Oberlandesgericht Nürnberg Beschluss, 19. Juli 2018 - 11 UF 368/18

bei uns veröffentlicht am19.07.2018

Tenor

1. Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren wird abgesehen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

2. Der Verfahrenswert wird für das Beschwerdeverfahren auf 3.000 € festgesetzt.

Gründe

Die Entscheidung beruht auf §§ 67 Abs. 4, 81 Abs. 1, 84 FamFG. Die Beschwerde ist zurückgenommen worden.

Der am ...2000 geborene Beschwerdeführer, der guineischer Staatsangehöriger ist, hatte sich gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Erlangen vom 27.02.2000 gewandt, das die für ihn bestehende Vormundschaft wegen Volljährigkeit des Mündels beendet hatte. Er vertrat die Auffassung, dass nach dem Recht seines Heimatlandes die Volljährigkeit erst mit Vollendung des 21. Lebensjahres erreicht werde; dies ergebe sich aus dem guineischen Code civil, Titre XVI, Chapitre I: De la Majorite, Art. 443.

Der Senat hat zu der Frage, mit welchem Lebensalter nach dem Recht des Staates Guinea die Volljährigkeit in dem Sinne eintritt, dass die elterliche Sorge für die betroffene Person endet, ein Sachverständigengutachten eingeholt. Der Sachverständige Prof. Dr. A… D… vom Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung der Ludwig-Maximilians-Universität München kam in seinem Gutachten vom 19.06.2018 zusammenfassend zu folgendem Ergebnis: Die Geschäftsfähigkeit knüpfe nach dem Recht der Republik Guinea an die Staatsangehörigkeit der betreffenden Person an. Es lägen im guineischen Recht sich widersprechende gesetzliche Vorschriften zum Eintritt des Volljährigkeitszeitalters vor. Ein Normwiderspruch bestehe insbesondere zwischen Art. 443 des guineischen Code civil in der Fassung aus dem Jahr 1983, der das Volljährigkeitsalter auf die Vollendung des 21. Lebensjahres festlege, und dem Code de l´enfant guineen aus dem Jahr 2008, der in seinem Art. 1 den Begriff des Kindes auf Menschen begrenze, die noch nicht das 18. Lebensjahr erreicht hätten, und ferner in seinem Art. 168 regle, dass Personen unter 18 Jahren nicht geschäftsfähig seien. Dieser Normwiderspruch werde im guineischen Recht zwar nicht explizit aufgelöst. Bei Anwendung allgemeiner Methoden spreche jedoch einiges dafür, dass die Volljährigkeit nach guineischem Recht bereits mit der Vollendung des 18. Lebensjahres eintrete; insbesondere sei der Code de l´enfant guineen aus dem Jahr 2008 in Bezug auf die Frage der Volljährigkeit sowohl das spätere, als auch das speziellere Gesetz.

Nach Vorliegen des Sachverständigengutachtens hat der Beschwerdeführer seine Beschwerde zurückgenommen.

Im Hinblick auf die vorstehend dargelegten Schwierigkeiten bei der Beurteilung der Rechtslage in Bezug auf den Eintritt der Volljährigkeit nach dem Recht des Heimatlandes des Beschwerdeführers erscheint es dem Senat angemessen, hier abweichend von der Regelkostenentscheidung nach § 84 Abs. 1 FamFG, wonach bei einer Beschwerderücknahme grundsätzlich der Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt, von der Erhebung von Gerichtskosten - einschließlich der Auslagen für die Einholung des Sachverständigengutachtens zum guineischen Recht - abzusehen.

Die Festsetzung des Verfahrenswerts richtet sich nach § 42 Abs. 2 FamGKG.

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Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 84 Rechtsmittelkosten


Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.

Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen - FamGKG | § 42 Auffangwert


(1) Soweit in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit der Verfahrenswert sich aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt und auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen. (2) Soweit in einer nichtvermögensrechtliche

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 67 Verzicht auf die Beschwerde; Rücknahme der Beschwerde


(1) Die Beschwerde ist unzulässig, wenn der Beschwerdeführer hierauf nach Bekanntgabe des Beschlusses durch Erklärung gegenüber dem Gericht verzichtet hat. (2) Die Anschlussbeschwerde ist unzulässig, wenn der Anschlussbeschwerdeführer hierauf nac

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(1) Die Beschwerde ist unzulässig, wenn der Beschwerdeführer hierauf nach Bekanntgabe des Beschlusses durch Erklärung gegenüber dem Gericht verzichtet hat.

(2) Die Anschlussbeschwerde ist unzulässig, wenn der Anschlussbeschwerdeführer hierauf nach Einlegung des Hauptrechtsmittels durch Erklärung gegenüber dem Gericht verzichtet hat.

(3) Der gegenüber einem anderen Beteiligten erklärte Verzicht hat die Unzulässigkeit der Beschwerde nur dann zur Folge, wenn dieser sich darauf beruft.

(4) Der Beschwerdeführer kann die Beschwerde bis zum Erlass der Beschwerdeentscheidung durch Erklärung gegenüber dem Gericht zurücknehmen.

Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.

(1) Soweit in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit der Verfahrenswert sich aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt und auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen.

(2) Soweit in einer nichtvermögensrechtlichen Angelegenheit der Verfahrenswert sich aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt, ist er unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beteiligten, nach billigem Ermessen zu bestimmen, jedoch nicht über 500 000 Euro.

(3) Bestehen in den Fällen der Absätze 1 und 2 keine genügenden Anhaltspunkte, ist von einem Wert von 5 000 Euro auszugehen.