Hanseatisches Oberlandesgericht Beschluss, 03. Jan. 2017 - Ausl 81/16

published on 03/01/2017 00:00
Hanseatisches Oberlandesgericht Beschluss, 03. Jan. 2017 - Ausl 81/16
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Tenor

Die Auslieferung des Verfolgten an die Republik Rumänien zum Zwecke der Verfolgung der in dem Europäischen Haftbefehl des Gerichts in Medgidia vom 12. August 2016 (Nr. 7 - Az.: 5379/256/2015) bezeichneten Straftaten ist zulässig.

Gründe

1

Die Voraussetzungen für die von der Republik Rumänien ersuchte Auslieferung des derzeit in anderer Sache in Strafhaft befindlichen (Ablauf von 2/3: 24. Juli 2017; Ende: 24. September 2017) Verfolgten zum Zwecke der Strafverfolgung sind entsprechend den hier anwendbaren rechtlichen Maßgaben der §§ 29, 32 Satz 1, §§ 78 ff. IRG gegeben.

I.

2

Es liegt ein formgerechtes Auslieferungsersuchen nach § 83a Abs. 1 IRG vor.

3

1. Gegen den Verfolgten besteht der in der Beschlussformel benannte, bei den Akten befindliche Europäische Haftbefehl und seit dem 24. August 2016 eine entsprechende Ausschreibung im Schengener Informationssystem, die alle nach § 83a Abs. 1 Nr. 1 bis 6 IRG erforderlichen Angaben enthalten und deshalb eine ausreichende Auslieferungsgrundlage darstellen. Grundlage ist ein nationaler Haftbefehl desselben Gerichts vom 1. Juli 2015 (13/UP/01.07.2015).

4

2. Dem Verfolgten werden darin folgende Taten zur Last gelegt:

5

a) Im Juni 2015 schloss er einen Vertrag für einen Aufenthalt in dem Hotel B. in Medgidia für eine Aufenthaltsdauer vom 21. Juni bis zum 21. Juli 2015, wobei er von vornherein nicht beabsichtigte das Entgelt zu entrichten. Tatsächlich hielt er sich vom 21. bis zum 25. Juni 2015 in dem Hotel auf und verschwand dann, ohne zu bezahlen.

6

b) Am 24. Juni 2015 spiegelte er in Medgidia dem Zeugen M. St.-R. vor, diesen als Buchhalter bei der N. ST. einzustellen und verlangte als Gegenleistung von dem Zeugen, ein falsches Dokument herzustellen, in dem der Wahrheit zuwider bestätigt wurde, die Einkünfte der N. ST. würden 12.000 Ron (2.700 €) betragen.

7

c) Im Zeitraum vom 24. bis zum 25. Juni 2016 verwendete er das gefälschte Dokument und versuchte auf Kredit Elektrogeräte im Gesamtwert von 30.000 RON (6.700 €) bei der Firma SC A. R. SRL in Medgidia zu kaufen, wurde jedoch auf frischer Tat von der Polizei gefasst.

II.

8

Die Auslieferung des Verfolgten im Übrigen ist zulässig (§ 15 Abs. 2 IRG).

9

1. Gemäß § 81 Nr. 4 IRG erfolgt keine Prüfung der beiderseitigen Strafbarkeit, da die dem Ersuchen zugrunde liegenden Taten nach rumänischem Recht den in Art. 2 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. L 190 vom 18. Juli 2002, S. 1) aufgeführten Deliktsgruppen zugehörig (Betrug) und im Höchstmaß mit Freiheitstrafe von mindestens drei Jahren bedroht sind.

10

2. Die Voraussetzungen des § 81 Nr. 1 IRG liegen vor. Die dem Verfolgten zur Last gelegten Straftaten sind im Höchstmaß mit einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren bedroht, so dass das erforderliche Mindestmaß von zwölf Monaten überschritten ist.

11

3. Verfolgungsverjährung ist ersichtlich noch nicht eingetreten.

12

4. Die Grundsätze der Gegenseitigkeit und Spezialität (§§ 5 und 11 IRG) sind gemäß § 82 IRG nicht zu berücksichtigen.

III.

13

Auslieferungs- und Bewilligungshindernisse liegen nicht vor (§§ 73, 83, 83b IRG).

14

1. Die Tat weist mit Blick auf ihren Begehungs- und Erfolgsort die notwendige Beziehung zum ersuchenden Staat auf (§ 83b Abs. 2 lit. a i.V.m. § 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 IRG).

15

2. Auslieferungshindernisse bestehen nicht. Dies gilt vor dem Hintergrund der Gewährleistungen von § 73 Satz 1 und 2 IRG i.V.m. Art. 4 der EU-Grundrechtecharta namentlich auch mit Blick auf die Haftbedingungen in Rumänien.

16

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (Urteil vom 5. April 2016 in den verbundenen Rechtssachen Aranyosi und Căldăraru - C-404/15 und C-659/15 PPU, NJW 2016, 1709 ff., m. Anm. Böhm) ist klargestellt, dass der in Art. 1 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. L 190, S. 1) in der durch den Rahmenbeschluss 2009/299/JI des Rates vom 26. Februar 2009 (ABl. L 81, S. 24) geänderten Fassung (im Folgenden: Rahmenbeschluss) verankerte Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens die Mitgliedstaaten zur Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls verpflichtet. Lediglich die abschließend im Rahmenbeschluss aufgezählten Zurückweisungsgründe können ausnahmsweise die Ablehnung der Auslieferung begründen. Außerdem kann die Vollstreckung des Europäischen Haftbefehls nur an eine der in Art. 5 des Rahmenbeschlusses erschöpfend aufgeführten Bedingungen geknüpft werden. Allerdings ist unter außergewöhnlichen Umständen eine Beschränkung der Grundsätze der gegenseiteigen Anerkennung und des gegenseitigen Vertrauens zwischen den Mitgliedstaten möglich (EuGH, a.a.O., Rn. 80), die etwa in einem Verstoß gegen das in Art. 4 der EU-Grundrechtecharta aufgestellte Verbot unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung begründet sein können (EuGH, a.a.O., Rn. 91-95).

17

a) Die vollstreckende Justizbehörde hat daher zunächst zu prüfen, ob objektive, zuverlässige, genaue und gebührend aktualisierte Angaben vorliegen für die Annahme systemischer oder allgemeiner, bestimmte Personengruppen oder bestimmte Haftanstalten betreffende Mängel der Haftbedingungen im Ausstellungsmitgliedstaat vorliegen. Diese Angaben können sich unter anderem aus Entscheidungen internationaler Gerichte, wie Urteilen des EGMR, aus Entscheidungen von Gerichten des Ausstellungsmitgliedstaates oder aus Entscheidungen, Berichten oder anderen Schriftstücken von Organen des Europarates oder aus dem System der Vereinten Nationen ergeben (EuGH, a.a.O., Rn. 89).

18

Schon vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (inter alia: Urt. v. 19. März 2013, Blejuşcă v. Rumänien, Individualbeschwerde Nr. 7910/10; Urt. v. 10. Juni 2014, Marin v. Rumänien, Individualbeschwerde Nr. 79857/12; Urt. v. 10. Juni 2014, Vociu v. Rumänien, Individualbeschwerde Nr. 22015/10; Urt. v. 10. Juni 2014, Bujorean v. Rumänien, Individualbeschwerde Nr. 13054/12; Urt. v. 10. Juni 2014, Burlacu v. Rumänien, Individualbeschwerde Nr. 51318/12; zuletzt - soweit über www.hudoc.echr.coe.int ersichtlich - Urt. v. 21. Juni 2016, Eze v. Rumänien, Individualbeschwerde Nr. 80529/13) und mit Blick auf die Rechtsprechung verschiedener deutscher Oberlandesgerichte (OLG Stuttgart, Beschl. v. 17. Juni 2016 - 1 Ausl 6/16; OLG Koblenz, Beschl. v. 6. Juni 2016 - 1 AR 26/16 A; HansOLG Bremen, Beschl. v. 30. Juni 2016 - 1 Ausl. A 23/15; OLG Hamm, Beschl. v. 23. August 2016 - III-2 Ausl 125/16) erkennt der Senat derart substantiierten Anhalt für das Vorliegen systemischer und allgemeiner Mängel der Haftbedingungen im Ausstellungsmitgliedstaat.

19

b) In einem weiteren Schritt ist sodann zu prüfen, ob es ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme gibt, dass der Verfolgte im Fall seiner Auslieferung einer „echten Gefahr“ unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta ausgesetzt sein wird. Dazu können nach Art. 15 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses unter Beachtung der Frist des Art. 17 Nachfragen an die Justizbehörde des Ausstellungsmitgliedstaats gestellt werden. Werden die Informationen erteilt und stellt das Gericht im Vollstreckungsstaat fest, dass eine solche Gefahr besteht, ist die Vollstreckung des Haftbefehls „aufzuschieben“ (EuGH, a.a.O., Rn. 92-98). Es ist dann unter Beachtung namentlich des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und der Unschuldsvermutung darüber zu befinden, ob der Auslieferungshaftbefehl aufrechterhalten werden kann. Kann letztlich das Vorliegen einer „echten Gefahr“ nicht (innerhalb einer angemessenen Frist) ausgeschlossen werden, muss die vollstreckende Justizbehörde darüber entscheiden, ob das Übergabeverfahren zu „beenden“ ist (EuGH, a.a.O., Rn. 104).

20

c) Eine solchermaßen verstandene „echte Gefahr“ liegt für den Verfolgten nicht vor.

21

aa) Der Senat hat über die Generalstaatsanwaltschaft verschiedene Stellungnahmen der rumänischen Behörden eingeholt. Ihm liegen vor: eine Stellungnahme des Gerichts in Medgidia vom 4. Oktober 2016 (Bl. 95 ff. d.A.), eine Stellungnahme des rumänischen Justizministeriums vom 21. Oktober 2016 (in der Übersetzung versehentlich: 19. Oktober 2016, überreicht mit Schreiben vom 25. Oktober 2016, Bl. 107 ff. d.A.) sowie eine weitere Stellungnahme des rumänischen Justizministeriums vom 15. Dezember 2016 (überreicht mit Schreiben vom 21. Dezember 2016, Bl. 189 d.A.). Darüber hinaus liegt dem Senat der Besuchs- und Gesprächsvermerk des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 1. Dezember 2016 (Az.: II B 4 - 9123/2R1-27 298/2016) sowie eine diesem Vermerk beigeschlossene Stellungnahme des rumänischen Justizministeriums vom 8. September 2016 (Bl. 195 ff. d.A.) vor.

22

bb) Die Auswertung der vorerwähnten Unterlagen ergibt folgendes Bild:

23

(1) Nach der begehrten Überstellung des Verfolgten wird seine anschließende rumänische Untersuchungshaft aufgrund des Gesetzes Nr. 254 vom 19. Juli 2013 unter der Aufsicht der Justizbehörden in den Haftzentren des Innenministeriums vollstreckt werden (Stellungnahme vom 15. Dezember 2016). Sollte der Verfolgte im Rahmen des gegen ihn geführten Strafverfahrens zu einer zu verbüßenden Freiheitsstrafe verurteilt werden, erfolgt zunächst die Aufnahme in eine Haftanstalt zur Durchführung der nach rumänischem Recht vorgesehenen Quarantäne- und Aufsichtszeit von 21 Tagen. In dieser Zeit werden der Gesundheitszustand des Gefangenen sowie der Bedarf an notwendiger sozialer und psychologischer Unterstützung erhoben und dem Gefangenen die Aktivitäten im Justizvollzug sowie dessen Möglichkeiten erläutert. Daraufhin wird ein individueller Plan für jeden Gefangenen erstellt werden, aufgrund dessen eine Fachkommission das Vollzugsregime, in das der Gefangene nach der Quarantäneperiode eingewiesen werden soll, festlegen wird. Dabei ist maßgeblich, dass er so nah wie möglich an seinem Wohnort untergebracht wird. Alle Strafanstalten verfügten über Fachpersonal, das soziale und psychologische Hilfe anbieten könne (vgl. auch Bericht des BMJV). Die Aufnahmeanstalt Bukarest Rahova verfügt über 24 „Quarantänezimmer“, in denen jedem Häftling ein individueller Raum von drei Quadratmetern zur Verfügung steht (Stellungnahme vom 21. Oktober 2016).

24

Im rumänischen Justizvollzug gibt es vier Vollzugsregime: zwei strenge und zwei gelockerte. Bei einer zu verbüßenden Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren beginnt die Vollstreckung regelhaft im halb-offenen oder offenen Regime. Bei Freiheitsstrafen darüber zunächst im „strengen“ oder „sehr strengen“ geschlossenen Vollzug (Stellungnahme des rumänischen Justizministeriums vom 8. September 2016). Nach Verbüßung von einem Fünftel der Strafe prüft die Fachkommission eine Änderung des Vollzugsregimes für den betreffenden Gefangenen. In den Fällen, in denen ein Gefangener beispielsweise Straftaten während der Inhaftierung begangen hat, verbleibt er in einem regressiven System. Ansonsten kann er in ein progressives verlegt werden. Im offenen Vollzug können die Gefangenen auch außerhalb der Anstalt an Aktivitäten teilnehmen (Stellungnahme vom 8. September 2016, a.a.O.).

25

In den strengen Regimen sind die Haftraumtüren grundsätzlich tagsüber und nachts verschlossen, da hier hohe Sicherheitsstandards herrschen. Die hier untergebrachten Gefangenen können sich etwa drei Stunden pro Tag außerhalb ihres Haftraumes bewegen, um z.B. mindestens zwei Stunden lang am Aufenthalt im Freien teilzunehmen, zu duschen oder zu telefonieren. Zudem besteht das Recht, Besuch zu empfangen und wöchentlich in der Anstalt einzukaufen. Darüber hinaus können sich die Gefangenen an kulturellen, sportlichen und religiösen Aktivitäten beteiligen. In den gelockerten Regimen haben die Gefangenen die Möglichkeit, sich tagsüber frei zu bewegen. Im offenen Vollzug sind die Haftraumtüren auch nachts geöffnet (vgl. auch BMJV, a.a.O.). Im Krankheitsfall besteht die Möglichkeit der Überweisung in ein Haftkrankenhaus.

26

Mit Blick auf die Wohnortnähe wird die Vollstreckung einer etwaigen unbedingten Freiheitsstrafe für den Verfolgten voraussichtlich in der Haftanstalt Tulcea erfolgen (Stellungnahme vom 21. Oktober 2016). Die dortigen Haftzellen verfügen jeweils über ein Badezimmer mit Zugang von der Haftzelle, mit Waschbecken, Toilette und Dusche. Tageslicht wird in der Haftzelle über ein Fenster in der Größe 1,13m x 1,15m, künstliche Beleuchtung über weißes Neonlicht mit 4x18W gewährleistet. Natürliche Zimmerbelüftung wird über das Fenster der Haftzelle sowie über das Badezimmerfenster (0,52m x 0,45m) bewirkt. Neben dem Bett stehen als Mobiliar Tisch, Stühle, Kleiderhaken und Regalräume mit einer Fläche von 0,78 Quadratmetern zur Verfügung. Fließendes Kaltwasser wird ununterbrochen, fließendes Warmwasser dreimal wöchentlich zur Verfügung gestellt. Desinfektionsmaßnahmen werden regelmäßig und anlassbezogen durchgeführt. Renovierungsmaßnahmen (Anstrich) erfolgen jährlich. Wäschewaschgelegenheit besteht wöchentlich.

27

Die rumänischen Behörden sichern darüber hinaus zu, dass dem Verfolgten ein „minimaler persönlicher Raum einschließlich Bett und entsprechende Möbel“ von drei Quadratmetern bei Vollstreckung im geschlossenen Regime und von zwei Quadratmetern bei Vollstreckung im halboffenen oder offenen Regime zu Verfügung stehen wird.

28

(2) Zur Situation und zur Entwicklung des Strafvollzuges in Rumänien im Allgemeinen ist der Senat zu folgenden Erkenntnissen gelangt:

29

Die Haftanstalten in Rumänien sind auch derzeit noch deutlich überbelegt, es fehlen ca. 9.500 Haftplätze. Die rumänische Regierung hat jedoch, die Haftplatzkapazität noch im Jahr 2016 um 659 neue Haftplätze erhöht und 200 Haftplätze modernisiert. Für 2017 ist die Schaffung von 200 neuen Haftplätzen geplant. In den Jahren 2018 bis 2020 sollen 5.500 neue Plätze geschaffen werden (Bericht des BMJV, a.a.O.).

30

Die Gesamtanzahl der Strafgefangenen ist seit Januar 2014 (33.434 Gefangene) signifikant zurückgegangen und betrug im Januar 2015 noch 29.969 und im Juni 2016 noch 28.234. (Stellungnahme des rumänischen Justizministeriums vom 8. September 2016). Dies beruht auch auf aktuellen Änderungen des rumänischen Strafverfahrens- und Strafrechts, wodurch eine Ausweitung der Möglichkeit von Haftstrafen vermeidenden Geldstrafen sowie insgesamt eine Herabsetzung der Strafandrohungen erreicht wurden (Stellungnahme vom 8. September 2016 a.a.O.). Aus denselben Gründen ist auch die Anzahl von Untersuchungshaftanordnungen von 3.055 auf 2.082 zurückgegangen. Gleichwohl sind per 15. Juli 2016 noch 28.125 Personen inhaftiert, was bei Zugrundelegung einer Mindestfläche an individuellem Raum von vier Quadratmetern immer noch zu einer Überbelegung mit einer Belegungsquote von 150,46% führt (Stellungnahme vom 8. September 2016, a.a.O.).

31

Die rumänischen Behörden sind bemüht, den Zugang zu heißem Wasser für die Gefangenen über das nunmehr nach eigenem Recht (Gesetz Nr. 254/2013) notwendige Maß (zweimal wöchentliches Baden) hinaus auszubauen. Derzeit gibt es in 21 Haftanstalten täglich heißes Wasser und in 15 weiteren Haftanstalten mindestens dreimal wöchentlich heißes Wasser (Stellungnahme vom 8. September 2016, a.a.O.).

32

Im Jahr 2015 seien 1.200 Gefangene aufgrund eines Europäischen Haftbefehls nach Rumänien ausgeliefert worden. Für das Jahr 2016 wird die Zahl auf 2.000 geschätzt. Aus Sicht der rumänischen Behörden ist es daher problematisch, für jeden einzelnen Fall Zusicherungen abzugeben. Gleichwohl wolle man sich in Zukunft bemühen, die Zusicherungen auf den Einzelfall abzustimmen. Zudem habe man die Zusicherungen inzwischen dahingehend aktualisiert, dass man einen Raum von mindestens drei Quadratmetern für Gefangene zusichern könne, die sich in einem geschlossenen Regime befänden und zwei Quadratmetern Raum für Gefangene, die in einem Mehrfachhaftraum mit offenen Türen untergebracht seien (BMJV, a.a.O.).

33

Im Rahmen der aktuellen Rechtsveränderungen hat Rumänien darüber hinaus die Rechtsschutzmöglichkeiten für Strafgefangene ausgeweitet. Nunmehr existiert ein - der deutschen Strafvollstreckungskammer vergleichbarer - „Judge for the supervision of the depriviation of liberty“, der eine effektive und unabhängige Kontrolle des Strafvollzugsregimes gewährleistet, sowie - seit Anfang 2015 - ein Ombudsmann, der die Haftbedingungen im rumänischen Strafvollzug überwacht und rechtlich abgesicherte umfangreiche Kontroll- und Interventionsmöglichkeiten besitzt und von den einzelnen Strafgefangenen angerufen werden kann (Stellungnahme vom 8. September 2016, a.a.O.). Schließlich ist die Gewährung von Hafturlaub (bis zu 24 Stunden und über 24 Stunden hinaus) zwischen 2012 (1.273 Beurlaubungen) und 2015 (3.619 Beurlaubungen) konsequent ausgeweitet worden (Stellungnahme vom 8. September 2016, a.a.O.).

34

cc) Auf der Grundlage der dem Senat vorliegenden tatsächlichen Erkenntnisse vermag er keine die „Aufschiebung“ oder „Beendigung“ des Auslieferungsersuchens gebietende „echte Gefahr“ für den Verfolgten zu erkennen. Auch steht die Erledigung des Auslieferungsersuchens nicht im Widerspruch zu den in Art. 6 des Vertrages über die Europäische Union enthaltenen Grundsätzen (§ 73 Satz 2 IRG).

35

(1) Bei dieser Prüfung legt der Senat folgende rechtliche Maßstäbe und Erwägungen zu Grunde:

36

(aa) zum grundgesetzlichen Prüfungsmaßstab: Ein Verstoß gegen grundrechtsgleiche und rechtsstaatliche Garantien kann wegen der grundsätzlichen, im vertraglichen Bereich bestehenden Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland zur Auslieferung und der Achtung und dem Respekt vor fremden Rechtsordnungen nur beschränkt auf eine Verletzung ihres Kernbereiches zu einem Auslieferungshindernis führen, wobei hierfür maßgeblich ist, ob die Auslieferung und ihr zugrundeliegende Akte gegen den nach Art. 25 GG völkerrechtlich verbindlichen Mindeststandard sowie gegen unabdingbare verfassungsrechtliche Grundsätze der öffentlichen Ordnung verstoßen würden. Damit ist eine Auslieferung unzulässig, wenn diese fundamentalen Grundsätze der deutschen Rechtsordnung oder dem völkerrechtlich verbindlichen Mindeststandard auf dem Gebiet der Menschenrechte widerspricht. Das ist der Fall, wenn der ersuchte Staat mit einer Rechtshilfehandlung dazu beitragen würde, dass der Ausgelieferte der Folter oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe ausgesetzt würde. Diese Mindestvoraussetzungen gehören inzwischen zum festen Bestand des völkerrechtlichen Menschenrechtsschutzes.

37

(bb) zum europarechtlichen Prüfungsmaßstab: Diese Grundsätze werden im Kontext des Rahmenbeschlusses europarechtlich überwölbt und durch § 73 Satz 2 IRG innerstaatlich weiter konkretisiert. Der Rahmenbeschluss ist darauf gerichtet, durch die Einführung eines neuen vereinfachten und wirksameren Systems der Übergabe von Personen, die wegen einer Straftat verurteilt wurden oder einer Straftat verdächtigt werden, die justizielle Zusammenarbeit zu erleichtern und zu beschleunigen, um zur Verwirklichung des der Union gesteckten Ziels beizutragen, zu einem Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu werden, und setzt ein hohes Maß an Vertrauen zwischen den Mitgliedstaaten voraus. Der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung, auf den sich das System des Europäischen Haftbefehls stützt, beruht seinerseits auf dem gegenseitigen Vertrauen der Mitgliedstaaten darauf, dass ihre jeweiligen nationalen Rechtsordnungen in der Lage sind, einen gleichwertigen und wirksamen Schutz der auf Unionsebene und insbesondere in der Charta anerkannten Grundrechte zu bieten (EuGH, Urt. v. 5. April 2016, verbundene Rechtssachen Aranyosi und Căldăraru - C-404/15 und C-659/15 PPU). Sowohl der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens zwischen den Mitgliedstaaten als auch der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung haben im Unionsrecht fundamentale Bedeutung, da sie die Schaffung und Aufrechterhaltung eines Raums ohne Binnengrenzen ermöglichen. Konkret verlangt der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens, namentlich in Bezug auf den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, von jedem Mitgliedstaat, dass er, abgesehen von außergewöhnlichen Umständen, davon ausgeht, dass alle anderen Mitgliedstaaten das Unionsrecht und insbesondere die dort anerkannten Grundrechte beachten (EuGH, a.a.O.).

38

(cc) zum konventionsrechtlichen Prüfungsmaßstab des EGMR: Rumänien ist in der Vergangenheit - betreffend Haftzeiten bis einschließlich 2014 - mehrfach wegen konventionswidriger, einen Verstoß gegen Art. 3 der EMRK begründender Haftbedingungen durch den EGMR verurteilt worden. Nach der ständigen Rechtsprechung des EGMR verpflichtet Art. 3 EMRK die Mitgliedstaaten dazu, die Haftbedingungen so auszugestalten, dass sie mit der Menschenwürde vereinbar sind und die konkrete Art der Durchführung der Freiheitsentziehung den Strafgefangenen nicht über das mit der Freiheitsentziehung selbst unbedingt notwendige Maß hinaus beeinträchtigt (vgl. z.B. EGMR, Urt. v. 19. März 2013, Blejuşcă v. Rumänien, Individualbeschwerde Nr. 7910/10 m.w.N. zur Rspr. des Gerichtshofs). Bei der Beurteilung eines Konventionsverstoßes ist dabei auf die kumulativen Effekte der Haftbedingungen im Rahmen einer Gesamtbetrachtung Bedacht zu nehmen („…account has to be taken of the cumulative effects of these conditions, as well as of the specific allegations made by the applicant…“, EGMR, a.a.O., Rn. 40).

39

Allerdings kann - möglicherweise aber nur wegen im Streit befindlicher Haftbedingungen im Einzelfall („…the conditions of the … detention are in dispute between the parties.“) - auch eine unzureichende Haftraumgröße allein einen Konventionsverstoß begründen. Vor diesem Hintergrund hat der EGMR - trotz Betonung der Notwendigkeit einer Gesamtbetrachtung („cumulative effects of the conditions“) - unter Verweis auf seine Rechtsprechung in der Sache Orchowski v. Polen (Urt. v. 22. Oktober 2009, Individualbeschwerde Nr. 17885/04) einen Konventionsverstoß bejaht und jedenfalls einen individuellen Haftraumplatz von unter drei Quadratmetern als nicht konventionskonform beanstandet (vgl. z.B. EGMR, Urt. v. 10. Juni 2014, Marin v. Rumänien, Individualbeschwerde Nr. 79857/12).

40

(dd) Mit Blick auf die Funktionsfähigkeit der Strafrechtspflege innerhalb der Europäischen Union ist zudem Folgendes zu bedenken: Lehnt die Bundesrepublik die hier begehrte Auslieferung zur Strafverfolgung ab, werden die in Rumänien begangenen Straftaten ungesühnt bleiben. Ein etwaiges Ersuchen der rumänischen Behörden, die dort mutmaßlich begangenen Straftaten hier aufzuklären und ggf. abzuurteilen wäre ersichtlich unzweckmäßig und mit Blick auf die in Rumänien zu erhebenden Beweise kaum praktisch durchführbar. Aber auch die Konsequenzen aus einer verweigerten Auslieferung zur Strafvollstreckung erscheinen - jedenfalls soweit rumänische Staatsangehörige ohne Verwurzelung in Deutschland betroffen sind - mit Blick auf die durch die Sprachbarriere hier verringerten Resozialisierungschancen durchgreifend verfehlt. Schließlich würde die Schaffung eines „safe havens“ in Deutschland solche rumänischen Beschuldigten und Verurteilten privilegieren, die sich nach Begehung ihrer Straftaten in Rumänien erfolgreich nach Deutschland absetzen konnten. All das liefe den Zielen der Europäischen Union und namentlich einer wirksamen innereuropäischen Strafrechtspflege erkennbar diametral entgegen. Möglicherweise vor diesem Hintergrund ist die Haltung der eine Auslieferung für unzulässig erklärenden deutschen Oberlandesgerichte innerhalb der Europäischen Union auch nahezu singulär. Ein Treffen von Fachleuten aus den EU Mitgliedstaaten, das am 20. Oktober 2016 auf Einladung der Europäischen Kommission in Brüssel stattgefunden hat, ergab, dass in den meisten anderen Mitgliedstaaten die Gefahr menschenrechtswidriger Haftbedingungen im Falle Rumäniens nicht gesehen wird. Die nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (Urteil vom 5. April 2016 in den verbundenen Rechtssachen Aranyosi und Căldăraru - C-404/15 und C-659/15 PPU) erforderliche zweite Stufe (Einforderung von Zusicherungen oder ergänzenden belastbaren Informationen) wird von den meisten Mitgliedstaaten daher nicht betreten (BMJV, a.a.O.).

41

(2) Bei Anwendung und Beachtung der vorstehenden rechtlichen Grundsätze und Erwägungen sieht der Senat mit Blick auf die Haftbedingungen in Rumänien keine Auslieferungshindernisse. Dabei berücksichtigt er namentlich, dass die jedenfalls bis 2014 bestehenden Haftbedingungen Anlass zu Verurteilungen Rumäniens durch den EGMR wegen Verstoßes gegen Art. 3 der EMRK gegeben haben und dass der Gerichtshof - jedenfalls teilweise - auch allein auf unzureichende Haftraumgröße abgestellt hat. Der Senat hält gleichwohl - auch mit Blick auf europarechtliche Vorgaben (vgl. hierzu im Kontext der Überprüfung mitgliedstaatlicher Beweisgewinnung durch deutsche Strafgerichte auch BGH, Beschl. v. 21. November 2012 - 1 StR 310/12, BGHSt 58, 32 ff., Rn. 33 ff.) - eine Gesamtbetrachtung der Haftsituation in Rumänien für angezeigt, bei der freilich der Haftraumgröße wesentliche indizielle Bedeutung zukommt („A serious lack of space in a prison cell weighs heavily as a factor to be taken into account for the purpose of establishing whether the detention conditions … are 'degrading' from the point of view of Article 3…“, EGMR, Urt. v. 10. Juni 2014, Marin v. Rumänien, Individualbeschwerde Nr. 79857/12, Rn. 28).

42

Seit 2014 haben sich die Haftbedingungen - wie oben dargelegt - sowohl in rechtlicher wie auch in tatsächlicher Hinsicht durchgreifend verbessert, auch wenn die Überbelegungsquote derzeit immer noch bedenklich hoch ist und die von den rumänischen Behörden zugesicherte individuelle Haftraumgröße daher bei alleiniger Betrachtung der Quadratmeterzahl bei einer Vollstreckung jedenfalls im offenen Vollzugsregime (nur zwei Quadratmeter) hinter den Maßgaben des EGMR zurückzubleiben scheint. Bei der notwendigen Gesamtbetrachtung der Haftbedingungen ist aber auch zu berücksichtigen, dass die zum Teil insuffizienten Platzverhältnisse in der Zelle durch sehr weitgehende Aufschlusszeiten erheblich abgemildert werden. Innerhalb dieser Aufschlusszeiten stehen den Gefangenen inzwischen in den Haftanstalten separate Freizeiträume, Bibliotheken und Sporträume zur Verfügung. Darüber hinaus sind in allen Anstalten umfangreich bauliche Möglichkeiten für Freigänge geschaffen worden. Ferner sind - neben der durchgreifenden Verbesserung der baulichen Anlagen im Hinblick auf Heizung, sanitäre Anlagen und Hygiene - die Möglichkeiten für Hafturlaube, den Empfang von Besuch, das Waschen privater Wäsche und den Einkauf persönlicher Dinge verbessert worden. Schließlich sind mit der Einführung eines „Judges for the supervision of the depriviation of liberty“ und der Etablierung eines „Ombudsmannverfahrens“ wirksame innerstaatliche Kontrollmechanismen für die Einhaltung der vorgenannten Mindeststandards im Strafvollzug geschaffen worden.

43

3. Die Generalstaatsanwaltschaft hat als zuständige Bewilligungsbehörde mit Schreiben vom 19. September 2016 mitgeteilt, sie beabsichtige nicht, Bewilligungshindernisse nach § 83b IRG geltend zu machen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Voraussetzungen des § 83b Abs. 1 und 2 IRG seien nicht erfüllt. Hierbei hat sie namentlich die Dauer des Aufenthalts des Verfolgten im Bundesgebiet und das im Einzelnen näher gewürdigte Maß seiner sozialen, kulturell-sprachlichen und familiären Verwurzelung in den Blick genommen. Ermessensfehler sind diesbezüglich nicht ersichtlich.

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Tenor I. Gegen den rumänischen Staatsangehörigen A. L., geboren am ... in .../Rumänien, wird zur Sicherung der Auslieferung an die rumänischen Behörden zur Strafvollstreckung Auslieferungshaft angeordnet. II. Dem Auslieferungshaf
published on 13/04/2017 00:00

Tenor 1. Die Auslieferung des Verfolgten an die rumänischen Behörden zur Strafvollstreckung wegen der in der im Europäischen Haftbefehl des Amtsgerichts S. vom 29.11.2013, Gz.:…, aufgeführten Straftat wird für unzulässig erklär
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Annotations

(1) Die Auslieferung ist nur zulässig, wenn die in § 10 genannten Unterlagen oder ein Europäischer Haftbefehl übermittelt wurden, der die folgenden Angaben enthält:

1.
die Identität, wie sie im Anhang zum Rahmenbeschluss Europäischer Haftbefehl näher beschrieben wird, und die Staatsangehörigkeit des Verfolgten,
2.
die Bezeichnung und die Anschrift der ausstellenden Justizbehörde,
3.
die Angabe, ob ein vollstreckbares Urteil, ein Haftbefehl oder eine andere vollstreckbare justitielle Entscheidung mit gleicher Rechtswirkung vorliegt,
4.
die Art und rechtliche Würdigung der Straftat, einschließlich der gesetzlichen Bestimmungen,
5.
die Beschreibung der Umstände, unter denen die Straftat begangen wurde, einschließlich der Tatzeit, des Tatortes und der Tatbeteiligung der gesuchten Person, und
6.
die für die betreffende Straftat im Ausstellungsmitgliedstaat gesetzlich vorgesehene Höchststrafe oder im Fall des Vorliegens eines rechtskräftigen Urteils die verhängte Strafe.

(2) Die Ausschreibung zur Festnahme zwecks Überstellung oder Auslieferung nach der Verordnung (EU) 2018/1862 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. November 2018 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems (SIS) im Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit und der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen, zur Änderung und Aufhebung des Beschlusses 2007/533/JI des Rates und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1986/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates und des Beschlusses 2010/261/EU der Kommission (ABl. L 312 vom 7.12.2018, S. 56), die die unter Absatz 1 Nr. 1 bis 6 bezeichneten Angaben enthält oder der diese Angaben nachgereicht wurden, gilt als Europäischer Haftbefehl.

(1) Nach dem Eingang des Auslieferungsersuchens kann gegen den Verfolgten die Auslieferungshaft angeordnet werden, wenn

1.
die Gefahr besteht, daß er sich dem Auslieferungsverfahren oder der Durchführung der Auslieferung entziehen werde, oder
2.
auf Grund bestimmter Tatsachen der dringende Verdacht begründet ist, daß der Verfolgte die Ermittlung der Wahrheit in dem ausländischen Verfahren oder im Auslieferungsverfahren erschweren werde.

(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn die Auslieferung von vornherein unzulässig erscheint.

§ 3 findet mit den Maßgaben Anwendung, dass

1.
die Auslieferung zur Verfolgung nur zulässig ist, wenn die Tat nach dem Recht des ersuchenden Mitgliedstaates mit einer Freiheitsstrafe oder sonstigen Sanktion im Höchstmaß von mindestens zwölf Monaten bedroht ist,
2.
die Auslieferung zur Vollstreckung nur zulässig ist, wenn nach dem Recht des ersuchenden Mitgliedstaates eine freiheitsentziehende Sanktion zu vollstrecken ist, deren Maß mindestens vier Monate beträgt,
3.
die Auslieferung in Steuer-, Zoll- und Währungsangelegenheiten auch zulässig ist, wenn das deutsche Recht keine gleichartigen Steuern vorschreibt oder keine gleichartigen Steuer-, Zoll- und Währungsbestimmungen enthält wie das Recht des ersuchenden Mitgliedstaates,
4.
die beiderseitige Strafbarkeit nicht zu prüfen ist, wenn die dem Ersuchen zugrunde liegende Tat nach dem Recht des ersuchenden Staates mit einer freiheitsentziehenden Sanktion im Höchstmaß von mindestens drei Jahren bedroht ist und den in Artikel 2 Absatz 2 des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. L 190 vom 18. 7. 2002, S. 1), der durch den Rahmenbeschluss 2009/299/JI (ABl. L 81 vom 27.3.2009, S. 24) geändert worden ist, (Rahmenbeschluss Europäischer Haftbefehl) aufgeführten Deliktsgruppen zugehörig ist.

Die Auslieferung ist nur zulässig, wenn auf Grund der vom ersuchenden Staat gegebenen Zusicherungen erwartet werden kann, daß dieser einem vergleichbaren deutschen Ersuchen entsprechen würde.

(1) Die Auslieferung ist nur zulässig, wenn gewährleistet ist, daß der Verfolgte

1.
in dem ersuchenden Staat ohne deutsche Zustimmung aus keinem vor seiner Überstellung eingetretenen Grund mit Ausnahme der Tat, derentwegen die Auslieferung bewilligt worden ist, bestraft, einer Beschränkung seiner persönlichen Freiheit unterworfen oder durch Maßnahmen, die nicht auch in seiner Abwesenheit getroffen werden können, verfolgt werden wird,
2.
nicht ohne deutsche Zustimmung an einen dritten Staat weitergeliefert, überstellt oder in einen dritten Staat abgeschoben werden wird und
3.
den ersuchenden Staat nach dem endgültigen Abschluß des Verfahrens, dessentwegen seine Auslieferung bewilligt worden ist, verlassen darf.

(2) Die Bindung des ersuchenden Staates an die Spezialität darf nur entfallen, wenn

1.
die deutsche Zustimmung zur Verfolgung oder zur Vollstreckung einer Strafe oder einer sonstigen Sanktion hinsichtlich einer weiteren Tat (§ 35) oder zur Weiterlieferung, Überstellung oder Abschiebung an einen anderen ausländischen Staat (§ 36) erteilt worden ist,
2.
der Verfolgte den ersuchenden Staat innerhalb eines Monats nach dem endgültigen Abschluß des Verfahrens, dessentwegen seine Auslieferung bewilligt worden ist, nicht verlassen hat, obwohl er dazu das Recht und die Möglichkeit hatte, oder
3.
der Verfolgte, nachdem er den ersuchenden Staat verlassen hatte, dorthin zurückgekehrt ist oder von einem dritten Staat zurücküberstellt worden ist. Das Recht des ersuchenden Staates, den Verfolgten zur Vorbereitung eines Ersuchens nach § 35 zu vernehmen, bleibt unberührt.

(3) Eine bedingte Freilassung ohne eine die Bewegungsfreiheit des Verfolgten einschränkende Anordnung steht dem endgültigen Abschluß des Verfahrens nach Absatz 1 Nr. 3, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 gleich.

Die Leistung von Rechtshilfe sowie die Datenübermittlung ohne Ersuchen ist unzulässig, wenn sie wesentlichen Grundsätzen der deutschen Rechtsordnung widersprechen würde. Bei Ersuchen nach dem Achten, Neunten, Zehnten und Dreizehnten Teil ist die Leistung von Rechtshilfe unzulässig, wenn die Erledigung zu den in Artikel 6 des Vertrages über die Europäische Union enthaltenen Grundsätzen im Widerspruch stünde.

(1) Die Auslieferung ist nicht zulässig, wenn

1.
der Verfolgte wegen derselben Tat, die dem Ersuchen zugrunde liegt, bereits von einem anderen Mitgliedstaat rechtskräftig abgeurteilt worden ist, vorausgesetzt, dass im Fall der Verurteilung die Sanktion bereits vollstreckt worden ist, gerade vollstreckt wird oder nach dem Recht des Urteilsstaates nicht mehr vollstreckt werden kann,
2.
der Verfolgte zur Tatzeit nach § 19 des Strafgesetzbuchs schuldunfähig war oder
3.
bei Ersuchen zum Zweck der Strafvollstreckung die verurteilte Person zu der dem Urteil zugrunde liegenden Verhandlung nicht persönlich erschienen ist oder
4.
die dem Ersuchen zugrunde liegende Tat nach dem Recht des ersuchenden Mitgliedstaates mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder einer sonstigen lebenslangen freiheitsentziehenden Sanktion bedroht ist oder der Verfolgte zu einer solchen Strafe verurteilt worden war und eine Überprüfung der Vollstreckung der verhängten Strafe oder Sanktion auf Antrag oder von Amts wegen nicht spätestens nach 20 Jahren erfolgt.

(2) Die Auslieferung ist abweichend von Absatz 1 Nummer 3 jedoch zulässig, wenn

1.
die verurteilte Person
a)
rechtzeitig
aa)
persönlich zu der Verhandlung, die zu dem Urteil geführt hat, geladen wurde oder
bb)
auf andere Weise tatsächlich offiziell von dem vorgesehenen Termin und Ort der Verhandlung, die zu dem Urteil geführt hat, in Kenntnis gesetzt wurde, sodass zweifelsfrei nachgewiesen wurde, dass die verurteilte Person von der anberaumten Verhandlung Kenntnis hatte, und
b)
dabei darauf hingewiesen wurde, dass ein Urteil auch in ihrer Abwesenheit ergehen kann,
2.
die verurteilte Person in Kenntnis des gegen sie gerichteten Verfahrens, an dem ein Verteidiger beteiligt war, eine persönliche Ladung durch Flucht verhindert hat oder
3.
die verurteilte Person in Kenntnis der anberaumten Verhandlung einen Verteidiger bevollmächtigt hat, sie in der Verhandlung zu verteidigen, und sie durch diesen in der Verhandlung tatsächlich verteidigt wurde.

(3) Die Auslieferung ist abweichend von Absatz 1 Nummer 3 auch zulässig, wenn die verurteilte Person nach Zustellung des Urteils

1.
ausdrücklich erklärt hat, das ergangene Urteil nicht anzufechten, oder
2.
innerhalb geltender Fristen keine Wiederaufnahme des Verfahrens oder kein Berufungsverfahren beantragt hat.
Die verurteilte Person muss zuvor ausdrücklich über ihr Recht auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder auf ein Berufungsverfahren, an dem sie teilnehmen kann und bei dem der Sachverhalt, einschließlich neuer Beweismittel, erneut geprüft und das ursprüngliche Urteil aufgehoben werden kann, belehrt worden sein.

(4) Die Auslieferung ist abweichend von Absatz 1 Nummer 3 ferner zulässig, wenn der verurteilten Person unverzüglich nach ihrer Übergabe an den ersuchenden Mitgliedstaat das Urteil persönlich zugestellt werden wird und die verurteilte Person über ihr in Absatz 3 Satz 2 genanntes Recht auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder ein Berufungsverfahren sowie über die hierfür geltenden Fristen belehrt werden wird.

(1) Die Bewilligung der Auslieferung kann abgelehnt werden, wenn

1.
gegen den Verfolgten wegen derselben Tat, die dem Auslieferungsersuchen zugrunde liegt, im Geltungsbereich dieses Gesetzes ein strafrechtliches Verfahren geführt wird,
2.
die Einleitung eines strafrechtlichen Verfahrens wegen derselben Tat, die dem Auslieferungsersuchen zugrunde liegt, abgelehnt wurde oder ein bereits eingeleitetes Verfahren eingestellt wurde,
3.
dem Auslieferungsersuchen eines dritten Staates Vorrang eingeräumt werden soll,
4.
nicht aufgrund einer Pflicht zur Auslieferung nach dem Rahmenbeschluss Europäischer Haftbefehl, aufgrund einer vom ersuchenden Staat gegebenen Zusicherung oder aus sonstigen Gründen erwartet werden kann, dass dieser einem vergleichbaren deutschen Ersuchen entsprechen würde.

(2) Die Bewilligung der Auslieferung eines Ausländers, der im Inland seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, kann ferner abgelehnt werden, wenn

1.
bei einer Auslieferung zum Zwecke der Strafverfolgung die Auslieferung eines Deutschen gemäß § 80 Abs. 1 und 2 nicht zulässig wäre,
2.
bei einer Auslieferung zum Zwecke der Strafvollstreckung er dieser nach Belehrung zu richterlichem Protokoll nicht zustimmt und sein schutzwürdiges Interesse an der Strafvollstreckung im Inland überwiegt; § 41 Abs. 3 und 4 gelten entsprechend.

§ 3 findet mit den Maßgaben Anwendung, dass

1.
die Auslieferung zur Verfolgung nur zulässig ist, wenn die Tat nach dem Recht des ersuchenden Mitgliedstaates mit einer Freiheitsstrafe oder sonstigen Sanktion im Höchstmaß von mindestens zwölf Monaten bedroht ist,
2.
die Auslieferung zur Vollstreckung nur zulässig ist, wenn nach dem Recht des ersuchenden Mitgliedstaates eine freiheitsentziehende Sanktion zu vollstrecken ist, deren Maß mindestens vier Monate beträgt,
3.
die Auslieferung in Steuer-, Zoll- und Währungsangelegenheiten auch zulässig ist, wenn das deutsche Recht keine gleichartigen Steuern vorschreibt oder keine gleichartigen Steuer-, Zoll- und Währungsbestimmungen enthält wie das Recht des ersuchenden Mitgliedstaates,
4.
die beiderseitige Strafbarkeit nicht zu prüfen ist, wenn die dem Ersuchen zugrunde liegende Tat nach dem Recht des ersuchenden Staates mit einer freiheitsentziehenden Sanktion im Höchstmaß von mindestens drei Jahren bedroht ist und den in Artikel 2 Absatz 2 des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. L 190 vom 18. 7. 2002, S. 1), der durch den Rahmenbeschluss 2009/299/JI (ABl. L 81 vom 27.3.2009, S. 24) geändert worden ist, (Rahmenbeschluss Europäischer Haftbefehl) aufgeführten Deliktsgruppen zugehörig ist.

Die Leistung von Rechtshilfe sowie die Datenübermittlung ohne Ersuchen ist unzulässig, wenn sie wesentlichen Grundsätzen der deutschen Rechtsordnung widersprechen würde. Bei Ersuchen nach dem Achten, Neunten, Zehnten und Dreizehnten Teil ist die Leistung von Rechtshilfe unzulässig, wenn die Erledigung zu den in Artikel 6 des Vertrages über die Europäische Union enthaltenen Grundsätzen im Widerspruch stünde.

Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteil des Bundesrechtes. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes.

Die Leistung von Rechtshilfe sowie die Datenübermittlung ohne Ersuchen ist unzulässig, wenn sie wesentlichen Grundsätzen der deutschen Rechtsordnung widersprechen würde. Bei Ersuchen nach dem Achten, Neunten, Zehnten und Dreizehnten Teil ist die Leistung von Rechtshilfe unzulässig, wenn die Erledigung zu den in Artikel 6 des Vertrages über die Europäische Union enthaltenen Grundsätzen im Widerspruch stünde.

(1) Die Bewilligung der Auslieferung kann abgelehnt werden, wenn

1.
gegen den Verfolgten wegen derselben Tat, die dem Auslieferungsersuchen zugrunde liegt, im Geltungsbereich dieses Gesetzes ein strafrechtliches Verfahren geführt wird,
2.
die Einleitung eines strafrechtlichen Verfahrens wegen derselben Tat, die dem Auslieferungsersuchen zugrunde liegt, abgelehnt wurde oder ein bereits eingeleitetes Verfahren eingestellt wurde,
3.
dem Auslieferungsersuchen eines dritten Staates Vorrang eingeräumt werden soll,
4.
nicht aufgrund einer Pflicht zur Auslieferung nach dem Rahmenbeschluss Europäischer Haftbefehl, aufgrund einer vom ersuchenden Staat gegebenen Zusicherung oder aus sonstigen Gründen erwartet werden kann, dass dieser einem vergleichbaren deutschen Ersuchen entsprechen würde.

(2) Die Bewilligung der Auslieferung eines Ausländers, der im Inland seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, kann ferner abgelehnt werden, wenn

1.
bei einer Auslieferung zum Zwecke der Strafverfolgung die Auslieferung eines Deutschen gemäß § 80 Abs. 1 und 2 nicht zulässig wäre,
2.
bei einer Auslieferung zum Zwecke der Strafvollstreckung er dieser nach Belehrung zu richterlichem Protokoll nicht zustimmt und sein schutzwürdiges Interesse an der Strafvollstreckung im Inland überwiegt; § 41 Abs. 3 und 4 gelten entsprechend.