Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 02. Nov. 2018 - 6 UF 91/18
Tenor
Die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 16.07.2018 gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Bochum vom 12.06.2018 (87 F 47/18) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000,00 € festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
1
Gründe:
2I.
3Der am ##.##.2000 geborene Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Republik Guinea. Durch Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Bochum vom 30.11.2016 wurde für ihn das Ruhen der elterlichen Sorge festgestellt und Vormundschaft angeordnet. Zum Vormund wurde das Jugendamt der Stadt X bestellt.
4Durch den angefochtenen Beschluss hat das Familiengericht deklaratorisch festgestellt, dass die Vormundschaft beendet ist, weil der Beschwerdeführer mit Vollendung seines 18. Lebensjahres volljährig geworden sei. Die Volljährigkeit bestimme sich nach dem Recht der Republik Guinea und trete mit Vollendung des 18. Lebensjahres ein. Dies ergebe sich aus Art. 1 des Code de l´Enfant vom 19.08.2008. Durch diese Regelung sei die ältere Regelung des Art. 443 des Code Civil verdrängt worden, der eine Volljährigkeit mit der Vollendung des 21. Lebensjahres bestimmt habe. Diese Rechtslage sei vom Justizministerium der Republik Guinea und von der Botschaft der Republik Guinea in Deutschland ebenso bestätigt worden wie durch Recherchen der Deutschen Botschaft in Guinea.
5Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beschwerdeführers. Er ist der Ansicht, dass ohne eine ausdrückliche Änderung des Art. 443 des Code Civil weiter von einer Volljährigkeit mit der Vollendung des 21. Lebensjahres auszugehen sei. Die bislang im Verfahren angestellten Nachforschungen zum Recht der Republik Guinea reichten zur Feststellung einer Volljährigkeit mit Vollendung des 18. Lebensjahres nicht aus, so dass ein Rechtsgutachten einzuholen sei.
6Der Senat hat durch Beschluss vom 09.08.2018 den Antrag des Beschwerdeführers auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussichten zurückgewiesen und eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren gemäß § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG angekündigt. Hierzu hat der Beschwerdeführer ergänzend Stellung genommen und seine Rechtsausführungen vertieft.
7II.
8Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Amtsgericht hat durch den angefochtenen Beschluss zutreffend festgestellt, dass die Vormundschaft für den am ##.##.2000 geborenen Beschwerdeführer mit Eintritt seiner Volljährigkeit am ##.##.2018 endete.
91.
10Die Beschwerde ist zulässig. Insbesondere ergibt sich die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte aus Art. 8 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27.11.2003 (Brüssel IIa-VO), weil der Beschwerdeführer seinen Lebensmittelpunkt in X hat und sich im Beschwerdeverfahren für das Fortbestehen der Vormundschaft auf seine Minderjährigkeit beruft (vgl. auch Senat, Beschluss vom 30.01.2015, 6 UF 155/13, FamRZ 2015, 1635 f.). Der Beschwerdeführer ist durch die von ihm angefochtene Entscheidung auch beschwert (§ 59 FamFG). Zwar endet die Vormundschaft mit Eintritt der Volljährigkeit kraft Gesetzes; die deklaratorische Feststellung der Beendigung durch Beschluss hat aber den Rechtsschein der Richtigkeit für sich, die der Betroffene selbst oder auch sein Vormund beseitigen können muss (vgl. auch OLG Karlsruhe, Beschluss vom 23.07.2015, 5 WF 74/15, FamRZ 2015, 1820 ff.; a.A. Staudinger-Veit, BGB, Neubearbeitung 2014, § 1882 Rn. 22).
112.
12Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Zutreffend hat das Amtsgericht festgestellt, dass der Beschwerdeführer nach dem maßgeblichen Recht seines Heimatlandes inzwischen volljährig ist.
13a) Für die Frage der Minderjährigkeit des Beschwerdeführers ist gemäß Art. 7 Abs. 1 S. 1 EGBGB das Heimatrecht des Beschwerdeführers, also das Recht der Republik Guinea maßgeblich.
14Die deutschen kollisionsrechtlichen Regelungen werden nicht durch vorrangige staatsvertragliche Regelungen verdrängt. Das Haager Kinderschutzübereinkommen vom 19.10.1996 und das Haager Abkommen zum Schutz von Erwachsenen vom 02.10.2000 verdrängen das deutsche Kollisionsrecht nicht, weil beide Abkommen hinsichtlich der Regelung der Volljährigkeit keine unmittelbar anwendbaren völkerrechtlichen Vereinbarungen enthalten, die dem innerstaatlichen Recht vorgehen (OLG Hamm, Beschluss vom 20.02.2018, 4 UF 243/16, Rn. 15 – zitiert nach juris). Die durch Art. 7 EGBGB vorgeschriebene Anwendung des Rechts der Republik Guinea zur Frage der Volljährigkeit wird auch nicht durch Art. 12 Abs. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention verdrängt, wonach sich das Personalstatut jedes Flüchtlings nach dem Recht des Wohnsitz- bzw. Aufenthaltsstaates richtet. Es bestehen nämlich im hiesigen Verfahren keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention ist. Weder hat er in Deutschland einen Asylantrag gestellt, noch hat er im hiesigen Verfahren trotz entsprechenden Hinweises im Senatsbeschluss vom 09.08.2018 zu etwaigen Fluchtgründen vorgetragen, so dass Anhaltspunkte für eine entsprechende Verfolgung des Beschwerdeführers nicht vorliegen.
15b) Nach dem maßgeblichen Recht der Republik Guinea tritt die Volljährigkeit mit der Vollendung des 18. Lebensjahres ein (OLG Hamm, Beschluss vom 20.02.2018, 4 UF 243/16, Rn. 19 ff. – zitiert nach juris; OLG Oldenburg, Beschluss vom 05.09.2017, 13 WF 76/17, NZFam 2017, 1165; a.A. OLG Bremen, Beschluss vom 23.02.2016, 4 UF 186/15, FamRZ 2016, 990 ff.; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 07.09.2017, 18 WF 62/17, Rn. 28 ff. – zitiert nach juris; OLG Brandenburg, Beschluss vom 26.04.2016, 13 UF 40/16, Rn. 14 – zitiert nach juris; offengelassen BGH, Beschluss vom 20.12.2017, XII ZB 333/17, FamRZ 2018, 457 ff.).
16Nach Art. 168 des Code de l´Enfant der Republik Guinea aus dem Jahr 2008, der besagt, dass ein Kind unter 18 Jahren nur mit Zustimmung seiner Eltern bzw. des Inhabers der elterlichen Gewalt Verträge abschließen kann, ist zu folgern, dass es mit 18 Jahren alleinverantwortlich handeln kann (eingehend hierzu OLG Hamm, Beschluss vom 20.02.2018, 4 UF 243/16, Rn. 21 – zitiert nach juris). Diese Auslegung wird bestätigt durch eine Stellungnahme der Deutschen Botschaft in Guinea vom 26.01.2018. Darin wird unter Hinweis auf frühere Nachforschungen des Vertrauensanwalts der Deutschen Botschaft mitgeteilt, dass im Zusammenhang mit den Beratungen vor der Verabschiedung des Code de l´Enfant erörtert wurde, ob zur gewollten Herabsetzung des Volljährigkeitsalters von 21 Jahren auf 18 Jahre auch eine ausdrückliche Änderung des Code Civil notwendig sei, was im Ergebnis verneint worden sei. Daraus ist zu schließen, dass mit der Verabschiedung des Code de l´Enfant das Volljährigkeitsalter auf 18 Jahre herabgesetzt werden sollte, und zwar bewusst ohne eine Änderung der anderslautenden Regelung in Art. 443 des Code Civil. Eine solche Vorgehensweise, nämlich die stillschweigende Aufhebung einer früheren Regelung durch ein neueres Gesetz sieht Art. 6 des Code Civil ausdrücklich vor. Ähnliches ist im Übrigen auch europäischen Rechtsordnungen nicht fremd („lex posterior derogat legi priori“).
17Diese Auslegung wird bestätigt durch die offiziellen Auskünfte des Justizministeriums der Republik Guinea und der Deutschen Botschaft der Republik Guinea. Solche offiziellen Auskünfte sind maßgebliche Erkenntnisquellen bei der Ermittlung des ausländischen Rechts (Zöller-Geimer, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 293 Rn. 20). Der Erkenntniswert der Auskünfte wird nicht dadurch geschmälert, dass die Botschaft der Republik Guinea noch im Jahr 2016, allerdings ohne vorherige Anfrage beim Justizministerium, noch von einem Volljährigkeitsalter von 21 Jahren berichtet hat. Kurz darauf hat – nunmehr nach Rücksprache mit dem Justizministerium – auch die Botschaft das Volljährigkeitsalter mit 18 Jahren angegeben. Zeitlich nach der Abfassung dieser offiziellen Auskünfte der Republik Guinea haben sich mehrere Obergerichte (OLG Hamm, Beschluss vom 20.02.2018, 4 UF 243/16, Rn. 19 ff.; OLG Hamm, Beschluss vom 21.08.2018, 12 UF 224/16, Rn. 17 ff. – Zitiert nach juris, OLG Nürnberg, Beschluss vom 19.07.2018, 11 UF 368/18, Rn. 3 [nach Zurücknahme der dortigen Beschwerde im Anschluss an die Einholung eines Sachverständigengutachtens]) der auch hier vertretenen Auffassung angeschlossen, dass ein Staatsbürger der Republik Guinea mit der Vollendung des 18. Lebensjahres volljährig wird. Auch das in Deutschland einschlägige Standardwerk zum internationalen Kindschaftsrecht geht inzwischen von einer Volljährigkeit mit Vollendung des 18. Lebensjahres aus (Bergmann/Ferid-Henrich/Arnold, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, 226. Lieferung Mai 2018, „Guinea“, einleitender Hinweis der Autoren vom 19.05.2017).
18Qualitativ ergiebigere Erkenntnisquellen stehen nicht zur Verfügung. Nach den von der deutschen Botschaft in Guinea in ihrer Stellungnahme vom 26.01.2018 zitierten Recherchen des Vertrauensanwalts gibt es zur Frage der Volljährigkeit in Guinea keine gerichtlichen Entscheidungen. Damit wird die Anregung des Beschwerdeführers obsolet, bei (irgend) einem Zivilgericht in Guinea nach der dortigen Meinung zur Volljährigkeit anzufragen. Selbst wenn von dort – außerhalb eines konkreten Verfahrens – eine Rechtsauskunft zu erhalten sein sollte, käme dieser kein größeres Gewicht zu als den offiziellen Auskünfte unter anderem des Justizministeriums der Republik Guinea. Hinzu kommt, dass nach der Mitteilung des Vertrauensanwalts in Guinea auch kein juristischer Kommentar zum Code Civil existiert, so dass in Deutschland vertraute Maßstäbe zur Erforschung des geltenden Rechts bei der Ermittlung der Rechtslage in der Republik Guinea nicht angelegt werden können. Ohnehin darf der deutsche Richter den ausländischen Regeln, die er anwenden soll, nicht seine eigene Interpretation geben (Zöller-Geimer, a.a.O., § 293 Rn. 24). Dann würde er nämlich nicht ausländisches Recht, sondern ausländische Rechtssätze mit deutscher Auslegung anwenden.
19Weil zu der Frage der Volljährigkeit in der Republik Guinea nach den juristischen Recherchen eines Anwalts, den die Deutschen Botschaft in der Republik Guinea für vertrauenswürdig erachtet, weder Rechtsprechung noch Kommentarliteratur zur Frage der Volljährigkeit bekannt sind, verspricht ein Sachverständigengutachten nach den weiteren Ermittlungen – entgegen der zuvor geäußerten Ansicht des Bundesgerichtshofes in seiner Entscheidung vom 20.12.2017 – keinerlei weitere Erkenntnisse. Ein solches Gutachten würde jedenfalls qualitativ kein höheres Gewicht als die bislang in Deutschland zu dieser Frage geäußerten Ansichten in Rechtsprechung und Schrifttum haben. Qualifiziertere Sachverständige als die zitierten Autoren wird man in Deutschland zu dieser Frage nicht finden (Hüßtege, FamRZ 2018, 461, 462), in Guinea aber ersichtlich auch nicht.
20Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG. Die Wertfestsetzung beruht auf § 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG.
21Der Senat hat die Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 2 Nr. 2 FamFG zugelassen, weil eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung angezeigt ist. Die Entscheidung des Senats weicht von früheren Entscheidungen anderer Obergerichte ab, die sich freilich noch nicht mit den neueren offiziellen Auskünften der Republik Guinea befassen konnten.
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(1) Hält das Gericht, dessen Beschluss angefochten wird, die Beschwerde für begründet, hat es ihr abzuhelfen; anderenfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Das Gericht ist zur Abhilfe nicht befugt, wenn die Beschwerde sich gegen eine Endentscheidung in einer Familiensache richtet.
(2) Das Beschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.
(3) Das Beschwerdeverfahren bestimmt sich im Übrigen nach den Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug. Das Beschwerdegericht kann von der Durchführung eines Termins, einer mündlichen Verhandlung oder einzelner Verfahrenshandlungen absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurden und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind.
(4) Das Beschwerdegericht kann die Beschwerde durch Beschluss einem seiner Mitglieder zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen; § 526 der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe entsprechend, dass eine Übertragung auf einen Richter auf Probe ausgeschlossen ist. Zudem kann das Beschwerdegericht die persönliche Anhörung des Kindes durch Beschluss einem seiner Mitglieder als beauftragtem Richter übertragen, wenn es dies aus Gründen des Kindeswohls für sachgerecht hält oder das Kind offensichtlich nicht in der Lage ist, seine Neigungen und seinen Willen kundzutun. Gleiches gilt für die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks von dem Kind.
(5) Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 Satz 1 finden keine Anwendung, wenn die Beschwerde ein Hauptsacheverfahren betrifft, in dem eine der folgenden Entscheidungen in Betracht kommt:
- 1.
die teilweise oder vollständige Entziehung der Personensorge nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs, - 2.
der Ausschluss des Umgangsrechts nach § 1684 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder - 3.
eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Absatz 4 oder § 1682 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.
Tenor
Die Beschwerde des Mündels vom 29.03.2013 gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Dortmund vom 13.08.2013 (Az.: 107 F 1078/12) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
Der Beschwerdewert wird auf 3.000 € festgesetzt.
1
Gründe:
2I.
3Gegenstand des Verfahrens ist die Aufhebung der Vormundschaft über die am 20.02.2012 in das Bundesgebiet eingereiste T (nachfolgend: Beschwerdeführerin).
4Das Jugendamt E nahm die Beschwerdeführerin am 21.02.2012 in E in Obhut. Diese gab an, sie stamme aus Guinea und sei am xx.xx.1997 in N geboren. Am 20.02.2012 sei sie 14-jährig ohne Begleitung mit dem Flugzeug an unbekannter Stelle in das Bundesgebiet eingereist. Kontakt zu ihren Eltern bestehe nicht, ihre Mutter sei 2001 verstorben und ihr etwa 60 Jahre alter Vater lebe in N.
5Mit Beschluss vom 16.03.2012 (Az.: 107 F 1078/12) stellte das Amtsgericht – Familiengericht – Dortmund fest, dass die Sorge der Eltern für die Beschwerdeführerin gemäß § 1674 BGB ruht und ordnete Vormundschaft an. Zum Vormund wurde das Jugendamt E bestellt.
6Unter dem 06.11.2012 hat sodann das Jugendamt E die Aufhebung der Vormundschaft mit der Begründung angeregt, nach Auskunft der Zentralen Ausländerbehörde handele es sich bei dem von der Beschwerdeführerin angegebenen Geburtsdatum um eine Falschangabe. Die Beschwerdeführerin sei mit Personalien auch in Belgien erfasst, danach nicht am xx.04.1997 sondern am xx.04.1989 geboren und somit längst volljährig.
7Im Rahmen der mündlichen Anhörung vor dem Amtsgericht am 05.02.2013 hat sich die Beschwerdeführerin dahin eingelassen, ihre in Belgien vorgelegte Geburts- und Heiratsurkunde sowie ihr Pass seien auf Veranlassung ihrer Tante in Guinea in Zusammenarbeit mit einem ihr unbekannten Mann gefertigt worden. Ihre Tante habe sie vor einer Zwangsverheiratung durch ihren Vater schützen wollen. Die Angaben in Urkunde und Pass seien falsch, insbesondere das dort ausgewiesene Geburtsdatum und die Tatsache der Eheschließung.
8Das Amtsgericht hat nach Anhörung der Beteiligten im Termin vom 05.02.2013 und nach Abgabe einer Einverständniserklärung der Beschwerdeführerin in eine ärztliche Untersuchung zum Zwecke der Altersfeststellung, die Einholung eines Sachverständigengutachtens über das Alter der Beschwerdeführerin beschlossen. Durch weiteren Beschluss vom 04.03.2013 hat das Amtsgericht klargestellt, dass im Rahmen der Begutachtung Röntgenaufnahmen gefertigt werden können. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das rechtsmedizinische Gutachten vom 20.05.2013 sowie auf dessen mündliche Erläuterung durch Prof. Dr. T im Termin vom 23.07.2013 verwiesen.
9Mit Beschluss vom 13.08.2013 hat das Amtsgericht – Familiengericht – Dortmund seinen Beschluss vom 16.03.2012 und also die Vormundschaft über die Beschwerdeführerin aufgehoben. Aus den Unterlagen in Belgien und auch aus dem rechtsmedizinischen Gutachten ergebe sich, dass die Beschwerdeführerin mit Sicherheit über 18 Jahre alt sei.
10Gegen den ihr am 28.08.2013 zugestellten Beschluss hat die Beschwerdeführerin mit am selben Tag beim Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 23.09.2013 Beschwerde eingelegt. Sie ist der Auffassung, das rechtsmedizinische Gutachten dürfe nicht verwertet werden, da sie im Rahmen der Begutachtung unter Verstoß gegen § 25 RöntgenVO geröntgt worden sei.
11Sie beantragt,
12den Beschluss aufzuheben.
13Das Jugendamt der Stadt E hat im Rahmen des Beschwerdeverfahrens Stellung genommen.
14II.
15Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, denn die Beschwerdeführerin ist nach dem maßgeblichen guineischen Recht spätestens mit Ablauf des 31.10.2014 volljährig geworden, so dass die Voraussetzungen für die Anordnung einer Vormundschaft nach dem ebenfalls maßgeblichen guineischen Recht entfallen sind.
161.
17Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere ergibt sich die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte aus Art. 8 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27.11.2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung (Brüssel IIa-VO), weil die Beschwerdeführerin vorträgt, 1997 geboren und damit unter 18 Jahre zu sein und ihren Lebensmittelpunkt in E hat.
182.
19In der Sache hat die Beschwerde jedoch keinen Erfolg. Zwar kann die Volljährigkeit der Beschwerdeführerin nach dem insoweit maßgeblichen guineischen Recht für den Zeitpunkt der amtsgerichtlichen Entscheidung noch nicht festgestellt werden, die Volljährigkeit der Beschwerdeführerin ist allerdings spätestens mit Ablauf des Monats Oktober 2014 eingetreten, so dass die Entscheidung des Amtsgerichts unter Berücksichtigung des maßgeblichen Zeitpunktes der Beschwerdeentscheidung richtig und deshalb zu bestätigen ist.
20a)
21Für die Frage der Minderjährigkeit der Beschwerdeführerin ist ebenso wie für die Frage der Entstehung und des Endes der Vormundschaft gemäß Art. 7, 24 Abs. 1 S. 1 EGBGB das Heimatrecht der Beschwerdeführerin und also das Recht des Staates Guinea maßgeblich. Eine Rückverweisung existiert im guineischen Recht nicht, (Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Guinea, Stand: 01.03.2006)
22Das deutsche Kollisionsrecht wird im Streitfall nicht durch vorrangige staatsvertragliche Regeln verdrängt. Der Geltungsbereich des am 01.01.2011 in Kraft getretenen Haager Kinderschutzübereinkommens vom 19.10.1996 (KSÜ), wonach das Recht des Aufenthaltsstaates für Maßnahmen zum Schutz des Kindes Anwendung findet, ist nicht eröffnet, weil die Beschwerdeführerin bei Einreise in das Bundesgebiet am 20.02.2012 bereits über 18 Jahre alt war, nach Art. 2 KSÜ das Übereinkommen jedoch nur auf Kinder bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres anzuwenden ist.
23Nach den überzeugenden Feststellungen des rechtsmedizinischen Sachverständigengutachtens vom 20.05.2013 ermittelt sich nach Auswertung und Gesamtbetrachtung der körperlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin, der Röntgenuntersuchungen ihrer linken Hand, ihres Gebisses und ihrer Schlüsselbeine zum Zeitpunkt der Untersuchungen am 29.04.2013 ein absolutes Mindestalter der Beschwerdeführerin von 19,5 Jahren und ein wahrscheinliches Lebensalter von ca. 21 Jahren. Bei Einreise in das Bundesgebiet am 20.02.2012 war die Beschwerdeführerin mithin über 18 Jahre alt.
24Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer ist das rechtsmedizinische Gutachten auch hinsichtlich der Befunde der Röntgenuntersuchungen verwertbar.
25Zwar darf gemäß § 25 Abs. 1 S. 1 RöntgenVO eine Röntgenstrahlung am Menschen nur in Ausübung der Heilkunde oder Zahnheilkunde, in der medizinischen Forschung und in sonstigen durch das Gesetz vorgesehenen oder zugelassenen Fällen angewendet werden. Eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung, im Rahmen der Altersbestimmung eine radiologische Diagnostik vornehmen zu können, fehlt; sie ergibt sich insbesondere nicht aus §§ 27, 30 FamFG (vgl. nur Parzeller, Rechtsmedizin 2011, 12ff). Aus dem Umstand, dass mangels gesetzlicher Grundlage keine Verpflichtung des Beteiligten besteht, sich radiologisch untersuchen zu lassen, folgt aber nach Ansicht des Senats jedenfalls dann kein Verwertungsverbot der hieraus gewonnenen Ergebnisse, wenn der Beteiligte in die Untersuchung eingewilligt hat. Da die Regelungen der §§ 23, 25 RöntgenVO ausschließlich individualschützenden Charakter haben und allein dem Schutz des Betroffenen vor Röntgenstrahlung dienen, das Recht auf körperliche Unversehrtheit aber disponibel ist, kann - wie im Streitfall - wirksam in eine Röntgenuntersuchung eingewilligt werden. Im Streitfall ist die Beschwerdeführerin erstinstanzlich in der mündlichen Verhandlung am 05.02.2013 zu einer ärztlichen Untersuchung angehört worden. Nach Rücksprache mit ihrem Verfahrensbevollmächtigten hat sie sodann ausdrücklich ihr Einverständnis mit einer ärztlichen Untersuchung erklärt. Durch ergänzenden Beschluss des Amtsgerichts vom 04.03.2013 ist der Beschwerdeführerin zudem rechtzeitig vor der Begutachtung mitgeteilt worden, dass im Rahmen der Begutachtung Röntgenaufnahmen gefertigt werden können.
26Soweit die Beschwerdeführerin für ihre gegenteilige Auffassung auf eine Entscheidung des Landgerichts Berlin (Beschluss vom 02.02.2010, 83 T 517/09) verweist, in der trotz Einwilligung des Betroffenen in die Röntgenuntersuchung deren Verwertbarkeit zur Altersbestimmung verneint wurde, ist der dieser Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt mit dem Streitfall nicht vergleichbar. Die Beschwerdeführerin hat jedenfalls zunächst nicht geltend gemacht, dass sie fürchten musste, bei Verweigerung der Röntgenuntersuchung als unglaubwürdig zu gelten, und sich deshalb einem Druck zur Mitwirkung ausgesetzt sah. Tatsächlich hat die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin ohne weiteren Kommentar die radiologische Untersuchung zugelassen. Bei dieser Sachlage bestehen aus Sicht des Senats keine Anhaltspunkte für eine Zwangslage der Beschwerdeführerin bei Erteilung ihrer Einwilligung in die Röntgenuntersuchungen und deshalb keine Bedenken gegen die Verwertung der gewonnenen Ergebnisse.
27Die Beschwerdeführerin hat auch in der Beschwerdeinstanz keine Einwendungen gegen die Richtigkeit der Feststellungen der Sachverständigen erhoben, so dass sich aus dem Mindestalter der Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Untersuchungen am 29.04.2013 von 19,5 Jahren ein Mindestalter bei Einreise am 20.02.2012 von über 18 Jahren und ein Mindestalter mit Ablauf des 31.10.2014 von über 21 Jahren ermitteln lässt.
28b)
29Hat aber die Beschwerdeführerin spätestens mit Ablauf des 31.10.2014 das 21. Lebensjahre vollendet, so ist sie nach dem maßgeblichen Recht des Staates Guinea spätestens zu diesem Zeitpunkt volljährig geworden. Denn Volljährigkeit tritt in Guinea gem. Art. 399, 443 Cciv mit Vollendung des 21. Lebensjahres ein. Mit Eintritt der Volljährigkeit sind zugleich die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Vormundschaft nach dem guineischen Recht entfallen; die Vormundschaft ist zu beenden.
303.
31Die Kostenentscheidung folgt aus § 81 Abs.2 Nr.3 FamFG; das gesamte Verfahren beruht maßgeblich darauf, dass die Beschwerdeführerin durchgehend unwahre Angaben zu ihrem Lebensalter gemacht hat.
324.
33Gemäß § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG hat der Senat von der Durchführung eines Termins abgesehen, da die Beteiligten bereits durch das Amtsgericht umfassend angehört worden sind und von einer erneuten mündlichen Verhandlung keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten waren.
345.
35Der Senat hat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erfordert (§ 70 Abs. 2 FamFG).
(1) Die Beschwerde steht demjenigen zu, der durch den Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist.
(2) Wenn ein Beschluss nur auf Antrag erlassen werden kann und der Antrag zurückgewiesen worden ist, steht die Beschwerde nur dem Antragsteller zu.
(3) Die Beschwerdeberechtigung von Behörden bestimmt sich nach den besonderen Vorschriften dieses oder eines anderen Gesetzes.
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Betroffenen wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bad Säckingen vom 14.04.2015 aufgehoben.
2. Gerichtskosten werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten nicht erstattet.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
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BUNDESGERICHTSHOF
e) Der Anwendungsbereich des Haager Erwachsenenschutzübereinkommens ist nur für Schutzmaßnahmen eröffnet, die die Hilfsbedürftigkeit wegen einer psychischen oder körperlichen Behinderung oder Krankheit auffangen sollen, nicht aber bei der Vormundschaft wegen Minderjährigkeit.
f) Zu den Anforderungen an die Feststellung des Eintritts der Volljährigkeit nach ausländischem Recht (hier der Republik Guinea).
BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2017 - XII ZB 333/17 - OLG Hamm AG Bochum
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Dezember 2017 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Prof. Dr. Klinkhammer, Schilling, Dr. Nedden-Boeger und Guhling
beschlossen:
Gründe:
A.
- 1
- Gegenstand des Verfahrens ist die Frage, wann die Vormundschaft für einen als minderjähriger unbegleiteter Flüchtling nach Deutschland eingereisten Staatsangehörigen der Republik Guinea endet.
- 2
- Der im Juni 1997 geborene Betroffene ist Staatsangehöriger der Republik Guinea. Nachdem er unbegleitet nach Deutschland eingereist war, stellte das Amtsgericht mit Beschluss vom 5. Mai 2014 das Ruhen der elterlichen Sorge fest, ordnete die Vormundschaft an und wählte die Beteiligte zu 1, eine Rechtsanwältin, als Vormund aus. Über eine Anerkennung des Betroffenen als Flüchtling ist noch nicht entschieden.
- 3
- Mit Beschluss vom 28. Oktober 2016 hat das Amtsgericht festgestellt, dass die Vormundschaft beendet sei, weil der Betroffene mit Vollendung des 18. Lebensjahres volljährig geworden sei. Die vom Vormund namens des Be- troffenen eingelegte Beschwerde hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Betroffene mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.
B.
- 4
- Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
I.
- 5
- Dieses hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ergebe sich aus Art. 8 Abs. 1 Brüssel IIa-VO, weil der Betroffene seinen Lebensmittelpunkt in Deutschland habe und sich für das Fortbestehen der Vormundschaft auf seine Minderjährigkeit berufe. Die Vormundschaft habe aber gemäß §§ 1773, 1882 BGB kraft Gesetzes mit Vollendung des 18. Lebensjahres geendet. Anordnung wie Beendigung der Vormundschaft richteten sich nach deutschem Recht, weil der Betroffene bei der Anordnung noch 16 Jahre alt gewesen und damit gemäß Art. 15 Abs. 1 des Haager Kinderschutzübereinkommens (KSÜ) deutsches Recht anwendbar gewesen sei. Dem stehe nicht entgegen, dass die Zuständigkeit der deutschen Gerichte aus der Brüssel IIa-VO und nicht aus Art. 5 ff. KSÜ folge.
- 6
- Die Vorfrage der Volljährigkeit des Betroffenen sei hingegen gemäß Art. 7 EGBGB nach dem Recht des Staates zu beurteilen, dem der Betroffene angehöre. Eine vorrangige Bestimmung ergebe sich zum einen nicht aus den Bestimmungen des Haager Kinderschutzübereinkommens. Zum anderen hindere auch Art. 12 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) nicht die Anwendbarkeit von Art. 7 EGBGB, weil dieses Übereinkommen die Frage der Volljährigkeit ebenfalls nicht regele. Das dort genannte Personalstatut sei mit demjenigen in Art. 5 EGBGB nicht gleichzusetzen und erfasse daher nicht zwingend die Volljährigkeit. Eine Anknüpfung auch dieser Frage an die Flüchtlingseigenschaft im Sinne der Konvention würde den Rechtsverkehr von und mit Flüchtlingen erheblich erschweren, weil bis zu deren bestandskräftiger öffentlich-rechtlicher Anerkennung oftmals Jahre vergingen und bis dahin alle Gerichte gehalten wären , die Flüchtlingseigenschaft inzident - unter Umständen auch mit aufwändigen Beweisaufnahmen - zu prüfen. Erhebliche Probleme ergäben sich so beispielsweise für Arbeitgeber und Vermieter von Flüchtlingen, was dem Sinn und Zweck der Genfer Flüchtlingskonvention, nämlich der Förderung der Integration von Flüchtlingen, zuwider laufen würde.
- 7
- Daher sei die Frage der Volljährigkeit des Betroffenen nach dem Recht der Republik Guinea zu beurteilen. Aus Art. 168 des Code de l´Enfant der Republik Guinea ergebe sich, dass die Volljährigkeit mit Vollendung des 18. Lebensjahres eintrete. Denn diese Vorschrift aus dem Jahr 2008 besage, dass ein Kind unter 18 Jahren nur mit Zustimmung seiner Eltern bzw. des Inhabers der elterlichen Gewalt Verträge abschließen könne, woraus zu folgern sei, dass es mit 18 eigenverantwortlich handeln könne. Art. 443 des Code Civil der Republik Guinea aus dem Jahr 1983, wonach die Volljährigkeit erst mit Vollendung des 21. Lebensjahres eintrete, stehe dem nicht entgegen. Denn nach Art. 6 Code Civil könne ein neueres Gesetz ein früheres auch stillschweigend aufheben. Bestätigt habe diese Rechtslage das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Republik Guinea (auf Anfrage der Deutschen Botschaft in Conakry) mit Schreiben vom 3. Mai 2016 und die Botschaft der Republik Guinea in ihrer offiziellen, auf Grundlage der Rechtsauskunft ihres Justizministeriums abgegebenen Stellungnahme vom 30. September 2016. Damit habe sie ihre anderslautende Auskunft (Volljährigkeit mit Vollendung des 21. Lebensjahres) vom 19. September 2016 korrigiert. Andere Erkenntnisquellen zur Feststellung des ausländischen Rechts stünden nicht zur Verfügung. Der in Aussicht genommene Sachverständige habe als Ergebnis seiner Vorermittlungen mitgeteilt, dass nach seiner Meinung die Gesetzeslage klar und die in der Stellungnahme der Botschaft vom 30. September 2016 mitgeteilte Rechtsauffassung richtig sei. Gerichtsentscheidungen aus Guinea zur Frage der Volljährigkeit habe er nicht gefunden. Vor dem Hintergrund des ganz erheblichen Gewichts der offiziellen Verlautbarung der Botschaft der Republik Guinea bestünden keine Zweifel, dass nach dem Recht in Guinea die Volljährigkeit mit Vollendung des 18. Lebensjahres eintrete.
II.
- 8
- Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
- 9
- 1. Im Ergebnis zu Recht ist das Oberlandesgericht von der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte ausgegangen, die unbeschadet des Wortlauts von § 72 Abs. 2 FamFG auch in den Verfahren nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der Rechtsbeschwerdeinstanz von Amts wegen zu prüfen ist (Senatsbeschluss BGHZ 203, 372 = FamRZ 2015, 479 Rn. 11).
- 10
- a) Dabei kann zum einen offen bleiben, ob sich - wie das Oberlandesgericht angenommen hat (ebenso etwa OLG Bremen FamRZ 2017, 1227, 1228; OLG Karlsruhe FamRZ 2015, 1820, 1822; zweifelnd OLG Karlsruhe Beschluss vom 7. September 2017 - 18 WF 62/17 - juris Rn. 11 f.) - die internationale Zuständigkeit aus Art. 8 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 (ABl. EU Nr. L 338 S. 1; im Folgenden: Brüssel IIa-VO) ergibt. Hierfür müsste auch ein Minderjähriger, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, als Kind im Sinne dieser Norm einzustufen sein, was streitig ist (bejahend etwa OLG Koblenz FamRZ 2017, 1229; verneinend etwa Johannsen/Henrich Familienrecht 6. Aufl. § 99 FamFG Rn. 7; MünchKommFamFG/Gottwald 2. Aufl. Art. 8 EWG VO 2201/2003 Rn. 3; Zöller/Geimer ZPO 32. Aufl. Art. 8 EuEheVO Rn. 1; vgl. auch Thomas/Putzo/Hüßtege ZPO 38. Aufl. Art. 8 EuEheVO Rn. 1a; MünchKommBGB/Siehr 6. Aufl. Art. 8 EuEheVO Rn. 3; Siehr IPrax 2010, 583, 584 f.; v. Hein FamRZ 2015, 1822).
- 11
- Zum anderen bedarf keiner Klärung, ob sich die internationale Zuständigkeit für die Aufhebung der auf der Grundlage des Haager Übereinkommens über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern vom 19. Oktober 1996 (Kinderschutzübereinkommen - KSÜ; BGBl. 2009 II S. 602, 603) angeordneten Maßnahme aus Art. 5 und 6 iVm Art. 3 lit. c ergibt, obwohl dieses Abkommen gemäß Art. 2 KSÜ nur auf Kinder von ihrer Geburt bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres anzuwenden ist.
- 12
- Schließlich kann dahinstehen, ob die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte aus Art. 5 und 6 iVm Art. 3 lit. c des Haager Übereinkommens über den internationalen Schutz von Erwachsenen vom 13. Januar 2000 (Erwachsenenschutzübereinkommen - ErwSÜ; BGBl. 2007 II S. 323, 324) folgt. Dessen Anwendungsbereich bestimmt Art. 1 Abs. 1 ErwSÜ dahingehend, dass das Übereinkommen bei internationalen Sachverhalten auf den Schutz von Erwachsenen anzuwenden ist, die aufgrund einer Beeinträchtigung oder der Unzulänglichkeit ihrer persönlichen Eigenschaften nicht in der Lage sind, ihre Interessen zu schützen.
- 13
- b) Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte folgt nämlich selbst dann, wenn die nach § 97 FamFG vorrangigen völkerrechtlichen Vereinbarungen und Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft nicht eingreifen, jedenfalls aus § 99 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 iVm § 151 Nr. 4 FamFG (vgl. auch OLG Karlsruhe Beschluss vom 7. September 2017 - 18 WF 62/17 - juris Rn. 14).
- 14
- Der Betroffene hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und mit der Vormundschaft geht es um eine der von § 99 FamFG erfassten Kindschaftssachen. Kind im Sinne der Vorschrift kann auch eine Person sein, die das 18. Lebensjahr bereits vollendet hat, sofern nach dem insoweit - etwa gemäß Art. 7 EGBGB - anwendbaren Recht damit nicht das Ende der Minderjährigkeit verbunden ist (vgl. OLG Karlsruhe Beschluss vom 7. September 2017 - 18 WF 62/17 - juris Rn. 14; BeckOK FamFG/Sieghörtner [Stand: 1. Oktober 2017] § 99 Rn. 23 mwN; Staudinger/Henrich BGB [2014] Art. 21 EGBGB Rn. 145; Zöller/Geimer ZPO 32. Aufl. Art. 8 EuEheVO Rn. 1; ohne Begründung aA Haußleiter/Gomille FamFG 2. Aufl. § 99 Rn. 2; Prütting/Helms/Hau FamFG 4. Aufl. § 99 Rn. 34). Denn die Kindschaftssachen im Sinne des § 99 FamFG stellen nicht auf die Vollendung des 18. Lebensjahres, sondern jeweils auf die Minderjährigkeit ab, wobei die Vorfrage des Eintritts der Geschäftsfähigkeit grundsätzlich gemäß Art. 7 Abs. 1 EGBGB wiederum selbständig an das Recht des Staates anzuknüpfen ist, dem die Person angehört. Dass der Begriff der Kindschaftssachen des § 99 FamFG enger - nämlich auf Personen unter 18 Jahren begrenzt - sein soll als der des § 151 FamFG, ist nicht ersichtlich.
- 15
- Wann für den Betroffenen die Volljährigkeit eintritt, ist mithin sowohl für die internationale Zuständigkeit als auch für die verfahrensgegenständliche materiell -rechtliche Frage, ob die Vormundschaft beendet ist, maßgeblich. Es handelt sich insoweit um eine doppelrelevante Tatsache, so dass im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung die Minderjährigkeit als gegeben zu unterstellen ist (vgl.
- 16
- 2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet.
- 17
- a) Nicht zu beanstanden ist, dass das Oberlandesgericht die Beschwerde des Betroffenen für zulässig gehalten und dabei insbesondere die hierfür nach § 59 FamFG erforderliche Beschwer bejaht hat. Diese scheitert nicht daran , dass jedenfalls nach deutschem Recht die Vormundschaft mit Eintritt der Volljährigkeit von Gesetzes wegen endet (§§ 1882, 1773 Abs. 1 BGB) und der amtsgerichtliche Beschluss, in dem dies bejaht wird, das Ende lediglich deklaratorisch feststellt. Denn wie das Oberlandesgericht zutreffend ausführt, ist der Betroffene durch die mit der gerichtlichen Feststellung verbundene Rechtsscheinwirkung in seinen Rechten beeinträchtigt, so dass ihm der Rechtsmittelzug zur Verfügung stehen muss, um diese Wirkung zu beseitigen (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 2015, 1820, 1822; Erman/Schulte-Bunert BGB 15. Aufl. § 1882 Rn. 5; MünchKommBGB/Spickhoff 7. Aufl. § 1882 Rn. 16; aA Staudinger /Veit BGB [2014] §1882 Rn. 22).
- 18
- b) Von Rechtsfehler beeinflusst ist hingegen die Annahme des Oberlandesgerichts , das Ende der Vormundschaft richte sich nach deutschem Recht. Vielmehr erscheint möglich, dass mangels vorrangiger Verweisung in das deutsche Recht insoweit gemäß Art. 24 Abs. 1 Satz 1 EGBGB das Recht der Republik Guinea zur Anwendung kommen muss.
- 19
- aa) Anders als das Oberlandesgericht meint, führt der Umstand, dass der Betroffene bei Anordnung der Vormundschaft dem Haager Kinderschutzübereinkommen gemäß dessen Artikel 2 unterfiel, nicht ohne weiteres dazu, dass sich auch der Zeitpunkt des Endes der Vormundschaft nach deutschem Recht richtet.
- 20
- Unerheblich ist hierfür, ob das Amtsgericht seine internationale Zuständigkeit bei Anordnung der Vormundschaft auf Art. 8 Abs. 1 Brüssel IIa-VO gestützt hat. Denn die sogenannte hypothetische Zuständigkeit nach Art. 5 und 6 KSÜ war ausreichend dafür, dass gemäß Art. 15 Abs. 1 KSÜ deutsches Recht zur Anwendung kam (vgl. Senatsbeschluss vom 16. März 2011 - XII ZB 407/10 - FamRZ 2011, 796 Rn. 12, 30 ff.; Palandt/Thorn BGB 77. Aufl. Anh. Art. 24 EGBGB Rn. 21 mwN auch zur Gegenmeinung; Staudinger/v. Hein BGB [2014] Vorbem zu Art. 24 EGBGB Rn. 2c mwN). Das Erlöschen der elterlichen Verantwortung - zu der gemäß Art. 1 Abs. 2 KSÜ auch das durch die Vormundschaft begründete Sorgeverhältnis gehört - kraft Gesetzes bestimmt sich dann grundsätzlich gemäß Art. 16 Abs. 1 KSÜ nach dem Recht des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes. Die vom Haager Kinderschutzübereinkommen hierdurch vorgenommene Verweisung in das deutsche Recht endete aber mit der Vollendung des 18. Lebensjahres, weil dieser Zeitpunkt nach Art. 2 KSÜ den Anwendungsbereich des Übereinkommens insgesamt begrenzt. Die letztlich auf das Haager Kinderschutzübereinkommen gestützte Annahme des Oberlandesgerichts , das Ende der Vormundschaft richte sich nach §§ 1882, 1773 Abs. 1 BGB, wäre daher nur zutreffend, wenn die Minderjährigkeit des Betroffenen in eben diesem Zeitpunkt geendet hätte. Dann nämlich fielen Vormundschaftsende und zeitliches Ende der Verweisung des Art. 16 Abs. 1 KSÜ zusammen, was für die Anwendbarkeit des aus dem gewöhnlichen Aufenthalt des Betroffenen folgenden deutschen Rechts ausreichend wäre.
- 21
- Die Frage, ob die Minderjährigkeit des Betroffenen mit Vollendung des 18. Lebensjahres geendet hat, ist aber nach internationalem Privatrecht selb- ständig anzuknüpfen und lässt sich auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen nicht bejahen.
- 22
- (1) Der Eintritt der Volljährigkeit mit Vollendung des 18. Lebensjahres folgt danach für den Betroffenen nicht aus § 2 BGB iVm - ggf. über § 2 Abs. 1 AsylG - Art. 12 Abs. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK; BGBl. 1953 II S. 559, 560), das für das Personalstatut eines Flüchtlings in das Recht seines Wohnsitzes und in Ermangelung eines solchen seines Aufenthaltslandes verweist.
- 23
- Anders als das Oberlandesgericht meint, erfasst die Regelung in Art. 12 Abs. 1 GFK allerdings die Frage der Volljährigkeit des Flüchtlings. Richtig ist zwar, dass der Begriff des Personalstatuts in der Konvention selbst nicht definiert ist. Die Geschäftsfähigkeit und insbesondere die Frage der Volljährigkeit gehören jedoch sowohl aus deutscher Sicht als auch bei konventionsautonomer Auslegung zum Kernbereich des Personalstatuts (vgl. zum Ganzen v. Hein FamRZ 2015, 1822, 1823 mwN), so dass Art. 12 Abs. 1 GFK die Staatsangehörigkeitsanknüpfung des Art. 7 Abs. 1 EGBGB verdrängt (OLG Hamm Beschluss vom 3. Mai 2017 - 10 UF 6/17 - juris Rn. 12 ff.; v. Hein FamRZ 2015, 1822, 1823; Böhmer/Siehr/Verschraegen Das gesamte Familienrecht [Stand: August 2017] Art. 7 EGBGB Rn. 18 und Art. 5 EGBGB Rn. 24; Erman/Hohloch BGB 15. Aufl. Art. 7 EGBGB Rn. 2; MünchKommBGB/Lipp 6. Aufl. Art. 7 EGBGB Rn. 34; Palandt/Thorn BGB 77. Aufl. Anh. Art. 5 EGBGB Rn. 23; Staudinger/ Hausmann BGB [2013] Art. 7 EGBGB Rn. 20; aA OLG Karlsruhe FamRZ 2015, 1820, 1821; jurisPK-BGB/Ludwig [Stand: 1. März 2017] Art. 7 EGBGB Rn. 7). Dass dies zur Folge hat, dass der Tatrichter in Fällen wie dem vorliegenden die Flüchtlingseigenschaft eigenständig prüfen muss (Senatsurteil BGHZ 169, 240 = FamRZ 2007, 109), kann nicht ausschlaggebend dafür sein, die mit Art. 12 Abs. 1 GFK bezweckte rechtliche Entkoppelung des Flüchtlings von dem Natio- nalstaat, der ihm zur Flucht Anlass gegeben hat, nicht umzusetzen (vgl. auch Staudinger/Bausback BGB [2013] Anhang IV zu Art. 5 EGBGB Rn. 68). Mit der Genfer Flüchtlingskonvention sollten Flüchtlinge möglichst weitgehend integriert und den Einwohnern des Wohnsitzstaates praktisch gleichgestellt werden. Dies bedingt aber auch, die Frage ihrer Volljährigkeit nach dem Recht des Wohnsitzbzw. Aufenthaltslandes zu beurteilen (vgl. Staudinger/Bausback BGB [2013] Anhang IV zu Art. 5 EGBGB Rn. 47).
- 24
- Eine nicht staatenlose Person wie der Betroffene des vorliegenden Verfahrens ist Flüchtling nach Art. 1 Abschnitt A Abs. 2 GFK iVm dem Protokoll über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 31. Januar 1967 (BGBl. 1969 II S. 1293, 1294), wenn sie sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen will (vgl. auch § 3 Abs. 1 AsylG). Feststellungen dazu, ob dies auf den Betroffenen zutrifft, hat das Oberlandesgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - bislang nicht getroffen.
- 25
- (2) Die Annahme des Oberlandesgerichts, die Volljährigkeit des Betroffenen ergebe sich aus dem wegen Art. 7 Abs. 1 Satz 1 EGBGB maßgeblichen Recht der Republik Guinea als dem Heimatrecht des Betroffenen, hält den Rügen der Rechtsbeschwerde nicht stand.
- 26
- (a) Auf eine Verletzung ausländischen Rechts kann die Rechtsbeschwerde nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht gestützt werden. Der deutsche Tatrichter hat ausländisches Recht im Wege des Freibeweises zu er- mitteln. In welcher Weise er sich die notwendigen Kenntnisse verschafft, liegt in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Das Rechtsbeschwerdegericht überprüft insoweit auf entsprechende Verfahrensrüge nur, ob der Tatrichter sein Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt, insbesondere die sich anbietenden Erkenntnisquellen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls hinreichend ausgeschöpft hat. An die Ermittlungspflicht sind dabei umso höhere Anforderungen zu stellen, je komplexer und je fremder im Vergleich zum deutschen das anzuwendende Recht ist. Bei Anwendung einer dem deutschen Recht verwandten Rechtsordnung und bei klaren Rechtsnormen sind die Anforderungen geringer (Senatsbeschluss vom 24. Mai 2017 - XII ZB 337/15 - FamRZ 2017, 1209 Rn. 13 f. mwN).
- 27
- (b) Gemessen hieran ist das Oberlandesgericht ohne ausreichende Ermittlungen zu dem Ergebnis gelangt, dass die Volljährigkeit (auch) nach dem Recht der Republik Guinea mit der Vollendung des 18. Lebensjahres eintrete.
- 28
- Welches Volljährigkeitsalter nach dem Recht der Republik Guinea gilt, wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung uneinheitlich beantwortet. Während einige Oberlandesgerichte von der Volljährigkeit erst mit Vollendung des 21. Lebensjahres ausgehen (OLG Karlsruhe Beschluss vom 7. September 2017 - 18 WF 62/17 - juris Rn. 28 ff.; OLG Brandenburg StAZ 2017, 111; OLG Bremen Beschluss vom 23. Februar 2016 - 4 UF 186/15 - juris Rn. 9 ff.), stimmen andere mit der angefochtenen Entscheidung überein (OLG Oldenburg Beschluss vom 5. September 2017 - 13 WF 76/17 - juris Rn. 14; OLG Hamm [10. Senat für Familiensachen] Beschluss vom 3. Mai 2017 - 10 UF 6/17 - juris Rn. 17 ff.). Dabei ist der Ausgangspunkt jeweils identisch, wonach gemäß dem - bislang nicht ausdrücklich aufgehobenen - Art. 443 des Code Civil der Republik Guinea die Volljährigkeit auf das vollendete 21. Lebensjahr festgesetzt wird (vgl. auch Henrich/Arnold in Bergmann/Ferid Internationales Ehe- und Kind- schaftsrecht [Stand: 1. März 2006] „Guinea“ S. 14, 33). Unterschiedlich wird hingegen eingeschätzt, welche rechtlichen Konsequenzen sich aus dem im Jahr 2008 eingeführten Code de l´Enfant der Republik Guinea und insbesondere aus dessen Art. 168 ergeben, der nach den tatrichterlichen Feststellungen besagt, dass ein Kind unter 18 Jahren nur mit Zustimmung seiner Eltern bzw. des Inhabers der elterlichen Gewalt Verträge abschließen kann. Teilweise wird der Code de l´Enfant allein als Gesetzeswerk gesehen, das die Rechte von Kindern in Guinea näher regele, nur Anwendung auf Personen unter 18 Jahren finde und keine Regelungen über den Eintritt der Volljährigkeit enthalte (vgl. OLG Bremen Beschluss vom 23. Februar 2016 - 4 UF 186/15 - juris Rn. 11). Demgegenüber wird zur Begründung einer mit diesem Gesetzeswerk verbundenen - nach Art. 6 Code Civil möglichen - stillschweigenden Änderung des Volljährigkeitsalters darauf verwiesen, dass das Gesetz unter anderem in Art. 271 ff. Bestimmungen zur Entlassung aus der elterlichen Sorge enthalte, die diejenigen im Code Civil zu dieser Materie ersetzten und zum Teil von ihnen abwichen (vgl. OLG Oldenburg Beschluss vom 5. September 2017 - 13 WF 76/17 - juris Rn. 13).
- 29
- Das Oberlandesgericht hat sich auf die Mitteilungen des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten der Republik Guinea vom 3. Mai 2016 und der Botschaft der Republik Guinea vom 30. September 2016 gestützt. Allerdings hatte Letztere noch unter dem 19. September 2016 erklärt, die Volljährigkeit werde „laut Zivilgesetzbuch mit 21 Jahren erreicht“. Angesichts dieser aus sich heraus unklaren Gesetzeslage, die zu divergierenden Beurteilungen in der obergerichtlichen Rechtsprechung geführt hat, und den unterschiedlichen Auskünften der Behörden Guineas durfte sich das Oberlandesgericht nicht mit der ersichtlich auf einer vorläufigen Einschätzung beruhenden Auskunft des in Aussicht genommenen Gutachters begnügen, ihm scheine die Gesetzeslage klar zu sein. Vielmehr sind bei dieser Sachlage an die Ermittlungspflicht höhere An- forderungen zu stellen, die es gebieten, ein aussagekräftiges Sachverständigengutachten einzuholen.
- 30
- bb) Die Anwendbarkeit deutschen Rechts auf das Ende der Vormundschaft ergibt sich auch nicht aus Art. 13 Abs. 1 ErwSÜ, weil der Anwendungsbereich des Haager Erwachsenenschutzübereinkommens in einem Fall wie dem vorliegenden nicht eröffnet ist (aA v. Hein FamRZ 2015, 1822).
- 31
- Nach Art. 1 Abs. 1 ErwSÜ ist dieses Übereinkommen bei internationalen Sachverhalten auf den Schutz von Erwachsenen anzuwenden, die aufgrund einer Beeinträchtigung oder der Unzulänglichkeit ihrer persönlichen Eigenschaften nicht in der Lage sind, ihre Interessen zu schützen. Zwar ist gemäß Art. 2 Abs. 1 ErwSÜ Erwachsener eine Person, die das 18. Lebensjahr vollendet hat, und können die von Artikel 1 in Bezug genommenen Maßnahmen laut Art. 3 lit. c ErwSÜ auch die Vormundschaft umfassen. Gleichwohl ist der Anwendungsbereich hier nicht eröffnet. Denn die Vormundschaft für den Betroffenen ist nicht wegen einer Beeinträchtigung oder Unzulänglichkeit iSd Art. 1 Abs. 1 ErwSÜ angeordnet worden. Die dort genannten Fähigkeiten sind nur persönlich , wenn sie zur Psyche oder zum Körper des Erwachsenen gehören, so dass nur Schutzmaßnahmen erfasst sind, die die Hilfsbedürftigkeit wegen einer psychischen oder körperlichen Behinderung oder Krankheit auffangen sollen (vgl. Lagarde BT-Drucks. 16/3250 S. 33; MünchKommBGB/Lipp 6. Aufl. Art. 1-4 ErwSÜ Rn. 11; Palandt/Thorn BGB 77. Aufl. Anh. Art. 24 EGBGB Rn. 2; Helms FamRZ 2008, 1995, 1996 und 1999; OLG Brandenburg StAZ 2017, 111; in diesem Sinn auch OLG Karlsruhe Beschluss vom 7. September 2017 - 18 WF 62/17 - juris Rn. 13). Um eine solche Hilfsbedürftigkeit handelt es sich bei der Minderjährigkeit jedoch nicht.
- 32
- Nichts anderes folgt aus Art. 2 Abs. 2 ErwSÜ, der die Anwendung des Übereinkommens auf Maßnahmen sicherstellt, die hinsichtlich eines Erwachsenen zu einem Zeitpunkt getroffen worden sind, in dem er das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte (aA offensichtlich Staudinger/v. Hein BGB [2014] Vorbem zu Art. 24 EGBGB Rn. 35a). Auch insoweit geht es allein um Maßnahmen in dem von Art. 1 Abs. 1 ErwSÜ umschriebenen Rahmen. Denn mit Art. 2 Abs. 2 ErwSÜ soll der Fall geregelt werden, dass die zuständigen Behörden in Anwendung des Haager Kinderschutzübereinkommens Maßnahmen getroffen haben, die auf den Schutz eines behinderten Kindes abzielen, wobei sie vorsehen , dass diese Maßnahmen nach der Volljährigkeit des Kindes weiterhin durchgeführt werden oder mit seiner Volljährigkeit wirksam werden (Lagarde BT-Drucks. 16/3250 S. 33 f.); nach deutschem Recht kommen insoweit etwa eine gemäß § 1908 a BGB für einen 17-Jährigen eingerichtete, erst mit dem Eintritt seiner Volljährigkeit wirksam werdende Betreuung, oder ein nach dieser Norm vor Vollendung des 18. Lebensjahres angeordneter Einwilligungsvorbehalt in Betracht.
- 33
- c) Selbst wenn - wozu das Oberlandesgericht keine Feststellungen getroffen hat - das für das Ende der für den Betroffenen angeordneten Vormundschaft ggf. gemäß Art. 24 Abs. 1 Satz 1 EGBGB anwendbare Recht der Republik Guinea eine den §§ 1882, 1773 Abs. 1 BGB vergleichbare Regelung enthalten sollte (vgl. dazu OLG Karlsruhe Beschluss vom 7. September 2017 - 18 WF 62/17 - juris Rn. 23, 25: Vormundschaft endet mit dem Eintritt der Volljährigkeit ), kann die angefochtene Entscheidung keinen rechtlichen Bestand haben. Denn in jedem Fall hält die Annahme des Oberlandesgerichts, dass der Betroffene mit Vollendung des 18. Lebensjahres volljährig geworden sei, rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
- 34
- 3. Die angefochtene Entscheidung ist daher gemäß § 74 Abs. 5 FamFG aufzuheben. Die Sache ist nach § 74 Abs. 6 Satz 2 FamFG an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen, das die erforderlichen Feststellungen auf der Grundlage ausreichender Ermittlungen zu treffen haben wird. Dose Klinkhammer Schilling Nedden-Boeger Guhling
AG Bochum, Entscheidung vom 28.10.2016 - 58 F 316/16 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 15.05.2017 - II-6 UF 175/16 -
Tenor
1. Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren wird abgesehen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
2. Der Verfahrenswert wird für das Beschwerdeverfahren auf 3.000 € festgesetzt.
Gründe
Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.
(1) In einer Kindschaftssache, die
- 1.
die Übertragung oder Entziehung der elterlichen Sorge oder eines Teils der elterlichen Sorge, - 2.
das Umgangsrecht einschließlich der Umgangspflegschaft, - 3.
das Recht auf Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes, - 4.
die Kindesherausgabe oder - 5.
die Genehmigung einer Einwilligung in einen operativen Eingriff bei einem Kind mit einer Variante der Geschlechtsentwicklung (§ 1631e Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs)
(2) Eine Kindschaftssache nach Absatz 1 ist auch dann als ein Gegenstand zu bewerten, wenn sie mehrere Kinder betrifft.
(3) Ist der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.
(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in
- 1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts, - 2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie - 3.
Freiheitsentziehungssachen.
(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.