Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 16. Juni 2016 - I-6 U 20/15
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 22.10.2014 verkündete Urteil der 11. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf (41 O 118/12) unter Zurückweisung ihres weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 850.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.11.2012 zu zahlen Zug um Zug gegen Rückabtretung des von der Klägerin an der A. , Berlin, gehaltenen Geschäftsanteils im Nennbetrag von 12.750,00 € (lfd. Nr.1) sowie sämtlicher von der Klägerin an der B. , Berlin, gehaltenen Geschäftsanteile an die Beklagte zu 1), und gegen Rückabtretung der Darlehensrückzahlungsansprüche einschließlich Zinsansprüche der Klägerin gegenüber der A., Berlin, aus den Darlehensverträgen vom 30.07.2007, 13.08.2007, 16.10.2007, 03.12.2007, 05.03.2008, 18.06. 2008, 06.07.2008, 25.09.2008, 21.10.2010 und 15.12.2010, valutierend zum 19.04.2011 in Höhe von insgesamt 2.787.676,69 € an die Beklagte zu 2), sowie gegen Rückabtretung der Darlehensrückzahlungsansprüche einschließlich der Zinsansprüche der Klägerin gegenüber der B., Berlin, aus den Darlehensverträgen vom 31.07.2008 und vom 28.01.2011, valutierend zum 19.04.2011 in Höhe von 409.611,29 €, an die Beklagte zu 2).
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin weitere 30.827,82 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.11.2012 zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung jeweils gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Gründe:
2I.
3Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen vorsätzlicher Verletzung vorvertraglicher Informations- und Aufklärungspflichten beim Abschluss eines Kauf- und Abtretungsvertrages auf Schadensersatz in Anspruch. Die Klägerin verlangt Rückzahlung des gezahlten Kaufpreises von 850.000,00 € (Antrag zu 1.), Ersatz von den Zielgesellschaften im Zusammenhang mit dem Unternehmenskauf gewährten Darlehen in Höhe von 730.000,00 € (Antrag zu 2.), Erstattung von im Zusammenhang mit Vorbereitung und Durchführung der Transaktion entstandenen Kosten für die C. sowie die Gestaltung des Kaufvertrages, die D. , für die notarielle Beurkundung der Verträge sowie für die nach der Transaktion notwendigen Restrukturierungsleistungen in einer Gesamthöhe von 70.000,25 € (Antrag zu 3.) sowie Freistellung von einem Provisionsanspruch in Höhe von 100.000,00 € (Antrag zu 4.). Hilfsweise macht die Klägerin vertragliche Schadensersatzansprüche in Höhe von 289.962,23 € aufgrund der Verletzung von selbständigen Garantieversprechen geltend (Antrag zu 5.).
4Die von der E. am 15.04.2011 eigens zum Erwerb der Zielgesellschaften gegründete (Anlage K 1) und am 20.04.2011 in das Handelsregister eingetragene (Anlage K 2) Klägerin erwarb von der Beklagten zu 1), die eine 100 %-ige Tochtergesellschaft der börsennotierten Beklagten zu 2) ist, mit notariell beurkundetem Kauf- und Abtretungsvertrag vom 20.04.2011 (UR. Nr. … des Notars F. in Berlin, Anlage K 13) deren Geschäftsanteile an der A. und an der B.. Geschäftsführer der „A.“ waren die Herren G. und H.. Die Beklagte zu 1) war am Stammkapital der „B.“ zu 100 % und an dem der „A.“ zu 51 % beteiligt. Weitere Gesellschafter der „A.“ waren die I., deren Geschäftsführer ebenfalls Herr H. war, mit einem Anteil von 33 % und ein Herr J. mit einem Anteil von 16 %. Die Geschäftsanteile der „I.“ und des Herrn J. an der „A.“ übertrugen diese, jeweils vertreten durch Herrn H., auf die Klägerin und zwar mit notariellem Kaufvertrag ebenfalls vom 20.04.2011. Nach den Schlussbestimmungen dieses Vertrages war die Vereinbarung „aufschiebend bedingt durch die Wirksamkeit der mit gesonderter Vereinbarung zu vereinbarenden Übertragung und Abtretung eines Geschäftsanteils von EUR 9.750,00 an der Käuferin“, also an der Klägerin, auf Herrn H. (UR. Nr. … des Notars F. in Berlin, Anlage K 17). Die Geschäftsanteile an der „I.“, welche von Herrn H. zu 98% und einem Herrn K. zu 2% gehalten wurden, erwarb die Klägerin mit notariellem Kaufvertrag vom 20.04.2011. Diese Vereinbarung wurde unter der aufschiebenden Bedingung des wirksamen Abschlusses eines Anteilskauf- und Übertragungsvertrages zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits bezüglich sämtlicher von der Beklagten zu 1) an der „A.“ und an der „I.“ sowie des Vollzugs der bereits erwähnten Übertragung und Abtretung eines Geschäftsanteils an der Klägerin auf Herrn H. geschlossen (UR. Nr. … des Notars F. in Berlin, Anlage K 19). Mit notarieller Urkunde vom 20.04.2011 übertrug die „E.“ unter entsprechender Teilung ihres Geschäftsanteils (25.000,00 €) in Teilgeschäftsanteile in Höhe von 9.750,00 € und 2.500,00 € an die Herren H. und G., was aufschiebend bedingt war durch die Wirksamkeit der mit gesonderter Vereinbarung zu vereinbarenden Übertragung und Abtretung eines Geschäftsanteils an der „A.“ in Höhe von 12.750,00 € von der Beklagten zu 1) auf die Klägerin (UR. Nr. … des Notars F. in Berlin, Anlage K 73, Bl. 571 -575 GA). Mit Wirksamwerden der rechtlich und wirtschaftlich eine Einheit bildenden Verträge vom 20.04.2011 waren also zum einen die Klägerin mit jeweils 100 % an den drei Zielgesellschaften „A.“, „I.“ und „B.“ und zum anderen an der Klägerin die Gründungsgesellschafterin „E.“ noch mit 51 % sowie die Herren H. und G. mit 39 % bzw. 10 % beteiligt. Zur Veranschaulichung der gesamten Transaktion wird auf das Schaubild auf Seite 21 der Klageschrift (Bl. 21 GA) Bezug genommen.
5Von der Beklagten zu 2) erwarb die Klägerin Darlehensforderungen gegen die „A.“ in Höhe von 2.787,676,69 EUR sowie gegen die „B.“ in Höhe von 409.611,29 EUR jeweils einschließlich aufgelaufener Zinsen. Der Gesamtkaufpreis von 850.000,00 EUR verteilt sich wie folgt: 12.750,00 EUR für den Geschäftsanteil der Beklagten zu 1) an der „A.“, 25.000,00 EUR für die Geschäftsanteile der Beklagten zu 1) an der „B.“, 731.025,00 EUR für die Darlehensforderung der Beklagten zu 2) gegen die „A.“ und 81.225,00 EUR für die Darlehensforderung der Beklagten zu 2) gegen die „B.“ (5.1 des Kaufvertrages, Anlage K 13).
6Die Parteien haben in dem Kauf- und Abtretungsvertrag u.a. folgendes vereinbart:
7„8. Selbständige Garantieversprechen der L. und der M.
88.1 Form und Umfang der Garantieversprechen der L.
9Die L. erklärt gegenüber der Käuferin in Form selbständiger Garantieversprechen gemäß § 311 Abs. 1 BGB und nach Maßgabe von § 9, § 10 und der übrigen Bestimmungen dieses Vertrages, dass die Aussagen gemäß dieses § 8.1 (…) am Tag der Beurkundung dieses Vertrages (Unterzeichnungstag) vollständig und zutreffend sind. Die Parteien sind sich darüber einig, dass die L.-Garantien weder Beschaffenheitsvereinbarungen i. S. d. § 434 Abs. 1 BGB noch Garantien für die Beschaffenheit der Sache i. S. d. §§ 443, 444 BGB darstellen.
108.1.2 Buchführung und Jahresabschlüsse
11(a) Die Jahresabschlüsse der A. und B. jeweils zum 31. Dezember 2009 wurden in Übereinstimmung mit den jeweils anwendbaren wesentlichen inländischen Vorschriften und insbesondere den jeweils anwendbaren Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung (GoB) sowie, in deren Rahmen, unter Wahrung formeller und materieller Bilanzkontinuität erstellt, insbesondere sind alle Bewertungsmethoden beibehalten sowie alle Aktivierungs- und Passivierungswahlrechte unverändert ausgeübt worden.
12(b) Die Jahresabschlüsse der A. und B. jeweils zum 31. Dezember 2009 vermitteln ein im Wesentlichen den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der A. und B. für die jeweiligen Stichtage und Geschäftsjahre. Die Bilanzen der Jahresabschlüsse jeweils zum 31. Dezember 2009 sind hinsichtlich der darin ausgewiesenen Aktiv- und Passivposten, auch was deren Betrag betrifft, vollständig und zutreffend. Die Ergebnisse der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit der A. und B. des Geschäftsjahres 2009 sind durch keine außerordentlichen oder ungewöhnlichen Ereignisse oder sonstigen Umstände wesentlich beeinflusst worden.
13(c) Die A. und B. haben am Stichtag 31. Dezember 2009 keine bilanzierungspflichtigen Verbindlichkeiten (einschließlich ungewisser Verbindlichkeiten), die nicht im Jahresabschluss 2009 und/oder im vorläufigen Jahresabschluss 2010 ausgewiesen sind, für die nicht in voller Höhe Rückstellungen gebildet wurden oder die nicht vollständig offengelegt wurden. Vorstehendes gilt nicht für Erfüllungsgeschäfte aus beiderseits noch nicht erfüllten Verträgen (schwebende Geschäfte), soweit diese nicht bilanzierungsfähig sind.
14(d) Die vorstehenden Regelungen gelten auch für die vorläufigen Jahresabschlüsse, jedoch nicht im Hinblick auf die in § 7 hingewiesene Werthaltigkeit der im Jahresabschluss der A. ausgewiesenen Forderung gegen die Mitgesellschafterin I.. Das zuletzt Gesagte gilt auch für den Jahresabschluss zum 31. Dezember 2009.
158.3 Keine weiteren Garantieversprechen der M. und der L.
168.3.1 Die Käuferin erkennt ausdrücklich an, die Verkauften Geschäftsanteile und damit die A. sowie die B. und ihre Geschäftstätigkeiten in dem Zustand zu erwerben, wie sie sich am Unterzeichnungstag nach ihrer eigenen Untersuchung und Beurteilung sämtlicher Umstände befinden, und den Kauf aufgrund ihrer eigenen Entscheidung, Untersuchung und Beurteilung zu tätigen, ohne hierbei auf ausdrückliche oder konkludente Zusicherungen, Gewährleistungen oder Garantien der M. oder der L. abzustellen, die über die von der M. oder der L. ausdrücklich in diesem § 8 abgegebenen Garantien hinausgehen oder von diesen abweichen.
178.3.2 Unbeschadet des vorangegangenen Absatzes akzeptiert die Käuferin insbesondere, dass die M. und die L. keine ausdrücklichen oder stillschweigenden Garantieversprechen, Gewährleistungen, Zusicherungen sonstige Einstandserklärungen abgibt zu …
18(b) anderen Informationen oder Dokumenten, die der Käuferin, ihren Anwälten, Wirtschaftsprüfern oder sonstigen Beratern in Bezug auf die A. und die B. und /oder deren Geschäftstätigkeit zugänglich gemacht worden sind, einschließlich der Geschäftspläne, Schätzungen und Berechnungen, es sei denn, aus diesem Vertrag ergibt sich ausdrücklich etwas anderes. ..
199.1.5 Die M. und die L. haften aus und im Zusammenhang mit diesem Vertrag als Gesamtschuldner. Eine dieser Parteien steht somit für die Verletzung einer Garantie durch eine andere Gesellschaft dieser Gruppe ein. Die Käuferin ist berechtigt, die M. und die L. für die Verletzung einer übernommenen Garantie in Anspruch zu nehmen.
2010. Ausschluss und Beschränkung der Haftung
2110.2 Keine Haftung bei Kenntnis
22Die Käuferin ist nicht berechtigt, Ansprüche aus oder im Zusammenhang mit diesem Vertrag geltend zu machen, soweit sie die dem Anspruch zugrunde liegenden Tatsachen oder Umstände kannte. Die Käuferin ist darüber hinaus nicht berechtigt, Ansprüche aus einer Verletzung der Garantieversprechen in den §§ 8.1.2 lit. (d) und 8.1.3, letzter Satz, geltend zu machen, soweit die derzeitigen Geschäftsführer der A. (in Bezug auf Herrn G. auch hinsichtlich seiner Mitwirkung an der Aufstellung des (vorläufigen) Jahresabschlusses der B. zum 31. Dezember 2010)…die dem Anspruch zugrunde liegenden Tatsachen kannten oder bei der Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsführers (§ 43 GmbHG) hätten kennen müssen. Diese Kenntnis und dieses Kennenmüssen hat sich die Käuferin insoweit wie eigene Kenntnis zurechnen zu lassen.
2310.7.2 Soweit gesetzlich zulässig, sind alle über die in diesem Vertrag geregelten Ansprüche und Rechte der Käuferin hinausgehenden Ansprüche und Rechte unabhängig von ihrer Entstehung, ihrem Umfang und ihrer rechtlichen Grundlage ausdrücklich ausgeschlossen. Dies gilt insbesondere für Ansprüche wegen vorvertraglicher Pflichtverletzung (§ 311 Abs. 2 und 3, 241 Abs. 2 BGB)…..sowie für alle sonstigen Ansprüche, die als Folge einen Rücktritt, eine Anfechtung oder Minderung oder aus anderen Gründen eine Beendigung, Unwirksamkeit oder Rückabwicklung dieses Vertrags, eine Änderung seines Inhalts oder eine Rückzahlung oder Reduzierung des Kaufpreises zur Folge haben können, es sei denn, der Anspruch beruht auf einer vorsätzlichen Handlung oder arglistigen Täuschung durch die M. oder die L..
2410.10 Keine Haftung von Vertretern etc.; keine Haftung für Erfüllungsgehilfen
25Die Parteien vereinbaren im Wege eines echten Vertrages zugunsten Dritter i. S. d. § 328 BGB, dass kein Vorstand, Geschäftsführer, Angestellter, Vertreter oder Berater der M., der L. oder der B. aus diesem Vertrag oder im Zusammenhang mit dem Abschluss oder der Durchführung dieses Vertrages haftet.
2610.11 Haftung für Vorsatz
27Die Haftung der M. oder der L. für eigenes vorsätzliches Verhalten und arglistige Täuschung bleibt unberührt.“
28Zu den Verträgen vom 20.04.2011 ist es wie folgt gekommen:
29Die Beklagte zu 2) hatte auf Konzernebene entschieden, sich von ihrem Geschäftsbereich „Mobility“ zu trennen und sich auf ihr Kerngeschäft, die Entwicklung und Herstellung anspruchsvoller Verbindungs- und Schlauchsysteme aus innovativen High-Tech-Kunststoffen, zu konzentrieren. Hierüber informierte sie mit der Ad-hoc-Mitteilung vom 10.11.2010 (Anlage K 6). Die Beklagte zu 2) beauftragte die N. damit, die Möglichkeiten eines Verkaufs der zu dem Geschäftsbereich „Mobility“ gehörenden Gesellschaften „A.“, „B.“ und O. zu eruieren. Nach der Präsentation der in Betracht kommenden Optionen wurde „N.“ als Berater für den beabsichtigten Verkauf der Gesellschaften beauftragt, wobei „N.“ nach von der Klägerin mit Nichtwissen bestrittener Darstellung der Beklagten mit Wissen der Geschäftsführer der betroffenen Gesellschaften G. und H. als exklusiver Berater der Beklagten tätig geworden ist. Die Bemühungen von „N.“, einen Investor oder Erwerber für die Gesellschaften zu finden, kamen nicht recht voran. Die Beklagten stellten daraufhin die Überlegung an, die Gesellschaften ggf. nicht zu verkaufen, sondern zu liquidieren. Die Herren H. und G., die als Geschäftsführer der „A.“ Kenntnis von den Verkaufsabsichten der Beklagten, der Einschaltung von „N.“ und der „Liquidationsalternative“ hatten, äußerten im Herbst 2010 Interesse daran, die Anteile der Beklagten zu 1) an den Gesellschaften im Rahmen eines sogenannten Management Buy-Out (MBO) „über eine noch zu gründende Holdinggesellschaft (P.)“ selbst zu kaufen (Term Sheet vom 07.12.2010, Anlage B 8, dort Seite 2 unter „MBO“). Es kam dieserhalb zu Gesprächen zwischen den Beratern der Beklagten, d.h. „N.“, und dem Berater der Herren H. und G., Rechtsanwalt Q.. Dieser berichtete „N.“ im Nachgang zu den geführten Gesprächen mit E-Mail vom 27.01.2011 (Anlage B 2, Bl. 127 GA) über die - bislang erfolglosen - Versuche, eine Finanzierung für das MBO-Vorhaben zu erhalten. Daraufhin luden die Beklagten die Herren H., G., R. und Q. zu einem Meeting auf den 28.02.2011 ein, um die Bemühungen um eine Lösung voranzutreiben. Das ursprüngliche MBO-Vorhaben der Geschäftsführer der Zielgesellschaften H. und G. scheiterte Anfang 2011, da dessen Finanzierung durch eine Bank nicht zustande gebracht werden konnte.
30Unter, auch in zeitlicher Hinsicht, strittigen Umständen traten die Herren H. und G. über ihren Berater Q. in Kontakt zu der S., einer Private Equity-Gesellschaft, welche bis Ende Oktober 2008 als T. firmierte (Handelsregisterauszug AG Düsseldorf HRB …, Anlage B 4). Der Berater der Herren H. und G., Herr Q., war bis zur Eintragung des Erlöschens am 26.11.2010 im Handelsregister eingetragener Prokurist der „S.“ (Anlage B 4). Die „S.“ war eine 100-%ige Tochtergesellschaft der U. (Anlage B 5), zu deren Gesellschaftern per 30.06.2010 neben dem Geschäftsführer der Klägerin, Herrn V., u.a. die „E.“, also die Gründungsgesellschafterin der Klägerin, gehören (Anlage K 68). Vormals firmierte die Muttergesellschaft der „S.“, soweit von Interesse, unter T. (Handelsregisterauszug AG Düsseldorf HRB …, Anlage B 6). An ihr war Rechtsanwalt Q., mit einem Geschäftsanteil von 1,60 % beteiligt (Gesellschafterliste der T., Anlage B 7). Per 30.06.2010 war Herr Q. nicht (mehr) Gesellschafter der Muttergesellschaft der „S.“, d.h. der U. (Anlage K 68).
31Die „S.“ hatte Interesse an einem Investment in der „Mobility-Sparte“ und verpflichtete sich gegenüber der „A.“ respektive deren Geschäftsführern H. und G. unter dem 20.12.2010 zur Vertraulichkeit (Anlage B 4, Bl. 139 – 140 GA). Nachdem die Herren H. und G. der „S.“ die Verkaufsabsichten der Beklagten, ihre Kaufpläne und die gegebene Situation erläutert und eine Unternehmenspräsentation (Investment Proposal und Businessplan, Anlage K 7) überlassen hatten, teilte die „S.“ ihnen mit Schreiben vom 18.02.2011 (Anlage K 8 bzw. B 3, Bl. 128 -138 GA) mit, dass Interesse an einem Erwerb der Geschäftsanteile bestünde. Dieses Schreiben leitete der Streitverkündete H. noch am selben Tag an den Vorstandsvorsitzenden der Beklagten zu 2) weiter (Anlage B 3, Bl. 128/129 GA). Die Verhandlungen über den Verkauf der Anteile an den Gesellschaften wurden im Folgenden zwischen den zuständigen Partnern der „S.“ und der Beklagten resp. deren Berater „N.“ geführt. Die im Wesentlichen in einem Gespräch am 15.03.2011, an welchem neben dem Vorstandsvorsitzenden der Beklagten zu 1), Herrn W., Vertreter von „N.“ und der „S.“, namentlich der Zeuge X., teilgenommen haben, ausgehandelten Eckdaten der beabsichtigten Transaktion wurden in dem Letter of Intent („LoI“) vom 21.03.2011 (Anlage K 9) festgehalten, über dessen rechtliche Bedeutung die Parteien allerdings streiten. Darin erklärte die „S.“ in ihrem an den Vorstandsvorsitzenden der Beklagten zu 2) W. gerichteten Schreiben vom 21.03.2011, ein unverbindliches Angebot zum Erwerb der Anteile an der „A.“ und der „B.“ unterbreiten und „alle notwendigen (auch finanziellen) Ressourcen zur kurzfristigen und effizienten Durchführung der Transaktion zur Verfügung“ stellen zu wollen. Unter „1. Transaktion:“ heißt es auf Seite 2 des „LoI“:
32U. beabsichtigt im Zuge der Transaktion die oben genannten Anteile und Darlehen zu erwerben. Die Transaktion wird über eine Erwerbergesellschaft (P.; Käuferin) abgewickelt werden. Die P. wird eine inländische Kapitalgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH sein.“
33Auf der Grundlage eines von den anwaltlichen Beratern der Beklagten erstellten Vertragsentwurfs vom 28.03.2011 (Anlage K 12), an welchem die Käuferin in Bezug auf die hier in Rede stehenden Regelungen zahlreiche Streichungen vornahm, wegen deren Einzelheiten auf den auszugsweise vorgelegten Entwurf mit den entsprechenden Änderungswünschen verwiesen wird (Anlage K 70, Bl. 283 - 287 GA), fanden sodann die in den Vertragsschluss mündenden Verhandlungen statt.
34Die zunächst unter der Geschäftsanschrift der „S.“ in das Handelsregister eingetragene Klägerin verlegte ihren Sitz nach Berlin. Neben Herrn V., der - wie der Zeuge X. – außerdem Mit-Geschäftsführer und Managing Partner der „S.“ war, wurde Herr H. in einer am 20.04.2011 abgehaltenen Gesellschafterversammlung von der „E.“ zum weiteren Geschäftsführer der Klägerin bestellt (Anlage B 12, Bl. 505 GA).
35Die Klägerin gewährte ihren Tochtergesellschaften Darlehen wie folgt:
36„A.“:
3727.04.2011: 100.000,00 €
3804.05.2011: 360.000,00 €
3930.06.2011: 50.000,00 €
40„I.“:
4119.04.2011: 110.000,00 €
4229.07.2011: 10.000,00 €
43„B.“:
4406.06.2011: 100.000,00 €
45Gut sechs Monate nach der Transaktion vom 20.04.2011 wurden bezüglich der „A.“ und der „I.“ Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über deren Vermögen gestellt. Die vorläufige Insolvenzverwaltung ist am 01.11.2011 angeordnet worden, die Insolvenzverfahren sind am 05.01.2012 („A.“) bzw. am 31.12.2011 („I.“) eröffnet worden (Anlagen K 3, K 4). Am 19.07.2012 ist auch über das Vermögen der „B.“ das Insolvenzverfahren eröffnet worden (Anlage K 5).
46Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klage stelle nach der Einschätzung der Kammer den Versuch dar, ein wirtschaftlich negatives Geschäft im Nachhinein auf juristischem Wege zu korrigieren. Der Klägerin stehe ein Anspruch wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung nicht zu. Es sei zwar ein vorvertragliches Schuldverhältnis durch die Aufnahme von Vertragsverhandlungen zu Stande gekommen. Die Klägerin könne sich jedoch nicht auf etwaige Aufklärungspflichtverletzungen seitens der Herren G. und H. berufen, weil ihr deren Kenntnis gem. § 166 Abs. 1 BGB analog in Verbindung mit § 10.2 des Kauf- und Abtretungsvertrages vom 20.4.2011 zuzurechnen sei, weil es sich bei den ehemaligen Geschäftsführern der „A.“ um sog. Wissensvertreter der Klägerin handele. Bereits vor der Bestellung von Herrn H. und G. zu Gesellschaftern bzw. Geschäftsführern der A., also der Klägerin, seien die Herren G. und H. Geschäftsführer der „A.“ und Herr H. Geschäftsführer der „I.“ gewesen, nach der Transaktion der „A.“, der „I.“ und der „B.“. Daher seien Verkäufer- und Käuferpflichten bei ihnen zusammengetroffen. Dennoch seien die Geschäftsführer der Zielgesellschaften als Verhandlungsvertreter der Klägerin zu qualifizieren, obwohl sie an der Käufergesellschaft noch nicht beteiligt gewesen seien, weil sich ein Vertrauensverhältnis zwischen den Herren H. und G. und der Klägerin entwickelt habe. Dies gelte umso mehr als es zumindest wahrscheinlich erscheine, dass es im Vorfeld der Unternehmensübernahme Gespräche zwischen der Klägerin und den Herren H. und G. über einen möglichen Einstieg in die Gesellschaft sowie Übernahme der Geschäftsführung gegeben habe. Vor allem da bekannt sei, dass Herr H. und G. zunächst versucht hätten, die Zielgesellschaften selbst zu kaufen und sie einen Monat nach Abschluss des Kaufvertrages tatsächlich eine Gesellschafterstellung sowie die Geschäftsführung bei der Klägerin übernommen hätten. Ein Mitarbeiter des zu verkaufenden Unternehmens könne unter solchen Umständen Informationen für den Verkäufer und den Käufer erteilen und aufnehmen, also beide Parteien in ihrem für den Vertragsschluss maßgebenden Wissen vertreten. Würde man eine Wissenszurechnung darauf beschränken, dass die ehemaligen Geschäftsführer der Zielgesellschaften bereits beim „Signing“ Gesellschafter hätten gewesen sein müssen, würde man einem Umgehungstatbestand schaffen. Denn dann würden bei einem „Management Buy Out“ die Geschäftsführer immer erst nach dem „Signing“ Gesellschafter werden, sodass es keine Möglichkeit einer Wissenszurechnung geben würde. Damit würde jedoch jegliches Risiko einer nicht ordnungsgemäßen Aufklärung im Vorfeld einer Unternehmensübernahme auf den Verkäufer übertragen werden, der bei einer Fremdgeschäftsführung jedoch oft wenige Informationen über sein Unternehmen hat. Über solche Konstellationen könnten Unternehmenskäufer einen Kauf rückabwickeln, falls sich dieser nicht so lukrativ wie gedacht erweisen sollte.
47Die Besonderheit dieses Rechtsstreits liege in der Tatsache, dass es um einen Anteilskauf auf Betreiben einer Private Equity-Gesellschaft, der U., gehe, der die Klägerin als Käuferin vorgeschaltet worden sei und zwar unter gleichzeitiger teilweisen Beteiligung des Managements der „A.“. Zur Frage einer Wissenszurechnung in einem solchen Falle existiere in der Rechtsprechung bislang keine obergerichtliche Rechtsprechung. Kennzeichnend für die vorliegende Situation sei, dass vor und nach der Transaktion das Management der Zielgesellschaften teilweise in der Klägerin und teilweise in den Zielgesellschaften in der Geschäftsführung tätig gewesen sei. In diesem Fall sei nach Ansicht der Kammer eine Wissenszurechnung analog § 166 BGB geboten. Hierfür spreche auch der Umstand, dass es der U. wichtig gewesen sei, das Management der Zielgesellschaften vor und nach der Transaktion einzubeziehen. Mit der von der Muttergesellschaft der Klägerin ausdrücklich gewünschten Beteiligung des Managements lasse es sich nicht widerspruchsfrei vereinbaren, nunmehr - bei wirtschaftlichem Misserfolg - eine Wissenszurechnung abzulehnen.
48Darüber hinaus fehle die adäquate Kausalität der behaupteten Aufklärungspflichtsverletzung für den Schaden. Bei der Beurteilung der Adäquanz komme es auf eine objektive nachträgliche Prognose an, dabei seien alle für den optimalen Betrachter erkennbare Umstände zu berücksichtigen. Vorliegend handele es sich nicht um einen normalen Unternehmenskauf, vielmehr spiele sich der Anteilskauf unter Gründung der Klägerin in einem speziellen Umfeld ab. Die Klägerin sei durch die Private Equity-Gesellschaft U. zum Erwerb der Zielgesellschaften gegründet worden. Das Geschäftsfeld der U. bestehe auch darin, durch den Einkauf notleidender Gesellschaften und deren anschließende Sanierung Geld zu verdienen, es würden riskante Unternehmensbeteiligungen erworben, um diese zu sanieren. Das Risiko zeige sich im vorliegenden Fall auch an der sehr schwierigen - bilanziellen - Lage der Unternehmen vor der Anteilsveräußerung. Durch die Insolvenz sei der wirtschaftliche Erfolg der Transaktion nicht eingetreten. Jedoch beruhe die Insolvenz der Zielgesellschaften nicht auf den behaupteten Pflichtverletzungen, die aus diesem Grund auch nicht entscheidungserheblich seien, sondern darauf, dass die Zielgesellschaften „aus der Krise“ heraus gekauft worden seien und das Geschäft nicht mehr in Gang gekommen sei. Der Klägerin sei bekannt gewesen, dass es sich bei den Zielgesellschaften um wirtschaftlich angeschlagene Unternehmen gehandelt habe.
49Durch den Kauf der neuen Batterien sei außerdem durch die Klägerin eine neue Kausalkette in Gang gesetzt worden, die für das wirtschaftliche Scheitern der Unternehmen verantwortlich sei.
50Der Hilfsantrag sei ebenfalls unbegründet, weil der Klägerin aus den genannten Gründen, insbesondere aufgrund der Wissenszurechnung, auch kein Anspruch wegen Verletzung einer Garantie zustehe.
51Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung, mit der sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ihre erstinstanzlichen Anträge in vollem Umfang weiterverfolgt.
52Die Klägerin rügt fehlerhafte Tatsachenfeststellungen sowie die Verletzung materiellen Rechts und bringt vor, ihr gehe es entgegen der Annahme des Landgericht keineswegs darum, ein wirtschaftlich negatives Ergebnis im Nachhinein auf juristischem Wege zu korrigieren. Es sei die Pflicht des Verkäufers, dafür zu sorgen, dass im Vorfeld eines Unternehmenskaufs zur Verfügung gestellte Informationen richtig seien. Hierfür habe der Verkäufer einzustehen. Hätte die landgerichtliche Entscheidung Bestand, wären Käufer künftig bei Unternehmenskäufen selbst bei betrügerischen Handlungen rechtlos gestellt. Der Verkäufer könne sich nicht dadurch von seiner Haftung befreien, dass er im Vorfeld der Transaktion - wie üblich - die Geschäftsführung der Zielgesellschaften mit der Informationsbeschaffung und –erteilung gegenüber dem Käufer beauftragt habe. Ebenso unerheblich sei, dass der Käufer - mit Kenntnis und Zustimmung des Verkäufers – auch unmittelbare Gespräche mit der Geschäftsführung der Zielgesellschaften führe. Auch komme es nicht darauf an, dass die Geschäftsführung der Zielgesellschaften im Zuge der Transaktion beibehalten worden sei. Das Landgericht habe aufgrund fehlerhafter und nicht von entsprechendem Vortrag der Parteien getragener Tatsachenfeststellungen den Sachverhalt einem konstruierten Szenario gleichgestellt, bei welchem die Geschäftsführung der Zielgesellschaften das Unternehmen selbst gekauft habe und ihr auf dieser Grundlage das Wissen der Geschäftsführung der Zielgesellschaften über die unrichtigen Angaben zugerechnet, ohne dass die Voraussetzungen einer Zurechnung hier vorgelegen hätten.
53Unstreitig sei sie, die Klägerin, nicht von der „S.“, sondern von der „E.“ gegründet worden, die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ihre einzige Gesellschafterin gewesen sei. Nicht nachvollziehbar sei, dass das Landgericht der „S.“ eine entscheidende Rolle beigemessen habe, obwohl diese lediglich als M & A Beraterin und Vermittlerin in die Transaktion eingebunden gewesen sei. Die diesbezüglichen Feststellungen des Landgerichts seien - anders als in dem ihren Tatbestandsberichtigungsantrag vom 04.11.2014 zurückweisenden Beschluss vom 09.12.2014 dargestellt - nicht bloß „untechnisch“ gemeint gewesen, sondern eine Fehlinterpretation des Landgerichts, die sich entscheidungserheblich ausgewirkt habe. Für die Annahme eines „Vertrauensverhältnisses“ zwischen ihr und den Herren G. und H. fehle es an einer Grundlage im Vortrag der Parteien. Die Feststellung, H. und G. seien vor und nach der Transaktion teilweise sowohl für die Zielgesellschaften als auch für sie tätig gewesen, was kennzeichnend für die vorliegende Konstellation sei, werde ebenfalls nicht von Parteivortrag gestützt. Sie habe mehrfach vorgetragen, dass eine Beteiligung der Geschäftsführer der Zielgesellschaften an der Klägerin erst nach Abschluss des Kaufvertrages erfolgt sei. Vorher seien die Herren G. und H. in keiner Weise für sie, die Klägerin, tätig geworden, sondern ausschließlich von den Beklagten im Rahmen der Informationsbeschaffung und Auskunftserteilung gegenüber der Kaufinteressentin in dem Due Diligence Prozess eingesetzt worden. An den Kaufvertragsverhandlungen seien G. und H. überhaupt nicht beteiligt gewesen.
54Das Landgericht habe ihr das Wissen der Geschäftsführer aber auch in rechtlicher Hinsicht zu Unrecht zugerechnet und sich dabei auf eine fünfzehn Jahre alte Einzelmeinung in der Literatur gestützt, die zudem im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stehe. Die von Hartung (NZG 1999, 524) entwickelten Anknüpfungspunkte für eine Wissenszurechnung „aufgrund eines zwischen der Käuferin und Personen des Verkäufers entwickelten Vertrauensverhältnisses“ seien rechtlich nicht greifbar und vom Landgericht lediglich übernommen worden, jedoch weder mit rechtlichem noch mit tatsächlichem Inhalt gefüllt worden. Unberücksichtigt gelassen habe das Landgericht außerdem, dass Hartung (a.a.O.) selbst ausführe, dass Personen der Zielgesellschaften vor einem Verkauf grundsätzlich der Sphäre des Verkäufers zuzurechnen seien.
55Die von der aktuellen Literatur und dem Bundesgerichtshof entwickelten Kriterien für eine Wissenszurechnung lägen jedenfalls nicht vor. Die ehemaligen Geschäftsführer der „A.“ seien insbesondere nicht ihre Wissensvertreter gewesen. Eine Subsumtion unter die Merkmale der – im Urteil richtig wiedergegebenen - Definition habe das Landgericht nicht vorgenommen. Insbesondere sei unberücksichtigt geblieben, dass die Herren H. und G. in keiner Weise berechtigt gewesen seien, für sie, die Klägerin, aufzutreten oder ihre Interessen wahrzunehmen, sondern ausschließlich im Zuge des Due Diligence Prozesses auf Seite der Verkäufer zur Informationsbeschaffung eingesetzt worden seien. Auch dass sie vor ihrer Beteiligung an ihr, der Klägerin, bereits Geschäftsführer der „A.“ gewesen und dies nach der Transaktion geblieben seien, führe nicht dazu, dass bei ihnen Käufer- und Verkäuferpflichten zusammen gefallen wären. Es sei nicht ungewöhnlich, dass die Geschäftsführer der Zielgesellschaft nach einer Unternehmenstransaktion im Amt blieben. Dies sei aber nicht geeignet, eine vertreterähnliche Stellung für die Käuferin vor Abschluss eines Kaufvertrages zu begründen. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses seien G. und H. unstreitig auch noch nicht an ihr, der Käufergesellschaft, beteiligt gewesen. Für kollusives Zusammenwirken der Geschäftsführer der Zielgesellschaften mit den Vertretern der Kaufinteressentin zu Lasten der Beklagten fehle es an Sachvortrag; es bestünden auch keine diesbezüglichen Anhaltspunkte. Der beabsichtigte MBO der Herren H. und G. sei gescheitert, deren ursprüngliche eigene Kaufabsichten seien ohne Relevanz für den abgeschlossenen Kaufvertrag und den Rechtsstreit.
56Eine Schutzbedürftigkeit der Beklagten unter dem Aspekt des vom Landgericht angenommenen Umgehungstatbestandes sei nicht ersichtlich. Nur die Beklagten hätten vor der Transaktion Einfluss auf die Geschäftsführung der Zielgesellschaften nehmen können, zutreffende Informationen zur Verfügung zu stellen, oder durch geeignete Maßnahmen eine entsprechende Informationsübermittlung an die Kaufinteressentin durch Dritte sicherstellen können. Statt eine eigene Überprüfung vorzunehmen, habe sich die Beklagte auf die Richtigkeit der Angaben der Geschäftsführer der Zielgesellschaft verlassen und diese an sie weitergegeben. Sie müsse daher auch für die Richtigkeit dieser Angaben einstehen, mit einem Umgehungstatbestand habe all dies nichts zu tun. Dieser würde eher umgekehrt geschaffen, wenn man der Verkäuferseite die Möglichkeit einräumen würde, ohne rechtliche Konsequenzen vorsätzlich falsche Informationen erteilen zu lassen.
57Die Pflichtverletzungen seien für den Abschluss der Verträge auch kausal. Folgen von Vorsatztaten seien nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur stets adäquat, was das Landgericht übersehen habe. Ließe man diese Auffassung außer Betracht, wäre jedenfalls die adäquate Kausalität der Falschangaben für den Vertragsschluss zu bejahen. Aus welchen Gründen die Zielgesellschaften in die Insolvenz geraten seien, sei nicht relevant. Entscheidend sei, dass sie aufgrund vorsätzlicher vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzungen einen für sie nachteiligen Vertrag geschlossen habe, den sie bei ordnungsgemäßer Aufklärung über die wirtschaftlichen Verhältnisse der Zielgesellschaften nicht geschlossen hätte.
58Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
59die Beklagten unter Abänderung des am 22.10.2014 verkündeten Urteils des Landgerichts Düsseldorf (41 O 118/12) als Gesamtschuldner zu verurteilen,
601. an sie 850.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit Zug um Zug gegen Rückabtretung des von ihr an der A., Berlin, gehaltenen Geschäftsanteils im Nennbetrag von 12.750,00 € (lfd. Nr.1) sowie sämtlicher von ihr an der B., Berlin, gehaltenen Geschäftsanteile, an die Beklagte zu 1), und gegen Rückabtretung ihrer Darlehensrückzahlungsansprüche einschließlich Zinsansprüche gegenüber der A., Berlin, aus den Darlehensverträgen vom 30. Juli 2007, 13. August 2007, 16. Oktober 2007, 3. Dezember 2007, 5. März 2008, 18. Juni 2008, 6. Juli 2008, 25. September 2008, 21. Oktober 2010 und 15. Dezember 2010, valutierend zum 19. April 2011 in Höhe von insgesamt 2.787.676,69 € an die Beklagte zu 2), sowie gegen Rückabtretung ihrer Darlehensrückzahlungsansprüche einschließlich Zinsansprüche gegenüber der B., Berlin, aus den Darlehensverträgen vom 31. Juli 2008 und vom 28. Januar 2011, valutierend zum 19. April 2011 in Höhe von 409.611,29 €, an die Beklagte zu 2);
612. weitere 730.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit Zug um Zug gegen Abtretung ihrer Darlehensrückzahlungsansprüche gegenüber der A., Berlin, aus dem Darlehensvertrag vom 2. Mai 2011, in Höhe von insgesamt 510.000,00 €, sowie gegen Abtretung ihrer Darlehensrückzahlungsansprüche gegenüber der I., Berlin, aus dem Darlehensvertrag vom 2. Mai 2011, in Höhe von insgesamt 120.000,00 € und gegen Abtretung ihrer Darlehensrückzahlungsansprüche gegenüber der B., Berlin, aus dem Darlehensvertrag vom 6. Juni 2011, in Höhe von 100.000,00 €, jeweils an die Beklagten;
623. sowie weitere 70.000,25 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
63sowie
644. die Beklagten als Gesamtschuldner darüber hinaus zu verurteilen, sie von dem Provisionsanspruch der U., Düsseldorf, aus der Vereinbarung vom 18. April 2011 in Höhe von 100.000,00 € gemäß Rechnung Nr. … vom 12. Januar 2012 freizustellen.
65Hilfsweise zu 1.) bis 4.),
66die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 289.962,23 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
67Die Beklagte beantragt,
68die Berufung zurückzuweisen.
69Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und meint, das Landgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche bereits dem Grunde nach nicht bestehen. Die Meinung der Klägerin, sich das Wissen der Herren H. und G. nicht zurechnen lassen zu müssen, und deren Bestreiten, mit diesen „in einem Boot gesessen zu haben“, ziehe sich „wie ein roter Faden“ durch die Berufungsbegründung. Richtig sei dies - bei rein formaler Betrachtung - jedoch nur in einer, von der Klägerin indes nicht deutlich hervorgehobenen Hinsicht: Die Klägerin habe es zum Zeitpunkt der dem Geschäftsanteilskaufvertrag vorhergehenden Verhandlungen und der Due Diligence noch nicht gegeben. Sie sei nicht nur auf Veranlassung der „S.“ von einem mit dieser verbundenen Unternehmen gegründet worden, sondern wäre gar nicht erst gegründet worden, wenn die „S.“ zu dem Ergebnis gekommen wäre, man solle die Beteiligungen besser nicht erwerben. Dass sich die Klägerin unter diesen Umständen das Wissen und das Wissenmüssen der „S.“ ebenso wie ein dieser Gesellschaft zuzurechnendes Wissen anrechnen lassen müsse, liege auf der Hand.
70Nach Lage der Dinge müsse zwar wohl davon ausgegangen werden, dass die Herren G. und H. in der Tat vorsätzlich falsche Angaben gegenüber der „S.“ gemacht hätten. Sie, die Beklagten, seien von den Herren G. und H. aber ebenso in massiver Weise getäuscht worden. Vor diesem Hintergrund sei es eine unzulässige Verkürzung der Problematik, ihr vorzuwerfen, sie habe falsche Angaben gemacht bzw. falsche Angaben zu vertreten. Entgegen der Ansicht der Klägerin liege dem landgerichtlichen Urteil kein konstruiertes Szenario zugrunde, sondern eine präzise Wiedergabe des Sachverhalts, der Grundlage der Entscheidung gewesen sei. Ohne die Vermittlung des in die Sache zutiefst involvierten Rechtsanwalts Q., der immerhin mit den Herren H. und G. um die Durchführung des Management Buy-out gekämpft habe und in die mit den Banken geführten Gespräche einbezogen gewesen sei, wäre es zu dem Kontakt zu der „S.“ und letztlich auch zum Kauf der Zielgesellschaften unter Gründung der Klägerin nicht gekommen. Es liege also sehr wohl ein klassischer Fall eines Management Buy-out vor. Die „S.“ sei dabei als Venture Capital-Geberin aufgetreten und habe durch ihren finanziellen Einsatz den Beteiligungserwerb erst möglich gemacht. Sie habe daher in eigener Verantwortlichkeit das beurteilt, was ihr die Geschäftsführer der Zielgesellschaften präsentiert hätten. Auch wenn sie selbst Geschäftsanteile nicht erworben habe, könne sie nicht anders, jedenfalls nicht besser gestellt werden als ein Finanzierungsinstitut, das den Herren H. und G. den Erwerb finanziert hätte. Die Herren H. und G. seien in jeder Phase des Verkaufsprozesses, in den die „S.“ involviert gewesen sei, deren Wissensvertreter gewesen und seien damit auch als Wissensvertreter der Klägerin anzusehen. Die „S.“ und die Herren G. und H., die Initiatoren und Nutznießer der Transaktion, stünden in einem Lager. Nicht das vom Landgericht gefundene, sondern das von der Klägerin verlangte Ergebnis sei grotesk. Abgesehen davon lägen die Voraussetzungen für eine Wissenszurechnung auf Käuferseite vor.
71Die Klägerin repliziert hierauf, die wiederholte Verwendung vorverurteilender, aber inhaltsleerer Schlagworte wie „MBO“ und „Venture Capital“ durch die Beklagten sei allein dazu geeignet, den Blick auf die streitentscheidenden Tatsachen zu verstellen. Sie bzw. die auf Käuferseite tätigen Personen seien von den durch die Beklagten im Zuge des vereinbarten Due Diligence Prozesses als Auskunftspersonen eingesetzten Herren H. und G. über Umstände (Bilanzangaben und Batteriemängel) vorsätzlich getäuscht worden, die für den Abschluss des Kaufvertrages wesentlich gewesen seien. Eine Wissenszurechnung auf Seiten der Klägerin stehe im Widerspruch zu den hierzu existierenden Kriterien. Es könne keine Rede davon sein, dass H. und G. vor Abschluss des Kaufvertrages als ihre Vertreter oder vertretungsähnlich für die Käuferin aufgetreten seien. Mit keinem Wort erwähnten die Beklagten die „E.“, obwohl diese mittelbar zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages Käuferin der Geschäftsanteile und Gesellschafterdarlehen gewesen sei. Die „E.“ habe die zum Kauf erforderlichen Finanzmittel zur Verfügung gestellt und über das „Ob“ der Transaktion entschieden, sie sei - mittelbar – die alleinige Geschädigte der Transaktion. Dass die Beklagten einen Rollentausch versuchten und sich selbst als Geschädigte darstellten, gehe an der Sache vorbei. Sie hätten nicht nur den Kaufpreis von 850.000,00 EUR erhalten, sondern zudem Kosten einer Fortführung oder Liquidation der Zielgesellschaften erspart. Unstreitig sei indes, dass sie vor Abschluss des Kaufvertrages getäuscht und dadurch die Kaufentscheidung maßgeblich beeinflusst worden sei. Sachlich unzutreffend sei es, wenn die Beklagten nun versuchten, diese Täuschungshandlungen H. und G. allein zuzuordnen. Die manipulierten Bilanzen seien schon dem LoI beigefügt gewesen; die Mit-Verantwortlichkeit der Beklagten ergebe sich insofern aber auch schon aus deren Gesellschafterstellung und § 46 Nr. 1 GmbHG. Die verschwiegenen Gutachten zu den Batteriemängeln seien in der Unternehmensgruppe der Beklagten bekannt gewesen und trotz gezielter Nachfrage ihrer anwaltlichen Berater nicht offengelegt worden, obwohl deren essentielle Bedeutung auf der Hand gelegen habe.
72Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 29.10.2015 (Bl. 580 f. GA) durch Vernehmung der Zeugen Y. und X.. Wegen des Ergebnisses der durchgeführten Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 21.04.2016 (Bl. 611 ff. GA) Bezug genommen.
73Zur Vervollständigung des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen, den Inhalt der Sitzungsniederschriften vom 03.09.2015 und 21.04.2016 sowie auf die in diesem Urteil enthaltenen Feststellungen verwiesen.
74II.
75Die Berufung ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Rückgängigmachung des Kauf- und Abtretungsvertrages vom 20.04.2011 sowie Erstattung der im Zusammenhang mit dessen Abschluss angefallenen Aufwendungen gerichteter Schadensersatzanspruch wegen vorsätzlicher vorvertraglicher Pflichtverletzung zu (dazu unter A:). Ein derartiger Anspruch ist nicht mit Blick auf die §§ 434 ff. BGB generell ausgeschlossen (dazu unter 1.). Es besteht zwischen den Parteien auch ein vorvertragliches Schuldverhältnis (dazu unter 2.), in dessen Rahmen Informationspflichten vorsätzlich verletzt worden sind, weil sich die Beklagten die Fehlinformation der Klägerin über die wirtschaftlichen Verhältnisse der „A.“ durch deren Geschäftsführer H. und G. gemäß § 278 BGB zurechnen lassen müssen (dazu unter3.). Zwar muss sich auch die Klägerin das Wissen der Herren H. und G. zurechnen lassen (dazu unter 4.). Diese Wissenszurechnung steht dem Schadensersatzanspruch der Klägerin aber ebenso wenig entgegen wie § 442 Abs. 1 S. 1 BGB, weil die Parteien vereinbart haben, dass diese Wissenszurechnung nur in den unter 10.2 des Kauf- und Abtretungsvertrages vom 20.04.2011 genannten Fällen erfolgen soll (dazu unter 5.). Die Beklagten haben der Klägerin daher den kausal auf der vorsätzlichen Informationspflichtverletzung beruhenden Vermögensschaden zu ersetzen (dazu unter 6.). Im Übrigen bleibt die Berufung erfolglos. Das Landgericht hat insoweit die Klage im Ergebnis mit Recht als unbegründet abgewiesen (dazu unter B:).
76A: Anspruch aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 Nr. 1, 241 Abs. 2, 249 ff. BGB
771. Ein aus den behaupteten vorsätzlichen vorvertraglichen Pflichtverletzungen hergeleiteter Schadensersatzanspruch scheidet nicht deshalb von vorneherein aus, weil die in §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB normierten Grundsätze von den §§ 434 - 442 BGB als abschließende Sonderregelungen verdrängt werden. Zwar sind Ansprüche aus vorvertraglichem Verschulden, wenn es um Verhaltenspflichten des Verkäufers im Zusammenhang mit der Beschaffenheit der Kaufsache geht, nach Gefahrübergang grundsätzlich durch die vorrangigen Vorschriften über die Haftung des Verkäufers wegen Sachmängeln nach §§ 434 ff. BGB ausgeschlossen, weil diese eine abschließende Sonderregelung enthalten (BGH, Urt. v. 27.03.2009 - V ZR 30/08, BGHZ 180, 205 ff./juris Tz.13 ff.). Es ist aber anerkannt, dass eine Ausnahme von dem grundsätzlichen Vorrang der §§ 434 ff. BGB jedenfalls dann geboten ist, wenn der Verkäufer arglistig oder vorsätzlich gehandelt hat (BGH a.a.O. Tz. 24; BGH Urt. v. 16.12.2009 - VIII ZR 38/09, NJW 2010, 858 f./juris Tz. 20 und zuletzt Urt. v. 30.11.2012 – V ZR 25/12, NJW 2013, 1671/juris Tz. 22). Schadensersatzansprüche des Käufers wären allerdings in beiden Fällen zu verneinen, wenn diesem der Mangel oder der für den Vertragsschluss wesentliche Umstand bekannt gewesen sein sollte, da bei arglistigen Täuschungen, die sich auf die Beschaffenheit der Sache beziehen, eine durch Rückgriff auf § 442 Abs. 1 S. 1 BGB zu schließende planwidrige Gesetzeslücke vorliegt. Für den Anspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluss gilt nichts Anderes (BGH, Urt. v. 27.03.2009 - V ZR 30/08 - Tz. 25).
782. Zwischen der Klägerin und den Beklagten ist im Zusammenhang mit dem Veräußerungsgeschäft vom 20.04.2011 ein vorvertragliches Schuldverhältnis gemäß § 311 Abs. 2 BGB zustande gekommen. Parteien des gesetzlichen Schuldverhältnisses nach § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB sind grundsätzlich die Parteien des in Aussicht genommenen Vertrages (statt Aller Palandt/Grüneberg, BGB, 74. Auflage 2015, § 311 Rn. 26 m.N.). So liegen die Dinge im Ergebnis auch hier.
79a) Die Klägerin ist Partei des Kauf- und Abtretungsvertrages vom 20.04.2011 (Anlage K 13) und sie ist auch Partei des durch die Aufnahme von Vertragsverhandlungen am 18.02.2011 begründeten Schuldverhältnisses i.S.v. § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Dem steht nicht entgegen, dass sie selbst keine Verhandlungen mit den Beklagten geführt hat und diese auch nicht führen konnte, weil sie erst nach Aufnahme der Vertragsverhandlungen, konkret am 15.04.2011, gegründet worden und am Tag des Vertragsschlusses (20.04.2011) mit ihrer Eintragung in das Handelsregister entstanden ist, § 11 Abs. 1 GmbHG. Geführt wurden die Verhandlungen vielmehr zwischen den Beklagten, wobei die Beklagte zu 1) von ihrer Muttergesellschaft, der Beklagten zu 2) vertreten wurde, und der „S.“. Die „S.“ hat nach ihrer Eigendarstellung in dem Letter of Intent („LoI“) vom 21.03.2011 (Seite 2, Anlage K 9) die der umfangreichen Transaktion vom 20.04.2011 zugrundeliegende Entscheidung getroffen, die Anteile an den und die Darlehen der Zielgesellschaften über eine noch zu gründende Gesellschaft zu erwerben und die notwendigen (auch finanziellen) Ressourcen zur Durchführung der Transaktion zu Verfügung zu stellen, d.h. das Rechtsgeschäft zu finanzieren. Die „S.“ hat vor diesem Hintergrund also zumindest wirtschaftlich betrachtet zumindest auch für sich selbst respektive den hinter ihr stehenden Investor verhandelt. In rechtlicher Hinsicht hat sie – jedenfalls soweit an dieser Stelle von Bedeutung - allerdings für die von der Gesellschafterin ihrer Alleingesellschafterin (U.), also der „E.“ am 15.04.2011 gegründete Klägerin verhandelt. Die „S.“ sollte nicht Partei des mit den Beklagten zu schließenden Vertrages und auch nicht Partei des mit Aufnahme der Verhandlungen begründeten Schuldverhältnisses werden. Grundlage der Verhandlungen war stets, wie in dem „LoI dargestellt, dass - im Falle einer Einigung mit den Beklagten - eine zu diesem Zweck noch zu gründende Erwerbergesellschaft, in den Verhandlungen als „P.“ bezeichnet, Kaufvertragspartei wird.
80Wollte man die Klägerin abweichend von dem Gesagten nicht als Partei des vorvertraglichen Schuldverhältnisses ansehen, wäre sie ebenfalls aktivlegitimiert. Es ist anerkannt, dass auch Dritte unter bestimmten Umständen Berechtigte des gesetzlichen Schuldverhältnisses gemäß § 311 Abs. 2 BGB sein können (vgl. hierzu Palandt/Grüneberg a.a.O. und § 328 Rn. 15 ff.). Da die Klägerin aus den soeben genannten Gründen als künftige Vertragspartei und Käuferin der Anteile und der Darlehensforderungen in den Schutzbereich des § 311 Abs. 2 BGB einbezogen wurde und bei ihr die in Rede stehenden Vermögensnachteile entstanden sind, ist sie auch berechtigt, die in Rede stehenden Schadenersatzansprüche aus eigenem Recht geltend zu machen.
81b) Die Beklagte zu 2) hat die Verhandlungen als Muttergesellschaft der Beklagten zu 1), welche die Beteiligungen an der „A.“ und der „B.“ hielt und daher formal deren Verkäuferin war, für diese und für sich selbst mit der „S.“ geführt. Die Beklagte zu 2) war zudem Verkäuferin und Zedentin der Darlehensforderungen gemäß Ziffer 3. des Kauf- und Abtretungsvertrages vom 20.04.2011 („M.-Darlehen“). Die als Anteilsverkäuferin gemäß § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB hinsichtlich der wirtschaftlichen Verhältnisse der Zielgesellschaften in erster Linie informations- und aufklärungspflichtige Beklagte zu 1) hat sich ihrer Muttergesellschaft bei der Führung der Vertragsverhandlungen und der Erfüllung ihrer vorvertraglichen Informations- und Aufklärungspflichten bedient und muss sich daher die der Beklagten zu 2) anzulastenden vorvertraglichen Pflichtverletzungen nach § 278 BGB wie eigenes Verschulden zurechnen lassen. Nähere Ausführungen zur Haftung der Beklagten zu 2) sind entbehrlich, da sich die gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten für Ansprüche aus und im Zusammenhang mit dem Kauf- und Abtretungsvertrag vom 20.04.2011 nach übereinstimmender Darstellung der Parteien aus der Regelung unter 9.1.5 dieses Vertrages (Anlage K 13, Seite 19) ergibt.
823. Den Beklagten sind vorvertragliche Pflichtverletzungen anzulasten, weil objektiv unzutreffende Angaben über wesentliche Umstände gemacht wurden [dazu unter a)]. Die Beklagten müssen sich das (unstreitig) vorsätzliche Verhalten der Geschäftsführer der „A.“ G. und H. wie eigenes Verschulden zurechnen lassen, soweit es um deren Falschangaben über bilanzrelevante Umstände geht [dazu unter b)]. Dem hierauf gestützten Anspruch auf Schadensersatz wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen stehen die vertraglich vereinbarten Haftungsausschlusstatbestände nicht entgegen [dazu unter c)]. In Bezug auf den Sachverhalt „Batteriemängel“ ist demgegenüber weder eine vorvertragliche Pflichtverletzung noch vorsätzliches Verhalten der Beklagten dargetan, sodass insofern auch der Haftungsausschluss greifen würde [dazu unter d)].
83a) Nach gefestigter Rechtsprechung besteht selbst bei Vertragsverhandlungen, in denen die Parteien entgegengesetzte Interessen verfolgen, für jeden Vertragspartner die Pflicht, den anderen Teil - auch ungefragt - über solche Umstände aufzuklären, die den Vertragszweck (des anderen) vereiteln können und daher für seinen Entschluss von wesentlicher Bedeutung sind, sofern er die Mitteilung nach der Verkehrsauffassung erwarten konnte. Fragen des Vertragspartners müssen vollständig und richtig beantwortet werden. Den Verkäufer eines Unternehmens oder von GmbH-Geschäftsanteilen trifft eine gesteigerte Aufklärungspflicht, wobei an die hierbei anzuwendende Sorgfalt ein strenger Maßstab anzulegen ist. Für den Verkäufer erkennbar kann sich der Kaufinteressent ein einigermaßen zutreffendes Bild von den wertbildenden Faktoren in erster Linie nur anhand der Bilanzen, der laufenden betriebswirtschaftlichen Auswertungen, sonstiger Buchführungsunterlagen und ergänzender Auskünfte des Inhabers oder Geschäftsführers machen. Dies gilt auch für den sachkundigen Kaufinteressenten, da dieser als Außenstehender besonders abhängig ist von der Richtigkeit und Vollständigkeit der ihm erteilten Informationen zur Umsatz- und Ertragslage des Unternehmens. Geht es um die Beteiligung des Erwerbers an einem lebensfähigen Unternehmen, erstreckt sich die Aufklärungspflicht des Verkäufers namentlich auch auf alle Umstände, welche die Überlebensfähigkeit ernsthaft gefährden, insbesondere also drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung (vgl. nur BGH, Urt. v. 04.04.2001 – VIII ZR 32/00, NJW 2001, 2163 ff./juris Tz. 19 und Buchta in Hölters, Handbuch Unternehmenskauf, 8. Auflage 2015, Teil 14 C. 14.48). Nichts grundlegend Anderes kann gelten, wenn der Käufer - wie hier - neben den Geschäftsanteilen auch Darlehensforderungen des Verkäufers gegenüber der (Tochter-)Gesellschaft erwirbt. Auch die Werthaltigkeit und die Realisierbarkeit der erworbenen Forderungen hängen von der Ertragslage sowie der Zahlungs- und Überlebensfähigkeit des erworbenen Unternehmens ab.
84Gemessen an diesen Grundsätzen wurden von den Beklagten vorvertragliche Aufklärungs- und Informationspflichten gegenüber der Klägerin dadurch verletzt, dass bei den Kaufvertragsverhandlungen objektiv unzutreffende Angaben in Bezug auf bilanzrelevante Sachverhalte bei der „A.“ gemacht worden sind. Nach der von den Beklagten im ersten Rechtszug - wenn auch unter dem ausdrücklichen Vorbehalt weiteren Sachvortrages - entweder schon wegen ihrer Gesellschafterstellung und daraus resultierenden Beteiligung an der Feststellung der Jahresabschlüsse der „A.“ gemäß § 46 Nr. 1 GmbHG nach § 138 Abs. 4 ZPO nur in unzulässiger Weise mit Nichtwissen oder aber allzu pauschal bestrittenen Darstellung der Klägerin stimmten sowohl im Rahmen der Due Diligence vorgelegte Buchhaltungsunterlagen wie z.B. Bestandslisten als auch in Ansatz gebrachte Bilanzpositionen der Jahresabschlüsse der „A.“ in den Geschäftsjahren 2009 und 2010 mit den tatsächlichen Gegebenheiten nicht überein. Die Beklagten haben, nachdem ihnen ein Hinweis auf die Unbeachtlichkeit ihres bisherigen Verteidigungsvorbringens erteilt worden ist, mit Schriftsatz vom 12.05.2016 erklärt, zu den von der Klägerin behaupteten Bilanzmanipulationen nicht mehr weiter vortragen zu wollen. Es ist mithin im Folgenden die Darstellung der Klägerin zugrunde zu legen, § 138 ZPO.
85Danach enthielten der Jahresabschluss der „A.“ für das Geschäftsjahr 2009 sowie der vorläufige Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2010 Bilanzpositionen, die mit den wahren tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnissen des Unternehmens beziehungsweise mit anerkannten Grundsätzen der Bilanzierung nicht übereinstimmten, was im Ergebnis dazu führte, dass die jeweiligen Jahresergebnisse zu positiv dargestellt wurden. So waren die Verbindlichkeiten gegenüber dem Batterielieferanten Z. aus Warenlieferungen deutlich höher als in der vorläufigen Bilanz der „A.“ für das Geschäftsjahr 2010 ausgewiesen, weswegen die Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen um 294.701,01 € höher hätten ausgewiesen werden müssen. Außerdem wurden in den Geschäftsjahren 2008 bis 2010 Wareneingänge des Lieferanten Ä. nicht als Aufwand gebucht, die zwingend als Aufwand hätten gebucht werden müssen, und Zahlungen auf entsprechende Rechnungen dieses Lieferanten mangels Aufwandsbuchung fälschlicherweise als Anzahlungen für zukünftige Warenlieferungen deklariert, wodurch für das Geschäftsjahr 2010 ein um 62.352,11 € höheres Ergebnis ausgewiesen wurde, als tatsächlich erzielt. In den Bilanzen zum 31.12.2009 und 31.12.2010 ausgewiesene Lagerbestände an Batterien gab es teilweise gar nicht. Eine im Rahmen der Due Diligence vorgelegte Bestandsliste der „A.“ war in Bezug auf mehrere Positionen insofern falsch, als es sich bei den als vorhanden ausgewiesenen Batterien tatsächlich zum Großteil um defekte und daher an Z. zurückgelieferte Batterien handelte. Die Lagerbestände wurden, auch soweit nicht vorhanden, in der vorläufigen Bilanz zum 31.12.2010 unter „Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe“ aktiviert. Des Weiteren ist in dem mit 1.901.495,53 € ausgewiesenen Lagerbestand ein Betrag in Höhe von 47.840,40 € enthalten, bei dem es sich um zu Unrecht aktivierte Umsatzsteuer handelt. Ein in der Bestandsliste aufgeführtes Warenlager der „A.“ bei dem Lieferanten „Z.“ gab es gar nicht, aufbewahrt wurden von der „Z.“ lediglich zahlreiche von der „A.“ reklamierte bzw. als defekt zurückgesandte Akkus. In die Bestandliste der „A.“ zum 31.12.2010 wurden die angeblich bei „Z.“ gelagerten Akkus dennoch mit ihrem vollen Einkaufswert zuzüglich Umsatzsteuer aufgenommen und in den Bilanzen für 2009 und 2010 entsprechend ausgewiesen. Auch in Bezug auf den Lagerstandort der „A.“ bei der Ö. wurden für die Geschäftsjahre 2008 bis 2010 signifikant von den tatsächlichen Beständen und den Inventurlisten der „Ö.“ abweichende Lagerbestände bilanziert, insbesondere tatsächlich nicht vorhandene Artikel als Lagerbestände ausgewiesen und zum Einkaufspreis bewertet. In den Jahresabschlüssen der „A.“ per 31.12.2009 und 31.12.2010 wurde ein Rückzahlungsanspruch gegen einen Herrn Ü. in Höhe von 42.000,00 € eingebucht, obwohl Herr G. für die „A.“ schon im dritten Quartal 2008 auf die Rückzahlung verzichtet hatte. Aufgrund dieser Sachverhalte wurden die Jahresergebnisse der „A.“ für das Geschäftsjahr 2009 um insgesamt 200.488,15 € und für das Geschäftsjahr 2010 um 225.466,65 € zu positiv dargestellt. Bei ordnungsgemäßer Erstellung der Jahresabschlüsse der „A.“ hätte für das Geschäftsjahr 2009 anstelle eines Jahresüberschusses von 61.406,23 € ein Jahresfehlbetrag in Höhe von 139.081,92 € sowie für das Geschäftsjahr 2010 anstelle eines Jahresüberschusses von 19.039,67 € ein Jahresfehlbetrag von 206.426,98 € ausgewiesen werden müssen. Dies hätte zur Folge gehabt, dass die „A.“ bilanziell überschuldet gewesen wäre, da sich nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbeträge in Höhe von 275.671, 08 € (2009) bzw. von 482.098,06 € ergeben hätten, die auch nicht durch eine Rangrücktrittserklärung der Beklagten zu 2) vom 03.04.2009 ausgeglichen worden wären. Wegen der gesamten diesbezüglichen Einzelheiten wird ergänzend auf die Darstellung in der gutachterlichen Stellungnahme der a. vom 05.09.2012 (Anlage K 31) Bezug genommen.
86Die Relevanz dieser - unstreitig vorsätzlich begangenen - Bilanzmanipulationen der aus den Herren H. und G. bestehenden Geschäftsführung der „A.“ für den Kaufentschluss der Klägerin liegt auf der Hand. Die Klägerin war als Kaufinteressentin darauf angewiesen, dass die ihr vorgelegten Buchhaltungsunterlagen und Jahresabschlüsse ein im Wesentlichen zutreffendes Bild von den wirtschaftlichen Verhältnissen der „A.“ vermitteln.
87b) Die Beklagten haben die Pflichtverletzungen zu vertreten. Die Beklagten haften nach §§ 278, 276 BGB für das Fehlverhalten der beiden damaligen Geschäftsführer der „A.“ als derjenigen Personen, welche die unrichtigen Bilanzangaben durch unstreitig vorsätzlich falsche Buchungen verursacht haben. Indem sich die Beklagten in den Vertragsverhandlungen auf die von der damaligen Geschäftsführung erstellten Unterlagen einschließlich der Jahresabschlüsse mitsamt der (vorläufigen) Bilanz(en) gestützt und diese zur Grundlage der erteilten Auskünfte über die Zielgesellschaften („A.“ und „B.“) gemacht haben, haben sie sich der Herren H. und G. in Bezug auf ihre vorvertraglichen Informations- und Aufklärungspflichten als Erfüllungsgehilfen bedient.
88aa) Erfüllungsgehilfe i.S.d. § 278 BGB ist, wer nach den tatsächlichen Gegebenheiten des Falles mit dem Willen des Schuldners bei der Erfüllung einer diesem obliegenden Verbindlichkeit als seine Hilfsperson tätig wird. Der Ausdruck „Verbindlichkeit“ bezieht sich nicht nur auf alle Haupt- und Nebenleistungspflichten, sondern auch auf alle dem Schuldner obliegenden Verhaltenspflichten. § 278 BGB findet auch auf die Haftung aus „c.i.c.“ Anwendung (Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 278 Rn. 2). Entscheidend ist, dass die verrichtete Tätigkeit im Bereich des vom Schuldner geschuldeten Gesamtverhaltens liegt, wobei unschädlich ist, wenn die Leistung von der Hilfsperson schon vor dem (die Verbindlichkeit auslösenden) Vertragsschluss hergestellt oder vorbereitet hat. Bei Offenbarungspflichten hängt die Anwendung von § 278 BGB davon ab, welche Aufgaben der Hilfsperson zugewiesen sind. Ohnehin muss die schuldhafte Handlung des Erfüllungsgehilfen in innerem sachlichen Zusammenhang mit den Aufgaben stehen, die der Schuldner dem Erfüllungsgehilfen hinsichtlich der Vertragserfüllung zugewiesen hat. Die Handlung des Erfüllungsgehilfen muss in den allgemeinen Umkreis der Aufgaben gehören (Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 278 Rn. 19/20 m.w.N.). Schaltet der Verkäufer von Geschäftsanteilen bei der von ihm geschuldeten Auskunftserteilung, etwa im Rahmen einer Due Diligence, andere Personen ein, zu denen häufig auch Manager und/oder Mitarbeiter des Zielunternehmens gehören, und stammen die dem Käufer überlassenen Informationen von dem Management der Zielgesellschaft oder deren Mitarbeitern, sind diese regelmäßig auch als Erfüllungsgehilfen des Verkäufers zu qualifizieren. Soweit eine solche Person eine falsche Auskunft erteilt, haftet der Verkäufer daher, wie wenn er die Auskunft selbst erteilt hätte (vgl. nur Semlerin/Hölters, Handbuch Unternehmenskauf, 8. Auflage 2015,7.58 m.w.N.).
89bb) Gemessen daran sind H. und G. als Erfüllungsgehilfen der Beklagten anzusehen. Ihnen oblag als Geschäftsführern der „A.“ als der wichtigsten Zielgesellschaft neben der Buchführung, § 41 GmbHG i.V.m. §§ 238 ff. HGB, die Aufstellung des Jahresabschlusses und dessen Gesellschafter-Vorlage, §§ 42, 42a GmbHG. Auch und gerade auf den Inhalt dieser Buchführungsunterlagen der Zielgesellschaften beziehen sich die genannten Auskunftspflichten der Beklagten. Dem „LoI“ war u.a. die von dem Geschäftsführer G. erstellte und der „S.“ zwecks Klärung des Kaufinteresses überlassene vorläufige Bilanz der „A.“ zum 31.12.2010 beigefügt. In dem „LoI“ wird demgemäß auch erwähnt, dass die der „S.“ - jedenfalls bis zur Unterzeichnung des „LoI“ - überlassenen Unterlagen im Wesentlichen von der Geschäftsführung der „A.“ stammen. Den Abreden in dem „LoI“ (dort Ziffer 7., Anlage K 9) entsprechend hat die „S.“ für die Klägerin später eine Due Diligence bei der „A.“ und bei der „B.“ durchgeführt. Dass im Rahmen dieser Due Diligence im sog. Datenraum nicht von der Geschäftsführung der „A.“ erstellte oder jedenfalls zu verantwortende Buchführungsunterlagen und/oder Jahresabschlüsse zugänglich gemacht worden sind, behauptet niemand. Die Beklagten tragen auch nicht vor, ihre Aufklärungspflichten auf andere Weise, sei es mündlich oder schriftlich durch ihre Vorstände oder Geschäftsführer bzw. nachgeordnete Mitarbeiter anhand von nicht durch G. und H. angefertigten Unterlagen erfüllt zu haben. Die Beklagten haben sich somit in den Vertragsverhandlungen - mit den hier nicht interessierenden vertraglich vereinbarten Einschränkungen hinsichtlich einer Forderung der „A.“ gegen die „I.“, laut 7.1 und 7.2, Seite 13 (Anlage K 13) – soweit ersichtlich nur auf von H. und G. erstellte Unterlagen einschließlich der Jahresabschlüsse gestützt. Die Beklagte zu 1) hat sich zudem die Richtigkeit bestimmter Angaben zu den wirtschaftlichen Verhältnissen der „A.“ seit dem 31.12.2011 von Herrn H. unter dem 21.03.2011 schriftlich bestätigen lassen und hierbei zu erkennen gegeben, dass diese Angaben für die „S.“ bestimmt sind (Anlage K 11). Dass H. und G. bei der Erteilung von Auskünften für die Beklagten agierten, entsprach nicht zuletzt dem beiderseitigen Verständnis, wie sich dem „LoI“ vom 21.03.2011 (Anlage K 9) entnehmen lässt. Dort heißt es auf Seite 4 zunächst, dass die der „S.“ für die „A.“ bisher bereitgestellten Informationen und/oder Unterlagen im Wesentlichen von der Geschäftsführung der „A.“ stammen, sich auch die Beklagten auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Informationen und/oder Unterlagen verlassen müssen und sie daher nur für die Richtigkeit der in der Anlage genannten Unterlagen einstehen wollen. Die folgende Formulierung, es sei „noch zu verhandeln, ob und inwieweit sich die Käuferin die Kenntnis der derzeitigen Geschäftsführung der „A.“ und der „B.“ zurechnen lassen müsse“, ist im Umkehrschluss dahin zu verstehen, dass die Erfüllungsgehilfeneigenschaft von H. und G. auf Verkäuferseite dem gemeinsamen Verständnis der Verhandelnden entsprach. Soweit die Buchhaltungsunterlagen und Jahresabschlüsse die weiter oben aufgeführten Fehler aufwiesen, haften die Beklagten daher, wie wenn sie die der „S.“ überlassenen Unterlagen und Jahresabschlüsse selbst erstellt hätten.
90cc) Auch unter Berücksichtigung der besonderen Umstände der Transaktion vom 20.04.2011 kann die Zurechenbarkeit des Fehlverhaltens von H. und G. auf Seiten der Beklagten nicht verneint werden. Ganz abgesehen davon, dass die Beklagten als Verkäufer der Geschäftsanteile und der Darlehensforderungen den dargestellten gesteigerten Aufklärungspflichten nun einmal unterliegen und nicht ersichtlich ist, durch welche Angaben, wenn nicht durch die von den Herren H. und G. verfassten, sie diesen Pflichten nachgekommen sein wollen, werden sie durch die Zurechnung des vorsätzlichen Fehlverhaltens aber auch nicht unangemessen und in einer nicht mehr hinnehmbaren Weise belastet. Die Beklagten waren nämlich der Geschäftsführung der Zielgesellschaften im Verkaufsprozess keineswegs schutzlos ausgeliefert. Sie waren insbesondere auf die von H. und G. erteilten Auskünfte zur Erfüllung ihrer vorvertraglichen Pflichten nicht angewiesen, weil sie von ihrer Möglichkeit, sich über die wirtschaftlichen Verhältnisse insbesondere der „A.“ ein eigenes Bild zu verschaffen, in - allerdings nicht näher mitgeteiltem Umfang – sogar Gebrauch gemacht hatten. Welche Erkenntnisse die Beklagte zu 2) im Rahmen der Entscheidungsfindung, sich von der Sparte „Mobility“ zu trennen, insbesondere im Zusammenhang mit der Tätigkeit von „N.“, über die wirtschaftlichen Verhältnisse der „A.“ erlangt hat, ist den Akten nicht zu entnehmen. Sie verfügte aber zumindest über eine - nicht von H. und G. erstellte - Liquidationsbilanz, wie der Vorstandsvorsitzende der Beklagten zu 2) in seiner Anhörung vor dem Senat am 03.09.2015 erklärt hat (Bl. 478 GA).
91Vorsätzliches Verhalten der Hilfsperson(en), von dem hier beide Seiten ausgehen, steht der Zurechnung ohnehin nicht entgegen (Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 278 Rn. 20/27), weswegen sich eine grobe Unbilligkeit nicht aus der Zurechnung als solcher ergeben kann. Hinzu tritt: Eine Haftungsfreizeichnung der Beklagten in Bezug auf vorsätzliches Verhalten ihrer Erfüllungsgehilfen wäre nach §§ 278 S. 2, 276 Abs. 3 BGB möglich gewesen und war von ihnen gewollt, konnte aber bei den Vertragsverhandlungen von den Beklagten nicht durchgesetzt werden. In dem der „S.“ am 28.03.2011 überlassenen Entwurf des Vertrages (Anlage K 12), der von dem auf Verkäuferseite eingesetzten Zeugen Y. verfasst worden ist, heißt es in dem Abschnitt 10. „Ausschluss und Beschränkung der Haftung“ unter 10.9.2:
92„Die Haftung der M. und der L. für ihre Erfüllungsgehilfen und oder Verhandlungsgehilfen ist ausgeschlossen.“
93Dass diese Klausel ohne dies ausdrücklich zu erwähnen auch auf den Ausschluss der Haftung von vorsätzlichem Verhalten der Erfüllungsgehilfen abzielte, ergibt sich daraus, dass es unter 10.10 des Entwurfs und im Einklang mit § 276 Abs. 3 BGB heißt, die Haftung der M. und der L. für „eigenes vorsätzliches Verhalten und arglistige Täuschung“ bleibt unberührt. Ausweislich der Vertragsurkunde vom 20.04.2011 ist die in dem ersten Entwurf enthaltene Haftungsfreizeichnungsklausel unter 10.9.2 ersatzlos weggefallen. Lediglich die Klausel gemäß 10.10 des Entwurfs wurde vereinbart und findet sich in dem beurkundeten Vertrag unter 10.11 (Anlage K 13, Seite 23).
94Der Zurechnung steht auch nicht entgegen, dass der Kontakt der hinter der Klägerin beziehungsweise der „S.“ stehenden Investoren zu den Beklagten über die Herren H. und G. zustande gekommen ist und diese ursprünglich ein Interesse an einer Übernahme auch der von der Beklagten zu 2) gehaltenen Geschäftsanteile an der „A.“ und der „B.“ hatten. Zumindest letzteres war den Beklagten zu Beginn der Verhandlungen mit der „S.“ bekannt. Die Beklagten gingen aber auch, wie der Vorstandsvorsitzende der Beklagten zu 2) am 03.09.2015 vor dem Senat bekundet hat, selbst davon aus, dass H. und G. bei der Klägerin „eine tragende Rolle spielen würden, in welcher Form auch immer“ (Bl. 477 GA). Daher konnten sie erkennen und bei der Führung der Verhandlungen berücksichtigen, dass H. und G. nicht nur auf der Verkäufer-, sondern auch auf Käuferseite agierten. Der Senat übersieht bei seiner Entscheidung nicht, dass die Transaktion durchaus Züge eines sogenannten Management Buy Out aufweist und dass in einer solchen Konstellation Schadensersatzansprüche wegen vorvertraglicher Pflichtverletzung typischerweise kaum in Betracht kommen. Die besonderen Umstände des Falles führen jedoch nur dazu, dass sich auch die Klägerin das Wissen und die Kenntnisse von H. und G. zurechnen lassen muss, wie unter 4. ausgeführt werden wird, rechtfertigen es aber in der Gesamtschau nicht, die „S.“ beziehungsweise die „E.“ nur als Venture Capital-Geber des Managements der Zielgesellschaften anzusehen. Denn dass die Verhandlungen von der „S.“ nicht für einen an dem E-Bike-Markt interessierten Investor, sondern nur für H. und G. geführt worden sind, lässt sich bei Würdigung der Gesamtumstände nicht feststellen. Auch dass die „S.“ von H. und G. „bessere“ Informationen erhalten hat als die Klägerin, wird weder behauptet noch ist hierfür etwas ersichtlich. Diese Annahme erscheint im Übrigen schon deshalb fernliegend, als die „S.“ aufgrund des Erwerbs mit Mitteln der „E.“ kein Interesse an einem überhöhten Kaufpreis haben konnte. Die „S.“ hat auch zu keinem Zeitpunkt erklärt, aufgrund von im Rahmen der Beratung der Geschäftsführer der Zielgesellschaften erlangten Kenntnissen in Bezug auf die wirtschaftliche Lage der Zielgesellschaften nicht mehr aufklärungsbedürftig zu sein. Dass auch die Beklagten von einer bestehenden Aufklärungspflicht als Verkäufer der Anteile und Darlehensforderungen, also von einem Verkauf an einen Dritten, und nicht von einer Finanzierung eines Management Buy Out der Geschäftsführung ausgegangen sind, zeigen im Übrigen nicht zuletzt die umfangreichen Regelungen unter 8. - 10. des Vertragswerkes vom 20.04.2011.
95c) Die Haftung der Beklagten ist nicht gemäß § 444 BGB i.V.m. der Regelung unter 10.7.2 des Kauf- und Abtretungsvertrages (Anlage K 13, Seite 22) ausgeschlossen. Zwar haben die Parteien dort einen umfassenden Haftungsausschluss vereinbart. Jedoch sind Ansprüche und Rechte der Klägerin nur ausgeschlossen „soweit (dies) gesetzlich zulässig“ (ist), was - entsprechend § 444 BGB - dann nicht gelten soll, wenn der Anspruch „auf einer vorsätzlichen Handlung oder arglistigen Täuschung durch die M. oder die L.“ beruht. Das ist in Bezug auf die bilanzrelevanten Sachverhalte der Fall. Wie schon erwähnt, fallen hierunter auch vorsätzliche Handlungen von Erfüllungsgehilfen der Beklagten, da ein Ausschluss der Haftung für deren vorsätzliches Verhalten nicht vereinbart worden ist. Der Vollständigkeit wegen sei erwähnt, dass die Haftungsausschlusstatbestände unter 10.1 (a) bis (c) des Kauf- und Abtretungsvertrages (Anlage K 13, Seite 20) nicht einschlägig sind. Wenn sie auch vorsätzliches und/oder arglistiges Verhalten hätten erfassen sollen, wofür bei einer Gesamtschau der Regelungen indes nichts spricht, §§ 133, 157 BGB, wäre der Haftungsausschluss zudem unwirksam, § 444 BGB.
96d) In Bezug auf den Sachverhalt „Batteriemängel“ scheiden Schadensersatzansprüche aus, weil weder eine vorvertragliche Pflichtverletzung noch vorsätzliches Verhalten der Beklagten dargetan ist. Letzteres führt dazu, dass die Haftung insoweit jedenfalls gemäß der Regelung unter 10.7.2 des Kauf- und Abtretungsvertrages wirksam ausgeschlossen worden wäre. Es kann mithin offenbleiben, ob es womöglich auch an der Kausalität einer derartigen Pflichtverletzung fehlen würde, weil die Klägerin den Vertrag in Kenntnis der Mitteilung vom 19.04.2011 (Anlage K 46) am Folgetag abgeschlossen hat.
97aa) Unstreitig nicht offenbart wurde den Vertretern der Klägerin im Rahmen der Vertragsverhandlungen das Vorliegen von „Gutachten“ der ebenfalls zur Mobility-Sparte der Beklagten zu 2) gehörenden O. vom 26./27.10.2009 (Anlagen K 47, K 48). In diesen - von der „O.“ selbst allerdings nur als „Bericht“ bezeichneten - Stellungnahmen wird eine fachliche Einschätzung zu den „zurzeit häufigen Problemen bei den Z.-Akkus mit Hitzeentwicklung (Brände) und Kapazitätsverlusten“ abgegeben, verbunden mit der Prognose, es seien „Batterieausfälle in hoher Zahl“ zu erwarten. Diese Prognose wird untermauert durch die in dem Bericht enthaltenen Untersuchungsergebnisse, nach denen es bei der Entladung zu einer hohen Hitzeentwicklung kommt, die zu Bränden führen kann.
98In der Nichterwähnung der „Gutachten“ ist keine vorvertragliche Pflichtverletzung zu sehen. Entgegen der Darstellung der Klägerin wurde seitens der Beklagten zwar das Vorliegen dieser „Gutachten“ nicht erwähnt, nicht aber der Umstand, dass Batteriemängel aufgetreten sind, verschwiegen. Dies auseinanderzuhalten ist deshalb von Bedeutung, weil die Klägerin selbst - mit Recht - die Nichtaufklärung über technische Mängel der Batterien als haftungsbegründend bezeichnet und - gleichfalls zutreffend - darauf verweist, der Qualität der Batterien komme für die Marktfähigkeit der Elektrofahrräder eine herausragende Bedeutung zu. Über technische Mängel der Batterien des Lieferanten „Z.“ ist die Klägerin jedoch vor Vertragsschluss von „N.“ - handelnd für die Beklagten - informiert worden.
99Auf Angaben zur Qualität der Batterien im Rahmen der Unternehmenspräsentation unter Verwendung des „A. Investment Proposal und Businessplan“ (Anlage K 7), bei denen es sich ohnehin auch für die „S.“ erkennbar um werbliche Anpreisungen der Herrn H. und G. handelte, kommt es ebenso wenig an wie auf angebliche Aussagen der Herren H. und G. zur Qualität der Fahrrad-Komponenten bei einer Besprechung mit der „S.“ am 17.02.2011. Abgesehen davon, dass eine Zurechnung der angeblichen Erklärungen von H. und G. auf Beklagtenseite daran scheitert, dass sie zu diesen Zeitpunkten für die „S.“ erkennbar ausschließlich „in eigener Sache“ agierten, haben die Verhandlungsvertreter der Klägerin im Rahmen der Due Diligence Kenntnis von den Batteriemängeln erlangt, sodass etwaige vorangegangene Fehlinformationen nicht kausal für den Vertragsschluss geworden sein können. Dies gilt entsprechend für angebliche Aussagen im Rahmen eines Gesprächstermins am 22./23.03.2011 zwischen der „S.“ und der Geschäftsführung der „A.“ (H. und G.). Selbst wenn diese erneut bekräftigt hätten, es bestünden keine technischen Mängel bei den Batterien, hätten die Verhandlungsvertreter der Klägerin spätestens bei Zugang der Antwort auf den der „N.“ am 23.03.2011 übersandten Fragenkatalog (Anlage K 43) erkannt, dass sehr wohl bereits Batteriemängel aufgetreten sind. Unter Nr. 13 der Anforderungsliste wird ausdrücklich nach Gewährleistungs- und Produkthaftungsansprüchen betreffend die Produkte und Dienstleistungen der Zielgesellschaften gefragt, allerdings nur nach solchen, „die gegen die Gesellschaft schon erhoben oder angedroht wurden und die einen Betrag von mehr als EUR 5.000 im Einzelfall betreffen“, was die Klägerin in der Klageschrift unerwähnt lässt. Die Beklagten übermittelten daraufhin eine Aufstellung, in der unter Hinweis auf „Brände im Rahmen der Aufladung von Batterien“ vier Schadensfälle unter Angabe der jeweiligen Schadenshöhe und der Einreichung einer Klage seitens der Versicherung erwähnt sind (Anlage K 44). Auf eine unter dem 18.04.2011 gestellte Nachfrage u.a. zur Anzahl der betroffenen Fahrräder und weiteren Sachstandsangaben (Anlage K 45) reagierte „N.“ mit E-Mail vom 19.04.2011 (Anlage K 46) durch Übersendung einer dreiseitigen Übersicht mit Anlagen, in welcher eine Rückrufaktion mit dem Kunden b. erwähnt und die Gesamtzahl der betroffenen Fahrräder mit ca. 1.000 angegeben wird. Die generelle Richtigkeit und Vollständigkeit all dieser Auskünfte stellt die Klägerin nicht in Abrede. Dass sie nach Erhalt der E-Mail vom 19.04.2011 weitere Auskünfte verlangt und nicht erhalten hat, bringt die Klägerin nicht vor.
100Festzuhalten ist also, dass die Vertreter der Klägerin ab dem nicht genannten Tag des Zugangs dieser Aufstellung Kenntnis von Batteriemängeln gehabt haben. Mit E-Mail vom 18.04.2011 bat die anwaltliche Beraterin der Klägerin die „N.“ unter Hinweis auf „im Datenraum beschriebene Batterieschäden“ um Mitteilung weiterer Einzelheiten zu den betroffenen Fahrrädern (Marke, Anzahl), zu dem Hersteller der Batterien, konkret ob es nur solche von „Z.“ seien sowie zu versicherungsrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme der „A.“ (Anlage K 45). Zu diesen Fragen wurde von „N.“ durch E-Mail vom 19.04.2011 (Anlage K 46) respektive deren im Anhang beigefügte Übersicht im Detail Stellung genommen. Auch insofern zeigt die Klägerin nicht auf, dass und inwiefern die darin enthaltenen Angaben unzutreffend und/oder unvollständig sind. Ob Herr H. in einem Telefonat am 13.04.2011 gegenüber der „S.“ bekräftigt hat, dass die Batterien keine technischen Mängel aufweisen, wie die Klägerin behauptet, ist demnach ohne Bedeutung. Zum einen konnte die „S.“ selbst erkennen, dass diese Bekräftigung kaum „belastbar“ war, zum anderen hat sie die „N.“ während der Due Diligence um detaillierte Auskunft gebeten und damit zu erkennen gegeben, dass sie die Angaben der Geschäftsführung der „A.“ selbst nicht für ausreichend hielt.
101bb) Dass die „Gutachten“ der „O.“ auch gemessen an dem soeben dargestellten Kenntnisstand der Klägerin - für die Beklagten erkennbar - Informationen enthalten, bei denen es sich noch um einen für den Kaufentschluss der Klägerin wesentlichen und somit bereits per se offenbarungspflichtigen Umstand handelt, wird von der Klägerin pauschal behauptet, aber nicht durch konkreten Sachvortrag untermauert. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass sich die „Gutachten“ lediglich zu den Ursachen der Batteriemängel verhalten, nicht aber zum Ausmaß von Haftungsrisiken. Ferner ist nach dem Sachvortrag der Klägerin auch nicht ersichtlich, inwiefern diese im Jahr 2009 erstellten Gutachten noch Relevanz für die bei der „A.“ im April 2011 noch vorhandenen Batterien hatten. Über das Haftungsrisiko ist die „S.“ im Übrigen, wie weiter oben erwähnt, mit E-Mail vom 19.04.2011 (Anlage K 46) konkret, d.h. unter Angabe der Anzahl zurückgerufener Batterien, der Höhe der Nachrüstungskosten pro Schadensfall, der Schadensfälle (456) und der voraussichtlichen Gesamtschadenshöhe (15.000 €) informiert worden. Dass konkrete Nachfragen im Rahmen der Due Diligence von der Beklagten respektive „N.“ unzutreffend beantwortet wurden, behauptet die Klägerin, wie erwähnt, ebenfalls nicht. Die Existenz der beiden „Gutachten“ ist auch nicht trotz ausdrücklicher Nachfrage der Käuferseite verschwiegen worden, weil auf die Existenz derartiger Unterlagen abzielende Fragen nicht gestellt worden sind.
102cc) Mit Blick auf die (erst) am 18.04./19.04.2011 erhaltenen Informationen werfen die Beklagten mit Recht die Frage auf, ob die behauptete Nichtaufklärung über bekannte Batteriemängel für den Kaufentschluss ursächlich gewesen sein kann. Dies kann aber aus den genannten Gründen dahinstehen, da es hierauf nicht mehr ankommt.
1034. Neben den Beklagten muss sich auch die Klägerin das Wissen von H. und G. zurechnen lassen. Dies ergibt sich nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme zwar nicht bereits aus der Regelung unter 10.2 des Kauf- und Abtretungsvertrages vom 20.04.2011 [dazu unter a)], wohl aber aus § 166 BGB in analoger Anwendung [dazu unterb)].
104a) Die Bestimmung unter 10.2 des Kauf- und Abtretungsvertrages beinhaltet nicht die Vereinbarung einer generellen Zurechnung der Kenntnisse und des Kennenmüssens der Geschäftsführung der „A.“ bezüglich der bilanzrelevanten Sachverhalte, sondern ausschließlich die einer Wissenszurechnung in Bezug auf Ansprüche aus den Garantien gemäß den Regelungen unter 8. des Kauf- und Abtretungsvertrages. Für ein weiteres Verständnis der Regelung unter 10.2 des Vertrages spricht allerdings neben deren allgemein formulierter Überschrift „Keine Haftung bei Kenntnis“ der am Wortlaut von § 442 Abs. 1 S. 1 BGB orientierte Einleitungssatz. Gegen ein weites und für ein enges Verständnis des letzten Satzes der Regelung unter 10.2 spricht wiederum der Wortlaut der Bestimmung im Übrigen. Der Wortlaut der Regelung ist aber trotz Verwendung der Formulierung „diese“ (Kenntnis) nicht eindeutig, sodass die Regelung gemäß den §§ 133, 157 BGB nach den hierfür geltenden Grundsätzen auszulegen ist. Zu berücksichtigen ist dabei, dass ein übereinstimmender Wille der an dem Abschluss des Vertrages beteiligten Parteien dem Vertragswortlaut oder einer anderweitigen Auslegung vorgeht (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BGH, Beschluss v. 21.04.2015 – II ZR 125/14, zitiert nach juris, Tz. 11 m.w.N.). Die Parteien haben zu dem gemeinsamen Verständnis von der Bestimmung unter Beweisantritt vorgetragen. Während die Beklagten behaupten, die Regelung sei Ausdruck des gemeinsamen Verständnisses der Kaufvertragsparteien, dass die Geschäftsführer der Zielgesellschaften nicht in ihrem Auftrag tätig gewesen und daher auch nicht als ihre Erfüllungsgehilfen anzusehen seien, und ihr Wissen deshalb auch nur der Klägerin, nicht ihnen, den Beklagten, zuzurechnen sei, argumentiert die Klägerin mit dem Wortlaut und behauptet, es sei nicht nur geregelt worden, in welchen Fällen eine Zurechnung der Kenntnisse von H. und G. erfolgen solle, sondern auch, in welchen Fällen keine Zurechnung erfolgen solle.
105Für den Senat steht nach der Vernehmung der Zeugen X. und Y. mit der gemäß § 286 ZPO erforderlichen Gewissheit fest, dass der Bestimmung in 10.2 des Kauf- und Abtretungsvertrages vom 20.04.2011 nicht das gemeinsame Verständnis der Parteien zugrunde liegt, dass die Beklagten nur für eigene (vorsätzliche) Handlungen haften sollen und das Wissen von H. und G. nicht ihnen, sondern allein der Klägerin zuzurechnen sein soll. Beweisbelastet sind die Beklagten, da diese sich auf eine Haftungsbeschränkung berufen (MüKoBGB/H.P. Westermann BGB, 6. Auflage, § 444 Rn. 17). Sie haben nicht bewiesen, dass die Wissenszurechnung in Bezug auf H. und G. vertraglich vereinbart worden ist. Vielmehr hat die Klägerin bewiesen, dass es das von den Beklagten behauptete gemeinsame Verständnis nicht gegeben hat und 10.2 nur die Wissenszurechnung für die unter 8. vereinbarten Garantien regelt. Dies hat selbst der von den Beklagten benannte Zeuge Y., Verfasser der Vertragsentwürfe vom 28.03.2011, 14.04.2011, 18.04.2011 und 19.04.2011 (Anlage K 72, Bl. 555 - 557, 560 - 561, 565 - 566, 567-570 GA) bestätigt. Er gab an (Bl. 618 ff. GA), für ihn bestehe die Bedeutung der Klausel 10.2 darin, dass für die Garantien eine bestimmte Wissenszurechnung stattgefunden habe, eine weitergehende Bedeutung messe er dieser Klausel nicht bei. Dass eine Wissenszurechnung schon nach 10.2 über die dort geregelten Fälle hinaus erfolgen sollte, hat der Zeuge Y. nicht bestätigt. Der Zeuge X., welcher in dem in Rede stehenden Zeitraum einer von drei Geschäftsführern der „S.“ war, die Vertragsverhandlungen mit den Beklagten maßgeblich geführt hat und hierbei insbesondere an dem Gesprächstermin bei der Beklagten zu 2) am 15.03.2011 mit deren Vorstandsvorsitzenden W. teilgenommen hat, dessen Ergebnisse wiederum in dem von dem Zeugen mitunterzeichneten „LoI“ zusammengefasst worden sind, hat im Wesentlichen bekundet (Bl. 612 ff. GA), in der Regelung unter 10.2 komme zum Ausdruck, dass das Wissen der Herren H. und G. grundsätzlich der Klägerin nicht zugerechnet werden sollte. Dies werde daran deutlich, dass in dem letzten Satz der Klausel von dieser Kenntnis und von diesem Kennenmüssen die Rede sei und ferner dort auch noch gesagt werde, dass nur „insoweit“ eine Zurechnung stattfinde. Letztlich handele es sich zwar nur um einen Umkehrschluss, was aber auch im Zusammenhang mit dem vorherigen Satz deutlich werde, der nur ganz bestimmte Fälle in Augenschein nehme.
106b) Die Klägerin muss sich das Wissen von H. und G. jedoch kraft gesetzlicher Vorschriften zurechnen lassen.
107aa) Die Kenntnisse von Herrn H. muss sich die Klägerin gemäß § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen. Die Vorschrift gilt für alle Vertreter einschließlich der Organe juristischer Personen. H. ist am Tag des Kaufvertragsabschlusses von der „E.“ zum (Mit-)Geschäftsführer der Klägerin bestellt worden. Der Zurechnung steht nicht entgegen, dass H. bei der Beurkundung des Kauf- und Abtretungsvertrages noch nicht Gesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin gewesen ist. Die Berufung auf diesen Aspekt ist der Klägerin versagt, § 242 BGB. Dass H. ausweislich des Protokolls über die Gesellschafterversammlung vom 20.04.2011 (Bl. 505 GA) zu diesem Zeitpunkt noch nicht Gesellschafter der Klägerin gewesen ist, beruht nach Lage der Akten nur darauf, dass die Anteilsübertragung mit schuldrechtlicher und wirtschaftlicher Wirkung auf den 20.04.2011 aufschiebend bedingt durch die Wirksamkeit der Übertragung und Abtretung des Geschäftsanteils der Beklagten zu 1) auf die Klägerin war (Anlage K 73, Bl. 571 – 576 GA) und die Wirksamkeit jenes Rechtsgeschäfts von dem Eingang der vereinbarten Zahlungen abhing (6.1 des Kauf- und Abtretungsvertrages vom 20.04.2011, Anlage K 13). Die unter I. dieses Urteils näher dargestellte Verknüpfung aller Rechtsgeschäfte zu einer umfangreichen Transaktion mag in der umgesetzten Art und Weise üblich und sinnvoll gewesen sein. Mit dem Landgericht ist aber davon auszugehen, dass es vorliegend keinen entscheidenden Unterschied machen kann, ob H. unmittelbar vor oder unmittelbar nach der Beurkundung des Kauf- und Abtretungsvertrages der Parteien zum Geschäftsführer bestellt worden ist. Denn dies war ausweislich der aufeinander bezogenen und miteinander verknüpften Verträge vom 20.04.2011 von vorneherein ebenso geplant wie die Beteiligung von G. und H. an der Klägerin. Hinzu kommt, dass die Reihenfolge der einzelnen Transaktionsbestandteile allein vom Willen der Klägerin respektive der „E.“ als ihrer Gesellschafterin abhing, was Manipulationsmöglichkeiten eröffnet. Auch wenn es grundsätzlich auf die Vertretereigenschaft im Zeitpunkt des Vertragsschlusses ankommt, muss der Klägerin vor diesem Hintergrund die Berufung auf die fehlende Organstellung von H. zum Zeitpunkt der Beurkundung des Kauf- und Abtretungsvertrages der Parteien nach § 242 BGB ausnahmsweise verwehrt sein.
108bb) Die Klägerin muss sich das Wissen von G. und H. auch unter dem Aspekt der Wissenszurechnung analog § 166 Abs. 1 BGB unter dem Aspekt vorzeitig übergegangener Loyalität (hierzu u.a. Hoenig/Klingen NZG 2013, 1046 ff., 1059 unter Hinweis auf Weißhaupt WM 2013, 782 u.a.) sowie der Veranlassung von Vertragsverhandlungen zurechnen lassen. Denn auch wenn die Investorenstellung der „E.“ respektive der hinter ihr stehenden Personen durchaus anzuerkennen ist, kann doch nicht der Umstand außer Acht gelassen werden, dass die „S.“ bei wirtschaftlicher Betrachtung zumindest auch für die an dem Erwerb weiterer Anteile an der „A.“ interessierten H. und G. verhandelt hat. Diese waren durch Vermittlung ihres Beraters Q. in Kontakt zu der „S.“, für welche Q. jedenfalls bis etwa Ende 2010 als sogenannter Partner (Bl. 137 GA) tätig gewesen war, getreten, nachdem sie zunächst unmittelbar mit den Beklagten über den Kauf der Anteile an der „A.“ und der „B.“ verhandelt hatten. Sodann wurde das Ansinnen - ebenfalls auf Vermittlung von Q. - an c., einen weiteren „Partner“ der „S.“ (Bl. 137 GA), herangetragen, angeblich aber nicht für die „S.“, sondern als potentiellem Privatinvestor. Die „Vertraulichkeitsverpflichtung“ vom 22.12.2010 (Anlage B 4, Bl. 139 f. GA) unterzeichnete C. indes schon für die „S.“. H. und G. haben, immer noch als Kaufinteressenten, nach dem Scheitern ihrer Finanzierungsbemühungen über Banken die Zusage der „S.“ vom 18.02.2011 (Anlage K 8) an den Vorstandsvorsitzenden der Beklagten zu 2) weitergeleitet. Die „S.“ stand also bei Aufnahme der Gespräche mit den Beklagten bereits seit längerem in Kontakt zu H. und G., hatte sich mit deren Vorhaben schon befasst und ihr Finanzierungsinteresse bekundet, sodass sie auch „in einem Lager“ standen. Es mag sein, dass, wie es der Zeuge X. relativierend geschildert hat, der Kontakt zu dem Verkäufer immer „in irgendeiner Weise hergestellt werden muss“, und er die Geschäftsführung der Zielgesellschaften als „nicht selbständig genug“ empfunden hat. Nicht zu übersehen ist indes, dass zumindest auch der Anteilserwerb von H. und G. finanziert wurde, weswegen diese wirtschaftlich betrachtet als Partner der Transaktion und als Veranlasser der Vertragsverhandlungen der „S.“ mit den Beklagten anzusehen sind. Zwar mag der Umstand, dass H. und G. ununterbrochen vor und nach der Transaktion Geschäftsführer der „A.“ gewesen sind, was bei einem Unternehmenskauf nicht unüblich ist, noch keine Grundlage für die Zurechnung ihres Wissens auf Käuferseite bieten. Anderes gilt aber für den Umstand, dass sie im Rahmen der Transaktion zwischen der Klägerin und den Beklagten Gesellschafter der Käuferin bzw. Klägerin geworden sind, was zumindest hinsichtlich des H. in den weiteren notariellen Urkunden vom 20.04.2011 (Anlagen K 17, K 19) bereits festgelegt worden war. Die Anteile der „I.“ und des Herrn J. an der „A.“ und die Anteile an der „I.“ sind, wie schon erwähnt, jeweils unter Vereinbarung der aufschiebenden Bedingung übertragen worden, dass Herrn H. ein Geschäftsanteil an der Klägerin (dortige Käuferin) in Höhe von 9.750,00 € übertragen wird (6.1, Seite 5 Anlage K 17, 8.1 (b), Seite 15 Anlage K 19). Damit ist Herr H. mit 39 % am Stammkapital der Klägerin (25.000,00 €) beteiligt worden. Herr G., der zuvor keine gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen innehatte, war nach der Transaktion Gesellschafter der Klägerin mit einem Geschäftsanteil von 2.500,00 € entsprechend 10 % des Stammkapitals (Anlage K 73, Bl. 571 ff. GA).
109Dass all dies schon vor Abschluss des Kauf- und Abtretungsvertrages genauso beabsichtigt gewesen ist, stellt also keine durch Parteivortrag nicht gedeckte Unterstellung des Landgerichts dar, wie die Berufung moniert, sondern steht aufgrund der aufgezeigten Umstände fest, § 286 Abs. 1 ZPO. Es erscheint mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen und wird von der Klägerin auch nicht ernsthaft behauptet, dass die weiteren Rechtsgeschäfte vom 20.04.2011 auf spontanen Entschlüssen beruhten, zumal diese Vorgehensweise exakt der mit Schreiben vom 18.02.2011 angekündigten Transaktionsgestaltung entspricht.
110c) Das gegen die Wissenszurechnung gerichtete Vorbringen der Klägerin verfängt nicht. Soweit die Klägerin in der Berufungsbegründung meint, der Verkäufer könne sich nicht dadurch von seiner Haftung befreien, dass er im Vorfeld der Transaktion die Geschäftsführung der Zielgesellschaften mit der Informationsbeschaffung und –erteilung gegenüber dem Käufer beauftrage, ist ihr nur in einem ersten Schritt zuzustimmen. Wie ausgeführt haftet die Beklagte zu 1) für die Geschäftsführer der A. als deren Erfüllungsgehilfen, weil sie sich der von ihnen aufgestellten Jahresabschlüsse bedient hat. Zu kurz greifen angesichts des festgestellten Sachverhalts aber die weiteren rechtlichen Einwände der Berufung, denen für den vorliegenden Fall nicht zugestimmt werden kann. Dass ein Käufer - mit Kenntnis und Zustimmung des Verkäufers - auch unmittelbare Gespräche mit der Geschäftsführung der Zielgesellschaften führt, mag üblich sein. Vorliegend verhält es sich aber deshalb in einem ganz entscheidenden Punkt anders, weil die für die erst noch zu gründende Klägerin agierenden Personen, die sämtlich dem Lager der „S.“ zuzuordnen sind, ab ca. Herbst 2010 bis zum 18.02.2011 ohne Kenntnis und Zustimmung des Verkäufers unmittelbare Gespräche mit der Geschäftsführung der Zielgesellschaften“ geführt haben und zwar nicht in deren Eigenschaft als Auskunftspersonen des Verkäufers, sondern als Mandanten mit dem Ziel der Begleitung bei dem beabsichtigten eigenen Erwerb der Anteile an der „A.“ und an der „B.“ und sodann bei der ins Auge gefassten Investition in diese Gesellschaften. Daher erfasst auch der weitere Einwand, es komme nicht darauf an, dass die Geschäftsführung der Zielgesellschaften im Zuge der Transaktion beibehalten worden sei, den Sachverhalt nicht vollständig. Dass dies nicht selten geschieht, steht außer Streit. Prägend ist hier jedoch, dass die Geschäftsführung zuvor die Anteile selbst erwerben wollte, dass sie vor allem unmittelbar im Anschluss an den Unternehmenskauf an der kaufenden Gesellschaft in einem Umfang von zusammen 49 % beteiligt wird und darüber hinaus, so im Fall des Herrn H., in die Geschäftsführung der Käuferin einrückt.
1115. Die Ansprüche der Klägerin sind aber auch unter Berücksichtigung dieser Wissenszurechnung nicht gemäß § 442 Abs. 1 S. 1 BGB ausgeschlossen, weil die Parteien nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme die Zurechnung der Kenntnisse von H. und G. nur in Bezug auf die Garantieansprüche übereinstimmend gewollt und vereinbart, sie im Übrigen aber ausgeschlossen haben. Dass die Regelung unter 10.2 des Kauf- und Abtretungsvertrages lediglich eine Spezialregelung für die dort im Einzelnen genannten Anwendungsfälle ist, aber keine Aussagen in Bezug auf den Ausschluss der Wissenszurechnung in anderen Fällen, insbesondere für Bilanzmanipulationen der Geschäftsführung der „A.“, trifft, ist nicht anzunehmen. Die Klägerin, welche nicht nur wegen des vereinbarten Haftungsausschlusses (BGH, Urt. v. 12.11.2010 – V ZR 181/09, BGHZ 188, 43 ff./juris Tz. 12), sondern auch wegen der unter 4. begründeten Wissenszurechnung zu beweisen hat, dass 10.2 des Vertrages keine umfassende vertragliche Zurechnungsnorm darstellt, sondern die vorsätzliche Verletzung von vorvertraglichen Aufklärungspflichten nicht regelt und eine Zurechnung des Wissens der Herren H. und G. zu ihren, der Klägerin, Lasten im Fall einer vorsätzlichen Aufklärungspflichtverletzung gerade nicht gewollt war, hat den ihr obliegenden Beweis zur vollen Überzeugung des Gerichts geführt.
112Der Zeuge X., dessen Rolle bei den Vertragsverhandlungen bereits unter 4. a) erläutert wurde, hat im Wesentlichen bekundet, dass die hier zu klärende Streitfrage von Beginn an im Fokus der Gespräche stand, wie sich schon aus dem „LoI“ ergebe. Für ihn sei aber von Anfang an klar gewesen, dass das Wissen dieser beiden Herren in die Sphäre der Verkäufer gehöre. Nach dem „LoI“ hätten die Vertragsverhandlungen „Fahrt aufgenommen“. Am 28.03.2011 habe er von Seiten der Beklagten bzw. von Herrn Rechtsanwalt Y. den ersten Vertragsentwurf bekommen. Die Klausel 10.2 sei völlig inakzeptabel gewesen, weil sie unter 10.2.1 nicht nur eine Zurechnung der Kenntnis, sondern sogar des Kennenmüssens vorgesehen habe und unter 10.2.3 der Käuferin die Kenntnis der Geschäftsführer H. und Y. bzw. Schuld habe zugerechnet werden sollen. Daraufhin sei den Beklagten ein Gegenentwurf mit einer entsprechend angepassten Klausel zugesandt worden. Wie in der ihm daraufhin vorgehaltenen Anlage K 70 zu sehen, sei praktisch alles von der Klausel 10.2 gestrichen worden bis auf die Zurechnung der Kenntnis. Die Reaktion der Gegenseite habe dann in einem weiteren Vertragsentwurf vom 14.04.2011 bestanden, in welchem die Klausel praktisch inhaltlich wieder in der ursprünglichen Fassung präsentiert worden sei. Das habe ihn genervt, weswegen er mit dem Zeugen Y. telefoniert habe. Dieser habe erklärt, nunmehr verstanden zu haben, worum es ihm, dem Zeugen X., gehe. Einen Tag später habe er einen weiteren Vertragsentwurf erhalten, der akzeptabel gewesen sei. Er habe, so der Zeuge X., keine Zurechnung akzeptiert, sondern nur, dass eigene Kenntnis nachteilig sein würde. Im Folgenden habe es nur noch kleinere Anpassungen der Klausel gegeben, die zentrale Aussage sei gleichgeblieben und habe darin bestanden, dass es eine Wissenszurechnung der Herren H. und G. nur in einem ganz schmalen Bereich geben solle, einerseits hinsichtlich der Bilanz 2010, die noch nicht fertig gewesen sei, und andererseits hinsichtlich der Steuern. Die Verhandlungen mit dem Zeugen Y. seien im Übrigen sehr intensiv gewesen. Aus dem Verlauf der Vertragsverhandlungen könne er sagen, dass es für ihn vollkommen klar gewesen sei, dass man einzig für den in Satz 2 und 3 von 10.2 eng umschriebenen Bereich eine Wissenszurechnung akzeptieren wolle und in allen anderen Bereichen eine Wissenszurechnung ablehne. Er habe dem Zeugen Y. auf den Punkt gesagt, dass dann, wenn die Klausel mit der vollen Zurechnung drinbleibe, das Geschäft nicht stattfinden werde, diese Klausel sei inakzeptabel. Eine Zurechnung der Kenntnis und des Kennenmüssens bezüglich des Jahresabschlusses 2010 sei von ihm akzeptiert worden, weil der Jahresabschluss 2010 noch nicht fertig gestellt gewesen sei und die Beklagten dessen Inhalt noch nicht hätten kennen können.
113Die Aussage des Zeugen X., an dessen Glaubwürdigkeit der Senat nach dem gewonnenen persönlichen Eindruck nicht zweifelt, hat eine in sich schlüssige und durch den Inhalt der zu den Akten gereichten Vertragsentwürfe gestützte Schilderung des Ganges der Verhandlungen einerseits und zum Hintergrund und Verständnis der Regelung unter 10.2 andererseits abgegeben. Schon aus dem Vergleich des ersten Entwurfs vom 28.03.2011 mit dem Text der am 20.04.2011 beurkundeten Vereinbarung erhellt sich, dass die Beklagten sich mit einem Großteil ihrer Vorstellungen schlicht nicht haben durchsetzen können. An dieser Stelle ist daran zu erinnern, dass der Vorstandsvorsitzende der Beklagten zu 2) erklärt hat, dass seine Verhandlungsposition seiner Einschätzung nach nicht gut war, weil man sich von der Mobility-Sparte habe trennen wollen, was sich aber als schwierig herausgestellt hatte, H. und G. die Liquidationsbilanz der „A.“ bekannt gewesen sei und eine Liquidation wegen der Beteiligungsverhältnisse gegen den Willen von H. nicht möglich gewesen wäre. Für die Richtigkeit des klägerischen Vortrags, 10.2 betreffe nur die Wissenszurechnung für den Fall der Geltendmachung von Ansprüchen aus Garantieverletzungen gemäß § 8.1.2 lit. (d) und 8.1.3 letzter Satz des Vertrages, nicht aber für „c.i.c.-Ansprüche“, spricht in der Tat der Wortlaut der Regelung. Eine allgemeine vertragliche Zurechnungsregelung enthält die Bestimmung nach ihrem eindeutigen Wortlaut nämlich gerade nicht. Dafür, dass in 10.2 nicht nur geregelt worden ist, in welchen Fällen eine Zurechnung der Kenntnisse von H. und G. erfolgen soll, sondern auch, in welchen Fällen keine Zurechnung erfolgen soll, wie es der Zeuge X. bekundet hat, spricht zumindest im Umkehrschluss ebenfalls der Wortlaut, vor allem aber die Entstehungsgeschichte der Regelung. Dass die Frage der Kenntniszurechnung auf Käuferseite von Anfang an thematisiert worden ist und beiden Seiten klar war, dass der Punkt einer vertraglichen Regelung bedarf, ist schon dem „LoI“ zu entnehmen. Dass es sich um eine äußerst bedeutsame Frage handelt, war den Parteien dabei bewusst. Soweit der Vorstandsvorsitzende der Beklagten zu 2) angab, sich an die diesbezüglichen Einzelheiten nicht mehr zu erinnern, mag dahinstehen, ob er die Bedeutung dieses Punktes damals wirklich nicht erfasst hat oder ob er sich tatsächlich nur nicht mehr daran erinnert, dass darüber gesprochen worden ist. Den rechtlichen Beratern der Parteien ist die Bedeutung jedenfalls nicht entgangen. Für die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen X. spricht - wie erwähnt - deren Übereinstimmung mit dem sich aus den zu den Akten gereichten Entwürfen ergebenden Gang der Vertragsverhandlungen.
114In dem ersten Kaufvertragsentwurf (Anlage K 12) war eine Regelung enthalten, in der eine umfassende Zurechnung des Wissens von H. und G. vorgesehen war. Dort hieß es:
115„10.2.3 Die Kenntnis (i) der Geschäftsführer der Käuferin, ihrer Berater und derjenigen Mitarbeiter, die mit der Due Diligence im Vorfeld dieses Vertrages oder mit der Verhandlung und dem Abschluss dieses Vertrages betraut waren, und (ii) der derzeitigen Geschäftsführer der A. und des vormaligen Geschäftsführers der B. (Herr R.) wird der Käuferin jeweils zugerechnet.“
116Diese Regelung hatten die Beklagten in den Vertragsverhandlungen aber nicht durchsetzen können, wie sich aus dem „Mark-Up“- Entwurf der Anwaltskanzlei d. vom 13.04.2011 (Anlage K 70, Bl. 558 GA) ergibt, in dem diese Regelung ersatzlos gestrichen worden ist und lautet:
117„Die Käuferin ist nicht berechtigt, Ansprüche aus oder im Zusammenhang mit diesem Vertrag geltend zu machen, soweit sie die dem Anspruch zugrunde liegenden Tatsachen oder Umstände kannte.“
118In dem Vertragsentwurf vom 14.04.2011 (Bl. 560 f. GA) lautet 10.2 wie folgt:
119„Die Käuferin ist nicht berechtigt, Ansprüche aus oder im Zusammenhang mit diesem Vertrag geltend zu machen, soweit (i) sie die dem Anspruch zugrunde liegenden Tatsachen oder Umstände kannte oder (ii) die derzeitigen Geschäftsführer der A. oder der vormalige Geschäftsführer der B. (Herr R.) die dem Anspruch zugrunde liegenden Tatsachen oder Umstände kannten oder bei der Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsführers (§ 43 GmbHG) hätte kennen müssen. Diese Kenntnis und dieses Kennenmüssen hat sich die Käuferin wie eigene Kenntnis zurechnen zu lassen.“
120In der „Mark-Up“- Version dieses Vertragsentwurfs vom 15.04.2011 (Bl. 562 ff. GA) lautet 10.2 hingegen:
121„Die Käuferin ist nicht berechtigt, Ansprüche aus oder im Zusammenhang mit diesem Vertrag geltend zu machen, soweit sie die dem Anspruch zugrunde liegenden Tatsachen oder Umstände kannte. Die Käuferin ist darüber hinaus nicht berechtigt, Ansprüche aus einer Garantieverletzung in den §§ 8.1.2 lit. (d) und 8.1.3, letzter Satz, geltend zu machen, soweit die derzeitigen Geschäftsführer der A. oder der vormalige Geschäftsführer der B. (Herr R.) die dem Anspruch zugrunde liegenden Tatsachen oder Umstände kannten oder bei der Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsführers (§ 43 GmbHG) hätten kennen müssen. Diese Kenntnis und dieses Kennenmüssen hat sich die Käuferin insoweit wie eigene Kenntnis zurechnen zu lassen.“
122Gleichlautend ist die Klausel in den folgenden Mark-up-Versionen sowie mit der von dem Zeugen X. erwähnten Ergänzung in Bezug auf Herrn G. auch in dem Kauf- und Abtretungsvertrag vom 20.04.2011 (Anlage K 13) enthalten. Nach alledem ergeben sich schon keine Anhaltspunkte dafür, dass die Aussage des Zeugen X. Unrichtigkeiten enthält. Wie bereits erwähnt, zweifelt der Senat aber auch nicht an der Glaubwürdigkeit dieses Zeugen. Zwar dürfte er wegen seines persönlichen Engagements in der seiner Schilderung nach auch für den Investor bedeutsamen Angelegenheit ein eigenes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits und auch am Obsiegen der Klägerin haben, welches auch nicht dadurch entfällt, dass er seinen Angaben nach bei der „S.“ im Jahre 2012 ausgeschieden ist. Es fehlt aber an Anhaltspunkten dafür, dass er sich von diesem Eigeninteresse bei seiner Aussage hat leiten lassen. Die engagiert-lebendigen und authentischen Angaben des Zeugen sowie der Umstand, dass er jede allgemeine wie konkrete und teils auch durchaus kritische Nachfrage, in ruhiger, aber bestimmter Weise beantwortet hat, haben den Eindruck vermittelt, dass er hierzu auf eigene Erinnerungen zurückgreift. Dabei mag der Umstand, dass er sich anhand von Aufzeichnungen vorbereiten konnte, hilfreich gewesen sein. Auch dies spricht aber nicht gegen, sondern für den Wahrheitsgehalt der Aussage, weil bloße Erinnerungen erfahrungsgemäß mit der Zeit verblassen, aber aufgefrischt werden können, wenn der damalige Schriftverkehr aufbereitet wird.
123Die Aussage des Zeugen Y. ist nicht geeignet, das Beweisergebnis zu entkräften oder gar zu widerlegen. Zwar hat der Senat auch an dessen persönlicher Glaubwürdigkeit keine Zweifel, zumal sich der Zeuge erkennbar bemüht hat, den Verhandlungsgang, so wie er ihn verstanden hat, aus seiner Erinnerung heraus zu schildern. Sein Versuch, den Bedeutungsgehalt der Regelung unter 10.2 zu relativieren, indem er die Klausel aus seinem ersten Entwurf in einen anderen Kontext stellen will, kann aber nach dem soeben wiedergegebenen Wortlaut der Entwürfe und der Entstehungsgeschichte der am Ende beurkundeten Regelung nicht gelingen. Ersichtlich zielte der erste Entwurf sowohl nach der allgemein gehaltenen Überschrift „Keine Haftung bei Kenntnis oder Kennenmüssen“ und dem Wortlaut von 10.2.3 auf eine umfassende Wissenszurechnung auf Käuferseite ab und nicht bloß auf eine Regelung der Garantieansprüche. Diese Zielrichtung hat die Klausel erst bekommen, nachdem signalisiert worden war, dass die umfassende Zurechnung für die Käuferseite inakzeptabel ist. Dafür, dass es in Bezug auf alle anderen Ansprüche bei der gesetzlichen Regelung des § 442 BGB bleiben sollte, die Klausel für diese aber keinerlei Bedeutung haben sollte, spricht nichts. Selbst wenn dies schon damals die Vorstellung des Zeugen Y. gewesen wäre, änderte sich nichts, weil diese Sicht der Dinge nicht dem aus den Entwürfen ersichtlichen beiderseitigen Verständnis entsprach und von der Käuferin nach den glaubhaften Bekundungen des Zeugen X. auch nicht akzeptiert worden wäre.
1246. Die Beklagten sind der Klägerin als Gesamtschuldner in Höhe von 880.827,82 € (850.000,00 € + 30.827,82 €) zum Schadensersatz verpflichtet. Die unzutreffenden Angaben über bilanzrelevante Sachverhalte waren ursächlich für den Entschluss der Klägerin, die Geschäftsanteile und die Darlehensforderungen zu dem gezahlten Preis zu kaufen, und für die Aufbringung der mit dem Erwerb verbundenen Kosten für die Durchführung der Due Diligence und die notarielle Beurkundung der Verträge [dazu unter a)]. Ein Ersatzanspruch von nur 51 % wegen der zwischenzeitlichen Beteiligungsverhältnisse an der Klägerin kommt nicht in Betracht [dazu unter b)].
125a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist derjenige, der vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt, beweispflichtig dafür, dass der Schaden auch bei pflichtgemäßem Verhalten eingetreten wäre, der Geschädigte also den Hinweis unbeachtet gelassen und auch bei wahrheitsgemäßen Angaben den Kaufvertrag so wie geschehen abgeschlossen hätte (vgl. nur BGH, Urt. v.16.12.2009 – VIII ZR 38/09, NJW 2010, 858 ff./juris Tz. 18). Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin einen Hinweis auf die Bilanzmanipulationen von H. und G. und die wahre wirtschaftliche Lage der „A.“ unbeachtet gelassen und den Kauf- und Abtretungsvertrag vom 20.04.2011 abgeschlossen hätte, werden von den Beklagten weder vorgetragen, noch ist hierfür etwas ersichtlich. Dass die Klägerin am Erwerb eines Geschäftsanteils an einer lebensfähigen Gesellschaft interessiert war und damit der mit dem Erwerb verfolgte Vertragszweck ernsthaft gefährdet sein würde, wenn die aus den überlassenen Bilanzen und Buchführungsunterlagen ersichtlichen Verhältnisse nicht die tatsächliche Lage der „A.“ wiederspiegelten, liegt für den Senat nach Lage der Akten auf der Hand. Soweit die Beklagten die Kausalität unter Hinweis auf die Höhe des mit Hilfe des Wissens von H. und G. „heruntergehandelten“ Kaufpreises und den Wert des Vorratsvermögens der „A.“ angezweifelt haben, ist anzumerken, dass die Höhe des zwischen den Parteien ausgehandelten Kaufpreises die Frage der Kausalität der Pflichtverletzung für den Kaufentschluss als solchen nicht berührt. Entscheidend ist wegen der bereits haftungsbegründend wirkenden pflichtwidrigen Einwirkung auf die Willensbildung allein, ob die Klägerin im Falle zutreffender Angaben über die wirtschaftliche Lage die Anteile und die Darlehensforderungen überhaupt gekauft hätte.
126Der in seinem Vertrauen auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben seines Vertragspartners Enttäuschte ist so zu stellen, wie er bei richtiger Offenbarung der für seinen Kaufentschluss erheblichen Umstände stünde. Er kann daher entweder am Vertrag festhalten und lediglich zusätzlich Schadensersatz beanspruchen oder aber Rückgängigmachung des Vertrages verlangen (BGH, Urt. v. 04.04.2001 – VIII ZR 32/00, WM 2001, 1118 ff./juris Tz. 26 m.w.N.). Wählt er - wie die Klägerin - die zweite Möglichkeit, kann er Zug um Zug gegen (Rück-)Abtretung der erworbenen Geschäftsanteile den Kaufpreis zurückfordern und zugleich Ersatz derjenigen Aufwendungen verlangen, die ihm im ursächlichen Zusammenhang mit dem Erwerb der Geschäftsanteile entstanden sind.
127Die Beklagten haben der Klägerin daher zum einen den (unstreitig in voller Höhe) gezahlten Kaufpreis von 850.000,00 € Zug um Zug gegen Rückabtretung der Geschäftsanteile an der „A.“ und an der „B.“ an die Beklagte zu 1) sowie der Darlehensforderungen gegenüber beiden Gesellschaften an die Beklagte zu 2) zurückzuerstatten. Zum anderen haben die Beklagten der Klägerin die mit dem Erwerb der Geschäftsanteile und der Darlehensforderungen verbundenen Aufwendungen zu ersetzen. Diese belaufen sich unter Berücksichtigung der seitens der „Rechtsanwaltskanzlei d.“, der e. und des Notars F. erteilten Gutschriften auf 12.605,04 € netto (Anlagenkonvolut K 56), 8.403,36 € netto (Anlagenkonvolut K 57) sowie 9.819,42 € netto (Anlagenkonvolut K 58), mithin insgesamt 30.827,82 €.
128b) Die Klägerin muss sich eine Kürzung ihres Anspruchs wegen der von G. und H. erworbenen Beteiligungen von zusammen 49 % und der besonderen Umstände des Falles, wie sie die Beklagten zuletzt nochmals mit Schriftsatz vom 12.05.2016 verlangt haben, nicht gefallen lassen. Für eine derartige Kürzung fehlt es schon an einer rechtlichen Grundlage. Entscheidend für den Anspruch ist allein, dass die Klägerin den ausgehandelten Kaufpreis aus ihr von der „E.“ zur Verfügung gestellten Mitteln für die Beteiligungen der Beklagten zu 1) an der „A.“ (51 %) und der „B.“ (100 %) und vor allem für die von der Beklagten zu 2) erworbenen Darlehensforderungen gezahlt hat, was sie nach den weiter oben getroffenen Feststellungen bei gehöriger Aufklärung nicht getan hätte. Die mit dem Verfolgen von Eigeninteressen seitens H. und G. und des mutmaßlich bereits eingetretenen Loyalitätskonflikts gegenüber den Beklagten verbundenen Risiken haben die Parteien gekannt und in der beschriebenen Art und Weise vertraglich geregelt.
129B: Wegen der auf die Darlehensgewährungen und die behaupteten Restrukturierungskosten gestützten Ansprüche und des Freistellungsanspruchs bleibt die Berufung erfolglos. Insofern ist die Klage unbegründet und hat das Landgericht sie zu Recht abgewiesen.
1301. Der Vermögensschaden in Höhe von 620.000,00 € ist von den Beklagten deshalb nicht zu ersetzen, weil es in Bezug auf die Darlehensgewährungen der Klägerin an ihre drei Tochtergesellschaften an dem erforderlichen Zurechnungszusammenhang fehlt. Dass die Transaktion vom 20.04.2011 „Conditio-sine-qua-non“ für den mit Blick auf die über das Vermögen der „A.“, der „B.“ und der „I.“ eröffneten Insolvenzverfahren zu erwartenden Ausfall mit den Darlehensforderungen entstandenen Schaden ist und auch ein adäquater Kausalzusammenhang bestehen dürfte, trägt die Schadensersatzverpflichtung (noch) nicht. Es ist anerkannt, dass die Schadenszurechnung durch den Schutzzweck der verletzten Norm begrenzt wird. Der Schutzzweck entscheidet im Sinne einer wertenden Betrachtung auch bei Aufklärungspflichtverletzungen darüber, ob sich das aufklärungspflichtige Risiko verwirklicht hat. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des Zurechnungszusammenhangs ist der Eintritt der konkreten kritischen Lage, die unmittelbar zum Schaden führt (Palandt/Grüneberg, a.a.O., Vorb v § 249 BGB Rn. 32). Dem Vorliegen des Zurechnungszusammenhangs zwischen den unzutreffenden vorvertraglichen Angaben über die bilanzrelevanten Sachverhalte und dem infolge der Darlehensgewährungen eingetretenen Vermögensschaden steht entgegen, dass diese Pflichtverletzungen schon deshalb nicht ursächlich gewesen sein können, weil die Klägerin bei Gewährung der Darlehen Kenntnis von den tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnissen der „A.“ gehabt hat, § 166 Abs. 1 BGB. Ihr Gesellschafter H. war seit dem 20.04.2011 auch Geschäftsführer (Bl. 505 GA). Auf fehlende Kenntnis davon, dass die „A.“ bei ordnungsgemäßer Bilanzierung schon per 31.12.2009 und auch noch am 31.12.2010 bilanziell überschuldet gewesen ist, kann sich die Klägerin den Beklagten gegenüber mithin nicht berufen. Nichts Anderes würde gelten, wenn man nicht auf die zuzurechnende Kenntnis, sondern auf ein Fehlverhalten des H. bei Gewährung der Darlehen abstellen würde. Zwar wird der Zurechnungszusammenhang in der Regel durch Fehlverhalten Dritter nicht unterbrochen. Er entfällt aber ausnahmsweise u.a. bei vorsätzlichem Verhalten Dritter und zwar dann, wenn diese schadensstiftende Handlung nicht durch das Verhalten des Erstschädigers herausgefordert wurde und die Gefahr für einen Schadenseintritt durch eine solche Handlung nicht erhöht worden ist, und außerdem der entstandene Schaden vom Schutzzweck der verletzten Norm umfasst ist (Palandt/Grüneberg, a.a.O., Vorb v § 249 Rn. 49 m.N.). Dafür, dass die Beklagten für weitere Pflichtwidrigkeiten von H. in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Käuferin auch noch einzustehen haben sollten, ist nun wirklich nichts ersichtlich.
131Selbst wenn man all dies anders und den erforderlichen Zurechnungszusammenhang für gegeben halten wollte, ergäbe sich keine Haftung der Beklagten. In diesem Fall müsste sich die Klägerin den Einwand des Mitverschuldens gemäß § 254 Abs. 1 und Abs. 2 BGB entgegenhalten lassen, da sie in nach § 166 Abs. 1 BGB zu unterstellender Kenntnis von der wahren Lage Darlehen in beträchtlicher Höhe gewährt und dadurch den entstandenen Schaden in Höhe von 620.000,00 € überhaupt erst verursacht, jedenfalls aber soweit ersichtlich nichts unternommen hat, den Eintritt eines derart hohen Schadens zu verhindern.
1322. Hinsichtlich des der „I.“ am 19.04.2011 gewährten Darlehens in Höhe von 110.000,00 € schenkt die Klägerin dem Umstand zu wenig Beachtung, dass sie die Anteile an dieser Gesellschaft nicht von der Beklagten zu 1), sondern von den Herren H. und K. erworben hat (Anlage K 19), die an dieser Gesellschaft mit 73.500,00 € beziehungsweise 1.500,00 € beteiligt waren. Dass auch dieser Anteilserwerb Teil der umfangreichen Transaktion war und der aufgrund pflichtwidriger Beeinflussung der Willensbildung auf Käuferseite zustande gekommene Kauf- und Abtretungsvertrag vom 20.04.2011 conditio-sine-qua-non für die Darlehensgewährung gewesen sein mag, reicht nach dem eben Ausgeführten nicht aus. Für eine schon vor dem Abschluss des Kaufvertrages am 20.04.2011 (Anlage K 19) erfolgte Darlehensgewährung der noch in Gründung befindlichen Klägerin können unzutreffende Angaben über bilanzrelevante Sachverhalte bei der „A.“ schon nicht kausal gewesen sein. Einer Haftung der Beklagten für diesen Vermögensschaden steht aber in jedem Fall der Umstand entgegen, dass die Klägerin einer Tochtergesellschaft ein Darlehen gewährt hat, deren schwierige wirtschaftliche Lage ihr bekannt war. Unstreitig gab es zwischen der Beklagten zu 2) und der „I.“ unterschiedliche Auffassungen zu einem Wertberichtigungsbedarf bezüglich einer Verbindlichkeit der „I.“ gegenüber der „A.“. Hierzu heißt es in der Anmerkung zur Anlage 1 des „LoI“, also zum vorläufigen Jahresabschluss der „A.“ 2010, dass diese Forderung „zum Teil noch einzelwertberichtigt wird“, wobei die Höhe bis zu 450 TEUR betragen wird (Anlage K 9). Die von den Beklagten angezweifelte Werthaltigkeit der im Jahresabschluss der „A.“ ausgewiesenen Forderung ist in dem Kauf- und Abtretungsvertrag außerdem zum Gegenstand der gesonderten Abreden unter 7.1, 7.2 und 8.1.2 (d) gemacht worden (Anlage K 13, Seiten 13 – 16). Berücksichtigt man zusätzlich, dass die Klägerin die Anteile der „I.“ an der „A.“ in Höhe von nominal 8.250,00 € für einen Kaufpreis von 1,00 € erworben hat (Anlage K 17) und an H. und K. Kaufpreise in Höhe von ca. 11 % des Nominalwertes von deren Geschäftsanteilen an der „I.“ gezahlt hat (Anlage K 19), hat die Klägerin der „I.“ das Darlehen in Höhe von 110.000,00 € entweder unter bewusster Eingehung eines hohen Risikos mit der Rückzahlungsforderung auszufallen gewährt oder jedenfalls vor diesem Risiko die Augen verschlossen. Beides ist unter keinen Umständen schadensrechtlich den Beklagten anzulasten.
1332. Soweit die Klägerin unter Vorlage einer Vielzahl von Rechnungen (Anlagenkonvolut K 59) Erstattung von Restrukturierungsleistungen nach der Transaktion vom 20.04.2011 einschließlich anteiliger Reisekosten und Spesen für einen Rechtsanwalt und Steuerberater f. in Höhe von 39.172,43 € netto beansprucht, ist schon weder den Rechnungen noch dem Sachvortrag der Klägerin zu entnehmen, welche Leistungen erbracht worden sind und ob diese überhaupt in einem Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Transaktion stehen. Abgerechnet wird gegenüber der Klägerin die an aufgelisteten Tagen im Zeitraum vom 09.08.0211 bis 30.09.2011 sowie vom 04.10.2011 bis 02.11.2011 erbrachte, nicht näher erläuterte Rechts- und Steuerberatung durch Herrn f. „für Ihr Haus“, d.h. die Klägerin. Spätestens nachdem die Beklagten in der Klageerwiderung die Notwendigkeit und Angemessenheit der Strukturierungsberatung bestritten hat, hätte es der Klägerin mit Blick auf § 138 Abs. 1 und 2 ZPO oblegen, zu den Beratungsleistungen näher vorzutragen. Das ist nicht geschehen. Die Klägerin hat in ihrer Replik lediglich pauschal erneut behauptet, die Strukturierungsberatungen seien notwendig gewesen und die hierfür verauslagten Kosten üblich und angemessen, und hierfür Beweis angetreten durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Auch nachdem die Beklagten sich in ihrem Schriftsatz vom 01.10.2015 erneut u.a. gegen die Kosten der Restrukturierungsberatung gewandt haben, ist die Klägerin dem nicht mit substantiiertem Vortrag entgegengetreten. Zu der Einholung des Sachverständigengutachtens besteht hiernach keine Veranlassung, da dies auf eine grundsätzlich unzulässige Sachverhaltsausforschung hinausliefe, weil ein gerichtlicher Sachverständiger zunächst ermitteln müsste, welche Leistungen erbracht worden sind, um die Fragen nach deren Notwendigkeit und der Angemessenheit des hierfür verlangten Honorars beantworten zu können.
134Im Übrigen gilt für diese Ersatzforderung das eben unter B. 1. Gesagte zum Fehlen des Zurechnungszusammenhangs entsprechend. Dass die vorvertraglichen Pflichtverletzungen der Beklagten für die Entstehung dieser Kosten (mit)ursächlich geworden sind, lässt sich mit Blick auf die der Klägerin gemäß § 166 Abs. 1 BGB zuzurechnenden Kenntnisse ihres Geschäftsführers H. nicht feststellen. Jedenfalls träfe die Klägerin der Vorwurf des Mitverschuldens, § 254 BGB.
1353. Unter Berücksichtigung der weiter oben näher dargestellten Rolle der „S.“ bei der Vorbereitung und Anbahnung der umfangreichen Transaktion vom 20.04.2011, insbesondere aber nach ihrer Selbstdarstellung in dem LoI, ergibt sich, dass ein Anspruch der Klägerin auf Freistellung von der Provisionsforderung der „S.“ für die Vermittlung des Kaufvertrages mit den Beklagten gemäß Rechnung vom 12.01.2012 (Anlage K 60) über 100.000,00 € nicht in Betracht kommt. Es handelt sich unabhängig von der Bezeichnung der in Rechnung gestellten Leistung mit „Provision für den Abschluss des Kaufvertrages mit der M.“ um das Abrechnen von Eigenaufwand der „S.“ im Zusammenhang mit der Prüfung und Vorbereitung der eigenen oder aber der Investitionsentscheidung der hinter der „E.“ stehenden Personen. Die „S.“ ist entgegen ihrer Darstellung nicht bloß auf Käuferseite als M&A-Beraterin eingeschaltet worden, jedenfalls nicht von der Klägerin. Dass die „S.“ die Geschäftsanteile an den Zielgesellschaften nicht selbst erworben, sondern zwecks Erwerbs die Gründung der Klägerin veranlasst hat, rechtfertigt es nicht, die Beklagten mit einer Provision für den Abschluss eines letztendlich für sich selbst konzipierten Vertrages zu belasten. Ob dem Freistellungsanspruch womöglich darüber hinaus die mutmaßlich längst eingetretene Verjährung des Provisionsanspruchs entgegensteht, was die Beklagten zuletzt noch geltend gemacht haben, kann daher offenbleiben.
136III.
137Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 97 Abs. 1 i.V.m. §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 709, 711 ZPO.
138Gründe, die Revision zuzulassen, § 543 Abs. 2 ZPO, liegen nicht vor.
139Streitwert des Berufungsverfahrens: 1.750.000,00 €
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(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.
(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch
- 1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen, - 2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder - 3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.
(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.
(1) Die Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen und den Montageanforderungen dieser Vorschrift entspricht.
(2) Die Sache entspricht den subjektiven Anforderungen, wenn sie
- 1.
die vereinbarte Beschaffenheit hat, - 2.
sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet und - 3.
mit dem vereinbarten Zubehör und den vereinbarten Anleitungen, einschließlich Montage- und Installationsanleitungen, übergeben wird.
(3) Soweit nicht wirksam etwas anderes vereinbart wurde, entspricht die Sache den objektiven Anforderungen, wenn sie
- 1.
sich für die gewöhnliche Verwendung eignet, - 2.
eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen derselben Art üblich ist und die der Käufer erwarten kann unter Berücksichtigung - a)
der Art der Sache und - b)
der öffentlichen Äußerungen, die von dem Verkäufer oder einem anderen Glied der Vertragskette oder in deren Auftrag, insbesondere in der Werbung oder auf dem Etikett, abgegeben wurden,
- 3.
der Beschaffenheit einer Probe oder eines Musters entspricht, die oder das der Verkäufer dem Käufer vor Vertragsschluss zur Verfügung gestellt hat, und - 4.
mit dem Zubehör einschließlich der Verpackung, der Montage- oder Installationsanleitung sowie anderen Anleitungen übergeben wird, deren Erhalt der Käufer erwarten kann.
(4) Soweit eine Montage durchzuführen ist, entspricht die Sache den Montageanforderungen, wenn die Montage
- 1.
sachgemäß durchgeführt worden ist oder - 2.
zwar unsachgemäß durchgeführt worden ist, dies jedoch weder auf einer unsachgemäßen Montage durch den Verkäufer noch auf einem Mangel in der vom Verkäufer übergebenen Anleitung beruht.
(5) Einem Sachmangel steht es gleich, wenn der Verkäufer eine andere Sache als die vertraglich geschuldete Sache liefert.
(1) Geht der Verkäufer, der Hersteller oder ein sonstiger Dritter in einer Erklärung oder einschlägigen Werbung, die vor oder bei Abschluss des Kaufvertrags verfügbar war, zusätzlich zu der gesetzlichen Mängelhaftung insbesondere die Verpflichtung ein, den Kaufpreis zu erstatten, die Sache auszutauschen, nachzubessern oder in ihrem Zusammenhang Dienstleistungen zu erbringen, falls die Sache nicht diejenige Beschaffenheit aufweist oder andere als die Mängelfreiheit betreffende Anforderungen nicht erfüllt, die in der Erklärung oder einschlägigen Werbung beschrieben sind (Garantie), stehen dem Käufer im Garantiefall unbeschadet der gesetzlichen Ansprüche die Rechte aus der Garantie gegenüber demjenigen zu, der die Garantie gegeben hat (Garantiegeber).
(2) Soweit der Garantiegeber eine Garantie dafür übernommen hat, dass die Sache für eine bestimmte Dauer eine bestimmte Beschaffenheit behält (Haltbarkeitsgarantie), wird vermutet, dass ein während ihrer Geltungsdauer auftretender Sachmangel die Rechte aus der Garantie begründet.
Auf eine Vereinbarung, durch welche die Rechte des Käufers wegen eines Mangels ausgeschlossen oder beschränkt werden, kann sich der Verkäufer nicht berufen, soweit er den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat.
(1) Die Geschäftsführer haben in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden.
(2) Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen, haften der Gesellschaft solidarisch für den entstandenen Schaden.
(3) Insbesondere sind sie zum Ersatz verpflichtet, wenn den Bestimmungen des § 30 zuwider Zahlungen aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft gemacht oder den Bestimmungen des § 33 zuwider eigene Geschäftsanteile der Gesellschaft erworben worden sind. Auf den Ersatzanspruch finden die Bestimmungen in § 9b Abs. 1 entsprechende Anwendung. Soweit der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger der Gesellschaft erforderlich ist, wird die Verpflichtung der Geschäftsführer dadurch nicht aufgehoben, daß dieselben in Befolgung eines Beschlusses der Gesellschafter gehandelt haben.
(4) Die Ansprüche auf Grund der vorstehenden Bestimmungen verjähren in fünf Jahren.
(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.
(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch
- 1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen, - 2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder - 3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.
(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.
(1) Durch Vertrag kann eine Leistung an einen Dritten mit der Wirkung bedungen werden, dass der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung zu fordern.
(2) In Ermangelung einer besonderen Bestimmung ist aus den Umständen, insbesondere aus dem Zwecke des Vertrags, zu entnehmen, ob der Dritte das Recht erwerben, ob das Recht des Dritten sofort oder nur unter gewissen Voraussetzungen entstehen und ob den Vertragschließenden die Befugnis vorbehalten sein soll, das Recht des Dritten ohne dessen Zustimmung aufzuheben oder zu ändern.
(1) Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht.
(2) Hat im Falle einer durch Rechtsgeschäft erteilten Vertretungsmacht (Vollmacht) der Vertreter nach bestimmten Weisungen des Vollmachtgebers gehandelt, so kann sich dieser in Ansehung solcher Umstände, die er selbst kannte, nicht auf die Unkenntnis des Vertreters berufen. Dasselbe gilt von Umständen, die der Vollmachtgeber kennen musste, sofern das Kennenmüssen der Kenntnis gleichsteht.
Der Bestimmung der Gesellschafter unterliegen:
- 1.
die Feststellung des Jahresabschlusses und die Verwendung des Ergebnisses; - 1a.
die Entscheidung über die Offenlegung eines Einzelabschlusses nach internationalen Rechnungslegungsstandards (§ 325 Abs. 2a des Handelsgesetzbuchs) und über die Billigung des von den Geschäftsführern aufgestellten Abschlusses; - 1b.
die Billigung eines von den Geschäftsführern aufgestellten Konzernabschlusses; - 2.
die Einforderung der Einlagen; - 3.
die Rückzahlung von Nachschüssen; - 4.
die Teilung, die Zusammenlegung sowie die Einziehung von Geschäftsanteilen; - 5.
die Bestellung und die Abberufung von Geschäftsführern sowie die Entlastung derselben; - 6.
die Maßregeln zur Prüfung und Überwachung der Geschäftsführung; - 7.
die Bestellung von Prokuristen und von Handlungsbevollmächtigten zum gesamten Geschäftsbetrieb; - 8.
die Geltendmachung von Ersatzansprüchen, welche der Gesellschaft aus der Gründung oder Geschäftsführung gegen Geschäftsführer oder Gesellschafter zustehen, sowie die Vertretung der Gesellschaft in Prozessen, welche sie gegen die Geschäftsführer zu führen hat.
Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.
(1) Die Rechte des Käufers wegen eines Mangels sind ausgeschlossen, wenn er bei Vertragsschluss den Mangel kennt. Ist dem Käufer ein Mangel infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben, kann der Käufer Rechte wegen dieses Mangels nur geltend machen, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat.
(2) Ein im Grundbuch eingetragenes Recht hat der Verkäufer zu beseitigen, auch wenn es der Käufer kennt.
(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.
(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch
- 1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen, - 2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder - 3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.
(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.
(1) Die Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen und den Montageanforderungen dieser Vorschrift entspricht.
(2) Die Sache entspricht den subjektiven Anforderungen, wenn sie
- 1.
die vereinbarte Beschaffenheit hat, - 2.
sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet und - 3.
mit dem vereinbarten Zubehör und den vereinbarten Anleitungen, einschließlich Montage- und Installationsanleitungen, übergeben wird.
(3) Soweit nicht wirksam etwas anderes vereinbart wurde, entspricht die Sache den objektiven Anforderungen, wenn sie
- 1.
sich für die gewöhnliche Verwendung eignet, - 2.
eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen derselben Art üblich ist und die der Käufer erwarten kann unter Berücksichtigung - a)
der Art der Sache und - b)
der öffentlichen Äußerungen, die von dem Verkäufer oder einem anderen Glied der Vertragskette oder in deren Auftrag, insbesondere in der Werbung oder auf dem Etikett, abgegeben wurden,
- 3.
der Beschaffenheit einer Probe oder eines Musters entspricht, die oder das der Verkäufer dem Käufer vor Vertragsschluss zur Verfügung gestellt hat, und - 4.
mit dem Zubehör einschließlich der Verpackung, der Montage- oder Installationsanleitung sowie anderen Anleitungen übergeben wird, deren Erhalt der Käufer erwarten kann.
(4) Soweit eine Montage durchzuführen ist, entspricht die Sache den Montageanforderungen, wenn die Montage
- 1.
sachgemäß durchgeführt worden ist oder - 2.
zwar unsachgemäß durchgeführt worden ist, dies jedoch weder auf einer unsachgemäßen Montage durch den Verkäufer noch auf einem Mangel in der vom Verkäufer übergebenen Anleitung beruht.
(5) Einem Sachmangel steht es gleich, wenn der Verkäufer eine andere Sache als die vertraglich geschuldete Sache liefert.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Mit notariellem Vertrag vom 4. Oktober 2006 kauften die Kläger von den Beklagten für 85.000 € ein Hausgrundstück unter Ausschluss der „Gewähr für Fehler und Mängel“. Das Wohngebäude war im Jahr 1980 in Fertigbauweise errichtet worden. Den Beklagten war vor dem Vertragsschluss bekannt, dass in der Fassade Asbestzementplatten verarbeitet wurden. Sie teilten dies den Klägern jedoch nicht mit, obwohl zuvor ein Kaufinteressent wegen der Asbestbelastung von seinen Kaufabsichten abgerückt war. Nach der Übergabe forderten die Kläger die Beklagten erfolglos auf, die Fassade im Wege der Nacherfüllung zu sanieren.
- 2
- Die Kläger verlangen nunmehr Schadensersatz in Höhe von 38.455,34 € sowie die Feststellung, dass die Beklagten zum Ersatz weiterer Sanierungskosten verpflichtet sind. In dem (einzigen) Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht haben sie erstmals behauptet und unter Beweis gestellt, der Beklagte zu 1 habe vor Vertragsschluss auf Nachfrage des Klägers zu 1 wahrheitswidrig behauptet, er wisse nicht, aus welchem Material die Fassade sei. Dieses Vorbringen haben die Beklagten bestritten.
- 3
- Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre Ansprüche weiter. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe:
I.
- 4
- Das Berufungsgericht meint, die Kläger könnten von den Beklagten nicht nach §§ 437 Nr. 3, 280, 281 BGB Schadensersatz in Höhe der Kosten einer Asbestsanierung verlangen. Die Verkleidung der Außenwände des Gebäudes mit Asbestzementplatten stelle schon keinen Sachmangel dar, der Gegenstand einer Offenbarungspflicht hätte sein können. Die Nutzung des Hauses zu Wohnzwecken werde nicht beeinträchtigt. Als Erwerber eines älteren Fertighauses hätten die Kläger mit einer Asbestbelastung rechnen müssen. Auf die von den Klägern behauptete Nachfrage nach dem Material der Fassade und die darauf von dem Beklagten zu 1 gegebene Antwort komme es nicht an. Ein Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss (§ 280 i.V.m. § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB) scheide aus. Nach Gefahrübergang bildeten die Vorschriften der §§ 434 ff. BGB eine abschließende Sonderregelung, soweit es um Merkmale der Sache gehe, die - wie hier die Freiheit von Asbest - einer Beschaffenheitsvereinbarung zugänglich seien.
II.
- 5
- Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 6
- 1. Die Verneinung von Ansprüchen nach §§ 437 Nr. 3, 280, 281 BGB hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Baustoffe, die bei der Errichtung eines Wohnhauses gebräuchlich waren, später aber als gesundheitsschädlich erkannt worden sind, können einen offenbarungspflichtigen Mangel der Kaufsache begründen.
- 7
- a) Bei der Beantwortung der Frage, ob ein Sachmangel vorliegt, kommt es nicht auf das Baujahr des verkauften Hauses (hier 1980) an. Entscheidend ist vielmehr - wenn die Vertragsparteien wie hier keine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB getroffen haben -, ob der Rechtsverkehr im Zeitpunkt des Vertragsschlusses (hier 2006) ein älteres Wohnhaus, dessen Fassade aus Asbestzementplatten besteht, als uneingeschränkt geeignet ansieht für die gewöhnliche bzw. die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung (§ 434 Abs. 1 Satz 2 BGB).
- 8
- Ob der bei Errichtung eines Gebäudes übliche oder als unbedenklich angesehene Einsatz bestimmter Techniken oder Materialien aufgrund des technischen Fortschritts oder besserer wissenschaftlicher Erkenntnisse zur Bewertung der Kaufsache als mangelhaft führt, kann nicht schematisch für alle Fälle gleichermaßen beantwortet werden. Dazu sind die möglichen Sachverhaltskonstellationen - auch in ihren Auswirkungen - zu vielgestaltig. So kommt es etwa bei Altbauten mit Feuchtigkeitsschäden auf die Umstände des Einzelfalles an (Senat, Urt. v. 7. November 2008, V ZR 138/07, Rdn. 13, juris, m.w.N.; vgl. auch Senat, Urt. v. 16. Juni 1989, V ZR 74/88, Rdn. 17, juris), weil die Verwendbarkeit der Sache je nach Art und Ausmaß der Feuchtigkeitserscheinungen unterschiedlich in Mitleidenschaft gezogen wird und der Rechtsverkehr bei älteren Häusern von vornherein nicht die heute gültigen Trockenheitsstandards erwartet. Demgegenüber ist das Vorliegen eines offenbarungspflichtigen Mangels bei der Kontaminierung eines Grundstücks mit sog. Altlasten , deren Gefährdungspotential ursprünglich als nicht gegeben oder nur als geringfügig eingestuft, nunmehr aber als gravierend erkannt worden ist, zumindest in der Regel anzunehmen (vgl. Senat, Urt. v. 20. Oktober 2000, V ZR 285/99, NJW 2001, 64; Krüger in Krüger/Hertel, Der Grundstückskauf, 9. Aufl., Rdn. 213; vgl. auch BGH, Urt. v. 19. März 1992, III ZR 16/90, NJW 1992, 1953, 1954 f.). Insoweit besteht zwar eine Gemeinsamkeit mit dem Einsatz von Baumaterialien , die ein gravierendes gesundheitsschädigendes Potential aufweisen. Das gilt umso mehr, wenn diese Materialien Stoffe enthalten, die selbst in geringen Dosen karzinogen wirken. Andererseits gilt es dem Umstand Rechnung zu tragen, dass selbst Baustoffe mit bedenklichen Inhaltsstoffen je nach der Art ihrer Verwendung und Nutzung keine konkrete Gefährlichkeit aufweisen und sie ihre Funktion unproblematisch erfüllen können, solange es nicht zu einem Substanzeingriff kommt - man denke etwa an eine von Mauern umschlossene und von außen nicht zugängliche Dämmschicht, die, solange die Ummantelung aufrechterhalten wird, keine gefährlichen Stoffe diffundiert.
- 9
- Vor diesem Hintergrund verbietet es sich nach Auffassung des Senats, allein auf das abstrakte Gefährdungspotential abzustellen (so aber der Sache nach LG Hannover MDR 1998, 1474 f.). Andererseits greift es zu kurz, einen aufklärungspflichtigen Sachmangel erst bei Bestehen eines akuten Sanierungsbedarfs anzunehmen (so aber OLG Celle OLGR 1996, 51; 2007, 461, 462; vgl. auch LG Magdeburg, Urt. v. 15. Januar 2002, 9 O 2665/01, Rdn. 16, juris). Vielmehr ist von einem solchen Mangel erst, aber auch schon dann aus- zugehen, wenn die ernsthafte Gefahr besteht, dass Stoffe mit einem erheblichen gesundheitsgefährdenden Potential im Rahmen der üblichen Nutzung des Kaufobjekts austreten. Dabei liegt eine erhebliche Einschränkung der Nutzbarkeit eines Wohngebäudes auch dann vor, wenn übliche Umgestaltungs-, Renovierungs - oder Umbaumaßnahmen nicht ohne gravierende Gesundheitsgefahren vorgenommen werden können. Das gilt jedenfalls für solche Arbeiten, die üblicherweise auch von Laien und nicht nur von mit dem Umgang gefährlicher Baustoffe vertrauten Betrieben des Fachhandwerks vorgenommen werden. In solchen Bereichen muss ein verständiger Verkäufer in Rechnung stellen, dass Heimwerker mit gesundheitsgefährdenden Stoffen in Berührung kommen, ohne die zur Abwehr von Gesundheitsgefahren notwendigen Maßnahmen zu ergreifen , wenn sie nicht wissen, dass die verbauten Materialien gefährliche Stoffe enthalten.
- 10
- b) Gemessen daran liegt auf der Grundlage des Vorbringens der Kläger, wonach bei den von ihnen beabsichtigten Fassadenbohrungen zur Anbringung von Außenlampen und einer Überdachung krebserregender Asbeststaub austritt , ein aufklärungspflichtiger Sachmangel vor. Dass mit Bohrungen an der Außenfassade eines Wohngebäudes auch durch Laien stets gerechnet werden muss, liegt auf der Hand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts schränkt dies die Nutzbarkeit des Gebäudes zu Wohnzwecken in erheblicher Weise ein. Denn die Nutzbarkeit eines Wohnhauses umfasst über das bloße Bewohnen hinaus auch die Möglichkeit, jedenfalls im üblichen Umfang Umgestaltungen , bauliche Veränderungen oder Renovierungen ohne gravierende Gesundheitsgefahren vorzunehmen. Die von dem Berufungsgericht als streitig festgestellte Behauptung der Kläger ist danach erheblich.
- 11
- 2. Durchgreifenden Bedenken begegnet auch die Annahme des Berufungsgerichts , Ansprüche der Kläger wegen Verschuldens bei Vertragsschluss (§ 280 i.V.m. § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB) seien durch die Vorschriften der §§ 434 ff. BGB ausgeschlossen.
- 12
- a) Die Frage nach der Anwendbarkeit der genannten Anspruchsgrundlage ist entscheidungserheblich, weil das Landgericht das Vorbringen der Kläger zu einer arglistigen Täuschung durch aktives Tun zu Unrecht als nach §§ 296 Abs. 2, 282 Abs. 1 ZPO präkludiert angesehen hat und schon deshalb eine Bindung der Rechtsmittelgerichte nach § 531 Abs. 1 ZPO ausscheidet. Vorbringen im ersten Termin zur mündlichen Verhandlung unterliegt nicht der Zurückweisung nach den Vorschriften der §§ 296 Abs. 2, 282 Abs. 1 ZPO (BGH, Urt. v. 1. April 1992, VIII ZR 86/91, NJW 1992, 1965; Urt. v. 4. Mai 2005, XII ZR 23/03, NJW-RR 2005, 1007). Ob das Landgericht die Zurückweisung rechtsfehlerfrei auf § 296 Abs. 1 ZPO hätte stützen können, bedarf keiner Entscheidung , weil das Rechtsmittelgericht die fehlerhafte Präklusionsentscheidung nicht auf eine andere rechtliche Grundlage stellen darf (BGH, Urt. v. 13. Dezember 1989, VIII ZR 204/82, NJW 1990, 1302, 1304; Urt. v. 1. April 1992, VIII ZR 86/91, NJW 1992, 1965; Urt. v. 4. Mai 2005, XII ZR 23/03, NJW-RR 2005, 1007, 1008).
- 13
- b) Ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen auf die Grundsätze des Verschuldens bei Vertragsschluss (§ 280 i.V.m. § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB) im Sachbereich der §§ 434 ff. BGB zurückgegriffen werden darf, ist umstritten und bislang nicht höchstrichterlich geklärt (vgl. auch BGH, Urt. v. 17. Januar 2008, III ZR 224/06, NJW-RR 2008, 564, 565).
- 14
- aa) Teilweise wird vertreten, Ansprüche aus kaufrechtlicher Gewährleistung und solche aus Verschulden bei Vertragsschluss bestünden stets neben- einander. Es handle sich um unterschiedliche Haftungssysteme, die verschiedene Zwecke verfolgten und unterschiedliche Voraussetzungen hätten (Bamberger /Roth/Faust, BGB, 2. Aufl., § 437 Rdn. 190; MünchKomm-BGB/ Emmerich, 5. Aufl., § 311 Rdn. 143; Emmerich, Das Recht der Leistungsstörungen , 6. Aufl., § 7 Rdn. 35; Derleder, NJW 2004, 969, 974 f.; Emmerich, FS Honsell, 209, 219 ff.; Häublein, NJW 2003, 388, 391 ff.; Reischl, JuS 2003, 1076, 1079; vgl. Barnert, WM 2003, 416, 424 f.; Kindl, WM 2003, 409; Köndgen in Schulze/Schulte-Nölke [Hrsg.], Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, S. 231, 238 f.).
- 15
- bb) Eine zweite Auffassung lehnt einen Rückgriff auf die Regeln des Verschuldens bei Vertragsschluss nach Gefahrübergang stets ab, sofern es um Verhaltenspflichten des Verkäufers im Zusammenhang mit der Beschaffenheit der Kaufsache geht. Der Käufer sei durch das Gewährleistungsrecht der §§ 434 ff. BGB hinreichend geschützt. Das gelte auch bei vorsätzlichem Verhalten des Verkäufers (AnwK-BGB/Krebs, § 311 Rdn. 76; Bamberger/Roth/ Grüneberg/Sutschet, BGB, 2. Aufl., § 311 Rdn. 79; Erman/Kindl, BGB, 12. Aufl., § 311 Rdn. 45 f.; Jauernig/Stadler, BGB, 12. Aufl., § 311 Rdn. 38; Palandt/Grüneberg, BGB, 68. Aufl., § 311 Rdn. 14 f.; Palandt/Weidenkaff, aaO, § 437 Rdn. 51a f.; Roth, JZ 2006, 1026; Schaub, AcP 202 [2002], 757, 782 f.; Schulze/Ebers, JuS 2004, 462, 463; vgl. PWW/Medicus, BGB, 3. Aufl., § 311 Rdn. 58 ff.; so wohl auch Hk-BGB/Schulze, 5. Aufl., § 311 Rdn. 14; Staudinger/ Matusche-Beckmann, BGB [2004], § 437 Rdn. 67 ff.).
- 16
- cc) Die wohl herrschende Meinung erkennt zwar grundsätzlich einen Vorrang des Gewährleistungsrechts nach Gefahrübergang an, lässt hiervon aber Ausnahmen zu.
- 17
- (1) Ein Teil der Lehre meint, bei vorsätzlichem Verhalten hafte der Verkäufer auch aus Verschulden bei Vertragsschluss, weil der Verkäufer in diesem Fall nicht schutzwürdig sei und kein berechtigtes Interesse an der Möglichkeit der Nacherfüllung habe (Erman/Grunewald, aaO, vor § 437 Rdn. 15 ff.; Jauernig /Berger, aaO, § 437 Rdn. 34; jurisPK-BGB/Pammler, 4. Aufl., § 437 Rdn. 57; MünchKomm-BGB/Westermann, 5. Aufl., § 437 Rdn. 58; PWW/D. Schmidt, aaO, § 437 Rdn. 75; Huber in Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 14. Kap. Rdn. 29; Krüger in Krüger/Hertel, Der Grundstückskauf, 9. Aufl., Rdn. 669; Oechsler, Vertragliche Schuldverhältnisse, 2. Aufl., § 2 Rdn. 298; Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht, 7. Aufl., Rdn. 861; Berger, JZ 2004, 276, 282 Fn. 77; Huber, AcP 202 [2002], 179, 228 Fn. 165; Kulke, ZGS 2007, 89, 92; Lorenz, NJW 2006, 1925, 1926; ders., NJW 2007, 1, 4; Müller, FS Hadding, 199, 205 ff.; Rösler, AcP 207 [2007], 564, 603; Schröcker, ZGR 2005, 63, 89 f.; vgl. auch OLG Hamm ZGS 2005, 315, 317).
- 18
- (2) Teilweise wird eine weitere Ausnahme für den Fall befürwortet, dass der Umstand, auf den sich das Verschulden des Verkäufers bei dem Vertragsschluss bezieht, zwar zum Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung hätte gemacht werden können, dies aber nicht geschehen ist. Einem Käufer, der von dem Verkäufer irregeführt worden sei und der deshalb keinen Anlass gehabt habe, eine Beschaffenheitsvereinbarung zu treffen, könne der Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss nicht abgeschnitten werden (OLG Hamm ZGS 2005, 315, 317; MünchKomm-BGB/Westermann, aaO, § 437 Rdn. 59; Musielak, Grundkurs BGB, 10. Aufl., Rdn. 620; Canaris in E. Lorenz [Hrsg.], Karlsruher Forum, 2002: Schuldrechtsmodernisierung, S. 5, 89 f.; Grigoleit /Herresthal, JZ 2003, 118, 126; Mertens, AcP 203 [2003], 818, 839 f.; Schmidt-Räntsch, ZfIR 2004, 569, 572; Weiler, ZGS 2002, 249, 255; vgl. AnwK/Büdenbender, BGB, § 437 Rdn. 116; Rösler, AcP 207 [2007], 564, 603).
- 19
- dd) Der Senat entscheidet die Rechtsfrage dahin, dass nach Gefahrübergang zwar von einem grundsätzlichen Vorrang der §§ 434 ff. BGB auszugehen ist, eine Ausnahme jedoch zumindest bei vorsätzlichem Verhalten geboten ist.
- 20
- (1) Das Gesetz enthält keine ausdrückliche Regelung der Konkurrenzfrage. Der Gesetzgeber hat die Problematik zwar gesehen, sie aber offenbar Rechtsprechung und Lehre zur Klärung überlassen (vgl. BT-Drs. 14/6040 S. 161 f.). Im Übrigen lässt sich den Materialien lediglich entnehmen, dass die Heranziehung der Grundsätze über das Verschulden bei Vertragsschluss zumindest beim Unternehmenskauf zugunsten der kaufrechtlichen Regelungen zurückgedrängt werden sollte (aaO S. 242). Das spricht eher für als gegen eine abschließende Sonderregelung durch die §§ 434 ff. BGB.
- 21
- (2) Systematische und teleologische Erwägungen erhärten die Annahme einer Sperrwirkung.
- 22
- (a) Nach ständiger Rechtsprechung war das bis zum 31. Dezember 2001 geltende Schuldrecht von einem grundsätzlichen Vorrang der Bestimmungen der §§ 459 ff. BGB a.F. geprägt, der nur bei Vorsatz entfiel (vgl. BGHZ 136, 102, 109; Senat, BGHZ 60, 319, 320 ff.; 114, 263, 266; Urt. v. 10. Juli 1987, V ZR 236/85, NJW-RR 1988, 10, 11; Urt. v. 3. Juli 1992, V ZR 97/91, NJW 1992, 2564, 2566; Urt. v. 5. Oktober 2001, V ZR 275/00, NJW 2002, 208, 210). Zwar ist das für diese Lösung seinerzeit ins Feld geführte Argument - die Beschränkung des § 463 BGB a.F. auf Vorsatz dürfe über die Anwendung der Grundsätze des Verschuldens bei Vertragsschluss nicht unterlaufen werden -, nunmehr obsolet geworden; das geltende Recht billigt gewährleistungsrechtliche Schadensersatzansprüche nunmehr schon bei Fahrlässigkeit zu (§§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 Satz 2, 276 Abs. 1 Satz 1 BGB). Auch erscheint es zumindest zweifelhaft, ob die von der regelmäßigen Verjährung nach §§ 195, 199 BGB abweichenden Verjährungsfristen (§ 438 BGB) die Annahme einer Sperrwirkung stützen können, weil es für den hier in Rede stehenden Sachbereich nahe liegen dürfte, § 438 BGB auf Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsschluss entsprechend anzuwenden (vgl. auch Canaris, aaO S. 88; Krüger in Krüger/ Hertel, aaO, Rdn. 666). Indessen bestehen auch hiervon abgesehen kaufrechtliche Besonderheiten, die die Annahme einer Sperrwirkung gebieten. So steht dem Verkäufer grundsätzlich das Recht zur Nacherfüllung zu (§ 439 BGB), und Ansprüche wegen eines Mangels sind grundsätzlich schon bei grob fahrlässiger Unkenntnis des Käufers ausgeschlossen (§ 442 Abs. 1 Satz 2 BGB). Diese Sonderregelungen würden unterlaufen, wenn die Regeln über das Verschulden bei Vertragsschluss daneben stets anwendbar wären. Der Gesetzgeber hätte in sinnwidriger Weise etwas weithin Überflüssiges normiert. Davon kann nicht ausgegangen werden.
- 23
- (b) Der Annahme einer Sperrwirkung steht nicht entgegen, dass Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsschluss und solche aus § 437 BGB an unterschiedliche Haftungsgrundlagen anknüpfen. Denn bei der gebotenen teleologischen Betrachtungsweise ist nicht die formale Anknüpfung - Verletzung vorvertraglicher (gesetzlicher) Verpflichtungen bei § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB, Mangelhaftigkeit der Sache bei § 437 BGB - von entscheidender Bedeutung, sondern der Umstand, dass der Gesetzgeber die Verletzung vorvertraglicher Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Beschaffenheit der Kaufsache dem späteren Vertrag zuordnet (vgl. Schmidt-Räntsch, ZfIR 2004, 569, 571). Es unterliegt nämlich keinem Zweifel, dass Schadensersatzansprüche wegen Lieferung einer anfänglich mangelbehafteten Sache, die an einen vor Abschluss der Vertrages liegenden Umstand anknüpfen (§ 311a Abs. 2 BGB), nach § 438 BGB verjähren (vgl. nur Schmidt-Räntsch, aaO). Für behebbare Mängel, die sich auf ein anfängliches Leistungshindernis gründen, kann nichts anderes gel- ten. Auf die Beschaffenheit der Sache bezogene Aufklärungspflichten sind daher in dem einen wie in dem anderen Fall grundsätzlich dem vertraglichen Regime unterworfen.
- 24
- (3) Allerdings besteht der Vorrang der kaufrechtlichen Regelungen nicht ausnahmslos. Auch unter der Geltung des neuen Schuldrechts ist eine Ausnahme jedenfalls bei arglistigem (vorsätzlichem) Verhalten des Verkäufers gerechtfertigt. Kaufrechtliche Sonderregelungen, die umgangen werden könnten, greifen dann nämlich nicht ein. Die Verjährung richtet sich bei Arglist nach der regelmäßigen Verjährungsfrist (§ 438 Abs. 3 Satz 1 BGB). Der Verkäufer kann sich auf einen Haftungsausschluss nicht berufen (§ 444 BGB). Er haftet auch bei grob fahrlässiger Unkenntnis des Käufers (§ 442 Abs. 1 Satz 2 BGB) und verliert im Regelfall die Möglichkeit der Nacherfüllung (Senat, Beschl. v. 8. Dezember 2006, V ZR 249/05, NJW 2007, 835, 837; BGH, Urt. v. 9. Januar 2008, VIII ZR 210/06, NJW 2008, 1371, 1373). Auch nach neuem Schuldrecht ist der arglistig handelnde Verkäufer nicht schutzbedürftig (vgl. auch Senat, BGHZ 167, 19, 24).
- 25
- 3. Nach allem ist das Berufungsurteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil die für eine abschließende Entscheidung erforderlichen Feststellungen noch getroffen werden müssen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsschluss hängt davon ab, ob die Kläger aktiv getäuscht worden sind, diejenige aus §§ 437 Nr. 3, 280, 281 BGB zunächst von dem Vorliegen eines aufklärungspflichtigen Sachmangels, der auf der Grundlage des - jedenfalls in dem Berufungsurteil als streitig dargestellten - tatsächlichen Vorbringens der Kläger zu bejahen ist. Mit Blick auf die erforderlichen Feststellungen zur Arglist (allgemein zu den Anforderungen etwa Senat, Beschl. v. 8. Dezember 2006, V ZR 249/05, NJW 2007, 835, 836 m.w.N.) weist der Senat darauf hin, dass Fragen des Vertragspartners vollständig und richtig beantwortet werden müssen (vgl. nur BGHZ 74, 383, 392; BGH, Urt. v. 14. Januar 1993, IX ZR 206/91, NJW 1993, 1323, 1324). Allerdings wären Schadensersatzansprüche zu verneinen, wenn den Klägern die Verwendung von Asbest bekannt gewesen sein sollte. Grob fahrlässige Unkenntnis schadete dagegen nicht. Dies folgt für beide Anspruchsgrundlagen aus § 442 Abs. 1 BGB. Mit Blick auf die Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsschluss liegt jedenfalls bei arglistigen Täuschungen, die sich auf die Beschaffenheit der Sache beziehen, eine planwidrige Gesetzeslücke vor, die durch eine entsprechende Anwendung der Vorschrift zu schließen ist.
Schmidt-Räntsch Roth
Vorinstanzen:
LG Lüneburg, Entscheidung vom 30.08.2007 - 5 O 104/07 -
OLG Celle, Entscheidung vom 07.02.2008 - 8 U 203/07 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger macht Schadensersatzansprüche aus dem Kauf eines Pkw Audi A 6 geltend, den er am 21. März 2004 für 4.500 € vom Beklagten zu 1 über den Beklagten zu 2, einen Gebrauchtwagenhändler, gekauft hat.
- 2
- Im Kaufvertragsformular ist unter dem vorformulierten Text "Gesamtfahrleistung nach Angaben des Vorbesitzers" handschriftlich "201.000 km" vermerkt ; dies entspricht dem vom Tacho zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ausgewiesenen Kilometerstand. Als Vorbesitzer waren aus dem Kfz-Brief nur der ursprüngliche Halter sowie der seit dem 16. Februar 2004 als Halter eingetragene Beklagte zu 1 ersichtlich. Dieser hatte das Fahrzeug jedoch über den Beklagten zu 2 von einem Zwischenhändler erworben, der beiden Beklagten nur als "A. " bekannt war und der das Fahrzeug seinerseits ebenfalls von einem nicht als Halter im Kfz-Brief eingetragenen Vorbesitzer erworben hatte. Über diese Umstände wurde der Kläger bei Abschluss des Kaufvertrages nicht informiert.
- 3
- Der Kläger fuhr mit dem Pkw 21.000 km und veräußerte ihn im November 2006 zu einem Preis von 1.500 €. Er ist der Auffassung, die Beklagten hätten ihn über den Erwerb des Fahrzeugs von einem nicht näher bekannten Zwischenhändler aufklären müssen. In diesem Fall hätte er auf die vom Kilometerzähler angezeigte Laufleistung von 201.000 km nicht vertraut und das Fahrzeug deshalb auch nicht gekauft. Die tatsächliche Laufleistung desPkw habe im Zeitpunkt des Kaufvertrages mehr als 340.000 km betragen.
- 4
- Der Kläger hat Schadensersatz in Höhe von 7.009,39 € (Rückzahlung des Kaufpreises sowie Erstattung von Reparaturkosten abzüglich Verkaufserlös und Entgelt für gezogene Nutzungen) nebst Zinsen begehrt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht der Klage in Höhe von 6.754,24 € nebst Zinsen stattgegeben. Die weitergehende Berufung hat es zurückgewiesen. Mit den vom Berufungsgericht zugelassenen Revisionen begehren die Beklagten die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
- 5
- Die Revisionen der Beklagten haben keinen Erfolg.
I.
- 6
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
- 7
- Der Beklagte zu 2 sei dem Kläger aus culpa in contrahendo (§ 280 Abs. 1 i.V.m. § 311 Abs. 2 BGB) zum Schadensersatz verpflichtet, weil er ihn bei den Vertragsverhandlungen nicht über den beiden Beklagten nicht näher bekannten und im Kfz-Brief auch nicht eingetragenen Vorbesitzer ("A. ") aufgeklärt habe. Es sei ein Fall der so genannten Sachwalterhaftung gegeben (§ 280 Abs. 1 i.V.m. § 311 Abs. 3 BGB). Der Beklagte zu 2 habe besonderes Vertrauen in Anspruch genommen, indem er die Anzeige im Internet in seiner Eigenschaft als Kfz-Händler - ohne Hinweis auf ein Vertretergeschäft - veranlasst und später auch das Verkaufsgespräch geführt und den Vertrag zustande gebracht habe. Mit dem Beklagten zu 1 habe der Kläger demgegenüber keinen Kontakt gehabt. Dies sei als Indiz für ein besonderes Vertrauen gegenüber dem Sachwalter zu bewerten.
- 8
- Der Gebrauchtwagenhändler habe im Rahmen eines Schuldverhältnisses nach § 311 Abs. 3 BGB die Pflicht, den Käufer auch ungefragt auf ihm bekannte und für den Käufer nicht ersichtliche wesentliche Mängel hinzuweisen. Der Umstand, dass sich einer der Voreigentümer aus dem Kfz-Brief nicht ergebe und nicht mit Namen und Adresse "greifbar" sei, habe negative Auswirkungen auf den Wert des Pkw und damit auch auf die Kaufentscheidung des Interessenten. Denn in diesem Fall bestehe eine größere Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Wagen unsachgemäß behandelt oder der Kilometerzähler manipuliert worden sei. Gegen diese Pflicht zur Aufklärung habe der Beklagte zu 2, dem der Ankauf des Fahrzeugs von "A. " bekannt gewesen sei, bewusst verstoßen. Diese vorsätzliche Pflichtverletzung sei ursächlich für den vom Kläger geltend gemachten Schaden gewesen. Ein vertraglicher Haftungsausschluss scheide schon deshalb aus, weil er bei vorsätzlicher Nichtaufklärung analog § 444 BGB nichtig wäre. Der Anspruch sei nicht verjährt.
- 9
- Ein Anspruch in entsprechender Höhe bestehe auch gegen den Beklagten zu 1, der sich das Verschulden des Beklagten zu 2 als seines Erfüllungsgehilfen als eigenes zurechnen lassen müsse (§ 278 BGB) und mit diesem als Gesamtschuldner hafte.
II.
- 10
- Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung im Rahmen des beschränkten Umfangs der Revisionszulassung stand, so dass die Revisionen zurückzuweisen sind.
- 11
- 1. Die Revisionen sind unzulässig, soweit sie sich gegen die Höhe des geltend gemachten Schadensersatzes wenden. Das Berufungsgericht hat die Revisionen nur beschränkt - auf den Grund des vom Kläger geltend gemachten Anspruchs auf Schadensersatz - zugelassen. Das ergibt sich zwar nicht aus dem Tenor, wohl aber, was nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ausreicht (BGHZ 153, 358, 360 f.; Senatsurteile vom 16. September 2009 - VIII ZR 243/08, WM 2009, 2334, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt, Tz. 11, und vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 340/08, WuM 2009, 1383, Tz. 13), aus den Gründen des Urteils.
- 12
- Das Berufungsgericht hat die Revisionen einerseits wegen der Frage nach der Anwendbarkeit der culpa in contrahendo neben den §§ 434 ff. BGB in den Fällen einer vorsätzlichen vorvertraglichen Pflichtverletzung und andererseits im Hinblick auf eine Offenbarungspflicht des Gebrauchtwagenverkäufers über nicht eingetragene Vorbesitzer zugelassen. Diese Fragen betreffen nur den Anspruchsgrund. Eine Beschränkung der Revisionszulassung auf den Anspruchsgrund ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs möglich (Senatsurteile vom 16. September 2009, aaO, Tz. 11, und vom 30. Juni 1982 - VIII ZR 259/81, NJW 1982, 2380, unter II 2 c; BGH, Urteil vom 13. Juli 2004 - VI ZR 273/03, NJW 2004, 3176, unter II 1) und daher wirksam.
- 13
- 2. Soweit die Revisionen zulässig sind, sind sie unbegründet. Die Beklagten sind dem Kläger gemäß § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2, 3, § 241 Abs. 2 BGB als Gesamtschuldner zum Schadensersatz verpflichtet. Sie haften wegen der unterbliebenen Aufklärung über den nicht näher bekannten Zwischenhändler aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen.
- 14
- a) Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Beklagte zu 1 sich das Verhalten des Beklagten zu 2, dessen er sich als Erfüllungsgehilfe bedient hat, zurechnen lassen muss (§ 278 BGB) und dem Kläger nach § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2, § 241 Abs. 2 BGB zum Schadensersatz verpflichtet ist.
- 15
- aa) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht bei Vertragsverhandlungen für jeden Vertragspartner die Pflicht, den anderen Teil über solche Umstände aufzuklären, die den Vertragszweck (des anderen ) vereiteln können und daher für seinen Entschluss von wesentlicher Bedeutung sind, sofern er die Mitteilung nach der Verkehrsauffassung erwarten kann (Senatsurteile vom 4. April 2001 - VIII ZR 32/00, WM 2001, 1118, unter II 3 b, und vom 13. Juni 2007 - VIII ZR 236/06, WM 2007, 2258, Tz. 35; jeweils m.w.N.).
- 16
- Wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, liegt ein solcher für den Käufer eines Gebrauchtwagens wesentlicher Umstand vor, wenn der Verkäufer das Fahrzeug selbst - wie hier - kurz zuvor von einem "fliegenden Zwischenhändler" erworben hat. In einem solchen Fall ist der Verkäufer zur Aufklärung verpflichtet (OLG Bremen, NJW 2003, 3713 f.; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 10. Aufl., Rdnr. 1599), denn ohne einen entsprechenden Hinweis geht der Käufer davon aus, dass der Vertragspartner das Fahrzeug von demjenigen übernommen hat, der als letzter Halter in dem Kraftfahrzeugbrief eingetragen ist. Hat der Verkäufer das Fahrzeug kurze Zeit vor dem Weiterverkauf selbst von einer Person unbekannter Identität erworben, liegt der Verdacht nahe, dass es während der Besitzzeit des unbekannten Voreigentümers zu Manipulationen am Kilometerzähler oder einer sonstigen unsachgemäßen Behandlung des Fahrzeugs gekommen ist. Die Verlässlichkeit der Angaben des Verkäufers zum Fahrzeug wird dadurch grundlegend entwertet. Insbesondere kommt der Kilometerstandsanzeige und den Aussagen zur "Gesamtfahrleistung nach Angabe des Vorbesitzers" hinsichtlich der tatsächlichen Fahrleistung in einem solchen Fall keine nennenswerte Bedeutung zu (vgl. OLG Bremen, aaO; Reinking/ Eggert, aaO, Rdnr. 1599 f.).
- 17
- bb) Ohne Erfolg wendet sich die Revision des Beklagten zu 2 gegen die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, dass die gebotene Aufklärung über den Vorerwerb von einem unbekannten Zwischenhändler unterblieben sei. Ein revisionsrechtlich erheblicher Fehler ist nicht ersichtlich und wird von der Revision des Beklagten zu 2 nicht dargelegt. Die Revision setzt lediglich ihre eigene Bewertung der Aussagen der Zeugen an die Stelle der Beweiswürdigung des Berufungsgerichts. Dies ist revisionsrechtlich unbeachtlich.
- 18
- cc) Zutreffend hat das Berufungsgericht ferner angenommen, dass die unterbliebene Aufklärung für den Schaden des Klägers ursächlich geworden ist.
- 19
- dd) Ein Anspruch aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen scheidet auch nicht deshalb aus, weil im Anwendungsbereich des Sachmängelgewährleistungsrechts ein Rückgriff auf diese Grundsätze nicht zulässig wäre, wie dies von den Revisionen mit der Begründung geltend gemacht wird, dass sich die Aufklärungspflicht auf die Beschaffenheit der Kaufsache beziehe.
- 20
- (1) Ob insoweit ein Rückgriff gesperrt ist, war in der Vergangenheit umstritten (vgl. zum Meinungsstand BGH, Urteil vom 27. März 2009 - V ZR 30/08, NJW 2009, 2120, zur Veröffentlichung in BGHZ 180, 205 vorgesehen, Tz. 13 ff.). Der Bundesgerichtshof hat nach Erlass des Berufungsurteils entschieden, dass nach Gefahrübergang zwar von einem grundsätzlichen Vorrang der §§ 434 ff. BGB auszugehen ist, eine Ausnahme jedoch zumindest bei vorsätzlichem Verhalten des Verkäufers geboten ist (BGH, Urteil vom 27. März 2009, aaO, Tz. 19).
- 21
- (2) Entgegen der Auffassung der Revisionen hat das Berufungsgericht ausreichende Feststellungen zu einem derartigen vorsätzlichen Verhalten des Beklagten zu 2 getroffen, so dass es keiner Entscheidung bedarf, ob es sich bei dem Gegenstand der geschuldeten Aufklärung um ein Beschaffenheitsmerkmal handelt. Das Berufungsgericht hat aufgrund der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme festgestellt, dass der Beklagte zu 2, dem die Herkunft des Fahrzeugs von einem unbekannten Zwischenhändler nach seinen eigenen Angaben bekannt gewesen sei, diesen Umstand bewusst verschwiegen und somit seine Aufklärungspflicht vorsätzlich verletzt habe. Ohne Erfolg rügt die Revision des Beklagten zu 2, das Berufungsgericht habe die Möglichkeit außer Acht gelassen , dass der Beklagte zu 2 den erforderlichen Hinweis auf den Vorbesitzer - entgegen seiner eigenen Erinnerung - vergessen und deshalb nur fahrlässig gehandelt haben könnte. Diese fern liegende Möglichkeit, auf die sich der Beklagte zu 2 erstmals in der Revisionsinstanz beruft, hat das Berufungsgericht zu Recht nicht in Betracht gezogen. Angesichts der vorsätzlichen Nichtaufklärung war auch ein etwa vertraglich vereinbarter Haftungsausschluss, wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, nichtig (BGHZ 63, 382, 388; Senatsurteil vom 14. März 1979 - VIII ZR 129/78, NJW 1979, 1707, unter I 2 c; vgl. auch Palandt/ Grüneberg, BGB, 69. Aufl., § 311 Rdnr. 66).
- 22
- ee) Das Berufungsgericht hat den Anspruch des Klägers zutreffend als unverjährt angesehen. Entgegen der Ansicht der Revisionen unterliegt der Anspruch des Klägers der regelmäßigen Verjährung von drei Jahren (§ 195 BGB). Eine kürzere Verjährungsfrist ergibt sich weder aus einer vertraglichen Vereinbarung noch aus einer entsprechenden Anwendung von § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB. Eine vertragliche Abkürzung der Verjährung wäre bezüglich der Haftung der Beklagten aus Vorsatz unwirksam (§ 202 BGB). Auch nach § 438 Abs. 3 Satz 1 BGB verbleibt es bei vorsätzlichem Handeln des Verkäufers bei der regelmäßigen Verjährungsfrist. Nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Kläger diese Frist gewahrt.
- 23
- b) Zu Recht hat das Berufungsgericht ferner angenommen, dass der Beklagte zu 2 bei der Vermittlung des Kaufvertrages zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1 besonderes Vertrauen im Sinne von § 311 Abs. 3 BGB in Anspruch genommen hat und dem Kläger deshalb ebenfalls schadensersatzpflichtig ist.
- 24
- Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs haftet der Gebrauchtwagenhändler als Vermittler des Kaufvertrages oder als Abschlussvertreter aus Verschulden bei Vertragsschluss selbst, wenn der Kunde ihm ein besonderes , über die normale Verhandlungsloyalität hinausgehendes Vertrauen entgegenbringt und erwartet, darin rechtlichen Schutz zu genießen (BGHZ 63, 382, 384 f.; 79, 281, 283 f.; Senatsurteil vom 29. Juni 1977 - VIII ZR 43/76, WM 1977, 1048, unter II 2 a). In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats hat das Berufungsgericht dem Umstand wesentliche Bedeutung beigemessen , dass der Beklagte zu 2 die gesamten Vertragsverhandlungen bis zum Abschluss des Kaufvertrages im Rahmen seiner Tätigkeit als Kfz-Händler allein geführt hat, während der Kläger zu dem eigentlichen Verkäufer, dem Beklagten zu 1, keinen Kontakt hatte. Einen revisionsrechtlich beachtlichen Fehler dieser Würdigung des Berufungsgerichts zeigt die Revision nicht auf. Insbesondere setzt die Inanspruchnahme besonderen Vertrauens durch einen als Vermittlungs - und Abschlussvertreter auftretenden Kfz-Händler weder das Vorhandensein einer eigenen Werkstatteinrichtung (vgl. BGHZ 79, 281, 285) noch mehr als nur einen "relativ kurzfristigen" Kontakt mit dem Käufer voraus. Auch bei einem einmaligen Gelegenheitsgeschäft mit zufälliger Vertragsanbahnung kommt eine Haftung des Abschlussvertreters in Betracht (BGHZ 63, 382, 384 f.). Ball Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Achilles Dr. Fetzer
LG Magdeburg, Entscheidung vom 17.04.2008 - 11 O 2261/07 -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 15.01.2009 - 1 U 50/08 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Mit notariellem Vertrag vom 12. (Angebot der Kläger) und 22. November 2005 (Annahme der Beklagten) kauften die Kläger von der Beklagten eine Eigentumswohnung in einer Wohnanlage in B. zu einem Preis von 136.970 €. Das dazugehörende Grundstück ist Teil einer Gesamtfläche, auf der bis zum Jahre 1953 eine Gasanstalt betrieben wurde. Die Fläche wurde in dem Bodenbelastungskataster des Landes B. als Altlast geführt, worüber die Behörde die Beklagte im Jahre 2003 schriftlich unterrichtet hatte. Nach Durchführung von Bodenuntersuchungen hatte die Behörde der Beklagten in einem Schreiben vom 10. August 2005 mitgeteilt, dass sie das Grundstück hinsichtlich aller Wirkungspfade vom Verdacht auf schädliche Bodenveränderungen befreie ; das Grundstück werde jedoch von cyanidhaltigem Wasser durchströmt, weshalb bei Bauarbeiten, die bis in den Grundwasseranschnitt reichten, in Abstimmung mit der Verwaltung eine Reinigung des während der Baumaßnahme geförderten Grundwassers erforderlich sei.
- 2
- In dem notariellen Vertrag ist die Haftung der Verkäuferin für Sachmängel des Kaufgegenstands ausgeschlossen worden. Die Angebotserklärung enthält die Hinweise, dass die Fläche im Bodenbelastungskataster als Altlast geführt wurde, die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung jedoch mit Schreiben vom 10. August 2005 bestätigt habe, dass das verkaufte Flurstück hinsichtlich aller Wirkungspfade vom Verdacht auf schädliche Bodenveränderungen befreit sei, und den Vermerk, dass dem Erwerber der Inhalt dieses Schreibens bekannt sei.
- 3
- Die Kläger erklärten im Juli 2008 den Rücktritt vom Kaufvertrag, mit der Begründung, dass die Erklärungen der Beklagten den wahren Sachverhalt bezüglich der im Boden und im Grundwasser enthaltenen Altlasten nur bruchstückhaft und beschönigend wiedergegeben hätten. Die in der Urkunde zitierten behördlichen Schreiben seien ihnen nicht bekannt gewesen. Ihre Klage auf Rückzahlung des Kaufpreises zzgl. Zinsen Zug um Zug gegen Rückübereignung der Wohnung, auf Freistellung von den zur Finanzierung des Kaufs aufgenommenen , über den Kaufpreis hinausgehenden Darlehensschulden sowie von weiteren, ihnen durch den Erwerb entstandenen Verbindlichkeiten, auf Feststellung des Annahmeverzugs und Verurteilung zur Zahlung außergerichtli- cher Kosten in Höhe von 2.895,03 € nebst Zinsen hat das Landgericht abge- wiesen. Die Berufung der Kläger ist erfolglos geblieben. Mit der von dem Kammergericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre Klageanträge weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 4
- Das Berufungsgericht meint, dass den Klägern weder Ansprüche wegen eines Sachmangels noch wegen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten zustünden. Zwar stelle der Altlastenverdacht einen Sachmangel des mit der Wohnung verkauften Miteigentumsanteils an dem Grundstück dar; die sich daraus ergebenden Ansprüche seien aber nach § 442 Abs. 1 Satz 1 BGB ausgeschlossen , weil die Kläger diesen Mangel gekannt hätten. Das Grundwasser sei kein Bestandteil des Grundstücks, so dass dessen Belastung für sich genommen keinen Mangel begründe. Soweit die Kläger aus diesem Grunde eine Beeinträchtigung des Grundstücks behaupteten, scheide ein Anspruch wegen des Haftungsausschlusses aus. Die Berufung der Beklagten darauf sei nicht nach § 444 BGB unwirksam; denn die Kläger hätten schon nicht vorgetragen, dass der Beklagten eine Verunreinigung des Bodens zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bekannt gewesen sei. Ansprüche wegen einer schuldhaften Aufklärungspflichtverletzung bestünden nicht, weil die Beklagte über die Kontamination des Grundwassers nicht habe informieren müssen. Der Vertragszweck sei dadurch nicht gefährdet gewesen. Das Grundstück sei nach dem von dem Gericht eingeholten Sachverständigengutachten ohne Einschränkungen zum Wohnen geeignet, weshalb der von den Klägern mit dem Kauf verfolgte Zweck, Einkünfte aus der Vermietung der Wohnung zu erzielen, durch die Cyanidbelastung des Grundwassers nicht in Frage gestellt werde. Eine von den Klägern bloß subjektiv empfundene Bedrohung begründe keine Aufklärungspflicht des Verkäufers. Sie müssten sich vielmehr einem objektiven, durch anerkannte Grenz- und Richtwerte bestimmten Maßstab unterwerfen.
II.
- 5
- Das hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.
- 6
- 1. Das Berufungsgericht verneint rechtsfehlerhaft Ansprüche der Kläger auf Rückzahlung des Kaufpreises wegen eines Sachmangels (§ 437 Nr. 2 Fall 1, §§ 440, 323, 326 Abs. 5, § 346 Abs. 1 BGB).
- 7
- a) Ein Sachmangel eines Grundstücks im Sinne des § 434 Abs. 1 BGB kann auch dann vorliegen, wenn zwar nicht der Boden, aber das durch das Grundstück fließende Grundwasser mit giftigen Schadstoffen belastet ist. So ist es hier.
- 8
- aa) Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass das Grundwasser, auf das sich das Eigentumsrecht des Verkäufers am Grundstück nicht erstreckt (BVerfGE 58, 300, 332 f.), nicht Teil der Kaufsache ist. Die den Mangel auslösende Beschaffenheit der Kaufsache wird in diesem Fall durch die tatsächliche Beziehung des Grundstücks zu seiner Umwelt begründet, hier durch dessen Nachbarschaft zu einem kontaminierten Grundstück, von dem aus Schadstoffe über das Grundwasser emittiert werden. Dass ein Sachmangel in den wirtschaftlichen , sozialen oder rechtlichen Beziehungen der Sache zu ihrer Umwelt begründet sein kann, die die Brauchbarkeit oder den Wert der Sache beeinflussen , entspricht der ständigen Rechtsprechung (vgl. Senatsurteile vom 9. Juli 1976 - V ZR 256/75, BGHZ 67, 134, 136; vom 18. November 1977 - V ZR 172/76, BGHZ 70, 47, 49; vom 10. Juli 1987 - V ZR 236/85, NJW-RR 1988, 10, 11 und vom 22. Februar 1991 - V ZR 299/89, NJW 1991, 1673, 1675).
- 9
- (1) Nach dem bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gewährleistungsrecht stellten Umweltbeziehungen, die die Brauchbarkeit oder den Wert der Kaufsache negativ beeinflussen, allerdings nur dann einen Fehler im Sinne des § 459 Abs. 1 BGB a.F. dar, wenn sie ihren Grund in der Beschaffenheit der Sache hatten und sich nicht erst durch Heranziehung von außerhalb des Kaufgegenstands liegenden Verhältnissen oder Umständen ergaben (vgl. Senatsurteile vom 9. Juli 1976 - V ZR 256/75, aaO; vom 18. November 1977 - V ZR 172/76, aaO; vom 10. Juli 1987 - V ZR 236/85, aaO und vom 22. Februar 1991 - V ZR 299/89, aaO). Der Senat hat vor diesem Hintergrund offen gelassen, ob über die Luft vermittelte, von einen benachbarten Klärwerk ausgehende Geruchsbelästigungen einen Fehler im Sinne des § 459 Abs. 1 BGB darstellen (Senatsurteil vom 10. Juli 1987 - V ZR 236/85, aaO).
- 10
- (2) Nach dem seit dem 1. Januar 2002 geltenden und hier anzuwendenden Kaufrecht sind solche von einem benachbarten Grundstück ausgehende, über die Luft oder das Grundwasser übertragene Umwelteinwirkungen als eine (negative) Beschaffenheit der Kaufsache im Sinne des § 434 Abs. 1 BGB anzusehen. Der Senat hat bereits ausgeführt, dass die Neuregelung die frühere Unterscheidung zwischen Fehlern (§ 459 Abs. 1 BGB a.F.) und zusicherungsfähigen Eigenschaften (§ 459 Abs. 2 BGB a.F.) eingeebnet hat (Senatsurteil vom 5. November 2010 - V ZR 228/09, NJW 2011, 1217, 1218). Als Eigenschaften einer Sache sind neben ihrer physischen Beschaffenheit alle tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse anzusehen, welche die Beziehung der Sache zur Umwelt betreffen und wegen ihrer Art und Dauer die Brauchbarkeit oder den Wert der Sache beeinflussen (vgl. Senat, Urteil vom 19. Dezember 1980 - V ZR 185/79, BGHZ 79, 183, 185). Vor diesem Hintergrund gehören die Beziehungen der Kaufsache zur Umwelt jedenfalls dann zu ihrer Beschaffenheit im Sinne des § 434 Abs. 1 BGB, wenn sie in irgendeiner Weise mit ihren physischen Eigenschaften zusammenhängen (vgl. Bamberger/Roth/Faust, BGB, 3. Aufl., § 434 Rn. 22; Erman/Grunewald, BGB, 13. Aufl., § 434 Rn. 4; MünchKommBGB/Westermann, 6. Aufl., § 434 Rn. 9). Ein solcher Zusammenhang ist bei Grundwasser gegeben, das den zum verkauften Grundstück (santeil) gehörenden Erdkörper durchströmt. Ist das Grundwasser mit Cyanid belastet, weil das Grundstück in der Nähe einer anderen kontaminierten Fläche liegt, von dem aus die Schadstoffe emittiert werden, kann ein Sachmangel auch dann vorliegen, wenn das verkaufte Grundstück - wie hier - selbst nicht kontaminiert ist (vgl. Frey, Haftung für Altlasten, S. 124; Knoche, NJW 1995, 1985, 1987).
- 11
- bb) Die verkaufte Eigentumswohnung ist deswegen mit einem Sachmangel behaftet.
- 12
- (1) Dies ist hier nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB zu beurteilen, da die Vertragsparteien weder eine sog. negative Beschaffenheitsvereinbarung vereinbart (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB) noch eine besondere Verwendung nach dem Vertrag vorausgesetzt (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB) haben. Das Grundstück ist zwar als Altlastenverdachtsfläche verkauft worden. Hierin ist aber keine Beschaffenheitsvereinbarung, sondern (nur) ein Haftungsausschluss für Bodenkontaminierungen zu sehen (dazu unter b). Wollen die Vertragsparteien , dass das Grundstück als eine mit Schadstoffen kontaminierte Fläche verkauft sein soll, müssen sie eine entsprechende konkrete Beschaffenheitsvereinbarung treffen (vgl. Faust, Festschrift Picker, 185, 189; Hertel in Krüger /Hertel, Der Grundstückskauf, 10. Aufl., Rn. 1111 ff.). Davon kann jedoch keine Rede sein, wenn - wie hier - das Grundstück als ein von dem Verdacht auf schädliche Bodenveränderungen freigestelltes Grundstück verkauft worden ist. Eine besondere Verwendungseignung der verkauften Eigentumswohnung ist ebenfalls weder vereinbart noch nach dem Vertrag vorausgesetzt worden.
- 13
- (2) Nach § 434 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BGB ist die Sache nur dann frei von Sachmängeln, wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Die in der Vorschrift genannten Merkmale der Sache (Verwendungseignung und übliche Beschaffenheit) müssen kumulativ vorliegen, damit die Sache mangelfrei ist (Bamberger /Roth/Faust, BGB, 3. Aufl., § 434 Rn. 53). Das ist hier nicht der Fall.
- 14
- (a) Zwar mag die Kaufsache zur gewöhnlichen Verwendung (zum Wohnen ) geeignet sein, weil schädigende Einwirkungen durch von dem kontaminierten Grundwasser ausgasenden Cyanwasserstoff weder auf die Hausbewohner noch auf die Anpflanzungen zu erwarten sind. Die Kaufsache weist aber nicht die übliche Beschaffenheit eines zu Wohnzwecken genutzten Grundstücks auf.
- 15
- (b) Zu dieser Beschaffenheit gehört die Freiheit von nicht nur unerheblichen Kontaminationen des Grundwassers. Mit den giftigen Stoffen (Cyaniden) sind nämlich besondere Gefahren und Risiken verbunden, die ein Käufer in der Regel ohne weiteres nicht hinzunehmen bereit ist. Solche ergeben sich schon daraus, dass die Höhe des Grundwasserstands nicht konstant ist und in besonderen Situationen (Hochwasserlagen) das Grundwasser an die Erdoberfläche treten und in die Untergeschosse eindringen kann. Zur üblichen Beschaffenheit eines bebauten Grundstücks gehört es auch nicht, dass - wie in dem Schreiben der Behörde vom 10. August 2005 ausgeführt - bei Baumaßnahmen auf dem Grundstück, die eine Grundwasserhaltung erfordern, besondere Schutzmaßnahmen zur Dekontamination des an die Oberfläche geförderten Grundwassers notwendig sind. Dass solche Baumaßnahmen in absehbarer Zeit nicht zu erwarten sind, rechtfertigt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts keine andere Beurteilung. Abgesehen davon, dass es im Rah- men von § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB auf die objektive Beschaffenheit von Sachen gleicher Art und somit auf eine abstrakte Sichtweise ankommt, können Baumängel, Um- oder Ausbauten am Gebäude oder auch außergewöhnliche Ereignisse (Brand, Explosion) eine Grundwasserhaltung erfordernde Baumaßnahmen vor Ablauf der üblichen Nutzungsdauer des Hauses erforderlich machen.
- 16
- b) Die Ansprüche der Kläger wegen dieses Sachmangels sind nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil das Grundstück als Altlastenverdachtsfläche verkauft und ein Haftungsausschluss für Sachmängel vereinbart worden ist.
- 17
- aa) Allerdings nimmt das Berufungsgericht zutreffend an, dass der Grundstücksverkäufer grundsätzlich nicht haftet, sofern er den Käufer vor Vertragsschluss (was allerdings notwendig ist: Senatsurteile vom 12. Juli 1991 - V ZR 121/90, NJW 1991, 2900, 2901; vom 3. März 1995 - V ZR 43/94, NJW 1995, 1549, 1550; vom 2. Februar 1996 - V ZR 239/94, BGHZ 132, 30, 32; vom 1. Oktober 1999 - V ZR 218/98, NJW 1999, 3777, 3778 und vom 20. Oktober 2000 - V ZR 285/99, NJW 2001, 64) auf den Altlastenverdacht hingewiesen hat. Der Käufer, der nach einem solchen Hinweis das Grundstück unter Vereinbarung eines Haftungsausschlusses kauft, trägt das Risiko, dass sich der Verdacht als begründet erweist.
- 18
- bb) Anders verhält es sich jedoch, wenn der Verkäufer bei Vertragsschluss bereits weiß, dass der Verdacht begründet ist; denn ein Verkäufer, der einen Mangel arglistig verschweigt, kann sich nach § 444 BGB nicht auf den vertraglich vereinbarten Haftungsausschluss berufen (vgl. Senat, Urteil vom 20. Oktober 2000 - V ZR 285/99, NJW 2001, 64). Das kommt hier in Betracht.
- 19
- (1) Die Beklagte hatte aufgrund des Schreibens der Behörde vom 10. August 2005 Kenntnis von der Belastung des Grundwasserstroms. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hätte sie die Kläger darüber aufklären müssen. Der Verkäufer darf sein konkretes Wissen über Schadstoffbelastungen nicht zurückhalten (Senat, Urteil vom 20. Oktober 2000 - V ZR 285/99, aaO). Er muss den Käufer nicht nur über Schadstoffbelastungen des verkauften Grundstücks selbst (über schädliche Bodenveränderungen im Sinne des § 2 Abs. 3 BBodSchG), sondern auch über die Zuführung von giftigen Schadstoffen informieren, die von einem kontaminiertem Nachbargrundstück ausgehen (vgl. OLG Schleswig, OLGR 2005, 709, 711). Die von dort emittierten Schadstoffe können - wie im Boden vorhandene - die Verwendungseignung des verkauften Grundstücks beeinträchtigen oder Gefahren und Risiken dafür darstellen.
- 20
- (2) Das bewusste Zurückhalten solcher Informationen stellte sich als ein arglistiges Verschweigen des Mangels dar. Ob die Beklagte die Kontamination des Grundwassers rechtlich zutreffend als Sachmangel gewürdigt hat, ist ohne Belang (Senat, Beschluss vom 8. Dezember 2006 - V ZR 249/05, NJW 2007, 835, 836 Rn. 8). Ein arglistiges Verschweigen kommt nämlich bereits dann in Betracht, wenn der Verkäufer den Mangel kennt oder ihn zumindest für möglich hält, wobei es genügt, dass er die den Mangel begründenden Umstände kennt (vgl. Senat, Urteile vom 7. März 2003 - V ZR 437/01, NJW-RR 2003, 989, 990 und vom 16. März 2012 - V ZR 18/11, NJW-RR 2012, 1078, 1079 Rn. 24).
- 21
- 2. Nicht von Rechtsfehlern frei sind auch die Ausführungen des Berufungsgerichts zu einem Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluss nach § 280 i.V.m. § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB.
- 22
- a) Die Klage kann auch auf einen solchen Anspruch gestützt werden. Zwar sind Ansprüche aus vorvertraglichem Verschulden, wenn es um Verhaltenspflichten des Verkäufers im Zusammenhang mit der Beschaffenheit der Kaufsache geht, grundsätzlich durch die vorrangigen Vorschriften über die Haftung des Verkäufers wegen Sachmängeln nach §§ 434 ff. BGB ausgeschlossen. Das gilt jedoch nicht, wenn dem Verkäufer ein vorsätzliches Verhalten zur Last fällt (Senat, Urteil vom 27. März 2009 - V ZR 30/08, BGHZ 180, 205, 210 ff.).
- 23
- b) Das kommt hier im Hinblick darauf in Betracht, dass in dem Kaufvertrag nur der für die Beklagte günstige Teil des Schreibens der Behörde vom 10. August 2005 - die Befreiung des verkauften Grundstücks von dem Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung - mitgeteilt, die für diese ungünstige Information über die Schadstoffbelastung des Grundwassers aber nicht erwähnt worden ist. Diese stellt aber - wie vorstehend ausgeführt - einen Mangel und damit auch einen für den Vertragsentschluss eines Käufers wesentlichen Umstand dar, über den die Beklagte die Kläger von sich aus hätte informieren müssen.
III.
- 24
- Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, da der Rechtsstreit auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht entscheidungsreif ist.
- 25
- 1. Die Beklagte hätte allerdings bereits ihrer Aufklärungspflicht Genüge getan, wenn, wie von ihr ihr behauptet, der Vermittler W. den Klägern (eine Kopie) des Schreibens der Behörde vom 10. August 2005 übergeben hätte. Ein Verkäufer muss auf einen Mangel nicht ausdrücklich hinweisen, wenn er dem Käufer vor Vertragsschluss Unterlagen überreicht hat, aus denen sich die Mangelhaftigkeit der Sache ergibt, und er deswegen die berechtigte Erwartung haben kann, dass der Käufer diese Unterlagen unter diesem Gesichtspunkt gezielt durchsehen und zur Grundlage seiner Kaufentscheidung machen wird (vgl. Senat, Urteile vom 12. November 2010 - V ZR 181/09, BGHZ 188, 43, 46 Rn. 11 und vom 11. November 2011 - V ZR 245/10, NJW 2012, 846, 847 Rn. 7). Davon kann in dem Revisionsverfahren jedoch nicht ausgegangen werden , da das Vorbringen der Beklagten von den Klägern bestritten worden ist und die von den Parteien dazu angebotenen Beweise nicht erhoben worden sind.
- 26
- 2. Das Berufungsgericht hat zudem - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen zum subjektiven Tatbestand des arglistigen Verschweigens des durch die Kontamination des Grundwassers begründeten Mangels getroffen.
- 27
- a) Das ist jedoch erforderlich, weil ein arglistiges Verschweigen neben der Kenntnis des Verkäufers von dem Mangel voraussetzt, dass dieser weiß oder zumindest damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Käufer den Mangel nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte (Senat, Beschluss vom 8. Dezember 2006 - V ZR 249/05, NJW 2007, 835, 836 Rn. 9; Urteil vom 12. November 2010 - V ZR 181/09, BGHZ 188, 43, 48 Rn. 14).
- 28
- b) In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Beklagte sich auf die im notariellen Angebot enthaltene Erklärung der Kläger, ihnen sei der Inhalt des Schreibens der Behörde vom 10. August 2005 bekannt, nicht wird berufen können, wenn es sich hierbei um eine von ihr gestellte Vertrags- bedingung im Sinne von § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB handelt. Dies ergibt sich aus der Vorschrift des § 309 Nr. 12 b BGB, nach der von dem Verwender vorformulierte Bestätigungen von Tatsachen durch die andere Vertragspartei, welche die Beweislast zu deren Nachteil ändern oder auch nur die Anforderungen an die Beweisführung erhöhen, unwirksam sind (vgl. BGH, Urteile vom 28. Januar 1987 - IV ZR 173/85, BGHZ 99, 374, 380 und vom 20. April 1989 - IX ZR 214/88, NJW-RR 1989, 817). Dass es sich hier um vorformulierte Vertragsbedingungen handelt, liegt zwar nahe, weil zunächst die Beklagte Kenntnis vom Altlastenverdacht und den an sie gerichteten behördlichen Schreiben hatte, ist aber von dem Berufungsgericht nicht festgestellt worden. Das wird gegebenenfalls nachzuholen sein.
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 22.01.2010 - 3 O 23/09 -
KG Berlin, Entscheidung vom 09.12.2011 - 3 U 4/10 -
(1) Die Rechte des Käufers wegen eines Mangels sind ausgeschlossen, wenn er bei Vertragsschluss den Mangel kennt. Ist dem Käufer ein Mangel infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben, kann der Käufer Rechte wegen dieses Mangels nur geltend machen, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat.
(2) Ein im Grundbuch eingetragenes Recht hat der Verkäufer zu beseitigen, auch wenn es der Käufer kennt.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Mit notariellem Vertrag vom 4. Oktober 2006 kauften die Kläger von den Beklagten für 85.000 € ein Hausgrundstück unter Ausschluss der „Gewähr für Fehler und Mängel“. Das Wohngebäude war im Jahr 1980 in Fertigbauweise errichtet worden. Den Beklagten war vor dem Vertragsschluss bekannt, dass in der Fassade Asbestzementplatten verarbeitet wurden. Sie teilten dies den Klägern jedoch nicht mit, obwohl zuvor ein Kaufinteressent wegen der Asbestbelastung von seinen Kaufabsichten abgerückt war. Nach der Übergabe forderten die Kläger die Beklagten erfolglos auf, die Fassade im Wege der Nacherfüllung zu sanieren.
- 2
- Die Kläger verlangen nunmehr Schadensersatz in Höhe von 38.455,34 € sowie die Feststellung, dass die Beklagten zum Ersatz weiterer Sanierungskosten verpflichtet sind. In dem (einzigen) Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht haben sie erstmals behauptet und unter Beweis gestellt, der Beklagte zu 1 habe vor Vertragsschluss auf Nachfrage des Klägers zu 1 wahrheitswidrig behauptet, er wisse nicht, aus welchem Material die Fassade sei. Dieses Vorbringen haben die Beklagten bestritten.
- 3
- Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre Ansprüche weiter. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe:
I.
- 4
- Das Berufungsgericht meint, die Kläger könnten von den Beklagten nicht nach §§ 437 Nr. 3, 280, 281 BGB Schadensersatz in Höhe der Kosten einer Asbestsanierung verlangen. Die Verkleidung der Außenwände des Gebäudes mit Asbestzementplatten stelle schon keinen Sachmangel dar, der Gegenstand einer Offenbarungspflicht hätte sein können. Die Nutzung des Hauses zu Wohnzwecken werde nicht beeinträchtigt. Als Erwerber eines älteren Fertighauses hätten die Kläger mit einer Asbestbelastung rechnen müssen. Auf die von den Klägern behauptete Nachfrage nach dem Material der Fassade und die darauf von dem Beklagten zu 1 gegebene Antwort komme es nicht an. Ein Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss (§ 280 i.V.m. § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB) scheide aus. Nach Gefahrübergang bildeten die Vorschriften der §§ 434 ff. BGB eine abschließende Sonderregelung, soweit es um Merkmale der Sache gehe, die - wie hier die Freiheit von Asbest - einer Beschaffenheitsvereinbarung zugänglich seien.
II.
- 5
- Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 6
- 1. Die Verneinung von Ansprüchen nach §§ 437 Nr. 3, 280, 281 BGB hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Baustoffe, die bei der Errichtung eines Wohnhauses gebräuchlich waren, später aber als gesundheitsschädlich erkannt worden sind, können einen offenbarungspflichtigen Mangel der Kaufsache begründen.
- 7
- a) Bei der Beantwortung der Frage, ob ein Sachmangel vorliegt, kommt es nicht auf das Baujahr des verkauften Hauses (hier 1980) an. Entscheidend ist vielmehr - wenn die Vertragsparteien wie hier keine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB getroffen haben -, ob der Rechtsverkehr im Zeitpunkt des Vertragsschlusses (hier 2006) ein älteres Wohnhaus, dessen Fassade aus Asbestzementplatten besteht, als uneingeschränkt geeignet ansieht für die gewöhnliche bzw. die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung (§ 434 Abs. 1 Satz 2 BGB).
- 8
- Ob der bei Errichtung eines Gebäudes übliche oder als unbedenklich angesehene Einsatz bestimmter Techniken oder Materialien aufgrund des technischen Fortschritts oder besserer wissenschaftlicher Erkenntnisse zur Bewertung der Kaufsache als mangelhaft führt, kann nicht schematisch für alle Fälle gleichermaßen beantwortet werden. Dazu sind die möglichen Sachverhaltskonstellationen - auch in ihren Auswirkungen - zu vielgestaltig. So kommt es etwa bei Altbauten mit Feuchtigkeitsschäden auf die Umstände des Einzelfalles an (Senat, Urt. v. 7. November 2008, V ZR 138/07, Rdn. 13, juris, m.w.N.; vgl. auch Senat, Urt. v. 16. Juni 1989, V ZR 74/88, Rdn. 17, juris), weil die Verwendbarkeit der Sache je nach Art und Ausmaß der Feuchtigkeitserscheinungen unterschiedlich in Mitleidenschaft gezogen wird und der Rechtsverkehr bei älteren Häusern von vornherein nicht die heute gültigen Trockenheitsstandards erwartet. Demgegenüber ist das Vorliegen eines offenbarungspflichtigen Mangels bei der Kontaminierung eines Grundstücks mit sog. Altlasten , deren Gefährdungspotential ursprünglich als nicht gegeben oder nur als geringfügig eingestuft, nunmehr aber als gravierend erkannt worden ist, zumindest in der Regel anzunehmen (vgl. Senat, Urt. v. 20. Oktober 2000, V ZR 285/99, NJW 2001, 64; Krüger in Krüger/Hertel, Der Grundstückskauf, 9. Aufl., Rdn. 213; vgl. auch BGH, Urt. v. 19. März 1992, III ZR 16/90, NJW 1992, 1953, 1954 f.). Insoweit besteht zwar eine Gemeinsamkeit mit dem Einsatz von Baumaterialien , die ein gravierendes gesundheitsschädigendes Potential aufweisen. Das gilt umso mehr, wenn diese Materialien Stoffe enthalten, die selbst in geringen Dosen karzinogen wirken. Andererseits gilt es dem Umstand Rechnung zu tragen, dass selbst Baustoffe mit bedenklichen Inhaltsstoffen je nach der Art ihrer Verwendung und Nutzung keine konkrete Gefährlichkeit aufweisen und sie ihre Funktion unproblematisch erfüllen können, solange es nicht zu einem Substanzeingriff kommt - man denke etwa an eine von Mauern umschlossene und von außen nicht zugängliche Dämmschicht, die, solange die Ummantelung aufrechterhalten wird, keine gefährlichen Stoffe diffundiert.
- 9
- Vor diesem Hintergrund verbietet es sich nach Auffassung des Senats, allein auf das abstrakte Gefährdungspotential abzustellen (so aber der Sache nach LG Hannover MDR 1998, 1474 f.). Andererseits greift es zu kurz, einen aufklärungspflichtigen Sachmangel erst bei Bestehen eines akuten Sanierungsbedarfs anzunehmen (so aber OLG Celle OLGR 1996, 51; 2007, 461, 462; vgl. auch LG Magdeburg, Urt. v. 15. Januar 2002, 9 O 2665/01, Rdn. 16, juris). Vielmehr ist von einem solchen Mangel erst, aber auch schon dann aus- zugehen, wenn die ernsthafte Gefahr besteht, dass Stoffe mit einem erheblichen gesundheitsgefährdenden Potential im Rahmen der üblichen Nutzung des Kaufobjekts austreten. Dabei liegt eine erhebliche Einschränkung der Nutzbarkeit eines Wohngebäudes auch dann vor, wenn übliche Umgestaltungs-, Renovierungs - oder Umbaumaßnahmen nicht ohne gravierende Gesundheitsgefahren vorgenommen werden können. Das gilt jedenfalls für solche Arbeiten, die üblicherweise auch von Laien und nicht nur von mit dem Umgang gefährlicher Baustoffe vertrauten Betrieben des Fachhandwerks vorgenommen werden. In solchen Bereichen muss ein verständiger Verkäufer in Rechnung stellen, dass Heimwerker mit gesundheitsgefährdenden Stoffen in Berührung kommen, ohne die zur Abwehr von Gesundheitsgefahren notwendigen Maßnahmen zu ergreifen , wenn sie nicht wissen, dass die verbauten Materialien gefährliche Stoffe enthalten.
- 10
- b) Gemessen daran liegt auf der Grundlage des Vorbringens der Kläger, wonach bei den von ihnen beabsichtigten Fassadenbohrungen zur Anbringung von Außenlampen und einer Überdachung krebserregender Asbeststaub austritt , ein aufklärungspflichtiger Sachmangel vor. Dass mit Bohrungen an der Außenfassade eines Wohngebäudes auch durch Laien stets gerechnet werden muss, liegt auf der Hand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts schränkt dies die Nutzbarkeit des Gebäudes zu Wohnzwecken in erheblicher Weise ein. Denn die Nutzbarkeit eines Wohnhauses umfasst über das bloße Bewohnen hinaus auch die Möglichkeit, jedenfalls im üblichen Umfang Umgestaltungen , bauliche Veränderungen oder Renovierungen ohne gravierende Gesundheitsgefahren vorzunehmen. Die von dem Berufungsgericht als streitig festgestellte Behauptung der Kläger ist danach erheblich.
- 11
- 2. Durchgreifenden Bedenken begegnet auch die Annahme des Berufungsgerichts , Ansprüche der Kläger wegen Verschuldens bei Vertragsschluss (§ 280 i.V.m. § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB) seien durch die Vorschriften der §§ 434 ff. BGB ausgeschlossen.
- 12
- a) Die Frage nach der Anwendbarkeit der genannten Anspruchsgrundlage ist entscheidungserheblich, weil das Landgericht das Vorbringen der Kläger zu einer arglistigen Täuschung durch aktives Tun zu Unrecht als nach §§ 296 Abs. 2, 282 Abs. 1 ZPO präkludiert angesehen hat und schon deshalb eine Bindung der Rechtsmittelgerichte nach § 531 Abs. 1 ZPO ausscheidet. Vorbringen im ersten Termin zur mündlichen Verhandlung unterliegt nicht der Zurückweisung nach den Vorschriften der §§ 296 Abs. 2, 282 Abs. 1 ZPO (BGH, Urt. v. 1. April 1992, VIII ZR 86/91, NJW 1992, 1965; Urt. v. 4. Mai 2005, XII ZR 23/03, NJW-RR 2005, 1007). Ob das Landgericht die Zurückweisung rechtsfehlerfrei auf § 296 Abs. 1 ZPO hätte stützen können, bedarf keiner Entscheidung , weil das Rechtsmittelgericht die fehlerhafte Präklusionsentscheidung nicht auf eine andere rechtliche Grundlage stellen darf (BGH, Urt. v. 13. Dezember 1989, VIII ZR 204/82, NJW 1990, 1302, 1304; Urt. v. 1. April 1992, VIII ZR 86/91, NJW 1992, 1965; Urt. v. 4. Mai 2005, XII ZR 23/03, NJW-RR 2005, 1007, 1008).
- 13
- b) Ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen auf die Grundsätze des Verschuldens bei Vertragsschluss (§ 280 i.V.m. § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB) im Sachbereich der §§ 434 ff. BGB zurückgegriffen werden darf, ist umstritten und bislang nicht höchstrichterlich geklärt (vgl. auch BGH, Urt. v. 17. Januar 2008, III ZR 224/06, NJW-RR 2008, 564, 565).
- 14
- aa) Teilweise wird vertreten, Ansprüche aus kaufrechtlicher Gewährleistung und solche aus Verschulden bei Vertragsschluss bestünden stets neben- einander. Es handle sich um unterschiedliche Haftungssysteme, die verschiedene Zwecke verfolgten und unterschiedliche Voraussetzungen hätten (Bamberger /Roth/Faust, BGB, 2. Aufl., § 437 Rdn. 190; MünchKomm-BGB/ Emmerich, 5. Aufl., § 311 Rdn. 143; Emmerich, Das Recht der Leistungsstörungen , 6. Aufl., § 7 Rdn. 35; Derleder, NJW 2004, 969, 974 f.; Emmerich, FS Honsell, 209, 219 ff.; Häublein, NJW 2003, 388, 391 ff.; Reischl, JuS 2003, 1076, 1079; vgl. Barnert, WM 2003, 416, 424 f.; Kindl, WM 2003, 409; Köndgen in Schulze/Schulte-Nölke [Hrsg.], Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, S. 231, 238 f.).
- 15
- bb) Eine zweite Auffassung lehnt einen Rückgriff auf die Regeln des Verschuldens bei Vertragsschluss nach Gefahrübergang stets ab, sofern es um Verhaltenspflichten des Verkäufers im Zusammenhang mit der Beschaffenheit der Kaufsache geht. Der Käufer sei durch das Gewährleistungsrecht der §§ 434 ff. BGB hinreichend geschützt. Das gelte auch bei vorsätzlichem Verhalten des Verkäufers (AnwK-BGB/Krebs, § 311 Rdn. 76; Bamberger/Roth/ Grüneberg/Sutschet, BGB, 2. Aufl., § 311 Rdn. 79; Erman/Kindl, BGB, 12. Aufl., § 311 Rdn. 45 f.; Jauernig/Stadler, BGB, 12. Aufl., § 311 Rdn. 38; Palandt/Grüneberg, BGB, 68. Aufl., § 311 Rdn. 14 f.; Palandt/Weidenkaff, aaO, § 437 Rdn. 51a f.; Roth, JZ 2006, 1026; Schaub, AcP 202 [2002], 757, 782 f.; Schulze/Ebers, JuS 2004, 462, 463; vgl. PWW/Medicus, BGB, 3. Aufl., § 311 Rdn. 58 ff.; so wohl auch Hk-BGB/Schulze, 5. Aufl., § 311 Rdn. 14; Staudinger/ Matusche-Beckmann, BGB [2004], § 437 Rdn. 67 ff.).
- 16
- cc) Die wohl herrschende Meinung erkennt zwar grundsätzlich einen Vorrang des Gewährleistungsrechts nach Gefahrübergang an, lässt hiervon aber Ausnahmen zu.
- 17
- (1) Ein Teil der Lehre meint, bei vorsätzlichem Verhalten hafte der Verkäufer auch aus Verschulden bei Vertragsschluss, weil der Verkäufer in diesem Fall nicht schutzwürdig sei und kein berechtigtes Interesse an der Möglichkeit der Nacherfüllung habe (Erman/Grunewald, aaO, vor § 437 Rdn. 15 ff.; Jauernig /Berger, aaO, § 437 Rdn. 34; jurisPK-BGB/Pammler, 4. Aufl., § 437 Rdn. 57; MünchKomm-BGB/Westermann, 5. Aufl., § 437 Rdn. 58; PWW/D. Schmidt, aaO, § 437 Rdn. 75; Huber in Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 14. Kap. Rdn. 29; Krüger in Krüger/Hertel, Der Grundstückskauf, 9. Aufl., Rdn. 669; Oechsler, Vertragliche Schuldverhältnisse, 2. Aufl., § 2 Rdn. 298; Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht, 7. Aufl., Rdn. 861; Berger, JZ 2004, 276, 282 Fn. 77; Huber, AcP 202 [2002], 179, 228 Fn. 165; Kulke, ZGS 2007, 89, 92; Lorenz, NJW 2006, 1925, 1926; ders., NJW 2007, 1, 4; Müller, FS Hadding, 199, 205 ff.; Rösler, AcP 207 [2007], 564, 603; Schröcker, ZGR 2005, 63, 89 f.; vgl. auch OLG Hamm ZGS 2005, 315, 317).
- 18
- (2) Teilweise wird eine weitere Ausnahme für den Fall befürwortet, dass der Umstand, auf den sich das Verschulden des Verkäufers bei dem Vertragsschluss bezieht, zwar zum Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung hätte gemacht werden können, dies aber nicht geschehen ist. Einem Käufer, der von dem Verkäufer irregeführt worden sei und der deshalb keinen Anlass gehabt habe, eine Beschaffenheitsvereinbarung zu treffen, könne der Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss nicht abgeschnitten werden (OLG Hamm ZGS 2005, 315, 317; MünchKomm-BGB/Westermann, aaO, § 437 Rdn. 59; Musielak, Grundkurs BGB, 10. Aufl., Rdn. 620; Canaris in E. Lorenz [Hrsg.], Karlsruher Forum, 2002: Schuldrechtsmodernisierung, S. 5, 89 f.; Grigoleit /Herresthal, JZ 2003, 118, 126; Mertens, AcP 203 [2003], 818, 839 f.; Schmidt-Räntsch, ZfIR 2004, 569, 572; Weiler, ZGS 2002, 249, 255; vgl. AnwK/Büdenbender, BGB, § 437 Rdn. 116; Rösler, AcP 207 [2007], 564, 603).
- 19
- dd) Der Senat entscheidet die Rechtsfrage dahin, dass nach Gefahrübergang zwar von einem grundsätzlichen Vorrang der §§ 434 ff. BGB auszugehen ist, eine Ausnahme jedoch zumindest bei vorsätzlichem Verhalten geboten ist.
- 20
- (1) Das Gesetz enthält keine ausdrückliche Regelung der Konkurrenzfrage. Der Gesetzgeber hat die Problematik zwar gesehen, sie aber offenbar Rechtsprechung und Lehre zur Klärung überlassen (vgl. BT-Drs. 14/6040 S. 161 f.). Im Übrigen lässt sich den Materialien lediglich entnehmen, dass die Heranziehung der Grundsätze über das Verschulden bei Vertragsschluss zumindest beim Unternehmenskauf zugunsten der kaufrechtlichen Regelungen zurückgedrängt werden sollte (aaO S. 242). Das spricht eher für als gegen eine abschließende Sonderregelung durch die §§ 434 ff. BGB.
- 21
- (2) Systematische und teleologische Erwägungen erhärten die Annahme einer Sperrwirkung.
- 22
- (a) Nach ständiger Rechtsprechung war das bis zum 31. Dezember 2001 geltende Schuldrecht von einem grundsätzlichen Vorrang der Bestimmungen der §§ 459 ff. BGB a.F. geprägt, der nur bei Vorsatz entfiel (vgl. BGHZ 136, 102, 109; Senat, BGHZ 60, 319, 320 ff.; 114, 263, 266; Urt. v. 10. Juli 1987, V ZR 236/85, NJW-RR 1988, 10, 11; Urt. v. 3. Juli 1992, V ZR 97/91, NJW 1992, 2564, 2566; Urt. v. 5. Oktober 2001, V ZR 275/00, NJW 2002, 208, 210). Zwar ist das für diese Lösung seinerzeit ins Feld geführte Argument - die Beschränkung des § 463 BGB a.F. auf Vorsatz dürfe über die Anwendung der Grundsätze des Verschuldens bei Vertragsschluss nicht unterlaufen werden -, nunmehr obsolet geworden; das geltende Recht billigt gewährleistungsrechtliche Schadensersatzansprüche nunmehr schon bei Fahrlässigkeit zu (§§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 Satz 2, 276 Abs. 1 Satz 1 BGB). Auch erscheint es zumindest zweifelhaft, ob die von der regelmäßigen Verjährung nach §§ 195, 199 BGB abweichenden Verjährungsfristen (§ 438 BGB) die Annahme einer Sperrwirkung stützen können, weil es für den hier in Rede stehenden Sachbereich nahe liegen dürfte, § 438 BGB auf Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsschluss entsprechend anzuwenden (vgl. auch Canaris, aaO S. 88; Krüger in Krüger/ Hertel, aaO, Rdn. 666). Indessen bestehen auch hiervon abgesehen kaufrechtliche Besonderheiten, die die Annahme einer Sperrwirkung gebieten. So steht dem Verkäufer grundsätzlich das Recht zur Nacherfüllung zu (§ 439 BGB), und Ansprüche wegen eines Mangels sind grundsätzlich schon bei grob fahrlässiger Unkenntnis des Käufers ausgeschlossen (§ 442 Abs. 1 Satz 2 BGB). Diese Sonderregelungen würden unterlaufen, wenn die Regeln über das Verschulden bei Vertragsschluss daneben stets anwendbar wären. Der Gesetzgeber hätte in sinnwidriger Weise etwas weithin Überflüssiges normiert. Davon kann nicht ausgegangen werden.
- 23
- (b) Der Annahme einer Sperrwirkung steht nicht entgegen, dass Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsschluss und solche aus § 437 BGB an unterschiedliche Haftungsgrundlagen anknüpfen. Denn bei der gebotenen teleologischen Betrachtungsweise ist nicht die formale Anknüpfung - Verletzung vorvertraglicher (gesetzlicher) Verpflichtungen bei § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB, Mangelhaftigkeit der Sache bei § 437 BGB - von entscheidender Bedeutung, sondern der Umstand, dass der Gesetzgeber die Verletzung vorvertraglicher Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Beschaffenheit der Kaufsache dem späteren Vertrag zuordnet (vgl. Schmidt-Räntsch, ZfIR 2004, 569, 571). Es unterliegt nämlich keinem Zweifel, dass Schadensersatzansprüche wegen Lieferung einer anfänglich mangelbehafteten Sache, die an einen vor Abschluss der Vertrages liegenden Umstand anknüpfen (§ 311a Abs. 2 BGB), nach § 438 BGB verjähren (vgl. nur Schmidt-Räntsch, aaO). Für behebbare Mängel, die sich auf ein anfängliches Leistungshindernis gründen, kann nichts anderes gel- ten. Auf die Beschaffenheit der Sache bezogene Aufklärungspflichten sind daher in dem einen wie in dem anderen Fall grundsätzlich dem vertraglichen Regime unterworfen.
- 24
- (3) Allerdings besteht der Vorrang der kaufrechtlichen Regelungen nicht ausnahmslos. Auch unter der Geltung des neuen Schuldrechts ist eine Ausnahme jedenfalls bei arglistigem (vorsätzlichem) Verhalten des Verkäufers gerechtfertigt. Kaufrechtliche Sonderregelungen, die umgangen werden könnten, greifen dann nämlich nicht ein. Die Verjährung richtet sich bei Arglist nach der regelmäßigen Verjährungsfrist (§ 438 Abs. 3 Satz 1 BGB). Der Verkäufer kann sich auf einen Haftungsausschluss nicht berufen (§ 444 BGB). Er haftet auch bei grob fahrlässiger Unkenntnis des Käufers (§ 442 Abs. 1 Satz 2 BGB) und verliert im Regelfall die Möglichkeit der Nacherfüllung (Senat, Beschl. v. 8. Dezember 2006, V ZR 249/05, NJW 2007, 835, 837; BGH, Urt. v. 9. Januar 2008, VIII ZR 210/06, NJW 2008, 1371, 1373). Auch nach neuem Schuldrecht ist der arglistig handelnde Verkäufer nicht schutzbedürftig (vgl. auch Senat, BGHZ 167, 19, 24).
- 25
- 3. Nach allem ist das Berufungsurteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil die für eine abschließende Entscheidung erforderlichen Feststellungen noch getroffen werden müssen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsschluss hängt davon ab, ob die Kläger aktiv getäuscht worden sind, diejenige aus §§ 437 Nr. 3, 280, 281 BGB zunächst von dem Vorliegen eines aufklärungspflichtigen Sachmangels, der auf der Grundlage des - jedenfalls in dem Berufungsurteil als streitig dargestellten - tatsächlichen Vorbringens der Kläger zu bejahen ist. Mit Blick auf die erforderlichen Feststellungen zur Arglist (allgemein zu den Anforderungen etwa Senat, Beschl. v. 8. Dezember 2006, V ZR 249/05, NJW 2007, 835, 836 m.w.N.) weist der Senat darauf hin, dass Fragen des Vertragspartners vollständig und richtig beantwortet werden müssen (vgl. nur BGHZ 74, 383, 392; BGH, Urt. v. 14. Januar 1993, IX ZR 206/91, NJW 1993, 1323, 1324). Allerdings wären Schadensersatzansprüche zu verneinen, wenn den Klägern die Verwendung von Asbest bekannt gewesen sein sollte. Grob fahrlässige Unkenntnis schadete dagegen nicht. Dies folgt für beide Anspruchsgrundlagen aus § 442 Abs. 1 BGB. Mit Blick auf die Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsschluss liegt jedenfalls bei arglistigen Täuschungen, die sich auf die Beschaffenheit der Sache beziehen, eine planwidrige Gesetzeslücke vor, die durch eine entsprechende Anwendung der Vorschrift zu schließen ist.
Schmidt-Räntsch Roth
Vorinstanzen:
LG Lüneburg, Entscheidung vom 30.08.2007 - 5 O 104/07 -
OLG Celle, Entscheidung vom 07.02.2008 - 8 U 203/07 -
(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.
(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch
- 1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen, - 2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder - 3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.
(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.
(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.
(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch
- 1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen, - 2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder - 3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.
(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.
Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.
Der Bestimmung der Gesellschafter unterliegen:
- 1.
die Feststellung des Jahresabschlusses und die Verwendung des Ergebnisses; - 1a.
die Entscheidung über die Offenlegung eines Einzelabschlusses nach internationalen Rechnungslegungsstandards (§ 325 Abs. 2a des Handelsgesetzbuchs) und über die Billigung des von den Geschäftsführern aufgestellten Abschlusses; - 1b.
die Billigung eines von den Geschäftsführern aufgestellten Konzernabschlusses; - 2.
die Einforderung der Einlagen; - 3.
die Rückzahlung von Nachschüssen; - 4.
die Teilung, die Zusammenlegung sowie die Einziehung von Geschäftsanteilen; - 5.
die Bestellung und die Abberufung von Geschäftsführern sowie die Entlastung derselben; - 6.
die Maßregeln zur Prüfung und Überwachung der Geschäftsführung; - 7.
die Bestellung von Prokuristen und von Handlungsbevollmächtigten zum gesamten Geschäftsbetrieb; - 8.
die Geltendmachung von Ersatzansprüchen, welche der Gesellschaft aus der Gründung oder Geschäftsführung gegen Geschäftsführer oder Gesellschafter zustehen, sowie die Vertretung der Gesellschaft in Prozessen, welche sie gegen die Geschäftsführer zu führen hat.
(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.
(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.
(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.
(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.
Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.
(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.
(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.
(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.
Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.
Die Geschäftsführer sind verpflichtet, für die ordnungsmäßige Buchführung der Gesellschaft zu sorgen.
(1) In der Bilanz des nach den §§ 242, 264 des Handelsgesetzbuchs aufzustellenden Jahresabschlusses ist das Stammkapital als gezeichnetes Kapital auszuweisen.
(2) Das Recht der Gesellschaft zur Einziehung von Nachschüssen der Gesellschafter ist in der Bilanz insoweit zu aktivieren, als die Einziehung bereits beschlossen ist und den Gesellschaftern ein Recht, durch Verweisung auf den Geschäftsanteil sich von der Zahlung der Nachschüsse zu befreien, nicht zusteht. Der nachzuschießende Betrag ist auf der Aktivseite unter den Forderungen gesondert unter der Bezeichnung "Eingeforderte Nachschüsse" auszuweisen, soweit mit der Zahlung gerechnet werden kann. Ein dem Aktivposten entsprechender Betrag ist auf der Passivseite in dem Posten "Kapitalrücklage" gesondert auszuweisen.
(3) Ausleihungen, Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber Gesellschaftern sind in der Regel als solche jeweils gesondert auszuweisen oder im Anhang anzugeben; werden sie unter anderen Posten ausgewiesen, so muß diese Eigenschaft vermerkt werden.
(1) Die Geschäftsführer haben den Jahresabschluß und den Lagebericht unverzüglich nach der Aufstellung den Gesellschaftern zum Zwecke der Feststellung des Jahresabschlusses vorzulegen. Ist der Jahresabschluß durch einen Abschlußprüfer zu prüfen, so haben die Geschäftsführer ihn zusammen mit dem Lagebericht und dem Prüfungsbericht des Abschlußprüfers unverzüglich nach Eingang des Prüfungsberichts vorzulegen. Hat die Gesellschaft einen Aufsichtsrat, so ist dessen Bericht über das Ergebnis seiner Prüfung ebenfalls unverzüglich vorzulegen.
(2) Die Gesellschafter haben spätestens bis zum Ablauf der ersten acht Monate oder, wenn es sich um eine kleine Gesellschaft handelt (§ 267 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs), bis zum Ablauf der ersten elf Monate des Geschäftsjahrs über die Feststellung des Jahresabschlusses und über die Ergebnisverwendung zu beschließen. Der Gesellschaftsvertrag kann die Frist nicht verlängern. Auf den Jahresabschluß sind bei der Feststellung die für seine Aufstellung geltenden Vorschriften anzuwenden.
(3) Hat ein Abschlußprüfer den Jahresabschluß geprüft, so hat er auf Verlangen eines Gesellschafters an den Verhandlungen über die Feststellung des Jahresabschlusses teilzunehmen.
(4) Ist die Gesellschaft zur Aufstellung eines Konzernabschlusses und eines Konzernlageberichts verpflichtet, so sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden. Das Gleiche gilt hinsichtlich eines Einzelabschlusses nach § 325 Abs. 2a des Handelsgesetzbuchs, wenn die Gesellschafter die Offenlegung eines solchen beschlossen haben.
Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.
(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.
(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.
(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.
Auf eine Vereinbarung, durch welche die Rechte des Käufers wegen eines Mangels ausgeschlossen oder beschränkt werden, kann sich der Verkäufer nicht berufen, soweit er den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Auf eine Vereinbarung, durch welche die Rechte des Käufers wegen eines Mangels ausgeschlossen oder beschränkt werden, kann sich der Verkäufer nicht berufen, soweit er den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat.
(1) Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht.
(2) Hat im Falle einer durch Rechtsgeschäft erteilten Vertretungsmacht (Vollmacht) der Vertreter nach bestimmten Weisungen des Vollmachtgebers gehandelt, so kann sich dieser in Ansehung solcher Umstände, die er selbst kannte, nicht auf die Unkenntnis des Vertreters berufen. Dasselbe gilt von Umständen, die der Vollmachtgeber kennen musste, sofern das Kennenmüssen der Kenntnis gleichsteht.
(1) Die Rechte des Käufers wegen eines Mangels sind ausgeschlossen, wenn er bei Vertragsschluss den Mangel kennt. Ist dem Käufer ein Mangel infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben, kann der Käufer Rechte wegen dieses Mangels nur geltend machen, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat.
(2) Ein im Grundbuch eingetragenes Recht hat der Verkäufer zu beseitigen, auch wenn es der Käufer kennt.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- I. Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Feststellung, dass die Beklagte nicht Gesellschafterin der P. B. GmbH & Co. KG und der P. B. Verwaltung GmbH geworden ist. Darüber hinaus begehrt er die Feststellung der Nichtigkeit der am 27. Februar 2012 von der Gesellschafterversammlung der P. B. GmbH & Co. KG mit den Stimmen der Beklagten gefassten Beschlüsse.
- 2
- Die P. B. GmbH & Co. KG ist ein Familienunternehmen, das Spirituosen herstellt und diese vor allem unter der Marke "K. " vertreibt. Das Unternehmen wurde zunächst vom Vater des Klägers und seit dessen Tod im Jahre 1990 von seiner Mutter, Frau W. B. , geführt. Im Rahmen der Umwandlung der P. B. KG in die P. B. GmbH & Co. KG 1994/1995 wurde der Kläger Kommanditist der KG und Gesellschafter und Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft, der P. B. Verwaltung GmbH. Frau W. B. , ebenfalls Kommanditistin der KG und Gesellschafterin und Geschäftsführerin der Komplementärgesellschaft, hielt an der P. B. GmbH & Co. KG zuletzt einen Anteil von 51 %. Am Stammkapital der P. B. Verwaltung GmbH von 60.000 DM war sie zuletzt mit einem Anteil von 36.000 DM beteiligt.
- 3
- Der Gesellschaftsvertrag der P. B. GmbH & Co. KG enthält u.a. folgende Regelungen: "§ 11 Gesellschafterbeschlüsse Beschlüsse der Gesellschafterversammlung bedürfen - soweit in diesem Vertrag nichts anderes bestimmt ist - zu ihrer Wirksamkeit einer 51 %igen kapitalmäßigen Mehrheit. Dabei gewähren je DM 1.000 der in § 5 aufgeführten Kapitalbeteiligung eine Stimme. § 17 Verfügung über eine Beteiligung 1. Jede Verfügung über eine Beteiligung sowie über Anteile an einer Beteiligung unter Lebenden bedarf der Zustimmung der Gesellschafterversammlung. W. B. räumt P. B. ein Vorkaufsrecht in Höhe von 20 % ihrer kapitalmäßigen Beteiligung ein. § 18 Tod eines Kommanditisten 1. Stirbt der Kommanditist, so wird die Gesellschaft von dem verbleibenden Gesellschafter fortgeführt. Die Gesellschafter haben in ihren Erbregelungen sicherzustellen, dass ein Übergang des GmbH-Anteils auf den verbleibenden Gesellschafter erfolgt."
- 4
- Der Gesellschaftsvertrag der P. B. Verwaltung GmbH enthält u.a. folgende Bestimmungen: "§ 11 Gleiche Beteiligung bei GmbH und KG (1) Wenn die GmbH als geschäftsführende persönlich haftende Gesellschafterin an einer Kommanditgesellschaft beteiligt ist, an der die Gesellschafter der GmbH als Kommanditisten beteiligt sind, sind die Gesellschafter der GmbH und der KG verpflichtet, am Stammkapital der GmbH und am Kommanditkapital der KG im gleichen Verhältnis beteiligt zu sein. Um die Erfüllung dieser Verpflichtung sicherzustellen, gilt das Nachstehende. (2) Die Veräußerung von Geschäftsanteilen oder Teilen von solchen bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung der Gesellschafterversammlung. Die Gesellschafter sind zur Erteilung der Zustimmung verpflichtet, wenn die übrigen in diesem Gesellschaftsvertrag dafür festgelegten Voraussetzungen erfüllt sind und wenn der Erwerber gleichzeitig so am Kommanditkapital der KG beteiligt wird, dass er nach Durchführung der Übertragung am Stammkapital der GmbH und am Kommanditkapital der KG im gleichen Verhältnis beteiligt ist. (3) Geschäftsanteile eines Gesellschafters, der - gleich aus welchem Grund - nicht (mehr) im gleichen Verhältnis am Stammkapital der GmbH und am Kommanditkapital der KG beteiligt ist, können eingezogen werden, soweit dies erforderlich ist, um das gleiche Verhältnis wieder herzustellen. Dabei bleiben Differenzen von weniger als DM 100,-- eines GmbH-Anteiles außer Betracht. Ist der Gesellschafter nicht (mehr) am Kommanditkapital der KG beteiligt, so ist seine Beteiligung an der GmbH vollständig einzuziehen."
- 5
- Im Zuge der Verlegung des Firmensitzes kam es 2006/2007 zu Verstimmungen zwischen dem Kläger und seiner Mutter.
- 6
- Am 25. Mai 2007 erteilte Frau Busch ihrer Tochter P. Bü. sowie deren Sohn und ihrem Enkel, dem Rechtsanwalt Dr. B. Bü. , eine Vorsorgevollmacht zu ihrer gemeinschaftlichen Vertretung, die im Innenverhältnis für den Fall gelten sollte, dass Frau B. an der Regelung ihrer Angelegenheiten aus gesundheitlichen oder sonstigen Gründen gehindert sein sollte.
- 7
- Am 19. Dezember 2007 ließ Frau B. einen Vertrag beurkunden, nach dem sie u.a. ihre Anteile an der P. B. GmbH & Co. KG und an der P. B. Verwaltung GmbH in die Beklagte einbrachte, an der sie den einzigen Kommanditanteil hielt und Alleingesellschafterin und Geschäftsführerin der Komplementär-GmbH war. Unter Ziffer 7.1 des Einbringungsvertrages heißt es: "Sämtliche vorstehenden dinglichen Rechtsübertragungen sollen nur einheitlich erfolgen und sind daher aufschiebend bedingt durch die Zustimmung der P. B. GmbH & Co. KG sowie die der P. B. Verwaltung GmbH zu der Abtretung des GmbH-Anteils."
- 8
- In den von Frau B. am 21. Januar 2008 einberufenen Gesellschafterversammlungen der P. B. Verwaltung GmbH und der P. B. GmbH & Co. KG beschloss Frau B. mit ihrer Mehrheit gegen die Stimmen des Klägers jeweils die Zustimmung zu diesem Übertragungsvertrag.
- 9
- Am 22. Januar 2008 ließ Frau B. eine Änderung zum Übertragungsvertrag vom 19. Dezember 2007 beurkunden, die wie folgt lautet: "Zum Zwecke der Klarstellung und Ergänzung wird § 7.1 des vorgenannten Vertrages aufgehoben und wie folgt neu gefasst: 7.1 Sämtliche vorstehenden dinglichen Rechtsübertragungen sollen nur einheitlich erfolgen und sind daher aufschiebend bedingt durch die Zustimmung der P. B. GmbH & Co. KG sowie die der P. B. Verwaltung GmbH zu der Abtretung des Kommanditanteils und des GmbH-Anteils. Sämtliche vorstehenden dinglichen Rechtsübertragungen sind ferner aufschiebend bedingt durch die Eintragung der WB (= Beklagte) als Kommanditistin im Handelsregister kraft Sonderrechtsnachfolge betreffend den Kommanditanteil. Die Parteien sind berechtigt, jederzeit auf sämtliche oder einzelne der vorstehend in dieser Ziffer 7.1 genannten Bedingungen zu ver- zichten … ."
- 10
- Am 23. Januar 2008 erklärte Frau B. aufgrund der ihr in den Gesellschafterversammlungen erteilten Ermächtigung sowie als Geschäftsführerin der P. B. Verwaltung GmbH die Zustimmung zu den im Vertrag vom 19. Dezember 2007/22. Januar 2008 enthaltenen Übertragungen der Gesellschaftsanteile. In der Folgezeit beantragte Frau B. weder die Eintragung der Beklagten als Kommanditistin der P. B. GmbH & Co. KG ins Handelsregister noch erklärte sie den Verzicht auf die am 22. Januar 2008 aufgestellte (weitere) aufschiebende Bedingung.
- 11
- Im Laufe des Jahres 2010 erkrankte Frau B. und (jedenfalls) im November 2011 war sie nicht mehr geschäftsfähig, wobei sich ihr Gesundheitszustand durch einen Ende November erlittenen Schlaganfall noch verschlechterte. Datiert auf den 1. Dezember 2011 hielten Dr. B. Bü. und P. Bü. aufgrund der ihnen von Frau B. erteilten Vorsorgevollmacht eine Gesellschafterversammlung der Komplementär-GmbH der Beklagten ab. Sie beriefen Frau B. als Geschäftsführerin der Komplementär-GmbH ab und bestellten Dr. B. Bü. zum Geschäftsführer. Ferner erklärte Dr. B. Bü. "in seiner Eigenschaft als alleinvertretungsberechtigter und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Geschäftsführer der W. B. Verwaltungs GmbH", auf den Eintritt der am 22. Januar 2008 eingefügten weiteren aufschiebenden Bedingung zur Wirksamkeit des Einbringungsvertrages vom 19. Dezember 2007 zu verzichten. Außerdem erklärten Frau Bü. und Herr Dr. Bü. unter Berufung auf die Vorsorgevollmacht für Frau B. ebenfalls den Verzicht auf den Eintritt dieser aufschiebenden Bedingung. Sämtliche Erklärungen sind mit dem Datum 1. Dezember 2011 und der Uhrzeit 7.40 Uhr versehen. Am 3. Dezember 2011 verstarb Frau W. B. .
- 12
- Die Beklagte meint, entgegen der Ansicht des Klägers habe FrauB. am 23. Januar 2008 wirksam die Zustimmung zur Übertragung des GmbH- und des Kommanditanteils erklärt, und aufgrund des Verzichts vom 1. Dezember 2011 auf die weitere aufschiebende Bedingung des Einbringungsvertrages (7.1 Abs. 2) sei sie Gesellschafterin der P. B. GmbH & Co. KG und der P. B. Verwaltung GmbH geworden.
- 13
- Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Es ist davon ausgegangen, die Beklagte sei Gesellschafterin der P. B. GmbH & Co. KG und der P. B. Verwaltung GmbH geworden. Die Bedingungen des Einbringungsvertrages vom 19. Dezember 2007/22. Januar 2008 seien eingetreten, da Frau W. B. die Anteilsübertragungen mit einfacher Mehrheit in beiden Gesellschaften habe beschließen können, und die am 1. Dezember 2011 abgegebenen Verzichtserklärungen auch im Namen der Beklagten abgegeben und formfrei wirksam seien.
- 14
- II. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat Erfolg und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Das Berufungsgericht hat in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt (Art. 103 Abs. 1 GG), indem es die vom Kläger hinsichtlich der Auslegung des Gesellschaftsvertrags der P. B. GmbH & Co. KG benannten Zeugen nicht vernommen hat.
- 15
- Nach der Regelung in 7.1 Abs. 1 des Einbringungsvertrages vom 19. Dezember 2007/22. Januar 2008 stehen die Wirksamkeit der Übertragung des Geschäftsanteils der W. B. an der P. B. Verwaltung GmbH und der Übertragung des Kommanditanteils der W. B. an der P. B. GmbH & Co. KG, wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, u.a. unter der aufschiebenden Bedingung der Zustimmung der P. B.
- 16
- 1. Noch zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass für die Auslegung von Personengesellschaftsverträgen, die sich nicht auf Publikumsgesellschaften beziehen, die allgemeinen Regeln der §§ 133, 157 BGB gelten. Ein übereinstimmender Wille der an dem Abschluss eines Vertrags beteiligten Parteien geht dem Vertragswortlaut oder einer anderweitigen Auslegung vor (BGH, Urteil vom 21. Oktober 2014 - II ZR 84/13, ZIP 2014, 2231 Rn. 24, 32; Urteil vom 1. März 2011 - II ZR 83/09, ZIP 2011, 806 Rn. 20, jew. mwN). Die Ansicht des Berufungsgerichts, ein übereinstimmender Wille der Gesellschafter W. und P. B. , dass Anteile an der Kommanditgesellschaft gemäß § 17 Nr. 1 des Gesellschaftsvertrages nur mit Zustimmung aller (hier: beider) Gesellschafter übertragen werden könnten, sei nicht feststellbar, beruht jedoch auf einem Verstoß des Berufungsgerichts gegen Art. 103 Abs. 1 GG. Das Berufungsgericht hat zwar zutreffend gesehen, dass der Vortrag des Klägers zu dem insoweit bestehenden übereinstimmenden Willen eine innere Tatsache betrifft, über die nur dann Beweis zu erheben ist, wenn auch schlüssig behauptet wird, dass die Parteien ihren übereinstimmenden Willen einander zu erkennen gegeben haben, oder entsprechende Indizien benannt werden (st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschluss vom 26. April 2010 - II ZR 60/09, ZIP 2010, 1443 Rn. 9; Urteil vom 29. März 1996, - II ZR 263/94, BGHZ 132, 263, 266 mwN). Das Berufungsgericht hat jedoch die Anforderungen an die Schlüssigkeit des insoweit erforderlichen Vortrags überspannt und deshalb zu Unrecht die Vernehmung der vom Kläger benannten Zeugen als unzulässigen Ausforschungsbeweis gewertet und abgelehnt.
- 17
- a) Der Kläger hat vorgetragen, dass die Zeugen E. und M. die einzelnen Regelungen des Gesellschaftsvertrags der KG "mit den Parteien erörtert haben“ und kein gesondertes Quorum in § 17des Gesellschaftsvertrages aufgenommen worden sei, weil davon ausgegangen worden sei, dass jede Änderung und Ergänzung des Vertrages und damit auch eine Veränderung des Gesellschafterbestandes ohnehin der Einstimmigkeit bedurft hätte, wie es der damaligen Rechtsprechung entsprochen habe. Nach der vom Berufungsgericht verwerteten eidesstattlichen Versicherung war der Zeuge E. zwar nicht federführend mit der Gestaltung der Gesellschaftsverträge befasst; dies war der Zeuge M. . Er ist aber nach seinen Angaben zu Fragen der steuerlichen und gesellschaftsrechtlichen Gestaltung hinzugezogen worden und hat die Sachverhalte diverse Male mit Herrn M. , Frau B. und dem Kläger gemeinsam in seinem Büro diskutiert. In diversen Gesprächen im Dezember 1994 hat er nach dem Inhalt der eidesstattlichen Versicherung insbesondere die personalistische Bindung des Gesellschaftsvertrages besprochen und erläutert.
- 18
- b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hat der Kläger damit ausreichende Umstände dargelegt, auf Grund derer die Zeugen Kenntnis von dem übereinstimmenden Willen der Gesellschafter erlangt haben können. Das Berufungsgericht hat verkannt, dass der Kläger bereits mit der Anwesenheit der benannten Zeugen bei den Vertragsverhandlungen ein hinreichendes Indiz für die Vereinbarung der Einstimmigkeit und die Äußerung eines entsprechenden Willens seitens der Gesellschafter genannt hat. Einer Partei, die hinsichtlich innerer Tatsachen bei einer bestimmten Person die Beweislast trägt, steht es frei, andere Personen, denen gegenüber sich die betreffende Person geäußert hat, als Zeugen zu benennen und so einen mittelbaren Beweis der inneren Tatsache anzustreben (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 1992 - VII ZR 78/91, NJW 1992, 2489, 2490 mwN).
- 19
- 2. Der Verstoß des Berufungsgerichts gegen Art. 103 Abs. 1 GG ist entscheidungserheblich. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht nach Vernehmung der vom Kläger benannten Zeugen zu der Überzeugung gelangt wäre, dass die Gesellschafter bei Abschluss des Kommanditgesellschaftsvertrages übereinstimmend gewollt haben, dass jeder von ihnen seinen Kommanditanteil nur mit Zustimmung des anderen Gesellschafters solle übertragen können. Dann wäre in der Gesellschafterversammlung vom 21. Januar 2008 kein wirksamer Beschluss zur Übertragung des Kommanditanteils der Frau W. B. auf die Beklagte gefasst worden. Damit würde es bereits an der Erfüllung der ersten aufschiebenden Bedingung (7.1 Abs. 1) des Einbringungsvertrages, der Zustimmung der P. B. GmbH & Co. KG zur Anteilsübertragung an die Beklagte, fehlen, ohne dass es auf die Frage der Wirksamkeit des Verzichts auf die zweite aufschiebende Bedingung (7.1 Abs. 2) ankäme. Die Beklagte wäre nicht Gesellschafterin der P. B. GmbH & Co. KG geworden. Ebenso wäre wegen der in 7.1 Abs. 1 des Einbringungsvertrages geregelten Abhängigkeit der Wirksamkeit der Übertragung des Anteils von W. B. an der P. B. Verwaltung GmbH auf die Beklagte von der Wirksamkeit der Übertragung des Kommanditanteils der GmbH-Anteil gleichfalls nicht auf die Beklagte übergegangen. Als Nichtgesellschafterin hätte sie weder die Gesellschafterversammlung der P. B. GmbH & Co. KG vom 27. Februar 2012 wirksam einberufen noch dort wirksame Beschlüsse fassen können.
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 19.07.2013 - 40 O 41/12 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 03.04.2014 - I-6 U 114/13 -
(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.
(1) Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht.
(2) Hat im Falle einer durch Rechtsgeschäft erteilten Vertretungsmacht (Vollmacht) der Vertreter nach bestimmten Weisungen des Vollmachtgebers gehandelt, so kann sich dieser in Ansehung solcher Umstände, die er selbst kannte, nicht auf die Unkenntnis des Vertreters berufen. Dasselbe gilt von Umständen, die der Vollmachtgeber kennen musste, sofern das Kennenmüssen der Kenntnis gleichsteht.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht.
(2) Hat im Falle einer durch Rechtsgeschäft erteilten Vertretungsmacht (Vollmacht) der Vertreter nach bestimmten Weisungen des Vollmachtgebers gehandelt, so kann sich dieser in Ansehung solcher Umstände, die er selbst kannte, nicht auf die Unkenntnis des Vertreters berufen. Dasselbe gilt von Umständen, die der Vollmachtgeber kennen musste, sofern das Kennenmüssen der Kenntnis gleichsteht.
(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.
(1) Die Rechte des Käufers wegen eines Mangels sind ausgeschlossen, wenn er bei Vertragsschluss den Mangel kennt. Ist dem Käufer ein Mangel infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben, kann der Käufer Rechte wegen dieses Mangels nur geltend machen, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat.
(2) Ein im Grundbuch eingetragenes Recht hat der Verkäufer zu beseitigen, auch wenn es der Käufer kennt.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Mit notariellem Vertrag vom 4. Oktober 2006 kauften die Kläger von den Beklagten für 85.000 € ein Hausgrundstück unter Ausschluss der "Gewähr für Fehler und Mängel". Das Wohngebäude war im Jahr 1980 in Fertigbauweise errichtet worden. Den Beklagten war vor dem Vertragsschluss bekannt, dass in der Fassade Asbestzementplatten verarbeitet wurden. Sie teilten dies den Klägern jedoch nicht mit, obwohl zuvor ein Kaufinteressent wegen der Asbestbelastung von seinen Kaufabsichten abgerückt war. Nach der Übergabe forderten die Kläger die Beklagten erfolglos unter Fristsetzung auf, die Fassade im Wege der Nacherfüllung zu sanieren.
- 2
- Die Kläger verlangen nunmehr Schadensersatz in Höhe der von ihnen mit 38.455,34 € veranschlagten Sanierungskosten sowie die Feststellung, dass die Beklagten zum Ersatz weiterer - derzeit noch nicht bezifferbarer - Schäden verpflichtet sind. Die Beklagten bestreiten eine Einstandspflicht sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das diese Entscheidung bestätigende Berufungsurteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts hat der Senat mit Revisionsurteil vom 27. März 2009 (V ZR 30/08, BGHZ 180, 205 ff.) aufgehoben. Er hat die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Dieses hat die Berufung erneut - nunmehr durch den 16. Zivilsenat - zurückgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre Ansprüche weiter. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe:
I.
- 3
- Das Berufungsgericht erblickt in der Verwendung der asbesthaltigen Fassadenplatten zwar einen aufklärungspflichtigen Sachmangel, geht jedoch davon aus, dass die Kläger für das Vorliegen einer arglistigen Täuschung beweisfällig geblieben sind. Eine Täuschung durch aktives Tun lasse sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht feststellen. Im Übrigen erscheine es auch nachvollziehbar, dass die Beklagten davon ausgegangen seien, die Kläger hätten infolge der Information seitens des Maklers bereits Kenntnis von der Asbesthaltigkeit gehabt. Mit Blick auf die Verneinung einer arglistigen Täuschung durch Verschweigen hätten die Kläger darüber hinaus nicht bewiesen, dass sie von den Beklagten über die verbauten Asbestplatten nicht aufgeklärt worden seien. Der als Zeuge vernommene Makler habe glaubhaft bekundet, den Klägern seien vor Vertragsschluss die Finanzierungsunterlagen ausgehändigt worden , mit denen sie noch am selben Tage zu ihrem Finanzdienstleister gefahren seien. Bestandteil dieser Unterlagen sei die Baubeschreibung gewesen, aus der die Verwendung der Asbestplatten - auch für die Kläger - ohne weiteres ersichtlich gewesen sei.
II.
- 4
- Die Revision ist begründet.
- 5
- 1. Allerdings greift nicht schon die auf die Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG und auf den absoluten Revisionsgrund nach § 547 Nr. 1 ZPO gestützte Verfahrensrüge durch. Dass nunmehr - anders als in dem ersten Berufungsverfahren - nicht mehr der 8. Zivilsenat, sondern der 16. Zivilsenat des Berufungsgerichts über die Berufung entschieden hat, ist nicht zu beanstanden. Der Senat hat die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Welcher Spruchkörper in solchen Fällen zuständig ist, bestimmt sich nach der Geschäftsverteilung des Berufungsgerichts (vgl. nur RG, JW 1924, 965; MünchKomm-ZPO/Wenzel, 3. Aufl., § 563 Rn. 3; Musielak/Ball, ZPO, 7. Aufl., Rn. 5). Trotz der Einheitlichkeit des Berufungsverfahrens bildet das durchgeführte Revisionsverfahren eine Zäsur, vor deren Hintergrund Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG weder eine personelle Identität der erkennenden Richter noch eine solche des Spruchkörpers verlangt.
- 6
- Die Auslegung eines Geschäftsverteilungsplanes ist nur bei Willkür zu beanstanden (vgl. nur Zöller, ZPO, 28. Aufl., § 547 ZPO Rn. 2a). Davon kann hier jedoch keine Rede sein. Nach II. 16. Zivilsenat Nr. 7 des Geschäftsverteilungsplanes des Berufungsgerichts für das Jahr 2009 (GVP) war für Entscheidungen über "Ansprüche aus entgeltlichen Veräußerungsverträgen über Grundstücke gegen Beklagte mit den Anfangsbuchstaben A bis M" der 16. Zivilsenat zuständig. Entgegen der Auffassung der Revision folgt nichts anderes aus der der Regelung in I.C.4. GVP, wonach im Falle der Zurückverweisung an einen "anderen nicht benannten Zivilsenat" der Vertretersenat des Senats zuständig ist, dessen Urteil aufgehoben wurde. Einen Gegenschluss dahin, im Übrigen bleibe stets der im ersten Berufungsverfahren mit der Sache befasst gewesene Senat zuständig, musste das Berufungsgericht daraus nicht ziehen. Denn im Eingangssatz der Bestimmung zu I.C. GVP heißt es unzweideutig, dass vorrangig die rechtliche Natur des Klageanspruches maßgebend ist.
- 7
- Bestätigt wird dies ferner dadurch, dass sich auch in den Fällen des Sachzusammenhangs die Spezialzuständigkeit gegenüber einer Vorbefassung durchsetzt. Von dem nach I.F.1.a Satz 1 GVP bestehenden Vorrang der Vorbefassung ausgenommen sind nämlich nach Satz 3 Sachen "aus einem Spezialgebiet , für das dieser Senat - losgelöst von Gerichtsbezirken und/oder Anfangsbuchstaben - nicht oder nicht mehr zuständig ist". Dabei soll durch die Parenthese lediglich zum Ausdruck gebracht werden, dass bei fortbestehender Spezialzuständigkeit für ein Rechtsgebiet die Änderung der Zuständigkeit nur nach Buchstaben oder Gerichtsbezirken bedeutungslos sein soll. Vorliegend ist der 8. Zivilsenat indessen für das hier in Rede stehende Sachgebiet überhaupt nicht mehr zuständig.
- 8
- 2. In der Sache hält das Berufungsurteil einer revisionsrechtlichen Überprüfung jedoch nicht stand.
- 9
- a) Gegen die Würdigung des Berufungsgerichts, eine aktive Täuschung hätten die Kläger nicht bewiesen, erhebt die Revision allerdings keine Rügen.
- 10
- b) Zutreffend geht das Berufungsgericht auch davon aus, dass die asbesthaltige Fassadenverkleidung einen - offenbarungspflichtigen - Sachmangel begründet (vgl. Senat, Urteil vom 27. März 2009 - V ZR 30/08, BGHZ 180, 205, 207 ff.). Zwar scheidet nach der Rechtsprechung des Senats eine Pflicht zur Offenbarung aus, wenn es sich - anders als hier - um einen der Besichtigung zugänglichen und damit ohne weiteres erkennbaren Mangel handelt (vgl. nur Urteil vom 2. Februar 1996 - V ZR 239/94, BGHZ 132, 30, 34; Urteil vom 8. April 1994 - V ZR 178/92, NJW-RR 1994, 907; Krüger in Krüger/Hertel, Der Grundstückskauf, 9. Aufl., Rn. 731 ff. mwN). Indessen schließt die Möglichkeit, sich Kenntnis anderweit - etwa aus übergebenen Unterlagen - zu verschaffen, die Pflicht zur Offenbarung nicht von vornherein aus.
- 11
- Ein verständiger und redlicher Verkäufer darf davon ausgehen, dass bei einer Besichtigung ohne weiteres erkennbare Mängel auch dem Käufer ins Auge springen werden und deshalb eine gesonderte Aufklärung nicht erforderlich ist. Konstellationen, in denen dem Käufer auf andere Weise die Möglichkeit gegeben wird, sich Kenntnis von einem Mangel des Kaufobjekts zu verschaffen, stehen der Besichtigungsmöglichkeit nicht ohne weiteres gleich. Mit Blick auf übergebene Unterlagen, aus denen sich die Mangelhaftigkeit der Sache ergibt, ist eine Gleichstellung nur dann gerechtfertigt, wenn ein Verkäufer aufgrund der Umstände die berechtigte Erwartung haben kann, dass der Käufer die Unterlagen als Grundlage seiner Kaufentscheidung durchsehen wird. Solche Umstände liegen etwa vor, wenn der Verkäufer dem Käufer im Zusammenhang mit möglichen Mängeln ein Sachverständigengutachten überreicht. Dagegen kann ein verständiger und redlicher Verkäufer nicht ohne weiteres erwarten, dass der Käufer Finanzierungsunterlagen auf Mängel des Kaufobjektes hin durchsehen wird. Es ist daher irrelevant, dass die Asbestverwendung der ersten Seite der Baubeschreibung zu entnehmen ist. Davon abgesehen haben auch die Beklagten nach ihrem eigenen Vorbringen Kenntnis von der Asbestverwendung nicht aus der Baubeschreibung erlangt.
- 12
- c) Die Verpflichtung zur Offenbarung haben die Beklagten nicht erfüllt. Zwar trägt der Käufer - so die Vertragsparteien wie hier einen Haftungsausschluss vereinbart haben - nach § 444 BGB grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen sämtlicher Umstände, die den Arglisttatbestand ausfüllen (Krüger in Krüger/Hertel, aaO, Rn. 742; zu § 463 Satz 2 BGB aF vgl. auch Senat, Urteil vom 10. Juli 1987 - V ZR 152/86, NJW-RR 1987, 1415; Beschluss vom 31. Oktober 2003 - V ZR 100/02, NJW 2003, 754, 755), wozu bei einer Täuschung durch Verschweigen auch die fehlende Offenbarung gehört (Senat, Urteil vom 7. März 2003 - V ZR 437/01, NJW-RR 2003, 989, 990 mwN; Krüger in Krüger/Hertel, aaO, Rn. 742). Nicht bedacht hat das Berufungsgericht jedoch, dass es sich bei der behaupteten unterbliebenen Offenbarung um eine negative Tatsache handelt und dem Käufer bei dieser Sachlage Erleichterungen nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast zugute kommen. Er muss lediglich die von dem Verkäufer in räumlicher, zeitlicher und inhaltlicher Weise zu spezifizierende Aufklärung ausräumen (Senat, Urteil vom 20. Oktober 2000 - V ZR 285/99, NJW 2001, 64, 65; Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., vor § 284 Rn. 24 mwN).
- 13
- Gemessen daran fehlt es vorliegend bereits an konkretem Vorbringen der Beklagten dazu, dass die Kläger auf die Verwendung von Asbest hingewiesen worden sind. Die Behauptung, sie seien davon ausgegangen, dass die Kläger Kenntnis von der Asbesthaltigkeit der Fassade durch den Makler oder durch die noch in dem Haus wohnende Schwiegermutter erlangt hätten, genügt hierfür ersichtlich nicht. Ebensowenig ist die Offenbarungspflicht der Beklagten durch die Übergabe der die Baubeschreibung enthaltenden Finanzierungsunterlagen erfüllt worden. Gegen die Qualifizierung der Übergabe der Unterlagen als Erfüllungshandlung sprechen dieselben Erwägungen, die der Verneinung einer Aufklärungspflicht entgegenstehen (oben II.2.b)).
- 14
- d) Soweit das Berufungsgericht eine arglistige Täuschung zudem mit der Begründung verneint, es erscheine nachvollziehbar, dass die Beklagten davon ausgegangen seien, die Kläger hätten infolge der Information seitens des Maklers bereits Kenntnis von der Asbesthaltigkeit gehabt, ist diese tatrichterliche Würdigung revisionsrechtlich zwar nur eingeschränkt überprüfbar (vgl. nur Zöller /Heßler, ZPO, 28. Aufl., § 546 Rn. 9 mwN), in diesem Rahmen aber zu beanstanden. Zwar dürfte dieser Erwägung der zutreffende Obersatz zugrunde liegen , wonach Arglist neben der Kenntnis des Mangels voraussetzt, dass der Verkäufer weiß oder zumindest für möglich hält, dass der Käufer den Fehler nicht kennt und er bei Offenbarung den Vertrag nicht oder zumindest nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte (vgl. nur Senat, Beschluss vom 8. Dezember 2006 - V ZR 249/05, NJW 2007, 835 Rn. 8 mwN). Die Revision rügt jedoch zu Recht, dass diese Würdigung des Berufungsgerichts substanzlos im Raum steht (§ 286 ZPO). Offenbar knüpft das Berufungsgericht mit dieser Erwägung an die zuvor wiedergegebene Bekundung des Beklagten zu 1 an, wonach es für die Beklagten klar gewesen sei, dass die Kläger Kenntnis von der Asbesthaltigkeit der Fassade durch den Makler oder die noch im Haus wohnenden Schwiegermutter erlangt hätten. Mit Tatsachen untermauert wird diese Erwägung jedoch nicht einmal ansatzweise. Dass das Berufungsgericht die Ein- lassung der Beklagten gleichwohl für nachvollziehbar hält, ist unter keinem rechtlichen Gesichtpunkt haltbar. Auf der Grundlage der festgestellten Umstände lässt sich dieser Schluss nicht ziehen. Auch die Revisionserwiderung verweist auf kein tatsächliches Vorbringen, das diesen Schluss plausibel machen könnte. Zu diesbezüglichem Vortrag wären die Beklagten jedoch gehalten gewesen.
- 15
- Allerdings gilt auch für den subjektiven Tatbestand der Arglist, dass grundsätzlich der Käufer die Darlegungs- und Beweislast trägt (oben II.2.c)). Dass eine Partei eine innere Tatsache zu beweisen hat und die Führung dieses Beweises Schwierigkeiten bereitet, führt nicht ohne weiteres zu Beweiserleichterungen (vgl. nur Zöller/Greger, aaO, vor § 284 Rn. 24a). In Konstellationen der vorliegenden Art tritt jedoch die Besonderheit hinzu, dass hinsichtlich der unterbliebenen Offenbarung Beweiserleichterungen nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast eingreifen und es deshalb dem Verkäufer obliegt, die Erfüllung der Offenbarungspflicht in räumlicher, zeitlicher und inhaltlicher Weise zu spezifizieren (dazu oben II.2.c)). Legt der Verkäufer diese Erfüllung nicht dar, behauptet er aber gleichwohl, er sei davon ausgegangen, dass der Käufer aufgeklärt worden sei, gilt mit Blick auf die Darlegungslast nichts anderes. Dass der Verkäufer zumindest für möglich halten muss, dass der Käufer den Mangel nicht kennt, bildet lediglich die für den Arglisttatbestand erforderliche subjektive Seite der objektiv unterlassenen Offenbarung, so dass eine unterschiedliche Verteilung der Darlegungslast nicht sachgerecht erscheint. Daher ist es ebenfalls Sache des Verkäufers, diejenigen Umstände in räumlicher, zeitlicher und inhaltlicher Weise zu konkretisieren, aufgrund deren er trotz unterbliebener eigener Aufklärung davon ausgegangen sein will, der Käufer habe Kenntnis von dem Mangel gehabt. Daran fehlt es hier. Soweit der Prozessbevollmächtigte der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf die Anhörung des Beklagten zu 1 in der Berufungsverhandlung vom 9. Juli 2009 verwiesen hat, erfüllt auch das dortige - vage - Vorbringen nicht die Anforderungen , die an einen hinreichend spezifizierten Sachvortrag zu stellen sind.
- 16
- 3. Da das Berufungsurteil auch nicht aus anderen Gründen richtig ist, unterliegt es der Aufhebung (§ 562 ZPO). Der Rechtsstreit ist teilweise zur Endentscheidung reif, weil die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Schadensersatz statt der Leistung nach §§ 437 Nr. 3, 280, 281 BGB dem Grunde nach gegeben und hierzu keine weiteren Feststellungen zu erwarten sind (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt dazu, dass auf die Zahlungsklage ein (Teil-)Grundurteil und mit Blick auf den Feststellungsantrag ein Teilurteil zu erlassen ist (vgl. BGH, Urteil vom 22. Juli 2009 - XII ZR 77/06, BGHZ 182, 116, 121; Zöller/Vollkom-mer, aaO, § 304 Rn. 3; jeweils mwN). Die prozessualen Anforderungen nach § 304 Abs. 1 und § 301 i.V.m. § 256 Abs. 1 ZPO sind erfüllt. Insbesondere ist es zumindest wahrscheinlich, dass der Zahlungsanspruch in irgendeiner Höhe besteht. Im Übrigen ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit dieses zur Schadenshöhe die für eine abschließende Entscheidung erforderlichen Feststellungen treffen kann.
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- Die Voraussetzungen der §§ 437 Nr. 3, 280, 281 BGB liegen dem Grunde nach vor. Das Kaufobjekt ist - wie bereits dargelegt - mit einem offenbarungspflichtigen Sachmangel behaftet. Der vereinbarte Haftungsausschluss entfaltet keine Wirkungen, weil die Beklagten den Mangel arglistig verschwiegen haben (§ 444 BGB). Diese hatten unstreitig Kenntnis von der Asbestverwendung. Da ihnen bereits ein Kaufinteressent wegen der verbauten Asbestzementplatten abgesprungen war, wussten sie auch, dass dies ein Umstand war, der für einen verständigen Käufer von kaufentscheidender Bedeutung war. Auf der Grundlage der obigen Erörterungen ist darüber hinaus davon auszugehen, dass die Beklagten die Unkenntnis der Kläger von dem Mangel zumindest für möglich gehalten haben. Ihre gegenteilige Behauptung haben sie nicht konkretisiert , so dass die Kläger nicht gehalten waren, das vage Vorbringen der Be- klagten auszuräumen (dazu oben zu II.2.d)). Die erfolglose Setzung einer Frist zur Nachbesserung ist bei Arglist in der Regel entbehrlich (Senat, Beschluss vom 8. Dezember 2006 - V ZR 249/05, NJW 2007, 835, 836 Rn. 10 ff. mwN). Davon abgesehen haben die Kläger die Beklagt en erfolglos unter Fristsetzung zur Nacherfüllung aufgefordert. Schließlich ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die Kläger Kenntnis von dem Mangel unabhängig von einer dem Verkäufer zurechenbaren Aufklärung erlangt haben. Solche Umstände vorzutragen und unter Beweis zu stellen, hätte den Beklagten als Verkäufer obgelegen (§ 442 Abs. 1 Satz 1 BGB). Grob fahrlässige Unkenntnis steht der Kenntnis bei Arglist des Verkäufers schon nicht gleich (§ 442 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB). Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Roth Brückner
LG Lüneburg, Entscheidung vom 30.08.2007 - 5 O 104/07 -
OLG Celle, Entscheidung vom 17.09.2009 - 16 U 61/09 -
(1) Die Geschäftsführer haben in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden.
(2) Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen, haften der Gesellschaft solidarisch für den entstandenen Schaden.
(3) Insbesondere sind sie zum Ersatz verpflichtet, wenn den Bestimmungen des § 30 zuwider Zahlungen aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft gemacht oder den Bestimmungen des § 33 zuwider eigene Geschäftsanteile der Gesellschaft erworben worden sind. Auf den Ersatzanspruch finden die Bestimmungen in § 9b Abs. 1 entsprechende Anwendung. Soweit der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger der Gesellschaft erforderlich ist, wird die Verpflichtung der Geschäftsführer dadurch nicht aufgehoben, daß dieselben in Befolgung eines Beschlusses der Gesellschafter gehandelt haben.
(4) Die Ansprüche auf Grund der vorstehenden Bestimmungen verjähren in fünf Jahren.
(1) Die Rechte des Käufers wegen eines Mangels sind ausgeschlossen, wenn er bei Vertragsschluss den Mangel kennt. Ist dem Käufer ein Mangel infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben, kann der Käufer Rechte wegen dieses Mangels nur geltend machen, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat.
(2) Ein im Grundbuch eingetragenes Recht hat der Verkäufer zu beseitigen, auch wenn es der Käufer kennt.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger macht Schadensersatzansprüche aus dem Kauf eines Pkw Audi A 6 geltend, den er am 21. März 2004 für 4.500 € vom Beklagten zu 1 über den Beklagten zu 2, einen Gebrauchtwagenhändler, gekauft hat.
- 2
- Im Kaufvertragsformular ist unter dem vorformulierten Text "Gesamtfahrleistung nach Angaben des Vorbesitzers" handschriftlich "201.000 km" vermerkt ; dies entspricht dem vom Tacho zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ausgewiesenen Kilometerstand. Als Vorbesitzer waren aus dem Kfz-Brief nur der ursprüngliche Halter sowie der seit dem 16. Februar 2004 als Halter eingetragene Beklagte zu 1 ersichtlich. Dieser hatte das Fahrzeug jedoch über den Beklagten zu 2 von einem Zwischenhändler erworben, der beiden Beklagten nur als "A. " bekannt war und der das Fahrzeug seinerseits ebenfalls von einem nicht als Halter im Kfz-Brief eingetragenen Vorbesitzer erworben hatte. Über diese Umstände wurde der Kläger bei Abschluss des Kaufvertrages nicht informiert.
- 3
- Der Kläger fuhr mit dem Pkw 21.000 km und veräußerte ihn im November 2006 zu einem Preis von 1.500 €. Er ist der Auffassung, die Beklagten hätten ihn über den Erwerb des Fahrzeugs von einem nicht näher bekannten Zwischenhändler aufklären müssen. In diesem Fall hätte er auf die vom Kilometerzähler angezeigte Laufleistung von 201.000 km nicht vertraut und das Fahrzeug deshalb auch nicht gekauft. Die tatsächliche Laufleistung desPkw habe im Zeitpunkt des Kaufvertrages mehr als 340.000 km betragen.
- 4
- Der Kläger hat Schadensersatz in Höhe von 7.009,39 € (Rückzahlung des Kaufpreises sowie Erstattung von Reparaturkosten abzüglich Verkaufserlös und Entgelt für gezogene Nutzungen) nebst Zinsen begehrt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht der Klage in Höhe von 6.754,24 € nebst Zinsen stattgegeben. Die weitergehende Berufung hat es zurückgewiesen. Mit den vom Berufungsgericht zugelassenen Revisionen begehren die Beklagten die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
- 5
- Die Revisionen der Beklagten haben keinen Erfolg.
I.
- 6
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
- 7
- Der Beklagte zu 2 sei dem Kläger aus culpa in contrahendo (§ 280 Abs. 1 i.V.m. § 311 Abs. 2 BGB) zum Schadensersatz verpflichtet, weil er ihn bei den Vertragsverhandlungen nicht über den beiden Beklagten nicht näher bekannten und im Kfz-Brief auch nicht eingetragenen Vorbesitzer ("A. ") aufgeklärt habe. Es sei ein Fall der so genannten Sachwalterhaftung gegeben (§ 280 Abs. 1 i.V.m. § 311 Abs. 3 BGB). Der Beklagte zu 2 habe besonderes Vertrauen in Anspruch genommen, indem er die Anzeige im Internet in seiner Eigenschaft als Kfz-Händler - ohne Hinweis auf ein Vertretergeschäft - veranlasst und später auch das Verkaufsgespräch geführt und den Vertrag zustande gebracht habe. Mit dem Beklagten zu 1 habe der Kläger demgegenüber keinen Kontakt gehabt. Dies sei als Indiz für ein besonderes Vertrauen gegenüber dem Sachwalter zu bewerten.
- 8
- Der Gebrauchtwagenhändler habe im Rahmen eines Schuldverhältnisses nach § 311 Abs. 3 BGB die Pflicht, den Käufer auch ungefragt auf ihm bekannte und für den Käufer nicht ersichtliche wesentliche Mängel hinzuweisen. Der Umstand, dass sich einer der Voreigentümer aus dem Kfz-Brief nicht ergebe und nicht mit Namen und Adresse "greifbar" sei, habe negative Auswirkungen auf den Wert des Pkw und damit auch auf die Kaufentscheidung des Interessenten. Denn in diesem Fall bestehe eine größere Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Wagen unsachgemäß behandelt oder der Kilometerzähler manipuliert worden sei. Gegen diese Pflicht zur Aufklärung habe der Beklagte zu 2, dem der Ankauf des Fahrzeugs von "A. " bekannt gewesen sei, bewusst verstoßen. Diese vorsätzliche Pflichtverletzung sei ursächlich für den vom Kläger geltend gemachten Schaden gewesen. Ein vertraglicher Haftungsausschluss scheide schon deshalb aus, weil er bei vorsätzlicher Nichtaufklärung analog § 444 BGB nichtig wäre. Der Anspruch sei nicht verjährt.
- 9
- Ein Anspruch in entsprechender Höhe bestehe auch gegen den Beklagten zu 1, der sich das Verschulden des Beklagten zu 2 als seines Erfüllungsgehilfen als eigenes zurechnen lassen müsse (§ 278 BGB) und mit diesem als Gesamtschuldner hafte.
II.
- 10
- Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung im Rahmen des beschränkten Umfangs der Revisionszulassung stand, so dass die Revisionen zurückzuweisen sind.
- 11
- 1. Die Revisionen sind unzulässig, soweit sie sich gegen die Höhe des geltend gemachten Schadensersatzes wenden. Das Berufungsgericht hat die Revisionen nur beschränkt - auf den Grund des vom Kläger geltend gemachten Anspruchs auf Schadensersatz - zugelassen. Das ergibt sich zwar nicht aus dem Tenor, wohl aber, was nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ausreicht (BGHZ 153, 358, 360 f.; Senatsurteile vom 16. September 2009 - VIII ZR 243/08, WM 2009, 2334, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt, Tz. 11, und vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 340/08, WuM 2009, 1383, Tz. 13), aus den Gründen des Urteils.
- 12
- Das Berufungsgericht hat die Revisionen einerseits wegen der Frage nach der Anwendbarkeit der culpa in contrahendo neben den §§ 434 ff. BGB in den Fällen einer vorsätzlichen vorvertraglichen Pflichtverletzung und andererseits im Hinblick auf eine Offenbarungspflicht des Gebrauchtwagenverkäufers über nicht eingetragene Vorbesitzer zugelassen. Diese Fragen betreffen nur den Anspruchsgrund. Eine Beschränkung der Revisionszulassung auf den Anspruchsgrund ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs möglich (Senatsurteile vom 16. September 2009, aaO, Tz. 11, und vom 30. Juni 1982 - VIII ZR 259/81, NJW 1982, 2380, unter II 2 c; BGH, Urteil vom 13. Juli 2004 - VI ZR 273/03, NJW 2004, 3176, unter II 1) und daher wirksam.
- 13
- 2. Soweit die Revisionen zulässig sind, sind sie unbegründet. Die Beklagten sind dem Kläger gemäß § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2, 3, § 241 Abs. 2 BGB als Gesamtschuldner zum Schadensersatz verpflichtet. Sie haften wegen der unterbliebenen Aufklärung über den nicht näher bekannten Zwischenhändler aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen.
- 14
- a) Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Beklagte zu 1 sich das Verhalten des Beklagten zu 2, dessen er sich als Erfüllungsgehilfe bedient hat, zurechnen lassen muss (§ 278 BGB) und dem Kläger nach § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2, § 241 Abs. 2 BGB zum Schadensersatz verpflichtet ist.
- 15
- aa) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht bei Vertragsverhandlungen für jeden Vertragspartner die Pflicht, den anderen Teil über solche Umstände aufzuklären, die den Vertragszweck (des anderen ) vereiteln können und daher für seinen Entschluss von wesentlicher Bedeutung sind, sofern er die Mitteilung nach der Verkehrsauffassung erwarten kann (Senatsurteile vom 4. April 2001 - VIII ZR 32/00, WM 2001, 1118, unter II 3 b, und vom 13. Juni 2007 - VIII ZR 236/06, WM 2007, 2258, Tz. 35; jeweils m.w.N.).
- 16
- Wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, liegt ein solcher für den Käufer eines Gebrauchtwagens wesentlicher Umstand vor, wenn der Verkäufer das Fahrzeug selbst - wie hier - kurz zuvor von einem "fliegenden Zwischenhändler" erworben hat. In einem solchen Fall ist der Verkäufer zur Aufklärung verpflichtet (OLG Bremen, NJW 2003, 3713 f.; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 10. Aufl., Rdnr. 1599), denn ohne einen entsprechenden Hinweis geht der Käufer davon aus, dass der Vertragspartner das Fahrzeug von demjenigen übernommen hat, der als letzter Halter in dem Kraftfahrzeugbrief eingetragen ist. Hat der Verkäufer das Fahrzeug kurze Zeit vor dem Weiterverkauf selbst von einer Person unbekannter Identität erworben, liegt der Verdacht nahe, dass es während der Besitzzeit des unbekannten Voreigentümers zu Manipulationen am Kilometerzähler oder einer sonstigen unsachgemäßen Behandlung des Fahrzeugs gekommen ist. Die Verlässlichkeit der Angaben des Verkäufers zum Fahrzeug wird dadurch grundlegend entwertet. Insbesondere kommt der Kilometerstandsanzeige und den Aussagen zur "Gesamtfahrleistung nach Angabe des Vorbesitzers" hinsichtlich der tatsächlichen Fahrleistung in einem solchen Fall keine nennenswerte Bedeutung zu (vgl. OLG Bremen, aaO; Reinking/ Eggert, aaO, Rdnr. 1599 f.).
- 17
- bb) Ohne Erfolg wendet sich die Revision des Beklagten zu 2 gegen die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, dass die gebotene Aufklärung über den Vorerwerb von einem unbekannten Zwischenhändler unterblieben sei. Ein revisionsrechtlich erheblicher Fehler ist nicht ersichtlich und wird von der Revision des Beklagten zu 2 nicht dargelegt. Die Revision setzt lediglich ihre eigene Bewertung der Aussagen der Zeugen an die Stelle der Beweiswürdigung des Berufungsgerichts. Dies ist revisionsrechtlich unbeachtlich.
- 18
- cc) Zutreffend hat das Berufungsgericht ferner angenommen, dass die unterbliebene Aufklärung für den Schaden des Klägers ursächlich geworden ist.
- 19
- dd) Ein Anspruch aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen scheidet auch nicht deshalb aus, weil im Anwendungsbereich des Sachmängelgewährleistungsrechts ein Rückgriff auf diese Grundsätze nicht zulässig wäre, wie dies von den Revisionen mit der Begründung geltend gemacht wird, dass sich die Aufklärungspflicht auf die Beschaffenheit der Kaufsache beziehe.
- 20
- (1) Ob insoweit ein Rückgriff gesperrt ist, war in der Vergangenheit umstritten (vgl. zum Meinungsstand BGH, Urteil vom 27. März 2009 - V ZR 30/08, NJW 2009, 2120, zur Veröffentlichung in BGHZ 180, 205 vorgesehen, Tz. 13 ff.). Der Bundesgerichtshof hat nach Erlass des Berufungsurteils entschieden, dass nach Gefahrübergang zwar von einem grundsätzlichen Vorrang der §§ 434 ff. BGB auszugehen ist, eine Ausnahme jedoch zumindest bei vorsätzlichem Verhalten des Verkäufers geboten ist (BGH, Urteil vom 27. März 2009, aaO, Tz. 19).
- 21
- (2) Entgegen der Auffassung der Revisionen hat das Berufungsgericht ausreichende Feststellungen zu einem derartigen vorsätzlichen Verhalten des Beklagten zu 2 getroffen, so dass es keiner Entscheidung bedarf, ob es sich bei dem Gegenstand der geschuldeten Aufklärung um ein Beschaffenheitsmerkmal handelt. Das Berufungsgericht hat aufgrund der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme festgestellt, dass der Beklagte zu 2, dem die Herkunft des Fahrzeugs von einem unbekannten Zwischenhändler nach seinen eigenen Angaben bekannt gewesen sei, diesen Umstand bewusst verschwiegen und somit seine Aufklärungspflicht vorsätzlich verletzt habe. Ohne Erfolg rügt die Revision des Beklagten zu 2, das Berufungsgericht habe die Möglichkeit außer Acht gelassen , dass der Beklagte zu 2 den erforderlichen Hinweis auf den Vorbesitzer - entgegen seiner eigenen Erinnerung - vergessen und deshalb nur fahrlässig gehandelt haben könnte. Diese fern liegende Möglichkeit, auf die sich der Beklagte zu 2 erstmals in der Revisionsinstanz beruft, hat das Berufungsgericht zu Recht nicht in Betracht gezogen. Angesichts der vorsätzlichen Nichtaufklärung war auch ein etwa vertraglich vereinbarter Haftungsausschluss, wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, nichtig (BGHZ 63, 382, 388; Senatsurteil vom 14. März 1979 - VIII ZR 129/78, NJW 1979, 1707, unter I 2 c; vgl. auch Palandt/ Grüneberg, BGB, 69. Aufl., § 311 Rdnr. 66).
- 22
- ee) Das Berufungsgericht hat den Anspruch des Klägers zutreffend als unverjährt angesehen. Entgegen der Ansicht der Revisionen unterliegt der Anspruch des Klägers der regelmäßigen Verjährung von drei Jahren (§ 195 BGB). Eine kürzere Verjährungsfrist ergibt sich weder aus einer vertraglichen Vereinbarung noch aus einer entsprechenden Anwendung von § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB. Eine vertragliche Abkürzung der Verjährung wäre bezüglich der Haftung der Beklagten aus Vorsatz unwirksam (§ 202 BGB). Auch nach § 438 Abs. 3 Satz 1 BGB verbleibt es bei vorsätzlichem Handeln des Verkäufers bei der regelmäßigen Verjährungsfrist. Nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Kläger diese Frist gewahrt.
- 23
- b) Zu Recht hat das Berufungsgericht ferner angenommen, dass der Beklagte zu 2 bei der Vermittlung des Kaufvertrages zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1 besonderes Vertrauen im Sinne von § 311 Abs. 3 BGB in Anspruch genommen hat und dem Kläger deshalb ebenfalls schadensersatzpflichtig ist.
- 24
- Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs haftet der Gebrauchtwagenhändler als Vermittler des Kaufvertrages oder als Abschlussvertreter aus Verschulden bei Vertragsschluss selbst, wenn der Kunde ihm ein besonderes , über die normale Verhandlungsloyalität hinausgehendes Vertrauen entgegenbringt und erwartet, darin rechtlichen Schutz zu genießen (BGHZ 63, 382, 384 f.; 79, 281, 283 f.; Senatsurteil vom 29. Juni 1977 - VIII ZR 43/76, WM 1977, 1048, unter II 2 a). In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats hat das Berufungsgericht dem Umstand wesentliche Bedeutung beigemessen , dass der Beklagte zu 2 die gesamten Vertragsverhandlungen bis zum Abschluss des Kaufvertrages im Rahmen seiner Tätigkeit als Kfz-Händler allein geführt hat, während der Kläger zu dem eigentlichen Verkäufer, dem Beklagten zu 1, keinen Kontakt hatte. Einen revisionsrechtlich beachtlichen Fehler dieser Würdigung des Berufungsgerichts zeigt die Revision nicht auf. Insbesondere setzt die Inanspruchnahme besonderen Vertrauens durch einen als Vermittlungs - und Abschlussvertreter auftretenden Kfz-Händler weder das Vorhandensein einer eigenen Werkstatteinrichtung (vgl. BGHZ 79, 281, 285) noch mehr als nur einen "relativ kurzfristigen" Kontakt mit dem Käufer voraus. Auch bei einem einmaligen Gelegenheitsgeschäft mit zufälliger Vertragsanbahnung kommt eine Haftung des Abschlussvertreters in Betracht (BGHZ 63, 382, 384 f.). Ball Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Achilles Dr. Fetzer
LG Magdeburg, Entscheidung vom 17.04.2008 - 11 O 2261/07 -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 15.01.2009 - 1 U 50/08 -
(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
(1) Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht.
(2) Hat im Falle einer durch Rechtsgeschäft erteilten Vertretungsmacht (Vollmacht) der Vertreter nach bestimmten Weisungen des Vollmachtgebers gehandelt, so kann sich dieser in Ansehung solcher Umstände, die er selbst kannte, nicht auf die Unkenntnis des Vertreters berufen. Dasselbe gilt von Umständen, die der Vollmachtgeber kennen musste, sofern das Kennenmüssen der Kenntnis gleichsteht.
(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.
(1) Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht.
(2) Hat im Falle einer durch Rechtsgeschäft erteilten Vertretungsmacht (Vollmacht) der Vertreter nach bestimmten Weisungen des Vollmachtgebers gehandelt, so kann sich dieser in Ansehung solcher Umstände, die er selbst kannte, nicht auf die Unkenntnis des Vertreters berufen. Dasselbe gilt von Umständen, die der Vollmachtgeber kennen musste, sofern das Kennenmüssen der Kenntnis gleichsteht.
(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.
(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.
(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.
(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.
(1) Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht.
(2) Hat im Falle einer durch Rechtsgeschäft erteilten Vertretungsmacht (Vollmacht) der Vertreter nach bestimmten Weisungen des Vollmachtgebers gehandelt, so kann sich dieser in Ansehung solcher Umstände, die er selbst kannte, nicht auf die Unkenntnis des Vertreters berufen. Dasselbe gilt von Umständen, die der Vollmachtgeber kennen musste, sofern das Kennenmüssen der Kenntnis gleichsteht.
(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.