seien die vom Schuldner hierfür zu bezahlenden Zinsen häufig wesentlich niedriger als diejenigen für einen regulären Kredit. Dass während der Bauzeit solche Avale zu stellen seien , sei weder ungewöhnlich noch gar auffällig. Gerade bei größeren Bauvorhaben sei es häufig so, dass ein Aval gestellt werde, um das den Werkunternehmer wegen seiner Vorleistungspflicht besonders treffende Zahlungsausfallrisiko auf Auftraggeberseite abzusichern. Bei dem im Prospekt insoweit in die Planung eingestellten Betrag von 782.568 DM handele es sich nur um rund 1,1 % der für die Anschaffung von Gebäude und Außenanlagen ausgewiesenen Summen. Es sei nicht ersichtlich, inwiefern dieser Wert einen kritisch Prüfenden auf ein Risiko hätte schließen lassen oder zu weiteren Nachforschungen hätte Anlass geben müssen. Dass die die Avale laut Prospekt (S. 24) Anbietenden nicht persönlich genannt worden seien, führe nicht dazu, dass der Prüfende deswegen ein Risiko hätte annehmen müssen, nachdem der in die Berechnung eingestellte Betrag nicht aus dem Rahmen gefallen sei oder gar die Wirtschaftlichkeit der Anlage in Frage gestellt hätte. Deshalb könne auch dahinstehen, ob - wie klägerseits behauptet - tatsächlich nur der Gründungsgesellschafter der Fondsgesellschaft ein Angebot zur Stellung eines Avals abgegeben habe. Denn die Beklagte habe nicht die Pflicht getroffen, Einblick in Vertragsdokumente der Fondsgesellschaft zu nehmen oder andere weitergehende Ermittlungen anzustellen. Ob dies anders zu beurteilen sei, wenn sich aus einer in der finanziellen Planung enthaltenen Position wegen ihrer Unüblichkeit nach Grund und/oder Höhe Anhaltspunkte für Unregelmäßigkeiten und damit besondere Risiken für den Anleger ergäben, bedürfe keiner Entscheidung; solche seien durch den Kläger nicht aufgezeigt worden. Soweit sich Positionen des Konzepts nach der Zeichnung als tatsächlich nicht zutreffend erwiesen, ausgewiesene Avalzinsen in Wirklichkeit verdeckte Ausschüttungen an die Fondsinitiatoren darstellten, könne dies auf die bereits erfolgte, ex ante vorzunehmende Prüfung beziehungsweise deren Ordnungsmäßigkeit keinen Einfluss haben.
- 10
- b) Die gegen diese Würdigung gerichteten Angriffe der Revision gehen fehl:
- 11
- Der Einwand, bereits die Verwendung des Begriffs "Avale Bauzeit" hätte der Beklagten Anlass zur Nachfrage geben müssen, was es mit dem diesem Begriff zugeordneten Betrag auf sich habe, ist genauso wenig begründet wie die Annahme, die Beklagte hätte den Kläger darauf hinweisen müssen, dass der Begriff Aval üblicherweise für eine Sicherheit einer Bank stehe und eine konkrete Bank im Prospekt nicht genannt werde. Auch die Rüge, die Position sei bereits deshalb fragwürdig und aufklärungsbedürftig gewesen, weil sich im Prospekt keine Angaben dazu fänden, für welchen Betrag Avale in welcher Zinshöhe in die Planung eingestellt werden, und im Prospekt zwar die Avalprovision auf Seite 16 mit einer bestimmten Summe angeführt, auf Seite 24 dann aber nur auf nicht näher konkretisierte Vertragsangebote nicht benannter Dritter Bezug genommen werde, greift nicht durch.
- 12
- Der Begriff "Aval" wird gemeinhin als Synonym für Bürgschaft verstanden (vgl. Duden, Das Fremdwörterbuch, 10. Aufl., S. 133). Die im Investitionsplan aufgeführte Kostenposition "Avale Bauzeit" bezog sich insoweit erkennbar auf während der Bau- beziehungsweise Investitionsphase anfallende Kosten für Bürgschaften oder vergleichbare Garantien. Einer näheren Aufschlüsselung dieser - angesichts der Gesamtkosten von 90.615.500 DM - eher geringfügigen Position bedurfte es an dieser Stelle nicht, zumal für den Anleger im Rahmen der Kostenzusammenstellung vor allem der jeweilige Gesamtbetrag der Position von Bedeutung ist, da sie ihm Aufschluss darüber gibt, welche Aufwendungen Vertriebskosten beziehungsweise sonstige weiche Kosten sind und welche Beträge in die Fondsimmobilie investiert werden, deren Verkehrswert den Wert der Fondsgesellschaft und damit seiner Beteiligung im Wesentlichen bestimmt.
- 13
- Anlass für kritische Nachfragen hätte allenfalls dann bestanden, wenn der Anfall einer Avalprovision nicht plausibel gewesen wäre, es insoweit hierfür im Rahmen des prospektierten Investitionsvorhabens keinen nachvollziehbaren Grund gegeben hätte, oder wenn bezüglich eines solchen Grunds sich die Höhe der Avalprovision offensichtlich außerhalb des vertretbaren Rahmens bewegt hätte.
- 14
- Einen solchen nachvollziehbaren Grund hat das Berufungsgericht darin gesehen, dass gerade bei größeren Bauvorhaben häufig Avale zugunsten des Bauunternehmers gestellt würden. Der Kläger wendet hierzu ein, das Berufungsgericht sei verfahrensfehlerhaft davon ausgegangen, dass auf Seiten der Fondsgesellschaft die Stellung einer solchen Sicherheit erforderlich gewesen sei. Tatsächlich habe - was sich auch aus verschiedenen Formulierungen im Prospekt ergebe - nicht die Fondsgesellschaft, sondern dieI. AG die Klinik errichtet; das Fondskonzept habe vorgesehen, dass die I. das in ihrem Eigentum befindliche Grundstück für die Klinik mitsamt dem von ihr zu errichtenden Gebäude an die Fondsgesellschaft veräußere. Die I. , nicht die Fondsgesellschaft, sei mithin Bauherr und deshalb gegebenenfalls dem Bauunternehmer gegenüber zur Stellung einer Sicherheit verpflichtet gewesen.
- 15
- Dieser Einwand ist unbegründet. Zwar trifft es zu, dass im Prospekt an mehreren Stellen (insbesondere Kurzinformation S. 2; außerdem S. 3 und S. 30) (nur) von Erwerb und Vermietung der Klinik durch die Fondsgesellschaft gesprochen wird. Allerdings kommt im Prospekt deutlich zum Ausdruck, dass das Klinikgebäude zum Zeitpunkt des Erwerbs noch nicht errichtet worden ist und dass es (unter anderem) Aufgabe des von der Fondsgesellschaft beauftragten Geschäftsbesorgers ist, Verträge und Angebote für die Durchführung und Finanzierung des Bauvorhabens vorzulegen (siehe §§ 2 ff des Geschäftsbesorgungsvertrags , Prospekt S. 33 f). Vor diesem Hintergrund hätte ein Anlageberater auch dann, wenn die I. tatsächlich die Bauherrin gewesen sein sollte - und dieser Umstand ihm bekannt gewesen wäre oder hätte bekannt sein müssen -, hieraus bei der geschuldeten kritischen Prüfung des Prospekts nicht schließen müssen, dass Aufwendungen für eine Absicherung des Bauunternehmers als Grund für die in die Planung eingestellten Avalkosten nicht plausibel seien. Denn davon, dass die I. etwaige im Zusammenhang mit der Errichtung der Klinik entstehende Kosten im Verhältnis zur Fondsgesellschaft übernehmen würde, musste nicht ausgegangen werden. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise lag nahe, dass im Verhältnis der I. zur Fondsgesellschaft solche Kosten letztere zu tragen hatte. Jedenfalls musste sich einem Anlageberater nicht der Verdacht aufdrängen, bei dieser Kostenposition könne es sich um versteckte Sonderzuwendungen an den Gründungsgesellschafter H. handeln.
- 16
- Gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, die Avalkosten bewegten sich nicht offensichtlich außerhalb des vertretbaren Rahmens, wendet sich die Revision nicht. Soweit der Kläger an anderer Stelle - unter Bezugnahme auf instanzgerichtlichen Vortrag der Beklagten - darauf verweist, dass es sich bei dem den Avalen zugrundeliegenden Betrag nicht um die Gesamtfinanzierungs- kosten von über 90 Mio. DM handeln könne und eine zusätzliche Absicherung des Eigen- und Fremdkapitals nicht plausibel sei, ist dies für die Nachvollziehbarkeit der Avalkosten im Hinblick auf eine Absicherung des Werklohnanspruchs des Bauunternehmers ohne Bedeutung.
- 17
- c) Soweit die Revision zuletzt rügt, die Beklagte habe nicht unter Beweis gestellt, dass sie von den Sonderzuwendungen an den Gründungsgesellschafter H. - an diesen sei unstreitig der Betrag von 782.562 DM tatsächlich geflossen - ex ante keine Kenntnis gehabt habe, sodass das Berufungsurteil auf einer falschen Beweislastverteilung beruhe, geht dieser Einwand fehl. Die Revision legt schon nicht dar, dass die Unkenntnis der Beklagten streitig und deshalb beweisbedürftig gewesen sei; das Berufungsurteil beruht zu den Avalkosten auch nicht auf einer Beweislastentscheidung. Im Übrigen trägt der Anleger die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die vom Anlageberater durchgeführte Prüfung nicht ordnungsgemäß war, weil sie anderenfalls zur Aufdeckung von aufklärungsbedürftigen Umständen geführt hätte. Dass die vom Kläger in diesem Zusammenhang zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs auf den vorliegenden Fall übertragbar sind, ist nicht ersichtlich. Das Urteil des XI. Zivilsenats vom 21. September 2010 (XI ZR 232/09, WM 2010, 2069) betrifft Fragen der Darlegungs- und Beweislast in Fällen eines institutionalisierten Zusammenwirkens der kreditgebenden Bank mit dem Verkäufer oder Vertreiber der finanzierten Kapitalanlage. Das Senatsurteil vom 5. März 2009 (III ZR 17/08, WM 2009, 739) betrifft Fragen der Darlegungs- und Beweislast in einem Fall, in dem ein Anlagevermittler eine Prüfung der Anlage beziehungsweise des Prospekts unterlassen hatte. Dass dies im Falle der Beklagten auch so war beziehungsweise der Kläger dies vor den Instanzgerichten so behauptet hat, zeigt die Revision nicht auf.
- 18
- a) Im Anlageprospekt ist auf Seite 16 im "Investitions- und Finanzierungsplan" unter der Überschrift "Investitionsplanung" unter anderem die Position "Finanzierungskosten" mit einem Betrag von 2,285 Mio. DM aufgeführt; eine entsprechende Angabe enthält auch bereits die "Kurzinformation" auf Seite 2 unter der Rubrik "Investitionsplanung inklusive Erwerbsnebenkosten".
- 19
- Das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang darauf abgestellt, dass nach der ebenfalls im Prospekt (S. 16) aufgeschlüsselten Finanzierungsplanung in die Investitionskosten Fremdkapital in Höhe von 38 Mio. DM habe einfließen sollen. Dass dieses bereits in der Investitionsphase hätte abgerufen werden müssen, habe auf der Hand gelegen. Daraus folge, dass schon in der Investitionsphase Zinsen für dieses Fremdkapital anfallen würden. Nachdem der Großteil des Eigenkapitals erst mit der zweiten "Tranche 1996" hätte eingeworben werden sollen, Baubeginn aber bereits für September 1995 vorgesehen gewesen sei, sei ohne weiteres nachvollziehbar, dass zumindest bis Ende 1996 die Notwendigkeit für eine Finanzierung jedenfalls der Kosten für den Kauf des Grundstücks und der fortlaufend anfallenden Bauleistungen auch insoweit habe entstehen können, als sie letztlich mit Eigenkapital beglichen werden sollten. In Anbetracht der mithin durch Kredite zu finanzierenden Summen und mit Blick auf den abzudeckenden Investitionszeitraum hätten die in die Investitionsplanung eingestellten Finanzierungskosten auch der Höhe nach in keiner Weise Anlass gegeben, von einem aufklärungspflichtigen Risiko auszugehen. Bei einem Fehlen von Finanzierungskosten wären vielmehr umgekehrt Bedenken angebracht gewesen, ob die Berechnungen zur Wirtschaftlichkeit stimmen könnten. Dies gelte umso mehr, als laut Prospekt (S. 19) das Darlehen über 38 Mio. DM mit nominal 6% zu verzinsen gewesen sei, sodass sich hieraus ein nominaler Jahreszinsbetrag von 2,28 Mio. DM errechne.
- 20
- b) Die gegen diese Würdigung gerichteten Angriffe der Revision gehen fehl:
- 21
- Dass es sich bei den Finanzierungskosten nicht um Zinsverbindlichkeiten , die auf die Fremdfinanzierung entfielen, handeln könne, weil diese keine Kosten der Investitionsphase, sondern laufende Kosten der Fondsgesellschaft seien, überzeugt nicht. Im Prospekt wird in der sogenannten Prospektergänzung vom 8. Februar 1996 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Zinsen, die für die Endfinanzierung vor dem 1. Januar 1997 anfallen, im Investitionsplan bei den Finanzierungskosten kalkuliert worden sind. Dem entspricht es, dass im Prospekt (S. 17) im Rahmen der "Ergebnisvorschau" bei den laufenden Kosten Zinsen nicht bereits für 1996, sondern erst ab 1997 - für dieses Jahr mit 2,28 Mio. DM - eingestellt worden sind. Dass aber bereits während der Baubeziehungsweise Investitionsphase ein Bedarf für Fremdkapital bestand und dann Zinsen anfallen würden, hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen. Einer näheren Aufschlüsselung zum Grund und zur Höhe der in die Planung eingestellten Finanzierungskosten bedurfte es im Prospekt nicht.
- 22
- Soweit die Revision darauf verweist, dass in der von der Wirtschaftsprüfungs - und Steuerberatungsgesellschaft A. GmbH erstellten Einnahmenüberschussrechnung für das Jahr 1996 unter der Position Finanzierungskosten ein erheblich niedrigerer Betrag aufgeführt sei, ist dies - abgesehen davon, dass in der Rechnung separat erhebliche im Jahre 1996 angefallene Zinsaufwendungen aufgelistet werden - schon aus zeitlichen Gründen für die von der Beklagten im Vorfeld der Beratung des Klägers geschuldete kritische Prospekt- prüfung irrelevant. Dass - wie der Kläger vermutet - in die Position "Finanzierungskosten" eingestellte Beträge tatsächlich an den Gründungsgesellschafter des Immobilienfonds geflossen seien, ist ebenfalls für die ex ante vorzunehmende Prüfung ohne Belang.
- 23
- Vor diesem Hintergrund ist die tatrichterliche Würdigung, dass für die Beklagte kein begründeter Anlass bestand, den Prospektangaben zu misstrauen beziehungsweise diesbezüglich vertiefte Nachforschungen zu betreiben, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Seiters Remmert
Vorinstanzen:
LG Coburg, Entscheidung vom 02.05.2011 - 14 O 641/10 -
OLG Bamberg, Entscheidung vom 27.01.2012 - 6 U 14/11 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsrechtszugs zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Der Kläger nimmt den Beklagten unter dem Vorwurf fehlerhafter Anlageberatung auf Schadensersatz in Anspruch.
- 2
- Empfehlung Auf des Beklagten zeichnete der Kläger am 28. Oktober 1999 über eine Summe von 150.000 DM zuzüglich 5 % Agio (7.500 DM) eine Beteiligung an der C. G. GmbH & Co. Vermietungs KG (Turmcenter F. ), einem geschlossenen Immobilienfonds. Die hierfür benötigten Mittel hatte der Kläger aus dem Verkauf eines von seinem Vater ererbten Hausgrundstücks gewonnen. Der Fonds wurde zum 31. Dezember 1999 nach Vollplatzierung geschlossen. Nach anfänglichen Ausschüttungen geriet der Fonds aufgrund deutlichen Rückgangs der Mieteinnahmen ab dem Jahre 2002 in zunehmende wirtschaftliche Schwierigkeiten. Der Versuch, die im Eigentum des Fonds stehende Büroturm-Immobilie - als wesentlichen Teil des Fondsvermögens - zu veräußern, blieb ohne Erfolg. Auf Antrag der finanzierenden Bank wurde am 4. August 2005 die Zwangsverwaltung des Objekts angeordnet. Die Hauptmieterin kündigte das Mietverhältnis außerordentlich zum 31. Dezember 2005. Am 17. Februar 2006 ordnete das Amtsgericht München die vorläufige Insolvenzverwaltung über das Vermögen der Fondsgesellschaft an.
- 3
- Der Kläger hat seine Schadensersatzforderung unter Einberechnung der Kosten für die Beteiligung an dem Fonds und entgangener anderweitiger Anlagezinsen - nach Abzug ihm verbliebener Ausschüttungen - mit 102.879,46 € beziffert und geltend gemacht, der Beklagte habe seine Pflichten aus dem Anlageberatungsvertrag verletzt, da er ihm mit der Fondsbeteiligung eine Anlage empfohlen habe, die seinem erklärten Anlageziel einer sicheren Altersvorsorge widersprochen habe. Der Beklagte habe ihn nicht auf die spezifischen Risiken dieser Anlage, insbesondere nicht auf das Risiko eines Totalverlusts, hingewiesen , die gebotene Überprüfung der wirtschaftlichen Plausibilität, Seriosität und Tragfähigkeit des Beteiligungsangebots unterlassen und negative Pressestimmen nicht berücksichtigt. Als Fachmann habe der Beklagte erkennen müssen, dass das Beteiligungsangebot auf eine Täuschung der neu eintretenden Anleger abgezielt und von vornherein keine Aussicht auf wirtschaftlichen Erfolg gehabt habe.
- 4
- Der Beklagte ist diesen Vorwürfen entgegengetreten und hat die Einrede der Verjährung erhoben.
- 5
- Das Landgericht hat der Klage nach Beweisaufnahme stattgegeben. Die Berufung des Beklagten ist im Wesentlichen - bis auf einen geringfügigen Teil der erstinstanzlich zugesprochenen Zinsen - ohne Erfolg geblieben. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
- 6
- Die zulässige Revision des Beklagten ist unbegründet.
I.
- 7
- Das Berufungsgericht (GWR 2010, 93) hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
- 8
- Dem Kläger stehe ein Schadensersatzanspruch wegen Vertragspflichtverletzung des Beklagten zu. Zwischen den Parteien sei ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen. Die ihm hieraus erwachsenen Pflichten habe der Beklagte verletzt, da er keine anlegergerechte - das heißt dem erklärten Anlageziel des Klägers gemäße - Beratung geleistet habe. Der Beklagte habe dem Kläger eine Kapitalanlage empfohlen, die für das Ziel einer Altersvorsorge erkennbar ungeeignet gewesen sei. Die Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds berge das Risiko des Totalverlusts. Nach den zu Grunde zu legenden Feststellungen des Landgerichts habe der Kläger eine Kapitalanlage gewünscht, die gerade auch dem Zweck der Altersversorgung habe dienen sollen. Durch den von ihm zu vertretenden Beratungsfehler habe der Beklagte einen Schaden in der mit der Klage geltend gemachten Höhe herbeigeführt. Ein anrechnungsfähiges Mitverschulden falle dem Kläger nicht zur Last, da er auf den Rat des Beklagten habe vertrauen dürfen. Der Schadensersatzanspruch des Klägers sei auch nicht verjährt. Es sei nicht feststellbar, dass der Kläger vor dem 1. Januar 2004 Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen gehabt oder sich insoweit grob fahrlässig in Unkenntnis befunden habe. Für eine grob fahrlässige Unkenntnis genüge es nicht, dass er den ihm überlassenen Anlageprospekt nicht durchgelesen habe.
II.
- 9
- Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht hat die Klage zu Recht als begründet angesehen. Der Beklagte schuldet dem Kläger den geforderten Schadensersatz nach den Grundsätzen der Haftung wegen positiver Vertragsverletzung (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).
- 10
- 1. Die Annahme des Berufungsgerichts, zwischen den Parteien sei - über eine reine Anlagevermittlung hinausgehend - ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen, der den Beklagten zu einer eingehenden anlegergerechten, an den konkreten Anlagezielen des Klägers orientierten Beratung verpflichtet habe, lässt Rechtsfehler nicht erkennen und wird von der Revision auch nicht angegriffen.
- 11
- 2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Auffassung des Berufungsgerichts , dass der Beklagte seine Pflichten aus dem Anlageberatungsvertrag verletzt habe, da er keine anlegergerechte - dem erklärten Anlageziel des Klägers gemäße - Beratung geleistet habe.
- 12
- a) Nach den Feststellungen beider Vorinstanzen, die maßgeblich auf die Würdigung der Aussage des erstinstanzlich vernommenen Zeugen R. -H.. E. , des Sohnes des Klägers, gestützt worden sind, hatte der Kläger dem Beklagten im Beratungsgespräch erklärt, dass es ihm neben dem Aspekt der Steuerersparnis gerade auch darum gehe, dass das Kapital "sicher" sei und so angelegt werden solle, dass es für das Alter reiche; der Zweck der Alterssicherung und -vorsorge sei ausdrücklich mitgeteilt worden.
- 13
- Diese Beweiswürdigung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
- 14
- Soweit der Beklagte einwendet, dass es weitere Gespräche zwischen den Parteien gegeben habe, an denen der Zeuge E. nicht beteiligt gewesen sei, weist die Revisionserwiderung in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht zu Recht darauf hin, dass der Beklagte nicht dargetan hat, dass der Kläger in diesen weiteren Gesprächen von dem bekundeten Anlageziel abgewichen wäre, insbesondere das Ziel einer "sicheren Altersvorsorge" aufgegeben hätte. Dass die Ziele einer einerseits steuersparenden und andererseits zur Altersvorsorge geeigneten, "sicheren" Kapitalanlage in einen Konflikt geraten können - jedoch nicht: geraten "müssen" -, steht der Schlüssigkeit und Widerspruchsfreiheit der Beweiswürdigung nicht entgegen.
- 15
- Auch mit seiner Rüge, das Berufungsgericht habe - ebenso wie schon das Landgericht - fehlerhaft davon abgesehen, ihn selbst zum Inhalt der Beratungsgespräche als Partei zu vernehmen oder anzuhören, vermag der Beklagte nicht durchzudringen. Mangels Zustimmung des Klägers (§ 447 ZPO) kam hier allein eine Parteivernehmung des Beklagten nach § 448 ZPO in Betracht. Diese setzt freilich voraus, dass aufgrund einer schon durchgeführten Beweisaufnahme oder des sonstigen Verhandlungsinhalts bereits eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die durch die Parteivernehmung zu beweisende Tatsache spricht ("Anbeweis"; s. etwa BGHZ 150, 334, 342; BGH, Urteil vom 19. Dezember 2002 - VII ZR 176/02 - NJW-RR 2003, 1002, 1003 m.w.N.). Hiervon ist das Berufungsgericht nicht ausgegangen, ohne dass ihm dabei ein Rechtsfehler unterlaufen ist.
- 16
- Allerdings kann im Fall der Beweisnot einer Partei eine Parteivernehmung nach § 448 ZPO oder eine Anhörung der Partei nach § 141 ZPO aus dem Gesichtspunkt der prozessualen Waffengleichheit notwendig sein. Der Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit, der Anspruch auf rechtliches Gehör sowie das Recht auf Gewährleistung eines fairen Prozesses und eines wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 103 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 6 Abs. 1 EMRK) erfordern, dass einer Partei, die für ein Vier-Augen-Gespräch - anders als die Gegenpartei - keinen Zeugen hat, Gelegenheit gegeben wird, ihre Darstellung des Gesprächs in den Prozess persönlich einzubringen; zu diesem Zweck ist die Partei gemäß § 448 ZPO zu vernehmen oder gemäß § 141 ZPO persönlich anzuhören (Senat, Urteil vom 12. Juli 2007 - III ZR 83/06 - NJW-RR 2007, 1690, 1691 Rn. 10 sowie Beschlüsse vom 25. September 2003 - III ZR 384/02 - NJW 2003, 3636 und vom 30. September 2004 - III ZR 369/03 - BeckRS 2004, 09779; BGH, Urteile vom 9. Oktober 1997 - IX ZR 269/96 - NJW 1998, 306 f; vom 16. Juli 1998 - I ZR 32/96 - NJW 1999, 363, 364; vom 19. Dezember 2002 aaO; vom 27. September 2005 - XI ZR 216/04 - NJW-RR 2006, 61, 63 und vom 23. April 2008 - XII ZR 195/06 - NJW-RR 2008, 1086, 1087 Rn. 13; BVerfG, NJW 2001, 2531 f; NJW 2008, 2170 f; EGMR, NJW 1995, 1413 f). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Bei dem vom Zeugen E. bekundeten Gespräch handelt es sich nicht um ein Vier-Augen-Gespräch. Der Zeuge E. hat bei dem Beratungsgespräch nicht anstelle des Klägers als dessen Vertreter gehandelt, sondern als weitere Person teilgenommen. Dass er dem Kläger als dessen Sohn nahe steht, rechtfertigt es nicht ohne weiteres, das Gespräch als ein zwischen den Parteien geführtes "Vier-Augen-Gespräch" einzuordnen (s. auch BGH, Urteil vom 23. April 2008 aaO; für den Fall des Gesprächs zwischen einer Prozesspartei und einem "außenstehenden" bzw. "nicht ausschließlich im Lager" der gegnerischen Partei stehenden Zeugen s. BGHZ 150, 334, 341 ff und Senatsbeschluss vom 30. September 2004 aaO). Hinzu kommt, dass sich der Beklagte für seine gegenteilige Behauptung, dass es dem Kläger stets und allein um die Steuerersparnis - als "einzige Richtschnur" - gegangen sei, nicht aber (auch) um eine sichere, zur Altersvorsorge geeignete Kapitalanlage, auf das Zeugnis der Steuerberaterin F. -F. berufen hat; diese Zeugin hat in ihrer Vernehmung vor dem Landgericht freilich bekundet, an den Gesprächen nicht beteiligt gewesen zu sein beziehungsweise sich hieran nicht mehr erinnern zu können. Bei dieser Lage einer - behaupteten - Gesprächsbeteiligung zweier weiterer als Zeugen vernommener Personen fordert der Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit nicht die Anhörung oder Vernehmung derjenigen Partei, zu deren Nachteil die Beweisaufnahme ausgegangen ist. Abgesehen davon ist den Belangen der in Beweisnot geratenen Partei zureichend Genüge getan, wenn diese bei oder nach der Beweisaufnahme (Zeugenvernehmung ) vor Gericht persönlich anwesend war und daher die Möglichkeit hatte, ihre Darstellung vom Verlauf des Gesprächs durch eine Wortmeldung gemäß § 137 Abs. 4 ZPO persönlich vorzutragen oder den Zeugen zu befragen (Senatsbeschlüsse vom 25. September 2003 aaO und vom 30. September 2004 aaO; BGH, Urteil vom 23. April 2008 aaO; BVerfG, NJW 2008, 2170, 2171). Der Beklagte war bei sämtlichen Verhandlungs- und Beweisterminen in beiden Vorinstanzen persönlich anwesend; zum Verhandlungstermin vor dem Berufungsgericht war zudem sein persönliches Erscheinen angeordnet worden. Dafür, dass er daran gehindert gewesen wäre, in diesen Terminen seine Sicht der Gesprächsinhalte zu schildern, ist nichts vorgetragen noch sonst ersichtlich.
- 17
- b) Ausgehend davon, dass der Kläger ausdrücklich - auch - eine "sichere" , zur Altersvorsorge geeignete Kapitalanlage wünschte, hat das Berufungsgericht einen Beratungsfehler des Beklagten zu Recht schon darin gesehen, dass dieser dem Kläger die Anlage in dem hier streitgegenständlichen geschlossenen Immobilienfonds empfohlen hat.
- 18
- Eine solche Empfehlung verletzte die Pflicht zur "anlegergerechten", auf die persönlichen Verhältnisse und Anlageziele des Kunden zugeschnittene Beratung. Soll gemäß dem Anlageziel des Kunden eine sichere Geldanlage getätigt werden, so kann, wie dies der Senat bereits mehrfach ausgesprochen hat, die Empfehlung einer unternehmerischen Beteiligung wegen des damit regelmäßig verbundenen Verlustrisikos schon für sich genommen fehlerhaft sein (Senatsurteile vom 19. Juni 2008 - III ZR 159/07 - BeckRS 2008, 13080 Rn. 6 und vom 19. November 2009 - III ZR 169/08 - BKR 2010, 118, 120 Rn. 21). Zwar ist bei der Beteiligung an einem Immobilienfonds das Risiko eines anteilmäßig hohen Kapitalverlusts meist gering zu veranschlagen; dies gilt insbesondere für das Risiko eines Totalverlusts, da dem Fonds in aller Regel der Sachwert des Immobilienvermögens verbleibt (vgl. dazu BGHZ 167, 239, 249 Rn. 26 sowie BGH, Urteile vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 337/08 - NJW-RR 2010, 115, 116 Rn. 25 und - XI ZR 338/08 - BB 2010, 15, 16 Rn. 28). Gleichwohl handelt es sich hierbei um eine "unternehmerische Beteiligung", die als solche das Risiko birgt, dass das eingesetzte Kapital zumindest zu einem Teil verloren gehen kann. Dieses Risiko hängt in seinem Ausmaß unter anderem von der Eigenkapital -/Fremdkapitalquote, der Entwicklung der Immobilienpreise und Mieteinkünfte und den zu Grunde gelegten Wertansätzen ab. Da die hier empfohlene Fondsanlage - worauf der Beklagte den Kläger unter Bezugnahme auf entsprechende Angaben im Anlageprospekt hingewiesen haben will - sogar (im "Extremfall" ) ein "Totalverlustrisiko" aufwies, durfte diese Beteiligung nicht als praktisch (weitgehend) "risikofrei" und mithin "sichere", zur Altersvorsorge geeignete Kapitalanlage eingeordnet werden. Gegenteiliges hat der Beklagte in den Vorinstanzen auch nicht geltend gemacht.
- 19
- Unter diesen Umständen hätte der Beklagte dem Kläger die hier eingegangene Beteiligung nicht empfehlen dürfen, sondern davon abraten müssen. Dafür, dass der Kläger, etwa unter dem Eindruck entsprechender deutlicher Hinweise des Beklagten, von seinem Anlageziel einer "sicheren", zur Altersvorsorge geeigneten Kapitalanlage abgerückt wäre und sich letztlich bewusst auf eine diesem Anlageziel widersprechende Fondsbeteiligung eingelassen hätte, hat der Beklagte keinen tragfähigen Anhaltspunkt vorgetragen, und ein solcher ist auch im Übrigen nicht ersichtlich.
- 20
- 3. Die Kausalität des Beratungsfehlers des Beklagten für die Anlageentscheidung des Klägers und den ihm daraus erwachsenen Schaden hat das Berufungsgericht mit Recht bejaht. Diesen Punkt greift die Revision auch nicht an. Für den Ursachenzusammenhang zwischen einer fehlerhaften Beratung und der Anlageentscheidung spricht eine durch die Lebenserfahrung begründete tatsächliche Vermutung (s. etwa Senatsurteile vom 9. Februar 2006 - III ZR 20/05 - NJW-RR 2006, 685, 687 f Rn. 22 ff; vom 19. Juni 2008 aaO Rn. 8; vom 5. November 2009 aaO S. 351 Rn. 21 und vom 19. November 2009 aaO S. 121 Rn. 26 sowie Senatsbeschluss vom 9. April 2009 - III ZR 89/08 - BeckRS 2009, 11192 Rn. 8 m.w.N.). Diese Vermutung hat der Beklagte nicht zu entkräften vermocht.
- 21
- 4. Auch gegen den Umfang des zuerkannten Schadensersatzanspruchs und die Ablehnung eines anrechnungsfähigen Mitverschuldens des Klägers (§ 254 BGB) bringt die Revision nichts vor. Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass ein Mitverschulden des Anlageinteressenten im Falle eines Schadensersatzanspruchs wegen der Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflichten nur unter besonderen Umständen zur Anrechnung kommt, weil sich der Anleger regelmäßig auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der ihm erteilten Aufklärung und Beratung verlassen darf (s. dazu BGHZ 100, 117, 125; BGH, Urteile vom 25. November 1981 - IVa ZR 286/80 - NJW 1982, 1095, 1096; vom 26. September 1997 - V ZR 65/96 - NJW-RR 1998, 16 und vom 13. Januar 2004 - XI ZR 355/02 - NJW 2004, 1868, 1870, jeweils m.w.N.).
- 22
- 5. Entgegen der Ansicht der Revision greift auch der Einwand der Verjährung (§ 214 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB) nicht durch. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Verjährungsfrist habe nicht vor Ablauf des Jahres 2004 zu laufen begonnen und sei daher durch Zustellung des Mahnbescheids am 13. Februar 2007 gehemmt worden (§ 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB), lässt Rechtsfehler nicht erkennen.
- 23
- a) Der hier in Rede stehende Schadensersatzanspruch wegen positiver Vertragsverletzung ist im Jahre 1999, nämlich mit dem vom Beklagten empfohlenen Erwerb der Beteiligung an dem geschlossenen Immobilienfonds, entstan- den (§ 198 Satz 1 BGB a.F.) und unterlag mithin zunächst der 30jährigen Verjährungsfrist nach § 195 BGB a.F.
- 24
- Zwar ist der Eintritt eines Schadens regelmäßig erst dann anzunehmen, wenn es zu einer konkreten Verschlechterung der Vermögenslage des Gläubigers gekommen ist; der Eintritt einer risikobehafteten Situation genügt dafür grundsätzlich nicht (BGHZ 73, 363, 365; 100, 228, 231 f; 124, 27, 30; BGH, Urteil vom 17. Februar 2000 - IX ZR 436/98 - NJW 2000, 1498, 1499). Allerdings kann der auf einer fehlerhaften Beratung beruhende Erwerb einer für den Anlageinteressenten nachteiligen, seinen konkreten Anlagezielen und Vermögensinteressen nicht entsprechenden Kapitalanlage bereits für sich genommen einen Schaden darstellen und ihn deshalb - unabhängig von der Werthaltigkeit der Anlage - dazu berechtigen, im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung des Erwerbs der Anlage zu verlangen; der Schadensersatzanspruch entsteht hierbei schon mit dem (unwiderruflichen und vollzogenen) Erwerb der Kapitalanlage (BGHZ 162, 306, 309 f; BGH, Urteile vom 7. Mai 1991 - IX ZR 188/90 - NJW-RR 1991, 1125, 1127; vom 27. Januar 1994 - IX ZR 195/93 - NJW 1994, 1405, 1407; vom 26. September 1997 - V ZR 29/96 - NJW 1998, 302, 304 und vom 19. Juli 2004 - II ZR 354/02 - NJW-RR 2004, 1407). So liegt es auch hier.
- 25
- b) Gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 EGBGB gilt seit dem 1. Januar 2002 für den bis dahin nicht verjährten Schadensersatzanspruch die dreijährige Regelverjährung nach § 195 BGB n.F., wobei für den Fristbeginn zusätzlich die subjektiven Voraussetzungen nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB vorliegen müssen; der Gläubiger muss von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt haben oder seine diesbezügliche Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruhen (BGHZ 171, 1, 7 ff Rn. 19 ff; 179, 260, 276 Rn. 46; BGH, Urteil vom 9. November 2007 - V ZR 25/07 - NJW 2008, 506 Rn. 8; Senatsurteil vom 19. November 2009 aaO S. 119 Rn. 13). Für eine dahingehende Kenntnis oder grobfahrlässige Unkenntnis des Klägers trägt der Beklagte als Schuldner die Darlegungs- und Beweislast (BGHZ 171, 1, 11 Rn. 32; BGH, Urteil vom 3. Juni 2008 - XI ZR 319/06 - NJW 2008, 2576, 2578 Rn. 25).
- 26
- c) Die Würdigung des Berufungsgerichts, eine grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers von den Anspruchsvoraussetzungen ergebe sich nicht schon daraus, dass dieser es unterlassen hat, den ihm übergebenen Emissionsprospekt durchzulesen und hierbei auf durchgreifende Hinweise auf die fehlende Eignung der Kapitalanlage für seine Anlageziele zu stoßen, hält den Angriffen der Revision stand.
- 27
- aa) Die tatrichterliche Beurteilung, ob einer Partei der Vorwurf grober Fahrlässigkeit zu machen ist, unterliegt der Nachprüfung durch das Revisionsgericht nur dahin, ob der Tatrichter den Begriff der groben Fahrlässigkeit verkannt , bei der Beurteilung des Verschuldensgrades wesentliche Umstände außer Betracht gelassen oder gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verstoßen hat (st. Rspr.; s. nur BGHZ 10, 14, 16 f; 10, 69, 74; 145, 337, 340; 163, 351, 353; BGH, Urteile vom 23. September 2008 - XI ZR 262/07 - NJW-RR 2009, 547 Rn. 17 m.w.N. und vom 10. November 2009 - VI ZR 247/08 - VersR 2010, 214, 215 Rn. 12 m.w.N.).
- 28
- Grobe Fahrlässigkeit setzt einen objektiv schwerwiegenden und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegt vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis deshalb fehlt, weil er ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt oder das nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen, wie etwa dann, wenn sich dem Gläubiger die den Anspruch begründenden Umstände förmlich aufgedrängt haben und er leicht zugängliche Informationsquellen nicht genutzt hat (s. BGH, Urteile vom 23. September 2008 aaO Rn. 16 und vom 10. November 2009 aaO Rn. 13 m.w.N.; Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/6040, S. 108 unter anderem mit Hinweis auf BGHZ 10, 14, 16 und 89, 153, 161; Palandt/Ellenberger, BGB, 69. Aufl., § 199 Rn. 36; MünchKommBGB/ Grothe, 5. Aufl., § 199 Rn. 28; Henrich/Spindler, in: Bamberger/Roth, BGB, 2. Aufl., § 199 Rn. 19 f). Dem Gläubiger muss persönlich ein schwerer Obliegenheitsverstoß in seiner eigenen Angelegenheit der Anspruchsverfolgung, eine schwere Form von "Verschulden gegen sich selbst", vorgeworfen werden können (BGH, Urteil vom 10. November 2009 aaO m.w.N.; Grothe aaO). Ihn trifft generell keine Obliegenheit, im Interesse des Schuldners an einem möglichst frühzeitigen Beginn der Verjährungsfrist Nachforschungen zu betreiben; vielmehr muss das Unterlassen von Ermittlungen nach Lage des Falles als geradezu unverständlich erscheinen, um ein grob fahrlässiges Verschulden des Gläubigers bejahen zu können (s. BGH, Urteil vom 10. November 2009 aaO S. 216 Rn. 15 f m.w.N.; s. auch Grothe aaO).
- 29
- bb) Nach diesen Maßgaben ist die Auffassung des Berufungsgerichts, der Umstand, dass der Anlageinteressent den ihm überlassenen Emissionsprospekt nicht durchgelesen hat, genüge für sich allein noch nicht, um die grob fahrlässige Unkenntnis von einem Beratungsfehler zu begründen, nicht zu beanstanden.
- 30
- Diese Frage wird in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte allerdings nicht einheitlich beantwortet. Eine Reihe von Oberlandesgerichten hält es für einen den Vorwurf grober Fahrlässigkeit rechtfertigenden schweren Verstoß gegen die Gebote des eigenen Interesses des Anlageinteressenten, wenn er es im Zusammenhang mit einer bedeutsamen Investitionsentscheidung unterlässt, den ihm von einem Anlageberater oder einem Anlagevermittler zur Verfügung gestellten Anlageprospekt durchzulesen, und aus diesem Grunde nicht bemerkt , dass er falsch beraten oder ihm eine unrichtige Auskunft erteilt worden ist (so OLG Frankfurt am Main, OLGR 2008, 880, 881 f und Beschluss vom 20. September 2007 - 14 W 75/07 - juris Rn. 5; OLG Düsseldorf, Teilurteil vom 18. April 2008 - I-16 U 275/06 - juris Rn. 58 ff; OLG Köln, Beschluss vom 22. Oktober 2008 - 13 U 10/08 - juris Rn. 7 f; Brandenburgisches OLG, Urteile vom 19. Februar 2009 - 12 U 140/08 - juris Rn. 26 ff und vom 30. April 2009 - 12 U 225/08 - juris Rn. 24; OLG Celle, OLGR 2009, 121) Dabei wird teilweise grob fahrlässige Unkenntnis selbst für den Fall bejaht, dass der Prospekt erst bei oder sogar kurz nach der Zeichnung übergeben worden ist (OLG Köln aaO; Brandenburgisches OLG aaO), teilweise nur für den Fall, dass der Prospekt ausreichende Zeit vor dem abschließenden Beratungsgespräch vorgelegen hat (OLG Celle aaO). Die Gegenansicht verweist demgegenüber darauf, dass der Anlageinteressent regelmäßig auf die Richtigkeit und Ordnungsmäßigkeit der ihm erteilten Anlageberatung vertrauen und ihm eine unterbliebene "Kontrolle" dieser Beratung durch Lektüre des Prospekts deshalb nicht ohne weiteres als grobe Fahrlässigkeit vorgehalten werden dürfe (s. OLG München, Urteil vom 6. September 2006 - 20 U 2694/06 - juris Rn. 63; OLG Hamm, Urteile vom 20. November 2007 - 4 U 98/07 - juris Rn. 49 und vom 26. November 2009 - I-4 U 224/08 - juris Rn. 50).
- 31
- Der erkennende Senat hält die letzterwähnte Ansicht für zutreffend.
- 32
- Zwar kommt dem Anlageprospekt in aller Regel eine große Bedeutung für die Information des Anlageinteressenten über die ihm empfohlene Kapitalanlage zu. Sofern der Prospekt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln, und er dem Anleger rechtzeitig vor Vertragsschluss überlassen worden ist, kann die Aushändigung eines Prospekts im Einzelfall ausreichen, um den Beratungs- und Auskunftspflichten Genüge zu tun (s. etwa Senat, Versäumnisurteil vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06 - NJW-RR 2007, 621, 622 Rn. 17 sowie Urteile vom 12. Juli 2007 - III ZR 145/06 - NJWRR 2007, 1692 Rn. 9; vom 19. Juni 2008 aaO Rn. 7; vom 5. März 2009 - III ZR 302/07 - NJW-RR 2009, 687, 688 Rn. 17; vom 5. März 2009 - III ZR 17/08 - WM 2009, 739, 740 Rn. 12 und vom 19. November 2009 aaO S. 120 Rn. 24 m.w.N.; s. auch BGH, Urteil vom 21. März 2005 - II ZR 310/03 - NJW 2005, 1784, 1787 f). Es liegt daher zweifellos im besonderen Interesse des Anlegers, diesen Prospekt eingehend durchzulesen.
- 33
- Andererseits misst der Anleger, der bei seiner Anlageentscheidung die besonderen Erfahrungen und Kenntnisse eines Anlageberaters oder Anlagevermittlers in Anspruch nimmt, den Ratschlägen, Auskünften und Mitteilungen des Anlageberaters oder -vermittlers, die dieser ihm in einem persönlichen Gespräch unterbreitet, besonderes Gewicht bei. Die Prospektangaben, die notwendig allgemein gehalten sind und deren Detailfülle, angereichert mit volks-, betriebswirtschaftlichen und steuerrechtlichen Fachausdrücken, viele Anleger von einer näheren Lektüre abhält, treten demgegenüber regelmäßig in den Hintergrund. Vertraut daher der Anleger auf den Rat und die Angaben "seines" Beraters oder Vermittlers und sieht er deshalb davon ab, den ihm übergebenen Anlageprospekt durchzusehen und auszuwerten, so ist darin im Allgemeinen kein in subjektiver und objektiver Hinsicht "grobes Verschulden gegen sich selbst" zu sehen. Unterlässt der Anleger eine "Kontrolle" des Beraters oder Vermittlers durch Lektüre des Anlageprospekts, so weist dies auf das bestehende Vertrauensverhältnis zurück und ist daher für sich allein genommen nicht schlechthin "unverständlich" oder "unentschuldbar".
- 34
- Eine andere Betrachtungsweise stünde zum einen in einem Wertungswiderspruch zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Frage des anspruchsmindernden Mitverschuldens (siehe oben 4.). Zum anderen würde sie den Anleger unangemessen benachteiligen und seinen Schadensersatzanspruch oftmals leer laufen lassen. Denn die Risiken und Nachteile einer Kapitalanlage wirken sich vielfach erst einige Jahre nach dem Erwerb finanziell spürbar aus (Reduzierung oder gar Wegfall von Ausschüttungen etc.). Fiele dem Anleger bereits die unterbliebene Lektüre des Anlageprospekts als grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB zur Last, so wäre sein Schadensersatzanspruch häufig schon verjährt, bevor sich die Risiken oder Nachteile der Kapitalanlage für ihn "bemerkbar" machen und er sich daher veranlasst sieht, die Richtigkeit der ihm von einem Anlageberater oder -vermittler gegebenen Empfehlungen und Auskünfte zu hinterfragen.
- 35
- cc) Die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, auch nach der Zeichnung der Anlage habe sich in der Zeit bis zum 1. Januar 2004 kein dringender , den Vorwurf der grob fahrlässigen Unkenntnis rechtfertigender Anlass für die Lektüre des Emissionsprospekts ergeben, ist revisionsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.
Hucke Tombrink
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 11.09.2008 - 29 O 102/07 -
OLG Köln, Entscheidung vom 25.08.2009 - 24 U 154/08 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an den 3. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Der Kläger zeichnete zunächst am 27. Februar 2002 eine Beteiligung an der F. Beteiligungsgesellschaft 75 GmbH & Co. KG (im Folgenden: F. - Fonds 75), einem geschlossenen Immobilienfonds, über 50.000 € zuzüglich Agio. Am gleichen Tag erhielt er dazu einen farbigen, 125 Seiten umfassenden Prospekt. Nachdem der zur Finanzierung des Anlagebetrags gewünschte Bankkredit unter Hinweis auf eine negative Einschätzung des Fonds im sogenannten "G. -Report", der auch dem Kläger zugänglich gemacht wurde, abgelehnt worden war, wurde seine Beitrittserklärung einvernehmlich "entwer- tet". Nach weiteren Gesprächen mit den Mitarbeitern der Beklagten, L. und S. , zeichnete er am 11. März 2002 und 19. April 2002 erneut Beteiligungen am F. -Fonds 75 über 20.000 € und 30.000 €, jeweils zuzüglich Agio. Diese Beträge wurden von unterschiedlichen Kreditinstituten finanziert.
- 2
- Der Kläger hat die Beklagte auf Schadensersatz in Anspruch genommen, weil sich der F. -Fonds 75 nicht seinen Erwartungen entsprechend entwickelt habe und die der Zeichnung seiner Beteiligungen vorausgegangene Beratung hinsichtlich der bestehenden Risiken sowie der Eignung für eine sichere Altersvorsorge unzutreffend gewesen sei. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, die Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Gegen das Urteil des Oberlandesgerichts richtet sich seine vom Senat zugelassene Revision, mit der er seine bisherigen Klageanträge weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe
- 3
- Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.
I.
- 4
- Das Berufungsgericht hat einen Schadensersatzanspruch verneint, weil zwischen den vom Kläger behaupteten Beratungspflichtverletzungen und der Zeichnung der jeweiligen Beteiligungen kein ursächlicher Zusammenhang festgestellt werden könne. Dabei komme es auf die Angaben des Beraters L. im Zusammenhang mit der Beitrittserklärung vom 27. Februar 2002 nicht an, weil diese später ohnehin storniert worden sei. Zudem sei nicht erkennbar, dass sich eine besonders günstige, schönfärberische Darstellung des Fonds auf die weiteren Beitrittserklärungen des Klägers entscheidend ausgewirkt habe. Denn derartige Angaben, insbesondere zu einer "sicheren Altersvorsorge", seien jedenfalls durch den dem Kläger bereits am 27. Februar 2002 überreichten Prospekt in Frage gestellt und maßgeblich relativiert worden. Darüber hinaus sei der Kläger durch den so genannten G. -Report, den er nach eigenen Angaben gelesen habe, über die Risiken der Anlage eingehend aufgeklärt worden. Auch soweit die Berater L. und S. seine auf dem Inhalt des G. -Reports beruhenden Bedenken zerstreut haben sollten, sei dies für die Anlageentscheidung nicht kausal gewesen. Die in diesem Report wiedergegebenen Fakten und Rückschlüsse seien nicht als unrichtig hingestellt worden, es habe sich lediglich um Hinweise auf dieser Veröffentlichung zugrunde liegende Beweggründe gehandelt. Letztlich ließen die Angaben des in Anlagegeschäften erfahrenen Klägers bei seiner mündlichen Anhörung die Möglichkeit offen, dass er unabhängig von einer "Überredung" aufgrund eigener Entscheidung und Prüfung etwaiger Bedenken entschlossen gewesen sei, dem Fonds beizutreten.
II.
- 5
- Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision in mehrfacher Hinsicht nicht stand. Ausgehend von dem für die revisionsrechtliche Beurteilung zugrunde zu legenden, mit tauglichen Beweisangeboten versehenen, Vortrag des Klägers zu Beratungspflichtverstößen ist die Beurteilung des Berufungsgerichts , das geschilderte Verhalten der Mitarbeiter der Beklagten habe keine ent- scheidende Auswirkung auf den Entschluss des Klägers gehabt, die Beteiligungen am F. -Fonds 75 zu zeichnen, rechtsfehlerhaft.
- 6
- 1. Die Durchführung einer Beweisaufnahme über die Behauptungen des Klägers zu den Erklärungen der Berater L. und S. - auch schon anlässlich der Beratung vor Zeichnung der später stornierten Beteiligung am 27. Februar 2002 - bezüglich der Eignung für eine sichere Altersvorsorge und bestehender Risiken war nicht deshalb entbehrlich, weil der ihm übergebene Prospekt mögliche unzutreffende Angaben in Frage gestellt hat und ausreichende Hinweise auf die Gefahr geringerer oder ganz ausbleibender Ausschüttungen sowie ein Totalverlustrisiko enthielt. Diese Auffassung widerspricht der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats.
- 7
- Danach kann eine ordnungsgemäße Erfüllung der bestehenden Aufklärungspflichten gegenüber dem Anlageinteressenten zwar auch durch Übergabe von Prospektmaterial erfolgen, sofern der Prospekt nach Form und Inhalt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln , und dem Anlageinteressenten so rechtzeitig vor dem Vertragsschluss übergeben wird, dass sein Inhalt noch zur Kenntnis genommen werden kann. Der Umstand indes, dass ein solcher Prospekt Chancen und Risiken der Anlage hinreichend verdeutlicht, ist kein Freibrief für den Berater oder Vermittler, Risiken abweichend hiervon darzustellen und ein Bild zu zeichnen, das die Hinweise und Erläuterungen im Prospekt entwertet oder für die Entscheidungsbildung des Anlegers mindert (vgl. z.B. Senatsurteile vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09, NJW-RR 2010, 1623 Rn. 15, vom 19. Juni 2008 - III ZR 159/07, juris Rn. 7, jeweils vom 12. Juli 2007 - III ZR 83/06, NJW-RR 2007, 1690 Rn. 10, und III ZR 145/06, NJW-RR 2007, 1692 Rn. 9). Hinzu kommt, dass der Anleger, der bei seiner Entscheidung die besonderen Erfahrungen und Kenntnisse eines Anla- geberaters oder -vermittlers in Anspruch nimmt, den Ratschlägen, Auskünften und Mitteilungen des Beraters oder Vermittlers, die dieser ihm in einem persönlichen Gespräch unterbreitet, besonderes Gewicht beimisst. Die notwendig allgemein gehaltenen und mit zahlreichen Fachbegriffen versehenen Prospektangaben treten demgegenüber regelmäßig in den Hintergrund (vgl. Senatsurteil vom 22. Juli 2010, aaO).
- 8
- Nach diesen Grundsätzen liegt im Streitfall, sofern sich die Behauptungen des Klägers zum Inhalt der Beratung, insbesondere zu einer beschönigenden Darstellung des Fonds - an denen er durchgängig festgehalten hat, und von denen auch das Berufungsgericht ausgegangen ist -, als zutreffend erweisen , ein für die Zeichnungsentscheidung ursächliches Beratungs- und Aufklärungsverschulden vor, das sich die Beklagte nach §§ 276, 278 BGB zurechnen lassen muss.
- 9
- 2. Ein weiterer durchgreifender Mangel des Berufungsurteils liegt darin, dass die Ursächlichkeit eines Beratungsfehlers und damit eine Haftung der Beklagten auch deshalb verneint worden ist, weil der Kläger nicht nur durch den Prospekt, sondern auch durch den sogenannten G. -Report eine eingehende Aufklärung über die fragliche Anlage und die damit verbundenen Risiken erhalten habe. Das Berufungsgericht übersieht bereits im Ausgangspunkt, dass der G. -Report der Ursächlichkeit eines Aufklärungs- und Beratungsverschuldens nur insoweit entgegenstehen kann, als entsprechende Risiken darin überhaupt angesprochen worden sind. Der Inhalt, vor allem der in den Vordergrund gestellte Hinweis auf teilweise nur kurzfristige Mietverträge und die sich daraus ergebende zweifelhafte Vollvermietung des Anlageobjekts, stehen der Ursächlichkeit eines Beratungsfehlers für die Anlageentscheidung des Klägers jedoch nicht entgegen. Denn der Kläger hat über die vom Berufungsgericht auf- gezählten, im G. -Report enthaltenen Informationen hinaus unter Beweisantritt geltend gemacht, die Berater L. und S. hätten ihm mitgeteilt , er brauche im schlimmsten Fall "mal" mit reduzierten Ausschüttungen für ein bis zwei Jahre zu rechnen; über ein Totalverlustrisiko sei er nicht aufgeklärt worden. Dieses Vorbringen ist für die Beurteilung der Kausalität von maßgeblicher Bedeutung, vom Berufungsgericht aber ersichtlich unberücksichtigt gelassen worden. Der Report enthält gerade keine Richtigstellung und keinen Bezug zu den behaupteten Angaben der Berater bezüglich eines etwa nur "eingeschränkten" Risikos und auch sonst keinen unmittelbaren Hinweis auf ein Totalverlustrisiko. Aus dem vom Berufungsgericht dargestellten wesentlichen Inhalt des Reports könnte ein hinreichend sachkundiger oder besonders misstrauischer Anlageinteressent allenfalls mittelbar den Rückschluss ziehen, dass sogar die Gefahr eines vollständigen Verlustes der eingesetzten Gelder bestehen kann. Da aber dieses für die Anlageentscheidung besonders wesentliche Risiko nicht ausreichend deutlich wird, konnten insoweit das Beratungsdefizit und dessen Ursächlichkeit für die Anlageentscheidung durch den "G. -Report" nicht beseitigt werden.
- 10
- 3. Die Revision rügt weiter im Ergebnis zu Recht, dass die Würdigung des Berufungsgerichts, das spätere Verhalten der Berater L. und S. , die dem Kläger Bedenken aufgrund des G. -Reports gegen die Seriosität des Fonds ausgeredet haben sollen, sei für die Anlageentscheidung nicht ursächlich gewesen, ebenfalls von Rechtsfehlern beeinflusst ist. Denn bereits in der Klageschrift und unter Hinweis darauf im Berufungsverfahren hat der Kläger mit entsprechenden Beweisangeboten vorgetragen, der G. -Report sei nicht nur als durch Neid veranlasst, sondern auch inhaltlich als unzutreffend dargestellt worden. Dabei mag es zwar sein, dass er diesen Vortrag in seiner persönlichen Anhörung so nicht ausdrücklich wiederholt hat. Gleichwohl hätte das Berufungsgericht diesen jedoch nicht, jedenfalls nicht ohne eine entsprechende Nachfrage, übergehen dürfen.
- 11
- a) In seiner persönlichen Anhörung vor dem Berufungsgericht hat der Kläger zwar mitgeteilt, dass inhaltliche Argumente zur Richtigkeit des G. - Reports, den er zuvor gelesen habe, wohl nicht geäußert worden seien. Diese Angaben sind jedoch entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht allein maßgebend, sondern im Zusammenhang mit seinen weiteren Äußerungen zu beurteilen. Danach sollen die Berater L. und S. dem Kläger sinngemäß erläutert haben, dass hinter dem Report die N. Landesbank stecke, die diesen initiiert habe, und alles nur "Mache" sei, weil sie an der Finanzierung des F. -Fonds nicht beteiligt gewesen sei. So seien ihm und den Eheleuten B. die auf dem G. -Report fußenden Bedenken ausgeredet worden. Der Berater S. habe noch zusätzlich erklärt, er habe mit einem Mitarbeiter der Sparkasse B. telefoniert und ihm dabei erklärt, er verbitte sich, dass die Sparkasse den F. -Fonds schlecht rede.
- 12
- b) Diese vom Kläger behaupteten Äußerungen der Anlageberater legen bei unbefangener Betrachtung aber die Annahme nahe, dass die im G. - Report enthaltenen Ausführungen damit auch als inhaltlich unrichtig dargestellt werden sollten. Der Kläger konnte jedenfalls den deutlichen Hinweis auf eine angeblich sachwidrig motivierte Veranlassung des Reports im Hinblick auf das im Vordergrund stehende Ziel der Berater, ihn von der Werthaltigkeit des Fonds zu überzeugen, nur dahin verstehen, dass die darin enthaltenen Bedenken auch der Sache nach unbegründet waren, wie er dies auch in der Klageschrift bereits ausgeführt hatte. Die Wertung des Berufungsgerichts, es habe sich lediglich um die Darstellung der Beweggründe für eine derartige Berichterstattung gehandelt, berücksichtigt nicht den Gesamtzusammenhang der Äußerungen des Klägers und geht deshalb am wesentlichen Kern dessen vorbei, was er erkennbar hat zum Ausdruck bringen wollen.
- 13
- 4. Letztlich verkennt das Berufungsgericht auch die Rechtsprechung des Senats, wonach für einen Ursachenzusammenhang zwischen einer Beratungspflichtverletzung und der Anlageentscheidung und dafür, dass der Anlageinteressent bei richtiger Aufklärung von der Zeichnung der Anlage abgesehen hätte , eine durch die Lebenserfahrung begründete (tatsächliche) Vermutung streitet , die von dem Aufklärungspflichtigen durch konkreten Vortrag zu entkräften ist (vgl. z.B. Senatsurteile vom 22. Juli 2010, aaO, Rn. 20; vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09, NJW 2010, 3292 Rn. 20 mwN; vom 19. Juni 2008, aaO Rn. 8 und vom 9. Februar 2006 - III ZR 20/05, WM 2006, 668, 671). Ausgehend von diesen Grundsätzen ist deshalb auch die Annahme im Berufungsurteil, die Angaben des Klägers in seiner mündlichen Anhörung ließen die Möglichkeit offen, dass er unabhängig von einer "Überredung" durch die Mitarbeiter der Beklagten aufgrund eigener Entscheidung und Prüfung bestehender Bedenken entschlossen gewesen sei, dem Fonds beizutreten, von Rechtsfehlern beeinflusst.
- 14
- 5. Aus diesen Gründen kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben. Da der Rechtsstreit mangels der erforderlichen Feststellungen nicht zur Endentscheidung reif ist, war das Berufungsurteil aufzuheben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Es wird dabei gegebenenfalls auch Gelegenheit haben, Feststellungen zur Frage des Eintritts der Verjährung zu treffen; insoweit wird auf die bereits erwähnten Senatsentscheidungen vom 22. Juli 2010 (aaO, Rn. 9 ff) und 8. Juli 2010 (aaO, Rn. 22 ff) sowie das weitere Senatsurteil vom 22. Juli 2010 (III ZR 99/09, NZG 2011, 68 Rn. 13 ff) verwiesen.
- 15
- 6. Der Senat hat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht.
Hucke Tombrink
Vorinstanzen:
LG Bremen, Entscheidung vom 23.04.2009 - 2 O 2547/07 -
OLG Bremen, Entscheidung vom 15.01.2010 - 2 U 70/09 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Der Kläger nimmt die Beklagte zu 2 (im Folgenden: Beklagte) mit seiner im Dezember 2007 eingereichten Klage unter dem Vorwurf fehlerhafter Anlageberatung auf Schadensersatz in Anspruch.
- 2
- Auf Empfehlung eines für die Beklagte tätigen Handelsvertreters zeichnete der Kläger im Mai 2001 eine Beteiligung an der F. Beteiligungsgesellschaft 74 GmbH & Co. KG (im Folgenden: F. -Fonds 74), einem geschlossenen Immobilienfonds, über eine Summe von 50.000 DM (nebst 5 % Agio). Diese Anlage finanzierte der Kläger in Höhe von 40.000 DM über ein Darlehen bei einer Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1. Für das zweite Halbjahr 2004 stellte der F. -Fonds 74 seine Ausschüttungen ein und befindet sich seitdem in wirtschaftlichen Schwierigkeiten.
- 3
- Der Kläger hat behauptet, er habe ausdrücklich eine sichere Anlage ohne zusätzliche finanzielle Belastungen gewünscht. Der ihn beratende Handelsvertreter der Beklagten habe die Kapitalanlage unzutreffend als maximal werthaltig , renditestark und steuersparend, als "finanziellen Selbstläufer" sowie als absolut sicher und verlustrisikolos dargestellt. Er habe weiter erklärt, die Anlage biete eine Mindestrendite von 7,5 % (bzw. 7 %) jährlich, einen zuverlässigen Vermögenszuwachs und nach Ablauf von zehn Jahren eine freie Veräußerbarkeit sowie ein zusätzliches Einkommen aus den Ausschüttungen. Den Anlageprospekt habe er, der Kläger, erst nach Zeichnung der Anlage übersandt erhalten ; während der Beratungsgespräche sei ein Prospekt für den F. -Fonds 73 (Vorgängerfonds, dem der Kläger zunächst beitreten wollte) nur "lose durchgeblättert" und hierbei lediglich auf die darin enthaltenen Bilder hingewiesen worden , ohne den (weiteren) Inhalt anzusprechen. Der Kläger hat geltend gemacht , er sei weder anleger- noch objektgerecht beraten worden. Insbesondere habe er keine Aufklärung über den unternehmerischen Charakter der Beteiligung , die Verlustrisiken bis hin zum Totalverlustrisiko, die hohe Kreditfinanzierung der Fondsimmobilien, deren mangelnde Werthaltigkeit und die stark eingeschränkte Fungibilität der Beteiligung erhalten. Zudem habe die Beklagte weder über die wirtschaftliche Schieflage der F. -Gruppe und des Mietgarantiegebers noch über eine kritische Meldung in der Zeitung "Euro am Sonntag" vom 1. April 2001 noch über Mängel des Anlageprospekts (hier vor allem: unrealistische und irreführende Renditeaussichten) informiert.
- 4
- Die Beklagte ist diesem Vorbringen im Einzelnen entgegengetreten.
- 5
- Das Landgericht hat die Klage in Richtung auf die Beklagte durch Teilurteil abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageanspruch weiter.
Entscheidungsgründe
- 6
- Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
- 7
- Nach Auffassung des Berufungsgerichts sind Schadensersatzansprüche des Klägers, soweit auf der Grundlage seines streitigen Vortrags Beratungsfehler in Betracht kommen, verjährt. Es hat hierzu ausgeführt:
- 8
- Zwischen den Parteien sei ein Anlageberatungsvertrag geschlossen worden. Wenn man den vom Kläger geschilderten Inhalt des Beratungsgesprächs als wahr zu Grunde lege, habe die Beklagte ihre vertraglichen Pflichten zur anleger- und objektgerechten Beratung verletzt. Soweit hiernach für die Anlageentscheidung des Klägers ursächliche Beratungsmängel in Betracht kämen , seien Schadensersatzansprüche indes verjährt. Die Voraussetzungen für den Beginn der Verjährungsfrist hätten bereits zum 1. Januar 2002 vorgelegen mit der Folge des Ablaufs der Verjährungsfrist am 31. Dezember 2004. Es sei dem Kläger als grob fahrlässige Unkenntnis der behaupteten Beratungsfehler anzulasten, dass er schon im Jahre 2001 deutliche Warnhinweise ignoriert habe und sich aufdrängenden Fragen zum Beratungsinhalt nicht nachgegangen sei. Der Kläger habe die ihm zur Unterschrift vorgelegten Vertragsunterlagen inhaltlich zur Kenntnis nehmen müssen. Aus dem Darlehensantrag vom 25. April 2001, der Gesprächsnotiz vom gleichen Tage sowie aus den Beitrittserklärungen vom 25. April (betreffend F. -Fonds 73) und 8. Mai 2001 (bezüglich F. -Fonds 74) habe er erkennen können und müssen, dass die behaupteten Angaben des Anlageberaters in für die Anlageentscheidung zentralen Punkten unzutreffend beziehungsweise unvollständig gewesen seien und ihm eine von den Fondsinitiatoren und der Beklagten als bedeutsam eingestufte Informationsquelle, nämlich der Verkaufsprospekt, vorenthalten worden sei. In Anbetracht der hier getroffenen weit reichenden Investitionsentscheidung gehöre es unbedingt zu der in eigenen Angelegenheiten einzuhaltenden Sorgfalt, dass sich der Anlageinteressent anhand des vorgehaltenen Informationsmaterials vergewissere, inwieweit die Kapitalanlage seinen Vorstellungen und Wünschen entspreche und welche Risiken sie berge. Die unterbliebene Nachfrage nach dem Prospekt sei umso unverständlicher, als der - in Geldanlagen nicht unerfahrene - Kläger in beiden Zeichnungsscheinen mit gesonderter Unterschrift jeweils ausdrücklich die Aushändigung des Prospekts bestätigt habe. Aus dem Prospekt habe der Kläger unschwer - auch ohne vertiefte Lektüre - den unternehmerischen Charakter der Beteiligung und die damit verbundenen Risiken erfahren und zudem entnehmen können, dass diese Beteiligung für seine Anlageziele ungeeignet gewesen sei.
II.
- 9
- Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand.
- 10
- 1. Soweit das Berufungsgericht annimmt, dass ein Anlageberatungsvertrag geschlossen worden ist und aufgrund des streitigen Vortrags des Klägers zum Inhalt des Beratungsgesprächs Schadensersatzverpflichtungen der Beklagten wegen Beratungsfehlern in Betracht kommen, wird dies von den Parteien im Revisionsverfahren nicht beanstandet; aus revisionsrechtlicher Sicht bestehen hiergegen auch keine Bedenken.
- 11
- 2. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Verjährung des Klageanspruchs sind jedoch nicht frei von Rechtsfehlern.
- 12
- a) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass der hier in Rede stehende Schadensersatzanspruch wegen positiver Vertragsverletzung (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB) im Jahre 2001, nämlich mit dem von der Beklagten empfohlenen Erwerb der Beteiligung an dem geschlossenen Immobilienfonds F. -Fonds 74, entstanden ist (§ 198 Satz 1 BGB a.F.) und mithin zunächst der 30jährigen Verjährungsfrist nach § 195 BGB a.F. unterlag. Der auf einer fehlerhaften Beratung beruhende Erwerb einer für den Anlageinteressenten nachteiligen, seinen konkreten Anlagezielen und Vermögensinteressen nicht entsprechenden Kapitalanlage stellt bereits für sich genommen einen Schaden dar und berechtigt ihn deshalb - unabhängig von der (ursprünglichen) Werthaltigkeit der Anlage - dazu, im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung des Erwerbs der Anlage zu verlangen; der Schadensersatzanspruch entsteht hierbei schon mit dem (unwiderruflichen und vollzogenen) Erwerb der Kapitalanlage (Senatsurteile vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09, BGHZ 186, 152, 159 f Rn. 24 mwN; vom 22. Juli 2010 - III ZR 99/09, NZG 2011, 68 Rn. 12; vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09, NZG 2010, 1026, 1027 Rn. 10 und vom 24. März 2011 - III ZR 81/10, WM 2011, 874, 875 Rn. 9).
- 13
- b) Gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 EGBGB gilt seit dem 1. Januar 2002 für den bis dahin nicht verjährten Schadensersatzanspruch die dreijährige Regelverjährung nach § 195 BGB n.F., wobei für den Fristbeginn nunmehr zusätzlich zur Anspruchentstehung (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB n.F.) die subjektiven Voraussetzungen nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB vorliegen müssen; der Gläubiger muss also von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt haben oder seine diesbezügliche Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruhen (s. etwa Senatsurteile vom 19. November 2009 - III ZR 169/08, BKR 2010, 118, 119 Rn. 13; vom 8. Juli 2010 aaO S. 160 Rn. 25 mwN; vom 22. Juli 2010 - III ZR 99/09 aaO Rn. 11; vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09 aaO Rn. 11 und vom 24. März 2011 aaO Rn. 10 mwN; BGH, Urteile vom 9. November 2007 - V ZR 25/07, NJW 2008, 506 Rn. 8 mwN; vom 3. Juni 2008 - XI ZR 319/06, NJW 2008, 2576, 2578 Rn. 23; vom 10. November 2009 - VI ZR 247/08, VersR 2010, 214, 215 Rn. 10 und vom 15. Juni 2010 - XI ZR 309/09, WM 2010, 1399, 1400 Rn. 11). Für eine dahingehende Kenntnis oder grobfahrlässige Unkenntnis des Klägers trägt der Schuldner - hier also die Beklagte - die Darlegungs- und Beweislast (s. etwa Senatsurteile vom 8. Juli 2010 aaO; vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09 aaO und vom 24. März 2011 aaO S. 875 Rn. 10 und S. 876 Rn. 17 mwN).
- 14
- Insoweit sind folgende Maßgaben zu beachten:
- 15
- aa) Die kenntnisabhängige regelmäßige Verjährungsfrist nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB berechnet sich für jeden Beratungsfehler (bezüglich von einander abgrenzbarer, offenbarungspflichtiger Umstände) gesondert; die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB sind getrennt für jede Pflichtverletzung zu prüfen, und jede Pflichtverletzung ist in dieser Hinsicht verjährungsrechtlich selbständig zu behandeln (s. dazu BGH, Urteile vom 9. November 2007 aaO S. 507 Rn. 17 und vom 23. Juni 2009 - XI ZR 171/08, BKR 2009, 372, 373 Rn. 14; Senatsurteile vom 19. November 2009 aaO S. 119 f Rn. 15; vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09 aaO Rn. 13 und vom 24. März 2011 aaO Rn. 11). Die verjährungsrechtlich gesonderte Prüfung mehrerer Pflichtverletzungen setzt nicht voraus, dass jede dieser Pflichtverletzungen eigenständige oder zusätzliche Schadensfolgen nach sich gezogen hat. Es genügt vielmehr, dass mehrere (von einander abgrenzbare) Pflichtverletzungen zum Gesamtschaden beigetragen haben und ein Schadensersatzanspruch auf mehrere (von einander abgrenzbare) Fehler gestützt wird (BGH, Urteile vom 9. November 2007 aaO und vom 23. Juni 2009 aaO; Senatsurteile vom 19. November 2009 aaO; vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09 aaO und vom 24. März 2011 aaO S. 875 f Rn. 14 ff).
- 16
- bb) Kenntnis vom Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen liegt im Allgemeinen vor, wenn dem Geschädigten die Erhebung einer Schadensersatzklage , sei es auch nur in Form einer Feststellungsklage, Erfolg versprechend , wenn auch nicht risikolos, möglich ist. Weder ist notwendig, dass der Geschädigte alle Einzelumstände kennt, die für die Beurteilung möglicherweise Bedeutung haben, noch muss er bereits hinreichend sichere Beweismittel in der Hand haben, um einen Rechtsstreit im Wesentlichen risikolos führen zu können. Auch kommt es - abgesehen von Ausnahmefällen - nicht auf die zutreffende rechtliche Würdigung an. Vielmehr genügt im Grundsatz die Kenntnis der den Einzelanspruch begründenden tatsächlichen Umstände. Hierzu gehört in Fällen unzureichender Beratung oder Aufklärung auch die Kenntnis der Umstände einschließlich der wirtschaftlichen Zusammenhänge, aus denen sich die Rechtspflicht zur Aufklärung ergibt. Die dem Geschädigten bekannten Tatsachen müssen ausreichen, um den Schluss auf ein schuldhaftes Fehlverhalten des Anspruchsgegners als nahe liegend erscheinen zu lassen. Es muss dem Geschädigten - lediglich - zumutbar sein, auf Grund dessen, was ihm hinsichtlich des tatsächlichen Geschehensablaufs bekannt ist, Klage zu erheben, wenn auch mit dem verbleibenden Prozessrisiko, insbesondere hinsichtlich der Nachweisbarkeit von Schadensersatz auslösenden Umständen (s. zu alldem etwa BGH, Urteile vom 3. Juni 2008 aaO S. 2578 f Rn. 27 f mwN; vom 23. September 2008 - XI ZR 253/07, NJW-RR 2009, 544, 546 Rn. 32 f; vom 10. November 2009 aaO S. 216 Rn. 14 und vom 15. Juni 2010 aaO Rn. 12).
- 17
- cc) Grobe Fahrlässigkeit setzt einen objektiv schwerwiegenden und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegt vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis deshalb fehlt, weil er ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt oder das nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen, wie etwa dann, wenn sich dem Gläubiger die den Anspruch begründenden Umstände förmlich aufgedrängt haben und er leicht zugängliche Informationsquellen nicht genutzt hat. Dem Gläubiger muss persönlich ein schwerer Obliegenheitsverstoß in seiner eigenen Angelegenheit der Anspruchsverfolgung, eine schwere Form von "Verschulden gegen sich selbst", vorgeworfen werden können (Senatsurteile vom 8. Juli 2010 aaO S. 161 Rn. 28 mwN; vom 22. Juli 2010 - III ZR 99/09 aaO Rn. 16 sowie III ZR 203/09 aaO Rn. 12; BGH, Urteil vom 10. November 2009 aaO S. 215 Rn. 13 mwN). Ihn trifft indes generell keine Obliegenheit, im Inte- resse des Schuldners an einem möglichst frühzeitigen Beginn der Verjährungsfrist Nachforschungen zu betreiben; vielmehr muss das Unterlassen von Ermittlungen nach Lage des Falles als geradezu unverständlich erscheinen, um ein grob fahrlässiges Verschulden des Gläubigers bejahen zu können (Senatsurteile vom 8. Juli 2010 aaO S. 161 f Rn. 28 und vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09 aaO; BGH, Urteil vom 10. November 2009 aaO S. 216 Rn. 15 f mwN).
- 18
- c) Diesen Maßgaben wird die Würdigung des Berufungsgerichts nicht in vollem Umfang gerecht. Das Berufungsgericht hat die Anforderungen an das Vorliegen grob fahrlässiger Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht in jeder Hinsicht zutreffend erkannt.
- 19
- aa) Wie der Senat inzwischen - nach Erlass des Berufungsurteils - mehrfach entschieden hat, genügt der Umstand, dass der Anlageinteressent den ihm überlassenen Emissionsprospekt nicht durchgelesen hat, für sich allein genommen noch nicht, um den Vorwurf einer grob fahrlässigen Unkenntnis von Auskunfts- oder Beratungsfehlern des Anlageberaters oder -vermittlers, die als solche aus der Lektüre des Prospekts ersichtlich wären, zu begründen (Senatsurteile vom 8. Juli 2010 aaO S. 162 ff Rn. 29 ff; vom 22. Juli 2010 - III ZR 99/09 aaO S. 68 Rn. 13 und S. 69 Rn. 17 ff; vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09 aaO S. 1027 f Rn. 15 ff und vom 5. Mai 2011 - III ZR 84/10, BeckRS 2011, 13871 Rn. 19). Der Anleger, der bei seiner Entscheidung die besonderen Erfahrungen und Kenntnisse eines Anlageberaters oder -vermittlers in Anspruch nimmt, misst den Ratschlägen, Auskünften und Mitteilungen des Beraters oder Vermittlers, die dieser ihm in einem persönlichen Gespräch unterbreitet, besonderes Gewicht bei. Die Prospektangaben, die notwendig allgemein gehalten sind und deren Detailfülle, angereichert mit volks-, betriebswirtschaftlichen und steuerrechtlichen Fachausdrücken, viele Anleger von einer näheren Lektüre abhält, treten demgegenüber regelmäßig in den Hintergrund. Vertraut daher der Anleger auf den Rat und die Angaben "seines" Beraters oder Vermittlers und sieht er deshalb davon ab, den ihm übergebenen Anlageprospekt durchzusehen und auszuwerten, so ist darin im Allgemeinen kein in subjektiver und objektiver Hinsicht "grobes Verschulden gegen sich selbst" zu sehen. Unterlässt der Anleger eine "Kontrolle" des Beraters oder Vermittlers durch Lektüre des Anlageprospekts , so weist dies auf das bestehende Vertrauensverhältnis hin und ist deshalb für sich allein genommen nicht schlechthin "unverständlich" oder "unentschuldbar" (Senatsurteile vom 8. Juli 2010 aaO S. 163 f Rn. 33; vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09 aaO S. 1028 Rn. 15 sowie III ZR 99/09 aaO S. 69 Rn. 19). Sofern im Einzelfall aus besonderen Gründen konkreter Anlass dafür entsteht, den Emissionsprospekt wegen des Verdachts auf eine bestimmte Pflichtverletzung (Beratungs- oder Auskunftsfehler) durchzulesen, beschränkt sich die Obliegenheit des Anlegers auf die diese Pflichtverletzung unmittelbar betreffenden Passagen des Prospekts; sie erstreckt sich mithin nicht (jedenfalls: nicht ohne Weiteres) auf weitere abgrenzbare, aus der Lektüre anderer Passagen des Prospekts etwa ersichtliche Aufklärungsfehler des Beraters oder Vermittlers (Senatsurteil vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09 aaO S. 1028 Rn. 18 f).
- 20
- bb) Hiernach beanstandet die Revision zu Recht, dass das Berufungsgericht eine den Beginn der Verjährung auslösende grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers von den behaupteten Beratungsfehlern im Kern daraus hergeleitet hat, dass der Kläger die Anforderung und Lektüre des Emissionsprospekts - den er seiner Behauptung nach erst einige Zeit nach der Zeichnung der Beteiligung erhielt - unterlassen habe. Dies vermag nach der erwähnten Senatsrechtsprechung noch keine grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB zu begründen.
- 21
- Soweit das Berufungsgericht eine grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers - zusätzlich - aus weiteren Umständen, insbesondere aus der unterbliebenen Beachtung von Hinweisen und gesondert unterzeichneten Erklärungen in anderen Vertragsunterlagen, entnimmt, hält dies den Angriffen der Revision und der hierauf bezogenen rechtlichen Überprüfung ebenfalls nicht stand. Aus diesen Umständen ergibt sich kein derart deutlicher und auffälliger Hinweis auf (etwaige) Beratungsfehler, dass eine grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers angenommen werden könnte.
- 22
- Dem Darlehensantrag vom 25. April 2001 sind keinerlei"Warnhinweise" zu entnehmen. Aus dem Darlehensvertrag vom 25. April/8. Mai 2001 konnte der Kläger zwar erkennen, dass am 30. April 2011 noch ein Darlehensbetrag von 22.874,90 DM offen stehen würde. Dies mag möglicherweise einen Anhalt geben für die Unrichtigkeit der behaupteten Beratung dahin, dass die Anlage nach Ablauf von zehn Jahren Überschüsse und ein"zusätzliches Einkommen" erbringen werde, aber noch keinen Aufschluss über die Unrichtigkeit der behaupteten Beratung des Inhalts, dass sich die Anlage finanziell (über Ausschüttungen und Steuervorteile) durchgehend selbst trage, und - erst recht - nicht über die weiteren vom Kläger gerügten Beratungsfehler.
- 23
- Die Beitrittserklärungen vom 25. April und 8. Mai 2001 enthalten die (formularmäßige) Angabe, dass der Anleger den Prospektinhalt vollinhaltlich zur Kenntnis genommen habe, sowie eine gesondert unterzeichnete "Informationsbestätigung" , wonach der Anleger den vollständigen Prospekt ausgehändigt bekommen habe, ihm ausreichend Zeit geblieben sei, den Prospektinhalt zur Kenntnis zu nehmen, und weitere über den Prospektinhalt hinausgehende Versprechungen und Zusicherungen nicht gemacht worden seien. Hieraus ergibt sich kein Anhalt für vom behaupteten Beratungsinhalt abweichende Risikohin- weise, zumal nicht derart, dass der Anleger nicht ohne grobe Fahrlässigkeit von der Durchsicht des Anlageprospekts (und der damit verbundenen "Kontrolle" der Angaben "seines" Beraters) absehen dürfte. Mithin bedarf es entgegen der Ansicht der Revision keiner Entscheidung, ob diese formularmäßigen Bestätigungen gemäß §§ 307 ff BGB unwirksam sind.
- 24
- Die "Gesprächsnotiz" vom 25. April 2001 enthält unter Nummer 6 zwar eine Reihe von Hinweisen. Diese sind aber nicht geeignet, die Annahme einer grob fahrlässigen Unkenntnis des Klägers von der Unrichtigkeit des behaupteten Inhalts der mündlichen Beratung zu stützen. Insbesondere die angeblich zugesagten (Kern-)Merkmale der "Sicherheit", "selbst tragendenFinanzierung" sowie dauerhaften, stabilen und hohen "Rentabilität" der Anlage werden durch diese Hinweise nicht - jedenfalls nicht mit der nötigen Klarheit und Auffälligkeit - in Zweifel gezogen; vielmehr wird vornehmlich auf den langfristigen Charakter der Kapitalanlage und mögliche Abschläge im Falle einer vorzeitigen Veräußerung (also auf eine solchermaßen eingeschränkte Fungibilität) aufmerksam gemacht (s. Nummer 6.1. und 6.2.).
- 25
- Auch die übrigen vom Berufungsgericht angeführten Fallumstände vermögen keine grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers zu begründen. Dies gilt insbesondere für die "Anlageerfahrung" des Klägers. Diese beschränkte sich zur damaligen Zeit - worauf die Revision zutreffend hinweist - auf eher "konservative" Kapitalanlagen (nämlich: Spareinlagen, Sparbriefe etc.); über spezifische Kenntnisse über Anlagen in geschlossenen Immobilienfonds verfügte der Kläger - soweit ersichtlich - nicht.
- 26
- d) Somit tragen die gegebene Begründung und die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht die Folgerung, dass der Klageanspruch verjährt sei.
- 27
- 3. Das Berufungsurteil ist nach alldem aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, weil das Berufungsgericht insbesondere zum Vorliegen von haftungsbegründenden Beratungsfehlern - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine abschließenden Feststellungen getroffen hat und die Sache daher nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Das Berufungsgericht hat hiernach Gelegenheit, sich mit dem weiteren Vorbringen der Parteien in der Revisionsinstanz zu befassen. Schlick Dörr Herrmann Hucke Tombrink
LG Würzburg, Entscheidung vom 07.07.2009 - 11 O 3019/07 -
OLG Bamberg, Entscheidung vom 15.03.2010 - 4 U 160/09 -
Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.
(1) Nach Eintritt der Verjährung ist der Schuldner berechtigt, die Leistung zu verweigern.
(2) Das zur Befriedigung eines verjährten Anspruchs Geleistete kann nicht zurückgefordert werden, auch wenn in Unkenntnis der Verjährung geleistet worden ist. Das Gleiche gilt von einem vertragsmäßigen Anerkenntnis sowie einer Sicherheitsleistung des Schuldners.
Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.
(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.
(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.
(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie
- 1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist, - 2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder - 3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsrechtszugs.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz wegen seiner Meinung nach fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit der Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds.
- 2
- Nach Gesprächen mit dem Geschäftsstellenleiter W. der Beklagten zeichnete der Kläger am 3. April 1996 eine Beteiligung an der I. GbR (im Folgenden: Immobilienfonds) in Höhe eines Nominalbetrags von 25.000 DM zuzüglich eines Agios von 5 %. Gegenstand des Immobilienfonds waren laut Prospekt "Erwerb und Vermietung" einer damals im Bau befindlichen "Vorsorge- und Rehabilitationsklinik mit 240 Betten in K. / M. ". Nachdem der Kläger in den Jahren 1998 und 1999 noch Ausschüttungen erhalten hatte, geriet der Immobilienfonds in der Folgezeit wegen verringerter Pachtzahlungen der Klinikbetreiberin in wirtschaftliche Schwierigkeiten.
- 3
- Der Kläger hat die Beklagte wegen verschiedener Pflichtverletzungen auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Die Klage hatte in erster Instanz im Wesentlichen Erfolg. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht unter Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht (beschränkt) zugelassene Revision des Klägers.
Entscheidungsgründe
I.
- 4
- Das Berufungsgericht hat die Revision im Hinblick auf teilweise anders lautende instanzgerichtliche Rechtsprechung beschränkt auf die Frage zugelassen , ob die Prospektangaben zu "Finanzierungskosten" und "AvaleBauzeit" eine Haftung des Anlageberaters wegen Verletzung seiner Prüfungspflichten begründen. Diese - von der Revision auch hingenommene - Beschränkung der Revisionszulassung auf einzelne von mehreren zur Begründung eines Schadensersatzanspruchs wegen fehlerhafter Anlageberatung vorgetragene Pflichtverletzungen ist wirksam (vgl. nur Senatsbeschluss vom 16. Dezember 2010 - III ZR 127/10, WM 2011, 526 Rn. 5 f; s. a. BGH, Urteile vom 27. September 2011 - XI ZR 178/10, BKR 2011, 508 Rn. 8 und XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 8, insoweit in BGHZ 191, 119 nicht abgedruckt).
II.
- 5
- Die Revision hat keinen Erfolg.
- 6
- Die aus einem Anlageberatungsvertrag folgende Pflicht zur objektgerechten Beratung bezieht sich auf diejenigen Eigenschaften und Risiken des Anlageobjekts , die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Ein Anlageberater ist deshalb verpflichtet, eine Anlage, die er empfehlen will, mit üblichem kritischem Sachverstand zu prüfen, oder den Anleger auf ein diesbezügliches Unterlassen hinzuweisen. Hierbei kann eine unterlassene Prüfung allerdings nur dann zu einer Haftung führen, wenn bei dieser ein Risiko erkennbar geworden wäre, über das der Anleger hätte aufgeklärt werden müssen, oder aber wenn erkennbar geworden wäre, dass eine Empfehlung der Anlage nicht anleger- und/oder objektgerecht ist (vgl. nur Senatsurteil vom 5. März 2009 - III ZR 302/07, NJW-RR 2009, 687 Rn. 13; BGH, Urteil vom 7. Oktober 2008 - XI ZR 89/07, NJW 2008, 3700, Rn. 12, 14).
- 7
- Ausgehend von diesem Prüfungsmaßstab hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei eine Pflichtverletzung der Beklagten verneint.
- 8
- a) Im Anlageprospekt ist auf Seite 16 im "Investitions- und Finanzierungsplan" unter der Überschrift "Investitionsplanung" unter anderem die Position "Avale Bauzeit" mit einem Betrag von 782.568 DM aufgeführt.
- 9
- Das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang darauf abgestellt, dass sich der Sinngehalt dieser Formulierung dem kundig Prüfenden nicht ver- schließe. Nach allgemeinem Sprachgebrauch verstehe man unter einem Aval die (meist von Banken) abgegebene Erklärung, für einen Schuldner einzuspringen , falls dieser seinen Verpflichtungen nicht nachkomme. Weil es sich für den Avalgeber um eine Eventualverbindlichkeit handele, seien die vom Schuldner hierfür zu bezahlenden Zinsen häufig wesentlich niedriger als diejenigen für einen regulären Kredit. Dass während der Bauzeit solche Avale zu stellen seien , sei weder ungewöhnlich noch gar auffällig. Gerade bei größeren Bauvorhaben sei es häufig so, dass ein Aval gestellt werde, um das den Werkunternehmer wegen seiner Vorleistungspflicht besonders treffende Zahlungsausfallrisiko auf Auftraggeberseite abzusichern. Bei dem im Prospekt insoweit in die Planung eingestellten Betrag von 782.568 DM handele es sich nur um rund 1,1 % der für die Anschaffung von Gebäude und Außenanlagen ausgewiesenen Summen. Es sei nicht ersichtlich, inwiefern dieser Wert einen kritisch Prüfenden auf ein Risiko hätte schließen lassen oder zu weiteren Nachforschungen hätte Anlass geben müssen. Dass die die Avale laut Prospekt (S. 24) Anbietenden nicht persönlich genannt worden seien, führe nicht dazu, dass der Prüfende deswegen ein Risiko hätte annehmen müssen, nachdem der in die Berechnung eingestellte Betrag nicht aus dem Rahmen gefallen sei oder gar die Wirtschaftlichkeit der Anlage in Frage gestellt hätte. Deshalb könne auch dahinstehen, ob - wie klägerseits behauptet - tatsächlich nur der Gründungsgesellschafter der Fondsgesellschaft ein Angebot zur Stellung eines Avals abgegeben habe. Denn die Beklagte habe nicht die Pflicht getroffen, Einblick in Vertragsdokumente der Fondsgesellschaft zu nehmen oder andere weitergehende Ermittlungen anzustellen. Ob dies anders zu beurteilen sei, wenn sich aus einer in der finanziellen Planung enthaltenen Position wegen ihrer Unüblichkeit nach Grund und/oder Höhe Anhaltspunkte für Unregelmäßigkeiten und damit besondere Risiken für den Anleger ergäben, bedürfe keiner Entscheidung; solche seien durch den Kläger nicht aufgezeigt worden. Soweit sich Positionen des Konzepts nach der Zeichnung als tatsächlich nicht zutreffend erwiesen, ausgewiesene Avalzinsen in Wirklichkeit verdeckte Ausschüttungen an die Fondsinitiatoren darstellten, könne dies auf die bereits erfolgte, ex ante vorzunehmende Prüfung beziehungsweise deren Ordnungsmäßigkeit keinen Einfluss haben.
- 10
- b) Die gegen diese Würdigung gerichteten Angriffe der Revision gehen fehl:
- 11
- Der Einwand, bereits die Verwendung des Begriffs "Avale Bauzeit" hätte der Beklagten Anlass zur Nachfrage geben müssen, was es mit dem diesem Begriff zugeordneten Betrag auf sich habe, ist genauso wenig begründet wie die Annahme, die Beklagte hätte den Kläger darauf hinweisen müssen, dass der Begriff Aval üblicherweise für eine Sicherheit einer Bank stehe und eine konkrete Bank im Prospekt nicht genannt werde. Auch die Rüge, die Position sei bereits deshalb fragwürdig und aufklärungsbedürftig gewesen, weil sich im Prospekt keine Angaben dazu fänden, für welchen Betrag Avale in welcher Zinshöhe in die Planung eingestellt werden, und im Prospekt zwar die Avalprovision auf Seite 16 mit einer bestimmten Summe angeführt, auf Seite 24 dann aber nur auf nicht näher konkretisierte Vertragsangebote nicht benannter Dritter Bezug genommen werde, greift nicht durch.
- 12
- Der Begriff "Aval" wird gemeinhin als Synonym für Bürgschaft verstanden (vgl. Duden, Das Fremdwörterbuch, 10. Aufl., S. 133). Die im Investitionsplan aufgeführte Kostenposition "Avale Bauzeit" bezog sich insoweit erkennbar auf während der Bau- beziehungsweise Investitionsphase anfallende Kosten für Bürgschaften oder vergleichbare Garantien. Einer näheren Aufschlüsselung dieser - angesichts der Gesamtkosten von 90.615.500 DM - eher geringfügigen Position bedurfte es an dieser Stelle nicht, zumal für den Anleger im Rahmen der Kostenzusammenstellung vor allem der jeweilige Gesamtbetrag der Position von Bedeutung ist, da sie ihm Aufschluss darüber gibt, welche Aufwendungen Vertriebskosten beziehungsweise sonstige weiche Kosten sind und welche Beträge in die Fondsimmobilie investiert werden, deren Verkehrswert den Wert der Fondsgesellschaft und damit seiner Beteiligung im Wesentlichen bestimmt.
- 13
- Anlass für kritische Nachfragen hätte allenfalls dann bestanden, wenn der Anfall einer Avalprovision nicht plausibel gewesen wäre, es insoweit hierfür im Rahmen des prospektierten Investitionsvorhabens keinen nachvollziehbaren Grund gegeben hätte, oder wenn bezüglich eines solchen Grunds sich die Höhe der Avalprovision offensichtlich außerhalb des vertretbaren Rahmens bewegt hätte.
- 14
- Einen solchen nachvollziehbaren Grund hat das Berufungsgericht darin gesehen, dass gerade bei größeren Bauvorhaben häufig Avale zugunsten des Bauunternehmers gestellt würden. Der Kläger wendet hierzu ein, das Berufungsgericht sei verfahrensfehlerhaft davon ausgegangen, dass auf Seiten der Fondsgesellschaft die Stellung einer solchen Sicherheit erforderlich gewesen sei. Tatsächlich habe - was sich auch aus verschiedenen Formulierungen im Prospekt ergebe - nicht die Fondsgesellschaft, sondern dieI. AG die Klinik errichtet; das Fondskonzept habe vorgesehen, dass die I. das in ihrem Eigentum befindliche Grundstück für die Klinik mitsamt dem von ihr zu errichtenden Gebäude an die Fondsgesellschaft veräußere. Die I. , nicht die Fondsgesellschaft, sei mithin Bauherr und deshalb gegebenenfalls dem Bauunternehmer gegenüber zur Stellung einer Sicherheit verpflichtet gewesen.
- 15
- Dieser Einwand ist unbegründet. Zwar trifft es zu, dass im Prospekt an mehreren Stellen (insbesondere Kurzinformation S. 2; außerdem S. 3 und S. 30) (nur) von Erwerb und Vermietung der Klinik durch die Fondsgesellschaft gesprochen wird. Allerdings kommt im Prospekt deutlich zum Ausdruck, dass das Klinikgebäude zum Zeitpunkt des Erwerbs noch nicht errichtet worden ist und dass es (unter anderem) Aufgabe des von der Fondsgesellschaft beauftragten Geschäftsbesorgers ist, Verträge und Angebote für die Durchführung und Finanzierung des Bauvorhabens vorzulegen (siehe §§ 2 ff des Geschäftsbesorgungsvertrags , Prospekt S. 33 f). Vor diesem Hintergrund hätte ein Anlageberater auch dann, wenn die I. tatsächlich die Bauherrin gewesen sein sollte - und dieser Umstand ihm bekannt gewesen wäre oder hätte bekannt sein müssen -, hieraus bei der geschuldeten kritischen Prüfung des Prospekts nicht schließen müssen, dass Aufwendungen für eine Absicherung des Bauunternehmers als Grund für die in die Planung eingestellten Avalkosten nicht plausibel seien. Denn davon, dass die I. etwaige im Zusammenhang mit der Errichtung der Klinik entstehende Kosten im Verhältnis zur Fondsgesellschaft übernehmen würde, musste nicht ausgegangen werden. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise lag nahe, dass im Verhältnis der I. zur Fondsgesellschaft solche Kosten letztere zu tragen hatte. Jedenfalls musste sich einem Anlageberater nicht der Verdacht aufdrängen, bei dieser Kostenposition könne es sich um versteckte Sonderzuwendungen an den Gründungsgesellschafter H. handeln.
- 16
- Gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, die Avalkosten bewegten sich nicht offensichtlich außerhalb des vertretbaren Rahmens, wendet sich die Revision nicht. Soweit der Kläger an anderer Stelle - unter Bezugnahme auf instanzgerichtlichen Vortrag der Beklagten - darauf verweist, dass es sich bei dem den Avalen zugrundeliegenden Betrag nicht um die Gesamtfinanzierungs- kosten von über 90 Mio. DM handeln könne und eine zusätzliche Absicherung des Eigen- und Fremdkapitals nicht plausibel sei, ist dies für die Nachvollziehbarkeit der Avalkosten im Hinblick auf eine Absicherung des Werklohnanspruchs des Bauunternehmers ohne Bedeutung.
- 17
- c) Soweit die Revision zuletzt rügt, die Beklagte habe nicht unter Beweis gestellt, dass sie von den Sonderzuwendungen an den Gründungsgesellschafter H. - an diesen sei unstreitig der Betrag von 782.562 DM tatsächlich geflossen - ex ante keine Kenntnis gehabt habe, sodass das Berufungsurteil auf einer falschen Beweislastverteilung beruhe, geht dieser Einwand fehl. Die Revision legt schon nicht dar, dass die Unkenntnis der Beklagten streitig und deshalb beweisbedürftig gewesen sei; das Berufungsurteil beruht zu den Avalkosten auch nicht auf einer Beweislastentscheidung. Im Übrigen trägt der Anleger die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die vom Anlageberater durchgeführte Prüfung nicht ordnungsgemäß war, weil sie anderenfalls zur Aufdeckung von aufklärungsbedürftigen Umständen geführt hätte. Dass die vom Kläger in diesem Zusammenhang zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs auf den vorliegenden Fall übertragbar sind, ist nicht ersichtlich. Das Urteil des XI. Zivilsenats vom 21. September 2010 (XI ZR 232/09, WM 2010, 2069) betrifft Fragen der Darlegungs- und Beweislast in Fällen eines institutionalisierten Zusammenwirkens der kreditgebenden Bank mit dem Verkäufer oder Vertreiber der finanzierten Kapitalanlage. Das Senatsurteil vom 5. März 2009 (III ZR 17/08, WM 2009, 739) betrifft Fragen der Darlegungs- und Beweislast in einem Fall, in dem ein Anlagevermittler eine Prüfung der Anlage beziehungsweise des Prospekts unterlassen hatte. Dass dies im Falle der Beklagten auch so war beziehungsweise der Kläger dies vor den Instanzgerichten so behauptet hat, zeigt die Revision nicht auf.
- 18
- a) Im Anlageprospekt ist auf Seite 16 im "Investitions- und Finanzierungsplan" unter der Überschrift "Investitionsplanung" unter anderem die Position "Finanzierungskosten" mit einem Betrag von 2,285 Mio. DM aufgeführt; eine entsprechende Angabe enthält auch bereits die "Kurzinformation" auf Seite 2 unter der Rubrik "Investitionsplanung inklusive Erwerbsnebenkosten".
- 19
- Das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang darauf abgestellt, dass nach der ebenfalls im Prospekt (S. 16) aufgeschlüsselten Finanzierungsplanung in die Investitionskosten Fremdkapital in Höhe von 38 Mio. DM habe einfließen sollen. Dass dieses bereits in der Investitionsphase hätte abgerufen werden müssen, habe auf der Hand gelegen. Daraus folge, dass schon in der Investitionsphase Zinsen für dieses Fremdkapital anfallen würden. Nachdem der Großteil des Eigenkapitals erst mit der zweiten "Tranche 1996" hätte eingeworben werden sollen, Baubeginn aber bereits für September 1995 vorgesehen gewesen sei, sei ohne weiteres nachvollziehbar, dass zumindest bis Ende 1996 die Notwendigkeit für eine Finanzierung jedenfalls der Kosten für den Kauf des Grundstücks und der fortlaufend anfallenden Bauleistungen auch insoweit habe entstehen können, als sie letztlich mit Eigenkapital beglichen werden sollten. In Anbetracht der mithin durch Kredite zu finanzierenden Summen und mit Blick auf den abzudeckenden Investitionszeitraum hätten die in die Investitionsplanung eingestellten Finanzierungskosten auch der Höhe nach in keiner Weise Anlass gegeben, von einem aufklärungspflichtigen Risiko auszugehen. Bei einem Fehlen von Finanzierungskosten wären vielmehr umgekehrt Bedenken angebracht gewesen, ob die Berechnungen zur Wirtschaftlichkeit stimmen könnten. Dies gelte umso mehr, als laut Prospekt (S. 19) das Darlehen über 38 Mio. DM mit nominal 6% zu verzinsen gewesen sei, sodass sich hieraus ein nominaler Jahreszinsbetrag von 2,28 Mio. DM errechne.
- 20
- b) Die gegen diese Würdigung gerichteten Angriffe der Revision gehen fehl:
- 21
- Dass es sich bei den Finanzierungskosten nicht um Zinsverbindlichkeiten , die auf die Fremdfinanzierung entfielen, handeln könne, weil diese keine Kosten der Investitionsphase, sondern laufende Kosten der Fondsgesellschaft seien, überzeugt nicht. Im Prospekt wird in der sogenannten Prospektergänzung vom 8. Februar 1996 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Zinsen, die für die Endfinanzierung vor dem 1. Januar 1997 anfallen, im Investitionsplan bei den Finanzierungskosten kalkuliert worden sind. Dem entspricht es, dass im Prospekt (S. 17) im Rahmen der "Ergebnisvorschau" bei den laufenden Kosten Zinsen nicht bereits für 1996, sondern erst ab 1997 - für dieses Jahr mit 2,28 Mio. DM - eingestellt worden sind. Dass aber bereits während der Baubeziehungsweise Investitionsphase ein Bedarf für Fremdkapital bestand und dann Zinsen anfallen würden, hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen. Einer näheren Aufschlüsselung zum Grund und zur Höhe der in die Planung eingestellten Finanzierungskosten bedurfte es im Prospekt nicht.
- 22
- Soweit die Revision darauf verweist, dass in der von der Wirtschaftsprüfungs - und Steuerberatungsgesellschaft A. GmbH erstellten Einnahmenüberschussrechnung für das Jahr 1996 unter der Position Finanzierungskosten ein erheblich niedrigerer Betrag aufgeführt sei, ist dies - abgesehen davon, dass in der Rechnung separat erhebliche im Jahre 1996 angefallene Zinsaufwendungen aufgelistet werden - schon aus zeitlichen Gründen für die von der Beklagten im Vorfeld der Beratung des Klägers geschuldete kritische Prospekt- prüfung irrelevant. Dass - wie der Kläger vermutet - in die Position "Finanzierungskosten" eingestellte Beträge tatsächlich an den Gründungsgesellschafter des Immobilienfonds geflossen seien, ist ebenfalls für die ex ante vorzunehmende Prüfung ohne Belang.
- 23
- Vor diesem Hintergrund ist die tatrichterliche Würdigung, dass für die Beklagte kein begründeter Anlass bestand, den Prospektangaben zu misstrauen beziehungsweise diesbezüglich vertiefte Nachforschungen zu betreiben, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Seiters Remmert
Vorinstanzen:
LG Coburg, Entscheidung vom 02.05.2011 - 14 O 641/10 -
OLG Bamberg, Entscheidung vom 27.01.2012 - 6 U 14/11 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
In diesem Umfang wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz wegen seiner Meinung nach fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit der Beteiligung an zwei geschlossenen Immobilienfonds.
- 2
- Nach Gesprächen mit dem damals für die Beklagte tätigen Mitarbeiter G. zeichnete der Kläger am 26. Februar sowie am 28. Oktober 1996 Beteiligungen an der I. Immobilienfonds M. GbR sowie an der I. Immobilienfonds D. GbR in Höhe eines Nominalbetrags von 30.000 DM beziehungsweise 55.000 DM zuzüglich jeweils eines Agios von 5 %. Gegenstand der Immobilienfonds waren laut Prospekt "Erwerb und Vermietung" einer damals im Bau befindlichen "Vorsorge- und Rehabilitationsklinik" in K. sowie in D. . Gründungsgesellschafter der Fondsgesellschaften waren neben dem Initiator der Projekte H. die B. Verwaltungsgesellschaft mbH (Gesellschafter und Geschäftsführer H. ) sowie die E. GmbH (Geschäftsführer H. ; Gesellschafter die I. AG - im Folgenden: I. -, Vorstand und Aktionär ebenfalls H. ).
- 3
- Die für den Bau der Kliniken vorgesehenen Grundstücke standen im Eigentum der I. und wurden mit der Verpflichtung, dort die Klinikgebäude im eigenen Namen und auf eigene Kosten zu errichten, an die Fondsgesellschaften verkauft. Die I. sollte allerdings weiterhin im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen bleiben und die Grundstücke treuhänderisch für die Gesellschaften halten (Grundbuchtreuhand). Als Geschäftsbesorgerin war die B. Verwaltungsgesellschaft mbH, als Mieterin und Betreiberin der Kliniken die E. GmbH vorgesehen.
- 4
- In den Anlageprospekten war im Rahmen der Investitionsplanung über ca. 90 Mio. DM beziehungsweise ca. 65 Mio. DM unter anderem auch die Position "Avale Bauzeit" mit 782.568 DM beziehungsweise 1.150.000 DM vorgesehen ("Investitions- und Finanzierungplan" S. 16 bzw. S. 17). Diese Beträge flossen später an den Gründungsgesellschafter H. .
- 5
- Während nach der Fertigstellung der M. klinik an die Kapitalanleger in den Jahren 1998 und 1999 noch Ausschüttungen erfolgten, war dies bei der Klinik D. von Anfang an nicht möglich, weshalb die Beklagte hierfür ku- lanzhalber Zahlungen an die von ihr vermittelten Anleger erbrachte. Eine Insolvenz der Fondsgesellschaften konnte zunächst durch jeweils im September 2001 beschlossene Kapitalerhöhungen, an denen der Kläger sich beteiligte, vermieden werden. Weitere Sanierungsbemühungen waren erfolglos.
- 6
- Der Kläger hat die Beklagte wegen verschiedener Pflichtverletzungen auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht der Klage mit Abstrichen bei den Zinsen stattgegeben. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht - zur Frage der Aufklärungspflicht über die personellen und kapitalmäßigen Verflechtungen und die Sonderzuwendungen an den Gründungsgesellschafter H. - zugelassene Revision der Beklagten.
Entscheidungsgründe
I.
- 7
- Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat die Beklagte den Kläger pflichtwidrig nicht auf die vorhandenen Verflechtungen der Beteiligten sowie die insoweit nach den Prospekten zu erwartenden Sonderzuwendungen an den Gründungsgesellschafter hingewiesen. Auch wenn aus den Prospekten, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt habe, bei der gebotenen Plausibilitätsprüfung ex ante nicht erkennbar gewesen sei, dass von Anfang an die Absicht bestanden habe, dem Gründungsgesellschafter persönlich die unter der Position "Avale Bauzeit" genannten Beträge zukommen zu lassen, diese Gelder mithin planmäßig an diesen fließen sollten, habe nach der vertraglichen Konzeption die erhebliche Gefahr einer selbstbegünstigenden Interessenwahrnehmung durch H. bestanden. H. sei über seine Gesellschaften wirtschaftlich betrachtet Grundstückseigentümer und Grundbuchtreuhänder für die Fondsgesellschaft , Geschäftsbesorger für die Fondsgesellschaft und Mieter der Fondsgesellschaft gewesen. Dies sei für die Beklagte beziehungsweise die von ihr mit der Prospektprüfung beauftragte Gesellschaft erkennbar gewesen. Aufgrund der personellen Verflechtungen habe insoweit ein Eigeninteresse von H. bestanden , an Dienstleistungen jeglicher Art, die im Zusammenhang mit der Durchführung der Projekte anfielen, gut zu verdienen. Demgegenüber sei dieses Interesse für die Anleger nicht ohne weiteres erkennbar gewesen; die Gesellschafterstellungen von H. hätten sich erst bei aufmerksamer Lektüre der Darstellung der Beteiligten in den Prospekten ergeben. Nach dem Inhalt der Prospekte sollten H. beziehungsweise die von ihm beherrschten Gesellschaften neben dem Kaufpreis für die Kliniken eine nicht unerhebliche Vergütung für die Geschäftsbesorgung erhalten (§§ 2, 9 der Geschäftsbesorgungsverträge). Darüber hinaus habe, auch wenn aus dem Inhalt der Prospekte nicht ohne weiteres abzuleiten gewesen sei, dass H. selbst ein Angebot für ein "Aval" abgegeben haben könnte, doch zumindest die Möglichkeit bestanden, dass H. für die Stellung von Sicherheiten weitere Geldbeträge bekommen werde. Hierbei habe der Umstand, dass er Gesellschafter-Geschäftsführer der Geschäftsbesorgerin gewesen sei und diese nach § 1 Abs. 2 des Geschäftsbesorgungsvertrags für die Gesellschaft und die Gesellschafter habe handeln sollen, einen Zufluss der unter "Avale Bauzeit" in den Prospekten jeweils aufgeführten Ausgabepositionen an ihn erleichtert. Vor diesem Hintergrund wäre bei beiden Fonds ein ausdrücklicher Hinweis auf die vielfältigen Funktionen des Gründungsgesellschafters veranlasst gewesen. Zu einer sachgerechten Aufklärung hätte es gehört, den Anlegern deutlich zu machen, dass H. über die bestehenden Verflechtungen letztlich Empfänger einer Reihe von vorgesehenen Vergütungen gewesen sei oder zumindest hätte sein können, und dass er als Or- gan der Geschäftsbesorgerin der Fonds-GbR unter anderem für die Überwachung der Verträge mit der I. und der E. GmbH zuständig sei. Da er selbst hinter diesen Unternehmen gestanden habe, habe die Gefahr bestanden , dass er nicht nur die Interessen der Fonds, sondern auch eventuell gegenläufige Interessen vertrete. Die Beklagte habe selbst nicht behauptet, dass eine derartige Aufklärung im Rahmen der Beratungsgespräche durch ihren Mitarbeiter G. erfolgt sei. Für einen Anlageinteressenten seien diese Verflechtungen sowie die geplanten und weiteren möglichen Vermögenszuflüsse zugunsten von H. und der von ihm beherrschten Unternehmen nur bei sehr aufmerksamem Lesen der Prospekte erkennbar gewesen. Insoweit seien diese letztlich für einen durchschnittlichen Anleger nicht hinreichend verständlich und somit kein geeignetes Mittel der Aufklärung.
II.
- 8
- Die - vom Berufungsgericht nur beschränkt zugelassene - Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht.
- 9
- 1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war die Beklagte nicht verpflichtet, bei der Beratung von Anlageinteressenten von sich aus die Frage der kapitalmäßigen und personellen Verflechtung und der hieraus resultierenden Interessenkonflikte in einer über den Prospektinhalt hinaus gehenden Intensität zu behandeln.
- 10
- a) Die aus einem Anlageberatungsvertrag folgende Pflicht zur objektgerechten Beratung bezieht sich auf diejenigen Eigenschaften und Risiken des Anlageobjekts, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können (vgl. nur Senat, Versäumnisurteil vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06, WM 2007, 542 Rn. 10 undUrteil vom 15. November 2012 - III ZR 55/12, VersR 2013, 193 Rn. 6, jeweils mwN). Wird zur Information von Beitrittsinteressenten ein Prospekt herausgegeben, so hat der Prospekt seinerseits den Anleger über alle wichtigen Umstände sachlich richtig und vollständig zu unterrichten (vgl. nur Senat, Urteil vom 28. Februar 2008 - III ZR 149/07, VuR 2008, 178 Rn. 8 mwN).
- 11
- Zu den Umständen, über die der Anleger durch den Prospekt zu unterrichten ist, gehört auch eine Darstellung der wesentlichen kapitalmäßigen und personellen Verflechtungen zwischen der Fondsgesellschaft, ihren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern einerseits sowie andererseits den Unternehmen, deren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern, in deren Hand die Beteiligungsgesellschaft die durchzuführenden Vorhaben ganz oder wesentlich gelegt hat, und insoweit auch der für diesen Personenkreis vorgesehenen und gewährten Sonderzuwendungen und -vorteile (vgl. nur Senat , Urteile vom 22. April 2010 - III ZR 318/08, WM 2010, 1017 Rn. 24 und vom 15. Juli 2010 - III ZR 321/08, WM 2010, 1537 Rn. 25; siehe auch BGH, Urteil vom 21. September 2010 - XI ZR 232/09, NJW-RR 2011, 124 Rn. 29, jeweils mwN).
- 12
- b) Ausgehend von diesem rechtlichen Maßstab lässt sich aufgrund der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen eine Pflichtverletzung der Beklagten nicht bejahen.
- 13
- Die Angaben in den Fondsprospekten sind entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ein hinreichend verständliches und geeignetes Mittel der Aufklärung der Anleger. Die insoweit gebotene objektive Auslegung der Prospekte kann der Senat selbst vornehmen (vgl. nur Senat, Urteil vom 22. März 2007 - III ZR 218/06, WM 2007, 873 Rn. 6; BGH, Urteile vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 22 und vom 18. September 2012 - XI ZR 344/11, BGHZ 195, 1 Rn. 31). In den Prospekten wird auf S. 24 beziehungsweise S. 25 unter der Überschrift "Beteiligte" im Einzelnen dargestellt, in welcher maßgeblichen Form der Gründungsgesellschafter H. an den mit den Projekten befassten Unternehmen beteiligt ist. Aus den Prospekten, zu deren Inhalt - anders als es der Kläger reklamiert - auch die auf S. 29 ff beziehungsweise S. 30 ff abgedruckten Verträge (unter anderem der Geschäftsbesorgungsvertrag ) gehören, lässt sich deutlich seine maßgebliche Stellung auch auf Seiten der Grundbuchtreuhänderin, der Geschäftsbesorgerin sowie der Mieterin der Klinik ersehen. Soweit das Berufungsgericht hieraus ein Eigeninteresse von H. ableitet, an Dienstleistungen jeglicher Art, die im Zusammenhang mit der Durchführung des Projekts anfallen, zu verdienen, war dieses ebenso wie die vom Berufungsgericht problematisierte Gefahr etwaiger Interessengegensätze für jedermann erkennbar. Dies gilt auch, soweit in den Prospekten auf S. 24 beziehungsweise S. 25 ausdrücklich angesprochen wird, dass die I. beabsichtige , als Vertragspartner für verschiedene Dienstleistungsbereiche aufzutreten beziehungsweise Unternehmen und Personen der eigenen Unternehmensbereiche vorzuschlagen.
- 14
- Weiterer ausdrücklicher Hinweise darüber hinaus bedurfte es nicht. Denn bei der zu fordernden sorgfältigen und eingehenden Lektüre des Prospekts (vgl. Senat, Urteile vom 28. Februar 2008 aaO, vom 14. Juni 2007 - III ZR 125/06, WM 2007, 1503 Rn. 9 und vom 20. Juni 2013 - III ZR 293/12, juris Rn. 12; BGH, Urteile vom 31. März 1992 - XI ZR 70/91, WM 1992, 901, 904, vom 18. September 2012 aaO Rn. 30 und vom 5. März 2013 - II ZR 252/11, WM 2013, 734 Rn. 14) musste sich auch ohne besondere Spezialkenntnisse jedem Anleger aufdrängen, dass der Gründungsgesellschafter H. an den mit den Projekten befassten Firmen beteiligt war und insoweit davon profitieren konnte.
- 15
- 2. Dass im Übrigen die in den Prospekten im Investitions- und Finanzierungplan vorgesehene Position "Avale Bauzeit" sowohl zum Grunde als auch zur Höhe der von der Beklagten geschuldeten Plausibilitätsprüfung standhält und keinen Anlass zu weitergehenden Nachforschungen bot, hat der Senat bereits entschieden (vgl. Urteile vom 15 November 2012 - III ZR 55/12, VersR 2013, 193 Rn. 8 ff und vom 20. Juni 2013 aaO Rn. 15 ff).
- 16
- 3. Das Berufungsurteil ist daher, soweit zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist, aufzuheben. In diesem Umfang ist die Sache mangels Entscheidungsreife an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Denn das Berufungsgericht hat ausdrücklich offengelassen, ob die Prospekte dem Kläger - wie von der Beklagten behauptet und vom Kläger bestritten - so rechtzeitig vor der Zeichnung der Anlagen übergeben worden sind, dass die persönliche Aufklärungspflicht des Beraters entfallen ist (vgl. Senat, Versäumnisurteil vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06, WM 2007, 542 Rn. 17 und Urteil vom 20. Juni 2013 - III ZR 293/12, juris Rn. 7). Die hierzu notwendigen Feststellungen sind nachzuholen, wobei der Senat darauf hinweist, dass der Anleger die Beweislast dafür trägt, dass ihm der Anlageprospekt nicht oder zu spät übergeben worden ist (vgl. nur Senat, Urteil vom 11. Mai 2006 - III ZR 205/05, NJW-RR 2006, 1345 Rn. 6 ff).
Seiters Reiter
Vorinstanzen:
LG Kempten, Entscheidung vom 13.02.2012 - 33 O 449/11 -
OLG München in Augsburg, Entscheidung vom 24.01.2013 - 14 U 720/12 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsrechtszugs.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz wegen seiner Meinung nach fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit der Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds.
- 2
- Nach Gesprächen mit dem damals für die Beklagte tätigen selbständigen Handelsvertreter W. zeichnete der Kläger am 18. März 1996 eine Beteiligung an der I. Immobilienfonds GbR (im Folgenden: Immobilienfonds ) in Höhe eines Nominalbetrags von 40.000 DM zuzüglich eines Agios von 5 %. Gegenstand des Immobilienfonds waren laut Prospekt "Erwerb und Vermietung" einer damals im Bau befindlichen "Vorsorge- und Rehabilitations- klinik mit 240 Betten in K. ". Nachdem der Kläger in den Jahren 1998 und 1999 noch Ausschüttungen erhalten hatte, geriet der Immobilienfonds in der Folgezeit in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Am 7. Juli 2001 kam es zu einer Gesellschafterversammlung des Fonds, bei der ein Sanierungskonzept beschlossen wurde. Der Kläger beteiligte sich anschließend mit einem weiteren Betrag von 5.000 DM an einer Kapitalerhöhung auf der Grundlage des auf der Versammlung beschlossenen Sanierungskonzepts. Jedoch kam es auch in der Zeit danach nicht zu weiteren Ausschüttungen.
- 3
- Der Kläger hat die Beklagte wegen verschiedener Pflichtverletzungen auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg gehabt. Hiergegen richtet sich die vom Oberlandesgericht zugelassene Revision des Klägers.
Entscheidungsgründe
I.
- 4
- Die Revision ist - was der Kläger zu Recht hinnimmt - nur in beschränktem Umfang zugelassen worden. Zwar hat das Berufungsgericht im Tenor seines Urteils die Zulassung uneingeschränkt ausgesprochen. In den Gründen hat es jedoch ausgeführt, dass die Revision zugelassen wird, um eine höchstrichterliche Entscheidung zur Auslegung des in verschiedenen Oberlandesgerichtsbezirken verwendeten Prospekts in Bezug auf die streitigen Punkte "Veräußerung" und "Avale Bauzeit" zu ermöglichen und zur Klärung der in Entscheidungen des Oberlandesgerichts München abweichend beurteilten Rechtsfrage , ob der Prospekt insoweit den an ihn zu stellenden Anforderungen genügt.
II.
- 5
- Die Revision hat keinen Erfolg.
- 6
- 1. Veräußerung (Fungibilität) der Kapitalanlage
- 7
- a) Ein Anlageberater ist grundsätzlich gehalten, den Anlageinteressenten , dem er zur Eingehung einer Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds rät, darauf hinzuweisen, dass die Veräußerung eines solchen Anteils in Ermangelung eines entsprechenden Markts nur eingeschränkt möglich ist (vgl. nur Senat, Versäumnisurteil vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06, WM 2007, 542 Rn. 16; Urteile vom 12. Juli 2007 - III ZR 145/06, WM 2007, 1608 Rn. 11 und vom 19. November 2009 - III ZR 169/08, BKR 2010, 118 Rn. 20). Die persönliche Aufklärungspflicht des Beraters entfällt, wenn die entsprechende Belehrung in einem Prospekt enthalten ist und der Berater davon ausgehen darf, dass der Kunde diesen gelesen und verstanden hat sowie gegebenenfalls von sich aus Nachfragen stellt (vgl. Senat, Versäumnisurteil vom 18. Januar 2007 aaO Rn. 17).
- 8
- Der Kläger hat behauptet, dass zwischen ihm und der Beklagten ein Anlageberatungsvertrag geschlossen worden ist. Mangels entgegenstehender Feststellungen des Berufungsgerichts, das die Frage des Abschlusses eines Anlageberatungs- oder lediglich eines Anlagevermittlungsvertrages offengelassen hat, ist hiervon im Revisionsverfahren auszugehen (vgl. im Übrigen zur Aufklärungspflicht des Anlagevermittlers Senat, Urteil vom 12. Juli 2007 aaO Rn. 8, 9, 11).
- 9
- b) Ausgehend von diesem Prüfungsmaßstab hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei einen Prospektfehler und im Folgenden eine Pflichtverletzung der Beklagten verneint.
- 10
- aa) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Ausführungen im Abschnitt "Veräußerung" auf Seite 5 des - nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts bereits mehrere Wochen vor Zeichnung der Anlage im ersten Beratungsgespräch und damit rechtzeitig übergebenen - Prospekts ausreichen, um den Anleger über das bestehende Risiko der eingeschränkten Fungibilität aufzuklären. Er könne erkennen, dass ein Verkauf der Beteiligung zwar allgemein möglich sei, erfolgreiche Verkaufsbemühungen aber davon abhängen würden, einen Käufer zu finden, der einen angemessenen Preis für den Anteil zahle. Die einleitende Angabe, wonach der Gesellschaftsanteil jederzeit veräußerlich sei, sei im Gesamtzusammenhang der Risikoaufklärung zur eingeschränkten Fungibilität im Prospekt dahin zu verstehen, dass rechtliche oder gesellschaftsvertragliche Hindernisse einer Veräußerung nicht entgegenstünden. Auf die praktischen Schwierigkeiten werde im Anschluss ein- gegangen und deutlich gemacht, dass es keinen geregelten Markt für Anteile an geschlossenen Immobilienfonds gebe, es mithin grundsätzlich dem Anleger obliege, einen Käufer zu finden, der die Beteiligung zu einem angemessenen Preis abnehme. Die dabei angebotene Hilfe seitens der Beklagten - Unterstützung durch den Geschäftsbesorger - allein vermöge den Hinweis nicht derart zu relativieren oder zu verharmlosen, dass dieser insgesamt als unzureichend anzusehen wäre, dem Anleger das Risiko, dass der Anteil in Ermangelung eines entsprechenden Marktes praktisch nicht zu angemessenen Konditionen veräußert werden könne, deutlich zu machen.
- 11
- bb) Die gegen diese Würdigung gerichteten Angriffe der Revision gehen fehl.
- 12
- Für die Beurteilung, ob ein Prospekt unrichtig oder unvollständig ist, ist auf das Gesamtbild abzustellen, das er dem Anleger unter Berücksichtigung der von ihm zu fordernden sorgfältigen und eingehenden Lektüre vermittelt (vgl. nur BGH, Urteil vom 5. März 2013 - II ZR 252/11, WM 2013, 734 Rn. 14; siehe auch Senat, Urteil vom 14. Juni 2007 - III ZR 125/06, WM 2007, 1503 Rn. 9,jeweils mwN).
- 13
- Die Auffassung des Klägers, der Anleger müsse aufgrund des Prospektinhalts davon ausgehen, dass er im Bedarfsfall seine Beteiligung umstandslos wieder zu Geld machen könne, teilt der Senat nicht. Zwar wird einleitend im Abschnitt "Veräußerung" ausgeführt, dass der Gesellschaftsanteil jederzeit veräußerlich ist. Im folgenden Satz wird dann aber deutlich darauf hingewiesen, dass sich praktische Schwierigkeiten bei der Veräußerung dadurch ergeben, dass es keinen geregelten An- und Verkaufsmarkt für Anteile an geschlossenen Immobilienfonds gibt. Aus diesem Gegensatz zwischen der Veräußerlichkeit als solcher und den praktischen Schwierigkeiten hat das Berufungsgericht zutreffend geschlossen, dass der verständige Anleger die einleitende Formulierung so verstehen muss, dass sie sich lediglich auf rechtliche oder gesellschaftsvertragliche Hindernisse bezieht, die einer Veräußerung des Gesellschaftsanteils nicht entgegenstehen. Dass der Geschäftsbesorger seine Unterstützung bei etwaigen Verkaufswünschen anbietet - im angefochtenen Urteil und in der Revision ist insoweit von der Führung von Replatzierungslisten die Rede - stellt keine Einschränkung des zuvor erfolgten Hinweises auf die praktischen Schwierigkeiten dar, einen Käufer zu finden, der einen angemessenen Preis für die Anlage zahlt. Soweit anschließend (im dritten Absatz) Ausführungen zur Werthaltigkeit der Beteiligung im Falle einer - rechtlich und gesellschaftsvertraglich jederzeit möglichen - Veräußerung gemacht werden, sind auch diese letztlich nicht geeignet, den eindeutigen Hinweis auf die eingeschränkte Fungibilität entscheidend zu schwächen, zumal zuvor (im zweiten Absatz) darauf hingewiesen wird, dass Immobilieninvestitionen langfristiger Natur sind und nicht innerhalb weniger Jahre zu Gewinnen führen, weshalb kurz- oder mittelfristige Veräußerungen nur in Notfällen vorgenommen werden sollten. Die in diesem Zusammenhang erfolgte Aussage, dass bei einer Veräußerung in der Regel von einer Deckung der Verbindlichkeiten auszugehen und keine Veräußerung zum Substanzwert , aber zum Ertragswert denkbar sei, steht erkennbar in Bezug zu den gleichzeitig erwähnten Prognose- und Renditeerwartungen und insoweit unter dem Vorbehalt, dass diese sich bewahrheiten. Jedenfalls stellen diese Ausführungen bei der gebotenen Gesamtschau noch keine unzutreffende Verharmlosung des zuvor beschriebenen praktischen Verwertungsrisikos dar. Dass hierbei ein etwaiger Verkauf an Anlageinteressenten, denen es in erster Linie auf die im Prospekt angesprochenen und von der Revision erwähnten steuerlichen Vorteile bei Erstzeichnung und nicht auf längerfristige Renditeerwartungen an- kommt, schwerlich möglich ist, liegt auf der Hand und ist kein Umstand, auf den im Prospekt ausdrücklich hingewiesen werden musste.
- 14
- 2. Avale Bauzeit
- 15
- Im Anlageprospekt ist auf Seite 16 im "Investitions- und Finanzierungsplan" unter der Überschrift "Investitionsplanung" unter anderem die Position "Avale Bauzeit" mit einem Betrag von 782.568 DM angegeben.
- 16
- a) Wie der Senat zwischenzeitlich in einem anderen, denselben Fonds betreffenden Verfahren (Urteil vom 15. November 2012 - III ZR 55/12, VersR 2013, 193 Rn. 12) ausgeführt hat, wird der Begriff "Aval" gemeinhin als Synonym für Bürgschaft verstanden. Die im Investitionsplan aufgeführte Kostenposition bezieht sich insoweit erkennbar auf während der Bau- beziehungsweise Investitionsphase anfallende Kosten für Bürgschaften oder vergleichbare Garantien. Einer näheren Aufschlüsselung dieser - angesichts der Gesamtkosten von 90.615.500 DM - eher geringfügigen Position bedurfte es an dieser Stelle nicht, zumal für den Anleger im Rahmen der Kostenzusammenstellung vor allem der jeweilige Gesamtbetrag der Position von Bedeutung ist, da sie ihm Aufschluss darüber gibt, welche Aufwendungen Vertriebskosten beziehungsweise sonstige weiche Kosten sind und welche Beträge in die Fondsimmobilie investiert werden, deren Verkehrswert den Wert der Fondsgesellschaft und damit seiner Beteiligung im Wesentlichen bestimmt. Anlass für kritische Nachfragen hätte allenfalls dann bestanden, wenn der Anfall einer Avalprovision nicht plausibel gewesen wäre, es insoweit hierfür im Rahmen des prospektierten Investitionsvorhabens keinen nachvollziehbaren Grund gegeben hätte, oder wenn sich bezüglich eines solchen Grundes die Höhe der Avalprovision offensichtlich außerhalb des vertretbaren Rahmens bewegt hätte (vgl. Senat aaO Rn. 13).
- 17
- b) Ein solcher nachvollziehbarer Grund kann darin liegen, dass gerade bei größeren Bauvorhaben häufig Avale zugunsten des Bauunternehmers gestellt werden. Der Senat hat in dem Verfahren III ZR 55/12 die diesbezügliche Bewertung des dortigen Berufungsgerichts (aaO Rn. 9) nicht beanstandet und den Einwand der Revision, nicht die Fondsgesellschaft, sondern die I. AG (im Folgenden I. AG) sei Bauherrin und insoweit gegebenenfalls zur Stellung einer entsprechenden Sicherheit verpflichtet gewesen, als unbegründet angesehen. Denn - wie aaO Rn. 15 näher ausgeführt - ein Anlageberater hätte auch dann, wenn ihm bekannt gewesen wäre oder hätte sein müssen, dass die I. AG Bauherrin gewesen sei, bei der geschuldeten kritischen Prüfung des Prospekts nicht daraus schließen müssen, dass Aufwendungen für eine Absicherung des Bauunternehmers als Grund für die in die Planung eingestellten Avalkosten nicht plausibel seien. Davon , dass die I. AG etwaige im Zusammenhang mit der Errichtung der Klinik entstehende Kosten im Verhältnis zur Fondsgesellschaft übernehmen würde, musste nicht ausgegangen werden. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise habe nahe gelegen, dass im Verhältnis der I. AG zur Fondsgesellschaft solche Kosten Letztere zu tragen gehabt hätte.
- 18
- c) Die Auffassung des Klägers, der vorliegende Sachverhalt sei anders zu beurteilen, teilt der Senat nicht.
- 19
- aa) Ein Grund zu einer abweichenden Beurteilung ergibt sich nicht aus dem zwischen der I. AG und der Fondsgesellschaft abgeschlossenen Vertrag, den der Kläger kurz vor der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz - allerdings in anderem Zusammenhang - vorgelegt hat und der im Verfahren III ZR 55/12 nicht Aktenbestandteil gewesen ist. Zwar ist es zutreffend, dass sich die I. G danach verpflichtet hat, auf dem in ihrem Eigentum stehenden Grundstück auf eigene Rechnung und Gefahr das Bauvorhaben zu verwirklichen, und dass im Vertrag eine Bürgschaft zugunsten des ausführenden Bauunternehmers und entsprechende Avalkosten nicht ausdrücklich erwähnt sind. Dies musste einen Anlageberater, selbst wenn ihm der Vertrag bekannt war, aber nicht misstrauisch machen. Etwaige Avalkosten konnten insoweit auch im Kaufpreis enthalten sein. Dem steht nicht entgegen, dass im Investitionsplan bei den Kosten nicht der Kaufpreis (70 Mio. DM nebst Guthabenzinsen), sondern Einzelpositionen (u.a. Grundstück, Anschaffung Gebäude, Anschaffung Außenanlagen, Avale Bauzeit) angeführt sind. Da die I. AG gleichzeitig Prospektherausgeberin war, konnte es sich hierbei auch um die der Berechnung des Kaufpreises zugrunde gelegten Einzelpositionen handeln. Zwar liegen diese, wenn man die ihrem Umfang nach nicht abschätzbaren Guthabenzinsen unberücksichtigt lässt, addiert der Höhe nach insgesamt etwas über dem im Vertrag erwähnten Kaufpreis. Im Investitionsplan wird auf Seite 16 im letzten Absatz aber darauf hingewiesen, dass in den jeweiligen Positionen die anteiligen Kosten für Notar und Gericht sowie die Grunderwerbsteuer bereits enthalten sind. Zu letzterer wird auf Seite 15 unter der Überschrift "Grunderwerbsteuer" ausgeführt , dass diese auf den Erwerbspreis für Grund und Boden, Gebäude und Außenanlagen kalkuliert worden sei, da das Risiko bestehe, dass der Gesamtaufwand besteuert werde.
- 20
- bb) Dass die Beklagte in ihrer Berufungserwiderung vorgetragen hat, sie sei im Rahmen ihrer Plausibilitätsprüfung davon ausgegangen, dass die im Prospekt angesprochenen Avale eine eigenständige Sicherheit für zusätzliche Kredite während der Bauzeit zur Vorfinanzierung des sukzessive einzuwerbenden Eigenkapitals und zur Zwischenfinanzierung des als Annuitätendarlehen erst nach Abschluss der Bauarbeiten abrufbaren Fremdkapitals seien, führt ebenfalls nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Denn liegt im Rahmen der Plausibilitätsprüfung eines Prospekts objektiv ein plausibler Grund für eine im Investitionsplan kalkulierte Kostenposition vor, besteht keine Pflicht, diese zu hinterfragen und etwa Nachforschungen danach anzustellen, ob es sich - so der Kläger - um eine fiktive Position zur Verschleierung von Zuwendungen an den Gründungsgesellschafter handelt. Hieran ändert sich nichts, wenn der Anlageberater bei seiner Prüfung nicht an diesen plausiblen, sondern einen anderen - im Übrigen, wie die Revisionserwiderung zu Recht geltend macht, ebenfalls plausiblen - Grund gedacht hat, es sei denn, ihm ist das Fehlen des plausiblen Grundes positiv bekannt.
- 21
- cc) Das Berufungsgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass die Höhe der Avalkosten keinen Anlass zu Misstrauen und weiteren Nachforschungen gegeben hat. Der Hinweis der Revision, die im Prospekt ausgewiesene Avalprovision sei „deutlich mehr als branchenüblich“, wird nicht weiter begründet. In den in Bezug genommenen Ausführungen in den erstinstanzlichen Schriftsätzen des Klägers vom 19. September und 22. November 2011 wird geltend gemacht, Avale hätten allenfalls im Hinblick auf das aufzunehmende Fremdkapital beziehungsweise in Höhe der Differenz zwischen den prospektierten Anschaffungskosten für Gebäude und Außenanlagen und dem prospektierten Fremdkapital entstehen dürfen. Mit diesen - in sich schon unklaren beziehungsweise widersprüchlichen - Bemerkungen ist nicht dargetan, dass die branchenüblichen Avalkosten überschritten sind. In Anbetracht des hier vorliegenden plausiblen Grundes (s.o.) ist vielmehr maßgeblich, ob sich im Hinblick auf das projektierte Bauvorhaben - laut Prospekt (Seite 9) sollte Baubeginn im September 1995 und Fertigstellung im Mai 1997 sein - die "Avale Bauzeit" von 782.568 DM außerhalb des vertretbaren Rahmens bewegthat. Dafür ist nichts ersichtlich.
- 22
- d) Der Anleger trägt auch die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die vom Anlageberater durchgeführte Prüfung nicht ordnungsgemäß war, weil sie anderenfalls zur Aufdeckung von aufklärungsbedürftigen Umständen geführt hätte (vgl. Senat, Urteil vom 15. November 2012 aaO Rn. 17).
Hucke Seiters
Vorinstanzen:
LG Mosbach, Entscheidung vom 29.12.2011 - 2 O 93/11 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 11.09.2012 - 17 U 6/12 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an den 28. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Der Kläger verlangt von dem Beklagten Schadensersatz wegen der Verletzung von Beratungspflichten im Zusammenhang mit einer Kapitalanlage.
- 2
- Zum Jahresende 2001 gab der Kläger seinen landwirtschaftlichen Betrieb auf. Dies führte zur Aufdeckung stiller Reserven, die hohe Steuerforderungen nach sich zu ziehen drohten. Auf Anraten seines Steuerberaters suchte der Kläger deshalb eine Möglichkeit zu einer langfristigen Geldanlage mit hohen Verlustzuweisungen, um seine Steuerlast zu reduzieren. Durch Werbebroschü- ren, die im Büro des Steuerberaters auslagen, stieß der Kläger auf den Beklagten , dessen Geschäftstätigkeit ausweislich seiner Visitenkarte unter anderem die "Vermittlung von Beteiligungen an Windparks" war. Nach einem ersten Kontakt beteiligte sich der Kläger auf Vermittlung des Beklagten, der von Haus aus Landwirt ist, mit einer Einlage von 100.000 DM an dem Windpark P. I. Nach Rücksprache mit seinem Steuerberater wollte der Kläger seine Beteiligung aufstocken. Dies war jedoch bei diesem Windpark nicht mehr möglich. Deshalb wies der Beklagte den Kläger auf ein anderes Windparkprojekt bei O. hin und übersandte ihm am 1. Dezember 2001 einen Prospekt über dieses Vorhaben. Am 10. Dezember 2001 zeichnete der Beklagte eine Beteiligung von 50.000 €.
- 3
- Der Windpark O. nahm am 30. April 2002 seinen Betrieb auf. Die tatsächlichen Erträge blieben erheblich unter den prognostizierten. Die Betreibergesellschaft wurde zahlungsunfähig und beantragte am 25. April 2005 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Die Windkraftanlage wurde abgebaut und anderweitig verwertet.
- 4
- Der Kläger behauptet, der über den Windpark O. erstellte Emissionsprospekt weise eine Reihe von Mängeln auf, die dem Beklagten bei einer Plausibilitätsprüfung hätten auffallen müssen.
- 5
- Gemeinsam mit 39 weiteren Anlegern hat der Kläger 14 mit der Konzeption , Vermittlung und Durchführung des Projekts befasste Personen, zu denen auch der Beklagte gehört, auf Schadensersatz in Anspruch genommen. In einem vor dem Landgericht Osnabrück geschlossenen Vergleich hat die Prospektverantwortliche die Verpflichtung übernommen, an den Kläger 22.547,70 € zu zahlen. Der Beklagte, der sich in einem weiteren Vergleich verpflichtet hatte, an den Kläger weitere 7.515,90 € zu zahlen, hat hingegen von dem ihm vorbehaltenen Widerrufsrecht Gebrauch gemacht.
- 6
- Das Landgericht hat die Klage, mit der der Kläger die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 27.558,30 € verlangt hat, abgewiesen. Das Berufungsgericht hat den Beklagten nach einer Reduzierung der Klageforderung zur Zahlung von 23.352,06 € Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte aus der Beteiligung verurteilt. Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Beklagten.
Entscheidungsgründe
- 7
- Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.
I.
- 8
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt , der Beklagte hafte dem Kläger aus positiver Vertragsverletzung (in Verbindung mit Art. 229 § 5 EGBGB) im Zusammenhang mit einem Anlageberatungs - oder Anlagevermittlungsvertrag. Kapitalanlagevermittler seien unabhängig davon, ob sie besonderes Vertrauen genössen, verpflichtet, das Konzept der Anlage, die sie empfehlen wollten und bezüglich derer sie Auskunft erteilen sollten, wenigstens auf Plausibilität, insbesondere auf die wirtschaftliche Tragfähigkeit hin, selbst zu prüfen. Verfüge der Anlagevermittler nicht über objektive eigene Kenntnisse, etwa weil er eigene Informationen nicht eingeholt oder keine Prüfungsmöglichkeit gehabt habe, so dass er sich bei seiner Empfehlung ausschließlich auf nicht überprüfte Informationen des Kapitalsuchenden stütze, müsse er dies dem Interessenten offen legen. Der Beklagte habe eine Plausibilitätsprüfung unterlassen. Er habe sich vielmehr auf die Angaben im Emissionsprospekt einschließlich der darin enthaltenen unzutreffenden Ertragsberechnungen verlassen, dies dem Kläger jedoch nicht offenbart. Was eine Plausibilitätsprüfung ergeben hätte, könne offen bleiben. Die bestehenden Mitteilungspflichten habe der Beklagte jedenfalls fahrlässig verletzt. Die schuldhafte Pflichtverletzung sei auch ursächlich für die Anlageentscheidung des Klägers geworden. Soweit der Beklagte behaupte, der Kläger hätte die Anlage auch dann gezeichnet, wenn er ihn auf sämtliche geltend gemachten Prospektmängel hingewiesen hätte und sich der Beklagte insoweit auf das Zeugnis des Steuerberaters des Klägers berufe, sei dies kein geeigneter Beweisantritt. Es sprächen keine objektiven Umstände dafür, dass der Kläger die Absicht gehabt habe, sein Geld allein um der steuerlichen Vorteile willen unabhängig von den Risiken in den Windpark O. zu investieren. Der Kläger sei auch nicht durch den vor dem Landgericht Osnabrück abgeschlossenen Vergleich gehindert , die Restforderung von 23.352,06 € in voller Höhe geltend zu machen. Diesem habe erkennbar keine Gesamtwirkung im Verhältnis zum Beklagten zukommen sollen. Eine endgültige Regelung habe nur im Verhältnis der Parteien eintreten sollen, die an der Bereinigung mitgewirkt hätten.
II.
- 9
- Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand. Die vorstehenden Erwägungen rechtfertigen noch nicht die Verurteilung des Beklagten zur Leistung von Schadensersatz an den Kläger.
- 10
- 1. Dem Berufungsgericht ist im Ausgangspunkt darin zuzustimmen, dass der Beklagte zumindest als Anlagevermittler tätig geworden ist. Dies nimmt auch die Revision hin.
- 11
- 2. a) Als Anlagevermittler schuldete der Beklagte dem Kläger nach Maßgabe der in der Senatsrechtsprechung entwickelten Grundsätze eine richtige und vollständige Information über diejenigen tatsächlichen Umstände, die für den Anlageentschluss des Interessenten von besonderer Bedeutung waren (z.B.: BGHZ 158, 110, 116; Urteil vom 12. Juli 2007 - III ZR 145/06 - NJW-RR 2007, 1692 Rn. 8 jew. m.w.N.). Der Anlagevermittler muss das Anlagekonzept, bezüglich dessen er Auskunft erteilt, wenigstens auf Plausibilität, insbesondere wirtschaftliche Tragfähigkeit hin überprüfen. Ansonsten kann er keine sachgerechten Auskünfte erteilen (z.B.: Senatsurteile vom 12. Mai 2005 - III ZR 413/04 - WM 2005, 1219, 1220 und vom 13. Januar 2000 - III ZR 62/99 - WM 2000, 426, 427; Senatsbeschluss vom 21. Mai 2008 - III ZR 230/07 - juris Rn. 5). Unterlässt er diese Prüfung, muss der Anlagevermittler den Interessenten hierauf hinweisen (z.B.: Senatsurteile vom 12. Mai 2005 und vom 13. Januar 2000 jew. aaO).
- 12
- der In Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist weiter anerkannt, dass es als Mittel der Aufklärung genügen kann, wenn dem Interessenten statt einer mündlichen Aufklärung im Rahmen des Vertragsanbahnungsgesprächs ein Prospekt über die Kapitalanlage überreicht wird, sofern dieser nach Form und Inhalt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln, und dem Interessenten so rechtzeitig vor dem Vertragsschluss übergeben wird, dass sein Inhalt noch zur Kenntnis genommen werden kann (z.B.: Senatsurteil vom 12. Juli 2007 aaO, Rn. 9; BGH, Urteil vom 21. März 2005 - II ZR 140/03 - WM 2005, 833, 837 m.w.N.). Vertreibt der Vermittler , wie hier, die Anlage anhand eines Prospekts, muss er aber, um seiner Auskunftspflicht nachzukommen, im Rahmen der geschuldeten Plausibilitätsprüfung den Prospekt jedenfalls darauf überprüfen, ob er ein in sich schlüssiges Gesamtbild über das Beteiligungsobjekt gibt und ob die darin enthaltenen Informationen , soweit er das mit zumutbarem Aufwand zu überprüfen in der Lage ist, sachlich vollständig und richtig sind (Senatsurteile BGHZ aaO und vom 22. März 2007 - III ZR 218/06 - NJW-RR 2007, 925 Rn. 4; Senatsbeschluss vom 21. Mai 2008 aaO). Ist die Plausibilitätsprüfung des Prospekts unterblieben , hat der Anlagevermittler den Interessenten hierauf ebenfalls hinzuweisen (vgl. Senatsurteile vom 12. Juli 2007 aaO, S. 1693 Rn. 14 und vom 12. Mai 2005; Senatsbeschluss vom 21. Mai 2008 jew. aaO).
- 13
- b) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts unterließ der Beklagte schuldhaft sowohl die Plausibilitätsprüfung des Emissionsprospekts für den Windpark O. als auch die Aufklärung des Klägers über diesen Umstand. Damit verstieß er zwar gegen seine aus dem Vertrag mit dem Kläger folgenden Pflichten. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts genügt dies jedoch noch nicht, um eine Schadensersatzverpflichtung des Beklagten gegenüber dem Kläger zu begründen. Der Schutzzweck der Prüfungs- beziehungsweise Offenbarungspflicht des Anlagevermittlers ist nicht betroffen, wenn der Prospekt einer Plausibilitätsprüfung in den für die Anlageentscheidung wesentlichen Punkten standgehalten hätte (vgl. Senatsurteil vom 12. Juli 2007 aaO; vgl. auch BGH, Urteil vom 7. Oktober 2008 - XI ZR 89/07 - NJW 2008, 3700, 3701, Rn. 14). Hiernach ist jeweils festzustellen, ob eine (hypothetische) Untersuchung des Prospekts auf Plausibilität durch den Anlagevermittler Anlass zu Beanstandungen gegeben hätte. Hierzu hat das Berufungsgericht jedoch keine Feststellungen getroffen. Dies ist nachzuholen, da der Kläger mehrere Prospektmängel vorgetragen hat.
- 14
- c) Sollte sich im weiteren Verfahren ergeben, dass der Emissionsprospekt fehlerhaft war, stellt sich die weitere Frage, ob der Beklagte die Mängel bei einer Plausibilitätsprüfung hätte erkennen müssen. Insoweit obliegt ihm die Darlegungs - und Beweislast, da er die gebotene Prüfung nach den Feststellungen des Berufungsgerichts unterließ und er damit seine Pflichten gegenüber dem Kläger verletzte. Will er einwenden, die (etwaigen) Fehler des Prospekts seien für ihn auch bei der hypothetischen Plausibilitätsprüfung nicht zu entdecken gewesen, ist dies nicht mehr ein Problem des Schutzzwecks der Prüfungs- und Offenbarungspflicht, da dieser gerade bei Vorliegen von Prospektmängeln eingreift. Vielmehr würde der Beklagte den Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens erheben. Für dessen tatsächliche Voraussetzungen ist derjenige darlegungs- und beweisbelastet, der ihn geltend macht (z.B.: BGHZ 29, 176, 187; BGH, Urteil vom 25. November 1992 - VIII ZR 170/91 - NJW 1993, 520, 521 m.w.N.)
- 15
- Hinsichtlich der von der Revision aufgeworfenen Frage, ob sich die Prüfungspflicht des Beklagten auch auf das den Energieertragsberechnungen im Prospekt zugrunde liegende Windgutachten erstreckte, weist der Senat für das weitere Verfahren auf folgendes hin: Die Plausibilitätsprüfung kann auch in gewissem Umfang Ermittlungspflichten einschließen, wenn es um Umstände geht, die nach der vorauszusetzenden Kenntnis des Anlagevermittlers Zweifel an der inneren Schlüssigkeit einer im Prospekt mitgeteilten Tatsache zu begründen vermögen. Andererseits dürfen an die Pflichten eines Anlagevermittlers keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden; der mit der notwendigen Überprüfung verbundene Aufwand muss ihm zumutbar sein (vgl. Senatsurteile BGHZ aaO und vom 22. März 2007 aaO; Senatsbeschluss vom 21. Mai 2008 aaO). Wo die Grenzen einer Prüfungspflicht im Einzelfall zu ziehen sind, hängt weit gehend davon ab, welche Informationen der Anleger konkret abfragt und welches Vertrauen der Vermittler in Anspruch nimmt (Senatsbeschluss vom 21. Mai 2008 aaO).
- 16
- Für die Beurteilung der Streitsache wird insoweit zu berücksichtigen sein, dass sich der Beklagte speziell als Vermittler von "Beteiligungen an Windparks" bezeichnete. In solchen Fällen erwartet der Anleger regelmäßig nicht nur allgemeine wirtschaftliche Kenntnisse des Vermittlers, sondern weitergehendes, auch technisches Wissen im Zusammenhang mit diesem besonderen Wirtschaftszweig , zumal die Rentabilität der Anlage entscheidend von den technisch -meteorologischen Vorbedingungen abhängt. Einer etwaigen Überforderung kann der Vermittler ohne weiteres dadurch begegnen, dass er wahrheitsgemäß unzureichende Kenntnisse offen legt (vgl. Senatsbeschluss vom 21. Mai 2008 aaO).
- 17
- Der Anleger wird deshalb regelmäßig erwarten können, dass der spezialisierte Anlagevermittler die Plausibilität der Prospektangaben über die zu erwartende Windausbeute überprüft. Dabei wird der Vermittler, wenn ihm nicht andere gleichwertige Erkenntnismöglichkeiten zur Verfügung stehen, die Prospektangaben mit den Ergebnissen der ihnen zugrunde liegenden Windgutachten abzugleichen haben. Ob er darüber hinaus verpflichtet ist, die Schlüssigkeit des Windgutachtens selbst zu überprüfen, hängt davon ab, welche Anforderungen dies stellt und welche Qualifikation der Anlagevermittler für sich in Anspruch genommen hat. Sofern der Vermittler sich nicht einer entsprechenden Ausbildung berühmt, kann von ihm regelmäßig nicht erwartet werden, dass er eine umfassende Überprüfung des Windgutachtens vornimmt, wenn und soweit dies ein meteorologisches oder sonstiges naturwissenschaftliches Studium voraussetzt. Die - wie der Senat nicht verkennt, schwierige - Abgrenzung zwischen den Wissensanforderungen, die an einen auf die Vermittlung von Beteiligungen an Windparks spezialisierten Anlagevermittler zu stellen sind, und den weitergehenden Kenntnissen, die der Anleger bei einem Vermittler ohne naturwissenschaftliche Ausbildung nicht mehr erwarten kann, obliegt im wesentlichen dem Tatrichter. Gleiches gilt für die Beurteilung, ob die Überprüfung der dem Emissionsprospekt zugrunde liegenden Windgutachten eine wissenschaftliche Ausbildung erfordert.
- 18
- 3. Weiterhin ist für das neue Verfahren vor dem Berufungsgericht auf folgende Gesichtspunkte hinzuweisen.
- 19
- a) Die Rüge der Revision, die Vorinstanz habe die Vernehmung des als Zeugen angebotenen Steuerberaters des Klägers O. zu Unrecht unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG abgelehnt, ist unbegründet. Der Beklagte hat in seiner Berufungserwiderung den Steuerberater als Zeugen für die Behauptungen angeboten, für den Kläger habe Ende 2001 keine steuerlich vernünftige Alternative zur Anlage der 50.000 € in dem Windparkprojekt O. bestanden , und der Kläger hätte sich deshalb auch bei einer Aufklärung über die von ihm nunmehr geltend gemachten Risiken zu der Beteiligung entschlossen. Das Berufungsgericht hat die Zeugenvernehmung des Steuerberaters mit der Begründung abgelehnt, es sprächen keine objektiven Umstände dafür, dass der Kläger die Absicht gehabt habe, sein Geld allein um der steuerlichen Vorteile willen unabhängig von den Risiken der Anlage in den Windpark O. zu investieren. Der Beklagte habe nicht behauptet, der Kläger habe gegenüber seinem Steuerberater erklärt, er wolle die ihm vorgeschlagene Beteiligung unabhängig von den wirtschaftlichen Gefahren aus steuerlichen Gründen in jedem Fall eingehen. Über die steuerlichen Auswirkungen der Beteiligung an dem Windpark O. für den Kläger sei der Steuerberater nicht zu vernehmen , da das Interesse des Klägers an einer steuergünstigen Anlage nach der Lebenserfahrung allein noch nicht besage, dass es ihm ansonsten gleichgültig gewesen sei, wie es um die Rentabilität und die Sicherheit der Beteiligung bestellt gewesen sei.
- 20
- Diese Erwägungen sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Ein substantiierter Beweisantrag zur Vernehmung eines Zeugen setzt zwar, wie der Revision zuzugestehen ist, nicht voraus, dass der Beweisführer sich auch darüber äußert, welche Anhaltspunkte er für die Richtigkeit der in das Wissen des Zeugen gestellten Behauptungen hat (Senatsbeschluss vom 1. August 2007 - III ZR 35/07 - juris Rn. 7; BGH, Urteil vom 13. Juli 1988 - IVa ZR 67/87 - NJW-RR 1988, 1529). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht allerdings , wenn ein Zeuge über innere Vorgänge einer anderen Person vernommen werden soll, da solche Tatsachen einer direkten Wahrnehmung durch Dritte entzogen sind. In einem solchen Fall kann der Zeuge nur äußere Umstände bekunden, die einen Rückschluss auf den zu beweisenden inneren Vorgang zulassen. Es handelt sich deshalb um einen Indizienbeweis, bei dem der Richter vor der Beweiserhebung prüfen darf und muss, ob der Beweisantritt schlüssig ist (z.B.: Senat aaO; BGH, Urteile vom 30. April 1992 - VII ZR 78/91 - NJW 1992, 2489 und vom 13. Juli 1988 aaO).
- 21
- Der vom Beklagten behauptete Entschluss des Klägers, die Beteiligung an dem Windpark O. unabhängig von den wirtschaftlichen Risiken der Anlage einzugehen, ist eine innere Tatsache, die lediglich einem Indizienbeweis zugänglich ist. Zutreffend hat das Berufungsgericht herausgestellt, dass der Beklagte eine entsprechende Äußerung des Klägers gegenüber seinem Steu- http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=ZPO&p=286 - 12 - erberater, die ein starkes Indiz für die vorgebrachte Haupttatsache gewesen wäre, nicht behauptet hat. Soweit das Berufungsgericht weiter ausgeführt hat, aus dem Umstand, dass die Beteiligung an dem Windpark O. die einzige realistische noch in Betracht kommende, steuerlich vernünftige Anlage gewesen sei, lasse sich nicht schließen, dass der Kläger diese ungeachtet der wirtschaftlichen Risiken vorgenommen hätte, handelt es sich um die Würdigung der Aussagekraft einer vom Beklagten vorgebrachten - in das Wissen des Steuerberaters gestellten - Hilfstatsache. Bei einem auf Indizien gestützten Beweis ist der Tatrichter grundsätzlich frei, welche Aussagekraft er den Hilfstatsachen im Einzelnen und in einer Gesamtschau für seine Überzeugungsbildung beimisst. Er stellt die den Indizien zukommenden Wahrscheinlichkeitsgrade und somit die sich daraus ergebenden Schlussfolgerungen fest (BGH, Urteil vom 13. Juli 2004 - VI ZR 136/03 - NJW 2004, 3423, 3424). Revisionsrechtlich ist seine Beweiswürdigung gemäß § 286 ZPO nur darauf zu überprüfen, ob er alle Umstände vollständig berücksichtigt und nicht gegen Denk- oder Erfahrungssätze verstoßen hat (z.B.: BGH, Urteile vom 26. Oktober 2004 - XI ZR 211/03 - NJW-RR 2005, 558 m.w.N. und vom 13. Juli 2004 aaO; vgl. auch Senatsurteil vom 13. Dezember 2007 - III ZR 163/07 - NJW 2008, 651, 652 Rn. 24). Unter Berücksichtigung dieses eingeschränkten Prüfungsmaßstabs sind die Ausführungen der Vorinstanz nicht zu beanstanden. Ihre Würdigung ist möglich, widerspruchsfrei , nachvollziehbar und lässt keine in dem Rechtsstreit vorgebrachten Tatsachen außer Acht (vgl. im Übrigen auch Senatsurteil vom 9. Februar 2006 - III ZR 20/05 - WM 2006, 668, 671).
- 22
- b) Unbegründet ist weiterhin die Rüge der Revision, der Auffassung des Berufungsgerichts, der Kläger sei auch nicht durch den vor dem Landgericht Osnabrück abgeschlossenen Vergleich gehindert, seine Restforderung von 23.352,06 € in voller Höhe geltend zu machen, liege ein falsches Verständnis des Sachverhalts zugrunde. Die Revision bemängelt, anders als das Berufungsgericht meine, habe eine "Privilegierung" des Beklagten in der Weise, dass er wegen des Vergleichs nur in Höhe von 15 % der Schadenssumme hafte , nicht in Rede gestanden. Vielmehr habe der Beklagte einen Erlass in Höhe von lediglich 40 % der ursprünglichen Klagesumme durch den Vergleichsabschluss behauptet. Die Darstellung der Revision und der Sachverhalt, von dem das Berufungsgericht ausgegangen ist, widersprechen einander nicht. Nach dem Vergleichsvorschlag des Landgerichts Osnabrück, der von den Prospektverantwortlichen angenommen worden ist, sollten die Anleger insgesamt 60 % ihrer Investitionen zurückerstattet erhalten. Hiervon sollten, soweit Anlagevermittler eingeschaltet waren, diese 15 Prozentpunkte übernehmen und die Prospektverantwortlichen 45 Prozentpunkte (Protokoll der Sitzung der 7. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück vom 29. Mai 2006, S. 173 der Gerichtsakten). Durch den Vergleich sollten demnach den seinerzeitigen Beklagten 40 % der gegen sie gerichteten Forderungen "erlassen" werden. Von den verbleibenden 60 % sollte der hiesige Beklagte als Anlagevermittler 15 Prozentpunkte tragen.
- 23
- c) Soweit die Revision unter Hinweis auf andere oberlandesgerichtliche Entscheidungen (OLG Dresden BauR 2005, 1954, 1955; OLG Hamm [11. Zivilsenat ] NJW-RR 1998, 486, 487; OLG Hamm [2. Zivilsenat] BauR 1997, 1056) die Auslegung des Vergleichs durch das Berufungsgericht beanstandet, nach der die Schadensersatzansprüche des Klägers gegen den Beklagten nicht begrenzt werden, ist folgendes anzumerken: Welche Wirkungen ein Vergleich mit einem Gesamtschuldner auch im Verhältnis zu anderen, nicht an ihm beteiligten Gesamtschuldnern hat, ist eine Frage der Interpretation im Einzelfall (OLG Hamm jeweils aaO), die als Auslegung eines Individualvertrags dem Tatrichter obliegt. Revisionsrechtlich relevante Fehler bei der Auslegung des vor dem Landgericht Osnabrück geschlossenen Vergleichs durch das Berufungsgericht sind nicht ersichtlich.
- 24
- 3. In dem neuen Verfahren wird sich der 28. Zivilsenat des Berufungsgerichts , an den der Senat die Sache nach § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO verwiesen hat, auch mit den weiteren Beanstandungen der Revision zu befassen haben, auf die einzugehen im derzeitigen Verfahrensstadium kein Anlass besteht.
Seiters Schilling
Vorinstanzen:
LG Münster, Entscheidung vom 22.01.2007 - 15 O 477/06 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 22.11.2007 - 4 U 30/07 -
Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.
Durch die Satzung kann bestimmt werden, dass neben dem Vorstand für gewisse Geschäfte besondere Vertreter zu bestellen sind. Die Vertretungsmacht eines solchen Vertreters erstreckt sich im Zweifel auf alle Rechtsgeschäfte, die der ihm zugewiesene Geschäftskreis gewöhnlich mit sich bringt.
Der Verein ist für den Schaden verantwortlich, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat, - 2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen, - 3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt, - 4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder - 5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.
(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.
(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.
(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).
(7) (weggefallen)
(1) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.
(2) Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher für den Geschäftsherrn die Besorgung eines der im Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Geschäfte durch Vertrag übernimmt.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.
(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.
(3) Der Versuch ist strafbar.
(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
(1) Der Unternehmer hat dem Handelsvertreter die zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderlichen Unterlagen, wie Muster, Zeichnungen, Preislisten, Werbedrucksachen, Geschäftsbedingungen, zur Verfügung zu stellen.
(2) Der Unternehmer hat dem Handelsvertreter die erforderlichen Nachrichten zu geben. Er hat ihm unverzüglich die Annahme oder Ablehnung eines vom Handelsvertreter vermittelten oder ohne Vertretungsmacht abgeschlossenen Geschäfts und die Nichtausführung eines von ihm vermittelten oder abgeschlossenen Geschäfts mitzuteilen. Er hat ihn unverzüglich zu unterrichten, wenn er Geschäfte voraussichtlich nur in erheblich geringerem Umfange abschließen kann oder will, als der Handelsvertreter unter gewöhnlichen Umständen erwarten konnte.
(3) Von den Absätzen 1 und 2 abweichende Vereinbarungen sind unwirksam.
(1) Der Handelsvertreter hat sich um die Vermittlung oder den Abschluß von Geschäften zu bemühen; er hat hierbei das Interesse des Unternehmers wahrzunehmen.
(2) Er hat dem Unternehmer die erforderlichen Nachrichten zu geben, namentlich ihm von jeder Geschäftsvermittlung und von jedem Geschäftsabschluß unverzüglich Mitteilung zu machen.
(3) Er hat seine Pflichten mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns wahrzunehmen.
(4) Von den Absätzen 1 und 2 abweichende Vereinbarungen sind unwirksam.
(1) Nach Eintritt der Verjährung ist der Schuldner berechtigt, die Leistung zu verweigern.
(2) Das zur Befriedigung eines verjährten Anspruchs Geleistete kann nicht zurückgefordert werden, auch wenn in Unkenntnis der Verjährung geleistet worden ist. Das Gleiche gilt von einem vertragsmäßigen Anerkenntnis sowie einer Sicherheitsleistung des Schuldners.
Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
- 1.
der Anspruch entstanden ist und - 2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren
- 1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und - 2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.
(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.
(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Der Kläger nimmt die Beklagte zu 2 (im Folgenden: Beklagte) mit seiner im Dezember 2007 eingereichten Klage unter dem Vorwurf fehlerhafter Anlageberatung auf Schadensersatz in Anspruch.
- 2
- Auf Empfehlung eines für die Beklagte tätigen Handelsvertreters zeichnete der Kläger im Mai 2001 eine Beteiligung an der F. Beteiligungsgesellschaft 74 GmbH & Co. KG (im Folgenden: F. -Fonds 74), einem geschlossenen Immobilienfonds, über eine Summe von 50.000 DM (nebst 5 % Agio). Diese Anlage finanzierte der Kläger in Höhe von 40.000 DM über ein Darlehen bei einer Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1. Für das zweite Halbjahr 2004 stellte der F. -Fonds 74 seine Ausschüttungen ein und befindet sich seitdem in wirtschaftlichen Schwierigkeiten.
- 3
- Der Kläger hat behauptet, er habe ausdrücklich eine sichere Anlage ohne zusätzliche finanzielle Belastungen gewünscht. Der ihn beratende Handelsvertreter der Beklagten habe die Kapitalanlage unzutreffend als maximal werthaltig , renditestark und steuersparend, als "finanziellen Selbstläufer" sowie als absolut sicher und verlustrisikolos dargestellt. Er habe weiter erklärt, die Anlage biete eine Mindestrendite von 7,5 % (bzw. 7 %) jährlich, einen zuverlässigen Vermögenszuwachs und nach Ablauf von zehn Jahren eine freie Veräußerbarkeit sowie ein zusätzliches Einkommen aus den Ausschüttungen. Den Anlageprospekt habe er, der Kläger, erst nach Zeichnung der Anlage übersandt erhalten ; während der Beratungsgespräche sei ein Prospekt für den F. -Fonds 73 (Vorgängerfonds, dem der Kläger zunächst beitreten wollte) nur "lose durchgeblättert" und hierbei lediglich auf die darin enthaltenen Bilder hingewiesen worden , ohne den (weiteren) Inhalt anzusprechen. Der Kläger hat geltend gemacht , er sei weder anleger- noch objektgerecht beraten worden. Insbesondere habe er keine Aufklärung über den unternehmerischen Charakter der Beteiligung , die Verlustrisiken bis hin zum Totalverlustrisiko, die hohe Kreditfinanzierung der Fondsimmobilien, deren mangelnde Werthaltigkeit und die stark eingeschränkte Fungibilität der Beteiligung erhalten. Zudem habe die Beklagte weder über die wirtschaftliche Schieflage der F. -Gruppe und des Mietgarantiegebers noch über eine kritische Meldung in der Zeitung "Euro am Sonntag" vom 1. April 2001 noch über Mängel des Anlageprospekts (hier vor allem: unrealistische und irreführende Renditeaussichten) informiert.
- 4
- Die Beklagte ist diesem Vorbringen im Einzelnen entgegengetreten.
- 5
- Das Landgericht hat die Klage in Richtung auf die Beklagte durch Teilurteil abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageanspruch weiter.
Entscheidungsgründe
- 6
- Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
- 7
- Nach Auffassung des Berufungsgerichts sind Schadensersatzansprüche des Klägers, soweit auf der Grundlage seines streitigen Vortrags Beratungsfehler in Betracht kommen, verjährt. Es hat hierzu ausgeführt:
- 8
- Zwischen den Parteien sei ein Anlageberatungsvertrag geschlossen worden. Wenn man den vom Kläger geschilderten Inhalt des Beratungsgesprächs als wahr zu Grunde lege, habe die Beklagte ihre vertraglichen Pflichten zur anleger- und objektgerechten Beratung verletzt. Soweit hiernach für die Anlageentscheidung des Klägers ursächliche Beratungsmängel in Betracht kämen , seien Schadensersatzansprüche indes verjährt. Die Voraussetzungen für den Beginn der Verjährungsfrist hätten bereits zum 1. Januar 2002 vorgelegen mit der Folge des Ablaufs der Verjährungsfrist am 31. Dezember 2004. Es sei dem Kläger als grob fahrlässige Unkenntnis der behaupteten Beratungsfehler anzulasten, dass er schon im Jahre 2001 deutliche Warnhinweise ignoriert habe und sich aufdrängenden Fragen zum Beratungsinhalt nicht nachgegangen sei. Der Kläger habe die ihm zur Unterschrift vorgelegten Vertragsunterlagen inhaltlich zur Kenntnis nehmen müssen. Aus dem Darlehensantrag vom 25. April 2001, der Gesprächsnotiz vom gleichen Tage sowie aus den Beitrittserklärungen vom 25. April (betreffend F. -Fonds 73) und 8. Mai 2001 (bezüglich F. -Fonds 74) habe er erkennen können und müssen, dass die behaupteten Angaben des Anlageberaters in für die Anlageentscheidung zentralen Punkten unzutreffend beziehungsweise unvollständig gewesen seien und ihm eine von den Fondsinitiatoren und der Beklagten als bedeutsam eingestufte Informationsquelle, nämlich der Verkaufsprospekt, vorenthalten worden sei. In Anbetracht der hier getroffenen weit reichenden Investitionsentscheidung gehöre es unbedingt zu der in eigenen Angelegenheiten einzuhaltenden Sorgfalt, dass sich der Anlageinteressent anhand des vorgehaltenen Informationsmaterials vergewissere, inwieweit die Kapitalanlage seinen Vorstellungen und Wünschen entspreche und welche Risiken sie berge. Die unterbliebene Nachfrage nach dem Prospekt sei umso unverständlicher, als der - in Geldanlagen nicht unerfahrene - Kläger in beiden Zeichnungsscheinen mit gesonderter Unterschrift jeweils ausdrücklich die Aushändigung des Prospekts bestätigt habe. Aus dem Prospekt habe der Kläger unschwer - auch ohne vertiefte Lektüre - den unternehmerischen Charakter der Beteiligung und die damit verbundenen Risiken erfahren und zudem entnehmen können, dass diese Beteiligung für seine Anlageziele ungeeignet gewesen sei.
II.
- 9
- Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand.
- 10
- 1. Soweit das Berufungsgericht annimmt, dass ein Anlageberatungsvertrag geschlossen worden ist und aufgrund des streitigen Vortrags des Klägers zum Inhalt des Beratungsgesprächs Schadensersatzverpflichtungen der Beklagten wegen Beratungsfehlern in Betracht kommen, wird dies von den Parteien im Revisionsverfahren nicht beanstandet; aus revisionsrechtlicher Sicht bestehen hiergegen auch keine Bedenken.
- 11
- 2. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Verjährung des Klageanspruchs sind jedoch nicht frei von Rechtsfehlern.
- 12
- a) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass der hier in Rede stehende Schadensersatzanspruch wegen positiver Vertragsverletzung (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB) im Jahre 2001, nämlich mit dem von der Beklagten empfohlenen Erwerb der Beteiligung an dem geschlossenen Immobilienfonds F. -Fonds 74, entstanden ist (§ 198 Satz 1 BGB a.F.) und mithin zunächst der 30jährigen Verjährungsfrist nach § 195 BGB a.F. unterlag. Der auf einer fehlerhaften Beratung beruhende Erwerb einer für den Anlageinteressenten nachteiligen, seinen konkreten Anlagezielen und Vermögensinteressen nicht entsprechenden Kapitalanlage stellt bereits für sich genommen einen Schaden dar und berechtigt ihn deshalb - unabhängig von der (ursprünglichen) Werthaltigkeit der Anlage - dazu, im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung des Erwerbs der Anlage zu verlangen; der Schadensersatzanspruch entsteht hierbei schon mit dem (unwiderruflichen und vollzogenen) Erwerb der Kapitalanlage (Senatsurteile vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09, BGHZ 186, 152, 159 f Rn. 24 mwN; vom 22. Juli 2010 - III ZR 99/09, NZG 2011, 68 Rn. 12; vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09, NZG 2010, 1026, 1027 Rn. 10 und vom 24. März 2011 - III ZR 81/10, WM 2011, 874, 875 Rn. 9).
- 13
- b) Gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 EGBGB gilt seit dem 1. Januar 2002 für den bis dahin nicht verjährten Schadensersatzanspruch die dreijährige Regelverjährung nach § 195 BGB n.F., wobei für den Fristbeginn nunmehr zusätzlich zur Anspruchentstehung (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB n.F.) die subjektiven Voraussetzungen nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB vorliegen müssen; der Gläubiger muss also von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt haben oder seine diesbezügliche Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruhen (s. etwa Senatsurteile vom 19. November 2009 - III ZR 169/08, BKR 2010, 118, 119 Rn. 13; vom 8. Juli 2010 aaO S. 160 Rn. 25 mwN; vom 22. Juli 2010 - III ZR 99/09 aaO Rn. 11; vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09 aaO Rn. 11 und vom 24. März 2011 aaO Rn. 10 mwN; BGH, Urteile vom 9. November 2007 - V ZR 25/07, NJW 2008, 506 Rn. 8 mwN; vom 3. Juni 2008 - XI ZR 319/06, NJW 2008, 2576, 2578 Rn. 23; vom 10. November 2009 - VI ZR 247/08, VersR 2010, 214, 215 Rn. 10 und vom 15. Juni 2010 - XI ZR 309/09, WM 2010, 1399, 1400 Rn. 11). Für eine dahingehende Kenntnis oder grobfahrlässige Unkenntnis des Klägers trägt der Schuldner - hier also die Beklagte - die Darlegungs- und Beweislast (s. etwa Senatsurteile vom 8. Juli 2010 aaO; vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09 aaO und vom 24. März 2011 aaO S. 875 Rn. 10 und S. 876 Rn. 17 mwN).
- 14
- Insoweit sind folgende Maßgaben zu beachten:
- 15
- aa) Die kenntnisabhängige regelmäßige Verjährungsfrist nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB berechnet sich für jeden Beratungsfehler (bezüglich von einander abgrenzbarer, offenbarungspflichtiger Umstände) gesondert; die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB sind getrennt für jede Pflichtverletzung zu prüfen, und jede Pflichtverletzung ist in dieser Hinsicht verjährungsrechtlich selbständig zu behandeln (s. dazu BGH, Urteile vom 9. November 2007 aaO S. 507 Rn. 17 und vom 23. Juni 2009 - XI ZR 171/08, BKR 2009, 372, 373 Rn. 14; Senatsurteile vom 19. November 2009 aaO S. 119 f Rn. 15; vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09 aaO Rn. 13 und vom 24. März 2011 aaO Rn. 11). Die verjährungsrechtlich gesonderte Prüfung mehrerer Pflichtverletzungen setzt nicht voraus, dass jede dieser Pflichtverletzungen eigenständige oder zusätzliche Schadensfolgen nach sich gezogen hat. Es genügt vielmehr, dass mehrere (von einander abgrenzbare) Pflichtverletzungen zum Gesamtschaden beigetragen haben und ein Schadensersatzanspruch auf mehrere (von einander abgrenzbare) Fehler gestützt wird (BGH, Urteile vom 9. November 2007 aaO und vom 23. Juni 2009 aaO; Senatsurteile vom 19. November 2009 aaO; vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09 aaO und vom 24. März 2011 aaO S. 875 f Rn. 14 ff).
- 16
- bb) Kenntnis vom Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen liegt im Allgemeinen vor, wenn dem Geschädigten die Erhebung einer Schadensersatzklage , sei es auch nur in Form einer Feststellungsklage, Erfolg versprechend , wenn auch nicht risikolos, möglich ist. Weder ist notwendig, dass der Geschädigte alle Einzelumstände kennt, die für die Beurteilung möglicherweise Bedeutung haben, noch muss er bereits hinreichend sichere Beweismittel in der Hand haben, um einen Rechtsstreit im Wesentlichen risikolos führen zu können. Auch kommt es - abgesehen von Ausnahmefällen - nicht auf die zutreffende rechtliche Würdigung an. Vielmehr genügt im Grundsatz die Kenntnis der den Einzelanspruch begründenden tatsächlichen Umstände. Hierzu gehört in Fällen unzureichender Beratung oder Aufklärung auch die Kenntnis der Umstände einschließlich der wirtschaftlichen Zusammenhänge, aus denen sich die Rechtspflicht zur Aufklärung ergibt. Die dem Geschädigten bekannten Tatsachen müssen ausreichen, um den Schluss auf ein schuldhaftes Fehlverhalten des Anspruchsgegners als nahe liegend erscheinen zu lassen. Es muss dem Geschädigten - lediglich - zumutbar sein, auf Grund dessen, was ihm hinsichtlich des tatsächlichen Geschehensablaufs bekannt ist, Klage zu erheben, wenn auch mit dem verbleibenden Prozessrisiko, insbesondere hinsichtlich der Nachweisbarkeit von Schadensersatz auslösenden Umständen (s. zu alldem etwa BGH, Urteile vom 3. Juni 2008 aaO S. 2578 f Rn. 27 f mwN; vom 23. September 2008 - XI ZR 253/07, NJW-RR 2009, 544, 546 Rn. 32 f; vom 10. November 2009 aaO S. 216 Rn. 14 und vom 15. Juni 2010 aaO Rn. 12).
- 17
- cc) Grobe Fahrlässigkeit setzt einen objektiv schwerwiegenden und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegt vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis deshalb fehlt, weil er ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt oder das nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen, wie etwa dann, wenn sich dem Gläubiger die den Anspruch begründenden Umstände förmlich aufgedrängt haben und er leicht zugängliche Informationsquellen nicht genutzt hat. Dem Gläubiger muss persönlich ein schwerer Obliegenheitsverstoß in seiner eigenen Angelegenheit der Anspruchsverfolgung, eine schwere Form von "Verschulden gegen sich selbst", vorgeworfen werden können (Senatsurteile vom 8. Juli 2010 aaO S. 161 Rn. 28 mwN; vom 22. Juli 2010 - III ZR 99/09 aaO Rn. 16 sowie III ZR 203/09 aaO Rn. 12; BGH, Urteil vom 10. November 2009 aaO S. 215 Rn. 13 mwN). Ihn trifft indes generell keine Obliegenheit, im Inte- resse des Schuldners an einem möglichst frühzeitigen Beginn der Verjährungsfrist Nachforschungen zu betreiben; vielmehr muss das Unterlassen von Ermittlungen nach Lage des Falles als geradezu unverständlich erscheinen, um ein grob fahrlässiges Verschulden des Gläubigers bejahen zu können (Senatsurteile vom 8. Juli 2010 aaO S. 161 f Rn. 28 und vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09 aaO; BGH, Urteil vom 10. November 2009 aaO S. 216 Rn. 15 f mwN).
- 18
- c) Diesen Maßgaben wird die Würdigung des Berufungsgerichts nicht in vollem Umfang gerecht. Das Berufungsgericht hat die Anforderungen an das Vorliegen grob fahrlässiger Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht in jeder Hinsicht zutreffend erkannt.
- 19
- aa) Wie der Senat inzwischen - nach Erlass des Berufungsurteils - mehrfach entschieden hat, genügt der Umstand, dass der Anlageinteressent den ihm überlassenen Emissionsprospekt nicht durchgelesen hat, für sich allein genommen noch nicht, um den Vorwurf einer grob fahrlässigen Unkenntnis von Auskunfts- oder Beratungsfehlern des Anlageberaters oder -vermittlers, die als solche aus der Lektüre des Prospekts ersichtlich wären, zu begründen (Senatsurteile vom 8. Juli 2010 aaO S. 162 ff Rn. 29 ff; vom 22. Juli 2010 - III ZR 99/09 aaO S. 68 Rn. 13 und S. 69 Rn. 17 ff; vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09 aaO S. 1027 f Rn. 15 ff und vom 5. Mai 2011 - III ZR 84/10, BeckRS 2011, 13871 Rn. 19). Der Anleger, der bei seiner Entscheidung die besonderen Erfahrungen und Kenntnisse eines Anlageberaters oder -vermittlers in Anspruch nimmt, misst den Ratschlägen, Auskünften und Mitteilungen des Beraters oder Vermittlers, die dieser ihm in einem persönlichen Gespräch unterbreitet, besonderes Gewicht bei. Die Prospektangaben, die notwendig allgemein gehalten sind und deren Detailfülle, angereichert mit volks-, betriebswirtschaftlichen und steuerrechtlichen Fachausdrücken, viele Anleger von einer näheren Lektüre abhält, treten demgegenüber regelmäßig in den Hintergrund. Vertraut daher der Anleger auf den Rat und die Angaben "seines" Beraters oder Vermittlers und sieht er deshalb davon ab, den ihm übergebenen Anlageprospekt durchzusehen und auszuwerten, so ist darin im Allgemeinen kein in subjektiver und objektiver Hinsicht "grobes Verschulden gegen sich selbst" zu sehen. Unterlässt der Anleger eine "Kontrolle" des Beraters oder Vermittlers durch Lektüre des Anlageprospekts , so weist dies auf das bestehende Vertrauensverhältnis hin und ist deshalb für sich allein genommen nicht schlechthin "unverständlich" oder "unentschuldbar" (Senatsurteile vom 8. Juli 2010 aaO S. 163 f Rn. 33; vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09 aaO S. 1028 Rn. 15 sowie III ZR 99/09 aaO S. 69 Rn. 19). Sofern im Einzelfall aus besonderen Gründen konkreter Anlass dafür entsteht, den Emissionsprospekt wegen des Verdachts auf eine bestimmte Pflichtverletzung (Beratungs- oder Auskunftsfehler) durchzulesen, beschränkt sich die Obliegenheit des Anlegers auf die diese Pflichtverletzung unmittelbar betreffenden Passagen des Prospekts; sie erstreckt sich mithin nicht (jedenfalls: nicht ohne Weiteres) auf weitere abgrenzbare, aus der Lektüre anderer Passagen des Prospekts etwa ersichtliche Aufklärungsfehler des Beraters oder Vermittlers (Senatsurteil vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09 aaO S. 1028 Rn. 18 f).
- 20
- bb) Hiernach beanstandet die Revision zu Recht, dass das Berufungsgericht eine den Beginn der Verjährung auslösende grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers von den behaupteten Beratungsfehlern im Kern daraus hergeleitet hat, dass der Kläger die Anforderung und Lektüre des Emissionsprospekts - den er seiner Behauptung nach erst einige Zeit nach der Zeichnung der Beteiligung erhielt - unterlassen habe. Dies vermag nach der erwähnten Senatsrechtsprechung noch keine grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB zu begründen.
- 21
- Soweit das Berufungsgericht eine grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers - zusätzlich - aus weiteren Umständen, insbesondere aus der unterbliebenen Beachtung von Hinweisen und gesondert unterzeichneten Erklärungen in anderen Vertragsunterlagen, entnimmt, hält dies den Angriffen der Revision und der hierauf bezogenen rechtlichen Überprüfung ebenfalls nicht stand. Aus diesen Umständen ergibt sich kein derart deutlicher und auffälliger Hinweis auf (etwaige) Beratungsfehler, dass eine grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers angenommen werden könnte.
- 22
- Dem Darlehensantrag vom 25. April 2001 sind keinerlei"Warnhinweise" zu entnehmen. Aus dem Darlehensvertrag vom 25. April/8. Mai 2001 konnte der Kläger zwar erkennen, dass am 30. April 2011 noch ein Darlehensbetrag von 22.874,90 DM offen stehen würde. Dies mag möglicherweise einen Anhalt geben für die Unrichtigkeit der behaupteten Beratung dahin, dass die Anlage nach Ablauf von zehn Jahren Überschüsse und ein"zusätzliches Einkommen" erbringen werde, aber noch keinen Aufschluss über die Unrichtigkeit der behaupteten Beratung des Inhalts, dass sich die Anlage finanziell (über Ausschüttungen und Steuervorteile) durchgehend selbst trage, und - erst recht - nicht über die weiteren vom Kläger gerügten Beratungsfehler.
- 23
- Die Beitrittserklärungen vom 25. April und 8. Mai 2001 enthalten die (formularmäßige) Angabe, dass der Anleger den Prospektinhalt vollinhaltlich zur Kenntnis genommen habe, sowie eine gesondert unterzeichnete "Informationsbestätigung" , wonach der Anleger den vollständigen Prospekt ausgehändigt bekommen habe, ihm ausreichend Zeit geblieben sei, den Prospektinhalt zur Kenntnis zu nehmen, und weitere über den Prospektinhalt hinausgehende Versprechungen und Zusicherungen nicht gemacht worden seien. Hieraus ergibt sich kein Anhalt für vom behaupteten Beratungsinhalt abweichende Risikohin- weise, zumal nicht derart, dass der Anleger nicht ohne grobe Fahrlässigkeit von der Durchsicht des Anlageprospekts (und der damit verbundenen "Kontrolle" der Angaben "seines" Beraters) absehen dürfte. Mithin bedarf es entgegen der Ansicht der Revision keiner Entscheidung, ob diese formularmäßigen Bestätigungen gemäß §§ 307 ff BGB unwirksam sind.
- 24
- Die "Gesprächsnotiz" vom 25. April 2001 enthält unter Nummer 6 zwar eine Reihe von Hinweisen. Diese sind aber nicht geeignet, die Annahme einer grob fahrlässigen Unkenntnis des Klägers von der Unrichtigkeit des behaupteten Inhalts der mündlichen Beratung zu stützen. Insbesondere die angeblich zugesagten (Kern-)Merkmale der "Sicherheit", "selbst tragendenFinanzierung" sowie dauerhaften, stabilen und hohen "Rentabilität" der Anlage werden durch diese Hinweise nicht - jedenfalls nicht mit der nötigen Klarheit und Auffälligkeit - in Zweifel gezogen; vielmehr wird vornehmlich auf den langfristigen Charakter der Kapitalanlage und mögliche Abschläge im Falle einer vorzeitigen Veräußerung (also auf eine solchermaßen eingeschränkte Fungibilität) aufmerksam gemacht (s. Nummer 6.1. und 6.2.).
- 25
- Auch die übrigen vom Berufungsgericht angeführten Fallumstände vermögen keine grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers zu begründen. Dies gilt insbesondere für die "Anlageerfahrung" des Klägers. Diese beschränkte sich zur damaligen Zeit - worauf die Revision zutreffend hinweist - auf eher "konservative" Kapitalanlagen (nämlich: Spareinlagen, Sparbriefe etc.); über spezifische Kenntnisse über Anlagen in geschlossenen Immobilienfonds verfügte der Kläger - soweit ersichtlich - nicht.
- 26
- d) Somit tragen die gegebene Begründung und die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht die Folgerung, dass der Klageanspruch verjährt sei.
- 27
- 3. Das Berufungsurteil ist nach alldem aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, weil das Berufungsgericht insbesondere zum Vorliegen von haftungsbegründenden Beratungsfehlern - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine abschließenden Feststellungen getroffen hat und die Sache daher nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Das Berufungsgericht hat hiernach Gelegenheit, sich mit dem weiteren Vorbringen der Parteien in der Revisionsinstanz zu befassen. Schlick Dörr Herrmann Hucke Tombrink
LG Würzburg, Entscheidung vom 07.07.2009 - 11 O 3019/07 -
OLG Bamberg, Entscheidung vom 15.03.2010 - 4 U 160/09 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsrechtszugs zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Der Kläger nimmt den Beklagten unter dem Vorwurf fehlerhafter Anlageberatung auf Schadensersatz in Anspruch.
- 2
- Empfehlung Auf des Beklagten zeichnete der Kläger am 28. Oktober 1999 über eine Summe von 150.000 DM zuzüglich 5 % Agio (7.500 DM) eine Beteiligung an der C. G. GmbH & Co. Vermietungs KG (Turmcenter F. ), einem geschlossenen Immobilienfonds. Die hierfür benötigten Mittel hatte der Kläger aus dem Verkauf eines von seinem Vater ererbten Hausgrundstücks gewonnen. Der Fonds wurde zum 31. Dezember 1999 nach Vollplatzierung geschlossen. Nach anfänglichen Ausschüttungen geriet der Fonds aufgrund deutlichen Rückgangs der Mieteinnahmen ab dem Jahre 2002 in zunehmende wirtschaftliche Schwierigkeiten. Der Versuch, die im Eigentum des Fonds stehende Büroturm-Immobilie - als wesentlichen Teil des Fondsvermögens - zu veräußern, blieb ohne Erfolg. Auf Antrag der finanzierenden Bank wurde am 4. August 2005 die Zwangsverwaltung des Objekts angeordnet. Die Hauptmieterin kündigte das Mietverhältnis außerordentlich zum 31. Dezember 2005. Am 17. Februar 2006 ordnete das Amtsgericht München die vorläufige Insolvenzverwaltung über das Vermögen der Fondsgesellschaft an.
- 3
- Der Kläger hat seine Schadensersatzforderung unter Einberechnung der Kosten für die Beteiligung an dem Fonds und entgangener anderweitiger Anlagezinsen - nach Abzug ihm verbliebener Ausschüttungen - mit 102.879,46 € beziffert und geltend gemacht, der Beklagte habe seine Pflichten aus dem Anlageberatungsvertrag verletzt, da er ihm mit der Fondsbeteiligung eine Anlage empfohlen habe, die seinem erklärten Anlageziel einer sicheren Altersvorsorge widersprochen habe. Der Beklagte habe ihn nicht auf die spezifischen Risiken dieser Anlage, insbesondere nicht auf das Risiko eines Totalverlusts, hingewiesen , die gebotene Überprüfung der wirtschaftlichen Plausibilität, Seriosität und Tragfähigkeit des Beteiligungsangebots unterlassen und negative Pressestimmen nicht berücksichtigt. Als Fachmann habe der Beklagte erkennen müssen, dass das Beteiligungsangebot auf eine Täuschung der neu eintretenden Anleger abgezielt und von vornherein keine Aussicht auf wirtschaftlichen Erfolg gehabt habe.
- 4
- Der Beklagte ist diesen Vorwürfen entgegengetreten und hat die Einrede der Verjährung erhoben.
- 5
- Das Landgericht hat der Klage nach Beweisaufnahme stattgegeben. Die Berufung des Beklagten ist im Wesentlichen - bis auf einen geringfügigen Teil der erstinstanzlich zugesprochenen Zinsen - ohne Erfolg geblieben. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
- 6
- Die zulässige Revision des Beklagten ist unbegründet.
I.
- 7
- Das Berufungsgericht (GWR 2010, 93) hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
- 8
- Dem Kläger stehe ein Schadensersatzanspruch wegen Vertragspflichtverletzung des Beklagten zu. Zwischen den Parteien sei ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen. Die ihm hieraus erwachsenen Pflichten habe der Beklagte verletzt, da er keine anlegergerechte - das heißt dem erklärten Anlageziel des Klägers gemäße - Beratung geleistet habe. Der Beklagte habe dem Kläger eine Kapitalanlage empfohlen, die für das Ziel einer Altersvorsorge erkennbar ungeeignet gewesen sei. Die Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds berge das Risiko des Totalverlusts. Nach den zu Grunde zu legenden Feststellungen des Landgerichts habe der Kläger eine Kapitalanlage gewünscht, die gerade auch dem Zweck der Altersversorgung habe dienen sollen. Durch den von ihm zu vertretenden Beratungsfehler habe der Beklagte einen Schaden in der mit der Klage geltend gemachten Höhe herbeigeführt. Ein anrechnungsfähiges Mitverschulden falle dem Kläger nicht zur Last, da er auf den Rat des Beklagten habe vertrauen dürfen. Der Schadensersatzanspruch des Klägers sei auch nicht verjährt. Es sei nicht feststellbar, dass der Kläger vor dem 1. Januar 2004 Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen gehabt oder sich insoweit grob fahrlässig in Unkenntnis befunden habe. Für eine grob fahrlässige Unkenntnis genüge es nicht, dass er den ihm überlassenen Anlageprospekt nicht durchgelesen habe.
II.
- 9
- Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht hat die Klage zu Recht als begründet angesehen. Der Beklagte schuldet dem Kläger den geforderten Schadensersatz nach den Grundsätzen der Haftung wegen positiver Vertragsverletzung (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).
- 10
- 1. Die Annahme des Berufungsgerichts, zwischen den Parteien sei - über eine reine Anlagevermittlung hinausgehend - ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen, der den Beklagten zu einer eingehenden anlegergerechten, an den konkreten Anlagezielen des Klägers orientierten Beratung verpflichtet habe, lässt Rechtsfehler nicht erkennen und wird von der Revision auch nicht angegriffen.
- 11
- 2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Auffassung des Berufungsgerichts , dass der Beklagte seine Pflichten aus dem Anlageberatungsvertrag verletzt habe, da er keine anlegergerechte - dem erklärten Anlageziel des Klägers gemäße - Beratung geleistet habe.
- 12
- a) Nach den Feststellungen beider Vorinstanzen, die maßgeblich auf die Würdigung der Aussage des erstinstanzlich vernommenen Zeugen R. -H.. E. , des Sohnes des Klägers, gestützt worden sind, hatte der Kläger dem Beklagten im Beratungsgespräch erklärt, dass es ihm neben dem Aspekt der Steuerersparnis gerade auch darum gehe, dass das Kapital "sicher" sei und so angelegt werden solle, dass es für das Alter reiche; der Zweck der Alterssicherung und -vorsorge sei ausdrücklich mitgeteilt worden.
- 13
- Diese Beweiswürdigung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
- 14
- Soweit der Beklagte einwendet, dass es weitere Gespräche zwischen den Parteien gegeben habe, an denen der Zeuge E. nicht beteiligt gewesen sei, weist die Revisionserwiderung in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht zu Recht darauf hin, dass der Beklagte nicht dargetan hat, dass der Kläger in diesen weiteren Gesprächen von dem bekundeten Anlageziel abgewichen wäre, insbesondere das Ziel einer "sicheren Altersvorsorge" aufgegeben hätte. Dass die Ziele einer einerseits steuersparenden und andererseits zur Altersvorsorge geeigneten, "sicheren" Kapitalanlage in einen Konflikt geraten können - jedoch nicht: geraten "müssen" -, steht der Schlüssigkeit und Widerspruchsfreiheit der Beweiswürdigung nicht entgegen.
- 15
- Auch mit seiner Rüge, das Berufungsgericht habe - ebenso wie schon das Landgericht - fehlerhaft davon abgesehen, ihn selbst zum Inhalt der Beratungsgespräche als Partei zu vernehmen oder anzuhören, vermag der Beklagte nicht durchzudringen. Mangels Zustimmung des Klägers (§ 447 ZPO) kam hier allein eine Parteivernehmung des Beklagten nach § 448 ZPO in Betracht. Diese setzt freilich voraus, dass aufgrund einer schon durchgeführten Beweisaufnahme oder des sonstigen Verhandlungsinhalts bereits eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die durch die Parteivernehmung zu beweisende Tatsache spricht ("Anbeweis"; s. etwa BGHZ 150, 334, 342; BGH, Urteil vom 19. Dezember 2002 - VII ZR 176/02 - NJW-RR 2003, 1002, 1003 m.w.N.). Hiervon ist das Berufungsgericht nicht ausgegangen, ohne dass ihm dabei ein Rechtsfehler unterlaufen ist.
- 16
- Allerdings kann im Fall der Beweisnot einer Partei eine Parteivernehmung nach § 448 ZPO oder eine Anhörung der Partei nach § 141 ZPO aus dem Gesichtspunkt der prozessualen Waffengleichheit notwendig sein. Der Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit, der Anspruch auf rechtliches Gehör sowie das Recht auf Gewährleistung eines fairen Prozesses und eines wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 103 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 6 Abs. 1 EMRK) erfordern, dass einer Partei, die für ein Vier-Augen-Gespräch - anders als die Gegenpartei - keinen Zeugen hat, Gelegenheit gegeben wird, ihre Darstellung des Gesprächs in den Prozess persönlich einzubringen; zu diesem Zweck ist die Partei gemäß § 448 ZPO zu vernehmen oder gemäß § 141 ZPO persönlich anzuhören (Senat, Urteil vom 12. Juli 2007 - III ZR 83/06 - NJW-RR 2007, 1690, 1691 Rn. 10 sowie Beschlüsse vom 25. September 2003 - III ZR 384/02 - NJW 2003, 3636 und vom 30. September 2004 - III ZR 369/03 - BeckRS 2004, 09779; BGH, Urteile vom 9. Oktober 1997 - IX ZR 269/96 - NJW 1998, 306 f; vom 16. Juli 1998 - I ZR 32/96 - NJW 1999, 363, 364; vom 19. Dezember 2002 aaO; vom 27. September 2005 - XI ZR 216/04 - NJW-RR 2006, 61, 63 und vom 23. April 2008 - XII ZR 195/06 - NJW-RR 2008, 1086, 1087 Rn. 13; BVerfG, NJW 2001, 2531 f; NJW 2008, 2170 f; EGMR, NJW 1995, 1413 f). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Bei dem vom Zeugen E. bekundeten Gespräch handelt es sich nicht um ein Vier-Augen-Gespräch. Der Zeuge E. hat bei dem Beratungsgespräch nicht anstelle des Klägers als dessen Vertreter gehandelt, sondern als weitere Person teilgenommen. Dass er dem Kläger als dessen Sohn nahe steht, rechtfertigt es nicht ohne weiteres, das Gespräch als ein zwischen den Parteien geführtes "Vier-Augen-Gespräch" einzuordnen (s. auch BGH, Urteil vom 23. April 2008 aaO; für den Fall des Gesprächs zwischen einer Prozesspartei und einem "außenstehenden" bzw. "nicht ausschließlich im Lager" der gegnerischen Partei stehenden Zeugen s. BGHZ 150, 334, 341 ff und Senatsbeschluss vom 30. September 2004 aaO). Hinzu kommt, dass sich der Beklagte für seine gegenteilige Behauptung, dass es dem Kläger stets und allein um die Steuerersparnis - als "einzige Richtschnur" - gegangen sei, nicht aber (auch) um eine sichere, zur Altersvorsorge geeignete Kapitalanlage, auf das Zeugnis der Steuerberaterin F. -F. berufen hat; diese Zeugin hat in ihrer Vernehmung vor dem Landgericht freilich bekundet, an den Gesprächen nicht beteiligt gewesen zu sein beziehungsweise sich hieran nicht mehr erinnern zu können. Bei dieser Lage einer - behaupteten - Gesprächsbeteiligung zweier weiterer als Zeugen vernommener Personen fordert der Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit nicht die Anhörung oder Vernehmung derjenigen Partei, zu deren Nachteil die Beweisaufnahme ausgegangen ist. Abgesehen davon ist den Belangen der in Beweisnot geratenen Partei zureichend Genüge getan, wenn diese bei oder nach der Beweisaufnahme (Zeugenvernehmung ) vor Gericht persönlich anwesend war und daher die Möglichkeit hatte, ihre Darstellung vom Verlauf des Gesprächs durch eine Wortmeldung gemäß § 137 Abs. 4 ZPO persönlich vorzutragen oder den Zeugen zu befragen (Senatsbeschlüsse vom 25. September 2003 aaO und vom 30. September 2004 aaO; BGH, Urteil vom 23. April 2008 aaO; BVerfG, NJW 2008, 2170, 2171). Der Beklagte war bei sämtlichen Verhandlungs- und Beweisterminen in beiden Vorinstanzen persönlich anwesend; zum Verhandlungstermin vor dem Berufungsgericht war zudem sein persönliches Erscheinen angeordnet worden. Dafür, dass er daran gehindert gewesen wäre, in diesen Terminen seine Sicht der Gesprächsinhalte zu schildern, ist nichts vorgetragen noch sonst ersichtlich.
- 17
- b) Ausgehend davon, dass der Kläger ausdrücklich - auch - eine "sichere" , zur Altersvorsorge geeignete Kapitalanlage wünschte, hat das Berufungsgericht einen Beratungsfehler des Beklagten zu Recht schon darin gesehen, dass dieser dem Kläger die Anlage in dem hier streitgegenständlichen geschlossenen Immobilienfonds empfohlen hat.
- 18
- Eine solche Empfehlung verletzte die Pflicht zur "anlegergerechten", auf die persönlichen Verhältnisse und Anlageziele des Kunden zugeschnittene Beratung. Soll gemäß dem Anlageziel des Kunden eine sichere Geldanlage getätigt werden, so kann, wie dies der Senat bereits mehrfach ausgesprochen hat, die Empfehlung einer unternehmerischen Beteiligung wegen des damit regelmäßig verbundenen Verlustrisikos schon für sich genommen fehlerhaft sein (Senatsurteile vom 19. Juni 2008 - III ZR 159/07 - BeckRS 2008, 13080 Rn. 6 und vom 19. November 2009 - III ZR 169/08 - BKR 2010, 118, 120 Rn. 21). Zwar ist bei der Beteiligung an einem Immobilienfonds das Risiko eines anteilmäßig hohen Kapitalverlusts meist gering zu veranschlagen; dies gilt insbesondere für das Risiko eines Totalverlusts, da dem Fonds in aller Regel der Sachwert des Immobilienvermögens verbleibt (vgl. dazu BGHZ 167, 239, 249 Rn. 26 sowie BGH, Urteile vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 337/08 - NJW-RR 2010, 115, 116 Rn. 25 und - XI ZR 338/08 - BB 2010, 15, 16 Rn. 28). Gleichwohl handelt es sich hierbei um eine "unternehmerische Beteiligung", die als solche das Risiko birgt, dass das eingesetzte Kapital zumindest zu einem Teil verloren gehen kann. Dieses Risiko hängt in seinem Ausmaß unter anderem von der Eigenkapital -/Fremdkapitalquote, der Entwicklung der Immobilienpreise und Mieteinkünfte und den zu Grunde gelegten Wertansätzen ab. Da die hier empfohlene Fondsanlage - worauf der Beklagte den Kläger unter Bezugnahme auf entsprechende Angaben im Anlageprospekt hingewiesen haben will - sogar (im "Extremfall" ) ein "Totalverlustrisiko" aufwies, durfte diese Beteiligung nicht als praktisch (weitgehend) "risikofrei" und mithin "sichere", zur Altersvorsorge geeignete Kapitalanlage eingeordnet werden. Gegenteiliges hat der Beklagte in den Vorinstanzen auch nicht geltend gemacht.
- 19
- Unter diesen Umständen hätte der Beklagte dem Kläger die hier eingegangene Beteiligung nicht empfehlen dürfen, sondern davon abraten müssen. Dafür, dass der Kläger, etwa unter dem Eindruck entsprechender deutlicher Hinweise des Beklagten, von seinem Anlageziel einer "sicheren", zur Altersvorsorge geeigneten Kapitalanlage abgerückt wäre und sich letztlich bewusst auf eine diesem Anlageziel widersprechende Fondsbeteiligung eingelassen hätte, hat der Beklagte keinen tragfähigen Anhaltspunkt vorgetragen, und ein solcher ist auch im Übrigen nicht ersichtlich.
- 20
- 3. Die Kausalität des Beratungsfehlers des Beklagten für die Anlageentscheidung des Klägers und den ihm daraus erwachsenen Schaden hat das Berufungsgericht mit Recht bejaht. Diesen Punkt greift die Revision auch nicht an. Für den Ursachenzusammenhang zwischen einer fehlerhaften Beratung und der Anlageentscheidung spricht eine durch die Lebenserfahrung begründete tatsächliche Vermutung (s. etwa Senatsurteile vom 9. Februar 2006 - III ZR 20/05 - NJW-RR 2006, 685, 687 f Rn. 22 ff; vom 19. Juni 2008 aaO Rn. 8; vom 5. November 2009 aaO S. 351 Rn. 21 und vom 19. November 2009 aaO S. 121 Rn. 26 sowie Senatsbeschluss vom 9. April 2009 - III ZR 89/08 - BeckRS 2009, 11192 Rn. 8 m.w.N.). Diese Vermutung hat der Beklagte nicht zu entkräften vermocht.
- 21
- 4. Auch gegen den Umfang des zuerkannten Schadensersatzanspruchs und die Ablehnung eines anrechnungsfähigen Mitverschuldens des Klägers (§ 254 BGB) bringt die Revision nichts vor. Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass ein Mitverschulden des Anlageinteressenten im Falle eines Schadensersatzanspruchs wegen der Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflichten nur unter besonderen Umständen zur Anrechnung kommt, weil sich der Anleger regelmäßig auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der ihm erteilten Aufklärung und Beratung verlassen darf (s. dazu BGHZ 100, 117, 125; BGH, Urteile vom 25. November 1981 - IVa ZR 286/80 - NJW 1982, 1095, 1096; vom 26. September 1997 - V ZR 65/96 - NJW-RR 1998, 16 und vom 13. Januar 2004 - XI ZR 355/02 - NJW 2004, 1868, 1870, jeweils m.w.N.).
- 22
- 5. Entgegen der Ansicht der Revision greift auch der Einwand der Verjährung (§ 214 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB) nicht durch. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Verjährungsfrist habe nicht vor Ablauf des Jahres 2004 zu laufen begonnen und sei daher durch Zustellung des Mahnbescheids am 13. Februar 2007 gehemmt worden (§ 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB), lässt Rechtsfehler nicht erkennen.
- 23
- a) Der hier in Rede stehende Schadensersatzanspruch wegen positiver Vertragsverletzung ist im Jahre 1999, nämlich mit dem vom Beklagten empfohlenen Erwerb der Beteiligung an dem geschlossenen Immobilienfonds, entstan- den (§ 198 Satz 1 BGB a.F.) und unterlag mithin zunächst der 30jährigen Verjährungsfrist nach § 195 BGB a.F.
- 24
- Zwar ist der Eintritt eines Schadens regelmäßig erst dann anzunehmen, wenn es zu einer konkreten Verschlechterung der Vermögenslage des Gläubigers gekommen ist; der Eintritt einer risikobehafteten Situation genügt dafür grundsätzlich nicht (BGHZ 73, 363, 365; 100, 228, 231 f; 124, 27, 30; BGH, Urteil vom 17. Februar 2000 - IX ZR 436/98 - NJW 2000, 1498, 1499). Allerdings kann der auf einer fehlerhaften Beratung beruhende Erwerb einer für den Anlageinteressenten nachteiligen, seinen konkreten Anlagezielen und Vermögensinteressen nicht entsprechenden Kapitalanlage bereits für sich genommen einen Schaden darstellen und ihn deshalb - unabhängig von der Werthaltigkeit der Anlage - dazu berechtigen, im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung des Erwerbs der Anlage zu verlangen; der Schadensersatzanspruch entsteht hierbei schon mit dem (unwiderruflichen und vollzogenen) Erwerb der Kapitalanlage (BGHZ 162, 306, 309 f; BGH, Urteile vom 7. Mai 1991 - IX ZR 188/90 - NJW-RR 1991, 1125, 1127; vom 27. Januar 1994 - IX ZR 195/93 - NJW 1994, 1405, 1407; vom 26. September 1997 - V ZR 29/96 - NJW 1998, 302, 304 und vom 19. Juli 2004 - II ZR 354/02 - NJW-RR 2004, 1407). So liegt es auch hier.
- 25
- b) Gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 EGBGB gilt seit dem 1. Januar 2002 für den bis dahin nicht verjährten Schadensersatzanspruch die dreijährige Regelverjährung nach § 195 BGB n.F., wobei für den Fristbeginn zusätzlich die subjektiven Voraussetzungen nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB vorliegen müssen; der Gläubiger muss von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt haben oder seine diesbezügliche Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruhen (BGHZ 171, 1, 7 ff Rn. 19 ff; 179, 260, 276 Rn. 46; BGH, Urteil vom 9. November 2007 - V ZR 25/07 - NJW 2008, 506 Rn. 8; Senatsurteil vom 19. November 2009 aaO S. 119 Rn. 13). Für eine dahingehende Kenntnis oder grobfahrlässige Unkenntnis des Klägers trägt der Beklagte als Schuldner die Darlegungs- und Beweislast (BGHZ 171, 1, 11 Rn. 32; BGH, Urteil vom 3. Juni 2008 - XI ZR 319/06 - NJW 2008, 2576, 2578 Rn. 25).
- 26
- c) Die Würdigung des Berufungsgerichts, eine grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers von den Anspruchsvoraussetzungen ergebe sich nicht schon daraus, dass dieser es unterlassen hat, den ihm übergebenen Emissionsprospekt durchzulesen und hierbei auf durchgreifende Hinweise auf die fehlende Eignung der Kapitalanlage für seine Anlageziele zu stoßen, hält den Angriffen der Revision stand.
- 27
- aa) Die tatrichterliche Beurteilung, ob einer Partei der Vorwurf grober Fahrlässigkeit zu machen ist, unterliegt der Nachprüfung durch das Revisionsgericht nur dahin, ob der Tatrichter den Begriff der groben Fahrlässigkeit verkannt , bei der Beurteilung des Verschuldensgrades wesentliche Umstände außer Betracht gelassen oder gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verstoßen hat (st. Rspr.; s. nur BGHZ 10, 14, 16 f; 10, 69, 74; 145, 337, 340; 163, 351, 353; BGH, Urteile vom 23. September 2008 - XI ZR 262/07 - NJW-RR 2009, 547 Rn. 17 m.w.N. und vom 10. November 2009 - VI ZR 247/08 - VersR 2010, 214, 215 Rn. 12 m.w.N.).
- 28
- Grobe Fahrlässigkeit setzt einen objektiv schwerwiegenden und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegt vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis deshalb fehlt, weil er ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt oder das nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen, wie etwa dann, wenn sich dem Gläubiger die den Anspruch begründenden Umstände förmlich aufgedrängt haben und er leicht zugängliche Informationsquellen nicht genutzt hat (s. BGH, Urteile vom 23. September 2008 aaO Rn. 16 und vom 10. November 2009 aaO Rn. 13 m.w.N.; Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/6040, S. 108 unter anderem mit Hinweis auf BGHZ 10, 14, 16 und 89, 153, 161; Palandt/Ellenberger, BGB, 69. Aufl., § 199 Rn. 36; MünchKommBGB/ Grothe, 5. Aufl., § 199 Rn. 28; Henrich/Spindler, in: Bamberger/Roth, BGB, 2. Aufl., § 199 Rn. 19 f). Dem Gläubiger muss persönlich ein schwerer Obliegenheitsverstoß in seiner eigenen Angelegenheit der Anspruchsverfolgung, eine schwere Form von "Verschulden gegen sich selbst", vorgeworfen werden können (BGH, Urteil vom 10. November 2009 aaO m.w.N.; Grothe aaO). Ihn trifft generell keine Obliegenheit, im Interesse des Schuldners an einem möglichst frühzeitigen Beginn der Verjährungsfrist Nachforschungen zu betreiben; vielmehr muss das Unterlassen von Ermittlungen nach Lage des Falles als geradezu unverständlich erscheinen, um ein grob fahrlässiges Verschulden des Gläubigers bejahen zu können (s. BGH, Urteil vom 10. November 2009 aaO S. 216 Rn. 15 f m.w.N.; s. auch Grothe aaO).
- 29
- bb) Nach diesen Maßgaben ist die Auffassung des Berufungsgerichts, der Umstand, dass der Anlageinteressent den ihm überlassenen Emissionsprospekt nicht durchgelesen hat, genüge für sich allein noch nicht, um die grob fahrlässige Unkenntnis von einem Beratungsfehler zu begründen, nicht zu beanstanden.
- 30
- Diese Frage wird in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte allerdings nicht einheitlich beantwortet. Eine Reihe von Oberlandesgerichten hält es für einen den Vorwurf grober Fahrlässigkeit rechtfertigenden schweren Verstoß gegen die Gebote des eigenen Interesses des Anlageinteressenten, wenn er es im Zusammenhang mit einer bedeutsamen Investitionsentscheidung unterlässt, den ihm von einem Anlageberater oder einem Anlagevermittler zur Verfügung gestellten Anlageprospekt durchzulesen, und aus diesem Grunde nicht bemerkt , dass er falsch beraten oder ihm eine unrichtige Auskunft erteilt worden ist (so OLG Frankfurt am Main, OLGR 2008, 880, 881 f und Beschluss vom 20. September 2007 - 14 W 75/07 - juris Rn. 5; OLG Düsseldorf, Teilurteil vom 18. April 2008 - I-16 U 275/06 - juris Rn. 58 ff; OLG Köln, Beschluss vom 22. Oktober 2008 - 13 U 10/08 - juris Rn. 7 f; Brandenburgisches OLG, Urteile vom 19. Februar 2009 - 12 U 140/08 - juris Rn. 26 ff und vom 30. April 2009 - 12 U 225/08 - juris Rn. 24; OLG Celle, OLGR 2009, 121) Dabei wird teilweise grob fahrlässige Unkenntnis selbst für den Fall bejaht, dass der Prospekt erst bei oder sogar kurz nach der Zeichnung übergeben worden ist (OLG Köln aaO; Brandenburgisches OLG aaO), teilweise nur für den Fall, dass der Prospekt ausreichende Zeit vor dem abschließenden Beratungsgespräch vorgelegen hat (OLG Celle aaO). Die Gegenansicht verweist demgegenüber darauf, dass der Anlageinteressent regelmäßig auf die Richtigkeit und Ordnungsmäßigkeit der ihm erteilten Anlageberatung vertrauen und ihm eine unterbliebene "Kontrolle" dieser Beratung durch Lektüre des Prospekts deshalb nicht ohne weiteres als grobe Fahrlässigkeit vorgehalten werden dürfe (s. OLG München, Urteil vom 6. September 2006 - 20 U 2694/06 - juris Rn. 63; OLG Hamm, Urteile vom 20. November 2007 - 4 U 98/07 - juris Rn. 49 und vom 26. November 2009 - I-4 U 224/08 - juris Rn. 50).
- 31
- Der erkennende Senat hält die letzterwähnte Ansicht für zutreffend.
- 32
- Zwar kommt dem Anlageprospekt in aller Regel eine große Bedeutung für die Information des Anlageinteressenten über die ihm empfohlene Kapitalanlage zu. Sofern der Prospekt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln, und er dem Anleger rechtzeitig vor Vertragsschluss überlassen worden ist, kann die Aushändigung eines Prospekts im Einzelfall ausreichen, um den Beratungs- und Auskunftspflichten Genüge zu tun (s. etwa Senat, Versäumnisurteil vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06 - NJW-RR 2007, 621, 622 Rn. 17 sowie Urteile vom 12. Juli 2007 - III ZR 145/06 - NJWRR 2007, 1692 Rn. 9; vom 19. Juni 2008 aaO Rn. 7; vom 5. März 2009 - III ZR 302/07 - NJW-RR 2009, 687, 688 Rn. 17; vom 5. März 2009 - III ZR 17/08 - WM 2009, 739, 740 Rn. 12 und vom 19. November 2009 aaO S. 120 Rn. 24 m.w.N.; s. auch BGH, Urteil vom 21. März 2005 - II ZR 310/03 - NJW 2005, 1784, 1787 f). Es liegt daher zweifellos im besonderen Interesse des Anlegers, diesen Prospekt eingehend durchzulesen.
- 33
- Andererseits misst der Anleger, der bei seiner Anlageentscheidung die besonderen Erfahrungen und Kenntnisse eines Anlageberaters oder Anlagevermittlers in Anspruch nimmt, den Ratschlägen, Auskünften und Mitteilungen des Anlageberaters oder -vermittlers, die dieser ihm in einem persönlichen Gespräch unterbreitet, besonderes Gewicht bei. Die Prospektangaben, die notwendig allgemein gehalten sind und deren Detailfülle, angereichert mit volks-, betriebswirtschaftlichen und steuerrechtlichen Fachausdrücken, viele Anleger von einer näheren Lektüre abhält, treten demgegenüber regelmäßig in den Hintergrund. Vertraut daher der Anleger auf den Rat und die Angaben "seines" Beraters oder Vermittlers und sieht er deshalb davon ab, den ihm übergebenen Anlageprospekt durchzusehen und auszuwerten, so ist darin im Allgemeinen kein in subjektiver und objektiver Hinsicht "grobes Verschulden gegen sich selbst" zu sehen. Unterlässt der Anleger eine "Kontrolle" des Beraters oder Vermittlers durch Lektüre des Anlageprospekts, so weist dies auf das bestehende Vertrauensverhältnis zurück und ist daher für sich allein genommen nicht schlechthin "unverständlich" oder "unentschuldbar".
- 34
- Eine andere Betrachtungsweise stünde zum einen in einem Wertungswiderspruch zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Frage des anspruchsmindernden Mitverschuldens (siehe oben 4.). Zum anderen würde sie den Anleger unangemessen benachteiligen und seinen Schadensersatzanspruch oftmals leer laufen lassen. Denn die Risiken und Nachteile einer Kapitalanlage wirken sich vielfach erst einige Jahre nach dem Erwerb finanziell spürbar aus (Reduzierung oder gar Wegfall von Ausschüttungen etc.). Fiele dem Anleger bereits die unterbliebene Lektüre des Anlageprospekts als grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB zur Last, so wäre sein Schadensersatzanspruch häufig schon verjährt, bevor sich die Risiken oder Nachteile der Kapitalanlage für ihn "bemerkbar" machen und er sich daher veranlasst sieht, die Richtigkeit der ihm von einem Anlageberater oder -vermittler gegebenen Empfehlungen und Auskünfte zu hinterfragen.
- 35
- cc) Die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, auch nach der Zeichnung der Anlage habe sich in der Zeit bis zum 1. Januar 2004 kein dringender , den Vorwurf der grob fahrlässigen Unkenntnis rechtfertigender Anlass für die Lektüre des Emissionsprospekts ergeben, ist revisionsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.
Hucke Tombrink
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 11.09.2008 - 29 O 102/07 -
OLG Köln, Entscheidung vom 25.08.2009 - 24 U 154/08 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Der Kläger verlangt aus eigenem und aus abgetretenem Recht seiner Ehefrau Schadensersatz wegen behaupteter Pflichtverletzungen der Beklagten anlässlich der Zeichnung einer Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds.
- 2
- Der Kläger und seine Ehefrau traten im Dezember 1992 der 2. Beteiligungs KG W. B. GmbH & Co. N. - Fonds Nr. 12 bei. Die Einlage betrug 100.000 DM zuzüglich Agio. In den Jahren 1994 bis 1997 erhielten die Eheleute Ausschüttungen von insgesamt 14.537,03 DM. In der Folgezeit unterblieben weitere Ausschüttungen. Die Anleger wurden stattdessen aufgefordert, zur Vermeidung einer Insolvenz des Fonds Nachschüsse zu leisten. Insoweit zahlten die Eheleute am 26. Oktober 1999 9.207,45 DM sowie am 29. September 2004 8.826,93 €.
- 3
- Der Kläger hat behauptet, der Anlageentscheidung sei eine fehlerhafte Beratung durch den Geschäftsführer T. der K. & T. GmbH, der Rechtsvorgängerin der Beklagten, vorangegangen. Dieser habe die Beteiligung im Hinblick auf eine bestehende Mietgarantie als sicher bezeichnet. Ein Hinweis auf ein unternehmerisches Risiko, vor allem auf die Möglichkeit des Totalverlusts, und auf die mangelnde Eignung des Fonds zur Altersvorsorge sei nicht erfolgt. Genauso wenig sei über das Fehlen eines Zweitmarkts (Fungibilität der Anlage) und das Risiko des Wiederauflebens der Kommanditistenhaftung nach § 172 Abs. 4 HGB aufgeklärt worden. Den Anlageprospekt hätten sie erst nach der Zeichnung der Beteiligung erhalten. Über die Beratungspflichtverletzungen der Beklagten habe ihn sein Anwalt Ende 2004 informiert.
- 4
- Das Landgericht hat die Schadensersatzklage wegen Verjährung abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Gegen das Urteil des Oberlandesgerichts richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Klägers.
Entscheidungsgründe
- 5
- Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
- 6
- Nach Auffassung des Oberlandesgerichts sind die streitgegenständlichen Ansprüche verjährt (Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 EGBGB, §§ 195, 199 Abs. 1 BGB).
- 7
- Der Kläger und seine Ehefrau hätten spätestens seit der Aufforderung des Fonds vom 26. Oktober 1999, zur Abwendung von dessen Insolvenz Nachzahlungen zu leisten, gewusst, dass sie in den nach Maßgabe ihrer Darstellung mit dem Geschäftsführer T. geführten Gesprächen unrichtig informiert worden seien. Die Kapitalanlage sei weder sicher noch zur Altersvorsorge geeignet gewesen; ein Totalverlust habe nicht nur entfernt gedroht, sondern diese Gefahr ganz akut bestanden.
- 8
- Die Tatsache, dass der Kläger und seine Ehefrau die fehlende Fungibilität der Anlage und die Regelung des § 172 Abs. 4 HGB nicht gekannt hätten, beruhe auf grober Fahrlässigkeit. Wie das Landgericht zu Recht unter Hinweis auf die nachträgliche erhebliche Abweichung der tatsächlichen von der versprochenen Entwicklung der Kapitalanlage ausgeführt habe, hätten die Eheleute nach Erhalt der Nachzahlungsaufforderung im Jahre 1999 einen ganz konkreten Anlass gehabt, den Prospekt eingehend durchzulesen und sich darüber zu informieren, welche Art von Anlage sie denn nun tatsächlich gezeichnet hätten. Wäre dies geschehen, hätten sie insbesondere den Ausführungen auf Seite 22 und 24 des Prospekts die notwendigen Fakten zur eingeschränkten Veräußerungsmöglichkeit und zur Kommanditistenhaftung entnehmen können. Hätten sie zudem bereits 1999 auf die Nachforderung reagiert und zwecks Klageerhebung einen Anwalt aufgesucht, wäre ihnen auch auf diesem Weg die entsprechende Kenntnis bereits damals vermittelt worden. Dass sie weder von der ei- nen noch der anderen Möglichkeit Gebrauch gemacht, sondern die Nachforderung ohne weiteres bedient hätten, stelle eine grobe Verletzung der verkehrsüblichen Sorgfalt dar. Die Eheleute hätten insoweit ganz nahe liegende Überlegungen , nämlich die, falsch informiert worden zu sein, nicht angestellt und auch das nicht beachtet, was jedem einleuchte, dass man nämlich zur Verfolgung seiner Rechte aktiv werden müsse. Bei der gegebenen Sachlage sei nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen sie nicht bereits im Jahre 1999 rechtliche Schritte wegen der mangelnden Sicherheit der Anlage und des Totalverlustrisikos unternommen hätten. Die fehlende Fungibilität und der fehlende Hinweis auf § 172 Abs. 4 HGB wären ihnen bei der Lektüre des Prospekts und/oder der Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe ohne weiteres bekannt geworden. Abgesehen davon seien diese beiden Punkte in diesem Zusammenhang nur von untergeordneter Bedeutung, denn bei drohender Insolvenz des Fonds komme es darauf ohnehin nicht mehr an.
II.
- 9
- Dies hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis nicht stand. Zwar hat das Berufungsgericht in tatrichterlicher Würdigung ohne Rechtsfehler - auch die Revision wendet sich hiergegen nicht - festgestellt, dass der Kläger und seine Ehefrau im Zusammenhang mit der Aufforderung des Fonds, zur Abwendung von dessen Insolvenz Nachzahlungen zu leisten, Kenntnis davon erhalten haben , dass entgegen den behaupteten Erklärungen des Geschäftsführers T. die gewählte Kapitalanlage nicht sicher und deswegen auch zur Altersversorgung ungeeignet war bzw. das ernsthafte Risiko auch eines Totalverlusts bestand. Soweit das Berufungsgericht hieran anknüpfend allerdings die Auffassung vertreten hat, die fehlende Kenntnis der Eheleute von der mangelnden Fungibilität der Kapitalanlage und der Regelung des § 172 Abs. 4 HGB beruhe auf grober Fahrlässigkeit, ist dies rechtsfehlerhaft. Verjährung ist insoweit nicht eingetreten.
- 10
- 1. Die hier in Rede stehenden Ansprüche wegen positiver Vertragsverletzung sind im Jahre 1992, nämlich mit dem Erwerb der Beteiligung an dem geschlossenen Immobilienfonds, entstanden (§ 198 Satz 1 BGB a.F.) und unterlagen zunächst der 30jährigen Verjährungsfrist nach § 195 BGB a.F. Zwar ist der für den Verjährungsbeginn maßgebliche Eintritt eines Schadens regelmäßig erst dann anzunehmen, wenn es zu einer konkreten Verschlechterung der Vermögenslage des Gläubigers gekommen ist; der Eintritt einer risikobehafteten Situation reicht dafür regelmäßig nicht (vgl. nur BGHZ 73, 363, 365; 100, 228, 231 f; 124, 27, 30). Jedoch kann der auf einer Aufklärungs- oder Beratungspflichtverletzung beruhende Erwerb einer für den Anlageinteressenten nachteiligen, weil seinen konkreten Anlagezielen und Vermögensinteressen nicht entsprechenden Kapitalanlage bereits für sich genommen einen Schaden darstellen und ihn deshalb - unabhängig von der ursprünglichen Werthaltigkeit der Anlage - dazu berechtigen, im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung zu verlangen; der Anspruch entsteht hierbei schon mit dem (unwiderruflichen und vollzogenen) Erwerb der Anlage (vgl. - jeweils m.w.N. - nur BGHZ 162, 306, 309 f; Senat, Urteil vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09 - Rn. 24, für BGHZ vorgesehen). So liegt der Fall auch hier.
- 11
- 2. Gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 EGBGB gilt seit dem 1. Januar 2002 für bis dahin nicht verjährte Schadensersatzansprüche die dreijährige Regelverjährung nach § 195 BGB n.F. Hierbei setzt der Beginn der Frist allerdings das Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB voraus, das heißt der Gläubiger muss von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt haben oder seine diesbezügliche Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruhen (vgl. nur BGHZ 171, 1, 7 ff Rn. 19 ff; 179, 260, 276 Rn. 46; Senat, Urteile vom 19. November 2009 - III ZR 169/08 - BKR 2010, 118, 119 Rn. 13, vom 8. Juli 2010, aaO, Rn. 25). Für eine dahingehende Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis trägt der Schuldner - hier also die Beklagte - die Darlegungs- und Beweislast (vgl. nur BGHZ 171, 1, 11 Rn. 32; BGH, Urteil vom 3. Juni 2008 - XI ZR 319/06 - ZIP 2008, 1714, 1717, Rn. 25; Senat, Urteil vom 8. Juli 2010, aaO).
- 12
- 3. Hierbei obliegt die tatrichterliche Beurteilung, ob einer Partei der Vorwurf grober Fahrlässigkeit zu machen ist, der Nachprüfung durch das Revisionsgericht nur dahin, ob der Tatrichter den Begriff der groben Fahrlässigkeit verkannt, bei der Beurteilung des Verschuldensgrads wesentliche Umstände außer Acht gelassen oder gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verstoßen hat (vgl. nur BGHZ 10, 14, 16 f; 10, 69, 74; 145, 337, 340; 163, 351, 353; Senat, Urteil vom 8. Juli 2010, aaO Rn. 27). Grobe Fahrlässigkeit setzt dabei einen objektiv schwerwiegenden und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegt demnach nur vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis deshalb fehlt, weil er ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt und nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Ihm muss persönlich ein schwerer Obliegenheitsverstoß in seiner eigenen Angelegenheit der Anspruchsverfolgung („Verschulden gegen sich selbst“) vorgeworfen werden können, weil sich ihm die den Anspruch begründenden Umstände förmlich aufgedrängt haben , er davor aber letztlich die Augen verschlossen hat (vgl. nur BGH, Urteile vom 23. September 2008 - XI ZR 262/97 - ZIP 2008, 2164, 2165, Rn. 16; vom 10. November 2009 - VI ZR 247/08 - VersR 2010, 214, 215, Rn. 13; Senat, Ur- teil vom 8. Juli 2010, aaO Rn. 28 m.w.N.). Hierbei trifft den Gläubiger aber generell keine Obliegenheit, im Interesse des Schuldners an einem möglichst frühzeitigen Beginn der Verjährungsfrist Nachforschungen zu betreiben; vielmehr muss das Unterlassen von Ermittlungen nach Lage des Falls als geradezu unverständlich erscheinen, um ein grob fahrlässiges Verschulden des Gläubigers bejahen zu können (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 2009 aaO S. 216 Rn. 15 f m.w.N.; Senat, Urteil vom 8. Juli 2010, aaO).
- 13
- 4. Geht es - wie hier - um den Vorwurf verschiedener Aufklärungs- oder Beratungsfehler, sind die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB allerdings getrennt für jede einzelne Pflichtverletzung zu prüfen. Wird ein Schadensersatzanspruch auf mehrere Fehler gestützt, beginnt die Verjährung daher nicht einheitlich, wenn bezüglich eines Fehlers Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis vorliegt und dem Anleger insoweit eine Klage zumutbar wäre. Vielmehr ist jede Pflichtverletzung verfahrensrechtlich selbständig zu behandeln. Dem Gläubiger muss es in einem solchen Fall auch unbenommen bleiben, eine ihm bekannt gewordene Pflichtverletzung - selbst wenn eine darauf gestützte Klage auf Rückabwicklung des Vertrags erfolgversprechend wäre - hinzunehmen, ohne Gefahr zu laufen, dass deshalb Ansprüche aus weiteren, ihm zunächst aber noch unbekannten Pflichtverletzungen zu verjähren beginnen (vgl. BGH, Urteil vom 9. November 2007 - V ZR 25/07 - NJW 2008, 506, 507 Rn. 14 ff; Senat, Urteil vom 19. November 2009, aaO S. 119 f Rn. 14 f).
- 14
- 5. Mit diesen Grundsätzen ist die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht vereinbar.
- 15
- a) Wie der Senat in seinem Urteil vom 8. Juli 2010 (aaO Rn. 29 ff) entschieden hat, liegt eine grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB im Allgemeinen nicht schon dann vor, wenn sich die für die Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände einer Aufklärungs- oder Beratungspflichtverletzung notwendigen Informationen aus dem Anlageprospekt ergeben, der Anleger aber dessen Lektüre unterlassen hat. Zwar kommt dem Prospekt in aller Regel eine große Bedeutung für die Information des Anlageinteressenten über die ihm empfohlene Kapitalanlage zu. Sofern der Prospekt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln, und er dem Anleger rechtzeitig vor Vertragsschluss überlassen worden ist, kann die Aushändigung eines Prospekts im Einzelfall ausreichen, um den Beratungsund Auskunftspflichten Genüge zu tun (siehe etwa Senat, Versäumnisurteil vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06 - NJW-RR 2007, 621, 622 Rn. 17 sowie Urteile vom 12. Juli 2007 - III ZR 145/06 - NJW-RR 2007, 1692 Rn. 9, vom 19. Juni 2008 - III ZR 159/07 - BeckRS 2008, 13080 Rn. 7, vom 5. März 2009 - III ZR 302/07 - NJW-RR 2009, 687, 688 Rn. 17, vom 5. März 2009 - III ZR 17/08 - WM 2009, 739, 740 Rn. 12 und vom 19. November 2009 aaO S. 120 Rn. 24 m.w.N.; s. auch BGH, Urteil vom 21. März 2005 - II ZR 310/03 - NJW 2005, 1784, 1787 f). Es liegt daher zweifellos im besonderen Interesse des Anlegers, diesen Prospekt eingehend durchzulesen. Andererseits misst der Anleger, der bei seiner Entscheidung die besonderen Erfahrungen und Kenntnisse eines Anlageberaters oder -vermittlers in Anspruch nimmt, den Ratschlägen, Auskünften und Mitteilungen des Beraters oder Vermittlers, die dieser ihm in einem persönlichen Gespräch unterbreitet, besonderes Gewicht bei. Die Prospektangaben, die notwendig allgemein gehalten sind und deren Detailfülle, angereichert mit volks-, betriebswirtschaftlichen und steuerrechtlichen Fachausdrücken, viele Anleger von einer näheren Lektüre abhält, treten demgegenüber regelmäßig in den Hintergrund. Vertraut daher der Anleger auf den Rat und die Angaben "sei- nes" Beraters oder Vermittlers und sieht er deshalb davon ab, den ihm übergebenen Anlageprospekt durchzusehen und auszuwerten, so ist darin im Allgemeinen kein in subjektiver und objektiver Hinsicht "grobes Verschulden gegen sich selbst" zu sehen. Unterlässt der Anleger eine "Kontrolle" des Beraters oder Vermittlers durch Lektüre des Anlageprospekts, so weist dies auf das bestehende Vertrauensverhältnis hin und ist daher für sich allein genommen nicht schlechthin "unverständlich" oder "unentschuldbar" (Senat, Urteil vom 8. Juli 2010, aaO Rn. 33).
- 16
- b) Entgegen der Auffassung der Instanzgerichte bestand im vorliegenden Fall auch kein besonderer dringlicher Anlass für den Kläger und seine Ehefrau, den Prospekt nachträglich zu studieren, nachdem sie die Nachschussaufforderung des Fonds vom 26. Oktober 1999 erhalten hatten. Jedenfalls könnte eine solche Unterlassung nicht als grob fahrlässig im obigen Sinn eingestuft werden. Wie das Berufungsgericht selbst feststellt, hatten die Eheleute aufgrund der finanziellen Situation des Fonds spätestens zu diesem Zeitpunkt Kenntnis davon , dass sie - nach Maßgabe ihrer Darstellung - von dem Geschäftsführer T. bezüglich der Sicherheit der Anlage nicht ordnungsgemäß aufgeklärt bzw. beraten worden waren, sodass sie bezüglich dieser Pflichtverletzung bereits damals hätten Klage erheben können. Hierzu benötigten sie aber keine weiteren Erkenntnisse aus dem Prospekt. Es bestand für sie - angesichts der von den Instanzgerichten zu Recht hervorgehobenen deutlichen Abweichung der tatsächlichen Entwicklung des Fonds von dem behaupteten Inhalt des mit dem Geschäftsführer T. geführten Gesprächs - keine zwingende Veranlassung , den alten Prospekt herauszusuchen und daraufhin durchzuarbeiten, ob die mündlichen Erklärungen auch vom Inhalt des Prospekts abwichen. Dies hätte im vorliegenden Fall bezogen auf die erkannte Pflichtverletzung zudem lediglich dazu geführt, dass zusätzlich festgestellt worden wäre, dass der Fonds auch nach der Beschreibung im Prospekt tatsächlich nicht so sicher war, wie es nach der Darstellung des Klägers im Beratungsgespräch vorgespiegelt worden sein soll. Der Prospektinhalt selbst war für den konkreten Aufklärungs- bzw. Beratungsfehler und dessen Verfolgung letztlich nicht entscheidend.
- 17
- Im Übrigen dient ein Prospekt vorrangig der Information des Anlageinteressenten im Zusammenhang mit der Anlageentscheidung. Dieser Zweck ist mit dem unwiderruflich gewordenen Erwerb der Anlage erfüllt. Demgegenüber ist es nicht die eigentliche Funktion des Prospekts, die Richtigkeit der im Rahmen eines mündlichen Beratungs- oder Vermittlungsgesprächs gemachten Angaben lange Zeit nach der Anlageentscheidung kontrollieren zu können.
- 18
- Selbst wenn man aber der Meinung wäre, ein Anleger würde aus Anlass der Entdeckung eines Aufklärungs- oder Beratungsfehlers Veranlassung haben, den Prospekt zu studieren, so beschränkt sich dies doch auf etwaige die Pflichtverletzung unmittelbar betreffende Passagen. Den Anleger trifft jedoch keine im Fall der Unterlassung mit dem Vorwurf grober Fahrlässigkeit verbundene Obliegenheit, bei Entdeckung eines Fehlers den regelmäßig sehr umfangreichen - hier 56 Seiten umfassenden - Anlageprospekt vorsorglich auf mögliche weitere Fehler durchzuarbeiten. Insoweit kann die Obliegenheit, bezüglich einer Pflichtverletzung bestimmte Maßnahmen vorzunehmen, von ihrem Schutzzweck her nicht auf andere Pflichtverletzungen erstreckt werden. Entscheidend ist, ob bezüglich der weiteren Fehler eine jeweils eigenständige Obliegenheitspflichtverletzung vorliegt, aufgrund derer sich der Anleger einer ihm aufdrängenden Kenntnis verschlossen hat. Unterlässt es ein Anleger grob fahrlässig, sich trotz eines konkreten Anlasses über einen bestimmten Umstand zu informieren , wird er so behandelt, als hätte er hiervon Kenntnis. Der Zusammenhang zwischen der Obliegenheitspflichtverletzung und der Unkenntnis fehlt aber bei solchen Informationen, die der Anleger nicht gezielt hätte suchen müssen, sondern die er nur anlässlich einer anderweitig angelegten - und von ihm unterlassenen - Recherche gegebenenfalls hätte erlangen können.
- 19
- c) Ebenso rechtsfehlerhaft ist die Auffassung des Berufungsgerichts, grobe Fahrlässigkeit liege deshalb vor, weil der Kläger nicht bereits im Jahre 1999 einen Anwalt aufgesucht habe, der ihn im Rahmen einer umfassenden Beratung dann auf die weiteren behaupteten Pflichtverletzungen der Beklagten hingewiesen hätte. Die Prüfung, ob grobe Fahrlässigkeit im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB bezüglich weiterer Fehler vorliegt, ist wegen der Selbständigkeit der verjährungsrechtlichen Behandlung jedes einzelnen Aufklärungs- oder Beratungsfehlers nicht aus der Sicht des ersten - erkannten - Fehlers zu beurteilen. Es ist deshalb nicht die Frage zu stellen, ob ein Anleger bezüglich des ersten Fehlers bestimmte Maßnahmen - hier Aufsuchen eines Anwalts zwecks Klageerhebung - hätte unternehmen müssen, bei deren Vornahme dann die weiteren Fehler gegebenenfalls aufgedeckt worden wären, sondern es ist zu fragen, ob es bezüglich der weiteren Fehler eine grob fahrlässige Obliegenheitsverletzung ist, wenn man bezüglich der Verfolgung eines anderen Fehlers bestimmte Maßnahmen unterlässt. Letzteres ist aber eindeutig zu verneinen. Dem Gläubiger bleibt es - wie ausgeführt - unbenommen, eine ihm bekannt gewordene Pflichtverletzung, selbst wenn eine darauf gestützte Klage auf Rückabwicklung des Vertrags erfolgversprechend wäre, hinzunehmen, ohne Gefahr zu laufen, dass deshalb Ansprüche aus weiteren, ihm zunächst aber noch unbekannten Pflichtverletzungen zu verjähren beginnen.
- 20
- d) Das Berufungsurteil wird auch nicht durch die Feststellung getragen, dass die streitgegenständlichen Aspekte der mangelnden Fungibilität sowie der Haftung nach § 172 Abs. 4 HGB in diesem Zusammenhang nur von unterge- ordneter Bedeutung seien, da es bei drohender Insolvenz des Fonds darauf ohnehin nicht mehr ankomme. Der Umstand, dass der Kläger aufgrund insoweit eingetretener Verjährung das Risiko des Totalverlusts aufgrund einer Insolvenz des Fonds tragen muss, besagt nicht, dass er das wirtschaftlich weniger gewichtige Risiko fehlender Fungibilität oder der Haftung nach § 172 Abs. 4 HGB ebenfalls tragen müsste. Ist eine Aufklärungs- oder Beratungspflichtverletzung kausal für den im Erwerb der Anlage liegenden Schaden, da der Anlageentschluss von ihr beeinflusst ist und die Anlage anderenfalls nicht getätigt worden wäre, kommt es nicht darauf an, aus welchen Gründen die Anlage später im Wert gefallen oder die Beteiligungsgesellschaft in Insolvenz geraten ist und ob bezüglich weiterer Pflichtverletzungen ein durchsetzbarer Anspruch auf Schadensersatz besteht oder nicht (mehr) besteht. Die durch Lebenserfahrung begründete Vermutung für einen Ursachenzusammenhang zwischen fehlerhafter Beratung und Anlageentscheidung (vgl. Senat, Urteil vom 8. Juli 2010, aaO Rn. 20), gilt dabei für jeden einzelnen Beratungsfehler einschränkungslos. Abgesehen davon hat der Kläger unter Beweisantritt vorgetragen, dass die Beteiligung nicht gezeichnet worden wäre, wenn er und seine Frau gewusst hätten, dass es keinen Zweitmarkt für die Anteile gibt und die erhaltenen Ausschüttungen mit dem Risiko der Rückforderung gemäß § 172 Abs. 4 HGB behaftet sind.
- 21
- 6. Das angefochtene Urteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand ist vielmehr nicht auszuschließen, dass der vom Kläger geltend gemachte Schadensersatzanspruch besteht.
- 22
- a) Der Kläger hat behauptet, zwischen ihm und seiner Ehefrau einerseits sowie der Rechtsvorgängerin der Beklagten, vertreten durch deren Geschäftsführer T. , anderseits sei ein Anlageberatungsvertrag geschlossen worden ; entgegen der Darstellung der Beklagten seien die Gespräche im Zusammenhang mit der Zeichnung der Beteiligung nicht mit Mitarbeitern der Firma T. -Immobilien geführt worden. Mangels entgegenstehender Feststellungen des Berufungsgerichts ist hiervon im Revisionsverfahren auszugehen.
- 23
- b) Zu den Umständen, auf die ein Anlageberater hinzuweisen hat, gehört nach der Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06 - ZIP 2007, 636, 637 f Rn. 11 ff; vom 19. November 2009, aaO, S. 120 Rn. 20) die in Ermangelung eines entsprechenden Markts fehlende oder sehr erschwerte Möglichkeit, eine Kommanditbeteiligung an einem Immobilienfonds zu veräußern. Allerdings kann - wie ausgeführt - die Aufklärungspflicht des Beraters entfallen, wenn die entsprechende Belehrung im Anlageprospekt enthalten ist und der Berater davon ausgehen kann, dass der Kunde diesen gelesen und verstanden hat sowie gegebenenfalls von sich aus Nachfragen stellt (Senat , Urteil vom 18. Januar 2007, aaO, S. 638 Rn. 17). Der Prospekt muss insoweit aber so rechtzeitig vor Vertragsschluss übergeben werden, dass sein Inhalt noch zur Kenntnis genommen werden kann (Senat, Urteil vom 19. November 2009, aaO, Rn. 24; siehe zur Rechtslage beim Anlagevermittler Senat, Urteil vom 12. Juli 2007 - III ZR 145/06 - ZIP 2007, 1864, 1865 Rn. 11 ff). Entsprechendes gilt auch für die Aufklärung über ein mögliches Wiederaufleben der Kommanditistenhaftung nach § 172 Abs. 4 HGB. Nach der Darstellung des Klägers (zur diesbezüglichen Beweislast vgl. Senat, Urteil vom 19. November 2009, aaO Rn. 25 m.w.N.) ist der Prospekt allerdings erst nach Zeichnung der Anlage übergeben worden.
- 24
- 3. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit die noch erforderlichen Feststellungen getroffen werden können.
Hucke Seiters
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 14.11.2008 - 27 O 1275/08 -
OLG München, Entscheidung vom 17.06.2009 - 20 U 5675/08 -
Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
- 1.
der Anspruch entstanden ist und - 2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren
- 1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und - 2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.
(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.
(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.
(1) Die Verjährung wird gehemmt durch
- 1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils, - 1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage, - 2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger, - 3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1), - 4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer - a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder - b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
- 5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess, - 6.
die Zustellung der Streitverkündung, - 6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird, - 7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens, - 8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens, - 9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird, - 10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren, - 10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist, - 11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens, - 12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt, - 13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und - 14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.
(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.
(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.
Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt.
Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Der Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden.
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.
(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie
- 1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist, - 2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder - 3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
- 1.
der Anspruch entstanden ist und - 2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren
- 1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und - 2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.
(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.
(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsrechtszugs zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Der Kläger nimmt den Beklagten unter dem Vorwurf fehlerhafter Anlageberatung auf Schadensersatz in Anspruch.
- 2
- Empfehlung Auf des Beklagten zeichnete der Kläger am 28. Oktober 1999 über eine Summe von 150.000 DM zuzüglich 5 % Agio (7.500 DM) eine Beteiligung an der C. G. GmbH & Co. Vermietungs KG (Turmcenter F. ), einem geschlossenen Immobilienfonds. Die hierfür benötigten Mittel hatte der Kläger aus dem Verkauf eines von seinem Vater ererbten Hausgrundstücks gewonnen. Der Fonds wurde zum 31. Dezember 1999 nach Vollplatzierung geschlossen. Nach anfänglichen Ausschüttungen geriet der Fonds aufgrund deutlichen Rückgangs der Mieteinnahmen ab dem Jahre 2002 in zunehmende wirtschaftliche Schwierigkeiten. Der Versuch, die im Eigentum des Fonds stehende Büroturm-Immobilie - als wesentlichen Teil des Fondsvermögens - zu veräußern, blieb ohne Erfolg. Auf Antrag der finanzierenden Bank wurde am 4. August 2005 die Zwangsverwaltung des Objekts angeordnet. Die Hauptmieterin kündigte das Mietverhältnis außerordentlich zum 31. Dezember 2005. Am 17. Februar 2006 ordnete das Amtsgericht München die vorläufige Insolvenzverwaltung über das Vermögen der Fondsgesellschaft an.
- 3
- Der Kläger hat seine Schadensersatzforderung unter Einberechnung der Kosten für die Beteiligung an dem Fonds und entgangener anderweitiger Anlagezinsen - nach Abzug ihm verbliebener Ausschüttungen - mit 102.879,46 € beziffert und geltend gemacht, der Beklagte habe seine Pflichten aus dem Anlageberatungsvertrag verletzt, da er ihm mit der Fondsbeteiligung eine Anlage empfohlen habe, die seinem erklärten Anlageziel einer sicheren Altersvorsorge widersprochen habe. Der Beklagte habe ihn nicht auf die spezifischen Risiken dieser Anlage, insbesondere nicht auf das Risiko eines Totalverlusts, hingewiesen , die gebotene Überprüfung der wirtschaftlichen Plausibilität, Seriosität und Tragfähigkeit des Beteiligungsangebots unterlassen und negative Pressestimmen nicht berücksichtigt. Als Fachmann habe der Beklagte erkennen müssen, dass das Beteiligungsangebot auf eine Täuschung der neu eintretenden Anleger abgezielt und von vornherein keine Aussicht auf wirtschaftlichen Erfolg gehabt habe.
- 4
- Der Beklagte ist diesen Vorwürfen entgegengetreten und hat die Einrede der Verjährung erhoben.
- 5
- Das Landgericht hat der Klage nach Beweisaufnahme stattgegeben. Die Berufung des Beklagten ist im Wesentlichen - bis auf einen geringfügigen Teil der erstinstanzlich zugesprochenen Zinsen - ohne Erfolg geblieben. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
- 6
- Die zulässige Revision des Beklagten ist unbegründet.
I.
- 7
- Das Berufungsgericht (GWR 2010, 93) hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
- 8
- Dem Kläger stehe ein Schadensersatzanspruch wegen Vertragspflichtverletzung des Beklagten zu. Zwischen den Parteien sei ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen. Die ihm hieraus erwachsenen Pflichten habe der Beklagte verletzt, da er keine anlegergerechte - das heißt dem erklärten Anlageziel des Klägers gemäße - Beratung geleistet habe. Der Beklagte habe dem Kläger eine Kapitalanlage empfohlen, die für das Ziel einer Altersvorsorge erkennbar ungeeignet gewesen sei. Die Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds berge das Risiko des Totalverlusts. Nach den zu Grunde zu legenden Feststellungen des Landgerichts habe der Kläger eine Kapitalanlage gewünscht, die gerade auch dem Zweck der Altersversorgung habe dienen sollen. Durch den von ihm zu vertretenden Beratungsfehler habe der Beklagte einen Schaden in der mit der Klage geltend gemachten Höhe herbeigeführt. Ein anrechnungsfähiges Mitverschulden falle dem Kläger nicht zur Last, da er auf den Rat des Beklagten habe vertrauen dürfen. Der Schadensersatzanspruch des Klägers sei auch nicht verjährt. Es sei nicht feststellbar, dass der Kläger vor dem 1. Januar 2004 Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen gehabt oder sich insoweit grob fahrlässig in Unkenntnis befunden habe. Für eine grob fahrlässige Unkenntnis genüge es nicht, dass er den ihm überlassenen Anlageprospekt nicht durchgelesen habe.
II.
- 9
- Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht hat die Klage zu Recht als begründet angesehen. Der Beklagte schuldet dem Kläger den geforderten Schadensersatz nach den Grundsätzen der Haftung wegen positiver Vertragsverletzung (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).
- 10
- 1. Die Annahme des Berufungsgerichts, zwischen den Parteien sei - über eine reine Anlagevermittlung hinausgehend - ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen, der den Beklagten zu einer eingehenden anlegergerechten, an den konkreten Anlagezielen des Klägers orientierten Beratung verpflichtet habe, lässt Rechtsfehler nicht erkennen und wird von der Revision auch nicht angegriffen.
- 11
- 2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Auffassung des Berufungsgerichts , dass der Beklagte seine Pflichten aus dem Anlageberatungsvertrag verletzt habe, da er keine anlegergerechte - dem erklärten Anlageziel des Klägers gemäße - Beratung geleistet habe.
- 12
- a) Nach den Feststellungen beider Vorinstanzen, die maßgeblich auf die Würdigung der Aussage des erstinstanzlich vernommenen Zeugen R. -H.. E. , des Sohnes des Klägers, gestützt worden sind, hatte der Kläger dem Beklagten im Beratungsgespräch erklärt, dass es ihm neben dem Aspekt der Steuerersparnis gerade auch darum gehe, dass das Kapital "sicher" sei und so angelegt werden solle, dass es für das Alter reiche; der Zweck der Alterssicherung und -vorsorge sei ausdrücklich mitgeteilt worden.
- 13
- Diese Beweiswürdigung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
- 14
- Soweit der Beklagte einwendet, dass es weitere Gespräche zwischen den Parteien gegeben habe, an denen der Zeuge E. nicht beteiligt gewesen sei, weist die Revisionserwiderung in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht zu Recht darauf hin, dass der Beklagte nicht dargetan hat, dass der Kläger in diesen weiteren Gesprächen von dem bekundeten Anlageziel abgewichen wäre, insbesondere das Ziel einer "sicheren Altersvorsorge" aufgegeben hätte. Dass die Ziele einer einerseits steuersparenden und andererseits zur Altersvorsorge geeigneten, "sicheren" Kapitalanlage in einen Konflikt geraten können - jedoch nicht: geraten "müssen" -, steht der Schlüssigkeit und Widerspruchsfreiheit der Beweiswürdigung nicht entgegen.
- 15
- Auch mit seiner Rüge, das Berufungsgericht habe - ebenso wie schon das Landgericht - fehlerhaft davon abgesehen, ihn selbst zum Inhalt der Beratungsgespräche als Partei zu vernehmen oder anzuhören, vermag der Beklagte nicht durchzudringen. Mangels Zustimmung des Klägers (§ 447 ZPO) kam hier allein eine Parteivernehmung des Beklagten nach § 448 ZPO in Betracht. Diese setzt freilich voraus, dass aufgrund einer schon durchgeführten Beweisaufnahme oder des sonstigen Verhandlungsinhalts bereits eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die durch die Parteivernehmung zu beweisende Tatsache spricht ("Anbeweis"; s. etwa BGHZ 150, 334, 342; BGH, Urteil vom 19. Dezember 2002 - VII ZR 176/02 - NJW-RR 2003, 1002, 1003 m.w.N.). Hiervon ist das Berufungsgericht nicht ausgegangen, ohne dass ihm dabei ein Rechtsfehler unterlaufen ist.
- 16
- Allerdings kann im Fall der Beweisnot einer Partei eine Parteivernehmung nach § 448 ZPO oder eine Anhörung der Partei nach § 141 ZPO aus dem Gesichtspunkt der prozessualen Waffengleichheit notwendig sein. Der Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit, der Anspruch auf rechtliches Gehör sowie das Recht auf Gewährleistung eines fairen Prozesses und eines wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 103 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 6 Abs. 1 EMRK) erfordern, dass einer Partei, die für ein Vier-Augen-Gespräch - anders als die Gegenpartei - keinen Zeugen hat, Gelegenheit gegeben wird, ihre Darstellung des Gesprächs in den Prozess persönlich einzubringen; zu diesem Zweck ist die Partei gemäß § 448 ZPO zu vernehmen oder gemäß § 141 ZPO persönlich anzuhören (Senat, Urteil vom 12. Juli 2007 - III ZR 83/06 - NJW-RR 2007, 1690, 1691 Rn. 10 sowie Beschlüsse vom 25. September 2003 - III ZR 384/02 - NJW 2003, 3636 und vom 30. September 2004 - III ZR 369/03 - BeckRS 2004, 09779; BGH, Urteile vom 9. Oktober 1997 - IX ZR 269/96 - NJW 1998, 306 f; vom 16. Juli 1998 - I ZR 32/96 - NJW 1999, 363, 364; vom 19. Dezember 2002 aaO; vom 27. September 2005 - XI ZR 216/04 - NJW-RR 2006, 61, 63 und vom 23. April 2008 - XII ZR 195/06 - NJW-RR 2008, 1086, 1087 Rn. 13; BVerfG, NJW 2001, 2531 f; NJW 2008, 2170 f; EGMR, NJW 1995, 1413 f). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Bei dem vom Zeugen E. bekundeten Gespräch handelt es sich nicht um ein Vier-Augen-Gespräch. Der Zeuge E. hat bei dem Beratungsgespräch nicht anstelle des Klägers als dessen Vertreter gehandelt, sondern als weitere Person teilgenommen. Dass er dem Kläger als dessen Sohn nahe steht, rechtfertigt es nicht ohne weiteres, das Gespräch als ein zwischen den Parteien geführtes "Vier-Augen-Gespräch" einzuordnen (s. auch BGH, Urteil vom 23. April 2008 aaO; für den Fall des Gesprächs zwischen einer Prozesspartei und einem "außenstehenden" bzw. "nicht ausschließlich im Lager" der gegnerischen Partei stehenden Zeugen s. BGHZ 150, 334, 341 ff und Senatsbeschluss vom 30. September 2004 aaO). Hinzu kommt, dass sich der Beklagte für seine gegenteilige Behauptung, dass es dem Kläger stets und allein um die Steuerersparnis - als "einzige Richtschnur" - gegangen sei, nicht aber (auch) um eine sichere, zur Altersvorsorge geeignete Kapitalanlage, auf das Zeugnis der Steuerberaterin F. -F. berufen hat; diese Zeugin hat in ihrer Vernehmung vor dem Landgericht freilich bekundet, an den Gesprächen nicht beteiligt gewesen zu sein beziehungsweise sich hieran nicht mehr erinnern zu können. Bei dieser Lage einer - behaupteten - Gesprächsbeteiligung zweier weiterer als Zeugen vernommener Personen fordert der Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit nicht die Anhörung oder Vernehmung derjenigen Partei, zu deren Nachteil die Beweisaufnahme ausgegangen ist. Abgesehen davon ist den Belangen der in Beweisnot geratenen Partei zureichend Genüge getan, wenn diese bei oder nach der Beweisaufnahme (Zeugenvernehmung ) vor Gericht persönlich anwesend war und daher die Möglichkeit hatte, ihre Darstellung vom Verlauf des Gesprächs durch eine Wortmeldung gemäß § 137 Abs. 4 ZPO persönlich vorzutragen oder den Zeugen zu befragen (Senatsbeschlüsse vom 25. September 2003 aaO und vom 30. September 2004 aaO; BGH, Urteil vom 23. April 2008 aaO; BVerfG, NJW 2008, 2170, 2171). Der Beklagte war bei sämtlichen Verhandlungs- und Beweisterminen in beiden Vorinstanzen persönlich anwesend; zum Verhandlungstermin vor dem Berufungsgericht war zudem sein persönliches Erscheinen angeordnet worden. Dafür, dass er daran gehindert gewesen wäre, in diesen Terminen seine Sicht der Gesprächsinhalte zu schildern, ist nichts vorgetragen noch sonst ersichtlich.
- 17
- b) Ausgehend davon, dass der Kläger ausdrücklich - auch - eine "sichere" , zur Altersvorsorge geeignete Kapitalanlage wünschte, hat das Berufungsgericht einen Beratungsfehler des Beklagten zu Recht schon darin gesehen, dass dieser dem Kläger die Anlage in dem hier streitgegenständlichen geschlossenen Immobilienfonds empfohlen hat.
- 18
- Eine solche Empfehlung verletzte die Pflicht zur "anlegergerechten", auf die persönlichen Verhältnisse und Anlageziele des Kunden zugeschnittene Beratung. Soll gemäß dem Anlageziel des Kunden eine sichere Geldanlage getätigt werden, so kann, wie dies der Senat bereits mehrfach ausgesprochen hat, die Empfehlung einer unternehmerischen Beteiligung wegen des damit regelmäßig verbundenen Verlustrisikos schon für sich genommen fehlerhaft sein (Senatsurteile vom 19. Juni 2008 - III ZR 159/07 - BeckRS 2008, 13080 Rn. 6 und vom 19. November 2009 - III ZR 169/08 - BKR 2010, 118, 120 Rn. 21). Zwar ist bei der Beteiligung an einem Immobilienfonds das Risiko eines anteilmäßig hohen Kapitalverlusts meist gering zu veranschlagen; dies gilt insbesondere für das Risiko eines Totalverlusts, da dem Fonds in aller Regel der Sachwert des Immobilienvermögens verbleibt (vgl. dazu BGHZ 167, 239, 249 Rn. 26 sowie BGH, Urteile vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 337/08 - NJW-RR 2010, 115, 116 Rn. 25 und - XI ZR 338/08 - BB 2010, 15, 16 Rn. 28). Gleichwohl handelt es sich hierbei um eine "unternehmerische Beteiligung", die als solche das Risiko birgt, dass das eingesetzte Kapital zumindest zu einem Teil verloren gehen kann. Dieses Risiko hängt in seinem Ausmaß unter anderem von der Eigenkapital -/Fremdkapitalquote, der Entwicklung der Immobilienpreise und Mieteinkünfte und den zu Grunde gelegten Wertansätzen ab. Da die hier empfohlene Fondsanlage - worauf der Beklagte den Kläger unter Bezugnahme auf entsprechende Angaben im Anlageprospekt hingewiesen haben will - sogar (im "Extremfall" ) ein "Totalverlustrisiko" aufwies, durfte diese Beteiligung nicht als praktisch (weitgehend) "risikofrei" und mithin "sichere", zur Altersvorsorge geeignete Kapitalanlage eingeordnet werden. Gegenteiliges hat der Beklagte in den Vorinstanzen auch nicht geltend gemacht.
- 19
- Unter diesen Umständen hätte der Beklagte dem Kläger die hier eingegangene Beteiligung nicht empfehlen dürfen, sondern davon abraten müssen. Dafür, dass der Kläger, etwa unter dem Eindruck entsprechender deutlicher Hinweise des Beklagten, von seinem Anlageziel einer "sicheren", zur Altersvorsorge geeigneten Kapitalanlage abgerückt wäre und sich letztlich bewusst auf eine diesem Anlageziel widersprechende Fondsbeteiligung eingelassen hätte, hat der Beklagte keinen tragfähigen Anhaltspunkt vorgetragen, und ein solcher ist auch im Übrigen nicht ersichtlich.
- 20
- 3. Die Kausalität des Beratungsfehlers des Beklagten für die Anlageentscheidung des Klägers und den ihm daraus erwachsenen Schaden hat das Berufungsgericht mit Recht bejaht. Diesen Punkt greift die Revision auch nicht an. Für den Ursachenzusammenhang zwischen einer fehlerhaften Beratung und der Anlageentscheidung spricht eine durch die Lebenserfahrung begründete tatsächliche Vermutung (s. etwa Senatsurteile vom 9. Februar 2006 - III ZR 20/05 - NJW-RR 2006, 685, 687 f Rn. 22 ff; vom 19. Juni 2008 aaO Rn. 8; vom 5. November 2009 aaO S. 351 Rn. 21 und vom 19. November 2009 aaO S. 121 Rn. 26 sowie Senatsbeschluss vom 9. April 2009 - III ZR 89/08 - BeckRS 2009, 11192 Rn. 8 m.w.N.). Diese Vermutung hat der Beklagte nicht zu entkräften vermocht.
- 21
- 4. Auch gegen den Umfang des zuerkannten Schadensersatzanspruchs und die Ablehnung eines anrechnungsfähigen Mitverschuldens des Klägers (§ 254 BGB) bringt die Revision nichts vor. Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass ein Mitverschulden des Anlageinteressenten im Falle eines Schadensersatzanspruchs wegen der Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflichten nur unter besonderen Umständen zur Anrechnung kommt, weil sich der Anleger regelmäßig auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der ihm erteilten Aufklärung und Beratung verlassen darf (s. dazu BGHZ 100, 117, 125; BGH, Urteile vom 25. November 1981 - IVa ZR 286/80 - NJW 1982, 1095, 1096; vom 26. September 1997 - V ZR 65/96 - NJW-RR 1998, 16 und vom 13. Januar 2004 - XI ZR 355/02 - NJW 2004, 1868, 1870, jeweils m.w.N.).
- 22
- 5. Entgegen der Ansicht der Revision greift auch der Einwand der Verjährung (§ 214 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB) nicht durch. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Verjährungsfrist habe nicht vor Ablauf des Jahres 2004 zu laufen begonnen und sei daher durch Zustellung des Mahnbescheids am 13. Februar 2007 gehemmt worden (§ 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB), lässt Rechtsfehler nicht erkennen.
- 23
- a) Der hier in Rede stehende Schadensersatzanspruch wegen positiver Vertragsverletzung ist im Jahre 1999, nämlich mit dem vom Beklagten empfohlenen Erwerb der Beteiligung an dem geschlossenen Immobilienfonds, entstan- den (§ 198 Satz 1 BGB a.F.) und unterlag mithin zunächst der 30jährigen Verjährungsfrist nach § 195 BGB a.F.
- 24
- Zwar ist der Eintritt eines Schadens regelmäßig erst dann anzunehmen, wenn es zu einer konkreten Verschlechterung der Vermögenslage des Gläubigers gekommen ist; der Eintritt einer risikobehafteten Situation genügt dafür grundsätzlich nicht (BGHZ 73, 363, 365; 100, 228, 231 f; 124, 27, 30; BGH, Urteil vom 17. Februar 2000 - IX ZR 436/98 - NJW 2000, 1498, 1499). Allerdings kann der auf einer fehlerhaften Beratung beruhende Erwerb einer für den Anlageinteressenten nachteiligen, seinen konkreten Anlagezielen und Vermögensinteressen nicht entsprechenden Kapitalanlage bereits für sich genommen einen Schaden darstellen und ihn deshalb - unabhängig von der Werthaltigkeit der Anlage - dazu berechtigen, im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung des Erwerbs der Anlage zu verlangen; der Schadensersatzanspruch entsteht hierbei schon mit dem (unwiderruflichen und vollzogenen) Erwerb der Kapitalanlage (BGHZ 162, 306, 309 f; BGH, Urteile vom 7. Mai 1991 - IX ZR 188/90 - NJW-RR 1991, 1125, 1127; vom 27. Januar 1994 - IX ZR 195/93 - NJW 1994, 1405, 1407; vom 26. September 1997 - V ZR 29/96 - NJW 1998, 302, 304 und vom 19. Juli 2004 - II ZR 354/02 - NJW-RR 2004, 1407). So liegt es auch hier.
- 25
- b) Gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 EGBGB gilt seit dem 1. Januar 2002 für den bis dahin nicht verjährten Schadensersatzanspruch die dreijährige Regelverjährung nach § 195 BGB n.F., wobei für den Fristbeginn zusätzlich die subjektiven Voraussetzungen nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB vorliegen müssen; der Gläubiger muss von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt haben oder seine diesbezügliche Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruhen (BGHZ 171, 1, 7 ff Rn. 19 ff; 179, 260, 276 Rn. 46; BGH, Urteil vom 9. November 2007 - V ZR 25/07 - NJW 2008, 506 Rn. 8; Senatsurteil vom 19. November 2009 aaO S. 119 Rn. 13). Für eine dahingehende Kenntnis oder grobfahrlässige Unkenntnis des Klägers trägt der Beklagte als Schuldner die Darlegungs- und Beweislast (BGHZ 171, 1, 11 Rn. 32; BGH, Urteil vom 3. Juni 2008 - XI ZR 319/06 - NJW 2008, 2576, 2578 Rn. 25).
- 26
- c) Die Würdigung des Berufungsgerichts, eine grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers von den Anspruchsvoraussetzungen ergebe sich nicht schon daraus, dass dieser es unterlassen hat, den ihm übergebenen Emissionsprospekt durchzulesen und hierbei auf durchgreifende Hinweise auf die fehlende Eignung der Kapitalanlage für seine Anlageziele zu stoßen, hält den Angriffen der Revision stand.
- 27
- aa) Die tatrichterliche Beurteilung, ob einer Partei der Vorwurf grober Fahrlässigkeit zu machen ist, unterliegt der Nachprüfung durch das Revisionsgericht nur dahin, ob der Tatrichter den Begriff der groben Fahrlässigkeit verkannt , bei der Beurteilung des Verschuldensgrades wesentliche Umstände außer Betracht gelassen oder gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verstoßen hat (st. Rspr.; s. nur BGHZ 10, 14, 16 f; 10, 69, 74; 145, 337, 340; 163, 351, 353; BGH, Urteile vom 23. September 2008 - XI ZR 262/07 - NJW-RR 2009, 547 Rn. 17 m.w.N. und vom 10. November 2009 - VI ZR 247/08 - VersR 2010, 214, 215 Rn. 12 m.w.N.).
- 28
- Grobe Fahrlässigkeit setzt einen objektiv schwerwiegenden und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegt vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis deshalb fehlt, weil er ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt oder das nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen, wie etwa dann, wenn sich dem Gläubiger die den Anspruch begründenden Umstände förmlich aufgedrängt haben und er leicht zugängliche Informationsquellen nicht genutzt hat (s. BGH, Urteile vom 23. September 2008 aaO Rn. 16 und vom 10. November 2009 aaO Rn. 13 m.w.N.; Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/6040, S. 108 unter anderem mit Hinweis auf BGHZ 10, 14, 16 und 89, 153, 161; Palandt/Ellenberger, BGB, 69. Aufl., § 199 Rn. 36; MünchKommBGB/ Grothe, 5. Aufl., § 199 Rn. 28; Henrich/Spindler, in: Bamberger/Roth, BGB, 2. Aufl., § 199 Rn. 19 f). Dem Gläubiger muss persönlich ein schwerer Obliegenheitsverstoß in seiner eigenen Angelegenheit der Anspruchsverfolgung, eine schwere Form von "Verschulden gegen sich selbst", vorgeworfen werden können (BGH, Urteil vom 10. November 2009 aaO m.w.N.; Grothe aaO). Ihn trifft generell keine Obliegenheit, im Interesse des Schuldners an einem möglichst frühzeitigen Beginn der Verjährungsfrist Nachforschungen zu betreiben; vielmehr muss das Unterlassen von Ermittlungen nach Lage des Falles als geradezu unverständlich erscheinen, um ein grob fahrlässiges Verschulden des Gläubigers bejahen zu können (s. BGH, Urteil vom 10. November 2009 aaO S. 216 Rn. 15 f m.w.N.; s. auch Grothe aaO).
- 29
- bb) Nach diesen Maßgaben ist die Auffassung des Berufungsgerichts, der Umstand, dass der Anlageinteressent den ihm überlassenen Emissionsprospekt nicht durchgelesen hat, genüge für sich allein noch nicht, um die grob fahrlässige Unkenntnis von einem Beratungsfehler zu begründen, nicht zu beanstanden.
- 30
- Diese Frage wird in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte allerdings nicht einheitlich beantwortet. Eine Reihe von Oberlandesgerichten hält es für einen den Vorwurf grober Fahrlässigkeit rechtfertigenden schweren Verstoß gegen die Gebote des eigenen Interesses des Anlageinteressenten, wenn er es im Zusammenhang mit einer bedeutsamen Investitionsentscheidung unterlässt, den ihm von einem Anlageberater oder einem Anlagevermittler zur Verfügung gestellten Anlageprospekt durchzulesen, und aus diesem Grunde nicht bemerkt , dass er falsch beraten oder ihm eine unrichtige Auskunft erteilt worden ist (so OLG Frankfurt am Main, OLGR 2008, 880, 881 f und Beschluss vom 20. September 2007 - 14 W 75/07 - juris Rn. 5; OLG Düsseldorf, Teilurteil vom 18. April 2008 - I-16 U 275/06 - juris Rn. 58 ff; OLG Köln, Beschluss vom 22. Oktober 2008 - 13 U 10/08 - juris Rn. 7 f; Brandenburgisches OLG, Urteile vom 19. Februar 2009 - 12 U 140/08 - juris Rn. 26 ff und vom 30. April 2009 - 12 U 225/08 - juris Rn. 24; OLG Celle, OLGR 2009, 121) Dabei wird teilweise grob fahrlässige Unkenntnis selbst für den Fall bejaht, dass der Prospekt erst bei oder sogar kurz nach der Zeichnung übergeben worden ist (OLG Köln aaO; Brandenburgisches OLG aaO), teilweise nur für den Fall, dass der Prospekt ausreichende Zeit vor dem abschließenden Beratungsgespräch vorgelegen hat (OLG Celle aaO). Die Gegenansicht verweist demgegenüber darauf, dass der Anlageinteressent regelmäßig auf die Richtigkeit und Ordnungsmäßigkeit der ihm erteilten Anlageberatung vertrauen und ihm eine unterbliebene "Kontrolle" dieser Beratung durch Lektüre des Prospekts deshalb nicht ohne weiteres als grobe Fahrlässigkeit vorgehalten werden dürfe (s. OLG München, Urteil vom 6. September 2006 - 20 U 2694/06 - juris Rn. 63; OLG Hamm, Urteile vom 20. November 2007 - 4 U 98/07 - juris Rn. 49 und vom 26. November 2009 - I-4 U 224/08 - juris Rn. 50).
- 31
- Der erkennende Senat hält die letzterwähnte Ansicht für zutreffend.
- 32
- Zwar kommt dem Anlageprospekt in aller Regel eine große Bedeutung für die Information des Anlageinteressenten über die ihm empfohlene Kapitalanlage zu. Sofern der Prospekt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln, und er dem Anleger rechtzeitig vor Vertragsschluss überlassen worden ist, kann die Aushändigung eines Prospekts im Einzelfall ausreichen, um den Beratungs- und Auskunftspflichten Genüge zu tun (s. etwa Senat, Versäumnisurteil vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06 - NJW-RR 2007, 621, 622 Rn. 17 sowie Urteile vom 12. Juli 2007 - III ZR 145/06 - NJWRR 2007, 1692 Rn. 9; vom 19. Juni 2008 aaO Rn. 7; vom 5. März 2009 - III ZR 302/07 - NJW-RR 2009, 687, 688 Rn. 17; vom 5. März 2009 - III ZR 17/08 - WM 2009, 739, 740 Rn. 12 und vom 19. November 2009 aaO S. 120 Rn. 24 m.w.N.; s. auch BGH, Urteil vom 21. März 2005 - II ZR 310/03 - NJW 2005, 1784, 1787 f). Es liegt daher zweifellos im besonderen Interesse des Anlegers, diesen Prospekt eingehend durchzulesen.
- 33
- Andererseits misst der Anleger, der bei seiner Anlageentscheidung die besonderen Erfahrungen und Kenntnisse eines Anlageberaters oder Anlagevermittlers in Anspruch nimmt, den Ratschlägen, Auskünften und Mitteilungen des Anlageberaters oder -vermittlers, die dieser ihm in einem persönlichen Gespräch unterbreitet, besonderes Gewicht bei. Die Prospektangaben, die notwendig allgemein gehalten sind und deren Detailfülle, angereichert mit volks-, betriebswirtschaftlichen und steuerrechtlichen Fachausdrücken, viele Anleger von einer näheren Lektüre abhält, treten demgegenüber regelmäßig in den Hintergrund. Vertraut daher der Anleger auf den Rat und die Angaben "seines" Beraters oder Vermittlers und sieht er deshalb davon ab, den ihm übergebenen Anlageprospekt durchzusehen und auszuwerten, so ist darin im Allgemeinen kein in subjektiver und objektiver Hinsicht "grobes Verschulden gegen sich selbst" zu sehen. Unterlässt der Anleger eine "Kontrolle" des Beraters oder Vermittlers durch Lektüre des Anlageprospekts, so weist dies auf das bestehende Vertrauensverhältnis zurück und ist daher für sich allein genommen nicht schlechthin "unverständlich" oder "unentschuldbar".
- 34
- Eine andere Betrachtungsweise stünde zum einen in einem Wertungswiderspruch zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Frage des anspruchsmindernden Mitverschuldens (siehe oben 4.). Zum anderen würde sie den Anleger unangemessen benachteiligen und seinen Schadensersatzanspruch oftmals leer laufen lassen. Denn die Risiken und Nachteile einer Kapitalanlage wirken sich vielfach erst einige Jahre nach dem Erwerb finanziell spürbar aus (Reduzierung oder gar Wegfall von Ausschüttungen etc.). Fiele dem Anleger bereits die unterbliebene Lektüre des Anlageprospekts als grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB zur Last, so wäre sein Schadensersatzanspruch häufig schon verjährt, bevor sich die Risiken oder Nachteile der Kapitalanlage für ihn "bemerkbar" machen und er sich daher veranlasst sieht, die Richtigkeit der ihm von einem Anlageberater oder -vermittler gegebenen Empfehlungen und Auskünfte zu hinterfragen.
- 35
- cc) Die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, auch nach der Zeichnung der Anlage habe sich in der Zeit bis zum 1. Januar 2004 kein dringender , den Vorwurf der grob fahrlässigen Unkenntnis rechtfertigender Anlass für die Lektüre des Emissionsprospekts ergeben, ist revisionsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.
Hucke Tombrink
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 11.09.2008 - 29 O 102/07 -
OLG Köln, Entscheidung vom 25.08.2009 - 24 U 154/08 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an den 3. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Der Kläger zeichnete zunächst am 27. Februar 2002 eine Beteiligung an der F. Beteiligungsgesellschaft 75 GmbH & Co. KG (im Folgenden: F. - Fonds 75), einem geschlossenen Immobilienfonds, über 50.000 € zuzüglich Agio. Am gleichen Tag erhielt er dazu einen farbigen, 125 Seiten umfassenden Prospekt. Nachdem der zur Finanzierung des Anlagebetrags gewünschte Bankkredit unter Hinweis auf eine negative Einschätzung des Fonds im sogenannten "G. -Report", der auch dem Kläger zugänglich gemacht wurde, abgelehnt worden war, wurde seine Beitrittserklärung einvernehmlich "entwer- tet". Nach weiteren Gesprächen mit den Mitarbeitern der Beklagten, L. und S. , zeichnete er am 11. März 2002 und 19. April 2002 erneut Beteiligungen am F. -Fonds 75 über 20.000 € und 30.000 €, jeweils zuzüglich Agio. Diese Beträge wurden von unterschiedlichen Kreditinstituten finanziert.
- 2
- Der Kläger hat die Beklagte auf Schadensersatz in Anspruch genommen, weil sich der F. -Fonds 75 nicht seinen Erwartungen entsprechend entwickelt habe und die der Zeichnung seiner Beteiligungen vorausgegangene Beratung hinsichtlich der bestehenden Risiken sowie der Eignung für eine sichere Altersvorsorge unzutreffend gewesen sei. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, die Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Gegen das Urteil des Oberlandesgerichts richtet sich seine vom Senat zugelassene Revision, mit der er seine bisherigen Klageanträge weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe
- 3
- Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.
I.
- 4
- Das Berufungsgericht hat einen Schadensersatzanspruch verneint, weil zwischen den vom Kläger behaupteten Beratungspflichtverletzungen und der Zeichnung der jeweiligen Beteiligungen kein ursächlicher Zusammenhang festgestellt werden könne. Dabei komme es auf die Angaben des Beraters L. im Zusammenhang mit der Beitrittserklärung vom 27. Februar 2002 nicht an, weil diese später ohnehin storniert worden sei. Zudem sei nicht erkennbar, dass sich eine besonders günstige, schönfärberische Darstellung des Fonds auf die weiteren Beitrittserklärungen des Klägers entscheidend ausgewirkt habe. Denn derartige Angaben, insbesondere zu einer "sicheren Altersvorsorge", seien jedenfalls durch den dem Kläger bereits am 27. Februar 2002 überreichten Prospekt in Frage gestellt und maßgeblich relativiert worden. Darüber hinaus sei der Kläger durch den so genannten G. -Report, den er nach eigenen Angaben gelesen habe, über die Risiken der Anlage eingehend aufgeklärt worden. Auch soweit die Berater L. und S. seine auf dem Inhalt des G. -Reports beruhenden Bedenken zerstreut haben sollten, sei dies für die Anlageentscheidung nicht kausal gewesen. Die in diesem Report wiedergegebenen Fakten und Rückschlüsse seien nicht als unrichtig hingestellt worden, es habe sich lediglich um Hinweise auf dieser Veröffentlichung zugrunde liegende Beweggründe gehandelt. Letztlich ließen die Angaben des in Anlagegeschäften erfahrenen Klägers bei seiner mündlichen Anhörung die Möglichkeit offen, dass er unabhängig von einer "Überredung" aufgrund eigener Entscheidung und Prüfung etwaiger Bedenken entschlossen gewesen sei, dem Fonds beizutreten.
II.
- 5
- Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision in mehrfacher Hinsicht nicht stand. Ausgehend von dem für die revisionsrechtliche Beurteilung zugrunde zu legenden, mit tauglichen Beweisangeboten versehenen, Vortrag des Klägers zu Beratungspflichtverstößen ist die Beurteilung des Berufungsgerichts , das geschilderte Verhalten der Mitarbeiter der Beklagten habe keine ent- scheidende Auswirkung auf den Entschluss des Klägers gehabt, die Beteiligungen am F. -Fonds 75 zu zeichnen, rechtsfehlerhaft.
- 6
- 1. Die Durchführung einer Beweisaufnahme über die Behauptungen des Klägers zu den Erklärungen der Berater L. und S. - auch schon anlässlich der Beratung vor Zeichnung der später stornierten Beteiligung am 27. Februar 2002 - bezüglich der Eignung für eine sichere Altersvorsorge und bestehender Risiken war nicht deshalb entbehrlich, weil der ihm übergebene Prospekt mögliche unzutreffende Angaben in Frage gestellt hat und ausreichende Hinweise auf die Gefahr geringerer oder ganz ausbleibender Ausschüttungen sowie ein Totalverlustrisiko enthielt. Diese Auffassung widerspricht der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats.
- 7
- Danach kann eine ordnungsgemäße Erfüllung der bestehenden Aufklärungspflichten gegenüber dem Anlageinteressenten zwar auch durch Übergabe von Prospektmaterial erfolgen, sofern der Prospekt nach Form und Inhalt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln , und dem Anlageinteressenten so rechtzeitig vor dem Vertragsschluss übergeben wird, dass sein Inhalt noch zur Kenntnis genommen werden kann. Der Umstand indes, dass ein solcher Prospekt Chancen und Risiken der Anlage hinreichend verdeutlicht, ist kein Freibrief für den Berater oder Vermittler, Risiken abweichend hiervon darzustellen und ein Bild zu zeichnen, das die Hinweise und Erläuterungen im Prospekt entwertet oder für die Entscheidungsbildung des Anlegers mindert (vgl. z.B. Senatsurteile vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09, NJW-RR 2010, 1623 Rn. 15, vom 19. Juni 2008 - III ZR 159/07, juris Rn. 7, jeweils vom 12. Juli 2007 - III ZR 83/06, NJW-RR 2007, 1690 Rn. 10, und III ZR 145/06, NJW-RR 2007, 1692 Rn. 9). Hinzu kommt, dass der Anleger, der bei seiner Entscheidung die besonderen Erfahrungen und Kenntnisse eines Anla- geberaters oder -vermittlers in Anspruch nimmt, den Ratschlägen, Auskünften und Mitteilungen des Beraters oder Vermittlers, die dieser ihm in einem persönlichen Gespräch unterbreitet, besonderes Gewicht beimisst. Die notwendig allgemein gehaltenen und mit zahlreichen Fachbegriffen versehenen Prospektangaben treten demgegenüber regelmäßig in den Hintergrund (vgl. Senatsurteil vom 22. Juli 2010, aaO).
- 8
- Nach diesen Grundsätzen liegt im Streitfall, sofern sich die Behauptungen des Klägers zum Inhalt der Beratung, insbesondere zu einer beschönigenden Darstellung des Fonds - an denen er durchgängig festgehalten hat, und von denen auch das Berufungsgericht ausgegangen ist -, als zutreffend erweisen , ein für die Zeichnungsentscheidung ursächliches Beratungs- und Aufklärungsverschulden vor, das sich die Beklagte nach §§ 276, 278 BGB zurechnen lassen muss.
- 9
- 2. Ein weiterer durchgreifender Mangel des Berufungsurteils liegt darin, dass die Ursächlichkeit eines Beratungsfehlers und damit eine Haftung der Beklagten auch deshalb verneint worden ist, weil der Kläger nicht nur durch den Prospekt, sondern auch durch den sogenannten G. -Report eine eingehende Aufklärung über die fragliche Anlage und die damit verbundenen Risiken erhalten habe. Das Berufungsgericht übersieht bereits im Ausgangspunkt, dass der G. -Report der Ursächlichkeit eines Aufklärungs- und Beratungsverschuldens nur insoweit entgegenstehen kann, als entsprechende Risiken darin überhaupt angesprochen worden sind. Der Inhalt, vor allem der in den Vordergrund gestellte Hinweis auf teilweise nur kurzfristige Mietverträge und die sich daraus ergebende zweifelhafte Vollvermietung des Anlageobjekts, stehen der Ursächlichkeit eines Beratungsfehlers für die Anlageentscheidung des Klägers jedoch nicht entgegen. Denn der Kläger hat über die vom Berufungsgericht auf- gezählten, im G. -Report enthaltenen Informationen hinaus unter Beweisantritt geltend gemacht, die Berater L. und S. hätten ihm mitgeteilt , er brauche im schlimmsten Fall "mal" mit reduzierten Ausschüttungen für ein bis zwei Jahre zu rechnen; über ein Totalverlustrisiko sei er nicht aufgeklärt worden. Dieses Vorbringen ist für die Beurteilung der Kausalität von maßgeblicher Bedeutung, vom Berufungsgericht aber ersichtlich unberücksichtigt gelassen worden. Der Report enthält gerade keine Richtigstellung und keinen Bezug zu den behaupteten Angaben der Berater bezüglich eines etwa nur "eingeschränkten" Risikos und auch sonst keinen unmittelbaren Hinweis auf ein Totalverlustrisiko. Aus dem vom Berufungsgericht dargestellten wesentlichen Inhalt des Reports könnte ein hinreichend sachkundiger oder besonders misstrauischer Anlageinteressent allenfalls mittelbar den Rückschluss ziehen, dass sogar die Gefahr eines vollständigen Verlustes der eingesetzten Gelder bestehen kann. Da aber dieses für die Anlageentscheidung besonders wesentliche Risiko nicht ausreichend deutlich wird, konnten insoweit das Beratungsdefizit und dessen Ursächlichkeit für die Anlageentscheidung durch den "G. -Report" nicht beseitigt werden.
- 10
- 3. Die Revision rügt weiter im Ergebnis zu Recht, dass die Würdigung des Berufungsgerichts, das spätere Verhalten der Berater L. und S. , die dem Kläger Bedenken aufgrund des G. -Reports gegen die Seriosität des Fonds ausgeredet haben sollen, sei für die Anlageentscheidung nicht ursächlich gewesen, ebenfalls von Rechtsfehlern beeinflusst ist. Denn bereits in der Klageschrift und unter Hinweis darauf im Berufungsverfahren hat der Kläger mit entsprechenden Beweisangeboten vorgetragen, der G. -Report sei nicht nur als durch Neid veranlasst, sondern auch inhaltlich als unzutreffend dargestellt worden. Dabei mag es zwar sein, dass er diesen Vortrag in seiner persönlichen Anhörung so nicht ausdrücklich wiederholt hat. Gleichwohl hätte das Berufungsgericht diesen jedoch nicht, jedenfalls nicht ohne eine entsprechende Nachfrage, übergehen dürfen.
- 11
- a) In seiner persönlichen Anhörung vor dem Berufungsgericht hat der Kläger zwar mitgeteilt, dass inhaltliche Argumente zur Richtigkeit des G. - Reports, den er zuvor gelesen habe, wohl nicht geäußert worden seien. Diese Angaben sind jedoch entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht allein maßgebend, sondern im Zusammenhang mit seinen weiteren Äußerungen zu beurteilen. Danach sollen die Berater L. und S. dem Kläger sinngemäß erläutert haben, dass hinter dem Report die N. Landesbank stecke, die diesen initiiert habe, und alles nur "Mache" sei, weil sie an der Finanzierung des F. -Fonds nicht beteiligt gewesen sei. So seien ihm und den Eheleuten B. die auf dem G. -Report fußenden Bedenken ausgeredet worden. Der Berater S. habe noch zusätzlich erklärt, er habe mit einem Mitarbeiter der Sparkasse B. telefoniert und ihm dabei erklärt, er verbitte sich, dass die Sparkasse den F. -Fonds schlecht rede.
- 12
- b) Diese vom Kläger behaupteten Äußerungen der Anlageberater legen bei unbefangener Betrachtung aber die Annahme nahe, dass die im G. - Report enthaltenen Ausführungen damit auch als inhaltlich unrichtig dargestellt werden sollten. Der Kläger konnte jedenfalls den deutlichen Hinweis auf eine angeblich sachwidrig motivierte Veranlassung des Reports im Hinblick auf das im Vordergrund stehende Ziel der Berater, ihn von der Werthaltigkeit des Fonds zu überzeugen, nur dahin verstehen, dass die darin enthaltenen Bedenken auch der Sache nach unbegründet waren, wie er dies auch in der Klageschrift bereits ausgeführt hatte. Die Wertung des Berufungsgerichts, es habe sich lediglich um die Darstellung der Beweggründe für eine derartige Berichterstattung gehandelt, berücksichtigt nicht den Gesamtzusammenhang der Äußerungen des Klägers und geht deshalb am wesentlichen Kern dessen vorbei, was er erkennbar hat zum Ausdruck bringen wollen.
- 13
- 4. Letztlich verkennt das Berufungsgericht auch die Rechtsprechung des Senats, wonach für einen Ursachenzusammenhang zwischen einer Beratungspflichtverletzung und der Anlageentscheidung und dafür, dass der Anlageinteressent bei richtiger Aufklärung von der Zeichnung der Anlage abgesehen hätte , eine durch die Lebenserfahrung begründete (tatsächliche) Vermutung streitet , die von dem Aufklärungspflichtigen durch konkreten Vortrag zu entkräften ist (vgl. z.B. Senatsurteile vom 22. Juli 2010, aaO, Rn. 20; vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09, NJW 2010, 3292 Rn. 20 mwN; vom 19. Juni 2008, aaO Rn. 8 und vom 9. Februar 2006 - III ZR 20/05, WM 2006, 668, 671). Ausgehend von diesen Grundsätzen ist deshalb auch die Annahme im Berufungsurteil, die Angaben des Klägers in seiner mündlichen Anhörung ließen die Möglichkeit offen, dass er unabhängig von einer "Überredung" durch die Mitarbeiter der Beklagten aufgrund eigener Entscheidung und Prüfung bestehender Bedenken entschlossen gewesen sei, dem Fonds beizutreten, von Rechtsfehlern beeinflusst.
- 14
- 5. Aus diesen Gründen kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben. Da der Rechtsstreit mangels der erforderlichen Feststellungen nicht zur Endentscheidung reif ist, war das Berufungsurteil aufzuheben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Es wird dabei gegebenenfalls auch Gelegenheit haben, Feststellungen zur Frage des Eintritts der Verjährung zu treffen; insoweit wird auf die bereits erwähnten Senatsentscheidungen vom 22. Juli 2010 (aaO, Rn. 9 ff) und 8. Juli 2010 (aaO, Rn. 22 ff) sowie das weitere Senatsurteil vom 22. Juli 2010 (III ZR 99/09, NZG 2011, 68 Rn. 13 ff) verwiesen.
- 15
- 6. Der Senat hat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht.
Hucke Tombrink
Vorinstanzen:
LG Bremen, Entscheidung vom 23.04.2009 - 2 O 2547/07 -
OLG Bremen, Entscheidung vom 15.01.2010 - 2 U 70/09 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Der Kläger nimmt die Beklagte zu 2 (im Folgenden: Beklagte) mit seiner im Dezember 2007 eingereichten Klage unter dem Vorwurf fehlerhafter Anlageberatung auf Schadensersatz in Anspruch.
- 2
- Auf Empfehlung eines für die Beklagte tätigen Handelsvertreters zeichnete der Kläger im Mai 2001 eine Beteiligung an der F. Beteiligungsgesellschaft 74 GmbH & Co. KG (im Folgenden: F. -Fonds 74), einem geschlossenen Immobilienfonds, über eine Summe von 50.000 DM (nebst 5 % Agio). Diese Anlage finanzierte der Kläger in Höhe von 40.000 DM über ein Darlehen bei einer Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1. Für das zweite Halbjahr 2004 stellte der F. -Fonds 74 seine Ausschüttungen ein und befindet sich seitdem in wirtschaftlichen Schwierigkeiten.
- 3
- Der Kläger hat behauptet, er habe ausdrücklich eine sichere Anlage ohne zusätzliche finanzielle Belastungen gewünscht. Der ihn beratende Handelsvertreter der Beklagten habe die Kapitalanlage unzutreffend als maximal werthaltig , renditestark und steuersparend, als "finanziellen Selbstläufer" sowie als absolut sicher und verlustrisikolos dargestellt. Er habe weiter erklärt, die Anlage biete eine Mindestrendite von 7,5 % (bzw. 7 %) jährlich, einen zuverlässigen Vermögenszuwachs und nach Ablauf von zehn Jahren eine freie Veräußerbarkeit sowie ein zusätzliches Einkommen aus den Ausschüttungen. Den Anlageprospekt habe er, der Kläger, erst nach Zeichnung der Anlage übersandt erhalten ; während der Beratungsgespräche sei ein Prospekt für den F. -Fonds 73 (Vorgängerfonds, dem der Kläger zunächst beitreten wollte) nur "lose durchgeblättert" und hierbei lediglich auf die darin enthaltenen Bilder hingewiesen worden , ohne den (weiteren) Inhalt anzusprechen. Der Kläger hat geltend gemacht , er sei weder anleger- noch objektgerecht beraten worden. Insbesondere habe er keine Aufklärung über den unternehmerischen Charakter der Beteiligung , die Verlustrisiken bis hin zum Totalverlustrisiko, die hohe Kreditfinanzierung der Fondsimmobilien, deren mangelnde Werthaltigkeit und die stark eingeschränkte Fungibilität der Beteiligung erhalten. Zudem habe die Beklagte weder über die wirtschaftliche Schieflage der F. -Gruppe und des Mietgarantiegebers noch über eine kritische Meldung in der Zeitung "Euro am Sonntag" vom 1. April 2001 noch über Mängel des Anlageprospekts (hier vor allem: unrealistische und irreführende Renditeaussichten) informiert.
- 4
- Die Beklagte ist diesem Vorbringen im Einzelnen entgegengetreten.
- 5
- Das Landgericht hat die Klage in Richtung auf die Beklagte durch Teilurteil abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageanspruch weiter.
Entscheidungsgründe
- 6
- Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
- 7
- Nach Auffassung des Berufungsgerichts sind Schadensersatzansprüche des Klägers, soweit auf der Grundlage seines streitigen Vortrags Beratungsfehler in Betracht kommen, verjährt. Es hat hierzu ausgeführt:
- 8
- Zwischen den Parteien sei ein Anlageberatungsvertrag geschlossen worden. Wenn man den vom Kläger geschilderten Inhalt des Beratungsgesprächs als wahr zu Grunde lege, habe die Beklagte ihre vertraglichen Pflichten zur anleger- und objektgerechten Beratung verletzt. Soweit hiernach für die Anlageentscheidung des Klägers ursächliche Beratungsmängel in Betracht kämen , seien Schadensersatzansprüche indes verjährt. Die Voraussetzungen für den Beginn der Verjährungsfrist hätten bereits zum 1. Januar 2002 vorgelegen mit der Folge des Ablaufs der Verjährungsfrist am 31. Dezember 2004. Es sei dem Kläger als grob fahrlässige Unkenntnis der behaupteten Beratungsfehler anzulasten, dass er schon im Jahre 2001 deutliche Warnhinweise ignoriert habe und sich aufdrängenden Fragen zum Beratungsinhalt nicht nachgegangen sei. Der Kläger habe die ihm zur Unterschrift vorgelegten Vertragsunterlagen inhaltlich zur Kenntnis nehmen müssen. Aus dem Darlehensantrag vom 25. April 2001, der Gesprächsnotiz vom gleichen Tage sowie aus den Beitrittserklärungen vom 25. April (betreffend F. -Fonds 73) und 8. Mai 2001 (bezüglich F. -Fonds 74) habe er erkennen können und müssen, dass die behaupteten Angaben des Anlageberaters in für die Anlageentscheidung zentralen Punkten unzutreffend beziehungsweise unvollständig gewesen seien und ihm eine von den Fondsinitiatoren und der Beklagten als bedeutsam eingestufte Informationsquelle, nämlich der Verkaufsprospekt, vorenthalten worden sei. In Anbetracht der hier getroffenen weit reichenden Investitionsentscheidung gehöre es unbedingt zu der in eigenen Angelegenheiten einzuhaltenden Sorgfalt, dass sich der Anlageinteressent anhand des vorgehaltenen Informationsmaterials vergewissere, inwieweit die Kapitalanlage seinen Vorstellungen und Wünschen entspreche und welche Risiken sie berge. Die unterbliebene Nachfrage nach dem Prospekt sei umso unverständlicher, als der - in Geldanlagen nicht unerfahrene - Kläger in beiden Zeichnungsscheinen mit gesonderter Unterschrift jeweils ausdrücklich die Aushändigung des Prospekts bestätigt habe. Aus dem Prospekt habe der Kläger unschwer - auch ohne vertiefte Lektüre - den unternehmerischen Charakter der Beteiligung und die damit verbundenen Risiken erfahren und zudem entnehmen können, dass diese Beteiligung für seine Anlageziele ungeeignet gewesen sei.
II.
- 9
- Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand.
- 10
- 1. Soweit das Berufungsgericht annimmt, dass ein Anlageberatungsvertrag geschlossen worden ist und aufgrund des streitigen Vortrags des Klägers zum Inhalt des Beratungsgesprächs Schadensersatzverpflichtungen der Beklagten wegen Beratungsfehlern in Betracht kommen, wird dies von den Parteien im Revisionsverfahren nicht beanstandet; aus revisionsrechtlicher Sicht bestehen hiergegen auch keine Bedenken.
- 11
- 2. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Verjährung des Klageanspruchs sind jedoch nicht frei von Rechtsfehlern.
- 12
- a) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass der hier in Rede stehende Schadensersatzanspruch wegen positiver Vertragsverletzung (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB) im Jahre 2001, nämlich mit dem von der Beklagten empfohlenen Erwerb der Beteiligung an dem geschlossenen Immobilienfonds F. -Fonds 74, entstanden ist (§ 198 Satz 1 BGB a.F.) und mithin zunächst der 30jährigen Verjährungsfrist nach § 195 BGB a.F. unterlag. Der auf einer fehlerhaften Beratung beruhende Erwerb einer für den Anlageinteressenten nachteiligen, seinen konkreten Anlagezielen und Vermögensinteressen nicht entsprechenden Kapitalanlage stellt bereits für sich genommen einen Schaden dar und berechtigt ihn deshalb - unabhängig von der (ursprünglichen) Werthaltigkeit der Anlage - dazu, im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung des Erwerbs der Anlage zu verlangen; der Schadensersatzanspruch entsteht hierbei schon mit dem (unwiderruflichen und vollzogenen) Erwerb der Kapitalanlage (Senatsurteile vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09, BGHZ 186, 152, 159 f Rn. 24 mwN; vom 22. Juli 2010 - III ZR 99/09, NZG 2011, 68 Rn. 12; vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09, NZG 2010, 1026, 1027 Rn. 10 und vom 24. März 2011 - III ZR 81/10, WM 2011, 874, 875 Rn. 9).
- 13
- b) Gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 EGBGB gilt seit dem 1. Januar 2002 für den bis dahin nicht verjährten Schadensersatzanspruch die dreijährige Regelverjährung nach § 195 BGB n.F., wobei für den Fristbeginn nunmehr zusätzlich zur Anspruchentstehung (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB n.F.) die subjektiven Voraussetzungen nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB vorliegen müssen; der Gläubiger muss also von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt haben oder seine diesbezügliche Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruhen (s. etwa Senatsurteile vom 19. November 2009 - III ZR 169/08, BKR 2010, 118, 119 Rn. 13; vom 8. Juli 2010 aaO S. 160 Rn. 25 mwN; vom 22. Juli 2010 - III ZR 99/09 aaO Rn. 11; vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09 aaO Rn. 11 und vom 24. März 2011 aaO Rn. 10 mwN; BGH, Urteile vom 9. November 2007 - V ZR 25/07, NJW 2008, 506 Rn. 8 mwN; vom 3. Juni 2008 - XI ZR 319/06, NJW 2008, 2576, 2578 Rn. 23; vom 10. November 2009 - VI ZR 247/08, VersR 2010, 214, 215 Rn. 10 und vom 15. Juni 2010 - XI ZR 309/09, WM 2010, 1399, 1400 Rn. 11). Für eine dahingehende Kenntnis oder grobfahrlässige Unkenntnis des Klägers trägt der Schuldner - hier also die Beklagte - die Darlegungs- und Beweislast (s. etwa Senatsurteile vom 8. Juli 2010 aaO; vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09 aaO und vom 24. März 2011 aaO S. 875 Rn. 10 und S. 876 Rn. 17 mwN).
- 14
- Insoweit sind folgende Maßgaben zu beachten:
- 15
- aa) Die kenntnisabhängige regelmäßige Verjährungsfrist nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB berechnet sich für jeden Beratungsfehler (bezüglich von einander abgrenzbarer, offenbarungspflichtiger Umstände) gesondert; die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB sind getrennt für jede Pflichtverletzung zu prüfen, und jede Pflichtverletzung ist in dieser Hinsicht verjährungsrechtlich selbständig zu behandeln (s. dazu BGH, Urteile vom 9. November 2007 aaO S. 507 Rn. 17 und vom 23. Juni 2009 - XI ZR 171/08, BKR 2009, 372, 373 Rn. 14; Senatsurteile vom 19. November 2009 aaO S. 119 f Rn. 15; vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09 aaO Rn. 13 und vom 24. März 2011 aaO Rn. 11). Die verjährungsrechtlich gesonderte Prüfung mehrerer Pflichtverletzungen setzt nicht voraus, dass jede dieser Pflichtverletzungen eigenständige oder zusätzliche Schadensfolgen nach sich gezogen hat. Es genügt vielmehr, dass mehrere (von einander abgrenzbare) Pflichtverletzungen zum Gesamtschaden beigetragen haben und ein Schadensersatzanspruch auf mehrere (von einander abgrenzbare) Fehler gestützt wird (BGH, Urteile vom 9. November 2007 aaO und vom 23. Juni 2009 aaO; Senatsurteile vom 19. November 2009 aaO; vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09 aaO und vom 24. März 2011 aaO S. 875 f Rn. 14 ff).
- 16
- bb) Kenntnis vom Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen liegt im Allgemeinen vor, wenn dem Geschädigten die Erhebung einer Schadensersatzklage , sei es auch nur in Form einer Feststellungsklage, Erfolg versprechend , wenn auch nicht risikolos, möglich ist. Weder ist notwendig, dass der Geschädigte alle Einzelumstände kennt, die für die Beurteilung möglicherweise Bedeutung haben, noch muss er bereits hinreichend sichere Beweismittel in der Hand haben, um einen Rechtsstreit im Wesentlichen risikolos führen zu können. Auch kommt es - abgesehen von Ausnahmefällen - nicht auf die zutreffende rechtliche Würdigung an. Vielmehr genügt im Grundsatz die Kenntnis der den Einzelanspruch begründenden tatsächlichen Umstände. Hierzu gehört in Fällen unzureichender Beratung oder Aufklärung auch die Kenntnis der Umstände einschließlich der wirtschaftlichen Zusammenhänge, aus denen sich die Rechtspflicht zur Aufklärung ergibt. Die dem Geschädigten bekannten Tatsachen müssen ausreichen, um den Schluss auf ein schuldhaftes Fehlverhalten des Anspruchsgegners als nahe liegend erscheinen zu lassen. Es muss dem Geschädigten - lediglich - zumutbar sein, auf Grund dessen, was ihm hinsichtlich des tatsächlichen Geschehensablaufs bekannt ist, Klage zu erheben, wenn auch mit dem verbleibenden Prozessrisiko, insbesondere hinsichtlich der Nachweisbarkeit von Schadensersatz auslösenden Umständen (s. zu alldem etwa BGH, Urteile vom 3. Juni 2008 aaO S. 2578 f Rn. 27 f mwN; vom 23. September 2008 - XI ZR 253/07, NJW-RR 2009, 544, 546 Rn. 32 f; vom 10. November 2009 aaO S. 216 Rn. 14 und vom 15. Juni 2010 aaO Rn. 12).
- 17
- cc) Grobe Fahrlässigkeit setzt einen objektiv schwerwiegenden und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegt vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis deshalb fehlt, weil er ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt oder das nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen, wie etwa dann, wenn sich dem Gläubiger die den Anspruch begründenden Umstände förmlich aufgedrängt haben und er leicht zugängliche Informationsquellen nicht genutzt hat. Dem Gläubiger muss persönlich ein schwerer Obliegenheitsverstoß in seiner eigenen Angelegenheit der Anspruchsverfolgung, eine schwere Form von "Verschulden gegen sich selbst", vorgeworfen werden können (Senatsurteile vom 8. Juli 2010 aaO S. 161 Rn. 28 mwN; vom 22. Juli 2010 - III ZR 99/09 aaO Rn. 16 sowie III ZR 203/09 aaO Rn. 12; BGH, Urteil vom 10. November 2009 aaO S. 215 Rn. 13 mwN). Ihn trifft indes generell keine Obliegenheit, im Inte- resse des Schuldners an einem möglichst frühzeitigen Beginn der Verjährungsfrist Nachforschungen zu betreiben; vielmehr muss das Unterlassen von Ermittlungen nach Lage des Falles als geradezu unverständlich erscheinen, um ein grob fahrlässiges Verschulden des Gläubigers bejahen zu können (Senatsurteile vom 8. Juli 2010 aaO S. 161 f Rn. 28 und vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09 aaO; BGH, Urteil vom 10. November 2009 aaO S. 216 Rn. 15 f mwN).
- 18
- c) Diesen Maßgaben wird die Würdigung des Berufungsgerichts nicht in vollem Umfang gerecht. Das Berufungsgericht hat die Anforderungen an das Vorliegen grob fahrlässiger Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht in jeder Hinsicht zutreffend erkannt.
- 19
- aa) Wie der Senat inzwischen - nach Erlass des Berufungsurteils - mehrfach entschieden hat, genügt der Umstand, dass der Anlageinteressent den ihm überlassenen Emissionsprospekt nicht durchgelesen hat, für sich allein genommen noch nicht, um den Vorwurf einer grob fahrlässigen Unkenntnis von Auskunfts- oder Beratungsfehlern des Anlageberaters oder -vermittlers, die als solche aus der Lektüre des Prospekts ersichtlich wären, zu begründen (Senatsurteile vom 8. Juli 2010 aaO S. 162 ff Rn. 29 ff; vom 22. Juli 2010 - III ZR 99/09 aaO S. 68 Rn. 13 und S. 69 Rn. 17 ff; vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09 aaO S. 1027 f Rn. 15 ff und vom 5. Mai 2011 - III ZR 84/10, BeckRS 2011, 13871 Rn. 19). Der Anleger, der bei seiner Entscheidung die besonderen Erfahrungen und Kenntnisse eines Anlageberaters oder -vermittlers in Anspruch nimmt, misst den Ratschlägen, Auskünften und Mitteilungen des Beraters oder Vermittlers, die dieser ihm in einem persönlichen Gespräch unterbreitet, besonderes Gewicht bei. Die Prospektangaben, die notwendig allgemein gehalten sind und deren Detailfülle, angereichert mit volks-, betriebswirtschaftlichen und steuerrechtlichen Fachausdrücken, viele Anleger von einer näheren Lektüre abhält, treten demgegenüber regelmäßig in den Hintergrund. Vertraut daher der Anleger auf den Rat und die Angaben "seines" Beraters oder Vermittlers und sieht er deshalb davon ab, den ihm übergebenen Anlageprospekt durchzusehen und auszuwerten, so ist darin im Allgemeinen kein in subjektiver und objektiver Hinsicht "grobes Verschulden gegen sich selbst" zu sehen. Unterlässt der Anleger eine "Kontrolle" des Beraters oder Vermittlers durch Lektüre des Anlageprospekts , so weist dies auf das bestehende Vertrauensverhältnis hin und ist deshalb für sich allein genommen nicht schlechthin "unverständlich" oder "unentschuldbar" (Senatsurteile vom 8. Juli 2010 aaO S. 163 f Rn. 33; vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09 aaO S. 1028 Rn. 15 sowie III ZR 99/09 aaO S. 69 Rn. 19). Sofern im Einzelfall aus besonderen Gründen konkreter Anlass dafür entsteht, den Emissionsprospekt wegen des Verdachts auf eine bestimmte Pflichtverletzung (Beratungs- oder Auskunftsfehler) durchzulesen, beschränkt sich die Obliegenheit des Anlegers auf die diese Pflichtverletzung unmittelbar betreffenden Passagen des Prospekts; sie erstreckt sich mithin nicht (jedenfalls: nicht ohne Weiteres) auf weitere abgrenzbare, aus der Lektüre anderer Passagen des Prospekts etwa ersichtliche Aufklärungsfehler des Beraters oder Vermittlers (Senatsurteil vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09 aaO S. 1028 Rn. 18 f).
- 20
- bb) Hiernach beanstandet die Revision zu Recht, dass das Berufungsgericht eine den Beginn der Verjährung auslösende grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers von den behaupteten Beratungsfehlern im Kern daraus hergeleitet hat, dass der Kläger die Anforderung und Lektüre des Emissionsprospekts - den er seiner Behauptung nach erst einige Zeit nach der Zeichnung der Beteiligung erhielt - unterlassen habe. Dies vermag nach der erwähnten Senatsrechtsprechung noch keine grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB zu begründen.
- 21
- Soweit das Berufungsgericht eine grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers - zusätzlich - aus weiteren Umständen, insbesondere aus der unterbliebenen Beachtung von Hinweisen und gesondert unterzeichneten Erklärungen in anderen Vertragsunterlagen, entnimmt, hält dies den Angriffen der Revision und der hierauf bezogenen rechtlichen Überprüfung ebenfalls nicht stand. Aus diesen Umständen ergibt sich kein derart deutlicher und auffälliger Hinweis auf (etwaige) Beratungsfehler, dass eine grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers angenommen werden könnte.
- 22
- Dem Darlehensantrag vom 25. April 2001 sind keinerlei"Warnhinweise" zu entnehmen. Aus dem Darlehensvertrag vom 25. April/8. Mai 2001 konnte der Kläger zwar erkennen, dass am 30. April 2011 noch ein Darlehensbetrag von 22.874,90 DM offen stehen würde. Dies mag möglicherweise einen Anhalt geben für die Unrichtigkeit der behaupteten Beratung dahin, dass die Anlage nach Ablauf von zehn Jahren Überschüsse und ein"zusätzliches Einkommen" erbringen werde, aber noch keinen Aufschluss über die Unrichtigkeit der behaupteten Beratung des Inhalts, dass sich die Anlage finanziell (über Ausschüttungen und Steuervorteile) durchgehend selbst trage, und - erst recht - nicht über die weiteren vom Kläger gerügten Beratungsfehler.
- 23
- Die Beitrittserklärungen vom 25. April und 8. Mai 2001 enthalten die (formularmäßige) Angabe, dass der Anleger den Prospektinhalt vollinhaltlich zur Kenntnis genommen habe, sowie eine gesondert unterzeichnete "Informationsbestätigung" , wonach der Anleger den vollständigen Prospekt ausgehändigt bekommen habe, ihm ausreichend Zeit geblieben sei, den Prospektinhalt zur Kenntnis zu nehmen, und weitere über den Prospektinhalt hinausgehende Versprechungen und Zusicherungen nicht gemacht worden seien. Hieraus ergibt sich kein Anhalt für vom behaupteten Beratungsinhalt abweichende Risikohin- weise, zumal nicht derart, dass der Anleger nicht ohne grobe Fahrlässigkeit von der Durchsicht des Anlageprospekts (und der damit verbundenen "Kontrolle" der Angaben "seines" Beraters) absehen dürfte. Mithin bedarf es entgegen der Ansicht der Revision keiner Entscheidung, ob diese formularmäßigen Bestätigungen gemäß §§ 307 ff BGB unwirksam sind.
- 24
- Die "Gesprächsnotiz" vom 25. April 2001 enthält unter Nummer 6 zwar eine Reihe von Hinweisen. Diese sind aber nicht geeignet, die Annahme einer grob fahrlässigen Unkenntnis des Klägers von der Unrichtigkeit des behaupteten Inhalts der mündlichen Beratung zu stützen. Insbesondere die angeblich zugesagten (Kern-)Merkmale der "Sicherheit", "selbst tragendenFinanzierung" sowie dauerhaften, stabilen und hohen "Rentabilität" der Anlage werden durch diese Hinweise nicht - jedenfalls nicht mit der nötigen Klarheit und Auffälligkeit - in Zweifel gezogen; vielmehr wird vornehmlich auf den langfristigen Charakter der Kapitalanlage und mögliche Abschläge im Falle einer vorzeitigen Veräußerung (also auf eine solchermaßen eingeschränkte Fungibilität) aufmerksam gemacht (s. Nummer 6.1. und 6.2.).
- 25
- Auch die übrigen vom Berufungsgericht angeführten Fallumstände vermögen keine grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers zu begründen. Dies gilt insbesondere für die "Anlageerfahrung" des Klägers. Diese beschränkte sich zur damaligen Zeit - worauf die Revision zutreffend hinweist - auf eher "konservative" Kapitalanlagen (nämlich: Spareinlagen, Sparbriefe etc.); über spezifische Kenntnisse über Anlagen in geschlossenen Immobilienfonds verfügte der Kläger - soweit ersichtlich - nicht.
- 26
- d) Somit tragen die gegebene Begründung und die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht die Folgerung, dass der Klageanspruch verjährt sei.
- 27
- 3. Das Berufungsurteil ist nach alldem aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, weil das Berufungsgericht insbesondere zum Vorliegen von haftungsbegründenden Beratungsfehlern - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine abschließenden Feststellungen getroffen hat und die Sache daher nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Das Berufungsgericht hat hiernach Gelegenheit, sich mit dem weiteren Vorbringen der Parteien in der Revisionsinstanz zu befassen. Schlick Dörr Herrmann Hucke Tombrink
LG Würzburg, Entscheidung vom 07.07.2009 - 11 O 3019/07 -
OLG Bamberg, Entscheidung vom 15.03.2010 - 4 U 160/09 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
In diesem Umfang wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz wegen seiner Meinung nach fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit der Beteiligung an zwei geschlossenen Immobilienfonds.
- 2
- Nach Gesprächen mit dem damals für die Beklagte tätigen Mitarbeiter G. zeichnete der Kläger am 26. Februar sowie am 28. Oktober 1996 Beteiligungen an der I. Immobilienfonds M. GbR sowie an der I. Immobilienfonds D. GbR in Höhe eines Nominalbetrags von 30.000 DM beziehungsweise 55.000 DM zuzüglich jeweils eines Agios von 5 %. Gegenstand der Immobilienfonds waren laut Prospekt "Erwerb und Vermietung" einer damals im Bau befindlichen "Vorsorge- und Rehabilitationsklinik" in K. sowie in D. . Gründungsgesellschafter der Fondsgesellschaften waren neben dem Initiator der Projekte H. die B. Verwaltungsgesellschaft mbH (Gesellschafter und Geschäftsführer H. ) sowie die E. GmbH (Geschäftsführer H. ; Gesellschafter die I. AG - im Folgenden: I. -, Vorstand und Aktionär ebenfalls H. ).
- 3
- Die für den Bau der Kliniken vorgesehenen Grundstücke standen im Eigentum der I. und wurden mit der Verpflichtung, dort die Klinikgebäude im eigenen Namen und auf eigene Kosten zu errichten, an die Fondsgesellschaften verkauft. Die I. sollte allerdings weiterhin im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen bleiben und die Grundstücke treuhänderisch für die Gesellschaften halten (Grundbuchtreuhand). Als Geschäftsbesorgerin war die B. Verwaltungsgesellschaft mbH, als Mieterin und Betreiberin der Kliniken die E. GmbH vorgesehen.
- 4
- In den Anlageprospekten war im Rahmen der Investitionsplanung über ca. 90 Mio. DM beziehungsweise ca. 65 Mio. DM unter anderem auch die Position "Avale Bauzeit" mit 782.568 DM beziehungsweise 1.150.000 DM vorgesehen ("Investitions- und Finanzierungplan" S. 16 bzw. S. 17). Diese Beträge flossen später an den Gründungsgesellschafter H. .
- 5
- Während nach der Fertigstellung der M. klinik an die Kapitalanleger in den Jahren 1998 und 1999 noch Ausschüttungen erfolgten, war dies bei der Klinik D. von Anfang an nicht möglich, weshalb die Beklagte hierfür ku- lanzhalber Zahlungen an die von ihr vermittelten Anleger erbrachte. Eine Insolvenz der Fondsgesellschaften konnte zunächst durch jeweils im September 2001 beschlossene Kapitalerhöhungen, an denen der Kläger sich beteiligte, vermieden werden. Weitere Sanierungsbemühungen waren erfolglos.
- 6
- Der Kläger hat die Beklagte wegen verschiedener Pflichtverletzungen auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht der Klage mit Abstrichen bei den Zinsen stattgegeben. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht - zur Frage der Aufklärungspflicht über die personellen und kapitalmäßigen Verflechtungen und die Sonderzuwendungen an den Gründungsgesellschafter H. - zugelassene Revision der Beklagten.
Entscheidungsgründe
I.
- 7
- Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat die Beklagte den Kläger pflichtwidrig nicht auf die vorhandenen Verflechtungen der Beteiligten sowie die insoweit nach den Prospekten zu erwartenden Sonderzuwendungen an den Gründungsgesellschafter hingewiesen. Auch wenn aus den Prospekten, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt habe, bei der gebotenen Plausibilitätsprüfung ex ante nicht erkennbar gewesen sei, dass von Anfang an die Absicht bestanden habe, dem Gründungsgesellschafter persönlich die unter der Position "Avale Bauzeit" genannten Beträge zukommen zu lassen, diese Gelder mithin planmäßig an diesen fließen sollten, habe nach der vertraglichen Konzeption die erhebliche Gefahr einer selbstbegünstigenden Interessenwahrnehmung durch H. bestanden. H. sei über seine Gesellschaften wirtschaftlich betrachtet Grundstückseigentümer und Grundbuchtreuhänder für die Fondsgesellschaft , Geschäftsbesorger für die Fondsgesellschaft und Mieter der Fondsgesellschaft gewesen. Dies sei für die Beklagte beziehungsweise die von ihr mit der Prospektprüfung beauftragte Gesellschaft erkennbar gewesen. Aufgrund der personellen Verflechtungen habe insoweit ein Eigeninteresse von H. bestanden , an Dienstleistungen jeglicher Art, die im Zusammenhang mit der Durchführung der Projekte anfielen, gut zu verdienen. Demgegenüber sei dieses Interesse für die Anleger nicht ohne weiteres erkennbar gewesen; die Gesellschafterstellungen von H. hätten sich erst bei aufmerksamer Lektüre der Darstellung der Beteiligten in den Prospekten ergeben. Nach dem Inhalt der Prospekte sollten H. beziehungsweise die von ihm beherrschten Gesellschaften neben dem Kaufpreis für die Kliniken eine nicht unerhebliche Vergütung für die Geschäftsbesorgung erhalten (§§ 2, 9 der Geschäftsbesorgungsverträge). Darüber hinaus habe, auch wenn aus dem Inhalt der Prospekte nicht ohne weiteres abzuleiten gewesen sei, dass H. selbst ein Angebot für ein "Aval" abgegeben haben könnte, doch zumindest die Möglichkeit bestanden, dass H. für die Stellung von Sicherheiten weitere Geldbeträge bekommen werde. Hierbei habe der Umstand, dass er Gesellschafter-Geschäftsführer der Geschäftsbesorgerin gewesen sei und diese nach § 1 Abs. 2 des Geschäftsbesorgungsvertrags für die Gesellschaft und die Gesellschafter habe handeln sollen, einen Zufluss der unter "Avale Bauzeit" in den Prospekten jeweils aufgeführten Ausgabepositionen an ihn erleichtert. Vor diesem Hintergrund wäre bei beiden Fonds ein ausdrücklicher Hinweis auf die vielfältigen Funktionen des Gründungsgesellschafters veranlasst gewesen. Zu einer sachgerechten Aufklärung hätte es gehört, den Anlegern deutlich zu machen, dass H. über die bestehenden Verflechtungen letztlich Empfänger einer Reihe von vorgesehenen Vergütungen gewesen sei oder zumindest hätte sein können, und dass er als Or- gan der Geschäftsbesorgerin der Fonds-GbR unter anderem für die Überwachung der Verträge mit der I. und der E. GmbH zuständig sei. Da er selbst hinter diesen Unternehmen gestanden habe, habe die Gefahr bestanden , dass er nicht nur die Interessen der Fonds, sondern auch eventuell gegenläufige Interessen vertrete. Die Beklagte habe selbst nicht behauptet, dass eine derartige Aufklärung im Rahmen der Beratungsgespräche durch ihren Mitarbeiter G. erfolgt sei. Für einen Anlageinteressenten seien diese Verflechtungen sowie die geplanten und weiteren möglichen Vermögenszuflüsse zugunsten von H. und der von ihm beherrschten Unternehmen nur bei sehr aufmerksamem Lesen der Prospekte erkennbar gewesen. Insoweit seien diese letztlich für einen durchschnittlichen Anleger nicht hinreichend verständlich und somit kein geeignetes Mittel der Aufklärung.
II.
- 8
- Die - vom Berufungsgericht nur beschränkt zugelassene - Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht.
- 9
- 1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war die Beklagte nicht verpflichtet, bei der Beratung von Anlageinteressenten von sich aus die Frage der kapitalmäßigen und personellen Verflechtung und der hieraus resultierenden Interessenkonflikte in einer über den Prospektinhalt hinaus gehenden Intensität zu behandeln.
- 10
- a) Die aus einem Anlageberatungsvertrag folgende Pflicht zur objektgerechten Beratung bezieht sich auf diejenigen Eigenschaften und Risiken des Anlageobjekts, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können (vgl. nur Senat, Versäumnisurteil vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06, WM 2007, 542 Rn. 10 undUrteil vom 15. November 2012 - III ZR 55/12, VersR 2013, 193 Rn. 6, jeweils mwN). Wird zur Information von Beitrittsinteressenten ein Prospekt herausgegeben, so hat der Prospekt seinerseits den Anleger über alle wichtigen Umstände sachlich richtig und vollständig zu unterrichten (vgl. nur Senat, Urteil vom 28. Februar 2008 - III ZR 149/07, VuR 2008, 178 Rn. 8 mwN).
- 11
- Zu den Umständen, über die der Anleger durch den Prospekt zu unterrichten ist, gehört auch eine Darstellung der wesentlichen kapitalmäßigen und personellen Verflechtungen zwischen der Fondsgesellschaft, ihren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern einerseits sowie andererseits den Unternehmen, deren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern, in deren Hand die Beteiligungsgesellschaft die durchzuführenden Vorhaben ganz oder wesentlich gelegt hat, und insoweit auch der für diesen Personenkreis vorgesehenen und gewährten Sonderzuwendungen und -vorteile (vgl. nur Senat , Urteile vom 22. April 2010 - III ZR 318/08, WM 2010, 1017 Rn. 24 und vom 15. Juli 2010 - III ZR 321/08, WM 2010, 1537 Rn. 25; siehe auch BGH, Urteil vom 21. September 2010 - XI ZR 232/09, NJW-RR 2011, 124 Rn. 29, jeweils mwN).
- 12
- b) Ausgehend von diesem rechtlichen Maßstab lässt sich aufgrund der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen eine Pflichtverletzung der Beklagten nicht bejahen.
- 13
- Die Angaben in den Fondsprospekten sind entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ein hinreichend verständliches und geeignetes Mittel der Aufklärung der Anleger. Die insoweit gebotene objektive Auslegung der Prospekte kann der Senat selbst vornehmen (vgl. nur Senat, Urteil vom 22. März 2007 - III ZR 218/06, WM 2007, 873 Rn. 6; BGH, Urteile vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 22 und vom 18. September 2012 - XI ZR 344/11, BGHZ 195, 1 Rn. 31). In den Prospekten wird auf S. 24 beziehungsweise S. 25 unter der Überschrift "Beteiligte" im Einzelnen dargestellt, in welcher maßgeblichen Form der Gründungsgesellschafter H. an den mit den Projekten befassten Unternehmen beteiligt ist. Aus den Prospekten, zu deren Inhalt - anders als es der Kläger reklamiert - auch die auf S. 29 ff beziehungsweise S. 30 ff abgedruckten Verträge (unter anderem der Geschäftsbesorgungsvertrag ) gehören, lässt sich deutlich seine maßgebliche Stellung auch auf Seiten der Grundbuchtreuhänderin, der Geschäftsbesorgerin sowie der Mieterin der Klinik ersehen. Soweit das Berufungsgericht hieraus ein Eigeninteresse von H. ableitet, an Dienstleistungen jeglicher Art, die im Zusammenhang mit der Durchführung des Projekts anfallen, zu verdienen, war dieses ebenso wie die vom Berufungsgericht problematisierte Gefahr etwaiger Interessengegensätze für jedermann erkennbar. Dies gilt auch, soweit in den Prospekten auf S. 24 beziehungsweise S. 25 ausdrücklich angesprochen wird, dass die I. beabsichtige , als Vertragspartner für verschiedene Dienstleistungsbereiche aufzutreten beziehungsweise Unternehmen und Personen der eigenen Unternehmensbereiche vorzuschlagen.
- 14
- Weiterer ausdrücklicher Hinweise darüber hinaus bedurfte es nicht. Denn bei der zu fordernden sorgfältigen und eingehenden Lektüre des Prospekts (vgl. Senat, Urteile vom 28. Februar 2008 aaO, vom 14. Juni 2007 - III ZR 125/06, WM 2007, 1503 Rn. 9 und vom 20. Juni 2013 - III ZR 293/12, juris Rn. 12; BGH, Urteile vom 31. März 1992 - XI ZR 70/91, WM 1992, 901, 904, vom 18. September 2012 aaO Rn. 30 und vom 5. März 2013 - II ZR 252/11, WM 2013, 734 Rn. 14) musste sich auch ohne besondere Spezialkenntnisse jedem Anleger aufdrängen, dass der Gründungsgesellschafter H. an den mit den Projekten befassten Firmen beteiligt war und insoweit davon profitieren konnte.
- 15
- 2. Dass im Übrigen die in den Prospekten im Investitions- und Finanzierungplan vorgesehene Position "Avale Bauzeit" sowohl zum Grunde als auch zur Höhe der von der Beklagten geschuldeten Plausibilitätsprüfung standhält und keinen Anlass zu weitergehenden Nachforschungen bot, hat der Senat bereits entschieden (vgl. Urteile vom 15 November 2012 - III ZR 55/12, VersR 2013, 193 Rn. 8 ff und vom 20. Juni 2013 aaO Rn. 15 ff).
- 16
- 3. Das Berufungsurteil ist daher, soweit zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist, aufzuheben. In diesem Umfang ist die Sache mangels Entscheidungsreife an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Denn das Berufungsgericht hat ausdrücklich offengelassen, ob die Prospekte dem Kläger - wie von der Beklagten behauptet und vom Kläger bestritten - so rechtzeitig vor der Zeichnung der Anlagen übergeben worden sind, dass die persönliche Aufklärungspflicht des Beraters entfallen ist (vgl. Senat, Versäumnisurteil vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06, WM 2007, 542 Rn. 17 und Urteil vom 20. Juni 2013 - III ZR 293/12, juris Rn. 7). Die hierzu notwendigen Feststellungen sind nachzuholen, wobei der Senat darauf hinweist, dass der Anleger die Beweislast dafür trägt, dass ihm der Anlageprospekt nicht oder zu spät übergeben worden ist (vgl. nur Senat, Urteil vom 11. Mai 2006 - III ZR 205/05, NJW-RR 2006, 1345 Rn. 6 ff).
Seiters Reiter
Vorinstanzen:
LG Kempten, Entscheidung vom 13.02.2012 - 33 O 449/11 -
OLG München in Augsburg, Entscheidung vom 24.01.2013 - 14 U 720/12 -
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.