Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil, 19. März 2021 - 2 U 143/20

ECLI:olghe
erstmalig veröffentlicht: 13.06.2021, letzte Fassung: 14.06.2021

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

 

Urteil vom 19.03.2021

Az.: 2 U 143/20

 

Leitsätze:

1. Die in den Hessischen Verordnungen zur Bekämpfung des Corona-Virus im Frühjahr 2020 angeordneten Beschränkungen für Einzelhandelsgeschäfte begründen weder einen zur Mietminderung berechtigenden Mangel der gemieteten Gewerberäume noch eine Unmöglichkeit der von dem Vermieter geschuldeten Leistung.

2. Durch die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie kann aber die Geschäftsgrundlage eines Mietvertrages schwerwiegend gestört sein, wenn die Vertragsparteien sie bei Abschluss des Vertrages nicht bedacht haben.

3. Für die Frage, ob und in welcher Weise dieser Umstand zu einer Anpassung des Mietvertrages führt, sind sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen.

4. Deren Vorliegen ist im Urkundenprozess regelmäßig nicht feststellbar, da nicht alle Umstände mit den im Urkundenprozess zulässigen Beweismittel bewiesen werden können.

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urkundenvorbehaltsurteil des Landgerichts Frankfurt a.M. - 10. Zivilkammer - vom 29.10.2020 (Az.: 2-10 O 156/20) wird zurückgewiesen.

Das Urkundenvorbehaltsurteil des Landgerichts Frankfurt a.M. - 10. Zivilkammer - vom 29.10.2020 wird wegen offenbarer Unrichtigkeit dahingehend berichtigt, dass Zinsen aus weiteren 9.847,27 € vom 9.5.2020 [nicht 2018] bis 22.5.2020 zu zahlen sind.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 9.847,27 € festgesetzt.

Gründe:


I. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO:

Die Klägerin vermietete unter dem 29.11./8.12.2011 der Rechtsvorgängerin der Beklagten ein 105 qm großes Ladenlokal im Erdgeschoss des Anwesens A-Straße ... in Stadt1 nebst einer Kellerfläche von ca. 8 qm vom 1.5.2012 an für zunächst fünf Jahre mit einem dreimaligen Optionsrecht auf Verlängerung des Mietvertrages um jeweils fünf Jahre zum Betrieb eines Einzelhandels für den Vertrieb von Damenoberkleidung bestimmter Marken und damit zusammenhängender Lizenzprodukte sowie weiterer Untersortimente. Ein hiervon abweichender Zweck bedarf der Zustimmung des Vermieters. In § 3 des Mietvertrages ist unter anderem folgendes geregelt:

"Sollten die Behörden den Betrieb des Einzelhandelsgeschäfts wie in § 1 beschreiben in den Räumen untersagen, unabhängig davon, aus welchen Gründen die Untersagung erfolgt, so sind beide Vertragsparteien berechtigt, vom Vertrag fristlos zurückzutreten."

Gemäß § 5 des Vertrages ist die Beklagte berechtigt, die Mieträume mit Zustimmung der Vermieterin ganz oder teilweise unterzuvermieten. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertrages wird auf die bei der Akte befindliche Kopie (Blatt 7 ff. der Akte) verwiesen. Das erste Optionsrecht übte die Mieterin aus. Die Miete betrug zuletzt 9.847,27 € monatlich einschließlich Umsatzsteuer.

Ende Dezember 2019 / Anfang 2020 wurde in Deutschland die Verbreitung des neuartigen Coronavirus SARS CoV 2, zunächst in China, nachfolgend auch in Europa, beginnend in Italien, bekannt. Spätestens Ende Februar / Anfang März begann das Virus auch in Deutschland, sich epidemisch zu verbreiten. Aufgrund der Vierten Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus der hessischen Landesregierung vom 17.3.2020 war der Beklagten die Nutzung der Mieträumlichkeiten im Zeitraum vom 18.3. bis zum 19.4.2020 zu dem vertraglich vereinbarten Zweck unmöglich. Nach der Sechsten Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus der hessischen Landesregierung vom 16.4.2020 war die Nutzung der Mieträume im Zeitraum vom 20.4. bis zum 3.5.2020 nur in äußerst eingeschränktem Maße möglich. Nach der Siebenten Verordnung zur Anpassung der Verordnungen zur Bekämpfung des Corona-Virus der hessischen Landesregierung vom 21.4.2020 sollte auf das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung innerhalb der betreffenden Betriebe hingewirkt werden. Nach Verlängerung der Beschränkungen bis zum 10.5.2020 wurden die bisherigen Regelungen durch die Verordnung zur Beschränkung von sozialen Kontakten und des Betriebs von Einrichtungen und von Angeboten aufgrund der Corona-Pandemie der hessischen Landesregierung vom 7.5.2020 ("Corona-Betriebsbeschränkungs-VO") abgelöst. Deren Geltung zunächst bis zum 5.6.2020 wurde nachfolgend bis zum 5.7.2020 verlängert.

Von März 2020 an brach der Umsatz der Beklagten ein. In der Zeit vom 20.4.2020 an war ihr eine Wiederaufnahme des Betriebs nur mit erheblichen Einschränkungen möglich. Mit Schreiben vom 25.3.2020 (Anlage B 14) erklärte die Beklagte gegenüber der Klägerin, wegen der behördlichen Schließungen könne sie keine Umsätze mehr erzielen, Lohn-, Overhead, Marketing- und Warenkosten bestünden unverändert, sie setze daher die Aprilmiete zunächst aus, und bat um eine persönliche Abstimmung. Mit Schreiben vom 16.4.2020 (Anlage B 15) schlug sie eine Herabsetzung der Miete für April 2020 um 50 % und für Mai sowie Juni 2020 um jeweils 25 % vor. Die Klägerin schlug mit Schreiben vom 20.4.2020 (Anlage B 17) lediglich eine Stundung vor und ließ die Beklagte sodann mit Anwaltsschreiben vom 30.4.2020 (Anlage B 18) zur Zahlung der ausstehenden Mieten auffordern. Nach Anhängigkeit der Zahlungsklage zahlte die Beklagte am 22.5.2020 an die Klägerin 12.309,09 € unter Vorbehalt der Rückforderung, nämlich 4.923,64 € hiervon auf die Aprilmiete und 7.385,45 € auf die Maimiete. Auf die Miete für Juni 2020 leistete die Beklagte 7.385,45 €. Die Beklagte erhielt keine staatlichen Hilfs- und Überbrückungsleistungen. Ein Großteil ihrer Mitarbeiter wurde in Kurzarbeit geschickt. Die Klägerin macht mit ihrer im Urkundenverfahren erhobenen Klage die ausstehenden Mieten gegenüber der Beklagten geltend.

Die Beklagte ist der Ansicht, die Mietzahlungspflicht sei wegen eines Mangels der Mietsache gemindert, jedenfalls sei die geschuldete Miete aufgrund der absolut extremen Ausnahmesituation in der COVID-19-Pandemie wegen Störung der Geschäftsgrundlage des Mietertrages temporär je nach dem Grad der Einschränkungen des Betriebs entsprechend herabzusetzen, und ihr stehe eine entsprechende Einrede zu. Sie behauptet, die Frequentierung der Stadt1er Innenstadt durch Passanten habe allgemein deutlich nachgelassen, dementsprechend hätten sich auch in ihrem Geschäft erheblich weniger Kunden aufgehalten. Ihre Umsätze seien in der Zeit der Schließung und der Beschränkungen stark gefallen.

Die Klägerin wendet sich gegen das Vorbringen der Beklagten. Ihre tatsächlichen Behauptungen stellt sie in Abrede. Ein Minderungsrecht scheide bereits gemäß § 8 S. 1 des Mietvertrages mangels vorheriger Ankündigung des Einbehalts aus. Einer Herabsetzung der Miete stehe bereits der mit dem Covid-19-Gesetz eingeführte Art. 240 § 2 EGBGB als spezielle Regelung entgegen. Im Übrigen hätte die Beklagte die Mietsache anderweitig kostenadäquat nutzen können. Der kurze Zeitraum einer behördlichen Schließung der Mietsache falle im Hinblick auf die Gesamtdauer des Mietverhältnisses nicht wesentlich ins Gewicht. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Beklagte gemäß § 3 des Mietvertrages die Möglichkeit der jederzeitigen Kündigung des Mietverhältnisses gehabt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird zunächst auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen. Mit Schreiben vom 5.3.2021 (Blatt 410 f. der Akte) erklärte die Beklagte unter Berufung auf § 3 des Mietvertrages die Kündigung des Mietverhältnisses.

Das Landgericht hat die Beklagte durch Urkundenvorbehaltsurteil vom 20.10.2020, ihr zugestellt am 4.11.2020, verurteilt, an die Klägerin 9.847,27 € nebst Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszins jährlich aus 9.847,27 € vom 8.4. bis zum 22.5.2020, aus 4.923,64 € seit dem 23.5.2020 sowie aus weiteren 9.847,27 € vom 9.5.20018 [richtig: 2020] bis zum 22.5.2020 und aus 2.461,82 € seit dem 23.5.2020, aus weiteren 2.461,82 € seit dem 8.6.2020 sowie vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.019,83 € nebst Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszins jährlich seit dem 28.5.2020 zu zahlen. Die weitergehende Klage, insbesondere wegen des Zinsanspruchs, hat es abgewiesen. Der Beklagten hat es die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren vorbehalten.

Zur Begründung der Entscheidung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Klage sei in der Hauptsache begründet. Der Klägerin stehe gegen die Beklagte in dem maßgeblichen Zeitraum ein Anspruch auf Zahlung der Miete in voller Höhe zu. Die Miete sei nicht gemindert, da die Mietsache keinen Mangel aufweise. Die öffentlich-rechtlichen Anordnungen der Schließung bestimmter Betriebe wiesen keinen Bezug zu dem Ladenlokal und damit dem Mietobjekt auf, sondern richteten sich allein gegen bestimmte Betriebsarten. Dies betreffe allein den geschäftlichen Erfolg des Mieters und damit das ihn treffende Verwendungsrisiko. Die Verpflichtung des Vermieters, die Mietsache während der Vertragslaufzeit in dem vertraglich geschuldeten Zustand zur Verfügung zu halten, werde durch eine solche behördliche Maßnahme nicht berührt. Die Behörde habe auch nicht den Betrieb eines Einzelhandelsgeschäfts in den vermieteten Räumlichkeiten untersagt, sondern lediglich pauschal und ohne Bezug auf spezifische Räumlichkeiten die Öffnung bestimmt bezeichneter Geschäfte untersagt. Die Beklagte sei auch nicht berechtigt wegen Änderung der Geschäftsgrundlage des Vertrages die Miete einzubehalten oder zu reduzieren. In den behördlichen Schließungsanordnungen für den Zeitraum vom 18.3. bis zum 19.4.2020 und den nachfolgenden Einschränkungen des Betriebs aufgrund der angeordneten Hygienemaßnahmen liege im Hinblick auf die lange Vertragsdauer noch keine derart schwerwiegende Änderung der Grundlagen des Mietvertrages, dass die Vertragsparteien ihn in Kenntnis dieser Umstände bei Vertragsschluss nicht oder mit einem anderen Inhalt geschlossen hätten. Der Beklagten sei ein Festhalten am unveränderten Vertrag nach der vertraglichen Risikoverteilung auch nicht unzumutbar, da sie als Mieterin grundsätzlich das Ertrags- und Verwertungsrisiko an der Mietsache trage. Ein extremer Ausnahmefall, in dem ein unvorhergesehenes Ereignis mit existenziell bedeutsamen Folgen für eine Partei eintritt und daher trotz Zurechnung zu dem Risikobereich dieser Partei eine Vertragsanpassung rechtfertigen könne, liege nicht vor. Dass die verfügte Schließung des Ladenlokals für die Beklagte existenziell bedeutsame Folgen haben könnte, sei nicht ersichtlich. Umsatzrückgänge reichten hierfür nicht aus, zumal es sich bei der Beklagten um eine überregional tätige Handelskette handele, die in der Lage sei, staatlich zur Verfügung gestellte Hilfsmittel in Anspruch zu nehmen, Kurzarbeit zu beantragen oder die pandemiebedingten Auswirkungen auf den Geschäftsbetrieb durch ähnliche Maßnahmen abzumildern. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Landgerichts verwiesen.

Gegen diese Verurteilung wendet sich die Beklagte mit ihrer am 9.11.2020 eingelegten und am 18.12.2020 begründeten Berufung. Sie ist der Ansicht, bei der Corona-Krise handele es sich um eine Pandemie, deren Eintritt lediglich bedingt wahrscheinlich und damit nicht hinreichend vorauszusehen gewesen sei. Weder Vermieter noch Mieter von Gewerberäumen hätten Veranlassung gehabt, bei Abschluss des Mietvertrages auf dieser Pandemie beruhende Betriebseinschränkungen zu berücksichtigen. Sie habe als Mieterin nicht allein das Risiko der angeordneten Betriebsbeschränkungen zu tragen. Hierzu verweist sie auf den am 31.12.2020 inkraftgetretenen Art. 240 § 7 S. 1 EGBGB, der auch rückwirkend Geltung habe. Aus dessen Entstehungsgeschichte ergebe sich, dass mit ihm die politische Zielsetzung einer Entlastung des Steuerzahlers habe erreicht und den Vermietern von Gewerbeimmobilien eine anteilige Last des realisierten Risikos habe aufgebürdet werden sollen. Sie wiederholt ihre Ansicht, die Mieträume seien infolge ihrer Unbenutzbarkeit zu dem vertragsgemäßen Gebrauch aufgrund der behördlichen Anordnungen mangelhaft. Dies ergebe sich bereits aus der gefestigten Rechtsprechung des Reichsgerichts, welcher das Landgericht München I in einer Entscheidung vom 22.9.2020 (Az. 3 O 4495/20, GE 2020, 1493 ff.) ebenso wie Teile der Literatur gefolgt sei. Infolge der behördlichen Beschränkungen sei ihr die Erfüllung des vertraglichen Mietzwecks nur stark eingeschränkt möglich gewesen. Das Mietobjekt sei für Kunden nicht mehr oder nur noch sehr eingeschränkt zugänglich gewesen, so dass dem Mietgegenstand eine erforderliche Eigenschaft gefehlt habe.

Jedenfalls sei durch die Folgen der Pandemie in Gestalt der bundesweiten Schließung aller nicht systemrelevanter Betriebe die Geschäftsgrundlage des Vertrages in relevanter Weise entfallen. Die Regelung in § 3 des Mietvertrages stehe dem nicht entgegen, da sie lediglich objektbezogene Schließungen betreffe und zudem andere Rechtsfolgen wie eine Mietminderung oder eine Vertragsanpassung nicht ausschließe. Zwar trage sie als Mieterin grundsätzlich das Verwendungsrisiko des Mietgegenstandes, nicht aber auch das Risiko, dass dessen Nutzbarkeit völlig entfalle. Bedingt durch die erheblichen Umsatzeinbußen habe es sich für sie um eine existenzbedrohende Ausnahmesituation gehandelt. Die aus der Pandemie resultierenden Folgen stellten eine Größenordnung dar, die mit den üblichen wirtschaftlichen Risiken nicht vergleichbar seien. Die Pandemie habe ein vergleichbares Ausmaß wie Kriegs- oder kriegsähnliche Zustände oder Naturkatastrophen und sei zudem in ihrer zeitlichen Ausdehnung nicht absehbar. Wegen der Unvorhersehbarkeit des Eintritts dieses Risikos habe die grundsätzliche Zuweisung des Verwendungsrisikos an den Mieter weniger Relevanz. Den Interessen beider Parteien könne allein eine nach Billigkeitserwägungen geleitete Anpassung des Vertrages gerecht werden. In Kenntnis der Umstände hätten die Vertragsparteien eine hälftige Verteilung des Risikos vereinbart. Maßgebend sei dabei eine Beurteilung ex ante, nicht ex post. Die Unzumutbarkeit des Festhaltens an dem Vertrag für sie als Mieterin hänge nicht von ihrer Existenzbedrohung ab. Zugleich könne es nicht auf das wirtschaftliche Gesamtgefüge eines Unternehmens ankommen. Maßgeblich sei vielmehr die Ertragssituation am konkreten Standort. Es gehe ausschließlich um das Austauschverhältnis im Rahmen des Mietvertrages. Dabei habe bereits der Verlust eines Tagesumsatzes erhebliche Relevanz für sie. Auch eine mögliche Kompensation des wegfallenden Umsatzes durch E-Commerce sei für den stationären Laden nicht zu berücksichtigen. Zudem sei eine betriebliche Umstrukturierung innerhalb kürzester Zeit realistischerweise kaum möglich. Gegenwärtig sei auch ein geeigneter Untermieter kurzfristig kaum zu finden. Die Nutzungsbeeinträchtigung des Mietobjekts stehe auch in keinem Zusammenhang mit der Gewährung staatlichen Fördergeldes. Kurzarbeit verfolge ausschließlich den Zweck, Arbeitsplätze zu erhalten und die Wirtschaft zu stärken, nicht aber, das Vertragsverhältnis zwischen Vermieter und Mieter zu harmonisieren. Kurzarbeitergeld stelle im Übrigen keine staatliche Hilfe, sondern eine finanzierte Sozialleistung dar. Die Situation eines Vermieters sei demgegenüber eine andere. Etwaige Erhaltungsmaßnahmen, die aus der Miete finanziert werden müssten, fielen - anders als die Mietzahlung für den Mieter - nur unregelmäßig und in großen Zeitabständen an. Ihre Auffassung werde insgesamt durch Teile der Rechtsprechung - zuletzt OLG Dresden, Urteil vom 24.2.2021 (Az. 7 U 1782/20) - und der Literatur bestätigt. Ergänzend bezieht die Beklagte sich auf ihren erstinstanzlichen Vortrag. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 18.12.2020 sowie vom 24.2. und 8.3.2021 (Blatt 238 ff., 272 ff., 400 ff. der Akte) Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urkundenvorbehaltsurteils des Landgerichts Frankfurt a.M. vom 29.10.2020 (Az. 2-10 O 156/20) die Klage abzuweisen,hilfsweise,die Revision zuzulassen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,hilfsweise,die Revision zuzulassen.

Sie beruft sich auf die Begründung des Landgerichts sowie auf ihr erstinstanzliches Vorbringen. Die Klägerin verweist auf die Vereinbarung in § 3 des Mietvertrages, in der die Vertragsparteien die Folgen einer behördlich angeordneten Betriebsuntersagung konkret bedacht hätten und die unmittelbar oder jedenfalls analog anwendbar sei. Daraus ergebe sich, dass sie andere Folgen als die Vertragsbeendigung, insbesondere eine Veränderung oder Anpassung der Vertragsbedingungen nicht gewollte hätten. Diese Wertung sei auch bei einer Anwendung der Regelung des § 313 BGB über eine Störung der Geschäftsgrundlage des Vertrages zu beachten, insbesondere bei der Frage, ob der Mieterin das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden könne.

Die Klägerin behauptet, der Beklagten sei auch zur Zeit der angeordneten Schließung des Ladengeschäfts angesichts der vielfältigen vertragsgemäßen und erlaubnisfähigen Nutzungsmöglichkeiten des Mietobjekts dessen Nutzung weiterhin möglich gewesen, wenn sie sich auf die veränderten Verhältnisse eingestellt hätte. Hingegen habe sie aus eigenem Entschluss sogar die Öffnungszeiten ihres Geschäfts eingeschränkt. Die tatsächlichen Behauptungen der Beklagten stellt die Klägerin in Abrede, insbesondere zu der Entwicklung ihres Umsatzes und zu angeblichen Liquiditätsproblemen. Die Klägerin ist der Ansicht, die Rechtsprechung des Reichsgerichts zur Frage der Mangelhaftigkeit einer Mietsache sei nicht mehr relevant, da ihr ein anderer Mangelbegriff zugrunde gelegen habe, als dieser durch den Bundesgerichtshof angewendet werde. Auch eine bestimmte Eigenschaft der Mietsache habe sie in dem Mietvertrag nicht zugesichert.

Im Rahmen der Prüfung möglicher Rechtsfolgen aus einer Störung der Geschäftsgrundlage fehle es an einem Vortrag, dass die Mietsache gerade infolge staatlicher Maßnahmen nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar gewesen sei. Hierzu verweist die Klägerin darauf, dass die Beklagte das Mietobjekt auch zur Generierung von E-Commerce-Umsätzen, durch Umstellung auf einen Lieferdienst, durch Gutscheinmodelle oder Rabattaktionen, durch Vorziehen von Inventur- oder Renovierungsarbeiten oder durch Untervermietung weiter hätte sinnvoll nutzen können. Maßgebend sei auch, ob die Kundschaft wegen behördlicher Einschränkungen oder beispielsweise wegen sinkender Konsumbereitschaft ausgeblieben sei. Abzustellen sei ferner darauf, ob die Beklagte öffentliche oder sonstige Zuschüsse erhalten habe, ob Umsatzausfälle teilweise hätten kompensiert oder ob Aufwendungen hätten erspart werden können, weil etwa Kurzarbeit angemeldet worden oder der Wareneinkauf weggefallen sei. Maßgebend für die Beurteilung der Zumutbarkeit des Festhaltens am unveränderten Vertrag seien nicht lediglich die Verhältnisse am konkreten Standort, sondern diejenigen des Gesamtunternehmens, das auch Vertragspartei sei. Der Beklagten als überregionaler Handelskette sei ein Festhalten am Vertrag durchaus zumutbar, wenn Nachteile an einem Standort in der Gesamtbetrachtung aller Standorte nicht wesentlich ins Gewicht fielen oder wenn Nachteile an einem Standort durch Vorteile an einem anderen Standort kompensiert werden könnten. Eine Unzumutbarkeit des Weiteren Festhaltens am Vertrag müsse konkret und umfassend dargelegt werden. Sie setze nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung in der Regel eine Existenzbedrohung, nicht lediglich eine erhebliche Verschiebung des Äquivalenzverhältnisses voraus. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass nicht nur die Beklagte als Mieterin, sondern auch die Klägerin als Vermieterin von der Pandemie betroffen sei. Ein Vermieter habe regelmäßig fortlaufende Finanzierungs- und Erhaltungsmaßnahmekosten zu tragen und sei regelmäßig auf die Einnahmen aus Vermietung zur Deckung des Lebensunterhalts angewiesen. Schließlich könne ein Mieter sich schon im Vorfeld durch Abschluss einer privaten Betriebsausfallversicherung vor dem Risiko einer Betriebsschließung schützen. Als mögliche Rechtsfolge komme nicht nur eine Herabsetzung der Miete, insbesondere eine hälftige Herabsetzung, in Betracht, sondern beispielsweise auch lediglich deren Stundung. Auch die Klägerin beruft sich auf Teile der Rechtsprechung zu dieser Problematik. Wegen der weiteren Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf den Schriftsatz vom 26.2.2021 (Blatt 343 ff. der Akte) verwiesen.

II. § 540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und ebenso begründet worden (§§ 511, 517, 519 f. ZPO). In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.

Die Klage ist im Urkundenprozess zulässig; der mit ihr geltend gemachte Anspruch hat die Zahlung einer bestimmten Geldsumme zum Gegenstand, und sämtliche zur Begründung des Anspruchs erforderliche Tatsachen, soweit sie nicht ohnehin unstreitig sind, können durch Urkunden bewiesen werden (§ 592 S. 1 ZPO; vgl. auch Zöller/Greger, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 592, Rdnr. 11, m.w.N.). Dies gilt sowohl für die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung des Mietzinses in Höhe von 9.847,27 € monatlich als auch für den Zeitpunkt der Fälligkeit der Zahlungen.

Die Klage ist im Urkundenprozess in dem erstinstanzlich zuerkannten Umfang begründet. Der Klägerin als Vermieterin steht gegen die Beklagte als Mieterin ein Anspruch auf Zahlung des restlichen vertraglich vereinbarten Mietzinses für die Monate April bis Juni 2020 in Höhe von insgesamt 9.847,27 € zu (§ 535 Abs. 2 BGB). Hierbei handelt es sich um die ausstehenden Teilmieten für April 2020 in Höhe von 4.923,63, für Mai 2020 in Höhe von 2.461,82 € und für Juni 2020 in Höhe von gleichfalls 2.461,82 €.

Der vertraglich geschuldete Mietzins von 9.847,27 € monatlich war in dem genannten Zeitraum von April bis einschließlich Juni 2020 aus keinem rechtlichen Grund herabgesetzt. Der Mietzins war weder gemindert (§ 536 Abs. 1 S. 1, 2 BGB), noch war der Klägerin die von ihr geschuldete Überlassung des Gebrauchs an der Mietsache zu dem vertraglich vereinbarten Mietzweck ganz oder teilweise unmöglich (§ 326 Abs. 1 S. 1, 2, § 275 Abs. 1, 4 BGB), noch kann die Beklagte für diesen Zeitraum wegen einer relevanten Störung der Geschäftsgrundlage des Mietvertrages Herabsetzung der Miete verlangen § 313 Abs. 1 BGB).

Eine Herabsetzung der nach den mietvertraglichen Vereinbarungen geschuldeten Miete aufgrund der behördlichen Schließungen in der Folge der COVID-19-Pandemie scheidet allerdings nicht schon deshalb aus, weil die Vertragsparteien in § 3 des Mietvertrages mit der Begründung eines Kündigungsrechts eine spezielle ausschließliche Regelung getroffen hätten. In § 3 S. 4 des Mietvertrages ist für den Fall, dass die Behörden den Betrieb eines Einzelhandelsgeschäftes wie zum Mietzweck in § 1 des Mietvertrages beschrieben in den Räumen aus welchem Grund auch immer untersagen, allein ein Kündigungsrecht für beide Vertragsparteien vereinbart. Nach der Bedeutung dieser Regelung handelt es sich bei dem Entstehen eines solchen Kündigungsrechts aber nicht um die ausschließliche für den genannten Fall vorgesehene Rechtsfolge. Die vertragliche Regelung enthält keinerlei Aussage zu etwaigen weiteren Rechtsfolgen der Betriebsuntersagung zu Gunsten oder zu Lasten einer Vertragspartei. Auch stellt sie nicht auf die Gründe für ein Untersagen des von der Beklagten beabsichtigten Betriebs durch die Behörden ab, insbesondere nicht auf die Frage, ob eine der Parteien diese Untersagung zu vertreten hat oder ob die Gründe für sie aus dem Risikobereich einer der Parteien herrühren. Vielmehr sollte ersichtlich in dem Fall einer Betriebsuntersagung durch die Vereinbarung eines von weiteren Voraussetzungen unabhängigen Kündigungsrechts ein längerer Leerstand vermieden werden, der bei Fortdauer des Mietvertrages mit Unzuträglichkeiten nicht nur für die Beklagte, sondern auch für die Klägerin als Vermieterin verbunden sein könnte. Hingegen konnten die Parteien davon ausgehen, dass das in sehr guter Lage in der A-Straße ... als einer Haupteinkaufsstraße von Stadt1 gelegene Mietobjekt für die Klägerin ohne weiteres in vergleichbarer Weise weiterzuvermieten sein würde. Die Regelung über die Kündigungsmöglichkeit schließt mithin nicht aus, dass eine behördliche Schließung des Ladengeschäfts weitere Rechtsfolgen, welche auch die Gründe der Schließung berücksichtigen, nach sich ziehen können.

Demzufolge kann insoweit dahinstehen, ob mit der in der Regelung genannten Betriebsuntersagung auch die ihrer Art nach vorübergehende behördliche Betriebsuntersagung gemeint ist, welche in ihrem Fortbestand von der Entwicklung der COVID-19-Pandemie in der Bevölkerung abhängig ist. Hiergegen könnte allerdings der Regelungszusammenhang der Bestimmung sprechen. § 3 des Mietvertrages regelt nach der Bestimmung des Mietgegenstandes in § 1 und der Bemessung der Laufzeit des Vertrages in § 2 die Nutzungsvoraussetzungen und die vor einer Nutzung auszuführenden Arbeiten des Vermieters. Die Regelung einer behördlichen Nutzungsuntersagung in diesem Zusammenhang könnte demzufolge möglicherweise allein den Fall betreffen, dass die erforderlichen Betriebsvoraussetzungen in dem Mietobjekt von vorneherein nicht erfüllt worden sind, nicht aber eine derartige temporäre Schließung des Geschäftsbetriebs. Allerdings ist die Klägerin in ihrem Vorbringen selbst von der Möglichkeit einer Kündigung des Mietvertrages für die Beklagte ausgegangen.

Einer Minderung des Mietzinses in dem maßgeblichen Zeitraum steht auch nicht die Regelung in § 8 S. 1 des Mietvertrages entgegen, da die Beklagte den Einbehalt der Miete unmittelbar nach Erlass der ersten Verordnung mit Schreiben vom 25.3.2020 frühestmöglich angekündigt hat und ersichtlich war, dass die Gründe hierfür zunächst fortbestehen würden.

Die gesetzliche Regelung in Art. 240 § 2 EGBGB (BGBl. 2020 I, S. 569 ff.) entfaltet keine Sperrwirkung, die eine Anwendbarkeit des Gewährleistungsrechts oder des Allgemeinen Schuldrechts auf den Fall der behördlichen Schließungen des Geschäftsbetriebs ausschlösse (so aber zunächst LG München I, Urteil vom 12.2.2021 - 31 O 11516/20, zit. nach juris; LG München II, Urteil vom 6.10.2020 - 13 O 2044/20, BeckRS 2020, 34263; LG München II, Urteil vom 22.9.2020 - 13 O 1657/20, ZMR 2021, 119 f.; Jung, BB 2021, 329 ff.; Freudenreich, IMR 2020, 460; auch Klimesch/Walther, ZMR 2020, 556 ff.). Nach der zum 1.4.2020 in Kraft getretenen Vorschrift des Art. 240 § 2 EGBGB kann der Vermieter ein Mietverhältnis über Grundstücke oder Räume nicht allein aus dem Grund kündigen, dass der Mieter im Zeitraum vom 1.4. bis zum 30.6.2020 trotz Fälligkeit die Miete nicht leistet, sofern die Nichtleistung auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht. Mit dieser Vorschrift wollte der Gesetzgeber als Rechtsfolge der Nichtleistung der Miete für den genannten Zeitraum, soweit sie gerade auf den Folgen der COVID-19-Pandemie beruht, allein das Entstehen einer Kündigungsmöglichkeit eines Vermieters ausschließen, nicht aber auch anordnen, dass die Miete im Übrigen stets unvermindert weiterzuzahlen sei.

Dass der Gesetzgeber hiervon ausgegangen wäre, ergibt sich weder aus dieser Regelung selbst noch aus der Regelung in Art. 240 § 1 EGBGB. In dieser gleichfalls zum 1.4.2020 in Kraft getretenen Bestimmung hat der Gesetzgeber zu Gunsten von Verbrauchern, Kleinstunternehmen sowie kleinen und mittleren Unternehmen ein Moratorium dergestalt angeordnet, dass unter bestimmten Voraussetzungen Leistungen zur Erfüllung eines Anspruchs im Zusammenhang mit einem Dauerschuldverhältnis, welches vor dem 8.3.2020 geschlossen wurde, bis zum 30.6.2020 verweigert werden konnten. Für Unternehmen ist Voraussetzung, dass es infolge von Umständen, die auf die COVID-19-Pandemie zurückzuführen sind, die Leistung nicht erbringen kann oder ihm die Erbringung ohne Gefährdung der wirtschaftlichen Grundlagen seines Erwerbsbetriebs nicht möglich wäre. In Art. 240 § 1 Abs. 4 Nr. 1 EGBGB hat der Gesetzgeber die Geltung dieser Regelung im Zusammenhang mit Miet- und Pachtverträgen nach § 2 ausdrücklich ausgeschlossen. Dennoch kann hieraus nicht geschlossen werden, der Gesetzgeber hätte mit dem Unterlassen einer entsprechenden Regelung für Miet- und Pachtverträge festlegen wollen, dass Miet- und Pachtzinsen auch während der COVID-19-Pandemie jedenfalls uneingeschränkt zu zahlen wären. Er musste insoweit auch nicht die Anwendbarkeit der allgemeinen Regelungen des BGB ausdrücklich vorbehalten. Vielmehr ist aus den Umständen der Entstehung dieser Vorschriften erkennbar, dass der Gesetzgeber mit seinen Regelungen bestimmte rechtliche Auswirkungen der zuvor bestehenden Gesetzeslage ausschließen wollte, soweit er dies für geboten und dringlich hielt. Gerade die Kürze der Zeit, welche dem Gesetzgeber für das Fassen solcher Regelungen vom Beginn der Pandemie zur Verfügung stand, zeigt, dass es sich nicht um eine umfassende rechtliche Regelung der einzelnen Rechtsverhältnisse handelt, sondern dass im Übrigen bestehende allgemeine Regelungen, insbesondere wenn sie sich zu Gunsten eines Mieters oder Pächters, der von der COVID-19-Pandemie betroffen ist, auswirken können, weiterhin Anwendung finden können (ebenso OLG Dresden, Urteil vom 24.2.2021 - 5 U 1782/20, zit. nach juris; OLG Karlsruhe, Urteil vom 24.2.2021 - 7 U 109/20, zit. nach juris; OLG München, Beschluss vom 17.2.2021 - 32 U 6358/20, zit. nach juris; LG Münster, Urteil vom 19.2.2021 - 23 O 18/20, zit. nach juris; LG München I, Urteil vom 12.2.2021 - 31 O 11516/20, zit. nach juris; LG München I, Urteil vom 25.1.2021 - 31 O 7743/20, NZM 2021, 194 ff.; LG Mönchengladbach, Urteil vom 2.11.2020 - 12 O 154/20, BeckRS 2020, 30731; LG Mannheim, Urteil vom 23.7.2020 - 23 O 22/20, GE 2020, 1253 f.; Streyl, NZM 2020, 817 ff., 823; Weller/Thomale, BB 2020, 962 ff.; Säcker/Schubert, BB 2020, 2563 ff., 2567 f.; vgl. auch Saxinger, ZMR 2020, 1002 ff., 1005; a.M. LG München II, Urteil vom 6.10.2020 - 13 O 2044/20, BeckRS 2020, 34263; LG München II, Urteil vom 22.9.2020 - 13 O 1657/20, ZMR 2021, 119 f.; Jung, BB 2021, 329 ff.; Freudenreich, IMR 2020, 460; auch Klimesch/Walther, ZMR 2020, 556 ff.).

Dies wird bestätigt durch den Gesetzentwurf vom 24.3.2020, in dem es heißt, dass die "Verpflichtung der Mieter zur Zahlung der Miete ... im Gegenzug im Grundsatz bestehen" bleibe (BT-Drs. 19/18110, S. 4), sowie durch den Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (6. Ausschuss) vom 25.3.2020, in welchem es heißt: "... Es sei wichtig zu schauen, wer am Ende das Risiko trage, um einen angemessenen Lastenausgleich zu erreichen" (BT-Drs. 19/18158, S. 2), und nochmals ausdrücklich in seinem Bericht vom 15.12.2020 (BT-Drs. 19/25322, S. 14). Eine ausdrückliche Regelung enthält nunmehr der am 31.12.2020 inkraftgetretene Art. 240 § 7 EGBGB (BGBl. 2020 I Nr. 67, S. 3328), der für Folgen staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie für vermietete Grundstücke oder Räume, die keine Wohnräume sind, eine Regelung für die Anwendbarkeit des Rechtsinstituts der Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB trifft (vgl. OLG München, Beschluss vom 17.2.2021 - 32 U 6358/20, zit. nach juris; LG München I, Urteil vom 12.2.2021 - 31 O 11516/20, zit. nach juris; LG München I, Urteil vom 25.1.2021 - 31 O 7743/20, NZM 2021, 194 ff.).

Der von der Beklagten zu zahlende Mietzins war nicht wegen Mangelhaftigkeit der Mietsache gemindert (§ 536 Abs. 1 BGB). Denn die Mietsache wies trotz der behördlichen Beschränkungen, welche der Bekämpfung der COVID-19-Pandemie dienten, nämlich der oben dargestellten behördlichen Anordnungen der Schließung auch des Betriebs der Beklagten und der nachfolgenden Beschränkungen in der Fortführung des Betriebs, weder einen Mangel auf, noch fehlte ihr eine zugesicherte Eigenschaft. Die Tauglichkeit der Mieträume zu dem in § 1 des Mietvertrages vereinbarten vertragsgemäßen Gebrauch, dem Betrieb eines Einzelhandels für den Vertrieb von Damenoberkleidung sowie damit zusammenhängender Lizenzprodukte und weiterer Untersortimente, war in dem streitgegenständlichen Zeitraum von April bis einschließlich Juni 2020 weder aufgehoben noch gemindert.

Die Mietsache selbst war weiterhin ordnungsgemäß und wies keinen Mangel im Sinne von § 536 Abs. 1 S. 1 BGB auf. Der Klägerin als Vermieterin war die von ihr vertraglich geschuldete Leistung weiterhin uneingeschränkt möglich. Die Klägerin schuldete der Beklagten die Verschaffung der Möglichkeit des Gebrauchs des Mietobjekts und hatte hierzu dieses in einem dem Verwendungszweck entsprechenden Zustand zu halten (§ 535 Abs. 1 BGB). Der Erfüllung dieser Verpflichtung der Klägerin als Vermieterin standen die behördlich angeordneten Einschränkungen nicht entgegen. Dabei wird davon ausgegangen, dass die auf den §§ 16, 28 und 32 IfSG basierenden Anordnungen wirksam und rechtmäßig sind. Die behördlich angeordneten Einschränkungen wirkten sich nicht objektbezogen aus, sondern bezogen sich inhaltlich auf den Betrieb der Beklagten als Mieterin. Die Klägerin schuldete allein die Möglichkeit, in den überlassenen Räumen einen Geschäftsbetrieb zu führen, nicht aber in irgendeiner Weise die Überlassung des Betriebs selbst. Insoweit kann dahinstehen, ob etwas anderes bei Vorliegen eines Pachtvertrages gälte, bei welchem der Verpächter nicht nur die Überlassung von Räumen, sondern auch die Möglichkeit der Fruchtziehung schuldet (§ 581 Abs. 1 S. 1 BGB).

Eine Beeinträchtigung der von der Klägerin zu erbringenden Leistung mit der Folge des Vorliegens eines Sachmangels ergibt sich nicht daraus, dass die Beklagte die Mieträume nach § 1 des Mietvertrages nicht allgemein zu gewerblichen Zwecken, sondern zu dem spezifischen Zweck des Betriebs eines Einzelhandels für den Vertrieb insbesondere von Damenoberkleidung angemietet hat. Denn auch ein solcher Betrieb war ihr in den Räumlichkeiten nach deren baulichen Gegebenheiten grundsätzlich unverändert möglich. Dass die Beklagte infolge der behördlichen rechtlichen Einschränkungen in dem Mietobjekt den vertraglich vereinbarten Nutzungszweck zeitweise gar nicht mehr und zeitweise nur noch deutlich eingeschränkt erreichen konnte, reicht insoweit nicht aus und begründet nicht die Mangelhaftigkeit der Mietsache selbst (so aber LG Kempten, Urteil vom 7.12.2020 - 23 O 753/20, BeckRS 2020, 37736; LG München I, Urteil vom 22.9.2020 - 3 O 4495/20, GE 2020, 1493 ff., unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Reichsgerichts, RG, JW 1913, 596 Nr. 10; RG, Urteil vom 9.11.1915 - Rep. III 145/15; RG, Urteil vom 15.2.1916 - Rep. III 333/15; RG, Urteil vom 26.10.1017 - Rep. III 212/17; AG Pinneberg, Urteil vom 17.11.2020 - 81 C 18/20, zit. nach juris, das allein auf die Auswirkungen der Beschränkungen auf den vertraglichen Nutzungszweck abstellt; Säcker/Schubert, BB 2020, 2563 ff.; Weller/Thomale, BB 2020, 962 ff.; Krepold, WM 2020, 726 ff.; auch Sentek/Ludley, NZM 2020, 406 ff.). Dabei kann sich ein vereinbarter Nutzungszweck aus einer ausdrücklichen Aufnahme in den Mietvertrag ergeben oder aus sonstigen Umständen, insbesondere der baulichen Beschaffenheit des Mietobjekts, beispielsweise eines Restaurants oder eines Hotels, die erkennbar nur einen bestimmten Nutzungszweck zulässt. Die Vereinbarung eines Nutzungszwecks für das Mietobjekt ist dabei nicht als Zusicherung einer Eigenschaft der Mietsache zu verstehen. Vielmehr präzisiert ein vereinbarter Nutzungszweck lediglich die dem Mieter gestattete Nutzung und begründet bestimmte Anforderungen an das Mietobjekt selbst. Der Beklagten war aber durch die behördlichen Beschränkungen nicht der Gebrauch des Mietobjekts zu dem vereinbarten Nutzungszweck selbst untersagt bzw. nur noch eingeschränkt gestattet, sondern lediglich die Art der Durchführung ihres Geschäftsbetriebs.

Dass die Behörde stattdessen auch die Nutzung der Geschäftsräume selbst hätte untersagen können, ist dabei unerheblich, da dies nicht erfolgt ist und zudem anderen rechtlichen Wirksamkeitsvoraussetzungen unterlegen wäre.

Behördliche Schließungsanordnungen sowie Einschränkungen des Geschäftsbetriebs als Umweltbeziehungen des Mietobjekts rechtlicher Art können einen Mangel der Mietsache nur dann begründen, wenn sie die körperliche Beschaffenheit der Mietsache, ihren Zustand oder ihre Lage betreffen oder Einfluss auf diese haben und damit einen unmittelbaren Bezug zu dem von der Klägerin als Vermieterin geschuldeten Leistungserfolg aufweisen, so dass sie das die Klägerin als Vermieterin treffende Verwendbarkeitsrisiko des Mietobjekts betreffen. Das frühere weite Verständnis eines Mietmangels, welches das Reichsgericht vertrat (vgl. RG, Urteil vom 3.1.1919 - Rep. III 271/18, RGZ 94, 267 ff.; RG, Urteil vom 26.10.1917 - Rep. III 212/17, RGZ 91, 54 ff.; RG, Urteil vom 20.2.1917 - Rep. III 384/16, RGZ 89, 203 ff., 205 f.; RG, Urteil vom 15.2.1016 - Rep. III 333/15, RGZ 88, 96 ff.; RG, Urteil vom 9.11.1915 - Rep. III 145/15, RGZ 87, 277 ff., 279 ff.; RG, Urteil vom 15.3.1912 - Rep. III 289/11, RGZ 79, 92 ff., 95), ist für die heutige Rechtslage nicht mehr zutreffend. Zwar sind die den Entscheidungen zugrundeliegenden Fallkonstellationen, die im wesentlichen behördliche Anordnungen zum Gegenstand hatten, die auf Folgen des Zweiten Weltkrieges für die Bevölkerung beruhten, der Situation einer Pandemie als Naturkatastrophe in ihren Auswirkungen in gewisser Weise vergleichbar. Die Rechtsprechung hat aber in späteren Jahrzehnten den Umfang der Pflichten des Vermieters weiter konkretisiert und als weitere Möglichkeit der rechtlichen Würdigung einer solchen Fallgestaltung insbesondere das Rechtsinstitut der Störung der Geschäftsgrundlage entwickelt, welche inzwischen in § 313 BGB kodifiziert wurde und die eine spezifischere rechtliche Beurteilung einer solchen Situation ermöglicht.

Andere Auswirkungen behördlicher Einschränkungen des Geschäftsbetriebs ohne unmittelbaren Bezug zum Mietobjekt betreffen lediglich eine erfolgreiche Nutzung des Objekts durch die Beklagte als Mieterin und damit das sie treffende Verwendungsrisiko (vgl. § 537 BGB). Dabei ist nicht darauf abzustellen, ob die Ursache für die behördlichen Anordnungen aus dem Risikobereich einer der Vertragsparteien herrührt, was bei der als Naturkatastrophe einzustufenden COVID-19-Pandemie nicht der Fall ist, oder ob eine der Parteien mit ihr gerechnet hat oder sie vorhersehbar war (vgl. Säcker/Schubert, BB 2020, 2563 ff., 2566 f.), sondern welche Auswirkungen die behördlichen Maßnahmen auf das Mietobjekt der Klägerin und den Geschäftsbetrieb der Beklagten haben. Durch die behördlichen Schließungen und Einschränkungen im Hinblick auf die COVID-19-Pandemie wurde zwar faktisch der Zugang zu den Mieträumen für potentielle Kunden verhindert oder beschränkt. Betroffen war aber nicht die räumliche Lage und Erreichbarkeit des Mietobjekts, also seine körperliche Beschaffenheit selbst. Auch die Überlassung des Mietobjekts an sich war nicht untersagt. Vielmehr war durch die behördlichen Anordnungen lediglich die Art der Nutzung des Mietobjekts und des dort stattfindenden Publikumsverkehrs eingeschränkt und geregelt (ebenso OLG Karlsruhe, Urteil vom 24.2.2021 - 7 U 109/20, zit. nach juris; OLG München, Beschluss vom 17.2.2021 - 32 U 6358/20, zit. nach juris; LG Münster, Urteil vom 19.2.2021 - 23 O 18/20, zit. nach juris; LG München I, Urteil vom 12.2.2021 - 31 O 11516/20, zit. nach juris; LG München I, Urteil vom 25.1.2021 - 31 O 7743/20, NZM 2021, 194 ff.; LG Zweibrücken, Urteil vom 12.11.2020 - HK O 17/20, BB 2020, 2450 ff.; LG Wiesbaden, Urteil vom 5.11.2020 - 9 O 852/20, MDR 2021, 28; LG Mönchengladbach, Urteil vom 2.11.2020 - 12 O 154/20, BeckRS 2020, 30731; LG Oldenburg, Urteil vom 26.10.2020 - 8 O 1268/20, MietRB 2020, 361 f.; LG München II, Urteil vom 6.10.2020 - 13 O 2044/20, BeckRS 2020, 34263; LG Frankfurt a.M., Urteil vom 2.10.2020 - 2-15 O 23/20, BeckRS 2020, 26613; LG München II, Urteil vom 22.9.2020 - 13 O 1657/20, ZMR 2021, 119 f.; LG Frankfurt a.M., Beschluss vom 7.8.2020 - 2-05 O 160/20, BeckRS 2020, 20149; LG Heidelberg, Urteil vom 30.7.2020 - 5 O 66/20, GE 2020, 1184 ff.; LG Mannheim, Urteil vom 23.7.2020 - 23 O 22/20, GE 2020, 1253 f.; Volkmann/Semmelmayer, DB 2021, 499 ff.; Häublein/Müller, NZM 2020, 481 ff., 483 ff., unter Vergleich mit dem österreichischem Recht; Streyl, NZM 2020, 817 ff., 818 ff.; Sittner, NJW 2020, 1169 ff.; Heilmann, NZM 2020, 497; Leo/Götz, NZM 2020, 402 ff., 403; Zehelein, NZM 2020, 390 ff.; Saxinger, ZMR 2020, 1002 ff., 1005; auch Illies, IMR 2020, 223 ff.; a.M. OLG Dresden, Urteil vom 24.2.2021 - 5 U 1782/20, zit. nach juris, das eine Zuordnung zu dem Verwendungsrisiko des Mieters ablehnt, aber dennoch zugleich einen Mangel verneint, da die Zugangsbeschränkungen auch nicht in den von der Vermieterin zu verantwortenden Bereich fielen; LG München I, Urteil vom 22.9.2020 - 3 O 4495/20, GE 2020, 1493 ff., unter Bezugnahme auf RG, JW 1913, 596 Nr. 10; RG, Urteil vom 9.11.1915 - Rep. III 145/15; RG, Urteil vom 15.2.1916 - Rep. III 333/15; RG, Urteil vom 26.10.1017 - Rep. III 212/17; AG Pinneberg, Urteil vom 17.11.2020 - 81 C 18/20, zit. nach juris, unter Abstellen allein auf die Auswirkung auf den vertraglichen Nutzungszweck; Säcker/Schubert, BB 2020, 2563 ff., 2567 f.; Weller/Thomale, BB 2020, 962 ff.; Krepold, WM 2020, 726 ff.; auch Sentek/Ludley, NZM 2020, 406 ff.).

Eine Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit des Mietobjekts als objektbezogene Einschränkung ergibt sich auch nicht daraus, dass sich die Höhe des vereinbarten Mietzinses in der Regel wesentlich auch nach dem vereinbarten Nutzungszweck richtet und der übliche Mietzins beispielsweise für ein als Verkaufsfläche nutzbares Objekt wesentlich höher ist als derjenige für Lagerraum (vgl. hierzu Krepold, WM 2020, 726 ff.). Dabei ist der objektive Mietwert für zu Zwecken der Gewinnerzielung nutzbare Räume tatsächlich höher als beispielsweise für Nebenräume, insbesondere Lagerräume, deren Nutzung die auf Gewinnerzielung gerichtete Geschäftstätigkeit lediglich unterstützt. In ähnlicher Weise hängt die Höhe der angemessenen Miete von der Qualität der Lage des Objekts und von den hieraus resultierenden Gewinnmöglichkeiten ab (vgl. Säcker/Schubert, BB 2020, 2563 ff., 2567; Häublein/Müller, NZM 2020, 481 ff., 487). Die Bewertung des Gebrauchs eines Mietobjekts, zu welchem der Mieter durch den Mietvertrag berechtigt ist, hat aber keinen unmittelbaren Einfluss auf die Frage, ob ein Mangel des Mietobjekts vorliegt; vielmehr reicht die Beeinträchtigung der Verfolgung des vereinbarten Mietzwecks wie dargelegt gerade nicht für die Annahme eines Mangels der Mietsache aus.

Nicht entscheidend bei der Würdigung der Folgen der behördlichen Anordnungen als objekt- oder als betriebsbezogen ist, dass die Beklagte das von ihr angemietete Objekt zunächst infolge der behördlichen Schließung gar nicht mehr nutzen konnte, während in der dem Urteil des BGH vom 13.7.2011 (Az. XII ZR 189/09, NJW 2011, 3151 ff.) zugrundeliegenden Fallgestaltung die Mieterin trotz des angeordneten Rauchverbots die angemieteten Gaststättenräume grundsätzlich weiternutzen und ihren Geschäftsbetrieb weiterführen konnte (anders aber LG München I, Urteil vom 22.9.2020 - 3 O 4495/20, GE 2020, 1493 ff.; Krepold, WM 2020, 726 ff.; Säcker/Schubert, BB 2020, 2563 ff., 2567). Die Frage des Maßes der Einschränkung der Nutzbarkeit des Mietobjekts ist zu unterscheiden von der hier allein maßgeblichen Frage, ob die von dem Vermieter geschuldete Leistung betroffen ist mit der Folge der Zuordnung des Risikos zum Risikobereich des Vermieters oder ob nur der Geschäftsbetrieb des Mieters tangiert ist mit der Folge der Zuordnung des Risikos zu dem von ihm zu tragenden Verwendungsrisiko. Dabei diente zwar das Rauchverbot nach seiner Zielrichtung dem Schutz von Gästen, Kunden sowie Personal und betraf den Geschäftsbetrieb des Mieters selbst nur mittelbar. Gerade insoweit sind die behördlichen Einschränkungen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie aber der Anordnung eines Rauchverbots in Gaststätten vergleichbar. Denn auch die behördlichen Schließungen und Beschränkungen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie sind nicht eigentlich gegen den Geschäftsbetrieb, insbesondere in den bestimmten Mieträumen, gerichtet, sondern dienen ausschließlich dem Zweck der Eindämmung der weiteren Ausbreitung des Virus SARS-CoV 2 und damit dem Gesundheitsschutz (vgl. LG München I, Urteil vom 25.1.2021 - 31 O 7743/20, NZM 2021, 194 ff.). Die Einschränkungen stellen keine bloß mittelbare Folge der Krise dar; es geht vielmehr um die Abwehr erheblicher Gesundheitsgefahren, die ihre Ursache in einem pandemischen Infektionsgeschehen haben, welches nur durch weitgehende Kontaktbeschränkungen eingedämmt werden kann (vgl. Streyl, NZM 2020, 817 ff., 823). Diese führen zu Betriebsuntersagungen und -erschwerungen, die sich nicht gegen die konkrete Betriebsführung oder den konkreten Nutzungszweck der Mietsache richten, sondern allein darauf beruhen, dass die Geschäftstätigkeit zu Publikumsverkehr mit einer unkontrollierbaren Vielfalt von Personen führt. Die Kontakte führen aufgrund der leichten Übertragbarkeit des Virus zur Gefahr schwerer und schwerster Erkrankungen mit der Folge auch zahlreicher Todesfälle. Durch die Kontakteinschränkungen sollen die Infektionszahlen vermindert werden, damit letztlich das Gesundheitssystem des Staates nicht durch eine zu hohe Zahl Erkrankter überlastet wird.

Die behördlichen Beschränkungen sind auch nicht insoweit als objektbezogen anzusehen, als sie das Maß des zulässigen Geschäftsbetriebs gerade von der Größe einer Geschäftsfläche abhängig machen. Zwar ist insoweit die Beschaffenheit des Mietobjekts, insbesondere seine Größe ein entscheidendes Kriterium für das Maß der Beschränkung. Dieser Bezugspunkt ändert aber nicht die Art der behördlichen Beschränkung als gegen den Geschäftsbetrieb des Mieters und nicht gegen das Mietobjekt selbst und seine Gebrauchsfähigkeit an sich gerichtet.

Die Beklagte ist nicht deshalb von ihrer Pflicht zur Zahlung des Mietzinses befreit, weil der Klägerin ihre vertraglich geschuldete Leistung der Überlassung der Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand und der Erhaltung der Mietsache in diesem Zustand in den Monaten April bis einschließlich Juni 2020 ganz oder teilweise unmöglich gewesen wäre (§ 326 Abs. 1, § 275 Abs. 1 BGB). Diese Regelungen sind nach Überlassung der Mietsache an die Beklagte nicht mehr anwendbar und werden von den speziellen Regelungen des Gewährleistungsrechts (§§ 536 ff. BGB) verdrängt (vgl. OLG Dresden, Urteil vom 24.2.2021 - 5 U 1782/20, zit. nach juris; LG Münster, Urteil vom 19.2.2021 - 23 O 18/20, zit. nach juris; LG München I, Urteil vom 12.2.2021 - 31 O 11516/20, zit. nach juris; LG München I, Urteil vom 25.1.2021 - 31 O 7743/20, NZM 2021, 194 ff.; a.M. Leo/Götz, NZM 2020, 402 ff., 404 f.). Im Übrigen war es der Klägerin entsprechend den oben genannten Gründen nicht unmöglich, der Beklagten den Gebrauch der Mietsache zu gewähren und sie während der Mietdauer in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 24.2.2021 - 7 U 109/20, zit. nach juris; OLG München, Beschluss vom 17.2.2021 - 32 U 6358/20, zit. nach juris; LG Münster, Urteil vom 19.2.2021 - 23 O 18/20, zit. nach juris; LG München I, Urteil vom 25.1.2021 - 31 O 7743/20, NZM 2021, 194 ff.; LG Wiesbaden, Urteil vom 5.11.2020 - 9 O 852/20, MDR 2021, 28; LG Mönchengladbach, Urteil vom 2.11.2020 - 12 O 154/20, BeckRS 2020, 30731; LG Heidelberg, Urteil vom 30.7.2020 - 5 O 66/20, GE 2020, 1184 ff.; Insoweit auch LG Kempten, Urteil vom 7.12.2020 - 23 O 753/20, BeckRS 2020, 37736; Häublein/Müller, NZM 2020, 481 ff., 486; Butenberg, NZM 2020, 499 f.; a.M. noch RG, Urteil vom 3.1.1919 - III 271/18, RGZ 94, 267 ff.; RG, Urteil vom 26.10.1917 - Rep. III 212/17, RGZ 91, 54 ff.; RG, Urteil vom 20.2.1917 - Rep. III 384/16, RGZ 89, 203 ff., 205 f.; RG, Urteil vom 15.2.1016 - Rep. III 333/15, RGZ 88, 96 ff.; RG, Urteil vom 9.11.1915 - Rep. III 145/15, RGZ 87, 277 ff., 279 ff.; RG, Urteil vom 15.3.1912 - Rep. III 289/11, RGZ 79, 92 ff., 95; ferner Leo/Götz, NZM 2020, 402 ff., 404 f.).

Im Urkundenverfahren kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagte wegen einer schwerwiegenden Störung der Geschäftsgrundlage des Mietvertrages Herabsetzung des Mietzinses verlangen könnte (§ 313 Abs. 1 BGB). Diese Einwendung der Beklagten ist als im Urkundenprozess unstatthaft zurückzuweisen, da der ihr obliegende Beweis für die von ihr hierzu vorgetragenen Tatsachen nicht mit den im Urkundenprozess zulässigen Beweismitteln angetreten und mit solchen Beweismitteln nicht vollständig geführt werden kann (§ 598 ZPO).

Allerdings ist die Geschäftsgrundlage des Mietvertrages der Parteien durch die Folgen der Naturkatastrophe der COVID-19-Pandemie schwerwiegend gestört. Das Ausbleiben einer solchen Pandemie weltweiten Ausmaßes, welche grundsätzlich die gesamte Bevölkerung ernsthaft bedroht, war gemeinsame Vorstellung beider Parteien bei Vertragsschluss, die nicht Vertragsinhalt geworden ist, auf der sich aber der Geschäftswille beider aufbaute (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 1.2.2012 - VIII ZR 307/10, NJW 2012, 1718 ff.). Beide Parteien sind jedenfalls davon ausgegangen, dass während der Vertragslaufzeit Folgen einer solchen Pandemie, insbesondere behördliche Einschränkungen, die den in den Mieträumen geführten Geschäftsbetrieb in dieser Weise beschränken und zeitweise sogar unmöglich machen, nicht eintreten. Dabei kann auch insoweit dahinstehen, ob die behördlichen Schließungsanordnungen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie von § 3 S. 4 des Mietvertrages erfasst sind und ein Kündigungsrecht beider Vertragsparteien zur Folge haben, zumal in dieser vertraglichen Regelung ausdrücklich bestimmt ist, dass jegliche Gründe der Untersagung des Betriebs durch die Behörden relevant sind. Auch in diesem Fall läge aber eine bewusste Regelung der Folgen einer solchen Pandemie durch die Vertragsparteien, welche eine Anwendung des Rechtsinstituts der Störung der Geschäftsgrundlage des Vertrages ausschlösse, nicht vor. Denn auch dann bliebe es dabei, dass beide Vertragsparteien bei Vertragsschluss die Möglichkeit des Entstehens einer solchen Pandemie in ihre Vereinbarungen nicht miteinbezogen haben.

Die Pandemie mit ihren immensen Folgen für die gesamte Gesellschaft, den Handel und andere Geschäftstätigkeiten bis hin zu den bekannten globalen Folgen, war zwar theoretisch vorhersehbar, wie sie auch von der Bundesregierung im Jahre 2012 tatsächlich vorausgesehen wurde (vgl. Bericht zur Risikoanalyse im Bevölkerungsschutz 2012, BT-Drs. 17/12051, S. 5 f., 55 ff.). Sie wurde aber von den Parteien - wie von der übrigen Gesellschaft nahezu einhellig - jedenfalls in ihren weitreichenden Folgen für den Betrieb zahlreicher Geschäfte und hinsichtlich sonstiger Kontaktbeschränkungen für die Bevölkerung - nicht konkret und ernsthaft vorhergesehen. Ein solches Geschehen bewegte sich vielmehr trotz einzelner Beispiele in anderen Ländern oder in der Geschichte regelmäßig außerhalb des gewöhnlichen Vorstellungsvermögens der Bevölkerung einschließlich der Parteien von Gewerbemietverträgen.

Durch den Eintritt der Pandemie und die ganz erheblichen pandemiebedingten Beschränkungen, die auch den Betrieb der Beklagten getroffen haben, hat sich die Geschäftsgrundlage des Mietvertrages, dass eine derartige Pandemie mit ihren Folgen für den Geschäftsbetrieb der Beklagten nicht eintritt, schwerwiegend verändert im Sinne des § 313 Abs. 1 BGB. Der Geschäftsbetrieb der Beklagten, der einen Einzelhandel mit Damenoberkleidung sowie weiteren Produkten und Untersortimenten umfasst, war in dem streitgegenständlichen Zeitraum von April bis einschließlich Juni 2020 durch die behördlichen Schließungen in dem Zeitraum vom 18.3. bis zum 19.4.2020 und die nachfolgenden weiteren Einschränkungen, aber auch durch das pandemiebedingt geänderte Verhalten potentieller Kunden, die in der maßgebenden Zeit von ansonsten getätigten Käufen bei der Beklagten abgesehen haben, schwerwiegend betroffen (ebenso für die jeweils zu entscheidenden Fallgestaltungen insbesondere OLG Karlsruhe, Urteil vom 24.2.2021 - 7 U 109/20, zit. nach juris; OLG Dresden, Urteil vom 24.2.2021 - 5 U 1782/20, zit. nach juris; OLG München, Beschluss vom 17.2.2021 - 32 U 6358/20, zit. nach juris; LG Münster, Urteil vom 19.2.2021 - 23 O 18/20, zit. nach juris; LG München I, Urteil vom 12.2.2021 - 31 O 11516/20, zit. nach juris; LG München I, Urteil vom 25.1.2021 - 31 O 7743/20, NZM 2021, 194 ff.; LG Mönchengladbach, Urteil vom 2.11.2020 - 12 O 154/20, BeckRS 2020, 30731; Jung, BB 2021, 329 ff.; Brinkmann/Thüsing, NZM 2021, 5 ff.; Streyl, NZM 2020, 817 ff., 818 ff.; Häublein/Müller, NZM 2020, 481 ff., 483 ff.; Ekkenga/Schirrmacher, NZM 2020, 410 ff.; Zehelein, NZM 2020, 390 ff.; auch Saxinger, ZMR 2020, 1002 ff., 1005; Krepold, WM 2020, 726 ff., 733 ff.) .

Diese Wertung entspricht der gesetzlichen Regelung in Art. 240 § 7 Abs. 1 EGBGB. Hiernach wird in dem Fall, dass vermietete Gewerberäume infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar sind, vermutet, dass sich insofern ein Umstand im Sinne des § 313 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, der zur Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat. Dies gilt nach der gesetzlichen Regelung unabhängig davon, ob die Vertragsparteien im Mietvertrag einen bestimmten Nutzungszweck des Mietobjekts vertraglich vereinbart haben oder es sich allgemein um gewerblich zu nutzende Räume handelt. Demzufolge kann dahinstehen, ob diese Vorschrift, die erst zum 31.12.2020 inkraftgetreten ist, auch Rückwirkung auf vorangegangene Zeiträume haben soll (so LG Münster, Urteil vom 19.2.2021 - 23 O 18/20, zit. nach juris; vgl. hierzu auch LG München, Urteil vom 12.2.2021 - 31 O 11516/20, zit. nach juris; Römermann, NJW 2021, 265 ff.) und ob eine solche Rückwirkung wirksam wäre. Ebenso muss nicht entschieden werden, ob die Regelung auch im Übrigen zulässig ist. Sie beschränkt sich auf die Anordnung einer Vermutung für den Eintritt tatsächlicher Umstände, die eine erhebliche Störung der Geschäftsgrundlage zur Folge haben (vgl. auch Brinkmann/Thüsing, NZM 2021, 5 ff.; Elzer, ZMR 2021, 102 ff.; Römermann, NJW 2021, 265 ff.). Das Bestehen oder Nichtbestehen von Tatsachen selbst, um die es sich bei der Geschäftsgrundlage eines Vertrages handelt, könnte eine gesetzliche Vorschrift hingegen nicht bestimmen.

Davon, dass die Parteien den Vertrag mit anderem Inhalt geschlossen, insbesondere für den Fall einer solchen Pandemie eine zeitweise Herabsetzung der Miete oder jedenfalls ihre zeitweise Stundung vereinbart hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, kann ausgegangen werden. Die Folgen einer solchen Pandemie greifen ganz erheblich in den Geschäftsbetrieb der Beklagten ein und beseitigen die Nutzbarkeit der Mieträume für sie zeitweise nahezu vollständig, so dass in Kenntnis dieser Umstände auch die Klägerin einer besonderen Regelung für diesen Fall voraussichtlich zugestimmt hätte. Dem steht nicht entgegen, dass nicht eindeutig bestimmbar ist, welche von verschiedenen möglichen Regelungen die Parteien getroffen hätten.

Die Beklagte kann aber nicht aufgrund der erheblichen Störung der Geschäftsgrundlage des Mietvertrages eine Anpassung dieses Vertrages verlangen. Im Urkundenprozess kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann (§ 313 Abs. 1 BGB). Denn der Beweis für die Richtigkeit der von der Beklagten hierzu vorgetragenen tatsächlichen Umstände, welche für diese Beurteilung maßgeblich sind, kann nicht mit den im Urkundenprozess zulässigen Beweismitteln angetreten und mit solchen Beweismitteln nicht vollständig geführt werden (§ 595 Abs. 2, 3 ZPO).

Allerdings kommt ein solches Recht der Beklagten, Anpassung des Vertrages zu verlangen, nach den vorgetragenen Umständen grundsätzlich in Betracht. Dem steht nicht schon entgegen, dass die infolge der COVID-19-Pandemie eingetretenen Einschränkungen ihres in den Mieträumen ausgeübten Geschäftsbetriebs wie oben dargelegt in ihren eigenen Risikobereich in Gestalt des Verwendungsrisikos für das Mietobjekt fallen. Diese Wertung folgt daraus, dass die Beschränkungen wie oben begründet keinen Mangel der Mietsache darstellen, der in den Risikobereich der Klägerin als Vermieterin fiele (so aber LG München I, Urteil vom 22.9.2020 - 3 O 4495/20, GE 2020, 1493 ff., vgl. oben). Nach der gesetzlichen Risikoverteilung, die durch den Vertrag nicht verändert wurde, trifft die Beklagte als Mieterin das Verwendungsrisiko an der Mietsache (§ 537 Abs. 1 S. 1 BGB). Entsprechend der obigen Argumentation zu der Frage des Vorliegens eines Sachmangels der Mietsache betreffen sowohl die Schließung des Betriebs als auch die nachfolgenden Betriebsbeschränkungen das Verwendungsrisiko der Beklagten als Mieterin. Dies gilt erst recht für die weiteren Folgen der COVID-19-Pandemie, soweit diese auch das Verhalten der potentiellen Kunden der Beklagten an sich beeinflusst und zu einer allgemeinen Zurückhaltung beim Aufsuchen von Einzelhandelsgeschäften einschließlich des Landeslokals der Beklagten geführt haben.

Das Pandemierisiko ist nicht deshalb auch nicht der Beklagten als Mieterin und damit keiner der Vertragsparteien zugeordnet (so aber anscheinend OLG Dresden, Urteil vom 24.2.2021 - 5 U 1782/20, Rdnrn. 30 ff., zit. nach juris; vgl. auch OLG München, Beschluss vom 17.2.2021 - 32 U 6358/20, zit. nach juris; LG Kempten, Urteil vom 7.12.2020 - 23 O 753/20, BeckRS 2020, 37736; vgl. auch Hübner, ZfIR 2020, 729 ff.), weil ihr unternehmerisches Risiko voraussetzte, dass sie im Mietobjekt entsprechend dem vertraglich vereinbarten Mietzweck überhaupt unternehmerisch tätig werden könne, was im Falle einer Schließungsanordnung nicht der Fall sei. Die Folge jeder gesetzlichen oder vertraglichen Regelung ist, dass eine der Parteien das betreffende Risiko trifft. Eine Regelung, dass ein bestimmtes Risiko keine von beiden Vertragsparteien träfe, ist nicht denkbar. Der Umstand, dass die Pandemiefolgen einschließlich der behördlichen Beschränkungen im Mängelgewährleistungsrecht nicht als Mangel der Mietsache gewertet werden, hat zwangsläufig zur Folge, dass das Risiko der Beklagten als Mieterin im Rahmen ihres Verwendungsrisikos zugewiesen ist. Denn in diesem Fall bleibt - vor Anwendung der Regelung über eine Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) - die Hauptleistungspflicht des Mieters, die vereinbarte Miete zu entrichten (§ 535 Abs. 2 BGB) uneingeschränkt in voller Höhe bestehen (vgl. Saxinger, ZMR 2020, 1002 ff., 1005; Hübner, ZfIR 2020, 273 ff., 275).

Die Wertung des OLG Dresden erscheint aber auch im weiteren Verlauf nicht konsistent. Es nimmt einerseits an, dass die behördlichen Schließungen einen Mangel der Mietsache nicht begründen, bejaht aber ohne weitere Begründung insoweit eine Äquivalenzstörung in dem gegenseitigen Vertrag der damaligen Parteien und trifft die Annahme, das Verhältnis von Überlassung des Mietobjekts einerseits und des Zahlens des Nutzungsentgelts (Miete) andererseits sei gestört. Damit nimmt es über die gesetzliche Regelung des Mängelgewährleistungsrechts hinaus eine Bewertung der - mangelfreien - Leistung des Vermieters aus der subjektiven Sicht des Mieters vor und nimmt damit die Wertung, die erst die Rechtsfolgen der Störung der Geschäftsgrundlage begründen würde, bereits vorweg und begründet sodann hiermit das Erfordernis, eine Neubewertung der gegenseitigen Leistungen überhaupt vorzunehmen. Das Abstellen auf die Wesentlichkeit eines Mietrückstandes nach der Regelung des § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 a und b BGB von mehr als einem Monat als Beleg für die angenommene Relevanz des Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung für die Frage der Zumutbarkeit des Festhaltens am bestehenden Vertrag im Rahmen der Störung der Geschäftsgrundlage erscheint gleichfalls als nicht allein sachgerecht. Der Regelungszweck des § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 a und b BGB, der die Voraussetzungen einer außerordentlichen Kündigung eines Mietverhältnisses im Falle des - stets Verschulden voraussetzenden (§ 286 Abs. 4 BGB) - Verzugs des Mieters mit der Mietzahlung bestimmt, unterscheidet sich von den Voraussetzungen einer Anpassung eines Vertrages gemäß § 313 Abs. 1 BGB. Die gesetzliche Möglichkeit einer Kündigung des Mietvertrages als Dauerschuldverhältnis soll den Vermieter vor weiteren Zahlungsausfällen bewahren und ihm die Möglichkeit eröffnen, seine eigene Leistungspflicht mangels weiteren Erhalts der Gegenleistung zu beenden.

Für eine Berücksichtigung von Störungen der Geschäftsgrundlage ist allerdings grundsätzlich insoweit kein Raum, als es um Erwartungen und um Umstände geht, die nach den vertraglichen Vereinbarungen in den Risikobereich einer der Parteien fallen sollen (vgl. BGH. Urteil vom 23.10.2019 - XII ZR 125/18, NJW 2020, 331 ff.; Urteil vom 16.2.2000 - XII ZR 279/97; NJW 2000, 1714 ff., 1716, m.w.N.; so auch OLG Dresden, Urteil vom 24.2.2021 -5 U 1782/20, Rdnr. 40, zit. nach juris). Eine solche vertragliche Risikoverteilung schließt für den Betroffenen regelmäßig die Möglichkeit aus, sich bei Verwirklichung des Risikos auf Wegfall der Geschäftsgrundlage zu berufen (vgl. BGH, a.a.O.). Auch wenn das Risiko der Folgen der COVID-19-Pandemie nach der gesetzlichen Regelung der Beklagten als Mieterin zugewiesen ist, kann aber in Ausnahmefällen dennoch eine Anpassung des Vertrages nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage geboten sein. Dabei kann aber nicht jede einschneidende Veränderung der bei Vertragsabschluss bestehenden oder gemeinsam erwarteten Verhältnisse eine Vertragsanpassung rechtfertigen. Hierfür ist vielmehr erforderlich, dass ein Festhalten an der vereinbarten Regelung für die betroffene Partei zu einem nicht mehr tragbaren Ergebnis führt (so BGH, Urteil vom 1.2.2012 - VIII ZR 307/10, NJW 2012, 1718 ff.; BGH, Urteil vom 11.10.1994 - XI ZR 189/93, NJW 1995, 47 ff.; BGH, Urteil vom 5.1.1995 - IX ZR 85/94, NJW 1995, 592 ff.). Erforderlich ist, dass eine Anpassung des Vertrages zur Vermeidung eines untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit nicht (mehr) zu vereinbarenden und damit der betroffenen Partei nach Treu und Glauben nicht zuzumutenden Ergebnisses unabweislich erscheint (vgl. BGH, Urteil vom 1.2.2012 - VIII ZR 307/10, NJW 2012, 1718, Rdnr. 30).

Vor diesem Hintergrund ist eine Anpassung des Vertrages durch Herabsetzung der von der Beklagten geschuldeten Miete um 50 % für die Zeit einer behördlichen Schließung des Geschäftsbetriebs der Beklagten nicht schon allein deshalb vorzunehmen, weil keine der Vertragsparteien eine Ursache für die Störung der Geschäftsgrundlage in Gestalt der COVID-19-Pandemie als Systemkrise mit ihren Folgen, insbesondere den - unstreitigen - weitgehenden staatlichen Eingriffen in das soziale und wirtschaftliche Leben, gesetzt oder sie vorhergesehen hat (so aber OLG Dresden, Urteil vom 24.2.2021 - 5 U 1782/20, Rdnr. 44, zit. nach juris; LG München I, Urteil vom 25.1.2021 - 31 O 7743/20, NZM 2021, 194 ff.; LG Mönchengladbach, Urteil vom 2.11.2020 - 12 O 154/20, BeckRS 2020, 30731; Römermann, NJW 2021, 265 ff., 268; Streyl, NZM 2020, 817 ff., 824; Ekkenga/Schirrmacher, NZM 2020, 410 ff.; Zehelein, NZM 2020, 390 ff.; vgl. auch Säcker/Schubert, BB 2020, 25634 ff., 2569 f.; Häublein/Müller, NZM 2020, 481 ff.; Weller/Thomale, BB 2020, 962 ff., 966). Hierbei würde es sich zwar um eine für die Praxis gut handhabbare Lösung der Problematik handeln, weil die Umstände des Einzelfalls nur in geringerem Maße zu berücksichtigen wären. Die Begründung entspräche aber nicht den gesetzlichen Voraussetzungen des § 313 Abs. 1 BGB. Diese Vorschrift fordert wie oben ausgeführt, dass der Beklagten als Mieterin "unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann." Hierbei handelt es sich mithin um eine in die Zukunft gerichtete Bewertung der Situation der Vertragsparteien. Die alleinige Betrachtung der COVID-19-Pandemie als Ursache der Einschränkungen des Geschäftsbetriebs und die Wertung, dass diese - unabhängig von der genannten gesetzlichen Wertung - von keiner der Parteien verursacht oder sonst zu verantworten ist und auch von keiner der Parteien vorausgesehen wurde, erscheint dabei als unzureichend; sie ist nicht in die Zukunft gerichtet, sondern rückwärtsgewandt und verengt die gebotene Abwägung. Der Umstand des Eintretens einer von keiner Partei verursachten und vorausgesehenen Pandemie ist im Rahmen der "Umstände des Einzelfalls" mit zu berücksichtigen und hat im Hinblick auf die ganz erhebliche Bedeutung dieser als Naturkatastrophe einzustufenden COVID-19-Pandemie auch ein besonderes Gewicht. Dennoch sind für die Frage der Zumutbarkeit des Festhaltens einer Vertragspartei am unveränderten Vertrag auch die weiteren konkreten Umstände des Sachverhalts heranzuziehen (ebenso OLG Karlsruhe Urteil vom 24.2.2021 - 7 U 109/20, zit. nach juris; OLG München, Beschluss vom 17.2.2021 - 32 U 6359/20, zit. nach juris; LG Münster, Urteil vom 19.2.2021 - 23 O 18/20, zit. nach juris; Häublein/Müller, NZM 2020, 481 ff., 488 f.).

Etwas anderes ergibt sich nicht zwingend aus anderen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs, insbesondere dem Urteil vom 23.11.1989 (Az. VII ZR 60/89, NJW 1990, 572 f.). Hiernach waren Stornokosten, welche einem Reiseveranstalter wegen der Kündigung einer Reise in der Folge des Reaktorunfalls in Tschernobyl vom 25./26.4.1986 und damit wegen höherer Gewalt entstanden, in Anlehnung an die Risikoverteilung in § 651 j Abs. 2 S. 2 BGB nach Treu und Glauben je zur Hälfte von dem Reiseveranstalter und dem Reisenden zu tragen. In vergleichbarer Weise hat das OLG Karlsruhe in seinem Urteil vom 15.5.1992 (Az. 15 U 297/91, NJW 1992, 3176 ff.) entschieden, dass es gegen Treu und Glauben verstieße, den aus der Verwirklichung des beide Parteien treffenden Risikos des Ausfalls von Faschingsveranstaltungen nach Ausbruch des Golfkrieses Anfang des Jahres 1991 entstandenen beiderseitigen Verlust einseitig einer Partei aufzuerlegen. Beide diesen Entscheidungen jeweils zugrundeliegende Sachverhalte sind mit der jetzigen Fallgestaltung nur sehr eingeschränkt vergleichbar, da die betreffenden Verträge gerade nicht mehr durchgeführt wurden, während die Klägerin ihre Leistung der Gewährung des Gebrauchs an der Mietsache weiter erbringt. Ferner waren seinerzeit die jeweiligen wirtschaftlichen Folgen für die Parteien verhältnismäßig überschaubar und nicht geeignet, eine Vertragspartei in ihrer wirtschaftlichen Situation in vergleichbar schwerer Weise zu beeinträchtigen.

Die für die Beurteilung zu berücksichtigenden konkreten Umstände des Falles liegen bereits in den tatsächlichen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die Vertragsparteien einschließlich ihrer Intensität und Dauer (vgl. zur Dauer Römermann, NJW 2021, 265 ff., 268). Diese Auswirkungen beschränken sich nicht auf die angeordneten behördlichen Maßnahmen, auf die allein allerdings Art. 240 § 7 EGBGB abstellt. Denn sie beruhen nicht nur auf den jeweiligen behördlichen Entscheidungen, sondern sie stellen vielmehr ihrerseits eine Reaktion auf die Pandemie dar, die ein Tätigkeitwerden der zuständigen Stellen erzwingt. Denn der Staat hat die ureigene Aufgabe und Pflicht, zum Schutz der Bevölkerung und des Staates Strategien zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie zu entwickeln und durch entsprechende Anordnungen umzusetzen. Die von den Parteien nicht vorausgesehene Pandemie wirkt sich aber darüber hinaus auch in einer erheblichen Veränderung des Verhaltens der Bevölkerung aus, die zum Schutz der eigenen Gesundheit geboten ist, aber lediglich auf behördlichen oder wissenschaftlichen Verhaltensempfehlungen veranlasst ist (vgl. Streyl, NZM 2020, 817 ff., 822; für eine Differenzierung LG München I, Urteil vom 12.2.2021 - 31 O 11516/20, zit. nach juris; LG München II, Urteil vom 28.1.2021 - 1 O 2773/20, zit. nach juris; Saxinger, ZMR 2020, 1002 ff., 1007). Eine Unterscheidung zwischen freiwilligem und erzwungenem Verhalten der Bevölkerung erscheint vor diesem Hintergrund als wenig relevant.

In zeitlicher Hinsicht beginnt die Situation, welche möglicherweise eine Unzumutbarkeit des Festhaltens am bestehenden Vertrag begründet, jedenfalls bereits mit Wirkung der behördlichen Beschränkungen, auch wenn ein Unternehmen üblicherweise kurzfristige Umsatzausfälle grundsätzlich verkraften muss. Denn von Beginn an war deutlich, dass die COVID-19-Pandemie, die zunächst mangels medizinischer Möglichkeiten außer durch Kontaktbeschränkungen selbst nicht einzuschränken war, über längere Zeit hin zu derartigen erheblichen Beeinträchtigungen führen würde. Das zeitliche Verhältnis zwischen dem streitgegenständlichen Zeitraum der Beeinträchtigungen und der Gesamtlaufzeit des Mietvertrages stellt allerdings an sich regelmäßig kein taugliches Kriterium für die Unzumutbarkeit des Festhaltens am bestehenden Vertrag dar.

In die Abwägung miteinzubeziehen sind sodann bereits die konkreten Bedingungen des Vertrages und deren Auswirkungen auf die Situation der Vertragsparteien wie die Laufzeit des Vertrages, die Miethöhe, etwaige Kündigungsmöglichkeiten sowie die rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten für den Mieter, das Mietobjekt in der maßgebenden Zeit in geänderter Weise zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs weiterzunutzen. Dabei dürfen allerdings hinsichtlich einer geänderten Nutzung keine zu hohen Anforderungen an den Mieter gestellt werden. Eine anderweitige Nutzung des Mietobjekts einschließlich einer Untervermietung kann nur dann gefordert werden, wenn dies auch kurzfristig sinnvoll umsetzbar ist und wenn der mit einer solchen Maßnahme zu bewältigende Zeitraum eine solche andere Nutzung sinnvoll gestattet. Entsprechendes gilt für die Möglichkeit einer betrieblichen Umstrukturierung, das Finden anderer Vertriebswerte oder für etwaige Marketingmaßnahmen.

Ferner können die konkreten wirtschaftlichen Folgen der Einschränkungen für den Mieter von Bedeutung sein, also insbesondere das Maß seiner Liquidität oder Kreditfähigkeit, auch bezogen auf die Dauer und das Maß der Einschränkungen, sowie die etwaige Möglichkeit, Nachholeffekte zu nutzen. Dabei ist allerdings der Umstand, dass die Beklagte selbst während der bestehenden Einschränkungen für ihren Geschäftsbetrieb dessen Öffnungszeiten einschränkte, nicht zu ihren Lasten zu werten, da dies eine unternehmerische Entscheidung in der besonderen Situation war, die nicht ohne weiteres zu beanstanden ist. Hingegen kann auch zu berücksichtigen sein, ob der Mieter mehrere Filialen eines Geschäfts betreibt oder Teil eines Konzernverbundes ist, wenn dies in sachgerechter Weise zur Beurteilung der Zumutbarkeit für den Mieter beiträgt und nicht in sachwidriger Weise ermöglicht, die Verhältnisse anderer Filialen oder Unternehmen in die Beurteilung einzubeziehen (vgl. LG München I, Urteil vom 12.2.2021 - 31 O 11516/20, zit. nach juris; vgl. auch Drasdo, NJW-Spezial 2021, 33 f.). Für die Bewertung relevant ist auch die Frage, ob der Mieter über eine einstandspflichtige Betriebsausfallversicherung verfügt, ob er öffentliche Förderungen erhalten oder einen verhältnismäßig kurzfristig zu realisierenden Anspruch hierauf hat und gegebenenfalls in welcher Höhe (vgl. LG München I, Urteil vom 12.2.2021 - 31 O 11516/20, zit. nach juris; Häublein/Müller, NZM 2020, 481 ff., 488 ff.; Zehelein, NZM 2020, 390 ff., 401; a.M. Römermann, NJW 2021, 265 ff., 268). Die Beklagte behauptet, keine Förderung erhalten zu haben und aufgrund der Größe ihres Unternehmens auch nicht erhalten zu können. Für das Corona-Soforthilfe-Programm des Bundes waren nur kleine Unternehmen mit bis zu zehn Beschäftigten antragsberechtigt. Für die nachfolgende Überbrückungshilfe I, ein Bundesprogramm zur Erstattung der betrieblichen Fixkosten bei Corona-bedingten Umsatzausfällen, waren allein kleine und mittlere Unternehmen zugelassen, die von den drei Kriterien 43 Mio. Euro Bilanzsumme, 50 Mio. Euro Umsatzerlös oder 249 Beschäftigte im Jahresdurchschnitt höchstens eines überschritten. Hierunter fällt die Beklagte nicht. Die Klägerin hat eine konkrete mögliche öffentliche Fördermaßnahme, welche die Beklagte hätte in Anspruch nehmen können, auch nicht genannt. Bei der Beurteilung sind ferner etwaige weitere den Mieter entlastende Maßnahmen wie Kurzarbeit zu berücksichtigen, wobei zu beachten ist, dass es sich hierbei nicht um eine öffentliche Förderung handelt, sondern um eine durch Beiträge finanzierte Entgeltersatzleistung aus der Arbeitslosenversicherung.

Bei der Betrachtung etwaiger öffentlicher Förderungen ist allerdings auch der Aspekt zu berücksichtigen, dass jede Verlagerung des Pandemierisikos auf den Vermieter im Ergebnis wiederum die öffentliche Hand entlastet (vgl. hierzu Römermann, NJW 2021, 265 ff., 268). Bei der COVID-19-Pandemie handelt es sich um eine ganz außergewöhnliche allgemeine gesellschaftliche bzw. wirtschaftliche Notlage des gesamten Staates. In dieser Lage werden durch die zum Schutz der Bevölkerung ergriffenen Maßnahmen einzelne Unternehmen und Personen ganz besonders belastet, ohne dass sie oder ihre Tätigkeit dies spezifisch herausgefordert hätten. Wirtschaftlich betrachtet beruht es vielmehr auf Zufall, welcher Geschäftsbetrieb durch die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie betroffen ist und in welchem Maße. Es wäre grundsätzlich Aufgabe der Allgemeinheit, diese spezifischen Lasten einzelner auszugleichen und damit die Lasten in der Gesamtbevölkerung soweit wirtschaftlich möglich anteilig zu tragen. Das Zivilrecht ist weder dazu berufen noch in der Lage einen gesamtgesellschaftlichen Lastenausgleich herzustellen, sondern regelt grundsätzlich nur die Beziehung einzelner zueinander (vgl. Streyl, NZM 2020, 817 ff., 822, m.w.N.). Dementsprechend ist es auch nicht ursprüngliche Aufgabe der Vermieter, spezifisch einen Teil der gesamtgesellschaftlichen Lasten der Pandemie zu tragen.

In gleicher Weise stellt sich die Frage, warum der Vermieter an den Folgen der Pandemie für den Mieter teilhaben soll, nicht aber auch andere Vertragspartner eines Mieters, bei deren Geschäftsbeziehungen zu dem Mieter sich die Folgen der Pandemie auch, möglicherweise in anderer Weise, auswirken können. So können auch Leistungen anderer Vertragspartner, beispielsweise zum Betrieb des Mietobjekts oder bezogen auf den erfolgten Einkauf von Saisonware, die wegen der behördlichen Schließungen nicht hinreichend verkauft werden kann, ihren subjektiven Wert für den Mieter verlieren oder in ihm wesentlich herabgesetzt sein. Auch die Beklagte hat vorgetragen, die vertraglich vereinbarte Miete unter anderem deshalb nicht aufbringen zu können, weil sie laufend andere Vertragspartner wegen deren fortdauernder Leistungen zu bedienen habe. Lohn-, Overhead, Marketing- und Warenkosten bestünden unverändert. Dieser zu beachtende Aspekt der Risikozuweisung möglicherweise auch an Dritte hindert aber eine Anpassung des unmittelbar durch die Folgen der Pandemie betroffenen Vertrages zu Gunsten des Mieters nicht. Diese Erwägungen sind lediglich in die Gesamtbetrachtung einzubeziehen.

Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit eines Festhaltens am unveränderten Vertrag sind vorrangig die tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse der Mieterin zu berücksichtigen, auch, aber nicht in gleicher Weise entscheidend erscheint dabei eine Bewertung, ob und inwiefern ein Mieter eine negative wirtschaftliche Situation selbst zu vertreten hat. Nicht von Bedeutung ist, welche vorbeugenden Maßnahmen der Mieter hätte ergreifen können, wenn er die Pandemie vorausgesehen hätte, die er aber nicht hätte ergreifen müssen beispielsweise gesetzlich nicht geforderte Rücklagen zu bilden (zweifelhaft daher die Entscheidung des LG München I, Urteil vom 25.1.2021 - 31 O 7743/20, NZM 2021, 194 ff., die zu Lasten der Mieterin eine hypothetische Rücklage angerechnet hat, kritische Anm. von Discher/Adler, ZfIR 2021, 126 ff.; Drasdo, NJW-Spezial 2021, 97 f.; ebenso OLG München, Beschluss vom 17.2.2021 - 32 U 6358/20, zit. nach juris; LG München I, Urteil vom 12.2.2021 - 31 O 11516/20, zit. nach juris) oder eine Betriebsausfallversicherung abzuschließen, wenn dies nicht vertraglich vereinbart ist. Eine Pflicht zur vorsorglichen finanziellen Absicherung folgt auch nicht aus der Erwägung, dass ein Zahlungsschuldner grundsätzlich verschuldensunabhängig für seine eigene Zahlungsfähigkeit und deren Erhaltung haftet. Dabei ist auch insoweit zu berücksichtigen, dass der Mieter vorsorgliche Absicherungen auch im Rahmen von anderen, mit Dritten begründeten Vertragsverhältnissen bilden müsste, um einer vergleichbaren Problematik auch gegenüber seinen anderen Vertragspartnern vorzubeugen.

Bei der Betrachtung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Beklagten als Mieterin erscheint es als für die mögliche Annahme einer Unzumutbarkeit des Festhaltens am bestehenden Vertrag nicht zwingend erforderlich, dass sie in ihrer wirtschaftlichen Existenz tatsächlich gefährdet ist (ebenso OLG München, Beschluss vom 17.2.2021 - 32 U 6358/20, zit. nach juris; LG München I, Urteil vom 12.2.2021 - 31 O 11516/20, zit. nach juris; LG München I, Urteil vom 25.1.2021 - 31 O 7743/20, NZM 2021, 194 ff.; Streyl, NZM 2020, 817 ff., 824; Römermann, NJW 2021, 265 ff.; vgl. auch BGH, Urteil vom 23.10.2019 - XII ZR 125/18, NJW 2020, 331 ff.; BGH, Urteil vom 13.12.1995 - XII ZR 185/93, ZMR 1996, 309 ff., in welchem der BGH jedenfalls für eine vorzeitige Beendigung eines Mietvertrages "eine unvorhergesehene Entwicklung mit unter Umständen existentiell bedeutsamen Folgen für eine Partei" als "extremen Ausnahmefall" fordert; OLG Karlsruhe Urteil vom 24.2.2021 - 7 U 109/20, zit. nach juris; vgl. auch Hübner, ZfIR 2020, 729 ff., der eine Regelung des Gesetzgebers zur Risikoverteilung fordert; anders aber anscheinend Saxinger, ZMR 2020, 1002 ff., 1007).

Zu berücksichtigen sind zudem auch die Verhältnisse der Klägerin als Vermieterin. Insoweit kann in Betracht kommen, dass auch ein Vermieter die regelmäßigen Mieteinnahmen zur Erfüllung der eigenen Verbindlichkeiten benötigt, beispielsweise Verbindlichkeiten aus einem zur Finanzierung des Anwesens abgeschlossenen Darlehensvertrages. Dabei ist allerdings zu beachten, dass ein Vermieter infolge des Begehrens des Mieters nach Herabsetzung der Miete unter Umständen gezwungen wäre, seine eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse diesem gegenüber offenzulegen.

Das Erfordernis der Berücksichtigung der wirtschaftlichen Folgen für Mieter- und Vermieterseite wird bestätigt durch die Regelung in Art. 240 § 1 EGBGB, in welcher die Beachtung vergleichbare Kriterien gefordert ist. In den Absätzen 1 und 2 stellt die Regelung unter anderem darauf ab, ob einem Unternehmen die Erbringung der Leistung ohne Gefährdung der wirtschaftlichen Grundlagen seines Erwerbsbetriebs nicht möglich wäre. Absatz 3 stellt in vergleichbarer Weise auf die Belange des Gläubigers ab, nämlich ob die Ausübung des Leistungsverweigerungsrechts durch den Schuldner für ihn seinerseits unzumutbar ist, da die Nichterbringung der Leistung die wirtschaftliche Grundlage seines Erwerbsbetriebs gefährden würde.

Bei der rechtlichen Würdigung ist zu beachten, dass trotz der COVID-19-Pandemie das bestehende Mietverhältnis grundsätzlich auch weiterhin entsprechend der vereinbarten Laufzeit weitergeführt werden kann. Beeinträchtigt ist es allein durch die infolge der temporären Einschränkungen für den Geschäftsbetrieb eintretenden Nachteile, deren Fortdauer allerdings aufgrund der besonderen Schwierigkeit der Pandemielage und der Weiterentwicklung des Virus SARS CoV 2 auch weiterhin nicht abgeschätzt werden kann. Heranzuziehende, vom Bundesgerichtshof entschiedene Fallgestaltungen, in welchen er die Anpassung eines Mietvertrages wegen Störung der Geschäftsgrundlage bejahte, betrafen demgegenüber Sachverhalte, in denen wegen einer wesentlichen Änderung der vertragswichtigen Umstände durch behördliche Maßnahmen die Durchführung des Vertrages von vorneherein insgesamt infrage gestellt war (vgl. BGH, Urteil vom 13.12.1995 -- XII ZR 185/93, ZMR 1996, 309 ff.; BGH, Urteil vom 7.7.1971 - VIII ZR 10/70, WM 1971, 1300 ff.; Urteil vom 11.2.1958 - VIII ZR 12/57, NJW 1958, 785). Teilweise hatte der Mieter erhebliche eigene Investitionen in die Mietsache zu leisten. Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung sowie weiterer einschlägiger Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 16.2.2000 - XII ZR 279/97, NJW 2000, 1714 ff.; Urteil vom 23.10.2019 - XII ZR 125/18, NJW 2000, 331 ff.) setzt eine Anpassung des Mietvertrages zwar nicht notwendig eine drohende Existenzgefährdung des Mieters voraus, aber doch ganz erhebliche konkrete Gründe, die für ihn unter den Bedingungen der Pandemie ein Festhalten am bestehenden Vertrag als unzumutbar erscheinen lassen.

Eine andere Wertung ergibt sich auch nicht daraus, dass die Berücksichtigung der Gesamtumstände zur Prüfung der Voraussetzungen einer Vertragsanpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage zur Folge hat, dass sie für die Praxis nur schwer handhabbar ist und die Parteien häufig veranlassen wird, eine gerichtliche Entscheidung anzustreben. Ein solches Vorgehen wird trotz des Vorrang- und Beschleunigungsgebots in dem zum 31.12.2020 in Kraft getretenen § 44 EGZPO - anders als dies im Falle eines Ausgleichs der Lasten eines Mieters durch die öffentliche Hand sein könnte - regelmäßig erhebliche Zeit in Anspruch nehmen. Dies gilt erst recht, wenn für die Entscheidung des Gerichts eine Beweisaufnahme erforderlich ist oder die Parteien mehrere Gerichtsinstanzen in Anspruch nehmen, was in der besonderen Situation der COVID-19-Pandemie zu einer zusätzlichen Belastung insbesondere der Mieterseite führen wird. Dennoch ändern diese Erwägungen nichts an den bestehenden gesetzlichen Voraussetzungen einer Vertragsanpassung.

In einem Urkundenverfahren können die Einwände der Beklagten, die eine schematische Lösung nicht zulassen, demzufolge wegen der gesetzlichen Einschränkung der zulässigen Beweismittel (§ 595 Abs. 2, 3 ZPO) nicht berücksichtigt werden. Denn hierfür wäre eine Klärung des wechselseitigen Vorbringens zu den Gesamtumständen, welche die konkrete Situation der Beklagten sowie auch die der Klägerin betreffen, erforderlich, da diese jeweils bestritten sind und nicht mit den im Urkundenverfahren zulässigen Beweismitteln bewiesen werden können. Eine Berücksichtigung muss im Nachverfahren erfolgen.

Der Zinsanspruch steht der Klägerin in dem geforderten Umfang vom jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt an aus dem Gesichtspunkt des Verzuges zu (§ 280 Abs. 1, 2, § 286 Abs. 1, 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1, 2 BGB).

Die Berichtigung des Tenors erfolgt wegen offenbarer Unrichtigkeit (§ 319 ZPO).

Der Beklagten war die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren vorzubehalten, da sie dem Anspruch widersprochen hat (§ 599 Abs. 1 ZPO).

Die Beklagte hat die Kosten ihres ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision war zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Nrn. 1, 2 ZPO).

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


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#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 286 Verzug des Schuldners


#BJNR001950896BJNE027902377 (1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Z

Zivilprozessordnung - ZPO | § 711 Abwendungsbefugnis


In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e

Zivilprozessordnung - ZPO | § 540 Inhalt des Berufungsurteils


(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil1.die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,2.eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufh

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 313 Störung der Geschäftsgrundlage


(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kan

Zivilprozessordnung - ZPO | § 319 Berichtigung des Urteils


(1) Schreibfehler, Rechnungsfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die in dem Urteil vorkommen, sind jederzeit von dem Gericht auch von Amts wegen zu berichtigen. (2) Der Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, wird auf dem Urteil un

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 535 Inhalt und Hauptpflichten des Mietvertrags


(1) Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und s

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 275 Ausschluss der Leistungspflicht


#BJNR001950896BJNE026802377 (1) Der Anspruch auf Leistung ist ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist. (2) Der Schuldner kann die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtu

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 326 Befreiung von der Gegenleistung und Rücktritt beim Ausschluss der Leistungspflicht


#BJNR001950896BJNE031902377 (1) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung; bei einer Teilleistung findet § 441 Abs. 3 entsprechende Anwendung. Satz 1 gilt nicht, wenn der Schuldner im

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 536 Mietminderung bei Sach- und Rechtsmängeln


(1) Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufg

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(1) Durch den Pachtvertrag wird der Verpächter verpflichtet, dem Pächter den Gebrauch des verpachteten Gegenstands und den Genuss der Früchte, soweit sie nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft als Ertrag anzusehen sind, während der Pachtzei

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(1) Werden Tatsachen festgestellt, die zum Auftreten einer übertragbaren Krankheit führen können, oder ist anzunehmen, dass solche Tatsachen vorliegen, so trifft die zuständige Behörde die notwendigen Maßnahmen zur Abwendung der dem Einzelnen oder de

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(1) Der Mieter wird von der Entrichtung der Miete nicht dadurch befreit, dass er durch einen in seiner Person liegenden Grund an der Ausübung seines Gebrauchsrechts gehindert wird. Der Vermieter muss sich jedoch den Wert der ersparten Aufwendungen so

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(1) Werden Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt oder ergibt sich, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, so trifft die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen,

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Ein Anspruch, welcher die Zahlung einer bestimmten Geldsumme oder die Leistung einer bestimmten Menge anderer vertretbarer Sachen oder Wertpapiere zum Gegenstand hat, kann im Urkundenprozess geltend gemacht werden, wenn die sämtlichen zur Begründung

Infektionsschutzgesetz - IfSG | § 32 Erlass von Rechtsverordnungen


Die Landesregierungen werden ermächtigt, unter den Voraussetzungen, die für Maßnahmen nach den §§ 28 bis 28b und 29 bis 31 maßgebend sind, auch durch Rechtsverordnungen entsprechende Gebote und Verbote zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten zu erla

Zivilprozessordnung - ZPO | § 599 Vorbehaltsurteil


(1) Dem Beklagten, welcher dem geltend gemachten Anspruch widersprochen hat, ist in allen Fällen, in denen er verurteilt wird, die Ausführung seiner Rechte vorzubehalten. (2) Enthält das Urteil keinen Vorbehalt, so kann die Ergänzung des Urteils

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(1) Widerklagen sind nicht statthaft. (2) Als Beweismittel sind bezüglich der Echtheit oder Unechtheit einer Urkunde sowie bezüglich anderer als der im § 592 erwähnten Tatsachen nur Urkunden und Antrag auf Parteivernehmung zulässig. (3) Der U

Zivilprozessordnung - ZPO | § 598 Zurückweisung von Einwendungen


Einwendungen des Beklagten sind, wenn der dem Beklagten obliegende Beweis nicht mit den im Urkundenprozess zulässigen Beweismitteln angetreten oder mit solchen Beweismitteln nicht vollständig geführt ist, als im Urkundenprozess unstatthaft zurückzuwe

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(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

Ein Anspruch, welcher die Zahlung einer bestimmten Geldsumme oder die Leistung einer bestimmten Menge anderer vertretbarer Sachen oder Wertpapiere zum Gegenstand hat, kann im Urkundenprozess geltend gemacht werden, wenn die sämtlichen zur Begründung des Anspruchs erforderlichen Tatsachen durch Urkunden bewiesen werden können. Als ein Anspruch, welcher die Zahlung einer Geldsumme zum Gegenstand hat, gilt auch der Anspruch aus einer Hypothek, einer Grundschuld, einer Rentenschuld oder einer Schiffshypothek.

(1) Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Er hat die auf der Mietsache ruhenden Lasten zu tragen.

(2) Der Mieter ist verpflichtet, dem Vermieter die vereinbarte Miete zu entrichten.

(1) Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt außer Betracht.

(1a) Für die Dauer von drei Monaten bleibt eine Minderung der Tauglichkeit außer Betracht, soweit diese auf Grund einer Maßnahme eintritt, die einer energetischen Modernisierung nach § 555b Nummer 1 dient.

(2) Absatz 1 Satz 1 und 2 gilt auch, wenn eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder später wegfällt.

(3) Wird dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache durch das Recht eines Dritten ganz oder zum Teil entzogen, so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

(4) Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam.

*

(1) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung; bei einer Teilleistung findet § 441 Abs. 3 entsprechende Anwendung. Satz 1 gilt nicht, wenn der Schuldner im Falle der nicht vertragsgemäßen Leistung die Nacherfüllung nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu erbringen braucht.

(2) Ist der Gläubiger für den Umstand, auf Grund dessen der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten braucht, allein oder weit überwiegend verantwortlich oder tritt dieser vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit ein, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist, so behält der Schuldner den Anspruch auf die Gegenleistung. Er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Befreiung von der Leistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.

(3) Verlangt der Gläubiger nach § 285 Herausgabe des für den geschuldeten Gegenstand erlangten Ersatzes oder Abtretung des Ersatzanspruchs, so bleibt er zur Gegenleistung verpflichtet. Diese mindert sich jedoch nach Maßgabe des § 441 Abs. 3 insoweit, als der Wert des Ersatzes oder des Ersatzanspruchs hinter dem Wert der geschuldeten Leistung zurückbleibt.

(4) Soweit die nach dieser Vorschrift nicht geschuldete Gegenleistung bewirkt ist, kann das Geleistete nach den §§ 346 bis 348 zurückgefordert werden.

(5) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, kann der Gläubiger zurücktreten; auf den Rücktritt findet § 323 mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass die Fristsetzung entbehrlich ist.

*

(1) Der Anspruch auf Leistung ist ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist.

(2) Der Schuldner kann die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht. Bei der Bestimmung der dem Schuldner zuzumutenden Anstrengungen ist auch zu berücksichtigen, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat.

(3) Der Schuldner kann die Leistung ferner verweigern, wenn er die Leistung persönlich zu erbringen hat und sie ihm unter Abwägung des seiner Leistung entgegenstehenden Hindernisses mit dem Leistungsinteresse des Gläubigers nicht zugemutet werden kann.

(4) Die Rechte des Gläubigers bestimmen sich nach den §§ 280, 283 bis 285, 311a und 326.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

Landgericht München II

 

Az.: 13 O 2044/20

Urteil vom 06.10.2020

 

Tenor
 

1.Das Anerkenntnis- und Vorbehaltsurteil vom 29.07.2020 wird unter Wegfall des Vorbehalts aufrechterhalten.
 
2.Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
 
3.Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.  


Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung von Geschäftsraummiete.

Die Klägerin vermietet an die Beklagte aufgrund Mietvertrages vom 23./27.04.2009, der durch einen Nachtrag vom 11.12.2009/07.01.2010 ergänzt wurde, Geschäftsräume im Anwesen A. Straße XX in … Der monatliche Mietzins beträgt 4.649,40 € netto zuzüglich 190 € Betriebskostenvorauszahlung und Umsatzsteuer in Höhe von 19%. Insgesamt beläuft sich der danach monatlich zu zahlende Betrag auf 5.758,89 €. Für die Einzelheiten des Mietvertrages wird auf die Anlagen K 1 und K 2 Bezug genommen. Die Beklagte betreibt in den Mieträumen ein Einzelhandelsgeschäft, in welchem vor allem Textilien verkauft werden.

Mit Allgemeinverfügung vom 16.03.2020, Aktz.: 51b-G8000-2020/122-67, ordneten die Bayerischen Staatsministerien für Gesundheit und Pflege und für Familie, Arbeit und Soziales vor dem Hintergrund der Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus unter anderem die Schließung von Einzelhandelsgeschäften jeder Art in Bayern an, soweit sie nicht einer Ausnahmeregelung in Ziffer 4 der Allgemeinverfügung unterfielen. Das Einzelhandelsgeschäft der Beklagten wurde von der Ausnahmeregelung nicht erfasst. Die Beklagte musste daher ihr Geschäft im Anwesen A. Straße XX in … am 18.03.2020 schließen. Im Anschluss an die bis 31.03.2020 befristete Allgemeinverfügung ordneten die 1. Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vom 27.03.2020 in § 2 Abs. 4 und sodann die 2. Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vom 16.04.2020 in § 2 Abs. 4 und 5 eine grundsätzlich fortdauernde Betriebsuntersagung für Einzelhandelsgeschäfte in Bayern an, welche auch das Einzelhandelsgeschäft der Beklagten erfasste. Die Beklagte konnte ihr Geschäft erst wieder am 27.04.2020 öffnen, musste aber strenge Auflagen zur Durchführung von Hygienemaßnahmen einhalten.

Die Beklagte hat die Miete und den Betriebskostenvorschuss für den Monat April 2020 nicht gezahlt.

Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte sei unbeschadet der SARS-CoV-2 Pandemie und der damit verbunden Auswirkungen, namentlich der Betriebsschließung des Einzelhandelsgeschäfts der Beklagten in der Zeit vom 18.03.2020 bis 27.04.2020, zur Zahlung der Miete verpflichtet. Das mit der Nutzung der Mietsache verbundene wirtschaftliche Risiko liege bei der Beklagten.

Die Klägerin hat mit Klageschrift vom 28.05.2020, bei Gericht eingegangen am 29.05.2020, und an die Beklagte zugestellt am 19.06.2020 Klage im Urkundsprozess erhoben.

Die Klägerin beantragte ursprünglich, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 5.758,89 € nebst Zinsen in Höhe von 9%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 08.04.2020 zu zahlen.

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 17.07.2020 den Anspruch der Klägerin im Urkundsverfahren anerkannt, sich aber die Geltendmachung von Rechten im Nachverfahren vorbehalten.

Das Landgericht München II hat die Beklagte durch Anerkenntnis- und Vorbehaltsurteil vom 29.07.2020 dem Anerkenntnis gemäß verurteilt.

Mit Schriftsatz vom 03.08.2020 beantragte die Beklagte das Nachverfahren durchzuführen. Im Nachverfahren beantragt die Beklagte, das Anerkenntnis-Vorbehaltsurteil vom 29.07.2020 aufzuheben und die Klage abzuweisen. Mit der Miete für Monat März 2020 hat sie, soweit sie auf den Zeitraum der Schließung entfiel, hilfsweise die Aufrechnung erklärt.

Die Beklagte trägt vor, sie sei durch die wegen der SARS-CoV-2 Pandemie angeordneten Schließungen ihrer Geschäfte in eine wirtschaftlich kaum noch zu beherrschende Situation geraten. Die Beklagte habe im Monat März 2020 einen Umsatzrückgang von 47,68% und im April 2020 von 78,56% erlitten. Die Schließung ihrer Filialen habe zu einer ganz erheblichen Liquiditätslücke geführt, so dass eine Mietzahlung im April 2020 nicht möglich gewesen sei. Im Bereich des Onlinehandels der Beklagten sei es nicht zu einem Umsatzanstieg gekommen. Die Beklagte habe, von Kurzarbeitergeld abgesehen, keine staatlichen Hilfen erhalten.

Die Beklagte ist der Auffassung, das Auftreten der Covid-19 Pandemie und die damit verbunden wirtschaftlichen Auswirkungen berechtigten sie zu einer Minderung des Mietzinses wegen eines Mangels, bedingten aber jedenfalls eine Anpassung des Mietvertrages unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage. Es liege auch eine rechtliche Unmöglichkeit hinsichtlich der Pflicht zur Überlassung der Mietsache vor. In der Folge all dessen entfalle die Verpflichtung zur Mietzinszahlung.

Die Klägerin beantragt im Nachverfahren, das Anerkenntnis-Vorbehaltsurteil im Urkundsprozess des Landgerichts München II vom 29.07.2020 für vorbehaltlos zu erklären. Weiter beantragte die Klägerin im Hinblick auf die Miete für den Monat Mai 2020, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 5.758,89 € nebst Zinsen in Höhe von 9%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.05.2020 zu zahlen.

Zur Begründung der Klageerweiterung führte die Klägerin aus, dass die Beklagte die Miete für den Monat Mai 2020 nur unter Vorbehalt der Rückforderung ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht gezahlt habe, so dass der Zahlung keine Erfüllungswirkung zukomme.

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 11.09.2020 den Vorbehalt der Rückforderung bezüglich der Miete für den Monat Mai 2020 zurückgenommen. Die Parteien haben den Rechtsstreit im Hinblick auf die Miete für den Monat Mai 2020 übereinstimmend für erledigt erklärt.

Das Landgericht München II hat am 22.09.2020 mündlich zur Sache verhandelt. Im Übrigen wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteivertreter nebst Anlagen Bezug genommen.


Entscheidungsgründe


Die zulässige Klage ist vollumfänglich begründet. Das Vorbehaltsurteil vom 29.07.2020 war daher für vorbehaltlos zu erklären.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Mietzins in Höhe von 5.758,89 € aus dem zwischen den Parteien bestehenden Mietvertrag in Verbindung mit § 535 Abs. 2 BGB.

Die Verpflichtung zur Mietzinszahlung ist nicht nach § 536 Abs. 1 BGB entfallen. Das Auftreten der SARS-CoV-2 Pandemie und die in der Folge der Pandemie durch die Allgemeinverfügung und die Infektionsschutzmaßnahmenverordnungen der Bayerischen Staatsministerien für Familie, Arbeit und Soziales bzw. für Gesundheit und Pflege bedingte Schließung des Ladengeschäfts der Beklagten führen nicht zu einer Mangelhaftigkeit der Mietsache. Zwar können auch behördliche und gesetzliche Anordnungen als aus dem Umfeld der Mietsache stammende Einwirkungen die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache beeinträchtigen. Sie führen jedoch nur dann zu einem Mangel im Sinne des § 536 Abs. 1 BGB, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang mit der Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage der Mietsache vorliegt. Sonstige behördliche oder gesetzliche Maßnahmen, die die Nutzbarkeit der Mietsache und den wirtschaftlichen Erfolg des Mieters beeinträchtigen, fallen in den Risikobereich des Mieters (Häublein, in MüKo, BGB, 8. Aufl. 2020, § 536 Rn. 24 f.; BGH NJW 2011, 3151). Das Auftreten der SARS-CoV-2 Pandemie steht in keinem Zusammenhang mit dem Mietobjekt. Die in der Folge ergriffenen behördlichen Maßnahmen und erlassenen Rechtsverordnungen dienten dem Schutz der Gesamtbevölkerung vor Ansteckung und sollten einer Überlastung des Gesundheitswesens durch stark steigende Fallzahlen mit Covid-19 Erkrankungen entgegenwirken. Die Anordnung der Schließung von Einzelhandelsgeschäften, die als eine von zahlreichen Maßnahmen dem Ziel diente, das Zusammentreffen von Menschen zu beschränken, erfasste ganz Bayern. Daher stehen diese allgemeinen Maßnahmen zum Gesundheitsschutz nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage der Mietsache (vgl. auch LG Heidelberg, Urteil vom 30.07.2020, 5 O 66/20).

Die Verpflichtung zur Mietzinszahlung ist auch nicht nach §§ 326 Abs. 1, 275 Abs. 1 BGB entfallen. Die Hauptleistungspflicht der Klägerin als Vermieterin besteht in der Überlassung der Mietsache zum bestimmungsgemäßen Gebrauch. Diese Pflicht hat die Klägerin unstreitig erfüllt. Eine Unmöglichkeit der Leistungserbringung liegt daher nicht vor. Es bestand aber auch keine rechtliche Unmöglichkeit. Die rechtliche Unmöglichkeit setzt voraus, dass der vertraglich geschuldete Erfolg nicht eintreten kann, weil ihn die Rechtsordnung nicht anerkennt oder aber der Schuldner aus rechtlichen Gründen nicht leisten darf (Ernst, in MüKo BGB, 8. Aufl. 2019, § 275 Rn. 41 f.). Beide Fälle liegen erkennbar nicht vor. Die mietvertragliche Überlassung von Gewerberäumen zum Betrieb eines Handelsunternehmens ist in der Rechtsordnung ohne weiteres anerkannt. Die Vermietung der Klägerin an die Beklagte verstößt auch nicht gegen ein gesetzliches Verbot. Das Risiko die Mietsache dem Betriebskonzept gemäß nutzen zu können, liegt nach § 537 Abs. 1 BGB beim Vermieter (vgl. auch LG Heidelberg, Urteil vom 30.07.2020, 5 O 66/20).

Eine Anpassung des Mietvertrages nach § 313 Abs. 1 BGB, die zu einer Reduzierung oder gar dem Wegfall der Mietzinszahlungspflicht führen könnte, ist nicht vorzunehmen. Dabei kann dahinstehen, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage überhaupt erfüllt sind. Denn die Vorschrift des § 313 BGB ist im vorliegenden Fall nicht anzuwenden. Nach § 537 Abs. 1 BGB liegt das Risiko die in mangelfreiem Zustand überlassene Mietsache den eigenen wirtschaftlichen Zwecken gemäß verwenden zu können beim Mieter. Hierunter fällt auch, dass es dem Mieter gelingt, sein Betriebskonzept umzusetzen, dass prognostizierte Kunden- und Umsatzzahlen erreicht werden und dass er Gewinn erzielt (Finkenauer, in MüKo BGB, 8. Aufl. 2019, § 313 Rn. 223 m.w.N.; BGH NJW 2006, 899). Zwar könnte etwas anderes gelten, wenn durch unvorhergesehene Umstände der Geschäftsbetrieb dauerhaft nicht aufrechterhalten werden kann und dadurch der Mieter in eine wirtschaftliche Notlage gerät. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Die Beklagte musste ihr Geschäft für die Dauer von circa fünf Wochen schließen. Hierbei handelt es sich um einen, insbesondere angesichts des seit 2009 laufenden langfristigen Mietvertrages, überschaubaren Zeitraum. Die Schließung erfolgte nur vorübergehend. Der Geschäftsbetrieb kann seit dem 27.04.2020 wieder betrieben werden. Zwar führen die erforderlichen Hygienemaßnahmen zu einem zusätzlichen Aufwand und es mag nach der Wiedereröffnung eine Kaufzurückhaltung beim Publikum zu beobachten sein. Vor dem Hintergrund der hier vorliegenden langfristigen Vermietung ist es aber geboten, die wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Äquivalenz der vertraglichen Leistung und Gegenleistung ebenfalls längerfristig zu betrachten. Danach ist festzustellen, dass ein Umsatzausfall über fünf Wochen bei der Betrachtung der mehrjährigen wirtschaftlichen Entwicklung, die von der konjunkturellen Entwicklung, der Entwicklung des Kundenzuspruchs, der Entwicklung der Wettbewerbssituation und der Entwicklung des Stadtteils, in dem sich das Geschäft befindet, abhängig ist, nicht erheblich ins Gewicht fällt. Hinzu kommt, dass durch die gesetzlichen Regelungen zum Kurarbeitergeld die Lohnkosten der Beklagten in erheblichem Umfang ausgeglichen werden. Die besondere wirtschaftliche Belastung der Beklagten liegt darin, dass nicht nur das streitgegenständliche Ladengeschäft, sondern alle Filialen der Beklagten in Deutschland in etwa zeitgleich schließen mussten und dadurch in der Summe hohe Umsatzausfälle zu verzeichnen waren. Hierbei handelt es sich aber um einen Umstand, der nicht mit der hier streitgegenständlichen Vertragsbeziehung im Zusammenhang steht und dementsprechend auch nicht zur Geschäftsgrundlage des zwischen den Parteien bestehenden Mietvertrages gehört. Daher kommt es auch nicht in Betracht die Klägerin an diesen wirtschaftlichen Kosten der Beklagten, etwa durch eine Absenkung des Mietzinses zu beteiligen.

Die Vorschrift des § 313 BGB ist aber auch deshalb nicht anzuwenden, weil der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19 Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vom 27.03.2020 (BGBBl. I 2020, S. 569) in Artikel 240 EGBGB eine gesetzliche Regelung geschaffen hat, welche vor dem Hintergrund der Pandemie gezielt einzelne Normen des BGB mit dem Ziel einer Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie abgeändert bzw. ergänzt hat. In Artikel 240 § 2 EGBGB hat der Gesetzgeber einzelne mietvertragliche Regelungen aufgenommen, welche nach Artikel 240 § 1 Abs. 4 Nr. 1 EGBGB abschließend sind. Es handelt sich hier um eine spezielle Gesetzesnorm, welche die Folgen der Pandemie für Miet- und Pachtverträge vorrangig regelt und entgegenstehende mietvertragliche Normen ebenso verdrängt, wie die Normen des allgemeinen Schuldrechts zu denen § 313 BGB gehört. Dass es sich bei Artikel 240 EGBGB um eine besondere und vorrangige Regelung handeln soll, ist in Abschnitt B. Ziffer 1. der Begründung des Gesetzentwurfes vom 24.03.2020 (BT-Drucks. 19/18110) festgehalten. Artikel 240 § 2 EGBGB sieht vor, dass ein Vermieter von Grundstücken und Räumen das Mietverhältnis nicht allein aus dem Grund kündigen darf, weil der Mieter mit der Mietzinszahlung für den Zeitraum 01.04.2020 bis 30.06.2020 in Verzug gerät. Eine Reduzierung der Miete im Hinblick auf die nach § 535 Abs. 2 BGB bestehende Pflicht zur Mietzinszahlung sieht Artikel 240 § 2 EGBGB dagegen nicht vor. In Abschnitt B. Ziffer 1. der Begründung des Gesetzentwurfes vom 24.03.2020 heißt es ausdrücklich, dass die Pflicht zur Zahlung der Miete bestehen bleibt. Ausweislich des Berichts des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz vom 25.03.2020 (BT-Drucks. 19/18158) hat die Fraktion Die Linke zum Ausdruck gebracht, dass es vorzugswürdig wäre, würde Mietern ein Teil der Miete erlassen (BT-Drucks. 19/18158, S. 3). Diese Anregung hat jedoch keinen Eingang in das Gesetz gefunden. Vor diesem Hintergrund ist festzustellen, dass Artikel 240 § 2 EGBGB nicht nur die Pflicht zur vollständigen Mietzinszahlung unberührt lässt. Vielmehr hat der Gesetzgeber bewusst auch keine Regelung zur Reduzierung der Mietzahlung aufgenommen, weil er an der Pflicht zur vollständigen Mietzahlung festhalten wollte. Eine Reduzierung des vertraglich geschuldeten Mietzinses unter Rückgriff auf § 313 BGB kommt angesichts des eindeutigen Willens des Gesetzgebers nicht in Betracht.

Die Beklagte war vor diesem Hintergrund auch verpflichtet, die Miete für den Monat März 2020 unbeschadet der Schließung ab dem 18.03.2020 zu bezahlen. Ein Rückforderungsanspruch der Beklagten bestand insoweit nicht. Die hilfsweise erklärte Aufrechnung geht damit ins Leere.

Die Miete ist nach § 3 des Mietvertrages monatlich im Voraus bis zum 5. Tag des Monats zu zahlen. Hierbei handelt es sich um eine nach dem Kalender bestimmte Zeit, wonach die Aprilmiete am 05.04.2020 zu zahlen war. Die Beklagte befand sich daher ab dem 06.04.2020 mit der Mietzinszahlung nach § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB in Verzug, weshalb sie ab diesem Zeitpunkt nach § 288 BGB die Zahlung von Verzugszinsen schuldet.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91 Abs. 1, 91a ZPO. Die Beklagte ist vollumfänglich unterlegen. Die Beklagte wäre auch im Hinblick auf die von der Klägerin für Monat Mai 2020 eingeklagte Miete unterlegen gewesen, hätten die Parteien den Rechtsstreit nicht insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt. Die Beklagte war für Mai 2020 zur Zahlung der Miete nebst des Betriebskostenvorschusses verpflichtet. Die Zahlung unter Vorbehalt der Rückforderung führte nicht zur Erfüllung der Schuld nach § 362 Abs. 1 BGB (BGH vom 15.03.2012, Aktz.: IX ZR 34/11).

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

Oberlandesgericht Dresden


Urteil vom 24.02.2021


Az.: 5 U 1782/20


In dem Rechtsstreit


X. Grundstücksverwaltung GmbH & Co. KG, ...
vertreten durch die Komplementärin X. Grundstücksverwaltung Beteiligungs GmbH
diese vertreten durch den Geschäftsführer ...
- Klägerin und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwaltskanzlei ...


gegen


Y. GmbH, ...
vertreten durch die Geschäftsführer ...
- Beklagte und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigte:
... Rechtsanwälte PartG mbB, ...


wegen Mietzinsforderung


hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden durch
Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht PD Dr. Dr. K.,
Richterin am Oberlandesgericht K. und
Richter am Oberlandesgericht K.
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24.02.2021
für Recht erkannt:

Tenor:


I. Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz vom 26.08.2020 (4 O 639/20) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.720,09 € zuzüglich Zinsen daraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.04.2020 und 272,00 € vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen daraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.06.2020 zu bezahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 1/3 und die Beklagte 2/3 zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckten Betrages leistet.

II. Die Revision wird zugelassen.

Gründe:


Die zulässige Berufung hat teilweise Erfolg.

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung der Miete des Monats April 2020 für die auf dem Grundstück ... Straße ... in xxx befindlichen Gebäude und Parkplätze mit einer Nutzfläche von ca. 1.150 m² in Anspruch, die die Beklagte zum Betrieb eines Textileinzelhandels angemietet hat.

Die Parteien schlossen am 13./26.09.2013 einen Mietvertrag über die auf dem Grundstück ... Straße ... in xxx befindlichen Gebäude und Parkplätze. Das Mietverhältnis begann am 01.01.2014 und wurde für die Dauer von 10 Jahren fest abgeschlossen, mit einer Verlängerungsklausel und einer zweimaligen Option der Beklagten als Mieterin zur Verlängerung des Mietverhältnisses jeweils um drei Jahre. Die Vermietung erfolgte "ausschließlich zu gewerblichen Zwecken zur Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts für Textilien aller Art, sowie Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs." Seit dem 01.01.2019 beträgt die monatliche Bruttomiete 7.854,00 € und ist spätestens bis zum 5. des Monats auf das im Vertrag angegebene Bankkonto der Klägerin zu bezahlen. Neben der Miete trägt die Beklagte als Mieterin im Vertrag näher umschriebene Nebenkosten. Eine Nebenkostenvorauszahlung wurde nicht vereinbart. In § 1 Nr. 2 des Mietvertrages wurde geregelt: "Der Vermieter übernimmt keine Gewähr dafür, dass etwaige erforderliche behördliche Genehmigungen für die Nutzung der Mieträume durch den Mieter erteilt werden, soweit die Genehmigungen nicht aus Gründen versagt werden, die ausschließlich auf der Beschaffenheit oder Lage des Mietobjektes beruhen. Der Mieter trägt die Kosten der Erfüllung behördlicher Auflagen, die sich aus seiner Person oder der Nutzungsart der Mieträume ergeben, ausgenommen sind die brandschutztechnischen Bestimmungen sowie die Arbeitsrichtlinien."

Aufgrund des sich verbreitenden SARS-CoV-2-Virus (Corona-Pandemie) erließ das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt am 18.03.2020 auf der Grundlage von § 28 Abs. 1 IfSG die "Allgemeinverfügung Vollzug des Infektionsschutzgesetzes Maßnahmen anlässlich der Corona-Pandemie Verbot von Veranstaltungen" (Az. 15-5422/5), nach deren Ziffer 1 in Sachsen grundsätzlich alle Geschäfte geschlossen wurden, soweit sie nicht unter die in der Allgemeinverfügung ausdrücklich benannten Ausnahmen fielen, was für den Textileinzelhandel der Beklagten nicht zutraf. Die Allgemeinverfügung vom 18.03.2020 trat gemäß ihrer Ziffer 9 am 19.03.2020 um 0:00 Uhr in Kraft und wurde ab dem 22.03.2020, 0:00 Uhr von der "Allgemeinverfügung Vollzug des Infektionsschutzgesetzes Maßnahmen anlässlich der Corona-Pandemie Verbot von Veranstaltungen" des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 20.03.2020 (Az. 15-5422/5) ersetzt, nach deren Ziffer 2, übereinstimmend mit der Allgemeinverfügung vom 18.03.2020, Geschäfte grundsätzlich geschlossen wurden, soweit nicht die in der Allgemeinverfügung vom 20.03.2020 formulierten Ausnahmen eingriffen, zu denen das Textileinzelhandelsgeschäft der Beklagten nicht zählte. Aufgrund der genannten Allgemeinverfügungen vom 18. bzw. 20.03.2020 war das Textileinzelhandelsgeschäft der Beklagten im Mietobjekt vom 19.03.2020 bis einschließlich 19.04.2020 geschlossen.

Nach entsprechender Ankündigung mit Schreiben vom 24.03.2020 bezahlte die Beklagte die Miete für den Monat April 2020 nicht. Die Klägerin mahnte mit dem Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 16.04.2020 bei der Beklagten die Zahlung der Miete für April 2020 erfolglos an. Die folgenden Mietzahlungen, insbesondere für den Monat Mai 2020, erbrachte die Beklagte vollständig.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei auch für den Zeitraum der durch die Allgemeinverfügungen des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 18. bzw. 20.03.2020 verursachten Schließung des Textileinzelhandelsgeschäfts im Mietobjekt zur vollständigen Zahlung der vertraglich vereinbarten Miete verpflichtet. Mit der staatlichen Schließungsanordnung habe sich ein typisches unternehmerisches Risiko verwirklicht. Das Verwendungsrisiko trage die Beklagte als Mieterin, was sich auch aus der Regelung in § 1 Nr. 2 des Mietvertrages ergebe. Die Allgemeinverfügungen zielten auf den Betrieb der Beklagten ab, während die von der Klägerin zu gewährleistende Nutzbarkeit der vermieteten Räume für den vertraglich vereinbarten Zweck dessen ungeachtet fortbestehe. Es bestehe deshalb auch kein Rückzahlungsanspruch wegen überzahlter Miete für den Monat März 2020, mit welchem die Beklagte die Aufrechnung gegen den Anspruch auf Zahlung der Miete für den Monat April 2020 erklären könne.

Die Beklagte hat behauptet, sie habe einen erheblichen Rückgang des Nettoumsatzes für die Monate März und April 2020 erlitten, welcher nicht durch verstärkten Onlinehandel kompensiert worden sei. Staatliche Finanzhilfen habe sie nicht erhalten. Sie habe ihre sämtlichen 3.000 Filialen geschlossen und einen Großteil ihrer Belegschaft in Kurzarbeit "0" geschickt.

Sie hat die Auffassung vertreten, infolge der staatlichen Schließungsanordnung liege ein Mangel des Mietobjektes i.S.d. § 536 Abs. 1 BGB vor, der zur Minderung der Miete um 100 % führe. Hilfsweise sei von einer Unmöglichkeit der Gebrauchsüberlassung i.S.v. § 326 Abs. 1 BGB auszugehen, die die Mietzahlungsverpflichtung der Beklagten entfallen lasse. Höchsthilfsweise wäre jedenfalls der Mietvertrag auf Grundlage der Grundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB wegen der durch die staatliche Schließungsanordnung eingetretenen schwerwiegenden Äquivalenzstörungen anzupassen, womit jedenfalls eine hälftige Teilung der Mietlast angemessen sei.

Für den Fall, dass der Senat von einer Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung der Miete für den Monat April 2020 ausgeht, rechnet die Beklagte hilfsweise mit ihrem Rückzahlungsanspruch in Bezug auf die von ihr rechtsgrundlos gezahlte Miete für den Zeitraum vom 19. bis zum 31.03.2020 auf.

Wegen des Sachvortrages im Übrigen und der in erster Instanz gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts Bezug genommen.

Das Landgericht hat mit dem Urteil vom 26.08.2020 die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 7.854,00 € nebst Zinsen und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten für den Gegenstandswert von 7.854,00 € nebst Zinsen zu bezahlen.

Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe einen Anspruch auf Zahlung der von ihr begehrten Miete für den Monat April 2020 aus dem Mietvertrag vom September 2013 gemäß § 535 Abs. 2 BGB. Die staatliche Schließungsanordnung aus den Allgemeinverfügungen vom 18. und 20.03.2020 führe nicht zu einem Mangel des Mietobjektes nach § 536 Abs. 1 BGB und nicht zur Unmöglichkeit der Gebrauchsüberlassungspflicht der Klägerin als Vermieterin. Eine Lagerhaltung sei der Beklagten während der Zeit der Schließungsanordnung möglich gewesen. Zudem hätte ein von der Schließungsanordnung ausgenommenes Geschäft in den Mieträumen betrieben werden können. Es könne offen bleiben, ob die wegen der Corona-Pandemie erfolgte staatliche Schließungsanordnung grundsätzlich zur Anwendbarkeit der Regelung in § 313 Abs. 1 BGB zur Anpassung des Mietvertrages wegen Störung der Geschäftsgrundlage führen könne. Im konkret zu beurteilenden Fall sei eine Anpassung des Mietvertrages jedenfalls nicht angezeigt, weil der Beklagten das Festhalten an dem unveränderten Mietvertrag nicht unzumutbar sei.

Gegen das ihr am 28.08.2020 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 02.09.2020 Berufung eingelegt und diese - nach entsprechender Fristverlängerung - am 27.11.2020 begründet.

Sie vertritt die Auffassung, das Landgericht habe in der Sache unzutreffend die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Mangels des Mietobjektes, hilfsweise der Unmöglichkeit der Gebrauchsgewährung durch die Klägerin und höchsthilfsweise der Voraussetzungen für eine Vertragsanpassung nach § 313 BGB mit der Folge einer hälftigen Mietzahlung verneint. Insoweit wiederholt und vertieft die Beklagte ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Sie behauptet, entgegen der Auffassung des Landgerichtes habe die Beklagte kaum einen Bedarf für die Nutzung der Räume des Mietobjektes als Lagerfläche anstelle der im Vertrag vereinbarten Verkaufsfläche, weil die Belieferung ihres Geschäfts im Mietobjekt über ein an einem anderen Ort befindliches Zentrallager "just in time" erfolge. Zudem sei eine kurzfristige Änderung des Nutzungszweckes des im Mietobjekt betriebenen Geschäfts auf eine nach den Allgemeinverfügungen vom 18. bzw. 20.03.2020 zugelassene Betätigung nicht möglich gewesen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Chemnitz, Az. 4 O 639/20, vom 26.08.2020 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Urteil des Landgerichts unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vortrages.

II.

Die Berufung ist teilweise begründet.

Entgegen der Auffassung der 4. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz im angefochtenen Urteil vom 26.08.2020 sieht der Senat es als erforderlich an, über eine Anpassung des Mietvertrages nach § 313 Abs. 1 BGB eine Reduzierung der Kaltmiete auf die Hälfte für denjenigen Zeitraum vorzunehmen, in dem aufgrund der Allgemeinverfügungen vom 18. und 20.03.2020 die Schließung des Textileinzelhandelsgeschäfts der Beklagten in den angemieteten Räumen angeordnet war. Für den streitgegenständlichen Zeitraum außerhalb der Schließungsanordnung ist dagegen keine Reduzierung der Miete vorzunehmen.

Im Ausgangspunkt hat die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung der Bruttokaltmiete von 7.854,00 € aus dem Mietvertrag vom 13./26.09.2013 gemäß § 535 Abs. 2 BGB. Diesem Anspruch kann die Beklagte nicht entgegenhalten, infolge der staatlichen Schließungsanordnung sei die Gebrauchsüberlassung durch die Klägerin als Vermieterin unmöglich geworden, mit der Folge, dass auch die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung der Gegenleistung, der Miete, gemäß §§ 326 Abs. 1, 275 Abs. 1 BGB entfallen sei (dazu 1.). Umgekehrt steht der Reduzierung der Miete wegen der staatlichen Schließungsanordnung nicht die Sperrwirkung der Regelung in Art. 240 § 2 EGBGB entgegen (dazu 2.), die eine Reduzierung der Miete nicht vorsieht.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist durch die staatliche Schließungsanordnung kein zur Mietminderung führender Mangel des Mietobjektes nach § 536 Abs. 1 BGB begründet worden. Die Auslegung des Mietvertrages gemäß §§ 133, 157 BGB, insbesondere anhand der gesetzlichen Risikoverteilung, führt nicht zur Annahme eines zur Minderung führenden Mietmangels (dazu 3.). Es liegt jedoch eine Störung der Geschäftsgrundlage des Mietvertrages vom 13./26.09.2013 im Sinne einer Störung der großen Geschäftsgrundlage vor, die gemäß § 313 Abs. 1 BGB zu einer dahingehenden Vertragsanpassung führt, dass die Beklagte für den Zeitraum der staatlichen Schließungsanordnung (nur) die Hälfte der vereinbarten Kaltmiete zu zahlen hat (dazu 4.).

Der Klägerin war anstelle des vom Landgericht zuerkannten Betrages von 7.854,00 € für den Monat April 2020 unter Berücksichtigung der Aufrechnung der Beklagten mit dem Anspruch auf Rückzahlung der überzahlten Miete für März 2020 ein Betrag in Höhe von 3.720,09 € zuzusprechen (dazu 4.b). Eine einseitige Auferlegung des nicht vorhersehbaren und von keiner Vertragspartei zu vertretenden Risikos einer durch die Corona-Pandemie verursachten staatlichen Schließungsanordnung auf den Mieter oder den Vermieter scheidet aus. Dafür spricht auch die Einführung von Art. 240 § 7 Abs. 1 EGBGB durch den Gesetzgeber. Auch wenn diese Vorschrift erst ab dem 31.12.2020 gilt (und damit während des derzeitigen, in Sachsen seit dem 14.12.2020 bestehenden Lockdowns eingeführt wurde), bringt sie einen bereits zuvor, nämlich schon während des ersten Lockdowns im März/April 2020, gültigen Rechtsgedanken zum Ausdruck. So lässt sich den Gesetzesmaterialien entnehmen, dass es sich um eine Klarstellung der Rechtslage handeln soll (vgl. BT-Drs. 19/25322 S. 14 f. zum Streitstand, vgl. Brinkmann/Thüsing NZM 2021, 5 und Römermann NJW 2021, 265; Herlitz NJ 2021, 56).

1. Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, der Anspruch auf Zahlung der Miete als Gegenleistung zur Verpflichtung der Klägerin als Vermieterin zur Überlassung des Gebrauches der Mieträume sei gemäß § 326 Abs. 1 BGB entfallen, weil der Klägerin infolge der staatlichen Schließungsanordnung die Überlassung der Mieträume in der Form unmöglich geworden sei, dass sie der Beklagten erlaube, ohne weiteres den vertragsgemäßen Gebrauch der Sache auszuüben. Mit diesem Einwand macht die Beklagte eine Unmöglichkeit der Vertragserfüllung geltend, die auf der Mangelhaftigkeit bzw. Gebrauchsuntauglichkeit des Mietobjektes beruhen soll. Soweit es aber um die Gebrauchsuntauglichkeit des Mietobjektes geht, werden die Vorschriften des allgemeinen Schuldrechtes, zu dem diejenigen über die Unmöglichkeit gehören, von den mietrechtlichen Gewährleistungsregelungen nach §§ 536 ff. BGB verdrängt, wenn das Mietobjekt bereits vom Vermieter an den Mieter überlassen wurde (vgl. BGH, Urteil vom 18.06.1997, XII ZR 192/95, NJW 1997, 2813; Urteil vom 04.05.2005, XII ZR 254/01, NJW 2005, 2152, 2154; Hübner/Griesbach/Fuerst in Lindner-Figura/Oprée/Stellmann, Geschäftsraummiete, 4. Aufl., Kap. 14 Rn. 233; Blank/Börstinghaus in Blank/Börstinghaus, Miete, 6. Aufl., § 535 Rn. 748). Der Beklagten war das Mietobjekt bereits überlassen worden, bevor es zur staatlichen Schließungsanordnung in den Allgemeinverfügungen vom 18. und 20.03.2020 kam.

2. Der Regelung in Art. 240 § 2 EGBGB kann keine dahingehende Sperrwirkung entnommen werden, dass sie Auswirkungen staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie auf das Bestehen oder den Umfang der Verpflichtung zur Zahlung der Miete für Räume ausschließen würde, in denen Geschäfte betrieben werden, die von den staatlichen Maßnahmen betroffen sind. Die Annahme einer Sperrwirkung würde voraussetzen, dass mit der Vorschrift des Art. 240 § 2 EGBGB eine (abschließende) Regelung dieser Frage getroffen wurde, was aber nicht zutrifft (ebenso LG Mönchengladbach, Urteil vom 02.11.2020, 12 O 154/20, BeckRS 2020, 30731 Rn. 39; LG München I, Urteil vom 25.01.2021, 31 O 7743/20, BeckRS 2021, 453 Rn. 53 ff.; Zehelein, NZM 2020, 390, 401; Streyl NZM 2020, 817, 823; Brinkmann/Thüsing NZM 2021, 5, 9 f.; Warmuth COVuR 2020, 16, 17; Herlitz, NJ 2021, 56, 58; a.A. LG München II, Urteil vom 06.10.2020, 13 O 2044/20, BeckRS 2020, 34263 Rn. 22; Jung JZ 2020, 715, 723). Unmittelbar geregelt wurde nur eine Beschränkung des Kündigungsrechts wegen Zahlungsverzuges des Mieters. Regelungen zum Bestehen und zur Höhe der Miete enthält die Vorschrift nicht. Eine klarstellende Erklärung, dass damit keine Aussage über die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Höhe der Miete in bestehenden Mietverträgen getroffen wird, wurde vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz auf seiner Homepage veröffentlicht (Text bei Streyl, a.a.O., S. 823). Letztlich spricht auch die seit dem 31.12.2020 geltende Vorschrift des Art. 240 § 7 EGBGB gegen eine Sperrwirkung von Art. 240 § 2 EGBGB.

3. Ein zur Minderung des Mietzinses führender Mietmangel wurde durch die staatlich angeordnete Schließung nicht begründet. Ein Mangel des Mietobjektes i.S.v. § 536 Abs. 1 BGB ist die für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustandes der Mietsache (Ist-Beschaffenheit) von dem vertraglich Vereinbarten (Soll-Beschaffenheit). Zu dem vertraglich vereinbarten Zustand der Mietsache gehören über deren physische Beschaffenheit hinaus auch die tatsächlichen Zustände und rechtlichen Verhältnisse, die mit der Mietsache zusammenhängen und ihre Gebrauchstauglichkeit beeinträchtigen. Dazu gehören auch Störungen, die außerhalb der Mietsache liegen. Um eine Ausuferung des Fehlerbegriffs zu vermeiden, führen außerhalb der Mietsache selbst liegenden Umstände allerdings nur dann zu einem Mangel der Mietsache, wenn sie deren Gebrauchstauglichkeit unmittelbar beeinträchtigen. Maßgebend für die Beantwortung der Frage, ob eine unmittelbare Beeinträchtigung der Mietsache vorliegt, ist danach in erster Linie der von den Parteien vereinbarte vertragsgemäße Gebrauch, welcher maßgeblich durch den vereinbarten Nutzungszweck bestimmt wird. Aus dem zur Erfüllung des vertragsgemäßen Gebrauchs erforderlichen Zustand der Mietsache ergibt sich deren geschuldeter Zustand (vgl. BGH, Urteil vom 23.09.2009, VIII ZR 300/08, NZM 2009, 855 Rn. 11; Urteil vom 10.10.2012, XII ZR 117/10, NJW 2013, 44 Rn. 30 f.).

Danach sind es allein die Vertragsparteien, die durch die Festlegung des dem Mieter jeweils geschuldeten vertragsgemäßen Gebrauches bestimmen, welchen Soll-Zustand die vermietete Sache aufweisen muss. Eine ausdrückliche Regelung der Parteien, welche Soll-Beschaffenheit das Mietobjekt in Bezug auf staatliche Schließungsanordnungen aufweisen muss, enthält der Mietvertrag vom 13./26.09.2013 nicht. Sie ist insbesondere nicht in § 1 Nr. 2 des Mietvertrages vom 13./26.09.2013 enthalten. Dort geht es um behördliche Genehmigungen für die Nutzung der Mieträume, zu denen eine aufgrund von § 28 Abs. 1 IfSG ergehende Schließungsanordnung nicht gehört, und um die nicht streitgegenständliche Frage, inwieweit der Mieter die Kosten behördlicher Auflagen trägt. Ist aber keine ausdrückliche Regelung zum "Soll-Zustand" getroffen worden, muss anhand der allgemeinen Auslegungsregeln (§§ 133, 157, 242 BGB) geprüft werden, was der Vermieter schuldet bzw. welchen Standard der Mieter aufgrund des Vertrages vom Vermieter verlangen kann (vgl. BGH, Urteil vom 18.12.2013, XII ZR 80/12, NJW 2014, 685 Rn. 20; Urteil vom 25.11.2020, XII ZR 40/19, BeckRS 2020, 37268 Rn. 12).

Von besonderer Bedeutung im Rahmen dieser Auslegung ist die gesetzlich vorgesehene Risikoverteilung zwischen den Mietvertragsparteien, weil sich an ihr der Grundsatz von Treu und Glauben konkretisiert, der ein maßgebliches Auslegungselement darstellt (vgl. Günter in Guhling/Günter, Gewerberaummiete, 2. Aufl., § 536 BGB Rn. 79). Der Vermieter trägt danach das Risiko der Gebrauchstauglichkeit des Mietobjektes (§ 535 Abs. 1 Satz 2 BGB), während der Mieter das Verwendungs-/Ertragsrisiko der Mietsache trägt (vgl. BGH, Urteil vom 17.03.2010, XII ZR 108/08, NZM 2010, 364 Rn. 17), was in § 537 Abs. 1 Satz 1 BGB zum Ausdruck kommt. Gemeint ist damit das unternehmerische Risiko, mit dem Mietobjekt Gewinne zu erzielen (vgl. Günter, a.a.O., Rn. 81). Im Ergebnis bedeutet dies, der Vermieter hat dafür Sorge zu tragen, dass einerseits die Mietsache alle physischen Eigenschaften aufweist, andererseits alle äußeren Umstände gegeben sind, die zum Zeitpunkt der Überlassung der Mietsache sowie während der gesamten Vertragslaufzeit für die uneingeschränkte Tauglichkeit der Mietsache für den festgelegten Nutzungszweck erforderlich sind (vgl. Günter, a.a.O., Rn. 84). Der Senat folgt nicht der von der 4. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz (ebenso etwa LG Zweibrücken, Urteil vom 11.09.2020, HK O 17/20, BeckRS 2020, 24356 Rn. 36 ff.; LG Frankfurt/M., Urteil vom 02.10.2020, 2-15 O 23/20, BeckRS 2020, 26613 Rn. 20; LG Stuttgart, Urteil vom 19.11.2020, 11 O 215/20, BeckRS 2020, 32275 Rn. 16; Sittner NJW 2020, 1169, 1170 f.; a.A. LG München I, Urteil vom 22.09.2020, 3 O 4495/20, BeckRS 2020, 28189; Hellmich COVuR 2020, 189, 190 f.; Sentek/Ludley NZM 2020, 406, 408: Einzelfallfrage) vertretenen Auffassung, die staatliche Schließungsanordnung falle in den vom Mieter zu tragenden Bereich des Verwendungs-/Ertragsrisikos. Das unternehmerische Risiko, mit dem Mietobjekt Gewinne zu erzielen, setzt nämlich voraus, dass der Mieter im Mietobjekt entsprechend dem vertraglich vereinbarten Mietzweck unternehmerisch tätig werden kann und greift deswegen dann nicht ein, wenn ihm - wie hier - genau diese Möglichkeit von vornherein verschlossen ist.

Die landesweit geltende Schließungsanordnung ist aber auch nicht der Risikosphäre des Vermieters zuzuordnen. Die staatliche Schließungsanordnung aus den Allgemeinverfügungen vom 18. bzw. 20.03.2020 verfügt die Schließung des Textileinzelhandelsgeschäfts der Beklagten, die dem in § 1 Nr. 1 des Mietvertrages vom 13./26.09.2013 vereinbarten Mietzweck entsprach. Es fehlt danach nicht an der grundsätzlichen Verwendbarkeit des Mietobjektes für den vereinbarten Mietzweck und geht nicht um die dem Verwendungsrisiko zuzuordnende Frage, ob der Mieter mit einem grundsätzlich zur Ausübung des Mietzweckes geeigneten Mietobjekt in der Lage ist, unternehmerischen Gewinn zu erzielen (in demselben Sinne: Weller/Thomale, BB 2020, 962, 964, die dem Verwendungsrisiko des Mieters das Verwendbarkeitsrisiko des Vermieters entgegensetzen und dieses hier betroffen sehen, weil die Verwendbarkeit der Mietsache für den Mietzweck nicht gegeben ist; ähnlich auch Hellmich, a.a.O.; Sentek/Ludley, a.a.O.). Ohne die staatliche nicht objektbezogene, von der Klägerin nicht zu beeinflussende Anordnung wäre das Mietobjekt uneingeschränkt nutzbar gewesen. Dagegen spricht auch nicht, dass von verschiedenen Oberlandesgerichten, zu denen auch der Senat zählt, in der Vergangenheit erhebliche, über das übliche Maß hinausgehende Behinderungen des Zugangs zu Gaststätten und Ladengeschäften für die Kunden dem Risiko der Gebrauchstauglichkeit des Mietobjektes zugeordnet und demzufolge als Mangel des Mietobjektes angesehen wurden (vgl. Senatsurteil vom 18.12.1998, 5 U 1774/98, NZM 1999, 317, 318; KG, Urteil vom 12.11.2007, 8 U 194/06, NZM 2008, 526, 527; Senatsurteil vom 14.10.2008, 5 U 1030/08, juris Rn. 33; OLG Frankfurt/M., Urteil vom 11.02.2015, 2 U 174/14, NJW 2015, 2434 [BGH 27.11.2014 - I ZR 124/11] Rn. 24 f.; OLG Frankfurt/M., Urteil vom 05.07.2017, 2 U 152/16, BeckRS 2017, 121594 Rn. 27 f.). Die Mieträume waren - im Rahmen der Beschränkungen der Corona-Schutzverordnung - frei zugänglich. Lediglich die von der Beklagten gewollte Verwendung war - vom Mietobjekt unabhängig - untersagt. Auch wenn Störungen, die außerhalb der Mietsache liegen, einen Mangel begründen können und für den Betrieb eines Textileinzelhandelsgeschäfts die Möglichkeit des Zugangs des Publikums eine Voraussetzung ist, wird dem Vermieter damit nicht das Risiko der objekt- und lageunabhängigen Nutzbarkeit der Mieträume übertragen. Ist der Zugang des Publikums zu den angemieteten Räumen eröffnet, fällt es in das Verwendungsrisiko des Mieters, wenn das Publikum dennoch nicht zum Kaufen der Ware in die Räume strömt, sei es, weil es das Sortiment unattraktiv findet, ein das Publikum anziehendes Geschäft nebenan geschlossen hat (vgl. zu einem solchen Fall: Senatsbeschluss vom 08.02.2017, 5 U 1669/16, BeckRS 2017, 106456) oder weil das Publikum die Räume aus Angst vor der Infektion mit dem Covid 19 Virus nicht betritt. Ein Mangel liegt dann nicht vor. Das vom Mieter zu tragende Verwendungsrisiko ist auch betroffen, wenn die Mietsache vom Mieter für den vereinbarten Mietzweck verwendet werden kann, dieser aber in Art und Umfang der Nutzung durch staatliche Maßnahmen beschränkt wird (etwa die Anordnung, ein Hygienekonzept zu erstellen, oder nur eine begrenzte Zahl von Kunden (und nur mit Mund-Nase-Bedeckung) entsprechend der Fläche in das Geschäft hineinzulassen. In diesen Fällen liegt kein Mangel des Mietobjekts vor. Diese Fälle sind auch nicht mit den hier maßgeblichen pandemiebedingten Einschränkungen vergleichbar.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Senat die Auffassung im angefochtenen Urteil nicht teilt, der Annahme eines Mangels des Mietobjekts i.S.v. § 536 Abs. 1 BGB infolge der staatlichen Schließungsanordnung stehe der Umstand entgegen, dass es sich um ein betriebsbezogenes öffentliches Gebrauchshindernis handele. Öffentlich-rechtliche Gebrauchsbeschränkungen oder -hindernisse stellen einen Mangel der Mietsache i.S.v. § 536 Abs. 1 BGB dar, wenn sie die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch aufheben oder mindern, was allerdings nur dann gilt, wenn sie auf der konkreten Beschaffenheit und der Lage der Mietsache beruhen (Ortsbezogenheit) und nicht in den persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters (Betriebsbezogenheit) ihre Ursache haben. Außerdem muss der Mieter durch die öffentlich-rechtlichen Beschränkungen und Gebrauchshindernisse in seinem vertragsgemäßen Gebrauch auch tatsächlich eingeschränkt werden, wovon regelmäßig nur dann auszugehen ist, wenn die zuständige Behörde die Nutzung des Mietobjektes durch ein rechtswirksames und unanfechtbares Verbot bereits untersagt hat (vgl. BGH, Urteil vom 20.11.2013, XII ZR 77/12, NZM 2014, 165; Urteil vom 02.11.2016, XII ZR 153/15, NJW 2017, 1104; Senatsbeschluss vom 01.06.2017, 5 U 477/17, ZMR 2017, 880; Günter NZM 2016, 569).

Entgegen der Auffassung des Landgerichtes ist die staatliche Schließungsanordnung aus den Allgemeinverfügungen vom 18. bzw. 20.03.2020 nach diesen Kriterien ein Mangel des Mietobjektes i.S.v. § 536 Abs. 1 BGB, weil sie unmittelbar mit der konkreten Lage des Mietobjektes in einem Bereich in Zusammenhang steht, in dem die pandemiebedingten Schutzmaßnahmen aufgrund von § 28 Abs. 1 IfSG aus staatlicher Sicht erforderlich waren. Die staatliche Schließungsanordnung in den Allgemeinverfügungen vom 18. bzw. 20.03.2020 differenziert zwischen verschiedenen Geschäftsarten, indem sie von der generellen Anordnung zur Schließung von Geschäften konkrete Ausnahmen formuliert. Dennoch erfolgt der Eingriff nicht betriebsbezogen, sondern ortsbezogen, weil im Rahmen des Pandemiegeschehens Orte vielfältiger menschlicher Begegnung weitgehend beseitigt werden sollen, um dadurch zu ermöglichen, dass eine Übertragung des Covid-19 Virus, welche den Kontakt eines infizierten zu einem nicht infizierten Menschen erfordert, nicht stattfindet. Es geht deshalb nicht um einen Eingriff in die betriebliche Tätigkeit eines Textileinzelhandelsgeschäfts im Unterschied zu etwa dem Betrieb eines Einzelhandels für Lebensmittel, der weiterhin öffnen darf. Vielmehr sollte landesweit der Betrieb grundsätzlich aller Geschäfte ruhen, um auf diesem Wege menschliche Kontakte - sowohl im Geschäft als auch auf dem Weg zum Geschäft und von diesem weg auf der Straße und im öffentlichen Personenverkehr - zu reduzieren. Der Einzelhandel für Lebensmittel wird nur deshalb gemeinsam mit anderen ausdrücklich aufgezählten Geschäften von der Schließung verschont, weil er zur Aufrechterhaltung der Versorgung der Bevölkerung mit den lebenswichtigen Gütern des täglichen Bedarfs erforderlich ist. Die Zielrichtung der Eingriffsmaßnahmen nach § 28 IfSG ist deshalb landesweit ortsbezogen und richtet sich nach der konkreten Betroffenheit des Ortes oder der Region durch das Infektionsgeschehen und der daraus resultierenden Dringlichkeit der Reduzierung von Kontakten der Menschen (vgl. dazu OVG Münster, Beschluss vom 06.07.2020, 13 B 940/20.NE, BeckRS 2020, 14802; Kießling in Kießling, IfSG, 1. Aufl., § 28 Rn. 65). Um einen betriebsbezogenen Eingriff geht es nicht.

Aus der über den zumindest mittelbaren Einfluss der Klägerin hinausgehenden generell und landesweit geltenden Zugangsbeschränkung kann kein Umstand abgeleitet werden, der in den von der Klägerin zu verantwortenden Bereich fällt.

4. Infolge des Auftretens der Corona-Pandemie und der staatlichen Schließungsanordnung aus den Allgemeinverfügungen vom 18. bzw. 20.03.2020 ist jedoch eine Störung der Geschäftsgrundlage i.S.v. § 313 Abs. 1 BGB des Mietvertrages vom 13./26.09.2013 eingetreten (dazu a), die eine Anpassung des Vertrages dahin auslöst, dass die Kaltmiete für die Dauer der angeordneten Schließung auf die Hälfte reduziert wird (dazu b).

a) Der Tatbestand der Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 1 BGB setzt ein tatsächliches Element (dazu aa), ein hypothetisches Element (dazu bb) und ein normatives Element (dazu cc) voraus (vgl. Finkenauer in Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl., § 313 Rn. 56).

aa) Die Geschäftsgrundlage wird gebildet durch die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, beim Vertragsschluss aber zutage getretenen, dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen des eigenen Vertragsteils oder durch die gemeinsamen Vorstellungen beider Teile vom Vorhandensein oder künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille auf diesen Vorstellungen aufbaut (vgl. BGH, Urteil vom 25.09.1997, II ZR 269/96, NJW 1997, 3371, 3372; Urteil vom 24.03.2010, VIII ZR 160/09, NJW 2010, 1663 Rn. 17). Zur Geschäftsgrundlage der Parteien als Vermieterin und Mieterin von Geschäftsräumen zur Nutzung als Textileinzelhandelsgeschäft gehörte danach die Vorstellung, dass es nicht zu einer Pandemie mit weitgehender Stilllegung des öffentlichen Lebens infolge pandemiebedingter Nutzungsuntersagungen und -beeinträchtigungen kommen würde, so dass das Auftreten der Pandemie mit den entsprechenden weitreichenden staatlichen Eingriffen in das wirtschaftliche und soziale Leben eine schwerwiegende Änderung der für die Vertragslaufzeit vorgestellten Umstände bedeutet und damit das tatsächliche Element der Störung der Geschäftsgrundlage verwirklicht. Es liegt eine Systemkrise und damit ein Fall der Störung der großen Geschäftsgrundlage vor, weil durch sie das allgemeine soziale und wirtschaftliche Gefüge nachhaltig erschüttert wird (idS Jung, a.a.O., S. 716, 717; Weller/Lieberknecht/Habrich NJW 2020, 1017, 1021; Häublein/Müller NZM 2020, 481, 486 f.; Wolf/Eckert/Denz/Gerking/Holze/Künnen/Kurth JA 2020, 401, 402). So wird es auch vom Landgericht im angefochtenen Urteil gesehen (ebenso LG Heidelberg, Urteil vom 30.07.2020, 5 O 66/20, BeckRS 2020, 19165 Rn. 39 ff.; Streyl, a.a.O., Seite 821; Zehelein, a.a.O., Seite 398). Ohne dass es hierauf entscheidend ankommen würde, spricht für diese Annahme auch der Inhalt des mit Wirkung vom 31.12.2020 neu geschaffenen Art. 240 § 7 Abs. 1 EGBGB (vgl. Brinkmann/Thüsing, a.a.O., Seite 8).

bb) Das hypothetische Element ist erfüllt, wenn die vertragschließenden Parteien den Vertrag nicht oder mit einem anderen Inhalt geschlossen hätten wenn sie die Veränderung der Umstände, welche zur Geschäftsgrundlage gehören, vorhergesehen hätten. Erforderlich ist danach, dass zumindest eine Vertragspartei den Vertrag nicht bzw. nicht mit diesem Inhalt abgeschlossen hätte, wenn sie das Fehlen oder den Wegfall der Vertragsgrundlage vorhergesehen hätte (vgl. Finkenauer, a.a.O., Rn. 58). Im Rahmen der Störung der großen Geschäftsgrundlage ist das hypothetische Element regelmäßig erfüllt (vgl. Jung, a.a.O., S. 719). Zudem ist zu beachten, dass es sich bei der Änderung der zur Geschäftsgrundlage gehörenden Umstände um sehr wesentliche Rahmenbedingungen für den Betrieb ihres Textileinzelhandelsgeschäftes handelt. Auf konkrete, nicht in die Vertragsverhandlungen eingeflossene Erwägungen, die nach dem Vortrag der Klägerin, sie hätte, wenn die jetzt eingetretene Situation bei Mietvertragsabschluss auch nur annähernd vorhersehbar gewesen wäre, kein Einverständnis der Klägerin mit einer Mietpreisanpassungsklausel in der von der Beklagten geltend gemachten Form, also im Sinne einer Reduzierung auf die Hälfte der Miete, erklärt, kommt es daher nicht an. Abzustellen ist auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses und auf verständige, wirtschaftlich denkende Vertragspartner. Diese hätten sich bei dem beide Vertragspartner gleichermaßen betreffenden und gerade nicht zu beeinflussenden Risiko nicht einseitig zu Gunsten eines Vertragspartners entschieden. Das hypothetische Element des § 313 Abs. 1 BGB ist damit erfüllt.

cc) Das normative Element des § 313 Abs. 1 BGB ist erfüllt, wenn die wesentliche Veränderung der zur Geschäftsgrundlage gehörenden Umstände nicht in den Risikobereich einer der Parteien fällt (dazu aaa) und ein Festhalten am Vertrag einer der Parteien nicht zuzumuten ist (dazu bbb).

aaa) Wenn angenommen wird, dass eine der Parteien mit dem Abschluss des Mietvertrags ein Risiko übernommen hat, unter das das Auftreten der Corona-Pandemie und die daraufhin ergangene staatliche Schließungsanordnung fällt, stünde dies einer Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 1 BGB regelmäßig entgegen, weil für die Berücksichtigung von Störungen der Geschäftsgrundlage grundsätzlich kein Raum ist, soweit es um Erwartungen und Umstände geht, die nach den vertraglichen Vereinbarungen in den Risikobereich einer der Parteien fallen (vgl. BGH, Urteil vom 17.03.2010, XII ZR 108/08, NZM 2010, 364 Rn. 15; Finkenauer, a.a.O., Rn. 61). Dies könnte auf den ersten Blick dafür sprechen, die Entscheidung sei bereits im Rahmen der bei der Auslegung des Mietvertrages notwendigen Abgrenzung zwischen dem beim Vermieter liegenden Risiko der Gebrauchstauglichkeit des Mietobjektes einerseits und dem beim Mieter liegenden Verwendungsrisiko andererseits gefallen (vgl. dazu oben II.3.). Diese Annahme greift aber zu kurz, weil die bei der vertraglichen Risikoabgrenzung allein betrachtete staatliche Schließungsanordnung nicht gleichbedeutend mit der in ein Pandemiegeschehen mit weitreichenden Kontakteinschränkungen eingebetteten Änderung der zur Geschäftsgrundlage gehörenden Umstände ist. Es geht hier also nicht um ein "normales" Risiko der Gebrauchstauglichkeit bzw. der Verwendung des Mietobjektes, sondern um weitgehende staatliche Eingriffe in das soziale und wirtschaftliche Leben aufgrund einer Pandemie, die als Systemkrise eine Störung der großen Geschäftsgrundlage ist. Das mit der Störung der großen Geschäftsgrundlage verbundene Risiko kann regelmäßig keiner Vertragspartei allein zugewiesen werden (idS Weller/Lieberknecht/Habrich, a.a.O., S. 1021; Jung, a.a,O., S. 720; Häublein/Müller, a.a.O., S. 487 f.: Römermann NJW 2021, 265 Rn. 22; Warmuth, a.a.O., S. 19 f.; LG Mönchengladbach, Urteil vom 02.11.2020, a.a.O., Rn. 41). Der staatliche Eingriff zur Kontaktbeschränkung hat dabei auch unmittelbar auf das vorliegend zu beurteilende Mietverhältnis eingewirkt, indem das von der Beklagten entsprechend dem Mietzweck betriebene Textileinzelhandelsgeschäft als möglicher Ort potentiell vielfältiger Kontakte, die zur Übertragung des Covid 19 Virus führen können, geschlossen wurde. Von der vertraglichen Risikozuweisung wird deshalb dieses von den Vertragsparteien nicht vorhergesehene und die Geschäftsgrundlage des Vertrages betreffende Geschehen nicht erfasst (in demselben Sinne etwa Streyl, a.a.O., Seite 822 f.; Zehelein, a.a.O., Seite 398). Auch in diesem Punkt stützt die Neuregelung in Art. 240 § 7 Abs. 1 EGBGB die Annahme, dass die pandemiebedingten staatlichen Schließungsmaßnahmen zumindest regelmäßig von der ohne Bezug zur Corona-Pandemie im Mietvertrag vereinbarten Risikozuweisung nicht erfasst werden (i.d.S. auch Römermann NJW 2021, 265, 267 f.). Im Ergebnis steht die vertragliche Risikozuweisung in der hier zu beurteilenden Situation einer Anpassung des Vertrages nach § 313 Abs. 1 BGB selbst dann nicht entgegen, wenn dieses nach der Vertragsauslegung einer der Parteien zuzuordnen wäre.

bbb) Entgegen der Auffassung im angefochtenen Urteil ist das Festhalten am unveränderten Mietvertrag derjenigen Partei, die durch die Änderung der die Geschäftsgrundlage bildenden Umstände belastet ist, hier die Beklagte, nicht zumutbar.

Der Senat teilt die Auffassung der 4. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz nicht, dass von einer Unzumutbarkeit des Festhaltens am bestehenden Vertrag erst dann auszugehen sei, wenn die von der Änderung der Umstände, welche zur Geschäftsgrundlage gehören, belastete Partei dadurch in eine existenzgefährdende Lage gerät. Das beachtet nicht hinreichend, dass es hier um eine Äquivalenzstörung in einem gegenseitigen Vertrag geht, der zudem ein Dauerschuldverhältnis ist. Die notwendige Unzumutbarkeit bezieht sich damit auf die Äquivalenzstörung, also auf das Verhältnis von Überlassung des Mietobjektes einerseits und dafür Zahlen des Nutzungsentgelts (Miete) andererseits (i.d.S. auch Römermann, a.a.O., S. 268; Streyl, a.a.O., S. 824; Brinkmann/Thüsing, a.a.O., S. 10; Finkenauer, a.a.O., Rn. 77). Von besonderer Bedeutung ist dabei der Charakter des Mietvertrages als Dauerschuldverhältnis, bei dem die Miete für die Nutzungsüberlassung in Zeitabschnitten geschuldet ist, wobei der Zeitabschnitt bei den meisten Mietverhältnissen einen Monat beträgt. Dementsprechend erfolgt die Lösung des Äquivalenzproblems zwischen Miete und Gebrauchsüberlassung im Fall des Eingreifens des Gewährleistungsrechts der Minderung nach § 536 Abs. 1 BGB auch im Sinne einer Reduzierung (Minderung) der Miete (nur) für den betroffenen Zeitabschnitt der Einschränkung der Gebrauchstauglichkeit. Führt ein vorhandener Mangel in einem bestimmten Zeitraum nicht zur Einschränkung der Gebrauchstauglichkeit, ist die Miete in diesem Zeitraum und damit in den betroffenen Zeitabschnitten nicht gemindert (vgl. BGH, Urteil vom 15.12.2010, XII ZR 132/09, NJW 2011, 514 Rn. 13 - sommerliche Aufheizung der Mieträume). Ebenso ist es bei der Bestimmung der Wesentlichkeit eines Mietrückstandes - und damit einer Äquivalenzstörung - für die Annahme eines wichtigen Grundes zur Kündigung des Mietvertrages nach § 543 BGB. Auch dabei wird in § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a und b BGB nach Zahlungsterminen bestimmt, wann ein Rückstand so erheblich ist, dass aus ihm ein wichtiger Grund für die außerordentliche Kündigung des Mietvertrages folgt. In § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3b BGB ist sogar - wohl infolge eines redaktionellen Versehens - der konkrete Zeitabschnitt des Monats genannt, was aber dahin zu verstehen ist, dass der im Mietvertrag vereinbarte Zeitabschnitt gemeint ist (vgl. Alberts in Guhling/Günter, Gewerberaummiete, 2. Aufl., § 543 BGB Rn. 57 unter Verweis auf BGH, Urteil vom 17.09.2008, XII ZR 61/07, NZM 2009, 30 Rn. 15). Auch im Rahmen der Konturierung des unbestimmten Rechtsbegriffs des nicht unerheblichen Teils der Miete in § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3a BGB orientiert sich die Rechtsprechung an dem an einem Fälligkeitstermin zu zahlenden Betrag, in der Regel also an der Miete für einen Monat. So ist in § 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB für Mietverträge über Wohnraum geregelt, dass ein nicht unerheblicher Rückstand dann vorliegt, wenn der rückständige Teil die Miete für einen Monat (mindestens um ein Cent) übersteigt. Auch im Bereich der Mietverträge über Gewerberäume wird dieser Betrag grundsätzlich bei der Bestimmung des nicht unerheblichen Teils der Miete angewendet (vgl. BGH, Urteil vom 23.07.2008, XII ZR 134/06, NJW 2008, 3210 Rn. 30). Allerdings kann bei diesen Verträgen auch ein Rückstand von weniger als dem an einem Fälligkeitstermin zu zahlenden Betrag, also in der Regel der Miete für einen Monat, ausreichen, wenn besondere Einzelfallumstände hinzutreten, die den Schluss auf die Erheblichkeit dieses Rückstandes zulassen (vgl. BGH, Urteil vom 13.05.2015, XII ZR 65/14, NJW 2015, 2419 Rn. 54 ff.). Daraus folgt, dass die Unzumutbarkeit der Festhaltung am bestehenden Vertrag beim Verhältnis von Leistung und Gegenleistung anzusetzen hat, im vorliegend zu beurteilenden Mietvertrag vom 13./26.09.2013 mit monatlicher Zahlungspflicht gemäß dessen § 3 Nr. 1 also beim einzelnen Zahlungsmonat. Im Ausgangspunkt ist danach die Erheblichkeit deswegen zu bejahen, weil - je nach Standpunkt bezüglich der vertraglichen Risikoverteilung - entweder der Mieter nach dem Mietvertrag die volle Miete zahlen müsste, ohne das Mietobjekt dem Mietzweck entsprechend nutzen zu können oder der Vermieter keine bzw. eine geringfügige Miete für ein Mietobjekt erhielte, für dessen - temporäre - Unbenutzbarkeit für den vertraglich vereinbarten Mietzweck er nicht nur keine Ursache gesetzt hat, sondern die er auch nicht vorhersehen konnte. Im konkret zu beurteilenden Fall könnte man deshalb die Erheblichkeit danach allenfalls dann verneinen, wenn lediglich ein Zahlungstermin betroffen wäre und innerhalb dieses Zahlungstermins jedenfalls weit überwiegend die vertragliche Äquivalenz bestand. Denkbar wäre danach, die Unzumutbarkeit der Festhaltung am Mietvertrag dann zu verneinen, wenn die Äquivalenzstörung lediglich ein bis zwei Wochen des Mietmonats beträfe. Die Notwendigkeit der im Verhältnis zu anderen Vertragstypen relativ niedrige Schwelle der Unzumutbarkeit liegt darin begründet, dass es sich bei dem Mietvertrag um ein Dauerschuldverhältnis handelt. So ist bei einem klassischen Austauschvertrag wie dem Kaufvertrag die vollständige Leistung und Gegenleistung im Rahmen der Äquivalenzstörung gegenüberzustellen. Allerdings bezieht sich dann auch die Rechtsfolge der Vertragsanpassung auf den gesamten Vertrag, also das vollständige Äquivalenzverhältnis. Im Mietvertrag reicht dagegen eine wesentliche Äquivalenzstörung im regelmäßig monatlichen Zeitabschnitt, sie führt allerdings dann auch nur zu einer Vertragsanpassung für diesen Zeitabschnitt, so dass nicht das Risiko besteht, dass mit niedriger Eingriffsschwelle wesentliche Vertragsgrundlagen ohne entsprechenden Anlass durch richterlichen Eingriff nach § 313 Abs. 1 BGB geändert werden. Der Zeitraum, in dem die staatliche Schließungsanordnung andauerte, von insgesamt mehr als einem Monat, überschreitet damit die Schwelle der Erheblichkeit. Auf die Frage, inwieweit die wirtschaftliche Existenz der belasteten Vertragspartei durch die Störung der Geschäftsgrundlage betroffen wird, kommt es wegen dieser Dauer nicht an.

b) Da eine einvernehmliche Vertragsanpassung im Verhandlungswege der Parteien nach § 313 Abs. 1 BGB noch im Berufungsverfahren nicht zustande kam, ist der Senat verpflichtet, die entsprechende Vertragsanpassung vorzunehmen. Der Anpassungsanspruch aus § 313 Abs. 1 BGB kann gerichtlich geltend gemacht werden (vgl. BGH, Urteil vom 30.09.2011, V ZR 17/11, NJW 2012, 373 Rn. 34; Zehelein, a.a.O., S. 400). Die Beklagte hat zudem mit ihrem vorprozessualen Schreiben vom 07.05.2020 an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin einen außergerichtlichen Vergleich auf der Basis einer hälftigen Reduzierung der Miete für April 2020 angeboten, was als Anpassungsverlangen nach § 313 Abs. 1 BGB gewertet werden kann.

Damit ist eine Absenkung der Kaltmiete um 50 % gerechtfertigt, weil keine der Vertragsparteien eine Ursache für die Störung der Geschäftsgrundlage gesetzt oder sie vorhergesehen hat. Es ist demzufolge angemessen, die damit verbundene Belastung gleichmäßig auf beide Parteien zu verteilen (i.d.S. auch LG Mönchengladbach, a.a.O., Rn. 55; LG Aurich, Urteil vom 09.10.2020, 1 O 430/20; LG Kempten, Urteil vom 07.12.2020, 23 O 753/20, BeckRS 2020, 37736 Rn. 37; AG Oberhausen, Urteil vom 06.10.2020, 37 C 863/20, BeckRS 2020, 35507 Rn. 46; Zehelein, a.a.O., Seite 398 ff.; Streyl, a.a.O., S. 824; Ekkenga/Schirrmacher NZM 2020, 410, 414; i. E. auch Häublein/Müller, a.a.O., S. 491 f.). Dies entspricht der Lösung der Rechtsprechung bei Vertragszweckstörungen in der Vergangenheit (vgl. BGH, Urteil vom 23.11.1989, VII ZR 60/89, NJW 1990, 572, 573 - Aufteilung der Hotel-Stornokosten bei Reisekündigung wegen höherer Gewalt; ähnlich OLG Karlsruhe, Urteil vom 15.05.1992, 15 U 297/91, NJW 1992, 3176, 3177 f. - Wegfall der beiderseitigen Leistungspflichten aus einem Vertrag über den Auftritt von Musikern auf einer Faschingsveranstaltung, welche wegen des Golfkriegs ausfiel). Es kann offen bleiben, ob die Zahlung staatlicher Hilfen an einen der Vertragspartner des Mietvertrages zu einer weiteren Anpassung der Höhe der Miete führen würde, weil nicht festgestellt werden kann, dass die Klägerin oder die Beklagte solche staatlichen Hilfen erhalten haben. Es kann auch dahinstehen, ob und ggf. inwieweit Zahlungen auf Betriebskosten anzupassen wären, weil solche nicht Gegenstand des Rechtsstreits sind. Der Klägerin war eine keine Teilnutzung des Mietobjekts im Sinne eines "Außer-Haus-Verkaufs" bzw. eines entsprechenden Liefer- und Abholservice möglich wie dies etwa bei Gaststätten erlaubt war (vgl. Ziffer 3 der Allgemeinverfügung vom 18.03.2020 und Ziffer 4 der Allgemeinverfügung vom 20.03.2020).

Eine Reduzierung der Kaltmiete auf die Hälfte für den Zeitraum der staatlichen Schließungsanordnung führt zu dem Ergebnis, dass die Klägerin für den Monat April anstelle des vertraglich vereinbarten Betrages von 7.854,00 € nur 5.366,90 € zu zahlen hätte, während sie für den Monat März 2020 6.207,19 € zu zahlen gehabt hätte, also mit ihrer vollständigen Mietzahlung die Miete in Höhe von 1.646,81 € überzahlt hat. In dieser Höhe hat die Beklagte hilfsweise die Aufrechnung gegen die Forderung der Klägerin auf Zahlung der Miete für April 2020 erklärt, so dass sich im Ergebnis gemäß §§ 387, 389 BGB der Anspruch der Klägerin von 5.366,90 € auf 3.720,09 € reduziert.

Im Hinblick auf die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten war lediglich ein Streitwert in Höhe des nunmehr ausgeurteilten Betragen anzusetzen.

Der Zinsausspruch folgt aus §§ 288 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO; diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Zi. 10, 711 ZPO. Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 Zi. 1 ZPO wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung zuzulassen.
 
 
 

Sachverhalt

I.

Die Kläger nehmen die Beklagte auf Zahlung von Mietzins für Gewerberäume im April 2020 in Anspruch.

Die Beklagte betreibt in von den Klägern gemieteten Geschäftsräumen in der N.-Straße in W. eine Filiale eines Marktes. Wegen der Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarungen wird auf die Darstellung im landgerichtlichen Urteil (LGU 2/3) verwiesen.

Die streitgegenständliche Filiale war vom 18.03.2020 bis einschließlich 19.04.2020 wegen § 4 Abs. 1 Nr. 12 der Coronaverordnung vom 17.03.2020 geschlossen. Die Beklagte kündigte am 24.03.2020 an, die Miete für April 2020 nicht zu bezahlen. Mit Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Kläger wurde sie am 01.04.2020 aufgefordert, die Miete fristgerecht zu überweisen. Die Aufforderung blieb erfolglos, die Kläger haben Klage auf Zahlung der Miete für den Monat April 2020 sowie auf Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten erhoben. Die Beklagte hat mit der Klageerwiderung hilfsweise die Aufrechnung mit einem Teil der Miete vom März 2020 erklärt, nachdem die streitgegenständliche Filiale ab dem 20.04.2020 wieder eröffnet werden konnte.

Die Kläger sind der Auffassung, die behördlich angeordnete Schließung der Filiale lasse ihren Anspruch auf Zahlung des Mietzinses für den Gewerberaum nicht entfallen. Es handele sich hierbei nicht um einen Mangel der Mietsache. Da eine Mindestmiete vereinbart worden sei, werde diese unabhängig davon geschuldet, ob in dem Ladengeschäft Umsätze generiert würden oder nicht. Dieses Risiko trage die Beklagte im Verhältnis zu den Klägern allein. Die Gebrauchsüberlassung der Mieträume an die Beklagte sei nicht unmöglich. Für eine Vertragsanpassung nach § 313 BGB fehle es an einer von der Beklagten darzulegenden Existenzgefährdung.

Das Landgericht, auf dessen Urteil wegen des weiteren Sach- und Streitstands im ersten Rechtszug sowie der getroffenen Feststellungen Bezug genommen wird, hat die Beklagte zur Zahlung von 5.081,98 € zuzüglich Zinsen sowie Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten i.H.v. 697,82 € zuzüglich Zinsen verurteilt. Es hat das Vorliegen eines Sachmangels verneint. Die behördliche Anordnung hebe die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch nicht auf und mindere diese auch nicht. Hoheitliche Maßnahmen, die zu einer Gebrauchsbeschränkung führten, begründeten nur dann einen Mangel, wenn sie unmittelbar mit der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage der konkreten Mietsache im Zusammenhang stünden. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Die Rechtsprechung des Reichsgerichts sei wegen des heute in Rechtsprechung und herrschender Lehre vorausgesetzten Objektbezugs der Nutzungsbeeinträchtigung nicht übertragbar. Weiter ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Leistung der Kläger nicht nach § 275 BGB unmöglich geworden sei, da die Kläger die ihnen als Vermieter obliegende Hauptleistungspflicht erfüllen könnten. Das Verwendungsrisiko trage allein die Beklagte. Ob § 313 Abs. 1 BGB vorliegend anwendbar ist und die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen, hat das Landgericht offengelassen, nachdem es eine Unzumutbarkeit für die Beklagte, sich am Vertrag festzuhalten zu lassen, nicht hat feststellen können. Eine Existenzgefährdung oder unzumutbare wirtschaftliche Beeinträchtigung habe die Beklagte nicht dargelegt. Sie habe unberücksichtigt gelassen, dass sie über das staatliche Kurzarbeitergeld Mitarbeiterkosten erspart habe und die Möglichkeit, den Onlinehandel auszuweiten oder dies zumindest zu versuchen, um Umsatzeinbußen auszugleichen, außer Betracht gelassen. Weiter hat das Landgericht unter Berücksichtigung von § 10 des Mietvertrags, der bei erheblicher Veränderung der Charakteristik der Verkehrssituation, der Einzelhandelssituation oder der Straßenführung in Bezug auf die Erreichbarkeit des Mietobjekts lediglich ein Kündigungsrecht der Beklagten mit einer Frist von sechs Monaten zum Monatsende vorgesehen habe, eine Unzumutbarkeit verneint.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Unter Bezugnahme auf ein Urteil des Landgerichts München I vom 22.09.2020 (Az. 3 O 4495/20) geht die Beklagte von einem Mangel der Mietsache aus, der zu einer Minderung der Miete um bis zu 100 % führe. Die Räumlichkeiten seien zur Nutzung als Verkaufsräume, nicht als Lagerräume gemietet worden. Die Benutzbarkeit des Mietobjekts zum vereinbarten Zweck des Verkaufs fehle, weshalb ein zur Minderung berechtigender Mangel vorliege. Der Anteil der Lagerflächen betrage lediglich 5,87 % der Mietflächen. Im Übrigen sei den Klägern durch die Schließungsanordnung in der Coronaverordnung die ihnen obliegende Leistung unmöglich geworden. Zumindest sei wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage der Vertrag nach § 313 BGB anzupassen. Mit der behördlichen Schließungsanordnung sei die Geschäftsgrundlage entfallen, ohne dass das sich verwirklichende Risiko einer Partei zugeordnet werden könne, weshalb eine hälftige Teilung der Miete während der Schließungszeit angemessen sei. Insoweit sei hinsichtlich der Schließungszeit im März eine Aufrechnung mit der vollständig unbezahlten Aprilmiete erfolgt. Die Ausführungen des Landgerichts zur Unzumutbarkeit hält die Beklagte für überflüssig. Das Kriterium der Existenzbedrohung des Gewerberaummieters sei nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Wenn das Landgericht dieses jedoch für wichtig gehalten hätte, hätte das Landgericht den Sachverhalt weiter aufklären müssen. Ein Ausweichen auf den Onlinehandel sei vor dem Hintergrund der Preisstruktur der Beklagten nicht erfolgversprechend gewesen, eine Änderung des Nutzungszwecks scheide schon wegen der erforderlichen behördlichen Genehmigungen, die in kurzer Zeit nicht zu beschaffen seien, aus. Auf den Bezug staatlicher Hilfen in Form von Kurzarbeitergeld komme es nicht an, da hierdurch zwar Kosten gesenkt, jedoch nicht die Kosten der Beklagten gedeckt werden könnten. Einer Vorlage der Gesamtkostenkalkulation der Beklagten bedürfe es insoweit nicht. Im Übrigen habe das Landgericht unberücksichtigt gelassen, dass auch die wirtschaftliche Situation der Klägerseite in die Abwägung der Zumutbarkeit hätte einfließen müssen, diese habe das Landgericht nicht aufgeklärt. Nach Auffassung der Beklagten wären die Mieten für die Zeiten der Schließung jedenfalls hälftig zu teilen gewesen, weshalb die Klage dann in Höhe von 2.756,83 € abzuweisen gewesen wäre.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Heidelberg, Az. 5 O 66/20, vom 30.07.2020, zugestellt am 06.08.2020, aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil als richtig. Weiter machen sie geltend, dass den Klägern, die in demselben Gebäude, in dem die Beklagte Ankermieterin sei, Praxisräumlichkeiten betrieben, eine Herabsetzung der Miete wirtschaftlich nicht zuzumuten sei, nachdem sie zwar nicht von Schließungen betroffen gewesen seien, jedoch erhöhten Aufwand in die Praxisräumlichkeiten im Zusammenhang mit der Coronapandemie hätten. Auch seien ihre Umsätze zurückgegangen, im Gegensatz zu der Beklagten profitierten sie nicht von staatlichen Hilfen wie Kurzarbeitergeld.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands im zweiten Rechtszug und der dort gestellten Anträge wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Sitzungsniederschrift vom 10.02.2021 (II 48) verwiesen.

Aus den Gründen

II.

Die Berufung ist zulässig. Sie erweist sich jedoch als unbegründet.

Die Voraussetzungen einer Mietminderung liegen nicht vor (1.). Die Leistung der Kläger als Vermieter ist diesen auch nicht unmöglich geworden (2.). Eine Anpassung des Vertrags nach § 313 BGB findet vorliegend ebenfalls nicht statt (3.).

1. Zutreffend hat das Landgericht die Voraussetzungen einer Mietminderung nach § 536 Abs.1 BGB verneint.

Gemäß § 536 Abs. 1 BGB ist die vereinbarte Miete kraft Gesetzes gemindert, wenn die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel aufweist, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt oder (erheblich) mindert, oder ein solcher Mangel während der Mietzeit entsteht. Ein derartiger Mangel ist dann gegeben, wenn der tatsächliche Zustand der Mietsache vom vertraglich vorausgesetzten Zustand abweicht. Der vertraglich geschuldete Zustand bestimmt sich in erster Linie nach den Beschaffenheitsvereinbarungen der Mietvertragsparteien, die auch durch schlüssiges Verhalten (konkludent) getroffen werden können. Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung können dabei auch Umstände sein, die von außen auf die Mietsache unmittelbar einwirken (so genannte Umweltfehler), wie etwa Emissionen, denen die Mietsache ausgesetzt ist. Soweit Parteiabreden zur Beschaffenheit der Mietsache fehlen, wird der zum vertragsgemäßen Gebrauch geeignete Zustand unter Berücksichtigung des vereinbarten Nutzungszwecks und des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nach der Verkehrsanschauung bestimmt (BGH, Urteil vom 19.12.2012, VIII ZR 152/12, bei juris Rn. 8). Ergeben sich aufgrund von gesetzgeberischen Maßnahmen während eines laufenden Mietverhältnisses Beeinträchtigungen des vertragsmäßigen Gebrauchs eines gewerblichen Mietobjekts, kann dies nachträglich einen Mangel im Sinne von § 536 Abs. 1 S. 1 BGB begründen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die durch die gesetzgeberische Maßnahme bewirkte Gebrauchsbeschränkung unmittelbar mit der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage des Mietobjekts in Zusammenhang steht. Andere gesetzgeberische Maßnahmen, die den geschäftlichen Erfolg beeinträchtigen, fallen dagegen in den Risikobereich des Mieters. Denn der Vermieter von Gewerberäumen ist gemäß § 535 Abs. 1 S. 2 BGB lediglich verpflichtet, den Mietgegenstand während der Vertragslaufzeit in einem Zustand zu erhalten, der dem Mieter die vertraglich vorgesehene Nutzung ermöglicht. Das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache trägt bei der Gewerberaummiete dagegen grundsätzlich der Mieter. Dazu gehört vor allem das Risiko, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können. Erfüllt sich die Gewinnerwartung des Mieters aufgrund eines nachträglich eintretenden Umstands nicht, so verwirklicht sich damit ein typisches Risiko des gewerblichen Mieters. Das gilt auch in Fällen, in denen es durch nachträgliche gesetzgeberische oder behördliche Maßnahmen zu einer Beeinträchtigung des Gewerbebetriebs des Mieters kommt (vgl. BGH, Urteil vom 13.07.2011, XII ZR 189/09, bei juris Rn. 9 zu einem Pachtverhältnis). Diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt im Gegensatz zu der von der Beklagten und dem Landgericht München I im Urteil vom 22.09.2020 (3 O 4495/20) herangezogenen Rechtsprechung des Reichsgerichts für die Annahme eines Mangels einen Objektbezug der Nutzungsbeeinträchtigung voraus. Einen solchen hält auch der Senat als Voraussetzung der Annahme eines Mangels des Mietobjekts für erforderlich.

Durch die behördliche Nutzungseinschränkung ist das streitgegenständliche Mietobjekt daher nicht als mangelhaft im Sinne des § 536 BGB anzusehen. Es fehlt am Objektbezug der behördlichen Schließungsanordnung, die eine Vielzahl an Gewerben, die nicht der Deckung mit Gütern des täglichen Bedarfs dienten, betrafen.

2. Zutreffend hat das Landgericht auch einen Fall der Unmöglichkeit der Leistung der Kläger, mit der Folge, dass die Gegenleistungspflicht der Beklagten entfallen würde, verneint.

Wie oben ausgeführt, ist der Vermieter von Gewerberäumen lediglich verpflichtet, den Mietgegenstand während der Vertragslaufzeit in einem Zustand zu erhalten, der dem Mieter die vertraglich vorgesehene Nutzung ermöglicht. Das Verwendungsrisiko trägt grundsätzlich der Mieter (BGH, Urteil vom 13.07.2011, XII ZR 189/09, bei juris Rn. 9). Vorliegend erfolgte die Vermietung zur Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts mit sämtlichen Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs. Als solche war die Mietsache im vorliegenden Fall auch während der angeordneten Schließung brauchbar. Dass es wegen der angeordneten Schließung tatsächlich nicht zu einem entsprechenden Gebrauch kam, fällt in das Verwendungsrisiko der Beklagten.

3. Zutreffend hat das Landgericht auch gesehen, dass vorliegend eine Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 1 BGB wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nicht in Betracht kommt.

Nach Art. 240 § 7 EGBGB sind hier sowohl das allgemeine Schuldrecht als auch die Gewährleistungsrechte aus dem Mietvertragsrecht anwendbar und werden durch die gesetzliche Vermutung, dass eine Störung der Geschäftsgrundlage vorliegt, ergänzt. Der Gesetzgeber geht dabei davon aus, dass vorrangig Gewährleistungsrechte und die Frage der Unmöglichkeit der Vertragserfüllung zu prüfen sind (BT-Drucks. 19/25322 S. 14/ 15). Beide führen im vorliegenden Fall nicht zu einer Reduzierung der Mietschuld der Beklagten für April 2020 (dazu oben 1. und 2.). Erst danach kann auf die Frage des Vorliegens einer Störung der Geschäftsgrundlage eingegangen werden. Dass eine Störung der Geschäftsgrundlage vorliegt, wird nun „grundsätzlich“ vermutet, wobei Unsicherheiten beseitigt und die außergerichtliche Verhandlungsposition des Gewerberaummieters gestärkt werden sollte (BT-Drucks. 19/25322 S. 14/ 15). Art. 240 § 7 EGBGB schafft eine tatsächliche Vermutung, dass sich ein Umstand im Sinn des § 313 Abs. 1 BGB, der Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach dem Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat. Die Vermutung ist widerleglich und gilt nur für dieses reale Merkmal des § 313 Abs. 1 BGB (BT-Drucks. 19/25322 S. 20). Das normative Merkmal des § 313 Abs. 1 BGB, dass dem einen Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen und gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann, wird von der Vermutungsregelung nicht erfasst (BT-Drucks. 19/25322 S. 21).

Dabei stellt der Gesetzgeber darauf ab, dass im Rahmen der Zumutbarkeit zu prüfen sein wird, wie erheblich die Umsätze zurückgegangen sind und auch, ob der Mieter öffentliche oder sonstige Zuschüsse erhalten hat, mit denen er die Umsatzausfälle infolge staatlicher Beschränkung jedenfalls teilweise kompensieren kann, und ob er Aufwendungen erspart hat (z.B. wegen Kurzarbeitergeld oder weggefallenem Wareneinkauf). Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls § 313 BGB gewährt keine Überkompensation (BT-Drucks. 19/25322 S. 21).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist vorliegend nicht festzustellen, dass es der Beklagten unter Abwägung aller Umstände nicht zuzumuten wäre, an der vertraglich vereinbarten Mietzahlungspflicht festgehalten zu werden. Darauf, ob die gesetzliche Regelung, was die Kläger in Abrede stellen, auch auf Sachverhalte in der Vergangenheit, nämlich die Miete für April 2020 anwendbar ist, kommt es daher hier nicht an.

a. Nach § 313 Abs. 1 BGB kann die Anpassung des Vertrags verlangt werden, wenn sich die Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen und gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Wie oben ausgeführt (1.), trägt im Verhältnis zum Vermieter der Mieter grundsätzlich das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache. Eine Anpassung des Vertrags kann die Beklagte nur dann verlangen, wenn ihr das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. § 313 BGB greift nach der Rechtsprechung erst dann ein, wenn dies zur Vermeidung eines untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit nicht zu vereinbarenden und damit der betroffenen Partei nach Treu und Glauben nicht zuzumutenden Ergebnis unabweislich erscheint (vgl. BGH, Urteil vom 22.12.2004, VIII ZR 41/04, bei juris Rn. 17). Die Unzumutbarkeit ist aus dem Vergleich von Schuldneraufwand und Leistungserfolg zu bestimmen. Dabei sind nicht nur die Interessen des Schuldners, sondern auch die des Gläubigers mit dem Ziel, die beiderseitigen – widerstreitenden – Interessen auszugleichen, zu berücksichtigen. Dem Schuldner sind Aufwendungen, welche die dem Schuldverhältnis immanente Opfergrenze überschreiten, nicht mehr zumutbar. Diese Opfergrenze wird insbesondere überschritten, wenn die Inanspruchnahme des Schuldners zur Vernichtung seiner Existenz führen würde; unter Umständen genügt auch bereits eine schwere Beeinträchtigung des wirtschaftlichen Fortkommens (vgl. dazu BGH, Urteil vom 15.04.1959, V ZR 3/58, bei juris Rn. 44). Eine Angleichung ist geboten, wenn das Festhalten am Vertrag zu einem untragbaren, mit Recht und Gesetz schlechthin nicht mehr zu vereinbarenden Ergebnis führen würde (BGH, Urteil vom 20.12.2004, VIII ZR 41/04, bei juris Rn. 25).

Dass ein solches schlechthin nicht mehr hinnehmbares Ergebnis anzunehmen wäre, insbesondere die Beklagte in ihrer Existenz gefährdet wäre, wenn sie die Miete für April 2020 bezahlen müsste, ist ihrem Vortrag nicht zu entnehmen. Sie hat zwar einen Umsatzverlust bezogen auf den Gesamtkonzern dargelegt. Wie die streitgegenständliche Filiale wirtschaftlich dasteht, ist dem Vortrag der Beklagten aber nicht zu entnehmen. Es ist im Zusammenhang mit der Existenzgefährdung durchaus zu sehen, dass es sich bei der Beklagten um einen großen Konzern handelt, der wirtschaftlich leistungsfähiger sein kann als die Filialen für sich betrachtet. Für die Frage der Störung des Äquivalenzverhältnisses bezogen auf den streitgegenständlichen Mietvertrag dürfen jedoch auch Leistung und Gegenleistung bezogen auf diese Filiale und damit der konkrete Einzelfall nicht aus dem Blickfeld geraten, da auch die Interessen der (unterschiedlichen) Vermieter Berücksichtigung finden müssen.

Hier hat die Beklagte eine Aufstellung der Nettoumsätze aller Filialen in Deutschland von Januar 2018 bis April 2020 einschließlich vorgelegt. Unterstellt man, dass diese auch die Umsatzentwicklung in der streitgegenständlichen Filiale wiederspiegeln, ist ein Umsatzeinbruch in den Monaten März und April 2020 zu sehen. Dass dieser allerdings allein auf den Schließungen und nicht auch auf bereits seit Anfang März zu beobachtender Zurückhaltung der Käufer, also einer unstreitig in das Risiko der Beklagten fallenden Änderung des Konsumverhaltens, beruht, ist diesen Zahlen nicht zu entnehmen. Obwohl das Landgericht bereits in der mündlichen Verhandlung (I 75) darauf hingewiesen hatte, dass eine Existenzgefährdung nicht dargelegt sei, und auch das Urteil auf die fehlende Darlegung einer zur Unzumutbarkeit führenden wirtschaftlichen Beeinträchtigung gestützt hatte (LGU 14/ 15), hat sich die Beklagte damit weder in erster Instanz noch in der Berufungsbegründung dezidiert auseinandergesetzt.

Zutreffend hat das Landgericht gesehen, dass nicht isoliert die Umsatzeinbußen in den von der Schließung betroffenen Monaten betrachtet werden können, und dass auch staatliche Hilfen, wie das Kurzarbeitergeld, in die Abwägung einzubeziehen sind. Auch wenn diese die Kosten nicht insgesamt ausgeglichen haben, ist für die Frage der wirtschaftlich unzumutbaren Beeinträchtigung zu berücksichtigen, ob von anderer Seite eine Partei wirtschaftliche Unterstützung erhalten hat. Ebenso kann nicht unberücksichtigt bleiben, ob mit nicht verkauften, aber noch verkäuflichen Warenvorräten, Vermögenswerte noch vorhanden sind. Diese binden zwar Liquidität der Beklagten, können aber im Rahmen einer wirtschaftlichen Betrachtung nicht außer Betracht bleiben.

Vorliegend ist dem Vortrag der Beklagten auch in der Berufung weder bezogen auf die streitgegenständliche Filiale noch bezogen auf den Gesamtkonzern zu entnehmen, in welchem Umfang als Folge der Schließung im Frühjahr 2020 die Umsätze und Gewinne und damit im Ergebnis auch das Vermögen der Beklagten so beeinträchtigt wurden, dass ihr ein Festhalten am Vertrag nicht zugemutet werden könnte. Weder legt die Beklagte offen, wieviel staatliche Leistungen, insbesondere Kurzarbeitergeld, sie erhalten hat, und welche Aufwendungen sie durch die Kurzarbeit erspart hat, noch welche Warenwerte an verkäuflichen Waren, die die Anschaffungskosten im weiteren Verlauf senken, weiter vorhanden sind. Die Bezugnahme auf die erneuten im Dezember 2020 behördlich verordneten und zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch andauernden Schließungen vermag den Vortrag zu den Beeinträchtigungen im Frühjahr nicht zu ersetzen. Die Einbußen, die die Beklagte durch die erneute Schließung ab Mitte Dezember 2020 erleidet, können auch nicht in die Abwägung der Zumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag für die Monatsmiete im April 2020 einbezogen werden. Insoweit handelt es sich um einen neuen Sachverhalt. Gegenstand dieses Rechtsstreits ist allein die Miete für April 2020 und nicht die Frage, ob und in welcher Form eine Vertragsanpassung für Zeiträume ab Mai 2020 verlangt werden könnte.

b. Soweit sich die Beklagte auf Stimmen in der Literatur beruft, die unter Berücksichtigung des Umstandes, dass keine der Parteien die Pandemie und die damit verbundenen Geschäftsschließungen und weiteren Folgen habe vorhersehen können, eine hälftige Teilung des Risikos und damit eine hälftige Teilung der Miete annehmen, weshalb es einer Darlegung der Umsatzausfälle nicht bedürfe, überzeugt dies nicht. Zu prüfen ist die Zumutbarkeit bzw. Unzumutbarkeit in jedem Einzelfall. Dieser entzieht sich, wie die unterschiedlichen Stimmen in der Literatur zeigen (vgl. bspw. Häublein/Müller, Wer trägt das Pandemierisiko in der Geschäftsraummiete, NZM 2020, 481, 488 ff), einer pauschalierten Darstellung. Es kann in dem Zusammenhang auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Beklagte im Gegensatz zu den Klägern von staatlichen Transferleistungen wie dem Kurzarbeitergeld profitiert. Zudem zeigt sich unter Berücksichtigung des Umstands, dass im April nach der Schließung nur 10 Öffnungstage zur Verfügung standen, dass hier die Vormonate deutlich übersteigende Tagesumsätze erzielt wurden, so dass ein gewisser Nachholeffekt in diesem Bereich nicht auszuschließen ist. Eine pauschalierte Herabsetzung um die Hälfte lässt außer Betracht, dass möglicherweise, Vortrag der Beklagten hierzu fehlt, ein Teil der Umsätze nach Beendigung des Lockdown auch nach April 2020 nachgeholt werden konnte, da anders als in der Gastronomie oder der Veranstaltungsbranche zunächst nicht verkaufte Ware, soweit es sich nicht um Osterartikel gehandelt hat, grundsätzlich zu einem späteren Zeitpunkt verkauft werden kann.

c. Somit fehlt es bereits an einer Darlegung der Unzumutbarkeit der Zahlung der Miete für den Monat April 2020, weshalb die Berufung der Beklagten keinen Erfolg haben kann.

Auf die Frage, inwieweit die wirtschaftlichen Verhältnisse der Kläger durch die behördlich angeordneten Schließungen betroffen sind und ob diesen eine Vertragsanpassung zuzumuten wäre, kommt es derzeit nicht an, da bereits nicht festgestellt werden konnte, dass die Beklagte in so unzumutbarer Weise betroffen sein könnte, dass eine Vertragsanpassung im Sinne einer Herabsetzung der Miete geboten wäre.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit wurde gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO angeordnet.

Vor dem Hintergrund der in Literatur und Rechtsprechung streitigen Fragen zum Vorliegen eines Mangels des Mietobjekts durch die angeordneten Schließungen, der Unmöglichkeit der Leistung der Vermieter, die zu einer Minderung der Miete bzw. zu einem Wegfall der Mietzahlungspflicht der Beklagten führen würden, ohne dass es auf die in ihrer Erforderlichkeit ebenfalls umstrittene Darstellung der Unzumutbarkeit des Festhaltens am unveränderten Vertragsverhältnis ankäme, hat der Senat zur Fortbildung des Rechts die Revision zugelassen (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

Landgericht München II

 

Az.: 13 O 2044/20

Urteil vom 06.10.2020

 

Tenor
 

1.Das Anerkenntnis- und Vorbehaltsurteil vom 29.07.2020 wird unter Wegfall des Vorbehalts aufrechterhalten.
 
2.Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
 
3.Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.  


Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung von Geschäftsraummiete.

Die Klägerin vermietet an die Beklagte aufgrund Mietvertrages vom 23./27.04.2009, der durch einen Nachtrag vom 11.12.2009/07.01.2010 ergänzt wurde, Geschäftsräume im Anwesen A. Straße XX in … Der monatliche Mietzins beträgt 4.649,40 € netto zuzüglich 190 € Betriebskostenvorauszahlung und Umsatzsteuer in Höhe von 19%. Insgesamt beläuft sich der danach monatlich zu zahlende Betrag auf 5.758,89 €. Für die Einzelheiten des Mietvertrages wird auf die Anlagen K 1 und K 2 Bezug genommen. Die Beklagte betreibt in den Mieträumen ein Einzelhandelsgeschäft, in welchem vor allem Textilien verkauft werden.

Mit Allgemeinverfügung vom 16.03.2020, Aktz.: 51b-G8000-2020/122-67, ordneten die Bayerischen Staatsministerien für Gesundheit und Pflege und für Familie, Arbeit und Soziales vor dem Hintergrund der Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus unter anderem die Schließung von Einzelhandelsgeschäften jeder Art in Bayern an, soweit sie nicht einer Ausnahmeregelung in Ziffer 4 der Allgemeinverfügung unterfielen. Das Einzelhandelsgeschäft der Beklagten wurde von der Ausnahmeregelung nicht erfasst. Die Beklagte musste daher ihr Geschäft im Anwesen A. Straße XX in … am 18.03.2020 schließen. Im Anschluss an die bis 31.03.2020 befristete Allgemeinverfügung ordneten die 1. Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vom 27.03.2020 in § 2 Abs. 4 und sodann die 2. Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vom 16.04.2020 in § 2 Abs. 4 und 5 eine grundsätzlich fortdauernde Betriebsuntersagung für Einzelhandelsgeschäfte in Bayern an, welche auch das Einzelhandelsgeschäft der Beklagten erfasste. Die Beklagte konnte ihr Geschäft erst wieder am 27.04.2020 öffnen, musste aber strenge Auflagen zur Durchführung von Hygienemaßnahmen einhalten.

Die Beklagte hat die Miete und den Betriebskostenvorschuss für den Monat April 2020 nicht gezahlt.

Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte sei unbeschadet der SARS-CoV-2 Pandemie und der damit verbunden Auswirkungen, namentlich der Betriebsschließung des Einzelhandelsgeschäfts der Beklagten in der Zeit vom 18.03.2020 bis 27.04.2020, zur Zahlung der Miete verpflichtet. Das mit der Nutzung der Mietsache verbundene wirtschaftliche Risiko liege bei der Beklagten.

Die Klägerin hat mit Klageschrift vom 28.05.2020, bei Gericht eingegangen am 29.05.2020, und an die Beklagte zugestellt am 19.06.2020 Klage im Urkundsprozess erhoben.

Die Klägerin beantragte ursprünglich, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 5.758,89 € nebst Zinsen in Höhe von 9%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 08.04.2020 zu zahlen.

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 17.07.2020 den Anspruch der Klägerin im Urkundsverfahren anerkannt, sich aber die Geltendmachung von Rechten im Nachverfahren vorbehalten.

Das Landgericht München II hat die Beklagte durch Anerkenntnis- und Vorbehaltsurteil vom 29.07.2020 dem Anerkenntnis gemäß verurteilt.

Mit Schriftsatz vom 03.08.2020 beantragte die Beklagte das Nachverfahren durchzuführen. Im Nachverfahren beantragt die Beklagte, das Anerkenntnis-Vorbehaltsurteil vom 29.07.2020 aufzuheben und die Klage abzuweisen. Mit der Miete für Monat März 2020 hat sie, soweit sie auf den Zeitraum der Schließung entfiel, hilfsweise die Aufrechnung erklärt.

Die Beklagte trägt vor, sie sei durch die wegen der SARS-CoV-2 Pandemie angeordneten Schließungen ihrer Geschäfte in eine wirtschaftlich kaum noch zu beherrschende Situation geraten. Die Beklagte habe im Monat März 2020 einen Umsatzrückgang von 47,68% und im April 2020 von 78,56% erlitten. Die Schließung ihrer Filialen habe zu einer ganz erheblichen Liquiditätslücke geführt, so dass eine Mietzahlung im April 2020 nicht möglich gewesen sei. Im Bereich des Onlinehandels der Beklagten sei es nicht zu einem Umsatzanstieg gekommen. Die Beklagte habe, von Kurzarbeitergeld abgesehen, keine staatlichen Hilfen erhalten.

Die Beklagte ist der Auffassung, das Auftreten der Covid-19 Pandemie und die damit verbunden wirtschaftlichen Auswirkungen berechtigten sie zu einer Minderung des Mietzinses wegen eines Mangels, bedingten aber jedenfalls eine Anpassung des Mietvertrages unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage. Es liege auch eine rechtliche Unmöglichkeit hinsichtlich der Pflicht zur Überlassung der Mietsache vor. In der Folge all dessen entfalle die Verpflichtung zur Mietzinszahlung.

Die Klägerin beantragt im Nachverfahren, das Anerkenntnis-Vorbehaltsurteil im Urkundsprozess des Landgerichts München II vom 29.07.2020 für vorbehaltlos zu erklären. Weiter beantragte die Klägerin im Hinblick auf die Miete für den Monat Mai 2020, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 5.758,89 € nebst Zinsen in Höhe von 9%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.05.2020 zu zahlen.

Zur Begründung der Klageerweiterung führte die Klägerin aus, dass die Beklagte die Miete für den Monat Mai 2020 nur unter Vorbehalt der Rückforderung ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht gezahlt habe, so dass der Zahlung keine Erfüllungswirkung zukomme.

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 11.09.2020 den Vorbehalt der Rückforderung bezüglich der Miete für den Monat Mai 2020 zurückgenommen. Die Parteien haben den Rechtsstreit im Hinblick auf die Miete für den Monat Mai 2020 übereinstimmend für erledigt erklärt.

Das Landgericht München II hat am 22.09.2020 mündlich zur Sache verhandelt. Im Übrigen wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteivertreter nebst Anlagen Bezug genommen.


Entscheidungsgründe


Die zulässige Klage ist vollumfänglich begründet. Das Vorbehaltsurteil vom 29.07.2020 war daher für vorbehaltlos zu erklären.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Mietzins in Höhe von 5.758,89 € aus dem zwischen den Parteien bestehenden Mietvertrag in Verbindung mit § 535 Abs. 2 BGB.

Die Verpflichtung zur Mietzinszahlung ist nicht nach § 536 Abs. 1 BGB entfallen. Das Auftreten der SARS-CoV-2 Pandemie und die in der Folge der Pandemie durch die Allgemeinverfügung und die Infektionsschutzmaßnahmenverordnungen der Bayerischen Staatsministerien für Familie, Arbeit und Soziales bzw. für Gesundheit und Pflege bedingte Schließung des Ladengeschäfts der Beklagten führen nicht zu einer Mangelhaftigkeit der Mietsache. Zwar können auch behördliche und gesetzliche Anordnungen als aus dem Umfeld der Mietsache stammende Einwirkungen die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache beeinträchtigen. Sie führen jedoch nur dann zu einem Mangel im Sinne des § 536 Abs. 1 BGB, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang mit der Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage der Mietsache vorliegt. Sonstige behördliche oder gesetzliche Maßnahmen, die die Nutzbarkeit der Mietsache und den wirtschaftlichen Erfolg des Mieters beeinträchtigen, fallen in den Risikobereich des Mieters (Häublein, in MüKo, BGB, 8. Aufl. 2020, § 536 Rn. 24 f.; BGH NJW 2011, 3151). Das Auftreten der SARS-CoV-2 Pandemie steht in keinem Zusammenhang mit dem Mietobjekt. Die in der Folge ergriffenen behördlichen Maßnahmen und erlassenen Rechtsverordnungen dienten dem Schutz der Gesamtbevölkerung vor Ansteckung und sollten einer Überlastung des Gesundheitswesens durch stark steigende Fallzahlen mit Covid-19 Erkrankungen entgegenwirken. Die Anordnung der Schließung von Einzelhandelsgeschäften, die als eine von zahlreichen Maßnahmen dem Ziel diente, das Zusammentreffen von Menschen zu beschränken, erfasste ganz Bayern. Daher stehen diese allgemeinen Maßnahmen zum Gesundheitsschutz nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage der Mietsache (vgl. auch LG Heidelberg, Urteil vom 30.07.2020, 5 O 66/20).

Die Verpflichtung zur Mietzinszahlung ist auch nicht nach §§ 326 Abs. 1, 275 Abs. 1 BGB entfallen. Die Hauptleistungspflicht der Klägerin als Vermieterin besteht in der Überlassung der Mietsache zum bestimmungsgemäßen Gebrauch. Diese Pflicht hat die Klägerin unstreitig erfüllt. Eine Unmöglichkeit der Leistungserbringung liegt daher nicht vor. Es bestand aber auch keine rechtliche Unmöglichkeit. Die rechtliche Unmöglichkeit setzt voraus, dass der vertraglich geschuldete Erfolg nicht eintreten kann, weil ihn die Rechtsordnung nicht anerkennt oder aber der Schuldner aus rechtlichen Gründen nicht leisten darf (Ernst, in MüKo BGB, 8. Aufl. 2019, § 275 Rn. 41 f.). Beide Fälle liegen erkennbar nicht vor. Die mietvertragliche Überlassung von Gewerberäumen zum Betrieb eines Handelsunternehmens ist in der Rechtsordnung ohne weiteres anerkannt. Die Vermietung der Klägerin an die Beklagte verstößt auch nicht gegen ein gesetzliches Verbot. Das Risiko die Mietsache dem Betriebskonzept gemäß nutzen zu können, liegt nach § 537 Abs. 1 BGB beim Vermieter (vgl. auch LG Heidelberg, Urteil vom 30.07.2020, 5 O 66/20).

Eine Anpassung des Mietvertrages nach § 313 Abs. 1 BGB, die zu einer Reduzierung oder gar dem Wegfall der Mietzinszahlungspflicht führen könnte, ist nicht vorzunehmen. Dabei kann dahinstehen, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage überhaupt erfüllt sind. Denn die Vorschrift des § 313 BGB ist im vorliegenden Fall nicht anzuwenden. Nach § 537 Abs. 1 BGB liegt das Risiko die in mangelfreiem Zustand überlassene Mietsache den eigenen wirtschaftlichen Zwecken gemäß verwenden zu können beim Mieter. Hierunter fällt auch, dass es dem Mieter gelingt, sein Betriebskonzept umzusetzen, dass prognostizierte Kunden- und Umsatzzahlen erreicht werden und dass er Gewinn erzielt (Finkenauer, in MüKo BGB, 8. Aufl. 2019, § 313 Rn. 223 m.w.N.; BGH NJW 2006, 899). Zwar könnte etwas anderes gelten, wenn durch unvorhergesehene Umstände der Geschäftsbetrieb dauerhaft nicht aufrechterhalten werden kann und dadurch der Mieter in eine wirtschaftliche Notlage gerät. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Die Beklagte musste ihr Geschäft für die Dauer von circa fünf Wochen schließen. Hierbei handelt es sich um einen, insbesondere angesichts des seit 2009 laufenden langfristigen Mietvertrages, überschaubaren Zeitraum. Die Schließung erfolgte nur vorübergehend. Der Geschäftsbetrieb kann seit dem 27.04.2020 wieder betrieben werden. Zwar führen die erforderlichen Hygienemaßnahmen zu einem zusätzlichen Aufwand und es mag nach der Wiedereröffnung eine Kaufzurückhaltung beim Publikum zu beobachten sein. Vor dem Hintergrund der hier vorliegenden langfristigen Vermietung ist es aber geboten, die wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Äquivalenz der vertraglichen Leistung und Gegenleistung ebenfalls längerfristig zu betrachten. Danach ist festzustellen, dass ein Umsatzausfall über fünf Wochen bei der Betrachtung der mehrjährigen wirtschaftlichen Entwicklung, die von der konjunkturellen Entwicklung, der Entwicklung des Kundenzuspruchs, der Entwicklung der Wettbewerbssituation und der Entwicklung des Stadtteils, in dem sich das Geschäft befindet, abhängig ist, nicht erheblich ins Gewicht fällt. Hinzu kommt, dass durch die gesetzlichen Regelungen zum Kurarbeitergeld die Lohnkosten der Beklagten in erheblichem Umfang ausgeglichen werden. Die besondere wirtschaftliche Belastung der Beklagten liegt darin, dass nicht nur das streitgegenständliche Ladengeschäft, sondern alle Filialen der Beklagten in Deutschland in etwa zeitgleich schließen mussten und dadurch in der Summe hohe Umsatzausfälle zu verzeichnen waren. Hierbei handelt es sich aber um einen Umstand, der nicht mit der hier streitgegenständlichen Vertragsbeziehung im Zusammenhang steht und dementsprechend auch nicht zur Geschäftsgrundlage des zwischen den Parteien bestehenden Mietvertrages gehört. Daher kommt es auch nicht in Betracht die Klägerin an diesen wirtschaftlichen Kosten der Beklagten, etwa durch eine Absenkung des Mietzinses zu beteiligen.

Die Vorschrift des § 313 BGB ist aber auch deshalb nicht anzuwenden, weil der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19 Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vom 27.03.2020 (BGBBl. I 2020, S. 569) in Artikel 240 EGBGB eine gesetzliche Regelung geschaffen hat, welche vor dem Hintergrund der Pandemie gezielt einzelne Normen des BGB mit dem Ziel einer Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie abgeändert bzw. ergänzt hat. In Artikel 240 § 2 EGBGB hat der Gesetzgeber einzelne mietvertragliche Regelungen aufgenommen, welche nach Artikel 240 § 1 Abs. 4 Nr. 1 EGBGB abschließend sind. Es handelt sich hier um eine spezielle Gesetzesnorm, welche die Folgen der Pandemie für Miet- und Pachtverträge vorrangig regelt und entgegenstehende mietvertragliche Normen ebenso verdrängt, wie die Normen des allgemeinen Schuldrechts zu denen § 313 BGB gehört. Dass es sich bei Artikel 240 EGBGB um eine besondere und vorrangige Regelung handeln soll, ist in Abschnitt B. Ziffer 1. der Begründung des Gesetzentwurfes vom 24.03.2020 (BT-Drucks. 19/18110) festgehalten. Artikel 240 § 2 EGBGB sieht vor, dass ein Vermieter von Grundstücken und Räumen das Mietverhältnis nicht allein aus dem Grund kündigen darf, weil der Mieter mit der Mietzinszahlung für den Zeitraum 01.04.2020 bis 30.06.2020 in Verzug gerät. Eine Reduzierung der Miete im Hinblick auf die nach § 535 Abs. 2 BGB bestehende Pflicht zur Mietzinszahlung sieht Artikel 240 § 2 EGBGB dagegen nicht vor. In Abschnitt B. Ziffer 1. der Begründung des Gesetzentwurfes vom 24.03.2020 heißt es ausdrücklich, dass die Pflicht zur Zahlung der Miete bestehen bleibt. Ausweislich des Berichts des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz vom 25.03.2020 (BT-Drucks. 19/18158) hat die Fraktion Die Linke zum Ausdruck gebracht, dass es vorzugswürdig wäre, würde Mietern ein Teil der Miete erlassen (BT-Drucks. 19/18158, S. 3). Diese Anregung hat jedoch keinen Eingang in das Gesetz gefunden. Vor diesem Hintergrund ist festzustellen, dass Artikel 240 § 2 EGBGB nicht nur die Pflicht zur vollständigen Mietzinszahlung unberührt lässt. Vielmehr hat der Gesetzgeber bewusst auch keine Regelung zur Reduzierung der Mietzahlung aufgenommen, weil er an der Pflicht zur vollständigen Mietzahlung festhalten wollte. Eine Reduzierung des vertraglich geschuldeten Mietzinses unter Rückgriff auf § 313 BGB kommt angesichts des eindeutigen Willens des Gesetzgebers nicht in Betracht.

Die Beklagte war vor diesem Hintergrund auch verpflichtet, die Miete für den Monat März 2020 unbeschadet der Schließung ab dem 18.03.2020 zu bezahlen. Ein Rückforderungsanspruch der Beklagten bestand insoweit nicht. Die hilfsweise erklärte Aufrechnung geht damit ins Leere.

Die Miete ist nach § 3 des Mietvertrages monatlich im Voraus bis zum 5. Tag des Monats zu zahlen. Hierbei handelt es sich um eine nach dem Kalender bestimmte Zeit, wonach die Aprilmiete am 05.04.2020 zu zahlen war. Die Beklagte befand sich daher ab dem 06.04.2020 mit der Mietzinszahlung nach § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB in Verzug, weshalb sie ab diesem Zeitpunkt nach § 288 BGB die Zahlung von Verzugszinsen schuldet.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91 Abs. 1, 91a ZPO. Die Beklagte ist vollumfänglich unterlegen. Die Beklagte wäre auch im Hinblick auf die von der Klägerin für Monat Mai 2020 eingeklagte Miete unterlegen gewesen, hätten die Parteien den Rechtsstreit nicht insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt. Die Beklagte war für Mai 2020 zur Zahlung der Miete nebst des Betriebskostenvorschusses verpflichtet. Die Zahlung unter Vorbehalt der Rückforderung führte nicht zur Erfüllung der Schuld nach § 362 Abs. 1 BGB (BGH vom 15.03.2012, Aktz.: IX ZR 34/11).

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

(1) Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt außer Betracht.

(1a) Für die Dauer von drei Monaten bleibt eine Minderung der Tauglichkeit außer Betracht, soweit diese auf Grund einer Maßnahme eintritt, die einer energetischen Modernisierung nach § 555b Nummer 1 dient.

(2) Absatz 1 Satz 1 und 2 gilt auch, wenn eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder später wegfällt.

(3) Wird dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache durch das Recht eines Dritten ganz oder zum Teil entzogen, so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

(4) Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam.

(1) Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Er hat die auf der Mietsache ruhenden Lasten zu tragen.

(2) Der Mieter ist verpflichtet, dem Vermieter die vereinbarte Miete zu entrichten.

(1) Werden Tatsachen festgestellt, die zum Auftreten einer übertragbaren Krankheit führen können, oder ist anzunehmen, dass solche Tatsachen vorliegen, so trifft die zuständige Behörde die notwendigen Maßnahmen zur Abwendung der dem Einzelnen oder der Allgemeinheit hierdurch drohenden Gefahren. Im Rahmen dieser Maßnahmen können von der zuständigen Behörde personenbezogene Daten erhoben werden; diese dürfen nur von der zuständigen Behörde für Zwecke dieses Gesetzes verarbeitet werden.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 sind die Beauftragten der zuständigen Behörde und des Gesundheitsamtes zur Durchführung von Ermittlungen und zur Überwachung der angeordneten Maßnahmen berechtigt, Grundstücke, Räume, Anlagen und Einrichtungen sowie Verkehrsmittel aller Art zu betreten und Bücher oder sonstige Unterlagen einzusehen und hieraus Abschriften, Ablichtungen oder Auszüge anzufertigen sowie sonstige Gegenstände zu untersuchen oder Proben zur Untersuchung zu fordern oder zu entnehmen. Der Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist verpflichtet, den Beauftragten der zuständigen Behörde und des Gesundheitsamtes Grundstücke, Räume, Anlagen, Einrichtungen und Verkehrsmittel sowie sonstige Gegenstände zugänglich zu machen. Personen, die über die in Absatz 1 genannten Tatsachen Auskunft geben können, sind verpflichtet, auf Verlangen die erforderlichen Auskünfte insbesondere über den Betrieb und den Betriebsablauf einschließlich dessen Kontrolle zu erteilen und Unterlagen einschließlich dem tatsächlichen Stand entsprechende technische Pläne vorzulegen. Der Verpflichtete kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihn selbst oder einen der in § 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 der Zivilprozessordnung bezeichneten Angehörigen der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde; Entsprechendes gilt für die Vorlage von Unterlagen.

(3) Soweit es die Aufklärung der epidemischen Lage erfordert, kann die zuständige Behörde Anordnungen über die Übergabe von in Absatz 2 genannten Untersuchungsmaterialien zum Zwecke der Untersuchung und Verwahrung an Institute des öffentlichen Gesundheitsdienstes oder andere vom Land zu bestimmende Einrichtungen treffen.

(4) Das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Abs. 1 Grundgesetz) wird im Rahmen der Absätze 2 und 3 eingeschränkt.

(5) Wenn die von Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 betroffenen Personen geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt sind, hat derjenige für die Erfüllung der genannten Verpflichtung zu sorgen, dem die Sorge für die Person zusteht. Die gleiche Verpflichtung trifft den Betreuer einer von Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 betroffenen Person, soweit die Erfüllung dieser Verpflichtung zu seinem Aufgabenkreis gehört.

(6) Die Maßnahmen nach Absatz 1 werden auf Vorschlag des Gesundheitsamtes von der zuständigen Behörde angeordnet. Kann die zuständige Behörde einen Vorschlag des Gesundheitsamtes nicht rechtzeitig einholen, so hat sie das Gesundheitsamt über die getroffene Maßnahme unverzüglich zu unterrichten.

(7) Bei Gefahr im Verzuge kann das Gesundheitsamt die erforderlichen Maßnahmen selbst anordnen. Es hat die zuständige Behörde unverzüglich hiervon zu unterrichten. Diese kann die Anordnung ändern oder aufheben. Wird die Anordnung nicht innerhalb von zwei Arbeitstagen nach der Unterrichtung aufgehoben, so gilt sie als von der zuständigen Behörde getroffen.

(8) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Maßnahmen nach den Absätzen 1 bis 3 haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Werden Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt oder ergibt sich, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, so trifft die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen, insbesondere die in den §§ 28a, 28b und 29 bis 31 genannten, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist; sie kann insbesondere Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte oder öffentliche Orte nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten. Unter den Voraussetzungen von Satz 1 kann die zuständige Behörde Veranstaltungen oder sonstige Ansammlungen von Menschen beschränken oder verbieten und Badeanstalten oder in § 33 genannte Gemeinschaftseinrichtungen oder Teile davon schließen. Eine Heilbehandlung darf nicht angeordnet werden. Die Grundrechte der körperlichen Unversehrtheit (Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes), der Freiheit der Person (Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes), der Versammlungsfreiheit (Artikel 8 des Grundgesetzes), der Freizügigkeit (Artikel 11 Absatz 1 des Grundgesetzes) und der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Absatz 1 des Grundgesetzes) werden insoweit eingeschränkt.

(2) Wird festgestellt, dass eine Person in einer Gemeinschaftseinrichtung an Masern erkrankt, dessen verdächtig oder ansteckungsverdächtig ist, kann die zuständige Behörde Personen, die weder einen Impfschutz, der den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission entspricht, noch eine Immunität gegen Masern durch ärztliches Zeugnis nachweisen können, die in § 34 Absatz 1 Satz 1 und 2 genannten Verbote erteilen, bis eine Weiterverbreitung der Krankheit in der Gemeinschaftseinrichtung nicht mehr zu befürchten ist.

(3) Für Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 gilt § 16 Abs. 5 bis 8, für ihre Überwachung außerdem § 16 Abs. 2 entsprechend.

Die Landesregierungen werden ermächtigt, unter den Voraussetzungen, die für Maßnahmen nach den §§ 28 bis 28b und 29 bis 31 maßgebend sind, auch durch Rechtsverordnungen entsprechende Gebote und Verbote zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten zu erlassen. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf andere Stellen übertragen. Die Grundrechte der körperlichen Unversehrtheit (Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes), der Freiheit der Person (Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes), der Freizügigkeit (Artikel 11 Absatz 1 des Grundgesetzes), der Versammlungsfreiheit (Artikel 8 des Grundgesetzes), der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Absatz 1 des Grundgesetzes) und des Brief- und Postgeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) können insoweit eingeschränkt werden.

(1) Durch den Pachtvertrag wird der Verpächter verpflichtet, dem Pächter den Gebrauch des verpachteten Gegenstands und den Genuss der Früchte, soweit sie nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft als Ertrag anzusehen sind, während der Pachtzeit zu gewähren. Der Pächter ist verpflichtet, dem Verpächter die vereinbarte Pacht zu entrichten.

(2) Auf den Pachtvertrag mit Ausnahme des Landpachtvertrags sind, soweit sich nicht aus den §§ 582 bis 584b etwas anderes ergibt, die Vorschriften über den Mietvertrag entsprechend anzuwenden.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

(1) Der Mieter wird von der Entrichtung der Miete nicht dadurch befreit, dass er durch einen in seiner Person liegenden Grund an der Ausübung seines Gebrauchsrechts gehindert wird. Der Vermieter muss sich jedoch den Wert der ersparten Aufwendungen sowie derjenigen Vorteile anrechnen lassen, die er aus einer anderweitigen Verwertung des Gebrauchs erlangt.

(2) Solange der Vermieter infolge der Überlassung des Gebrauchs an einen Dritten außerstande ist, dem Mieter den Gebrauch zu gewähren, ist der Mieter zur Entrichtung der Miete nicht verpflichtet.

Sachverhalt

I.

Die Kläger nehmen die Beklagte auf Zahlung von Mietzins für Gewerberäume im April 2020 in Anspruch.

Die Beklagte betreibt in von den Klägern gemieteten Geschäftsräumen in der N.-Straße in W. eine Filiale eines Marktes. Wegen der Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarungen wird auf die Darstellung im landgerichtlichen Urteil (LGU 2/3) verwiesen.

Die streitgegenständliche Filiale war vom 18.03.2020 bis einschließlich 19.04.2020 wegen § 4 Abs. 1 Nr. 12 der Coronaverordnung vom 17.03.2020 geschlossen. Die Beklagte kündigte am 24.03.2020 an, die Miete für April 2020 nicht zu bezahlen. Mit Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Kläger wurde sie am 01.04.2020 aufgefordert, die Miete fristgerecht zu überweisen. Die Aufforderung blieb erfolglos, die Kläger haben Klage auf Zahlung der Miete für den Monat April 2020 sowie auf Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten erhoben. Die Beklagte hat mit der Klageerwiderung hilfsweise die Aufrechnung mit einem Teil der Miete vom März 2020 erklärt, nachdem die streitgegenständliche Filiale ab dem 20.04.2020 wieder eröffnet werden konnte.

Die Kläger sind der Auffassung, die behördlich angeordnete Schließung der Filiale lasse ihren Anspruch auf Zahlung des Mietzinses für den Gewerberaum nicht entfallen. Es handele sich hierbei nicht um einen Mangel der Mietsache. Da eine Mindestmiete vereinbart worden sei, werde diese unabhängig davon geschuldet, ob in dem Ladengeschäft Umsätze generiert würden oder nicht. Dieses Risiko trage die Beklagte im Verhältnis zu den Klägern allein. Die Gebrauchsüberlassung der Mieträume an die Beklagte sei nicht unmöglich. Für eine Vertragsanpassung nach § 313 BGB fehle es an einer von der Beklagten darzulegenden Existenzgefährdung.

Das Landgericht, auf dessen Urteil wegen des weiteren Sach- und Streitstands im ersten Rechtszug sowie der getroffenen Feststellungen Bezug genommen wird, hat die Beklagte zur Zahlung von 5.081,98 € zuzüglich Zinsen sowie Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten i.H.v. 697,82 € zuzüglich Zinsen verurteilt. Es hat das Vorliegen eines Sachmangels verneint. Die behördliche Anordnung hebe die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch nicht auf und mindere diese auch nicht. Hoheitliche Maßnahmen, die zu einer Gebrauchsbeschränkung führten, begründeten nur dann einen Mangel, wenn sie unmittelbar mit der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage der konkreten Mietsache im Zusammenhang stünden. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Die Rechtsprechung des Reichsgerichts sei wegen des heute in Rechtsprechung und herrschender Lehre vorausgesetzten Objektbezugs der Nutzungsbeeinträchtigung nicht übertragbar. Weiter ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Leistung der Kläger nicht nach § 275 BGB unmöglich geworden sei, da die Kläger die ihnen als Vermieter obliegende Hauptleistungspflicht erfüllen könnten. Das Verwendungsrisiko trage allein die Beklagte. Ob § 313 Abs. 1 BGB vorliegend anwendbar ist und die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen, hat das Landgericht offengelassen, nachdem es eine Unzumutbarkeit für die Beklagte, sich am Vertrag festzuhalten zu lassen, nicht hat feststellen können. Eine Existenzgefährdung oder unzumutbare wirtschaftliche Beeinträchtigung habe die Beklagte nicht dargelegt. Sie habe unberücksichtigt gelassen, dass sie über das staatliche Kurzarbeitergeld Mitarbeiterkosten erspart habe und die Möglichkeit, den Onlinehandel auszuweiten oder dies zumindest zu versuchen, um Umsatzeinbußen auszugleichen, außer Betracht gelassen. Weiter hat das Landgericht unter Berücksichtigung von § 10 des Mietvertrags, der bei erheblicher Veränderung der Charakteristik der Verkehrssituation, der Einzelhandelssituation oder der Straßenführung in Bezug auf die Erreichbarkeit des Mietobjekts lediglich ein Kündigungsrecht der Beklagten mit einer Frist von sechs Monaten zum Monatsende vorgesehen habe, eine Unzumutbarkeit verneint.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Unter Bezugnahme auf ein Urteil des Landgerichts München I vom 22.09.2020 (Az. 3 O 4495/20) geht die Beklagte von einem Mangel der Mietsache aus, der zu einer Minderung der Miete um bis zu 100 % führe. Die Räumlichkeiten seien zur Nutzung als Verkaufsräume, nicht als Lagerräume gemietet worden. Die Benutzbarkeit des Mietobjekts zum vereinbarten Zweck des Verkaufs fehle, weshalb ein zur Minderung berechtigender Mangel vorliege. Der Anteil der Lagerflächen betrage lediglich 5,87 % der Mietflächen. Im Übrigen sei den Klägern durch die Schließungsanordnung in der Coronaverordnung die ihnen obliegende Leistung unmöglich geworden. Zumindest sei wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage der Vertrag nach § 313 BGB anzupassen. Mit der behördlichen Schließungsanordnung sei die Geschäftsgrundlage entfallen, ohne dass das sich verwirklichende Risiko einer Partei zugeordnet werden könne, weshalb eine hälftige Teilung der Miete während der Schließungszeit angemessen sei. Insoweit sei hinsichtlich der Schließungszeit im März eine Aufrechnung mit der vollständig unbezahlten Aprilmiete erfolgt. Die Ausführungen des Landgerichts zur Unzumutbarkeit hält die Beklagte für überflüssig. Das Kriterium der Existenzbedrohung des Gewerberaummieters sei nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Wenn das Landgericht dieses jedoch für wichtig gehalten hätte, hätte das Landgericht den Sachverhalt weiter aufklären müssen. Ein Ausweichen auf den Onlinehandel sei vor dem Hintergrund der Preisstruktur der Beklagten nicht erfolgversprechend gewesen, eine Änderung des Nutzungszwecks scheide schon wegen der erforderlichen behördlichen Genehmigungen, die in kurzer Zeit nicht zu beschaffen seien, aus. Auf den Bezug staatlicher Hilfen in Form von Kurzarbeitergeld komme es nicht an, da hierdurch zwar Kosten gesenkt, jedoch nicht die Kosten der Beklagten gedeckt werden könnten. Einer Vorlage der Gesamtkostenkalkulation der Beklagten bedürfe es insoweit nicht. Im Übrigen habe das Landgericht unberücksichtigt gelassen, dass auch die wirtschaftliche Situation der Klägerseite in die Abwägung der Zumutbarkeit hätte einfließen müssen, diese habe das Landgericht nicht aufgeklärt. Nach Auffassung der Beklagten wären die Mieten für die Zeiten der Schließung jedenfalls hälftig zu teilen gewesen, weshalb die Klage dann in Höhe von 2.756,83 € abzuweisen gewesen wäre.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Heidelberg, Az. 5 O 66/20, vom 30.07.2020, zugestellt am 06.08.2020, aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil als richtig. Weiter machen sie geltend, dass den Klägern, die in demselben Gebäude, in dem die Beklagte Ankermieterin sei, Praxisräumlichkeiten betrieben, eine Herabsetzung der Miete wirtschaftlich nicht zuzumuten sei, nachdem sie zwar nicht von Schließungen betroffen gewesen seien, jedoch erhöhten Aufwand in die Praxisräumlichkeiten im Zusammenhang mit der Coronapandemie hätten. Auch seien ihre Umsätze zurückgegangen, im Gegensatz zu der Beklagten profitierten sie nicht von staatlichen Hilfen wie Kurzarbeitergeld.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands im zweiten Rechtszug und der dort gestellten Anträge wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Sitzungsniederschrift vom 10.02.2021 (II 48) verwiesen.

Aus den Gründen

II.

Die Berufung ist zulässig. Sie erweist sich jedoch als unbegründet.

Die Voraussetzungen einer Mietminderung liegen nicht vor (1.). Die Leistung der Kläger als Vermieter ist diesen auch nicht unmöglich geworden (2.). Eine Anpassung des Vertrags nach § 313 BGB findet vorliegend ebenfalls nicht statt (3.).

1. Zutreffend hat das Landgericht die Voraussetzungen einer Mietminderung nach § 536 Abs.1 BGB verneint.

Gemäß § 536 Abs. 1 BGB ist die vereinbarte Miete kraft Gesetzes gemindert, wenn die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel aufweist, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt oder (erheblich) mindert, oder ein solcher Mangel während der Mietzeit entsteht. Ein derartiger Mangel ist dann gegeben, wenn der tatsächliche Zustand der Mietsache vom vertraglich vorausgesetzten Zustand abweicht. Der vertraglich geschuldete Zustand bestimmt sich in erster Linie nach den Beschaffenheitsvereinbarungen der Mietvertragsparteien, die auch durch schlüssiges Verhalten (konkludent) getroffen werden können. Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung können dabei auch Umstände sein, die von außen auf die Mietsache unmittelbar einwirken (so genannte Umweltfehler), wie etwa Emissionen, denen die Mietsache ausgesetzt ist. Soweit Parteiabreden zur Beschaffenheit der Mietsache fehlen, wird der zum vertragsgemäßen Gebrauch geeignete Zustand unter Berücksichtigung des vereinbarten Nutzungszwecks und des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nach der Verkehrsanschauung bestimmt (BGH, Urteil vom 19.12.2012, VIII ZR 152/12, bei juris Rn. 8). Ergeben sich aufgrund von gesetzgeberischen Maßnahmen während eines laufenden Mietverhältnisses Beeinträchtigungen des vertragsmäßigen Gebrauchs eines gewerblichen Mietobjekts, kann dies nachträglich einen Mangel im Sinne von § 536 Abs. 1 S. 1 BGB begründen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die durch die gesetzgeberische Maßnahme bewirkte Gebrauchsbeschränkung unmittelbar mit der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage des Mietobjekts in Zusammenhang steht. Andere gesetzgeberische Maßnahmen, die den geschäftlichen Erfolg beeinträchtigen, fallen dagegen in den Risikobereich des Mieters. Denn der Vermieter von Gewerberäumen ist gemäß § 535 Abs. 1 S. 2 BGB lediglich verpflichtet, den Mietgegenstand während der Vertragslaufzeit in einem Zustand zu erhalten, der dem Mieter die vertraglich vorgesehene Nutzung ermöglicht. Das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache trägt bei der Gewerberaummiete dagegen grundsätzlich der Mieter. Dazu gehört vor allem das Risiko, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können. Erfüllt sich die Gewinnerwartung des Mieters aufgrund eines nachträglich eintretenden Umstands nicht, so verwirklicht sich damit ein typisches Risiko des gewerblichen Mieters. Das gilt auch in Fällen, in denen es durch nachträgliche gesetzgeberische oder behördliche Maßnahmen zu einer Beeinträchtigung des Gewerbebetriebs des Mieters kommt (vgl. BGH, Urteil vom 13.07.2011, XII ZR 189/09, bei juris Rn. 9 zu einem Pachtverhältnis). Diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt im Gegensatz zu der von der Beklagten und dem Landgericht München I im Urteil vom 22.09.2020 (3 O 4495/20) herangezogenen Rechtsprechung des Reichsgerichts für die Annahme eines Mangels einen Objektbezug der Nutzungsbeeinträchtigung voraus. Einen solchen hält auch der Senat als Voraussetzung der Annahme eines Mangels des Mietobjekts für erforderlich.

Durch die behördliche Nutzungseinschränkung ist das streitgegenständliche Mietobjekt daher nicht als mangelhaft im Sinne des § 536 BGB anzusehen. Es fehlt am Objektbezug der behördlichen Schließungsanordnung, die eine Vielzahl an Gewerben, die nicht der Deckung mit Gütern des täglichen Bedarfs dienten, betrafen.

2. Zutreffend hat das Landgericht auch einen Fall der Unmöglichkeit der Leistung der Kläger, mit der Folge, dass die Gegenleistungspflicht der Beklagten entfallen würde, verneint.

Wie oben ausgeführt, ist der Vermieter von Gewerberäumen lediglich verpflichtet, den Mietgegenstand während der Vertragslaufzeit in einem Zustand zu erhalten, der dem Mieter die vertraglich vorgesehene Nutzung ermöglicht. Das Verwendungsrisiko trägt grundsätzlich der Mieter (BGH, Urteil vom 13.07.2011, XII ZR 189/09, bei juris Rn. 9). Vorliegend erfolgte die Vermietung zur Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts mit sämtlichen Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs. Als solche war die Mietsache im vorliegenden Fall auch während der angeordneten Schließung brauchbar. Dass es wegen der angeordneten Schließung tatsächlich nicht zu einem entsprechenden Gebrauch kam, fällt in das Verwendungsrisiko der Beklagten.

3. Zutreffend hat das Landgericht auch gesehen, dass vorliegend eine Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 1 BGB wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nicht in Betracht kommt.

Nach Art. 240 § 7 EGBGB sind hier sowohl das allgemeine Schuldrecht als auch die Gewährleistungsrechte aus dem Mietvertragsrecht anwendbar und werden durch die gesetzliche Vermutung, dass eine Störung der Geschäftsgrundlage vorliegt, ergänzt. Der Gesetzgeber geht dabei davon aus, dass vorrangig Gewährleistungsrechte und die Frage der Unmöglichkeit der Vertragserfüllung zu prüfen sind (BT-Drucks. 19/25322 S. 14/ 15). Beide führen im vorliegenden Fall nicht zu einer Reduzierung der Mietschuld der Beklagten für April 2020 (dazu oben 1. und 2.). Erst danach kann auf die Frage des Vorliegens einer Störung der Geschäftsgrundlage eingegangen werden. Dass eine Störung der Geschäftsgrundlage vorliegt, wird nun „grundsätzlich“ vermutet, wobei Unsicherheiten beseitigt und die außergerichtliche Verhandlungsposition des Gewerberaummieters gestärkt werden sollte (BT-Drucks. 19/25322 S. 14/ 15). Art. 240 § 7 EGBGB schafft eine tatsächliche Vermutung, dass sich ein Umstand im Sinn des § 313 Abs. 1 BGB, der Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach dem Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat. Die Vermutung ist widerleglich und gilt nur für dieses reale Merkmal des § 313 Abs. 1 BGB (BT-Drucks. 19/25322 S. 20). Das normative Merkmal des § 313 Abs. 1 BGB, dass dem einen Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen und gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann, wird von der Vermutungsregelung nicht erfasst (BT-Drucks. 19/25322 S. 21).

Dabei stellt der Gesetzgeber darauf ab, dass im Rahmen der Zumutbarkeit zu prüfen sein wird, wie erheblich die Umsätze zurückgegangen sind und auch, ob der Mieter öffentliche oder sonstige Zuschüsse erhalten hat, mit denen er die Umsatzausfälle infolge staatlicher Beschränkung jedenfalls teilweise kompensieren kann, und ob er Aufwendungen erspart hat (z.B. wegen Kurzarbeitergeld oder weggefallenem Wareneinkauf). Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls § 313 BGB gewährt keine Überkompensation (BT-Drucks. 19/25322 S. 21).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist vorliegend nicht festzustellen, dass es der Beklagten unter Abwägung aller Umstände nicht zuzumuten wäre, an der vertraglich vereinbarten Mietzahlungspflicht festgehalten zu werden. Darauf, ob die gesetzliche Regelung, was die Kläger in Abrede stellen, auch auf Sachverhalte in der Vergangenheit, nämlich die Miete für April 2020 anwendbar ist, kommt es daher hier nicht an.

a. Nach § 313 Abs. 1 BGB kann die Anpassung des Vertrags verlangt werden, wenn sich die Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen und gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Wie oben ausgeführt (1.), trägt im Verhältnis zum Vermieter der Mieter grundsätzlich das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache. Eine Anpassung des Vertrags kann die Beklagte nur dann verlangen, wenn ihr das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. § 313 BGB greift nach der Rechtsprechung erst dann ein, wenn dies zur Vermeidung eines untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit nicht zu vereinbarenden und damit der betroffenen Partei nach Treu und Glauben nicht zuzumutenden Ergebnis unabweislich erscheint (vgl. BGH, Urteil vom 22.12.2004, VIII ZR 41/04, bei juris Rn. 17). Die Unzumutbarkeit ist aus dem Vergleich von Schuldneraufwand und Leistungserfolg zu bestimmen. Dabei sind nicht nur die Interessen des Schuldners, sondern auch die des Gläubigers mit dem Ziel, die beiderseitigen – widerstreitenden – Interessen auszugleichen, zu berücksichtigen. Dem Schuldner sind Aufwendungen, welche die dem Schuldverhältnis immanente Opfergrenze überschreiten, nicht mehr zumutbar. Diese Opfergrenze wird insbesondere überschritten, wenn die Inanspruchnahme des Schuldners zur Vernichtung seiner Existenz führen würde; unter Umständen genügt auch bereits eine schwere Beeinträchtigung des wirtschaftlichen Fortkommens (vgl. dazu BGH, Urteil vom 15.04.1959, V ZR 3/58, bei juris Rn. 44). Eine Angleichung ist geboten, wenn das Festhalten am Vertrag zu einem untragbaren, mit Recht und Gesetz schlechthin nicht mehr zu vereinbarenden Ergebnis führen würde (BGH, Urteil vom 20.12.2004, VIII ZR 41/04, bei juris Rn. 25).

Dass ein solches schlechthin nicht mehr hinnehmbares Ergebnis anzunehmen wäre, insbesondere die Beklagte in ihrer Existenz gefährdet wäre, wenn sie die Miete für April 2020 bezahlen müsste, ist ihrem Vortrag nicht zu entnehmen. Sie hat zwar einen Umsatzverlust bezogen auf den Gesamtkonzern dargelegt. Wie die streitgegenständliche Filiale wirtschaftlich dasteht, ist dem Vortrag der Beklagten aber nicht zu entnehmen. Es ist im Zusammenhang mit der Existenzgefährdung durchaus zu sehen, dass es sich bei der Beklagten um einen großen Konzern handelt, der wirtschaftlich leistungsfähiger sein kann als die Filialen für sich betrachtet. Für die Frage der Störung des Äquivalenzverhältnisses bezogen auf den streitgegenständlichen Mietvertrag dürfen jedoch auch Leistung und Gegenleistung bezogen auf diese Filiale und damit der konkrete Einzelfall nicht aus dem Blickfeld geraten, da auch die Interessen der (unterschiedlichen) Vermieter Berücksichtigung finden müssen.

Hier hat die Beklagte eine Aufstellung der Nettoumsätze aller Filialen in Deutschland von Januar 2018 bis April 2020 einschließlich vorgelegt. Unterstellt man, dass diese auch die Umsatzentwicklung in der streitgegenständlichen Filiale wiederspiegeln, ist ein Umsatzeinbruch in den Monaten März und April 2020 zu sehen. Dass dieser allerdings allein auf den Schließungen und nicht auch auf bereits seit Anfang März zu beobachtender Zurückhaltung der Käufer, also einer unstreitig in das Risiko der Beklagten fallenden Änderung des Konsumverhaltens, beruht, ist diesen Zahlen nicht zu entnehmen. Obwohl das Landgericht bereits in der mündlichen Verhandlung (I 75) darauf hingewiesen hatte, dass eine Existenzgefährdung nicht dargelegt sei, und auch das Urteil auf die fehlende Darlegung einer zur Unzumutbarkeit führenden wirtschaftlichen Beeinträchtigung gestützt hatte (LGU 14/ 15), hat sich die Beklagte damit weder in erster Instanz noch in der Berufungsbegründung dezidiert auseinandergesetzt.

Zutreffend hat das Landgericht gesehen, dass nicht isoliert die Umsatzeinbußen in den von der Schließung betroffenen Monaten betrachtet werden können, und dass auch staatliche Hilfen, wie das Kurzarbeitergeld, in die Abwägung einzubeziehen sind. Auch wenn diese die Kosten nicht insgesamt ausgeglichen haben, ist für die Frage der wirtschaftlich unzumutbaren Beeinträchtigung zu berücksichtigen, ob von anderer Seite eine Partei wirtschaftliche Unterstützung erhalten hat. Ebenso kann nicht unberücksichtigt bleiben, ob mit nicht verkauften, aber noch verkäuflichen Warenvorräten, Vermögenswerte noch vorhanden sind. Diese binden zwar Liquidität der Beklagten, können aber im Rahmen einer wirtschaftlichen Betrachtung nicht außer Betracht bleiben.

Vorliegend ist dem Vortrag der Beklagten auch in der Berufung weder bezogen auf die streitgegenständliche Filiale noch bezogen auf den Gesamtkonzern zu entnehmen, in welchem Umfang als Folge der Schließung im Frühjahr 2020 die Umsätze und Gewinne und damit im Ergebnis auch das Vermögen der Beklagten so beeinträchtigt wurden, dass ihr ein Festhalten am Vertrag nicht zugemutet werden könnte. Weder legt die Beklagte offen, wieviel staatliche Leistungen, insbesondere Kurzarbeitergeld, sie erhalten hat, und welche Aufwendungen sie durch die Kurzarbeit erspart hat, noch welche Warenwerte an verkäuflichen Waren, die die Anschaffungskosten im weiteren Verlauf senken, weiter vorhanden sind. Die Bezugnahme auf die erneuten im Dezember 2020 behördlich verordneten und zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch andauernden Schließungen vermag den Vortrag zu den Beeinträchtigungen im Frühjahr nicht zu ersetzen. Die Einbußen, die die Beklagte durch die erneute Schließung ab Mitte Dezember 2020 erleidet, können auch nicht in die Abwägung der Zumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag für die Monatsmiete im April 2020 einbezogen werden. Insoweit handelt es sich um einen neuen Sachverhalt. Gegenstand dieses Rechtsstreits ist allein die Miete für April 2020 und nicht die Frage, ob und in welcher Form eine Vertragsanpassung für Zeiträume ab Mai 2020 verlangt werden könnte.

b. Soweit sich die Beklagte auf Stimmen in der Literatur beruft, die unter Berücksichtigung des Umstandes, dass keine der Parteien die Pandemie und die damit verbundenen Geschäftsschließungen und weiteren Folgen habe vorhersehen können, eine hälftige Teilung des Risikos und damit eine hälftige Teilung der Miete annehmen, weshalb es einer Darlegung der Umsatzausfälle nicht bedürfe, überzeugt dies nicht. Zu prüfen ist die Zumutbarkeit bzw. Unzumutbarkeit in jedem Einzelfall. Dieser entzieht sich, wie die unterschiedlichen Stimmen in der Literatur zeigen (vgl. bspw. Häublein/Müller, Wer trägt das Pandemierisiko in der Geschäftsraummiete, NZM 2020, 481, 488 ff), einer pauschalierten Darstellung. Es kann in dem Zusammenhang auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Beklagte im Gegensatz zu den Klägern von staatlichen Transferleistungen wie dem Kurzarbeitergeld profitiert. Zudem zeigt sich unter Berücksichtigung des Umstands, dass im April nach der Schließung nur 10 Öffnungstage zur Verfügung standen, dass hier die Vormonate deutlich übersteigende Tagesumsätze erzielt wurden, so dass ein gewisser Nachholeffekt in diesem Bereich nicht auszuschließen ist. Eine pauschalierte Herabsetzung um die Hälfte lässt außer Betracht, dass möglicherweise, Vortrag der Beklagten hierzu fehlt, ein Teil der Umsätze nach Beendigung des Lockdown auch nach April 2020 nachgeholt werden konnte, da anders als in der Gastronomie oder der Veranstaltungsbranche zunächst nicht verkaufte Ware, soweit es sich nicht um Osterartikel gehandelt hat, grundsätzlich zu einem späteren Zeitpunkt verkauft werden kann.

c. Somit fehlt es bereits an einer Darlegung der Unzumutbarkeit der Zahlung der Miete für den Monat April 2020, weshalb die Berufung der Beklagten keinen Erfolg haben kann.

Auf die Frage, inwieweit die wirtschaftlichen Verhältnisse der Kläger durch die behördlich angeordneten Schließungen betroffen sind und ob diesen eine Vertragsanpassung zuzumuten wäre, kommt es derzeit nicht an, da bereits nicht festgestellt werden konnte, dass die Beklagte in so unzumutbarer Weise betroffen sein könnte, dass eine Vertragsanpassung im Sinne einer Herabsetzung der Miete geboten wäre.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit wurde gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO angeordnet.

Vor dem Hintergrund der in Literatur und Rechtsprechung streitigen Fragen zum Vorliegen eines Mangels des Mietobjekts durch die angeordneten Schließungen, der Unmöglichkeit der Leistung der Vermieter, die zu einer Minderung der Miete bzw. zu einem Wegfall der Mietzahlungspflicht der Beklagten führen würden, ohne dass es auf die in ihrer Erforderlichkeit ebenfalls umstrittene Darstellung der Unzumutbarkeit des Festhaltens am unveränderten Vertragsverhältnis ankäme, hat der Senat zur Fortbildung des Rechts die Revision zugelassen (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

Landgericht Heidelberg 

Az.: 5 O 66/20

Urteil vom 30.07.2020

 

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 5.081,98 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 07.04.2020 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 697,82 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16.04.2020 zu zahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist für die Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert wird auf 5.081,98 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Auswirkungen der wegen der Coronaverordnung erfolgten Anordnung der Schließung der Filiale der Beklagten in W. vom 18.03.2020 bis 19.04.2020. Die Beklagte hat deshalb die Miete für April 2020 nicht gezahlt. Bezüglich der Wiedereröffnung am 20.04.2020 hat sie hilfsweise die Aufrechnung wegen Überbezahlung der Miete für März 2020 geltend gemacht.

Die Kläger sind die Vermieter und die Beklagte ist die Mieterin der Geschäftsräume im Anwesen N. Str. 4 in 74XXX W.. Die vereinbarte monatliche Sockelmiete beträgt einschließlich der vereinbarten Nebenkostenvorauszahlung und der Mehrwertsteuer 5.081,98 €. Die Geschäftsräume wurden dabei zur Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts mit sämtlichen Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs vermietet.

Ursprünglich wurde der Mietvertrag am 31.07.2014 bzw. 05.08.2014 zwischen der Beklagten und der Rechtsvorgängerin der Kläger, Frau P. D., abgeschlossen (Anlage B2). In diesem war unter § 3 eine Sockelmiete in Höhe von 2.500,00 € zzgl. Mehrwertsteuer und darüber hinaus eine Erhöhung dieses Sockelbetrages abhängig vom jeweiligen Jahresumsatz vereinbart. Außerdem enthält er unter § 10 folgende Regelung:

„Bei erheblicher Veränderung der Charakteristik der Verkehrssituation, der Einzelhandelssituation oder Straßenführung in Bezug auf die Erreichbarkeit des Objektes steht der Mieterin ein Kündigungsrecht mit einer sechsmonatigen Frist zum Monatsende zu.


Am 27.12.2016 haben die hiesigen Parteien den Nachtrag Nr. 1 (Anlage K5) zu diesem Mietvertrag abgeschlossen. In diesem ist eine Sockelmiete von 5 € pro Quadratmeter zzgl. Betriebskostenvorauszahlung und Mehrwertsteuer geregelt, darüber hinaus heißt es auszugsweise unter 3. Miete:

„Ab einem Nettojahresumsatz von € 500.000 erhöht sich der monatlich zu zahlende Mietzins auf 4.200,00 € (netto).

Ab einem Nettojahresumsatz von € 600.000 erhöht sich der monatlich zu zahlende Mietzins auf 4.700,00 € (netto).

Ab einem Nettojahresumsatz von € 700.000 erhöht sich der monatlich zu zahlende Mietzins auf 5.200,00 € (netto).

Innerhalb von 3 Monaten nach Ablauf eines Kalenderjahres wird die Mieterin dem Vermieter eine Aufstellung über die in dem abgelaufenen Kalenderjahr getätigten Umsätze übergeben, den die (Jahres-) Sockelmiete übersteigenden Betrag der Umsatzmiete errechnen und die betreffende Restmietzahlung an den Vermieter leisten.“

Zwischen dem 18.03.2020 bis einschließlich 19.04.2020 kam es zur Schließung der streitgegenständlichen Filiale in W. gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 12 der Coronaverordnung vom 17.03.2020. Dabei wurde ein Großteil der Belegschaft in Kurzarbeit geschickt.

Mit Schreiben vom 24.3.2020 (Anlage K2) teilte die Beklagte mit, dass sie die Miete für April 2020 zunächst nicht zahlen wird. Mit anwaltlichem Schreiben vom 01.04.2020 (Anlage K3) wurde die Beklagte aufgefordert, die Miete fristgerecht bis zum 03.04.2020 zu überweisen und die vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten der Kläger bis zum 15.04.2020 zu zahlen.

Mit Schriftsatz vom 11.05.2020 (Klageerwiderung) hat die Beklagte, soweit das Mietobjekt ab dem 20.04.2020 wieder geöffnet werden konnte, hilfsweise die Aufrechnung mit einem Teil der Miete März 2020 in Höhe von 2.134,43 € während des Zeitraums der Schließung erklärt.

Die Kläger sind der Ansicht, die Beklagte hätte die Miete ohne Rechtsgrund nicht gezahlt.

Insbesondere könne die Beklagte die Miete nicht nach § 536 BGB mindern. Zwar enthalte § 1 des ursprünglichen Mietvertrages einen Verwendungszweck, allerdings sei die Nutzung durch die Beklagte zu keiner Zeit beeinträchtigt gewesen. Die Formulierung der Gesetzesbegründung anlässlich der Neuregelung des Artikel 240 § 2 EGBGB – „die Verpflichtung der Mieter zur Zahlung der Miete bleibt im Gegenzug im Grundsatz bestehen“ – zeige, dass aufgrund des Verwendungsrisikos des Mieters eine Minderung der Miete ausgeschlossen sei. Gerade die zwischen den Parteien vereinbarte Umsatzmiete spreche gegen eine Mietminderung. Es sei eine Mindestmiete vereinbart worden, die unabhängig davon geschuldet werde, ob in dem Ladengeschäft Umsatz erzielt werde oder nicht. Maßgeblich für die Bemessung der Miete sei der Jahresumsatz und nicht der Umsatz einzelner Monate. Dies lasse sich erst zum 31.3.2021 bestimmen. Der Mietvertrag weise deshalb gerade der Beklagten das Risiko zu, welche Umsätze realisiert werden. Eine Beteiligung der Kläger ergebe sich erst bei einem besonders erfolgreichen Geschäftsjahr. Ein Umfeldmangel liege nicht vor.

Auch eine Unmöglichkeit der Gebrauchsüberlassung liege nicht vor, da die Beklagte die Räumlichkeiten zumindest als Lagerraum und im Hinblick auf das Online-Geschäft auch zum Vertrieb von Waren genutzt habe.

Bezogen auf die konkrete Situation der Beklagten scheide auch eine Vertragsanpassung nach § 313 BGB aus. Die von der Beklagten aufgezeigten – und bestrittenen – Umsatzzahlen seien unzureichend – aus diesen ergebe sich eine Existenzgefährdung nicht – zumal es sich bei der Beklagten um ein weltweit tätiges Unternehmen handele.

Die Kläger beantragen, die Beklagte zu veruteilen , an die Kläger 5.081,98 € zzgl. 5 %-Punkten Zins über dem Basiszinssatz seit 07.04.2020 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 697,82 € zzgl. 5 %-Punkten Zins über dem Basiszinssatz seit 16.04.2020 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, Klageabweisung.

Die Beklagte behauptet, sie habe im März 2020 einen Rückgang des Nettoumsatzes gegenüber dem Durchschnitt der Jahre 2018/2019 von 45,42 % und im April 2020 in Höhe von 39,25 % zu verzeichnen gehabt. Sie setze im Regelbetrieb zwischen 5 und 7 Millionen Euro netto pro Tag in ihren Filialen um. Eine Verlagerung auf den Onlinehandel habe nicht stattgefunden, was im Wesentlichen daran liege, dass die von der Beklagten angebotenen Produkte im Regelfall niedrigpreisig seien und sich ein Onlinekauf für den Kunden in Anbetracht der Verpackungs- und Versandkosten nur eingeschränkt lohne. Bei den Osterartikeln würde es sich zudem um Mitnahmeartikel handeln, die nur dann mitgenommen würden, wenn sich der Kunde ohnehin zum Textilkauf in der Filiale aufhalte. Die Beklagte habe keinerlei staatliche Hilfen erhalten. Diesbezüglich habe die A. Unternehmensberatung GmbH mit Lieferanten und Vermietern verhandelt, die Nutzung von Kurzarbeit koordiniert und geprüft, ob Steuererleichterungen oder staatliche Finanzierungsunterstützung erlangt werden könnten. Eine staatliche Finanzierungsunterstützung habe jedoch nicht erreicht werden können. Sämtliche Filialen der Beklagten (über 3.000) hätten geschlossen werden müssen.

Sie ist der Auffassung, dass sie für die Zeit der Schließung der Filiale nicht verpflichtet sei, Mietzinszahlungen für das streitgegenständliche Objekt zu leisten. Da die Filiale auch im März an 13 von 31 Tagen nicht geöffnet war, ergebe sich diesbezüglich ein Erstattungsanspruch der Beklagten in Höhe von 2.134,43 €.

Es liege entweder ein Sachmangel der Mietsache, eine Unmöglichkeit der Gebrauchsüberlassung oder ein Fall der Anpassung des Mietvertrages im Rahmen der Grundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage vor.

Die Mietzahlungspflicht entfalle gemäß § 536 Abs. 1 S. 1 BGB, da eine Aufhebung der Tauglichkeit zur Nutzung vorliege. Zwar enthalte das BGB, anders als das österreichische allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, keine ausdrückliche Regelung bezüglich der Seuche im Mietrecht, allerdings werde der Mangelbegriff des § 536 BGB fortwährend erweitert. So könne der Mangel auch in einer äußeren Einwirkung auf die Mietsache bestehen (sog. Umwelt- oder Umfeldmangel). Beispiele diesbezüglich seien Baumaßnahmen in Nebengebäuden oder die Sperrung des Zugangsbereichs. „Umfeld“ im Sinne der Umfeldmangel-Rechtsprechung sei im vorliegenden Fall das gesamte Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Es liege ein vergleichbarer Fall wie dem Urteil des Reichsgerichts zum Tanzverbot vom 09.11.1915 (RGZ 87, 277 – III 145/15) und vom 20.02.1917 (RGZ 89, 203 – III 384/16) sowie der Benzintankanlagenentscheidung vom 03.01.1919 (III 271/18) zugrunde. Darüber hinaus enthalte der Mietvertrag einen ausdrücklichen Vertragszweck – nämlich die Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts mit sämtlichen Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs, wobei sich aus der Kurzbaubeschreibung ergebe, dass es sich um ein K.-Ladenlokal handeln solle – welcher die „Sollbeschaffenheit“ darstelle. Diese hätten die Kläger während der Schließung nicht erfüllen können. Hinzu komme, dass sich die Kläger durch die Vereinbarung einer Umsatzmiete am betriebswirtschaftlichen Risiko der Klägerin beteiligt hätten und das Verwendungsrisiko damit zumindest zum Teil auch auf diese übergegangen sei.

Desweiteren liege ein Fall von Unmöglichkeit vor, da der Vertragszweck, der im vorliegenden Fall im Mietvertrag ausdrücklich vereinbart worden sei (siehe oben), infolge der behördlichen Anordnung nicht mehr habe erreicht werden können. Somit liege eine zumindest vorübergehende Unmöglichkeit der vermieterseits geschuldeten Überlassung zum vereinbarten Zweck vor.

Jedenfalls wäre der Mietvertrag auf Grundlage der Grundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB anzupassen. Die entscheidende Veränderung in Form des Auftretens des Corona-Virus und des Erlasses der CoronaVO sei erst nach Vertragsschluss erfolgt und nicht Inhalt des Vertrages. Auch enthielte der Mietvertrag keinerlei Regelungen für diesen Fall. Es sei jedoch offensichtlich, dass zumindest die Beklagte auf eine Mietpreisanpassungsklausel bestanden hätte, wenn sie diese Situation bei Mietvertragsabschluss vorausgesehen hätte. Ein Festhalten am ursprünglichen Vertrag sei der Beklagten unzumutbar. Sämtliche über 3000 Filialen seien geschlossen worden und es liege ein vergleichbarer Umsatzausfall in allen Filialen vor – insbesondere die Saison- und Osterware habe nicht verkauft werden können. Dadurch sei es zu erheblichen Liquiditätsproblemen gekommen. Die Bezahlung der Miete April 2020 hätte die wirtschaftliche Schieflage der Beklagten ganz erheblich verstärkt. Eine hälftige Teilung der Mietlast sei daher angemessen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrages wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 04.06.2020 verwiesen.

Der Rechtsstreit wurde mit Beschluss vom 27.05.2020 nach § 348 Abs. 3 S. 2 ZPO von der Kammer übernommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Kläger haben aus § 535 Abs. 2 BGB einen Anspruch auf Zahlung der Aprilmiete 2020 in Höhe von 5.081,98 € gegen die Beklagte. Die Aufrechnung der Beklagten geht ins Leere.

Die Beklagte kann die Miete für den Zeitraum der Filialschließung vom 18.03.2020 bis einschließlich 19.04.2020 auch weder nach § 536 Abs. 1 BGB mindern (siehe sogleich 1.), noch liegt eine Unmöglichkeit der Gebrauchsüberlassung nach § 275 BGB mit der Folge des § 326 Abs. 1 BGB vor (siehe 2.). Darüber hinaus ist im vorliegenden Fall auch nicht eine Vertragsanpassung nach § 313 BGB vorzunehmen (siehe 3.).

1. Die Beklagte kann die Miete für den Zeitraum 18.03.2020 bis einschließlich 19.04.2020 nicht nach § 536 Abs. 1 BGB mindern.

Eine ausdrückliche vertragliche Regelung, wie beispielsweise Haftungsausschlüsse oder -beschränkungen oder eine Force-Majeure-Klausel, enthält der zwischen den Parteien geschlossene Mietvertrag bzw. Nachtrag Nr. 1 für den vorliegenden Fall einer behördlich angeordneten Ladenschließung nicht, weshalb sich die Mietzahlungspflicht vorrangig nach dem mietrechtlichen Sachmängelgewährleistungsrecht gemäß §§ 536 ff. BGB bestimmt (Sittner, Mietrechtspraxis unter Covid-19, NJW 2020, 1169).

Gemäß § 536 Abs. 1 BGB ist die vereinbarte Miete kraft Gesetzes gemindert, wenn die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel aufweist, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt oder (erheblich) mindert, oder ein solcher Mangel während der Mietzeit entsteht. Ein derartiger Mangel ist dann gegeben, wenn der tatsächliche Zustand der Mietsache vom vertraglich vorausgesetzten Zustand abweicht. Der vertraglich geschuldete Zustand bestimmt sich in erster Linie nach den Beschaffenheitsvereinbarungen der Mietvertragsparteien, die auch durch schlüssiges Verhalten (konkludent) getroffen werden können. Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung können dabei auch Umstände sein, die von außen auf die Mietsache unmittelbar einwirken (sog. Umweltfehler), wie etwa Immissionen, denen die Mietsache ausgesetzt ist. Soweit Parteiabreden zur Beschaffenheit der Mietsache fehlen, wird der zum vertragsgemäßen Gebrauch geeignete Zustand unter Berücksichtigung des vereinbarten Nutzungszwecks und des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nach der Verkehrsanschauung bestimmt (BGH, Urt. v. 19.12.2012 – VIII ZR 152/12, NJW 2013, 680). Auch öffentlich-rechtliche Gebrauchshindernisse und -beschränkungen können die Tauglichkeit zu dem vertragsgemäßen Gebrauch mindern und damit einen Sachmangel darstellen. Insbesondere bei der Vermietung von Gewerberäumen können privat- oder öffentlich-rechtliche Hindernisse zu einem Mangel führen. Voraussetzung ist aber, dass die Beschränkungen der konkret vermieteten Sache ihre Ursache gerade in deren Beschaffenheit und Beziehung zur Umwelt haben und nicht in den persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters (BGH, Urt. v. 02.03.1994 – XII ZR 175,92, BeckRS 2009, 20713; Urt.v. 13.07.2011 – XII ZR 181/09, NJW 2011, 3151 – Rauchverbot; Eisenschmid in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 14. Auflage 2019, § 536 Rn. 78). Durch hoheitliche Maßnahmen bewirkte Gebrauchsbeschränkungen können deshalb nur dann einen Mangel begründen, wenn sie unmittelbar mit der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage der konkreten Mietsache in Zusammenhang stehen; Maßnahmen, die nur den geschäftlichen Erfolg des Mieters beeinträchtigen, fallen in dessen Risikobereich. § 535 Abs. 1 S. 2 BGB verpflichtet den Vermieter nur, die Mietsache in einem Zustand zu erhalten, der dem Mieter die vertraglich vorgesehene Nutzung ermöglicht, das Verwendungsrisiko trägt hingegen der Mieter allein (Sittner, Mietrechtspraxis unter Covid-19, NJW 2020, 1169).

Ausgehend von diesen rechtlichen Vorgaben liegt im vorliegenden Fall kein Sachmangel vor. Die hoheitlichen Maßnahmen dienen im vorliegenden Fall dem Schutz der Bevölkerung vor allgemeinen gesundheitlichen Gefahren. Sie knüpfen nicht unmittelbar an die konkrete Beschaffenheit der Mietsache an, sondern allein an den Betrieb des jeweiligen Mieters. Die Maßnahmen stellen dabei nicht auf die konkreten baulichen Gegebenheiten ab, sondern allgemein auf die Nutzungsart sowie den Umstand, dass in den betroffenen Flächen Publikumsverkehr stattfindet und dies Infektionen begünstigt (Sittner, Mietrechtspraxis unter Covid-19, NJW 2020, 1169, Daßbach/Bayrak, Corona-Krise und vertragliche Risikoverteilung, NJ 2020, 185, Leo/Götz, Fälle und Lösungen zum Schicksal der Mietzahlungspflicht des Gewerberaummieters in COVID-19-Zeiten, NZM 2020, 402).

Daran ändert auch nichts, dass die streitgegenständlichen Gewerberäume im vorliegenden Fall zur Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts mit sämtlichen Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs vermietet wurden und sich aus der Kurzbaubeschreibung ergibt, dass es sich um ein K.-Ladenlokal handeln sollte. Denn die Mietsache ist zu diesem Zweck weiterhin in gleicher Weise geeignet wie vor dem hoheitlichen Einschreiten. Untersagt ist lediglich dessen Betrieb und zwar losgelöst von Fragen der Beschaffenheit oder Lage der Mietsache. Dieser Umstand fällt jedoch in den Risikobereich des Mieters (Sittner, Mietrechtspraxis unter Covid-19, NJW 2020, 1169).

Auch die beklagtenseits angeführte Rechtsprechung des Reichsgerichts führt nicht zur Annahme eines Sachmangels. Zwar hat das Reichsgericht – darin ist der Beklagten Recht zu geben – im „Tanzlokal-Fall“ angenommen, dass ein Mangel im Sinne von § 537 BGB vorliege, da das Tanzverbot den Pachtgegenstand selbst betroffen habe, in dem es die Ausnutzung der Eigenschaft als Tanzlokal verhindere. Allerdings beruht die im vorliegenden Fall angeordnete Schließung nicht auf einer öffentlich-rechtlich missbilligten Eigenschaft der Mietsache, sondern erfasst Mieträume ausschließlich aufgrund ihrer tatsächlichen Nutzung durch den Mieter. Würde die Beklagte eine noch zulässige Nutzung betreiben oder ihr Nutzungskonzept verändern, bliebe ihr Betrieb zulässig (Zehelein, Infektionsschutzbedingte Schließungsanordnungen in der COVID-19-Pandemie, NZM 2020, 390). Zudem war für das Reichsgericht für die Annahme eines Mangels der Mietsache der heute in Rechtsprechung und herrschender Lehre vorausgesetzte Objektbezug der Nutzungsbeeinträchtigung (noch) nicht von entscheidender Bedeutung, wenn dort allgemein öffentlich-rechtliche Beschränkungen als die Miet- und Pachtsache „betreffend“ für ausreichend erachtet wurden (vgl. RG, Urt.v. 20.02.1917 III 384/18 „Verbot jeglicher Tanzveranstaltung“; Urt. v. 09.11.1915 III 145/15 „polizeiliche Untersagung öffentlicher Tänze“; zur heutigen h.M. Eisenschmid in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 14. Auflage 2019, § 536 Rn. 78 ff.) Entsprechendes gilt für die Benzintankanlagenentscheidung. Dort war eine vertragsgemäße, ebenso wie eine anderweitige Nutzung des Gegenstandes des Vertragsverhältnisses – eine Tankanlage – aufgrund des behördlichen Veräußerungsverbotes für Benzin sowie dessen Beschlagnahme und Verschwinden aus dem Handel nicht mehr möglich, was das Reichsgericht dazu veranlasste, die besondere Einrichtung der Mietsache mit deren Lage gleichzusetzen und deshalb einen Mangel anzunehmen (Urt. v. 03.01.1919, III 271/18). Im vorliegenden Fall handelt es sich aber gerade um solche Beschränkungen, die losgelöst von der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage der Mietsache und daher nach heutigen Maßstäben – in Abkehr zu der Rechtsprechung des Reichsgerichts – nicht als Mangel der Mietsache anzusehen sind.

2. Es liegt auch kein Fall der Unmöglichkeit für die Kläger nach § 275 BGB vor, mit der Folge des Entfalls der Gegenleistungspflicht für die Beklagte nach § 326 Abs. 1 BGB.

Nach § 326 Abs. 1 S. 1 BGB entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung, wenn der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 BGB nicht zu leisten braucht. § 275 Abs. 1 BGB regelt dabei, dass der Anspruch auf Leistung ausgeschlossen ist, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist.

Gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB besteht die Hauptleistungspflicht des Vermieters darin, dem Mieter die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen. § 535 Abs. 1 S.2 BGB wird durch § 537 Abs. 1 S. 1 BGB vervollständigt, der regelt, dass der Mieter von der Entrichtung der Miete nicht dadurch befreit wird, dass er durch einen in seiner Person liegenden Grund an der Ausübung seines Gebrauchsrechts gehindert wird. Dadurch wird deutlich, dass der Vermieter nur eine Gebrauchsmöglichkeit verschaffen muss. Immer wenn der Mieter die Sache nicht gebrauchen kann, weil sie selbst nicht nutzungstauglich ist, geht der Vermieter nach § 326 Abs. 2 oder 536 BGB seines Anspruchs auf die Miete verlustig. Betrifft die Störung dagegen die Nutzungstätigkeit des Mieters, bleibt dieser zur Mietzahlung verpflichtet. Dies gilt nicht nur, wenn ihn der Umstand ganz individuell an der Nutzung der Sache hindert, sondern auch, wenn ein beliebiger anderer Mieter von der Sache nicht den vertragsgemäßen Gebrauch machen könnte. Dies lässt die Verpflichtung zur Mietzahlung nicht entfallen, solange es nicht an der Sache selbst liegt, dass sie nicht bestimmungsgemäß verwendet werden kann. Dies kommt vor allem durch die in der Rechtsprechung zu findenden Aussage, durch § 537 BGB sei das Verwendungsrisiko dem Mieter zugewiesen, zum Ausdruck. Dass es ihm zugewiesen ist, liegt nur daran, dass die Vermieterleistung nicht mehr die Nutzung der Mietsache einschließt, sondern sich auf deren Bereitstellung im gebrauchstauglichen Zustand beschränkt (Harke in beckOK, BGB, 01.07.2020, § 537 Rn. 10, 10.1). Wie auch im Rahmen von § 536 BGB können danach allenfalls solche Störungen zu einer Unmöglichkeit führen, die in der Beschaffenheit, der Lage oder dem Zustand der Mietsache begründet sind. Aus diesem Grunde werden die Vorschriften des allgemeinen Leistungsstörungsrechts nach Übergabe der Mietsache durch das besondere mietrechtliche Gewährleistungssystem verdrängt (Sittner, Mietrechtspraxis unter Covid-19, NJW 2020, 1169; Eisenschmid in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 14. Auflage 2019, § 536 Rn. 532 ff.)

Gemessen an dem, ist den Klägern als Vermieter die Hauptleistungspflicht, nämlich die Überlassung der Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand, zwischen dem 18.03.2020 und 19.04.2020 nicht unmöglich gewesen. Nach dem Mietvertrag erfolgte die Vermietung zur Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts mit sämtlichen Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs. Zwar konnte die Beklagte die streitgegenständliche Mietsache im vorliegenden Fall während der behördlich angeordneten Schließung nicht als Verkaufsräume – als Lagerräume sehr wohl – eines Einzelhandelsgeschäfts mit sämtlichen Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs, nämlich als K.-Ladenlokal, nutzen, dieses Risiko fällt jedoch in deren Verwendungsrisiko. Die Kläger haben der Beklagten die Mietsache, wie es ihrer Hauptleistungspflicht entspricht, in gebrauchstauglichem Zustand bereitgestellt. Der Umstand, dass die Nutzung für die Beklagte nicht wie von ihr beabsichtigt möglich war, liegt nicht an der Sache selbst.

3. Außerdem kommt eine Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 1 BGB wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nicht in Betracht.

Im Ergebnis kann dahin gestellt bleiben, ob § 313 Abs. 1 BGB im vorliegende Fall überhaupt anwendbar ist (siehe a) und ob die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen (siehe b), da zumindest eine Unzumutbarkeit für die Beklagte am Festhalten des Vertrages nicht festgestellt werden kann (siehe c).

a) Fraglich ist bereits, ob § 313 BGB im vorliegenden Fall anwendbar ist.

In Ausformung der Vertragstreue und als Ausnahmetatbestand vom Grundsatz der Privatautonomie ist § 313 BGB besonders eng auszulegen und grundsätzlich nachrangig (Sittner, Mietrechtspraxis unter Covid-19, NJW 2020, 1169). Zwar enthält der zwischen den Parteien abgeschlossene Mietvertrag für den hier vorliegenden Fall einer behördlich angeordneten Schließung keine Regelung (siehe oben), allerdings könnte die Anwendbarkeit im vorliegende Fall zu verneinen sein, da der Mietvertrag Regelungen enthält, durch die sich der Vermieter zumindest mittelbar an dem eigentlich beim Mieter liegenden Verwendungsrisiko beteiligt hat, nämlich indem eine Mindestmiete und darüber hinaus eine Umsatzmiete vereinbart wurde. Dadurch haben sich die Kläger zumindest ab einem gewissen Umsatz am Verwendungsrisiko beteiligt. Bei einem Umsatz unter 500.000,00 €, wenn es also lediglich um die Mindestmiete geht, partizipieren sie am Verwendungsrisiko jedoch nicht.

Darüber hinaus ist § 313 BGB auch gegenüber gesetzlichen Regelungen grundsätzlich nachrangig (bspw. §§ 314, 536 BGB). Diese sind im vorliegenden Fall jedoch nicht anwendbar (siehe oben). Möglich wäre jedoch eine Sperrwirkung durch das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vom 27. März 2020, da sich dieses ausdrücklich auf Mietverträge bezieht und insoweit zwingende Regelungen zur Risikoverteilung enthält. Nach Art 240 § 2 Abs. 1 EGBGB ist der Vermieter zumindest temporär nicht berechtigt, einen Mietvertrag wegen eines auf die Covid-19-Pandemie zurückzuführenden Zahlungsrückstandes zu kündigen. Gleichzeitig erstreckt sich das „Moratorium“ in Art 240 § 1 Abs. 1 BGB gerade nicht auf Mietverträge, sodass Mieter nach einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers nicht berechtigt sind, das dort enthaltene Leistungsverweigerungsrecht geltend zu machen und weiterhin jedenfalls „im Grundsatz“ verpflichtet sind, die Miete zu zahlen. Ob dem Gesetzgeber dabei – insbesondere vor dem Hintergrund, dass das Gesetz in sehr kurzer Zeit erarbeitet wurde – bewusst war, dass er Ansprüche der Mieter wegen Störung der Geschäftsgrundlage ausschließt, geht aus den Materialien indes nicht hervor (Sittner, Mietrechtspraxis unter Covid-19, NJW 2020, 1169).

Ob tatsächlich eine Sperrwirkung der vertraglichen oder der gesetzlichen Regelung vorliegt, muss jedoch nicht entschieden werden, da eine Unzumutbarkeit für die Beklagte in jedem Fall zu verneinen ist (siehe sogleich c).

b) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, kann gemäß § 313 Abs. 1 BGB eine Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

Die Geschäftsgrundlage eines Vertrags wird nach der Rechtsprechung des BGH gebildet durch die bei Vertragsabschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen der Parteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf dieser Vorstellung aufbaut (BGH, Urt. v. 11.12.2019 – VIII ZR 234/18, NZM 2020, 322). Dabei wird zwischen der „großen“ und der „kleinen“ Geschäftsgrundlage unterschieden. Unter der „großen Geschäftsgrundlage“ versteht man die Erwartung, dass sich die grundlegenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen des Vertrags nicht etwa durch Revolution, Krieg, Vertreibung, Hyperinflation oder eine (Natur-)Katastrophe ändern, dass die Sozialexistenz nicht erschüttert werde. Von der „kleinen“ Geschäftsgrundlage spricht man dagegen in allen übrigen Fällen, wenn es also „nur“ um die den jeweiligen Vertrag betreffenden Umstände geht: die Größe des erst noch zu vermessenden Grundstücks als Vertragsgegenstand, eine schleichende Geldentwertung bei langfristiger Verpflichtung etc. Der Wortlaut des § 313 erfasst auch die „große“ Geschäftsgrundlage (Finkenauer in Münchner Kommentar, BGB, 8. Auflage 2019, § 313, Rn. 17,18).

An dem gemessen, stellt die Schließungsanordnung eine Störung der Geschäftsgrundlage dar. Zwar ist nicht im Hinblick auf die Nutzbarkeit der Mietsache von der Geschäftsgrundlage auszugehen, da diese maßgeblicher Vertragsinhalt ist, sondern vielmehr die Vorstellung der Parteien, dass keine zumindest bundes- tatsächlich aber weltweite – Pandemie auftritt, aufgrund derer flächendeckend Gewerbebetriebe geschlossen werden müssen. Diese ist auch schwerwiegend gestört, da die Nutzbarkeit der Mietsache – jedenfalls vorrübergehend – vollständig entfallen ist. Es handelt sich damit um eine zu berücksichtigende Zweckstörung, die eine Fallgruppe des § 313 BGB darstellt (Finkenauer in Münchner Kommentar, BGB, 8. Auflage 2019, § 313, Rn. 253 ff.). Die Leistung des Vermieters ist für den Mieter aufgrund der Unmöglichkeit, das Gewerbe in dem hierfür angemieteten Objekt zu betreiben, sinnlos geworden (Zehelein, Infektionsschutzbedingte Schließungsanordnungen in der COVID-19-Pandemie, NZM 2020, 390).

Letztlich bedarf es keiner Entscheidung, ob die Parteien bei Kenntnis der Möglichkeit einer weltweiten Pandemie tatsächlichen die Mietzahlungspflicht nicht oder nicht in vollem Umfang vereinbart hätten. Denn eine Vertragsanpassung zugunsten der Beklagten kommt jedenfalls deshalb nicht in Betracht, weil ihr ein unverändertes Festhalten an der vertraglich vereinbarten Mietzahlung unter Abwägung aller Umstände einschließlich der vertraglichen Risikoverteilung zumutbar ist (siehe sogleich c).

c) Der Beklagten ist es unter Abwägung aller Umstände einschließlich der vertraglichen Risikoverteilung zumutbar, an der vertraglich vereinbarten Mietzahlungspflicht festzuhalten.

Maßgeblich ist dabei die Frage, inwieweit die eingetretene Veränderung der Umstände üblicherweise in das Risiko einer Vertragspartei fällt, wie nahe diese den Veränderungen steht und inwieweit es der betroffenen Partei zumutbar oder überhaupt möglich gewesen wäre, entsprechende Vorkehrungen zu treffen (Zehelein, Infektionsschutzbedingte Schließungsanordnungen in der COVID-19-Pandemie, NZM 2020, 390) oder sich im Zeitraum der Schließung anderweitige Einnahmequellen zu verschaffen, bspw. Onlinehandel, etc (Sittner, Mietrechtspraxis unter Covid-19, NJW 2020, 1169). Im Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter trägt dabei grundsätzlich der Mieter das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache (BGH, Urt.v. 16.02.2000 – XII ZR 279/97, NJW 2000, 1714; siehe oben). Dazu gehört bei der gewerblichen Miete vor allem das Risiko, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können. Eine solche Risikoverteilung bzw. -übernahme schließt für den Betroffenen – abgesehen von extremen Ausnahmefällen, in denen eine unvorhergesehene Entwicklung mit unter Umständen existentiell bedeutsame Folgen für eine Partei eintritt – regelmäßig die Möglichkeit aus, sich bei Verwirklichung des Risikos auf Wegfall der Geschäftsgrundlage zu berufen (BGH, Urt.v. 16.02.2000 – XII ZR 279/97, NJW 2000, 1714). Das Maß der Unzumutbarkeit ist damit letztlich nur bei substantiierter Darlegung des Mieters erreicht, in der eigenen Existenz gefährdet (vgl. Daßbach/Bayrak, Corona-Krise und vertragliche Risikoverteilung, NJ 2020, 185) oder jedenfalls in einem solchen Ausmaß wirtschaftlich betroffen zu sein, das ein weiteres Festhalten am unveränderten Mietvertrag unter Berücksichtigung aller übrigen Umstände als unzumutbar erscheinen lässt.

Unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des vorliegenden Einzelfalles liegt eine Unzumutbarkeit für die Beklagte im Sinne des § 313 Abs. 1 BGB im vorliegenden Fall nicht vor.

Die Beklagte als Mieterin trägt grundsätzlich das Verwendungsrisiko. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der vereinbarten Mindestmiete mit zusätzlicher Umsatzmiete ab einem Umsatz von 500.000,00 €/Jahr. Daraus kann insbesondere nicht der Wille der Parteien abgebildet werden, dass auch die Kläger an den Einbußen zu partizipieren haben, die die Beklagte infolge einer nachteiligen Veränderung der Marktlage erleidet (vgl. Ekkenga/Schirrmacher, Auswirkungen der COVID-19-Katastrophe auf die Zahlungspflichten gewerblicher Mieter und Pächter, NZM 2020, 410). Es lässt sich vielmehr umgekehrt lediglich der Wille einer Beteiligung ab einem bestimmten Umsatz, also einem besonderen Erfolg der Beklagten, ablesen. Gerade die Vereinbarung einer Mindestmiete zeigt, dass die Kläger an einem gänzlichen Misserfolg nicht partizipieren wollten, wobei den Parteien hierbei die Möglichkeit schwankender Umsätze sichtlich bewusst war.

Der Gesichtspunkt, einer Partei das Treffen von Vorkehrungen aufzuerlegen, scheidet im vorliegenden Fall aus, da die Möglichkeit einer weltweiten Pandemie für beide Seiten überraschend und unvorhersehbar gewesen sein dürfte. Darüber hinaus wäre ein solches Ausfallrisiko wohl entweder nicht oder nur zu prohibitiv hohen Kosten versicherbar (Ekkenga/Schirrmacher, Auswirkungen der COVID-19-Katastrophe auf die Zahlungspflichten gewerblicher Mieter und Pächter, NZM 2020, 410; Daßbach/Bayrak, Corona-Krise und vertragliche Risikoverteilung, NJ 2020, 185).

Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte die Räume – insbesondere die Lagerräume, auch wenn diese nur einen kleinen Teil des Mietobjekts ausmachen – weiterhin genutzt hat und sich unstreitig in der Zeit der Schließung Mitarbeiter in den Räumlichkeiten befunden haben, die verderbliche Ware und Saisonware abgebaut haben.

Maßgeblich im vorliegenden Fall ist jedoch, dass die Beklagte eine Existenzgefährdung oder eine vergleichbare, zur Unzumutbarkeit führende, wirtschaftliche Beeinträchtigung weder dargelegt noch bewiesen hat. Sie hat diesbezüglich behauptet, sie habe im März 2020 einen Rückgang des Nettoumsatzes gegenüber dem Durchschnitt der Jahre 2018/2019 von 45,42 % und im April 2020 in Höhe von 39,25 % zu verzeichnen gehabt. Sie setze im Regelbetrieb zwischen 5 und 7 Millionen Euro netto pro Tag in ihren Filialen um. Eine Verlagerung auf den Onlinehandel habe nicht stattgefunden, was im Wesentlichen daran liege, dass die von der Beklagten angebotenen Produkte im Regelfall niedrigpreisig seien und sich ein Onlinekauf für den Kunden in Anbetracht der Verpackungs- und Versandkosten nur eingeschränkt lohne. Bei den Osterartikeln würde es sich zudem um Mitnahmeartikel handeln, die nur dann mitgenommen würden, wenn sich der Kunde ohnehin zum Textilkauf in der Filiale aufhalte. Die Beklagte habe keinerlei staatliche Hilfen erhalten. Diesbezüglich habe die A. Unternehmensberatung GmbH mit Lieferanten und Vermietern verhandelt, die Nutzung von Kurzarbeit koordiniert und geprüft, ob Steuererleichterungen oder staatliche Finanzierungsunterstützung erlangt werden können. Eine staatliche Finanzierungsunterstützung habe jedoch nicht erreicht werden können. Unstreitig ist, dass sich ein Großteil der Belegschaft in Kurzarbeit befand.

Selbst wenn man diese Behauptungen auch im Übrigen als wahr unterstellt, ergibt sich daraus eine Existenzgefährdung bzw. eine unzumutbare wirtschaftliche Beeinträchtigung jedoch nicht. Zwar mag ein filialbezogener Nettoumsatzrückgang von 45,42 % bzw. 39,25 % im März bzw. April 2020 bzw. ein betriebsbezogener Nettoumsatzverlust von 5 bis 7 Millionen Euro pro Tag – der jedoch auch nicht näher dargelegt ist – zunächst erheblich erscheinen. Allerdings wurden diesem Nettoumsatzrückgang weder die ersparten Mitarbeiterkosten durch die Inanspruchnahme von Kurzarbeit, noch etwaige Rücklagen gegenübergestellt. Auch ist das Ergebnis der – angeblichen – Verhandlungen mit Lieferanten und Vermietern (Nachlässe, Stundungen, etc) nicht ersichtlich und in die Berechnung eingestellt. Darüber hinaus ist – wie bereits im Rahmen der mündlichen Verhandlung erörtert – in keiner Weise ersichtlich, inwiefern die Beklagte bspw. Oster- und Saisonware nächstes Jahr zum Verkauf nutzen kann. Diesbezüglich würden dann zu diesem Zeitpunkt Kosten der Beklagten entfallen. Darüber hinaus muss zu Lasten der Beklagten berücksichtigt werden, dass sie in der Zeit der Ladenschließung in keiner Weise besondere Bemühungen bezüglich einer Umsatzgenerierung veranstaltet hat. Auch wenn es sich bei den Produkten der Beklagten im Wesentlichen um niedrigpreisige Produkte handeln sollte, wäre es für die Beklagte möglich gewesen, den Onlinehandel auszuweiten oder dies zumindest zu versuchen, bspw. durch Rabattaktionen, Minderung der Versandkosten, Erlass der Versandkosten ab einem Mindestbestelltbetrag, etc. Dies ist nach den eigenen Angaben der Beklagten jedoch nicht erfolgt, weshalb sie sich nicht lediglich auf einen Nettoumsatzrückgang zurückziehen kann. Gleichermaßen unbehelflich ist der Vortrag der Beklagten, sie hätte keine staatlichen Hilfen erhalten und habe sich insoweit beraten lassen. Hieraus ergibt sich nicht, ob ein Anspruch auf staatliche Leistungen bestand oder ob diese aus anderen Gründen nicht bezogen wurden; jedenfalls wäre ein ernsthaftes Bemühen der Beklagten um die Erlangung staatlicher Hilfen vorauszusetzen, welches vorliegend weder ersichtlich noch dargetan ist. Entsprechend verhält es sich mit den Verhandlungen der Beklagten mit ihren Lieferanten und Vermietern, auch insoweit wäre von der Beklagten zu verlangen, dass sie alles ihr Zumutbare unternimmt, um ihre laufenden Kosten zu decken; allein die Beauftragung einer Unternehmensberatung und das Führen von Verhandlungen genügt insoweit nicht. Unbehelflich ist insoweit auch die pauschale Behauptung des – auch im Übrigen nur unzureichend informierten – und entgegen der gerichtlichen Anordnung nicht von einem Geschäftsführer der Beklagten begleiteten Sitzungsvertreters, die 3.000 Betriebe der Beklagten im gesamten Bundesgebiet seien vollständig zum Erliegen gekommen.

Entscheidend gegen eine Unzumutbarkeit spricht auch der begrenzte Zeitraum der Schließung von nur 4 1/2 Wochen (26 Arbeitstage). Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund des § 10 des ursprünglich geschlossenen Mietvertrages maßgeblich. Dieser sieht ein Kündigungsrecht der Mieterin bei erheblicher Veränderung der Charakteristik der Verkehrssituation, der Einzelhandelssituation oder Straßenführung in Bezug auf die Erreichbarkeit des Objekts mit einer sechsmonatigen Frist zum Monatsende vor. Es wurde somit gerade in Fällen, bei denen ein – theoretisch auch vollständiger – Umsatzrückgang der Beklagten einhergeht – zwar aus anderen Gründen als dem streitgegenständlichen – ein sechsmonatiges Festhalten am Vertrag vereinbart. Dies war der Beklagten bei Vertragsschluss somit zumutbar. Im vorliegenden Fall geht es jedoch lediglich um etwas mehr als einen Monat. Dies muss der Beklagten dann erst recht zumutbar sein.

Dementsprechend steht den Klägern für den Zeitraum der Schließung vom 18.03.2020 bis einschließlich 19.04.2020 die vertraglich vereinbarte Miete zu, weshalb auch die beklagtenseits erklärte Aufrechnung nicht durchgreift.

4. Die Zinspflicht ergibt sich aus § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB

II.

Darüber hinaus haben die Kläger einen Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlich geleisteten Rechtsanwaltskosten in Höhe von 697,82 € aus §§ 280, Abs. 1, 535 Abs. 2, (241 Abs. 2) BGB, dadurch, dass die Beklagte angekündigt hat die Aprilmiete 2020 aufgrund der Auswirkungen von Corona nicht zu bezahlen. Bei der unsicheren und schwierigen Rechtslage war es für die Kläger erforderlich und zweckmäßig unmittelbar einen Rechtsanwalt aufzusuchen, um Rechtsrat einzuholen.

Die Zinspflicht ergibt sich aus § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S. 1 und 2 ZPO.

Der Streitwert wurde gemäß §§ 48 Abs. 1 GKG, 3 ZPO festgesetzt. Soweit die Beklagte ab dem Zeitpunkt der Wiedereröffnung (20.04.2020) „hilfsweise“ mit der Miete März 2020 während des Zeitraums der Schließung (18.03. bis 31.03.2020) aufrechnet, ist keine Streitwerterhöhung eingetreten, da kein Fall des § 45 Abs. 3 GKG vorliegt. Die Beklagte ist der Ansicht, dass sie lediglich für den Zeitraum der Filialschließung nicht verpflichtet sei, Miete zu zahlen. Eine Mietzinszahlungspflicht ab dem 20.04.2020 wird von ihr daher dem Grunde nach nicht bestritten, sondern lediglich mit der Aufrechnung angegriffen. Dies stellt jedoch gerade keinen Fall der Hilfsaufrechnung, sondern eine Primäraufrechnung, die nicht streitwerterhöhend ist, dar (vgl. Schindler in BeckOK, Kostenrecht, 01.06.2020, § 45 GKG, Rn. 19).

 

Oberlandesgericht Dresden


Urteil vom 24.02.2021


Az.: 5 U 1782/20


In dem Rechtsstreit


X. Grundstücksverwaltung GmbH & Co. KG, ...
vertreten durch die Komplementärin X. Grundstücksverwaltung Beteiligungs GmbH
diese vertreten durch den Geschäftsführer ...
- Klägerin und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwaltskanzlei ...


gegen


Y. GmbH, ...
vertreten durch die Geschäftsführer ...
- Beklagte und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigte:
... Rechtsanwälte PartG mbB, ...


wegen Mietzinsforderung


hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden durch
Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht PD Dr. Dr. K.,
Richterin am Oberlandesgericht K. und
Richter am Oberlandesgericht K.
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24.02.2021
für Recht erkannt:

Tenor:


I. Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz vom 26.08.2020 (4 O 639/20) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.720,09 € zuzüglich Zinsen daraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.04.2020 und 272,00 € vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen daraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.06.2020 zu bezahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 1/3 und die Beklagte 2/3 zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckten Betrages leistet.

II. Die Revision wird zugelassen.

Gründe:


Die zulässige Berufung hat teilweise Erfolg.

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung der Miete des Monats April 2020 für die auf dem Grundstück ... Straße ... in xxx befindlichen Gebäude und Parkplätze mit einer Nutzfläche von ca. 1.150 m² in Anspruch, die die Beklagte zum Betrieb eines Textileinzelhandels angemietet hat.

Die Parteien schlossen am 13./26.09.2013 einen Mietvertrag über die auf dem Grundstück ... Straße ... in xxx befindlichen Gebäude und Parkplätze. Das Mietverhältnis begann am 01.01.2014 und wurde für die Dauer von 10 Jahren fest abgeschlossen, mit einer Verlängerungsklausel und einer zweimaligen Option der Beklagten als Mieterin zur Verlängerung des Mietverhältnisses jeweils um drei Jahre. Die Vermietung erfolgte "ausschließlich zu gewerblichen Zwecken zur Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts für Textilien aller Art, sowie Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs." Seit dem 01.01.2019 beträgt die monatliche Bruttomiete 7.854,00 € und ist spätestens bis zum 5. des Monats auf das im Vertrag angegebene Bankkonto der Klägerin zu bezahlen. Neben der Miete trägt die Beklagte als Mieterin im Vertrag näher umschriebene Nebenkosten. Eine Nebenkostenvorauszahlung wurde nicht vereinbart. In § 1 Nr. 2 des Mietvertrages wurde geregelt: "Der Vermieter übernimmt keine Gewähr dafür, dass etwaige erforderliche behördliche Genehmigungen für die Nutzung der Mieträume durch den Mieter erteilt werden, soweit die Genehmigungen nicht aus Gründen versagt werden, die ausschließlich auf der Beschaffenheit oder Lage des Mietobjektes beruhen. Der Mieter trägt die Kosten der Erfüllung behördlicher Auflagen, die sich aus seiner Person oder der Nutzungsart der Mieträume ergeben, ausgenommen sind die brandschutztechnischen Bestimmungen sowie die Arbeitsrichtlinien."

Aufgrund des sich verbreitenden SARS-CoV-2-Virus (Corona-Pandemie) erließ das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt am 18.03.2020 auf der Grundlage von § 28 Abs. 1 IfSG die "Allgemeinverfügung Vollzug des Infektionsschutzgesetzes Maßnahmen anlässlich der Corona-Pandemie Verbot von Veranstaltungen" (Az. 15-5422/5), nach deren Ziffer 1 in Sachsen grundsätzlich alle Geschäfte geschlossen wurden, soweit sie nicht unter die in der Allgemeinverfügung ausdrücklich benannten Ausnahmen fielen, was für den Textileinzelhandel der Beklagten nicht zutraf. Die Allgemeinverfügung vom 18.03.2020 trat gemäß ihrer Ziffer 9 am 19.03.2020 um 0:00 Uhr in Kraft und wurde ab dem 22.03.2020, 0:00 Uhr von der "Allgemeinverfügung Vollzug des Infektionsschutzgesetzes Maßnahmen anlässlich der Corona-Pandemie Verbot von Veranstaltungen" des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 20.03.2020 (Az. 15-5422/5) ersetzt, nach deren Ziffer 2, übereinstimmend mit der Allgemeinverfügung vom 18.03.2020, Geschäfte grundsätzlich geschlossen wurden, soweit nicht die in der Allgemeinverfügung vom 20.03.2020 formulierten Ausnahmen eingriffen, zu denen das Textileinzelhandelsgeschäft der Beklagten nicht zählte. Aufgrund der genannten Allgemeinverfügungen vom 18. bzw. 20.03.2020 war das Textileinzelhandelsgeschäft der Beklagten im Mietobjekt vom 19.03.2020 bis einschließlich 19.04.2020 geschlossen.

Nach entsprechender Ankündigung mit Schreiben vom 24.03.2020 bezahlte die Beklagte die Miete für den Monat April 2020 nicht. Die Klägerin mahnte mit dem Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 16.04.2020 bei der Beklagten die Zahlung der Miete für April 2020 erfolglos an. Die folgenden Mietzahlungen, insbesondere für den Monat Mai 2020, erbrachte die Beklagte vollständig.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei auch für den Zeitraum der durch die Allgemeinverfügungen des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 18. bzw. 20.03.2020 verursachten Schließung des Textileinzelhandelsgeschäfts im Mietobjekt zur vollständigen Zahlung der vertraglich vereinbarten Miete verpflichtet. Mit der staatlichen Schließungsanordnung habe sich ein typisches unternehmerisches Risiko verwirklicht. Das Verwendungsrisiko trage die Beklagte als Mieterin, was sich auch aus der Regelung in § 1 Nr. 2 des Mietvertrages ergebe. Die Allgemeinverfügungen zielten auf den Betrieb der Beklagten ab, während die von der Klägerin zu gewährleistende Nutzbarkeit der vermieteten Räume für den vertraglich vereinbarten Zweck dessen ungeachtet fortbestehe. Es bestehe deshalb auch kein Rückzahlungsanspruch wegen überzahlter Miete für den Monat März 2020, mit welchem die Beklagte die Aufrechnung gegen den Anspruch auf Zahlung der Miete für den Monat April 2020 erklären könne.

Die Beklagte hat behauptet, sie habe einen erheblichen Rückgang des Nettoumsatzes für die Monate März und April 2020 erlitten, welcher nicht durch verstärkten Onlinehandel kompensiert worden sei. Staatliche Finanzhilfen habe sie nicht erhalten. Sie habe ihre sämtlichen 3.000 Filialen geschlossen und einen Großteil ihrer Belegschaft in Kurzarbeit "0" geschickt.

Sie hat die Auffassung vertreten, infolge der staatlichen Schließungsanordnung liege ein Mangel des Mietobjektes i.S.d. § 536 Abs. 1 BGB vor, der zur Minderung der Miete um 100 % führe. Hilfsweise sei von einer Unmöglichkeit der Gebrauchsüberlassung i.S.v. § 326 Abs. 1 BGB auszugehen, die die Mietzahlungsverpflichtung der Beklagten entfallen lasse. Höchsthilfsweise wäre jedenfalls der Mietvertrag auf Grundlage der Grundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB wegen der durch die staatliche Schließungsanordnung eingetretenen schwerwiegenden Äquivalenzstörungen anzupassen, womit jedenfalls eine hälftige Teilung der Mietlast angemessen sei.

Für den Fall, dass der Senat von einer Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung der Miete für den Monat April 2020 ausgeht, rechnet die Beklagte hilfsweise mit ihrem Rückzahlungsanspruch in Bezug auf die von ihr rechtsgrundlos gezahlte Miete für den Zeitraum vom 19. bis zum 31.03.2020 auf.

Wegen des Sachvortrages im Übrigen und der in erster Instanz gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts Bezug genommen.

Das Landgericht hat mit dem Urteil vom 26.08.2020 die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 7.854,00 € nebst Zinsen und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten für den Gegenstandswert von 7.854,00 € nebst Zinsen zu bezahlen.

Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe einen Anspruch auf Zahlung der von ihr begehrten Miete für den Monat April 2020 aus dem Mietvertrag vom September 2013 gemäß § 535 Abs. 2 BGB. Die staatliche Schließungsanordnung aus den Allgemeinverfügungen vom 18. und 20.03.2020 führe nicht zu einem Mangel des Mietobjektes nach § 536 Abs. 1 BGB und nicht zur Unmöglichkeit der Gebrauchsüberlassungspflicht der Klägerin als Vermieterin. Eine Lagerhaltung sei der Beklagten während der Zeit der Schließungsanordnung möglich gewesen. Zudem hätte ein von der Schließungsanordnung ausgenommenes Geschäft in den Mieträumen betrieben werden können. Es könne offen bleiben, ob die wegen der Corona-Pandemie erfolgte staatliche Schließungsanordnung grundsätzlich zur Anwendbarkeit der Regelung in § 313 Abs. 1 BGB zur Anpassung des Mietvertrages wegen Störung der Geschäftsgrundlage führen könne. Im konkret zu beurteilenden Fall sei eine Anpassung des Mietvertrages jedenfalls nicht angezeigt, weil der Beklagten das Festhalten an dem unveränderten Mietvertrag nicht unzumutbar sei.

Gegen das ihr am 28.08.2020 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 02.09.2020 Berufung eingelegt und diese - nach entsprechender Fristverlängerung - am 27.11.2020 begründet.

Sie vertritt die Auffassung, das Landgericht habe in der Sache unzutreffend die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Mangels des Mietobjektes, hilfsweise der Unmöglichkeit der Gebrauchsgewährung durch die Klägerin und höchsthilfsweise der Voraussetzungen für eine Vertragsanpassung nach § 313 BGB mit der Folge einer hälftigen Mietzahlung verneint. Insoweit wiederholt und vertieft die Beklagte ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Sie behauptet, entgegen der Auffassung des Landgerichtes habe die Beklagte kaum einen Bedarf für die Nutzung der Räume des Mietobjektes als Lagerfläche anstelle der im Vertrag vereinbarten Verkaufsfläche, weil die Belieferung ihres Geschäfts im Mietobjekt über ein an einem anderen Ort befindliches Zentrallager "just in time" erfolge. Zudem sei eine kurzfristige Änderung des Nutzungszweckes des im Mietobjekt betriebenen Geschäfts auf eine nach den Allgemeinverfügungen vom 18. bzw. 20.03.2020 zugelassene Betätigung nicht möglich gewesen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Chemnitz, Az. 4 O 639/20, vom 26.08.2020 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Urteil des Landgerichts unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vortrages.

II.

Die Berufung ist teilweise begründet.

Entgegen der Auffassung der 4. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz im angefochtenen Urteil vom 26.08.2020 sieht der Senat es als erforderlich an, über eine Anpassung des Mietvertrages nach § 313 Abs. 1 BGB eine Reduzierung der Kaltmiete auf die Hälfte für denjenigen Zeitraum vorzunehmen, in dem aufgrund der Allgemeinverfügungen vom 18. und 20.03.2020 die Schließung des Textileinzelhandelsgeschäfts der Beklagten in den angemieteten Räumen angeordnet war. Für den streitgegenständlichen Zeitraum außerhalb der Schließungsanordnung ist dagegen keine Reduzierung der Miete vorzunehmen.

Im Ausgangspunkt hat die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung der Bruttokaltmiete von 7.854,00 € aus dem Mietvertrag vom 13./26.09.2013 gemäß § 535 Abs. 2 BGB. Diesem Anspruch kann die Beklagte nicht entgegenhalten, infolge der staatlichen Schließungsanordnung sei die Gebrauchsüberlassung durch die Klägerin als Vermieterin unmöglich geworden, mit der Folge, dass auch die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung der Gegenleistung, der Miete, gemäß §§ 326 Abs. 1, 275 Abs. 1 BGB entfallen sei (dazu 1.). Umgekehrt steht der Reduzierung der Miete wegen der staatlichen Schließungsanordnung nicht die Sperrwirkung der Regelung in Art. 240 § 2 EGBGB entgegen (dazu 2.), die eine Reduzierung der Miete nicht vorsieht.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist durch die staatliche Schließungsanordnung kein zur Mietminderung führender Mangel des Mietobjektes nach § 536 Abs. 1 BGB begründet worden. Die Auslegung des Mietvertrages gemäß §§ 133, 157 BGB, insbesondere anhand der gesetzlichen Risikoverteilung, führt nicht zur Annahme eines zur Minderung führenden Mietmangels (dazu 3.). Es liegt jedoch eine Störung der Geschäftsgrundlage des Mietvertrages vom 13./26.09.2013 im Sinne einer Störung der großen Geschäftsgrundlage vor, die gemäß § 313 Abs. 1 BGB zu einer dahingehenden Vertragsanpassung führt, dass die Beklagte für den Zeitraum der staatlichen Schließungsanordnung (nur) die Hälfte der vereinbarten Kaltmiete zu zahlen hat (dazu 4.).

Der Klägerin war anstelle des vom Landgericht zuerkannten Betrages von 7.854,00 € für den Monat April 2020 unter Berücksichtigung der Aufrechnung der Beklagten mit dem Anspruch auf Rückzahlung der überzahlten Miete für März 2020 ein Betrag in Höhe von 3.720,09 € zuzusprechen (dazu 4.b). Eine einseitige Auferlegung des nicht vorhersehbaren und von keiner Vertragspartei zu vertretenden Risikos einer durch die Corona-Pandemie verursachten staatlichen Schließungsanordnung auf den Mieter oder den Vermieter scheidet aus. Dafür spricht auch die Einführung von Art. 240 § 7 Abs. 1 EGBGB durch den Gesetzgeber. Auch wenn diese Vorschrift erst ab dem 31.12.2020 gilt (und damit während des derzeitigen, in Sachsen seit dem 14.12.2020 bestehenden Lockdowns eingeführt wurde), bringt sie einen bereits zuvor, nämlich schon während des ersten Lockdowns im März/April 2020, gültigen Rechtsgedanken zum Ausdruck. So lässt sich den Gesetzesmaterialien entnehmen, dass es sich um eine Klarstellung der Rechtslage handeln soll (vgl. BT-Drs. 19/25322 S. 14 f. zum Streitstand, vgl. Brinkmann/Thüsing NZM 2021, 5 und Römermann NJW 2021, 265; Herlitz NJ 2021, 56).

1. Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, der Anspruch auf Zahlung der Miete als Gegenleistung zur Verpflichtung der Klägerin als Vermieterin zur Überlassung des Gebrauches der Mieträume sei gemäß § 326 Abs. 1 BGB entfallen, weil der Klägerin infolge der staatlichen Schließungsanordnung die Überlassung der Mieträume in der Form unmöglich geworden sei, dass sie der Beklagten erlaube, ohne weiteres den vertragsgemäßen Gebrauch der Sache auszuüben. Mit diesem Einwand macht die Beklagte eine Unmöglichkeit der Vertragserfüllung geltend, die auf der Mangelhaftigkeit bzw. Gebrauchsuntauglichkeit des Mietobjektes beruhen soll. Soweit es aber um die Gebrauchsuntauglichkeit des Mietobjektes geht, werden die Vorschriften des allgemeinen Schuldrechtes, zu dem diejenigen über die Unmöglichkeit gehören, von den mietrechtlichen Gewährleistungsregelungen nach §§ 536 ff. BGB verdrängt, wenn das Mietobjekt bereits vom Vermieter an den Mieter überlassen wurde (vgl. BGH, Urteil vom 18.06.1997, XII ZR 192/95, NJW 1997, 2813; Urteil vom 04.05.2005, XII ZR 254/01, NJW 2005, 2152, 2154; Hübner/Griesbach/Fuerst in Lindner-Figura/Oprée/Stellmann, Geschäftsraummiete, 4. Aufl., Kap. 14 Rn. 233; Blank/Börstinghaus in Blank/Börstinghaus, Miete, 6. Aufl., § 535 Rn. 748). Der Beklagten war das Mietobjekt bereits überlassen worden, bevor es zur staatlichen Schließungsanordnung in den Allgemeinverfügungen vom 18. und 20.03.2020 kam.

2. Der Regelung in Art. 240 § 2 EGBGB kann keine dahingehende Sperrwirkung entnommen werden, dass sie Auswirkungen staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie auf das Bestehen oder den Umfang der Verpflichtung zur Zahlung der Miete für Räume ausschließen würde, in denen Geschäfte betrieben werden, die von den staatlichen Maßnahmen betroffen sind. Die Annahme einer Sperrwirkung würde voraussetzen, dass mit der Vorschrift des Art. 240 § 2 EGBGB eine (abschließende) Regelung dieser Frage getroffen wurde, was aber nicht zutrifft (ebenso LG Mönchengladbach, Urteil vom 02.11.2020, 12 O 154/20, BeckRS 2020, 30731 Rn. 39; LG München I, Urteil vom 25.01.2021, 31 O 7743/20, BeckRS 2021, 453 Rn. 53 ff.; Zehelein, NZM 2020, 390, 401; Streyl NZM 2020, 817, 823; Brinkmann/Thüsing NZM 2021, 5, 9 f.; Warmuth COVuR 2020, 16, 17; Herlitz, NJ 2021, 56, 58; a.A. LG München II, Urteil vom 06.10.2020, 13 O 2044/20, BeckRS 2020, 34263 Rn. 22; Jung JZ 2020, 715, 723). Unmittelbar geregelt wurde nur eine Beschränkung des Kündigungsrechts wegen Zahlungsverzuges des Mieters. Regelungen zum Bestehen und zur Höhe der Miete enthält die Vorschrift nicht. Eine klarstellende Erklärung, dass damit keine Aussage über die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Höhe der Miete in bestehenden Mietverträgen getroffen wird, wurde vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz auf seiner Homepage veröffentlicht (Text bei Streyl, a.a.O., S. 823). Letztlich spricht auch die seit dem 31.12.2020 geltende Vorschrift des Art. 240 § 7 EGBGB gegen eine Sperrwirkung von Art. 240 § 2 EGBGB.

3. Ein zur Minderung des Mietzinses führender Mietmangel wurde durch die staatlich angeordnete Schließung nicht begründet. Ein Mangel des Mietobjektes i.S.v. § 536 Abs. 1 BGB ist die für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustandes der Mietsache (Ist-Beschaffenheit) von dem vertraglich Vereinbarten (Soll-Beschaffenheit). Zu dem vertraglich vereinbarten Zustand der Mietsache gehören über deren physische Beschaffenheit hinaus auch die tatsächlichen Zustände und rechtlichen Verhältnisse, die mit der Mietsache zusammenhängen und ihre Gebrauchstauglichkeit beeinträchtigen. Dazu gehören auch Störungen, die außerhalb der Mietsache liegen. Um eine Ausuferung des Fehlerbegriffs zu vermeiden, führen außerhalb der Mietsache selbst liegenden Umstände allerdings nur dann zu einem Mangel der Mietsache, wenn sie deren Gebrauchstauglichkeit unmittelbar beeinträchtigen. Maßgebend für die Beantwortung der Frage, ob eine unmittelbare Beeinträchtigung der Mietsache vorliegt, ist danach in erster Linie der von den Parteien vereinbarte vertragsgemäße Gebrauch, welcher maßgeblich durch den vereinbarten Nutzungszweck bestimmt wird. Aus dem zur Erfüllung des vertragsgemäßen Gebrauchs erforderlichen Zustand der Mietsache ergibt sich deren geschuldeter Zustand (vgl. BGH, Urteil vom 23.09.2009, VIII ZR 300/08, NZM 2009, 855 Rn. 11; Urteil vom 10.10.2012, XII ZR 117/10, NJW 2013, 44 Rn. 30 f.).

Danach sind es allein die Vertragsparteien, die durch die Festlegung des dem Mieter jeweils geschuldeten vertragsgemäßen Gebrauches bestimmen, welchen Soll-Zustand die vermietete Sache aufweisen muss. Eine ausdrückliche Regelung der Parteien, welche Soll-Beschaffenheit das Mietobjekt in Bezug auf staatliche Schließungsanordnungen aufweisen muss, enthält der Mietvertrag vom 13./26.09.2013 nicht. Sie ist insbesondere nicht in § 1 Nr. 2 des Mietvertrages vom 13./26.09.2013 enthalten. Dort geht es um behördliche Genehmigungen für die Nutzung der Mieträume, zu denen eine aufgrund von § 28 Abs. 1 IfSG ergehende Schließungsanordnung nicht gehört, und um die nicht streitgegenständliche Frage, inwieweit der Mieter die Kosten behördlicher Auflagen trägt. Ist aber keine ausdrückliche Regelung zum "Soll-Zustand" getroffen worden, muss anhand der allgemeinen Auslegungsregeln (§§ 133, 157, 242 BGB) geprüft werden, was der Vermieter schuldet bzw. welchen Standard der Mieter aufgrund des Vertrages vom Vermieter verlangen kann (vgl. BGH, Urteil vom 18.12.2013, XII ZR 80/12, NJW 2014, 685 Rn. 20; Urteil vom 25.11.2020, XII ZR 40/19, BeckRS 2020, 37268 Rn. 12).

Von besonderer Bedeutung im Rahmen dieser Auslegung ist die gesetzlich vorgesehene Risikoverteilung zwischen den Mietvertragsparteien, weil sich an ihr der Grundsatz von Treu und Glauben konkretisiert, der ein maßgebliches Auslegungselement darstellt (vgl. Günter in Guhling/Günter, Gewerberaummiete, 2. Aufl., § 536 BGB Rn. 79). Der Vermieter trägt danach das Risiko der Gebrauchstauglichkeit des Mietobjektes (§ 535 Abs. 1 Satz 2 BGB), während der Mieter das Verwendungs-/Ertragsrisiko der Mietsache trägt (vgl. BGH, Urteil vom 17.03.2010, XII ZR 108/08, NZM 2010, 364 Rn. 17), was in § 537 Abs. 1 Satz 1 BGB zum Ausdruck kommt. Gemeint ist damit das unternehmerische Risiko, mit dem Mietobjekt Gewinne zu erzielen (vgl. Günter, a.a.O., Rn. 81). Im Ergebnis bedeutet dies, der Vermieter hat dafür Sorge zu tragen, dass einerseits die Mietsache alle physischen Eigenschaften aufweist, andererseits alle äußeren Umstände gegeben sind, die zum Zeitpunkt der Überlassung der Mietsache sowie während der gesamten Vertragslaufzeit für die uneingeschränkte Tauglichkeit der Mietsache für den festgelegten Nutzungszweck erforderlich sind (vgl. Günter, a.a.O., Rn. 84). Der Senat folgt nicht der von der 4. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz (ebenso etwa LG Zweibrücken, Urteil vom 11.09.2020, HK O 17/20, BeckRS 2020, 24356 Rn. 36 ff.; LG Frankfurt/M., Urteil vom 02.10.2020, 2-15 O 23/20, BeckRS 2020, 26613 Rn. 20; LG Stuttgart, Urteil vom 19.11.2020, 11 O 215/20, BeckRS 2020, 32275 Rn. 16; Sittner NJW 2020, 1169, 1170 f.; a.A. LG München I, Urteil vom 22.09.2020, 3 O 4495/20, BeckRS 2020, 28189; Hellmich COVuR 2020, 189, 190 f.; Sentek/Ludley NZM 2020, 406, 408: Einzelfallfrage) vertretenen Auffassung, die staatliche Schließungsanordnung falle in den vom Mieter zu tragenden Bereich des Verwendungs-/Ertragsrisikos. Das unternehmerische Risiko, mit dem Mietobjekt Gewinne zu erzielen, setzt nämlich voraus, dass der Mieter im Mietobjekt entsprechend dem vertraglich vereinbarten Mietzweck unternehmerisch tätig werden kann und greift deswegen dann nicht ein, wenn ihm - wie hier - genau diese Möglichkeit von vornherein verschlossen ist.

Die landesweit geltende Schließungsanordnung ist aber auch nicht der Risikosphäre des Vermieters zuzuordnen. Die staatliche Schließungsanordnung aus den Allgemeinverfügungen vom 18. bzw. 20.03.2020 verfügt die Schließung des Textileinzelhandelsgeschäfts der Beklagten, die dem in § 1 Nr. 1 des Mietvertrages vom 13./26.09.2013 vereinbarten Mietzweck entsprach. Es fehlt danach nicht an der grundsätzlichen Verwendbarkeit des Mietobjektes für den vereinbarten Mietzweck und geht nicht um die dem Verwendungsrisiko zuzuordnende Frage, ob der Mieter mit einem grundsätzlich zur Ausübung des Mietzweckes geeigneten Mietobjekt in der Lage ist, unternehmerischen Gewinn zu erzielen (in demselben Sinne: Weller/Thomale, BB 2020, 962, 964, die dem Verwendungsrisiko des Mieters das Verwendbarkeitsrisiko des Vermieters entgegensetzen und dieses hier betroffen sehen, weil die Verwendbarkeit der Mietsache für den Mietzweck nicht gegeben ist; ähnlich auch Hellmich, a.a.O.; Sentek/Ludley, a.a.O.). Ohne die staatliche nicht objektbezogene, von der Klägerin nicht zu beeinflussende Anordnung wäre das Mietobjekt uneingeschränkt nutzbar gewesen. Dagegen spricht auch nicht, dass von verschiedenen Oberlandesgerichten, zu denen auch der Senat zählt, in der Vergangenheit erhebliche, über das übliche Maß hinausgehende Behinderungen des Zugangs zu Gaststätten und Ladengeschäften für die Kunden dem Risiko der Gebrauchstauglichkeit des Mietobjektes zugeordnet und demzufolge als Mangel des Mietobjektes angesehen wurden (vgl. Senatsurteil vom 18.12.1998, 5 U 1774/98, NZM 1999, 317, 318; KG, Urteil vom 12.11.2007, 8 U 194/06, NZM 2008, 526, 527; Senatsurteil vom 14.10.2008, 5 U 1030/08, juris Rn. 33; OLG Frankfurt/M., Urteil vom 11.02.2015, 2 U 174/14, NJW 2015, 2434 [BGH 27.11.2014 - I ZR 124/11] Rn. 24 f.; OLG Frankfurt/M., Urteil vom 05.07.2017, 2 U 152/16, BeckRS 2017, 121594 Rn. 27 f.). Die Mieträume waren - im Rahmen der Beschränkungen der Corona-Schutzverordnung - frei zugänglich. Lediglich die von der Beklagten gewollte Verwendung war - vom Mietobjekt unabhängig - untersagt. Auch wenn Störungen, die außerhalb der Mietsache liegen, einen Mangel begründen können und für den Betrieb eines Textileinzelhandelsgeschäfts die Möglichkeit des Zugangs des Publikums eine Voraussetzung ist, wird dem Vermieter damit nicht das Risiko der objekt- und lageunabhängigen Nutzbarkeit der Mieträume übertragen. Ist der Zugang des Publikums zu den angemieteten Räumen eröffnet, fällt es in das Verwendungsrisiko des Mieters, wenn das Publikum dennoch nicht zum Kaufen der Ware in die Räume strömt, sei es, weil es das Sortiment unattraktiv findet, ein das Publikum anziehendes Geschäft nebenan geschlossen hat (vgl. zu einem solchen Fall: Senatsbeschluss vom 08.02.2017, 5 U 1669/16, BeckRS 2017, 106456) oder weil das Publikum die Räume aus Angst vor der Infektion mit dem Covid 19 Virus nicht betritt. Ein Mangel liegt dann nicht vor. Das vom Mieter zu tragende Verwendungsrisiko ist auch betroffen, wenn die Mietsache vom Mieter für den vereinbarten Mietzweck verwendet werden kann, dieser aber in Art und Umfang der Nutzung durch staatliche Maßnahmen beschränkt wird (etwa die Anordnung, ein Hygienekonzept zu erstellen, oder nur eine begrenzte Zahl von Kunden (und nur mit Mund-Nase-Bedeckung) entsprechend der Fläche in das Geschäft hineinzulassen. In diesen Fällen liegt kein Mangel des Mietobjekts vor. Diese Fälle sind auch nicht mit den hier maßgeblichen pandemiebedingten Einschränkungen vergleichbar.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Senat die Auffassung im angefochtenen Urteil nicht teilt, der Annahme eines Mangels des Mietobjekts i.S.v. § 536 Abs. 1 BGB infolge der staatlichen Schließungsanordnung stehe der Umstand entgegen, dass es sich um ein betriebsbezogenes öffentliches Gebrauchshindernis handele. Öffentlich-rechtliche Gebrauchsbeschränkungen oder -hindernisse stellen einen Mangel der Mietsache i.S.v. § 536 Abs. 1 BGB dar, wenn sie die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch aufheben oder mindern, was allerdings nur dann gilt, wenn sie auf der konkreten Beschaffenheit und der Lage der Mietsache beruhen (Ortsbezogenheit) und nicht in den persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters (Betriebsbezogenheit) ihre Ursache haben. Außerdem muss der Mieter durch die öffentlich-rechtlichen Beschränkungen und Gebrauchshindernisse in seinem vertragsgemäßen Gebrauch auch tatsächlich eingeschränkt werden, wovon regelmäßig nur dann auszugehen ist, wenn die zuständige Behörde die Nutzung des Mietobjektes durch ein rechtswirksames und unanfechtbares Verbot bereits untersagt hat (vgl. BGH, Urteil vom 20.11.2013, XII ZR 77/12, NZM 2014, 165; Urteil vom 02.11.2016, XII ZR 153/15, NJW 2017, 1104; Senatsbeschluss vom 01.06.2017, 5 U 477/17, ZMR 2017, 880; Günter NZM 2016, 569).

Entgegen der Auffassung des Landgerichtes ist die staatliche Schließungsanordnung aus den Allgemeinverfügungen vom 18. bzw. 20.03.2020 nach diesen Kriterien ein Mangel des Mietobjektes i.S.v. § 536 Abs. 1 BGB, weil sie unmittelbar mit der konkreten Lage des Mietobjektes in einem Bereich in Zusammenhang steht, in dem die pandemiebedingten Schutzmaßnahmen aufgrund von § 28 Abs. 1 IfSG aus staatlicher Sicht erforderlich waren. Die staatliche Schließungsanordnung in den Allgemeinverfügungen vom 18. bzw. 20.03.2020 differenziert zwischen verschiedenen Geschäftsarten, indem sie von der generellen Anordnung zur Schließung von Geschäften konkrete Ausnahmen formuliert. Dennoch erfolgt der Eingriff nicht betriebsbezogen, sondern ortsbezogen, weil im Rahmen des Pandemiegeschehens Orte vielfältiger menschlicher Begegnung weitgehend beseitigt werden sollen, um dadurch zu ermöglichen, dass eine Übertragung des Covid-19 Virus, welche den Kontakt eines infizierten zu einem nicht infizierten Menschen erfordert, nicht stattfindet. Es geht deshalb nicht um einen Eingriff in die betriebliche Tätigkeit eines Textileinzelhandelsgeschäfts im Unterschied zu etwa dem Betrieb eines Einzelhandels für Lebensmittel, der weiterhin öffnen darf. Vielmehr sollte landesweit der Betrieb grundsätzlich aller Geschäfte ruhen, um auf diesem Wege menschliche Kontakte - sowohl im Geschäft als auch auf dem Weg zum Geschäft und von diesem weg auf der Straße und im öffentlichen Personenverkehr - zu reduzieren. Der Einzelhandel für Lebensmittel wird nur deshalb gemeinsam mit anderen ausdrücklich aufgezählten Geschäften von der Schließung verschont, weil er zur Aufrechterhaltung der Versorgung der Bevölkerung mit den lebenswichtigen Gütern des täglichen Bedarfs erforderlich ist. Die Zielrichtung der Eingriffsmaßnahmen nach § 28 IfSG ist deshalb landesweit ortsbezogen und richtet sich nach der konkreten Betroffenheit des Ortes oder der Region durch das Infektionsgeschehen und der daraus resultierenden Dringlichkeit der Reduzierung von Kontakten der Menschen (vgl. dazu OVG Münster, Beschluss vom 06.07.2020, 13 B 940/20.NE, BeckRS 2020, 14802; Kießling in Kießling, IfSG, 1. Aufl., § 28 Rn. 65). Um einen betriebsbezogenen Eingriff geht es nicht.

Aus der über den zumindest mittelbaren Einfluss der Klägerin hinausgehenden generell und landesweit geltenden Zugangsbeschränkung kann kein Umstand abgeleitet werden, der in den von der Klägerin zu verantwortenden Bereich fällt.

4. Infolge des Auftretens der Corona-Pandemie und der staatlichen Schließungsanordnung aus den Allgemeinverfügungen vom 18. bzw. 20.03.2020 ist jedoch eine Störung der Geschäftsgrundlage i.S.v. § 313 Abs. 1 BGB des Mietvertrages vom 13./26.09.2013 eingetreten (dazu a), die eine Anpassung des Vertrages dahin auslöst, dass die Kaltmiete für die Dauer der angeordneten Schließung auf die Hälfte reduziert wird (dazu b).

a) Der Tatbestand der Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 1 BGB setzt ein tatsächliches Element (dazu aa), ein hypothetisches Element (dazu bb) und ein normatives Element (dazu cc) voraus (vgl. Finkenauer in Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl., § 313 Rn. 56).

aa) Die Geschäftsgrundlage wird gebildet durch die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, beim Vertragsschluss aber zutage getretenen, dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen des eigenen Vertragsteils oder durch die gemeinsamen Vorstellungen beider Teile vom Vorhandensein oder künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille auf diesen Vorstellungen aufbaut (vgl. BGH, Urteil vom 25.09.1997, II ZR 269/96, NJW 1997, 3371, 3372; Urteil vom 24.03.2010, VIII ZR 160/09, NJW 2010, 1663 Rn. 17). Zur Geschäftsgrundlage der Parteien als Vermieterin und Mieterin von Geschäftsräumen zur Nutzung als Textileinzelhandelsgeschäft gehörte danach die Vorstellung, dass es nicht zu einer Pandemie mit weitgehender Stilllegung des öffentlichen Lebens infolge pandemiebedingter Nutzungsuntersagungen und -beeinträchtigungen kommen würde, so dass das Auftreten der Pandemie mit den entsprechenden weitreichenden staatlichen Eingriffen in das wirtschaftliche und soziale Leben eine schwerwiegende Änderung der für die Vertragslaufzeit vorgestellten Umstände bedeutet und damit das tatsächliche Element der Störung der Geschäftsgrundlage verwirklicht. Es liegt eine Systemkrise und damit ein Fall der Störung der großen Geschäftsgrundlage vor, weil durch sie das allgemeine soziale und wirtschaftliche Gefüge nachhaltig erschüttert wird (idS Jung, a.a.O., S. 716, 717; Weller/Lieberknecht/Habrich NJW 2020, 1017, 1021; Häublein/Müller NZM 2020, 481, 486 f.; Wolf/Eckert/Denz/Gerking/Holze/Künnen/Kurth JA 2020, 401, 402). So wird es auch vom Landgericht im angefochtenen Urteil gesehen (ebenso LG Heidelberg, Urteil vom 30.07.2020, 5 O 66/20, BeckRS 2020, 19165 Rn. 39 ff.; Streyl, a.a.O., Seite 821; Zehelein, a.a.O., Seite 398). Ohne dass es hierauf entscheidend ankommen würde, spricht für diese Annahme auch der Inhalt des mit Wirkung vom 31.12.2020 neu geschaffenen Art. 240 § 7 Abs. 1 EGBGB (vgl. Brinkmann/Thüsing, a.a.O., Seite 8).

bb) Das hypothetische Element ist erfüllt, wenn die vertragschließenden Parteien den Vertrag nicht oder mit einem anderen Inhalt geschlossen hätten wenn sie die Veränderung der Umstände, welche zur Geschäftsgrundlage gehören, vorhergesehen hätten. Erforderlich ist danach, dass zumindest eine Vertragspartei den Vertrag nicht bzw. nicht mit diesem Inhalt abgeschlossen hätte, wenn sie das Fehlen oder den Wegfall der Vertragsgrundlage vorhergesehen hätte (vgl. Finkenauer, a.a.O., Rn. 58). Im Rahmen der Störung der großen Geschäftsgrundlage ist das hypothetische Element regelmäßig erfüllt (vgl. Jung, a.a.O., S. 719). Zudem ist zu beachten, dass es sich bei der Änderung der zur Geschäftsgrundlage gehörenden Umstände um sehr wesentliche Rahmenbedingungen für den Betrieb ihres Textileinzelhandelsgeschäftes handelt. Auf konkrete, nicht in die Vertragsverhandlungen eingeflossene Erwägungen, die nach dem Vortrag der Klägerin, sie hätte, wenn die jetzt eingetretene Situation bei Mietvertragsabschluss auch nur annähernd vorhersehbar gewesen wäre, kein Einverständnis der Klägerin mit einer Mietpreisanpassungsklausel in der von der Beklagten geltend gemachten Form, also im Sinne einer Reduzierung auf die Hälfte der Miete, erklärt, kommt es daher nicht an. Abzustellen ist auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses und auf verständige, wirtschaftlich denkende Vertragspartner. Diese hätten sich bei dem beide Vertragspartner gleichermaßen betreffenden und gerade nicht zu beeinflussenden Risiko nicht einseitig zu Gunsten eines Vertragspartners entschieden. Das hypothetische Element des § 313 Abs. 1 BGB ist damit erfüllt.

cc) Das normative Element des § 313 Abs. 1 BGB ist erfüllt, wenn die wesentliche Veränderung der zur Geschäftsgrundlage gehörenden Umstände nicht in den Risikobereich einer der Parteien fällt (dazu aaa) und ein Festhalten am Vertrag einer der Parteien nicht zuzumuten ist (dazu bbb).

aaa) Wenn angenommen wird, dass eine der Parteien mit dem Abschluss des Mietvertrags ein Risiko übernommen hat, unter das das Auftreten der Corona-Pandemie und die daraufhin ergangene staatliche Schließungsanordnung fällt, stünde dies einer Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 1 BGB regelmäßig entgegen, weil für die Berücksichtigung von Störungen der Geschäftsgrundlage grundsätzlich kein Raum ist, soweit es um Erwartungen und Umstände geht, die nach den vertraglichen Vereinbarungen in den Risikobereich einer der Parteien fallen (vgl. BGH, Urteil vom 17.03.2010, XII ZR 108/08, NZM 2010, 364 Rn. 15; Finkenauer, a.a.O., Rn. 61). Dies könnte auf den ersten Blick dafür sprechen, die Entscheidung sei bereits im Rahmen der bei der Auslegung des Mietvertrages notwendigen Abgrenzung zwischen dem beim Vermieter liegenden Risiko der Gebrauchstauglichkeit des Mietobjektes einerseits und dem beim Mieter liegenden Verwendungsrisiko andererseits gefallen (vgl. dazu oben II.3.). Diese Annahme greift aber zu kurz, weil die bei der vertraglichen Risikoabgrenzung allein betrachtete staatliche Schließungsanordnung nicht gleichbedeutend mit der in ein Pandemiegeschehen mit weitreichenden Kontakteinschränkungen eingebetteten Änderung der zur Geschäftsgrundlage gehörenden Umstände ist. Es geht hier also nicht um ein "normales" Risiko der Gebrauchstauglichkeit bzw. der Verwendung des Mietobjektes, sondern um weitgehende staatliche Eingriffe in das soziale und wirtschaftliche Leben aufgrund einer Pandemie, die als Systemkrise eine Störung der großen Geschäftsgrundlage ist. Das mit der Störung der großen Geschäftsgrundlage verbundene Risiko kann regelmäßig keiner Vertragspartei allein zugewiesen werden (idS Weller/Lieberknecht/Habrich, a.a.O., S. 1021; Jung, a.a,O., S. 720; Häublein/Müller, a.a.O., S. 487 f.: Römermann NJW 2021, 265 Rn. 22; Warmuth, a.a.O., S. 19 f.; LG Mönchengladbach, Urteil vom 02.11.2020, a.a.O., Rn. 41). Der staatliche Eingriff zur Kontaktbeschränkung hat dabei auch unmittelbar auf das vorliegend zu beurteilende Mietverhältnis eingewirkt, indem das von der Beklagten entsprechend dem Mietzweck betriebene Textileinzelhandelsgeschäft als möglicher Ort potentiell vielfältiger Kontakte, die zur Übertragung des Covid 19 Virus führen können, geschlossen wurde. Von der vertraglichen Risikozuweisung wird deshalb dieses von den Vertragsparteien nicht vorhergesehene und die Geschäftsgrundlage des Vertrages betreffende Geschehen nicht erfasst (in demselben Sinne etwa Streyl, a.a.O., Seite 822 f.; Zehelein, a.a.O., Seite 398). Auch in diesem Punkt stützt die Neuregelung in Art. 240 § 7 Abs. 1 EGBGB die Annahme, dass die pandemiebedingten staatlichen Schließungsmaßnahmen zumindest regelmäßig von der ohne Bezug zur Corona-Pandemie im Mietvertrag vereinbarten Risikozuweisung nicht erfasst werden (i.d.S. auch Römermann NJW 2021, 265, 267 f.). Im Ergebnis steht die vertragliche Risikozuweisung in der hier zu beurteilenden Situation einer Anpassung des Vertrages nach § 313 Abs. 1 BGB selbst dann nicht entgegen, wenn dieses nach der Vertragsauslegung einer der Parteien zuzuordnen wäre.

bbb) Entgegen der Auffassung im angefochtenen Urteil ist das Festhalten am unveränderten Mietvertrag derjenigen Partei, die durch die Änderung der die Geschäftsgrundlage bildenden Umstände belastet ist, hier die Beklagte, nicht zumutbar.

Der Senat teilt die Auffassung der 4. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz nicht, dass von einer Unzumutbarkeit des Festhaltens am bestehenden Vertrag erst dann auszugehen sei, wenn die von der Änderung der Umstände, welche zur Geschäftsgrundlage gehören, belastete Partei dadurch in eine existenzgefährdende Lage gerät. Das beachtet nicht hinreichend, dass es hier um eine Äquivalenzstörung in einem gegenseitigen Vertrag geht, der zudem ein Dauerschuldverhältnis ist. Die notwendige Unzumutbarkeit bezieht sich damit auf die Äquivalenzstörung, also auf das Verhältnis von Überlassung des Mietobjektes einerseits und dafür Zahlen des Nutzungsentgelts (Miete) andererseits (i.d.S. auch Römermann, a.a.O., S. 268; Streyl, a.a.O., S. 824; Brinkmann/Thüsing, a.a.O., S. 10; Finkenauer, a.a.O., Rn. 77). Von besonderer Bedeutung ist dabei der Charakter des Mietvertrages als Dauerschuldverhältnis, bei dem die Miete für die Nutzungsüberlassung in Zeitabschnitten geschuldet ist, wobei der Zeitabschnitt bei den meisten Mietverhältnissen einen Monat beträgt. Dementsprechend erfolgt die Lösung des Äquivalenzproblems zwischen Miete und Gebrauchsüberlassung im Fall des Eingreifens des Gewährleistungsrechts der Minderung nach § 536 Abs. 1 BGB auch im Sinne einer Reduzierung (Minderung) der Miete (nur) für den betroffenen Zeitabschnitt der Einschränkung der Gebrauchstauglichkeit. Führt ein vorhandener Mangel in einem bestimmten Zeitraum nicht zur Einschränkung der Gebrauchstauglichkeit, ist die Miete in diesem Zeitraum und damit in den betroffenen Zeitabschnitten nicht gemindert (vgl. BGH, Urteil vom 15.12.2010, XII ZR 132/09, NJW 2011, 514 Rn. 13 - sommerliche Aufheizung der Mieträume). Ebenso ist es bei der Bestimmung der Wesentlichkeit eines Mietrückstandes - und damit einer Äquivalenzstörung - für die Annahme eines wichtigen Grundes zur Kündigung des Mietvertrages nach § 543 BGB. Auch dabei wird in § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a und b BGB nach Zahlungsterminen bestimmt, wann ein Rückstand so erheblich ist, dass aus ihm ein wichtiger Grund für die außerordentliche Kündigung des Mietvertrages folgt. In § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3b BGB ist sogar - wohl infolge eines redaktionellen Versehens - der konkrete Zeitabschnitt des Monats genannt, was aber dahin zu verstehen ist, dass der im Mietvertrag vereinbarte Zeitabschnitt gemeint ist (vgl. Alberts in Guhling/Günter, Gewerberaummiete, 2. Aufl., § 543 BGB Rn. 57 unter Verweis auf BGH, Urteil vom 17.09.2008, XII ZR 61/07, NZM 2009, 30 Rn. 15). Auch im Rahmen der Konturierung des unbestimmten Rechtsbegriffs des nicht unerheblichen Teils der Miete in § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3a BGB orientiert sich die Rechtsprechung an dem an einem Fälligkeitstermin zu zahlenden Betrag, in der Regel also an der Miete für einen Monat. So ist in § 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB für Mietverträge über Wohnraum geregelt, dass ein nicht unerheblicher Rückstand dann vorliegt, wenn der rückständige Teil die Miete für einen Monat (mindestens um ein Cent) übersteigt. Auch im Bereich der Mietverträge über Gewerberäume wird dieser Betrag grundsätzlich bei der Bestimmung des nicht unerheblichen Teils der Miete angewendet (vgl. BGH, Urteil vom 23.07.2008, XII ZR 134/06, NJW 2008, 3210 Rn. 30). Allerdings kann bei diesen Verträgen auch ein Rückstand von weniger als dem an einem Fälligkeitstermin zu zahlenden Betrag, also in der Regel der Miete für einen Monat, ausreichen, wenn besondere Einzelfallumstände hinzutreten, die den Schluss auf die Erheblichkeit dieses Rückstandes zulassen (vgl. BGH, Urteil vom 13.05.2015, XII ZR 65/14, NJW 2015, 2419 Rn. 54 ff.). Daraus folgt, dass die Unzumutbarkeit der Festhaltung am bestehenden Vertrag beim Verhältnis von Leistung und Gegenleistung anzusetzen hat, im vorliegend zu beurteilenden Mietvertrag vom 13./26.09.2013 mit monatlicher Zahlungspflicht gemäß dessen § 3 Nr. 1 also beim einzelnen Zahlungsmonat. Im Ausgangspunkt ist danach die Erheblichkeit deswegen zu bejahen, weil - je nach Standpunkt bezüglich der vertraglichen Risikoverteilung - entweder der Mieter nach dem Mietvertrag die volle Miete zahlen müsste, ohne das Mietobjekt dem Mietzweck entsprechend nutzen zu können oder der Vermieter keine bzw. eine geringfügige Miete für ein Mietobjekt erhielte, für dessen - temporäre - Unbenutzbarkeit für den vertraglich vereinbarten Mietzweck er nicht nur keine Ursache gesetzt hat, sondern die er auch nicht vorhersehen konnte. Im konkret zu beurteilenden Fall könnte man deshalb die Erheblichkeit danach allenfalls dann verneinen, wenn lediglich ein Zahlungstermin betroffen wäre und innerhalb dieses Zahlungstermins jedenfalls weit überwiegend die vertragliche Äquivalenz bestand. Denkbar wäre danach, die Unzumutbarkeit der Festhaltung am Mietvertrag dann zu verneinen, wenn die Äquivalenzstörung lediglich ein bis zwei Wochen des Mietmonats beträfe. Die Notwendigkeit der im Verhältnis zu anderen Vertragstypen relativ niedrige Schwelle der Unzumutbarkeit liegt darin begründet, dass es sich bei dem Mietvertrag um ein Dauerschuldverhältnis handelt. So ist bei einem klassischen Austauschvertrag wie dem Kaufvertrag die vollständige Leistung und Gegenleistung im Rahmen der Äquivalenzstörung gegenüberzustellen. Allerdings bezieht sich dann auch die Rechtsfolge der Vertragsanpassung auf den gesamten Vertrag, also das vollständige Äquivalenzverhältnis. Im Mietvertrag reicht dagegen eine wesentliche Äquivalenzstörung im regelmäßig monatlichen Zeitabschnitt, sie führt allerdings dann auch nur zu einer Vertragsanpassung für diesen Zeitabschnitt, so dass nicht das Risiko besteht, dass mit niedriger Eingriffsschwelle wesentliche Vertragsgrundlagen ohne entsprechenden Anlass durch richterlichen Eingriff nach § 313 Abs. 1 BGB geändert werden. Der Zeitraum, in dem die staatliche Schließungsanordnung andauerte, von insgesamt mehr als einem Monat, überschreitet damit die Schwelle der Erheblichkeit. Auf die Frage, inwieweit die wirtschaftliche Existenz der belasteten Vertragspartei durch die Störung der Geschäftsgrundlage betroffen wird, kommt es wegen dieser Dauer nicht an.

b) Da eine einvernehmliche Vertragsanpassung im Verhandlungswege der Parteien nach § 313 Abs. 1 BGB noch im Berufungsverfahren nicht zustande kam, ist der Senat verpflichtet, die entsprechende Vertragsanpassung vorzunehmen. Der Anpassungsanspruch aus § 313 Abs. 1 BGB kann gerichtlich geltend gemacht werden (vgl. BGH, Urteil vom 30.09.2011, V ZR 17/11, NJW 2012, 373 Rn. 34; Zehelein, a.a.O., S. 400). Die Beklagte hat zudem mit ihrem vorprozessualen Schreiben vom 07.05.2020 an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin einen außergerichtlichen Vergleich auf der Basis einer hälftigen Reduzierung der Miete für April 2020 angeboten, was als Anpassungsverlangen nach § 313 Abs. 1 BGB gewertet werden kann.

Damit ist eine Absenkung der Kaltmiete um 50 % gerechtfertigt, weil keine der Vertragsparteien eine Ursache für die Störung der Geschäftsgrundlage gesetzt oder sie vorhergesehen hat. Es ist demzufolge angemessen, die damit verbundene Belastung gleichmäßig auf beide Parteien zu verteilen (i.d.S. auch LG Mönchengladbach, a.a.O., Rn. 55; LG Aurich, Urteil vom 09.10.2020, 1 O 430/20; LG Kempten, Urteil vom 07.12.2020, 23 O 753/20, BeckRS 2020, 37736 Rn. 37; AG Oberhausen, Urteil vom 06.10.2020, 37 C 863/20, BeckRS 2020, 35507 Rn. 46; Zehelein, a.a.O., Seite 398 ff.; Streyl, a.a.O., S. 824; Ekkenga/Schirrmacher NZM 2020, 410, 414; i. E. auch Häublein/Müller, a.a.O., S. 491 f.). Dies entspricht der Lösung der Rechtsprechung bei Vertragszweckstörungen in der Vergangenheit (vgl. BGH, Urteil vom 23.11.1989, VII ZR 60/89, NJW 1990, 572, 573 - Aufteilung der Hotel-Stornokosten bei Reisekündigung wegen höherer Gewalt; ähnlich OLG Karlsruhe, Urteil vom 15.05.1992, 15 U 297/91, NJW 1992, 3176, 3177 f. - Wegfall der beiderseitigen Leistungspflichten aus einem Vertrag über den Auftritt von Musikern auf einer Faschingsveranstaltung, welche wegen des Golfkriegs ausfiel). Es kann offen bleiben, ob die Zahlung staatlicher Hilfen an einen der Vertragspartner des Mietvertrages zu einer weiteren Anpassung der Höhe der Miete führen würde, weil nicht festgestellt werden kann, dass die Klägerin oder die Beklagte solche staatlichen Hilfen erhalten haben. Es kann auch dahinstehen, ob und ggf. inwieweit Zahlungen auf Betriebskosten anzupassen wären, weil solche nicht Gegenstand des Rechtsstreits sind. Der Klägerin war eine keine Teilnutzung des Mietobjekts im Sinne eines "Außer-Haus-Verkaufs" bzw. eines entsprechenden Liefer- und Abholservice möglich wie dies etwa bei Gaststätten erlaubt war (vgl. Ziffer 3 der Allgemeinverfügung vom 18.03.2020 und Ziffer 4 der Allgemeinverfügung vom 20.03.2020).

Eine Reduzierung der Kaltmiete auf die Hälfte für den Zeitraum der staatlichen Schließungsanordnung führt zu dem Ergebnis, dass die Klägerin für den Monat April anstelle des vertraglich vereinbarten Betrages von 7.854,00 € nur 5.366,90 € zu zahlen hätte, während sie für den Monat März 2020 6.207,19 € zu zahlen gehabt hätte, also mit ihrer vollständigen Mietzahlung die Miete in Höhe von 1.646,81 € überzahlt hat. In dieser Höhe hat die Beklagte hilfsweise die Aufrechnung gegen die Forderung der Klägerin auf Zahlung der Miete für April 2020 erklärt, so dass sich im Ergebnis gemäß §§ 387, 389 BGB der Anspruch der Klägerin von 5.366,90 € auf 3.720,09 € reduziert.

Im Hinblick auf die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten war lediglich ein Streitwert in Höhe des nunmehr ausgeurteilten Betragen anzusetzen.

Der Zinsausspruch folgt aus §§ 288 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO; diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Zi. 10, 711 ZPO. Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 Zi. 1 ZPO wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung zuzulassen.
 
 
 

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 189/09 Verkündet am:
13. Juli 2011
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
NRauchSchG RP § 7 Abs. 1;
BGB §§ 536 Abs. 1 Satz 1, 536 a Abs. 1, 581 Abs. 2

a) Das Rauchverbot in § 7 Abs. 1 Nichtraucherschutzgesetz Rheinland-Pfalz stellt
keinen Mangel einer verpachteten Gaststätte dar.

b) Der Verpächter ist nicht verpflichtet, auf Verlangen des Pächters durch bauliche
Maßnahmen die Voraussetzungen zu schaffen, dass dieser einen gesetzlich vorgesehen
Raucherbereich einrichten kann.
BGH, Urteil vom 13. Juli 2011 - XII ZR 189/09 - OLG Koblenz
LG Koblenz
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13 Juli 2011 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Dose, Dr. Klinkhammer, Dr. Günter und Dr. Nedden-Boeger

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 18. November 2009 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin war Pächterin einer Gaststätte. Sie nimmt die Beklagte als Verpächterin wegen einer nach Vertragsschluss durch das Inkrafttreten des Nichtraucherschutzgesetzes Rheinland-Pfalz eingetretenen Nutzungsbeschränkung der Gaststätte auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Die Gaststätte bestand aus zwei nicht voneinander getrennten Räumen. Nachdem am 15. Februar 2008 in Rheinland-Pfalz ein Nichtraucherschutzgesetz in Kraft getreten war, durfte in der verpachteten Gaststätte nicht mehr geraucht werden. Von der Klägerin geforderte Umbaumaßnahmen zur Schaffung eines den Anforderungen des Nichtraucherschutzgesetzes entsprechenden Raucherbereichs wurden von der Beklagten abgelehnt.
3
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Schadensersatz wegen eines behaupteten Umsatzrückgangs als Folge des gesetzlichen Rauchverbots.
4
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin blieb erfolglos. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

5
Die zulässige Revision hat keinen Erfolg.

I.

6
Das Berufungsgericht hat in der u.a. in NJW-RR 2010, 203 veröffentlichten Entscheidung zur Begründung ausgeführt, der Klägerin stehe kein Anspruch auf Schadenersatz aus § 581 Abs. 2 BGB iVm § 536 a Abs. 1 BGB wegen entgangenen Gewinns zu. Ein Mangel des Pachtgegenstands liege nicht vor, da durch das Inkrafttreten des Nichtraucherschutzgesetzes Rheinland Pfalz der vertraglich vorgesehene Gebrauch der gepachteten Räumlichkeiten nicht beeinträchtigt sei. Aus der Auslegung des Pachtvertrages nach §§ 133, 157, 242 BGB ergebe sich zwar, dass zum vertragsgemäßen Gebrauch zunächst auch die Möglichkeit gehört habe, in der Gaststätte rauchen zu dürfen. Die Parteien seien zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses jedoch von einer Nutzungsmöglichkeit nicht nur im Rahmen des Branchenüblichen, sondern auch im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Vorschriften ausgegangen, die sich ändern könnten. Die durch den Erlass des Nichtraucherschutzgesetzes eingetretene Änderung der Nutzungsmöglichkeit falle allein in die Risikosphäre der Klägerin. Der Verpächter trage die Verantwortung für die Konzessionsfähigkeit der verpachteten Gaststätte, nicht jedoch das Risiko für solche Umstände, die ihre Ursache in den persönlichen oder betrieblichen Verhältnissen des Pächters hätten. Die Regelungen des Nichtraucherschutzgesetzes beeinflussten lediglich die betrieblichen Verhältnisse des Gaststättenbetriebes, für die die Klägerin als Pächterin die Verantwortung zu tragen habe. Da die ursprünglich vorgesehene Nutzungsmöglichkeit nach dem Parteiwillen unter dem Vorbehalt der Vereinbarkeit mit den öffentlich-rechtlichen Normen gestanden habe, führe die gesetzliche Beschränkung durch § 7 des Nichtraucherschutzgesetzes Rheinland-Pfalz zum Wegfall der vertraglichen Verpflichtung der Beklagten, die Gaststätte für den Besuch von Rauchern und Nichtrauchern zur Verfügung zu stellen.

II.

7
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision stand. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Klägerin kein Schadensersatzanspruch nach §§ 581 Abs. 2, 536 a Abs. 1 BGB zusteht, weil das durch das am 15. Februar 2008 in Kraft getretene Nichtraucherschutzgesetz Rheinland -Pfalz (NRauchSchG RP, GVBl 2007, 188) eingeführte Rauchverbot in Gaststätten nicht zu einem Mangel des Pachtgegenstands iSv §§ 581 Abs. 2, 536 Abs. 1 Satz 1 BGB geführt hat.
8
1. Unter einem Mangel im Sinne von §§ 581 Abs. 2, 536 Abs.1 Satz 1 BGB ist die für den Pächter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustandes der Pachtsache von dem vertraglich geschuldeten zu verstehen, wobei sowohl tatsächliche Umstände als auch rechtliche Verhältnisse in Bezug auf die Pachtsache als Mangel in Betracht kommen können (Senatsurteile vom 21. September 2005 - XII ZR 66/03 NJW 2006, 899, 900 und vom 16. Februar 2000 - XII ZR 279/97 - NJW 2000, 1714, 1715). Öffentlich-rechtliche Gebrauchshindernisse und Gebrauchsbeschränkungen, die dem vertragsgemäßen Gebrauch eines Pachtobjekts entgegenstehen, begründen nach der Rechtspre- http://www.juris.de/jportal/portal/t/160o/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001950896BJNE053102377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 5 - chung des Bundesgerichtshofs allerdings nur dann einen Sachmangel im Sinne der §§ 536 ff. BGB, wenn sie auf der konkreten Beschaffenheit der Pachtsache beruhen und nicht in persönlichen oder betrieblichen Umständen des Pächters ihre Ursache haben (vgl. Senatsurteile vom 15. Oktober 2008 - XII ZR 1/07 - NJW 2009, 124 Rn. 34; vom 24.Oktober 2007 - XII ZR 24/06 - ZMR 2008, 274; vom 2. März 1994 - XII ZR 175/92 - ZMR 1994, 253, 254; vom 23. September 1992 - XII ZR 44/91 - NJW 1992, 3226 und vom 11. Dezember 1991 - XII ZR 63/90 = WM 1992, 583, 585; BGH Urteil vom 22. Juni 1988 - VIII ZR 232/87 - NJW 1988, 2664).
9
Ergeben sich aufgrund von gesetzgeberischen Maßnahmen während eines laufenden Pachtverhältnisses Beeinträchtigungen des vertragsmäßigen Gebrauchs eines gewerblichen Pachtobjekts, kann dies nachträglich einen Mangel iSv §§ 581 Abs. 2, 536 Abs. 1 Satz 1 BGB begründen (vgl. Eisenschmid in Schmidt-Futterer Mietrecht 10. Aufl. § 536 Rn. 63). Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die durch die gesetzgeberische Maßnahme bewirkte Gebrauchsbeschränkung unmittelbar mit der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage des Pachtobjekts in Zusammenhang steht. Andere gesetzgeberische Maßnahmen, die den geschäftlichen Erfolg beeinträchtigen, fallen dagegen in den Risikobereich des Pächters (Wolf/Eckert/Ball Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts 10. Aufl. Rn. 200). Denn der Verpächter von Gewerberäumen ist gemäß §§ 581 Abs. 2, 535 Abs. 1 Satz 2 BGB lediglich verpflichtet, den Pachtgegenstand während der Vertragslaufzeit in einem Zustand zu erhalten, der dem Pächter die vertraglich vorgesehene Nutzung ermöglicht. Das Verwendungsrisiko bezüglich der Pachtsache trägt bei der Gewerberaummiete dagegen grundsätzlich der Mieter (vgl. Senatsurteile vom 21. September 2005 - XII ZR 66/03 - NJW 2006, 899, 901; vom 26. Mai 2004 - XII ZR 149/02 - NJW-RR 2004, 1236; vom 19. Juli 2000 - XII ZR 176/98 - NJW-RR 2000, 1535, 1536; vom 16. Februar 2000 - XII ZR 279/97 - NJW 2000, 1714, 1716 und vom 29. September 1999 - XII ZR 313/98 - NZM 2000, 36, 40). Dazu gehört vor allem das Risiko, mit dem Pachtobjekt Gewinne erzielen zu können. Erfüllt sich die Gewinnerwartung des Pächters aufgrund eines nachträglich eintretenden Umstandes nicht, so verwirklicht sich damit ein typisches Risiko des gewerblichen Pächters. Das gilt auch in Fällen, in denen es durch nachträgliche gesetzgeberische oder behördliche Maßnahmen zu einer Beeinträchtigung des Gewerbebetriebs des Pächters kommt.
10
2. Unter diesen Voraussetzungen führt das durch das Nichtraucherschutzgesetz Rheinland-Pfalz eingeführte Rauchverbot in öffentlichen Gaststätten nicht zu einem Mangel des Pachtgegenstandes iSv §§ 581 Abs. 2, 536 Abs. 1 Satz 1 BGB.
11
a) Die mit dem gesetzlichen Rauchverbot zusammenhängende Gebrauchsbeschränkung beruht nicht auf der konkreten Beschaffenheit der Pachtsache , sondern knüpft an die betrieblichen Verhältnisse des Pächters an.
12
Das Nichtraucherschutzgesetz Rheinland-Pfalz unterstellt bestimmte Gebäude und Gebäudeteile einem Rauchverbot und stellt dabei nicht auf die konkreten baulichen Gegebenheiten, sondern auf die Nutzungsart der betroffenen Baulichkeiten ab. Zweck des Gesetzes ist der Schutz der Bevölkerung vor den gesundheitlichen Belastungen durch das Passivrauchen (§ 1 Abs. 1 NRauchSchG RP). Um diesen Schutz zu erreichen, ordnet das Gesetz für öffentliche Gebäude (§ 2 NRauchSchG RP), Krankenhäuser und andere medizinische Einrichtungen (§ 3 NRauchSchG RP), Schulen und Einrichtungen der Jugendhilfe (§§ 4, 5 NRauchSchG RP), Alten- und Pflegeheime (§ 6 NRauchSchG RP) und für Gaststätten (§ 7 Abs. 1 NRauchSchG RP) ein Rauchverbot für alle Personen an, die sich in diesen Einrichtungen aufhalten (vgl. § 1 Abs. 2 NRauchSchG RP). Die baulichen Gegebenheiten der betroffe- nen Gebäude oder Gebäudeteile sind für die Geltung des gesetzlichen Rauchverbots unerheblich. Maßgeblich sind allein die Art der Nutzung der Gebäude und der Umstand, dass in den Einrichtungen Publikumsverkehr stattfindet.
13
Das gesetzliche Rauchverbot bezieht sich folglich auf die Art und Weise der Betriebsführung des Mieters oder Pächters, betrifft also nur dessen betriebliche Verhältnisse (vgl. Sternel Mietrecht aktuell 4. Aufl. Rn. 264 a; Gerber /Eckert Gewerbliches Miet- und Pachtrecht 7. Aufl. Rn. 259; Paschke NZM 2008, 265). Für die Betriebsbezogenheit der Gebrauchseinschränkung spricht zudem, dass sich das Verbot primär an die Personen richtet, die sich in den betroffenen Einrichtungen aufhalten (vgl. § 1 Abs. 2 NRauchSchG RP) und der Betreiber der Einrichtung nur als mittelbarer Adressat des Verbots für dessen Umsetzung und Einhaltung verantwortlich ist, vgl. § 10 Abs. 1 Satz 1 NRauchSchG RP (so auch OLG München NJW 2010, 1297).
14
b) Bei dem Erlass des Nichtraucherschutzgesetzes Rheinland-Pfalz handelt es sich daher um eine Gesetzesänderung, die, vergleichbar einer nachträglichen Änderung der Sperrzeit (vgl. Eisenschmid in Schmidt-Futterer Mietrecht 10. Aufl. § 536 BGB Rn. 60), allein in das wirtschaftliche Risiko des Pächters fällt (vgl. Wolf/Eckert/Ball Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts 10. Aufl. Rn. 200; Eisenschmid in Schmidt-Futterer Mietrecht 10. Aufl. § 535 BGB Rn. 463; Lehr in Hannamann/Wiegner Münchner Anwaltshandbuch Mietrecht 3. Aufl. § 54 Rn. 73; Staudinger/Emmerich [2010] § 536 BGB Rn. 20; Palandt/Weidenkaff BGB 70. Aufl. § 536 Rn. 19; Grühn in jurisPKBGB 5. Aufl. 2010 § 581 Rn. 86).
15
3. Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich ein Schadensersatzanspruch auch nicht daraus, dass die Beklagte der Aufforderung der Klägerin nicht nachgekommen ist, die baulichen Voraussetzungen zu schaffen, um in der Gaststätte einen Raucherbereich einzurichten. Nach § 536 a Abs. 1 Alt. 3 BGB kann der Mieter Schadensersatz verlangen, wenn der Vermieter mit der Beseitigung eines Mangels in Verzug kommt. Diese Voraussetzung ist vorliegend nicht erfüllt.
16
a) Zwar kann nach § 7 Abs. 2 und 3 NRauchSchG RP der Betreiber einer Gaststätte das Rauchen erlauben, wenn besondere im Gesetz genannte bauliche Gegebenheiten vorliegen. Erfüllen - wie im vorliegenden Fall - die von einem Gaststättenbetreiber gepachteten Räumlichkeiten diese Anforderungen nicht, ist jedoch der Verpächter grundsätzlich nicht verpflichtet, die für eine Ausnahme vom Rauchverbot erforderlichen baulichen Umbaumaßnahmen vorzunehmen.
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b) Nach §§ 581 Abs. 2, 535 Abs. 1 Satz 2 BGB hat der Verpächter die Pachtsache während der Pachtzeit in einem vertragsgemäßen Zustand zu erhalten. Im Rahmen dieser Verpflichtung muss der Verpächter sämtliche Maßnahmen vornehmen, die erforderlich sind, um dem Pächter den vertragsgemäßen Gebrauch zu ermöglichen (Palandt/Weidenkaff BGB 70. Aufl. § 535 Rn. 36). Diese Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht kann dazu führen, dass ein Verpächter bei einer Änderung öffentlich-rechtlicher Vorschriften durch die Vornahme geeigneter baulicher Veränderungen des Pachtgegenstands einen Zustand schaffen muss, der dem Pächter den weiteren vertragsgemäßen Gebrauch der Pachtsache ermöglicht (vgl. etwa Senatsurteil vom 11. Dezember 1991 - XII ZR 63/90 - NJW-RR 1992, 267; BGH Urteil vom 4. April 1979 - VIII ZR 118/78 - NJW 1979, 2351). Allerdings ist auch im Rahmen der §§ 581 Abs. 2, 535 Abs. 1 Satz 2 BGB die gesetzliche Risikoverteilung zwischen Verpächter und Pächter zu berücksichtigen. Deshalb darf auf diesem Weg das Verwendungsrisiko des Pächters nicht auf den Verpächter abgewälzt werden. Handelt es sich bei der Gebrauchsbeschränkung um die Folge einer Gesetzes- änderung, die - wie im vorliegenden Fall - an die betrieblichen Verhältnisse des Pächters anknüpft, ist der Verpächter für die aufgetretene Störung schon deshalb nicht verantwortlich, weil diese ihre Ursache dann nicht in dem Zustand oder der Beschaffenheit der Pachtsache hat (vgl. Senatsurteil vom 11. Dezember 1991 - XII ZR 63/90 - NJW-RR 1992, 267).
18
c) Da die Beklagte daher im Rahmen der ihr obliegenden Instandhaltungs - und Instandsetzungspflicht nicht verpflichtet war, bauliche Veränderungen an den gepachteten Räumlichkeiten vorzunehmen, um die durch das Inkrafttreten des Nichtraucherschutzgesetzes Rheinland-Pfalz eingetretene Nutzungsbeschränkung der Gaststätte der Klägerin auszugleichen, steht der Klägerin auch unter diesem Gesichtspunkt ein Schadensersatzanspruch nicht zu.
Hahne Dose Klinkhammer Günter Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
LG Koblenz, Entscheidung vom 07.04.2009 - 10 O 296/08 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 18.11.2009 - 1 U 579/09 -

*

(1) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung; bei einer Teilleistung findet § 441 Abs. 3 entsprechende Anwendung. Satz 1 gilt nicht, wenn der Schuldner im Falle der nicht vertragsgemäßen Leistung die Nacherfüllung nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu erbringen braucht.

(2) Ist der Gläubiger für den Umstand, auf Grund dessen der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten braucht, allein oder weit überwiegend verantwortlich oder tritt dieser vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit ein, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist, so behält der Schuldner den Anspruch auf die Gegenleistung. Er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Befreiung von der Leistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.

(3) Verlangt der Gläubiger nach § 285 Herausgabe des für den geschuldeten Gegenstand erlangten Ersatzes oder Abtretung des Ersatzanspruchs, so bleibt er zur Gegenleistung verpflichtet. Diese mindert sich jedoch nach Maßgabe des § 441 Abs. 3 insoweit, als der Wert des Ersatzes oder des Ersatzanspruchs hinter dem Wert der geschuldeten Leistung zurückbleibt.

(4) Soweit die nach dieser Vorschrift nicht geschuldete Gegenleistung bewirkt ist, kann das Geleistete nach den §§ 346 bis 348 zurückgefordert werden.

(5) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, kann der Gläubiger zurücktreten; auf den Rücktritt findet § 323 mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass die Fristsetzung entbehrlich ist.

*

(1) Der Anspruch auf Leistung ist ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist.

(2) Der Schuldner kann die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht. Bei der Bestimmung der dem Schuldner zuzumutenden Anstrengungen ist auch zu berücksichtigen, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat.

(3) Der Schuldner kann die Leistung ferner verweigern, wenn er die Leistung persönlich zu erbringen hat und sie ihm unter Abwägung des seiner Leistung entgegenstehenden Hindernisses mit dem Leistungsinteresse des Gläubigers nicht zugemutet werden kann.

(4) Die Rechte des Gläubigers bestimmen sich nach den §§ 280, 283 bis 285, 311a und 326.

Oberlandesgericht Dresden


Urteil vom 24.02.2021


Az.: 5 U 1782/20


In dem Rechtsstreit


X. Grundstücksverwaltung GmbH & Co. KG, ...
vertreten durch die Komplementärin X. Grundstücksverwaltung Beteiligungs GmbH
diese vertreten durch den Geschäftsführer ...
- Klägerin und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwaltskanzlei ...


gegen


Y. GmbH, ...
vertreten durch die Geschäftsführer ...
- Beklagte und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigte:
... Rechtsanwälte PartG mbB, ...


wegen Mietzinsforderung


hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden durch
Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht PD Dr. Dr. K.,
Richterin am Oberlandesgericht K. und
Richter am Oberlandesgericht K.
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24.02.2021
für Recht erkannt:

Tenor:


I. Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz vom 26.08.2020 (4 O 639/20) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.720,09 € zuzüglich Zinsen daraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.04.2020 und 272,00 € vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen daraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.06.2020 zu bezahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 1/3 und die Beklagte 2/3 zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckten Betrages leistet.

II. Die Revision wird zugelassen.

Gründe:


Die zulässige Berufung hat teilweise Erfolg.

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung der Miete des Monats April 2020 für die auf dem Grundstück ... Straße ... in xxx befindlichen Gebäude und Parkplätze mit einer Nutzfläche von ca. 1.150 m² in Anspruch, die die Beklagte zum Betrieb eines Textileinzelhandels angemietet hat.

Die Parteien schlossen am 13./26.09.2013 einen Mietvertrag über die auf dem Grundstück ... Straße ... in xxx befindlichen Gebäude und Parkplätze. Das Mietverhältnis begann am 01.01.2014 und wurde für die Dauer von 10 Jahren fest abgeschlossen, mit einer Verlängerungsklausel und einer zweimaligen Option der Beklagten als Mieterin zur Verlängerung des Mietverhältnisses jeweils um drei Jahre. Die Vermietung erfolgte "ausschließlich zu gewerblichen Zwecken zur Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts für Textilien aller Art, sowie Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs." Seit dem 01.01.2019 beträgt die monatliche Bruttomiete 7.854,00 € und ist spätestens bis zum 5. des Monats auf das im Vertrag angegebene Bankkonto der Klägerin zu bezahlen. Neben der Miete trägt die Beklagte als Mieterin im Vertrag näher umschriebene Nebenkosten. Eine Nebenkostenvorauszahlung wurde nicht vereinbart. In § 1 Nr. 2 des Mietvertrages wurde geregelt: "Der Vermieter übernimmt keine Gewähr dafür, dass etwaige erforderliche behördliche Genehmigungen für die Nutzung der Mieträume durch den Mieter erteilt werden, soweit die Genehmigungen nicht aus Gründen versagt werden, die ausschließlich auf der Beschaffenheit oder Lage des Mietobjektes beruhen. Der Mieter trägt die Kosten der Erfüllung behördlicher Auflagen, die sich aus seiner Person oder der Nutzungsart der Mieträume ergeben, ausgenommen sind die brandschutztechnischen Bestimmungen sowie die Arbeitsrichtlinien."

Aufgrund des sich verbreitenden SARS-CoV-2-Virus (Corona-Pandemie) erließ das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt am 18.03.2020 auf der Grundlage von § 28 Abs. 1 IfSG die "Allgemeinverfügung Vollzug des Infektionsschutzgesetzes Maßnahmen anlässlich der Corona-Pandemie Verbot von Veranstaltungen" (Az. 15-5422/5), nach deren Ziffer 1 in Sachsen grundsätzlich alle Geschäfte geschlossen wurden, soweit sie nicht unter die in der Allgemeinverfügung ausdrücklich benannten Ausnahmen fielen, was für den Textileinzelhandel der Beklagten nicht zutraf. Die Allgemeinverfügung vom 18.03.2020 trat gemäß ihrer Ziffer 9 am 19.03.2020 um 0:00 Uhr in Kraft und wurde ab dem 22.03.2020, 0:00 Uhr von der "Allgemeinverfügung Vollzug des Infektionsschutzgesetzes Maßnahmen anlässlich der Corona-Pandemie Verbot von Veranstaltungen" des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 20.03.2020 (Az. 15-5422/5) ersetzt, nach deren Ziffer 2, übereinstimmend mit der Allgemeinverfügung vom 18.03.2020, Geschäfte grundsätzlich geschlossen wurden, soweit nicht die in der Allgemeinverfügung vom 20.03.2020 formulierten Ausnahmen eingriffen, zu denen das Textileinzelhandelsgeschäft der Beklagten nicht zählte. Aufgrund der genannten Allgemeinverfügungen vom 18. bzw. 20.03.2020 war das Textileinzelhandelsgeschäft der Beklagten im Mietobjekt vom 19.03.2020 bis einschließlich 19.04.2020 geschlossen.

Nach entsprechender Ankündigung mit Schreiben vom 24.03.2020 bezahlte die Beklagte die Miete für den Monat April 2020 nicht. Die Klägerin mahnte mit dem Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 16.04.2020 bei der Beklagten die Zahlung der Miete für April 2020 erfolglos an. Die folgenden Mietzahlungen, insbesondere für den Monat Mai 2020, erbrachte die Beklagte vollständig.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei auch für den Zeitraum der durch die Allgemeinverfügungen des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 18. bzw. 20.03.2020 verursachten Schließung des Textileinzelhandelsgeschäfts im Mietobjekt zur vollständigen Zahlung der vertraglich vereinbarten Miete verpflichtet. Mit der staatlichen Schließungsanordnung habe sich ein typisches unternehmerisches Risiko verwirklicht. Das Verwendungsrisiko trage die Beklagte als Mieterin, was sich auch aus der Regelung in § 1 Nr. 2 des Mietvertrages ergebe. Die Allgemeinverfügungen zielten auf den Betrieb der Beklagten ab, während die von der Klägerin zu gewährleistende Nutzbarkeit der vermieteten Räume für den vertraglich vereinbarten Zweck dessen ungeachtet fortbestehe. Es bestehe deshalb auch kein Rückzahlungsanspruch wegen überzahlter Miete für den Monat März 2020, mit welchem die Beklagte die Aufrechnung gegen den Anspruch auf Zahlung der Miete für den Monat April 2020 erklären könne.

Die Beklagte hat behauptet, sie habe einen erheblichen Rückgang des Nettoumsatzes für die Monate März und April 2020 erlitten, welcher nicht durch verstärkten Onlinehandel kompensiert worden sei. Staatliche Finanzhilfen habe sie nicht erhalten. Sie habe ihre sämtlichen 3.000 Filialen geschlossen und einen Großteil ihrer Belegschaft in Kurzarbeit "0" geschickt.

Sie hat die Auffassung vertreten, infolge der staatlichen Schließungsanordnung liege ein Mangel des Mietobjektes i.S.d. § 536 Abs. 1 BGB vor, der zur Minderung der Miete um 100 % führe. Hilfsweise sei von einer Unmöglichkeit der Gebrauchsüberlassung i.S.v. § 326 Abs. 1 BGB auszugehen, die die Mietzahlungsverpflichtung der Beklagten entfallen lasse. Höchsthilfsweise wäre jedenfalls der Mietvertrag auf Grundlage der Grundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB wegen der durch die staatliche Schließungsanordnung eingetretenen schwerwiegenden Äquivalenzstörungen anzupassen, womit jedenfalls eine hälftige Teilung der Mietlast angemessen sei.

Für den Fall, dass der Senat von einer Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung der Miete für den Monat April 2020 ausgeht, rechnet die Beklagte hilfsweise mit ihrem Rückzahlungsanspruch in Bezug auf die von ihr rechtsgrundlos gezahlte Miete für den Zeitraum vom 19. bis zum 31.03.2020 auf.

Wegen des Sachvortrages im Übrigen und der in erster Instanz gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts Bezug genommen.

Das Landgericht hat mit dem Urteil vom 26.08.2020 die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 7.854,00 € nebst Zinsen und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten für den Gegenstandswert von 7.854,00 € nebst Zinsen zu bezahlen.

Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe einen Anspruch auf Zahlung der von ihr begehrten Miete für den Monat April 2020 aus dem Mietvertrag vom September 2013 gemäß § 535 Abs. 2 BGB. Die staatliche Schließungsanordnung aus den Allgemeinverfügungen vom 18. und 20.03.2020 führe nicht zu einem Mangel des Mietobjektes nach § 536 Abs. 1 BGB und nicht zur Unmöglichkeit der Gebrauchsüberlassungspflicht der Klägerin als Vermieterin. Eine Lagerhaltung sei der Beklagten während der Zeit der Schließungsanordnung möglich gewesen. Zudem hätte ein von der Schließungsanordnung ausgenommenes Geschäft in den Mieträumen betrieben werden können. Es könne offen bleiben, ob die wegen der Corona-Pandemie erfolgte staatliche Schließungsanordnung grundsätzlich zur Anwendbarkeit der Regelung in § 313 Abs. 1 BGB zur Anpassung des Mietvertrages wegen Störung der Geschäftsgrundlage führen könne. Im konkret zu beurteilenden Fall sei eine Anpassung des Mietvertrages jedenfalls nicht angezeigt, weil der Beklagten das Festhalten an dem unveränderten Mietvertrag nicht unzumutbar sei.

Gegen das ihr am 28.08.2020 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 02.09.2020 Berufung eingelegt und diese - nach entsprechender Fristverlängerung - am 27.11.2020 begründet.

Sie vertritt die Auffassung, das Landgericht habe in der Sache unzutreffend die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Mangels des Mietobjektes, hilfsweise der Unmöglichkeit der Gebrauchsgewährung durch die Klägerin und höchsthilfsweise der Voraussetzungen für eine Vertragsanpassung nach § 313 BGB mit der Folge einer hälftigen Mietzahlung verneint. Insoweit wiederholt und vertieft die Beklagte ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Sie behauptet, entgegen der Auffassung des Landgerichtes habe die Beklagte kaum einen Bedarf für die Nutzung der Räume des Mietobjektes als Lagerfläche anstelle der im Vertrag vereinbarten Verkaufsfläche, weil die Belieferung ihres Geschäfts im Mietobjekt über ein an einem anderen Ort befindliches Zentrallager "just in time" erfolge. Zudem sei eine kurzfristige Änderung des Nutzungszweckes des im Mietobjekt betriebenen Geschäfts auf eine nach den Allgemeinverfügungen vom 18. bzw. 20.03.2020 zugelassene Betätigung nicht möglich gewesen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Chemnitz, Az. 4 O 639/20, vom 26.08.2020 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Urteil des Landgerichts unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vortrages.

II.

Die Berufung ist teilweise begründet.

Entgegen der Auffassung der 4. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz im angefochtenen Urteil vom 26.08.2020 sieht der Senat es als erforderlich an, über eine Anpassung des Mietvertrages nach § 313 Abs. 1 BGB eine Reduzierung der Kaltmiete auf die Hälfte für denjenigen Zeitraum vorzunehmen, in dem aufgrund der Allgemeinverfügungen vom 18. und 20.03.2020 die Schließung des Textileinzelhandelsgeschäfts der Beklagten in den angemieteten Räumen angeordnet war. Für den streitgegenständlichen Zeitraum außerhalb der Schließungsanordnung ist dagegen keine Reduzierung der Miete vorzunehmen.

Im Ausgangspunkt hat die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung der Bruttokaltmiete von 7.854,00 € aus dem Mietvertrag vom 13./26.09.2013 gemäß § 535 Abs. 2 BGB. Diesem Anspruch kann die Beklagte nicht entgegenhalten, infolge der staatlichen Schließungsanordnung sei die Gebrauchsüberlassung durch die Klägerin als Vermieterin unmöglich geworden, mit der Folge, dass auch die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung der Gegenleistung, der Miete, gemäß §§ 326 Abs. 1, 275 Abs. 1 BGB entfallen sei (dazu 1.). Umgekehrt steht der Reduzierung der Miete wegen der staatlichen Schließungsanordnung nicht die Sperrwirkung der Regelung in Art. 240 § 2 EGBGB entgegen (dazu 2.), die eine Reduzierung der Miete nicht vorsieht.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist durch die staatliche Schließungsanordnung kein zur Mietminderung führender Mangel des Mietobjektes nach § 536 Abs. 1 BGB begründet worden. Die Auslegung des Mietvertrages gemäß §§ 133, 157 BGB, insbesondere anhand der gesetzlichen Risikoverteilung, führt nicht zur Annahme eines zur Minderung führenden Mietmangels (dazu 3.). Es liegt jedoch eine Störung der Geschäftsgrundlage des Mietvertrages vom 13./26.09.2013 im Sinne einer Störung der großen Geschäftsgrundlage vor, die gemäß § 313 Abs. 1 BGB zu einer dahingehenden Vertragsanpassung führt, dass die Beklagte für den Zeitraum der staatlichen Schließungsanordnung (nur) die Hälfte der vereinbarten Kaltmiete zu zahlen hat (dazu 4.).

Der Klägerin war anstelle des vom Landgericht zuerkannten Betrages von 7.854,00 € für den Monat April 2020 unter Berücksichtigung der Aufrechnung der Beklagten mit dem Anspruch auf Rückzahlung der überzahlten Miete für März 2020 ein Betrag in Höhe von 3.720,09 € zuzusprechen (dazu 4.b). Eine einseitige Auferlegung des nicht vorhersehbaren und von keiner Vertragspartei zu vertretenden Risikos einer durch die Corona-Pandemie verursachten staatlichen Schließungsanordnung auf den Mieter oder den Vermieter scheidet aus. Dafür spricht auch die Einführung von Art. 240 § 7 Abs. 1 EGBGB durch den Gesetzgeber. Auch wenn diese Vorschrift erst ab dem 31.12.2020 gilt (und damit während des derzeitigen, in Sachsen seit dem 14.12.2020 bestehenden Lockdowns eingeführt wurde), bringt sie einen bereits zuvor, nämlich schon während des ersten Lockdowns im März/April 2020, gültigen Rechtsgedanken zum Ausdruck. So lässt sich den Gesetzesmaterialien entnehmen, dass es sich um eine Klarstellung der Rechtslage handeln soll (vgl. BT-Drs. 19/25322 S. 14 f. zum Streitstand, vgl. Brinkmann/Thüsing NZM 2021, 5 und Römermann NJW 2021, 265; Herlitz NJ 2021, 56).

1. Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, der Anspruch auf Zahlung der Miete als Gegenleistung zur Verpflichtung der Klägerin als Vermieterin zur Überlassung des Gebrauches der Mieträume sei gemäß § 326 Abs. 1 BGB entfallen, weil der Klägerin infolge der staatlichen Schließungsanordnung die Überlassung der Mieträume in der Form unmöglich geworden sei, dass sie der Beklagten erlaube, ohne weiteres den vertragsgemäßen Gebrauch der Sache auszuüben. Mit diesem Einwand macht die Beklagte eine Unmöglichkeit der Vertragserfüllung geltend, die auf der Mangelhaftigkeit bzw. Gebrauchsuntauglichkeit des Mietobjektes beruhen soll. Soweit es aber um die Gebrauchsuntauglichkeit des Mietobjektes geht, werden die Vorschriften des allgemeinen Schuldrechtes, zu dem diejenigen über die Unmöglichkeit gehören, von den mietrechtlichen Gewährleistungsregelungen nach §§ 536 ff. BGB verdrängt, wenn das Mietobjekt bereits vom Vermieter an den Mieter überlassen wurde (vgl. BGH, Urteil vom 18.06.1997, XII ZR 192/95, NJW 1997, 2813; Urteil vom 04.05.2005, XII ZR 254/01, NJW 2005, 2152, 2154; Hübner/Griesbach/Fuerst in Lindner-Figura/Oprée/Stellmann, Geschäftsraummiete, 4. Aufl., Kap. 14 Rn. 233; Blank/Börstinghaus in Blank/Börstinghaus, Miete, 6. Aufl., § 535 Rn. 748). Der Beklagten war das Mietobjekt bereits überlassen worden, bevor es zur staatlichen Schließungsanordnung in den Allgemeinverfügungen vom 18. und 20.03.2020 kam.

2. Der Regelung in Art. 240 § 2 EGBGB kann keine dahingehende Sperrwirkung entnommen werden, dass sie Auswirkungen staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie auf das Bestehen oder den Umfang der Verpflichtung zur Zahlung der Miete für Räume ausschließen würde, in denen Geschäfte betrieben werden, die von den staatlichen Maßnahmen betroffen sind. Die Annahme einer Sperrwirkung würde voraussetzen, dass mit der Vorschrift des Art. 240 § 2 EGBGB eine (abschließende) Regelung dieser Frage getroffen wurde, was aber nicht zutrifft (ebenso LG Mönchengladbach, Urteil vom 02.11.2020, 12 O 154/20, BeckRS 2020, 30731 Rn. 39; LG München I, Urteil vom 25.01.2021, 31 O 7743/20, BeckRS 2021, 453 Rn. 53 ff.; Zehelein, NZM 2020, 390, 401; Streyl NZM 2020, 817, 823; Brinkmann/Thüsing NZM 2021, 5, 9 f.; Warmuth COVuR 2020, 16, 17; Herlitz, NJ 2021, 56, 58; a.A. LG München II, Urteil vom 06.10.2020, 13 O 2044/20, BeckRS 2020, 34263 Rn. 22; Jung JZ 2020, 715, 723). Unmittelbar geregelt wurde nur eine Beschränkung des Kündigungsrechts wegen Zahlungsverzuges des Mieters. Regelungen zum Bestehen und zur Höhe der Miete enthält die Vorschrift nicht. Eine klarstellende Erklärung, dass damit keine Aussage über die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Höhe der Miete in bestehenden Mietverträgen getroffen wird, wurde vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz auf seiner Homepage veröffentlicht (Text bei Streyl, a.a.O., S. 823). Letztlich spricht auch die seit dem 31.12.2020 geltende Vorschrift des Art. 240 § 7 EGBGB gegen eine Sperrwirkung von Art. 240 § 2 EGBGB.

3. Ein zur Minderung des Mietzinses führender Mietmangel wurde durch die staatlich angeordnete Schließung nicht begründet. Ein Mangel des Mietobjektes i.S.v. § 536 Abs. 1 BGB ist die für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustandes der Mietsache (Ist-Beschaffenheit) von dem vertraglich Vereinbarten (Soll-Beschaffenheit). Zu dem vertraglich vereinbarten Zustand der Mietsache gehören über deren physische Beschaffenheit hinaus auch die tatsächlichen Zustände und rechtlichen Verhältnisse, die mit der Mietsache zusammenhängen und ihre Gebrauchstauglichkeit beeinträchtigen. Dazu gehören auch Störungen, die außerhalb der Mietsache liegen. Um eine Ausuferung des Fehlerbegriffs zu vermeiden, führen außerhalb der Mietsache selbst liegenden Umstände allerdings nur dann zu einem Mangel der Mietsache, wenn sie deren Gebrauchstauglichkeit unmittelbar beeinträchtigen. Maßgebend für die Beantwortung der Frage, ob eine unmittelbare Beeinträchtigung der Mietsache vorliegt, ist danach in erster Linie der von den Parteien vereinbarte vertragsgemäße Gebrauch, welcher maßgeblich durch den vereinbarten Nutzungszweck bestimmt wird. Aus dem zur Erfüllung des vertragsgemäßen Gebrauchs erforderlichen Zustand der Mietsache ergibt sich deren geschuldeter Zustand (vgl. BGH, Urteil vom 23.09.2009, VIII ZR 300/08, NZM 2009, 855 Rn. 11; Urteil vom 10.10.2012, XII ZR 117/10, NJW 2013, 44 Rn. 30 f.).

Danach sind es allein die Vertragsparteien, die durch die Festlegung des dem Mieter jeweils geschuldeten vertragsgemäßen Gebrauches bestimmen, welchen Soll-Zustand die vermietete Sache aufweisen muss. Eine ausdrückliche Regelung der Parteien, welche Soll-Beschaffenheit das Mietobjekt in Bezug auf staatliche Schließungsanordnungen aufweisen muss, enthält der Mietvertrag vom 13./26.09.2013 nicht. Sie ist insbesondere nicht in § 1 Nr. 2 des Mietvertrages vom 13./26.09.2013 enthalten. Dort geht es um behördliche Genehmigungen für die Nutzung der Mieträume, zu denen eine aufgrund von § 28 Abs. 1 IfSG ergehende Schließungsanordnung nicht gehört, und um die nicht streitgegenständliche Frage, inwieweit der Mieter die Kosten behördlicher Auflagen trägt. Ist aber keine ausdrückliche Regelung zum "Soll-Zustand" getroffen worden, muss anhand der allgemeinen Auslegungsregeln (§§ 133, 157, 242 BGB) geprüft werden, was der Vermieter schuldet bzw. welchen Standard der Mieter aufgrund des Vertrages vom Vermieter verlangen kann (vgl. BGH, Urteil vom 18.12.2013, XII ZR 80/12, NJW 2014, 685 Rn. 20; Urteil vom 25.11.2020, XII ZR 40/19, BeckRS 2020, 37268 Rn. 12).

Von besonderer Bedeutung im Rahmen dieser Auslegung ist die gesetzlich vorgesehene Risikoverteilung zwischen den Mietvertragsparteien, weil sich an ihr der Grundsatz von Treu und Glauben konkretisiert, der ein maßgebliches Auslegungselement darstellt (vgl. Günter in Guhling/Günter, Gewerberaummiete, 2. Aufl., § 536 BGB Rn. 79). Der Vermieter trägt danach das Risiko der Gebrauchstauglichkeit des Mietobjektes (§ 535 Abs. 1 Satz 2 BGB), während der Mieter das Verwendungs-/Ertragsrisiko der Mietsache trägt (vgl. BGH, Urteil vom 17.03.2010, XII ZR 108/08, NZM 2010, 364 Rn. 17), was in § 537 Abs. 1 Satz 1 BGB zum Ausdruck kommt. Gemeint ist damit das unternehmerische Risiko, mit dem Mietobjekt Gewinne zu erzielen (vgl. Günter, a.a.O., Rn. 81). Im Ergebnis bedeutet dies, der Vermieter hat dafür Sorge zu tragen, dass einerseits die Mietsache alle physischen Eigenschaften aufweist, andererseits alle äußeren Umstände gegeben sind, die zum Zeitpunkt der Überlassung der Mietsache sowie während der gesamten Vertragslaufzeit für die uneingeschränkte Tauglichkeit der Mietsache für den festgelegten Nutzungszweck erforderlich sind (vgl. Günter, a.a.O., Rn. 84). Der Senat folgt nicht der von der 4. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz (ebenso etwa LG Zweibrücken, Urteil vom 11.09.2020, HK O 17/20, BeckRS 2020, 24356 Rn. 36 ff.; LG Frankfurt/M., Urteil vom 02.10.2020, 2-15 O 23/20, BeckRS 2020, 26613 Rn. 20; LG Stuttgart, Urteil vom 19.11.2020, 11 O 215/20, BeckRS 2020, 32275 Rn. 16; Sittner NJW 2020, 1169, 1170 f.; a.A. LG München I, Urteil vom 22.09.2020, 3 O 4495/20, BeckRS 2020, 28189; Hellmich COVuR 2020, 189, 190 f.; Sentek/Ludley NZM 2020, 406, 408: Einzelfallfrage) vertretenen Auffassung, die staatliche Schließungsanordnung falle in den vom Mieter zu tragenden Bereich des Verwendungs-/Ertragsrisikos. Das unternehmerische Risiko, mit dem Mietobjekt Gewinne zu erzielen, setzt nämlich voraus, dass der Mieter im Mietobjekt entsprechend dem vertraglich vereinbarten Mietzweck unternehmerisch tätig werden kann und greift deswegen dann nicht ein, wenn ihm - wie hier - genau diese Möglichkeit von vornherein verschlossen ist.

Die landesweit geltende Schließungsanordnung ist aber auch nicht der Risikosphäre des Vermieters zuzuordnen. Die staatliche Schließungsanordnung aus den Allgemeinverfügungen vom 18. bzw. 20.03.2020 verfügt die Schließung des Textileinzelhandelsgeschäfts der Beklagten, die dem in § 1 Nr. 1 des Mietvertrages vom 13./26.09.2013 vereinbarten Mietzweck entsprach. Es fehlt danach nicht an der grundsätzlichen Verwendbarkeit des Mietobjektes für den vereinbarten Mietzweck und geht nicht um die dem Verwendungsrisiko zuzuordnende Frage, ob der Mieter mit einem grundsätzlich zur Ausübung des Mietzweckes geeigneten Mietobjekt in der Lage ist, unternehmerischen Gewinn zu erzielen (in demselben Sinne: Weller/Thomale, BB 2020, 962, 964, die dem Verwendungsrisiko des Mieters das Verwendbarkeitsrisiko des Vermieters entgegensetzen und dieses hier betroffen sehen, weil die Verwendbarkeit der Mietsache für den Mietzweck nicht gegeben ist; ähnlich auch Hellmich, a.a.O.; Sentek/Ludley, a.a.O.). Ohne die staatliche nicht objektbezogene, von der Klägerin nicht zu beeinflussende Anordnung wäre das Mietobjekt uneingeschränkt nutzbar gewesen. Dagegen spricht auch nicht, dass von verschiedenen Oberlandesgerichten, zu denen auch der Senat zählt, in der Vergangenheit erhebliche, über das übliche Maß hinausgehende Behinderungen des Zugangs zu Gaststätten und Ladengeschäften für die Kunden dem Risiko der Gebrauchstauglichkeit des Mietobjektes zugeordnet und demzufolge als Mangel des Mietobjektes angesehen wurden (vgl. Senatsurteil vom 18.12.1998, 5 U 1774/98, NZM 1999, 317, 318; KG, Urteil vom 12.11.2007, 8 U 194/06, NZM 2008, 526, 527; Senatsurteil vom 14.10.2008, 5 U 1030/08, juris Rn. 33; OLG Frankfurt/M., Urteil vom 11.02.2015, 2 U 174/14, NJW 2015, 2434 [BGH 27.11.2014 - I ZR 124/11] Rn. 24 f.; OLG Frankfurt/M., Urteil vom 05.07.2017, 2 U 152/16, BeckRS 2017, 121594 Rn. 27 f.). Die Mieträume waren - im Rahmen der Beschränkungen der Corona-Schutzverordnung - frei zugänglich. Lediglich die von der Beklagten gewollte Verwendung war - vom Mietobjekt unabhängig - untersagt. Auch wenn Störungen, die außerhalb der Mietsache liegen, einen Mangel begründen können und für den Betrieb eines Textileinzelhandelsgeschäfts die Möglichkeit des Zugangs des Publikums eine Voraussetzung ist, wird dem Vermieter damit nicht das Risiko der objekt- und lageunabhängigen Nutzbarkeit der Mieträume übertragen. Ist der Zugang des Publikums zu den angemieteten Räumen eröffnet, fällt es in das Verwendungsrisiko des Mieters, wenn das Publikum dennoch nicht zum Kaufen der Ware in die Räume strömt, sei es, weil es das Sortiment unattraktiv findet, ein das Publikum anziehendes Geschäft nebenan geschlossen hat (vgl. zu einem solchen Fall: Senatsbeschluss vom 08.02.2017, 5 U 1669/16, BeckRS 2017, 106456) oder weil das Publikum die Räume aus Angst vor der Infektion mit dem Covid 19 Virus nicht betritt. Ein Mangel liegt dann nicht vor. Das vom Mieter zu tragende Verwendungsrisiko ist auch betroffen, wenn die Mietsache vom Mieter für den vereinbarten Mietzweck verwendet werden kann, dieser aber in Art und Umfang der Nutzung durch staatliche Maßnahmen beschränkt wird (etwa die Anordnung, ein Hygienekonzept zu erstellen, oder nur eine begrenzte Zahl von Kunden (und nur mit Mund-Nase-Bedeckung) entsprechend der Fläche in das Geschäft hineinzulassen. In diesen Fällen liegt kein Mangel des Mietobjekts vor. Diese Fälle sind auch nicht mit den hier maßgeblichen pandemiebedingten Einschränkungen vergleichbar.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Senat die Auffassung im angefochtenen Urteil nicht teilt, der Annahme eines Mangels des Mietobjekts i.S.v. § 536 Abs. 1 BGB infolge der staatlichen Schließungsanordnung stehe der Umstand entgegen, dass es sich um ein betriebsbezogenes öffentliches Gebrauchshindernis handele. Öffentlich-rechtliche Gebrauchsbeschränkungen oder -hindernisse stellen einen Mangel der Mietsache i.S.v. § 536 Abs. 1 BGB dar, wenn sie die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch aufheben oder mindern, was allerdings nur dann gilt, wenn sie auf der konkreten Beschaffenheit und der Lage der Mietsache beruhen (Ortsbezogenheit) und nicht in den persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters (Betriebsbezogenheit) ihre Ursache haben. Außerdem muss der Mieter durch die öffentlich-rechtlichen Beschränkungen und Gebrauchshindernisse in seinem vertragsgemäßen Gebrauch auch tatsächlich eingeschränkt werden, wovon regelmäßig nur dann auszugehen ist, wenn die zuständige Behörde die Nutzung des Mietobjektes durch ein rechtswirksames und unanfechtbares Verbot bereits untersagt hat (vgl. BGH, Urteil vom 20.11.2013, XII ZR 77/12, NZM 2014, 165; Urteil vom 02.11.2016, XII ZR 153/15, NJW 2017, 1104; Senatsbeschluss vom 01.06.2017, 5 U 477/17, ZMR 2017, 880; Günter NZM 2016, 569).

Entgegen der Auffassung des Landgerichtes ist die staatliche Schließungsanordnung aus den Allgemeinverfügungen vom 18. bzw. 20.03.2020 nach diesen Kriterien ein Mangel des Mietobjektes i.S.v. § 536 Abs. 1 BGB, weil sie unmittelbar mit der konkreten Lage des Mietobjektes in einem Bereich in Zusammenhang steht, in dem die pandemiebedingten Schutzmaßnahmen aufgrund von § 28 Abs. 1 IfSG aus staatlicher Sicht erforderlich waren. Die staatliche Schließungsanordnung in den Allgemeinverfügungen vom 18. bzw. 20.03.2020 differenziert zwischen verschiedenen Geschäftsarten, indem sie von der generellen Anordnung zur Schließung von Geschäften konkrete Ausnahmen formuliert. Dennoch erfolgt der Eingriff nicht betriebsbezogen, sondern ortsbezogen, weil im Rahmen des Pandemiegeschehens Orte vielfältiger menschlicher Begegnung weitgehend beseitigt werden sollen, um dadurch zu ermöglichen, dass eine Übertragung des Covid-19 Virus, welche den Kontakt eines infizierten zu einem nicht infizierten Menschen erfordert, nicht stattfindet. Es geht deshalb nicht um einen Eingriff in die betriebliche Tätigkeit eines Textileinzelhandelsgeschäfts im Unterschied zu etwa dem Betrieb eines Einzelhandels für Lebensmittel, der weiterhin öffnen darf. Vielmehr sollte landesweit der Betrieb grundsätzlich aller Geschäfte ruhen, um auf diesem Wege menschliche Kontakte - sowohl im Geschäft als auch auf dem Weg zum Geschäft und von diesem weg auf der Straße und im öffentlichen Personenverkehr - zu reduzieren. Der Einzelhandel für Lebensmittel wird nur deshalb gemeinsam mit anderen ausdrücklich aufgezählten Geschäften von der Schließung verschont, weil er zur Aufrechterhaltung der Versorgung der Bevölkerung mit den lebenswichtigen Gütern des täglichen Bedarfs erforderlich ist. Die Zielrichtung der Eingriffsmaßnahmen nach § 28 IfSG ist deshalb landesweit ortsbezogen und richtet sich nach der konkreten Betroffenheit des Ortes oder der Region durch das Infektionsgeschehen und der daraus resultierenden Dringlichkeit der Reduzierung von Kontakten der Menschen (vgl. dazu OVG Münster, Beschluss vom 06.07.2020, 13 B 940/20.NE, BeckRS 2020, 14802; Kießling in Kießling, IfSG, 1. Aufl., § 28 Rn. 65). Um einen betriebsbezogenen Eingriff geht es nicht.

Aus der über den zumindest mittelbaren Einfluss der Klägerin hinausgehenden generell und landesweit geltenden Zugangsbeschränkung kann kein Umstand abgeleitet werden, der in den von der Klägerin zu verantwortenden Bereich fällt.

4. Infolge des Auftretens der Corona-Pandemie und der staatlichen Schließungsanordnung aus den Allgemeinverfügungen vom 18. bzw. 20.03.2020 ist jedoch eine Störung der Geschäftsgrundlage i.S.v. § 313 Abs. 1 BGB des Mietvertrages vom 13./26.09.2013 eingetreten (dazu a), die eine Anpassung des Vertrages dahin auslöst, dass die Kaltmiete für die Dauer der angeordneten Schließung auf die Hälfte reduziert wird (dazu b).

a) Der Tatbestand der Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 1 BGB setzt ein tatsächliches Element (dazu aa), ein hypothetisches Element (dazu bb) und ein normatives Element (dazu cc) voraus (vgl. Finkenauer in Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl., § 313 Rn. 56).

aa) Die Geschäftsgrundlage wird gebildet durch die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, beim Vertragsschluss aber zutage getretenen, dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen des eigenen Vertragsteils oder durch die gemeinsamen Vorstellungen beider Teile vom Vorhandensein oder künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille auf diesen Vorstellungen aufbaut (vgl. BGH, Urteil vom 25.09.1997, II ZR 269/96, NJW 1997, 3371, 3372; Urteil vom 24.03.2010, VIII ZR 160/09, NJW 2010, 1663 Rn. 17). Zur Geschäftsgrundlage der Parteien als Vermieterin und Mieterin von Geschäftsräumen zur Nutzung als Textileinzelhandelsgeschäft gehörte danach die Vorstellung, dass es nicht zu einer Pandemie mit weitgehender Stilllegung des öffentlichen Lebens infolge pandemiebedingter Nutzungsuntersagungen und -beeinträchtigungen kommen würde, so dass das Auftreten der Pandemie mit den entsprechenden weitreichenden staatlichen Eingriffen in das wirtschaftliche und soziale Leben eine schwerwiegende Änderung der für die Vertragslaufzeit vorgestellten Umstände bedeutet und damit das tatsächliche Element der Störung der Geschäftsgrundlage verwirklicht. Es liegt eine Systemkrise und damit ein Fall der Störung der großen Geschäftsgrundlage vor, weil durch sie das allgemeine soziale und wirtschaftliche Gefüge nachhaltig erschüttert wird (idS Jung, a.a.O., S. 716, 717; Weller/Lieberknecht/Habrich NJW 2020, 1017, 1021; Häublein/Müller NZM 2020, 481, 486 f.; Wolf/Eckert/Denz/Gerking/Holze/Künnen/Kurth JA 2020, 401, 402). So wird es auch vom Landgericht im angefochtenen Urteil gesehen (ebenso LG Heidelberg, Urteil vom 30.07.2020, 5 O 66/20, BeckRS 2020, 19165 Rn. 39 ff.; Streyl, a.a.O., Seite 821; Zehelein, a.a.O., Seite 398). Ohne dass es hierauf entscheidend ankommen würde, spricht für diese Annahme auch der Inhalt des mit Wirkung vom 31.12.2020 neu geschaffenen Art. 240 § 7 Abs. 1 EGBGB (vgl. Brinkmann/Thüsing, a.a.O., Seite 8).

bb) Das hypothetische Element ist erfüllt, wenn die vertragschließenden Parteien den Vertrag nicht oder mit einem anderen Inhalt geschlossen hätten wenn sie die Veränderung der Umstände, welche zur Geschäftsgrundlage gehören, vorhergesehen hätten. Erforderlich ist danach, dass zumindest eine Vertragspartei den Vertrag nicht bzw. nicht mit diesem Inhalt abgeschlossen hätte, wenn sie das Fehlen oder den Wegfall der Vertragsgrundlage vorhergesehen hätte (vgl. Finkenauer, a.a.O., Rn. 58). Im Rahmen der Störung der großen Geschäftsgrundlage ist das hypothetische Element regelmäßig erfüllt (vgl. Jung, a.a.O., S. 719). Zudem ist zu beachten, dass es sich bei der Änderung der zur Geschäftsgrundlage gehörenden Umstände um sehr wesentliche Rahmenbedingungen für den Betrieb ihres Textileinzelhandelsgeschäftes handelt. Auf konkrete, nicht in die Vertragsverhandlungen eingeflossene Erwägungen, die nach dem Vortrag der Klägerin, sie hätte, wenn die jetzt eingetretene Situation bei Mietvertragsabschluss auch nur annähernd vorhersehbar gewesen wäre, kein Einverständnis der Klägerin mit einer Mietpreisanpassungsklausel in der von der Beklagten geltend gemachten Form, also im Sinne einer Reduzierung auf die Hälfte der Miete, erklärt, kommt es daher nicht an. Abzustellen ist auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses und auf verständige, wirtschaftlich denkende Vertragspartner. Diese hätten sich bei dem beide Vertragspartner gleichermaßen betreffenden und gerade nicht zu beeinflussenden Risiko nicht einseitig zu Gunsten eines Vertragspartners entschieden. Das hypothetische Element des § 313 Abs. 1 BGB ist damit erfüllt.

cc) Das normative Element des § 313 Abs. 1 BGB ist erfüllt, wenn die wesentliche Veränderung der zur Geschäftsgrundlage gehörenden Umstände nicht in den Risikobereich einer der Parteien fällt (dazu aaa) und ein Festhalten am Vertrag einer der Parteien nicht zuzumuten ist (dazu bbb).

aaa) Wenn angenommen wird, dass eine der Parteien mit dem Abschluss des Mietvertrags ein Risiko übernommen hat, unter das das Auftreten der Corona-Pandemie und die daraufhin ergangene staatliche Schließungsanordnung fällt, stünde dies einer Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 1 BGB regelmäßig entgegen, weil für die Berücksichtigung von Störungen der Geschäftsgrundlage grundsätzlich kein Raum ist, soweit es um Erwartungen und Umstände geht, die nach den vertraglichen Vereinbarungen in den Risikobereich einer der Parteien fallen (vgl. BGH, Urteil vom 17.03.2010, XII ZR 108/08, NZM 2010, 364 Rn. 15; Finkenauer, a.a.O., Rn. 61). Dies könnte auf den ersten Blick dafür sprechen, die Entscheidung sei bereits im Rahmen der bei der Auslegung des Mietvertrages notwendigen Abgrenzung zwischen dem beim Vermieter liegenden Risiko der Gebrauchstauglichkeit des Mietobjektes einerseits und dem beim Mieter liegenden Verwendungsrisiko andererseits gefallen (vgl. dazu oben II.3.). Diese Annahme greift aber zu kurz, weil die bei der vertraglichen Risikoabgrenzung allein betrachtete staatliche Schließungsanordnung nicht gleichbedeutend mit der in ein Pandemiegeschehen mit weitreichenden Kontakteinschränkungen eingebetteten Änderung der zur Geschäftsgrundlage gehörenden Umstände ist. Es geht hier also nicht um ein "normales" Risiko der Gebrauchstauglichkeit bzw. der Verwendung des Mietobjektes, sondern um weitgehende staatliche Eingriffe in das soziale und wirtschaftliche Leben aufgrund einer Pandemie, die als Systemkrise eine Störung der großen Geschäftsgrundlage ist. Das mit der Störung der großen Geschäftsgrundlage verbundene Risiko kann regelmäßig keiner Vertragspartei allein zugewiesen werden (idS Weller/Lieberknecht/Habrich, a.a.O., S. 1021; Jung, a.a,O., S. 720; Häublein/Müller, a.a.O., S. 487 f.: Römermann NJW 2021, 265 Rn. 22; Warmuth, a.a.O., S. 19 f.; LG Mönchengladbach, Urteil vom 02.11.2020, a.a.O., Rn. 41). Der staatliche Eingriff zur Kontaktbeschränkung hat dabei auch unmittelbar auf das vorliegend zu beurteilende Mietverhältnis eingewirkt, indem das von der Beklagten entsprechend dem Mietzweck betriebene Textileinzelhandelsgeschäft als möglicher Ort potentiell vielfältiger Kontakte, die zur Übertragung des Covid 19 Virus führen können, geschlossen wurde. Von der vertraglichen Risikozuweisung wird deshalb dieses von den Vertragsparteien nicht vorhergesehene und die Geschäftsgrundlage des Vertrages betreffende Geschehen nicht erfasst (in demselben Sinne etwa Streyl, a.a.O., Seite 822 f.; Zehelein, a.a.O., Seite 398). Auch in diesem Punkt stützt die Neuregelung in Art. 240 § 7 Abs. 1 EGBGB die Annahme, dass die pandemiebedingten staatlichen Schließungsmaßnahmen zumindest regelmäßig von der ohne Bezug zur Corona-Pandemie im Mietvertrag vereinbarten Risikozuweisung nicht erfasst werden (i.d.S. auch Römermann NJW 2021, 265, 267 f.). Im Ergebnis steht die vertragliche Risikozuweisung in der hier zu beurteilenden Situation einer Anpassung des Vertrages nach § 313 Abs. 1 BGB selbst dann nicht entgegen, wenn dieses nach der Vertragsauslegung einer der Parteien zuzuordnen wäre.

bbb) Entgegen der Auffassung im angefochtenen Urteil ist das Festhalten am unveränderten Mietvertrag derjenigen Partei, die durch die Änderung der die Geschäftsgrundlage bildenden Umstände belastet ist, hier die Beklagte, nicht zumutbar.

Der Senat teilt die Auffassung der 4. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz nicht, dass von einer Unzumutbarkeit des Festhaltens am bestehenden Vertrag erst dann auszugehen sei, wenn die von der Änderung der Umstände, welche zur Geschäftsgrundlage gehören, belastete Partei dadurch in eine existenzgefährdende Lage gerät. Das beachtet nicht hinreichend, dass es hier um eine Äquivalenzstörung in einem gegenseitigen Vertrag geht, der zudem ein Dauerschuldverhältnis ist. Die notwendige Unzumutbarkeit bezieht sich damit auf die Äquivalenzstörung, also auf das Verhältnis von Überlassung des Mietobjektes einerseits und dafür Zahlen des Nutzungsentgelts (Miete) andererseits (i.d.S. auch Römermann, a.a.O., S. 268; Streyl, a.a.O., S. 824; Brinkmann/Thüsing, a.a.O., S. 10; Finkenauer, a.a.O., Rn. 77). Von besonderer Bedeutung ist dabei der Charakter des Mietvertrages als Dauerschuldverhältnis, bei dem die Miete für die Nutzungsüberlassung in Zeitabschnitten geschuldet ist, wobei der Zeitabschnitt bei den meisten Mietverhältnissen einen Monat beträgt. Dementsprechend erfolgt die Lösung des Äquivalenzproblems zwischen Miete und Gebrauchsüberlassung im Fall des Eingreifens des Gewährleistungsrechts der Minderung nach § 536 Abs. 1 BGB auch im Sinne einer Reduzierung (Minderung) der Miete (nur) für den betroffenen Zeitabschnitt der Einschränkung der Gebrauchstauglichkeit. Führt ein vorhandener Mangel in einem bestimmten Zeitraum nicht zur Einschränkung der Gebrauchstauglichkeit, ist die Miete in diesem Zeitraum und damit in den betroffenen Zeitabschnitten nicht gemindert (vgl. BGH, Urteil vom 15.12.2010, XII ZR 132/09, NJW 2011, 514 Rn. 13 - sommerliche Aufheizung der Mieträume). Ebenso ist es bei der Bestimmung der Wesentlichkeit eines Mietrückstandes - und damit einer Äquivalenzstörung - für die Annahme eines wichtigen Grundes zur Kündigung des Mietvertrages nach § 543 BGB. Auch dabei wird in § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a und b BGB nach Zahlungsterminen bestimmt, wann ein Rückstand so erheblich ist, dass aus ihm ein wichtiger Grund für die außerordentliche Kündigung des Mietvertrages folgt. In § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3b BGB ist sogar - wohl infolge eines redaktionellen Versehens - der konkrete Zeitabschnitt des Monats genannt, was aber dahin zu verstehen ist, dass der im Mietvertrag vereinbarte Zeitabschnitt gemeint ist (vgl. Alberts in Guhling/Günter, Gewerberaummiete, 2. Aufl., § 543 BGB Rn. 57 unter Verweis auf BGH, Urteil vom 17.09.2008, XII ZR 61/07, NZM 2009, 30 Rn. 15). Auch im Rahmen der Konturierung des unbestimmten Rechtsbegriffs des nicht unerheblichen Teils der Miete in § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3a BGB orientiert sich die Rechtsprechung an dem an einem Fälligkeitstermin zu zahlenden Betrag, in der Regel also an der Miete für einen Monat. So ist in § 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB für Mietverträge über Wohnraum geregelt, dass ein nicht unerheblicher Rückstand dann vorliegt, wenn der rückständige Teil die Miete für einen Monat (mindestens um ein Cent) übersteigt. Auch im Bereich der Mietverträge über Gewerberäume wird dieser Betrag grundsätzlich bei der Bestimmung des nicht unerheblichen Teils der Miete angewendet (vgl. BGH, Urteil vom 23.07.2008, XII ZR 134/06, NJW 2008, 3210 Rn. 30). Allerdings kann bei diesen Verträgen auch ein Rückstand von weniger als dem an einem Fälligkeitstermin zu zahlenden Betrag, also in der Regel der Miete für einen Monat, ausreichen, wenn besondere Einzelfallumstände hinzutreten, die den Schluss auf die Erheblichkeit dieses Rückstandes zulassen (vgl. BGH, Urteil vom 13.05.2015, XII ZR 65/14, NJW 2015, 2419 Rn. 54 ff.). Daraus folgt, dass die Unzumutbarkeit der Festhaltung am bestehenden Vertrag beim Verhältnis von Leistung und Gegenleistung anzusetzen hat, im vorliegend zu beurteilenden Mietvertrag vom 13./26.09.2013 mit monatlicher Zahlungspflicht gemäß dessen § 3 Nr. 1 also beim einzelnen Zahlungsmonat. Im Ausgangspunkt ist danach die Erheblichkeit deswegen zu bejahen, weil - je nach Standpunkt bezüglich der vertraglichen Risikoverteilung - entweder der Mieter nach dem Mietvertrag die volle Miete zahlen müsste, ohne das Mietobjekt dem Mietzweck entsprechend nutzen zu können oder der Vermieter keine bzw. eine geringfügige Miete für ein Mietobjekt erhielte, für dessen - temporäre - Unbenutzbarkeit für den vertraglich vereinbarten Mietzweck er nicht nur keine Ursache gesetzt hat, sondern die er auch nicht vorhersehen konnte. Im konkret zu beurteilenden Fall könnte man deshalb die Erheblichkeit danach allenfalls dann verneinen, wenn lediglich ein Zahlungstermin betroffen wäre und innerhalb dieses Zahlungstermins jedenfalls weit überwiegend die vertragliche Äquivalenz bestand. Denkbar wäre danach, die Unzumutbarkeit der Festhaltung am Mietvertrag dann zu verneinen, wenn die Äquivalenzstörung lediglich ein bis zwei Wochen des Mietmonats beträfe. Die Notwendigkeit der im Verhältnis zu anderen Vertragstypen relativ niedrige Schwelle der Unzumutbarkeit liegt darin begründet, dass es sich bei dem Mietvertrag um ein Dauerschuldverhältnis handelt. So ist bei einem klassischen Austauschvertrag wie dem Kaufvertrag die vollständige Leistung und Gegenleistung im Rahmen der Äquivalenzstörung gegenüberzustellen. Allerdings bezieht sich dann auch die Rechtsfolge der Vertragsanpassung auf den gesamten Vertrag, also das vollständige Äquivalenzverhältnis. Im Mietvertrag reicht dagegen eine wesentliche Äquivalenzstörung im regelmäßig monatlichen Zeitabschnitt, sie führt allerdings dann auch nur zu einer Vertragsanpassung für diesen Zeitabschnitt, so dass nicht das Risiko besteht, dass mit niedriger Eingriffsschwelle wesentliche Vertragsgrundlagen ohne entsprechenden Anlass durch richterlichen Eingriff nach § 313 Abs. 1 BGB geändert werden. Der Zeitraum, in dem die staatliche Schließungsanordnung andauerte, von insgesamt mehr als einem Monat, überschreitet damit die Schwelle der Erheblichkeit. Auf die Frage, inwieweit die wirtschaftliche Existenz der belasteten Vertragspartei durch die Störung der Geschäftsgrundlage betroffen wird, kommt es wegen dieser Dauer nicht an.

b) Da eine einvernehmliche Vertragsanpassung im Verhandlungswege der Parteien nach § 313 Abs. 1 BGB noch im Berufungsverfahren nicht zustande kam, ist der Senat verpflichtet, die entsprechende Vertragsanpassung vorzunehmen. Der Anpassungsanspruch aus § 313 Abs. 1 BGB kann gerichtlich geltend gemacht werden (vgl. BGH, Urteil vom 30.09.2011, V ZR 17/11, NJW 2012, 373 Rn. 34; Zehelein, a.a.O., S. 400). Die Beklagte hat zudem mit ihrem vorprozessualen Schreiben vom 07.05.2020 an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin einen außergerichtlichen Vergleich auf der Basis einer hälftigen Reduzierung der Miete für April 2020 angeboten, was als Anpassungsverlangen nach § 313 Abs. 1 BGB gewertet werden kann.

Damit ist eine Absenkung der Kaltmiete um 50 % gerechtfertigt, weil keine der Vertragsparteien eine Ursache für die Störung der Geschäftsgrundlage gesetzt oder sie vorhergesehen hat. Es ist demzufolge angemessen, die damit verbundene Belastung gleichmäßig auf beide Parteien zu verteilen (i.d.S. auch LG Mönchengladbach, a.a.O., Rn. 55; LG Aurich, Urteil vom 09.10.2020, 1 O 430/20; LG Kempten, Urteil vom 07.12.2020, 23 O 753/20, BeckRS 2020, 37736 Rn. 37; AG Oberhausen, Urteil vom 06.10.2020, 37 C 863/20, BeckRS 2020, 35507 Rn. 46; Zehelein, a.a.O., Seite 398 ff.; Streyl, a.a.O., S. 824; Ekkenga/Schirrmacher NZM 2020, 410, 414; i. E. auch Häublein/Müller, a.a.O., S. 491 f.). Dies entspricht der Lösung der Rechtsprechung bei Vertragszweckstörungen in der Vergangenheit (vgl. BGH, Urteil vom 23.11.1989, VII ZR 60/89, NJW 1990, 572, 573 - Aufteilung der Hotel-Stornokosten bei Reisekündigung wegen höherer Gewalt; ähnlich OLG Karlsruhe, Urteil vom 15.05.1992, 15 U 297/91, NJW 1992, 3176, 3177 f. - Wegfall der beiderseitigen Leistungspflichten aus einem Vertrag über den Auftritt von Musikern auf einer Faschingsveranstaltung, welche wegen des Golfkriegs ausfiel). Es kann offen bleiben, ob die Zahlung staatlicher Hilfen an einen der Vertragspartner des Mietvertrages zu einer weiteren Anpassung der Höhe der Miete führen würde, weil nicht festgestellt werden kann, dass die Klägerin oder die Beklagte solche staatlichen Hilfen erhalten haben. Es kann auch dahinstehen, ob und ggf. inwieweit Zahlungen auf Betriebskosten anzupassen wären, weil solche nicht Gegenstand des Rechtsstreits sind. Der Klägerin war eine keine Teilnutzung des Mietobjekts im Sinne eines "Außer-Haus-Verkaufs" bzw. eines entsprechenden Liefer- und Abholservice möglich wie dies etwa bei Gaststätten erlaubt war (vgl. Ziffer 3 der Allgemeinverfügung vom 18.03.2020 und Ziffer 4 der Allgemeinverfügung vom 20.03.2020).

Eine Reduzierung der Kaltmiete auf die Hälfte für den Zeitraum der staatlichen Schließungsanordnung führt zu dem Ergebnis, dass die Klägerin für den Monat April anstelle des vertraglich vereinbarten Betrages von 7.854,00 € nur 5.366,90 € zu zahlen hätte, während sie für den Monat März 2020 6.207,19 € zu zahlen gehabt hätte, also mit ihrer vollständigen Mietzahlung die Miete in Höhe von 1.646,81 € überzahlt hat. In dieser Höhe hat die Beklagte hilfsweise die Aufrechnung gegen die Forderung der Klägerin auf Zahlung der Miete für April 2020 erklärt, so dass sich im Ergebnis gemäß §§ 387, 389 BGB der Anspruch der Klägerin von 5.366,90 € auf 3.720,09 € reduziert.

Im Hinblick auf die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten war lediglich ein Streitwert in Höhe des nunmehr ausgeurteilten Betragen anzusetzen.

Der Zinsausspruch folgt aus §§ 288 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO; diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Zi. 10, 711 ZPO. Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 Zi. 1 ZPO wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung zuzulassen.
 
 
 

Sachverhalt

I.

Die Kläger nehmen die Beklagte auf Zahlung von Mietzins für Gewerberäume im April 2020 in Anspruch.

Die Beklagte betreibt in von den Klägern gemieteten Geschäftsräumen in der N.-Straße in W. eine Filiale eines Marktes. Wegen der Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarungen wird auf die Darstellung im landgerichtlichen Urteil (LGU 2/3) verwiesen.

Die streitgegenständliche Filiale war vom 18.03.2020 bis einschließlich 19.04.2020 wegen § 4 Abs. 1 Nr. 12 der Coronaverordnung vom 17.03.2020 geschlossen. Die Beklagte kündigte am 24.03.2020 an, die Miete für April 2020 nicht zu bezahlen. Mit Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Kläger wurde sie am 01.04.2020 aufgefordert, die Miete fristgerecht zu überweisen. Die Aufforderung blieb erfolglos, die Kläger haben Klage auf Zahlung der Miete für den Monat April 2020 sowie auf Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten erhoben. Die Beklagte hat mit der Klageerwiderung hilfsweise die Aufrechnung mit einem Teil der Miete vom März 2020 erklärt, nachdem die streitgegenständliche Filiale ab dem 20.04.2020 wieder eröffnet werden konnte.

Die Kläger sind der Auffassung, die behördlich angeordnete Schließung der Filiale lasse ihren Anspruch auf Zahlung des Mietzinses für den Gewerberaum nicht entfallen. Es handele sich hierbei nicht um einen Mangel der Mietsache. Da eine Mindestmiete vereinbart worden sei, werde diese unabhängig davon geschuldet, ob in dem Ladengeschäft Umsätze generiert würden oder nicht. Dieses Risiko trage die Beklagte im Verhältnis zu den Klägern allein. Die Gebrauchsüberlassung der Mieträume an die Beklagte sei nicht unmöglich. Für eine Vertragsanpassung nach § 313 BGB fehle es an einer von der Beklagten darzulegenden Existenzgefährdung.

Das Landgericht, auf dessen Urteil wegen des weiteren Sach- und Streitstands im ersten Rechtszug sowie der getroffenen Feststellungen Bezug genommen wird, hat die Beklagte zur Zahlung von 5.081,98 € zuzüglich Zinsen sowie Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten i.H.v. 697,82 € zuzüglich Zinsen verurteilt. Es hat das Vorliegen eines Sachmangels verneint. Die behördliche Anordnung hebe die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch nicht auf und mindere diese auch nicht. Hoheitliche Maßnahmen, die zu einer Gebrauchsbeschränkung führten, begründeten nur dann einen Mangel, wenn sie unmittelbar mit der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage der konkreten Mietsache im Zusammenhang stünden. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Die Rechtsprechung des Reichsgerichts sei wegen des heute in Rechtsprechung und herrschender Lehre vorausgesetzten Objektbezugs der Nutzungsbeeinträchtigung nicht übertragbar. Weiter ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Leistung der Kläger nicht nach § 275 BGB unmöglich geworden sei, da die Kläger die ihnen als Vermieter obliegende Hauptleistungspflicht erfüllen könnten. Das Verwendungsrisiko trage allein die Beklagte. Ob § 313 Abs. 1 BGB vorliegend anwendbar ist und die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen, hat das Landgericht offengelassen, nachdem es eine Unzumutbarkeit für die Beklagte, sich am Vertrag festzuhalten zu lassen, nicht hat feststellen können. Eine Existenzgefährdung oder unzumutbare wirtschaftliche Beeinträchtigung habe die Beklagte nicht dargelegt. Sie habe unberücksichtigt gelassen, dass sie über das staatliche Kurzarbeitergeld Mitarbeiterkosten erspart habe und die Möglichkeit, den Onlinehandel auszuweiten oder dies zumindest zu versuchen, um Umsatzeinbußen auszugleichen, außer Betracht gelassen. Weiter hat das Landgericht unter Berücksichtigung von § 10 des Mietvertrags, der bei erheblicher Veränderung der Charakteristik der Verkehrssituation, der Einzelhandelssituation oder der Straßenführung in Bezug auf die Erreichbarkeit des Mietobjekts lediglich ein Kündigungsrecht der Beklagten mit einer Frist von sechs Monaten zum Monatsende vorgesehen habe, eine Unzumutbarkeit verneint.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Unter Bezugnahme auf ein Urteil des Landgerichts München I vom 22.09.2020 (Az. 3 O 4495/20) geht die Beklagte von einem Mangel der Mietsache aus, der zu einer Minderung der Miete um bis zu 100 % führe. Die Räumlichkeiten seien zur Nutzung als Verkaufsräume, nicht als Lagerräume gemietet worden. Die Benutzbarkeit des Mietobjekts zum vereinbarten Zweck des Verkaufs fehle, weshalb ein zur Minderung berechtigender Mangel vorliege. Der Anteil der Lagerflächen betrage lediglich 5,87 % der Mietflächen. Im Übrigen sei den Klägern durch die Schließungsanordnung in der Coronaverordnung die ihnen obliegende Leistung unmöglich geworden. Zumindest sei wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage der Vertrag nach § 313 BGB anzupassen. Mit der behördlichen Schließungsanordnung sei die Geschäftsgrundlage entfallen, ohne dass das sich verwirklichende Risiko einer Partei zugeordnet werden könne, weshalb eine hälftige Teilung der Miete während der Schließungszeit angemessen sei. Insoweit sei hinsichtlich der Schließungszeit im März eine Aufrechnung mit der vollständig unbezahlten Aprilmiete erfolgt. Die Ausführungen des Landgerichts zur Unzumutbarkeit hält die Beklagte für überflüssig. Das Kriterium der Existenzbedrohung des Gewerberaummieters sei nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Wenn das Landgericht dieses jedoch für wichtig gehalten hätte, hätte das Landgericht den Sachverhalt weiter aufklären müssen. Ein Ausweichen auf den Onlinehandel sei vor dem Hintergrund der Preisstruktur der Beklagten nicht erfolgversprechend gewesen, eine Änderung des Nutzungszwecks scheide schon wegen der erforderlichen behördlichen Genehmigungen, die in kurzer Zeit nicht zu beschaffen seien, aus. Auf den Bezug staatlicher Hilfen in Form von Kurzarbeitergeld komme es nicht an, da hierdurch zwar Kosten gesenkt, jedoch nicht die Kosten der Beklagten gedeckt werden könnten. Einer Vorlage der Gesamtkostenkalkulation der Beklagten bedürfe es insoweit nicht. Im Übrigen habe das Landgericht unberücksichtigt gelassen, dass auch die wirtschaftliche Situation der Klägerseite in die Abwägung der Zumutbarkeit hätte einfließen müssen, diese habe das Landgericht nicht aufgeklärt. Nach Auffassung der Beklagten wären die Mieten für die Zeiten der Schließung jedenfalls hälftig zu teilen gewesen, weshalb die Klage dann in Höhe von 2.756,83 € abzuweisen gewesen wäre.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Heidelberg, Az. 5 O 66/20, vom 30.07.2020, zugestellt am 06.08.2020, aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil als richtig. Weiter machen sie geltend, dass den Klägern, die in demselben Gebäude, in dem die Beklagte Ankermieterin sei, Praxisräumlichkeiten betrieben, eine Herabsetzung der Miete wirtschaftlich nicht zuzumuten sei, nachdem sie zwar nicht von Schließungen betroffen gewesen seien, jedoch erhöhten Aufwand in die Praxisräumlichkeiten im Zusammenhang mit der Coronapandemie hätten. Auch seien ihre Umsätze zurückgegangen, im Gegensatz zu der Beklagten profitierten sie nicht von staatlichen Hilfen wie Kurzarbeitergeld.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands im zweiten Rechtszug und der dort gestellten Anträge wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Sitzungsniederschrift vom 10.02.2021 (II 48) verwiesen.

Aus den Gründen

II.

Die Berufung ist zulässig. Sie erweist sich jedoch als unbegründet.

Die Voraussetzungen einer Mietminderung liegen nicht vor (1.). Die Leistung der Kläger als Vermieter ist diesen auch nicht unmöglich geworden (2.). Eine Anpassung des Vertrags nach § 313 BGB findet vorliegend ebenfalls nicht statt (3.).

1. Zutreffend hat das Landgericht die Voraussetzungen einer Mietminderung nach § 536 Abs.1 BGB verneint.

Gemäß § 536 Abs. 1 BGB ist die vereinbarte Miete kraft Gesetzes gemindert, wenn die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel aufweist, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt oder (erheblich) mindert, oder ein solcher Mangel während der Mietzeit entsteht. Ein derartiger Mangel ist dann gegeben, wenn der tatsächliche Zustand der Mietsache vom vertraglich vorausgesetzten Zustand abweicht. Der vertraglich geschuldete Zustand bestimmt sich in erster Linie nach den Beschaffenheitsvereinbarungen der Mietvertragsparteien, die auch durch schlüssiges Verhalten (konkludent) getroffen werden können. Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung können dabei auch Umstände sein, die von außen auf die Mietsache unmittelbar einwirken (so genannte Umweltfehler), wie etwa Emissionen, denen die Mietsache ausgesetzt ist. Soweit Parteiabreden zur Beschaffenheit der Mietsache fehlen, wird der zum vertragsgemäßen Gebrauch geeignete Zustand unter Berücksichtigung des vereinbarten Nutzungszwecks und des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nach der Verkehrsanschauung bestimmt (BGH, Urteil vom 19.12.2012, VIII ZR 152/12, bei juris Rn. 8). Ergeben sich aufgrund von gesetzgeberischen Maßnahmen während eines laufenden Mietverhältnisses Beeinträchtigungen des vertragsmäßigen Gebrauchs eines gewerblichen Mietobjekts, kann dies nachträglich einen Mangel im Sinne von § 536 Abs. 1 S. 1 BGB begründen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die durch die gesetzgeberische Maßnahme bewirkte Gebrauchsbeschränkung unmittelbar mit der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage des Mietobjekts in Zusammenhang steht. Andere gesetzgeberische Maßnahmen, die den geschäftlichen Erfolg beeinträchtigen, fallen dagegen in den Risikobereich des Mieters. Denn der Vermieter von Gewerberäumen ist gemäß § 535 Abs. 1 S. 2 BGB lediglich verpflichtet, den Mietgegenstand während der Vertragslaufzeit in einem Zustand zu erhalten, der dem Mieter die vertraglich vorgesehene Nutzung ermöglicht. Das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache trägt bei der Gewerberaummiete dagegen grundsätzlich der Mieter. Dazu gehört vor allem das Risiko, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können. Erfüllt sich die Gewinnerwartung des Mieters aufgrund eines nachträglich eintretenden Umstands nicht, so verwirklicht sich damit ein typisches Risiko des gewerblichen Mieters. Das gilt auch in Fällen, in denen es durch nachträgliche gesetzgeberische oder behördliche Maßnahmen zu einer Beeinträchtigung des Gewerbebetriebs des Mieters kommt (vgl. BGH, Urteil vom 13.07.2011, XII ZR 189/09, bei juris Rn. 9 zu einem Pachtverhältnis). Diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt im Gegensatz zu der von der Beklagten und dem Landgericht München I im Urteil vom 22.09.2020 (3 O 4495/20) herangezogenen Rechtsprechung des Reichsgerichts für die Annahme eines Mangels einen Objektbezug der Nutzungsbeeinträchtigung voraus. Einen solchen hält auch der Senat als Voraussetzung der Annahme eines Mangels des Mietobjekts für erforderlich.

Durch die behördliche Nutzungseinschränkung ist das streitgegenständliche Mietobjekt daher nicht als mangelhaft im Sinne des § 536 BGB anzusehen. Es fehlt am Objektbezug der behördlichen Schließungsanordnung, die eine Vielzahl an Gewerben, die nicht der Deckung mit Gütern des täglichen Bedarfs dienten, betrafen.

2. Zutreffend hat das Landgericht auch einen Fall der Unmöglichkeit der Leistung der Kläger, mit der Folge, dass die Gegenleistungspflicht der Beklagten entfallen würde, verneint.

Wie oben ausgeführt, ist der Vermieter von Gewerberäumen lediglich verpflichtet, den Mietgegenstand während der Vertragslaufzeit in einem Zustand zu erhalten, der dem Mieter die vertraglich vorgesehene Nutzung ermöglicht. Das Verwendungsrisiko trägt grundsätzlich der Mieter (BGH, Urteil vom 13.07.2011, XII ZR 189/09, bei juris Rn. 9). Vorliegend erfolgte die Vermietung zur Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts mit sämtlichen Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs. Als solche war die Mietsache im vorliegenden Fall auch während der angeordneten Schließung brauchbar. Dass es wegen der angeordneten Schließung tatsächlich nicht zu einem entsprechenden Gebrauch kam, fällt in das Verwendungsrisiko der Beklagten.

3. Zutreffend hat das Landgericht auch gesehen, dass vorliegend eine Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 1 BGB wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nicht in Betracht kommt.

Nach Art. 240 § 7 EGBGB sind hier sowohl das allgemeine Schuldrecht als auch die Gewährleistungsrechte aus dem Mietvertragsrecht anwendbar und werden durch die gesetzliche Vermutung, dass eine Störung der Geschäftsgrundlage vorliegt, ergänzt. Der Gesetzgeber geht dabei davon aus, dass vorrangig Gewährleistungsrechte und die Frage der Unmöglichkeit der Vertragserfüllung zu prüfen sind (BT-Drucks. 19/25322 S. 14/ 15). Beide führen im vorliegenden Fall nicht zu einer Reduzierung der Mietschuld der Beklagten für April 2020 (dazu oben 1. und 2.). Erst danach kann auf die Frage des Vorliegens einer Störung der Geschäftsgrundlage eingegangen werden. Dass eine Störung der Geschäftsgrundlage vorliegt, wird nun „grundsätzlich“ vermutet, wobei Unsicherheiten beseitigt und die außergerichtliche Verhandlungsposition des Gewerberaummieters gestärkt werden sollte (BT-Drucks. 19/25322 S. 14/ 15). Art. 240 § 7 EGBGB schafft eine tatsächliche Vermutung, dass sich ein Umstand im Sinn des § 313 Abs. 1 BGB, der Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach dem Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat. Die Vermutung ist widerleglich und gilt nur für dieses reale Merkmal des § 313 Abs. 1 BGB (BT-Drucks. 19/25322 S. 20). Das normative Merkmal des § 313 Abs. 1 BGB, dass dem einen Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen und gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann, wird von der Vermutungsregelung nicht erfasst (BT-Drucks. 19/25322 S. 21).

Dabei stellt der Gesetzgeber darauf ab, dass im Rahmen der Zumutbarkeit zu prüfen sein wird, wie erheblich die Umsätze zurückgegangen sind und auch, ob der Mieter öffentliche oder sonstige Zuschüsse erhalten hat, mit denen er die Umsatzausfälle infolge staatlicher Beschränkung jedenfalls teilweise kompensieren kann, und ob er Aufwendungen erspart hat (z.B. wegen Kurzarbeitergeld oder weggefallenem Wareneinkauf). Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls § 313 BGB gewährt keine Überkompensation (BT-Drucks. 19/25322 S. 21).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist vorliegend nicht festzustellen, dass es der Beklagten unter Abwägung aller Umstände nicht zuzumuten wäre, an der vertraglich vereinbarten Mietzahlungspflicht festgehalten zu werden. Darauf, ob die gesetzliche Regelung, was die Kläger in Abrede stellen, auch auf Sachverhalte in der Vergangenheit, nämlich die Miete für April 2020 anwendbar ist, kommt es daher hier nicht an.

a. Nach § 313 Abs. 1 BGB kann die Anpassung des Vertrags verlangt werden, wenn sich die Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen und gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Wie oben ausgeführt (1.), trägt im Verhältnis zum Vermieter der Mieter grundsätzlich das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache. Eine Anpassung des Vertrags kann die Beklagte nur dann verlangen, wenn ihr das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. § 313 BGB greift nach der Rechtsprechung erst dann ein, wenn dies zur Vermeidung eines untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit nicht zu vereinbarenden und damit der betroffenen Partei nach Treu und Glauben nicht zuzumutenden Ergebnis unabweislich erscheint (vgl. BGH, Urteil vom 22.12.2004, VIII ZR 41/04, bei juris Rn. 17). Die Unzumutbarkeit ist aus dem Vergleich von Schuldneraufwand und Leistungserfolg zu bestimmen. Dabei sind nicht nur die Interessen des Schuldners, sondern auch die des Gläubigers mit dem Ziel, die beiderseitigen – widerstreitenden – Interessen auszugleichen, zu berücksichtigen. Dem Schuldner sind Aufwendungen, welche die dem Schuldverhältnis immanente Opfergrenze überschreiten, nicht mehr zumutbar. Diese Opfergrenze wird insbesondere überschritten, wenn die Inanspruchnahme des Schuldners zur Vernichtung seiner Existenz führen würde; unter Umständen genügt auch bereits eine schwere Beeinträchtigung des wirtschaftlichen Fortkommens (vgl. dazu BGH, Urteil vom 15.04.1959, V ZR 3/58, bei juris Rn. 44). Eine Angleichung ist geboten, wenn das Festhalten am Vertrag zu einem untragbaren, mit Recht und Gesetz schlechthin nicht mehr zu vereinbarenden Ergebnis führen würde (BGH, Urteil vom 20.12.2004, VIII ZR 41/04, bei juris Rn. 25).

Dass ein solches schlechthin nicht mehr hinnehmbares Ergebnis anzunehmen wäre, insbesondere die Beklagte in ihrer Existenz gefährdet wäre, wenn sie die Miete für April 2020 bezahlen müsste, ist ihrem Vortrag nicht zu entnehmen. Sie hat zwar einen Umsatzverlust bezogen auf den Gesamtkonzern dargelegt. Wie die streitgegenständliche Filiale wirtschaftlich dasteht, ist dem Vortrag der Beklagten aber nicht zu entnehmen. Es ist im Zusammenhang mit der Existenzgefährdung durchaus zu sehen, dass es sich bei der Beklagten um einen großen Konzern handelt, der wirtschaftlich leistungsfähiger sein kann als die Filialen für sich betrachtet. Für die Frage der Störung des Äquivalenzverhältnisses bezogen auf den streitgegenständlichen Mietvertrag dürfen jedoch auch Leistung und Gegenleistung bezogen auf diese Filiale und damit der konkrete Einzelfall nicht aus dem Blickfeld geraten, da auch die Interessen der (unterschiedlichen) Vermieter Berücksichtigung finden müssen.

Hier hat die Beklagte eine Aufstellung der Nettoumsätze aller Filialen in Deutschland von Januar 2018 bis April 2020 einschließlich vorgelegt. Unterstellt man, dass diese auch die Umsatzentwicklung in der streitgegenständlichen Filiale wiederspiegeln, ist ein Umsatzeinbruch in den Monaten März und April 2020 zu sehen. Dass dieser allerdings allein auf den Schließungen und nicht auch auf bereits seit Anfang März zu beobachtender Zurückhaltung der Käufer, also einer unstreitig in das Risiko der Beklagten fallenden Änderung des Konsumverhaltens, beruht, ist diesen Zahlen nicht zu entnehmen. Obwohl das Landgericht bereits in der mündlichen Verhandlung (I 75) darauf hingewiesen hatte, dass eine Existenzgefährdung nicht dargelegt sei, und auch das Urteil auf die fehlende Darlegung einer zur Unzumutbarkeit führenden wirtschaftlichen Beeinträchtigung gestützt hatte (LGU 14/ 15), hat sich die Beklagte damit weder in erster Instanz noch in der Berufungsbegründung dezidiert auseinandergesetzt.

Zutreffend hat das Landgericht gesehen, dass nicht isoliert die Umsatzeinbußen in den von der Schließung betroffenen Monaten betrachtet werden können, und dass auch staatliche Hilfen, wie das Kurzarbeitergeld, in die Abwägung einzubeziehen sind. Auch wenn diese die Kosten nicht insgesamt ausgeglichen haben, ist für die Frage der wirtschaftlich unzumutbaren Beeinträchtigung zu berücksichtigen, ob von anderer Seite eine Partei wirtschaftliche Unterstützung erhalten hat. Ebenso kann nicht unberücksichtigt bleiben, ob mit nicht verkauften, aber noch verkäuflichen Warenvorräten, Vermögenswerte noch vorhanden sind. Diese binden zwar Liquidität der Beklagten, können aber im Rahmen einer wirtschaftlichen Betrachtung nicht außer Betracht bleiben.

Vorliegend ist dem Vortrag der Beklagten auch in der Berufung weder bezogen auf die streitgegenständliche Filiale noch bezogen auf den Gesamtkonzern zu entnehmen, in welchem Umfang als Folge der Schließung im Frühjahr 2020 die Umsätze und Gewinne und damit im Ergebnis auch das Vermögen der Beklagten so beeinträchtigt wurden, dass ihr ein Festhalten am Vertrag nicht zugemutet werden könnte. Weder legt die Beklagte offen, wieviel staatliche Leistungen, insbesondere Kurzarbeitergeld, sie erhalten hat, und welche Aufwendungen sie durch die Kurzarbeit erspart hat, noch welche Warenwerte an verkäuflichen Waren, die die Anschaffungskosten im weiteren Verlauf senken, weiter vorhanden sind. Die Bezugnahme auf die erneuten im Dezember 2020 behördlich verordneten und zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch andauernden Schließungen vermag den Vortrag zu den Beeinträchtigungen im Frühjahr nicht zu ersetzen. Die Einbußen, die die Beklagte durch die erneute Schließung ab Mitte Dezember 2020 erleidet, können auch nicht in die Abwägung der Zumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag für die Monatsmiete im April 2020 einbezogen werden. Insoweit handelt es sich um einen neuen Sachverhalt. Gegenstand dieses Rechtsstreits ist allein die Miete für April 2020 und nicht die Frage, ob und in welcher Form eine Vertragsanpassung für Zeiträume ab Mai 2020 verlangt werden könnte.

b. Soweit sich die Beklagte auf Stimmen in der Literatur beruft, die unter Berücksichtigung des Umstandes, dass keine der Parteien die Pandemie und die damit verbundenen Geschäftsschließungen und weiteren Folgen habe vorhersehen können, eine hälftige Teilung des Risikos und damit eine hälftige Teilung der Miete annehmen, weshalb es einer Darlegung der Umsatzausfälle nicht bedürfe, überzeugt dies nicht. Zu prüfen ist die Zumutbarkeit bzw. Unzumutbarkeit in jedem Einzelfall. Dieser entzieht sich, wie die unterschiedlichen Stimmen in der Literatur zeigen (vgl. bspw. Häublein/Müller, Wer trägt das Pandemierisiko in der Geschäftsraummiete, NZM 2020, 481, 488 ff), einer pauschalierten Darstellung. Es kann in dem Zusammenhang auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Beklagte im Gegensatz zu den Klägern von staatlichen Transferleistungen wie dem Kurzarbeitergeld profitiert. Zudem zeigt sich unter Berücksichtigung des Umstands, dass im April nach der Schließung nur 10 Öffnungstage zur Verfügung standen, dass hier die Vormonate deutlich übersteigende Tagesumsätze erzielt wurden, so dass ein gewisser Nachholeffekt in diesem Bereich nicht auszuschließen ist. Eine pauschalierte Herabsetzung um die Hälfte lässt außer Betracht, dass möglicherweise, Vortrag der Beklagten hierzu fehlt, ein Teil der Umsätze nach Beendigung des Lockdown auch nach April 2020 nachgeholt werden konnte, da anders als in der Gastronomie oder der Veranstaltungsbranche zunächst nicht verkaufte Ware, soweit es sich nicht um Osterartikel gehandelt hat, grundsätzlich zu einem späteren Zeitpunkt verkauft werden kann.

c. Somit fehlt es bereits an einer Darlegung der Unzumutbarkeit der Zahlung der Miete für den Monat April 2020, weshalb die Berufung der Beklagten keinen Erfolg haben kann.

Auf die Frage, inwieweit die wirtschaftlichen Verhältnisse der Kläger durch die behördlich angeordneten Schließungen betroffen sind und ob diesen eine Vertragsanpassung zuzumuten wäre, kommt es derzeit nicht an, da bereits nicht festgestellt werden konnte, dass die Beklagte in so unzumutbarer Weise betroffen sein könnte, dass eine Vertragsanpassung im Sinne einer Herabsetzung der Miete geboten wäre.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit wurde gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO angeordnet.

Vor dem Hintergrund der in Literatur und Rechtsprechung streitigen Fragen zum Vorliegen eines Mangels des Mietobjekts durch die angeordneten Schließungen, der Unmöglichkeit der Leistung der Vermieter, die zu einer Minderung der Miete bzw. zu einem Wegfall der Mietzahlungspflicht der Beklagten führen würden, ohne dass es auf die in ihrer Erforderlichkeit ebenfalls umstrittene Darstellung der Unzumutbarkeit des Festhaltens am unveränderten Vertragsverhältnis ankäme, hat der Senat zur Fortbildung des Rechts die Revision zugelassen (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

Landgericht Heidelberg 

Az.: 5 O 66/20

Urteil vom 30.07.2020

 

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 5.081,98 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 07.04.2020 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 697,82 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16.04.2020 zu zahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist für die Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert wird auf 5.081,98 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Auswirkungen der wegen der Coronaverordnung erfolgten Anordnung der Schließung der Filiale der Beklagten in W. vom 18.03.2020 bis 19.04.2020. Die Beklagte hat deshalb die Miete für April 2020 nicht gezahlt. Bezüglich der Wiedereröffnung am 20.04.2020 hat sie hilfsweise die Aufrechnung wegen Überbezahlung der Miete für März 2020 geltend gemacht.

Die Kläger sind die Vermieter und die Beklagte ist die Mieterin der Geschäftsräume im Anwesen N. Str. 4 in 74XXX W.. Die vereinbarte monatliche Sockelmiete beträgt einschließlich der vereinbarten Nebenkostenvorauszahlung und der Mehrwertsteuer 5.081,98 €. Die Geschäftsräume wurden dabei zur Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts mit sämtlichen Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs vermietet.

Ursprünglich wurde der Mietvertrag am 31.07.2014 bzw. 05.08.2014 zwischen der Beklagten und der Rechtsvorgängerin der Kläger, Frau P. D., abgeschlossen (Anlage B2). In diesem war unter § 3 eine Sockelmiete in Höhe von 2.500,00 € zzgl. Mehrwertsteuer und darüber hinaus eine Erhöhung dieses Sockelbetrages abhängig vom jeweiligen Jahresumsatz vereinbart. Außerdem enthält er unter § 10 folgende Regelung:

„Bei erheblicher Veränderung der Charakteristik der Verkehrssituation, der Einzelhandelssituation oder Straßenführung in Bezug auf die Erreichbarkeit des Objektes steht der Mieterin ein Kündigungsrecht mit einer sechsmonatigen Frist zum Monatsende zu.


Am 27.12.2016 haben die hiesigen Parteien den Nachtrag Nr. 1 (Anlage K5) zu diesem Mietvertrag abgeschlossen. In diesem ist eine Sockelmiete von 5 € pro Quadratmeter zzgl. Betriebskostenvorauszahlung und Mehrwertsteuer geregelt, darüber hinaus heißt es auszugsweise unter 3. Miete:

„Ab einem Nettojahresumsatz von € 500.000 erhöht sich der monatlich zu zahlende Mietzins auf 4.200,00 € (netto).

Ab einem Nettojahresumsatz von € 600.000 erhöht sich der monatlich zu zahlende Mietzins auf 4.700,00 € (netto).

Ab einem Nettojahresumsatz von € 700.000 erhöht sich der monatlich zu zahlende Mietzins auf 5.200,00 € (netto).

Innerhalb von 3 Monaten nach Ablauf eines Kalenderjahres wird die Mieterin dem Vermieter eine Aufstellung über die in dem abgelaufenen Kalenderjahr getätigten Umsätze übergeben, den die (Jahres-) Sockelmiete übersteigenden Betrag der Umsatzmiete errechnen und die betreffende Restmietzahlung an den Vermieter leisten.“

Zwischen dem 18.03.2020 bis einschließlich 19.04.2020 kam es zur Schließung der streitgegenständlichen Filiale in W. gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 12 der Coronaverordnung vom 17.03.2020. Dabei wurde ein Großteil der Belegschaft in Kurzarbeit geschickt.

Mit Schreiben vom 24.3.2020 (Anlage K2) teilte die Beklagte mit, dass sie die Miete für April 2020 zunächst nicht zahlen wird. Mit anwaltlichem Schreiben vom 01.04.2020 (Anlage K3) wurde die Beklagte aufgefordert, die Miete fristgerecht bis zum 03.04.2020 zu überweisen und die vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten der Kläger bis zum 15.04.2020 zu zahlen.

Mit Schriftsatz vom 11.05.2020 (Klageerwiderung) hat die Beklagte, soweit das Mietobjekt ab dem 20.04.2020 wieder geöffnet werden konnte, hilfsweise die Aufrechnung mit einem Teil der Miete März 2020 in Höhe von 2.134,43 € während des Zeitraums der Schließung erklärt.

Die Kläger sind der Ansicht, die Beklagte hätte die Miete ohne Rechtsgrund nicht gezahlt.

Insbesondere könne die Beklagte die Miete nicht nach § 536 BGB mindern. Zwar enthalte § 1 des ursprünglichen Mietvertrages einen Verwendungszweck, allerdings sei die Nutzung durch die Beklagte zu keiner Zeit beeinträchtigt gewesen. Die Formulierung der Gesetzesbegründung anlässlich der Neuregelung des Artikel 240 § 2 EGBGB – „die Verpflichtung der Mieter zur Zahlung der Miete bleibt im Gegenzug im Grundsatz bestehen“ – zeige, dass aufgrund des Verwendungsrisikos des Mieters eine Minderung der Miete ausgeschlossen sei. Gerade die zwischen den Parteien vereinbarte Umsatzmiete spreche gegen eine Mietminderung. Es sei eine Mindestmiete vereinbart worden, die unabhängig davon geschuldet werde, ob in dem Ladengeschäft Umsatz erzielt werde oder nicht. Maßgeblich für die Bemessung der Miete sei der Jahresumsatz und nicht der Umsatz einzelner Monate. Dies lasse sich erst zum 31.3.2021 bestimmen. Der Mietvertrag weise deshalb gerade der Beklagten das Risiko zu, welche Umsätze realisiert werden. Eine Beteiligung der Kläger ergebe sich erst bei einem besonders erfolgreichen Geschäftsjahr. Ein Umfeldmangel liege nicht vor.

Auch eine Unmöglichkeit der Gebrauchsüberlassung liege nicht vor, da die Beklagte die Räumlichkeiten zumindest als Lagerraum und im Hinblick auf das Online-Geschäft auch zum Vertrieb von Waren genutzt habe.

Bezogen auf die konkrete Situation der Beklagten scheide auch eine Vertragsanpassung nach § 313 BGB aus. Die von der Beklagten aufgezeigten – und bestrittenen – Umsatzzahlen seien unzureichend – aus diesen ergebe sich eine Existenzgefährdung nicht – zumal es sich bei der Beklagten um ein weltweit tätiges Unternehmen handele.

Die Kläger beantragen, die Beklagte zu veruteilen , an die Kläger 5.081,98 € zzgl. 5 %-Punkten Zins über dem Basiszinssatz seit 07.04.2020 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 697,82 € zzgl. 5 %-Punkten Zins über dem Basiszinssatz seit 16.04.2020 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, Klageabweisung.

Die Beklagte behauptet, sie habe im März 2020 einen Rückgang des Nettoumsatzes gegenüber dem Durchschnitt der Jahre 2018/2019 von 45,42 % und im April 2020 in Höhe von 39,25 % zu verzeichnen gehabt. Sie setze im Regelbetrieb zwischen 5 und 7 Millionen Euro netto pro Tag in ihren Filialen um. Eine Verlagerung auf den Onlinehandel habe nicht stattgefunden, was im Wesentlichen daran liege, dass die von der Beklagten angebotenen Produkte im Regelfall niedrigpreisig seien und sich ein Onlinekauf für den Kunden in Anbetracht der Verpackungs- und Versandkosten nur eingeschränkt lohne. Bei den Osterartikeln würde es sich zudem um Mitnahmeartikel handeln, die nur dann mitgenommen würden, wenn sich der Kunde ohnehin zum Textilkauf in der Filiale aufhalte. Die Beklagte habe keinerlei staatliche Hilfen erhalten. Diesbezüglich habe die A. Unternehmensberatung GmbH mit Lieferanten und Vermietern verhandelt, die Nutzung von Kurzarbeit koordiniert und geprüft, ob Steuererleichterungen oder staatliche Finanzierungsunterstützung erlangt werden könnten. Eine staatliche Finanzierungsunterstützung habe jedoch nicht erreicht werden können. Sämtliche Filialen der Beklagten (über 3.000) hätten geschlossen werden müssen.

Sie ist der Auffassung, dass sie für die Zeit der Schließung der Filiale nicht verpflichtet sei, Mietzinszahlungen für das streitgegenständliche Objekt zu leisten. Da die Filiale auch im März an 13 von 31 Tagen nicht geöffnet war, ergebe sich diesbezüglich ein Erstattungsanspruch der Beklagten in Höhe von 2.134,43 €.

Es liege entweder ein Sachmangel der Mietsache, eine Unmöglichkeit der Gebrauchsüberlassung oder ein Fall der Anpassung des Mietvertrages im Rahmen der Grundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage vor.

Die Mietzahlungspflicht entfalle gemäß § 536 Abs. 1 S. 1 BGB, da eine Aufhebung der Tauglichkeit zur Nutzung vorliege. Zwar enthalte das BGB, anders als das österreichische allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, keine ausdrückliche Regelung bezüglich der Seuche im Mietrecht, allerdings werde der Mangelbegriff des § 536 BGB fortwährend erweitert. So könne der Mangel auch in einer äußeren Einwirkung auf die Mietsache bestehen (sog. Umwelt- oder Umfeldmangel). Beispiele diesbezüglich seien Baumaßnahmen in Nebengebäuden oder die Sperrung des Zugangsbereichs. „Umfeld“ im Sinne der Umfeldmangel-Rechtsprechung sei im vorliegenden Fall das gesamte Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Es liege ein vergleichbarer Fall wie dem Urteil des Reichsgerichts zum Tanzverbot vom 09.11.1915 (RGZ 87, 277 – III 145/15) und vom 20.02.1917 (RGZ 89, 203 – III 384/16) sowie der Benzintankanlagenentscheidung vom 03.01.1919 (III 271/18) zugrunde. Darüber hinaus enthalte der Mietvertrag einen ausdrücklichen Vertragszweck – nämlich die Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts mit sämtlichen Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs, wobei sich aus der Kurzbaubeschreibung ergebe, dass es sich um ein K.-Ladenlokal handeln solle – welcher die „Sollbeschaffenheit“ darstelle. Diese hätten die Kläger während der Schließung nicht erfüllen können. Hinzu komme, dass sich die Kläger durch die Vereinbarung einer Umsatzmiete am betriebswirtschaftlichen Risiko der Klägerin beteiligt hätten und das Verwendungsrisiko damit zumindest zum Teil auch auf diese übergegangen sei.

Desweiteren liege ein Fall von Unmöglichkeit vor, da der Vertragszweck, der im vorliegenden Fall im Mietvertrag ausdrücklich vereinbart worden sei (siehe oben), infolge der behördlichen Anordnung nicht mehr habe erreicht werden können. Somit liege eine zumindest vorübergehende Unmöglichkeit der vermieterseits geschuldeten Überlassung zum vereinbarten Zweck vor.

Jedenfalls wäre der Mietvertrag auf Grundlage der Grundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB anzupassen. Die entscheidende Veränderung in Form des Auftretens des Corona-Virus und des Erlasses der CoronaVO sei erst nach Vertragsschluss erfolgt und nicht Inhalt des Vertrages. Auch enthielte der Mietvertrag keinerlei Regelungen für diesen Fall. Es sei jedoch offensichtlich, dass zumindest die Beklagte auf eine Mietpreisanpassungsklausel bestanden hätte, wenn sie diese Situation bei Mietvertragsabschluss vorausgesehen hätte. Ein Festhalten am ursprünglichen Vertrag sei der Beklagten unzumutbar. Sämtliche über 3000 Filialen seien geschlossen worden und es liege ein vergleichbarer Umsatzausfall in allen Filialen vor – insbesondere die Saison- und Osterware habe nicht verkauft werden können. Dadurch sei es zu erheblichen Liquiditätsproblemen gekommen. Die Bezahlung der Miete April 2020 hätte die wirtschaftliche Schieflage der Beklagten ganz erheblich verstärkt. Eine hälftige Teilung der Mietlast sei daher angemessen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrages wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 04.06.2020 verwiesen.

Der Rechtsstreit wurde mit Beschluss vom 27.05.2020 nach § 348 Abs. 3 S. 2 ZPO von der Kammer übernommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Kläger haben aus § 535 Abs. 2 BGB einen Anspruch auf Zahlung der Aprilmiete 2020 in Höhe von 5.081,98 € gegen die Beklagte. Die Aufrechnung der Beklagten geht ins Leere.

Die Beklagte kann die Miete für den Zeitraum der Filialschließung vom 18.03.2020 bis einschließlich 19.04.2020 auch weder nach § 536 Abs. 1 BGB mindern (siehe sogleich 1.), noch liegt eine Unmöglichkeit der Gebrauchsüberlassung nach § 275 BGB mit der Folge des § 326 Abs. 1 BGB vor (siehe 2.). Darüber hinaus ist im vorliegenden Fall auch nicht eine Vertragsanpassung nach § 313 BGB vorzunehmen (siehe 3.).

1. Die Beklagte kann die Miete für den Zeitraum 18.03.2020 bis einschließlich 19.04.2020 nicht nach § 536 Abs. 1 BGB mindern.

Eine ausdrückliche vertragliche Regelung, wie beispielsweise Haftungsausschlüsse oder -beschränkungen oder eine Force-Majeure-Klausel, enthält der zwischen den Parteien geschlossene Mietvertrag bzw. Nachtrag Nr. 1 für den vorliegenden Fall einer behördlich angeordneten Ladenschließung nicht, weshalb sich die Mietzahlungspflicht vorrangig nach dem mietrechtlichen Sachmängelgewährleistungsrecht gemäß §§ 536 ff. BGB bestimmt (Sittner, Mietrechtspraxis unter Covid-19, NJW 2020, 1169).

Gemäß § 536 Abs. 1 BGB ist die vereinbarte Miete kraft Gesetzes gemindert, wenn die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel aufweist, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt oder (erheblich) mindert, oder ein solcher Mangel während der Mietzeit entsteht. Ein derartiger Mangel ist dann gegeben, wenn der tatsächliche Zustand der Mietsache vom vertraglich vorausgesetzten Zustand abweicht. Der vertraglich geschuldete Zustand bestimmt sich in erster Linie nach den Beschaffenheitsvereinbarungen der Mietvertragsparteien, die auch durch schlüssiges Verhalten (konkludent) getroffen werden können. Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung können dabei auch Umstände sein, die von außen auf die Mietsache unmittelbar einwirken (sog. Umweltfehler), wie etwa Immissionen, denen die Mietsache ausgesetzt ist. Soweit Parteiabreden zur Beschaffenheit der Mietsache fehlen, wird der zum vertragsgemäßen Gebrauch geeignete Zustand unter Berücksichtigung des vereinbarten Nutzungszwecks und des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nach der Verkehrsanschauung bestimmt (BGH, Urt. v. 19.12.2012 – VIII ZR 152/12, NJW 2013, 680). Auch öffentlich-rechtliche Gebrauchshindernisse und -beschränkungen können die Tauglichkeit zu dem vertragsgemäßen Gebrauch mindern und damit einen Sachmangel darstellen. Insbesondere bei der Vermietung von Gewerberäumen können privat- oder öffentlich-rechtliche Hindernisse zu einem Mangel führen. Voraussetzung ist aber, dass die Beschränkungen der konkret vermieteten Sache ihre Ursache gerade in deren Beschaffenheit und Beziehung zur Umwelt haben und nicht in den persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters (BGH, Urt. v. 02.03.1994 – XII ZR 175,92, BeckRS 2009, 20713; Urt.v. 13.07.2011 – XII ZR 181/09, NJW 2011, 3151 – Rauchverbot; Eisenschmid in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 14. Auflage 2019, § 536 Rn. 78). Durch hoheitliche Maßnahmen bewirkte Gebrauchsbeschränkungen können deshalb nur dann einen Mangel begründen, wenn sie unmittelbar mit der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage der konkreten Mietsache in Zusammenhang stehen; Maßnahmen, die nur den geschäftlichen Erfolg des Mieters beeinträchtigen, fallen in dessen Risikobereich. § 535 Abs. 1 S. 2 BGB verpflichtet den Vermieter nur, die Mietsache in einem Zustand zu erhalten, der dem Mieter die vertraglich vorgesehene Nutzung ermöglicht, das Verwendungsrisiko trägt hingegen der Mieter allein (Sittner, Mietrechtspraxis unter Covid-19, NJW 2020, 1169).

Ausgehend von diesen rechtlichen Vorgaben liegt im vorliegenden Fall kein Sachmangel vor. Die hoheitlichen Maßnahmen dienen im vorliegenden Fall dem Schutz der Bevölkerung vor allgemeinen gesundheitlichen Gefahren. Sie knüpfen nicht unmittelbar an die konkrete Beschaffenheit der Mietsache an, sondern allein an den Betrieb des jeweiligen Mieters. Die Maßnahmen stellen dabei nicht auf die konkreten baulichen Gegebenheiten ab, sondern allgemein auf die Nutzungsart sowie den Umstand, dass in den betroffenen Flächen Publikumsverkehr stattfindet und dies Infektionen begünstigt (Sittner, Mietrechtspraxis unter Covid-19, NJW 2020, 1169, Daßbach/Bayrak, Corona-Krise und vertragliche Risikoverteilung, NJ 2020, 185, Leo/Götz, Fälle und Lösungen zum Schicksal der Mietzahlungspflicht des Gewerberaummieters in COVID-19-Zeiten, NZM 2020, 402).

Daran ändert auch nichts, dass die streitgegenständlichen Gewerberäume im vorliegenden Fall zur Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts mit sämtlichen Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs vermietet wurden und sich aus der Kurzbaubeschreibung ergibt, dass es sich um ein K.-Ladenlokal handeln sollte. Denn die Mietsache ist zu diesem Zweck weiterhin in gleicher Weise geeignet wie vor dem hoheitlichen Einschreiten. Untersagt ist lediglich dessen Betrieb und zwar losgelöst von Fragen der Beschaffenheit oder Lage der Mietsache. Dieser Umstand fällt jedoch in den Risikobereich des Mieters (Sittner, Mietrechtspraxis unter Covid-19, NJW 2020, 1169).

Auch die beklagtenseits angeführte Rechtsprechung des Reichsgerichts führt nicht zur Annahme eines Sachmangels. Zwar hat das Reichsgericht – darin ist der Beklagten Recht zu geben – im „Tanzlokal-Fall“ angenommen, dass ein Mangel im Sinne von § 537 BGB vorliege, da das Tanzverbot den Pachtgegenstand selbst betroffen habe, in dem es die Ausnutzung der Eigenschaft als Tanzlokal verhindere. Allerdings beruht die im vorliegenden Fall angeordnete Schließung nicht auf einer öffentlich-rechtlich missbilligten Eigenschaft der Mietsache, sondern erfasst Mieträume ausschließlich aufgrund ihrer tatsächlichen Nutzung durch den Mieter. Würde die Beklagte eine noch zulässige Nutzung betreiben oder ihr Nutzungskonzept verändern, bliebe ihr Betrieb zulässig (Zehelein, Infektionsschutzbedingte Schließungsanordnungen in der COVID-19-Pandemie, NZM 2020, 390). Zudem war für das Reichsgericht für die Annahme eines Mangels der Mietsache der heute in Rechtsprechung und herrschender Lehre vorausgesetzte Objektbezug der Nutzungsbeeinträchtigung (noch) nicht von entscheidender Bedeutung, wenn dort allgemein öffentlich-rechtliche Beschränkungen als die Miet- und Pachtsache „betreffend“ für ausreichend erachtet wurden (vgl. RG, Urt.v. 20.02.1917 III 384/18 „Verbot jeglicher Tanzveranstaltung“; Urt. v. 09.11.1915 III 145/15 „polizeiliche Untersagung öffentlicher Tänze“; zur heutigen h.M. Eisenschmid in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 14. Auflage 2019, § 536 Rn. 78 ff.) Entsprechendes gilt für die Benzintankanlagenentscheidung. Dort war eine vertragsgemäße, ebenso wie eine anderweitige Nutzung des Gegenstandes des Vertragsverhältnisses – eine Tankanlage – aufgrund des behördlichen Veräußerungsverbotes für Benzin sowie dessen Beschlagnahme und Verschwinden aus dem Handel nicht mehr möglich, was das Reichsgericht dazu veranlasste, die besondere Einrichtung der Mietsache mit deren Lage gleichzusetzen und deshalb einen Mangel anzunehmen (Urt. v. 03.01.1919, III 271/18). Im vorliegenden Fall handelt es sich aber gerade um solche Beschränkungen, die losgelöst von der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage der Mietsache und daher nach heutigen Maßstäben – in Abkehr zu der Rechtsprechung des Reichsgerichts – nicht als Mangel der Mietsache anzusehen sind.

2. Es liegt auch kein Fall der Unmöglichkeit für die Kläger nach § 275 BGB vor, mit der Folge des Entfalls der Gegenleistungspflicht für die Beklagte nach § 326 Abs. 1 BGB.

Nach § 326 Abs. 1 S. 1 BGB entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung, wenn der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 BGB nicht zu leisten braucht. § 275 Abs. 1 BGB regelt dabei, dass der Anspruch auf Leistung ausgeschlossen ist, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist.

Gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB besteht die Hauptleistungspflicht des Vermieters darin, dem Mieter die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen. § 535 Abs. 1 S.2 BGB wird durch § 537 Abs. 1 S. 1 BGB vervollständigt, der regelt, dass der Mieter von der Entrichtung der Miete nicht dadurch befreit wird, dass er durch einen in seiner Person liegenden Grund an der Ausübung seines Gebrauchsrechts gehindert wird. Dadurch wird deutlich, dass der Vermieter nur eine Gebrauchsmöglichkeit verschaffen muss. Immer wenn der Mieter die Sache nicht gebrauchen kann, weil sie selbst nicht nutzungstauglich ist, geht der Vermieter nach § 326 Abs. 2 oder 536 BGB seines Anspruchs auf die Miete verlustig. Betrifft die Störung dagegen die Nutzungstätigkeit des Mieters, bleibt dieser zur Mietzahlung verpflichtet. Dies gilt nicht nur, wenn ihn der Umstand ganz individuell an der Nutzung der Sache hindert, sondern auch, wenn ein beliebiger anderer Mieter von der Sache nicht den vertragsgemäßen Gebrauch machen könnte. Dies lässt die Verpflichtung zur Mietzahlung nicht entfallen, solange es nicht an der Sache selbst liegt, dass sie nicht bestimmungsgemäß verwendet werden kann. Dies kommt vor allem durch die in der Rechtsprechung zu findenden Aussage, durch § 537 BGB sei das Verwendungsrisiko dem Mieter zugewiesen, zum Ausdruck. Dass es ihm zugewiesen ist, liegt nur daran, dass die Vermieterleistung nicht mehr die Nutzung der Mietsache einschließt, sondern sich auf deren Bereitstellung im gebrauchstauglichen Zustand beschränkt (Harke in beckOK, BGB, 01.07.2020, § 537 Rn. 10, 10.1). Wie auch im Rahmen von § 536 BGB können danach allenfalls solche Störungen zu einer Unmöglichkeit führen, die in der Beschaffenheit, der Lage oder dem Zustand der Mietsache begründet sind. Aus diesem Grunde werden die Vorschriften des allgemeinen Leistungsstörungsrechts nach Übergabe der Mietsache durch das besondere mietrechtliche Gewährleistungssystem verdrängt (Sittner, Mietrechtspraxis unter Covid-19, NJW 2020, 1169; Eisenschmid in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 14. Auflage 2019, § 536 Rn. 532 ff.)

Gemessen an dem, ist den Klägern als Vermieter die Hauptleistungspflicht, nämlich die Überlassung der Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand, zwischen dem 18.03.2020 und 19.04.2020 nicht unmöglich gewesen. Nach dem Mietvertrag erfolgte die Vermietung zur Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts mit sämtlichen Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs. Zwar konnte die Beklagte die streitgegenständliche Mietsache im vorliegenden Fall während der behördlich angeordneten Schließung nicht als Verkaufsräume – als Lagerräume sehr wohl – eines Einzelhandelsgeschäfts mit sämtlichen Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs, nämlich als K.-Ladenlokal, nutzen, dieses Risiko fällt jedoch in deren Verwendungsrisiko. Die Kläger haben der Beklagten die Mietsache, wie es ihrer Hauptleistungspflicht entspricht, in gebrauchstauglichem Zustand bereitgestellt. Der Umstand, dass die Nutzung für die Beklagte nicht wie von ihr beabsichtigt möglich war, liegt nicht an der Sache selbst.

3. Außerdem kommt eine Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 1 BGB wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nicht in Betracht.

Im Ergebnis kann dahin gestellt bleiben, ob § 313 Abs. 1 BGB im vorliegende Fall überhaupt anwendbar ist (siehe a) und ob die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen (siehe b), da zumindest eine Unzumutbarkeit für die Beklagte am Festhalten des Vertrages nicht festgestellt werden kann (siehe c).

a) Fraglich ist bereits, ob § 313 BGB im vorliegenden Fall anwendbar ist.

In Ausformung der Vertragstreue und als Ausnahmetatbestand vom Grundsatz der Privatautonomie ist § 313 BGB besonders eng auszulegen und grundsätzlich nachrangig (Sittner, Mietrechtspraxis unter Covid-19, NJW 2020, 1169). Zwar enthält der zwischen den Parteien abgeschlossene Mietvertrag für den hier vorliegenden Fall einer behördlich angeordneten Schließung keine Regelung (siehe oben), allerdings könnte die Anwendbarkeit im vorliegende Fall zu verneinen sein, da der Mietvertrag Regelungen enthält, durch die sich der Vermieter zumindest mittelbar an dem eigentlich beim Mieter liegenden Verwendungsrisiko beteiligt hat, nämlich indem eine Mindestmiete und darüber hinaus eine Umsatzmiete vereinbart wurde. Dadurch haben sich die Kläger zumindest ab einem gewissen Umsatz am Verwendungsrisiko beteiligt. Bei einem Umsatz unter 500.000,00 €, wenn es also lediglich um die Mindestmiete geht, partizipieren sie am Verwendungsrisiko jedoch nicht.

Darüber hinaus ist § 313 BGB auch gegenüber gesetzlichen Regelungen grundsätzlich nachrangig (bspw. §§ 314, 536 BGB). Diese sind im vorliegenden Fall jedoch nicht anwendbar (siehe oben). Möglich wäre jedoch eine Sperrwirkung durch das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vom 27. März 2020, da sich dieses ausdrücklich auf Mietverträge bezieht und insoweit zwingende Regelungen zur Risikoverteilung enthält. Nach Art 240 § 2 Abs. 1 EGBGB ist der Vermieter zumindest temporär nicht berechtigt, einen Mietvertrag wegen eines auf die Covid-19-Pandemie zurückzuführenden Zahlungsrückstandes zu kündigen. Gleichzeitig erstreckt sich das „Moratorium“ in Art 240 § 1 Abs. 1 BGB gerade nicht auf Mietverträge, sodass Mieter nach einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers nicht berechtigt sind, das dort enthaltene Leistungsverweigerungsrecht geltend zu machen und weiterhin jedenfalls „im Grundsatz“ verpflichtet sind, die Miete zu zahlen. Ob dem Gesetzgeber dabei – insbesondere vor dem Hintergrund, dass das Gesetz in sehr kurzer Zeit erarbeitet wurde – bewusst war, dass er Ansprüche der Mieter wegen Störung der Geschäftsgrundlage ausschließt, geht aus den Materialien indes nicht hervor (Sittner, Mietrechtspraxis unter Covid-19, NJW 2020, 1169).

Ob tatsächlich eine Sperrwirkung der vertraglichen oder der gesetzlichen Regelung vorliegt, muss jedoch nicht entschieden werden, da eine Unzumutbarkeit für die Beklagte in jedem Fall zu verneinen ist (siehe sogleich c).

b) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, kann gemäß § 313 Abs. 1 BGB eine Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

Die Geschäftsgrundlage eines Vertrags wird nach der Rechtsprechung des BGH gebildet durch die bei Vertragsabschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen der Parteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf dieser Vorstellung aufbaut (BGH, Urt. v. 11.12.2019 – VIII ZR 234/18, NZM 2020, 322). Dabei wird zwischen der „großen“ und der „kleinen“ Geschäftsgrundlage unterschieden. Unter der „großen Geschäftsgrundlage“ versteht man die Erwartung, dass sich die grundlegenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen des Vertrags nicht etwa durch Revolution, Krieg, Vertreibung, Hyperinflation oder eine (Natur-)Katastrophe ändern, dass die Sozialexistenz nicht erschüttert werde. Von der „kleinen“ Geschäftsgrundlage spricht man dagegen in allen übrigen Fällen, wenn es also „nur“ um die den jeweiligen Vertrag betreffenden Umstände geht: die Größe des erst noch zu vermessenden Grundstücks als Vertragsgegenstand, eine schleichende Geldentwertung bei langfristiger Verpflichtung etc. Der Wortlaut des § 313 erfasst auch die „große“ Geschäftsgrundlage (Finkenauer in Münchner Kommentar, BGB, 8. Auflage 2019, § 313, Rn. 17,18).

An dem gemessen, stellt die Schließungsanordnung eine Störung der Geschäftsgrundlage dar. Zwar ist nicht im Hinblick auf die Nutzbarkeit der Mietsache von der Geschäftsgrundlage auszugehen, da diese maßgeblicher Vertragsinhalt ist, sondern vielmehr die Vorstellung der Parteien, dass keine zumindest bundes- tatsächlich aber weltweite – Pandemie auftritt, aufgrund derer flächendeckend Gewerbebetriebe geschlossen werden müssen. Diese ist auch schwerwiegend gestört, da die Nutzbarkeit der Mietsache – jedenfalls vorrübergehend – vollständig entfallen ist. Es handelt sich damit um eine zu berücksichtigende Zweckstörung, die eine Fallgruppe des § 313 BGB darstellt (Finkenauer in Münchner Kommentar, BGB, 8. Auflage 2019, § 313, Rn. 253 ff.). Die Leistung des Vermieters ist für den Mieter aufgrund der Unmöglichkeit, das Gewerbe in dem hierfür angemieteten Objekt zu betreiben, sinnlos geworden (Zehelein, Infektionsschutzbedingte Schließungsanordnungen in der COVID-19-Pandemie, NZM 2020, 390).

Letztlich bedarf es keiner Entscheidung, ob die Parteien bei Kenntnis der Möglichkeit einer weltweiten Pandemie tatsächlichen die Mietzahlungspflicht nicht oder nicht in vollem Umfang vereinbart hätten. Denn eine Vertragsanpassung zugunsten der Beklagten kommt jedenfalls deshalb nicht in Betracht, weil ihr ein unverändertes Festhalten an der vertraglich vereinbarten Mietzahlung unter Abwägung aller Umstände einschließlich der vertraglichen Risikoverteilung zumutbar ist (siehe sogleich c).

c) Der Beklagten ist es unter Abwägung aller Umstände einschließlich der vertraglichen Risikoverteilung zumutbar, an der vertraglich vereinbarten Mietzahlungspflicht festzuhalten.

Maßgeblich ist dabei die Frage, inwieweit die eingetretene Veränderung der Umstände üblicherweise in das Risiko einer Vertragspartei fällt, wie nahe diese den Veränderungen steht und inwieweit es der betroffenen Partei zumutbar oder überhaupt möglich gewesen wäre, entsprechende Vorkehrungen zu treffen (Zehelein, Infektionsschutzbedingte Schließungsanordnungen in der COVID-19-Pandemie, NZM 2020, 390) oder sich im Zeitraum der Schließung anderweitige Einnahmequellen zu verschaffen, bspw. Onlinehandel, etc (Sittner, Mietrechtspraxis unter Covid-19, NJW 2020, 1169). Im Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter trägt dabei grundsätzlich der Mieter das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache (BGH, Urt.v. 16.02.2000 – XII ZR 279/97, NJW 2000, 1714; siehe oben). Dazu gehört bei der gewerblichen Miete vor allem das Risiko, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können. Eine solche Risikoverteilung bzw. -übernahme schließt für den Betroffenen – abgesehen von extremen Ausnahmefällen, in denen eine unvorhergesehene Entwicklung mit unter Umständen existentiell bedeutsame Folgen für eine Partei eintritt – regelmäßig die Möglichkeit aus, sich bei Verwirklichung des Risikos auf Wegfall der Geschäftsgrundlage zu berufen (BGH, Urt.v. 16.02.2000 – XII ZR 279/97, NJW 2000, 1714). Das Maß der Unzumutbarkeit ist damit letztlich nur bei substantiierter Darlegung des Mieters erreicht, in der eigenen Existenz gefährdet (vgl. Daßbach/Bayrak, Corona-Krise und vertragliche Risikoverteilung, NJ 2020, 185) oder jedenfalls in einem solchen Ausmaß wirtschaftlich betroffen zu sein, das ein weiteres Festhalten am unveränderten Mietvertrag unter Berücksichtigung aller übrigen Umstände als unzumutbar erscheinen lässt.

Unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des vorliegenden Einzelfalles liegt eine Unzumutbarkeit für die Beklagte im Sinne des § 313 Abs. 1 BGB im vorliegenden Fall nicht vor.

Die Beklagte als Mieterin trägt grundsätzlich das Verwendungsrisiko. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der vereinbarten Mindestmiete mit zusätzlicher Umsatzmiete ab einem Umsatz von 500.000,00 €/Jahr. Daraus kann insbesondere nicht der Wille der Parteien abgebildet werden, dass auch die Kläger an den Einbußen zu partizipieren haben, die die Beklagte infolge einer nachteiligen Veränderung der Marktlage erleidet (vgl. Ekkenga/Schirrmacher, Auswirkungen der COVID-19-Katastrophe auf die Zahlungspflichten gewerblicher Mieter und Pächter, NZM 2020, 410). Es lässt sich vielmehr umgekehrt lediglich der Wille einer Beteiligung ab einem bestimmten Umsatz, also einem besonderen Erfolg der Beklagten, ablesen. Gerade die Vereinbarung einer Mindestmiete zeigt, dass die Kläger an einem gänzlichen Misserfolg nicht partizipieren wollten, wobei den Parteien hierbei die Möglichkeit schwankender Umsätze sichtlich bewusst war.

Der Gesichtspunkt, einer Partei das Treffen von Vorkehrungen aufzuerlegen, scheidet im vorliegenden Fall aus, da die Möglichkeit einer weltweiten Pandemie für beide Seiten überraschend und unvorhersehbar gewesen sein dürfte. Darüber hinaus wäre ein solches Ausfallrisiko wohl entweder nicht oder nur zu prohibitiv hohen Kosten versicherbar (Ekkenga/Schirrmacher, Auswirkungen der COVID-19-Katastrophe auf die Zahlungspflichten gewerblicher Mieter und Pächter, NZM 2020, 410; Daßbach/Bayrak, Corona-Krise und vertragliche Risikoverteilung, NJ 2020, 185).

Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte die Räume – insbesondere die Lagerräume, auch wenn diese nur einen kleinen Teil des Mietobjekts ausmachen – weiterhin genutzt hat und sich unstreitig in der Zeit der Schließung Mitarbeiter in den Räumlichkeiten befunden haben, die verderbliche Ware und Saisonware abgebaut haben.

Maßgeblich im vorliegenden Fall ist jedoch, dass die Beklagte eine Existenzgefährdung oder eine vergleichbare, zur Unzumutbarkeit führende, wirtschaftliche Beeinträchtigung weder dargelegt noch bewiesen hat. Sie hat diesbezüglich behauptet, sie habe im März 2020 einen Rückgang des Nettoumsatzes gegenüber dem Durchschnitt der Jahre 2018/2019 von 45,42 % und im April 2020 in Höhe von 39,25 % zu verzeichnen gehabt. Sie setze im Regelbetrieb zwischen 5 und 7 Millionen Euro netto pro Tag in ihren Filialen um. Eine Verlagerung auf den Onlinehandel habe nicht stattgefunden, was im Wesentlichen daran liege, dass die von der Beklagten angebotenen Produkte im Regelfall niedrigpreisig seien und sich ein Onlinekauf für den Kunden in Anbetracht der Verpackungs- und Versandkosten nur eingeschränkt lohne. Bei den Osterartikeln würde es sich zudem um Mitnahmeartikel handeln, die nur dann mitgenommen würden, wenn sich der Kunde ohnehin zum Textilkauf in der Filiale aufhalte. Die Beklagte habe keinerlei staatliche Hilfen erhalten. Diesbezüglich habe die A. Unternehmensberatung GmbH mit Lieferanten und Vermietern verhandelt, die Nutzung von Kurzarbeit koordiniert und geprüft, ob Steuererleichterungen oder staatliche Finanzierungsunterstützung erlangt werden können. Eine staatliche Finanzierungsunterstützung habe jedoch nicht erreicht werden können. Unstreitig ist, dass sich ein Großteil der Belegschaft in Kurzarbeit befand.

Selbst wenn man diese Behauptungen auch im Übrigen als wahr unterstellt, ergibt sich daraus eine Existenzgefährdung bzw. eine unzumutbare wirtschaftliche Beeinträchtigung jedoch nicht. Zwar mag ein filialbezogener Nettoumsatzrückgang von 45,42 % bzw. 39,25 % im März bzw. April 2020 bzw. ein betriebsbezogener Nettoumsatzverlust von 5 bis 7 Millionen Euro pro Tag – der jedoch auch nicht näher dargelegt ist – zunächst erheblich erscheinen. Allerdings wurden diesem Nettoumsatzrückgang weder die ersparten Mitarbeiterkosten durch die Inanspruchnahme von Kurzarbeit, noch etwaige Rücklagen gegenübergestellt. Auch ist das Ergebnis der – angeblichen – Verhandlungen mit Lieferanten und Vermietern (Nachlässe, Stundungen, etc) nicht ersichtlich und in die Berechnung eingestellt. Darüber hinaus ist – wie bereits im Rahmen der mündlichen Verhandlung erörtert – in keiner Weise ersichtlich, inwiefern die Beklagte bspw. Oster- und Saisonware nächstes Jahr zum Verkauf nutzen kann. Diesbezüglich würden dann zu diesem Zeitpunkt Kosten der Beklagten entfallen. Darüber hinaus muss zu Lasten der Beklagten berücksichtigt werden, dass sie in der Zeit der Ladenschließung in keiner Weise besondere Bemühungen bezüglich einer Umsatzgenerierung veranstaltet hat. Auch wenn es sich bei den Produkten der Beklagten im Wesentlichen um niedrigpreisige Produkte handeln sollte, wäre es für die Beklagte möglich gewesen, den Onlinehandel auszuweiten oder dies zumindest zu versuchen, bspw. durch Rabattaktionen, Minderung der Versandkosten, Erlass der Versandkosten ab einem Mindestbestelltbetrag, etc. Dies ist nach den eigenen Angaben der Beklagten jedoch nicht erfolgt, weshalb sie sich nicht lediglich auf einen Nettoumsatzrückgang zurückziehen kann. Gleichermaßen unbehelflich ist der Vortrag der Beklagten, sie hätte keine staatlichen Hilfen erhalten und habe sich insoweit beraten lassen. Hieraus ergibt sich nicht, ob ein Anspruch auf staatliche Leistungen bestand oder ob diese aus anderen Gründen nicht bezogen wurden; jedenfalls wäre ein ernsthaftes Bemühen der Beklagten um die Erlangung staatlicher Hilfen vorauszusetzen, welches vorliegend weder ersichtlich noch dargetan ist. Entsprechend verhält es sich mit den Verhandlungen der Beklagten mit ihren Lieferanten und Vermietern, auch insoweit wäre von der Beklagten zu verlangen, dass sie alles ihr Zumutbare unternimmt, um ihre laufenden Kosten zu decken; allein die Beauftragung einer Unternehmensberatung und das Führen von Verhandlungen genügt insoweit nicht. Unbehelflich ist insoweit auch die pauschale Behauptung des – auch im Übrigen nur unzureichend informierten – und entgegen der gerichtlichen Anordnung nicht von einem Geschäftsführer der Beklagten begleiteten Sitzungsvertreters, die 3.000 Betriebe der Beklagten im gesamten Bundesgebiet seien vollständig zum Erliegen gekommen.

Entscheidend gegen eine Unzumutbarkeit spricht auch der begrenzte Zeitraum der Schließung von nur 4 1/2 Wochen (26 Arbeitstage). Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund des § 10 des ursprünglich geschlossenen Mietvertrages maßgeblich. Dieser sieht ein Kündigungsrecht der Mieterin bei erheblicher Veränderung der Charakteristik der Verkehrssituation, der Einzelhandelssituation oder Straßenführung in Bezug auf die Erreichbarkeit des Objekts mit einer sechsmonatigen Frist zum Monatsende vor. Es wurde somit gerade in Fällen, bei denen ein – theoretisch auch vollständiger – Umsatzrückgang der Beklagten einhergeht – zwar aus anderen Gründen als dem streitgegenständlichen – ein sechsmonatiges Festhalten am Vertrag vereinbart. Dies war der Beklagten bei Vertragsschluss somit zumutbar. Im vorliegenden Fall geht es jedoch lediglich um etwas mehr als einen Monat. Dies muss der Beklagten dann erst recht zumutbar sein.

Dementsprechend steht den Klägern für den Zeitraum der Schließung vom 18.03.2020 bis einschließlich 19.04.2020 die vertraglich vereinbarte Miete zu, weshalb auch die beklagtenseits erklärte Aufrechnung nicht durchgreift.

4. Die Zinspflicht ergibt sich aus § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB

II.

Darüber hinaus haben die Kläger einen Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlich geleisteten Rechtsanwaltskosten in Höhe von 697,82 € aus §§ 280, Abs. 1, 535 Abs. 2, (241 Abs. 2) BGB, dadurch, dass die Beklagte angekündigt hat die Aprilmiete 2020 aufgrund der Auswirkungen von Corona nicht zu bezahlen. Bei der unsicheren und schwierigen Rechtslage war es für die Kläger erforderlich und zweckmäßig unmittelbar einen Rechtsanwalt aufzusuchen, um Rechtsrat einzuholen.

Die Zinspflicht ergibt sich aus § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S. 1 und 2 ZPO.

Der Streitwert wurde gemäß §§ 48 Abs. 1 GKG, 3 ZPO festgesetzt. Soweit die Beklagte ab dem Zeitpunkt der Wiedereröffnung (20.04.2020) „hilfsweise“ mit der Miete März 2020 während des Zeitraums der Schließung (18.03. bis 31.03.2020) aufrechnet, ist keine Streitwerterhöhung eingetreten, da kein Fall des § 45 Abs. 3 GKG vorliegt. Die Beklagte ist der Ansicht, dass sie lediglich für den Zeitraum der Filialschließung nicht verpflichtet sei, Miete zu zahlen. Eine Mietzinszahlungspflicht ab dem 20.04.2020 wird von ihr daher dem Grunde nach nicht bestritten, sondern lediglich mit der Aufrechnung angegriffen. Dies stellt jedoch gerade keinen Fall der Hilfsaufrechnung, sondern eine Primäraufrechnung, die nicht streitwerterhöhend ist, dar (vgl. Schindler in BeckOK, Kostenrecht, 01.06.2020, § 45 GKG, Rn. 19).

 

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

Einwendungen des Beklagten sind, wenn der dem Beklagten obliegende Beweis nicht mit den im Urkundenprozess zulässigen Beweismitteln angetreten oder mit solchen Beweismitteln nicht vollständig geführt ist, als im Urkundenprozess unstatthaft zurückzuweisen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 307/10 Verkündet am:
1. Februar 2012
Ring,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Scheitert eine Vertragsübernahme daran, dass der Vertragspartner der ausscheidungswilligen
Partei die hierzu erforderliche Zustimmung verweigert, ist der Übernehmer
entsprechend § 415 Abs. 3 Satz 2 BGB im Zweifel verpflichtet, den ausscheidungswilligen
Vertragspartner von Verbindlichkeiten aus dem mit ihm fortbestehenden
Vertragsverhältnis freizustellen (Erfüllungsübernahme nach § 329 BGB).
BGH, Urteil vom 1. Februar 2012 - VIII ZR 307/10 - OLG Dresden
LG Chemnitz
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Februar 2012 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richterinnen
Dr. Milger, Dr. Hessel und Dr. Fetzer sowie den Richter Dr. Bünger

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 16. November 2010 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Beklagte ist Eigentümerin mehrerer Immobilien in T. , die sie jedenfalls bis Ende 2008 mit selbst erzeugter Wärme versorgte. Zu diesem Zweck betrieb sie ein Heizhaus. Das zur Wärmeerzeugung benötigte Erdgas bezog sie aufgrund eines am 13. Dezember 1993 mit einer Laufzeit bis zum 30. September 2010 geschlossenen Liefervertrages von der E. GmbH.
2
Ende 2008 beabsichtigte die Beklagte, das Heizwerk an ein Drittunternehmen zu übertragen und sich von diesem fortan mit Wärme beliefern zu lassen. Zur Verwirklichung dieses Vorhabens fand am 24. November 2008 eine außerordentliche Aufsichtsratssitzung der Beklagten statt, bei der interessierte Bewerber - darunter auch die Klägerin - ihr Wärmebelieferungskonzept vorstellten. Im Anschluss daran wurden zwischen den Parteien Vertragsverhandlungen geführt, bei denen auch die Rechtsanwälte der Beklagten beteiligt waren.
3
Am 18. Dezember 2008 trafen die Parteien mehrere Vereinbarungen. Sie schlossen zunächst mit Wirkung zum 1. Januar 2009 einen Wärmelieferungsvertrag über die Versorgung der Immobilien der Beklagten mit Wärme durch die Klägerin. Daneben unterzeichneten sie einen Vertrag über die Vermietung des im Eigentum der Beklagten stehenden Heizraums an die Klägerin sowie einen Kaufvertrag zur Veräußerung der dazu gehörenden Infrastruktur (Gaskessel etc.). Ferner trafen sie eine "Eintrittsvereinbarung", die vorsieht, dass die Klägerin anstelle der Beklagten in die dort bezeichneten Verträge zwischen der Beklagten und Dritten eintreten soll; von dieser Vereinbarung ist auch der Erdgasversorgungsvertrag zwischen der Beklagten und der E. GmbH erfasst. Der Wärmelieferungsvertrag und der Mietvertrag sehen jeweils eine Vertragsdauer von 15 Jahren vor; der Kaufvertrag enthält eine Regelung, nach der der Kaufpreis von 300.000 € in 180 Monatsraten zu zahlen ist.
4
Bei Abschluss sämtlicher Verträge wurde die Beklagte von ihrem zum damaligen Zeitpunkt im Handelsregister eingetragenen alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer G. G. vertreten. Die Beklagte ist der Ansicht, ihr Geschäftsführer habe sie bei den Vertragsabschlüssen nicht wirksam vertreten , weil "außergewöhnliche Geschäfte" - hierzu seien die abgeschlossenen Verträge zu zählen - nach § 17 Abs. 2 Buchst. i des Gesellschaftsvertrags der Beklagten der - hier nicht erteilten - Zustimmung des Aufsichtsrats bedürften.
5
Nach der vom Berufungsgericht für maßgebend erachteten übereinstimmenden Rechtsauffassung der Parteien hat die Klägerin ihre Verpflichtung, anstelle der Beklagten in den mit der E. GmbH bestehenden Gaslieferungsvertrag einzutreten, nicht erfüllt. Vielmehr schloss sie am 4. Februar 2009 einen neuen Erdgaslieferungsvertrag mit der e. AG ab. Nach dessen Anzeige teilte die E. GmbH der e. AG eine Codenummer zu. Seitdem streiten die Parteien dieses Rechtsstreits und die E. GmbH darüber, welches Unternehmen das für das Heizhaus benötigte Erdgas geliefert hat und wem von ihnen Ansprüche auf Zahlung zustehen. Die Beklagte bestreitet vor allem, dass die Klägerin Besitz am Heizhaus erlangt und Wärmelieferungen für die Immobilien der Beklagten erbracht hat.
6
Die E. GmbH richtete ihre Entgeltforderungen für die von ihr behaupteten Gaslieferungen zunächst an die Klägerin. Als diese Zahlungen unter Hinweis auf fehlende vertragliche Beziehungen zwischen ihr und der E. GmbH verweigerte, machte letztere für den Zeitraum Januar 2009 und Februar 2009 zum einen gegenüber der Beklagten eine For- derung in Höhe von 138.295,42 € geltend und klagte zum anderen den gleichen Betrag gegenüber der hiesigen Klägerin ein. Die für den Zeitraum März 2009 bis einschließlich Juni 2009 von der E. GmbH abgerechneten Forderungen in Höhe von 137.519,81 € hat die Beklagte nach ihrer Behauptung beglichen; eventuelle Ansprüche der E. GmbH gegen die Klägerin sind an sie abgetreten worden. Ferner hat die Beklagte zur Erfüllung von Ansprüchen der Klägerin beim Amtsgericht Stollberg einen Betrag in Höhe von 122.021,52 € unter Verzicht auf das Recht zur Rücknahme hinterlegt.
7
Hinsichtlich der Wärmelieferungen für die Monate Januar und Februar 2009 hatte die Klägerin von der Beklagten zunächst nicht die in § 7 Abs. 1 Satz 2 und 3 des Wärmelieferungsvertrages vom 18. Dezember 2008 vereinbarten Vorauszahlungen gefordert, sondern stattdessen nach tatsächlichem Verbrauch abgerechnet und deshalb einen weitaus höheren Betrag geltend gemacht. Hierauf kündigte die Beklagte den Wärmelieferungsvertrag mit Schreiben vom 26. März 2009 sowohl außerordentlich als auch ordentlich.
8
Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin von der Beklagten zuletzt die nach § 7 Abs. 1 Satz 2 und 3 des Wärmelieferungsvertrags vorgesehenen monatlichen Vorauszahlungen auf die Verbrauchskosten in Höhe von jeweils 23.596,58 € brutto für Januar 2009 bis einschließlich Juni 2009 geltend gemacht , wobei sie ihre Forderungen mit der von ihr für diesen Zeitraum geschuldeten monatlichen Miete von jeweils 1.666,67 € und monatlichen Kaufpreisraten von jeweils 1.666,66 € verrechnet und daher auf insgesamt 121.519,50 € - nebst Zinsen und Rechtsanwaltskosten - verringert hat. Die Beklagte hat in Höhe des nach ihrer Behauptung an die E. GmbH geflossenen Betrags von 137.519,81 € die Aufrechnung erklärt und hilfsweise im Wege der Widerklage Zahlung dieser Geldsumme verlangt.
9
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

10
Die Revision hat Erfolg.

I.

11
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
12
Der Klägerin stehe gegen die Beklagte ein Anspruch auf monatliche Vorauszahlungen gemäß § 7 [Abs. 1 Satz 2 und 3] des zwischen ihnen am 18. Dezember 2008 geschlossenen Wärmelieferungsvertrages nicht zu.
13
Zwar sei der Wärmelieferungsvertrag entgegen der Ansicht der Beklagten zunächst wirksam zustande gekommen. Der Abschluss eines solchen Vertrags liege nicht außerhalb der mit der Verwaltung einer Immobilie regelmäßig verbundenen Geschäfte und stelle damit kein außergewöhnliches Rechtsgeschäft dar, das gemäß § 17 Abs. 1 Buchst. i des Gesellschaftsvertrags der Beklagten der Zustimmung des Aufsichtsrats bedurft hätte. Ungeachtet dessen sei auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin anlässlich der am 24. November 2008 erfolgten Präsentation ihres Konzepts positive Kenntnis von einer intern beschränkten Vertretungsmacht des Geschäftsführers der Beklagten erlangt habe. Der Umstand allein, dass sich der Aufsichtsrat mit einer Neuordnung der Wärmeversorgung bei der Beklagten befasst habe, lasse keinen Rückschluss darauf zu, dass er sich auch den Abschluss des Wärmelieferungsvertrags habe vorbehalten wollen.
14
Jedoch sei die Geschäftsgrundlage des Wärmelieferungsvertrages nachträglich entfallen (§ 313 BGB). Geschäftsgrundlage seien die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei Vertragsschluss aber zutage getretenen gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien sowie die der einen Vertragspartei erkennbaren und von ihr nicht beanstandeten Vorstellungen der anderen Partei vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf diesen Vorstellungen aufbaue. Vorliegend habe es jedenfalls dem bei Vertragsschluss offen zutage getretenen Willen der Beklagten entsprochen, Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Klägerin nicht losgelöst von dem Eintritt der Klägerin in den mit der E. GmbH bestehenden Erdgasversorgungsvertrag und der dadurch bewirkten Ent- lassung der Beklagten aus diesem Vertrag einzugehen. Dies ergebe sich schon aus der Präambel der zwischen den Parteien getroffenen Eintrittsvereinbarung, die einen engen Zusammenhang zwischen allen am 18. Dezember 2008 geschlossenen Verträgen herstelle. Dort sei ausdrücklich die Rede davon, dass die Eintrittsvereinbarung zur Ergänzung der weiteren am 18. Dezember 2008 unterzeichneten Verträge getroffen worden sei. Der von den Parteien vorausgesetzte Eintritt der Klägerin in den Gasversorgungsvertrag sei nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien aber nicht erfolgt; vielmehr bestehe das Vertragsverhältnis zwischen der Beklagten und der E. GmbH fort.
15
Der Beklagten sei es auch nicht unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben verwehrt, sich auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage zu berufen, denn sie habe den Vertragseintritt nicht vereitelt.
16
Der Wegfall der Geschäftsgrundlage führe dazu, dass die Beklagte an die Klägerin keine Abschlagszahlungen zu leisten habe. Sie sei lediglich verpflichtet , die tatsächlich empfangenen Wärmelieferungen zu bezahlen. Dies setze allerdings voraus, dass die Klägerin die gelieferte Wärme konkret abrechne. Diese Anforderungen habe die Klägerin trotz eines entsprechenden gerichtlichen Hinweises nicht erfüllt. Sie könne sich in diesem Zusammenhang nicht darauf berufen, dass sie mangels Zugangs zu den in den Mietshäusern der Beklagten befindlichen Wärmezählern zu einer konkreten Abrechnung nicht im Stande sei. Vielmehr sei sie gehalten, eine für die Abrechnung notwendige Mitwirkung der Beklagten (etwa Mitteilung der Zählerstände) einzufordern.

II.

17
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht in jeder Hinsicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Zahlungsanspruch der Klägerin nicht verneint werden.
18
1. Zwar ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte bei Abschluss der Verträge am 18. Dezember 2008 von ihrem Geschäftsführer wirksam vertreten worden ist; die insoweit erhobene Gegenrüge der Revisionserwiderung bleibt ohne Erfolg.
19
Es bedarf keiner Entscheidung, ob es sich bei den vorliegend abgeschlossenen Verträgen um außergewöhnliche Geschäfte im Sinne des § 17 Abs. 2 Buchst. i des Gesellschaftsvertrags der Beklagten handelt. Selbst wenn dies der Fall wäre und demzufolge vor Vertragsunterzeichnung eine Beschlussfassung des Aufsichtsrats hätte erfolgen müssen, führte dies nach § 37 Abs. 2 GmbHG nicht zu einer Beschränkung der Vertretungsbefugnis des Geschäftsführers der Beklagten im Außenverhältnis.
20
a) Zwar verweist § 52 GmbHG für die Fälle, in denen nach dem Gesellschaftsvertrag ein Aufsichtsrat zu bestimmen ist, unter anderem auf § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG. Danach hat die Satzung oder der Aufsichtsrat zu bestimmen , dass bestimmte Arten von Geschäften nur mit der Zustimmung des Aufsichtsrats vorgenommen werden dürfen. Jedoch handelt es sich bei einem solchen Zustimmungserfordernis grundsätzlich nur um eine das Innenverhältnis der Gesellschaft betreffende Maßnahme, so dass Rechtsgeschäfte mit Dritten auch dann wirksam sind, wenn der Geschäftsführer sie unter Verstoß gegen das Zustimmungsgebot abschließt (Michalski/Giedinghagen, GmbHG, 2. Aufl., § 52 Rn. 231; Scholz/Uwe H. Schneider, GmbHG, 10. Aufl., § 52 Rn. 145).
21
b) Etwas anderes gilt nur in den Fällen des evidenten Vollmachtmissbrauchs (Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, 6. Aufl., § 52 Rn. 23; Michalski /Giedinghagen, aaO; Scholz/Uwe H. Schneider, aaO). Dies setzt allerdings voraus, dass der Geschäftspartner entweder weiß oder sich ihm aufdrängen muss, dass der Geschäftsführer die Grenzen missachtet, die seiner Vertretungsbefugnis im Innenverhältnis gezogen sind (BGH, Urteile vom 14. März 1988 - II ZR 211/87, NJW 1988, 2241 unter 2; vom 13. November 1995 - II ZR 113/94, GmbHR 1996, 111 unter II). Notwendig ist dabei eine sich aus massiven Verdachtsmomenten ergebende objektive Evidenz des Missbrauchs (BGH, Urteile vom 19. April 1994 - XI ZR 18/93, NJW 1994, 2082 unter II 2 a; vom 29. Juni 1999 - XI ZR 277/98, NJW 1999, 2883 unter I 2 a; vom 15. Juni 2004 - XI ZR 220/03, NJW 2004, 2517 unter II 2 c), die vorliegend nicht gegeben ist.
22
Zwar war der Klägerin infolge ihrer Teilnahme an der Aufsichtsratssitzung vom 24. November 2008 bekannt, dass es bei der Beklagten einen Aufsichtsrat gab und dass sich dieser mit dem Thema "Ausgliederung der Wärmeversorgung" beschäftigte. Jedoch lässt diese Tatsache allein - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - nicht den Rückschluss darauf zu, dass die Klägerin auch wusste oder es sich ihr zumindest aufdrängen musste, dass auch der Vertragsabschluss selbst der Zustimmung des Aufsichtsrats bedurfte und dass diese nicht erteilt worden war. Entgegen der Ansicht der Beklagten bestand auch keine diesbezügliche Erkundigungspflicht der Klägerin; das Risiko eines Vollmachtmissbrauchs hat grundsätzlich vielmehr der Vertretene zu tragen (BGH, Urteile vom 19. April 1994 - XI ZR 18/93, aaO; vom 29. Juni 1999 - XI ZR 277/98, aaO; vom 15. Juni 2004 - XI ZR 220/03, aaO).
23
Ein objektiv evidenter Missbrauch der Vertretungsmacht ergibt sich auch nicht daraus, dass die Verträge zur Ausgliederung der Wärmeversorgung nach der Darstellung der Beklagten in vielen Teilen für sie ungünstig gewesen sind (so beispielsweise die sofortige und ungesicherte Eigentumsübertragung an den Heizkesseln bei einer auf 180 Monatsraten verteilten Kaufpreiszahlung). Ein entsprechender Missbrauch kann zwar vorliegen, wenn der Vertreter von seiner Vertretungsmacht in ersichtlich verdächtiger Weise Gebrauch macht, so dass beim Vertragspartner begründete Zweifel entstehen müssen, ob nicht ein Treueverstoß des Vertreters gegenüber dem Vertretenen gegeben ist (BGH, Urteile vom 30. Januar 2002 - IV ZR 23/01, NJW 2002, 1497 unter II 3 c mwN; vom 15. Juni 2004 - XI ZR 220/03, aaO; vom 29. Juni 1999 - XI ZR 277/98, aaO). In Anbetracht der komplexen und auf langjährige beiderseitige Bindung angelegten Vertragsverhältnisse kann im Streitfall jedoch nicht von einem massiven Verdacht auf einen Treueverstoß des Geschäftsführers ausgegangen werden. Hinzu kommt, dass nicht nur der Geschäftsführer der Beklagten, sondern auch deren Rechtsanwälte an den dem Vertragsschluss vorausgegangenen Verhandlungen beteiligt waren.
24
2. Von Rechtsfehlern beeinflusst ist hingegen die Auffassung des Berufungsgerichts , im vorliegenden Fall seien die - nunmehr in § 313 BGB kodifizierten - Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage anzuwenden.
25
a) Das Berufungsgericht ist zunächst noch rechtsfehlerfrei davon ausgegangen , dass der Wille der Beklagten, nicht losgelöst von ihrer Entlassung aus dem mit der E. geschlossenen Gasversorgungsvertrag Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Klägerin einzugehen, Geschäftsgrundlage des zwischen den Parteien geschlossenen Wärmelieferungsvertrages war.
26
Geschäftsgrundlage sind die bei Vertragsschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei von dem Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf dieser Vorstellung aufbaut (st. Rspr.; vgl. Senatsurteil vom 14. Oktober 1992 - VIII ZR 91/91, BGHZ 120, 10, 23 mwN). Ob ein bestimmter Umstand Geschäftsgrundlage ist, unterliegt der tatrichterlichen Beurteilung, die für das Revisionsgericht grundsätzlich bindend ist. Diese Bindung entfällt nur dann, wenn gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln , Denkgesetze oder Erfahrungssätze durch das Tatgericht verletzt worden oder wesentliche Umstände des Sachverhalts unberücksichtigt geblieben sind (Senatsurteil vom 8. Februar 2006 - VIII ZR 304/04, NJW-RR 2006, 1037 Rn. 8). Letzteres ist hier nicht der Fall. Insbesondere lässt die vom Berufungsgericht zur Begründung einer Geschäftsgrundlage herangezogene Auslegung der Präambel der Eintrittsvereinbarung keine Rechtsfehler erkennen. Die von der Revision darüber hinaus erhobenen zahlreichen Verfahrensrügen hat der Senat geprüft und nicht für durchgreifend erachtet. Von einer Begründung wird gemäß § 564 ZPO abgesehen.
27
b) Von Rechtsirrtum beeinflusst ist jedoch die Auffassung des Berufungsgerichts , die Beklagte sei gemäß § 313 BGB wegen eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage zur Leistung der geltend gemachten Abschlagszahlungen nicht verpflichtet. Das Berufungsgericht hat hierbei den Regelungsgehalt des § 313 BGB grundlegend verkannt.
28
aa) Es ist bereits zweifelhaft, ob - wovon das Berufungsgericht ohne nähere Prüfung des ihm unterbreiteten Tatsachenstoffes unter Übernahme der ursprünglich von beiden Parteien vertretenen Rechtsansicht ausgegangen ist - der geplante Eintritt der Klägerin in den Gaslieferungsvertrag mit der E. GmbH tatsächlich gescheitert und demzufolge die Geschäftsgrundlage für den Wärmelieferungsvertrag zwischen den Parteien entfallen ist. Diese Frage bedarf jedoch letztlich keiner Entscheidung, denn eine Anwendung des § 313 BGB kommt aus weiteren Gründen nicht in Betracht.
29
bb) Die Anwendung des § 313 BGB scheitert vorliegend jedenfalls daran, dass ein Festhalten am Vertrag für die von einer möglichen Störung der Geschäftsgrundlage betroffene Beklagte nicht unzumutbar war.
30
(1) Das Berufungsgericht hat verkannt, dass allein der Wegfall der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB noch nicht zu einer Vertragsanpassung berechtigt. Vielmehr muss nach dieser Vorschrift als weitere Voraussetzung hinzukommen, dass dem betroffenen Vertragspartner "unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann". Durch diese Formulierung kommt zum Ausdruck, dass nicht jede einschneidende Veränderung der bei Vertragsabschluss bestehenden oder gemeinsam erwarteten Verhältnisse eine Vertragsanpassung oder eine Kündigung (§ 313 Abs. 3 BGB) rechtfertigt. Hierfür ist vielmehr erforderlich, dass ein Festhalten an der vereinbarten Regelung für die betroffene Partei zu einem nicht mehr tragbaren Ergebnis führt (so schon - vor Inkrafttreten des § 313 BGB - BGH, Urteile vom 11. Oktober 1994 - XI ZR 189/93, BGHZ 127, 212, 218; vom 5. Januar 1995 - IX ZR 85/94, BGHZ 128, 230, 238 f.; vgl. auch Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl., § 313 Rn. 24).
31
(2) Der nach Ansicht des Berufungsgerichts unterbliebene Eintritt der Klägerin in den Gaslieferungsvertrag der Beklagten mit der E. GmbH führte im Hinblick auf die in § 415 Abs. 3 Satz 2 BGB getroffene Risikoverteilung nicht dazu, dass die Vertragsfortführung für die Beklagte unzumutbar war.
32
Mit § 415 Abs. 3 Satz 2 BGB hat der Gesetzgeber eine Regelung für die Fälle des Scheiterns einer zwischen dem Altschuldner und dem Neuschuldner einer Verbindlichkeit vereinbarten Schuldübernahme wegen Verweigerung der Zustimmung durch den Gläubiger getroffen. Die genannte Vorschrift sieht vor, dass bei einer verweigerten Genehmigung der Schuldübernahme durch den Gläubiger der Übernehmer der Schuld im Zweifel gegenüber dem Schuldner verpflichtet ist, den Gläubiger rechtzeitig zu befriedigen. Damit hat der Gesetzgeber die gescheiterte Schuldübernahme als Erfüllungsübernahme (§ 329 BGB) ausgestaltet. Diese Grundsätze finden auch hier Anwendung.
33
Zwar ist die von den Parteien vereinbarte Vertragsübernahme mehr als eine bloße Schuldübernahme im Sinne der §§ 414 f. BGB, da nicht nur die Übertragung einer einzelnen Verpflichtung vereinbart worden ist, sondern die Auswechselung einer Vertragspartei in einem Rechtsverhältnis mit beiderseitigen Rechten und Pflichten. Dies führt jedoch zu keiner abweichenden rechtlichen Beurteilung. Denn § 415 BGB ist auf den Fall einer Vertragsübernahme entsprechend anwendbar (OLG Celle, NZM 2000, 93, 94; Palandt/Grüneberg, aaO, § 398 Rn. 44; Hk-BGB/Schulze, 7. Aufl., § 398 Rn. 30; vgl. auch Senatsurteil vom 10. November 1960 - VIII ZR 167/59, NJW 1961, 453 unter II 1).
34
Angesichts dieser gesetzlichen Regelung kann nicht von einer Unzumutbarkeit der Vertragsfortführung für die Beklagte ausgegangen werden. Zwar bleibt die Beklagte bei einem - hier unterstellten - Nichteintritt der Klägerin in den Gasversorgungsvertrag mit der E. GmbH selbst deren Vertragspartnerin und damit Schuldnerin der aus diesem Vertrag resultierenden Pflichten. Jedoch wird in diesem Fall den Interessen der Beklagten dadurch angemessen Rechnung getragen, dass die Klägerin verpflichtet ist, sie von Verbindlichkeiten aus diesem Vertrag freizustellen, und die Beklagte diesen Freistellungsanspruch im Wege der Einrede Ansprüchen der Klägerin entgegen halten kann.
35
Hinzu kommt der vom Berufungsgericht nicht berücksichtigte Umstand, dass der Gasversorgungsvertrag mit der E. GmbH, in den die Klägerin aufgrund der Vereinbarung vom 18. Dezember 2008 eintreten sollte, lediglich noch bis zum 30. September 2010 lief, wohingegen der zum 1. Januar 2009 zwischen den Parteien geschlossene Wärmelieferungsvertrag, auf den die Klägerin die streitgegenständlichen Ansprüche stützt, eine Laufzeit bis 31. Dezember 2023 vorsieht. Eine mögliche Störung der Geschäftsgrundlage betrifft daher lediglich eine im Vergleich zur Gesamtvertragsdauer kurze Zeitspanne. In Anbetracht dieser Umstände bedarf die Annahme eines vollständigen Wegfalls der Geschäftsgrundlage vorliegend besonderer Darlegung in den Urteilsgründen. Hieran fehlt es.
36
3. Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO).
37
a) Insbesondere ist der Wärmelieferungsvertrag nicht durch die seitens der Beklagten erklärte Kündigung vom 26. März 2009 beendet worden, weil Gründe für eine außerordentliche Kündigung nicht vorlagen und eine ordentlichen Kündigung im Hinblick auf die fest vereinbarte Laufzeit von 15 Jahren ausgeschlossen war.
38
aa) Die Beklagte hat ihre außerordentliche Kündigung damit begründet, dass die Klägerin für die Monate Januar 2009 und Februar 2009 nicht die ver- einbarte monatliche Vorauszahlung von 19.829,06 € netto, sondern das nach dem tatsächlichen Verbrauch ermittelte, um ein Vielfaches höhere Entgelt in Rechnung gestellt und für den Fall der Nichtzahlung die Einstellung der Wärmelieferung angedroht habe. Dieses Verhalten rechtfertigt jedoch im konkreten Fall noch keine außerordentliche Kündigung.
39
Nach § 314 Abs. 1 Satz 1 BGB kann ein Dauerschuldverhältnis aus wichtigem Grund gekündigt werden. Ein wichtiger Grund liegt nach § 314 Abs. 1 Satz 2 BGB vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Das von der Beklagten zur Rechtfertigung der außerordentlichen Kündigung des Wärmelieferungsvertrags herangezogene, unstreitige Verhalten der Klägerin begründet keinen wichtigen Grund in diesem Sinne.
40
§ 7 Abs. 1 des zwischen den Parteien geschlossenen Wärmelieferungsvertrags sieht vor, dass die geschuldeten Vorauszahlungen (Satz 2) "mit Beginn des ersten Abrechnungsjahres … im Durchschnitt 19.829,06 € zzgl. MwSt." be- tragen (Satz 3) und "danach vom Lieferanten nach billigem Ermessen" festgelegt werden (Satz 4). Damit ist es der Klägerin nach den vertraglichen Vereinbarungen zwar nicht - wie ursprünglich von ihr angenommen - erlaubt, anstelle der Vorauszahlungen in periodischen Abständen ein am tatsächlichen Verbrauch ausgerichtetes Entgelt zu berechnen. Ihr ist aber die Befugnis eingeräumt worden , durch einseitige Erklärung die Höhe der Vorauszahlungen zu ändern und diese damit einem dem tatsächlichen Verbrauch entsprechenden Betrag anzunähern. Unklar ist allerdings, wann eine einseitige Anpassung der Vorauszahlungen erstmals möglich sein sollte. Die Parteien haben in § 7 Abs. 1 des Wärmelieferungsvertrags diesen Zeitpunkt nicht eindeutig bestimmt; die gewählte Formulierung "danach" lässt eine Bandbreite von Interpretationen zu. In Anbetracht des aufgezeigten Regelungsgehalts des § 7 Abs. 1 des Wärmelieferungsvertrags und der ihm anhaftenden Unschärfe wiegt das Verhalten der Klägerin , die zunächst anstelle der vereinbarten Vorauszahlungen die sich nach dem tatsächlichen Verbrauch ergebende Vergütung abgerechnet hat (im Verlauf des Prozesses hat sie ihre Klage auf Leistung der Vorauszahlungen für den Zeitraum von Januar 2009 bis Juni 2009 umgestellt), trotz der darin liegenden Vertragswidrigkeit nicht so schwer, dass der Beklagten eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses unzumutbar wäre. Hinzu kommt, dass die Beklagte entgegen § 314 Abs. 2 Satz 1 BGB die Klägerin vor der Kündigung nicht abgemahnt hat.
41
bb) Auch die von der Beklagten erklärte ordentliche Kündigung führte nicht zu einer vorzeitigen Beendigung des Wärmelieferungsvertrags. Denn § 12 Abs. 1 sieht eine feste Vertragslaufzeit bis zum 31. Dezember 2023 und damit eine Vertragsdauer von 15 Jahren vor. Der Wärmelieferungsvertrag enthält keine Regelung, die vor Ablauf dieses Zeitraums eine ordentliche Kündigung zulässt (vgl. § 12 Abs. 2).
42
Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die in § 12 Abs. 1 des Wärmelieferungsvertrags vorgesehene Vertragsdauer auch nicht wegen Verstoßes gegen § 32 AVBFernwärmeV nach § 134 BGB unwirksam. Der vorliegend geschlossene Wärmelieferungsvertrag fällt nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme. Dieser ist ausweislich § 1 Abs. 1 Satz 1 AVBFernwärmeV nur eröffnet, soweit Fernwärmeversorgungsunternehmen für die Versorgung mit Fernwärme Vertragsmuster oder Vertragsbedingungen verwenden, die für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sind. Dass es sich bei dem Wärmelieferungsvertrag und insbesondere bei der Laufzeitregelung um derartige allgemeine Versorgungsbedingungen handelt, hat die insofern darlegungs- und beweisbelastete Beklagte (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 14. Mai 1992 - VII ZR 204/90, BGHZ 118, 229, 238) nicht vorgetragen und ist angesichts der auf den konkreten Fall zugeschnittenen inhaltlichen Verzahnung der vier von den Parteien abgeschlossenen Verträge auch nicht ersichtlich.
43
b) Die Beklagte kann dem Anspruch der Klägerin - entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung - auch nicht gemäß § 378 BGB die von ihr beim Amtsgericht Stollberg bewirkte Hinterlegung von 122.021,52 € entgegenhalten. Die in § 378 BGB geregelte schuldbefreiende Wirkung der Hinterlegung tritt nur ein, wenn die Hinterlegung rechtmäßig ist, also die Voraussetzungen des § 372 BGB erfüllt sind (BGH, Urteile vom 30. Oktober 1984 - IX ZR 92/83, BGHZ 92, 374, 385; vom 10. Dezember 2004 - V ZR 340/03, NJW-RR 2005, 712 unter II; Senatsurteil vom 17. Januar 2007 - VIII ZR 171/06, BGHZ 170, 311 Rn. 15). Dies ist vorliegend nicht der Fall.
44
Nach § 372 Satz 2 BGB kann der Schuldner Geld hinterlegen, wenn er infolge einer nicht auf Fahrlässigkeit beruhenden Ungewissheit über die Person des Gläubigers seine Verbindlichkeit nicht oder nicht mit Sicherheit erfüllen kann. Eine Ungewissheit über die Person des Gläubigers in diesem Sinne liegt nur dann vor, wenn der Schuldner Zweifel darüber haben kann, wem die zu erfüllende Forderung zusteht. Verlangen mehrere Gläubiger aus verschiedenen Rechtsgründen vom Schuldner dieselbe Leistung, ist der Schuldner hingegen selbst dann nicht hinterlegungsberechtigt, wenn er sich schuldlos darüber im Unklaren ist, welcher der beiden Ansprüche begründet ist (BGH, Urteile vom 30. Oktober 1984 - IX ZR 92/83, aaO S. 385 f.; vom 12. Februar 2003 - XII ZR 23/00, NJW 2003, 1809 unter 2 a mwN; Senatsurteil vom 17. Januar 2007 - VIII ZR 171/06, aaO mwN; BAG, NZA 2009, 105, 107).
45
Bezüglich des klagegegenständlichen Anspruchs auf Zahlung der im Wärmelieferungsvertrag vereinbarten Vorauszahlungen bestand für die Beklagte keine Ungewissheit über die Person des Gläubigers. Sie wusste, dass ihr Vertragspartner bei diesem Vertrag die Klägerin war und dass insoweit keine Abtretungen stattgefunden hatten. Es bestanden aus ihrer Sicht lediglich Zweifel daran, wer Schuldner der Verbindlichkeiten aus dem Gaslieferungsvertrag war, den sie ursprünglich mit der E. GmbH geschlossen hatte und den die Klägerin übernehmen sollte. Eine solche Unsicherheit begründet jedoch - wie oben ausgeführt - keine Hinterlegungsberechtigung nach § 372 Satz 2 BGB.
46
c) Der Geltendmachung der Vorauszahlungen für die Monate Januar 2009 bis einschließlich Juni 2009 steht ferner nicht ohne weiteres entgegen, dass nach der in § 7 Abs. 1 des Wärmelieferungsvertrags getroffenen Regelung zum 31. Dezember 2009 Abrechnungsreife eingetreten ist.
47
aa) Zwar besteht ein Anspruch auf die Zahlung abrechenbarer Vorauszahlungen grundsätzlich nicht mehr, wenn Abrechnungsreife eingetreten ist. Ab diesem Zeitpunkt kann der Gläubiger vom Schuldner nur noch die Zahlung eines sich aus einer Abrechnung eventuell ergebenden Saldos verlangen (vgl. zu Betriebskosten Schmidt-Futterer/Langenberg, Mietrecht, 10. Aufl., § 556 BGB Rn. 455).
48
Vorliegend hat die Klägerin allerdings vorgetragen, sie könne eine Abrechnung nur nach Ablesung der in den jeweiligen Kellergeschossen der Mietshäuser der Beklagten installierten Wärmezähler erstellen. Eine solche Ablesung sei ihr jedoch - was sie nach dem Bestreiten der Beklagten auch unter Beweis gestellt hat - nicht möglich gewesen, da die Beklagte den Mitarbeitern der Klägerin am 21. April 2009 ein Hausverbot erteilt und zugleich die Schlösser an den Übergabestationskellern der Mietshäuser ausgetauscht habe. Im Revisionsverfahren ist dieser Vortrag als richtig zu unterstellen. Er ist - anders als das Berufungsgericht meint - nicht deshalb unerheblich, weil die Klägerin eine eventuelle Mitwirkung der Beklagten nicht eingefordert hat. Zum einen ist angesichts der zahlreichen Rechtsstreitigkeiten zwischen den Parteien schon nicht gesichert , dass eine entsprechende Aufforderung der Klägerin überhaupt Erfolg ge- habt hätte. Zum anderen widerspricht die in der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts zum Ausdruck kommende Risikoverteilung dem Rechtsgedanken des § 20 Abs. 2 AVBFernwärmeV, der vorliegend über die Bezugnahme in § 2 Abs. 1 Satz 2 des Wärmelieferungsvertrags ergänzend anwendbar ist. Danach darf das Versorgungsunternehmen den Verbrauch auf der Grundlage der letzten Ablesung schätzen, solange es die Räume des Kunden nicht zur Ablesung betreten kann. Dies zeigt, dass bei einer Zutrittsverweigerung nicht zwingend eine konkrete Abrechnung verlangt werden kann. Nach alledem scheidet im Streitfall, in dem ein Wärmelieferungsvertrag im Anfangsstadium betroffen ist, eine Abrechnung auf Basis der vereinbarten Vorauszahlungen auch nach Abrechnungsreife nicht von vornherein aus.
49
bb) Ungeachtet dessen hat - wie die Revision zu Recht rügt - das Berufungsgericht übersehen, dass die Klägerin zu Beginn des Verfahrens ihre Ansprüche für Januar 2009 und Februar 2009 auf den tatsächlichen Verbrauch der Beklagten gestützt und jedenfalls für diesen Zeitraum entsprechende Monatsabrechnungen vorgelegt hat. Der geltend gemachte Zahlungsanspruch kann daher für diese Monate nicht mit der Begründung verneint werden, die Klägerin sei (im Hinblick auf die zwischenzeitlich eingetretene Abrechnungsreife) zur Abrechnung der bezogenen Wärmelieferungen verpflichtet, habe eine solche Abrechnung jedoch nicht vorgenommen.

III.

50
Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist, da der Rechtsstreit nicht zur Endentscheidung reif ist, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die erforderlichen Feststellungen getroffen werden können (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Ball Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Fetzer Dr. Bünger
Vorinstanzen:
LG Chemnitz, Entscheidung vom 12.05.2010 - 1 O 467/09 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 16.11.2010 - 9 U 809/10 -

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

Sachverhalt

I.

Die Kläger nehmen die Beklagte auf Zahlung von Mietzins für Gewerberäume im April 2020 in Anspruch.

Die Beklagte betreibt in von den Klägern gemieteten Geschäftsräumen in der N.-Straße in W. eine Filiale eines Marktes. Wegen der Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarungen wird auf die Darstellung im landgerichtlichen Urteil (LGU 2/3) verwiesen.

Die streitgegenständliche Filiale war vom 18.03.2020 bis einschließlich 19.04.2020 wegen § 4 Abs. 1 Nr. 12 der Coronaverordnung vom 17.03.2020 geschlossen. Die Beklagte kündigte am 24.03.2020 an, die Miete für April 2020 nicht zu bezahlen. Mit Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Kläger wurde sie am 01.04.2020 aufgefordert, die Miete fristgerecht zu überweisen. Die Aufforderung blieb erfolglos, die Kläger haben Klage auf Zahlung der Miete für den Monat April 2020 sowie auf Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten erhoben. Die Beklagte hat mit der Klageerwiderung hilfsweise die Aufrechnung mit einem Teil der Miete vom März 2020 erklärt, nachdem die streitgegenständliche Filiale ab dem 20.04.2020 wieder eröffnet werden konnte.

Die Kläger sind der Auffassung, die behördlich angeordnete Schließung der Filiale lasse ihren Anspruch auf Zahlung des Mietzinses für den Gewerberaum nicht entfallen. Es handele sich hierbei nicht um einen Mangel der Mietsache. Da eine Mindestmiete vereinbart worden sei, werde diese unabhängig davon geschuldet, ob in dem Ladengeschäft Umsätze generiert würden oder nicht. Dieses Risiko trage die Beklagte im Verhältnis zu den Klägern allein. Die Gebrauchsüberlassung der Mieträume an die Beklagte sei nicht unmöglich. Für eine Vertragsanpassung nach § 313 BGB fehle es an einer von der Beklagten darzulegenden Existenzgefährdung.

Das Landgericht, auf dessen Urteil wegen des weiteren Sach- und Streitstands im ersten Rechtszug sowie der getroffenen Feststellungen Bezug genommen wird, hat die Beklagte zur Zahlung von 5.081,98 € zuzüglich Zinsen sowie Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten i.H.v. 697,82 € zuzüglich Zinsen verurteilt. Es hat das Vorliegen eines Sachmangels verneint. Die behördliche Anordnung hebe die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch nicht auf und mindere diese auch nicht. Hoheitliche Maßnahmen, die zu einer Gebrauchsbeschränkung führten, begründeten nur dann einen Mangel, wenn sie unmittelbar mit der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage der konkreten Mietsache im Zusammenhang stünden. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Die Rechtsprechung des Reichsgerichts sei wegen des heute in Rechtsprechung und herrschender Lehre vorausgesetzten Objektbezugs der Nutzungsbeeinträchtigung nicht übertragbar. Weiter ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Leistung der Kläger nicht nach § 275 BGB unmöglich geworden sei, da die Kläger die ihnen als Vermieter obliegende Hauptleistungspflicht erfüllen könnten. Das Verwendungsrisiko trage allein die Beklagte. Ob § 313 Abs. 1 BGB vorliegend anwendbar ist und die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen, hat das Landgericht offengelassen, nachdem es eine Unzumutbarkeit für die Beklagte, sich am Vertrag festzuhalten zu lassen, nicht hat feststellen können. Eine Existenzgefährdung oder unzumutbare wirtschaftliche Beeinträchtigung habe die Beklagte nicht dargelegt. Sie habe unberücksichtigt gelassen, dass sie über das staatliche Kurzarbeitergeld Mitarbeiterkosten erspart habe und die Möglichkeit, den Onlinehandel auszuweiten oder dies zumindest zu versuchen, um Umsatzeinbußen auszugleichen, außer Betracht gelassen. Weiter hat das Landgericht unter Berücksichtigung von § 10 des Mietvertrags, der bei erheblicher Veränderung der Charakteristik der Verkehrssituation, der Einzelhandelssituation oder der Straßenführung in Bezug auf die Erreichbarkeit des Mietobjekts lediglich ein Kündigungsrecht der Beklagten mit einer Frist von sechs Monaten zum Monatsende vorgesehen habe, eine Unzumutbarkeit verneint.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Unter Bezugnahme auf ein Urteil des Landgerichts München I vom 22.09.2020 (Az. 3 O 4495/20) geht die Beklagte von einem Mangel der Mietsache aus, der zu einer Minderung der Miete um bis zu 100 % führe. Die Räumlichkeiten seien zur Nutzung als Verkaufsräume, nicht als Lagerräume gemietet worden. Die Benutzbarkeit des Mietobjekts zum vereinbarten Zweck des Verkaufs fehle, weshalb ein zur Minderung berechtigender Mangel vorliege. Der Anteil der Lagerflächen betrage lediglich 5,87 % der Mietflächen. Im Übrigen sei den Klägern durch die Schließungsanordnung in der Coronaverordnung die ihnen obliegende Leistung unmöglich geworden. Zumindest sei wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage der Vertrag nach § 313 BGB anzupassen. Mit der behördlichen Schließungsanordnung sei die Geschäftsgrundlage entfallen, ohne dass das sich verwirklichende Risiko einer Partei zugeordnet werden könne, weshalb eine hälftige Teilung der Miete während der Schließungszeit angemessen sei. Insoweit sei hinsichtlich der Schließungszeit im März eine Aufrechnung mit der vollständig unbezahlten Aprilmiete erfolgt. Die Ausführungen des Landgerichts zur Unzumutbarkeit hält die Beklagte für überflüssig. Das Kriterium der Existenzbedrohung des Gewerberaummieters sei nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Wenn das Landgericht dieses jedoch für wichtig gehalten hätte, hätte das Landgericht den Sachverhalt weiter aufklären müssen. Ein Ausweichen auf den Onlinehandel sei vor dem Hintergrund der Preisstruktur der Beklagten nicht erfolgversprechend gewesen, eine Änderung des Nutzungszwecks scheide schon wegen der erforderlichen behördlichen Genehmigungen, die in kurzer Zeit nicht zu beschaffen seien, aus. Auf den Bezug staatlicher Hilfen in Form von Kurzarbeitergeld komme es nicht an, da hierdurch zwar Kosten gesenkt, jedoch nicht die Kosten der Beklagten gedeckt werden könnten. Einer Vorlage der Gesamtkostenkalkulation der Beklagten bedürfe es insoweit nicht. Im Übrigen habe das Landgericht unberücksichtigt gelassen, dass auch die wirtschaftliche Situation der Klägerseite in die Abwägung der Zumutbarkeit hätte einfließen müssen, diese habe das Landgericht nicht aufgeklärt. Nach Auffassung der Beklagten wären die Mieten für die Zeiten der Schließung jedenfalls hälftig zu teilen gewesen, weshalb die Klage dann in Höhe von 2.756,83 € abzuweisen gewesen wäre.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Heidelberg, Az. 5 O 66/20, vom 30.07.2020, zugestellt am 06.08.2020, aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil als richtig. Weiter machen sie geltend, dass den Klägern, die in demselben Gebäude, in dem die Beklagte Ankermieterin sei, Praxisräumlichkeiten betrieben, eine Herabsetzung der Miete wirtschaftlich nicht zuzumuten sei, nachdem sie zwar nicht von Schließungen betroffen gewesen seien, jedoch erhöhten Aufwand in die Praxisräumlichkeiten im Zusammenhang mit der Coronapandemie hätten. Auch seien ihre Umsätze zurückgegangen, im Gegensatz zu der Beklagten profitierten sie nicht von staatlichen Hilfen wie Kurzarbeitergeld.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands im zweiten Rechtszug und der dort gestellten Anträge wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Sitzungsniederschrift vom 10.02.2021 (II 48) verwiesen.

Aus den Gründen

II.

Die Berufung ist zulässig. Sie erweist sich jedoch als unbegründet.

Die Voraussetzungen einer Mietminderung liegen nicht vor (1.). Die Leistung der Kläger als Vermieter ist diesen auch nicht unmöglich geworden (2.). Eine Anpassung des Vertrags nach § 313 BGB findet vorliegend ebenfalls nicht statt (3.).

1. Zutreffend hat das Landgericht die Voraussetzungen einer Mietminderung nach § 536 Abs.1 BGB verneint.

Gemäß § 536 Abs. 1 BGB ist die vereinbarte Miete kraft Gesetzes gemindert, wenn die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel aufweist, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt oder (erheblich) mindert, oder ein solcher Mangel während der Mietzeit entsteht. Ein derartiger Mangel ist dann gegeben, wenn der tatsächliche Zustand der Mietsache vom vertraglich vorausgesetzten Zustand abweicht. Der vertraglich geschuldete Zustand bestimmt sich in erster Linie nach den Beschaffenheitsvereinbarungen der Mietvertragsparteien, die auch durch schlüssiges Verhalten (konkludent) getroffen werden können. Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung können dabei auch Umstände sein, die von außen auf die Mietsache unmittelbar einwirken (so genannte Umweltfehler), wie etwa Emissionen, denen die Mietsache ausgesetzt ist. Soweit Parteiabreden zur Beschaffenheit der Mietsache fehlen, wird der zum vertragsgemäßen Gebrauch geeignete Zustand unter Berücksichtigung des vereinbarten Nutzungszwecks und des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nach der Verkehrsanschauung bestimmt (BGH, Urteil vom 19.12.2012, VIII ZR 152/12, bei juris Rn. 8). Ergeben sich aufgrund von gesetzgeberischen Maßnahmen während eines laufenden Mietverhältnisses Beeinträchtigungen des vertragsmäßigen Gebrauchs eines gewerblichen Mietobjekts, kann dies nachträglich einen Mangel im Sinne von § 536 Abs. 1 S. 1 BGB begründen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die durch die gesetzgeberische Maßnahme bewirkte Gebrauchsbeschränkung unmittelbar mit der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage des Mietobjekts in Zusammenhang steht. Andere gesetzgeberische Maßnahmen, die den geschäftlichen Erfolg beeinträchtigen, fallen dagegen in den Risikobereich des Mieters. Denn der Vermieter von Gewerberäumen ist gemäß § 535 Abs. 1 S. 2 BGB lediglich verpflichtet, den Mietgegenstand während der Vertragslaufzeit in einem Zustand zu erhalten, der dem Mieter die vertraglich vorgesehene Nutzung ermöglicht. Das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache trägt bei der Gewerberaummiete dagegen grundsätzlich der Mieter. Dazu gehört vor allem das Risiko, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können. Erfüllt sich die Gewinnerwartung des Mieters aufgrund eines nachträglich eintretenden Umstands nicht, so verwirklicht sich damit ein typisches Risiko des gewerblichen Mieters. Das gilt auch in Fällen, in denen es durch nachträgliche gesetzgeberische oder behördliche Maßnahmen zu einer Beeinträchtigung des Gewerbebetriebs des Mieters kommt (vgl. BGH, Urteil vom 13.07.2011, XII ZR 189/09, bei juris Rn. 9 zu einem Pachtverhältnis). Diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt im Gegensatz zu der von der Beklagten und dem Landgericht München I im Urteil vom 22.09.2020 (3 O 4495/20) herangezogenen Rechtsprechung des Reichsgerichts für die Annahme eines Mangels einen Objektbezug der Nutzungsbeeinträchtigung voraus. Einen solchen hält auch der Senat als Voraussetzung der Annahme eines Mangels des Mietobjekts für erforderlich.

Durch die behördliche Nutzungseinschränkung ist das streitgegenständliche Mietobjekt daher nicht als mangelhaft im Sinne des § 536 BGB anzusehen. Es fehlt am Objektbezug der behördlichen Schließungsanordnung, die eine Vielzahl an Gewerben, die nicht der Deckung mit Gütern des täglichen Bedarfs dienten, betrafen.

2. Zutreffend hat das Landgericht auch einen Fall der Unmöglichkeit der Leistung der Kläger, mit der Folge, dass die Gegenleistungspflicht der Beklagten entfallen würde, verneint.

Wie oben ausgeführt, ist der Vermieter von Gewerberäumen lediglich verpflichtet, den Mietgegenstand während der Vertragslaufzeit in einem Zustand zu erhalten, der dem Mieter die vertraglich vorgesehene Nutzung ermöglicht. Das Verwendungsrisiko trägt grundsätzlich der Mieter (BGH, Urteil vom 13.07.2011, XII ZR 189/09, bei juris Rn. 9). Vorliegend erfolgte die Vermietung zur Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts mit sämtlichen Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs. Als solche war die Mietsache im vorliegenden Fall auch während der angeordneten Schließung brauchbar. Dass es wegen der angeordneten Schließung tatsächlich nicht zu einem entsprechenden Gebrauch kam, fällt in das Verwendungsrisiko der Beklagten.

3. Zutreffend hat das Landgericht auch gesehen, dass vorliegend eine Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 1 BGB wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nicht in Betracht kommt.

Nach Art. 240 § 7 EGBGB sind hier sowohl das allgemeine Schuldrecht als auch die Gewährleistungsrechte aus dem Mietvertragsrecht anwendbar und werden durch die gesetzliche Vermutung, dass eine Störung der Geschäftsgrundlage vorliegt, ergänzt. Der Gesetzgeber geht dabei davon aus, dass vorrangig Gewährleistungsrechte und die Frage der Unmöglichkeit der Vertragserfüllung zu prüfen sind (BT-Drucks. 19/25322 S. 14/ 15). Beide führen im vorliegenden Fall nicht zu einer Reduzierung der Mietschuld der Beklagten für April 2020 (dazu oben 1. und 2.). Erst danach kann auf die Frage des Vorliegens einer Störung der Geschäftsgrundlage eingegangen werden. Dass eine Störung der Geschäftsgrundlage vorliegt, wird nun „grundsätzlich“ vermutet, wobei Unsicherheiten beseitigt und die außergerichtliche Verhandlungsposition des Gewerberaummieters gestärkt werden sollte (BT-Drucks. 19/25322 S. 14/ 15). Art. 240 § 7 EGBGB schafft eine tatsächliche Vermutung, dass sich ein Umstand im Sinn des § 313 Abs. 1 BGB, der Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach dem Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat. Die Vermutung ist widerleglich und gilt nur für dieses reale Merkmal des § 313 Abs. 1 BGB (BT-Drucks. 19/25322 S. 20). Das normative Merkmal des § 313 Abs. 1 BGB, dass dem einen Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen und gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann, wird von der Vermutungsregelung nicht erfasst (BT-Drucks. 19/25322 S. 21).

Dabei stellt der Gesetzgeber darauf ab, dass im Rahmen der Zumutbarkeit zu prüfen sein wird, wie erheblich die Umsätze zurückgegangen sind und auch, ob der Mieter öffentliche oder sonstige Zuschüsse erhalten hat, mit denen er die Umsatzausfälle infolge staatlicher Beschränkung jedenfalls teilweise kompensieren kann, und ob er Aufwendungen erspart hat (z.B. wegen Kurzarbeitergeld oder weggefallenem Wareneinkauf). Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls § 313 BGB gewährt keine Überkompensation (BT-Drucks. 19/25322 S. 21).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist vorliegend nicht festzustellen, dass es der Beklagten unter Abwägung aller Umstände nicht zuzumuten wäre, an der vertraglich vereinbarten Mietzahlungspflicht festgehalten zu werden. Darauf, ob die gesetzliche Regelung, was die Kläger in Abrede stellen, auch auf Sachverhalte in der Vergangenheit, nämlich die Miete für April 2020 anwendbar ist, kommt es daher hier nicht an.

a. Nach § 313 Abs. 1 BGB kann die Anpassung des Vertrags verlangt werden, wenn sich die Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen und gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Wie oben ausgeführt (1.), trägt im Verhältnis zum Vermieter der Mieter grundsätzlich das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache. Eine Anpassung des Vertrags kann die Beklagte nur dann verlangen, wenn ihr das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. § 313 BGB greift nach der Rechtsprechung erst dann ein, wenn dies zur Vermeidung eines untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit nicht zu vereinbarenden und damit der betroffenen Partei nach Treu und Glauben nicht zuzumutenden Ergebnis unabweislich erscheint (vgl. BGH, Urteil vom 22.12.2004, VIII ZR 41/04, bei juris Rn. 17). Die Unzumutbarkeit ist aus dem Vergleich von Schuldneraufwand und Leistungserfolg zu bestimmen. Dabei sind nicht nur die Interessen des Schuldners, sondern auch die des Gläubigers mit dem Ziel, die beiderseitigen – widerstreitenden – Interessen auszugleichen, zu berücksichtigen. Dem Schuldner sind Aufwendungen, welche die dem Schuldverhältnis immanente Opfergrenze überschreiten, nicht mehr zumutbar. Diese Opfergrenze wird insbesondere überschritten, wenn die Inanspruchnahme des Schuldners zur Vernichtung seiner Existenz führen würde; unter Umständen genügt auch bereits eine schwere Beeinträchtigung des wirtschaftlichen Fortkommens (vgl. dazu BGH, Urteil vom 15.04.1959, V ZR 3/58, bei juris Rn. 44). Eine Angleichung ist geboten, wenn das Festhalten am Vertrag zu einem untragbaren, mit Recht und Gesetz schlechthin nicht mehr zu vereinbarenden Ergebnis führen würde (BGH, Urteil vom 20.12.2004, VIII ZR 41/04, bei juris Rn. 25).

Dass ein solches schlechthin nicht mehr hinnehmbares Ergebnis anzunehmen wäre, insbesondere die Beklagte in ihrer Existenz gefährdet wäre, wenn sie die Miete für April 2020 bezahlen müsste, ist ihrem Vortrag nicht zu entnehmen. Sie hat zwar einen Umsatzverlust bezogen auf den Gesamtkonzern dargelegt. Wie die streitgegenständliche Filiale wirtschaftlich dasteht, ist dem Vortrag der Beklagten aber nicht zu entnehmen. Es ist im Zusammenhang mit der Existenzgefährdung durchaus zu sehen, dass es sich bei der Beklagten um einen großen Konzern handelt, der wirtschaftlich leistungsfähiger sein kann als die Filialen für sich betrachtet. Für die Frage der Störung des Äquivalenzverhältnisses bezogen auf den streitgegenständlichen Mietvertrag dürfen jedoch auch Leistung und Gegenleistung bezogen auf diese Filiale und damit der konkrete Einzelfall nicht aus dem Blickfeld geraten, da auch die Interessen der (unterschiedlichen) Vermieter Berücksichtigung finden müssen.

Hier hat die Beklagte eine Aufstellung der Nettoumsätze aller Filialen in Deutschland von Januar 2018 bis April 2020 einschließlich vorgelegt. Unterstellt man, dass diese auch die Umsatzentwicklung in der streitgegenständlichen Filiale wiederspiegeln, ist ein Umsatzeinbruch in den Monaten März und April 2020 zu sehen. Dass dieser allerdings allein auf den Schließungen und nicht auch auf bereits seit Anfang März zu beobachtender Zurückhaltung der Käufer, also einer unstreitig in das Risiko der Beklagten fallenden Änderung des Konsumverhaltens, beruht, ist diesen Zahlen nicht zu entnehmen. Obwohl das Landgericht bereits in der mündlichen Verhandlung (I 75) darauf hingewiesen hatte, dass eine Existenzgefährdung nicht dargelegt sei, und auch das Urteil auf die fehlende Darlegung einer zur Unzumutbarkeit führenden wirtschaftlichen Beeinträchtigung gestützt hatte (LGU 14/ 15), hat sich die Beklagte damit weder in erster Instanz noch in der Berufungsbegründung dezidiert auseinandergesetzt.

Zutreffend hat das Landgericht gesehen, dass nicht isoliert die Umsatzeinbußen in den von der Schließung betroffenen Monaten betrachtet werden können, und dass auch staatliche Hilfen, wie das Kurzarbeitergeld, in die Abwägung einzubeziehen sind. Auch wenn diese die Kosten nicht insgesamt ausgeglichen haben, ist für die Frage der wirtschaftlich unzumutbaren Beeinträchtigung zu berücksichtigen, ob von anderer Seite eine Partei wirtschaftliche Unterstützung erhalten hat. Ebenso kann nicht unberücksichtigt bleiben, ob mit nicht verkauften, aber noch verkäuflichen Warenvorräten, Vermögenswerte noch vorhanden sind. Diese binden zwar Liquidität der Beklagten, können aber im Rahmen einer wirtschaftlichen Betrachtung nicht außer Betracht bleiben.

Vorliegend ist dem Vortrag der Beklagten auch in der Berufung weder bezogen auf die streitgegenständliche Filiale noch bezogen auf den Gesamtkonzern zu entnehmen, in welchem Umfang als Folge der Schließung im Frühjahr 2020 die Umsätze und Gewinne und damit im Ergebnis auch das Vermögen der Beklagten so beeinträchtigt wurden, dass ihr ein Festhalten am Vertrag nicht zugemutet werden könnte. Weder legt die Beklagte offen, wieviel staatliche Leistungen, insbesondere Kurzarbeitergeld, sie erhalten hat, und welche Aufwendungen sie durch die Kurzarbeit erspart hat, noch welche Warenwerte an verkäuflichen Waren, die die Anschaffungskosten im weiteren Verlauf senken, weiter vorhanden sind. Die Bezugnahme auf die erneuten im Dezember 2020 behördlich verordneten und zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch andauernden Schließungen vermag den Vortrag zu den Beeinträchtigungen im Frühjahr nicht zu ersetzen. Die Einbußen, die die Beklagte durch die erneute Schließung ab Mitte Dezember 2020 erleidet, können auch nicht in die Abwägung der Zumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag für die Monatsmiete im April 2020 einbezogen werden. Insoweit handelt es sich um einen neuen Sachverhalt. Gegenstand dieses Rechtsstreits ist allein die Miete für April 2020 und nicht die Frage, ob und in welcher Form eine Vertragsanpassung für Zeiträume ab Mai 2020 verlangt werden könnte.

b. Soweit sich die Beklagte auf Stimmen in der Literatur beruft, die unter Berücksichtigung des Umstandes, dass keine der Parteien die Pandemie und die damit verbundenen Geschäftsschließungen und weiteren Folgen habe vorhersehen können, eine hälftige Teilung des Risikos und damit eine hälftige Teilung der Miete annehmen, weshalb es einer Darlegung der Umsatzausfälle nicht bedürfe, überzeugt dies nicht. Zu prüfen ist die Zumutbarkeit bzw. Unzumutbarkeit in jedem Einzelfall. Dieser entzieht sich, wie die unterschiedlichen Stimmen in der Literatur zeigen (vgl. bspw. Häublein/Müller, Wer trägt das Pandemierisiko in der Geschäftsraummiete, NZM 2020, 481, 488 ff), einer pauschalierten Darstellung. Es kann in dem Zusammenhang auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Beklagte im Gegensatz zu den Klägern von staatlichen Transferleistungen wie dem Kurzarbeitergeld profitiert. Zudem zeigt sich unter Berücksichtigung des Umstands, dass im April nach der Schließung nur 10 Öffnungstage zur Verfügung standen, dass hier die Vormonate deutlich übersteigende Tagesumsätze erzielt wurden, so dass ein gewisser Nachholeffekt in diesem Bereich nicht auszuschließen ist. Eine pauschalierte Herabsetzung um die Hälfte lässt außer Betracht, dass möglicherweise, Vortrag der Beklagten hierzu fehlt, ein Teil der Umsätze nach Beendigung des Lockdown auch nach April 2020 nachgeholt werden konnte, da anders als in der Gastronomie oder der Veranstaltungsbranche zunächst nicht verkaufte Ware, soweit es sich nicht um Osterartikel gehandelt hat, grundsätzlich zu einem späteren Zeitpunkt verkauft werden kann.

c. Somit fehlt es bereits an einer Darlegung der Unzumutbarkeit der Zahlung der Miete für den Monat April 2020, weshalb die Berufung der Beklagten keinen Erfolg haben kann.

Auf die Frage, inwieweit die wirtschaftlichen Verhältnisse der Kläger durch die behördlich angeordneten Schließungen betroffen sind und ob diesen eine Vertragsanpassung zuzumuten wäre, kommt es derzeit nicht an, da bereits nicht festgestellt werden konnte, dass die Beklagte in so unzumutbarer Weise betroffen sein könnte, dass eine Vertragsanpassung im Sinne einer Herabsetzung der Miete geboten wäre.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit wurde gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO angeordnet.

Vor dem Hintergrund der in Literatur und Rechtsprechung streitigen Fragen zum Vorliegen eines Mangels des Mietobjekts durch die angeordneten Schließungen, der Unmöglichkeit der Leistung der Vermieter, die zu einer Minderung der Miete bzw. zu einem Wegfall der Mietzahlungspflicht der Beklagten führen würden, ohne dass es auf die in ihrer Erforderlichkeit ebenfalls umstrittene Darstellung der Unzumutbarkeit des Festhaltens am unveränderten Vertragsverhältnis ankäme, hat der Senat zur Fortbildung des Rechts die Revision zugelassen (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

Oberlandesgericht Dresden


Urteil vom 24.02.2021


Az.: 5 U 1782/20


In dem Rechtsstreit


X. Grundstücksverwaltung GmbH & Co. KG, ...
vertreten durch die Komplementärin X. Grundstücksverwaltung Beteiligungs GmbH
diese vertreten durch den Geschäftsführer ...
- Klägerin und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwaltskanzlei ...


gegen


Y. GmbH, ...
vertreten durch die Geschäftsführer ...
- Beklagte und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigte:
... Rechtsanwälte PartG mbB, ...


wegen Mietzinsforderung


hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden durch
Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht PD Dr. Dr. K.,
Richterin am Oberlandesgericht K. und
Richter am Oberlandesgericht K.
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24.02.2021
für Recht erkannt:

Tenor:


I. Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz vom 26.08.2020 (4 O 639/20) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.720,09 € zuzüglich Zinsen daraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.04.2020 und 272,00 € vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen daraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.06.2020 zu bezahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 1/3 und die Beklagte 2/3 zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckten Betrages leistet.

II. Die Revision wird zugelassen.

Gründe:


Die zulässige Berufung hat teilweise Erfolg.

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung der Miete des Monats April 2020 für die auf dem Grundstück ... Straße ... in xxx befindlichen Gebäude und Parkplätze mit einer Nutzfläche von ca. 1.150 m² in Anspruch, die die Beklagte zum Betrieb eines Textileinzelhandels angemietet hat.

Die Parteien schlossen am 13./26.09.2013 einen Mietvertrag über die auf dem Grundstück ... Straße ... in xxx befindlichen Gebäude und Parkplätze. Das Mietverhältnis begann am 01.01.2014 und wurde für die Dauer von 10 Jahren fest abgeschlossen, mit einer Verlängerungsklausel und einer zweimaligen Option der Beklagten als Mieterin zur Verlängerung des Mietverhältnisses jeweils um drei Jahre. Die Vermietung erfolgte "ausschließlich zu gewerblichen Zwecken zur Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts für Textilien aller Art, sowie Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs." Seit dem 01.01.2019 beträgt die monatliche Bruttomiete 7.854,00 € und ist spätestens bis zum 5. des Monats auf das im Vertrag angegebene Bankkonto der Klägerin zu bezahlen. Neben der Miete trägt die Beklagte als Mieterin im Vertrag näher umschriebene Nebenkosten. Eine Nebenkostenvorauszahlung wurde nicht vereinbart. In § 1 Nr. 2 des Mietvertrages wurde geregelt: "Der Vermieter übernimmt keine Gewähr dafür, dass etwaige erforderliche behördliche Genehmigungen für die Nutzung der Mieträume durch den Mieter erteilt werden, soweit die Genehmigungen nicht aus Gründen versagt werden, die ausschließlich auf der Beschaffenheit oder Lage des Mietobjektes beruhen. Der Mieter trägt die Kosten der Erfüllung behördlicher Auflagen, die sich aus seiner Person oder der Nutzungsart der Mieträume ergeben, ausgenommen sind die brandschutztechnischen Bestimmungen sowie die Arbeitsrichtlinien."

Aufgrund des sich verbreitenden SARS-CoV-2-Virus (Corona-Pandemie) erließ das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt am 18.03.2020 auf der Grundlage von § 28 Abs. 1 IfSG die "Allgemeinverfügung Vollzug des Infektionsschutzgesetzes Maßnahmen anlässlich der Corona-Pandemie Verbot von Veranstaltungen" (Az. 15-5422/5), nach deren Ziffer 1 in Sachsen grundsätzlich alle Geschäfte geschlossen wurden, soweit sie nicht unter die in der Allgemeinverfügung ausdrücklich benannten Ausnahmen fielen, was für den Textileinzelhandel der Beklagten nicht zutraf. Die Allgemeinverfügung vom 18.03.2020 trat gemäß ihrer Ziffer 9 am 19.03.2020 um 0:00 Uhr in Kraft und wurde ab dem 22.03.2020, 0:00 Uhr von der "Allgemeinverfügung Vollzug des Infektionsschutzgesetzes Maßnahmen anlässlich der Corona-Pandemie Verbot von Veranstaltungen" des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 20.03.2020 (Az. 15-5422/5) ersetzt, nach deren Ziffer 2, übereinstimmend mit der Allgemeinverfügung vom 18.03.2020, Geschäfte grundsätzlich geschlossen wurden, soweit nicht die in der Allgemeinverfügung vom 20.03.2020 formulierten Ausnahmen eingriffen, zu denen das Textileinzelhandelsgeschäft der Beklagten nicht zählte. Aufgrund der genannten Allgemeinverfügungen vom 18. bzw. 20.03.2020 war das Textileinzelhandelsgeschäft der Beklagten im Mietobjekt vom 19.03.2020 bis einschließlich 19.04.2020 geschlossen.

Nach entsprechender Ankündigung mit Schreiben vom 24.03.2020 bezahlte die Beklagte die Miete für den Monat April 2020 nicht. Die Klägerin mahnte mit dem Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 16.04.2020 bei der Beklagten die Zahlung der Miete für April 2020 erfolglos an. Die folgenden Mietzahlungen, insbesondere für den Monat Mai 2020, erbrachte die Beklagte vollständig.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei auch für den Zeitraum der durch die Allgemeinverfügungen des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 18. bzw. 20.03.2020 verursachten Schließung des Textileinzelhandelsgeschäfts im Mietobjekt zur vollständigen Zahlung der vertraglich vereinbarten Miete verpflichtet. Mit der staatlichen Schließungsanordnung habe sich ein typisches unternehmerisches Risiko verwirklicht. Das Verwendungsrisiko trage die Beklagte als Mieterin, was sich auch aus der Regelung in § 1 Nr. 2 des Mietvertrages ergebe. Die Allgemeinverfügungen zielten auf den Betrieb der Beklagten ab, während die von der Klägerin zu gewährleistende Nutzbarkeit der vermieteten Räume für den vertraglich vereinbarten Zweck dessen ungeachtet fortbestehe. Es bestehe deshalb auch kein Rückzahlungsanspruch wegen überzahlter Miete für den Monat März 2020, mit welchem die Beklagte die Aufrechnung gegen den Anspruch auf Zahlung der Miete für den Monat April 2020 erklären könne.

Die Beklagte hat behauptet, sie habe einen erheblichen Rückgang des Nettoumsatzes für die Monate März und April 2020 erlitten, welcher nicht durch verstärkten Onlinehandel kompensiert worden sei. Staatliche Finanzhilfen habe sie nicht erhalten. Sie habe ihre sämtlichen 3.000 Filialen geschlossen und einen Großteil ihrer Belegschaft in Kurzarbeit "0" geschickt.

Sie hat die Auffassung vertreten, infolge der staatlichen Schließungsanordnung liege ein Mangel des Mietobjektes i.S.d. § 536 Abs. 1 BGB vor, der zur Minderung der Miete um 100 % führe. Hilfsweise sei von einer Unmöglichkeit der Gebrauchsüberlassung i.S.v. § 326 Abs. 1 BGB auszugehen, die die Mietzahlungsverpflichtung der Beklagten entfallen lasse. Höchsthilfsweise wäre jedenfalls der Mietvertrag auf Grundlage der Grundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB wegen der durch die staatliche Schließungsanordnung eingetretenen schwerwiegenden Äquivalenzstörungen anzupassen, womit jedenfalls eine hälftige Teilung der Mietlast angemessen sei.

Für den Fall, dass der Senat von einer Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung der Miete für den Monat April 2020 ausgeht, rechnet die Beklagte hilfsweise mit ihrem Rückzahlungsanspruch in Bezug auf die von ihr rechtsgrundlos gezahlte Miete für den Zeitraum vom 19. bis zum 31.03.2020 auf.

Wegen des Sachvortrages im Übrigen und der in erster Instanz gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts Bezug genommen.

Das Landgericht hat mit dem Urteil vom 26.08.2020 die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 7.854,00 € nebst Zinsen und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten für den Gegenstandswert von 7.854,00 € nebst Zinsen zu bezahlen.

Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe einen Anspruch auf Zahlung der von ihr begehrten Miete für den Monat April 2020 aus dem Mietvertrag vom September 2013 gemäß § 535 Abs. 2 BGB. Die staatliche Schließungsanordnung aus den Allgemeinverfügungen vom 18. und 20.03.2020 führe nicht zu einem Mangel des Mietobjektes nach § 536 Abs. 1 BGB und nicht zur Unmöglichkeit der Gebrauchsüberlassungspflicht der Klägerin als Vermieterin. Eine Lagerhaltung sei der Beklagten während der Zeit der Schließungsanordnung möglich gewesen. Zudem hätte ein von der Schließungsanordnung ausgenommenes Geschäft in den Mieträumen betrieben werden können. Es könne offen bleiben, ob die wegen der Corona-Pandemie erfolgte staatliche Schließungsanordnung grundsätzlich zur Anwendbarkeit der Regelung in § 313 Abs. 1 BGB zur Anpassung des Mietvertrages wegen Störung der Geschäftsgrundlage führen könne. Im konkret zu beurteilenden Fall sei eine Anpassung des Mietvertrages jedenfalls nicht angezeigt, weil der Beklagten das Festhalten an dem unveränderten Mietvertrag nicht unzumutbar sei.

Gegen das ihr am 28.08.2020 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 02.09.2020 Berufung eingelegt und diese - nach entsprechender Fristverlängerung - am 27.11.2020 begründet.

Sie vertritt die Auffassung, das Landgericht habe in der Sache unzutreffend die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Mangels des Mietobjektes, hilfsweise der Unmöglichkeit der Gebrauchsgewährung durch die Klägerin und höchsthilfsweise der Voraussetzungen für eine Vertragsanpassung nach § 313 BGB mit der Folge einer hälftigen Mietzahlung verneint. Insoweit wiederholt und vertieft die Beklagte ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Sie behauptet, entgegen der Auffassung des Landgerichtes habe die Beklagte kaum einen Bedarf für die Nutzung der Räume des Mietobjektes als Lagerfläche anstelle der im Vertrag vereinbarten Verkaufsfläche, weil die Belieferung ihres Geschäfts im Mietobjekt über ein an einem anderen Ort befindliches Zentrallager "just in time" erfolge. Zudem sei eine kurzfristige Änderung des Nutzungszweckes des im Mietobjekt betriebenen Geschäfts auf eine nach den Allgemeinverfügungen vom 18. bzw. 20.03.2020 zugelassene Betätigung nicht möglich gewesen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Chemnitz, Az. 4 O 639/20, vom 26.08.2020 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Urteil des Landgerichts unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vortrages.

II.

Die Berufung ist teilweise begründet.

Entgegen der Auffassung der 4. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz im angefochtenen Urteil vom 26.08.2020 sieht der Senat es als erforderlich an, über eine Anpassung des Mietvertrages nach § 313 Abs. 1 BGB eine Reduzierung der Kaltmiete auf die Hälfte für denjenigen Zeitraum vorzunehmen, in dem aufgrund der Allgemeinverfügungen vom 18. und 20.03.2020 die Schließung des Textileinzelhandelsgeschäfts der Beklagten in den angemieteten Räumen angeordnet war. Für den streitgegenständlichen Zeitraum außerhalb der Schließungsanordnung ist dagegen keine Reduzierung der Miete vorzunehmen.

Im Ausgangspunkt hat die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung der Bruttokaltmiete von 7.854,00 € aus dem Mietvertrag vom 13./26.09.2013 gemäß § 535 Abs. 2 BGB. Diesem Anspruch kann die Beklagte nicht entgegenhalten, infolge der staatlichen Schließungsanordnung sei die Gebrauchsüberlassung durch die Klägerin als Vermieterin unmöglich geworden, mit der Folge, dass auch die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung der Gegenleistung, der Miete, gemäß §§ 326 Abs. 1, 275 Abs. 1 BGB entfallen sei (dazu 1.). Umgekehrt steht der Reduzierung der Miete wegen der staatlichen Schließungsanordnung nicht die Sperrwirkung der Regelung in Art. 240 § 2 EGBGB entgegen (dazu 2.), die eine Reduzierung der Miete nicht vorsieht.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist durch die staatliche Schließungsanordnung kein zur Mietminderung führender Mangel des Mietobjektes nach § 536 Abs. 1 BGB begründet worden. Die Auslegung des Mietvertrages gemäß §§ 133, 157 BGB, insbesondere anhand der gesetzlichen Risikoverteilung, führt nicht zur Annahme eines zur Minderung führenden Mietmangels (dazu 3.). Es liegt jedoch eine Störung der Geschäftsgrundlage des Mietvertrages vom 13./26.09.2013 im Sinne einer Störung der großen Geschäftsgrundlage vor, die gemäß § 313 Abs. 1 BGB zu einer dahingehenden Vertragsanpassung führt, dass die Beklagte für den Zeitraum der staatlichen Schließungsanordnung (nur) die Hälfte der vereinbarten Kaltmiete zu zahlen hat (dazu 4.).

Der Klägerin war anstelle des vom Landgericht zuerkannten Betrages von 7.854,00 € für den Monat April 2020 unter Berücksichtigung der Aufrechnung der Beklagten mit dem Anspruch auf Rückzahlung der überzahlten Miete für März 2020 ein Betrag in Höhe von 3.720,09 € zuzusprechen (dazu 4.b). Eine einseitige Auferlegung des nicht vorhersehbaren und von keiner Vertragspartei zu vertretenden Risikos einer durch die Corona-Pandemie verursachten staatlichen Schließungsanordnung auf den Mieter oder den Vermieter scheidet aus. Dafür spricht auch die Einführung von Art. 240 § 7 Abs. 1 EGBGB durch den Gesetzgeber. Auch wenn diese Vorschrift erst ab dem 31.12.2020 gilt (und damit während des derzeitigen, in Sachsen seit dem 14.12.2020 bestehenden Lockdowns eingeführt wurde), bringt sie einen bereits zuvor, nämlich schon während des ersten Lockdowns im März/April 2020, gültigen Rechtsgedanken zum Ausdruck. So lässt sich den Gesetzesmaterialien entnehmen, dass es sich um eine Klarstellung der Rechtslage handeln soll (vgl. BT-Drs. 19/25322 S. 14 f. zum Streitstand, vgl. Brinkmann/Thüsing NZM 2021, 5 und Römermann NJW 2021, 265; Herlitz NJ 2021, 56).

1. Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, der Anspruch auf Zahlung der Miete als Gegenleistung zur Verpflichtung der Klägerin als Vermieterin zur Überlassung des Gebrauches der Mieträume sei gemäß § 326 Abs. 1 BGB entfallen, weil der Klägerin infolge der staatlichen Schließungsanordnung die Überlassung der Mieträume in der Form unmöglich geworden sei, dass sie der Beklagten erlaube, ohne weiteres den vertragsgemäßen Gebrauch der Sache auszuüben. Mit diesem Einwand macht die Beklagte eine Unmöglichkeit der Vertragserfüllung geltend, die auf der Mangelhaftigkeit bzw. Gebrauchsuntauglichkeit des Mietobjektes beruhen soll. Soweit es aber um die Gebrauchsuntauglichkeit des Mietobjektes geht, werden die Vorschriften des allgemeinen Schuldrechtes, zu dem diejenigen über die Unmöglichkeit gehören, von den mietrechtlichen Gewährleistungsregelungen nach §§ 536 ff. BGB verdrängt, wenn das Mietobjekt bereits vom Vermieter an den Mieter überlassen wurde (vgl. BGH, Urteil vom 18.06.1997, XII ZR 192/95, NJW 1997, 2813; Urteil vom 04.05.2005, XII ZR 254/01, NJW 2005, 2152, 2154; Hübner/Griesbach/Fuerst in Lindner-Figura/Oprée/Stellmann, Geschäftsraummiete, 4. Aufl., Kap. 14 Rn. 233; Blank/Börstinghaus in Blank/Börstinghaus, Miete, 6. Aufl., § 535 Rn. 748). Der Beklagten war das Mietobjekt bereits überlassen worden, bevor es zur staatlichen Schließungsanordnung in den Allgemeinverfügungen vom 18. und 20.03.2020 kam.

2. Der Regelung in Art. 240 § 2 EGBGB kann keine dahingehende Sperrwirkung entnommen werden, dass sie Auswirkungen staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie auf das Bestehen oder den Umfang der Verpflichtung zur Zahlung der Miete für Räume ausschließen würde, in denen Geschäfte betrieben werden, die von den staatlichen Maßnahmen betroffen sind. Die Annahme einer Sperrwirkung würde voraussetzen, dass mit der Vorschrift des Art. 240 § 2 EGBGB eine (abschließende) Regelung dieser Frage getroffen wurde, was aber nicht zutrifft (ebenso LG Mönchengladbach, Urteil vom 02.11.2020, 12 O 154/20, BeckRS 2020, 30731 Rn. 39; LG München I, Urteil vom 25.01.2021, 31 O 7743/20, BeckRS 2021, 453 Rn. 53 ff.; Zehelein, NZM 2020, 390, 401; Streyl NZM 2020, 817, 823; Brinkmann/Thüsing NZM 2021, 5, 9 f.; Warmuth COVuR 2020, 16, 17; Herlitz, NJ 2021, 56, 58; a.A. LG München II, Urteil vom 06.10.2020, 13 O 2044/20, BeckRS 2020, 34263 Rn. 22; Jung JZ 2020, 715, 723). Unmittelbar geregelt wurde nur eine Beschränkung des Kündigungsrechts wegen Zahlungsverzuges des Mieters. Regelungen zum Bestehen und zur Höhe der Miete enthält die Vorschrift nicht. Eine klarstellende Erklärung, dass damit keine Aussage über die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Höhe der Miete in bestehenden Mietverträgen getroffen wird, wurde vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz auf seiner Homepage veröffentlicht (Text bei Streyl, a.a.O., S. 823). Letztlich spricht auch die seit dem 31.12.2020 geltende Vorschrift des Art. 240 § 7 EGBGB gegen eine Sperrwirkung von Art. 240 § 2 EGBGB.

3. Ein zur Minderung des Mietzinses führender Mietmangel wurde durch die staatlich angeordnete Schließung nicht begründet. Ein Mangel des Mietobjektes i.S.v. § 536 Abs. 1 BGB ist die für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustandes der Mietsache (Ist-Beschaffenheit) von dem vertraglich Vereinbarten (Soll-Beschaffenheit). Zu dem vertraglich vereinbarten Zustand der Mietsache gehören über deren physische Beschaffenheit hinaus auch die tatsächlichen Zustände und rechtlichen Verhältnisse, die mit der Mietsache zusammenhängen und ihre Gebrauchstauglichkeit beeinträchtigen. Dazu gehören auch Störungen, die außerhalb der Mietsache liegen. Um eine Ausuferung des Fehlerbegriffs zu vermeiden, führen außerhalb der Mietsache selbst liegenden Umstände allerdings nur dann zu einem Mangel der Mietsache, wenn sie deren Gebrauchstauglichkeit unmittelbar beeinträchtigen. Maßgebend für die Beantwortung der Frage, ob eine unmittelbare Beeinträchtigung der Mietsache vorliegt, ist danach in erster Linie der von den Parteien vereinbarte vertragsgemäße Gebrauch, welcher maßgeblich durch den vereinbarten Nutzungszweck bestimmt wird. Aus dem zur Erfüllung des vertragsgemäßen Gebrauchs erforderlichen Zustand der Mietsache ergibt sich deren geschuldeter Zustand (vgl. BGH, Urteil vom 23.09.2009, VIII ZR 300/08, NZM 2009, 855 Rn. 11; Urteil vom 10.10.2012, XII ZR 117/10, NJW 2013, 44 Rn. 30 f.).

Danach sind es allein die Vertragsparteien, die durch die Festlegung des dem Mieter jeweils geschuldeten vertragsgemäßen Gebrauches bestimmen, welchen Soll-Zustand die vermietete Sache aufweisen muss. Eine ausdrückliche Regelung der Parteien, welche Soll-Beschaffenheit das Mietobjekt in Bezug auf staatliche Schließungsanordnungen aufweisen muss, enthält der Mietvertrag vom 13./26.09.2013 nicht. Sie ist insbesondere nicht in § 1 Nr. 2 des Mietvertrages vom 13./26.09.2013 enthalten. Dort geht es um behördliche Genehmigungen für die Nutzung der Mieträume, zu denen eine aufgrund von § 28 Abs. 1 IfSG ergehende Schließungsanordnung nicht gehört, und um die nicht streitgegenständliche Frage, inwieweit der Mieter die Kosten behördlicher Auflagen trägt. Ist aber keine ausdrückliche Regelung zum "Soll-Zustand" getroffen worden, muss anhand der allgemeinen Auslegungsregeln (§§ 133, 157, 242 BGB) geprüft werden, was der Vermieter schuldet bzw. welchen Standard der Mieter aufgrund des Vertrages vom Vermieter verlangen kann (vgl. BGH, Urteil vom 18.12.2013, XII ZR 80/12, NJW 2014, 685 Rn. 20; Urteil vom 25.11.2020, XII ZR 40/19, BeckRS 2020, 37268 Rn. 12).

Von besonderer Bedeutung im Rahmen dieser Auslegung ist die gesetzlich vorgesehene Risikoverteilung zwischen den Mietvertragsparteien, weil sich an ihr der Grundsatz von Treu und Glauben konkretisiert, der ein maßgebliches Auslegungselement darstellt (vgl. Günter in Guhling/Günter, Gewerberaummiete, 2. Aufl., § 536 BGB Rn. 79). Der Vermieter trägt danach das Risiko der Gebrauchstauglichkeit des Mietobjektes (§ 535 Abs. 1 Satz 2 BGB), während der Mieter das Verwendungs-/Ertragsrisiko der Mietsache trägt (vgl. BGH, Urteil vom 17.03.2010, XII ZR 108/08, NZM 2010, 364 Rn. 17), was in § 537 Abs. 1 Satz 1 BGB zum Ausdruck kommt. Gemeint ist damit das unternehmerische Risiko, mit dem Mietobjekt Gewinne zu erzielen (vgl. Günter, a.a.O., Rn. 81). Im Ergebnis bedeutet dies, der Vermieter hat dafür Sorge zu tragen, dass einerseits die Mietsache alle physischen Eigenschaften aufweist, andererseits alle äußeren Umstände gegeben sind, die zum Zeitpunkt der Überlassung der Mietsache sowie während der gesamten Vertragslaufzeit für die uneingeschränkte Tauglichkeit der Mietsache für den festgelegten Nutzungszweck erforderlich sind (vgl. Günter, a.a.O., Rn. 84). Der Senat folgt nicht der von der 4. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz (ebenso etwa LG Zweibrücken, Urteil vom 11.09.2020, HK O 17/20, BeckRS 2020, 24356 Rn. 36 ff.; LG Frankfurt/M., Urteil vom 02.10.2020, 2-15 O 23/20, BeckRS 2020, 26613 Rn. 20; LG Stuttgart, Urteil vom 19.11.2020, 11 O 215/20, BeckRS 2020, 32275 Rn. 16; Sittner NJW 2020, 1169, 1170 f.; a.A. LG München I, Urteil vom 22.09.2020, 3 O 4495/20, BeckRS 2020, 28189; Hellmich COVuR 2020, 189, 190 f.; Sentek/Ludley NZM 2020, 406, 408: Einzelfallfrage) vertretenen Auffassung, die staatliche Schließungsanordnung falle in den vom Mieter zu tragenden Bereich des Verwendungs-/Ertragsrisikos. Das unternehmerische Risiko, mit dem Mietobjekt Gewinne zu erzielen, setzt nämlich voraus, dass der Mieter im Mietobjekt entsprechend dem vertraglich vereinbarten Mietzweck unternehmerisch tätig werden kann und greift deswegen dann nicht ein, wenn ihm - wie hier - genau diese Möglichkeit von vornherein verschlossen ist.

Die landesweit geltende Schließungsanordnung ist aber auch nicht der Risikosphäre des Vermieters zuzuordnen. Die staatliche Schließungsanordnung aus den Allgemeinverfügungen vom 18. bzw. 20.03.2020 verfügt die Schließung des Textileinzelhandelsgeschäfts der Beklagten, die dem in § 1 Nr. 1 des Mietvertrages vom 13./26.09.2013 vereinbarten Mietzweck entsprach. Es fehlt danach nicht an der grundsätzlichen Verwendbarkeit des Mietobjektes für den vereinbarten Mietzweck und geht nicht um die dem Verwendungsrisiko zuzuordnende Frage, ob der Mieter mit einem grundsätzlich zur Ausübung des Mietzweckes geeigneten Mietobjekt in der Lage ist, unternehmerischen Gewinn zu erzielen (in demselben Sinne: Weller/Thomale, BB 2020, 962, 964, die dem Verwendungsrisiko des Mieters das Verwendbarkeitsrisiko des Vermieters entgegensetzen und dieses hier betroffen sehen, weil die Verwendbarkeit der Mietsache für den Mietzweck nicht gegeben ist; ähnlich auch Hellmich, a.a.O.; Sentek/Ludley, a.a.O.). Ohne die staatliche nicht objektbezogene, von der Klägerin nicht zu beeinflussende Anordnung wäre das Mietobjekt uneingeschränkt nutzbar gewesen. Dagegen spricht auch nicht, dass von verschiedenen Oberlandesgerichten, zu denen auch der Senat zählt, in der Vergangenheit erhebliche, über das übliche Maß hinausgehende Behinderungen des Zugangs zu Gaststätten und Ladengeschäften für die Kunden dem Risiko der Gebrauchstauglichkeit des Mietobjektes zugeordnet und demzufolge als Mangel des Mietobjektes angesehen wurden (vgl. Senatsurteil vom 18.12.1998, 5 U 1774/98, NZM 1999, 317, 318; KG, Urteil vom 12.11.2007, 8 U 194/06, NZM 2008, 526, 527; Senatsurteil vom 14.10.2008, 5 U 1030/08, juris Rn. 33; OLG Frankfurt/M., Urteil vom 11.02.2015, 2 U 174/14, NJW 2015, 2434 [BGH 27.11.2014 - I ZR 124/11] Rn. 24 f.; OLG Frankfurt/M., Urteil vom 05.07.2017, 2 U 152/16, BeckRS 2017, 121594 Rn. 27 f.). Die Mieträume waren - im Rahmen der Beschränkungen der Corona-Schutzverordnung - frei zugänglich. Lediglich die von der Beklagten gewollte Verwendung war - vom Mietobjekt unabhängig - untersagt. Auch wenn Störungen, die außerhalb der Mietsache liegen, einen Mangel begründen können und für den Betrieb eines Textileinzelhandelsgeschäfts die Möglichkeit des Zugangs des Publikums eine Voraussetzung ist, wird dem Vermieter damit nicht das Risiko der objekt- und lageunabhängigen Nutzbarkeit der Mieträume übertragen. Ist der Zugang des Publikums zu den angemieteten Räumen eröffnet, fällt es in das Verwendungsrisiko des Mieters, wenn das Publikum dennoch nicht zum Kaufen der Ware in die Räume strömt, sei es, weil es das Sortiment unattraktiv findet, ein das Publikum anziehendes Geschäft nebenan geschlossen hat (vgl. zu einem solchen Fall: Senatsbeschluss vom 08.02.2017, 5 U 1669/16, BeckRS 2017, 106456) oder weil das Publikum die Räume aus Angst vor der Infektion mit dem Covid 19 Virus nicht betritt. Ein Mangel liegt dann nicht vor. Das vom Mieter zu tragende Verwendungsrisiko ist auch betroffen, wenn die Mietsache vom Mieter für den vereinbarten Mietzweck verwendet werden kann, dieser aber in Art und Umfang der Nutzung durch staatliche Maßnahmen beschränkt wird (etwa die Anordnung, ein Hygienekonzept zu erstellen, oder nur eine begrenzte Zahl von Kunden (und nur mit Mund-Nase-Bedeckung) entsprechend der Fläche in das Geschäft hineinzulassen. In diesen Fällen liegt kein Mangel des Mietobjekts vor. Diese Fälle sind auch nicht mit den hier maßgeblichen pandemiebedingten Einschränkungen vergleichbar.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Senat die Auffassung im angefochtenen Urteil nicht teilt, der Annahme eines Mangels des Mietobjekts i.S.v. § 536 Abs. 1 BGB infolge der staatlichen Schließungsanordnung stehe der Umstand entgegen, dass es sich um ein betriebsbezogenes öffentliches Gebrauchshindernis handele. Öffentlich-rechtliche Gebrauchsbeschränkungen oder -hindernisse stellen einen Mangel der Mietsache i.S.v. § 536 Abs. 1 BGB dar, wenn sie die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch aufheben oder mindern, was allerdings nur dann gilt, wenn sie auf der konkreten Beschaffenheit und der Lage der Mietsache beruhen (Ortsbezogenheit) und nicht in den persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters (Betriebsbezogenheit) ihre Ursache haben. Außerdem muss der Mieter durch die öffentlich-rechtlichen Beschränkungen und Gebrauchshindernisse in seinem vertragsgemäßen Gebrauch auch tatsächlich eingeschränkt werden, wovon regelmäßig nur dann auszugehen ist, wenn die zuständige Behörde die Nutzung des Mietobjektes durch ein rechtswirksames und unanfechtbares Verbot bereits untersagt hat (vgl. BGH, Urteil vom 20.11.2013, XII ZR 77/12, NZM 2014, 165; Urteil vom 02.11.2016, XII ZR 153/15, NJW 2017, 1104; Senatsbeschluss vom 01.06.2017, 5 U 477/17, ZMR 2017, 880; Günter NZM 2016, 569).

Entgegen der Auffassung des Landgerichtes ist die staatliche Schließungsanordnung aus den Allgemeinverfügungen vom 18. bzw. 20.03.2020 nach diesen Kriterien ein Mangel des Mietobjektes i.S.v. § 536 Abs. 1 BGB, weil sie unmittelbar mit der konkreten Lage des Mietobjektes in einem Bereich in Zusammenhang steht, in dem die pandemiebedingten Schutzmaßnahmen aufgrund von § 28 Abs. 1 IfSG aus staatlicher Sicht erforderlich waren. Die staatliche Schließungsanordnung in den Allgemeinverfügungen vom 18. bzw. 20.03.2020 differenziert zwischen verschiedenen Geschäftsarten, indem sie von der generellen Anordnung zur Schließung von Geschäften konkrete Ausnahmen formuliert. Dennoch erfolgt der Eingriff nicht betriebsbezogen, sondern ortsbezogen, weil im Rahmen des Pandemiegeschehens Orte vielfältiger menschlicher Begegnung weitgehend beseitigt werden sollen, um dadurch zu ermöglichen, dass eine Übertragung des Covid-19 Virus, welche den Kontakt eines infizierten zu einem nicht infizierten Menschen erfordert, nicht stattfindet. Es geht deshalb nicht um einen Eingriff in die betriebliche Tätigkeit eines Textileinzelhandelsgeschäfts im Unterschied zu etwa dem Betrieb eines Einzelhandels für Lebensmittel, der weiterhin öffnen darf. Vielmehr sollte landesweit der Betrieb grundsätzlich aller Geschäfte ruhen, um auf diesem Wege menschliche Kontakte - sowohl im Geschäft als auch auf dem Weg zum Geschäft und von diesem weg auf der Straße und im öffentlichen Personenverkehr - zu reduzieren. Der Einzelhandel für Lebensmittel wird nur deshalb gemeinsam mit anderen ausdrücklich aufgezählten Geschäften von der Schließung verschont, weil er zur Aufrechterhaltung der Versorgung der Bevölkerung mit den lebenswichtigen Gütern des täglichen Bedarfs erforderlich ist. Die Zielrichtung der Eingriffsmaßnahmen nach § 28 IfSG ist deshalb landesweit ortsbezogen und richtet sich nach der konkreten Betroffenheit des Ortes oder der Region durch das Infektionsgeschehen und der daraus resultierenden Dringlichkeit der Reduzierung von Kontakten der Menschen (vgl. dazu OVG Münster, Beschluss vom 06.07.2020, 13 B 940/20.NE, BeckRS 2020, 14802; Kießling in Kießling, IfSG, 1. Aufl., § 28 Rn. 65). Um einen betriebsbezogenen Eingriff geht es nicht.

Aus der über den zumindest mittelbaren Einfluss der Klägerin hinausgehenden generell und landesweit geltenden Zugangsbeschränkung kann kein Umstand abgeleitet werden, der in den von der Klägerin zu verantwortenden Bereich fällt.

4. Infolge des Auftretens der Corona-Pandemie und der staatlichen Schließungsanordnung aus den Allgemeinverfügungen vom 18. bzw. 20.03.2020 ist jedoch eine Störung der Geschäftsgrundlage i.S.v. § 313 Abs. 1 BGB des Mietvertrages vom 13./26.09.2013 eingetreten (dazu a), die eine Anpassung des Vertrages dahin auslöst, dass die Kaltmiete für die Dauer der angeordneten Schließung auf die Hälfte reduziert wird (dazu b).

a) Der Tatbestand der Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 1 BGB setzt ein tatsächliches Element (dazu aa), ein hypothetisches Element (dazu bb) und ein normatives Element (dazu cc) voraus (vgl. Finkenauer in Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl., § 313 Rn. 56).

aa) Die Geschäftsgrundlage wird gebildet durch die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, beim Vertragsschluss aber zutage getretenen, dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen des eigenen Vertragsteils oder durch die gemeinsamen Vorstellungen beider Teile vom Vorhandensein oder künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille auf diesen Vorstellungen aufbaut (vgl. BGH, Urteil vom 25.09.1997, II ZR 269/96, NJW 1997, 3371, 3372; Urteil vom 24.03.2010, VIII ZR 160/09, NJW 2010, 1663 Rn. 17). Zur Geschäftsgrundlage der Parteien als Vermieterin und Mieterin von Geschäftsräumen zur Nutzung als Textileinzelhandelsgeschäft gehörte danach die Vorstellung, dass es nicht zu einer Pandemie mit weitgehender Stilllegung des öffentlichen Lebens infolge pandemiebedingter Nutzungsuntersagungen und -beeinträchtigungen kommen würde, so dass das Auftreten der Pandemie mit den entsprechenden weitreichenden staatlichen Eingriffen in das wirtschaftliche und soziale Leben eine schwerwiegende Änderung der für die Vertragslaufzeit vorgestellten Umstände bedeutet und damit das tatsächliche Element der Störung der Geschäftsgrundlage verwirklicht. Es liegt eine Systemkrise und damit ein Fall der Störung der großen Geschäftsgrundlage vor, weil durch sie das allgemeine soziale und wirtschaftliche Gefüge nachhaltig erschüttert wird (idS Jung, a.a.O., S. 716, 717; Weller/Lieberknecht/Habrich NJW 2020, 1017, 1021; Häublein/Müller NZM 2020, 481, 486 f.; Wolf/Eckert/Denz/Gerking/Holze/Künnen/Kurth JA 2020, 401, 402). So wird es auch vom Landgericht im angefochtenen Urteil gesehen (ebenso LG Heidelberg, Urteil vom 30.07.2020, 5 O 66/20, BeckRS 2020, 19165 Rn. 39 ff.; Streyl, a.a.O., Seite 821; Zehelein, a.a.O., Seite 398). Ohne dass es hierauf entscheidend ankommen würde, spricht für diese Annahme auch der Inhalt des mit Wirkung vom 31.12.2020 neu geschaffenen Art. 240 § 7 Abs. 1 EGBGB (vgl. Brinkmann/Thüsing, a.a.O., Seite 8).

bb) Das hypothetische Element ist erfüllt, wenn die vertragschließenden Parteien den Vertrag nicht oder mit einem anderen Inhalt geschlossen hätten wenn sie die Veränderung der Umstände, welche zur Geschäftsgrundlage gehören, vorhergesehen hätten. Erforderlich ist danach, dass zumindest eine Vertragspartei den Vertrag nicht bzw. nicht mit diesem Inhalt abgeschlossen hätte, wenn sie das Fehlen oder den Wegfall der Vertragsgrundlage vorhergesehen hätte (vgl. Finkenauer, a.a.O., Rn. 58). Im Rahmen der Störung der großen Geschäftsgrundlage ist das hypothetische Element regelmäßig erfüllt (vgl. Jung, a.a.O., S. 719). Zudem ist zu beachten, dass es sich bei der Änderung der zur Geschäftsgrundlage gehörenden Umstände um sehr wesentliche Rahmenbedingungen für den Betrieb ihres Textileinzelhandelsgeschäftes handelt. Auf konkrete, nicht in die Vertragsverhandlungen eingeflossene Erwägungen, die nach dem Vortrag der Klägerin, sie hätte, wenn die jetzt eingetretene Situation bei Mietvertragsabschluss auch nur annähernd vorhersehbar gewesen wäre, kein Einverständnis der Klägerin mit einer Mietpreisanpassungsklausel in der von der Beklagten geltend gemachten Form, also im Sinne einer Reduzierung auf die Hälfte der Miete, erklärt, kommt es daher nicht an. Abzustellen ist auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses und auf verständige, wirtschaftlich denkende Vertragspartner. Diese hätten sich bei dem beide Vertragspartner gleichermaßen betreffenden und gerade nicht zu beeinflussenden Risiko nicht einseitig zu Gunsten eines Vertragspartners entschieden. Das hypothetische Element des § 313 Abs. 1 BGB ist damit erfüllt.

cc) Das normative Element des § 313 Abs. 1 BGB ist erfüllt, wenn die wesentliche Veränderung der zur Geschäftsgrundlage gehörenden Umstände nicht in den Risikobereich einer der Parteien fällt (dazu aaa) und ein Festhalten am Vertrag einer der Parteien nicht zuzumuten ist (dazu bbb).

aaa) Wenn angenommen wird, dass eine der Parteien mit dem Abschluss des Mietvertrags ein Risiko übernommen hat, unter das das Auftreten der Corona-Pandemie und die daraufhin ergangene staatliche Schließungsanordnung fällt, stünde dies einer Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 1 BGB regelmäßig entgegen, weil für die Berücksichtigung von Störungen der Geschäftsgrundlage grundsätzlich kein Raum ist, soweit es um Erwartungen und Umstände geht, die nach den vertraglichen Vereinbarungen in den Risikobereich einer der Parteien fallen (vgl. BGH, Urteil vom 17.03.2010, XII ZR 108/08, NZM 2010, 364 Rn. 15; Finkenauer, a.a.O., Rn. 61). Dies könnte auf den ersten Blick dafür sprechen, die Entscheidung sei bereits im Rahmen der bei der Auslegung des Mietvertrages notwendigen Abgrenzung zwischen dem beim Vermieter liegenden Risiko der Gebrauchstauglichkeit des Mietobjektes einerseits und dem beim Mieter liegenden Verwendungsrisiko andererseits gefallen (vgl. dazu oben II.3.). Diese Annahme greift aber zu kurz, weil die bei der vertraglichen Risikoabgrenzung allein betrachtete staatliche Schließungsanordnung nicht gleichbedeutend mit der in ein Pandemiegeschehen mit weitreichenden Kontakteinschränkungen eingebetteten Änderung der zur Geschäftsgrundlage gehörenden Umstände ist. Es geht hier also nicht um ein "normales" Risiko der Gebrauchstauglichkeit bzw. der Verwendung des Mietobjektes, sondern um weitgehende staatliche Eingriffe in das soziale und wirtschaftliche Leben aufgrund einer Pandemie, die als Systemkrise eine Störung der großen Geschäftsgrundlage ist. Das mit der Störung der großen Geschäftsgrundlage verbundene Risiko kann regelmäßig keiner Vertragspartei allein zugewiesen werden (idS Weller/Lieberknecht/Habrich, a.a.O., S. 1021; Jung, a.a,O., S. 720; Häublein/Müller, a.a.O., S. 487 f.: Römermann NJW 2021, 265 Rn. 22; Warmuth, a.a.O., S. 19 f.; LG Mönchengladbach, Urteil vom 02.11.2020, a.a.O., Rn. 41). Der staatliche Eingriff zur Kontaktbeschränkung hat dabei auch unmittelbar auf das vorliegend zu beurteilende Mietverhältnis eingewirkt, indem das von der Beklagten entsprechend dem Mietzweck betriebene Textileinzelhandelsgeschäft als möglicher Ort potentiell vielfältiger Kontakte, die zur Übertragung des Covid 19 Virus führen können, geschlossen wurde. Von der vertraglichen Risikozuweisung wird deshalb dieses von den Vertragsparteien nicht vorhergesehene und die Geschäftsgrundlage des Vertrages betreffende Geschehen nicht erfasst (in demselben Sinne etwa Streyl, a.a.O., Seite 822 f.; Zehelein, a.a.O., Seite 398). Auch in diesem Punkt stützt die Neuregelung in Art. 240 § 7 Abs. 1 EGBGB die Annahme, dass die pandemiebedingten staatlichen Schließungsmaßnahmen zumindest regelmäßig von der ohne Bezug zur Corona-Pandemie im Mietvertrag vereinbarten Risikozuweisung nicht erfasst werden (i.d.S. auch Römermann NJW 2021, 265, 267 f.). Im Ergebnis steht die vertragliche Risikozuweisung in der hier zu beurteilenden Situation einer Anpassung des Vertrages nach § 313 Abs. 1 BGB selbst dann nicht entgegen, wenn dieses nach der Vertragsauslegung einer der Parteien zuzuordnen wäre.

bbb) Entgegen der Auffassung im angefochtenen Urteil ist das Festhalten am unveränderten Mietvertrag derjenigen Partei, die durch die Änderung der die Geschäftsgrundlage bildenden Umstände belastet ist, hier die Beklagte, nicht zumutbar.

Der Senat teilt die Auffassung der 4. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz nicht, dass von einer Unzumutbarkeit des Festhaltens am bestehenden Vertrag erst dann auszugehen sei, wenn die von der Änderung der Umstände, welche zur Geschäftsgrundlage gehören, belastete Partei dadurch in eine existenzgefährdende Lage gerät. Das beachtet nicht hinreichend, dass es hier um eine Äquivalenzstörung in einem gegenseitigen Vertrag geht, der zudem ein Dauerschuldverhältnis ist. Die notwendige Unzumutbarkeit bezieht sich damit auf die Äquivalenzstörung, also auf das Verhältnis von Überlassung des Mietobjektes einerseits und dafür Zahlen des Nutzungsentgelts (Miete) andererseits (i.d.S. auch Römermann, a.a.O., S. 268; Streyl, a.a.O., S. 824; Brinkmann/Thüsing, a.a.O., S. 10; Finkenauer, a.a.O., Rn. 77). Von besonderer Bedeutung ist dabei der Charakter des Mietvertrages als Dauerschuldverhältnis, bei dem die Miete für die Nutzungsüberlassung in Zeitabschnitten geschuldet ist, wobei der Zeitabschnitt bei den meisten Mietverhältnissen einen Monat beträgt. Dementsprechend erfolgt die Lösung des Äquivalenzproblems zwischen Miete und Gebrauchsüberlassung im Fall des Eingreifens des Gewährleistungsrechts der Minderung nach § 536 Abs. 1 BGB auch im Sinne einer Reduzierung (Minderung) der Miete (nur) für den betroffenen Zeitabschnitt der Einschränkung der Gebrauchstauglichkeit. Führt ein vorhandener Mangel in einem bestimmten Zeitraum nicht zur Einschränkung der Gebrauchstauglichkeit, ist die Miete in diesem Zeitraum und damit in den betroffenen Zeitabschnitten nicht gemindert (vgl. BGH, Urteil vom 15.12.2010, XII ZR 132/09, NJW 2011, 514 Rn. 13 - sommerliche Aufheizung der Mieträume). Ebenso ist es bei der Bestimmung der Wesentlichkeit eines Mietrückstandes - und damit einer Äquivalenzstörung - für die Annahme eines wichtigen Grundes zur Kündigung des Mietvertrages nach § 543 BGB. Auch dabei wird in § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a und b BGB nach Zahlungsterminen bestimmt, wann ein Rückstand so erheblich ist, dass aus ihm ein wichtiger Grund für die außerordentliche Kündigung des Mietvertrages folgt. In § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3b BGB ist sogar - wohl infolge eines redaktionellen Versehens - der konkrete Zeitabschnitt des Monats genannt, was aber dahin zu verstehen ist, dass der im Mietvertrag vereinbarte Zeitabschnitt gemeint ist (vgl. Alberts in Guhling/Günter, Gewerberaummiete, 2. Aufl., § 543 BGB Rn. 57 unter Verweis auf BGH, Urteil vom 17.09.2008, XII ZR 61/07, NZM 2009, 30 Rn. 15). Auch im Rahmen der Konturierung des unbestimmten Rechtsbegriffs des nicht unerheblichen Teils der Miete in § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3a BGB orientiert sich die Rechtsprechung an dem an einem Fälligkeitstermin zu zahlenden Betrag, in der Regel also an der Miete für einen Monat. So ist in § 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB für Mietverträge über Wohnraum geregelt, dass ein nicht unerheblicher Rückstand dann vorliegt, wenn der rückständige Teil die Miete für einen Monat (mindestens um ein Cent) übersteigt. Auch im Bereich der Mietverträge über Gewerberäume wird dieser Betrag grundsätzlich bei der Bestimmung des nicht unerheblichen Teils der Miete angewendet (vgl. BGH, Urteil vom 23.07.2008, XII ZR 134/06, NJW 2008, 3210 Rn. 30). Allerdings kann bei diesen Verträgen auch ein Rückstand von weniger als dem an einem Fälligkeitstermin zu zahlenden Betrag, also in der Regel der Miete für einen Monat, ausreichen, wenn besondere Einzelfallumstände hinzutreten, die den Schluss auf die Erheblichkeit dieses Rückstandes zulassen (vgl. BGH, Urteil vom 13.05.2015, XII ZR 65/14, NJW 2015, 2419 Rn. 54 ff.). Daraus folgt, dass die Unzumutbarkeit der Festhaltung am bestehenden Vertrag beim Verhältnis von Leistung und Gegenleistung anzusetzen hat, im vorliegend zu beurteilenden Mietvertrag vom 13./26.09.2013 mit monatlicher Zahlungspflicht gemäß dessen § 3 Nr. 1 also beim einzelnen Zahlungsmonat. Im Ausgangspunkt ist danach die Erheblichkeit deswegen zu bejahen, weil - je nach Standpunkt bezüglich der vertraglichen Risikoverteilung - entweder der Mieter nach dem Mietvertrag die volle Miete zahlen müsste, ohne das Mietobjekt dem Mietzweck entsprechend nutzen zu können oder der Vermieter keine bzw. eine geringfügige Miete für ein Mietobjekt erhielte, für dessen - temporäre - Unbenutzbarkeit für den vertraglich vereinbarten Mietzweck er nicht nur keine Ursache gesetzt hat, sondern die er auch nicht vorhersehen konnte. Im konkret zu beurteilenden Fall könnte man deshalb die Erheblichkeit danach allenfalls dann verneinen, wenn lediglich ein Zahlungstermin betroffen wäre und innerhalb dieses Zahlungstermins jedenfalls weit überwiegend die vertragliche Äquivalenz bestand. Denkbar wäre danach, die Unzumutbarkeit der Festhaltung am Mietvertrag dann zu verneinen, wenn die Äquivalenzstörung lediglich ein bis zwei Wochen des Mietmonats beträfe. Die Notwendigkeit der im Verhältnis zu anderen Vertragstypen relativ niedrige Schwelle der Unzumutbarkeit liegt darin begründet, dass es sich bei dem Mietvertrag um ein Dauerschuldverhältnis handelt. So ist bei einem klassischen Austauschvertrag wie dem Kaufvertrag die vollständige Leistung und Gegenleistung im Rahmen der Äquivalenzstörung gegenüberzustellen. Allerdings bezieht sich dann auch die Rechtsfolge der Vertragsanpassung auf den gesamten Vertrag, also das vollständige Äquivalenzverhältnis. Im Mietvertrag reicht dagegen eine wesentliche Äquivalenzstörung im regelmäßig monatlichen Zeitabschnitt, sie führt allerdings dann auch nur zu einer Vertragsanpassung für diesen Zeitabschnitt, so dass nicht das Risiko besteht, dass mit niedriger Eingriffsschwelle wesentliche Vertragsgrundlagen ohne entsprechenden Anlass durch richterlichen Eingriff nach § 313 Abs. 1 BGB geändert werden. Der Zeitraum, in dem die staatliche Schließungsanordnung andauerte, von insgesamt mehr als einem Monat, überschreitet damit die Schwelle der Erheblichkeit. Auf die Frage, inwieweit die wirtschaftliche Existenz der belasteten Vertragspartei durch die Störung der Geschäftsgrundlage betroffen wird, kommt es wegen dieser Dauer nicht an.

b) Da eine einvernehmliche Vertragsanpassung im Verhandlungswege der Parteien nach § 313 Abs. 1 BGB noch im Berufungsverfahren nicht zustande kam, ist der Senat verpflichtet, die entsprechende Vertragsanpassung vorzunehmen. Der Anpassungsanspruch aus § 313 Abs. 1 BGB kann gerichtlich geltend gemacht werden (vgl. BGH, Urteil vom 30.09.2011, V ZR 17/11, NJW 2012, 373 Rn. 34; Zehelein, a.a.O., S. 400). Die Beklagte hat zudem mit ihrem vorprozessualen Schreiben vom 07.05.2020 an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin einen außergerichtlichen Vergleich auf der Basis einer hälftigen Reduzierung der Miete für April 2020 angeboten, was als Anpassungsverlangen nach § 313 Abs. 1 BGB gewertet werden kann.

Damit ist eine Absenkung der Kaltmiete um 50 % gerechtfertigt, weil keine der Vertragsparteien eine Ursache für die Störung der Geschäftsgrundlage gesetzt oder sie vorhergesehen hat. Es ist demzufolge angemessen, die damit verbundene Belastung gleichmäßig auf beide Parteien zu verteilen (i.d.S. auch LG Mönchengladbach, a.a.O., Rn. 55; LG Aurich, Urteil vom 09.10.2020, 1 O 430/20; LG Kempten, Urteil vom 07.12.2020, 23 O 753/20, BeckRS 2020, 37736 Rn. 37; AG Oberhausen, Urteil vom 06.10.2020, 37 C 863/20, BeckRS 2020, 35507 Rn. 46; Zehelein, a.a.O., Seite 398 ff.; Streyl, a.a.O., S. 824; Ekkenga/Schirrmacher NZM 2020, 410, 414; i. E. auch Häublein/Müller, a.a.O., S. 491 f.). Dies entspricht der Lösung der Rechtsprechung bei Vertragszweckstörungen in der Vergangenheit (vgl. BGH, Urteil vom 23.11.1989, VII ZR 60/89, NJW 1990, 572, 573 - Aufteilung der Hotel-Stornokosten bei Reisekündigung wegen höherer Gewalt; ähnlich OLG Karlsruhe, Urteil vom 15.05.1992, 15 U 297/91, NJW 1992, 3176, 3177 f. - Wegfall der beiderseitigen Leistungspflichten aus einem Vertrag über den Auftritt von Musikern auf einer Faschingsveranstaltung, welche wegen des Golfkriegs ausfiel). Es kann offen bleiben, ob die Zahlung staatlicher Hilfen an einen der Vertragspartner des Mietvertrages zu einer weiteren Anpassung der Höhe der Miete führen würde, weil nicht festgestellt werden kann, dass die Klägerin oder die Beklagte solche staatlichen Hilfen erhalten haben. Es kann auch dahinstehen, ob und ggf. inwieweit Zahlungen auf Betriebskosten anzupassen wären, weil solche nicht Gegenstand des Rechtsstreits sind. Der Klägerin war eine keine Teilnutzung des Mietobjekts im Sinne eines "Außer-Haus-Verkaufs" bzw. eines entsprechenden Liefer- und Abholservice möglich wie dies etwa bei Gaststätten erlaubt war (vgl. Ziffer 3 der Allgemeinverfügung vom 18.03.2020 und Ziffer 4 der Allgemeinverfügung vom 20.03.2020).

Eine Reduzierung der Kaltmiete auf die Hälfte für den Zeitraum der staatlichen Schließungsanordnung führt zu dem Ergebnis, dass die Klägerin für den Monat April anstelle des vertraglich vereinbarten Betrages von 7.854,00 € nur 5.366,90 € zu zahlen hätte, während sie für den Monat März 2020 6.207,19 € zu zahlen gehabt hätte, also mit ihrer vollständigen Mietzahlung die Miete in Höhe von 1.646,81 € überzahlt hat. In dieser Höhe hat die Beklagte hilfsweise die Aufrechnung gegen die Forderung der Klägerin auf Zahlung der Miete für April 2020 erklärt, so dass sich im Ergebnis gemäß §§ 387, 389 BGB der Anspruch der Klägerin von 5.366,90 € auf 3.720,09 € reduziert.

Im Hinblick auf die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten war lediglich ein Streitwert in Höhe des nunmehr ausgeurteilten Betragen anzusetzen.

Der Zinsausspruch folgt aus §§ 288 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO; diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Zi. 10, 711 ZPO. Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 Zi. 1 ZPO wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung zuzulassen.
 
 
 

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

(1) Widerklagen sind nicht statthaft.

(2) Als Beweismittel sind bezüglich der Echtheit oder Unechtheit einer Urkunde sowie bezüglich anderer als der im § 592 erwähnten Tatsachen nur Urkunden und Antrag auf Parteivernehmung zulässig.

(3) Der Urkundenbeweis kann nur durch Vorlegung der Urkunden angetreten werden.

(1) Der Mieter wird von der Entrichtung der Miete nicht dadurch befreit, dass er durch einen in seiner Person liegenden Grund an der Ausübung seines Gebrauchsrechts gehindert wird. Der Vermieter muss sich jedoch den Wert der ersparten Aufwendungen sowie derjenigen Vorteile anrechnen lassen, die er aus einer anderweitigen Verwertung des Gebrauchs erlangt.

(2) Solange der Vermieter infolge der Überlassung des Gebrauchs an einen Dritten außerstande ist, dem Mieter den Gebrauch zu gewähren, ist der Mieter zur Entrichtung der Miete nicht verpflichtet.

Oberlandesgericht Dresden


Urteil vom 24.02.2021


Az.: 5 U 1782/20


In dem Rechtsstreit


X. Grundstücksverwaltung GmbH & Co. KG, ...
vertreten durch die Komplementärin X. Grundstücksverwaltung Beteiligungs GmbH
diese vertreten durch den Geschäftsführer ...
- Klägerin und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwaltskanzlei ...


gegen


Y. GmbH, ...
vertreten durch die Geschäftsführer ...
- Beklagte und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigte:
... Rechtsanwälte PartG mbB, ...


wegen Mietzinsforderung


hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden durch
Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht PD Dr. Dr. K.,
Richterin am Oberlandesgericht K. und
Richter am Oberlandesgericht K.
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24.02.2021
für Recht erkannt:

Tenor:


I. Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz vom 26.08.2020 (4 O 639/20) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.720,09 € zuzüglich Zinsen daraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.04.2020 und 272,00 € vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen daraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.06.2020 zu bezahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 1/3 und die Beklagte 2/3 zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckten Betrages leistet.

II. Die Revision wird zugelassen.

Gründe:


Die zulässige Berufung hat teilweise Erfolg.

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung der Miete des Monats April 2020 für die auf dem Grundstück ... Straße ... in xxx befindlichen Gebäude und Parkplätze mit einer Nutzfläche von ca. 1.150 m² in Anspruch, die die Beklagte zum Betrieb eines Textileinzelhandels angemietet hat.

Die Parteien schlossen am 13./26.09.2013 einen Mietvertrag über die auf dem Grundstück ... Straße ... in xxx befindlichen Gebäude und Parkplätze. Das Mietverhältnis begann am 01.01.2014 und wurde für die Dauer von 10 Jahren fest abgeschlossen, mit einer Verlängerungsklausel und einer zweimaligen Option der Beklagten als Mieterin zur Verlängerung des Mietverhältnisses jeweils um drei Jahre. Die Vermietung erfolgte "ausschließlich zu gewerblichen Zwecken zur Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts für Textilien aller Art, sowie Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs." Seit dem 01.01.2019 beträgt die monatliche Bruttomiete 7.854,00 € und ist spätestens bis zum 5. des Monats auf das im Vertrag angegebene Bankkonto der Klägerin zu bezahlen. Neben der Miete trägt die Beklagte als Mieterin im Vertrag näher umschriebene Nebenkosten. Eine Nebenkostenvorauszahlung wurde nicht vereinbart. In § 1 Nr. 2 des Mietvertrages wurde geregelt: "Der Vermieter übernimmt keine Gewähr dafür, dass etwaige erforderliche behördliche Genehmigungen für die Nutzung der Mieträume durch den Mieter erteilt werden, soweit die Genehmigungen nicht aus Gründen versagt werden, die ausschließlich auf der Beschaffenheit oder Lage des Mietobjektes beruhen. Der Mieter trägt die Kosten der Erfüllung behördlicher Auflagen, die sich aus seiner Person oder der Nutzungsart der Mieträume ergeben, ausgenommen sind die brandschutztechnischen Bestimmungen sowie die Arbeitsrichtlinien."

Aufgrund des sich verbreitenden SARS-CoV-2-Virus (Corona-Pandemie) erließ das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt am 18.03.2020 auf der Grundlage von § 28 Abs. 1 IfSG die "Allgemeinverfügung Vollzug des Infektionsschutzgesetzes Maßnahmen anlässlich der Corona-Pandemie Verbot von Veranstaltungen" (Az. 15-5422/5), nach deren Ziffer 1 in Sachsen grundsätzlich alle Geschäfte geschlossen wurden, soweit sie nicht unter die in der Allgemeinverfügung ausdrücklich benannten Ausnahmen fielen, was für den Textileinzelhandel der Beklagten nicht zutraf. Die Allgemeinverfügung vom 18.03.2020 trat gemäß ihrer Ziffer 9 am 19.03.2020 um 0:00 Uhr in Kraft und wurde ab dem 22.03.2020, 0:00 Uhr von der "Allgemeinverfügung Vollzug des Infektionsschutzgesetzes Maßnahmen anlässlich der Corona-Pandemie Verbot von Veranstaltungen" des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 20.03.2020 (Az. 15-5422/5) ersetzt, nach deren Ziffer 2, übereinstimmend mit der Allgemeinverfügung vom 18.03.2020, Geschäfte grundsätzlich geschlossen wurden, soweit nicht die in der Allgemeinverfügung vom 20.03.2020 formulierten Ausnahmen eingriffen, zu denen das Textileinzelhandelsgeschäft der Beklagten nicht zählte. Aufgrund der genannten Allgemeinverfügungen vom 18. bzw. 20.03.2020 war das Textileinzelhandelsgeschäft der Beklagten im Mietobjekt vom 19.03.2020 bis einschließlich 19.04.2020 geschlossen.

Nach entsprechender Ankündigung mit Schreiben vom 24.03.2020 bezahlte die Beklagte die Miete für den Monat April 2020 nicht. Die Klägerin mahnte mit dem Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 16.04.2020 bei der Beklagten die Zahlung der Miete für April 2020 erfolglos an. Die folgenden Mietzahlungen, insbesondere für den Monat Mai 2020, erbrachte die Beklagte vollständig.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei auch für den Zeitraum der durch die Allgemeinverfügungen des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 18. bzw. 20.03.2020 verursachten Schließung des Textileinzelhandelsgeschäfts im Mietobjekt zur vollständigen Zahlung der vertraglich vereinbarten Miete verpflichtet. Mit der staatlichen Schließungsanordnung habe sich ein typisches unternehmerisches Risiko verwirklicht. Das Verwendungsrisiko trage die Beklagte als Mieterin, was sich auch aus der Regelung in § 1 Nr. 2 des Mietvertrages ergebe. Die Allgemeinverfügungen zielten auf den Betrieb der Beklagten ab, während die von der Klägerin zu gewährleistende Nutzbarkeit der vermieteten Räume für den vertraglich vereinbarten Zweck dessen ungeachtet fortbestehe. Es bestehe deshalb auch kein Rückzahlungsanspruch wegen überzahlter Miete für den Monat März 2020, mit welchem die Beklagte die Aufrechnung gegen den Anspruch auf Zahlung der Miete für den Monat April 2020 erklären könne.

Die Beklagte hat behauptet, sie habe einen erheblichen Rückgang des Nettoumsatzes für die Monate März und April 2020 erlitten, welcher nicht durch verstärkten Onlinehandel kompensiert worden sei. Staatliche Finanzhilfen habe sie nicht erhalten. Sie habe ihre sämtlichen 3.000 Filialen geschlossen und einen Großteil ihrer Belegschaft in Kurzarbeit "0" geschickt.

Sie hat die Auffassung vertreten, infolge der staatlichen Schließungsanordnung liege ein Mangel des Mietobjektes i.S.d. § 536 Abs. 1 BGB vor, der zur Minderung der Miete um 100 % führe. Hilfsweise sei von einer Unmöglichkeit der Gebrauchsüberlassung i.S.v. § 326 Abs. 1 BGB auszugehen, die die Mietzahlungsverpflichtung der Beklagten entfallen lasse. Höchsthilfsweise wäre jedenfalls der Mietvertrag auf Grundlage der Grundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB wegen der durch die staatliche Schließungsanordnung eingetretenen schwerwiegenden Äquivalenzstörungen anzupassen, womit jedenfalls eine hälftige Teilung der Mietlast angemessen sei.

Für den Fall, dass der Senat von einer Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung der Miete für den Monat April 2020 ausgeht, rechnet die Beklagte hilfsweise mit ihrem Rückzahlungsanspruch in Bezug auf die von ihr rechtsgrundlos gezahlte Miete für den Zeitraum vom 19. bis zum 31.03.2020 auf.

Wegen des Sachvortrages im Übrigen und der in erster Instanz gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts Bezug genommen.

Das Landgericht hat mit dem Urteil vom 26.08.2020 die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 7.854,00 € nebst Zinsen und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten für den Gegenstandswert von 7.854,00 € nebst Zinsen zu bezahlen.

Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe einen Anspruch auf Zahlung der von ihr begehrten Miete für den Monat April 2020 aus dem Mietvertrag vom September 2013 gemäß § 535 Abs. 2 BGB. Die staatliche Schließungsanordnung aus den Allgemeinverfügungen vom 18. und 20.03.2020 führe nicht zu einem Mangel des Mietobjektes nach § 536 Abs. 1 BGB und nicht zur Unmöglichkeit der Gebrauchsüberlassungspflicht der Klägerin als Vermieterin. Eine Lagerhaltung sei der Beklagten während der Zeit der Schließungsanordnung möglich gewesen. Zudem hätte ein von der Schließungsanordnung ausgenommenes Geschäft in den Mieträumen betrieben werden können. Es könne offen bleiben, ob die wegen der Corona-Pandemie erfolgte staatliche Schließungsanordnung grundsätzlich zur Anwendbarkeit der Regelung in § 313 Abs. 1 BGB zur Anpassung des Mietvertrages wegen Störung der Geschäftsgrundlage führen könne. Im konkret zu beurteilenden Fall sei eine Anpassung des Mietvertrages jedenfalls nicht angezeigt, weil der Beklagten das Festhalten an dem unveränderten Mietvertrag nicht unzumutbar sei.

Gegen das ihr am 28.08.2020 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 02.09.2020 Berufung eingelegt und diese - nach entsprechender Fristverlängerung - am 27.11.2020 begründet.

Sie vertritt die Auffassung, das Landgericht habe in der Sache unzutreffend die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Mangels des Mietobjektes, hilfsweise der Unmöglichkeit der Gebrauchsgewährung durch die Klägerin und höchsthilfsweise der Voraussetzungen für eine Vertragsanpassung nach § 313 BGB mit der Folge einer hälftigen Mietzahlung verneint. Insoweit wiederholt und vertieft die Beklagte ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Sie behauptet, entgegen der Auffassung des Landgerichtes habe die Beklagte kaum einen Bedarf für die Nutzung der Räume des Mietobjektes als Lagerfläche anstelle der im Vertrag vereinbarten Verkaufsfläche, weil die Belieferung ihres Geschäfts im Mietobjekt über ein an einem anderen Ort befindliches Zentrallager "just in time" erfolge. Zudem sei eine kurzfristige Änderung des Nutzungszweckes des im Mietobjekt betriebenen Geschäfts auf eine nach den Allgemeinverfügungen vom 18. bzw. 20.03.2020 zugelassene Betätigung nicht möglich gewesen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Chemnitz, Az. 4 O 639/20, vom 26.08.2020 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Urteil des Landgerichts unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vortrages.

II.

Die Berufung ist teilweise begründet.

Entgegen der Auffassung der 4. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz im angefochtenen Urteil vom 26.08.2020 sieht der Senat es als erforderlich an, über eine Anpassung des Mietvertrages nach § 313 Abs. 1 BGB eine Reduzierung der Kaltmiete auf die Hälfte für denjenigen Zeitraum vorzunehmen, in dem aufgrund der Allgemeinverfügungen vom 18. und 20.03.2020 die Schließung des Textileinzelhandelsgeschäfts der Beklagten in den angemieteten Räumen angeordnet war. Für den streitgegenständlichen Zeitraum außerhalb der Schließungsanordnung ist dagegen keine Reduzierung der Miete vorzunehmen.

Im Ausgangspunkt hat die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung der Bruttokaltmiete von 7.854,00 € aus dem Mietvertrag vom 13./26.09.2013 gemäß § 535 Abs. 2 BGB. Diesem Anspruch kann die Beklagte nicht entgegenhalten, infolge der staatlichen Schließungsanordnung sei die Gebrauchsüberlassung durch die Klägerin als Vermieterin unmöglich geworden, mit der Folge, dass auch die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung der Gegenleistung, der Miete, gemäß §§ 326 Abs. 1, 275 Abs. 1 BGB entfallen sei (dazu 1.). Umgekehrt steht der Reduzierung der Miete wegen der staatlichen Schließungsanordnung nicht die Sperrwirkung der Regelung in Art. 240 § 2 EGBGB entgegen (dazu 2.), die eine Reduzierung der Miete nicht vorsieht.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist durch die staatliche Schließungsanordnung kein zur Mietminderung führender Mangel des Mietobjektes nach § 536 Abs. 1 BGB begründet worden. Die Auslegung des Mietvertrages gemäß §§ 133, 157 BGB, insbesondere anhand der gesetzlichen Risikoverteilung, führt nicht zur Annahme eines zur Minderung führenden Mietmangels (dazu 3.). Es liegt jedoch eine Störung der Geschäftsgrundlage des Mietvertrages vom 13./26.09.2013 im Sinne einer Störung der großen Geschäftsgrundlage vor, die gemäß § 313 Abs. 1 BGB zu einer dahingehenden Vertragsanpassung führt, dass die Beklagte für den Zeitraum der staatlichen Schließungsanordnung (nur) die Hälfte der vereinbarten Kaltmiete zu zahlen hat (dazu 4.).

Der Klägerin war anstelle des vom Landgericht zuerkannten Betrages von 7.854,00 € für den Monat April 2020 unter Berücksichtigung der Aufrechnung der Beklagten mit dem Anspruch auf Rückzahlung der überzahlten Miete für März 2020 ein Betrag in Höhe von 3.720,09 € zuzusprechen (dazu 4.b). Eine einseitige Auferlegung des nicht vorhersehbaren und von keiner Vertragspartei zu vertretenden Risikos einer durch die Corona-Pandemie verursachten staatlichen Schließungsanordnung auf den Mieter oder den Vermieter scheidet aus. Dafür spricht auch die Einführung von Art. 240 § 7 Abs. 1 EGBGB durch den Gesetzgeber. Auch wenn diese Vorschrift erst ab dem 31.12.2020 gilt (und damit während des derzeitigen, in Sachsen seit dem 14.12.2020 bestehenden Lockdowns eingeführt wurde), bringt sie einen bereits zuvor, nämlich schon während des ersten Lockdowns im März/April 2020, gültigen Rechtsgedanken zum Ausdruck. So lässt sich den Gesetzesmaterialien entnehmen, dass es sich um eine Klarstellung der Rechtslage handeln soll (vgl. BT-Drs. 19/25322 S. 14 f. zum Streitstand, vgl. Brinkmann/Thüsing NZM 2021, 5 und Römermann NJW 2021, 265; Herlitz NJ 2021, 56).

1. Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, der Anspruch auf Zahlung der Miete als Gegenleistung zur Verpflichtung der Klägerin als Vermieterin zur Überlassung des Gebrauches der Mieträume sei gemäß § 326 Abs. 1 BGB entfallen, weil der Klägerin infolge der staatlichen Schließungsanordnung die Überlassung der Mieträume in der Form unmöglich geworden sei, dass sie der Beklagten erlaube, ohne weiteres den vertragsgemäßen Gebrauch der Sache auszuüben. Mit diesem Einwand macht die Beklagte eine Unmöglichkeit der Vertragserfüllung geltend, die auf der Mangelhaftigkeit bzw. Gebrauchsuntauglichkeit des Mietobjektes beruhen soll. Soweit es aber um die Gebrauchsuntauglichkeit des Mietobjektes geht, werden die Vorschriften des allgemeinen Schuldrechtes, zu dem diejenigen über die Unmöglichkeit gehören, von den mietrechtlichen Gewährleistungsregelungen nach §§ 536 ff. BGB verdrängt, wenn das Mietobjekt bereits vom Vermieter an den Mieter überlassen wurde (vgl. BGH, Urteil vom 18.06.1997, XII ZR 192/95, NJW 1997, 2813; Urteil vom 04.05.2005, XII ZR 254/01, NJW 2005, 2152, 2154; Hübner/Griesbach/Fuerst in Lindner-Figura/Oprée/Stellmann, Geschäftsraummiete, 4. Aufl., Kap. 14 Rn. 233; Blank/Börstinghaus in Blank/Börstinghaus, Miete, 6. Aufl., § 535 Rn. 748). Der Beklagten war das Mietobjekt bereits überlassen worden, bevor es zur staatlichen Schließungsanordnung in den Allgemeinverfügungen vom 18. und 20.03.2020 kam.

2. Der Regelung in Art. 240 § 2 EGBGB kann keine dahingehende Sperrwirkung entnommen werden, dass sie Auswirkungen staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie auf das Bestehen oder den Umfang der Verpflichtung zur Zahlung der Miete für Räume ausschließen würde, in denen Geschäfte betrieben werden, die von den staatlichen Maßnahmen betroffen sind. Die Annahme einer Sperrwirkung würde voraussetzen, dass mit der Vorschrift des Art. 240 § 2 EGBGB eine (abschließende) Regelung dieser Frage getroffen wurde, was aber nicht zutrifft (ebenso LG Mönchengladbach, Urteil vom 02.11.2020, 12 O 154/20, BeckRS 2020, 30731 Rn. 39; LG München I, Urteil vom 25.01.2021, 31 O 7743/20, BeckRS 2021, 453 Rn. 53 ff.; Zehelein, NZM 2020, 390, 401; Streyl NZM 2020, 817, 823; Brinkmann/Thüsing NZM 2021, 5, 9 f.; Warmuth COVuR 2020, 16, 17; Herlitz, NJ 2021, 56, 58; a.A. LG München II, Urteil vom 06.10.2020, 13 O 2044/20, BeckRS 2020, 34263 Rn. 22; Jung JZ 2020, 715, 723). Unmittelbar geregelt wurde nur eine Beschränkung des Kündigungsrechts wegen Zahlungsverzuges des Mieters. Regelungen zum Bestehen und zur Höhe der Miete enthält die Vorschrift nicht. Eine klarstellende Erklärung, dass damit keine Aussage über die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Höhe der Miete in bestehenden Mietverträgen getroffen wird, wurde vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz auf seiner Homepage veröffentlicht (Text bei Streyl, a.a.O., S. 823). Letztlich spricht auch die seit dem 31.12.2020 geltende Vorschrift des Art. 240 § 7 EGBGB gegen eine Sperrwirkung von Art. 240 § 2 EGBGB.

3. Ein zur Minderung des Mietzinses führender Mietmangel wurde durch die staatlich angeordnete Schließung nicht begründet. Ein Mangel des Mietobjektes i.S.v. § 536 Abs. 1 BGB ist die für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustandes der Mietsache (Ist-Beschaffenheit) von dem vertraglich Vereinbarten (Soll-Beschaffenheit). Zu dem vertraglich vereinbarten Zustand der Mietsache gehören über deren physische Beschaffenheit hinaus auch die tatsächlichen Zustände und rechtlichen Verhältnisse, die mit der Mietsache zusammenhängen und ihre Gebrauchstauglichkeit beeinträchtigen. Dazu gehören auch Störungen, die außerhalb der Mietsache liegen. Um eine Ausuferung des Fehlerbegriffs zu vermeiden, führen außerhalb der Mietsache selbst liegenden Umstände allerdings nur dann zu einem Mangel der Mietsache, wenn sie deren Gebrauchstauglichkeit unmittelbar beeinträchtigen. Maßgebend für die Beantwortung der Frage, ob eine unmittelbare Beeinträchtigung der Mietsache vorliegt, ist danach in erster Linie der von den Parteien vereinbarte vertragsgemäße Gebrauch, welcher maßgeblich durch den vereinbarten Nutzungszweck bestimmt wird. Aus dem zur Erfüllung des vertragsgemäßen Gebrauchs erforderlichen Zustand der Mietsache ergibt sich deren geschuldeter Zustand (vgl. BGH, Urteil vom 23.09.2009, VIII ZR 300/08, NZM 2009, 855 Rn. 11; Urteil vom 10.10.2012, XII ZR 117/10, NJW 2013, 44 Rn. 30 f.).

Danach sind es allein die Vertragsparteien, die durch die Festlegung des dem Mieter jeweils geschuldeten vertragsgemäßen Gebrauches bestimmen, welchen Soll-Zustand die vermietete Sache aufweisen muss. Eine ausdrückliche Regelung der Parteien, welche Soll-Beschaffenheit das Mietobjekt in Bezug auf staatliche Schließungsanordnungen aufweisen muss, enthält der Mietvertrag vom 13./26.09.2013 nicht. Sie ist insbesondere nicht in § 1 Nr. 2 des Mietvertrages vom 13./26.09.2013 enthalten. Dort geht es um behördliche Genehmigungen für die Nutzung der Mieträume, zu denen eine aufgrund von § 28 Abs. 1 IfSG ergehende Schließungsanordnung nicht gehört, und um die nicht streitgegenständliche Frage, inwieweit der Mieter die Kosten behördlicher Auflagen trägt. Ist aber keine ausdrückliche Regelung zum "Soll-Zustand" getroffen worden, muss anhand der allgemeinen Auslegungsregeln (§§ 133, 157, 242 BGB) geprüft werden, was der Vermieter schuldet bzw. welchen Standard der Mieter aufgrund des Vertrages vom Vermieter verlangen kann (vgl. BGH, Urteil vom 18.12.2013, XII ZR 80/12, NJW 2014, 685 Rn. 20; Urteil vom 25.11.2020, XII ZR 40/19, BeckRS 2020, 37268 Rn. 12).

Von besonderer Bedeutung im Rahmen dieser Auslegung ist die gesetzlich vorgesehene Risikoverteilung zwischen den Mietvertragsparteien, weil sich an ihr der Grundsatz von Treu und Glauben konkretisiert, der ein maßgebliches Auslegungselement darstellt (vgl. Günter in Guhling/Günter, Gewerberaummiete, 2. Aufl., § 536 BGB Rn. 79). Der Vermieter trägt danach das Risiko der Gebrauchstauglichkeit des Mietobjektes (§ 535 Abs. 1 Satz 2 BGB), während der Mieter das Verwendungs-/Ertragsrisiko der Mietsache trägt (vgl. BGH, Urteil vom 17.03.2010, XII ZR 108/08, NZM 2010, 364 Rn. 17), was in § 537 Abs. 1 Satz 1 BGB zum Ausdruck kommt. Gemeint ist damit das unternehmerische Risiko, mit dem Mietobjekt Gewinne zu erzielen (vgl. Günter, a.a.O., Rn. 81). Im Ergebnis bedeutet dies, der Vermieter hat dafür Sorge zu tragen, dass einerseits die Mietsache alle physischen Eigenschaften aufweist, andererseits alle äußeren Umstände gegeben sind, die zum Zeitpunkt der Überlassung der Mietsache sowie während der gesamten Vertragslaufzeit für die uneingeschränkte Tauglichkeit der Mietsache für den festgelegten Nutzungszweck erforderlich sind (vgl. Günter, a.a.O., Rn. 84). Der Senat folgt nicht der von der 4. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz (ebenso etwa LG Zweibrücken, Urteil vom 11.09.2020, HK O 17/20, BeckRS 2020, 24356 Rn. 36 ff.; LG Frankfurt/M., Urteil vom 02.10.2020, 2-15 O 23/20, BeckRS 2020, 26613 Rn. 20; LG Stuttgart, Urteil vom 19.11.2020, 11 O 215/20, BeckRS 2020, 32275 Rn. 16; Sittner NJW 2020, 1169, 1170 f.; a.A. LG München I, Urteil vom 22.09.2020, 3 O 4495/20, BeckRS 2020, 28189; Hellmich COVuR 2020, 189, 190 f.; Sentek/Ludley NZM 2020, 406, 408: Einzelfallfrage) vertretenen Auffassung, die staatliche Schließungsanordnung falle in den vom Mieter zu tragenden Bereich des Verwendungs-/Ertragsrisikos. Das unternehmerische Risiko, mit dem Mietobjekt Gewinne zu erzielen, setzt nämlich voraus, dass der Mieter im Mietobjekt entsprechend dem vertraglich vereinbarten Mietzweck unternehmerisch tätig werden kann und greift deswegen dann nicht ein, wenn ihm - wie hier - genau diese Möglichkeit von vornherein verschlossen ist.

Die landesweit geltende Schließungsanordnung ist aber auch nicht der Risikosphäre des Vermieters zuzuordnen. Die staatliche Schließungsanordnung aus den Allgemeinverfügungen vom 18. bzw. 20.03.2020 verfügt die Schließung des Textileinzelhandelsgeschäfts der Beklagten, die dem in § 1 Nr. 1 des Mietvertrages vom 13./26.09.2013 vereinbarten Mietzweck entsprach. Es fehlt danach nicht an der grundsätzlichen Verwendbarkeit des Mietobjektes für den vereinbarten Mietzweck und geht nicht um die dem Verwendungsrisiko zuzuordnende Frage, ob der Mieter mit einem grundsätzlich zur Ausübung des Mietzweckes geeigneten Mietobjekt in der Lage ist, unternehmerischen Gewinn zu erzielen (in demselben Sinne: Weller/Thomale, BB 2020, 962, 964, die dem Verwendungsrisiko des Mieters das Verwendbarkeitsrisiko des Vermieters entgegensetzen und dieses hier betroffen sehen, weil die Verwendbarkeit der Mietsache für den Mietzweck nicht gegeben ist; ähnlich auch Hellmich, a.a.O.; Sentek/Ludley, a.a.O.). Ohne die staatliche nicht objektbezogene, von der Klägerin nicht zu beeinflussende Anordnung wäre das Mietobjekt uneingeschränkt nutzbar gewesen. Dagegen spricht auch nicht, dass von verschiedenen Oberlandesgerichten, zu denen auch der Senat zählt, in der Vergangenheit erhebliche, über das übliche Maß hinausgehende Behinderungen des Zugangs zu Gaststätten und Ladengeschäften für die Kunden dem Risiko der Gebrauchstauglichkeit des Mietobjektes zugeordnet und demzufolge als Mangel des Mietobjektes angesehen wurden (vgl. Senatsurteil vom 18.12.1998, 5 U 1774/98, NZM 1999, 317, 318; KG, Urteil vom 12.11.2007, 8 U 194/06, NZM 2008, 526, 527; Senatsurteil vom 14.10.2008, 5 U 1030/08, juris Rn. 33; OLG Frankfurt/M., Urteil vom 11.02.2015, 2 U 174/14, NJW 2015, 2434 [BGH 27.11.2014 - I ZR 124/11] Rn. 24 f.; OLG Frankfurt/M., Urteil vom 05.07.2017, 2 U 152/16, BeckRS 2017, 121594 Rn. 27 f.). Die Mieträume waren - im Rahmen der Beschränkungen der Corona-Schutzverordnung - frei zugänglich. Lediglich die von der Beklagten gewollte Verwendung war - vom Mietobjekt unabhängig - untersagt. Auch wenn Störungen, die außerhalb der Mietsache liegen, einen Mangel begründen können und für den Betrieb eines Textileinzelhandelsgeschäfts die Möglichkeit des Zugangs des Publikums eine Voraussetzung ist, wird dem Vermieter damit nicht das Risiko der objekt- und lageunabhängigen Nutzbarkeit der Mieträume übertragen. Ist der Zugang des Publikums zu den angemieteten Räumen eröffnet, fällt es in das Verwendungsrisiko des Mieters, wenn das Publikum dennoch nicht zum Kaufen der Ware in die Räume strömt, sei es, weil es das Sortiment unattraktiv findet, ein das Publikum anziehendes Geschäft nebenan geschlossen hat (vgl. zu einem solchen Fall: Senatsbeschluss vom 08.02.2017, 5 U 1669/16, BeckRS 2017, 106456) oder weil das Publikum die Räume aus Angst vor der Infektion mit dem Covid 19 Virus nicht betritt. Ein Mangel liegt dann nicht vor. Das vom Mieter zu tragende Verwendungsrisiko ist auch betroffen, wenn die Mietsache vom Mieter für den vereinbarten Mietzweck verwendet werden kann, dieser aber in Art und Umfang der Nutzung durch staatliche Maßnahmen beschränkt wird (etwa die Anordnung, ein Hygienekonzept zu erstellen, oder nur eine begrenzte Zahl von Kunden (und nur mit Mund-Nase-Bedeckung) entsprechend der Fläche in das Geschäft hineinzulassen. In diesen Fällen liegt kein Mangel des Mietobjekts vor. Diese Fälle sind auch nicht mit den hier maßgeblichen pandemiebedingten Einschränkungen vergleichbar.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Senat die Auffassung im angefochtenen Urteil nicht teilt, der Annahme eines Mangels des Mietobjekts i.S.v. § 536 Abs. 1 BGB infolge der staatlichen Schließungsanordnung stehe der Umstand entgegen, dass es sich um ein betriebsbezogenes öffentliches Gebrauchshindernis handele. Öffentlich-rechtliche Gebrauchsbeschränkungen oder -hindernisse stellen einen Mangel der Mietsache i.S.v. § 536 Abs. 1 BGB dar, wenn sie die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch aufheben oder mindern, was allerdings nur dann gilt, wenn sie auf der konkreten Beschaffenheit und der Lage der Mietsache beruhen (Ortsbezogenheit) und nicht in den persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters (Betriebsbezogenheit) ihre Ursache haben. Außerdem muss der Mieter durch die öffentlich-rechtlichen Beschränkungen und Gebrauchshindernisse in seinem vertragsgemäßen Gebrauch auch tatsächlich eingeschränkt werden, wovon regelmäßig nur dann auszugehen ist, wenn die zuständige Behörde die Nutzung des Mietobjektes durch ein rechtswirksames und unanfechtbares Verbot bereits untersagt hat (vgl. BGH, Urteil vom 20.11.2013, XII ZR 77/12, NZM 2014, 165; Urteil vom 02.11.2016, XII ZR 153/15, NJW 2017, 1104; Senatsbeschluss vom 01.06.2017, 5 U 477/17, ZMR 2017, 880; Günter NZM 2016, 569).

Entgegen der Auffassung des Landgerichtes ist die staatliche Schließungsanordnung aus den Allgemeinverfügungen vom 18. bzw. 20.03.2020 nach diesen Kriterien ein Mangel des Mietobjektes i.S.v. § 536 Abs. 1 BGB, weil sie unmittelbar mit der konkreten Lage des Mietobjektes in einem Bereich in Zusammenhang steht, in dem die pandemiebedingten Schutzmaßnahmen aufgrund von § 28 Abs. 1 IfSG aus staatlicher Sicht erforderlich waren. Die staatliche Schließungsanordnung in den Allgemeinverfügungen vom 18. bzw. 20.03.2020 differenziert zwischen verschiedenen Geschäftsarten, indem sie von der generellen Anordnung zur Schließung von Geschäften konkrete Ausnahmen formuliert. Dennoch erfolgt der Eingriff nicht betriebsbezogen, sondern ortsbezogen, weil im Rahmen des Pandemiegeschehens Orte vielfältiger menschlicher Begegnung weitgehend beseitigt werden sollen, um dadurch zu ermöglichen, dass eine Übertragung des Covid-19 Virus, welche den Kontakt eines infizierten zu einem nicht infizierten Menschen erfordert, nicht stattfindet. Es geht deshalb nicht um einen Eingriff in die betriebliche Tätigkeit eines Textileinzelhandelsgeschäfts im Unterschied zu etwa dem Betrieb eines Einzelhandels für Lebensmittel, der weiterhin öffnen darf. Vielmehr sollte landesweit der Betrieb grundsätzlich aller Geschäfte ruhen, um auf diesem Wege menschliche Kontakte - sowohl im Geschäft als auch auf dem Weg zum Geschäft und von diesem weg auf der Straße und im öffentlichen Personenverkehr - zu reduzieren. Der Einzelhandel für Lebensmittel wird nur deshalb gemeinsam mit anderen ausdrücklich aufgezählten Geschäften von der Schließung verschont, weil er zur Aufrechterhaltung der Versorgung der Bevölkerung mit den lebenswichtigen Gütern des täglichen Bedarfs erforderlich ist. Die Zielrichtung der Eingriffsmaßnahmen nach § 28 IfSG ist deshalb landesweit ortsbezogen und richtet sich nach der konkreten Betroffenheit des Ortes oder der Region durch das Infektionsgeschehen und der daraus resultierenden Dringlichkeit der Reduzierung von Kontakten der Menschen (vgl. dazu OVG Münster, Beschluss vom 06.07.2020, 13 B 940/20.NE, BeckRS 2020, 14802; Kießling in Kießling, IfSG, 1. Aufl., § 28 Rn. 65). Um einen betriebsbezogenen Eingriff geht es nicht.

Aus der über den zumindest mittelbaren Einfluss der Klägerin hinausgehenden generell und landesweit geltenden Zugangsbeschränkung kann kein Umstand abgeleitet werden, der in den von der Klägerin zu verantwortenden Bereich fällt.

4. Infolge des Auftretens der Corona-Pandemie und der staatlichen Schließungsanordnung aus den Allgemeinverfügungen vom 18. bzw. 20.03.2020 ist jedoch eine Störung der Geschäftsgrundlage i.S.v. § 313 Abs. 1 BGB des Mietvertrages vom 13./26.09.2013 eingetreten (dazu a), die eine Anpassung des Vertrages dahin auslöst, dass die Kaltmiete für die Dauer der angeordneten Schließung auf die Hälfte reduziert wird (dazu b).

a) Der Tatbestand der Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 1 BGB setzt ein tatsächliches Element (dazu aa), ein hypothetisches Element (dazu bb) und ein normatives Element (dazu cc) voraus (vgl. Finkenauer in Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl., § 313 Rn. 56).

aa) Die Geschäftsgrundlage wird gebildet durch die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, beim Vertragsschluss aber zutage getretenen, dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen des eigenen Vertragsteils oder durch die gemeinsamen Vorstellungen beider Teile vom Vorhandensein oder künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille auf diesen Vorstellungen aufbaut (vgl. BGH, Urteil vom 25.09.1997, II ZR 269/96, NJW 1997, 3371, 3372; Urteil vom 24.03.2010, VIII ZR 160/09, NJW 2010, 1663 Rn. 17). Zur Geschäftsgrundlage der Parteien als Vermieterin und Mieterin von Geschäftsräumen zur Nutzung als Textileinzelhandelsgeschäft gehörte danach die Vorstellung, dass es nicht zu einer Pandemie mit weitgehender Stilllegung des öffentlichen Lebens infolge pandemiebedingter Nutzungsuntersagungen und -beeinträchtigungen kommen würde, so dass das Auftreten der Pandemie mit den entsprechenden weitreichenden staatlichen Eingriffen in das wirtschaftliche und soziale Leben eine schwerwiegende Änderung der für die Vertragslaufzeit vorgestellten Umstände bedeutet und damit das tatsächliche Element der Störung der Geschäftsgrundlage verwirklicht. Es liegt eine Systemkrise und damit ein Fall der Störung der großen Geschäftsgrundlage vor, weil durch sie das allgemeine soziale und wirtschaftliche Gefüge nachhaltig erschüttert wird (idS Jung, a.a.O., S. 716, 717; Weller/Lieberknecht/Habrich NJW 2020, 1017, 1021; Häublein/Müller NZM 2020, 481, 486 f.; Wolf/Eckert/Denz/Gerking/Holze/Künnen/Kurth JA 2020, 401, 402). So wird es auch vom Landgericht im angefochtenen Urteil gesehen (ebenso LG Heidelberg, Urteil vom 30.07.2020, 5 O 66/20, BeckRS 2020, 19165 Rn. 39 ff.; Streyl, a.a.O., Seite 821; Zehelein, a.a.O., Seite 398). Ohne dass es hierauf entscheidend ankommen würde, spricht für diese Annahme auch der Inhalt des mit Wirkung vom 31.12.2020 neu geschaffenen Art. 240 § 7 Abs. 1 EGBGB (vgl. Brinkmann/Thüsing, a.a.O., Seite 8).

bb) Das hypothetische Element ist erfüllt, wenn die vertragschließenden Parteien den Vertrag nicht oder mit einem anderen Inhalt geschlossen hätten wenn sie die Veränderung der Umstände, welche zur Geschäftsgrundlage gehören, vorhergesehen hätten. Erforderlich ist danach, dass zumindest eine Vertragspartei den Vertrag nicht bzw. nicht mit diesem Inhalt abgeschlossen hätte, wenn sie das Fehlen oder den Wegfall der Vertragsgrundlage vorhergesehen hätte (vgl. Finkenauer, a.a.O., Rn. 58). Im Rahmen der Störung der großen Geschäftsgrundlage ist das hypothetische Element regelmäßig erfüllt (vgl. Jung, a.a.O., S. 719). Zudem ist zu beachten, dass es sich bei der Änderung der zur Geschäftsgrundlage gehörenden Umstände um sehr wesentliche Rahmenbedingungen für den Betrieb ihres Textileinzelhandelsgeschäftes handelt. Auf konkrete, nicht in die Vertragsverhandlungen eingeflossene Erwägungen, die nach dem Vortrag der Klägerin, sie hätte, wenn die jetzt eingetretene Situation bei Mietvertragsabschluss auch nur annähernd vorhersehbar gewesen wäre, kein Einverständnis der Klägerin mit einer Mietpreisanpassungsklausel in der von der Beklagten geltend gemachten Form, also im Sinne einer Reduzierung auf die Hälfte der Miete, erklärt, kommt es daher nicht an. Abzustellen ist auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses und auf verständige, wirtschaftlich denkende Vertragspartner. Diese hätten sich bei dem beide Vertragspartner gleichermaßen betreffenden und gerade nicht zu beeinflussenden Risiko nicht einseitig zu Gunsten eines Vertragspartners entschieden. Das hypothetische Element des § 313 Abs. 1 BGB ist damit erfüllt.

cc) Das normative Element des § 313 Abs. 1 BGB ist erfüllt, wenn die wesentliche Veränderung der zur Geschäftsgrundlage gehörenden Umstände nicht in den Risikobereich einer der Parteien fällt (dazu aaa) und ein Festhalten am Vertrag einer der Parteien nicht zuzumuten ist (dazu bbb).

aaa) Wenn angenommen wird, dass eine der Parteien mit dem Abschluss des Mietvertrags ein Risiko übernommen hat, unter das das Auftreten der Corona-Pandemie und die daraufhin ergangene staatliche Schließungsanordnung fällt, stünde dies einer Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 1 BGB regelmäßig entgegen, weil für die Berücksichtigung von Störungen der Geschäftsgrundlage grundsätzlich kein Raum ist, soweit es um Erwartungen und Umstände geht, die nach den vertraglichen Vereinbarungen in den Risikobereich einer der Parteien fallen (vgl. BGH, Urteil vom 17.03.2010, XII ZR 108/08, NZM 2010, 364 Rn. 15; Finkenauer, a.a.O., Rn. 61). Dies könnte auf den ersten Blick dafür sprechen, die Entscheidung sei bereits im Rahmen der bei der Auslegung des Mietvertrages notwendigen Abgrenzung zwischen dem beim Vermieter liegenden Risiko der Gebrauchstauglichkeit des Mietobjektes einerseits und dem beim Mieter liegenden Verwendungsrisiko andererseits gefallen (vgl. dazu oben II.3.). Diese Annahme greift aber zu kurz, weil die bei der vertraglichen Risikoabgrenzung allein betrachtete staatliche Schließungsanordnung nicht gleichbedeutend mit der in ein Pandemiegeschehen mit weitreichenden Kontakteinschränkungen eingebetteten Änderung der zur Geschäftsgrundlage gehörenden Umstände ist. Es geht hier also nicht um ein "normales" Risiko der Gebrauchstauglichkeit bzw. der Verwendung des Mietobjektes, sondern um weitgehende staatliche Eingriffe in das soziale und wirtschaftliche Leben aufgrund einer Pandemie, die als Systemkrise eine Störung der großen Geschäftsgrundlage ist. Das mit der Störung der großen Geschäftsgrundlage verbundene Risiko kann regelmäßig keiner Vertragspartei allein zugewiesen werden (idS Weller/Lieberknecht/Habrich, a.a.O., S. 1021; Jung, a.a,O., S. 720; Häublein/Müller, a.a.O., S. 487 f.: Römermann NJW 2021, 265 Rn. 22; Warmuth, a.a.O., S. 19 f.; LG Mönchengladbach, Urteil vom 02.11.2020, a.a.O., Rn. 41). Der staatliche Eingriff zur Kontaktbeschränkung hat dabei auch unmittelbar auf das vorliegend zu beurteilende Mietverhältnis eingewirkt, indem das von der Beklagten entsprechend dem Mietzweck betriebene Textileinzelhandelsgeschäft als möglicher Ort potentiell vielfältiger Kontakte, die zur Übertragung des Covid 19 Virus führen können, geschlossen wurde. Von der vertraglichen Risikozuweisung wird deshalb dieses von den Vertragsparteien nicht vorhergesehene und die Geschäftsgrundlage des Vertrages betreffende Geschehen nicht erfasst (in demselben Sinne etwa Streyl, a.a.O., Seite 822 f.; Zehelein, a.a.O., Seite 398). Auch in diesem Punkt stützt die Neuregelung in Art. 240 § 7 Abs. 1 EGBGB die Annahme, dass die pandemiebedingten staatlichen Schließungsmaßnahmen zumindest regelmäßig von der ohne Bezug zur Corona-Pandemie im Mietvertrag vereinbarten Risikozuweisung nicht erfasst werden (i.d.S. auch Römermann NJW 2021, 265, 267 f.). Im Ergebnis steht die vertragliche Risikozuweisung in der hier zu beurteilenden Situation einer Anpassung des Vertrages nach § 313 Abs. 1 BGB selbst dann nicht entgegen, wenn dieses nach der Vertragsauslegung einer der Parteien zuzuordnen wäre.

bbb) Entgegen der Auffassung im angefochtenen Urteil ist das Festhalten am unveränderten Mietvertrag derjenigen Partei, die durch die Änderung der die Geschäftsgrundlage bildenden Umstände belastet ist, hier die Beklagte, nicht zumutbar.

Der Senat teilt die Auffassung der 4. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz nicht, dass von einer Unzumutbarkeit des Festhaltens am bestehenden Vertrag erst dann auszugehen sei, wenn die von der Änderung der Umstände, welche zur Geschäftsgrundlage gehören, belastete Partei dadurch in eine existenzgefährdende Lage gerät. Das beachtet nicht hinreichend, dass es hier um eine Äquivalenzstörung in einem gegenseitigen Vertrag geht, der zudem ein Dauerschuldverhältnis ist. Die notwendige Unzumutbarkeit bezieht sich damit auf die Äquivalenzstörung, also auf das Verhältnis von Überlassung des Mietobjektes einerseits und dafür Zahlen des Nutzungsentgelts (Miete) andererseits (i.d.S. auch Römermann, a.a.O., S. 268; Streyl, a.a.O., S. 824; Brinkmann/Thüsing, a.a.O., S. 10; Finkenauer, a.a.O., Rn. 77). Von besonderer Bedeutung ist dabei der Charakter des Mietvertrages als Dauerschuldverhältnis, bei dem die Miete für die Nutzungsüberlassung in Zeitabschnitten geschuldet ist, wobei der Zeitabschnitt bei den meisten Mietverhältnissen einen Monat beträgt. Dementsprechend erfolgt die Lösung des Äquivalenzproblems zwischen Miete und Gebrauchsüberlassung im Fall des Eingreifens des Gewährleistungsrechts der Minderung nach § 536 Abs. 1 BGB auch im Sinne einer Reduzierung (Minderung) der Miete (nur) für den betroffenen Zeitabschnitt der Einschränkung der Gebrauchstauglichkeit. Führt ein vorhandener Mangel in einem bestimmten Zeitraum nicht zur Einschränkung der Gebrauchstauglichkeit, ist die Miete in diesem Zeitraum und damit in den betroffenen Zeitabschnitten nicht gemindert (vgl. BGH, Urteil vom 15.12.2010, XII ZR 132/09, NJW 2011, 514 Rn. 13 - sommerliche Aufheizung der Mieträume). Ebenso ist es bei der Bestimmung der Wesentlichkeit eines Mietrückstandes - und damit einer Äquivalenzstörung - für die Annahme eines wichtigen Grundes zur Kündigung des Mietvertrages nach § 543 BGB. Auch dabei wird in § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a und b BGB nach Zahlungsterminen bestimmt, wann ein Rückstand so erheblich ist, dass aus ihm ein wichtiger Grund für die außerordentliche Kündigung des Mietvertrages folgt. In § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3b BGB ist sogar - wohl infolge eines redaktionellen Versehens - der konkrete Zeitabschnitt des Monats genannt, was aber dahin zu verstehen ist, dass der im Mietvertrag vereinbarte Zeitabschnitt gemeint ist (vgl. Alberts in Guhling/Günter, Gewerberaummiete, 2. Aufl., § 543 BGB Rn. 57 unter Verweis auf BGH, Urteil vom 17.09.2008, XII ZR 61/07, NZM 2009, 30 Rn. 15). Auch im Rahmen der Konturierung des unbestimmten Rechtsbegriffs des nicht unerheblichen Teils der Miete in § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3a BGB orientiert sich die Rechtsprechung an dem an einem Fälligkeitstermin zu zahlenden Betrag, in der Regel also an der Miete für einen Monat. So ist in § 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB für Mietverträge über Wohnraum geregelt, dass ein nicht unerheblicher Rückstand dann vorliegt, wenn der rückständige Teil die Miete für einen Monat (mindestens um ein Cent) übersteigt. Auch im Bereich der Mietverträge über Gewerberäume wird dieser Betrag grundsätzlich bei der Bestimmung des nicht unerheblichen Teils der Miete angewendet (vgl. BGH, Urteil vom 23.07.2008, XII ZR 134/06, NJW 2008, 3210 Rn. 30). Allerdings kann bei diesen Verträgen auch ein Rückstand von weniger als dem an einem Fälligkeitstermin zu zahlenden Betrag, also in der Regel der Miete für einen Monat, ausreichen, wenn besondere Einzelfallumstände hinzutreten, die den Schluss auf die Erheblichkeit dieses Rückstandes zulassen (vgl. BGH, Urteil vom 13.05.2015, XII ZR 65/14, NJW 2015, 2419 Rn. 54 ff.). Daraus folgt, dass die Unzumutbarkeit der Festhaltung am bestehenden Vertrag beim Verhältnis von Leistung und Gegenleistung anzusetzen hat, im vorliegend zu beurteilenden Mietvertrag vom 13./26.09.2013 mit monatlicher Zahlungspflicht gemäß dessen § 3 Nr. 1 also beim einzelnen Zahlungsmonat. Im Ausgangspunkt ist danach die Erheblichkeit deswegen zu bejahen, weil - je nach Standpunkt bezüglich der vertraglichen Risikoverteilung - entweder der Mieter nach dem Mietvertrag die volle Miete zahlen müsste, ohne das Mietobjekt dem Mietzweck entsprechend nutzen zu können oder der Vermieter keine bzw. eine geringfügige Miete für ein Mietobjekt erhielte, für dessen - temporäre - Unbenutzbarkeit für den vertraglich vereinbarten Mietzweck er nicht nur keine Ursache gesetzt hat, sondern die er auch nicht vorhersehen konnte. Im konkret zu beurteilenden Fall könnte man deshalb die Erheblichkeit danach allenfalls dann verneinen, wenn lediglich ein Zahlungstermin betroffen wäre und innerhalb dieses Zahlungstermins jedenfalls weit überwiegend die vertragliche Äquivalenz bestand. Denkbar wäre danach, die Unzumutbarkeit der Festhaltung am Mietvertrag dann zu verneinen, wenn die Äquivalenzstörung lediglich ein bis zwei Wochen des Mietmonats beträfe. Die Notwendigkeit der im Verhältnis zu anderen Vertragstypen relativ niedrige Schwelle der Unzumutbarkeit liegt darin begründet, dass es sich bei dem Mietvertrag um ein Dauerschuldverhältnis handelt. So ist bei einem klassischen Austauschvertrag wie dem Kaufvertrag die vollständige Leistung und Gegenleistung im Rahmen der Äquivalenzstörung gegenüberzustellen. Allerdings bezieht sich dann auch die Rechtsfolge der Vertragsanpassung auf den gesamten Vertrag, also das vollständige Äquivalenzverhältnis. Im Mietvertrag reicht dagegen eine wesentliche Äquivalenzstörung im regelmäßig monatlichen Zeitabschnitt, sie führt allerdings dann auch nur zu einer Vertragsanpassung für diesen Zeitabschnitt, so dass nicht das Risiko besteht, dass mit niedriger Eingriffsschwelle wesentliche Vertragsgrundlagen ohne entsprechenden Anlass durch richterlichen Eingriff nach § 313 Abs. 1 BGB geändert werden. Der Zeitraum, in dem die staatliche Schließungsanordnung andauerte, von insgesamt mehr als einem Monat, überschreitet damit die Schwelle der Erheblichkeit. Auf die Frage, inwieweit die wirtschaftliche Existenz der belasteten Vertragspartei durch die Störung der Geschäftsgrundlage betroffen wird, kommt es wegen dieser Dauer nicht an.

b) Da eine einvernehmliche Vertragsanpassung im Verhandlungswege der Parteien nach § 313 Abs. 1 BGB noch im Berufungsverfahren nicht zustande kam, ist der Senat verpflichtet, die entsprechende Vertragsanpassung vorzunehmen. Der Anpassungsanspruch aus § 313 Abs. 1 BGB kann gerichtlich geltend gemacht werden (vgl. BGH, Urteil vom 30.09.2011, V ZR 17/11, NJW 2012, 373 Rn. 34; Zehelein, a.a.O., S. 400). Die Beklagte hat zudem mit ihrem vorprozessualen Schreiben vom 07.05.2020 an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin einen außergerichtlichen Vergleich auf der Basis einer hälftigen Reduzierung der Miete für April 2020 angeboten, was als Anpassungsverlangen nach § 313 Abs. 1 BGB gewertet werden kann.

Damit ist eine Absenkung der Kaltmiete um 50 % gerechtfertigt, weil keine der Vertragsparteien eine Ursache für die Störung der Geschäftsgrundlage gesetzt oder sie vorhergesehen hat. Es ist demzufolge angemessen, die damit verbundene Belastung gleichmäßig auf beide Parteien zu verteilen (i.d.S. auch LG Mönchengladbach, a.a.O., Rn. 55; LG Aurich, Urteil vom 09.10.2020, 1 O 430/20; LG Kempten, Urteil vom 07.12.2020, 23 O 753/20, BeckRS 2020, 37736 Rn. 37; AG Oberhausen, Urteil vom 06.10.2020, 37 C 863/20, BeckRS 2020, 35507 Rn. 46; Zehelein, a.a.O., Seite 398 ff.; Streyl, a.a.O., S. 824; Ekkenga/Schirrmacher NZM 2020, 410, 414; i. E. auch Häublein/Müller, a.a.O., S. 491 f.). Dies entspricht der Lösung der Rechtsprechung bei Vertragszweckstörungen in der Vergangenheit (vgl. BGH, Urteil vom 23.11.1989, VII ZR 60/89, NJW 1990, 572, 573 - Aufteilung der Hotel-Stornokosten bei Reisekündigung wegen höherer Gewalt; ähnlich OLG Karlsruhe, Urteil vom 15.05.1992, 15 U 297/91, NJW 1992, 3176, 3177 f. - Wegfall der beiderseitigen Leistungspflichten aus einem Vertrag über den Auftritt von Musikern auf einer Faschingsveranstaltung, welche wegen des Golfkriegs ausfiel). Es kann offen bleiben, ob die Zahlung staatlicher Hilfen an einen der Vertragspartner des Mietvertrages zu einer weiteren Anpassung der Höhe der Miete führen würde, weil nicht festgestellt werden kann, dass die Klägerin oder die Beklagte solche staatlichen Hilfen erhalten haben. Es kann auch dahinstehen, ob und ggf. inwieweit Zahlungen auf Betriebskosten anzupassen wären, weil solche nicht Gegenstand des Rechtsstreits sind. Der Klägerin war eine keine Teilnutzung des Mietobjekts im Sinne eines "Außer-Haus-Verkaufs" bzw. eines entsprechenden Liefer- und Abholservice möglich wie dies etwa bei Gaststätten erlaubt war (vgl. Ziffer 3 der Allgemeinverfügung vom 18.03.2020 und Ziffer 4 der Allgemeinverfügung vom 20.03.2020).

Eine Reduzierung der Kaltmiete auf die Hälfte für den Zeitraum der staatlichen Schließungsanordnung führt zu dem Ergebnis, dass die Klägerin für den Monat April anstelle des vertraglich vereinbarten Betrages von 7.854,00 € nur 5.366,90 € zu zahlen hätte, während sie für den Monat März 2020 6.207,19 € zu zahlen gehabt hätte, also mit ihrer vollständigen Mietzahlung die Miete in Höhe von 1.646,81 € überzahlt hat. In dieser Höhe hat die Beklagte hilfsweise die Aufrechnung gegen die Forderung der Klägerin auf Zahlung der Miete für April 2020 erklärt, so dass sich im Ergebnis gemäß §§ 387, 389 BGB der Anspruch der Klägerin von 5.366,90 € auf 3.720,09 € reduziert.

Im Hinblick auf die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten war lediglich ein Streitwert in Höhe des nunmehr ausgeurteilten Betragen anzusetzen.

Der Zinsausspruch folgt aus §§ 288 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO; diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Zi. 10, 711 ZPO. Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 Zi. 1 ZPO wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung zuzulassen.
 
 
 

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

(1) Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Er hat die auf der Mietsache ruhenden Lasten zu tragen.

(2) Der Mieter ist verpflichtet, dem Vermieter die vereinbarte Miete zu entrichten.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 125/18 Verkündet am:
23. Oktober 2019
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
BGB §§ 307 Abs. 1 Bb, 543 Abs. 1, 549 Abs. 1, 578 Abs. 2

a) Ein Mietvertrag, den eine Gemeinde abgeschlossen hat, um in dem Mietobjekt
ihr zugewiesene Flüchtlinge unterbringen zu können, ist unbeschadet
seiner Bezeichnung kein Wohnraummietvertrag iSv § 549 Abs. 1 BGB
(Fortführung von BGHZ 94, 11 = NJW 1985, 1772).

b) Eine in diesem Vertrag enthaltene formularmäßige Klausel, mit der für beide
Mietvertragsparteien das Recht zur ordentlichen Kündigung für die Dauer
von 60 Monaten ausgeschlossen wird, ist nicht wegen unangemessener
Benachteiligung des Mieters unwirksam.
BGH, Urteil vom 23. Oktober 2019 - XII ZR 125/18 - LG Saarbrücken
AG St. Wendel
ECLI:DE:BGH:2019:231019UXIIZR125.18.0

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 23. Oktober 2019 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richter Prof. Dr. Klinkhammer, Dr. Günter und Dr. Botur und die Richterin Dr. Krüger
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Saarbrücken vom 19. Oktober 2018 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Kläger verlangen von der beklagten Stadt Zahlung rückständiger Miete für die Monate Mai bis Dezember 2017 in Höhe von insgesamt 21.160 € nebst Zinsen.
2
Die Beklagte mietete von den Klägern mit einem als "Mietvertrag über Wohnräume" überschriebenen Formularvertrag vom 26. Januar 2016 ein Wohnhaus, in dem die Beklagte beabsichtigte, bis zu 14 Personen unterzubringen , die ihr als Flüchtlinge zugewiesen werden. Die monatliche Miete betrug insgesamt 2.645 €. § 4 des Mietvertrags enthält folgende Regelung: "Abweichend von § 3 wird das Recht beider Mietvertragsparteien zur ordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses für die Dauer von 60 Monaten ab Abschluss des Vertrages ausgeschlossen. Der darin liegende Kündigungsverzicht kann höchstens für die Dauer von 47 Monaten seit Abschluss des Vertrages und mit der Mög- lichkeit zum Ablauf dieses Zeitraums vereinbart werden. Das Recht der Parteien zur außerordentlichen Kündigung bleibt davon unberührt. Für die Fristen der ordentlichen Kündigung nach Wegfall des Kündigungsausschlusses gelten die gesetzlichen Regelungen."
3
Die in der Klausel genannte Zahl "60" wurde an der in dem Vertragsformular vorgegebenen Stelle handschriftlich eingefügt. Neben der Klausel befindet sich ein mit einem Sternchen gekennzeichneter Hinweis, der am Ende der Klausel mit der Formulierung "Sonderprogramm Flüchtlingswohnraum" erläutert wird.
4
Aufgrund des Rückgangs der Flüchtlingszahlen im Jahr 2016 fand eine Belegung des Hauses zu keiner Zeit statt. Mit Schreiben vom 17. Januar 2017 kündigte die Beklagte das Mietverhältnis zum 30. April 2017 und vertrat dabei die Auffassung, die Sondervereinbarung über die Kündigungszeit von 60 Monaten sei entfallen, weil ihr seit Anfang 2016 keine Flüchtlinge mehr zugewiesen worden seien. Mit Schreiben vom 12. Juli 2017 forderte die Beklagte die Kläger zudem auf, einer Mietanpassung auf 5 €/qm zuzustimmen, weil die vereinbarte Kaltmiete von 10,62 €/qm die ortsübliche Miete um 112 % übersteige. Mit Schreiben vom 25. August 2017 kündigte die Beklagte das Mietverhältnis hilfsweise fristlos mit der Begründung, sie sei zur Kündigung berechtigt, weil die Kläger die Zustimmung zu einer Mietanpassung verweigert hätten.
5
Das Amtsgericht hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat auf die Berufung der Kläger das amtsgerichtliche Urteil abgeändert und die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Hiergegen richtet sich die vom Landgericht zugelassene Revision der Beklagten.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

7
Das Landgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
8
Dem Kläger stehe gemäß § 535 Abs. 2 BGB ein vertraglicher Anspruch auf Zahlung der vereinbarten Miete für die Monate von Mai bis Dezember 2017 in Höhe von 21.160 € zu. Das Mietverhältnis sei nicht durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 17. Januar 2017 mit der Frist des § 573 c Abs. 1 BGB zum 30. April 2017 beendet worden, weil die Parteien dieses Recht in § 4 des Mietvertrags wirksam für die Dauer von 60 Monaten ausgeschlossen hätten. Der grundsätzlich zulässige Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts des Mieters unterliege im Wohnraummietrecht dann durchgreifenden Bedenken , wenn die Dauer des Kündigungsausschlusses vier Jahre übersteige. Im vorliegenden Fall halte der Kündigungsausschluss den AGB-rechtlichen Vorgaben schon deshalb stand, weil der Mietvertrag nicht als Wohnraummietvertrag iSv § 549 BGB, sondern als allgemeines Mietverhältnis nach § 535 zu qualifizieren sei. Zwar streite der Wortlaut der mit "Mietvertrag über Wohnräume" überschriebenen Urkunde und die darin enthaltenen inhaltlichen Regelungen dafür, dass die Parteien das Mietverhältnis den Vorschriften der Wohnraummiete unterstellen wollten. Allerdings stünde der mit der Vertragsgestaltung ersichtlich verfolgte Zweck der Annahme eines Wohnraummietverhältnisses entgegen. Denn die Beklagte habe die Räume nicht selbst nutzen, sondern bestimmungsgemäß dritte Personen darin unterbringen wollen.
9
Der Kündigungsausschluss sei gemäß § 305 b BGB im Wege einer Individualabrede vereinbart worden, weshalb die Klausel keiner AGB-rechtlichen Kontrolle unterliege. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei der Inhalt des vereinbarten Kündigungsausschlusses von den Parteien ernstlich zur Diskussion gestellt worden und die handschriftlichen Ergänzungen gäben das Ergebnis der kontroversen Verhandlungen über die Laufzeit des Vertrags wieder. Schließlich stünde der Kündigungsausschluss auch nicht unter der Bedingung, dass das "Sonderprogramm Flüchtlingswohnraum" in Anspruch genommen werde.
10
Die Kündigung der Beklagten könne auch nicht als außerordentlich befristete Kündigung aufrechterhalten werden, weil ein wichtiger Grund, der die Beklagte zur außerordentlichen Kündigung berechtigt habe, nicht vorliege. Eine Kündigung wegen schwerwiegender Veränderungen der bei Vertragsschluss vorhandenen Erwartungen komme nicht in Betracht, wenn die Störung des Verwendungszwecks nach dem Inhalt der Vereinbarung in die Risikosphäre einer der Parteien fallen solle. Grundsätzlich trage der Mieter das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache, selbst wenn der Vermieter die speziellen Vermietungsziele und Verwendungszwecke des Mieters kenne. Deshalb falle der Rückgang der Flüchtlingszahlen in die Risikosphäre der Beklagten. Denn er betreffe das Risiko der Beklagten, die von ihr angemieteten Räume in der bei Vertragsschluss vorausgesetzten Weise verwenden zu können.
11
Eine für die Beklagte günstigere Beurteilung der Rechtslage sei auch dann nicht geboten, wenn beide Parteien bei Abschluss des Vertrags die gemeinsame Vorstellung gehabt hätten, dass der Anfang 2016 noch starke Zustrom an Flüchtlingen sich über die gesamte Laufzeit des Vertrags nicht abschwächen würde. Ein solcher gemeinsamer Irrtum über die für den Vertragsschluss wesentlichen Umstände ermögliche die Kündigung des Mietverhältnisses nach den Grundsätzen zur Störung der Geschäftsgrundlage nur dann, wenn der Irrtum keinen Umstand betreffe, der in die Risikosphäre des Kündi- genden falle. Im vorliegenden Fall habe jedoch die Beklagte das Risiko der nicht ausreichenden Belegung der Wohnung zu tragen. Zudem stehe in tatsächlicher Hinsicht auch nicht fest, dass die Erwartungen der Beklagten eines fortdauernd ungebremsten Zustroms von Flüchtlingen auch von den Klägern geteilt worden sei.
12
Die Kündigung der Beklagten vom 25. August 2017 führe ebenfalls nicht zur Beendigung des Mietverhältnisses, da insoweit ein Kündigungsgrund nicht ersichtlich sei. Soweit die Beklagte meine, sie sei zur Kündigung berechtigt gewesen , weil die Kläger die Zustimmung zu einer Mietermäßigung nicht erteilt hätten, rechtfertige dies eine Kündigung des Mietverhältnisses nicht. Die Vereinbarung einer gegen § 5 WiStrG, § 291 StGB verstoßenden Mietpreisabrede begründe kein Sonderkündigungsrecht, sondern habe die Teilnichtigkeit der Preisabrede zufolge, die sich auf das ortsübliche Mietpreisniveau ermäßige, ohne dass es hierzu einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung bedürfe. Deshalb besitze die Beklagte kein schutzwürdiges Interesse an einer Zustimmung zur Anpassung der Miete. Folglich könne auch die Verweigerung der Zustimmung kein schutzwürdiges Interesse der Mieter tangieren, weshalb ein anerkennenswertes Interesse der Beklagten an einer Kündigung des Mietvertrags nicht ersichtlich sei. Zudem habe die Beklagte nicht dargelegt, dass die Mietpreisvereinbarung die Grenze des § 5 WiStrG, § 291 StGB übersteige. Sei eine das ortsübliche Niveau übersteigende Miete unter weiteren Voraussetzungen sittenwidrig iSv § 138 BGB, habe dies die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts zur Rechtsfolge. Für eine Zustimmung zur Mietanpassung sei demnach auch im Falle einer sittenwidrigen Überhöhung der Miete kein Raum. Zudem habe die Beklagte die tatsächlichen Voraussetzungen einer sittenwidrigen Überhöhung der Miete ebenfalls nicht dargelegt.

II.

13
Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass das streitgegenständliche Mietverhältnis weder durch die Kündigung der Beklagten vom 17. Januar 2017 noch durch deren Kündigung vom 25. August 2017 beendet wurde und daher den Klägern gemäß § 535 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Mietzahlung in der geltend gemachten Höhe zusteht.
14
1. Soweit die Revision in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erstmals vorgetragen hat, der Mietvertrag sei unwirksam, weil der vom Bürgermeister der Beklagten unterzeichneten Vertragsurkunde das nach § 62 Abs. 1 KSVG erforderliche Dienstsiegel nicht beigefügt worden sei, kann sie damit nicht durchdringen.
15
Zum einen ist bereits zweifelhaft, ob das Fehlen des Dienstsiegels im Ergebnis zur Unwirksamkeit des abgeschlossenen Mietvertrags führen würde (vgl. OLG Saarbrücken NJW-RR 2011, 1455 f.). Zum anderen handelt es sich hierbei jedenfalls um neuen Sachvortrag, der vom Senat nicht berücksichtigt werden kann (§ 559 ZPO).
16
2. Entgegen der Auffassung der Revision ist der von den Mietvertragsparteien in § 4 des Mietvertrags vereinbarte Kündigungsausschluss wirksam. Dabei kann dahinstehen, ob diese Regelung zwischen den Vertragsparteien iSv § 305 b BGB ausgehandelt worden ist oder ob es sich um eine formularmäßige Vertragsklausel handelt, die der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB unterliegt.
17
a) Nimmt man mit dem Berufungsgericht an, dass der in § 4 des Mietvertrags geregelte Kündigungsausschluss zwischen den Mietvertragsparteien individualvertraglich vereinbart wurde, steht die Wirksamkeit dieser Klausel außer Frage. Der Bundesgerichtshof hat bereits mehrfach entschieden, dass selbst bei einem Wohnraummietverhältnis die Vertragsparteien die ordentliche Kündigung im Wege der Individualvereinbarung für sehr lange Zeit (vgl. BGH Urteile vom 22. Dezember 2003 - VIII ZR 81/03 - NJW 2004, 1448 f. für einen 5jährigen Kündigungsausschluss; vom 13. Oktober 2010 - VIII ZR 98/10 - NJW 2011, 59 Rn. 25 für einen 10-jährigen Kündigungsausschluss und vom 10. Juli 2013 - VIII ZR 388/12 - NJW 2013, 2820 Rn. 15 ff. für einen bis zu 13-jährigen Kündigungsausschluss) oder in den Grenzen des § 138 BGB sogar dauerhaft ausschließen können (vgl. BGH Beschluss vom 8. Mai 2018 - VIII ZR 200/17NJW -RR 2018, 843 Rn. 16 und Urteil vom 10. Juli 2013 - VIII ZR 388/12 - NJW 2013, 2820 Rn. 17).
18
b) Der vereinbarte Kündigungsausschluss ist aber auch dann wirksam, wenn man mit der Revision davon ausgeht, dass es sich bei § 4 des Mietvertrags um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt, weil die Klausel der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB standhält.
19
aa) Zwar hat der Bundesgerichtshof bereits mehrfach entschieden, dass ein formularvertraglich vereinbarter Kündigungsausschluss, der die Dauer von vier Jahren übersteigt, den Mieter entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt und daher gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam ist (vgl. BGH Urteile vom 7. Oktober 2015 - VIII ZR 247/14 - NJW 2015, 3780 Rn. 19; vom 2. März 2011 - VIII ZR 163/10 - ZMR 2012, 182 Rn. 10 f. und vom 8. Dezember 2010 - VIII ZR 86/10 - NJW 2011, 597 Rn. 2, 15). Diese Entscheidungen bezogen sich jedoch auf den Bereich der Wohnungsmiete. Ihnen liegt zum einen die Erwägung zugrunde, dass das Mobilitätserfordernis des Mieters in der heutigen Zeit der Zulässigkeit einer längerfristigen Bindung an ein Mietverhältnis entgegensteht (vgl. BGH Urteil vom 6. April 2005 - VIII ZR 27/04 - NJW 2004, 1574, 1575 f.). Zum anderen sieht das Gesetz für die Ver- einbarung einer Staffelmiete in einem Wohnraummietverhältnis in § 557 a Abs. 3 BGB die Möglichkeit vor, dass das Kündigungsrecht des Mieters für die Dauer von höchstens vier Jahren ausgeschlossen werden kann. Dieser Vorschrift kann die gesetzliche Wertung entnommen werden, dass die Bindung eines Mieters an einen Mietvertrag, der die Dauer von vier Jahren - gerechnet vom Zeitpunkt des Vertragsschlusses bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Mieter den Vertrag erstmals beenden kann - nicht überschreitet, diesen nicht iSv § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unangemessen benachteiligt (vgl. BGH Urteil vom 8. Dezember 2010 - VIII ZR 86/10 - NJW 2011, 597 Rn. 15 mwN).
20
bb) Diese Rechtsprechung lässt sich jedoch auf den vorliegenden Fall nicht übertragen, weil die genannten Erwägungen nur für Wohnraummietverhältnisse tragen und ein solches hier nicht vorliegt. Das Berufungsgericht geht insoweit zu Recht davon aus, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Mietverhältnis nicht um ein Wohnraummietverhältnis iSv § 549 Abs. 1 BGB, sondern um ein allgemeines Mietverhältnis gemäß § 535 BGB handelt. Auch die Revision verschließt sich dieser Auffassung nicht.
21
(1) Das hier zur Beurteilung stehende Vertragsformular ist zwar als "Mietvertrag über Wohnräume" überschrieben und verschiedene Bestimmungen des Mietvertrags legen nahe, dass die Parteien das Mietverhältnis den Regelungen über die Wohnraummiete unterstellen wollten. Bei der Entscheidung der Frage, ob ein Mietverhältnis über Wohnraum vorliegt, ist jedoch auf den Zweck abzustellen, den der Mieter mit der Anmietung des Mietobjekts vertragsgemäß verfolgt (vgl. BGHZ 202, 39 = NJW 2014, 2864 Rn. 21 und BGHZ 94, 11 = NJW 1985, 1772). Wohnraummiete liegt vor, wenn die Räume dem Mieter vertragsgemäß zur Befriedigung seiner eigenen Wohnbedürfnisse und/oder der Wohnbedürfnisse seiner Familie dienen sollen (Schmidt-Futterer/Blank Mietrecht 14. Aufl. vor § 535 Rn. 94). Erfolgt die Vermietung zu Zwecken, die keinen unmittelbaren Wohnraumcharakter haben, ist hingegen allgemeines Mietrecht maßgebend (vgl. BGHZ 202, 39 = NJW 2014, 2864 Rn. 28). Auf dieser rechtlichen Grundlage hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden, dass ein im Rahmen eines sog. Werkförderungsvertrags geschlossener Mietvertrag zwischen dem Darlehensgeber und dem Bauherrn über von diesem zu errichtende Wohnungen, die bestimmungsgemäß an die Bediensteten des Darlehensgebers untervermietet werden sollen, nicht als Mietvertrag über Wohnraum eingeordnet werden kann, weil der vertragsgemäße Gebrauch durch den Mieter für die Vertragsteile gerade nicht im Wohnen, sondern im Weitervermieten lag (BGH Urteil vom 11. Februar 1981 - VIII ZR 323/79 - NJW 1981, 1377 f.). Ebenso hat der Bundesgerichtshof einen Mietvertrag, den die Bundesrepublik Deutschland mit dem Vermieter von Wohnungseigentum abgeschlossen hatte, um der ihr nach dem Nato-Truppenstatut und dem Zusatzabkommen zum Nato-Truppenstatut obliegenden Verpflichtung zur Deckung des Wohnraumbedarfs der US-Streitkräfte nachzukommen, nicht als Wohnraummietvertrag angesehen (BGHZ 94, 11 = NJW 1985, 1772 f.).
22
(2) Auf dieser rechtlichen Grundlage ist die Annahme des Berufungsgerichts , bei dem streitgegenständlichen Mietverhältnis handele es sich nicht um ein Wohnraummietverhältnis, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
23
Die Beklagte hat die Immobilie angemietet, um dort den Wohnbedarf der ihr zugewiesenen Flüchtlinge decken zu können. Der Zweck der Anmietung war deshalb nicht darauf gerichtet, selbst die Räume zu Wohnzwecken zu nutzen, zumal eine juristische Person keinen eigenen Wohnbedarf haben kann (Schmidt-Futterer/Blank Mietrecht 14. Aufl. vor § 535 Rn. 94). Der vertragsgemäße Gebrauch der Beklagten bezog sich vielmehr darauf, die angemieteten Räumlichkeiten zugewiesenen Flüchtlingen zu Wohnzwecken überlassen zu dürfen.
24
Zudem ist im vorliegenden Fall die Annahme eines Wohnraummietverhältnisses auch nicht im Hinblick auf die Anwendbarkeit der für den Wohnraummieter geltenden Schutzvorschriften geboten. Dies zeigen die Regelungen in §§ 549 Abs. 2 Nr. 3, 578 Abs. 3 BGB. Mietet eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder ein anerkannter privater Träger der Wohlfahrtspflege als Hauptmieter Wohnraum an, um ihn Personen mit dringendem Wohnungsbedarf als Untermieter zu überlassen, sind nach § 549 Abs. 2 Nr. 3 BGB im Verhältnis Hauptmieter zu Untermieter wesentliche Mieterschutzbestimmungen nur dann nicht anwendbar, wenn der Untermieter bei Vertragsschluss auf die Zweckbestimmung des Wohnraums und die Ausnahme von den genannten Vorschriften hingewiesen wurde. Nach der für Mietverträge, die nach dem 31. Dezember 2018 abgeschlossen wurden, geltenden Vorschrift des § 578 Abs. 3 BGB (vgl. Schmidt-Futterer/Blank Mietrecht § 549 BGB Rn. 16; vgl. auch Art. 1 Nr. 7 MietAnpG und Art. 229 § 49 Abs. 3 EGBGB), sind auf Verträge über die Anmietung von Räumen durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder einen anerkannten privaten Träger der Wohlfahrtspflege, die geschlossen werden , um die Räume Personen mit dringendem Wohnungsbedarf zum Wohnen zu überlassen, die in der Norm aufgezählten Mieterschutzbestimmungen anwendbar. Beiden Bestimmungen ist der Grundsatz zu entnehmen, dass Mietverhältnisse über Wohnraum, der von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem Träger der Wohlfahrtspflege angemietet wurde, um ihn Personen mit dringendem Wohnbedarf zu überlassen, im Verhältnis zwischen Vermieter und Hauptmieter nicht als Wohnraummietverhältnisse anzusehen sind (Schmidt-Futterer/Blank Mietrecht 14. Aufl. § 549 BGB Rn. 25 und § 578 BGB Rn. 20 f.). Denn wäre bereits der Hauptmietvertrag als Wohnraummietverhältnis iSv § 549 Abs. 1 BGB zu qualifizieren, kämen die in den beiden Normen aufgeführten Mieterschutzvorschriften unmittelbar zur Anwendung und bedürfte es der Regelungen in §§ 549 Abs. 2 Nr. 3, 578 Abs. 3 BGB nicht.
25
(3) Liegt demnach kein Wohnraummietverhältnis vor, wird die Beklagte durch den in § 4 des Mietvertrags vereinbarten Kündigungsausschluss auf die Dauer von 60 Monaten auch nicht unangemessen benachteiligt iSv § 307 Abs. 1 BGB. Die Höchstgrenze von vier Jahren für die Befristung eines Mietverhältnisses bei Vereinbarung einer Staffelmiete gemäß § 557 a Abs. 3 BGB, an der sich die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei der AGBrechtlichen Inhaltskontrolle einer Kündigungsverzichtsklausel orientiert, gilt ausschließlich für Wohnraummietverhältnisse, soweit die Anwendung dieser Vorschrift für bestimmten Wohnraum nicht ausdrücklich gemäß § 549 Abs. 2 und 3 BGB ausgeschlossen ist (Schmidt-Futterer/Börstinghaus Mietrecht 14. Aufl. § 557 a BGB Rn. 7). Bei Formularverträgen über allgemeine Mietverhältnisse hat der Bundesgerichtshof hingegen eine mehrjährige Bindung für sich genommen nicht als unangemessene Benachteiligung des anderen Teils gewertet. Mietverträge sind als typische Dauerschuldverhältnisse regelmäßig auf eine längere Laufzeit angelegt; gesetzliche Bestimmungen, welche die Länge der Vertragsdauer beschränken, gibt es dabei nicht (vgl. Senatsurteil vom 19. Dezember 2007 - XII ZR 61/05 - NJW-RR 2008, 818, 819). Aus der Regelung in § 544 BGB kann vielmehr geschlossen werden, dass außerhalb von Wohnraummietverhältnissen für Mietverträge auch Laufzeiten von über 30 Jahren vereinbart werden können. Anders als beim Mieter von Wohnraum besteht bei der Beklagten auch kein Mobilitätsinteresse, das eine Beschränkung der Dauer des Kündigungsausschlusses auf vier Jahre rechtfertigen könnte. Die Beklagte als Träger der öffentlichen Verwaltung konnte vielmehr im Rahmen der Planung der ihr obliegenden Aufgabe, die ihr zugewiesenen Flüchtlinge mit Wohnraum zu versorgen , bereits bei Vertragsabschluss entscheiden, für welche Dauer sie die Anmietung der Räume vornehmen will. Deshalb wird die Beklagte jedenfalls durch eine Bindung an den Mietvertrag für die Dauer von 60 Monaten nicht unangemessen benachteiligt iSv § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.
26
cc) Sollte es sich bei § 4 des Mietvertrags um eine formularmäßige Vereinbarung handeln, wäre sie entgegen der Auffassung der Revision auch nicht wegen eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam.
27
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam , wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB). Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Verwender allgemeiner Geschäftsbedingungen sind daher nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, Rechte und Pflichten ihrer Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Die Beschreibung muss für den anderen Vertragsteil nachprüfbar und darf nicht irreführend sein. Abzustellen ist auf die Erkenntnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners. Dabei dürfen allerdings die Anforderungen an den Verwender nicht überspannt werden (Senatsurteil vom 9. Mai 2012 - XII ZR 79/10 - NJW 2012, 2187 Rn. 20 mwN). Etwaige Missverständnisse muss der Verwender sich in dieser Hinsicht aber nur dann zurechnen lassen, wenn er die Gefahr von Fehlvorstellungen bei seinen Kunden durch eine unklare oder mehrdeutige Klauselformulierung oder -gestaltung selbst hervorgerufen oder verstärkt hat (BGH Urteil vom 25. November 2015 - VIII ZR 360/14 - NJW 2016, 936 Rn. 17).
28
(2) Auf dieser rechtlichen Grundlage genügt § 4 des Mietvertrags den Anforderungen an das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Denn in § 4 Satz 1 des Mietvertrags wird klar und unmissverständlich das Recht beider Mietvertragsparteien zur ordentlichen Kündigung für die Dauer von 60 Monaten ausgeschlossen. Daran ändert auch die in § 4 Satz 2 des Mietvertrags enthaltene Formulierung nichts, wonach "der darin liegende Kündigungsverzicht […] höchstens für die Dauer von 47 Monaten seit Abschluss des Vertrages und mit der Möglichkeit zum Ablauf dieses Zeitraums vereinbart werden" kann. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen und von der Revision nicht beanstandeten Feststellungen der Instanzgerichte sollte mit dieser Formulierung nur verdeutlicht werden, dass nach der Rechtsprechung ein Kündigungsverzicht in einem Wohnraummietverhältnis formularvertraglich lediglich auf vier Jahre vereinbart werden kann. Trotzdem wird aus dem Wortlaut der Vertragsklausel noch hinreichend deutlich, dass die in § 4 Satz 1 des Mietvertrags festgelegte Dauer des Kündigungsausschlusses 60 Monate betragen und durch die Formulierung in § 4 Satz 2 des Mietvertrags nicht verändert werden sollte.
29
c) Da die Bestimmung des § 4 des Mietvertrags demnach sowohl als Formularklausel als auch als Individualvereinbarung keinen rechtlichen Bedenken unterliegt, wurde das Mietverhältnis nicht durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 17. Januar 2017 zum 30. April 2017 beendet.
30
3. Entgegen der Auffassung der Revision kann die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 17. Januar 2017 auch nicht gemäß § 140 BGB in eine außerordentliche Kündigung umgedeutet werden. Ungeachtet der Frage, ob eine ordentliche Kündigung überhaupt in eine außerordentliche Kündigung umgedeutet werden kann, weil die Wirkungen des Ersatzgeschäfts nicht weitergehen dürfen als diejenigen des unwirksamen Geschäfts (vgl. Staudinger/Roth BGB [2015] § 140 Rn. 42 mwN), scheitert im vorliegenden Fall eine Umdeutung jedenfalls daran, dass der Beklagten kein Recht zur außerordentlichen Kündigung des Mietvertrags zustand.
31
a) Die Revision vertritt hierzu die Auffassung, die Beklagte habe aufgrund des Rückgangs der Flüchtlingszahlen im Januar 2017 das Mietverhältnis aus wichtigem Grund gemäß § 543 Abs. 1 BGB außerordentlich kündigen können , weil die Mietvertragsparteien eine von dem Grundsatz, wonach der Mieter das Verwendungsrisiko der Mietsache trägt, abweichende Vereinbarung getroffen hätten. Dem kann nicht gefolgt werden.
32
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats trägt im Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter grundsätzlich der Mieter das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache (Senatsurteil vom 25. November 2015 - XII ZR 114/14 - NJW 2016, 311 Rn. 33 mwN). Allerdings können die Parteien die Risikoverteilung vertraglich ändern und vereinbaren, dass der Vermieter das Verwendungsrisiko des Mieters - ganz oder zum Teil - übernimmt. Ob das der Fall ist, ist durch Auslegung der getroffenen Vertragsvereinbarungen zu ermitteln (Senatsurteil vom 16. Februar 2000 - XII ZR 279/97 - NJW 2000, 1714,

1717).

33
b) Danach ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht das Vorliegen eines wichtigen Kündigungsgrundes iSv § 543 Abs. 1 BGB mit der Begründung verneint hat, der Rückgang der Flüchtlingszahlen und das damit verbundene Risiko, das Mietobjekt nicht oder nur eingeschränkt zur Unterbringung von Flüchtlingen nutzen zu können, falle allein in die Risikosphäre der Beklagten.
34
Zwar dürften die Vertragsparteien bei Abschluss des Mietvertrags die gemeinsame Vorstellung gehabt haben, dass das Mietobjekt allein zur Unterbringung von Flüchtlingen dienen sollte. Ebenso wird man mit der Revision davon ausgehen können, dass der streitgegenständliche Mietvertrag von der Beklagten nicht oder jedenfalls nicht mit einem auf 60 Monaten befristeten Kündigungsverzicht abgeschlossen worden wäre, wenn sie zum Zeitpunkt des Ver- tragsschlusses bereits mit einem starken Rückgang der Flüchtlingszahlen gerechnet hätte. Etwaige gemeinsame Vorstellungen der Parteien über die zukünftige Nutzung des Mietobjekts reichen jedoch ebenso wenig wie die Erwartung der Beklagten hinsichtlich der Anzahl von unterzubringenden Flüchtlingen aus, um abweichend vom gesetzlichen Leitbild des Mietvertrags, eine Verlagerung des Verwendungsrisikos auf die Kläger zu rechtfertigen. Auch dem Vertragsinhalt sind keine tragfähigen Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die Parteien eine Verlagerung des Verwendungsrisikos von der Mieterin auf die Vermieter vereinbaren wollten. Hätten die Vertragsparteien die Bindungswirkung des Vertrags vom tatsächlichen Bedarf der Beklagten an Wohnraum für zugewiesene Flüchtlinge abhängig machen wollen, hätte es nahegelegen, durch eine entsprechende Vertragsgestaltung hierfür Vorsorge zu treffen (vgl. etwa Senatsurteil vom 23. Oktober 2002 - XII ZR 202/99 - NJW-RR 2003, 152). Von einer solchen Möglichkeit haben die Vertragsparteien jedoch keinen Gebrauch gemacht. Auch das spricht dafür, dass die Kläger das Verwendungsrisiko nicht mitübernommen haben. Schließlich hat das Berufungsgericht zu Recht darauf abgestellt, dass die Beibehaltung der gesetzlichen Risikoverteilung im vorliegenden Fall auch interessengerecht ist, weil die Kläger auf die Zuweisung von Flüchtlingen an die Beklagte und somit auf das Bedürfnis nach zusätzlichem Wohnraum für deren Unterbringung keinen Einfluss haben.
35
Hinzu kommt, dass zum Zeitpunkt der von der Beklagten erklärten Kündigung eine Belegung der Mieträume während der Geltungsdauer des vereinbarten Kündigungsverzichts trotz des Rückgangs der Flüchtlingszahlen nicht völlig ausgeschlossen war. Zum einen bestand die Möglichkeit, dass der Beklagten noch Flüchtlinge zur Aufnahme zugewiesen werden. Zum anderen lässt es die Richtlinie zum Sonderprogramm zur finanziellen Unterstützung der Städte und Gemeinden bei der Unterbringung von Asylbewerbern und sonstigen Flüchtlingen des saarländischen Ministeriums für Inneres, Bauen und Sport, aus der die Beklagte Fördermittel erhalten wollte, auch zu, dass der von einer Gemeinde angemietete Wohnraum bei Bedarf auch sonstigen Personen mit besonderen Problemen beim Zugang zum Wohnungsmarkt zur Verfügung gestellt wird.
36
Hat sich damit durch den Rückgang der Flüchtlingszahlen nur das Verwendungsrisiko der Beklagten verwirklicht, steht ihr unter diesem Gesichtspunkt auch kein Recht zur außerordentlichen Kündigung des Mietvertrags nach § 543 Abs. 1 BGB zu.
37
c) Ein Recht der Beklagten zur Kündigung des Mietvertrags ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 3 Satz 2 BGB. Dabei kann dahinstehen, ob für dieses Kündigungsrecht neben den speziellen mietrechtlichen Kündigungsgründen in § 543 BGB überhaupt ein Anwendungsbereich verbleibt (vgl. hierzu Guhling/Günter/Alberts Gewerberaummiete 2. Aufl. § 543 BGB Rn. 6 mwN). Denn für eine Berücksichtigung der Regelungen über die Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) ist grundsätzlich insoweit kein Raum, als es um Erwartungen und um Umstände geht, die nach den vertraglichen Vereinbarungen in den Risikobereich einer der Parteien fallen sollen. Eine solche vertragliche Risikoverteilung bzw. Risikoübernahme schließt für die Vertragspartei - abgesehen von extremen Ausnahmefällen, in denen eine unvorhergesehene Entwicklung mit unter Umständen existenziell bedeutsamen Folgen für eine Partei eintritt - regelmäßig die Möglichkeit aus, sich bei Verwirklichung des Risikos auf Wegfall der Geschäftsgrundlage zu berufen (Senatsurteil vom 16. Februar 2000 - XII ZR 279/97 - NJW 2000, 1714, 1716 mwN). So liegen die Dinge hier, da das Verwendungsrisiko - wie bereits ausgeführt - allein bei der Beklagten liegt.
38
4. Zu Recht hat das Berufungsgericht schließlich auch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 25. August 2017 als unwirksam angesehen.
39
Die Revision rügt insoweit, das Berufungsgericht habe rechtsfehlerhaft den Vortrag der Beklagten, die vereinbarte Kaltmiete von 10,62 €/qm übersteige die ortsübliche Miete um 112 %, nicht zum Anlass genommen, die Sittenwidrigkeit der Mietpreisvereinbarung nach § 138 Abs. 1 BGB zu prüfen. Mit dieser Rüge kann die Revision nicht durchdringen. Das Berufungsgericht hat von einer weiteren Erörterung der Voraussetzungen des § 138 Abs. 1 BGB und der Vorschriften des § 5 WiStrG und des § 291 StGB mit der Begründung abgesehen, die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Überhöhung der vereinbarten Miete seien von der Beklagten nicht dargelegt worden. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
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a) Ein Vertrag ist als wucherähnliches Geschäft nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, wenn Leistung und Gegenleistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinanderstehen und weitere sittenwidrige Umstände hinzutreten, z.B. eine verwerfliche Gesinnung des durch den Vertrag objektiv Begünstigten. Bei gewerblichen Miet- oder Pachtverträgen liegt ein auffälliges Missverhältnis nach der Rechtsprechung des Senats zwar regelmäßig schon dann vor, wenn die vereinbarte Miete oder Pacht um knapp 100 % höher ist als der objektive Marktwert der Gebrauchsüberlassung (vgl. Senatsurteil vom 30. Juni 2004 - XII ZR 11/01 - NJW-RR 2004, 1454). Für die Prüfung, ob die vereinbarte Miete diese Schwelle überschreitet, ist aber auf den üblichen Wert abzustellen, der für eine vergleichbare Leistung auf dem Markt zu zahlen ist.
41
b) Im vorliegenden Fall ist daher für die Prüfung der Voraussetzungen des § 138 Abs. 1 BGB nicht die allgemein ortsübliche Vergleichsmiete für Wohnraum heranzuziehen, sondern auf die Miete, die auf dem Wohnungsmarkt für vergleichbare Unterkünfte zur Abdeckung des Wohnbedarfs von Flüchtlingen zu erzielen war, abzustellen. Hierzu fehlt es jedoch bereits an ausreichendem Sachvortrag der Beklagten. Außerdem weist das Berufungsgericht insoweit zu Recht auf die Aussage der als Zeugin vernommenen Mitarbeiterin der Beklagten hin, wonach die Beklagte selbst die Miethöhe kalkuliert hat und als Grundlage hierfür nicht die übliche Wohnraummiete, sondern die Leistungen, die die Beklagte als Fördermittel nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (zuletzt geändert durch Art. 1 des Dritten Gesetzes zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes vom 13. August 2019, BGBl I 1290) bei einer Belegung mit 14 Personen erhalten hätte, herangezogen hat. Unter diesen Voraussetzungen musste das Berufungsgericht der Frage der Sittenwidrigkeit der vereinbarten Miete nicht mehr weiter nachgehen. Dose Klinkhammer Günter Botur Krüger
Vorinstanzen:
AG St. Wendel, Entscheidung vom 14.03.2018 - 16 C 222/17 (77) -
LG Saarbrücken, Entscheidung vom 19.10.2018 - 10 S 40/18 -

Oberlandesgericht Dresden


Urteil vom 24.02.2021


Az.: 5 U 1782/20


In dem Rechtsstreit


X. Grundstücksverwaltung GmbH & Co. KG, ...
vertreten durch die Komplementärin X. Grundstücksverwaltung Beteiligungs GmbH
diese vertreten durch den Geschäftsführer ...
- Klägerin und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwaltskanzlei ...


gegen


Y. GmbH, ...
vertreten durch die Geschäftsführer ...
- Beklagte und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigte:
... Rechtsanwälte PartG mbB, ...


wegen Mietzinsforderung


hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden durch
Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht PD Dr. Dr. K.,
Richterin am Oberlandesgericht K. und
Richter am Oberlandesgericht K.
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24.02.2021
für Recht erkannt:

Tenor:


I. Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz vom 26.08.2020 (4 O 639/20) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.720,09 € zuzüglich Zinsen daraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.04.2020 und 272,00 € vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen daraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.06.2020 zu bezahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 1/3 und die Beklagte 2/3 zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckten Betrages leistet.

II. Die Revision wird zugelassen.

Gründe:


Die zulässige Berufung hat teilweise Erfolg.

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung der Miete des Monats April 2020 für die auf dem Grundstück ... Straße ... in xxx befindlichen Gebäude und Parkplätze mit einer Nutzfläche von ca. 1.150 m² in Anspruch, die die Beklagte zum Betrieb eines Textileinzelhandels angemietet hat.

Die Parteien schlossen am 13./26.09.2013 einen Mietvertrag über die auf dem Grundstück ... Straße ... in xxx befindlichen Gebäude und Parkplätze. Das Mietverhältnis begann am 01.01.2014 und wurde für die Dauer von 10 Jahren fest abgeschlossen, mit einer Verlängerungsklausel und einer zweimaligen Option der Beklagten als Mieterin zur Verlängerung des Mietverhältnisses jeweils um drei Jahre. Die Vermietung erfolgte "ausschließlich zu gewerblichen Zwecken zur Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts für Textilien aller Art, sowie Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs." Seit dem 01.01.2019 beträgt die monatliche Bruttomiete 7.854,00 € und ist spätestens bis zum 5. des Monats auf das im Vertrag angegebene Bankkonto der Klägerin zu bezahlen. Neben der Miete trägt die Beklagte als Mieterin im Vertrag näher umschriebene Nebenkosten. Eine Nebenkostenvorauszahlung wurde nicht vereinbart. In § 1 Nr. 2 des Mietvertrages wurde geregelt: "Der Vermieter übernimmt keine Gewähr dafür, dass etwaige erforderliche behördliche Genehmigungen für die Nutzung der Mieträume durch den Mieter erteilt werden, soweit die Genehmigungen nicht aus Gründen versagt werden, die ausschließlich auf der Beschaffenheit oder Lage des Mietobjektes beruhen. Der Mieter trägt die Kosten der Erfüllung behördlicher Auflagen, die sich aus seiner Person oder der Nutzungsart der Mieträume ergeben, ausgenommen sind die brandschutztechnischen Bestimmungen sowie die Arbeitsrichtlinien."

Aufgrund des sich verbreitenden SARS-CoV-2-Virus (Corona-Pandemie) erließ das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt am 18.03.2020 auf der Grundlage von § 28 Abs. 1 IfSG die "Allgemeinverfügung Vollzug des Infektionsschutzgesetzes Maßnahmen anlässlich der Corona-Pandemie Verbot von Veranstaltungen" (Az. 15-5422/5), nach deren Ziffer 1 in Sachsen grundsätzlich alle Geschäfte geschlossen wurden, soweit sie nicht unter die in der Allgemeinverfügung ausdrücklich benannten Ausnahmen fielen, was für den Textileinzelhandel der Beklagten nicht zutraf. Die Allgemeinverfügung vom 18.03.2020 trat gemäß ihrer Ziffer 9 am 19.03.2020 um 0:00 Uhr in Kraft und wurde ab dem 22.03.2020, 0:00 Uhr von der "Allgemeinverfügung Vollzug des Infektionsschutzgesetzes Maßnahmen anlässlich der Corona-Pandemie Verbot von Veranstaltungen" des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 20.03.2020 (Az. 15-5422/5) ersetzt, nach deren Ziffer 2, übereinstimmend mit der Allgemeinverfügung vom 18.03.2020, Geschäfte grundsätzlich geschlossen wurden, soweit nicht die in der Allgemeinverfügung vom 20.03.2020 formulierten Ausnahmen eingriffen, zu denen das Textileinzelhandelsgeschäft der Beklagten nicht zählte. Aufgrund der genannten Allgemeinverfügungen vom 18. bzw. 20.03.2020 war das Textileinzelhandelsgeschäft der Beklagten im Mietobjekt vom 19.03.2020 bis einschließlich 19.04.2020 geschlossen.

Nach entsprechender Ankündigung mit Schreiben vom 24.03.2020 bezahlte die Beklagte die Miete für den Monat April 2020 nicht. Die Klägerin mahnte mit dem Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 16.04.2020 bei der Beklagten die Zahlung der Miete für April 2020 erfolglos an. Die folgenden Mietzahlungen, insbesondere für den Monat Mai 2020, erbrachte die Beklagte vollständig.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei auch für den Zeitraum der durch die Allgemeinverfügungen des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 18. bzw. 20.03.2020 verursachten Schließung des Textileinzelhandelsgeschäfts im Mietobjekt zur vollständigen Zahlung der vertraglich vereinbarten Miete verpflichtet. Mit der staatlichen Schließungsanordnung habe sich ein typisches unternehmerisches Risiko verwirklicht. Das Verwendungsrisiko trage die Beklagte als Mieterin, was sich auch aus der Regelung in § 1 Nr. 2 des Mietvertrages ergebe. Die Allgemeinverfügungen zielten auf den Betrieb der Beklagten ab, während die von der Klägerin zu gewährleistende Nutzbarkeit der vermieteten Räume für den vertraglich vereinbarten Zweck dessen ungeachtet fortbestehe. Es bestehe deshalb auch kein Rückzahlungsanspruch wegen überzahlter Miete für den Monat März 2020, mit welchem die Beklagte die Aufrechnung gegen den Anspruch auf Zahlung der Miete für den Monat April 2020 erklären könne.

Die Beklagte hat behauptet, sie habe einen erheblichen Rückgang des Nettoumsatzes für die Monate März und April 2020 erlitten, welcher nicht durch verstärkten Onlinehandel kompensiert worden sei. Staatliche Finanzhilfen habe sie nicht erhalten. Sie habe ihre sämtlichen 3.000 Filialen geschlossen und einen Großteil ihrer Belegschaft in Kurzarbeit "0" geschickt.

Sie hat die Auffassung vertreten, infolge der staatlichen Schließungsanordnung liege ein Mangel des Mietobjektes i.S.d. § 536 Abs. 1 BGB vor, der zur Minderung der Miete um 100 % führe. Hilfsweise sei von einer Unmöglichkeit der Gebrauchsüberlassung i.S.v. § 326 Abs. 1 BGB auszugehen, die die Mietzahlungsverpflichtung der Beklagten entfallen lasse. Höchsthilfsweise wäre jedenfalls der Mietvertrag auf Grundlage der Grundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB wegen der durch die staatliche Schließungsanordnung eingetretenen schwerwiegenden Äquivalenzstörungen anzupassen, womit jedenfalls eine hälftige Teilung der Mietlast angemessen sei.

Für den Fall, dass der Senat von einer Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung der Miete für den Monat April 2020 ausgeht, rechnet die Beklagte hilfsweise mit ihrem Rückzahlungsanspruch in Bezug auf die von ihr rechtsgrundlos gezahlte Miete für den Zeitraum vom 19. bis zum 31.03.2020 auf.

Wegen des Sachvortrages im Übrigen und der in erster Instanz gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts Bezug genommen.

Das Landgericht hat mit dem Urteil vom 26.08.2020 die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 7.854,00 € nebst Zinsen und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten für den Gegenstandswert von 7.854,00 € nebst Zinsen zu bezahlen.

Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe einen Anspruch auf Zahlung der von ihr begehrten Miete für den Monat April 2020 aus dem Mietvertrag vom September 2013 gemäß § 535 Abs. 2 BGB. Die staatliche Schließungsanordnung aus den Allgemeinverfügungen vom 18. und 20.03.2020 führe nicht zu einem Mangel des Mietobjektes nach § 536 Abs. 1 BGB und nicht zur Unmöglichkeit der Gebrauchsüberlassungspflicht der Klägerin als Vermieterin. Eine Lagerhaltung sei der Beklagten während der Zeit der Schließungsanordnung möglich gewesen. Zudem hätte ein von der Schließungsanordnung ausgenommenes Geschäft in den Mieträumen betrieben werden können. Es könne offen bleiben, ob die wegen der Corona-Pandemie erfolgte staatliche Schließungsanordnung grundsätzlich zur Anwendbarkeit der Regelung in § 313 Abs. 1 BGB zur Anpassung des Mietvertrages wegen Störung der Geschäftsgrundlage führen könne. Im konkret zu beurteilenden Fall sei eine Anpassung des Mietvertrages jedenfalls nicht angezeigt, weil der Beklagten das Festhalten an dem unveränderten Mietvertrag nicht unzumutbar sei.

Gegen das ihr am 28.08.2020 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 02.09.2020 Berufung eingelegt und diese - nach entsprechender Fristverlängerung - am 27.11.2020 begründet.

Sie vertritt die Auffassung, das Landgericht habe in der Sache unzutreffend die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Mangels des Mietobjektes, hilfsweise der Unmöglichkeit der Gebrauchsgewährung durch die Klägerin und höchsthilfsweise der Voraussetzungen für eine Vertragsanpassung nach § 313 BGB mit der Folge einer hälftigen Mietzahlung verneint. Insoweit wiederholt und vertieft die Beklagte ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Sie behauptet, entgegen der Auffassung des Landgerichtes habe die Beklagte kaum einen Bedarf für die Nutzung der Räume des Mietobjektes als Lagerfläche anstelle der im Vertrag vereinbarten Verkaufsfläche, weil die Belieferung ihres Geschäfts im Mietobjekt über ein an einem anderen Ort befindliches Zentrallager "just in time" erfolge. Zudem sei eine kurzfristige Änderung des Nutzungszweckes des im Mietobjekt betriebenen Geschäfts auf eine nach den Allgemeinverfügungen vom 18. bzw. 20.03.2020 zugelassene Betätigung nicht möglich gewesen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Chemnitz, Az. 4 O 639/20, vom 26.08.2020 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Urteil des Landgerichts unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vortrages.

II.

Die Berufung ist teilweise begründet.

Entgegen der Auffassung der 4. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz im angefochtenen Urteil vom 26.08.2020 sieht der Senat es als erforderlich an, über eine Anpassung des Mietvertrages nach § 313 Abs. 1 BGB eine Reduzierung der Kaltmiete auf die Hälfte für denjenigen Zeitraum vorzunehmen, in dem aufgrund der Allgemeinverfügungen vom 18. und 20.03.2020 die Schließung des Textileinzelhandelsgeschäfts der Beklagten in den angemieteten Räumen angeordnet war. Für den streitgegenständlichen Zeitraum außerhalb der Schließungsanordnung ist dagegen keine Reduzierung der Miete vorzunehmen.

Im Ausgangspunkt hat die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung der Bruttokaltmiete von 7.854,00 € aus dem Mietvertrag vom 13./26.09.2013 gemäß § 535 Abs. 2 BGB. Diesem Anspruch kann die Beklagte nicht entgegenhalten, infolge der staatlichen Schließungsanordnung sei die Gebrauchsüberlassung durch die Klägerin als Vermieterin unmöglich geworden, mit der Folge, dass auch die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung der Gegenleistung, der Miete, gemäß §§ 326 Abs. 1, 275 Abs. 1 BGB entfallen sei (dazu 1.). Umgekehrt steht der Reduzierung der Miete wegen der staatlichen Schließungsanordnung nicht die Sperrwirkung der Regelung in Art. 240 § 2 EGBGB entgegen (dazu 2.), die eine Reduzierung der Miete nicht vorsieht.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist durch die staatliche Schließungsanordnung kein zur Mietminderung führender Mangel des Mietobjektes nach § 536 Abs. 1 BGB begründet worden. Die Auslegung des Mietvertrages gemäß §§ 133, 157 BGB, insbesondere anhand der gesetzlichen Risikoverteilung, führt nicht zur Annahme eines zur Minderung führenden Mietmangels (dazu 3.). Es liegt jedoch eine Störung der Geschäftsgrundlage des Mietvertrages vom 13./26.09.2013 im Sinne einer Störung der großen Geschäftsgrundlage vor, die gemäß § 313 Abs. 1 BGB zu einer dahingehenden Vertragsanpassung führt, dass die Beklagte für den Zeitraum der staatlichen Schließungsanordnung (nur) die Hälfte der vereinbarten Kaltmiete zu zahlen hat (dazu 4.).

Der Klägerin war anstelle des vom Landgericht zuerkannten Betrages von 7.854,00 € für den Monat April 2020 unter Berücksichtigung der Aufrechnung der Beklagten mit dem Anspruch auf Rückzahlung der überzahlten Miete für März 2020 ein Betrag in Höhe von 3.720,09 € zuzusprechen (dazu 4.b). Eine einseitige Auferlegung des nicht vorhersehbaren und von keiner Vertragspartei zu vertretenden Risikos einer durch die Corona-Pandemie verursachten staatlichen Schließungsanordnung auf den Mieter oder den Vermieter scheidet aus. Dafür spricht auch die Einführung von Art. 240 § 7 Abs. 1 EGBGB durch den Gesetzgeber. Auch wenn diese Vorschrift erst ab dem 31.12.2020 gilt (und damit während des derzeitigen, in Sachsen seit dem 14.12.2020 bestehenden Lockdowns eingeführt wurde), bringt sie einen bereits zuvor, nämlich schon während des ersten Lockdowns im März/April 2020, gültigen Rechtsgedanken zum Ausdruck. So lässt sich den Gesetzesmaterialien entnehmen, dass es sich um eine Klarstellung der Rechtslage handeln soll (vgl. BT-Drs. 19/25322 S. 14 f. zum Streitstand, vgl. Brinkmann/Thüsing NZM 2021, 5 und Römermann NJW 2021, 265; Herlitz NJ 2021, 56).

1. Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, der Anspruch auf Zahlung der Miete als Gegenleistung zur Verpflichtung der Klägerin als Vermieterin zur Überlassung des Gebrauches der Mieträume sei gemäß § 326 Abs. 1 BGB entfallen, weil der Klägerin infolge der staatlichen Schließungsanordnung die Überlassung der Mieträume in der Form unmöglich geworden sei, dass sie der Beklagten erlaube, ohne weiteres den vertragsgemäßen Gebrauch der Sache auszuüben. Mit diesem Einwand macht die Beklagte eine Unmöglichkeit der Vertragserfüllung geltend, die auf der Mangelhaftigkeit bzw. Gebrauchsuntauglichkeit des Mietobjektes beruhen soll. Soweit es aber um die Gebrauchsuntauglichkeit des Mietobjektes geht, werden die Vorschriften des allgemeinen Schuldrechtes, zu dem diejenigen über die Unmöglichkeit gehören, von den mietrechtlichen Gewährleistungsregelungen nach §§ 536 ff. BGB verdrängt, wenn das Mietobjekt bereits vom Vermieter an den Mieter überlassen wurde (vgl. BGH, Urteil vom 18.06.1997, XII ZR 192/95, NJW 1997, 2813; Urteil vom 04.05.2005, XII ZR 254/01, NJW 2005, 2152, 2154; Hübner/Griesbach/Fuerst in Lindner-Figura/Oprée/Stellmann, Geschäftsraummiete, 4. Aufl., Kap. 14 Rn. 233; Blank/Börstinghaus in Blank/Börstinghaus, Miete, 6. Aufl., § 535 Rn. 748). Der Beklagten war das Mietobjekt bereits überlassen worden, bevor es zur staatlichen Schließungsanordnung in den Allgemeinverfügungen vom 18. und 20.03.2020 kam.

2. Der Regelung in Art. 240 § 2 EGBGB kann keine dahingehende Sperrwirkung entnommen werden, dass sie Auswirkungen staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie auf das Bestehen oder den Umfang der Verpflichtung zur Zahlung der Miete für Räume ausschließen würde, in denen Geschäfte betrieben werden, die von den staatlichen Maßnahmen betroffen sind. Die Annahme einer Sperrwirkung würde voraussetzen, dass mit der Vorschrift des Art. 240 § 2 EGBGB eine (abschließende) Regelung dieser Frage getroffen wurde, was aber nicht zutrifft (ebenso LG Mönchengladbach, Urteil vom 02.11.2020, 12 O 154/20, BeckRS 2020, 30731 Rn. 39; LG München I, Urteil vom 25.01.2021, 31 O 7743/20, BeckRS 2021, 453 Rn. 53 ff.; Zehelein, NZM 2020, 390, 401; Streyl NZM 2020, 817, 823; Brinkmann/Thüsing NZM 2021, 5, 9 f.; Warmuth COVuR 2020, 16, 17; Herlitz, NJ 2021, 56, 58; a.A. LG München II, Urteil vom 06.10.2020, 13 O 2044/20, BeckRS 2020, 34263 Rn. 22; Jung JZ 2020, 715, 723). Unmittelbar geregelt wurde nur eine Beschränkung des Kündigungsrechts wegen Zahlungsverzuges des Mieters. Regelungen zum Bestehen und zur Höhe der Miete enthält die Vorschrift nicht. Eine klarstellende Erklärung, dass damit keine Aussage über die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Höhe der Miete in bestehenden Mietverträgen getroffen wird, wurde vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz auf seiner Homepage veröffentlicht (Text bei Streyl, a.a.O., S. 823). Letztlich spricht auch die seit dem 31.12.2020 geltende Vorschrift des Art. 240 § 7 EGBGB gegen eine Sperrwirkung von Art. 240 § 2 EGBGB.

3. Ein zur Minderung des Mietzinses führender Mietmangel wurde durch die staatlich angeordnete Schließung nicht begründet. Ein Mangel des Mietobjektes i.S.v. § 536 Abs. 1 BGB ist die für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustandes der Mietsache (Ist-Beschaffenheit) von dem vertraglich Vereinbarten (Soll-Beschaffenheit). Zu dem vertraglich vereinbarten Zustand der Mietsache gehören über deren physische Beschaffenheit hinaus auch die tatsächlichen Zustände und rechtlichen Verhältnisse, die mit der Mietsache zusammenhängen und ihre Gebrauchstauglichkeit beeinträchtigen. Dazu gehören auch Störungen, die außerhalb der Mietsache liegen. Um eine Ausuferung des Fehlerbegriffs zu vermeiden, führen außerhalb der Mietsache selbst liegenden Umstände allerdings nur dann zu einem Mangel der Mietsache, wenn sie deren Gebrauchstauglichkeit unmittelbar beeinträchtigen. Maßgebend für die Beantwortung der Frage, ob eine unmittelbare Beeinträchtigung der Mietsache vorliegt, ist danach in erster Linie der von den Parteien vereinbarte vertragsgemäße Gebrauch, welcher maßgeblich durch den vereinbarten Nutzungszweck bestimmt wird. Aus dem zur Erfüllung des vertragsgemäßen Gebrauchs erforderlichen Zustand der Mietsache ergibt sich deren geschuldeter Zustand (vgl. BGH, Urteil vom 23.09.2009, VIII ZR 300/08, NZM 2009, 855 Rn. 11; Urteil vom 10.10.2012, XII ZR 117/10, NJW 2013, 44 Rn. 30 f.).

Danach sind es allein die Vertragsparteien, die durch die Festlegung des dem Mieter jeweils geschuldeten vertragsgemäßen Gebrauches bestimmen, welchen Soll-Zustand die vermietete Sache aufweisen muss. Eine ausdrückliche Regelung der Parteien, welche Soll-Beschaffenheit das Mietobjekt in Bezug auf staatliche Schließungsanordnungen aufweisen muss, enthält der Mietvertrag vom 13./26.09.2013 nicht. Sie ist insbesondere nicht in § 1 Nr. 2 des Mietvertrages vom 13./26.09.2013 enthalten. Dort geht es um behördliche Genehmigungen für die Nutzung der Mieträume, zu denen eine aufgrund von § 28 Abs. 1 IfSG ergehende Schließungsanordnung nicht gehört, und um die nicht streitgegenständliche Frage, inwieweit der Mieter die Kosten behördlicher Auflagen trägt. Ist aber keine ausdrückliche Regelung zum "Soll-Zustand" getroffen worden, muss anhand der allgemeinen Auslegungsregeln (§§ 133, 157, 242 BGB) geprüft werden, was der Vermieter schuldet bzw. welchen Standard der Mieter aufgrund des Vertrages vom Vermieter verlangen kann (vgl. BGH, Urteil vom 18.12.2013, XII ZR 80/12, NJW 2014, 685 Rn. 20; Urteil vom 25.11.2020, XII ZR 40/19, BeckRS 2020, 37268 Rn. 12).

Von besonderer Bedeutung im Rahmen dieser Auslegung ist die gesetzlich vorgesehene Risikoverteilung zwischen den Mietvertragsparteien, weil sich an ihr der Grundsatz von Treu und Glauben konkretisiert, der ein maßgebliches Auslegungselement darstellt (vgl. Günter in Guhling/Günter, Gewerberaummiete, 2. Aufl., § 536 BGB Rn. 79). Der Vermieter trägt danach das Risiko der Gebrauchstauglichkeit des Mietobjektes (§ 535 Abs. 1 Satz 2 BGB), während der Mieter das Verwendungs-/Ertragsrisiko der Mietsache trägt (vgl. BGH, Urteil vom 17.03.2010, XII ZR 108/08, NZM 2010, 364 Rn. 17), was in § 537 Abs. 1 Satz 1 BGB zum Ausdruck kommt. Gemeint ist damit das unternehmerische Risiko, mit dem Mietobjekt Gewinne zu erzielen (vgl. Günter, a.a.O., Rn. 81). Im Ergebnis bedeutet dies, der Vermieter hat dafür Sorge zu tragen, dass einerseits die Mietsache alle physischen Eigenschaften aufweist, andererseits alle äußeren Umstände gegeben sind, die zum Zeitpunkt der Überlassung der Mietsache sowie während der gesamten Vertragslaufzeit für die uneingeschränkte Tauglichkeit der Mietsache für den festgelegten Nutzungszweck erforderlich sind (vgl. Günter, a.a.O., Rn. 84). Der Senat folgt nicht der von der 4. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz (ebenso etwa LG Zweibrücken, Urteil vom 11.09.2020, HK O 17/20, BeckRS 2020, 24356 Rn. 36 ff.; LG Frankfurt/M., Urteil vom 02.10.2020, 2-15 O 23/20, BeckRS 2020, 26613 Rn. 20; LG Stuttgart, Urteil vom 19.11.2020, 11 O 215/20, BeckRS 2020, 32275 Rn. 16; Sittner NJW 2020, 1169, 1170 f.; a.A. LG München I, Urteil vom 22.09.2020, 3 O 4495/20, BeckRS 2020, 28189; Hellmich COVuR 2020, 189, 190 f.; Sentek/Ludley NZM 2020, 406, 408: Einzelfallfrage) vertretenen Auffassung, die staatliche Schließungsanordnung falle in den vom Mieter zu tragenden Bereich des Verwendungs-/Ertragsrisikos. Das unternehmerische Risiko, mit dem Mietobjekt Gewinne zu erzielen, setzt nämlich voraus, dass der Mieter im Mietobjekt entsprechend dem vertraglich vereinbarten Mietzweck unternehmerisch tätig werden kann und greift deswegen dann nicht ein, wenn ihm - wie hier - genau diese Möglichkeit von vornherein verschlossen ist.

Die landesweit geltende Schließungsanordnung ist aber auch nicht der Risikosphäre des Vermieters zuzuordnen. Die staatliche Schließungsanordnung aus den Allgemeinverfügungen vom 18. bzw. 20.03.2020 verfügt die Schließung des Textileinzelhandelsgeschäfts der Beklagten, die dem in § 1 Nr. 1 des Mietvertrages vom 13./26.09.2013 vereinbarten Mietzweck entsprach. Es fehlt danach nicht an der grundsätzlichen Verwendbarkeit des Mietobjektes für den vereinbarten Mietzweck und geht nicht um die dem Verwendungsrisiko zuzuordnende Frage, ob der Mieter mit einem grundsätzlich zur Ausübung des Mietzweckes geeigneten Mietobjekt in der Lage ist, unternehmerischen Gewinn zu erzielen (in demselben Sinne: Weller/Thomale, BB 2020, 962, 964, die dem Verwendungsrisiko des Mieters das Verwendbarkeitsrisiko des Vermieters entgegensetzen und dieses hier betroffen sehen, weil die Verwendbarkeit der Mietsache für den Mietzweck nicht gegeben ist; ähnlich auch Hellmich, a.a.O.; Sentek/Ludley, a.a.O.). Ohne die staatliche nicht objektbezogene, von der Klägerin nicht zu beeinflussende Anordnung wäre das Mietobjekt uneingeschränkt nutzbar gewesen. Dagegen spricht auch nicht, dass von verschiedenen Oberlandesgerichten, zu denen auch der Senat zählt, in der Vergangenheit erhebliche, über das übliche Maß hinausgehende Behinderungen des Zugangs zu Gaststätten und Ladengeschäften für die Kunden dem Risiko der Gebrauchstauglichkeit des Mietobjektes zugeordnet und demzufolge als Mangel des Mietobjektes angesehen wurden (vgl. Senatsurteil vom 18.12.1998, 5 U 1774/98, NZM 1999, 317, 318; KG, Urteil vom 12.11.2007, 8 U 194/06, NZM 2008, 526, 527; Senatsurteil vom 14.10.2008, 5 U 1030/08, juris Rn. 33; OLG Frankfurt/M., Urteil vom 11.02.2015, 2 U 174/14, NJW 2015, 2434 [BGH 27.11.2014 - I ZR 124/11] Rn. 24 f.; OLG Frankfurt/M., Urteil vom 05.07.2017, 2 U 152/16, BeckRS 2017, 121594 Rn. 27 f.). Die Mieträume waren - im Rahmen der Beschränkungen der Corona-Schutzverordnung - frei zugänglich. Lediglich die von der Beklagten gewollte Verwendung war - vom Mietobjekt unabhängig - untersagt. Auch wenn Störungen, die außerhalb der Mietsache liegen, einen Mangel begründen können und für den Betrieb eines Textileinzelhandelsgeschäfts die Möglichkeit des Zugangs des Publikums eine Voraussetzung ist, wird dem Vermieter damit nicht das Risiko der objekt- und lageunabhängigen Nutzbarkeit der Mieträume übertragen. Ist der Zugang des Publikums zu den angemieteten Räumen eröffnet, fällt es in das Verwendungsrisiko des Mieters, wenn das Publikum dennoch nicht zum Kaufen der Ware in die Räume strömt, sei es, weil es das Sortiment unattraktiv findet, ein das Publikum anziehendes Geschäft nebenan geschlossen hat (vgl. zu einem solchen Fall: Senatsbeschluss vom 08.02.2017, 5 U 1669/16, BeckRS 2017, 106456) oder weil das Publikum die Räume aus Angst vor der Infektion mit dem Covid 19 Virus nicht betritt. Ein Mangel liegt dann nicht vor. Das vom Mieter zu tragende Verwendungsrisiko ist auch betroffen, wenn die Mietsache vom Mieter für den vereinbarten Mietzweck verwendet werden kann, dieser aber in Art und Umfang der Nutzung durch staatliche Maßnahmen beschränkt wird (etwa die Anordnung, ein Hygienekonzept zu erstellen, oder nur eine begrenzte Zahl von Kunden (und nur mit Mund-Nase-Bedeckung) entsprechend der Fläche in das Geschäft hineinzulassen. In diesen Fällen liegt kein Mangel des Mietobjekts vor. Diese Fälle sind auch nicht mit den hier maßgeblichen pandemiebedingten Einschränkungen vergleichbar.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Senat die Auffassung im angefochtenen Urteil nicht teilt, der Annahme eines Mangels des Mietobjekts i.S.v. § 536 Abs. 1 BGB infolge der staatlichen Schließungsanordnung stehe der Umstand entgegen, dass es sich um ein betriebsbezogenes öffentliches Gebrauchshindernis handele. Öffentlich-rechtliche Gebrauchsbeschränkungen oder -hindernisse stellen einen Mangel der Mietsache i.S.v. § 536 Abs. 1 BGB dar, wenn sie die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch aufheben oder mindern, was allerdings nur dann gilt, wenn sie auf der konkreten Beschaffenheit und der Lage der Mietsache beruhen (Ortsbezogenheit) und nicht in den persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters (Betriebsbezogenheit) ihre Ursache haben. Außerdem muss der Mieter durch die öffentlich-rechtlichen Beschränkungen und Gebrauchshindernisse in seinem vertragsgemäßen Gebrauch auch tatsächlich eingeschränkt werden, wovon regelmäßig nur dann auszugehen ist, wenn die zuständige Behörde die Nutzung des Mietobjektes durch ein rechtswirksames und unanfechtbares Verbot bereits untersagt hat (vgl. BGH, Urteil vom 20.11.2013, XII ZR 77/12, NZM 2014, 165; Urteil vom 02.11.2016, XII ZR 153/15, NJW 2017, 1104; Senatsbeschluss vom 01.06.2017, 5 U 477/17, ZMR 2017, 880; Günter NZM 2016, 569).

Entgegen der Auffassung des Landgerichtes ist die staatliche Schließungsanordnung aus den Allgemeinverfügungen vom 18. bzw. 20.03.2020 nach diesen Kriterien ein Mangel des Mietobjektes i.S.v. § 536 Abs. 1 BGB, weil sie unmittelbar mit der konkreten Lage des Mietobjektes in einem Bereich in Zusammenhang steht, in dem die pandemiebedingten Schutzmaßnahmen aufgrund von § 28 Abs. 1 IfSG aus staatlicher Sicht erforderlich waren. Die staatliche Schließungsanordnung in den Allgemeinverfügungen vom 18. bzw. 20.03.2020 differenziert zwischen verschiedenen Geschäftsarten, indem sie von der generellen Anordnung zur Schließung von Geschäften konkrete Ausnahmen formuliert. Dennoch erfolgt der Eingriff nicht betriebsbezogen, sondern ortsbezogen, weil im Rahmen des Pandemiegeschehens Orte vielfältiger menschlicher Begegnung weitgehend beseitigt werden sollen, um dadurch zu ermöglichen, dass eine Übertragung des Covid-19 Virus, welche den Kontakt eines infizierten zu einem nicht infizierten Menschen erfordert, nicht stattfindet. Es geht deshalb nicht um einen Eingriff in die betriebliche Tätigkeit eines Textileinzelhandelsgeschäfts im Unterschied zu etwa dem Betrieb eines Einzelhandels für Lebensmittel, der weiterhin öffnen darf. Vielmehr sollte landesweit der Betrieb grundsätzlich aller Geschäfte ruhen, um auf diesem Wege menschliche Kontakte - sowohl im Geschäft als auch auf dem Weg zum Geschäft und von diesem weg auf der Straße und im öffentlichen Personenverkehr - zu reduzieren. Der Einzelhandel für Lebensmittel wird nur deshalb gemeinsam mit anderen ausdrücklich aufgezählten Geschäften von der Schließung verschont, weil er zur Aufrechterhaltung der Versorgung der Bevölkerung mit den lebenswichtigen Gütern des täglichen Bedarfs erforderlich ist. Die Zielrichtung der Eingriffsmaßnahmen nach § 28 IfSG ist deshalb landesweit ortsbezogen und richtet sich nach der konkreten Betroffenheit des Ortes oder der Region durch das Infektionsgeschehen und der daraus resultierenden Dringlichkeit der Reduzierung von Kontakten der Menschen (vgl. dazu OVG Münster, Beschluss vom 06.07.2020, 13 B 940/20.NE, BeckRS 2020, 14802; Kießling in Kießling, IfSG, 1. Aufl., § 28 Rn. 65). Um einen betriebsbezogenen Eingriff geht es nicht.

Aus der über den zumindest mittelbaren Einfluss der Klägerin hinausgehenden generell und landesweit geltenden Zugangsbeschränkung kann kein Umstand abgeleitet werden, der in den von der Klägerin zu verantwortenden Bereich fällt.

4. Infolge des Auftretens der Corona-Pandemie und der staatlichen Schließungsanordnung aus den Allgemeinverfügungen vom 18. bzw. 20.03.2020 ist jedoch eine Störung der Geschäftsgrundlage i.S.v. § 313 Abs. 1 BGB des Mietvertrages vom 13./26.09.2013 eingetreten (dazu a), die eine Anpassung des Vertrages dahin auslöst, dass die Kaltmiete für die Dauer der angeordneten Schließung auf die Hälfte reduziert wird (dazu b).

a) Der Tatbestand der Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 1 BGB setzt ein tatsächliches Element (dazu aa), ein hypothetisches Element (dazu bb) und ein normatives Element (dazu cc) voraus (vgl. Finkenauer in Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl., § 313 Rn. 56).

aa) Die Geschäftsgrundlage wird gebildet durch die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, beim Vertragsschluss aber zutage getretenen, dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen des eigenen Vertragsteils oder durch die gemeinsamen Vorstellungen beider Teile vom Vorhandensein oder künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille auf diesen Vorstellungen aufbaut (vgl. BGH, Urteil vom 25.09.1997, II ZR 269/96, NJW 1997, 3371, 3372; Urteil vom 24.03.2010, VIII ZR 160/09, NJW 2010, 1663 Rn. 17). Zur Geschäftsgrundlage der Parteien als Vermieterin und Mieterin von Geschäftsräumen zur Nutzung als Textileinzelhandelsgeschäft gehörte danach die Vorstellung, dass es nicht zu einer Pandemie mit weitgehender Stilllegung des öffentlichen Lebens infolge pandemiebedingter Nutzungsuntersagungen und -beeinträchtigungen kommen würde, so dass das Auftreten der Pandemie mit den entsprechenden weitreichenden staatlichen Eingriffen in das wirtschaftliche und soziale Leben eine schwerwiegende Änderung der für die Vertragslaufzeit vorgestellten Umstände bedeutet und damit das tatsächliche Element der Störung der Geschäftsgrundlage verwirklicht. Es liegt eine Systemkrise und damit ein Fall der Störung der großen Geschäftsgrundlage vor, weil durch sie das allgemeine soziale und wirtschaftliche Gefüge nachhaltig erschüttert wird (idS Jung, a.a.O., S. 716, 717; Weller/Lieberknecht/Habrich NJW 2020, 1017, 1021; Häublein/Müller NZM 2020, 481, 486 f.; Wolf/Eckert/Denz/Gerking/Holze/Künnen/Kurth JA 2020, 401, 402). So wird es auch vom Landgericht im angefochtenen Urteil gesehen (ebenso LG Heidelberg, Urteil vom 30.07.2020, 5 O 66/20, BeckRS 2020, 19165 Rn. 39 ff.; Streyl, a.a.O., Seite 821; Zehelein, a.a.O., Seite 398). Ohne dass es hierauf entscheidend ankommen würde, spricht für diese Annahme auch der Inhalt des mit Wirkung vom 31.12.2020 neu geschaffenen Art. 240 § 7 Abs. 1 EGBGB (vgl. Brinkmann/Thüsing, a.a.O., Seite 8).

bb) Das hypothetische Element ist erfüllt, wenn die vertragschließenden Parteien den Vertrag nicht oder mit einem anderen Inhalt geschlossen hätten wenn sie die Veränderung der Umstände, welche zur Geschäftsgrundlage gehören, vorhergesehen hätten. Erforderlich ist danach, dass zumindest eine Vertragspartei den Vertrag nicht bzw. nicht mit diesem Inhalt abgeschlossen hätte, wenn sie das Fehlen oder den Wegfall der Vertragsgrundlage vorhergesehen hätte (vgl. Finkenauer, a.a.O., Rn. 58). Im Rahmen der Störung der großen Geschäftsgrundlage ist das hypothetische Element regelmäßig erfüllt (vgl. Jung, a.a.O., S. 719). Zudem ist zu beachten, dass es sich bei der Änderung der zur Geschäftsgrundlage gehörenden Umstände um sehr wesentliche Rahmenbedingungen für den Betrieb ihres Textileinzelhandelsgeschäftes handelt. Auf konkrete, nicht in die Vertragsverhandlungen eingeflossene Erwägungen, die nach dem Vortrag der Klägerin, sie hätte, wenn die jetzt eingetretene Situation bei Mietvertragsabschluss auch nur annähernd vorhersehbar gewesen wäre, kein Einverständnis der Klägerin mit einer Mietpreisanpassungsklausel in der von der Beklagten geltend gemachten Form, also im Sinne einer Reduzierung auf die Hälfte der Miete, erklärt, kommt es daher nicht an. Abzustellen ist auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses und auf verständige, wirtschaftlich denkende Vertragspartner. Diese hätten sich bei dem beide Vertragspartner gleichermaßen betreffenden und gerade nicht zu beeinflussenden Risiko nicht einseitig zu Gunsten eines Vertragspartners entschieden. Das hypothetische Element des § 313 Abs. 1 BGB ist damit erfüllt.

cc) Das normative Element des § 313 Abs. 1 BGB ist erfüllt, wenn die wesentliche Veränderung der zur Geschäftsgrundlage gehörenden Umstände nicht in den Risikobereich einer der Parteien fällt (dazu aaa) und ein Festhalten am Vertrag einer der Parteien nicht zuzumuten ist (dazu bbb).

aaa) Wenn angenommen wird, dass eine der Parteien mit dem Abschluss des Mietvertrags ein Risiko übernommen hat, unter das das Auftreten der Corona-Pandemie und die daraufhin ergangene staatliche Schließungsanordnung fällt, stünde dies einer Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 1 BGB regelmäßig entgegen, weil für die Berücksichtigung von Störungen der Geschäftsgrundlage grundsätzlich kein Raum ist, soweit es um Erwartungen und Umstände geht, die nach den vertraglichen Vereinbarungen in den Risikobereich einer der Parteien fallen (vgl. BGH, Urteil vom 17.03.2010, XII ZR 108/08, NZM 2010, 364 Rn. 15; Finkenauer, a.a.O., Rn. 61). Dies könnte auf den ersten Blick dafür sprechen, die Entscheidung sei bereits im Rahmen der bei der Auslegung des Mietvertrages notwendigen Abgrenzung zwischen dem beim Vermieter liegenden Risiko der Gebrauchstauglichkeit des Mietobjektes einerseits und dem beim Mieter liegenden Verwendungsrisiko andererseits gefallen (vgl. dazu oben II.3.). Diese Annahme greift aber zu kurz, weil die bei der vertraglichen Risikoabgrenzung allein betrachtete staatliche Schließungsanordnung nicht gleichbedeutend mit der in ein Pandemiegeschehen mit weitreichenden Kontakteinschränkungen eingebetteten Änderung der zur Geschäftsgrundlage gehörenden Umstände ist. Es geht hier also nicht um ein "normales" Risiko der Gebrauchstauglichkeit bzw. der Verwendung des Mietobjektes, sondern um weitgehende staatliche Eingriffe in das soziale und wirtschaftliche Leben aufgrund einer Pandemie, die als Systemkrise eine Störung der großen Geschäftsgrundlage ist. Das mit der Störung der großen Geschäftsgrundlage verbundene Risiko kann regelmäßig keiner Vertragspartei allein zugewiesen werden (idS Weller/Lieberknecht/Habrich, a.a.O., S. 1021; Jung, a.a,O., S. 720; Häublein/Müller, a.a.O., S. 487 f.: Römermann NJW 2021, 265 Rn. 22; Warmuth, a.a.O., S. 19 f.; LG Mönchengladbach, Urteil vom 02.11.2020, a.a.O., Rn. 41). Der staatliche Eingriff zur Kontaktbeschränkung hat dabei auch unmittelbar auf das vorliegend zu beurteilende Mietverhältnis eingewirkt, indem das von der Beklagten entsprechend dem Mietzweck betriebene Textileinzelhandelsgeschäft als möglicher Ort potentiell vielfältiger Kontakte, die zur Übertragung des Covid 19 Virus führen können, geschlossen wurde. Von der vertraglichen Risikozuweisung wird deshalb dieses von den Vertragsparteien nicht vorhergesehene und die Geschäftsgrundlage des Vertrages betreffende Geschehen nicht erfasst (in demselben Sinne etwa Streyl, a.a.O., Seite 822 f.; Zehelein, a.a.O., Seite 398). Auch in diesem Punkt stützt die Neuregelung in Art. 240 § 7 Abs. 1 EGBGB die Annahme, dass die pandemiebedingten staatlichen Schließungsmaßnahmen zumindest regelmäßig von der ohne Bezug zur Corona-Pandemie im Mietvertrag vereinbarten Risikozuweisung nicht erfasst werden (i.d.S. auch Römermann NJW 2021, 265, 267 f.). Im Ergebnis steht die vertragliche Risikozuweisung in der hier zu beurteilenden Situation einer Anpassung des Vertrages nach § 313 Abs. 1 BGB selbst dann nicht entgegen, wenn dieses nach der Vertragsauslegung einer der Parteien zuzuordnen wäre.

bbb) Entgegen der Auffassung im angefochtenen Urteil ist das Festhalten am unveränderten Mietvertrag derjenigen Partei, die durch die Änderung der die Geschäftsgrundlage bildenden Umstände belastet ist, hier die Beklagte, nicht zumutbar.

Der Senat teilt die Auffassung der 4. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz nicht, dass von einer Unzumutbarkeit des Festhaltens am bestehenden Vertrag erst dann auszugehen sei, wenn die von der Änderung der Umstände, welche zur Geschäftsgrundlage gehören, belastete Partei dadurch in eine existenzgefährdende Lage gerät. Das beachtet nicht hinreichend, dass es hier um eine Äquivalenzstörung in einem gegenseitigen Vertrag geht, der zudem ein Dauerschuldverhältnis ist. Die notwendige Unzumutbarkeit bezieht sich damit auf die Äquivalenzstörung, also auf das Verhältnis von Überlassung des Mietobjektes einerseits und dafür Zahlen des Nutzungsentgelts (Miete) andererseits (i.d.S. auch Römermann, a.a.O., S. 268; Streyl, a.a.O., S. 824; Brinkmann/Thüsing, a.a.O., S. 10; Finkenauer, a.a.O., Rn. 77). Von besonderer Bedeutung ist dabei der Charakter des Mietvertrages als Dauerschuldverhältnis, bei dem die Miete für die Nutzungsüberlassung in Zeitabschnitten geschuldet ist, wobei der Zeitabschnitt bei den meisten Mietverhältnissen einen Monat beträgt. Dementsprechend erfolgt die Lösung des Äquivalenzproblems zwischen Miete und Gebrauchsüberlassung im Fall des Eingreifens des Gewährleistungsrechts der Minderung nach § 536 Abs. 1 BGB auch im Sinne einer Reduzierung (Minderung) der Miete (nur) für den betroffenen Zeitabschnitt der Einschränkung der Gebrauchstauglichkeit. Führt ein vorhandener Mangel in einem bestimmten Zeitraum nicht zur Einschränkung der Gebrauchstauglichkeit, ist die Miete in diesem Zeitraum und damit in den betroffenen Zeitabschnitten nicht gemindert (vgl. BGH, Urteil vom 15.12.2010, XII ZR 132/09, NJW 2011, 514 Rn. 13 - sommerliche Aufheizung der Mieträume). Ebenso ist es bei der Bestimmung der Wesentlichkeit eines Mietrückstandes - und damit einer Äquivalenzstörung - für die Annahme eines wichtigen Grundes zur Kündigung des Mietvertrages nach § 543 BGB. Auch dabei wird in § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a und b BGB nach Zahlungsterminen bestimmt, wann ein Rückstand so erheblich ist, dass aus ihm ein wichtiger Grund für die außerordentliche Kündigung des Mietvertrages folgt. In § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3b BGB ist sogar - wohl infolge eines redaktionellen Versehens - der konkrete Zeitabschnitt des Monats genannt, was aber dahin zu verstehen ist, dass der im Mietvertrag vereinbarte Zeitabschnitt gemeint ist (vgl. Alberts in Guhling/Günter, Gewerberaummiete, 2. Aufl., § 543 BGB Rn. 57 unter Verweis auf BGH, Urteil vom 17.09.2008, XII ZR 61/07, NZM 2009, 30 Rn. 15). Auch im Rahmen der Konturierung des unbestimmten Rechtsbegriffs des nicht unerheblichen Teils der Miete in § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3a BGB orientiert sich die Rechtsprechung an dem an einem Fälligkeitstermin zu zahlenden Betrag, in der Regel also an der Miete für einen Monat. So ist in § 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB für Mietverträge über Wohnraum geregelt, dass ein nicht unerheblicher Rückstand dann vorliegt, wenn der rückständige Teil die Miete für einen Monat (mindestens um ein Cent) übersteigt. Auch im Bereich der Mietverträge über Gewerberäume wird dieser Betrag grundsätzlich bei der Bestimmung des nicht unerheblichen Teils der Miete angewendet (vgl. BGH, Urteil vom 23.07.2008, XII ZR 134/06, NJW 2008, 3210 Rn. 30). Allerdings kann bei diesen Verträgen auch ein Rückstand von weniger als dem an einem Fälligkeitstermin zu zahlenden Betrag, also in der Regel der Miete für einen Monat, ausreichen, wenn besondere Einzelfallumstände hinzutreten, die den Schluss auf die Erheblichkeit dieses Rückstandes zulassen (vgl. BGH, Urteil vom 13.05.2015, XII ZR 65/14, NJW 2015, 2419 Rn. 54 ff.). Daraus folgt, dass die Unzumutbarkeit der Festhaltung am bestehenden Vertrag beim Verhältnis von Leistung und Gegenleistung anzusetzen hat, im vorliegend zu beurteilenden Mietvertrag vom 13./26.09.2013 mit monatlicher Zahlungspflicht gemäß dessen § 3 Nr. 1 also beim einzelnen Zahlungsmonat. Im Ausgangspunkt ist danach die Erheblichkeit deswegen zu bejahen, weil - je nach Standpunkt bezüglich der vertraglichen Risikoverteilung - entweder der Mieter nach dem Mietvertrag die volle Miete zahlen müsste, ohne das Mietobjekt dem Mietzweck entsprechend nutzen zu können oder der Vermieter keine bzw. eine geringfügige Miete für ein Mietobjekt erhielte, für dessen - temporäre - Unbenutzbarkeit für den vertraglich vereinbarten Mietzweck er nicht nur keine Ursache gesetzt hat, sondern die er auch nicht vorhersehen konnte. Im konkret zu beurteilenden Fall könnte man deshalb die Erheblichkeit danach allenfalls dann verneinen, wenn lediglich ein Zahlungstermin betroffen wäre und innerhalb dieses Zahlungstermins jedenfalls weit überwiegend die vertragliche Äquivalenz bestand. Denkbar wäre danach, die Unzumutbarkeit der Festhaltung am Mietvertrag dann zu verneinen, wenn die Äquivalenzstörung lediglich ein bis zwei Wochen des Mietmonats beträfe. Die Notwendigkeit der im Verhältnis zu anderen Vertragstypen relativ niedrige Schwelle der Unzumutbarkeit liegt darin begründet, dass es sich bei dem Mietvertrag um ein Dauerschuldverhältnis handelt. So ist bei einem klassischen Austauschvertrag wie dem Kaufvertrag die vollständige Leistung und Gegenleistung im Rahmen der Äquivalenzstörung gegenüberzustellen. Allerdings bezieht sich dann auch die Rechtsfolge der Vertragsanpassung auf den gesamten Vertrag, also das vollständige Äquivalenzverhältnis. Im Mietvertrag reicht dagegen eine wesentliche Äquivalenzstörung im regelmäßig monatlichen Zeitabschnitt, sie führt allerdings dann auch nur zu einer Vertragsanpassung für diesen Zeitabschnitt, so dass nicht das Risiko besteht, dass mit niedriger Eingriffsschwelle wesentliche Vertragsgrundlagen ohne entsprechenden Anlass durch richterlichen Eingriff nach § 313 Abs. 1 BGB geändert werden. Der Zeitraum, in dem die staatliche Schließungsanordnung andauerte, von insgesamt mehr als einem Monat, überschreitet damit die Schwelle der Erheblichkeit. Auf die Frage, inwieweit die wirtschaftliche Existenz der belasteten Vertragspartei durch die Störung der Geschäftsgrundlage betroffen wird, kommt es wegen dieser Dauer nicht an.

b) Da eine einvernehmliche Vertragsanpassung im Verhandlungswege der Parteien nach § 313 Abs. 1 BGB noch im Berufungsverfahren nicht zustande kam, ist der Senat verpflichtet, die entsprechende Vertragsanpassung vorzunehmen. Der Anpassungsanspruch aus § 313 Abs. 1 BGB kann gerichtlich geltend gemacht werden (vgl. BGH, Urteil vom 30.09.2011, V ZR 17/11, NJW 2012, 373 Rn. 34; Zehelein, a.a.O., S. 400). Die Beklagte hat zudem mit ihrem vorprozessualen Schreiben vom 07.05.2020 an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin einen außergerichtlichen Vergleich auf der Basis einer hälftigen Reduzierung der Miete für April 2020 angeboten, was als Anpassungsverlangen nach § 313 Abs. 1 BGB gewertet werden kann.

Damit ist eine Absenkung der Kaltmiete um 50 % gerechtfertigt, weil keine der Vertragsparteien eine Ursache für die Störung der Geschäftsgrundlage gesetzt oder sie vorhergesehen hat. Es ist demzufolge angemessen, die damit verbundene Belastung gleichmäßig auf beide Parteien zu verteilen (i.d.S. auch LG Mönchengladbach, a.a.O., Rn. 55; LG Aurich, Urteil vom 09.10.2020, 1 O 430/20; LG Kempten, Urteil vom 07.12.2020, 23 O 753/20, BeckRS 2020, 37736 Rn. 37; AG Oberhausen, Urteil vom 06.10.2020, 37 C 863/20, BeckRS 2020, 35507 Rn. 46; Zehelein, a.a.O., Seite 398 ff.; Streyl, a.a.O., S. 824; Ekkenga/Schirrmacher NZM 2020, 410, 414; i. E. auch Häublein/Müller, a.a.O., S. 491 f.). Dies entspricht der Lösung der Rechtsprechung bei Vertragszweckstörungen in der Vergangenheit (vgl. BGH, Urteil vom 23.11.1989, VII ZR 60/89, NJW 1990, 572, 573 - Aufteilung der Hotel-Stornokosten bei Reisekündigung wegen höherer Gewalt; ähnlich OLG Karlsruhe, Urteil vom 15.05.1992, 15 U 297/91, NJW 1992, 3176, 3177 f. - Wegfall der beiderseitigen Leistungspflichten aus einem Vertrag über den Auftritt von Musikern auf einer Faschingsveranstaltung, welche wegen des Golfkriegs ausfiel). Es kann offen bleiben, ob die Zahlung staatlicher Hilfen an einen der Vertragspartner des Mietvertrages zu einer weiteren Anpassung der Höhe der Miete führen würde, weil nicht festgestellt werden kann, dass die Klägerin oder die Beklagte solche staatlichen Hilfen erhalten haben. Es kann auch dahinstehen, ob und ggf. inwieweit Zahlungen auf Betriebskosten anzupassen wären, weil solche nicht Gegenstand des Rechtsstreits sind. Der Klägerin war eine keine Teilnutzung des Mietobjekts im Sinne eines "Außer-Haus-Verkaufs" bzw. eines entsprechenden Liefer- und Abholservice möglich wie dies etwa bei Gaststätten erlaubt war (vgl. Ziffer 3 der Allgemeinverfügung vom 18.03.2020 und Ziffer 4 der Allgemeinverfügung vom 20.03.2020).

Eine Reduzierung der Kaltmiete auf die Hälfte für den Zeitraum der staatlichen Schließungsanordnung führt zu dem Ergebnis, dass die Klägerin für den Monat April anstelle des vertraglich vereinbarten Betrages von 7.854,00 € nur 5.366,90 € zu zahlen hätte, während sie für den Monat März 2020 6.207,19 € zu zahlen gehabt hätte, also mit ihrer vollständigen Mietzahlung die Miete in Höhe von 1.646,81 € überzahlt hat. In dieser Höhe hat die Beklagte hilfsweise die Aufrechnung gegen die Forderung der Klägerin auf Zahlung der Miete für April 2020 erklärt, so dass sich im Ergebnis gemäß §§ 387, 389 BGB der Anspruch der Klägerin von 5.366,90 € auf 3.720,09 € reduziert.

Im Hinblick auf die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten war lediglich ein Streitwert in Höhe des nunmehr ausgeurteilten Betragen anzusetzen.

Der Zinsausspruch folgt aus §§ 288 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO; diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Zi. 10, 711 ZPO. Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 Zi. 1 ZPO wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung zuzulassen.
 
 
 

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 307/10 Verkündet am:
1. Februar 2012
Ring,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Scheitert eine Vertragsübernahme daran, dass der Vertragspartner der ausscheidungswilligen
Partei die hierzu erforderliche Zustimmung verweigert, ist der Übernehmer
entsprechend § 415 Abs. 3 Satz 2 BGB im Zweifel verpflichtet, den ausscheidungswilligen
Vertragspartner von Verbindlichkeiten aus dem mit ihm fortbestehenden
Vertragsverhältnis freizustellen (Erfüllungsübernahme nach § 329 BGB).
BGH, Urteil vom 1. Februar 2012 - VIII ZR 307/10 - OLG Dresden
LG Chemnitz
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Februar 2012 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richterinnen
Dr. Milger, Dr. Hessel und Dr. Fetzer sowie den Richter Dr. Bünger

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 16. November 2010 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Beklagte ist Eigentümerin mehrerer Immobilien in T. , die sie jedenfalls bis Ende 2008 mit selbst erzeugter Wärme versorgte. Zu diesem Zweck betrieb sie ein Heizhaus. Das zur Wärmeerzeugung benötigte Erdgas bezog sie aufgrund eines am 13. Dezember 1993 mit einer Laufzeit bis zum 30. September 2010 geschlossenen Liefervertrages von der E. GmbH.
2
Ende 2008 beabsichtigte die Beklagte, das Heizwerk an ein Drittunternehmen zu übertragen und sich von diesem fortan mit Wärme beliefern zu lassen. Zur Verwirklichung dieses Vorhabens fand am 24. November 2008 eine außerordentliche Aufsichtsratssitzung der Beklagten statt, bei der interessierte Bewerber - darunter auch die Klägerin - ihr Wärmebelieferungskonzept vorstellten. Im Anschluss daran wurden zwischen den Parteien Vertragsverhandlungen geführt, bei denen auch die Rechtsanwälte der Beklagten beteiligt waren.
3
Am 18. Dezember 2008 trafen die Parteien mehrere Vereinbarungen. Sie schlossen zunächst mit Wirkung zum 1. Januar 2009 einen Wärmelieferungsvertrag über die Versorgung der Immobilien der Beklagten mit Wärme durch die Klägerin. Daneben unterzeichneten sie einen Vertrag über die Vermietung des im Eigentum der Beklagten stehenden Heizraums an die Klägerin sowie einen Kaufvertrag zur Veräußerung der dazu gehörenden Infrastruktur (Gaskessel etc.). Ferner trafen sie eine "Eintrittsvereinbarung", die vorsieht, dass die Klägerin anstelle der Beklagten in die dort bezeichneten Verträge zwischen der Beklagten und Dritten eintreten soll; von dieser Vereinbarung ist auch der Erdgasversorgungsvertrag zwischen der Beklagten und der E. GmbH erfasst. Der Wärmelieferungsvertrag und der Mietvertrag sehen jeweils eine Vertragsdauer von 15 Jahren vor; der Kaufvertrag enthält eine Regelung, nach der der Kaufpreis von 300.000 € in 180 Monatsraten zu zahlen ist.
4
Bei Abschluss sämtlicher Verträge wurde die Beklagte von ihrem zum damaligen Zeitpunkt im Handelsregister eingetragenen alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer G. G. vertreten. Die Beklagte ist der Ansicht, ihr Geschäftsführer habe sie bei den Vertragsabschlüssen nicht wirksam vertreten , weil "außergewöhnliche Geschäfte" - hierzu seien die abgeschlossenen Verträge zu zählen - nach § 17 Abs. 2 Buchst. i des Gesellschaftsvertrags der Beklagten der - hier nicht erteilten - Zustimmung des Aufsichtsrats bedürften.
5
Nach der vom Berufungsgericht für maßgebend erachteten übereinstimmenden Rechtsauffassung der Parteien hat die Klägerin ihre Verpflichtung, anstelle der Beklagten in den mit der E. GmbH bestehenden Gaslieferungsvertrag einzutreten, nicht erfüllt. Vielmehr schloss sie am 4. Februar 2009 einen neuen Erdgaslieferungsvertrag mit der e. AG ab. Nach dessen Anzeige teilte die E. GmbH der e. AG eine Codenummer zu. Seitdem streiten die Parteien dieses Rechtsstreits und die E. GmbH darüber, welches Unternehmen das für das Heizhaus benötigte Erdgas geliefert hat und wem von ihnen Ansprüche auf Zahlung zustehen. Die Beklagte bestreitet vor allem, dass die Klägerin Besitz am Heizhaus erlangt und Wärmelieferungen für die Immobilien der Beklagten erbracht hat.
6
Die E. GmbH richtete ihre Entgeltforderungen für die von ihr behaupteten Gaslieferungen zunächst an die Klägerin. Als diese Zahlungen unter Hinweis auf fehlende vertragliche Beziehungen zwischen ihr und der E. GmbH verweigerte, machte letztere für den Zeitraum Januar 2009 und Februar 2009 zum einen gegenüber der Beklagten eine For- derung in Höhe von 138.295,42 € geltend und klagte zum anderen den gleichen Betrag gegenüber der hiesigen Klägerin ein. Die für den Zeitraum März 2009 bis einschließlich Juni 2009 von der E. GmbH abgerechneten Forderungen in Höhe von 137.519,81 € hat die Beklagte nach ihrer Behauptung beglichen; eventuelle Ansprüche der E. GmbH gegen die Klägerin sind an sie abgetreten worden. Ferner hat die Beklagte zur Erfüllung von Ansprüchen der Klägerin beim Amtsgericht Stollberg einen Betrag in Höhe von 122.021,52 € unter Verzicht auf das Recht zur Rücknahme hinterlegt.
7
Hinsichtlich der Wärmelieferungen für die Monate Januar und Februar 2009 hatte die Klägerin von der Beklagten zunächst nicht die in § 7 Abs. 1 Satz 2 und 3 des Wärmelieferungsvertrages vom 18. Dezember 2008 vereinbarten Vorauszahlungen gefordert, sondern stattdessen nach tatsächlichem Verbrauch abgerechnet und deshalb einen weitaus höheren Betrag geltend gemacht. Hierauf kündigte die Beklagte den Wärmelieferungsvertrag mit Schreiben vom 26. März 2009 sowohl außerordentlich als auch ordentlich.
8
Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin von der Beklagten zuletzt die nach § 7 Abs. 1 Satz 2 und 3 des Wärmelieferungsvertrags vorgesehenen monatlichen Vorauszahlungen auf die Verbrauchskosten in Höhe von jeweils 23.596,58 € brutto für Januar 2009 bis einschließlich Juni 2009 geltend gemacht , wobei sie ihre Forderungen mit der von ihr für diesen Zeitraum geschuldeten monatlichen Miete von jeweils 1.666,67 € und monatlichen Kaufpreisraten von jeweils 1.666,66 € verrechnet und daher auf insgesamt 121.519,50 € - nebst Zinsen und Rechtsanwaltskosten - verringert hat. Die Beklagte hat in Höhe des nach ihrer Behauptung an die E. GmbH geflossenen Betrags von 137.519,81 € die Aufrechnung erklärt und hilfsweise im Wege der Widerklage Zahlung dieser Geldsumme verlangt.
9
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

10
Die Revision hat Erfolg.

I.

11
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
12
Der Klägerin stehe gegen die Beklagte ein Anspruch auf monatliche Vorauszahlungen gemäß § 7 [Abs. 1 Satz 2 und 3] des zwischen ihnen am 18. Dezember 2008 geschlossenen Wärmelieferungsvertrages nicht zu.
13
Zwar sei der Wärmelieferungsvertrag entgegen der Ansicht der Beklagten zunächst wirksam zustande gekommen. Der Abschluss eines solchen Vertrags liege nicht außerhalb der mit der Verwaltung einer Immobilie regelmäßig verbundenen Geschäfte und stelle damit kein außergewöhnliches Rechtsgeschäft dar, das gemäß § 17 Abs. 1 Buchst. i des Gesellschaftsvertrags der Beklagten der Zustimmung des Aufsichtsrats bedurft hätte. Ungeachtet dessen sei auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin anlässlich der am 24. November 2008 erfolgten Präsentation ihres Konzepts positive Kenntnis von einer intern beschränkten Vertretungsmacht des Geschäftsführers der Beklagten erlangt habe. Der Umstand allein, dass sich der Aufsichtsrat mit einer Neuordnung der Wärmeversorgung bei der Beklagten befasst habe, lasse keinen Rückschluss darauf zu, dass er sich auch den Abschluss des Wärmelieferungsvertrags habe vorbehalten wollen.
14
Jedoch sei die Geschäftsgrundlage des Wärmelieferungsvertrages nachträglich entfallen (§ 313 BGB). Geschäftsgrundlage seien die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei Vertragsschluss aber zutage getretenen gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien sowie die der einen Vertragspartei erkennbaren und von ihr nicht beanstandeten Vorstellungen der anderen Partei vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf diesen Vorstellungen aufbaue. Vorliegend habe es jedenfalls dem bei Vertragsschluss offen zutage getretenen Willen der Beklagten entsprochen, Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Klägerin nicht losgelöst von dem Eintritt der Klägerin in den mit der E. GmbH bestehenden Erdgasversorgungsvertrag und der dadurch bewirkten Ent- lassung der Beklagten aus diesem Vertrag einzugehen. Dies ergebe sich schon aus der Präambel der zwischen den Parteien getroffenen Eintrittsvereinbarung, die einen engen Zusammenhang zwischen allen am 18. Dezember 2008 geschlossenen Verträgen herstelle. Dort sei ausdrücklich die Rede davon, dass die Eintrittsvereinbarung zur Ergänzung der weiteren am 18. Dezember 2008 unterzeichneten Verträge getroffen worden sei. Der von den Parteien vorausgesetzte Eintritt der Klägerin in den Gasversorgungsvertrag sei nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien aber nicht erfolgt; vielmehr bestehe das Vertragsverhältnis zwischen der Beklagten und der E. GmbH fort.
15
Der Beklagten sei es auch nicht unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben verwehrt, sich auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage zu berufen, denn sie habe den Vertragseintritt nicht vereitelt.
16
Der Wegfall der Geschäftsgrundlage führe dazu, dass die Beklagte an die Klägerin keine Abschlagszahlungen zu leisten habe. Sie sei lediglich verpflichtet , die tatsächlich empfangenen Wärmelieferungen zu bezahlen. Dies setze allerdings voraus, dass die Klägerin die gelieferte Wärme konkret abrechne. Diese Anforderungen habe die Klägerin trotz eines entsprechenden gerichtlichen Hinweises nicht erfüllt. Sie könne sich in diesem Zusammenhang nicht darauf berufen, dass sie mangels Zugangs zu den in den Mietshäusern der Beklagten befindlichen Wärmezählern zu einer konkreten Abrechnung nicht im Stande sei. Vielmehr sei sie gehalten, eine für die Abrechnung notwendige Mitwirkung der Beklagten (etwa Mitteilung der Zählerstände) einzufordern.

II.

17
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht in jeder Hinsicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Zahlungsanspruch der Klägerin nicht verneint werden.
18
1. Zwar ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte bei Abschluss der Verträge am 18. Dezember 2008 von ihrem Geschäftsführer wirksam vertreten worden ist; die insoweit erhobene Gegenrüge der Revisionserwiderung bleibt ohne Erfolg.
19
Es bedarf keiner Entscheidung, ob es sich bei den vorliegend abgeschlossenen Verträgen um außergewöhnliche Geschäfte im Sinne des § 17 Abs. 2 Buchst. i des Gesellschaftsvertrags der Beklagten handelt. Selbst wenn dies der Fall wäre und demzufolge vor Vertragsunterzeichnung eine Beschlussfassung des Aufsichtsrats hätte erfolgen müssen, führte dies nach § 37 Abs. 2 GmbHG nicht zu einer Beschränkung der Vertretungsbefugnis des Geschäftsführers der Beklagten im Außenverhältnis.
20
a) Zwar verweist § 52 GmbHG für die Fälle, in denen nach dem Gesellschaftsvertrag ein Aufsichtsrat zu bestimmen ist, unter anderem auf § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG. Danach hat die Satzung oder der Aufsichtsrat zu bestimmen , dass bestimmte Arten von Geschäften nur mit der Zustimmung des Aufsichtsrats vorgenommen werden dürfen. Jedoch handelt es sich bei einem solchen Zustimmungserfordernis grundsätzlich nur um eine das Innenverhältnis der Gesellschaft betreffende Maßnahme, so dass Rechtsgeschäfte mit Dritten auch dann wirksam sind, wenn der Geschäftsführer sie unter Verstoß gegen das Zustimmungsgebot abschließt (Michalski/Giedinghagen, GmbHG, 2. Aufl., § 52 Rn. 231; Scholz/Uwe H. Schneider, GmbHG, 10. Aufl., § 52 Rn. 145).
21
b) Etwas anderes gilt nur in den Fällen des evidenten Vollmachtmissbrauchs (Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, 6. Aufl., § 52 Rn. 23; Michalski /Giedinghagen, aaO; Scholz/Uwe H. Schneider, aaO). Dies setzt allerdings voraus, dass der Geschäftspartner entweder weiß oder sich ihm aufdrängen muss, dass der Geschäftsführer die Grenzen missachtet, die seiner Vertretungsbefugnis im Innenverhältnis gezogen sind (BGH, Urteile vom 14. März 1988 - II ZR 211/87, NJW 1988, 2241 unter 2; vom 13. November 1995 - II ZR 113/94, GmbHR 1996, 111 unter II). Notwendig ist dabei eine sich aus massiven Verdachtsmomenten ergebende objektive Evidenz des Missbrauchs (BGH, Urteile vom 19. April 1994 - XI ZR 18/93, NJW 1994, 2082 unter II 2 a; vom 29. Juni 1999 - XI ZR 277/98, NJW 1999, 2883 unter I 2 a; vom 15. Juni 2004 - XI ZR 220/03, NJW 2004, 2517 unter II 2 c), die vorliegend nicht gegeben ist.
22
Zwar war der Klägerin infolge ihrer Teilnahme an der Aufsichtsratssitzung vom 24. November 2008 bekannt, dass es bei der Beklagten einen Aufsichtsrat gab und dass sich dieser mit dem Thema "Ausgliederung der Wärmeversorgung" beschäftigte. Jedoch lässt diese Tatsache allein - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - nicht den Rückschluss darauf zu, dass die Klägerin auch wusste oder es sich ihr zumindest aufdrängen musste, dass auch der Vertragsabschluss selbst der Zustimmung des Aufsichtsrats bedurfte und dass diese nicht erteilt worden war. Entgegen der Ansicht der Beklagten bestand auch keine diesbezügliche Erkundigungspflicht der Klägerin; das Risiko eines Vollmachtmissbrauchs hat grundsätzlich vielmehr der Vertretene zu tragen (BGH, Urteile vom 19. April 1994 - XI ZR 18/93, aaO; vom 29. Juni 1999 - XI ZR 277/98, aaO; vom 15. Juni 2004 - XI ZR 220/03, aaO).
23
Ein objektiv evidenter Missbrauch der Vertretungsmacht ergibt sich auch nicht daraus, dass die Verträge zur Ausgliederung der Wärmeversorgung nach der Darstellung der Beklagten in vielen Teilen für sie ungünstig gewesen sind (so beispielsweise die sofortige und ungesicherte Eigentumsübertragung an den Heizkesseln bei einer auf 180 Monatsraten verteilten Kaufpreiszahlung). Ein entsprechender Missbrauch kann zwar vorliegen, wenn der Vertreter von seiner Vertretungsmacht in ersichtlich verdächtiger Weise Gebrauch macht, so dass beim Vertragspartner begründete Zweifel entstehen müssen, ob nicht ein Treueverstoß des Vertreters gegenüber dem Vertretenen gegeben ist (BGH, Urteile vom 30. Januar 2002 - IV ZR 23/01, NJW 2002, 1497 unter II 3 c mwN; vom 15. Juni 2004 - XI ZR 220/03, aaO; vom 29. Juni 1999 - XI ZR 277/98, aaO). In Anbetracht der komplexen und auf langjährige beiderseitige Bindung angelegten Vertragsverhältnisse kann im Streitfall jedoch nicht von einem massiven Verdacht auf einen Treueverstoß des Geschäftsführers ausgegangen werden. Hinzu kommt, dass nicht nur der Geschäftsführer der Beklagten, sondern auch deren Rechtsanwälte an den dem Vertragsschluss vorausgegangenen Verhandlungen beteiligt waren.
24
2. Von Rechtsfehlern beeinflusst ist hingegen die Auffassung des Berufungsgerichts , im vorliegenden Fall seien die - nunmehr in § 313 BGB kodifizierten - Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage anzuwenden.
25
a) Das Berufungsgericht ist zunächst noch rechtsfehlerfrei davon ausgegangen , dass der Wille der Beklagten, nicht losgelöst von ihrer Entlassung aus dem mit der E. geschlossenen Gasversorgungsvertrag Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Klägerin einzugehen, Geschäftsgrundlage des zwischen den Parteien geschlossenen Wärmelieferungsvertrages war.
26
Geschäftsgrundlage sind die bei Vertragsschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei von dem Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf dieser Vorstellung aufbaut (st. Rspr.; vgl. Senatsurteil vom 14. Oktober 1992 - VIII ZR 91/91, BGHZ 120, 10, 23 mwN). Ob ein bestimmter Umstand Geschäftsgrundlage ist, unterliegt der tatrichterlichen Beurteilung, die für das Revisionsgericht grundsätzlich bindend ist. Diese Bindung entfällt nur dann, wenn gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln , Denkgesetze oder Erfahrungssätze durch das Tatgericht verletzt worden oder wesentliche Umstände des Sachverhalts unberücksichtigt geblieben sind (Senatsurteil vom 8. Februar 2006 - VIII ZR 304/04, NJW-RR 2006, 1037 Rn. 8). Letzteres ist hier nicht der Fall. Insbesondere lässt die vom Berufungsgericht zur Begründung einer Geschäftsgrundlage herangezogene Auslegung der Präambel der Eintrittsvereinbarung keine Rechtsfehler erkennen. Die von der Revision darüber hinaus erhobenen zahlreichen Verfahrensrügen hat der Senat geprüft und nicht für durchgreifend erachtet. Von einer Begründung wird gemäß § 564 ZPO abgesehen.
27
b) Von Rechtsirrtum beeinflusst ist jedoch die Auffassung des Berufungsgerichts , die Beklagte sei gemäß § 313 BGB wegen eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage zur Leistung der geltend gemachten Abschlagszahlungen nicht verpflichtet. Das Berufungsgericht hat hierbei den Regelungsgehalt des § 313 BGB grundlegend verkannt.
28
aa) Es ist bereits zweifelhaft, ob - wovon das Berufungsgericht ohne nähere Prüfung des ihm unterbreiteten Tatsachenstoffes unter Übernahme der ursprünglich von beiden Parteien vertretenen Rechtsansicht ausgegangen ist - der geplante Eintritt der Klägerin in den Gaslieferungsvertrag mit der E. GmbH tatsächlich gescheitert und demzufolge die Geschäftsgrundlage für den Wärmelieferungsvertrag zwischen den Parteien entfallen ist. Diese Frage bedarf jedoch letztlich keiner Entscheidung, denn eine Anwendung des § 313 BGB kommt aus weiteren Gründen nicht in Betracht.
29
bb) Die Anwendung des § 313 BGB scheitert vorliegend jedenfalls daran, dass ein Festhalten am Vertrag für die von einer möglichen Störung der Geschäftsgrundlage betroffene Beklagte nicht unzumutbar war.
30
(1) Das Berufungsgericht hat verkannt, dass allein der Wegfall der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB noch nicht zu einer Vertragsanpassung berechtigt. Vielmehr muss nach dieser Vorschrift als weitere Voraussetzung hinzukommen, dass dem betroffenen Vertragspartner "unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann". Durch diese Formulierung kommt zum Ausdruck, dass nicht jede einschneidende Veränderung der bei Vertragsabschluss bestehenden oder gemeinsam erwarteten Verhältnisse eine Vertragsanpassung oder eine Kündigung (§ 313 Abs. 3 BGB) rechtfertigt. Hierfür ist vielmehr erforderlich, dass ein Festhalten an der vereinbarten Regelung für die betroffene Partei zu einem nicht mehr tragbaren Ergebnis führt (so schon - vor Inkrafttreten des § 313 BGB - BGH, Urteile vom 11. Oktober 1994 - XI ZR 189/93, BGHZ 127, 212, 218; vom 5. Januar 1995 - IX ZR 85/94, BGHZ 128, 230, 238 f.; vgl. auch Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl., § 313 Rn. 24).
31
(2) Der nach Ansicht des Berufungsgerichts unterbliebene Eintritt der Klägerin in den Gaslieferungsvertrag der Beklagten mit der E. GmbH führte im Hinblick auf die in § 415 Abs. 3 Satz 2 BGB getroffene Risikoverteilung nicht dazu, dass die Vertragsfortführung für die Beklagte unzumutbar war.
32
Mit § 415 Abs. 3 Satz 2 BGB hat der Gesetzgeber eine Regelung für die Fälle des Scheiterns einer zwischen dem Altschuldner und dem Neuschuldner einer Verbindlichkeit vereinbarten Schuldübernahme wegen Verweigerung der Zustimmung durch den Gläubiger getroffen. Die genannte Vorschrift sieht vor, dass bei einer verweigerten Genehmigung der Schuldübernahme durch den Gläubiger der Übernehmer der Schuld im Zweifel gegenüber dem Schuldner verpflichtet ist, den Gläubiger rechtzeitig zu befriedigen. Damit hat der Gesetzgeber die gescheiterte Schuldübernahme als Erfüllungsübernahme (§ 329 BGB) ausgestaltet. Diese Grundsätze finden auch hier Anwendung.
33
Zwar ist die von den Parteien vereinbarte Vertragsübernahme mehr als eine bloße Schuldübernahme im Sinne der §§ 414 f. BGB, da nicht nur die Übertragung einer einzelnen Verpflichtung vereinbart worden ist, sondern die Auswechselung einer Vertragspartei in einem Rechtsverhältnis mit beiderseitigen Rechten und Pflichten. Dies führt jedoch zu keiner abweichenden rechtlichen Beurteilung. Denn § 415 BGB ist auf den Fall einer Vertragsübernahme entsprechend anwendbar (OLG Celle, NZM 2000, 93, 94; Palandt/Grüneberg, aaO, § 398 Rn. 44; Hk-BGB/Schulze, 7. Aufl., § 398 Rn. 30; vgl. auch Senatsurteil vom 10. November 1960 - VIII ZR 167/59, NJW 1961, 453 unter II 1).
34
Angesichts dieser gesetzlichen Regelung kann nicht von einer Unzumutbarkeit der Vertragsfortführung für die Beklagte ausgegangen werden. Zwar bleibt die Beklagte bei einem - hier unterstellten - Nichteintritt der Klägerin in den Gasversorgungsvertrag mit der E. GmbH selbst deren Vertragspartnerin und damit Schuldnerin der aus diesem Vertrag resultierenden Pflichten. Jedoch wird in diesem Fall den Interessen der Beklagten dadurch angemessen Rechnung getragen, dass die Klägerin verpflichtet ist, sie von Verbindlichkeiten aus diesem Vertrag freizustellen, und die Beklagte diesen Freistellungsanspruch im Wege der Einrede Ansprüchen der Klägerin entgegen halten kann.
35
Hinzu kommt der vom Berufungsgericht nicht berücksichtigte Umstand, dass der Gasversorgungsvertrag mit der E. GmbH, in den die Klägerin aufgrund der Vereinbarung vom 18. Dezember 2008 eintreten sollte, lediglich noch bis zum 30. September 2010 lief, wohingegen der zum 1. Januar 2009 zwischen den Parteien geschlossene Wärmelieferungsvertrag, auf den die Klägerin die streitgegenständlichen Ansprüche stützt, eine Laufzeit bis 31. Dezember 2023 vorsieht. Eine mögliche Störung der Geschäftsgrundlage betrifft daher lediglich eine im Vergleich zur Gesamtvertragsdauer kurze Zeitspanne. In Anbetracht dieser Umstände bedarf die Annahme eines vollständigen Wegfalls der Geschäftsgrundlage vorliegend besonderer Darlegung in den Urteilsgründen. Hieran fehlt es.
36
3. Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO).
37
a) Insbesondere ist der Wärmelieferungsvertrag nicht durch die seitens der Beklagten erklärte Kündigung vom 26. März 2009 beendet worden, weil Gründe für eine außerordentliche Kündigung nicht vorlagen und eine ordentlichen Kündigung im Hinblick auf die fest vereinbarte Laufzeit von 15 Jahren ausgeschlossen war.
38
aa) Die Beklagte hat ihre außerordentliche Kündigung damit begründet, dass die Klägerin für die Monate Januar 2009 und Februar 2009 nicht die ver- einbarte monatliche Vorauszahlung von 19.829,06 € netto, sondern das nach dem tatsächlichen Verbrauch ermittelte, um ein Vielfaches höhere Entgelt in Rechnung gestellt und für den Fall der Nichtzahlung die Einstellung der Wärmelieferung angedroht habe. Dieses Verhalten rechtfertigt jedoch im konkreten Fall noch keine außerordentliche Kündigung.
39
Nach § 314 Abs. 1 Satz 1 BGB kann ein Dauerschuldverhältnis aus wichtigem Grund gekündigt werden. Ein wichtiger Grund liegt nach § 314 Abs. 1 Satz 2 BGB vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Das von der Beklagten zur Rechtfertigung der außerordentlichen Kündigung des Wärmelieferungsvertrags herangezogene, unstreitige Verhalten der Klägerin begründet keinen wichtigen Grund in diesem Sinne.
40
§ 7 Abs. 1 des zwischen den Parteien geschlossenen Wärmelieferungsvertrags sieht vor, dass die geschuldeten Vorauszahlungen (Satz 2) "mit Beginn des ersten Abrechnungsjahres … im Durchschnitt 19.829,06 € zzgl. MwSt." be- tragen (Satz 3) und "danach vom Lieferanten nach billigem Ermessen" festgelegt werden (Satz 4). Damit ist es der Klägerin nach den vertraglichen Vereinbarungen zwar nicht - wie ursprünglich von ihr angenommen - erlaubt, anstelle der Vorauszahlungen in periodischen Abständen ein am tatsächlichen Verbrauch ausgerichtetes Entgelt zu berechnen. Ihr ist aber die Befugnis eingeräumt worden , durch einseitige Erklärung die Höhe der Vorauszahlungen zu ändern und diese damit einem dem tatsächlichen Verbrauch entsprechenden Betrag anzunähern. Unklar ist allerdings, wann eine einseitige Anpassung der Vorauszahlungen erstmals möglich sein sollte. Die Parteien haben in § 7 Abs. 1 des Wärmelieferungsvertrags diesen Zeitpunkt nicht eindeutig bestimmt; die gewählte Formulierung "danach" lässt eine Bandbreite von Interpretationen zu. In Anbetracht des aufgezeigten Regelungsgehalts des § 7 Abs. 1 des Wärmelieferungsvertrags und der ihm anhaftenden Unschärfe wiegt das Verhalten der Klägerin , die zunächst anstelle der vereinbarten Vorauszahlungen die sich nach dem tatsächlichen Verbrauch ergebende Vergütung abgerechnet hat (im Verlauf des Prozesses hat sie ihre Klage auf Leistung der Vorauszahlungen für den Zeitraum von Januar 2009 bis Juni 2009 umgestellt), trotz der darin liegenden Vertragswidrigkeit nicht so schwer, dass der Beklagten eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses unzumutbar wäre. Hinzu kommt, dass die Beklagte entgegen § 314 Abs. 2 Satz 1 BGB die Klägerin vor der Kündigung nicht abgemahnt hat.
41
bb) Auch die von der Beklagten erklärte ordentliche Kündigung führte nicht zu einer vorzeitigen Beendigung des Wärmelieferungsvertrags. Denn § 12 Abs. 1 sieht eine feste Vertragslaufzeit bis zum 31. Dezember 2023 und damit eine Vertragsdauer von 15 Jahren vor. Der Wärmelieferungsvertrag enthält keine Regelung, die vor Ablauf dieses Zeitraums eine ordentliche Kündigung zulässt (vgl. § 12 Abs. 2).
42
Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die in § 12 Abs. 1 des Wärmelieferungsvertrags vorgesehene Vertragsdauer auch nicht wegen Verstoßes gegen § 32 AVBFernwärmeV nach § 134 BGB unwirksam. Der vorliegend geschlossene Wärmelieferungsvertrag fällt nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme. Dieser ist ausweislich § 1 Abs. 1 Satz 1 AVBFernwärmeV nur eröffnet, soweit Fernwärmeversorgungsunternehmen für die Versorgung mit Fernwärme Vertragsmuster oder Vertragsbedingungen verwenden, die für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sind. Dass es sich bei dem Wärmelieferungsvertrag und insbesondere bei der Laufzeitregelung um derartige allgemeine Versorgungsbedingungen handelt, hat die insofern darlegungs- und beweisbelastete Beklagte (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 14. Mai 1992 - VII ZR 204/90, BGHZ 118, 229, 238) nicht vorgetragen und ist angesichts der auf den konkreten Fall zugeschnittenen inhaltlichen Verzahnung der vier von den Parteien abgeschlossenen Verträge auch nicht ersichtlich.
43
b) Die Beklagte kann dem Anspruch der Klägerin - entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung - auch nicht gemäß § 378 BGB die von ihr beim Amtsgericht Stollberg bewirkte Hinterlegung von 122.021,52 € entgegenhalten. Die in § 378 BGB geregelte schuldbefreiende Wirkung der Hinterlegung tritt nur ein, wenn die Hinterlegung rechtmäßig ist, also die Voraussetzungen des § 372 BGB erfüllt sind (BGH, Urteile vom 30. Oktober 1984 - IX ZR 92/83, BGHZ 92, 374, 385; vom 10. Dezember 2004 - V ZR 340/03, NJW-RR 2005, 712 unter II; Senatsurteil vom 17. Januar 2007 - VIII ZR 171/06, BGHZ 170, 311 Rn. 15). Dies ist vorliegend nicht der Fall.
44
Nach § 372 Satz 2 BGB kann der Schuldner Geld hinterlegen, wenn er infolge einer nicht auf Fahrlässigkeit beruhenden Ungewissheit über die Person des Gläubigers seine Verbindlichkeit nicht oder nicht mit Sicherheit erfüllen kann. Eine Ungewissheit über die Person des Gläubigers in diesem Sinne liegt nur dann vor, wenn der Schuldner Zweifel darüber haben kann, wem die zu erfüllende Forderung zusteht. Verlangen mehrere Gläubiger aus verschiedenen Rechtsgründen vom Schuldner dieselbe Leistung, ist der Schuldner hingegen selbst dann nicht hinterlegungsberechtigt, wenn er sich schuldlos darüber im Unklaren ist, welcher der beiden Ansprüche begründet ist (BGH, Urteile vom 30. Oktober 1984 - IX ZR 92/83, aaO S. 385 f.; vom 12. Februar 2003 - XII ZR 23/00, NJW 2003, 1809 unter 2 a mwN; Senatsurteil vom 17. Januar 2007 - VIII ZR 171/06, aaO mwN; BAG, NZA 2009, 105, 107).
45
Bezüglich des klagegegenständlichen Anspruchs auf Zahlung der im Wärmelieferungsvertrag vereinbarten Vorauszahlungen bestand für die Beklagte keine Ungewissheit über die Person des Gläubigers. Sie wusste, dass ihr Vertragspartner bei diesem Vertrag die Klägerin war und dass insoweit keine Abtretungen stattgefunden hatten. Es bestanden aus ihrer Sicht lediglich Zweifel daran, wer Schuldner der Verbindlichkeiten aus dem Gaslieferungsvertrag war, den sie ursprünglich mit der E. GmbH geschlossen hatte und den die Klägerin übernehmen sollte. Eine solche Unsicherheit begründet jedoch - wie oben ausgeführt - keine Hinterlegungsberechtigung nach § 372 Satz 2 BGB.
46
c) Der Geltendmachung der Vorauszahlungen für die Monate Januar 2009 bis einschließlich Juni 2009 steht ferner nicht ohne weiteres entgegen, dass nach der in § 7 Abs. 1 des Wärmelieferungsvertrags getroffenen Regelung zum 31. Dezember 2009 Abrechnungsreife eingetreten ist.
47
aa) Zwar besteht ein Anspruch auf die Zahlung abrechenbarer Vorauszahlungen grundsätzlich nicht mehr, wenn Abrechnungsreife eingetreten ist. Ab diesem Zeitpunkt kann der Gläubiger vom Schuldner nur noch die Zahlung eines sich aus einer Abrechnung eventuell ergebenden Saldos verlangen (vgl. zu Betriebskosten Schmidt-Futterer/Langenberg, Mietrecht, 10. Aufl., § 556 BGB Rn. 455).
48
Vorliegend hat die Klägerin allerdings vorgetragen, sie könne eine Abrechnung nur nach Ablesung der in den jeweiligen Kellergeschossen der Mietshäuser der Beklagten installierten Wärmezähler erstellen. Eine solche Ablesung sei ihr jedoch - was sie nach dem Bestreiten der Beklagten auch unter Beweis gestellt hat - nicht möglich gewesen, da die Beklagte den Mitarbeitern der Klägerin am 21. April 2009 ein Hausverbot erteilt und zugleich die Schlösser an den Übergabestationskellern der Mietshäuser ausgetauscht habe. Im Revisionsverfahren ist dieser Vortrag als richtig zu unterstellen. Er ist - anders als das Berufungsgericht meint - nicht deshalb unerheblich, weil die Klägerin eine eventuelle Mitwirkung der Beklagten nicht eingefordert hat. Zum einen ist angesichts der zahlreichen Rechtsstreitigkeiten zwischen den Parteien schon nicht gesichert , dass eine entsprechende Aufforderung der Klägerin überhaupt Erfolg ge- habt hätte. Zum anderen widerspricht die in der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts zum Ausdruck kommende Risikoverteilung dem Rechtsgedanken des § 20 Abs. 2 AVBFernwärmeV, der vorliegend über die Bezugnahme in § 2 Abs. 1 Satz 2 des Wärmelieferungsvertrags ergänzend anwendbar ist. Danach darf das Versorgungsunternehmen den Verbrauch auf der Grundlage der letzten Ablesung schätzen, solange es die Räume des Kunden nicht zur Ablesung betreten kann. Dies zeigt, dass bei einer Zutrittsverweigerung nicht zwingend eine konkrete Abrechnung verlangt werden kann. Nach alledem scheidet im Streitfall, in dem ein Wärmelieferungsvertrag im Anfangsstadium betroffen ist, eine Abrechnung auf Basis der vereinbarten Vorauszahlungen auch nach Abrechnungsreife nicht von vornherein aus.
49
bb) Ungeachtet dessen hat - wie die Revision zu Recht rügt - das Berufungsgericht übersehen, dass die Klägerin zu Beginn des Verfahrens ihre Ansprüche für Januar 2009 und Februar 2009 auf den tatsächlichen Verbrauch der Beklagten gestützt und jedenfalls für diesen Zeitraum entsprechende Monatsabrechnungen vorgelegt hat. Der geltend gemachte Zahlungsanspruch kann daher für diese Monate nicht mit der Begründung verneint werden, die Klägerin sei (im Hinblick auf die zwischenzeitlich eingetretene Abrechnungsreife) zur Abrechnung der bezogenen Wärmelieferungen verpflichtet, habe eine solche Abrechnung jedoch nicht vorgenommen.

III.

50
Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist, da der Rechtsstreit nicht zur Endentscheidung reif ist, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die erforderlichen Feststellungen getroffen werden können (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Ball Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Fetzer Dr. Bünger
Vorinstanzen:
LG Chemnitz, Entscheidung vom 12.05.2010 - 1 O 467/09 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 16.11.2010 - 9 U 809/10 -

Oberlandesgericht Dresden


Urteil vom 24.02.2021


Az.: 5 U 1782/20


In dem Rechtsstreit


X. Grundstücksverwaltung GmbH & Co. KG, ...
vertreten durch die Komplementärin X. Grundstücksverwaltung Beteiligungs GmbH
diese vertreten durch den Geschäftsführer ...
- Klägerin und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwaltskanzlei ...


gegen


Y. GmbH, ...
vertreten durch die Geschäftsführer ...
- Beklagte und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigte:
... Rechtsanwälte PartG mbB, ...


wegen Mietzinsforderung


hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden durch
Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht PD Dr. Dr. K.,
Richterin am Oberlandesgericht K. und
Richter am Oberlandesgericht K.
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24.02.2021
für Recht erkannt:

Tenor:


I. Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz vom 26.08.2020 (4 O 639/20) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.720,09 € zuzüglich Zinsen daraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.04.2020 und 272,00 € vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen daraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.06.2020 zu bezahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 1/3 und die Beklagte 2/3 zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckten Betrages leistet.

II. Die Revision wird zugelassen.

Gründe:


Die zulässige Berufung hat teilweise Erfolg.

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung der Miete des Monats April 2020 für die auf dem Grundstück ... Straße ... in xxx befindlichen Gebäude und Parkplätze mit einer Nutzfläche von ca. 1.150 m² in Anspruch, die die Beklagte zum Betrieb eines Textileinzelhandels angemietet hat.

Die Parteien schlossen am 13./26.09.2013 einen Mietvertrag über die auf dem Grundstück ... Straße ... in xxx befindlichen Gebäude und Parkplätze. Das Mietverhältnis begann am 01.01.2014 und wurde für die Dauer von 10 Jahren fest abgeschlossen, mit einer Verlängerungsklausel und einer zweimaligen Option der Beklagten als Mieterin zur Verlängerung des Mietverhältnisses jeweils um drei Jahre. Die Vermietung erfolgte "ausschließlich zu gewerblichen Zwecken zur Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts für Textilien aller Art, sowie Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs." Seit dem 01.01.2019 beträgt die monatliche Bruttomiete 7.854,00 € und ist spätestens bis zum 5. des Monats auf das im Vertrag angegebene Bankkonto der Klägerin zu bezahlen. Neben der Miete trägt die Beklagte als Mieterin im Vertrag näher umschriebene Nebenkosten. Eine Nebenkostenvorauszahlung wurde nicht vereinbart. In § 1 Nr. 2 des Mietvertrages wurde geregelt: "Der Vermieter übernimmt keine Gewähr dafür, dass etwaige erforderliche behördliche Genehmigungen für die Nutzung der Mieträume durch den Mieter erteilt werden, soweit die Genehmigungen nicht aus Gründen versagt werden, die ausschließlich auf der Beschaffenheit oder Lage des Mietobjektes beruhen. Der Mieter trägt die Kosten der Erfüllung behördlicher Auflagen, die sich aus seiner Person oder der Nutzungsart der Mieträume ergeben, ausgenommen sind die brandschutztechnischen Bestimmungen sowie die Arbeitsrichtlinien."

Aufgrund des sich verbreitenden SARS-CoV-2-Virus (Corona-Pandemie) erließ das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt am 18.03.2020 auf der Grundlage von § 28 Abs. 1 IfSG die "Allgemeinverfügung Vollzug des Infektionsschutzgesetzes Maßnahmen anlässlich der Corona-Pandemie Verbot von Veranstaltungen" (Az. 15-5422/5), nach deren Ziffer 1 in Sachsen grundsätzlich alle Geschäfte geschlossen wurden, soweit sie nicht unter die in der Allgemeinverfügung ausdrücklich benannten Ausnahmen fielen, was für den Textileinzelhandel der Beklagten nicht zutraf. Die Allgemeinverfügung vom 18.03.2020 trat gemäß ihrer Ziffer 9 am 19.03.2020 um 0:00 Uhr in Kraft und wurde ab dem 22.03.2020, 0:00 Uhr von der "Allgemeinverfügung Vollzug des Infektionsschutzgesetzes Maßnahmen anlässlich der Corona-Pandemie Verbot von Veranstaltungen" des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 20.03.2020 (Az. 15-5422/5) ersetzt, nach deren Ziffer 2, übereinstimmend mit der Allgemeinverfügung vom 18.03.2020, Geschäfte grundsätzlich geschlossen wurden, soweit nicht die in der Allgemeinverfügung vom 20.03.2020 formulierten Ausnahmen eingriffen, zu denen das Textileinzelhandelsgeschäft der Beklagten nicht zählte. Aufgrund der genannten Allgemeinverfügungen vom 18. bzw. 20.03.2020 war das Textileinzelhandelsgeschäft der Beklagten im Mietobjekt vom 19.03.2020 bis einschließlich 19.04.2020 geschlossen.

Nach entsprechender Ankündigung mit Schreiben vom 24.03.2020 bezahlte die Beklagte die Miete für den Monat April 2020 nicht. Die Klägerin mahnte mit dem Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 16.04.2020 bei der Beklagten die Zahlung der Miete für April 2020 erfolglos an. Die folgenden Mietzahlungen, insbesondere für den Monat Mai 2020, erbrachte die Beklagte vollständig.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei auch für den Zeitraum der durch die Allgemeinverfügungen des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 18. bzw. 20.03.2020 verursachten Schließung des Textileinzelhandelsgeschäfts im Mietobjekt zur vollständigen Zahlung der vertraglich vereinbarten Miete verpflichtet. Mit der staatlichen Schließungsanordnung habe sich ein typisches unternehmerisches Risiko verwirklicht. Das Verwendungsrisiko trage die Beklagte als Mieterin, was sich auch aus der Regelung in § 1 Nr. 2 des Mietvertrages ergebe. Die Allgemeinverfügungen zielten auf den Betrieb der Beklagten ab, während die von der Klägerin zu gewährleistende Nutzbarkeit der vermieteten Räume für den vertraglich vereinbarten Zweck dessen ungeachtet fortbestehe. Es bestehe deshalb auch kein Rückzahlungsanspruch wegen überzahlter Miete für den Monat März 2020, mit welchem die Beklagte die Aufrechnung gegen den Anspruch auf Zahlung der Miete für den Monat April 2020 erklären könne.

Die Beklagte hat behauptet, sie habe einen erheblichen Rückgang des Nettoumsatzes für die Monate März und April 2020 erlitten, welcher nicht durch verstärkten Onlinehandel kompensiert worden sei. Staatliche Finanzhilfen habe sie nicht erhalten. Sie habe ihre sämtlichen 3.000 Filialen geschlossen und einen Großteil ihrer Belegschaft in Kurzarbeit "0" geschickt.

Sie hat die Auffassung vertreten, infolge der staatlichen Schließungsanordnung liege ein Mangel des Mietobjektes i.S.d. § 536 Abs. 1 BGB vor, der zur Minderung der Miete um 100 % führe. Hilfsweise sei von einer Unmöglichkeit der Gebrauchsüberlassung i.S.v. § 326 Abs. 1 BGB auszugehen, die die Mietzahlungsverpflichtung der Beklagten entfallen lasse. Höchsthilfsweise wäre jedenfalls der Mietvertrag auf Grundlage der Grundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB wegen der durch die staatliche Schließungsanordnung eingetretenen schwerwiegenden Äquivalenzstörungen anzupassen, womit jedenfalls eine hälftige Teilung der Mietlast angemessen sei.

Für den Fall, dass der Senat von einer Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung der Miete für den Monat April 2020 ausgeht, rechnet die Beklagte hilfsweise mit ihrem Rückzahlungsanspruch in Bezug auf die von ihr rechtsgrundlos gezahlte Miete für den Zeitraum vom 19. bis zum 31.03.2020 auf.

Wegen des Sachvortrages im Übrigen und der in erster Instanz gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts Bezug genommen.

Das Landgericht hat mit dem Urteil vom 26.08.2020 die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 7.854,00 € nebst Zinsen und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten für den Gegenstandswert von 7.854,00 € nebst Zinsen zu bezahlen.

Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe einen Anspruch auf Zahlung der von ihr begehrten Miete für den Monat April 2020 aus dem Mietvertrag vom September 2013 gemäß § 535 Abs. 2 BGB. Die staatliche Schließungsanordnung aus den Allgemeinverfügungen vom 18. und 20.03.2020 führe nicht zu einem Mangel des Mietobjektes nach § 536 Abs. 1 BGB und nicht zur Unmöglichkeit der Gebrauchsüberlassungspflicht der Klägerin als Vermieterin. Eine Lagerhaltung sei der Beklagten während der Zeit der Schließungsanordnung möglich gewesen. Zudem hätte ein von der Schließungsanordnung ausgenommenes Geschäft in den Mieträumen betrieben werden können. Es könne offen bleiben, ob die wegen der Corona-Pandemie erfolgte staatliche Schließungsanordnung grundsätzlich zur Anwendbarkeit der Regelung in § 313 Abs. 1 BGB zur Anpassung des Mietvertrages wegen Störung der Geschäftsgrundlage führen könne. Im konkret zu beurteilenden Fall sei eine Anpassung des Mietvertrages jedenfalls nicht angezeigt, weil der Beklagten das Festhalten an dem unveränderten Mietvertrag nicht unzumutbar sei.

Gegen das ihr am 28.08.2020 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 02.09.2020 Berufung eingelegt und diese - nach entsprechender Fristverlängerung - am 27.11.2020 begründet.

Sie vertritt die Auffassung, das Landgericht habe in der Sache unzutreffend die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Mangels des Mietobjektes, hilfsweise der Unmöglichkeit der Gebrauchsgewährung durch die Klägerin und höchsthilfsweise der Voraussetzungen für eine Vertragsanpassung nach § 313 BGB mit der Folge einer hälftigen Mietzahlung verneint. Insoweit wiederholt und vertieft die Beklagte ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Sie behauptet, entgegen der Auffassung des Landgerichtes habe die Beklagte kaum einen Bedarf für die Nutzung der Räume des Mietobjektes als Lagerfläche anstelle der im Vertrag vereinbarten Verkaufsfläche, weil die Belieferung ihres Geschäfts im Mietobjekt über ein an einem anderen Ort befindliches Zentrallager "just in time" erfolge. Zudem sei eine kurzfristige Änderung des Nutzungszweckes des im Mietobjekt betriebenen Geschäfts auf eine nach den Allgemeinverfügungen vom 18. bzw. 20.03.2020 zugelassene Betätigung nicht möglich gewesen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Chemnitz, Az. 4 O 639/20, vom 26.08.2020 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Urteil des Landgerichts unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vortrages.

II.

Die Berufung ist teilweise begründet.

Entgegen der Auffassung der 4. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz im angefochtenen Urteil vom 26.08.2020 sieht der Senat es als erforderlich an, über eine Anpassung des Mietvertrages nach § 313 Abs. 1 BGB eine Reduzierung der Kaltmiete auf die Hälfte für denjenigen Zeitraum vorzunehmen, in dem aufgrund der Allgemeinverfügungen vom 18. und 20.03.2020 die Schließung des Textileinzelhandelsgeschäfts der Beklagten in den angemieteten Räumen angeordnet war. Für den streitgegenständlichen Zeitraum außerhalb der Schließungsanordnung ist dagegen keine Reduzierung der Miete vorzunehmen.

Im Ausgangspunkt hat die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung der Bruttokaltmiete von 7.854,00 € aus dem Mietvertrag vom 13./26.09.2013 gemäß § 535 Abs. 2 BGB. Diesem Anspruch kann die Beklagte nicht entgegenhalten, infolge der staatlichen Schließungsanordnung sei die Gebrauchsüberlassung durch die Klägerin als Vermieterin unmöglich geworden, mit der Folge, dass auch die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung der Gegenleistung, der Miete, gemäß §§ 326 Abs. 1, 275 Abs. 1 BGB entfallen sei (dazu 1.). Umgekehrt steht der Reduzierung der Miete wegen der staatlichen Schließungsanordnung nicht die Sperrwirkung der Regelung in Art. 240 § 2 EGBGB entgegen (dazu 2.), die eine Reduzierung der Miete nicht vorsieht.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist durch die staatliche Schließungsanordnung kein zur Mietminderung führender Mangel des Mietobjektes nach § 536 Abs. 1 BGB begründet worden. Die Auslegung des Mietvertrages gemäß §§ 133, 157 BGB, insbesondere anhand der gesetzlichen Risikoverteilung, führt nicht zur Annahme eines zur Minderung führenden Mietmangels (dazu 3.). Es liegt jedoch eine Störung der Geschäftsgrundlage des Mietvertrages vom 13./26.09.2013 im Sinne einer Störung der großen Geschäftsgrundlage vor, die gemäß § 313 Abs. 1 BGB zu einer dahingehenden Vertragsanpassung führt, dass die Beklagte für den Zeitraum der staatlichen Schließungsanordnung (nur) die Hälfte der vereinbarten Kaltmiete zu zahlen hat (dazu 4.).

Der Klägerin war anstelle des vom Landgericht zuerkannten Betrages von 7.854,00 € für den Monat April 2020 unter Berücksichtigung der Aufrechnung der Beklagten mit dem Anspruch auf Rückzahlung der überzahlten Miete für März 2020 ein Betrag in Höhe von 3.720,09 € zuzusprechen (dazu 4.b). Eine einseitige Auferlegung des nicht vorhersehbaren und von keiner Vertragspartei zu vertretenden Risikos einer durch die Corona-Pandemie verursachten staatlichen Schließungsanordnung auf den Mieter oder den Vermieter scheidet aus. Dafür spricht auch die Einführung von Art. 240 § 7 Abs. 1 EGBGB durch den Gesetzgeber. Auch wenn diese Vorschrift erst ab dem 31.12.2020 gilt (und damit während des derzeitigen, in Sachsen seit dem 14.12.2020 bestehenden Lockdowns eingeführt wurde), bringt sie einen bereits zuvor, nämlich schon während des ersten Lockdowns im März/April 2020, gültigen Rechtsgedanken zum Ausdruck. So lässt sich den Gesetzesmaterialien entnehmen, dass es sich um eine Klarstellung der Rechtslage handeln soll (vgl. BT-Drs. 19/25322 S. 14 f. zum Streitstand, vgl. Brinkmann/Thüsing NZM 2021, 5 und Römermann NJW 2021, 265; Herlitz NJ 2021, 56).

1. Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, der Anspruch auf Zahlung der Miete als Gegenleistung zur Verpflichtung der Klägerin als Vermieterin zur Überlassung des Gebrauches der Mieträume sei gemäß § 326 Abs. 1 BGB entfallen, weil der Klägerin infolge der staatlichen Schließungsanordnung die Überlassung der Mieträume in der Form unmöglich geworden sei, dass sie der Beklagten erlaube, ohne weiteres den vertragsgemäßen Gebrauch der Sache auszuüben. Mit diesem Einwand macht die Beklagte eine Unmöglichkeit der Vertragserfüllung geltend, die auf der Mangelhaftigkeit bzw. Gebrauchsuntauglichkeit des Mietobjektes beruhen soll. Soweit es aber um die Gebrauchsuntauglichkeit des Mietobjektes geht, werden die Vorschriften des allgemeinen Schuldrechtes, zu dem diejenigen über die Unmöglichkeit gehören, von den mietrechtlichen Gewährleistungsregelungen nach §§ 536 ff. BGB verdrängt, wenn das Mietobjekt bereits vom Vermieter an den Mieter überlassen wurde (vgl. BGH, Urteil vom 18.06.1997, XII ZR 192/95, NJW 1997, 2813; Urteil vom 04.05.2005, XII ZR 254/01, NJW 2005, 2152, 2154; Hübner/Griesbach/Fuerst in Lindner-Figura/Oprée/Stellmann, Geschäftsraummiete, 4. Aufl., Kap. 14 Rn. 233; Blank/Börstinghaus in Blank/Börstinghaus, Miete, 6. Aufl., § 535 Rn. 748). Der Beklagten war das Mietobjekt bereits überlassen worden, bevor es zur staatlichen Schließungsanordnung in den Allgemeinverfügungen vom 18. und 20.03.2020 kam.

2. Der Regelung in Art. 240 § 2 EGBGB kann keine dahingehende Sperrwirkung entnommen werden, dass sie Auswirkungen staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie auf das Bestehen oder den Umfang der Verpflichtung zur Zahlung der Miete für Räume ausschließen würde, in denen Geschäfte betrieben werden, die von den staatlichen Maßnahmen betroffen sind. Die Annahme einer Sperrwirkung würde voraussetzen, dass mit der Vorschrift des Art. 240 § 2 EGBGB eine (abschließende) Regelung dieser Frage getroffen wurde, was aber nicht zutrifft (ebenso LG Mönchengladbach, Urteil vom 02.11.2020, 12 O 154/20, BeckRS 2020, 30731 Rn. 39; LG München I, Urteil vom 25.01.2021, 31 O 7743/20, BeckRS 2021, 453 Rn. 53 ff.; Zehelein, NZM 2020, 390, 401; Streyl NZM 2020, 817, 823; Brinkmann/Thüsing NZM 2021, 5, 9 f.; Warmuth COVuR 2020, 16, 17; Herlitz, NJ 2021, 56, 58; a.A. LG München II, Urteil vom 06.10.2020, 13 O 2044/20, BeckRS 2020, 34263 Rn. 22; Jung JZ 2020, 715, 723). Unmittelbar geregelt wurde nur eine Beschränkung des Kündigungsrechts wegen Zahlungsverzuges des Mieters. Regelungen zum Bestehen und zur Höhe der Miete enthält die Vorschrift nicht. Eine klarstellende Erklärung, dass damit keine Aussage über die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Höhe der Miete in bestehenden Mietverträgen getroffen wird, wurde vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz auf seiner Homepage veröffentlicht (Text bei Streyl, a.a.O., S. 823). Letztlich spricht auch die seit dem 31.12.2020 geltende Vorschrift des Art. 240 § 7 EGBGB gegen eine Sperrwirkung von Art. 240 § 2 EGBGB.

3. Ein zur Minderung des Mietzinses führender Mietmangel wurde durch die staatlich angeordnete Schließung nicht begründet. Ein Mangel des Mietobjektes i.S.v. § 536 Abs. 1 BGB ist die für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustandes der Mietsache (Ist-Beschaffenheit) von dem vertraglich Vereinbarten (Soll-Beschaffenheit). Zu dem vertraglich vereinbarten Zustand der Mietsache gehören über deren physische Beschaffenheit hinaus auch die tatsächlichen Zustände und rechtlichen Verhältnisse, die mit der Mietsache zusammenhängen und ihre Gebrauchstauglichkeit beeinträchtigen. Dazu gehören auch Störungen, die außerhalb der Mietsache liegen. Um eine Ausuferung des Fehlerbegriffs zu vermeiden, führen außerhalb der Mietsache selbst liegenden Umstände allerdings nur dann zu einem Mangel der Mietsache, wenn sie deren Gebrauchstauglichkeit unmittelbar beeinträchtigen. Maßgebend für die Beantwortung der Frage, ob eine unmittelbare Beeinträchtigung der Mietsache vorliegt, ist danach in erster Linie der von den Parteien vereinbarte vertragsgemäße Gebrauch, welcher maßgeblich durch den vereinbarten Nutzungszweck bestimmt wird. Aus dem zur Erfüllung des vertragsgemäßen Gebrauchs erforderlichen Zustand der Mietsache ergibt sich deren geschuldeter Zustand (vgl. BGH, Urteil vom 23.09.2009, VIII ZR 300/08, NZM 2009, 855 Rn. 11; Urteil vom 10.10.2012, XII ZR 117/10, NJW 2013, 44 Rn. 30 f.).

Danach sind es allein die Vertragsparteien, die durch die Festlegung des dem Mieter jeweils geschuldeten vertragsgemäßen Gebrauches bestimmen, welchen Soll-Zustand die vermietete Sache aufweisen muss. Eine ausdrückliche Regelung der Parteien, welche Soll-Beschaffenheit das Mietobjekt in Bezug auf staatliche Schließungsanordnungen aufweisen muss, enthält der Mietvertrag vom 13./26.09.2013 nicht. Sie ist insbesondere nicht in § 1 Nr. 2 des Mietvertrages vom 13./26.09.2013 enthalten. Dort geht es um behördliche Genehmigungen für die Nutzung der Mieträume, zu denen eine aufgrund von § 28 Abs. 1 IfSG ergehende Schließungsanordnung nicht gehört, und um die nicht streitgegenständliche Frage, inwieweit der Mieter die Kosten behördlicher Auflagen trägt. Ist aber keine ausdrückliche Regelung zum "Soll-Zustand" getroffen worden, muss anhand der allgemeinen Auslegungsregeln (§§ 133, 157, 242 BGB) geprüft werden, was der Vermieter schuldet bzw. welchen Standard der Mieter aufgrund des Vertrages vom Vermieter verlangen kann (vgl. BGH, Urteil vom 18.12.2013, XII ZR 80/12, NJW 2014, 685 Rn. 20; Urteil vom 25.11.2020, XII ZR 40/19, BeckRS 2020, 37268 Rn. 12).

Von besonderer Bedeutung im Rahmen dieser Auslegung ist die gesetzlich vorgesehene Risikoverteilung zwischen den Mietvertragsparteien, weil sich an ihr der Grundsatz von Treu und Glauben konkretisiert, der ein maßgebliches Auslegungselement darstellt (vgl. Günter in Guhling/Günter, Gewerberaummiete, 2. Aufl., § 536 BGB Rn. 79). Der Vermieter trägt danach das Risiko der Gebrauchstauglichkeit des Mietobjektes (§ 535 Abs. 1 Satz 2 BGB), während der Mieter das Verwendungs-/Ertragsrisiko der Mietsache trägt (vgl. BGH, Urteil vom 17.03.2010, XII ZR 108/08, NZM 2010, 364 Rn. 17), was in § 537 Abs. 1 Satz 1 BGB zum Ausdruck kommt. Gemeint ist damit das unternehmerische Risiko, mit dem Mietobjekt Gewinne zu erzielen (vgl. Günter, a.a.O., Rn. 81). Im Ergebnis bedeutet dies, der Vermieter hat dafür Sorge zu tragen, dass einerseits die Mietsache alle physischen Eigenschaften aufweist, andererseits alle äußeren Umstände gegeben sind, die zum Zeitpunkt der Überlassung der Mietsache sowie während der gesamten Vertragslaufzeit für die uneingeschränkte Tauglichkeit der Mietsache für den festgelegten Nutzungszweck erforderlich sind (vgl. Günter, a.a.O., Rn. 84). Der Senat folgt nicht der von der 4. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz (ebenso etwa LG Zweibrücken, Urteil vom 11.09.2020, HK O 17/20, BeckRS 2020, 24356 Rn. 36 ff.; LG Frankfurt/M., Urteil vom 02.10.2020, 2-15 O 23/20, BeckRS 2020, 26613 Rn. 20; LG Stuttgart, Urteil vom 19.11.2020, 11 O 215/20, BeckRS 2020, 32275 Rn. 16; Sittner NJW 2020, 1169, 1170 f.; a.A. LG München I, Urteil vom 22.09.2020, 3 O 4495/20, BeckRS 2020, 28189; Hellmich COVuR 2020, 189, 190 f.; Sentek/Ludley NZM 2020, 406, 408: Einzelfallfrage) vertretenen Auffassung, die staatliche Schließungsanordnung falle in den vom Mieter zu tragenden Bereich des Verwendungs-/Ertragsrisikos. Das unternehmerische Risiko, mit dem Mietobjekt Gewinne zu erzielen, setzt nämlich voraus, dass der Mieter im Mietobjekt entsprechend dem vertraglich vereinbarten Mietzweck unternehmerisch tätig werden kann und greift deswegen dann nicht ein, wenn ihm - wie hier - genau diese Möglichkeit von vornherein verschlossen ist.

Die landesweit geltende Schließungsanordnung ist aber auch nicht der Risikosphäre des Vermieters zuzuordnen. Die staatliche Schließungsanordnung aus den Allgemeinverfügungen vom 18. bzw. 20.03.2020 verfügt die Schließung des Textileinzelhandelsgeschäfts der Beklagten, die dem in § 1 Nr. 1 des Mietvertrages vom 13./26.09.2013 vereinbarten Mietzweck entsprach. Es fehlt danach nicht an der grundsätzlichen Verwendbarkeit des Mietobjektes für den vereinbarten Mietzweck und geht nicht um die dem Verwendungsrisiko zuzuordnende Frage, ob der Mieter mit einem grundsätzlich zur Ausübung des Mietzweckes geeigneten Mietobjekt in der Lage ist, unternehmerischen Gewinn zu erzielen (in demselben Sinne: Weller/Thomale, BB 2020, 962, 964, die dem Verwendungsrisiko des Mieters das Verwendbarkeitsrisiko des Vermieters entgegensetzen und dieses hier betroffen sehen, weil die Verwendbarkeit der Mietsache für den Mietzweck nicht gegeben ist; ähnlich auch Hellmich, a.a.O.; Sentek/Ludley, a.a.O.). Ohne die staatliche nicht objektbezogene, von der Klägerin nicht zu beeinflussende Anordnung wäre das Mietobjekt uneingeschränkt nutzbar gewesen. Dagegen spricht auch nicht, dass von verschiedenen Oberlandesgerichten, zu denen auch der Senat zählt, in der Vergangenheit erhebliche, über das übliche Maß hinausgehende Behinderungen des Zugangs zu Gaststätten und Ladengeschäften für die Kunden dem Risiko der Gebrauchstauglichkeit des Mietobjektes zugeordnet und demzufolge als Mangel des Mietobjektes angesehen wurden (vgl. Senatsurteil vom 18.12.1998, 5 U 1774/98, NZM 1999, 317, 318; KG, Urteil vom 12.11.2007, 8 U 194/06, NZM 2008, 526, 527; Senatsurteil vom 14.10.2008, 5 U 1030/08, juris Rn. 33; OLG Frankfurt/M., Urteil vom 11.02.2015, 2 U 174/14, NJW 2015, 2434 [BGH 27.11.2014 - I ZR 124/11] Rn. 24 f.; OLG Frankfurt/M., Urteil vom 05.07.2017, 2 U 152/16, BeckRS 2017, 121594 Rn. 27 f.). Die Mieträume waren - im Rahmen der Beschränkungen der Corona-Schutzverordnung - frei zugänglich. Lediglich die von der Beklagten gewollte Verwendung war - vom Mietobjekt unabhängig - untersagt. Auch wenn Störungen, die außerhalb der Mietsache liegen, einen Mangel begründen können und für den Betrieb eines Textileinzelhandelsgeschäfts die Möglichkeit des Zugangs des Publikums eine Voraussetzung ist, wird dem Vermieter damit nicht das Risiko der objekt- und lageunabhängigen Nutzbarkeit der Mieträume übertragen. Ist der Zugang des Publikums zu den angemieteten Räumen eröffnet, fällt es in das Verwendungsrisiko des Mieters, wenn das Publikum dennoch nicht zum Kaufen der Ware in die Räume strömt, sei es, weil es das Sortiment unattraktiv findet, ein das Publikum anziehendes Geschäft nebenan geschlossen hat (vgl. zu einem solchen Fall: Senatsbeschluss vom 08.02.2017, 5 U 1669/16, BeckRS 2017, 106456) oder weil das Publikum die Räume aus Angst vor der Infektion mit dem Covid 19 Virus nicht betritt. Ein Mangel liegt dann nicht vor. Das vom Mieter zu tragende Verwendungsrisiko ist auch betroffen, wenn die Mietsache vom Mieter für den vereinbarten Mietzweck verwendet werden kann, dieser aber in Art und Umfang der Nutzung durch staatliche Maßnahmen beschränkt wird (etwa die Anordnung, ein Hygienekonzept zu erstellen, oder nur eine begrenzte Zahl von Kunden (und nur mit Mund-Nase-Bedeckung) entsprechend der Fläche in das Geschäft hineinzulassen. In diesen Fällen liegt kein Mangel des Mietobjekts vor. Diese Fälle sind auch nicht mit den hier maßgeblichen pandemiebedingten Einschränkungen vergleichbar.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Senat die Auffassung im angefochtenen Urteil nicht teilt, der Annahme eines Mangels des Mietobjekts i.S.v. § 536 Abs. 1 BGB infolge der staatlichen Schließungsanordnung stehe der Umstand entgegen, dass es sich um ein betriebsbezogenes öffentliches Gebrauchshindernis handele. Öffentlich-rechtliche Gebrauchsbeschränkungen oder -hindernisse stellen einen Mangel der Mietsache i.S.v. § 536 Abs. 1 BGB dar, wenn sie die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch aufheben oder mindern, was allerdings nur dann gilt, wenn sie auf der konkreten Beschaffenheit und der Lage der Mietsache beruhen (Ortsbezogenheit) und nicht in den persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters (Betriebsbezogenheit) ihre Ursache haben. Außerdem muss der Mieter durch die öffentlich-rechtlichen Beschränkungen und Gebrauchshindernisse in seinem vertragsgemäßen Gebrauch auch tatsächlich eingeschränkt werden, wovon regelmäßig nur dann auszugehen ist, wenn die zuständige Behörde die Nutzung des Mietobjektes durch ein rechtswirksames und unanfechtbares Verbot bereits untersagt hat (vgl. BGH, Urteil vom 20.11.2013, XII ZR 77/12, NZM 2014, 165; Urteil vom 02.11.2016, XII ZR 153/15, NJW 2017, 1104; Senatsbeschluss vom 01.06.2017, 5 U 477/17, ZMR 2017, 880; Günter NZM 2016, 569).

Entgegen der Auffassung des Landgerichtes ist die staatliche Schließungsanordnung aus den Allgemeinverfügungen vom 18. bzw. 20.03.2020 nach diesen Kriterien ein Mangel des Mietobjektes i.S.v. § 536 Abs. 1 BGB, weil sie unmittelbar mit der konkreten Lage des Mietobjektes in einem Bereich in Zusammenhang steht, in dem die pandemiebedingten Schutzmaßnahmen aufgrund von § 28 Abs. 1 IfSG aus staatlicher Sicht erforderlich waren. Die staatliche Schließungsanordnung in den Allgemeinverfügungen vom 18. bzw. 20.03.2020 differenziert zwischen verschiedenen Geschäftsarten, indem sie von der generellen Anordnung zur Schließung von Geschäften konkrete Ausnahmen formuliert. Dennoch erfolgt der Eingriff nicht betriebsbezogen, sondern ortsbezogen, weil im Rahmen des Pandemiegeschehens Orte vielfältiger menschlicher Begegnung weitgehend beseitigt werden sollen, um dadurch zu ermöglichen, dass eine Übertragung des Covid-19 Virus, welche den Kontakt eines infizierten zu einem nicht infizierten Menschen erfordert, nicht stattfindet. Es geht deshalb nicht um einen Eingriff in die betriebliche Tätigkeit eines Textileinzelhandelsgeschäfts im Unterschied zu etwa dem Betrieb eines Einzelhandels für Lebensmittel, der weiterhin öffnen darf. Vielmehr sollte landesweit der Betrieb grundsätzlich aller Geschäfte ruhen, um auf diesem Wege menschliche Kontakte - sowohl im Geschäft als auch auf dem Weg zum Geschäft und von diesem weg auf der Straße und im öffentlichen Personenverkehr - zu reduzieren. Der Einzelhandel für Lebensmittel wird nur deshalb gemeinsam mit anderen ausdrücklich aufgezählten Geschäften von der Schließung verschont, weil er zur Aufrechterhaltung der Versorgung der Bevölkerung mit den lebenswichtigen Gütern des täglichen Bedarfs erforderlich ist. Die Zielrichtung der Eingriffsmaßnahmen nach § 28 IfSG ist deshalb landesweit ortsbezogen und richtet sich nach der konkreten Betroffenheit des Ortes oder der Region durch das Infektionsgeschehen und der daraus resultierenden Dringlichkeit der Reduzierung von Kontakten der Menschen (vgl. dazu OVG Münster, Beschluss vom 06.07.2020, 13 B 940/20.NE, BeckRS 2020, 14802; Kießling in Kießling, IfSG, 1. Aufl., § 28 Rn. 65). Um einen betriebsbezogenen Eingriff geht es nicht.

Aus der über den zumindest mittelbaren Einfluss der Klägerin hinausgehenden generell und landesweit geltenden Zugangsbeschränkung kann kein Umstand abgeleitet werden, der in den von der Klägerin zu verantwortenden Bereich fällt.

4. Infolge des Auftretens der Corona-Pandemie und der staatlichen Schließungsanordnung aus den Allgemeinverfügungen vom 18. bzw. 20.03.2020 ist jedoch eine Störung der Geschäftsgrundlage i.S.v. § 313 Abs. 1 BGB des Mietvertrages vom 13./26.09.2013 eingetreten (dazu a), die eine Anpassung des Vertrages dahin auslöst, dass die Kaltmiete für die Dauer der angeordneten Schließung auf die Hälfte reduziert wird (dazu b).

a) Der Tatbestand der Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 1 BGB setzt ein tatsächliches Element (dazu aa), ein hypothetisches Element (dazu bb) und ein normatives Element (dazu cc) voraus (vgl. Finkenauer in Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl., § 313 Rn. 56).

aa) Die Geschäftsgrundlage wird gebildet durch die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, beim Vertragsschluss aber zutage getretenen, dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen des eigenen Vertragsteils oder durch die gemeinsamen Vorstellungen beider Teile vom Vorhandensein oder künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille auf diesen Vorstellungen aufbaut (vgl. BGH, Urteil vom 25.09.1997, II ZR 269/96, NJW 1997, 3371, 3372; Urteil vom 24.03.2010, VIII ZR 160/09, NJW 2010, 1663 Rn. 17). Zur Geschäftsgrundlage der Parteien als Vermieterin und Mieterin von Geschäftsräumen zur Nutzung als Textileinzelhandelsgeschäft gehörte danach die Vorstellung, dass es nicht zu einer Pandemie mit weitgehender Stilllegung des öffentlichen Lebens infolge pandemiebedingter Nutzungsuntersagungen und -beeinträchtigungen kommen würde, so dass das Auftreten der Pandemie mit den entsprechenden weitreichenden staatlichen Eingriffen in das wirtschaftliche und soziale Leben eine schwerwiegende Änderung der für die Vertragslaufzeit vorgestellten Umstände bedeutet und damit das tatsächliche Element der Störung der Geschäftsgrundlage verwirklicht. Es liegt eine Systemkrise und damit ein Fall der Störung der großen Geschäftsgrundlage vor, weil durch sie das allgemeine soziale und wirtschaftliche Gefüge nachhaltig erschüttert wird (idS Jung, a.a.O., S. 716, 717; Weller/Lieberknecht/Habrich NJW 2020, 1017, 1021; Häublein/Müller NZM 2020, 481, 486 f.; Wolf/Eckert/Denz/Gerking/Holze/Künnen/Kurth JA 2020, 401, 402). So wird es auch vom Landgericht im angefochtenen Urteil gesehen (ebenso LG Heidelberg, Urteil vom 30.07.2020, 5 O 66/20, BeckRS 2020, 19165 Rn. 39 ff.; Streyl, a.a.O., Seite 821; Zehelein, a.a.O., Seite 398). Ohne dass es hierauf entscheidend ankommen würde, spricht für diese Annahme auch der Inhalt des mit Wirkung vom 31.12.2020 neu geschaffenen Art. 240 § 7 Abs. 1 EGBGB (vgl. Brinkmann/Thüsing, a.a.O., Seite 8).

bb) Das hypothetische Element ist erfüllt, wenn die vertragschließenden Parteien den Vertrag nicht oder mit einem anderen Inhalt geschlossen hätten wenn sie die Veränderung der Umstände, welche zur Geschäftsgrundlage gehören, vorhergesehen hätten. Erforderlich ist danach, dass zumindest eine Vertragspartei den Vertrag nicht bzw. nicht mit diesem Inhalt abgeschlossen hätte, wenn sie das Fehlen oder den Wegfall der Vertragsgrundlage vorhergesehen hätte (vgl. Finkenauer, a.a.O., Rn. 58). Im Rahmen der Störung der großen Geschäftsgrundlage ist das hypothetische Element regelmäßig erfüllt (vgl. Jung, a.a.O., S. 719). Zudem ist zu beachten, dass es sich bei der Änderung der zur Geschäftsgrundlage gehörenden Umstände um sehr wesentliche Rahmenbedingungen für den Betrieb ihres Textileinzelhandelsgeschäftes handelt. Auf konkrete, nicht in die Vertragsverhandlungen eingeflossene Erwägungen, die nach dem Vortrag der Klägerin, sie hätte, wenn die jetzt eingetretene Situation bei Mietvertragsabschluss auch nur annähernd vorhersehbar gewesen wäre, kein Einverständnis der Klägerin mit einer Mietpreisanpassungsklausel in der von der Beklagten geltend gemachten Form, also im Sinne einer Reduzierung auf die Hälfte der Miete, erklärt, kommt es daher nicht an. Abzustellen ist auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses und auf verständige, wirtschaftlich denkende Vertragspartner. Diese hätten sich bei dem beide Vertragspartner gleichermaßen betreffenden und gerade nicht zu beeinflussenden Risiko nicht einseitig zu Gunsten eines Vertragspartners entschieden. Das hypothetische Element des § 313 Abs. 1 BGB ist damit erfüllt.

cc) Das normative Element des § 313 Abs. 1 BGB ist erfüllt, wenn die wesentliche Veränderung der zur Geschäftsgrundlage gehörenden Umstände nicht in den Risikobereich einer der Parteien fällt (dazu aaa) und ein Festhalten am Vertrag einer der Parteien nicht zuzumuten ist (dazu bbb).

aaa) Wenn angenommen wird, dass eine der Parteien mit dem Abschluss des Mietvertrags ein Risiko übernommen hat, unter das das Auftreten der Corona-Pandemie und die daraufhin ergangene staatliche Schließungsanordnung fällt, stünde dies einer Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 1 BGB regelmäßig entgegen, weil für die Berücksichtigung von Störungen der Geschäftsgrundlage grundsätzlich kein Raum ist, soweit es um Erwartungen und Umstände geht, die nach den vertraglichen Vereinbarungen in den Risikobereich einer der Parteien fallen (vgl. BGH, Urteil vom 17.03.2010, XII ZR 108/08, NZM 2010, 364 Rn. 15; Finkenauer, a.a.O., Rn. 61). Dies könnte auf den ersten Blick dafür sprechen, die Entscheidung sei bereits im Rahmen der bei der Auslegung des Mietvertrages notwendigen Abgrenzung zwischen dem beim Vermieter liegenden Risiko der Gebrauchstauglichkeit des Mietobjektes einerseits und dem beim Mieter liegenden Verwendungsrisiko andererseits gefallen (vgl. dazu oben II.3.). Diese Annahme greift aber zu kurz, weil die bei der vertraglichen Risikoabgrenzung allein betrachtete staatliche Schließungsanordnung nicht gleichbedeutend mit der in ein Pandemiegeschehen mit weitreichenden Kontakteinschränkungen eingebetteten Änderung der zur Geschäftsgrundlage gehörenden Umstände ist. Es geht hier also nicht um ein "normales" Risiko der Gebrauchstauglichkeit bzw. der Verwendung des Mietobjektes, sondern um weitgehende staatliche Eingriffe in das soziale und wirtschaftliche Leben aufgrund einer Pandemie, die als Systemkrise eine Störung der großen Geschäftsgrundlage ist. Das mit der Störung der großen Geschäftsgrundlage verbundene Risiko kann regelmäßig keiner Vertragspartei allein zugewiesen werden (idS Weller/Lieberknecht/Habrich, a.a.O., S. 1021; Jung, a.a,O., S. 720; Häublein/Müller, a.a.O., S. 487 f.: Römermann NJW 2021, 265 Rn. 22; Warmuth, a.a.O., S. 19 f.; LG Mönchengladbach, Urteil vom 02.11.2020, a.a.O., Rn. 41). Der staatliche Eingriff zur Kontaktbeschränkung hat dabei auch unmittelbar auf das vorliegend zu beurteilende Mietverhältnis eingewirkt, indem das von der Beklagten entsprechend dem Mietzweck betriebene Textileinzelhandelsgeschäft als möglicher Ort potentiell vielfältiger Kontakte, die zur Übertragung des Covid 19 Virus führen können, geschlossen wurde. Von der vertraglichen Risikozuweisung wird deshalb dieses von den Vertragsparteien nicht vorhergesehene und die Geschäftsgrundlage des Vertrages betreffende Geschehen nicht erfasst (in demselben Sinne etwa Streyl, a.a.O., Seite 822 f.; Zehelein, a.a.O., Seite 398). Auch in diesem Punkt stützt die Neuregelung in Art. 240 § 7 Abs. 1 EGBGB die Annahme, dass die pandemiebedingten staatlichen Schließungsmaßnahmen zumindest regelmäßig von der ohne Bezug zur Corona-Pandemie im Mietvertrag vereinbarten Risikozuweisung nicht erfasst werden (i.d.S. auch Römermann NJW 2021, 265, 267 f.). Im Ergebnis steht die vertragliche Risikozuweisung in der hier zu beurteilenden Situation einer Anpassung des Vertrages nach § 313 Abs. 1 BGB selbst dann nicht entgegen, wenn dieses nach der Vertragsauslegung einer der Parteien zuzuordnen wäre.

bbb) Entgegen der Auffassung im angefochtenen Urteil ist das Festhalten am unveränderten Mietvertrag derjenigen Partei, die durch die Änderung der die Geschäftsgrundlage bildenden Umstände belastet ist, hier die Beklagte, nicht zumutbar.

Der Senat teilt die Auffassung der 4. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz nicht, dass von einer Unzumutbarkeit des Festhaltens am bestehenden Vertrag erst dann auszugehen sei, wenn die von der Änderung der Umstände, welche zur Geschäftsgrundlage gehören, belastete Partei dadurch in eine existenzgefährdende Lage gerät. Das beachtet nicht hinreichend, dass es hier um eine Äquivalenzstörung in einem gegenseitigen Vertrag geht, der zudem ein Dauerschuldverhältnis ist. Die notwendige Unzumutbarkeit bezieht sich damit auf die Äquivalenzstörung, also auf das Verhältnis von Überlassung des Mietobjektes einerseits und dafür Zahlen des Nutzungsentgelts (Miete) andererseits (i.d.S. auch Römermann, a.a.O., S. 268; Streyl, a.a.O., S. 824; Brinkmann/Thüsing, a.a.O., S. 10; Finkenauer, a.a.O., Rn. 77). Von besonderer Bedeutung ist dabei der Charakter des Mietvertrages als Dauerschuldverhältnis, bei dem die Miete für die Nutzungsüberlassung in Zeitabschnitten geschuldet ist, wobei der Zeitabschnitt bei den meisten Mietverhältnissen einen Monat beträgt. Dementsprechend erfolgt die Lösung des Äquivalenzproblems zwischen Miete und Gebrauchsüberlassung im Fall des Eingreifens des Gewährleistungsrechts der Minderung nach § 536 Abs. 1 BGB auch im Sinne einer Reduzierung (Minderung) der Miete (nur) für den betroffenen Zeitabschnitt der Einschränkung der Gebrauchstauglichkeit. Führt ein vorhandener Mangel in einem bestimmten Zeitraum nicht zur Einschränkung der Gebrauchstauglichkeit, ist die Miete in diesem Zeitraum und damit in den betroffenen Zeitabschnitten nicht gemindert (vgl. BGH, Urteil vom 15.12.2010, XII ZR 132/09, NJW 2011, 514 Rn. 13 - sommerliche Aufheizung der Mieträume). Ebenso ist es bei der Bestimmung der Wesentlichkeit eines Mietrückstandes - und damit einer Äquivalenzstörung - für die Annahme eines wichtigen Grundes zur Kündigung des Mietvertrages nach § 543 BGB. Auch dabei wird in § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a und b BGB nach Zahlungsterminen bestimmt, wann ein Rückstand so erheblich ist, dass aus ihm ein wichtiger Grund für die außerordentliche Kündigung des Mietvertrages folgt. In § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3b BGB ist sogar - wohl infolge eines redaktionellen Versehens - der konkrete Zeitabschnitt des Monats genannt, was aber dahin zu verstehen ist, dass der im Mietvertrag vereinbarte Zeitabschnitt gemeint ist (vgl. Alberts in Guhling/Günter, Gewerberaummiete, 2. Aufl., § 543 BGB Rn. 57 unter Verweis auf BGH, Urteil vom 17.09.2008, XII ZR 61/07, NZM 2009, 30 Rn. 15). Auch im Rahmen der Konturierung des unbestimmten Rechtsbegriffs des nicht unerheblichen Teils der Miete in § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3a BGB orientiert sich die Rechtsprechung an dem an einem Fälligkeitstermin zu zahlenden Betrag, in der Regel also an der Miete für einen Monat. So ist in § 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB für Mietverträge über Wohnraum geregelt, dass ein nicht unerheblicher Rückstand dann vorliegt, wenn der rückständige Teil die Miete für einen Monat (mindestens um ein Cent) übersteigt. Auch im Bereich der Mietverträge über Gewerberäume wird dieser Betrag grundsätzlich bei der Bestimmung des nicht unerheblichen Teils der Miete angewendet (vgl. BGH, Urteil vom 23.07.2008, XII ZR 134/06, NJW 2008, 3210 Rn. 30). Allerdings kann bei diesen Verträgen auch ein Rückstand von weniger als dem an einem Fälligkeitstermin zu zahlenden Betrag, also in der Regel der Miete für einen Monat, ausreichen, wenn besondere Einzelfallumstände hinzutreten, die den Schluss auf die Erheblichkeit dieses Rückstandes zulassen (vgl. BGH, Urteil vom 13.05.2015, XII ZR 65/14, NJW 2015, 2419 Rn. 54 ff.). Daraus folgt, dass die Unzumutbarkeit der Festhaltung am bestehenden Vertrag beim Verhältnis von Leistung und Gegenleistung anzusetzen hat, im vorliegend zu beurteilenden Mietvertrag vom 13./26.09.2013 mit monatlicher Zahlungspflicht gemäß dessen § 3 Nr. 1 also beim einzelnen Zahlungsmonat. Im Ausgangspunkt ist danach die Erheblichkeit deswegen zu bejahen, weil - je nach Standpunkt bezüglich der vertraglichen Risikoverteilung - entweder der Mieter nach dem Mietvertrag die volle Miete zahlen müsste, ohne das Mietobjekt dem Mietzweck entsprechend nutzen zu können oder der Vermieter keine bzw. eine geringfügige Miete für ein Mietobjekt erhielte, für dessen - temporäre - Unbenutzbarkeit für den vertraglich vereinbarten Mietzweck er nicht nur keine Ursache gesetzt hat, sondern die er auch nicht vorhersehen konnte. Im konkret zu beurteilenden Fall könnte man deshalb die Erheblichkeit danach allenfalls dann verneinen, wenn lediglich ein Zahlungstermin betroffen wäre und innerhalb dieses Zahlungstermins jedenfalls weit überwiegend die vertragliche Äquivalenz bestand. Denkbar wäre danach, die Unzumutbarkeit der Festhaltung am Mietvertrag dann zu verneinen, wenn die Äquivalenzstörung lediglich ein bis zwei Wochen des Mietmonats beträfe. Die Notwendigkeit der im Verhältnis zu anderen Vertragstypen relativ niedrige Schwelle der Unzumutbarkeit liegt darin begründet, dass es sich bei dem Mietvertrag um ein Dauerschuldverhältnis handelt. So ist bei einem klassischen Austauschvertrag wie dem Kaufvertrag die vollständige Leistung und Gegenleistung im Rahmen der Äquivalenzstörung gegenüberzustellen. Allerdings bezieht sich dann auch die Rechtsfolge der Vertragsanpassung auf den gesamten Vertrag, also das vollständige Äquivalenzverhältnis. Im Mietvertrag reicht dagegen eine wesentliche Äquivalenzstörung im regelmäßig monatlichen Zeitabschnitt, sie führt allerdings dann auch nur zu einer Vertragsanpassung für diesen Zeitabschnitt, so dass nicht das Risiko besteht, dass mit niedriger Eingriffsschwelle wesentliche Vertragsgrundlagen ohne entsprechenden Anlass durch richterlichen Eingriff nach § 313 Abs. 1 BGB geändert werden. Der Zeitraum, in dem die staatliche Schließungsanordnung andauerte, von insgesamt mehr als einem Monat, überschreitet damit die Schwelle der Erheblichkeit. Auf die Frage, inwieweit die wirtschaftliche Existenz der belasteten Vertragspartei durch die Störung der Geschäftsgrundlage betroffen wird, kommt es wegen dieser Dauer nicht an.

b) Da eine einvernehmliche Vertragsanpassung im Verhandlungswege der Parteien nach § 313 Abs. 1 BGB noch im Berufungsverfahren nicht zustande kam, ist der Senat verpflichtet, die entsprechende Vertragsanpassung vorzunehmen. Der Anpassungsanspruch aus § 313 Abs. 1 BGB kann gerichtlich geltend gemacht werden (vgl. BGH, Urteil vom 30.09.2011, V ZR 17/11, NJW 2012, 373 Rn. 34; Zehelein, a.a.O., S. 400). Die Beklagte hat zudem mit ihrem vorprozessualen Schreiben vom 07.05.2020 an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin einen außergerichtlichen Vergleich auf der Basis einer hälftigen Reduzierung der Miete für April 2020 angeboten, was als Anpassungsverlangen nach § 313 Abs. 1 BGB gewertet werden kann.

Damit ist eine Absenkung der Kaltmiete um 50 % gerechtfertigt, weil keine der Vertragsparteien eine Ursache für die Störung der Geschäftsgrundlage gesetzt oder sie vorhergesehen hat. Es ist demzufolge angemessen, die damit verbundene Belastung gleichmäßig auf beide Parteien zu verteilen (i.d.S. auch LG Mönchengladbach, a.a.O., Rn. 55; LG Aurich, Urteil vom 09.10.2020, 1 O 430/20; LG Kempten, Urteil vom 07.12.2020, 23 O 753/20, BeckRS 2020, 37736 Rn. 37; AG Oberhausen, Urteil vom 06.10.2020, 37 C 863/20, BeckRS 2020, 35507 Rn. 46; Zehelein, a.a.O., Seite 398 ff.; Streyl, a.a.O., S. 824; Ekkenga/Schirrmacher NZM 2020, 410, 414; i. E. auch Häublein/Müller, a.a.O., S. 491 f.). Dies entspricht der Lösung der Rechtsprechung bei Vertragszweckstörungen in der Vergangenheit (vgl. BGH, Urteil vom 23.11.1989, VII ZR 60/89, NJW 1990, 572, 573 - Aufteilung der Hotel-Stornokosten bei Reisekündigung wegen höherer Gewalt; ähnlich OLG Karlsruhe, Urteil vom 15.05.1992, 15 U 297/91, NJW 1992, 3176, 3177 f. - Wegfall der beiderseitigen Leistungspflichten aus einem Vertrag über den Auftritt von Musikern auf einer Faschingsveranstaltung, welche wegen des Golfkriegs ausfiel). Es kann offen bleiben, ob die Zahlung staatlicher Hilfen an einen der Vertragspartner des Mietvertrages zu einer weiteren Anpassung der Höhe der Miete führen würde, weil nicht festgestellt werden kann, dass die Klägerin oder die Beklagte solche staatlichen Hilfen erhalten haben. Es kann auch dahinstehen, ob und ggf. inwieweit Zahlungen auf Betriebskosten anzupassen wären, weil solche nicht Gegenstand des Rechtsstreits sind. Der Klägerin war eine keine Teilnutzung des Mietobjekts im Sinne eines "Außer-Haus-Verkaufs" bzw. eines entsprechenden Liefer- und Abholservice möglich wie dies etwa bei Gaststätten erlaubt war (vgl. Ziffer 3 der Allgemeinverfügung vom 18.03.2020 und Ziffer 4 der Allgemeinverfügung vom 20.03.2020).

Eine Reduzierung der Kaltmiete auf die Hälfte für den Zeitraum der staatlichen Schließungsanordnung führt zu dem Ergebnis, dass die Klägerin für den Monat April anstelle des vertraglich vereinbarten Betrages von 7.854,00 € nur 5.366,90 € zu zahlen hätte, während sie für den Monat März 2020 6.207,19 € zu zahlen gehabt hätte, also mit ihrer vollständigen Mietzahlung die Miete in Höhe von 1.646,81 € überzahlt hat. In dieser Höhe hat die Beklagte hilfsweise die Aufrechnung gegen die Forderung der Klägerin auf Zahlung der Miete für April 2020 erklärt, so dass sich im Ergebnis gemäß §§ 387, 389 BGB der Anspruch der Klägerin von 5.366,90 € auf 3.720,09 € reduziert.

Im Hinblick auf die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten war lediglich ein Streitwert in Höhe des nunmehr ausgeurteilten Betragen anzusetzen.

Der Zinsausspruch folgt aus §§ 288 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO; diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Zi. 10, 711 ZPO. Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 Zi. 1 ZPO wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung zuzulassen.
 
 
 

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

Sachverhalt

I.

Die Kläger nehmen die Beklagte auf Zahlung von Mietzins für Gewerberäume im April 2020 in Anspruch.

Die Beklagte betreibt in von den Klägern gemieteten Geschäftsräumen in der N.-Straße in W. eine Filiale eines Marktes. Wegen der Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarungen wird auf die Darstellung im landgerichtlichen Urteil (LGU 2/3) verwiesen.

Die streitgegenständliche Filiale war vom 18.03.2020 bis einschließlich 19.04.2020 wegen § 4 Abs. 1 Nr. 12 der Coronaverordnung vom 17.03.2020 geschlossen. Die Beklagte kündigte am 24.03.2020 an, die Miete für April 2020 nicht zu bezahlen. Mit Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Kläger wurde sie am 01.04.2020 aufgefordert, die Miete fristgerecht zu überweisen. Die Aufforderung blieb erfolglos, die Kläger haben Klage auf Zahlung der Miete für den Monat April 2020 sowie auf Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten erhoben. Die Beklagte hat mit der Klageerwiderung hilfsweise die Aufrechnung mit einem Teil der Miete vom März 2020 erklärt, nachdem die streitgegenständliche Filiale ab dem 20.04.2020 wieder eröffnet werden konnte.

Die Kläger sind der Auffassung, die behördlich angeordnete Schließung der Filiale lasse ihren Anspruch auf Zahlung des Mietzinses für den Gewerberaum nicht entfallen. Es handele sich hierbei nicht um einen Mangel der Mietsache. Da eine Mindestmiete vereinbart worden sei, werde diese unabhängig davon geschuldet, ob in dem Ladengeschäft Umsätze generiert würden oder nicht. Dieses Risiko trage die Beklagte im Verhältnis zu den Klägern allein. Die Gebrauchsüberlassung der Mieträume an die Beklagte sei nicht unmöglich. Für eine Vertragsanpassung nach § 313 BGB fehle es an einer von der Beklagten darzulegenden Existenzgefährdung.

Das Landgericht, auf dessen Urteil wegen des weiteren Sach- und Streitstands im ersten Rechtszug sowie der getroffenen Feststellungen Bezug genommen wird, hat die Beklagte zur Zahlung von 5.081,98 € zuzüglich Zinsen sowie Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten i.H.v. 697,82 € zuzüglich Zinsen verurteilt. Es hat das Vorliegen eines Sachmangels verneint. Die behördliche Anordnung hebe die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch nicht auf und mindere diese auch nicht. Hoheitliche Maßnahmen, die zu einer Gebrauchsbeschränkung führten, begründeten nur dann einen Mangel, wenn sie unmittelbar mit der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage der konkreten Mietsache im Zusammenhang stünden. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Die Rechtsprechung des Reichsgerichts sei wegen des heute in Rechtsprechung und herrschender Lehre vorausgesetzten Objektbezugs der Nutzungsbeeinträchtigung nicht übertragbar. Weiter ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Leistung der Kläger nicht nach § 275 BGB unmöglich geworden sei, da die Kläger die ihnen als Vermieter obliegende Hauptleistungspflicht erfüllen könnten. Das Verwendungsrisiko trage allein die Beklagte. Ob § 313 Abs. 1 BGB vorliegend anwendbar ist und die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen, hat das Landgericht offengelassen, nachdem es eine Unzumutbarkeit für die Beklagte, sich am Vertrag festzuhalten zu lassen, nicht hat feststellen können. Eine Existenzgefährdung oder unzumutbare wirtschaftliche Beeinträchtigung habe die Beklagte nicht dargelegt. Sie habe unberücksichtigt gelassen, dass sie über das staatliche Kurzarbeitergeld Mitarbeiterkosten erspart habe und die Möglichkeit, den Onlinehandel auszuweiten oder dies zumindest zu versuchen, um Umsatzeinbußen auszugleichen, außer Betracht gelassen. Weiter hat das Landgericht unter Berücksichtigung von § 10 des Mietvertrags, der bei erheblicher Veränderung der Charakteristik der Verkehrssituation, der Einzelhandelssituation oder der Straßenführung in Bezug auf die Erreichbarkeit des Mietobjekts lediglich ein Kündigungsrecht der Beklagten mit einer Frist von sechs Monaten zum Monatsende vorgesehen habe, eine Unzumutbarkeit verneint.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Unter Bezugnahme auf ein Urteil des Landgerichts München I vom 22.09.2020 (Az. 3 O 4495/20) geht die Beklagte von einem Mangel der Mietsache aus, der zu einer Minderung der Miete um bis zu 100 % führe. Die Räumlichkeiten seien zur Nutzung als Verkaufsräume, nicht als Lagerräume gemietet worden. Die Benutzbarkeit des Mietobjekts zum vereinbarten Zweck des Verkaufs fehle, weshalb ein zur Minderung berechtigender Mangel vorliege. Der Anteil der Lagerflächen betrage lediglich 5,87 % der Mietflächen. Im Übrigen sei den Klägern durch die Schließungsanordnung in der Coronaverordnung die ihnen obliegende Leistung unmöglich geworden. Zumindest sei wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage der Vertrag nach § 313 BGB anzupassen. Mit der behördlichen Schließungsanordnung sei die Geschäftsgrundlage entfallen, ohne dass das sich verwirklichende Risiko einer Partei zugeordnet werden könne, weshalb eine hälftige Teilung der Miete während der Schließungszeit angemessen sei. Insoweit sei hinsichtlich der Schließungszeit im März eine Aufrechnung mit der vollständig unbezahlten Aprilmiete erfolgt. Die Ausführungen des Landgerichts zur Unzumutbarkeit hält die Beklagte für überflüssig. Das Kriterium der Existenzbedrohung des Gewerberaummieters sei nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Wenn das Landgericht dieses jedoch für wichtig gehalten hätte, hätte das Landgericht den Sachverhalt weiter aufklären müssen. Ein Ausweichen auf den Onlinehandel sei vor dem Hintergrund der Preisstruktur der Beklagten nicht erfolgversprechend gewesen, eine Änderung des Nutzungszwecks scheide schon wegen der erforderlichen behördlichen Genehmigungen, die in kurzer Zeit nicht zu beschaffen seien, aus. Auf den Bezug staatlicher Hilfen in Form von Kurzarbeitergeld komme es nicht an, da hierdurch zwar Kosten gesenkt, jedoch nicht die Kosten der Beklagten gedeckt werden könnten. Einer Vorlage der Gesamtkostenkalkulation der Beklagten bedürfe es insoweit nicht. Im Übrigen habe das Landgericht unberücksichtigt gelassen, dass auch die wirtschaftliche Situation der Klägerseite in die Abwägung der Zumutbarkeit hätte einfließen müssen, diese habe das Landgericht nicht aufgeklärt. Nach Auffassung der Beklagten wären die Mieten für die Zeiten der Schließung jedenfalls hälftig zu teilen gewesen, weshalb die Klage dann in Höhe von 2.756,83 € abzuweisen gewesen wäre.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Heidelberg, Az. 5 O 66/20, vom 30.07.2020, zugestellt am 06.08.2020, aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil als richtig. Weiter machen sie geltend, dass den Klägern, die in demselben Gebäude, in dem die Beklagte Ankermieterin sei, Praxisräumlichkeiten betrieben, eine Herabsetzung der Miete wirtschaftlich nicht zuzumuten sei, nachdem sie zwar nicht von Schließungen betroffen gewesen seien, jedoch erhöhten Aufwand in die Praxisräumlichkeiten im Zusammenhang mit der Coronapandemie hätten. Auch seien ihre Umsätze zurückgegangen, im Gegensatz zu der Beklagten profitierten sie nicht von staatlichen Hilfen wie Kurzarbeitergeld.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands im zweiten Rechtszug und der dort gestellten Anträge wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Sitzungsniederschrift vom 10.02.2021 (II 48) verwiesen.

Aus den Gründen

II.

Die Berufung ist zulässig. Sie erweist sich jedoch als unbegründet.

Die Voraussetzungen einer Mietminderung liegen nicht vor (1.). Die Leistung der Kläger als Vermieter ist diesen auch nicht unmöglich geworden (2.). Eine Anpassung des Vertrags nach § 313 BGB findet vorliegend ebenfalls nicht statt (3.).

1. Zutreffend hat das Landgericht die Voraussetzungen einer Mietminderung nach § 536 Abs.1 BGB verneint.

Gemäß § 536 Abs. 1 BGB ist die vereinbarte Miete kraft Gesetzes gemindert, wenn die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel aufweist, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt oder (erheblich) mindert, oder ein solcher Mangel während der Mietzeit entsteht. Ein derartiger Mangel ist dann gegeben, wenn der tatsächliche Zustand der Mietsache vom vertraglich vorausgesetzten Zustand abweicht. Der vertraglich geschuldete Zustand bestimmt sich in erster Linie nach den Beschaffenheitsvereinbarungen der Mietvertragsparteien, die auch durch schlüssiges Verhalten (konkludent) getroffen werden können. Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung können dabei auch Umstände sein, die von außen auf die Mietsache unmittelbar einwirken (so genannte Umweltfehler), wie etwa Emissionen, denen die Mietsache ausgesetzt ist. Soweit Parteiabreden zur Beschaffenheit der Mietsache fehlen, wird der zum vertragsgemäßen Gebrauch geeignete Zustand unter Berücksichtigung des vereinbarten Nutzungszwecks und des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nach der Verkehrsanschauung bestimmt (BGH, Urteil vom 19.12.2012, VIII ZR 152/12, bei juris Rn. 8). Ergeben sich aufgrund von gesetzgeberischen Maßnahmen während eines laufenden Mietverhältnisses Beeinträchtigungen des vertragsmäßigen Gebrauchs eines gewerblichen Mietobjekts, kann dies nachträglich einen Mangel im Sinne von § 536 Abs. 1 S. 1 BGB begründen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die durch die gesetzgeberische Maßnahme bewirkte Gebrauchsbeschränkung unmittelbar mit der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage des Mietobjekts in Zusammenhang steht. Andere gesetzgeberische Maßnahmen, die den geschäftlichen Erfolg beeinträchtigen, fallen dagegen in den Risikobereich des Mieters. Denn der Vermieter von Gewerberäumen ist gemäß § 535 Abs. 1 S. 2 BGB lediglich verpflichtet, den Mietgegenstand während der Vertragslaufzeit in einem Zustand zu erhalten, der dem Mieter die vertraglich vorgesehene Nutzung ermöglicht. Das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache trägt bei der Gewerberaummiete dagegen grundsätzlich der Mieter. Dazu gehört vor allem das Risiko, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können. Erfüllt sich die Gewinnerwartung des Mieters aufgrund eines nachträglich eintretenden Umstands nicht, so verwirklicht sich damit ein typisches Risiko des gewerblichen Mieters. Das gilt auch in Fällen, in denen es durch nachträgliche gesetzgeberische oder behördliche Maßnahmen zu einer Beeinträchtigung des Gewerbebetriebs des Mieters kommt (vgl. BGH, Urteil vom 13.07.2011, XII ZR 189/09, bei juris Rn. 9 zu einem Pachtverhältnis). Diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt im Gegensatz zu der von der Beklagten und dem Landgericht München I im Urteil vom 22.09.2020 (3 O 4495/20) herangezogenen Rechtsprechung des Reichsgerichts für die Annahme eines Mangels einen Objektbezug der Nutzungsbeeinträchtigung voraus. Einen solchen hält auch der Senat als Voraussetzung der Annahme eines Mangels des Mietobjekts für erforderlich.

Durch die behördliche Nutzungseinschränkung ist das streitgegenständliche Mietobjekt daher nicht als mangelhaft im Sinne des § 536 BGB anzusehen. Es fehlt am Objektbezug der behördlichen Schließungsanordnung, die eine Vielzahl an Gewerben, die nicht der Deckung mit Gütern des täglichen Bedarfs dienten, betrafen.

2. Zutreffend hat das Landgericht auch einen Fall der Unmöglichkeit der Leistung der Kläger, mit der Folge, dass die Gegenleistungspflicht der Beklagten entfallen würde, verneint.

Wie oben ausgeführt, ist der Vermieter von Gewerberäumen lediglich verpflichtet, den Mietgegenstand während der Vertragslaufzeit in einem Zustand zu erhalten, der dem Mieter die vertraglich vorgesehene Nutzung ermöglicht. Das Verwendungsrisiko trägt grundsätzlich der Mieter (BGH, Urteil vom 13.07.2011, XII ZR 189/09, bei juris Rn. 9). Vorliegend erfolgte die Vermietung zur Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts mit sämtlichen Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs. Als solche war die Mietsache im vorliegenden Fall auch während der angeordneten Schließung brauchbar. Dass es wegen der angeordneten Schließung tatsächlich nicht zu einem entsprechenden Gebrauch kam, fällt in das Verwendungsrisiko der Beklagten.

3. Zutreffend hat das Landgericht auch gesehen, dass vorliegend eine Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 1 BGB wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nicht in Betracht kommt.

Nach Art. 240 § 7 EGBGB sind hier sowohl das allgemeine Schuldrecht als auch die Gewährleistungsrechte aus dem Mietvertragsrecht anwendbar und werden durch die gesetzliche Vermutung, dass eine Störung der Geschäftsgrundlage vorliegt, ergänzt. Der Gesetzgeber geht dabei davon aus, dass vorrangig Gewährleistungsrechte und die Frage der Unmöglichkeit der Vertragserfüllung zu prüfen sind (BT-Drucks. 19/25322 S. 14/ 15). Beide führen im vorliegenden Fall nicht zu einer Reduzierung der Mietschuld der Beklagten für April 2020 (dazu oben 1. und 2.). Erst danach kann auf die Frage des Vorliegens einer Störung der Geschäftsgrundlage eingegangen werden. Dass eine Störung der Geschäftsgrundlage vorliegt, wird nun „grundsätzlich“ vermutet, wobei Unsicherheiten beseitigt und die außergerichtliche Verhandlungsposition des Gewerberaummieters gestärkt werden sollte (BT-Drucks. 19/25322 S. 14/ 15). Art. 240 § 7 EGBGB schafft eine tatsächliche Vermutung, dass sich ein Umstand im Sinn des § 313 Abs. 1 BGB, der Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach dem Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat. Die Vermutung ist widerleglich und gilt nur für dieses reale Merkmal des § 313 Abs. 1 BGB (BT-Drucks. 19/25322 S. 20). Das normative Merkmal des § 313 Abs. 1 BGB, dass dem einen Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen und gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann, wird von der Vermutungsregelung nicht erfasst (BT-Drucks. 19/25322 S. 21).

Dabei stellt der Gesetzgeber darauf ab, dass im Rahmen der Zumutbarkeit zu prüfen sein wird, wie erheblich die Umsätze zurückgegangen sind und auch, ob der Mieter öffentliche oder sonstige Zuschüsse erhalten hat, mit denen er die Umsatzausfälle infolge staatlicher Beschränkung jedenfalls teilweise kompensieren kann, und ob er Aufwendungen erspart hat (z.B. wegen Kurzarbeitergeld oder weggefallenem Wareneinkauf). Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls § 313 BGB gewährt keine Überkompensation (BT-Drucks. 19/25322 S. 21).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist vorliegend nicht festzustellen, dass es der Beklagten unter Abwägung aller Umstände nicht zuzumuten wäre, an der vertraglich vereinbarten Mietzahlungspflicht festgehalten zu werden. Darauf, ob die gesetzliche Regelung, was die Kläger in Abrede stellen, auch auf Sachverhalte in der Vergangenheit, nämlich die Miete für April 2020 anwendbar ist, kommt es daher hier nicht an.

a. Nach § 313 Abs. 1 BGB kann die Anpassung des Vertrags verlangt werden, wenn sich die Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen und gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Wie oben ausgeführt (1.), trägt im Verhältnis zum Vermieter der Mieter grundsätzlich das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache. Eine Anpassung des Vertrags kann die Beklagte nur dann verlangen, wenn ihr das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. § 313 BGB greift nach der Rechtsprechung erst dann ein, wenn dies zur Vermeidung eines untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit nicht zu vereinbarenden und damit der betroffenen Partei nach Treu und Glauben nicht zuzumutenden Ergebnis unabweislich erscheint (vgl. BGH, Urteil vom 22.12.2004, VIII ZR 41/04, bei juris Rn. 17). Die Unzumutbarkeit ist aus dem Vergleich von Schuldneraufwand und Leistungserfolg zu bestimmen. Dabei sind nicht nur die Interessen des Schuldners, sondern auch die des Gläubigers mit dem Ziel, die beiderseitigen – widerstreitenden – Interessen auszugleichen, zu berücksichtigen. Dem Schuldner sind Aufwendungen, welche die dem Schuldverhältnis immanente Opfergrenze überschreiten, nicht mehr zumutbar. Diese Opfergrenze wird insbesondere überschritten, wenn die Inanspruchnahme des Schuldners zur Vernichtung seiner Existenz führen würde; unter Umständen genügt auch bereits eine schwere Beeinträchtigung des wirtschaftlichen Fortkommens (vgl. dazu BGH, Urteil vom 15.04.1959, V ZR 3/58, bei juris Rn. 44). Eine Angleichung ist geboten, wenn das Festhalten am Vertrag zu einem untragbaren, mit Recht und Gesetz schlechthin nicht mehr zu vereinbarenden Ergebnis führen würde (BGH, Urteil vom 20.12.2004, VIII ZR 41/04, bei juris Rn. 25).

Dass ein solches schlechthin nicht mehr hinnehmbares Ergebnis anzunehmen wäre, insbesondere die Beklagte in ihrer Existenz gefährdet wäre, wenn sie die Miete für April 2020 bezahlen müsste, ist ihrem Vortrag nicht zu entnehmen. Sie hat zwar einen Umsatzverlust bezogen auf den Gesamtkonzern dargelegt. Wie die streitgegenständliche Filiale wirtschaftlich dasteht, ist dem Vortrag der Beklagten aber nicht zu entnehmen. Es ist im Zusammenhang mit der Existenzgefährdung durchaus zu sehen, dass es sich bei der Beklagten um einen großen Konzern handelt, der wirtschaftlich leistungsfähiger sein kann als die Filialen für sich betrachtet. Für die Frage der Störung des Äquivalenzverhältnisses bezogen auf den streitgegenständlichen Mietvertrag dürfen jedoch auch Leistung und Gegenleistung bezogen auf diese Filiale und damit der konkrete Einzelfall nicht aus dem Blickfeld geraten, da auch die Interessen der (unterschiedlichen) Vermieter Berücksichtigung finden müssen.

Hier hat die Beklagte eine Aufstellung der Nettoumsätze aller Filialen in Deutschland von Januar 2018 bis April 2020 einschließlich vorgelegt. Unterstellt man, dass diese auch die Umsatzentwicklung in der streitgegenständlichen Filiale wiederspiegeln, ist ein Umsatzeinbruch in den Monaten März und April 2020 zu sehen. Dass dieser allerdings allein auf den Schließungen und nicht auch auf bereits seit Anfang März zu beobachtender Zurückhaltung der Käufer, also einer unstreitig in das Risiko der Beklagten fallenden Änderung des Konsumverhaltens, beruht, ist diesen Zahlen nicht zu entnehmen. Obwohl das Landgericht bereits in der mündlichen Verhandlung (I 75) darauf hingewiesen hatte, dass eine Existenzgefährdung nicht dargelegt sei, und auch das Urteil auf die fehlende Darlegung einer zur Unzumutbarkeit führenden wirtschaftlichen Beeinträchtigung gestützt hatte (LGU 14/ 15), hat sich die Beklagte damit weder in erster Instanz noch in der Berufungsbegründung dezidiert auseinandergesetzt.

Zutreffend hat das Landgericht gesehen, dass nicht isoliert die Umsatzeinbußen in den von der Schließung betroffenen Monaten betrachtet werden können, und dass auch staatliche Hilfen, wie das Kurzarbeitergeld, in die Abwägung einzubeziehen sind. Auch wenn diese die Kosten nicht insgesamt ausgeglichen haben, ist für die Frage der wirtschaftlich unzumutbaren Beeinträchtigung zu berücksichtigen, ob von anderer Seite eine Partei wirtschaftliche Unterstützung erhalten hat. Ebenso kann nicht unberücksichtigt bleiben, ob mit nicht verkauften, aber noch verkäuflichen Warenvorräten, Vermögenswerte noch vorhanden sind. Diese binden zwar Liquidität der Beklagten, können aber im Rahmen einer wirtschaftlichen Betrachtung nicht außer Betracht bleiben.

Vorliegend ist dem Vortrag der Beklagten auch in der Berufung weder bezogen auf die streitgegenständliche Filiale noch bezogen auf den Gesamtkonzern zu entnehmen, in welchem Umfang als Folge der Schließung im Frühjahr 2020 die Umsätze und Gewinne und damit im Ergebnis auch das Vermögen der Beklagten so beeinträchtigt wurden, dass ihr ein Festhalten am Vertrag nicht zugemutet werden könnte. Weder legt die Beklagte offen, wieviel staatliche Leistungen, insbesondere Kurzarbeitergeld, sie erhalten hat, und welche Aufwendungen sie durch die Kurzarbeit erspart hat, noch welche Warenwerte an verkäuflichen Waren, die die Anschaffungskosten im weiteren Verlauf senken, weiter vorhanden sind. Die Bezugnahme auf die erneuten im Dezember 2020 behördlich verordneten und zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch andauernden Schließungen vermag den Vortrag zu den Beeinträchtigungen im Frühjahr nicht zu ersetzen. Die Einbußen, die die Beklagte durch die erneute Schließung ab Mitte Dezember 2020 erleidet, können auch nicht in die Abwägung der Zumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag für die Monatsmiete im April 2020 einbezogen werden. Insoweit handelt es sich um einen neuen Sachverhalt. Gegenstand dieses Rechtsstreits ist allein die Miete für April 2020 und nicht die Frage, ob und in welcher Form eine Vertragsanpassung für Zeiträume ab Mai 2020 verlangt werden könnte.

b. Soweit sich die Beklagte auf Stimmen in der Literatur beruft, die unter Berücksichtigung des Umstandes, dass keine der Parteien die Pandemie und die damit verbundenen Geschäftsschließungen und weiteren Folgen habe vorhersehen können, eine hälftige Teilung des Risikos und damit eine hälftige Teilung der Miete annehmen, weshalb es einer Darlegung der Umsatzausfälle nicht bedürfe, überzeugt dies nicht. Zu prüfen ist die Zumutbarkeit bzw. Unzumutbarkeit in jedem Einzelfall. Dieser entzieht sich, wie die unterschiedlichen Stimmen in der Literatur zeigen (vgl. bspw. Häublein/Müller, Wer trägt das Pandemierisiko in der Geschäftsraummiete, NZM 2020, 481, 488 ff), einer pauschalierten Darstellung. Es kann in dem Zusammenhang auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Beklagte im Gegensatz zu den Klägern von staatlichen Transferleistungen wie dem Kurzarbeitergeld profitiert. Zudem zeigt sich unter Berücksichtigung des Umstands, dass im April nach der Schließung nur 10 Öffnungstage zur Verfügung standen, dass hier die Vormonate deutlich übersteigende Tagesumsätze erzielt wurden, so dass ein gewisser Nachholeffekt in diesem Bereich nicht auszuschließen ist. Eine pauschalierte Herabsetzung um die Hälfte lässt außer Betracht, dass möglicherweise, Vortrag der Beklagten hierzu fehlt, ein Teil der Umsätze nach Beendigung des Lockdown auch nach April 2020 nachgeholt werden konnte, da anders als in der Gastronomie oder der Veranstaltungsbranche zunächst nicht verkaufte Ware, soweit es sich nicht um Osterartikel gehandelt hat, grundsätzlich zu einem späteren Zeitpunkt verkauft werden kann.

c. Somit fehlt es bereits an einer Darlegung der Unzumutbarkeit der Zahlung der Miete für den Monat April 2020, weshalb die Berufung der Beklagten keinen Erfolg haben kann.

Auf die Frage, inwieweit die wirtschaftlichen Verhältnisse der Kläger durch die behördlich angeordneten Schließungen betroffen sind und ob diesen eine Vertragsanpassung zuzumuten wäre, kommt es derzeit nicht an, da bereits nicht festgestellt werden konnte, dass die Beklagte in so unzumutbarer Weise betroffen sein könnte, dass eine Vertragsanpassung im Sinne einer Herabsetzung der Miete geboten wäre.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit wurde gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO angeordnet.

Vor dem Hintergrund der in Literatur und Rechtsprechung streitigen Fragen zum Vorliegen eines Mangels des Mietobjekts durch die angeordneten Schließungen, der Unmöglichkeit der Leistung der Vermieter, die zu einer Minderung der Miete bzw. zu einem Wegfall der Mietzahlungspflicht der Beklagten führen würden, ohne dass es auf die in ihrer Erforderlichkeit ebenfalls umstrittene Darstellung der Unzumutbarkeit des Festhaltens am unveränderten Vertragsverhältnis ankäme, hat der Senat zur Fortbildung des Rechts die Revision zugelassen (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 125/18 Verkündet am:
23. Oktober 2019
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
BGB §§ 307 Abs. 1 Bb, 543 Abs. 1, 549 Abs. 1, 578 Abs. 2

a) Ein Mietvertrag, den eine Gemeinde abgeschlossen hat, um in dem Mietobjekt
ihr zugewiesene Flüchtlinge unterbringen zu können, ist unbeschadet
seiner Bezeichnung kein Wohnraummietvertrag iSv § 549 Abs. 1 BGB
(Fortführung von BGHZ 94, 11 = NJW 1985, 1772).

b) Eine in diesem Vertrag enthaltene formularmäßige Klausel, mit der für beide
Mietvertragsparteien das Recht zur ordentlichen Kündigung für die Dauer
von 60 Monaten ausgeschlossen wird, ist nicht wegen unangemessener
Benachteiligung des Mieters unwirksam.
BGH, Urteil vom 23. Oktober 2019 - XII ZR 125/18 - LG Saarbrücken
AG St. Wendel
ECLI:DE:BGH:2019:231019UXIIZR125.18.0

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 23. Oktober 2019 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richter Prof. Dr. Klinkhammer, Dr. Günter und Dr. Botur und die Richterin Dr. Krüger
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Saarbrücken vom 19. Oktober 2018 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Kläger verlangen von der beklagten Stadt Zahlung rückständiger Miete für die Monate Mai bis Dezember 2017 in Höhe von insgesamt 21.160 € nebst Zinsen.
2
Die Beklagte mietete von den Klägern mit einem als "Mietvertrag über Wohnräume" überschriebenen Formularvertrag vom 26. Januar 2016 ein Wohnhaus, in dem die Beklagte beabsichtigte, bis zu 14 Personen unterzubringen , die ihr als Flüchtlinge zugewiesen werden. Die monatliche Miete betrug insgesamt 2.645 €. § 4 des Mietvertrags enthält folgende Regelung: "Abweichend von § 3 wird das Recht beider Mietvertragsparteien zur ordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses für die Dauer von 60 Monaten ab Abschluss des Vertrages ausgeschlossen. Der darin liegende Kündigungsverzicht kann höchstens für die Dauer von 47 Monaten seit Abschluss des Vertrages und mit der Mög- lichkeit zum Ablauf dieses Zeitraums vereinbart werden. Das Recht der Parteien zur außerordentlichen Kündigung bleibt davon unberührt. Für die Fristen der ordentlichen Kündigung nach Wegfall des Kündigungsausschlusses gelten die gesetzlichen Regelungen."
3
Die in der Klausel genannte Zahl "60" wurde an der in dem Vertragsformular vorgegebenen Stelle handschriftlich eingefügt. Neben der Klausel befindet sich ein mit einem Sternchen gekennzeichneter Hinweis, der am Ende der Klausel mit der Formulierung "Sonderprogramm Flüchtlingswohnraum" erläutert wird.
4
Aufgrund des Rückgangs der Flüchtlingszahlen im Jahr 2016 fand eine Belegung des Hauses zu keiner Zeit statt. Mit Schreiben vom 17. Januar 2017 kündigte die Beklagte das Mietverhältnis zum 30. April 2017 und vertrat dabei die Auffassung, die Sondervereinbarung über die Kündigungszeit von 60 Monaten sei entfallen, weil ihr seit Anfang 2016 keine Flüchtlinge mehr zugewiesen worden seien. Mit Schreiben vom 12. Juli 2017 forderte die Beklagte die Kläger zudem auf, einer Mietanpassung auf 5 €/qm zuzustimmen, weil die vereinbarte Kaltmiete von 10,62 €/qm die ortsübliche Miete um 112 % übersteige. Mit Schreiben vom 25. August 2017 kündigte die Beklagte das Mietverhältnis hilfsweise fristlos mit der Begründung, sie sei zur Kündigung berechtigt, weil die Kläger die Zustimmung zu einer Mietanpassung verweigert hätten.
5
Das Amtsgericht hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat auf die Berufung der Kläger das amtsgerichtliche Urteil abgeändert und die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Hiergegen richtet sich die vom Landgericht zugelassene Revision der Beklagten.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

7
Das Landgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
8
Dem Kläger stehe gemäß § 535 Abs. 2 BGB ein vertraglicher Anspruch auf Zahlung der vereinbarten Miete für die Monate von Mai bis Dezember 2017 in Höhe von 21.160 € zu. Das Mietverhältnis sei nicht durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 17. Januar 2017 mit der Frist des § 573 c Abs. 1 BGB zum 30. April 2017 beendet worden, weil die Parteien dieses Recht in § 4 des Mietvertrags wirksam für die Dauer von 60 Monaten ausgeschlossen hätten. Der grundsätzlich zulässige Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts des Mieters unterliege im Wohnraummietrecht dann durchgreifenden Bedenken , wenn die Dauer des Kündigungsausschlusses vier Jahre übersteige. Im vorliegenden Fall halte der Kündigungsausschluss den AGB-rechtlichen Vorgaben schon deshalb stand, weil der Mietvertrag nicht als Wohnraummietvertrag iSv § 549 BGB, sondern als allgemeines Mietverhältnis nach § 535 zu qualifizieren sei. Zwar streite der Wortlaut der mit "Mietvertrag über Wohnräume" überschriebenen Urkunde und die darin enthaltenen inhaltlichen Regelungen dafür, dass die Parteien das Mietverhältnis den Vorschriften der Wohnraummiete unterstellen wollten. Allerdings stünde der mit der Vertragsgestaltung ersichtlich verfolgte Zweck der Annahme eines Wohnraummietverhältnisses entgegen. Denn die Beklagte habe die Räume nicht selbst nutzen, sondern bestimmungsgemäß dritte Personen darin unterbringen wollen.
9
Der Kündigungsausschluss sei gemäß § 305 b BGB im Wege einer Individualabrede vereinbart worden, weshalb die Klausel keiner AGB-rechtlichen Kontrolle unterliege. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei der Inhalt des vereinbarten Kündigungsausschlusses von den Parteien ernstlich zur Diskussion gestellt worden und die handschriftlichen Ergänzungen gäben das Ergebnis der kontroversen Verhandlungen über die Laufzeit des Vertrags wieder. Schließlich stünde der Kündigungsausschluss auch nicht unter der Bedingung, dass das "Sonderprogramm Flüchtlingswohnraum" in Anspruch genommen werde.
10
Die Kündigung der Beklagten könne auch nicht als außerordentlich befristete Kündigung aufrechterhalten werden, weil ein wichtiger Grund, der die Beklagte zur außerordentlichen Kündigung berechtigt habe, nicht vorliege. Eine Kündigung wegen schwerwiegender Veränderungen der bei Vertragsschluss vorhandenen Erwartungen komme nicht in Betracht, wenn die Störung des Verwendungszwecks nach dem Inhalt der Vereinbarung in die Risikosphäre einer der Parteien fallen solle. Grundsätzlich trage der Mieter das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache, selbst wenn der Vermieter die speziellen Vermietungsziele und Verwendungszwecke des Mieters kenne. Deshalb falle der Rückgang der Flüchtlingszahlen in die Risikosphäre der Beklagten. Denn er betreffe das Risiko der Beklagten, die von ihr angemieteten Räume in der bei Vertragsschluss vorausgesetzten Weise verwenden zu können.
11
Eine für die Beklagte günstigere Beurteilung der Rechtslage sei auch dann nicht geboten, wenn beide Parteien bei Abschluss des Vertrags die gemeinsame Vorstellung gehabt hätten, dass der Anfang 2016 noch starke Zustrom an Flüchtlingen sich über die gesamte Laufzeit des Vertrags nicht abschwächen würde. Ein solcher gemeinsamer Irrtum über die für den Vertragsschluss wesentlichen Umstände ermögliche die Kündigung des Mietverhältnisses nach den Grundsätzen zur Störung der Geschäftsgrundlage nur dann, wenn der Irrtum keinen Umstand betreffe, der in die Risikosphäre des Kündi- genden falle. Im vorliegenden Fall habe jedoch die Beklagte das Risiko der nicht ausreichenden Belegung der Wohnung zu tragen. Zudem stehe in tatsächlicher Hinsicht auch nicht fest, dass die Erwartungen der Beklagten eines fortdauernd ungebremsten Zustroms von Flüchtlingen auch von den Klägern geteilt worden sei.
12
Die Kündigung der Beklagten vom 25. August 2017 führe ebenfalls nicht zur Beendigung des Mietverhältnisses, da insoweit ein Kündigungsgrund nicht ersichtlich sei. Soweit die Beklagte meine, sie sei zur Kündigung berechtigt gewesen , weil die Kläger die Zustimmung zu einer Mietermäßigung nicht erteilt hätten, rechtfertige dies eine Kündigung des Mietverhältnisses nicht. Die Vereinbarung einer gegen § 5 WiStrG, § 291 StGB verstoßenden Mietpreisabrede begründe kein Sonderkündigungsrecht, sondern habe die Teilnichtigkeit der Preisabrede zufolge, die sich auf das ortsübliche Mietpreisniveau ermäßige, ohne dass es hierzu einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung bedürfe. Deshalb besitze die Beklagte kein schutzwürdiges Interesse an einer Zustimmung zur Anpassung der Miete. Folglich könne auch die Verweigerung der Zustimmung kein schutzwürdiges Interesse der Mieter tangieren, weshalb ein anerkennenswertes Interesse der Beklagten an einer Kündigung des Mietvertrags nicht ersichtlich sei. Zudem habe die Beklagte nicht dargelegt, dass die Mietpreisvereinbarung die Grenze des § 5 WiStrG, § 291 StGB übersteige. Sei eine das ortsübliche Niveau übersteigende Miete unter weiteren Voraussetzungen sittenwidrig iSv § 138 BGB, habe dies die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts zur Rechtsfolge. Für eine Zustimmung zur Mietanpassung sei demnach auch im Falle einer sittenwidrigen Überhöhung der Miete kein Raum. Zudem habe die Beklagte die tatsächlichen Voraussetzungen einer sittenwidrigen Überhöhung der Miete ebenfalls nicht dargelegt.

II.

13
Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass das streitgegenständliche Mietverhältnis weder durch die Kündigung der Beklagten vom 17. Januar 2017 noch durch deren Kündigung vom 25. August 2017 beendet wurde und daher den Klägern gemäß § 535 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Mietzahlung in der geltend gemachten Höhe zusteht.
14
1. Soweit die Revision in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erstmals vorgetragen hat, der Mietvertrag sei unwirksam, weil der vom Bürgermeister der Beklagten unterzeichneten Vertragsurkunde das nach § 62 Abs. 1 KSVG erforderliche Dienstsiegel nicht beigefügt worden sei, kann sie damit nicht durchdringen.
15
Zum einen ist bereits zweifelhaft, ob das Fehlen des Dienstsiegels im Ergebnis zur Unwirksamkeit des abgeschlossenen Mietvertrags führen würde (vgl. OLG Saarbrücken NJW-RR 2011, 1455 f.). Zum anderen handelt es sich hierbei jedenfalls um neuen Sachvortrag, der vom Senat nicht berücksichtigt werden kann (§ 559 ZPO).
16
2. Entgegen der Auffassung der Revision ist der von den Mietvertragsparteien in § 4 des Mietvertrags vereinbarte Kündigungsausschluss wirksam. Dabei kann dahinstehen, ob diese Regelung zwischen den Vertragsparteien iSv § 305 b BGB ausgehandelt worden ist oder ob es sich um eine formularmäßige Vertragsklausel handelt, die der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB unterliegt.
17
a) Nimmt man mit dem Berufungsgericht an, dass der in § 4 des Mietvertrags geregelte Kündigungsausschluss zwischen den Mietvertragsparteien individualvertraglich vereinbart wurde, steht die Wirksamkeit dieser Klausel außer Frage. Der Bundesgerichtshof hat bereits mehrfach entschieden, dass selbst bei einem Wohnraummietverhältnis die Vertragsparteien die ordentliche Kündigung im Wege der Individualvereinbarung für sehr lange Zeit (vgl. BGH Urteile vom 22. Dezember 2003 - VIII ZR 81/03 - NJW 2004, 1448 f. für einen 5jährigen Kündigungsausschluss; vom 13. Oktober 2010 - VIII ZR 98/10 - NJW 2011, 59 Rn. 25 für einen 10-jährigen Kündigungsausschluss und vom 10. Juli 2013 - VIII ZR 388/12 - NJW 2013, 2820 Rn. 15 ff. für einen bis zu 13-jährigen Kündigungsausschluss) oder in den Grenzen des § 138 BGB sogar dauerhaft ausschließen können (vgl. BGH Beschluss vom 8. Mai 2018 - VIII ZR 200/17NJW -RR 2018, 843 Rn. 16 und Urteil vom 10. Juli 2013 - VIII ZR 388/12 - NJW 2013, 2820 Rn. 17).
18
b) Der vereinbarte Kündigungsausschluss ist aber auch dann wirksam, wenn man mit der Revision davon ausgeht, dass es sich bei § 4 des Mietvertrags um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt, weil die Klausel der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB standhält.
19
aa) Zwar hat der Bundesgerichtshof bereits mehrfach entschieden, dass ein formularvertraglich vereinbarter Kündigungsausschluss, der die Dauer von vier Jahren übersteigt, den Mieter entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt und daher gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam ist (vgl. BGH Urteile vom 7. Oktober 2015 - VIII ZR 247/14 - NJW 2015, 3780 Rn. 19; vom 2. März 2011 - VIII ZR 163/10 - ZMR 2012, 182 Rn. 10 f. und vom 8. Dezember 2010 - VIII ZR 86/10 - NJW 2011, 597 Rn. 2, 15). Diese Entscheidungen bezogen sich jedoch auf den Bereich der Wohnungsmiete. Ihnen liegt zum einen die Erwägung zugrunde, dass das Mobilitätserfordernis des Mieters in der heutigen Zeit der Zulässigkeit einer längerfristigen Bindung an ein Mietverhältnis entgegensteht (vgl. BGH Urteil vom 6. April 2005 - VIII ZR 27/04 - NJW 2004, 1574, 1575 f.). Zum anderen sieht das Gesetz für die Ver- einbarung einer Staffelmiete in einem Wohnraummietverhältnis in § 557 a Abs. 3 BGB die Möglichkeit vor, dass das Kündigungsrecht des Mieters für die Dauer von höchstens vier Jahren ausgeschlossen werden kann. Dieser Vorschrift kann die gesetzliche Wertung entnommen werden, dass die Bindung eines Mieters an einen Mietvertrag, der die Dauer von vier Jahren - gerechnet vom Zeitpunkt des Vertragsschlusses bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Mieter den Vertrag erstmals beenden kann - nicht überschreitet, diesen nicht iSv § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unangemessen benachteiligt (vgl. BGH Urteil vom 8. Dezember 2010 - VIII ZR 86/10 - NJW 2011, 597 Rn. 15 mwN).
20
bb) Diese Rechtsprechung lässt sich jedoch auf den vorliegenden Fall nicht übertragen, weil die genannten Erwägungen nur für Wohnraummietverhältnisse tragen und ein solches hier nicht vorliegt. Das Berufungsgericht geht insoweit zu Recht davon aus, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Mietverhältnis nicht um ein Wohnraummietverhältnis iSv § 549 Abs. 1 BGB, sondern um ein allgemeines Mietverhältnis gemäß § 535 BGB handelt. Auch die Revision verschließt sich dieser Auffassung nicht.
21
(1) Das hier zur Beurteilung stehende Vertragsformular ist zwar als "Mietvertrag über Wohnräume" überschrieben und verschiedene Bestimmungen des Mietvertrags legen nahe, dass die Parteien das Mietverhältnis den Regelungen über die Wohnraummiete unterstellen wollten. Bei der Entscheidung der Frage, ob ein Mietverhältnis über Wohnraum vorliegt, ist jedoch auf den Zweck abzustellen, den der Mieter mit der Anmietung des Mietobjekts vertragsgemäß verfolgt (vgl. BGHZ 202, 39 = NJW 2014, 2864 Rn. 21 und BGHZ 94, 11 = NJW 1985, 1772). Wohnraummiete liegt vor, wenn die Räume dem Mieter vertragsgemäß zur Befriedigung seiner eigenen Wohnbedürfnisse und/oder der Wohnbedürfnisse seiner Familie dienen sollen (Schmidt-Futterer/Blank Mietrecht 14. Aufl. vor § 535 Rn. 94). Erfolgt die Vermietung zu Zwecken, die keinen unmittelbaren Wohnraumcharakter haben, ist hingegen allgemeines Mietrecht maßgebend (vgl. BGHZ 202, 39 = NJW 2014, 2864 Rn. 28). Auf dieser rechtlichen Grundlage hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden, dass ein im Rahmen eines sog. Werkförderungsvertrags geschlossener Mietvertrag zwischen dem Darlehensgeber und dem Bauherrn über von diesem zu errichtende Wohnungen, die bestimmungsgemäß an die Bediensteten des Darlehensgebers untervermietet werden sollen, nicht als Mietvertrag über Wohnraum eingeordnet werden kann, weil der vertragsgemäße Gebrauch durch den Mieter für die Vertragsteile gerade nicht im Wohnen, sondern im Weitervermieten lag (BGH Urteil vom 11. Februar 1981 - VIII ZR 323/79 - NJW 1981, 1377 f.). Ebenso hat der Bundesgerichtshof einen Mietvertrag, den die Bundesrepublik Deutschland mit dem Vermieter von Wohnungseigentum abgeschlossen hatte, um der ihr nach dem Nato-Truppenstatut und dem Zusatzabkommen zum Nato-Truppenstatut obliegenden Verpflichtung zur Deckung des Wohnraumbedarfs der US-Streitkräfte nachzukommen, nicht als Wohnraummietvertrag angesehen (BGHZ 94, 11 = NJW 1985, 1772 f.).
22
(2) Auf dieser rechtlichen Grundlage ist die Annahme des Berufungsgerichts , bei dem streitgegenständlichen Mietverhältnis handele es sich nicht um ein Wohnraummietverhältnis, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
23
Die Beklagte hat die Immobilie angemietet, um dort den Wohnbedarf der ihr zugewiesenen Flüchtlinge decken zu können. Der Zweck der Anmietung war deshalb nicht darauf gerichtet, selbst die Räume zu Wohnzwecken zu nutzen, zumal eine juristische Person keinen eigenen Wohnbedarf haben kann (Schmidt-Futterer/Blank Mietrecht 14. Aufl. vor § 535 Rn. 94). Der vertragsgemäße Gebrauch der Beklagten bezog sich vielmehr darauf, die angemieteten Räumlichkeiten zugewiesenen Flüchtlingen zu Wohnzwecken überlassen zu dürfen.
24
Zudem ist im vorliegenden Fall die Annahme eines Wohnraummietverhältnisses auch nicht im Hinblick auf die Anwendbarkeit der für den Wohnraummieter geltenden Schutzvorschriften geboten. Dies zeigen die Regelungen in §§ 549 Abs. 2 Nr. 3, 578 Abs. 3 BGB. Mietet eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder ein anerkannter privater Träger der Wohlfahrtspflege als Hauptmieter Wohnraum an, um ihn Personen mit dringendem Wohnungsbedarf als Untermieter zu überlassen, sind nach § 549 Abs. 2 Nr. 3 BGB im Verhältnis Hauptmieter zu Untermieter wesentliche Mieterschutzbestimmungen nur dann nicht anwendbar, wenn der Untermieter bei Vertragsschluss auf die Zweckbestimmung des Wohnraums und die Ausnahme von den genannten Vorschriften hingewiesen wurde. Nach der für Mietverträge, die nach dem 31. Dezember 2018 abgeschlossen wurden, geltenden Vorschrift des § 578 Abs. 3 BGB (vgl. Schmidt-Futterer/Blank Mietrecht § 549 BGB Rn. 16; vgl. auch Art. 1 Nr. 7 MietAnpG und Art. 229 § 49 Abs. 3 EGBGB), sind auf Verträge über die Anmietung von Räumen durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder einen anerkannten privaten Träger der Wohlfahrtspflege, die geschlossen werden , um die Räume Personen mit dringendem Wohnungsbedarf zum Wohnen zu überlassen, die in der Norm aufgezählten Mieterschutzbestimmungen anwendbar. Beiden Bestimmungen ist der Grundsatz zu entnehmen, dass Mietverhältnisse über Wohnraum, der von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem Träger der Wohlfahrtspflege angemietet wurde, um ihn Personen mit dringendem Wohnbedarf zu überlassen, im Verhältnis zwischen Vermieter und Hauptmieter nicht als Wohnraummietverhältnisse anzusehen sind (Schmidt-Futterer/Blank Mietrecht 14. Aufl. § 549 BGB Rn. 25 und § 578 BGB Rn. 20 f.). Denn wäre bereits der Hauptmietvertrag als Wohnraummietverhältnis iSv § 549 Abs. 1 BGB zu qualifizieren, kämen die in den beiden Normen aufgeführten Mieterschutzvorschriften unmittelbar zur Anwendung und bedürfte es der Regelungen in §§ 549 Abs. 2 Nr. 3, 578 Abs. 3 BGB nicht.
25
(3) Liegt demnach kein Wohnraummietverhältnis vor, wird die Beklagte durch den in § 4 des Mietvertrags vereinbarten Kündigungsausschluss auf die Dauer von 60 Monaten auch nicht unangemessen benachteiligt iSv § 307 Abs. 1 BGB. Die Höchstgrenze von vier Jahren für die Befristung eines Mietverhältnisses bei Vereinbarung einer Staffelmiete gemäß § 557 a Abs. 3 BGB, an der sich die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei der AGBrechtlichen Inhaltskontrolle einer Kündigungsverzichtsklausel orientiert, gilt ausschließlich für Wohnraummietverhältnisse, soweit die Anwendung dieser Vorschrift für bestimmten Wohnraum nicht ausdrücklich gemäß § 549 Abs. 2 und 3 BGB ausgeschlossen ist (Schmidt-Futterer/Börstinghaus Mietrecht 14. Aufl. § 557 a BGB Rn. 7). Bei Formularverträgen über allgemeine Mietverhältnisse hat der Bundesgerichtshof hingegen eine mehrjährige Bindung für sich genommen nicht als unangemessene Benachteiligung des anderen Teils gewertet. Mietverträge sind als typische Dauerschuldverhältnisse regelmäßig auf eine längere Laufzeit angelegt; gesetzliche Bestimmungen, welche die Länge der Vertragsdauer beschränken, gibt es dabei nicht (vgl. Senatsurteil vom 19. Dezember 2007 - XII ZR 61/05 - NJW-RR 2008, 818, 819). Aus der Regelung in § 544 BGB kann vielmehr geschlossen werden, dass außerhalb von Wohnraummietverhältnissen für Mietverträge auch Laufzeiten von über 30 Jahren vereinbart werden können. Anders als beim Mieter von Wohnraum besteht bei der Beklagten auch kein Mobilitätsinteresse, das eine Beschränkung der Dauer des Kündigungsausschlusses auf vier Jahre rechtfertigen könnte. Die Beklagte als Träger der öffentlichen Verwaltung konnte vielmehr im Rahmen der Planung der ihr obliegenden Aufgabe, die ihr zugewiesenen Flüchtlinge mit Wohnraum zu versorgen , bereits bei Vertragsabschluss entscheiden, für welche Dauer sie die Anmietung der Räume vornehmen will. Deshalb wird die Beklagte jedenfalls durch eine Bindung an den Mietvertrag für die Dauer von 60 Monaten nicht unangemessen benachteiligt iSv § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.
26
cc) Sollte es sich bei § 4 des Mietvertrags um eine formularmäßige Vereinbarung handeln, wäre sie entgegen der Auffassung der Revision auch nicht wegen eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam.
27
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam , wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB). Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Verwender allgemeiner Geschäftsbedingungen sind daher nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, Rechte und Pflichten ihrer Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Die Beschreibung muss für den anderen Vertragsteil nachprüfbar und darf nicht irreführend sein. Abzustellen ist auf die Erkenntnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners. Dabei dürfen allerdings die Anforderungen an den Verwender nicht überspannt werden (Senatsurteil vom 9. Mai 2012 - XII ZR 79/10 - NJW 2012, 2187 Rn. 20 mwN). Etwaige Missverständnisse muss der Verwender sich in dieser Hinsicht aber nur dann zurechnen lassen, wenn er die Gefahr von Fehlvorstellungen bei seinen Kunden durch eine unklare oder mehrdeutige Klauselformulierung oder -gestaltung selbst hervorgerufen oder verstärkt hat (BGH Urteil vom 25. November 2015 - VIII ZR 360/14 - NJW 2016, 936 Rn. 17).
28
(2) Auf dieser rechtlichen Grundlage genügt § 4 des Mietvertrags den Anforderungen an das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Denn in § 4 Satz 1 des Mietvertrags wird klar und unmissverständlich das Recht beider Mietvertragsparteien zur ordentlichen Kündigung für die Dauer von 60 Monaten ausgeschlossen. Daran ändert auch die in § 4 Satz 2 des Mietvertrags enthaltene Formulierung nichts, wonach "der darin liegende Kündigungsverzicht […] höchstens für die Dauer von 47 Monaten seit Abschluss des Vertrages und mit der Möglichkeit zum Ablauf dieses Zeitraums vereinbart werden" kann. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen und von der Revision nicht beanstandeten Feststellungen der Instanzgerichte sollte mit dieser Formulierung nur verdeutlicht werden, dass nach der Rechtsprechung ein Kündigungsverzicht in einem Wohnraummietverhältnis formularvertraglich lediglich auf vier Jahre vereinbart werden kann. Trotzdem wird aus dem Wortlaut der Vertragsklausel noch hinreichend deutlich, dass die in § 4 Satz 1 des Mietvertrags festgelegte Dauer des Kündigungsausschlusses 60 Monate betragen und durch die Formulierung in § 4 Satz 2 des Mietvertrags nicht verändert werden sollte.
29
c) Da die Bestimmung des § 4 des Mietvertrags demnach sowohl als Formularklausel als auch als Individualvereinbarung keinen rechtlichen Bedenken unterliegt, wurde das Mietverhältnis nicht durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 17. Januar 2017 zum 30. April 2017 beendet.
30
3. Entgegen der Auffassung der Revision kann die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 17. Januar 2017 auch nicht gemäß § 140 BGB in eine außerordentliche Kündigung umgedeutet werden. Ungeachtet der Frage, ob eine ordentliche Kündigung überhaupt in eine außerordentliche Kündigung umgedeutet werden kann, weil die Wirkungen des Ersatzgeschäfts nicht weitergehen dürfen als diejenigen des unwirksamen Geschäfts (vgl. Staudinger/Roth BGB [2015] § 140 Rn. 42 mwN), scheitert im vorliegenden Fall eine Umdeutung jedenfalls daran, dass der Beklagten kein Recht zur außerordentlichen Kündigung des Mietvertrags zustand.
31
a) Die Revision vertritt hierzu die Auffassung, die Beklagte habe aufgrund des Rückgangs der Flüchtlingszahlen im Januar 2017 das Mietverhältnis aus wichtigem Grund gemäß § 543 Abs. 1 BGB außerordentlich kündigen können , weil die Mietvertragsparteien eine von dem Grundsatz, wonach der Mieter das Verwendungsrisiko der Mietsache trägt, abweichende Vereinbarung getroffen hätten. Dem kann nicht gefolgt werden.
32
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats trägt im Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter grundsätzlich der Mieter das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache (Senatsurteil vom 25. November 2015 - XII ZR 114/14 - NJW 2016, 311 Rn. 33 mwN). Allerdings können die Parteien die Risikoverteilung vertraglich ändern und vereinbaren, dass der Vermieter das Verwendungsrisiko des Mieters - ganz oder zum Teil - übernimmt. Ob das der Fall ist, ist durch Auslegung der getroffenen Vertragsvereinbarungen zu ermitteln (Senatsurteil vom 16. Februar 2000 - XII ZR 279/97 - NJW 2000, 1714,

1717).

33
b) Danach ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht das Vorliegen eines wichtigen Kündigungsgrundes iSv § 543 Abs. 1 BGB mit der Begründung verneint hat, der Rückgang der Flüchtlingszahlen und das damit verbundene Risiko, das Mietobjekt nicht oder nur eingeschränkt zur Unterbringung von Flüchtlingen nutzen zu können, falle allein in die Risikosphäre der Beklagten.
34
Zwar dürften die Vertragsparteien bei Abschluss des Mietvertrags die gemeinsame Vorstellung gehabt haben, dass das Mietobjekt allein zur Unterbringung von Flüchtlingen dienen sollte. Ebenso wird man mit der Revision davon ausgehen können, dass der streitgegenständliche Mietvertrag von der Beklagten nicht oder jedenfalls nicht mit einem auf 60 Monaten befristeten Kündigungsverzicht abgeschlossen worden wäre, wenn sie zum Zeitpunkt des Ver- tragsschlusses bereits mit einem starken Rückgang der Flüchtlingszahlen gerechnet hätte. Etwaige gemeinsame Vorstellungen der Parteien über die zukünftige Nutzung des Mietobjekts reichen jedoch ebenso wenig wie die Erwartung der Beklagten hinsichtlich der Anzahl von unterzubringenden Flüchtlingen aus, um abweichend vom gesetzlichen Leitbild des Mietvertrags, eine Verlagerung des Verwendungsrisikos auf die Kläger zu rechtfertigen. Auch dem Vertragsinhalt sind keine tragfähigen Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die Parteien eine Verlagerung des Verwendungsrisikos von der Mieterin auf die Vermieter vereinbaren wollten. Hätten die Vertragsparteien die Bindungswirkung des Vertrags vom tatsächlichen Bedarf der Beklagten an Wohnraum für zugewiesene Flüchtlinge abhängig machen wollen, hätte es nahegelegen, durch eine entsprechende Vertragsgestaltung hierfür Vorsorge zu treffen (vgl. etwa Senatsurteil vom 23. Oktober 2002 - XII ZR 202/99 - NJW-RR 2003, 152). Von einer solchen Möglichkeit haben die Vertragsparteien jedoch keinen Gebrauch gemacht. Auch das spricht dafür, dass die Kläger das Verwendungsrisiko nicht mitübernommen haben. Schließlich hat das Berufungsgericht zu Recht darauf abgestellt, dass die Beibehaltung der gesetzlichen Risikoverteilung im vorliegenden Fall auch interessengerecht ist, weil die Kläger auf die Zuweisung von Flüchtlingen an die Beklagte und somit auf das Bedürfnis nach zusätzlichem Wohnraum für deren Unterbringung keinen Einfluss haben.
35
Hinzu kommt, dass zum Zeitpunkt der von der Beklagten erklärten Kündigung eine Belegung der Mieträume während der Geltungsdauer des vereinbarten Kündigungsverzichts trotz des Rückgangs der Flüchtlingszahlen nicht völlig ausgeschlossen war. Zum einen bestand die Möglichkeit, dass der Beklagten noch Flüchtlinge zur Aufnahme zugewiesen werden. Zum anderen lässt es die Richtlinie zum Sonderprogramm zur finanziellen Unterstützung der Städte und Gemeinden bei der Unterbringung von Asylbewerbern und sonstigen Flüchtlingen des saarländischen Ministeriums für Inneres, Bauen und Sport, aus der die Beklagte Fördermittel erhalten wollte, auch zu, dass der von einer Gemeinde angemietete Wohnraum bei Bedarf auch sonstigen Personen mit besonderen Problemen beim Zugang zum Wohnungsmarkt zur Verfügung gestellt wird.
36
Hat sich damit durch den Rückgang der Flüchtlingszahlen nur das Verwendungsrisiko der Beklagten verwirklicht, steht ihr unter diesem Gesichtspunkt auch kein Recht zur außerordentlichen Kündigung des Mietvertrags nach § 543 Abs. 1 BGB zu.
37
c) Ein Recht der Beklagten zur Kündigung des Mietvertrags ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 3 Satz 2 BGB. Dabei kann dahinstehen, ob für dieses Kündigungsrecht neben den speziellen mietrechtlichen Kündigungsgründen in § 543 BGB überhaupt ein Anwendungsbereich verbleibt (vgl. hierzu Guhling/Günter/Alberts Gewerberaummiete 2. Aufl. § 543 BGB Rn. 6 mwN). Denn für eine Berücksichtigung der Regelungen über die Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) ist grundsätzlich insoweit kein Raum, als es um Erwartungen und um Umstände geht, die nach den vertraglichen Vereinbarungen in den Risikobereich einer der Parteien fallen sollen. Eine solche vertragliche Risikoverteilung bzw. Risikoübernahme schließt für die Vertragspartei - abgesehen von extremen Ausnahmefällen, in denen eine unvorhergesehene Entwicklung mit unter Umständen existenziell bedeutsamen Folgen für eine Partei eintritt - regelmäßig die Möglichkeit aus, sich bei Verwirklichung des Risikos auf Wegfall der Geschäftsgrundlage zu berufen (Senatsurteil vom 16. Februar 2000 - XII ZR 279/97 - NJW 2000, 1714, 1716 mwN). So liegen die Dinge hier, da das Verwendungsrisiko - wie bereits ausgeführt - allein bei der Beklagten liegt.
38
4. Zu Recht hat das Berufungsgericht schließlich auch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 25. August 2017 als unwirksam angesehen.
39
Die Revision rügt insoweit, das Berufungsgericht habe rechtsfehlerhaft den Vortrag der Beklagten, die vereinbarte Kaltmiete von 10,62 €/qm übersteige die ortsübliche Miete um 112 %, nicht zum Anlass genommen, die Sittenwidrigkeit der Mietpreisvereinbarung nach § 138 Abs. 1 BGB zu prüfen. Mit dieser Rüge kann die Revision nicht durchdringen. Das Berufungsgericht hat von einer weiteren Erörterung der Voraussetzungen des § 138 Abs. 1 BGB und der Vorschriften des § 5 WiStrG und des § 291 StGB mit der Begründung abgesehen, die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Überhöhung der vereinbarten Miete seien von der Beklagten nicht dargelegt worden. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
40
a) Ein Vertrag ist als wucherähnliches Geschäft nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, wenn Leistung und Gegenleistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinanderstehen und weitere sittenwidrige Umstände hinzutreten, z.B. eine verwerfliche Gesinnung des durch den Vertrag objektiv Begünstigten. Bei gewerblichen Miet- oder Pachtverträgen liegt ein auffälliges Missverhältnis nach der Rechtsprechung des Senats zwar regelmäßig schon dann vor, wenn die vereinbarte Miete oder Pacht um knapp 100 % höher ist als der objektive Marktwert der Gebrauchsüberlassung (vgl. Senatsurteil vom 30. Juni 2004 - XII ZR 11/01 - NJW-RR 2004, 1454). Für die Prüfung, ob die vereinbarte Miete diese Schwelle überschreitet, ist aber auf den üblichen Wert abzustellen, der für eine vergleichbare Leistung auf dem Markt zu zahlen ist.
41
b) Im vorliegenden Fall ist daher für die Prüfung der Voraussetzungen des § 138 Abs. 1 BGB nicht die allgemein ortsübliche Vergleichsmiete für Wohnraum heranzuziehen, sondern auf die Miete, die auf dem Wohnungsmarkt für vergleichbare Unterkünfte zur Abdeckung des Wohnbedarfs von Flüchtlingen zu erzielen war, abzustellen. Hierzu fehlt es jedoch bereits an ausreichendem Sachvortrag der Beklagten. Außerdem weist das Berufungsgericht insoweit zu Recht auf die Aussage der als Zeugin vernommenen Mitarbeiterin der Beklagten hin, wonach die Beklagte selbst die Miethöhe kalkuliert hat und als Grundlage hierfür nicht die übliche Wohnraummiete, sondern die Leistungen, die die Beklagte als Fördermittel nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (zuletzt geändert durch Art. 1 des Dritten Gesetzes zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes vom 13. August 2019, BGBl I 1290) bei einer Belegung mit 14 Personen erhalten hätte, herangezogen hat. Unter diesen Voraussetzungen musste das Berufungsgericht der Frage der Sittenwidrigkeit der vereinbarten Miete nicht mehr weiter nachgehen. Dose Klinkhammer Günter Botur Krüger
Vorinstanzen:
AG St. Wendel, Entscheidung vom 14.03.2018 - 16 C 222/17 (77) -
LG Saarbrücken, Entscheidung vom 19.10.2018 - 10 S 40/18 -

Sachverhalt

I.

Die Kläger nehmen die Beklagte auf Zahlung von Mietzins für Gewerberäume im April 2020 in Anspruch.

Die Beklagte betreibt in von den Klägern gemieteten Geschäftsräumen in der N.-Straße in W. eine Filiale eines Marktes. Wegen der Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarungen wird auf die Darstellung im landgerichtlichen Urteil (LGU 2/3) verwiesen.

Die streitgegenständliche Filiale war vom 18.03.2020 bis einschließlich 19.04.2020 wegen § 4 Abs. 1 Nr. 12 der Coronaverordnung vom 17.03.2020 geschlossen. Die Beklagte kündigte am 24.03.2020 an, die Miete für April 2020 nicht zu bezahlen. Mit Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Kläger wurde sie am 01.04.2020 aufgefordert, die Miete fristgerecht zu überweisen. Die Aufforderung blieb erfolglos, die Kläger haben Klage auf Zahlung der Miete für den Monat April 2020 sowie auf Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten erhoben. Die Beklagte hat mit der Klageerwiderung hilfsweise die Aufrechnung mit einem Teil der Miete vom März 2020 erklärt, nachdem die streitgegenständliche Filiale ab dem 20.04.2020 wieder eröffnet werden konnte.

Die Kläger sind der Auffassung, die behördlich angeordnete Schließung der Filiale lasse ihren Anspruch auf Zahlung des Mietzinses für den Gewerberaum nicht entfallen. Es handele sich hierbei nicht um einen Mangel der Mietsache. Da eine Mindestmiete vereinbart worden sei, werde diese unabhängig davon geschuldet, ob in dem Ladengeschäft Umsätze generiert würden oder nicht. Dieses Risiko trage die Beklagte im Verhältnis zu den Klägern allein. Die Gebrauchsüberlassung der Mieträume an die Beklagte sei nicht unmöglich. Für eine Vertragsanpassung nach § 313 BGB fehle es an einer von der Beklagten darzulegenden Existenzgefährdung.

Das Landgericht, auf dessen Urteil wegen des weiteren Sach- und Streitstands im ersten Rechtszug sowie der getroffenen Feststellungen Bezug genommen wird, hat die Beklagte zur Zahlung von 5.081,98 € zuzüglich Zinsen sowie Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten i.H.v. 697,82 € zuzüglich Zinsen verurteilt. Es hat das Vorliegen eines Sachmangels verneint. Die behördliche Anordnung hebe die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch nicht auf und mindere diese auch nicht. Hoheitliche Maßnahmen, die zu einer Gebrauchsbeschränkung führten, begründeten nur dann einen Mangel, wenn sie unmittelbar mit der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage der konkreten Mietsache im Zusammenhang stünden. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Die Rechtsprechung des Reichsgerichts sei wegen des heute in Rechtsprechung und herrschender Lehre vorausgesetzten Objektbezugs der Nutzungsbeeinträchtigung nicht übertragbar. Weiter ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Leistung der Kläger nicht nach § 275 BGB unmöglich geworden sei, da die Kläger die ihnen als Vermieter obliegende Hauptleistungspflicht erfüllen könnten. Das Verwendungsrisiko trage allein die Beklagte. Ob § 313 Abs. 1 BGB vorliegend anwendbar ist und die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen, hat das Landgericht offengelassen, nachdem es eine Unzumutbarkeit für die Beklagte, sich am Vertrag festzuhalten zu lassen, nicht hat feststellen können. Eine Existenzgefährdung oder unzumutbare wirtschaftliche Beeinträchtigung habe die Beklagte nicht dargelegt. Sie habe unberücksichtigt gelassen, dass sie über das staatliche Kurzarbeitergeld Mitarbeiterkosten erspart habe und die Möglichkeit, den Onlinehandel auszuweiten oder dies zumindest zu versuchen, um Umsatzeinbußen auszugleichen, außer Betracht gelassen. Weiter hat das Landgericht unter Berücksichtigung von § 10 des Mietvertrags, der bei erheblicher Veränderung der Charakteristik der Verkehrssituation, der Einzelhandelssituation oder der Straßenführung in Bezug auf die Erreichbarkeit des Mietobjekts lediglich ein Kündigungsrecht der Beklagten mit einer Frist von sechs Monaten zum Monatsende vorgesehen habe, eine Unzumutbarkeit verneint.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Unter Bezugnahme auf ein Urteil des Landgerichts München I vom 22.09.2020 (Az. 3 O 4495/20) geht die Beklagte von einem Mangel der Mietsache aus, der zu einer Minderung der Miete um bis zu 100 % führe. Die Räumlichkeiten seien zur Nutzung als Verkaufsräume, nicht als Lagerräume gemietet worden. Die Benutzbarkeit des Mietobjekts zum vereinbarten Zweck des Verkaufs fehle, weshalb ein zur Minderung berechtigender Mangel vorliege. Der Anteil der Lagerflächen betrage lediglich 5,87 % der Mietflächen. Im Übrigen sei den Klägern durch die Schließungsanordnung in der Coronaverordnung die ihnen obliegende Leistung unmöglich geworden. Zumindest sei wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage der Vertrag nach § 313 BGB anzupassen. Mit der behördlichen Schließungsanordnung sei die Geschäftsgrundlage entfallen, ohne dass das sich verwirklichende Risiko einer Partei zugeordnet werden könne, weshalb eine hälftige Teilung der Miete während der Schließungszeit angemessen sei. Insoweit sei hinsichtlich der Schließungszeit im März eine Aufrechnung mit der vollständig unbezahlten Aprilmiete erfolgt. Die Ausführungen des Landgerichts zur Unzumutbarkeit hält die Beklagte für überflüssig. Das Kriterium der Existenzbedrohung des Gewerberaummieters sei nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Wenn das Landgericht dieses jedoch für wichtig gehalten hätte, hätte das Landgericht den Sachverhalt weiter aufklären müssen. Ein Ausweichen auf den Onlinehandel sei vor dem Hintergrund der Preisstruktur der Beklagten nicht erfolgversprechend gewesen, eine Änderung des Nutzungszwecks scheide schon wegen der erforderlichen behördlichen Genehmigungen, die in kurzer Zeit nicht zu beschaffen seien, aus. Auf den Bezug staatlicher Hilfen in Form von Kurzarbeitergeld komme es nicht an, da hierdurch zwar Kosten gesenkt, jedoch nicht die Kosten der Beklagten gedeckt werden könnten. Einer Vorlage der Gesamtkostenkalkulation der Beklagten bedürfe es insoweit nicht. Im Übrigen habe das Landgericht unberücksichtigt gelassen, dass auch die wirtschaftliche Situation der Klägerseite in die Abwägung der Zumutbarkeit hätte einfließen müssen, diese habe das Landgericht nicht aufgeklärt. Nach Auffassung der Beklagten wären die Mieten für die Zeiten der Schließung jedenfalls hälftig zu teilen gewesen, weshalb die Klage dann in Höhe von 2.756,83 € abzuweisen gewesen wäre.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Heidelberg, Az. 5 O 66/20, vom 30.07.2020, zugestellt am 06.08.2020, aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil als richtig. Weiter machen sie geltend, dass den Klägern, die in demselben Gebäude, in dem die Beklagte Ankermieterin sei, Praxisräumlichkeiten betrieben, eine Herabsetzung der Miete wirtschaftlich nicht zuzumuten sei, nachdem sie zwar nicht von Schließungen betroffen gewesen seien, jedoch erhöhten Aufwand in die Praxisräumlichkeiten im Zusammenhang mit der Coronapandemie hätten. Auch seien ihre Umsätze zurückgegangen, im Gegensatz zu der Beklagten profitierten sie nicht von staatlichen Hilfen wie Kurzarbeitergeld.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands im zweiten Rechtszug und der dort gestellten Anträge wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Sitzungsniederschrift vom 10.02.2021 (II 48) verwiesen.

Aus den Gründen

II.

Die Berufung ist zulässig. Sie erweist sich jedoch als unbegründet.

Die Voraussetzungen einer Mietminderung liegen nicht vor (1.). Die Leistung der Kläger als Vermieter ist diesen auch nicht unmöglich geworden (2.). Eine Anpassung des Vertrags nach § 313 BGB findet vorliegend ebenfalls nicht statt (3.).

1. Zutreffend hat das Landgericht die Voraussetzungen einer Mietminderung nach § 536 Abs.1 BGB verneint.

Gemäß § 536 Abs. 1 BGB ist die vereinbarte Miete kraft Gesetzes gemindert, wenn die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel aufweist, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt oder (erheblich) mindert, oder ein solcher Mangel während der Mietzeit entsteht. Ein derartiger Mangel ist dann gegeben, wenn der tatsächliche Zustand der Mietsache vom vertraglich vorausgesetzten Zustand abweicht. Der vertraglich geschuldete Zustand bestimmt sich in erster Linie nach den Beschaffenheitsvereinbarungen der Mietvertragsparteien, die auch durch schlüssiges Verhalten (konkludent) getroffen werden können. Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung können dabei auch Umstände sein, die von außen auf die Mietsache unmittelbar einwirken (so genannte Umweltfehler), wie etwa Emissionen, denen die Mietsache ausgesetzt ist. Soweit Parteiabreden zur Beschaffenheit der Mietsache fehlen, wird der zum vertragsgemäßen Gebrauch geeignete Zustand unter Berücksichtigung des vereinbarten Nutzungszwecks und des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nach der Verkehrsanschauung bestimmt (BGH, Urteil vom 19.12.2012, VIII ZR 152/12, bei juris Rn. 8). Ergeben sich aufgrund von gesetzgeberischen Maßnahmen während eines laufenden Mietverhältnisses Beeinträchtigungen des vertragsmäßigen Gebrauchs eines gewerblichen Mietobjekts, kann dies nachträglich einen Mangel im Sinne von § 536 Abs. 1 S. 1 BGB begründen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die durch die gesetzgeberische Maßnahme bewirkte Gebrauchsbeschränkung unmittelbar mit der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage des Mietobjekts in Zusammenhang steht. Andere gesetzgeberische Maßnahmen, die den geschäftlichen Erfolg beeinträchtigen, fallen dagegen in den Risikobereich des Mieters. Denn der Vermieter von Gewerberäumen ist gemäß § 535 Abs. 1 S. 2 BGB lediglich verpflichtet, den Mietgegenstand während der Vertragslaufzeit in einem Zustand zu erhalten, der dem Mieter die vertraglich vorgesehene Nutzung ermöglicht. Das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache trägt bei der Gewerberaummiete dagegen grundsätzlich der Mieter. Dazu gehört vor allem das Risiko, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können. Erfüllt sich die Gewinnerwartung des Mieters aufgrund eines nachträglich eintretenden Umstands nicht, so verwirklicht sich damit ein typisches Risiko des gewerblichen Mieters. Das gilt auch in Fällen, in denen es durch nachträgliche gesetzgeberische oder behördliche Maßnahmen zu einer Beeinträchtigung des Gewerbebetriebs des Mieters kommt (vgl. BGH, Urteil vom 13.07.2011, XII ZR 189/09, bei juris Rn. 9 zu einem Pachtverhältnis). Diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt im Gegensatz zu der von der Beklagten und dem Landgericht München I im Urteil vom 22.09.2020 (3 O 4495/20) herangezogenen Rechtsprechung des Reichsgerichts für die Annahme eines Mangels einen Objektbezug der Nutzungsbeeinträchtigung voraus. Einen solchen hält auch der Senat als Voraussetzung der Annahme eines Mangels des Mietobjekts für erforderlich.

Durch die behördliche Nutzungseinschränkung ist das streitgegenständliche Mietobjekt daher nicht als mangelhaft im Sinne des § 536 BGB anzusehen. Es fehlt am Objektbezug der behördlichen Schließungsanordnung, die eine Vielzahl an Gewerben, die nicht der Deckung mit Gütern des täglichen Bedarfs dienten, betrafen.

2. Zutreffend hat das Landgericht auch einen Fall der Unmöglichkeit der Leistung der Kläger, mit der Folge, dass die Gegenleistungspflicht der Beklagten entfallen würde, verneint.

Wie oben ausgeführt, ist der Vermieter von Gewerberäumen lediglich verpflichtet, den Mietgegenstand während der Vertragslaufzeit in einem Zustand zu erhalten, der dem Mieter die vertraglich vorgesehene Nutzung ermöglicht. Das Verwendungsrisiko trägt grundsätzlich der Mieter (BGH, Urteil vom 13.07.2011, XII ZR 189/09, bei juris Rn. 9). Vorliegend erfolgte die Vermietung zur Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts mit sämtlichen Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs. Als solche war die Mietsache im vorliegenden Fall auch während der angeordneten Schließung brauchbar. Dass es wegen der angeordneten Schließung tatsächlich nicht zu einem entsprechenden Gebrauch kam, fällt in das Verwendungsrisiko der Beklagten.

3. Zutreffend hat das Landgericht auch gesehen, dass vorliegend eine Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 1 BGB wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nicht in Betracht kommt.

Nach Art. 240 § 7 EGBGB sind hier sowohl das allgemeine Schuldrecht als auch die Gewährleistungsrechte aus dem Mietvertragsrecht anwendbar und werden durch die gesetzliche Vermutung, dass eine Störung der Geschäftsgrundlage vorliegt, ergänzt. Der Gesetzgeber geht dabei davon aus, dass vorrangig Gewährleistungsrechte und die Frage der Unmöglichkeit der Vertragserfüllung zu prüfen sind (BT-Drucks. 19/25322 S. 14/ 15). Beide führen im vorliegenden Fall nicht zu einer Reduzierung der Mietschuld der Beklagten für April 2020 (dazu oben 1. und 2.). Erst danach kann auf die Frage des Vorliegens einer Störung der Geschäftsgrundlage eingegangen werden. Dass eine Störung der Geschäftsgrundlage vorliegt, wird nun „grundsätzlich“ vermutet, wobei Unsicherheiten beseitigt und die außergerichtliche Verhandlungsposition des Gewerberaummieters gestärkt werden sollte (BT-Drucks. 19/25322 S. 14/ 15). Art. 240 § 7 EGBGB schafft eine tatsächliche Vermutung, dass sich ein Umstand im Sinn des § 313 Abs. 1 BGB, der Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach dem Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat. Die Vermutung ist widerleglich und gilt nur für dieses reale Merkmal des § 313 Abs. 1 BGB (BT-Drucks. 19/25322 S. 20). Das normative Merkmal des § 313 Abs. 1 BGB, dass dem einen Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen und gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann, wird von der Vermutungsregelung nicht erfasst (BT-Drucks. 19/25322 S. 21).

Dabei stellt der Gesetzgeber darauf ab, dass im Rahmen der Zumutbarkeit zu prüfen sein wird, wie erheblich die Umsätze zurückgegangen sind und auch, ob der Mieter öffentliche oder sonstige Zuschüsse erhalten hat, mit denen er die Umsatzausfälle infolge staatlicher Beschränkung jedenfalls teilweise kompensieren kann, und ob er Aufwendungen erspart hat (z.B. wegen Kurzarbeitergeld oder weggefallenem Wareneinkauf). Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls § 313 BGB gewährt keine Überkompensation (BT-Drucks. 19/25322 S. 21).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist vorliegend nicht festzustellen, dass es der Beklagten unter Abwägung aller Umstände nicht zuzumuten wäre, an der vertraglich vereinbarten Mietzahlungspflicht festgehalten zu werden. Darauf, ob die gesetzliche Regelung, was die Kläger in Abrede stellen, auch auf Sachverhalte in der Vergangenheit, nämlich die Miete für April 2020 anwendbar ist, kommt es daher hier nicht an.

a. Nach § 313 Abs. 1 BGB kann die Anpassung des Vertrags verlangt werden, wenn sich die Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen und gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Wie oben ausgeführt (1.), trägt im Verhältnis zum Vermieter der Mieter grundsätzlich das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache. Eine Anpassung des Vertrags kann die Beklagte nur dann verlangen, wenn ihr das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. § 313 BGB greift nach der Rechtsprechung erst dann ein, wenn dies zur Vermeidung eines untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit nicht zu vereinbarenden und damit der betroffenen Partei nach Treu und Glauben nicht zuzumutenden Ergebnis unabweislich erscheint (vgl. BGH, Urteil vom 22.12.2004, VIII ZR 41/04, bei juris Rn. 17). Die Unzumutbarkeit ist aus dem Vergleich von Schuldneraufwand und Leistungserfolg zu bestimmen. Dabei sind nicht nur die Interessen des Schuldners, sondern auch die des Gläubigers mit dem Ziel, die beiderseitigen – widerstreitenden – Interessen auszugleichen, zu berücksichtigen. Dem Schuldner sind Aufwendungen, welche die dem Schuldverhältnis immanente Opfergrenze überschreiten, nicht mehr zumutbar. Diese Opfergrenze wird insbesondere überschritten, wenn die Inanspruchnahme des Schuldners zur Vernichtung seiner Existenz führen würde; unter Umständen genügt auch bereits eine schwere Beeinträchtigung des wirtschaftlichen Fortkommens (vgl. dazu BGH, Urteil vom 15.04.1959, V ZR 3/58, bei juris Rn. 44). Eine Angleichung ist geboten, wenn das Festhalten am Vertrag zu einem untragbaren, mit Recht und Gesetz schlechthin nicht mehr zu vereinbarenden Ergebnis führen würde (BGH, Urteil vom 20.12.2004, VIII ZR 41/04, bei juris Rn. 25).

Dass ein solches schlechthin nicht mehr hinnehmbares Ergebnis anzunehmen wäre, insbesondere die Beklagte in ihrer Existenz gefährdet wäre, wenn sie die Miete für April 2020 bezahlen müsste, ist ihrem Vortrag nicht zu entnehmen. Sie hat zwar einen Umsatzverlust bezogen auf den Gesamtkonzern dargelegt. Wie die streitgegenständliche Filiale wirtschaftlich dasteht, ist dem Vortrag der Beklagten aber nicht zu entnehmen. Es ist im Zusammenhang mit der Existenzgefährdung durchaus zu sehen, dass es sich bei der Beklagten um einen großen Konzern handelt, der wirtschaftlich leistungsfähiger sein kann als die Filialen für sich betrachtet. Für die Frage der Störung des Äquivalenzverhältnisses bezogen auf den streitgegenständlichen Mietvertrag dürfen jedoch auch Leistung und Gegenleistung bezogen auf diese Filiale und damit der konkrete Einzelfall nicht aus dem Blickfeld geraten, da auch die Interessen der (unterschiedlichen) Vermieter Berücksichtigung finden müssen.

Hier hat die Beklagte eine Aufstellung der Nettoumsätze aller Filialen in Deutschland von Januar 2018 bis April 2020 einschließlich vorgelegt. Unterstellt man, dass diese auch die Umsatzentwicklung in der streitgegenständlichen Filiale wiederspiegeln, ist ein Umsatzeinbruch in den Monaten März und April 2020 zu sehen. Dass dieser allerdings allein auf den Schließungen und nicht auch auf bereits seit Anfang März zu beobachtender Zurückhaltung der Käufer, also einer unstreitig in das Risiko der Beklagten fallenden Änderung des Konsumverhaltens, beruht, ist diesen Zahlen nicht zu entnehmen. Obwohl das Landgericht bereits in der mündlichen Verhandlung (I 75) darauf hingewiesen hatte, dass eine Existenzgefährdung nicht dargelegt sei, und auch das Urteil auf die fehlende Darlegung einer zur Unzumutbarkeit führenden wirtschaftlichen Beeinträchtigung gestützt hatte (LGU 14/ 15), hat sich die Beklagte damit weder in erster Instanz noch in der Berufungsbegründung dezidiert auseinandergesetzt.

Zutreffend hat das Landgericht gesehen, dass nicht isoliert die Umsatzeinbußen in den von der Schließung betroffenen Monaten betrachtet werden können, und dass auch staatliche Hilfen, wie das Kurzarbeitergeld, in die Abwägung einzubeziehen sind. Auch wenn diese die Kosten nicht insgesamt ausgeglichen haben, ist für die Frage der wirtschaftlich unzumutbaren Beeinträchtigung zu berücksichtigen, ob von anderer Seite eine Partei wirtschaftliche Unterstützung erhalten hat. Ebenso kann nicht unberücksichtigt bleiben, ob mit nicht verkauften, aber noch verkäuflichen Warenvorräten, Vermögenswerte noch vorhanden sind. Diese binden zwar Liquidität der Beklagten, können aber im Rahmen einer wirtschaftlichen Betrachtung nicht außer Betracht bleiben.

Vorliegend ist dem Vortrag der Beklagten auch in der Berufung weder bezogen auf die streitgegenständliche Filiale noch bezogen auf den Gesamtkonzern zu entnehmen, in welchem Umfang als Folge der Schließung im Frühjahr 2020 die Umsätze und Gewinne und damit im Ergebnis auch das Vermögen der Beklagten so beeinträchtigt wurden, dass ihr ein Festhalten am Vertrag nicht zugemutet werden könnte. Weder legt die Beklagte offen, wieviel staatliche Leistungen, insbesondere Kurzarbeitergeld, sie erhalten hat, und welche Aufwendungen sie durch die Kurzarbeit erspart hat, noch welche Warenwerte an verkäuflichen Waren, die die Anschaffungskosten im weiteren Verlauf senken, weiter vorhanden sind. Die Bezugnahme auf die erneuten im Dezember 2020 behördlich verordneten und zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch andauernden Schließungen vermag den Vortrag zu den Beeinträchtigungen im Frühjahr nicht zu ersetzen. Die Einbußen, die die Beklagte durch die erneute Schließung ab Mitte Dezember 2020 erleidet, können auch nicht in die Abwägung der Zumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag für die Monatsmiete im April 2020 einbezogen werden. Insoweit handelt es sich um einen neuen Sachverhalt. Gegenstand dieses Rechtsstreits ist allein die Miete für April 2020 und nicht die Frage, ob und in welcher Form eine Vertragsanpassung für Zeiträume ab Mai 2020 verlangt werden könnte.

b. Soweit sich die Beklagte auf Stimmen in der Literatur beruft, die unter Berücksichtigung des Umstandes, dass keine der Parteien die Pandemie und die damit verbundenen Geschäftsschließungen und weiteren Folgen habe vorhersehen können, eine hälftige Teilung des Risikos und damit eine hälftige Teilung der Miete annehmen, weshalb es einer Darlegung der Umsatzausfälle nicht bedürfe, überzeugt dies nicht. Zu prüfen ist die Zumutbarkeit bzw. Unzumutbarkeit in jedem Einzelfall. Dieser entzieht sich, wie die unterschiedlichen Stimmen in der Literatur zeigen (vgl. bspw. Häublein/Müller, Wer trägt das Pandemierisiko in der Geschäftsraummiete, NZM 2020, 481, 488 ff), einer pauschalierten Darstellung. Es kann in dem Zusammenhang auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Beklagte im Gegensatz zu den Klägern von staatlichen Transferleistungen wie dem Kurzarbeitergeld profitiert. Zudem zeigt sich unter Berücksichtigung des Umstands, dass im April nach der Schließung nur 10 Öffnungstage zur Verfügung standen, dass hier die Vormonate deutlich übersteigende Tagesumsätze erzielt wurden, so dass ein gewisser Nachholeffekt in diesem Bereich nicht auszuschließen ist. Eine pauschalierte Herabsetzung um die Hälfte lässt außer Betracht, dass möglicherweise, Vortrag der Beklagten hierzu fehlt, ein Teil der Umsätze nach Beendigung des Lockdown auch nach April 2020 nachgeholt werden konnte, da anders als in der Gastronomie oder der Veranstaltungsbranche zunächst nicht verkaufte Ware, soweit es sich nicht um Osterartikel gehandelt hat, grundsätzlich zu einem späteren Zeitpunkt verkauft werden kann.

c. Somit fehlt es bereits an einer Darlegung der Unzumutbarkeit der Zahlung der Miete für den Monat April 2020, weshalb die Berufung der Beklagten keinen Erfolg haben kann.

Auf die Frage, inwieweit die wirtschaftlichen Verhältnisse der Kläger durch die behördlich angeordneten Schließungen betroffen sind und ob diesen eine Vertragsanpassung zuzumuten wäre, kommt es derzeit nicht an, da bereits nicht festgestellt werden konnte, dass die Beklagte in so unzumutbarer Weise betroffen sein könnte, dass eine Vertragsanpassung im Sinne einer Herabsetzung der Miete geboten wäre.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit wurde gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO angeordnet.

Vor dem Hintergrund der in Literatur und Rechtsprechung streitigen Fragen zum Vorliegen eines Mangels des Mietobjekts durch die angeordneten Schließungen, der Unmöglichkeit der Leistung der Vermieter, die zu einer Minderung der Miete bzw. zu einem Wegfall der Mietzahlungspflicht der Beklagten führen würden, ohne dass es auf die in ihrer Erforderlichkeit ebenfalls umstrittene Darstellung der Unzumutbarkeit des Festhaltens am unveränderten Vertragsverhältnis ankäme, hat der Senat zur Fortbildung des Rechts die Revision zugelassen (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄ UMNISURTEIL
XII ZR 279/97 Verkündet am:
16. Februar 2000
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Zur Rechtsposition eines Mieters, der ein Ladenlokal in einem erst zu erstellenden
Einkaufszentrum gemietet hat, wenn dieses nach der Eröffnung nicht in der erwarteten
Weise von den Kunden angenommen wird.
BGH, Urteil vom 16. Februar 2000 - XII ZR 279/97 - OLG Naumburg
LG Halle
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. Februar 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die
Richter Dr. Krohn, Gerber, Sprick und Weber-Monecke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 9. Oktober 1997 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin ist Eigentümerin und Vermieterin eines Einkaufszentrums "C. -C. " in der Innenstadt von H. . Sie bot dem Beklagten über die I. C. M. GmbH (ICM) - unter Vorlage von Grundrißzeichnungen und eines Standortprospekts - Geschäftsräume in dem damals erst noch zu erstellenden C. -C. an. Der Prospekt enthielt unter anderem folgende Angaben:
"... An den Bahnhof angrenzend, am R. platz, beginnt H. 's Fußgängerzone - die L. Straße. Vom Tunnelausgang L. Straße mit Läden und überdachten Verbindungen und über die R. straße führt der direkte Weg in das neue C. -C. . ... ein attraktiver Standort und ein starkes Konzept, das den Erfolg des C. - C. garantiert." Durch Vertrag vom 28. Juni 1994 mietete der Beklagte ein Ladengeschäft mit einer Grundfläche von ca. 35 qm im Passagenbereich des Geschäftszentrums zum Betrieb eines Fachgeschäfts für Wäsche und Dessous. Das Mietverhältnis sollte mit der Übergabe des Objekts, voraussichtlich im November 1995, beginnen und war zunächst auf die Dauer von 10 Jahren abgeschlossen. Der Mietzins sollte monatlich 2.100 DM zuzüglich Nebenkostenvorauszahlung und Mehrwertsteuer betragen. Als Mietsicherheit hatte der Beklagte vor Übergabe der Mieträume eine Kaution von 8.100 DM zu leisten. Der Mietvertrag enthielt unter anderem nähere Regelungen über die Nutzung der Mieträume, die Betriebspflicht, die Ladenöffnungszeiten und die Verpflichtung des Mieters, einer zu gründenden Werbegemeinschaft anzugehören, sowie über die Aufgaben des Vermieters, unter anderem hinsichtlich der "Organisation eines objektbezogenen Center-Managements", wodurch "die Voraussetzungen und Grundlagen für den wirtschaftlichen Erfolg des Objekts geschaffen und gefördert werden" sollten. Am 15. Oktober 1995 schlossen sich die damaligen Mieter zu einer Interessengemeinschaft zusammen, die gegenüber der Klägerin beanstandete, daß bislang nur 50 % der Läden auf 2/3 der Gesamtfläche vermietet seien. Daraufhin halbierte die Klägerin den jeweils vereinbarten Mietzins. Am 23. Oktober 1995 erhielt der Beklagte die gemieteten Räume übergeben. Die vereinbarte Kaution zahlte er nicht. In der Folgezeit geriet er in wirtschaftliche Schwierigkeiten, die er darauf zurückführte, daß die Klägerin
Zusagen unter anderem über die günstige Verkehrsanbindung sowie über die (Voll-) Belegung des C. -C. nicht eingehalten habe mit der Folge, daß dieses von den Kunden nicht angenommen worden sei. Mit Schreiben vom 7. Februar 1996 erklärte der Beklagte die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses, hilfsweise verlangte er die sofortige Auflösung des Vertrages wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage bzw. wegen Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Mietverhältnisses. Die Klägerin hält die Kündigung für unwirksam. Sie hat den Beklagten mit der Klage auf Zahlung der vertraglich vereinbarten Mietkaution in Höhe von 8.100 DM in Anspruch genommen. Der Beklagte hat im Wege der Widerklage die Feststellung begehrt, daß das Mietverhältnis durch die von ihm erklärte fristlose Kündigung beendet sei. Er hat behauptet, die Klägerin habe ihm bei der Anmietung des Objekts umfangreiche Zusicherungen gemacht über die günstige Erreichbarkeit des Einkaufszentrums, das Vorhandensein einer erheblichen Anzahl von Parkplätzen und die Vollvermietung desC. -C. einschließlich der Belegung mit einem Lebensmittelmarkt. Damit habe die Klägerin - und zwar bereits in ihrem Prospekt - die Garantie für das Gesamtkonzept und für den Erfolg des Einkaufszentrums übernommen, der indessen nicht eingetreten sei. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Es hat die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses verneint, da dem Beklagten kein Kündigungsgrund zur Seite gestanden habe. Der Mietvertrag enthalte keine besonderen Zusicherungen der Klägerin. Das von ihr erstellte Exposései unverbindlich gewesen. Ein Wegfall der Geschäftsgrundlage sei ebenfalls nicht anzunehmen.
Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 23. Juni 1997 eine Beweisaufnahme durch Zeugenvernehmung durchgeführt und sodann - im Hinblick auf eine noch ausstehende schriftliche Zeugenaussage - im Einverständnis der Parteien das schriftliche Verfahren mit Schriftsatzfrist bis zum 11. August 1997 (später verlängert bis zum 14. August 1997) und Verkündungstermin am 28. August 1997 (später verlegt auf den 9. Oktober 1997) angeordnet. Durch Urteil vom 9. Oktober 1997 hat das Oberlandesgericht unter Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung die Klage abgewiesen und auf die Widerklage festgestellt, daß der Mietvertrag zwischen den Parteien durch die fristlose Kündigung des Beklagten vom 7. Februar 1996 beendet sei. Gegen das Urteil wendet sich die Klägerin mit der Revision, mit der sie die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt.

Entscheidungsgründe:

A

Da der Beklagte in der mündlichen Verhandlung trotz rechtzeitiger Bekanntgabe des Termins nicht vertreten war, ist über die Revision antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden (§§ 557, 331 ZPO). Das Urteil beruht jedoch inhaltlich nicht auf einer Säumnisfolge, sondern einer Sachprüfung (vgl. BGHZ 37, 79, 81).

B

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht.

I.

Die Revision erhebt zunächst eine Verfahrensrüge im Zusammenhang mit der Anordnung des schriftlichen Verfahrens durch das Berufungsgericht. Sie macht dazu geltend: Das Oberlandesgericht habe nicht dargelegt, inwieweit der Prozeß nicht auf der Grundlage der mündlichen Verhandlung entscheidungsreif gewesen sei. Durch die Anordnung des schriftlichen Verfahrens und die Verkündung des Berufungsurteils am 9. Oktober 1997 - auf die Verhandlung vom 23. Juni 1997 - sei die Dreiwochenfrist des § 310 Abs. 1 ZPO erheblich überschritten worden. Hierauf könne das angefochtene Urteil beruhen , da der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme berührt sei. Diese Rüge hat keinen Erfolg. Die Anordnung des schriftlichen Verfahrens war durch den Umstand bedingt, daß die schriftliche Aussage des Zeugen H. noch ausstand. Aus diesem Grund haben sich beide Parteivertreter ausdrücklich mit dem schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt. Die Überschreitung der Dreiwochenfrist - im schriftlichen Verfahren allerdings zu bemessen vom Ende der eingeräumten Schriftsatzfrist bis zur Urteilsverkündung -, die aus dienstlichen Gründen, zunächst zum Zwecke einer Nachberatung , erfolgte, hält sich noch in dem Rahmen, den § 310 Abs. 1 Satz 2 ZPO vorgibt (vgl. BVerfG Beschluß vom 5. Juni 1992 - 2 BvR 1307/91 = NJW-RR 1993, 253).

II.

Die Revision greift auch die materiell-rechtlichen Ausführungen des Berufungsgerichts als fehlerhaft an. 1. Das Berufungsgericht hat die Auffassung vertreten, der vertraglich vereinbarte Anspruch der Klägerin auf die Kautionszahlung sei infolge wirksamer fristloser Kündigung des Mietvertrages durch den Beklagten erloschen. Die fristlose Kündigung sei berechtigt gewesen, da dem Beklagten der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache nicht gewährt worden sei, §§ 542, 537 BGB. Hierzu hat das Gericht im einzelnen ausgeführt: Der gemietete Laden habe mehrere Mängel aufgewiesen, die seine Tauglichkeit für den vorgesehenen Zweck entscheidend beeinträchtigt hätten. Das gesamte C. -C. und damit auch das Geschäftslokal des Beklagten sei für Fußgänger aus dem Innenstadtbereich nicht in so bequemer Weise zu erreichen gewesen, daß Kunden auch bei schlechtem Wetter angezogen worden seien. Von dem Fußgängerbereich der L. Straße habe kein überdachter Weg zum C. -C. geführt. Das sei dem Beklagten aber bei der Anmietung zugesagt worden. Hierfür spreche schon der Wortlaut des Standort-Prospekts der den Mietern ausgehändigt worden sei. Außerdem hätten auch die Zeugen B. (B.) und K. (K.) - ebenfalls Mieter im C. - -C. - bekundet, ihnen sei zugesichert worden, man werde das C. - -C. vom Bahnhof trockenen Fußes erreichen können. Diesen Bekundungen sei entgegen den Aussagen der auf der Vermieterseite an den Mietverhandlungen beteiligten Zeugen C. (C.) und G. -S. (G.-S.) zu fol-
gen. Das Fehlen einer Überdachung für die Fußgänger sei ein die Erreichbarkeit des C. -C. betreffender Mangel. Ein weiterer Mangel der Mietsache liege darin, daß am C. -C. weniger als 200 Parkplätze für Mieter und Kunden zur Verfügung ständen, obwohl 600 bis 1200 Parkplätze zugesagt worden seien, wie sich ebenfalls aus den Bekundungen der Zeugen B. und K. ergebe. Ferner sei nach den Aussagen B. und K. das Vorhandensein eines Lebensmittelmarktes mit Vollsortiment unter Beteiligung bekannter Firmen zugesichert worden. Auch das sei ein Umstand, der Kunden anziehen könne. Eingehalten worden sei die Zusicherung jedoch nicht. Schließlich sei nach der Aussage K. zugesichert worden, das Zentrum sei voll vermietet, wodurch eine werbewirksame Anziehung von Kunden zu erwarten gewesen sei. Auch diese Zusicherung sei nicht eingehalten worden. Die Gesamtwürdigung der genannten Umstände führe zu dem Ergebnis, daß ein schwerwiegender Mangel des Mietobjekts im Sinne von § 537 BGB anzunehmen sei. Dieser habe die fristlose Kündigung gerechtfertigt. Wenn auch der Mieter eines Ladenlokals das Risiko für die Verwertbarkeit des Mietobjekts und die Ertragslage seines Geschäfts selbst zu tragen habe , dürfe er doch darauf vertrauen, daß die objektiven Gegebenheiten, die die Erreichbarkeit der Geschäfte und die generelle Werbewirksamkeit eines Einkaufszentrums beträfen, in der zugesicherten Weise vorhanden seien. Nur auf dieser Grundlage könne er seine Entscheidung, ob er das Geschäftsrisiko an diesem Ort eingehen wolle, sachgerecht abwägen. Wenn ihm Umstände als besonders werbewirksam dargestellt worden seien, dürfe er darauf vertrauen, daß er sich in einem entsprechenden Umfeld einmiete. Wenn sodann mehrere dieser Umstände nachhaltig ausfielen, liege eine erhebliche Hinderung im Gebrauch vor (§ 542 Abs. 2 BGB).
Eine Frist zur Beseitigung der Mängel habe der Beklagte gemäß § 542 Abs. 1 Satz 3 BGB nicht zu bestimmen brauchen; denn es sei aufgrund der Haltung der Klägerin nicht damit zu rechnen gewesen, daß die Mängel innerhalb zumutbarer Frist behoben werden könnten. So habe die Klägerin durch ihr weiteres Verhalten zu erkennen gegeben, daß sie weitere bauliche Investitionen - insbesondere Schaffung eines überdachten Fußgängerweges und von Parkplätzen - nicht plane. 2. Diese Ausführungen halten, wie die Revision zu Recht geltend macht, rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Kündigungsrecht nach § 542 BGB setzt voraus, daß die Mietsache mit einem Fehler im Sinne des § 537 Abs. 1 BGB behaftet ist, oder daß ihr eine besonders zugesicherte Eigenschaft (§ 537 Abs. 2 BGB) fehlt (vgl. Gerber/ Eckert, Gewerbliches Miet- und Pachtrecht 3. Aufl., Rdn. 116).
a) Das Berufungsgericht hat zu Unrecht und mit nicht zutreffender Begründung das Vorliegen eines Mangels des von dem Beklagten gemieteten Geschäftslokals bejaht. Unter einem Mangel im Sinne von § 537 Abs. 1 BGB ist die für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustandes der Mietsache von dem vertraglich geschuldeten Zustand zu verstehen (vgl. BGH Urteil vom 26. September 1990 - VIII ZR 205/89 = BGHR BGB § 537 Abs. 1 Fehler 1 m.w.N.; Kraemer in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete , 3. Aufl. III B Rdn. 1328 ff; Gerber/Eckert aaO Rdn. 117), wobei sowohl tatsächliche Umstände als auch rechtliche Verhältnisse in bezug auf die Mietsache als Fehler in Betracht kommen können (st.Rspr. vgl. etwa BGH Urteil vom 1. Juli 1981 - VIII ZR 192/80 = NJW 1981, 2405; Senatsurteil vom 11. Dezember 1991 - XII ZR 63/90 = WM 1992, 583, 585, jeweils m.N.). So können bestimmte äußere Einflüsse oder Umstände - etwa die Behinderung
des beschwerdefreien Zugangs zu einem gemieteten Geschäftslokal - einen Fehler des Mietobjekts begründen (vgl. BGH aaO NJW 1981, 2405; Wolf/ Eckert, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 7. Aufl. Rdn. 235 ff). Erforderlich ist allerdings, um Ausuferungen des Fehlerbegriffs zu vermeiden, stets eine unmittelbare Beeinträchtigung der Tauglichkeit bzw. eine unmittelbare Einwirkung auf die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache (vgl. BGH aaO NJW 1981, 2405 m.N.; Kraemer in Bub/Treier aaO III B Rdn. 1342; auch Staudinger/Emmerich BGB 13. Bearb. Vorbem. zu § 537 Rdn 32), wohingegen Umstände, die die Eignung der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch nur mittelbar berühren, nicht als Mängel zu qualifizieren sind (Wolf/Eckert aaO Rdn. 243). In diesem Sinn scheiden die Umstände, die das Berufungsgericht zur Begründung der allgemeinen Werbewirksamkeit des Einkaufszentrums hervorgehoben hat, von vornherein als Fehler des gemieteten Ladenlokals im Sinne von § 537 Abs. 1 BGB aus. Sowohl das Vorhandensein eines überdachten Zuweges vom Hauptbahnhof zu demC. -C. als auch der Bestand von Parkplätzen in ausreichender Anzahl in der Nähe des Einkaufszentrums sind zwar Umstände, die für die Attraktivität des Einkaufszentrums in der Innenstadtlage von - sogar erheblicher - Bedeutung sein dürften. Sie führen jedoch nicht zu einer unmittelbaren Einwirkung auf die Gebrauchstauglichkeit des von dem Beklagten gemieteten Geschäftslokals für Wäsche und Dessous (vgl. BGH aaO NJW 1981, 2405, 2406). Ein Geschäft dieser Art ist auch ohne überdachten Zuweg - grundsätzlich beschwerdefrei und ungehindert - zu erreichen, und zwar auch unabhängig davon, ob ein Kunde, je nach Tageszeit, einen Parkplatz in unmittelbarer Nähe des Einkaufszentrums oder an entfernterer Stelle findet. Bei einem Geschäft, zu und von dem die Kunden typischerweise
schwerere Lasten zu transportieren haben (wie etwa bei einem Getränkemarkt ), kann das anders sein. Soweit der Beklagte seine fristlose Kündigung darauf gestützt hat, daß das Einkaufszentrum im Zeitpunkt der Eröffnung - und auch später - nicht vollständig vermietet und daß entgegen den Planungen kein Lebensmittelmarkt vorhanden gewesen sei, begründen auch diese Umstände keinen Fehler des Mietobjekts im Sinne von § 537 Abs. 1 BGB. Denn auch sie stellen keine - unmittelbare - Beeinträchtigung der Tauglichkeit der gemieteten Räume zu dem vertraglich vereinbarten Zweck als Geschäftslokal für Wäsche und Dessous dar. Die Möglichkeit, an dem von anderen Geschäften in einem Einkaufszentrum angezogenen Kundenstrom zu partizipieren, kann sich zwar - mittelbar - auf den zu erwartenden Umsatz und damit auf den wirtschaftlichen Erfolg des einzelnen Geschäfts auswirken. Insoweit steht jedoch, wie auch das Berufungsgericht im Ansatz nicht verkennt, nicht die Gebrauchstauglichkeit des Mietobjekts in Frage, sondern das allgemeine unternehmerische Verwendungsund Gewinnerzielungsrisiko, das grundsätzlich bei dem Mieter und nicht bei dem Vermieter liegt (allgemeine Meinung, vgl. nur BGH aaO NJW 1981, 2405 f; Kraemer in Bub/Treier aaO III B Rdn. 1342; Wolf/Eckert aaO Rdn. 168).
b) Das Berufungsgericht hat mehrfach darauf abgehoben, daß die Klägerin bestimmte Zusicherungen bzw. Zusagen erteilt habe, die nicht eingehalten worden seien, und es ist sodann in einer "Gesamtwürdigung der aufgeführten Umstände" zu dem Ergebnis gelangt, daß "ein schwerwiegender Mangel im Sinne des § 537 BGB" vorliege. Diesen Ausführungen ist nicht mit ausreichender Deutlichkeit zu entnehmen, ob das Oberlandesgericht hiermit das Fehlen zugesicherter Eigenschaften des Mietobjekts im Sinne von § 537 Abs. 2 Satz 1 BGB bejahen wollte.
Sollte das der Fall sein, so hält auch diese Annahme der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Denn die von dem Beklagten geltend gemachten Umstände stellen - schon - keine zusicherungsfähigen Eigenschaften des hier streitigen Mietobjekts im Sinne von § 537 Abs. 2 Satz 1 BGB dar; im übrigen fehlt es auch an der schlüssigen Behauptung einer "zugesicherten" Eigenschaft im Sinne der Vorschrift. Als Eigenschaften im Sinne von § 537 Abs. 2 Satz 1 BGB kommen - entsprechend der Regelung in § 459 Abs. 2 BGB (vgl. Staudinger/Emmerich BGB 13. Bearb. § 537 Rdn. 58; Kraemer in Bub/Treier aaO III B Rdn. 1357; RG, Urteil vom 12. November 1936 - IV 148/36 = JW 1937, 675) - neben der physischen Beschaffenheit die tatsächlichen und rechtlichen Beziehungen des Mietgegenstandes zu seiner Umwelt in Betracht, die für die Brauchbarkeit und den Wert des Mietobjekts von Bedeutung sind. Diese Beziehungen müssen jedoch ihren Grund in der Beschaffenheit des Mietobjekts selbst haben, von ihm ausgehen, ihm auch für eine gewisse Dauer anhaften und nicht lediglich durch Heranziehung von Umständen in Erscheinung treten, die außerhalb der Mietsache liegen (vgl. BGHZ 111, 75, 78; 79, 183, 185; 114, 263, 266 jeweils m.w.N.). Nach diesem Maßstab scheiden hier zunächst der - überdachte - Zugang vom Hauptbahnhof zu dem Einkaufszentrum, in welchem sich das gemietete Ladenlokal des Beklagten befindet, und das Vorhandensein von zugesagten 600 bis 1200 (statt ca. 200) Parkplätzen im Umfeld des Einkaufszentrums als zusicherungsfähige Eigenschaften der Mietsache selbst aus. Sie haben mit der Beschaffenheit des gemieteten Ladenlokals nichts zu tun. Aber auch eine (augenblickliche) Vollbelegung (Vollvermietung) des C. - C. , unter anderem mit einem für die Anziehung von Kunden gegebenen-
falls wichtigen Lebensmittelmarkt, stellt keine Eigenschaft des einzelnen in dem Einkaufszentrum gemieteten Ladenlokals dar. Zwar wird die Vollvermietung eines Einkaufszentrums für den Mieter des einzelnen Ladenlokals regelmäßig von erheblicher Bedeutung sein. Gleichwohl stellt sie keinen Umstand dar, der dem Mietobjekt - auf Dauer - als "Eigenschaft" anhaftet. Denn auch insoweit fehlt es an dem notwendigen Bezug zu der Beschaffenheit des Mietobjekts , in der die Bedeutung und die Auswirkungen der "Umweltbeziehungen" auf die Mietsache ihren Grund haben müßten. So kann zwar die örtliche Lage eines gemieteten Ladenlokals als Beschaffenheitsmerkmal, d.h. als tatsächliche Beziehung der Mietsache zu ihrer Umgebung, eine zusicherungsfähige Eigenschaft gemäß § 537 Abs. 2 Satz 1 BGB sein, etwa in dem Sinn, daß die Lage in einer Fußgängerzone im Innenstadtbereich, in einem bestehenden Neubaugebiet oder auch in einem Einkaufszentrum in der Innenstadt oder einem außerörtlichen Gewerbegebiet als Eigenschaft zugesichert wird. Ob und in welchem Umfang potentielle Kunden die Fußgängerzone besuchen, die Geschäfte in dem Neubaugebiet aufsuchen, und/oder durch die Attraktivität des - teil- oder vollbelegten - Einkaufszentrums angezogen werden und damit letztlich zu einem wirtschaftlichen Erfolg des Gewerbes in dem gemieteten Ladenlokal beitragen, beurteilt sich hingegen aufgrund von Umständen, die außerhalb des Mietobjekts liegen (vgl. BGHZ 111 aaO) und ihre Ursache nicht in seiner Beschaffenheit haben. Abgesehen davon, daß die von dem Beklagten geltend gemachten Umstände hiernach bereits die Voraussetzungen einer zusicherungsfähigen Eigenschaft im Sinne von § 537 Abs. 2 BGB nicht erfüllen, fehlt es nach dem eigenen Vortrag des Beklagten auch an dem Merkmal der Zusicherung im Sinne von § 537 Abs. 2 BGB. Dazu müßte die Klägerin durch ihre mit den Vertragsverhandlungen betrauten Mitarbeiter über allgemeine Anpreisungen und Be-
schreibungen der Mietsache hinaus vertragsmäßig bindend erklärt haben, die Gewähr für das Vorhandensein bestimmter Eigenschaften zu übernehmen und für alle Folgen ihres Fehlens eintreten zu wollen (vgl. Wolf/Eckert aaO Rdn. 221; Kraemer in Bub/Treier aaO III B Rdn. 1355; BGHZ 132, 55, 58 zu § 459 Abs. 2 BGB). Eine derartige Zusicherung durch die Klägerin hat der Beklagte nicht (schlüssig) behauptet. Sein allgemeingehaltener Vortrag, die Klägerin habe die Vollvermietung des Einkaufszentrums, das Vorhandensein eines überdachten Zugangs vom Hauptbahnhof zu dem Zentrum und die Erstellung von mehr als 600 Parkplätzen "zugesagt" bzw. "zugesichert", erfüllt die Voraussetzungen des § 537 Abs. 2 BGB nicht. Soweit sich der Beklagte hinsichtlich des überdachten Zugangs auf den Prospekt der Klägerin bezieht, ist diesem schon nach seinem Wortlaut eine entsprechende Aussage nicht zu entnehmen.
c) Da das von dem Beklagten gemietete Geschäftslokal nach den vorstehenden Ausführungen entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht mit einem die Gebrauchstauglichkeit mindernden Fehler behaftet war (§ 537 Abs. 1 BGB) und ihm auch keine zugesicherte Eigenschaft fehlte (§ 537 Abs. 2 BGB), kann das angefochtene Urteil mit der gegebenen Begründung nicht bestehenbleiben. 3. Es kann auch nicht mit anderer Begründung gehalten werden (§ 563 ZPO).
a) Der Beklagte hat in seinem Schreiben vom 7. Februar 1996, mit dem er die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses erklärte, hilfsweise die Auflösung des Vertrages wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage verlangt.

b) Auch unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt war er indessen nicht zur vorzeitigen Kündigung des Mietvertrages berechtigt. Zwar können die Grundsätze über das Fehlen oder den Wegfall der Geschäftsgrundlage (vgl. dazu nur Palandt/Heinrichs BGB 59. Aufl. § 242 Rdn. 113 m.w.N.) dann eingreifen, wenn und soweit der Anwendungsbereich der Gewährleistungsvorschriften nach §§ 537 ff. BGB nicht betroffen ist (vgl. Senatsurteil vom 11. Dezember 1991 aaO m.w.N.). Fehlt oder entfällt die Geschäftsgrundlage , so führt dies im Regelfall zur Notwendigkeit der Anpassung des Vertrages an die veränderten Umstände. Ist eine Anpassung im Einzelfall nicht möglich oder unzumutbar, so kann ausnahmsweise eine Auflösung des Vertrages verlangt werden (vgl. BGH Urteil vom 26. Oktober 1984 - V ZR 140/83 = WM 1985, 32, 33/34 m.w.N.). Die Auflösung tritt allerdings nicht automatisch als Folge des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ein, sondern wird durch entsprechende Gestaltungserklärung - beim Mietvertrag in der Regel durch eine für die Zukunft wirkende Kündigungserklärung - herbeigeführt (vgl. BGHZ 101, 143, 150 m.w.N.; Bub in Bub/Treier aaO II Rdn. 651). Für eine Berücksichtigung von Störungen der Geschäftsgrundlage - hier etwa der dem Vermieter bei Vertragsschluß erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellung und Erwartung des Mieters, in dem gemieteten Ladengeschäft aufgrund einer positiven Entwicklung des angeblich bereits voll vermieteten und bequem erreichbaren Einkaufszentrums Gewinne zu erzielen - ist allerdings grundsätzlich insoweit kein Raum, als es um Erwartungen und um Umstände geht, die nach den vertraglichen Vereinbarungen in den Risikobereich einer der Parteien fallen sollen (vgl. BGHZ 74, 370, 373 m.w.N.). Eine solche vertragliche Risikoverteilung bzw. Risikoübernahme schließt für den Betroffenen - abgesehen von extremen Ausnahmefällen, in denen eine unvor-
hergesehene Entwicklung mit unter Umständen existentiell bedeutsamen Folgen für eine Partei eintritt (vgl. etwa Senatsurteil vom 13. Dezember 1995 - XII ZR 185/93 = BGHR BGB § 242 Geschäftsgrundlage 54) - regelmäßig die Möglichkeit aus, sich bei Verwirklichung des Risikos auf Wegfall der Geschäftsgrundlage zu berufen (vgl. Staudinger/Emmerich aaO Vorbemerkung zu § 537 Rdn. 31 ff.). Das gilt insbesondere für die Fälle, in denen sich die Anfangsschwierigkeiten , die typischerweise mit einer Existenzgründung oder der Eröffnung eines neuen Ladenlokals verbunden sind, für den Mieter wirtschaftlich negativ auswirken. Aus diesem Grund stand dem Beklagten im vorliegenden Fall kein Recht zur vorzeitigen Beendigung bzw. Kündigung des Mietvertrages wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach § 242 BGB zu. aa) Im Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter trägt grundsätzlich der Mieter das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache (BGH aaO NJW 1981, 2405, 2406 m.w.N.; Gerber/Eckert aaO Rdn. 128; Schmidt-Futterer/Eisenschmid , Mietrecht, 7. Aufl. §§ 535, 536 Rdn. 174). Dazu gehört bei der gewerblichen Miete vor allem das Risiko, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können. Erfüllt sich diese Erwartung des Mieters nicht, so verwirklicht sich damit ein typisches Risiko des gewerblichen Mieters, das dieser nicht auf den Vermieter verlagern kann. bb) Diese im Gewerberaummietrecht angelegte Risikoverteilung ändert sich nicht dadurch, daß das vermietete Geschäft in einem Einkaufszentrum liegt und nicht nur der Mieter, sondern auch der Vermieter erwartet, die notwendige geschäftsbelebende Funktion des Einkaufszentrums werde verwirklicht werden können (BGH aaO NJW 1981, 2406; OLG Koblenz NJW-RR 1989, 400, 401; OLG Düsseldorf BB 1991, 159, 160; OLG München ZMR 1996, 256,
257; teilweise anderer Ansicht für ein projektiertes Einkaufszentrum: OLG Celle NJW 1978, 2510, 2511; allgemein zur Risikoverteilung: BGH Urteil vom 20. Mai 1970 - VIII ZR 197/68 = WM 1970, 907, 908 f.). Wie auch in anderen Geschäftslagen fällt es in den Verantwortungsbereich des Mieters, als Unternehmer die Erfolgsaussichten eines Geschäftes in der gewählten Lage abzuschätzen. Das umfaßt bei einem erst geplanten Einkaufszentrum neben der Chance, in einem später florierenden Zentrum erhöhte Gewinne zu erzielen, auch das Risiko eines Scheiterns des Gesamtobjekts mit entsprechenden negativen Folgen für das gemietete Einzelgeschäft (vgl. BGH aaO NJW 1981, 2406). Allein der Umstand, daß auch der Vermieter von einem wirtschaftlichen Erfolg des Projekts ausgeht, verlagert das Verwendungs- und Gewinnerzielungsrisiko für das einzelne gemietete Geschäft in dem Einkaufszentrum nicht von dem Mieter auf den Vermieter. cc) Die Parteien können allerdings die Risikoverteilung vertraglich ändern und vereinbaren, daß der Vermieter das Geschäftsrisiko des Mieters - ganz oder zum Teil - übernimmt. Ob das der Fall ist, ist durch Auslegung der getroffenen Vertragsvereinbarungen zu ermitteln. Das Berufungsgericht hat, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, eine Auslegung des Mietvertrages vom 28. Juni 1994 unter diesem Gesichtspunkt nicht vorgenommen. Da weitere Feststellungen insoweit jedoch nicht zu erwarten sind, kann der erkennende Senat den Vertrag selbst auslegen (vgl. BGH Urteil vom 12. Dezember 1997 - V ZR 250/96 = NJW 1998, 1219 m.w.N.). Hierbei ergibt sich, daß der Vertragsinhalt nicht die Annahme rechtfertigt, die Parteien hätten eine Verlagerung des unternehmerischen Geschäftsrisikos von dem Mieter auf den Vermieter vereinbart. Dafür reicht es nicht aus, daß der Mieter in einem projektierten Einkaufszentrum einzelne zusätzliche Vertrags-
pflichten "im Gesamtinteresse" aller Mieter des Zentrums übernommen hat (insoweit teilweise anderer Ansicht OLG Koblenz aaO S. 401). Der Vertrag muß vielmehr konkrete Anhaltspunkte für eine Risikoübernahme durch den Vermieter enthalten. Dabei kann es sich um Vereinbarungen handeln, die den Mieter in seinen unternehmerischen Entscheidungen über das übliche Maß hinaus einschränken, sein Geschäft nach dem äußeren Erscheinungsbild zu einem eingefügten Teil einer Anlage werden lassen (vgl. dazu Sonnenschein EWiR 1987, 1174, Anmerkung zu LG Duisburg 12 O 197/96 oder etwa dem Vermieter das Risiko einer Betriebsunterbrechung auch dann auferlegen, wenn nicht das vermietete Geschäft, sondern nur ein anderer Teil der Anlage dem Publikumsverkehr nicht mehr zugänglich ist (OLG Koblenz aaO S. 402). Solche Vereinbarungen sind dem hier streitigen Vertrag nicht zu entnehmen. Die in den einzelnen Vertragsvorschriften enthaltenen, für Einkaufszentren nicht ungewöhnlichen Regelungen - wie etwa: Beschränkung des Sortiments, Betriebspflicht während der gesetzlichen Ladenöffnungszeiten, Pflichtmitgliedschaft in der Werbegemeinschaft, Verpflichtung zur Zahlung von Nebenkosten für die Gesamtanlage und zur Mitteilung der Umsätze - führen allein nicht zu einer Verlagerung des unternehmerischen Risikos auf den Vermieter. Die Festlegung des Mietzweckes, hier zum Betrieb eines Geschäftes für Wäsche und Dessous (§ 1 Nr. 4), ist in einem Mietvertrag über Gewerberäume üblich. Soweit nach § 2 Nr. 1 des Vertrages jede Ä nderung des Betriebszwecks und die Übernahme branchenfremder Artikel der Zustimmung des Vermieters bedürfen und die Gestaltung des Sortiments und des Geschäftsbetriebes so erfolgen muß, daß keine Überschneidung mit dem Sortiment eines anderen Geschäfts besteht (§ 2 Nr. 3), handelt es sich zwar um einen Eingriff in die unternehmerische Freiheit des Mieters; dieser korrespondiert jedoch mit dem festgelegten Vertragszweck und schützt umgekehrt auch den Mieter vor der Konkurrenz durch andere Ge-
schäfte in dem Einkaufszentrum. Hingegen betrifft die Pflicht, die Ladenöffnungszeiten "maximal auszuschöpfen" und für Beleuchtung zu sorgen (§ 2 Nr. 2), in erster Linie das Gesamtinteresse. Ä hnliches gilt für die Nebenkosten, die für die Gesamtanlage zu zahlen sind, insbesondere die Kosten des Hauspersonals und zwar auch insoweit, als von diesem Leistungen für Instandhaltung und Hausverwaltung erbracht werden (§ 7 Nr. 1 Buchst. l), sowie - neben anderem - die Kosten für den Betrieb und die Wartung der Klimaanlage, für die Pflege der Außenanlagen, für die Instandhaltung und Instandsetzung der Gemeinschaftseinrichtungen und -flächen, die Kosten des Center-Managements und die der zur kaufmännischen und technischen Betreuung des Objekts durch vom Vermieter eingesetzten Verwalter (§ 7). Derartige Kosten, die ein Mieter eines Geschäfts in Einzellage nicht zu zahlen hat, hat der Mieter des C. - C. z u dem Zweck übernommen, auf diese Weise für den erhofften wirtschaftlichen Erfolg seines Geschäfts von der Gesamtattraktivität des Einkaufszentrums zu profitieren. Damit läßt sich keine Verlagerung des einzelnen Unternehmerrisikos auf den Vermieter begründen. Ebenso wie ein Unternehmer in einer Einzelgeschäftslage möglicherweise, ohne dazu verpflichtet zu sein, in Außenanlagen in der Umgebung seines Geschäfts investiert, um die Lage attraktiver zu gestalten, steigert ein Mieter in einem Einkaufszentrum seine Umsatzchancen, indem er sich an den Kosten der Gesamtgestaltung des Zentrums beteiligt. Der Mieter erwirbt damit einen (durchsetzbaren) Anspruch gegen den Vermieter auf Verwendung der gezahlten Nebenkosten für die vorgesehene Gestaltung des Umfeldes innerhalb und außerhalb des Einkaufszentrums. Auf die Risikoverteilung für den Fall, daß das Zentrum vom Publikum dennoch nicht angenommen wird und die Kunden ausbleiben, hat dies jedoch keinen Einfluß.
Entscheidend ist insoweit vielmehr, ob der Vermieter durch die Begründung eines Gesamtkonzeptes, in das die einzelnen Mieter finanziell und mit Betriebspflichten vertraglich eingebunden werden, eine Gesamtverkaufsstrategie entwickelt, mit welcher er über die übliche Verwaltung und Koordinierung eines Einkaufszentrums hinaus ein eigenes unternehmerisches Risiko für alle Einzelgeschäfte übernimmt. Das kann äußerlich etwa durch einheitliche Gestaltung der Geschäfte und unternehmerisch durch ein Gesamtmanagement der Anlage geschehen. Hierfür bieten sich jedoch im vorliegenden Fall nach dem Inhalt des Mietvertrages vom 28. Juni 1994 keine hinreichenden Anhaltspunkte. Die Regelung des § 10 des Vertrages über das Center-Management und die Werbegemeinschaft rechtfertigt nicht die Annahme eines "Gesamtmanagements" mit Risikoübernahme durch die Klägerin in dem vorbeschriebenen Sinn. Zwar ist der Klägerin nach § 10 die "Organisation eines objektbezogenen Center-Managements" als Vermieteraufgabe zugewiesen. Insoweit sollte jedoch ersichtlich die - in erster Linie verwaltungstechnische - Organisation angesprochen sein und nicht zugleich die umfassende unternehmerische Verantwortung für die Vermarktungsstrategie übernommen werden, zumal die Werbung durch eine Werbegemeinschaft gestaltet werden sollte, deren Mitglieder alle Mieter sein sollten. Insoweit ist nach § 10 des Vertrages allenfalls die Aufgabe einer Koordinierung zwischen den einzelnen Mietern im Bereich der Werbung auf die Klägerin übertragen worden. Die in § 10 Abs. 5 des Vertrages geregelte Verpflichtung des Mieters, auf Anforderung des Vermieters Auskunft über seine Umsätze in den Mieträumen zu geben, begründet schließlich ebenfalls keine Verlagerung des Geschäftsrisikos auf den Vermieter. Dabei kann offen bleiben, ob bei regelmäßiger, beispielsweise vierteljährlicher Mitteilungspflicht im Zusammenhang mit anderen Umständen etwas anderes gelten könnte. Hier handelt es sich jedenfalls nicht um eine regelmäßige Verpflichtung
des Mieters, sondern nur um die dem Vermieter eingeräumte Möglichkeit, sich im Einzelfall einen Überblick über die Geschäftssituation zu verschaffen. Daraus kann nicht auf eine Verlagerung des Unternehmerrisikos auf den Vermieter geschlossen werden. Die in dem Mietvertrag getroffenen Vereinbarungen halten sich nach alledem sowohl einzeln betrachtet als auch bei einer Gesamtwürdigung insgesamt in dem üblichen Rahmen einer Regelung über die allgemeinen organisatorischen Grundlagen für ein Einkaufszentrum. Eine Verlagerung des typischerweise dem gewerblichen Mieter obliegenden Unternehmerrisikos auf den Vermieter ist ihnen nicht zu entnehmen. dd) Das unternehmerische Risiko kann im Einzelfall auch im Wege einer Garantiezusage bzw. Garantieerklärung - etwa auch für die Sicherstellung der dauerhaften oder jedenfalls langfristigen Vollvermietung (Vollbelegung) eines Einkaufszentrums - von dem Vermieter übernommen werden (vgl. allgemein BGB-RGRK/Ballhaus 12. Aufl. § 306 Rdn. 4) mit der Folge, daß bei Nichteintritt des garantierten Erfolges die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage eingreifen können. Dafür, daß die Klägerin - durch ihre Mitarbeiter - eine derartige Garantieerklärung abgegeben hätte, bestehen allerdings im vorliegenden Fall nach dem Vortrag des Beklagten keine Anhaltspunkte. 4. a) Nachdem hiernach der Anwendungsbereich der mietrechtlichen Gewährleistungsvorschriften nicht betroffen ist und auch die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage aus Rechtsgründen nicht zum Zuge kommen, kann dem Beklagten unter Umständen ein Anspruch wegen Verschuldens der Klägerin beim Vertragsschluß zustehen, der Grund für eine fristlose Kündigung - unter Heranziehung des § 554 a BGB - sein kann (vgl. Senatsurteil vom 16. April 1997 - XII ZR 103/95 = NJW E Mietrecht 1997, 150;
Reinstorf in Bub/ Treier aaO II Rdn. 205; BGHZ 111, 75, 82 m.w.N.). Der Anspruch wäre nicht durch die Sonderregelungen der §§ 537 ff. BGB ausgeschlossen, da diese, wie dargelegt, hier nicht eingreifen (vgl. Senatsurteil vom 18. Juni 1997 - XII ZR 192/95 - NJW 1997, 2813; BGH Urteil vom 28. November 1979 - VIII ZR 302/78 = NJW 1980, 777, 779 f.; Emmerich/Sonnenschein, Miete, 7. Aufl. vor §§ 535, 536 BGB Rdn. 63). Der Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluß setzt voraus, daß die Klägerin dem Beklagten (entweder vorsätzlich falsche Angaben über die Mietsache gemacht oder) unter Verletzung einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht schuldhaft unzutreffende Informationen in Bezug auf das Mietobjekt erteilt hat, die keine zusicherungsfähigen Eigenschaften im Sinne von § 537 Abs. 2 BGB betreffen. Dem Vermieter obliegt grundsätzlich eine Aufklärungspflicht gegenüber dem Mieter hinsichtlich derjenigen Umstände und Rechtsverhältnisse mit Bezug auf die Mietsache, die - für den Vermieter erkennbar - von besonderer Bedeutung für den Entschluß des Mieters zur Eingehung des Vertrages sind (vgl. Emmerich/Sonnenschein aaO vor §§ 535, 536 Rdn. 63; BGB-RGRK/Gelhaar 12. Aufl. vor § 535 Rdn. 127; Staudinger/ Emmerich aaO Vorbemerkung zu §§ 535, 536 Rdn. 172). Der Umfang der Aufklärungspflicht richtet sich nicht zuletzt nach der Person des Mieters, insbesondere nach dessen für den Vermieter erkennbarer Geschäftserfahrenheit oder Unerfahrenheit.
b) Das Berufungsgericht hat hierzu, von seinem Standpunkt aus konsequent , keine Feststellungen getroffen. Diese sind indessen für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich. So bedarf es tatrichterlicher Prüfung und Feststellung, ob und gegebenenfalls in welcher Weise die Mitarbeiter der Klägerin - über die allgemeine Anpreisung der erwarteten Attraktivität des C. - -C. , auch in dem Standortprospekt, hinaus - dem Beklagten kon-
krete Angaben über bestimmte tatsächliche Umstände, insbesondere etwa die angeblich bereits erfolgte "Vollvermietung" des Einkaufszentrums, gemacht und hierdurch, für sie erkennbar, seinen Entschluß zur Eingehung des Mietvertrages maßgeblich beeinflußt haben. Nur allgemeine, eher unverbindliche Angaben, wie sie das Berufungsgericht im Rahmen seiner Prüfung zu § 537 BGB bisher festgestellt hat, reichen hierfür allerdings nicht aus. Darüber hinaus muß ein etwaiges der Klägerin zuzurechnendes Verschulden ihrer Mitarbeiter tatrichterlich festgestellt werden. Zu diesem Zweck ist die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Blumenröhr Krohn Gerber Sprick Weber-Monecke

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 125/18 Verkündet am:
23. Oktober 2019
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
BGB §§ 307 Abs. 1 Bb, 543 Abs. 1, 549 Abs. 1, 578 Abs. 2

a) Ein Mietvertrag, den eine Gemeinde abgeschlossen hat, um in dem Mietobjekt
ihr zugewiesene Flüchtlinge unterbringen zu können, ist unbeschadet
seiner Bezeichnung kein Wohnraummietvertrag iSv § 549 Abs. 1 BGB
(Fortführung von BGHZ 94, 11 = NJW 1985, 1772).

b) Eine in diesem Vertrag enthaltene formularmäßige Klausel, mit der für beide
Mietvertragsparteien das Recht zur ordentlichen Kündigung für die Dauer
von 60 Monaten ausgeschlossen wird, ist nicht wegen unangemessener
Benachteiligung des Mieters unwirksam.
BGH, Urteil vom 23. Oktober 2019 - XII ZR 125/18 - LG Saarbrücken
AG St. Wendel
ECLI:DE:BGH:2019:231019UXIIZR125.18.0

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 23. Oktober 2019 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richter Prof. Dr. Klinkhammer, Dr. Günter und Dr. Botur und die Richterin Dr. Krüger
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Saarbrücken vom 19. Oktober 2018 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Kläger verlangen von der beklagten Stadt Zahlung rückständiger Miete für die Monate Mai bis Dezember 2017 in Höhe von insgesamt 21.160 € nebst Zinsen.
2
Die Beklagte mietete von den Klägern mit einem als "Mietvertrag über Wohnräume" überschriebenen Formularvertrag vom 26. Januar 2016 ein Wohnhaus, in dem die Beklagte beabsichtigte, bis zu 14 Personen unterzubringen , die ihr als Flüchtlinge zugewiesen werden. Die monatliche Miete betrug insgesamt 2.645 €. § 4 des Mietvertrags enthält folgende Regelung: "Abweichend von § 3 wird das Recht beider Mietvertragsparteien zur ordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses für die Dauer von 60 Monaten ab Abschluss des Vertrages ausgeschlossen. Der darin liegende Kündigungsverzicht kann höchstens für die Dauer von 47 Monaten seit Abschluss des Vertrages und mit der Mög- lichkeit zum Ablauf dieses Zeitraums vereinbart werden. Das Recht der Parteien zur außerordentlichen Kündigung bleibt davon unberührt. Für die Fristen der ordentlichen Kündigung nach Wegfall des Kündigungsausschlusses gelten die gesetzlichen Regelungen."
3
Die in der Klausel genannte Zahl "60" wurde an der in dem Vertragsformular vorgegebenen Stelle handschriftlich eingefügt. Neben der Klausel befindet sich ein mit einem Sternchen gekennzeichneter Hinweis, der am Ende der Klausel mit der Formulierung "Sonderprogramm Flüchtlingswohnraum" erläutert wird.
4
Aufgrund des Rückgangs der Flüchtlingszahlen im Jahr 2016 fand eine Belegung des Hauses zu keiner Zeit statt. Mit Schreiben vom 17. Januar 2017 kündigte die Beklagte das Mietverhältnis zum 30. April 2017 und vertrat dabei die Auffassung, die Sondervereinbarung über die Kündigungszeit von 60 Monaten sei entfallen, weil ihr seit Anfang 2016 keine Flüchtlinge mehr zugewiesen worden seien. Mit Schreiben vom 12. Juli 2017 forderte die Beklagte die Kläger zudem auf, einer Mietanpassung auf 5 €/qm zuzustimmen, weil die vereinbarte Kaltmiete von 10,62 €/qm die ortsübliche Miete um 112 % übersteige. Mit Schreiben vom 25. August 2017 kündigte die Beklagte das Mietverhältnis hilfsweise fristlos mit der Begründung, sie sei zur Kündigung berechtigt, weil die Kläger die Zustimmung zu einer Mietanpassung verweigert hätten.
5
Das Amtsgericht hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat auf die Berufung der Kläger das amtsgerichtliche Urteil abgeändert und die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Hiergegen richtet sich die vom Landgericht zugelassene Revision der Beklagten.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

7
Das Landgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
8
Dem Kläger stehe gemäß § 535 Abs. 2 BGB ein vertraglicher Anspruch auf Zahlung der vereinbarten Miete für die Monate von Mai bis Dezember 2017 in Höhe von 21.160 € zu. Das Mietverhältnis sei nicht durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 17. Januar 2017 mit der Frist des § 573 c Abs. 1 BGB zum 30. April 2017 beendet worden, weil die Parteien dieses Recht in § 4 des Mietvertrags wirksam für die Dauer von 60 Monaten ausgeschlossen hätten. Der grundsätzlich zulässige Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts des Mieters unterliege im Wohnraummietrecht dann durchgreifenden Bedenken , wenn die Dauer des Kündigungsausschlusses vier Jahre übersteige. Im vorliegenden Fall halte der Kündigungsausschluss den AGB-rechtlichen Vorgaben schon deshalb stand, weil der Mietvertrag nicht als Wohnraummietvertrag iSv § 549 BGB, sondern als allgemeines Mietverhältnis nach § 535 zu qualifizieren sei. Zwar streite der Wortlaut der mit "Mietvertrag über Wohnräume" überschriebenen Urkunde und die darin enthaltenen inhaltlichen Regelungen dafür, dass die Parteien das Mietverhältnis den Vorschriften der Wohnraummiete unterstellen wollten. Allerdings stünde der mit der Vertragsgestaltung ersichtlich verfolgte Zweck der Annahme eines Wohnraummietverhältnisses entgegen. Denn die Beklagte habe die Räume nicht selbst nutzen, sondern bestimmungsgemäß dritte Personen darin unterbringen wollen.
9
Der Kündigungsausschluss sei gemäß § 305 b BGB im Wege einer Individualabrede vereinbart worden, weshalb die Klausel keiner AGB-rechtlichen Kontrolle unterliege. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei der Inhalt des vereinbarten Kündigungsausschlusses von den Parteien ernstlich zur Diskussion gestellt worden und die handschriftlichen Ergänzungen gäben das Ergebnis der kontroversen Verhandlungen über die Laufzeit des Vertrags wieder. Schließlich stünde der Kündigungsausschluss auch nicht unter der Bedingung, dass das "Sonderprogramm Flüchtlingswohnraum" in Anspruch genommen werde.
10
Die Kündigung der Beklagten könne auch nicht als außerordentlich befristete Kündigung aufrechterhalten werden, weil ein wichtiger Grund, der die Beklagte zur außerordentlichen Kündigung berechtigt habe, nicht vorliege. Eine Kündigung wegen schwerwiegender Veränderungen der bei Vertragsschluss vorhandenen Erwartungen komme nicht in Betracht, wenn die Störung des Verwendungszwecks nach dem Inhalt der Vereinbarung in die Risikosphäre einer der Parteien fallen solle. Grundsätzlich trage der Mieter das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache, selbst wenn der Vermieter die speziellen Vermietungsziele und Verwendungszwecke des Mieters kenne. Deshalb falle der Rückgang der Flüchtlingszahlen in die Risikosphäre der Beklagten. Denn er betreffe das Risiko der Beklagten, die von ihr angemieteten Räume in der bei Vertragsschluss vorausgesetzten Weise verwenden zu können.
11
Eine für die Beklagte günstigere Beurteilung der Rechtslage sei auch dann nicht geboten, wenn beide Parteien bei Abschluss des Vertrags die gemeinsame Vorstellung gehabt hätten, dass der Anfang 2016 noch starke Zustrom an Flüchtlingen sich über die gesamte Laufzeit des Vertrags nicht abschwächen würde. Ein solcher gemeinsamer Irrtum über die für den Vertragsschluss wesentlichen Umstände ermögliche die Kündigung des Mietverhältnisses nach den Grundsätzen zur Störung der Geschäftsgrundlage nur dann, wenn der Irrtum keinen Umstand betreffe, der in die Risikosphäre des Kündi- genden falle. Im vorliegenden Fall habe jedoch die Beklagte das Risiko der nicht ausreichenden Belegung der Wohnung zu tragen. Zudem stehe in tatsächlicher Hinsicht auch nicht fest, dass die Erwartungen der Beklagten eines fortdauernd ungebremsten Zustroms von Flüchtlingen auch von den Klägern geteilt worden sei.
12
Die Kündigung der Beklagten vom 25. August 2017 führe ebenfalls nicht zur Beendigung des Mietverhältnisses, da insoweit ein Kündigungsgrund nicht ersichtlich sei. Soweit die Beklagte meine, sie sei zur Kündigung berechtigt gewesen , weil die Kläger die Zustimmung zu einer Mietermäßigung nicht erteilt hätten, rechtfertige dies eine Kündigung des Mietverhältnisses nicht. Die Vereinbarung einer gegen § 5 WiStrG, § 291 StGB verstoßenden Mietpreisabrede begründe kein Sonderkündigungsrecht, sondern habe die Teilnichtigkeit der Preisabrede zufolge, die sich auf das ortsübliche Mietpreisniveau ermäßige, ohne dass es hierzu einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung bedürfe. Deshalb besitze die Beklagte kein schutzwürdiges Interesse an einer Zustimmung zur Anpassung der Miete. Folglich könne auch die Verweigerung der Zustimmung kein schutzwürdiges Interesse der Mieter tangieren, weshalb ein anerkennenswertes Interesse der Beklagten an einer Kündigung des Mietvertrags nicht ersichtlich sei. Zudem habe die Beklagte nicht dargelegt, dass die Mietpreisvereinbarung die Grenze des § 5 WiStrG, § 291 StGB übersteige. Sei eine das ortsübliche Niveau übersteigende Miete unter weiteren Voraussetzungen sittenwidrig iSv § 138 BGB, habe dies die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts zur Rechtsfolge. Für eine Zustimmung zur Mietanpassung sei demnach auch im Falle einer sittenwidrigen Überhöhung der Miete kein Raum. Zudem habe die Beklagte die tatsächlichen Voraussetzungen einer sittenwidrigen Überhöhung der Miete ebenfalls nicht dargelegt.

II.

13
Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass das streitgegenständliche Mietverhältnis weder durch die Kündigung der Beklagten vom 17. Januar 2017 noch durch deren Kündigung vom 25. August 2017 beendet wurde und daher den Klägern gemäß § 535 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Mietzahlung in der geltend gemachten Höhe zusteht.
14
1. Soweit die Revision in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erstmals vorgetragen hat, der Mietvertrag sei unwirksam, weil der vom Bürgermeister der Beklagten unterzeichneten Vertragsurkunde das nach § 62 Abs. 1 KSVG erforderliche Dienstsiegel nicht beigefügt worden sei, kann sie damit nicht durchdringen.
15
Zum einen ist bereits zweifelhaft, ob das Fehlen des Dienstsiegels im Ergebnis zur Unwirksamkeit des abgeschlossenen Mietvertrags führen würde (vgl. OLG Saarbrücken NJW-RR 2011, 1455 f.). Zum anderen handelt es sich hierbei jedenfalls um neuen Sachvortrag, der vom Senat nicht berücksichtigt werden kann (§ 559 ZPO).
16
2. Entgegen der Auffassung der Revision ist der von den Mietvertragsparteien in § 4 des Mietvertrags vereinbarte Kündigungsausschluss wirksam. Dabei kann dahinstehen, ob diese Regelung zwischen den Vertragsparteien iSv § 305 b BGB ausgehandelt worden ist oder ob es sich um eine formularmäßige Vertragsklausel handelt, die der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB unterliegt.
17
a) Nimmt man mit dem Berufungsgericht an, dass der in § 4 des Mietvertrags geregelte Kündigungsausschluss zwischen den Mietvertragsparteien individualvertraglich vereinbart wurde, steht die Wirksamkeit dieser Klausel außer Frage. Der Bundesgerichtshof hat bereits mehrfach entschieden, dass selbst bei einem Wohnraummietverhältnis die Vertragsparteien die ordentliche Kündigung im Wege der Individualvereinbarung für sehr lange Zeit (vgl. BGH Urteile vom 22. Dezember 2003 - VIII ZR 81/03 - NJW 2004, 1448 f. für einen 5jährigen Kündigungsausschluss; vom 13. Oktober 2010 - VIII ZR 98/10 - NJW 2011, 59 Rn. 25 für einen 10-jährigen Kündigungsausschluss und vom 10. Juli 2013 - VIII ZR 388/12 - NJW 2013, 2820 Rn. 15 ff. für einen bis zu 13-jährigen Kündigungsausschluss) oder in den Grenzen des § 138 BGB sogar dauerhaft ausschließen können (vgl. BGH Beschluss vom 8. Mai 2018 - VIII ZR 200/17NJW -RR 2018, 843 Rn. 16 und Urteil vom 10. Juli 2013 - VIII ZR 388/12 - NJW 2013, 2820 Rn. 17).
18
b) Der vereinbarte Kündigungsausschluss ist aber auch dann wirksam, wenn man mit der Revision davon ausgeht, dass es sich bei § 4 des Mietvertrags um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt, weil die Klausel der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB standhält.
19
aa) Zwar hat der Bundesgerichtshof bereits mehrfach entschieden, dass ein formularvertraglich vereinbarter Kündigungsausschluss, der die Dauer von vier Jahren übersteigt, den Mieter entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt und daher gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam ist (vgl. BGH Urteile vom 7. Oktober 2015 - VIII ZR 247/14 - NJW 2015, 3780 Rn. 19; vom 2. März 2011 - VIII ZR 163/10 - ZMR 2012, 182 Rn. 10 f. und vom 8. Dezember 2010 - VIII ZR 86/10 - NJW 2011, 597 Rn. 2, 15). Diese Entscheidungen bezogen sich jedoch auf den Bereich der Wohnungsmiete. Ihnen liegt zum einen die Erwägung zugrunde, dass das Mobilitätserfordernis des Mieters in der heutigen Zeit der Zulässigkeit einer längerfristigen Bindung an ein Mietverhältnis entgegensteht (vgl. BGH Urteil vom 6. April 2005 - VIII ZR 27/04 - NJW 2004, 1574, 1575 f.). Zum anderen sieht das Gesetz für die Ver- einbarung einer Staffelmiete in einem Wohnraummietverhältnis in § 557 a Abs. 3 BGB die Möglichkeit vor, dass das Kündigungsrecht des Mieters für die Dauer von höchstens vier Jahren ausgeschlossen werden kann. Dieser Vorschrift kann die gesetzliche Wertung entnommen werden, dass die Bindung eines Mieters an einen Mietvertrag, der die Dauer von vier Jahren - gerechnet vom Zeitpunkt des Vertragsschlusses bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Mieter den Vertrag erstmals beenden kann - nicht überschreitet, diesen nicht iSv § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unangemessen benachteiligt (vgl. BGH Urteil vom 8. Dezember 2010 - VIII ZR 86/10 - NJW 2011, 597 Rn. 15 mwN).
20
bb) Diese Rechtsprechung lässt sich jedoch auf den vorliegenden Fall nicht übertragen, weil die genannten Erwägungen nur für Wohnraummietverhältnisse tragen und ein solches hier nicht vorliegt. Das Berufungsgericht geht insoweit zu Recht davon aus, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Mietverhältnis nicht um ein Wohnraummietverhältnis iSv § 549 Abs. 1 BGB, sondern um ein allgemeines Mietverhältnis gemäß § 535 BGB handelt. Auch die Revision verschließt sich dieser Auffassung nicht.
21
(1) Das hier zur Beurteilung stehende Vertragsformular ist zwar als "Mietvertrag über Wohnräume" überschrieben und verschiedene Bestimmungen des Mietvertrags legen nahe, dass die Parteien das Mietverhältnis den Regelungen über die Wohnraummiete unterstellen wollten. Bei der Entscheidung der Frage, ob ein Mietverhältnis über Wohnraum vorliegt, ist jedoch auf den Zweck abzustellen, den der Mieter mit der Anmietung des Mietobjekts vertragsgemäß verfolgt (vgl. BGHZ 202, 39 = NJW 2014, 2864 Rn. 21 und BGHZ 94, 11 = NJW 1985, 1772). Wohnraummiete liegt vor, wenn die Räume dem Mieter vertragsgemäß zur Befriedigung seiner eigenen Wohnbedürfnisse und/oder der Wohnbedürfnisse seiner Familie dienen sollen (Schmidt-Futterer/Blank Mietrecht 14. Aufl. vor § 535 Rn. 94). Erfolgt die Vermietung zu Zwecken, die keinen unmittelbaren Wohnraumcharakter haben, ist hingegen allgemeines Mietrecht maßgebend (vgl. BGHZ 202, 39 = NJW 2014, 2864 Rn. 28). Auf dieser rechtlichen Grundlage hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden, dass ein im Rahmen eines sog. Werkförderungsvertrags geschlossener Mietvertrag zwischen dem Darlehensgeber und dem Bauherrn über von diesem zu errichtende Wohnungen, die bestimmungsgemäß an die Bediensteten des Darlehensgebers untervermietet werden sollen, nicht als Mietvertrag über Wohnraum eingeordnet werden kann, weil der vertragsgemäße Gebrauch durch den Mieter für die Vertragsteile gerade nicht im Wohnen, sondern im Weitervermieten lag (BGH Urteil vom 11. Februar 1981 - VIII ZR 323/79 - NJW 1981, 1377 f.). Ebenso hat der Bundesgerichtshof einen Mietvertrag, den die Bundesrepublik Deutschland mit dem Vermieter von Wohnungseigentum abgeschlossen hatte, um der ihr nach dem Nato-Truppenstatut und dem Zusatzabkommen zum Nato-Truppenstatut obliegenden Verpflichtung zur Deckung des Wohnraumbedarfs der US-Streitkräfte nachzukommen, nicht als Wohnraummietvertrag angesehen (BGHZ 94, 11 = NJW 1985, 1772 f.).
22
(2) Auf dieser rechtlichen Grundlage ist die Annahme des Berufungsgerichts , bei dem streitgegenständlichen Mietverhältnis handele es sich nicht um ein Wohnraummietverhältnis, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
23
Die Beklagte hat die Immobilie angemietet, um dort den Wohnbedarf der ihr zugewiesenen Flüchtlinge decken zu können. Der Zweck der Anmietung war deshalb nicht darauf gerichtet, selbst die Räume zu Wohnzwecken zu nutzen, zumal eine juristische Person keinen eigenen Wohnbedarf haben kann (Schmidt-Futterer/Blank Mietrecht 14. Aufl. vor § 535 Rn. 94). Der vertragsgemäße Gebrauch der Beklagten bezog sich vielmehr darauf, die angemieteten Räumlichkeiten zugewiesenen Flüchtlingen zu Wohnzwecken überlassen zu dürfen.
24
Zudem ist im vorliegenden Fall die Annahme eines Wohnraummietverhältnisses auch nicht im Hinblick auf die Anwendbarkeit der für den Wohnraummieter geltenden Schutzvorschriften geboten. Dies zeigen die Regelungen in §§ 549 Abs. 2 Nr. 3, 578 Abs. 3 BGB. Mietet eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder ein anerkannter privater Träger der Wohlfahrtspflege als Hauptmieter Wohnraum an, um ihn Personen mit dringendem Wohnungsbedarf als Untermieter zu überlassen, sind nach § 549 Abs. 2 Nr. 3 BGB im Verhältnis Hauptmieter zu Untermieter wesentliche Mieterschutzbestimmungen nur dann nicht anwendbar, wenn der Untermieter bei Vertragsschluss auf die Zweckbestimmung des Wohnraums und die Ausnahme von den genannten Vorschriften hingewiesen wurde. Nach der für Mietverträge, die nach dem 31. Dezember 2018 abgeschlossen wurden, geltenden Vorschrift des § 578 Abs. 3 BGB (vgl. Schmidt-Futterer/Blank Mietrecht § 549 BGB Rn. 16; vgl. auch Art. 1 Nr. 7 MietAnpG und Art. 229 § 49 Abs. 3 EGBGB), sind auf Verträge über die Anmietung von Räumen durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder einen anerkannten privaten Träger der Wohlfahrtspflege, die geschlossen werden , um die Räume Personen mit dringendem Wohnungsbedarf zum Wohnen zu überlassen, die in der Norm aufgezählten Mieterschutzbestimmungen anwendbar. Beiden Bestimmungen ist der Grundsatz zu entnehmen, dass Mietverhältnisse über Wohnraum, der von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem Träger der Wohlfahrtspflege angemietet wurde, um ihn Personen mit dringendem Wohnbedarf zu überlassen, im Verhältnis zwischen Vermieter und Hauptmieter nicht als Wohnraummietverhältnisse anzusehen sind (Schmidt-Futterer/Blank Mietrecht 14. Aufl. § 549 BGB Rn. 25 und § 578 BGB Rn. 20 f.). Denn wäre bereits der Hauptmietvertrag als Wohnraummietverhältnis iSv § 549 Abs. 1 BGB zu qualifizieren, kämen die in den beiden Normen aufgeführten Mieterschutzvorschriften unmittelbar zur Anwendung und bedürfte es der Regelungen in §§ 549 Abs. 2 Nr. 3, 578 Abs. 3 BGB nicht.
25
(3) Liegt demnach kein Wohnraummietverhältnis vor, wird die Beklagte durch den in § 4 des Mietvertrags vereinbarten Kündigungsausschluss auf die Dauer von 60 Monaten auch nicht unangemessen benachteiligt iSv § 307 Abs. 1 BGB. Die Höchstgrenze von vier Jahren für die Befristung eines Mietverhältnisses bei Vereinbarung einer Staffelmiete gemäß § 557 a Abs. 3 BGB, an der sich die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei der AGBrechtlichen Inhaltskontrolle einer Kündigungsverzichtsklausel orientiert, gilt ausschließlich für Wohnraummietverhältnisse, soweit die Anwendung dieser Vorschrift für bestimmten Wohnraum nicht ausdrücklich gemäß § 549 Abs. 2 und 3 BGB ausgeschlossen ist (Schmidt-Futterer/Börstinghaus Mietrecht 14. Aufl. § 557 a BGB Rn. 7). Bei Formularverträgen über allgemeine Mietverhältnisse hat der Bundesgerichtshof hingegen eine mehrjährige Bindung für sich genommen nicht als unangemessene Benachteiligung des anderen Teils gewertet. Mietverträge sind als typische Dauerschuldverhältnisse regelmäßig auf eine längere Laufzeit angelegt; gesetzliche Bestimmungen, welche die Länge der Vertragsdauer beschränken, gibt es dabei nicht (vgl. Senatsurteil vom 19. Dezember 2007 - XII ZR 61/05 - NJW-RR 2008, 818, 819). Aus der Regelung in § 544 BGB kann vielmehr geschlossen werden, dass außerhalb von Wohnraummietverhältnissen für Mietverträge auch Laufzeiten von über 30 Jahren vereinbart werden können. Anders als beim Mieter von Wohnraum besteht bei der Beklagten auch kein Mobilitätsinteresse, das eine Beschränkung der Dauer des Kündigungsausschlusses auf vier Jahre rechtfertigen könnte. Die Beklagte als Träger der öffentlichen Verwaltung konnte vielmehr im Rahmen der Planung der ihr obliegenden Aufgabe, die ihr zugewiesenen Flüchtlinge mit Wohnraum zu versorgen , bereits bei Vertragsabschluss entscheiden, für welche Dauer sie die Anmietung der Räume vornehmen will. Deshalb wird die Beklagte jedenfalls durch eine Bindung an den Mietvertrag für die Dauer von 60 Monaten nicht unangemessen benachteiligt iSv § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.
26
cc) Sollte es sich bei § 4 des Mietvertrags um eine formularmäßige Vereinbarung handeln, wäre sie entgegen der Auffassung der Revision auch nicht wegen eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam.
27
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam , wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB). Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Verwender allgemeiner Geschäftsbedingungen sind daher nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, Rechte und Pflichten ihrer Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Die Beschreibung muss für den anderen Vertragsteil nachprüfbar und darf nicht irreführend sein. Abzustellen ist auf die Erkenntnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners. Dabei dürfen allerdings die Anforderungen an den Verwender nicht überspannt werden (Senatsurteil vom 9. Mai 2012 - XII ZR 79/10 - NJW 2012, 2187 Rn. 20 mwN). Etwaige Missverständnisse muss der Verwender sich in dieser Hinsicht aber nur dann zurechnen lassen, wenn er die Gefahr von Fehlvorstellungen bei seinen Kunden durch eine unklare oder mehrdeutige Klauselformulierung oder -gestaltung selbst hervorgerufen oder verstärkt hat (BGH Urteil vom 25. November 2015 - VIII ZR 360/14 - NJW 2016, 936 Rn. 17).
28
(2) Auf dieser rechtlichen Grundlage genügt § 4 des Mietvertrags den Anforderungen an das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Denn in § 4 Satz 1 des Mietvertrags wird klar und unmissverständlich das Recht beider Mietvertragsparteien zur ordentlichen Kündigung für die Dauer von 60 Monaten ausgeschlossen. Daran ändert auch die in § 4 Satz 2 des Mietvertrags enthaltene Formulierung nichts, wonach "der darin liegende Kündigungsverzicht […] höchstens für die Dauer von 47 Monaten seit Abschluss des Vertrages und mit der Möglichkeit zum Ablauf dieses Zeitraums vereinbart werden" kann. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen und von der Revision nicht beanstandeten Feststellungen der Instanzgerichte sollte mit dieser Formulierung nur verdeutlicht werden, dass nach der Rechtsprechung ein Kündigungsverzicht in einem Wohnraummietverhältnis formularvertraglich lediglich auf vier Jahre vereinbart werden kann. Trotzdem wird aus dem Wortlaut der Vertragsklausel noch hinreichend deutlich, dass die in § 4 Satz 1 des Mietvertrags festgelegte Dauer des Kündigungsausschlusses 60 Monate betragen und durch die Formulierung in § 4 Satz 2 des Mietvertrags nicht verändert werden sollte.
29
c) Da die Bestimmung des § 4 des Mietvertrags demnach sowohl als Formularklausel als auch als Individualvereinbarung keinen rechtlichen Bedenken unterliegt, wurde das Mietverhältnis nicht durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 17. Januar 2017 zum 30. April 2017 beendet.
30
3. Entgegen der Auffassung der Revision kann die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 17. Januar 2017 auch nicht gemäß § 140 BGB in eine außerordentliche Kündigung umgedeutet werden. Ungeachtet der Frage, ob eine ordentliche Kündigung überhaupt in eine außerordentliche Kündigung umgedeutet werden kann, weil die Wirkungen des Ersatzgeschäfts nicht weitergehen dürfen als diejenigen des unwirksamen Geschäfts (vgl. Staudinger/Roth BGB [2015] § 140 Rn. 42 mwN), scheitert im vorliegenden Fall eine Umdeutung jedenfalls daran, dass der Beklagten kein Recht zur außerordentlichen Kündigung des Mietvertrags zustand.
31
a) Die Revision vertritt hierzu die Auffassung, die Beklagte habe aufgrund des Rückgangs der Flüchtlingszahlen im Januar 2017 das Mietverhältnis aus wichtigem Grund gemäß § 543 Abs. 1 BGB außerordentlich kündigen können , weil die Mietvertragsparteien eine von dem Grundsatz, wonach der Mieter das Verwendungsrisiko der Mietsache trägt, abweichende Vereinbarung getroffen hätten. Dem kann nicht gefolgt werden.
32
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats trägt im Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter grundsätzlich der Mieter das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache (Senatsurteil vom 25. November 2015 - XII ZR 114/14 - NJW 2016, 311 Rn. 33 mwN). Allerdings können die Parteien die Risikoverteilung vertraglich ändern und vereinbaren, dass der Vermieter das Verwendungsrisiko des Mieters - ganz oder zum Teil - übernimmt. Ob das der Fall ist, ist durch Auslegung der getroffenen Vertragsvereinbarungen zu ermitteln (Senatsurteil vom 16. Februar 2000 - XII ZR 279/97 - NJW 2000, 1714,

1717).

33
b) Danach ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht das Vorliegen eines wichtigen Kündigungsgrundes iSv § 543 Abs. 1 BGB mit der Begründung verneint hat, der Rückgang der Flüchtlingszahlen und das damit verbundene Risiko, das Mietobjekt nicht oder nur eingeschränkt zur Unterbringung von Flüchtlingen nutzen zu können, falle allein in die Risikosphäre der Beklagten.
34
Zwar dürften die Vertragsparteien bei Abschluss des Mietvertrags die gemeinsame Vorstellung gehabt haben, dass das Mietobjekt allein zur Unterbringung von Flüchtlingen dienen sollte. Ebenso wird man mit der Revision davon ausgehen können, dass der streitgegenständliche Mietvertrag von der Beklagten nicht oder jedenfalls nicht mit einem auf 60 Monaten befristeten Kündigungsverzicht abgeschlossen worden wäre, wenn sie zum Zeitpunkt des Ver- tragsschlusses bereits mit einem starken Rückgang der Flüchtlingszahlen gerechnet hätte. Etwaige gemeinsame Vorstellungen der Parteien über die zukünftige Nutzung des Mietobjekts reichen jedoch ebenso wenig wie die Erwartung der Beklagten hinsichtlich der Anzahl von unterzubringenden Flüchtlingen aus, um abweichend vom gesetzlichen Leitbild des Mietvertrags, eine Verlagerung des Verwendungsrisikos auf die Kläger zu rechtfertigen. Auch dem Vertragsinhalt sind keine tragfähigen Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die Parteien eine Verlagerung des Verwendungsrisikos von der Mieterin auf die Vermieter vereinbaren wollten. Hätten die Vertragsparteien die Bindungswirkung des Vertrags vom tatsächlichen Bedarf der Beklagten an Wohnraum für zugewiesene Flüchtlinge abhängig machen wollen, hätte es nahegelegen, durch eine entsprechende Vertragsgestaltung hierfür Vorsorge zu treffen (vgl. etwa Senatsurteil vom 23. Oktober 2002 - XII ZR 202/99 - NJW-RR 2003, 152). Von einer solchen Möglichkeit haben die Vertragsparteien jedoch keinen Gebrauch gemacht. Auch das spricht dafür, dass die Kläger das Verwendungsrisiko nicht mitübernommen haben. Schließlich hat das Berufungsgericht zu Recht darauf abgestellt, dass die Beibehaltung der gesetzlichen Risikoverteilung im vorliegenden Fall auch interessengerecht ist, weil die Kläger auf die Zuweisung von Flüchtlingen an die Beklagte und somit auf das Bedürfnis nach zusätzlichem Wohnraum für deren Unterbringung keinen Einfluss haben.
35
Hinzu kommt, dass zum Zeitpunkt der von der Beklagten erklärten Kündigung eine Belegung der Mieträume während der Geltungsdauer des vereinbarten Kündigungsverzichts trotz des Rückgangs der Flüchtlingszahlen nicht völlig ausgeschlossen war. Zum einen bestand die Möglichkeit, dass der Beklagten noch Flüchtlinge zur Aufnahme zugewiesen werden. Zum anderen lässt es die Richtlinie zum Sonderprogramm zur finanziellen Unterstützung der Städte und Gemeinden bei der Unterbringung von Asylbewerbern und sonstigen Flüchtlingen des saarländischen Ministeriums für Inneres, Bauen und Sport, aus der die Beklagte Fördermittel erhalten wollte, auch zu, dass der von einer Gemeinde angemietete Wohnraum bei Bedarf auch sonstigen Personen mit besonderen Problemen beim Zugang zum Wohnungsmarkt zur Verfügung gestellt wird.
36
Hat sich damit durch den Rückgang der Flüchtlingszahlen nur das Verwendungsrisiko der Beklagten verwirklicht, steht ihr unter diesem Gesichtspunkt auch kein Recht zur außerordentlichen Kündigung des Mietvertrags nach § 543 Abs. 1 BGB zu.
37
c) Ein Recht der Beklagten zur Kündigung des Mietvertrags ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 3 Satz 2 BGB. Dabei kann dahinstehen, ob für dieses Kündigungsrecht neben den speziellen mietrechtlichen Kündigungsgründen in § 543 BGB überhaupt ein Anwendungsbereich verbleibt (vgl. hierzu Guhling/Günter/Alberts Gewerberaummiete 2. Aufl. § 543 BGB Rn. 6 mwN). Denn für eine Berücksichtigung der Regelungen über die Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) ist grundsätzlich insoweit kein Raum, als es um Erwartungen und um Umstände geht, die nach den vertraglichen Vereinbarungen in den Risikobereich einer der Parteien fallen sollen. Eine solche vertragliche Risikoverteilung bzw. Risikoübernahme schließt für die Vertragspartei - abgesehen von extremen Ausnahmefällen, in denen eine unvorhergesehene Entwicklung mit unter Umständen existenziell bedeutsamen Folgen für eine Partei eintritt - regelmäßig die Möglichkeit aus, sich bei Verwirklichung des Risikos auf Wegfall der Geschäftsgrundlage zu berufen (Senatsurteil vom 16. Februar 2000 - XII ZR 279/97 - NJW 2000, 1714, 1716 mwN). So liegen die Dinge hier, da das Verwendungsrisiko - wie bereits ausgeführt - allein bei der Beklagten liegt.
38
4. Zu Recht hat das Berufungsgericht schließlich auch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 25. August 2017 als unwirksam angesehen.
39
Die Revision rügt insoweit, das Berufungsgericht habe rechtsfehlerhaft den Vortrag der Beklagten, die vereinbarte Kaltmiete von 10,62 €/qm übersteige die ortsübliche Miete um 112 %, nicht zum Anlass genommen, die Sittenwidrigkeit der Mietpreisvereinbarung nach § 138 Abs. 1 BGB zu prüfen. Mit dieser Rüge kann die Revision nicht durchdringen. Das Berufungsgericht hat von einer weiteren Erörterung der Voraussetzungen des § 138 Abs. 1 BGB und der Vorschriften des § 5 WiStrG und des § 291 StGB mit der Begründung abgesehen, die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Überhöhung der vereinbarten Miete seien von der Beklagten nicht dargelegt worden. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
40
a) Ein Vertrag ist als wucherähnliches Geschäft nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, wenn Leistung und Gegenleistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinanderstehen und weitere sittenwidrige Umstände hinzutreten, z.B. eine verwerfliche Gesinnung des durch den Vertrag objektiv Begünstigten. Bei gewerblichen Miet- oder Pachtverträgen liegt ein auffälliges Missverhältnis nach der Rechtsprechung des Senats zwar regelmäßig schon dann vor, wenn die vereinbarte Miete oder Pacht um knapp 100 % höher ist als der objektive Marktwert der Gebrauchsüberlassung (vgl. Senatsurteil vom 30. Juni 2004 - XII ZR 11/01 - NJW-RR 2004, 1454). Für die Prüfung, ob die vereinbarte Miete diese Schwelle überschreitet, ist aber auf den üblichen Wert abzustellen, der für eine vergleichbare Leistung auf dem Markt zu zahlen ist.
41
b) Im vorliegenden Fall ist daher für die Prüfung der Voraussetzungen des § 138 Abs. 1 BGB nicht die allgemein ortsübliche Vergleichsmiete für Wohnraum heranzuziehen, sondern auf die Miete, die auf dem Wohnungsmarkt für vergleichbare Unterkünfte zur Abdeckung des Wohnbedarfs von Flüchtlingen zu erzielen war, abzustellen. Hierzu fehlt es jedoch bereits an ausreichendem Sachvortrag der Beklagten. Außerdem weist das Berufungsgericht insoweit zu Recht auf die Aussage der als Zeugin vernommenen Mitarbeiterin der Beklagten hin, wonach die Beklagte selbst die Miethöhe kalkuliert hat und als Grundlage hierfür nicht die übliche Wohnraummiete, sondern die Leistungen, die die Beklagte als Fördermittel nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (zuletzt geändert durch Art. 1 des Dritten Gesetzes zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes vom 13. August 2019, BGBl I 1290) bei einer Belegung mit 14 Personen erhalten hätte, herangezogen hat. Unter diesen Voraussetzungen musste das Berufungsgericht der Frage der Sittenwidrigkeit der vereinbarten Miete nicht mehr weiter nachgehen. Dose Klinkhammer Günter Botur Krüger
Vorinstanzen:
AG St. Wendel, Entscheidung vom 14.03.2018 - 16 C 222/17 (77) -
LG Saarbrücken, Entscheidung vom 19.10.2018 - 10 S 40/18 -

(1) Widerklagen sind nicht statthaft.

(2) Als Beweismittel sind bezüglich der Echtheit oder Unechtheit einer Urkunde sowie bezüglich anderer als der im § 592 erwähnten Tatsachen nur Urkunden und Antrag auf Parteivernehmung zulässig.

(3) Der Urkundenbeweis kann nur durch Vorlegung der Urkunden angetreten werden.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Schreibfehler, Rechnungsfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die in dem Urteil vorkommen, sind jederzeit von dem Gericht auch von Amts wegen zu berichtigen.

(2) Der Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Erfolgt der Berichtigungsbeschluss in der Form des § 130b, ist er in einem gesonderten elektronischen Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(3) Gegen den Beschluss, durch den der Antrag auf Berichtigung zurückgewiesen wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, findet sofortige Beschwerde statt.

(1) Dem Beklagten, welcher dem geltend gemachten Anspruch widersprochen hat, ist in allen Fällen, in denen er verurteilt wird, die Ausführung seiner Rechte vorzubehalten.

(2) Enthält das Urteil keinen Vorbehalt, so kann die Ergänzung des Urteils nach der Vorschrift des § 321 beantragt werden.

(3) Das Urteil, das unter Vorbehalt der Rechte ergeht, ist für die Rechtsmittel und die Zwangsvollstreckung als Endurteil anzusehen.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.