Landessozialgericht NRW Urteil, 24. Juni 2014 - L 20 SO 388/13

ECLI:ECLI:DE:LSGNRW:2014:0624.L20SO388.13.00
bei uns veröffentlicht am24.06.2014

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird der Tenor des Urteils des Sozialgerichts Köln vom 03.07.2013 neu gefasst. Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 25.01.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22.08.2012 verurteilt, der Klägerin eine Beihilfe zur Beschaffung eines behindertengerechten Kraftfahrzeuges oder eines behindertengerecht umbaufähigen Kraftfahrzeuges in Höhe bis zu 9.000,00 EUR zu bewilligen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin für das Berufungsverfahren zur Gänze, für das erstinstanzliche Verfahren zu zwei Dritteln. Die Revision wird nicht zugelassen.


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Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 54


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 144


(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 2 Begriffsbestimmungen


(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft m

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 14 Leistender Rehabilitationsträger


(1) Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen um

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 82 Begriff des Einkommens


(1) Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Nicht zum Einkommen gehören1.Leistungen nach diesem Buch,2.die Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungs

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 19 Leistungsberechtigte


(1) Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können. (2)

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 28 Ermittlung der Regelbedarfe


(1) Liegen die Ergebnisse einer bundesweiten neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vor, wird die Höhe der Regelbedarfe in einem Bundesgesetz neu ermittelt. (2) Bei der Ermittlung der bundesdurchschnittlichen Regelbedarfsstufen nach § 27a Abs

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 95


Hat ein Vorverfahren stattgefunden, so ist Gegenstand der Klage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat.

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 8 Erwerbsfähigkeit


(1) Erwerbsfähig ist, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. (2) Im Sinne von Absatz 1 kön

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 37 Häusliche Krankenpflege


(1) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen neben der ärztl

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 98 Örtliche Zuständigkeit


(1) Für die Sozialhilfe örtlich zuständig ist der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich sich die Leistungsberechtigten tatsächlich aufhalten. Diese Zuständigkeit bleibt bis zur Beendigung der Leistung auch dann bestehen, wenn die Leistung außerha

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 55 Unterstützte Beschäftigung


(1) Ziel der Unterstützten Beschäftigung ist es, Leistungsberechtigten mit besonderem Unterstützungsbedarf eine angemessene, geeignete und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu ermöglichen und zu erhalten. Unterstützte Beschäftigung umfasst

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 97 Sachliche Zuständigkeit


(1) Für die Sozialhilfe sachlich zuständig ist der örtliche Träger der Sozialhilfe, soweit nicht der überörtliche Träger sachlich zuständig ist. (2) Die sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe wird nach Landesrecht besti

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 39 Leistungen zum Unterhalt des Kindes oder des Jugendlichen


(1) Wird Hilfe nach den §§ 32 bis 35 oder nach § 35a Absatz 2 Nummer 2 bis 4 gewährt, so ist auch der notwendige Unterhalt des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses sicherzustellen. Er umfasst die Kosten für den Sachaufwand sowie für di

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 33 Pflichten der Personensorgeberechtigten


Eltern, Vormünder, Pfleger und Betreuer, die bei den ihnen anvertrauten Personen Beeinträchtigungen (§ 2 Absatz 1) wahrnehmen oder durch die in § 34 genannten Personen hierauf hingewiesen werden, sollen im Rahmen ihres Erziehungs- oder Betreuungsauft

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 26 Gemeinsame Empfehlungen


(1) Die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 bis 5 vereinbaren zur Sicherung der Zusammenarbeit nach § 25 Absatz 1 gemeinsame Empfehlungen. (2) Die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 bis 5 vereinbaren darüber hinaus geme

Sozialgesetzbuch (SGB) - Elftes Buch (XI) - Soziale Pflegeversicherung (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014) - SGB 11 | § 36 Pflegesachleistung


(1) Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 haben bei häuslicher Pflege Anspruch auf körperbezogene Pflegemaßnahmen und pflegerische Betreuungsmaßnahmen sowie auf Hilfen bei der Haushaltsführung als Sachleistung (häusliche Pflegehilfe). Der Anspruch

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 33 Vollzeitpflege


Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen und seinen persönlichen Bindungen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie Kind

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 9 Sozialhilfe nach der Besonderheit des Einzelfalles


(1) Die Leistungen richten sich nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach der Art des Bedarfs, den örtlichen Verhältnissen, den eigenen Kräften und Mitteln der Person oder des Haushalts bei der Hilfe zum Lebensunterhalt. (2) Wünschen

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 13 Leistungen für Einrichtungen, Vorrang anderer Leistungen


(1) Die Leistungen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel können entsprechend den Erfordernissen des Einzelfalles für die Deckung des Bedarfs außerhalb von Einrichtungen (ambulante Leistungen), für teilstationäre oder stationäre Einrichtungen (teilstat

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 4 Leistungen zur Teilhabe


(1) Die Leistungen zur Teilhabe umfassen die notwendigen Sozialleistungen, um unabhängig von der Ursache der Behinderung 1. die Behinderung abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern,2. Einschr

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 85 Einkommensgrenze


(1) Bei der Hilfe nach dem Fünften bis Neunten Kapitel ist der nachfragenden Person und ihrem nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartner die Aufbringung der Mittel nicht zuzumuten, wenn während der Dauer des Bedarfs ihr monatliches Einkomme

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 73 Hilfe in sonstigen Lebenslagen


Leistungen können auch in sonstigen Lebenslagen erbracht werden, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen. Geldleistungen können als Beihilfe oder als Darlehen erbracht werden.

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 41 Teilhabeverfahrensbericht


(1) Die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 erfassen1.die Anzahl der gestellten Anträge auf Leistungen zur Rehabilitation und Teilhabe differenziert nach Leistungsgruppen im Sinne von § 5 Nummer 1, 2, 4 und 5,2.die Anzahl der Weiterleitungen nach

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 17 Begutachtung


(1) Ist für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs ein Gutachten erforderlich, beauftragt der leistende Rehabilitationsträger unverzüglich einen geeigneten Sachverständigen. Er benennt den Leistungsberechtigten in der Regel drei möglichst wohnor

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 87 Einsatz des Einkommens über der Einkommensgrenze


(1) Soweit das zu berücksichtigende Einkommen die Einkommensgrenze übersteigt, ist die Aufbringung der Mittel in angemessenem Umfang zuzumuten. Bei der Prüfung, welcher Umfang angemessen ist, sind insbesondere die Art des Bedarfs, die Art oder Schwer

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 116 Beteiligung sozial erfahrener Dritter


(1) Soweit Landesrecht nichts Abweichendes bestimmt, sind vor dem Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften sozial erfahrene Dritte zu hören, insbesondere aus Vereinigungen, die Bedürftige betreuen, oder aus Vereinigungen von Sozialleistungsempfänge

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 99 Vorbehalt abweichender Durchführung


(1) Die Länder können bestimmen, dass und inwieweit die Kreise ihnen zugehörige Gemeinden oder Gemeindeverbände zur Durchführung von Aufgaben nach diesem Buch heranziehen und ihnen dabei Weisungen erteilen können; in diesen Fällen erlassen die Kreise

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 10 Leistungsformen


(1) Die Leistungen werden erbracht in Form von 1. Dienstleistungen,2. Geldleistungen und3. Sachleistungen. (2) Zur Dienstleistung gehören insbesondere die Beratung in Fragen der Sozialhilfe und die Beratung und Unterstützung in sonstigen sozialen

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 8 Wunsch- und Wahlrecht der Leistungsberechtigten


(1) Bei der Entscheidung über die Leistungen und bei der Ausführung der Leistungen zur Teilhabe wird berechtigten Wünschen der Leistungsberechtigten entsprochen. Dabei wird auch auf die persönliche Lebenssituation, das Alter, das Geschlecht, die Fami

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 45 Feststellung der dauerhaften vollen Erwerbsminderung


Der jeweils für die Ausführung des Gesetzes nach diesem Kapitel zuständige Träger ersucht den nach § 109a Absatz 2 des Sechsten Buches zuständigen Träger der Rentenversicherung, die medizinischen Voraussetzungen des § 41 Absatz 3 zu prüfen, wenn es a

Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015) - SGB 1 | § 9 Sozialhilfe


Wer nicht in der Lage ist, aus eigenen Kräften seinen Lebensunterhalt zu bestreiten oder in besonderen Lebenslagen sich selbst zu helfen, und auch von anderer Seite keine ausreichende Hilfe erhält, hat ein Recht auf persönliche und wirtschaftliche Hi

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Landessozialgericht NRW Urteil, 24. Juni 2014 - L 20 SO 388/13 zitiert oder wird zitiert von 10 Urteil(en).

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Landessozialgericht NRW Urteil, 27. März 2014 - L 9 SO 497/11

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Tenor Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 28.07.2011 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 04.11.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.02.2010 ve

Bundessozialgericht Urteil, 12. Dez. 2013 - B 8 SO 18/12 R

bei uns veröffentlicht am 12.12.2013

Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 24. November 2011, soweit es über die Berufung im Verfahren - S 12 SO 33/09 - entschieden hat, aufgeh

Bundessozialgericht Urteil, 23. Aug. 2013 - B 8 SO 10/12 R

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Tenor Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 23. Februar 2012 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Ger

Bundessozialgericht Urteil, 25. Apr. 2013 - B 8 SO 6/12 R

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Tenor Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 25. Januar 2012 aufgehoben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 2

Bundessozialgericht Urteil, 15. Nov. 2012 - B 8 SO 10/11 R

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Bundessozialgericht Urteil, 20. Sept. 2012 - B 8 SO 15/11 R

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Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 20. April 2011 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Geric

Bundessozialgericht Urteil, 02. Feb. 2012 - B 8 SO 9/10 R

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Tenor Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. Februar 2010 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Ge
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Landessozialgericht NRW Urteil, 19. Okt. 2015 - L 20 SO 255/12

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Tenor Auf die Berufung des Beigeladenen zu 1 wird das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 07.03.2012 geändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 08.06.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.11.2005 verurteilt, dem

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Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 31.05.2013 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Der Kl

Landessozialgericht NRW Urteil, 22. Dez. 2014 - L 20 SO 236/13

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Tenor Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 03.05.2013 wird zurückgewiesen. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren. Für das erstinstanzliche Verfahren verbleib

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(1) Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 haben bei häuslicher Pflege Anspruch auf körperbezogene Pflegemaßnahmen und pflegerische Betreuungsmaßnahmen sowie auf Hilfen bei der Haushaltsführung als Sachleistung (häusliche Pflegehilfe). Der Anspruch umfasst pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Absatz 2 genannten Bereichen Mobilität, kognitive und kommunikative Fähigkeiten, Verhaltensweisen und psychische Problemlagen, Selbstversorgung, Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen sowie Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte.

(2) Häusliche Pflegehilfe wird erbracht, um Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten des Pflegebedürftigen so weit wie möglich durch pflegerische Maßnahmen zu beseitigen oder zu mindern und eine Verschlimmerung der Pflegebedürftigkeit zu verhindern. Bestandteil der häuslichen Pflegehilfe ist auch die pflegefachliche Anleitung von Pflegebedürftigen und Pflegepersonen. Pflegerische Betreuungsmaßnahmen umfassen Unterstützungsleistungen zur Bewältigung und Gestaltung des alltäglichen Lebens im häuslichen Umfeld, insbesondere

1.
bei der Bewältigung psychosozialer Problemlagen oder von Gefährdungen,
2.
bei der Orientierung, bei der Tagesstrukturierung, bei der Kommunikation, bei der Aufrechterhaltung sozialer Kontakte und bei bedürfnisgerechten Beschäftigungen im Alltag sowie
3.
durch Maßnahmen zur kognitiven Aktivierung.

(3) Der Anspruch auf häusliche Pflegehilfe umfasst je Kalendermonat

1.
für Pflegebedürftige des Pflegegrades 2 Leistungen bis zu einem Gesamtwert von 724 Euro,
2.
für Pflegebedürftige des Pflegegrades 3 Leistungen bis zu einem Gesamtwert von 1 363 Euro,
3.
für Pflegebedürftige des Pflegegrades 4 Leistungen bis zu einem Gesamtwert von 1 693 Euro,
4.
für Pflegebedürftige des Pflegegrades 5 Leistungen bis zu einem Gesamtwert von 2 095 Euro.

(4) Häusliche Pflegehilfe ist auch zulässig, wenn Pflegebedürftige nicht in ihrem eigenen Haushalt gepflegt werden; sie ist nicht zulässig, wenn Pflegebedürftige in einer stationären Pflegeeinrichtung oder in einer Einrichtung oder in Räumlichkeiten im Sinne des § 71 Absatz 4 gepflegt werden. Häusliche Pflegehilfe wird durch geeignete Pflegekräfte erbracht, die entweder von der Pflegekasse oder bei ambulanten Pflegeeinrichtungen, mit denen die Pflegekasse einen Versorgungsvertrag abgeschlossen hat, angestellt sind. Auch durch Einzelpersonen, mit denen die Pflegekasse einen Vertrag nach § 77 Absatz 1 abgeschlossen hat, kann häusliche Pflegehilfe als Sachleistung erbracht werden. Mehrere Pflegebedürftige können häusliche Pflegehilfe gemeinsam in Anspruch nehmen.

(1) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen neben der ärztlichen Behandlung häusliche Krankenpflege durch geeignete Pflegekräfte, wenn Krankenhausbehandlung geboten, aber nicht ausführbar ist, oder wenn sie durch die häusliche Krankenpflege vermieden oder verkürzt wird. § 10 der Werkstättenverordnung bleibt unberührt. Die häusliche Krankenpflege umfaßt die im Einzelfall erforderliche Grund- und Behandlungspflege sowie hauswirtschaftliche Versorgung. Der Anspruch besteht bis zu vier Wochen je Krankheitsfall. In begründeten Ausnahmefällen kann die Krankenkasse die häusliche Krankenpflege für einen längeren Zeitraum bewilligen, wenn der Medizinische Dienst (§ 275) festgestellt hat, daß dies aus den in Satz 1 genannten Gründen erforderlich ist.

(1a) Versicherte erhalten an geeigneten Orten im Sinne von Absatz 1 Satz 1 wegen schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit, insbesondere nach einem Krankenhausaufenthalt, nach einer ambulanten Operation oder nach einer ambulanten Krankenhausbehandlung, soweit keine Pflegebedürftigkeit mit Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5 im Sinne des Elften Buches vorliegt, die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung. Absatz 1 Satz 4 und 5 gilt entsprechend.

(2) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist. § 10 der Werkstättenverordnung bleibt unberührt. Der Anspruch nach Satz 1 besteht über die dort genannten Fälle hinaus ausnahmsweise auch für solche Versicherte in zugelassenen Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 43 des Elften Buches, die auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege haben; § 37c Absatz 3 gilt entsprechend. Die Satzung kann bestimmen, dass die Krankenkasse zusätzlich zur Behandlungspflege nach Satz 1 als häusliche Krankenpflege auch Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung erbringt. Die Satzung kann dabei Dauer und Umfang der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung nach Satz 4 bestimmen. Leistungen nach den Sätzen 4 und 5 sind nach Eintritt von Pflegebedürftigkeit mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne des Elften Buches nicht zulässig. Versicherte, die nicht auf Dauer in Einrichtungen nach § 71 Abs. 2 oder 4 des Elften Buches aufgenommen sind, erhalten Leistungen nach Satz 1 und den Sätzen 4 bis 6 auch dann, wenn ihr Haushalt nicht mehr besteht und ihnen nur zur Durchführung der Behandlungspflege vorübergehender Aufenthalt in einer Einrichtung oder in einer anderen geeigneten Unterkunft zur Verfügung gestellt wird. Versicherte erhalten in stationären Einrichtungen im Sinne des § 43a des Elften Buches Leistungen nach Satz 1, wenn der Bedarf an Behandlungspflege eine ständige Überwachung und Versorgung durch eine qualifizierte Pflegefachkraft erfordert.

(2a) Die gesetzliche Krankenversicherung beteiligt sich an den Kosten der medizinischen Behandlungspflege in vollstationären Pflegeeinrichtungen mit einem jährlichen Pauschalbetrag in Höhe von 640 Millionen Euro, der an den Ausgleichsfonds der sozialen Pflegeversicherung zu leisten ist. Die Zahlung erfolgt anteilig quartalsweise. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen erhebt hierzu von den Krankenkassen eine Umlage gemäß dem Anteil der Versicherten der Krankenkassen an der Gesamtzahl der Versicherten aller Krankenkassen. Das Nähere zum Umlageverfahren und zur Zahlung an die Pflegeversicherung bestimmt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen.

(2b) Die häusliche Krankenpflege nach den Absätzen 1 und 2 umfasst auch die ambulante Palliativversorgung. Für Leistungen der ambulanten Palliativversorgung ist regelmäßig ein begründeter Ausnahmefall im Sinne von Absatz 1 Satz 5 anzunehmen. § 37b Absatz 4 gilt für die häusliche Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung entsprechend.

(3) Der Anspruch auf häusliche Krankenpflege besteht nur, soweit eine im Haushalt lebende Person den Kranken in dem erforderlichen Umfang nicht pflegen und versorgen kann.

(4) Kann die Krankenkasse keine Kraft für die häusliche Krankenpflege stellen oder besteht Grund, davon abzusehen, sind den Versicherten die Kosten für eine selbstbeschaffte Kraft in angemessener Höhe zu erstatten.

(5) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 3 ergebenden Betrag, begrenzt auf die für die ersten 28 Kalendertage der Leistungsinanspruchnahme je Kalenderjahr anfallenden Kosten an die Krankenkasse.

(6) Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in Richtlinien nach § 92 fest, an welchen Orten und in welchen Fällen Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 auch außerhalb des Haushalts und der Familie des Versicherten erbracht werden können.

(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in Richtlinien nach § 92 unter Berücksichtigung bestehender Therapieangebote das Nähere zur Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden. Die Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden kann auch in spezialisierten Einrichtungen an einem geeigneten Ort außerhalb der Häuslichkeit von Versicherten erfolgen.

(8) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in der Richtlinie über die Verordnung häuslicher Krankenpflege nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Juli 2022 Rahmenvorgaben zu einzelnen nach dem Leistungsverzeichnis der Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 verordnungsfähigen Maßnahmen, bei denen Pflegefachkräfte, die die in den Rahmenempfehlungen nach § 132a Absatz 1 Satz 4 Nummer 7 geregelten Anforderungen erfüllen, innerhalb eines vertragsärztlich festgestellten Verordnungsrahmens selbst über die erforderliche Häufigkeit und Dauer bestimmen können, sowie Vorgaben zur Notwendigkeit eines erneuten Arztkontaktes und zur Information der Vertragsärztin oder des Vertragsarztes durch den Leistungserbringer über die erbrachten Maßnahmen.

(9) Zur Feststellung des tatsächlichen Ausgabenvolumens für die im Rahmen einer Versorgung nach Absatz 8 erbrachten Leistungen pseudonymisieren die Krankenkassen die Angaben zu den Ausgaben jeweils arztbezogen sowie versichertenbezogen. Sie übermitteln diese Angaben nach Durchführung der Abrechnungsprüfung dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen, der diese Daten für den Zweck der nach Absatz 10 durchzuführenden Evaluierung kassenartenübergreifend zusammenführt und diese Daten dem nach Absatz 10 Satz 2 beauftragten unabhängigen Dritten übermittelt. Das Nähere zur Datenübermittlung und zum Verfahren der Pseudonymisierung regelt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der beauftragte unabhängige Dritte nach Absatz 10 Satz 2 haben die ihnen nach Satz 2 übermittelten pseudonymisierten Daten spätestens ein Jahr nach Abschluss der Evaluierung zu löschen.

(10) Drei Jahre nach Inkrafttreten der Regelungen nach Absatz 8 evaluieren der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die in § 132a Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer unter Berücksichtigung der nach Absatz 9 Satz 2 übermittelten Daten insbesondere die mit der Versorgung nach Absatz 8 verbundenen Auswirkungen auf das Versorgungsgeschehen im Bereich der häuslichen Krankenpflege, die finanziellen Auswirkungen auf die Krankenkassen, die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nach Absatz 8 sowie die Auswirkungen auf die Behandlungs- und Ergebnisqualität. Die Evaluierung hat durch einen durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die in § 132a Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer gemeinsam zu beauftragenden unabhängigen Dritten zu erfolgen.

Der jeweils für die Ausführung des Gesetzes nach diesem Kapitel zuständige Träger ersucht den nach § 109a Absatz 2 des Sechsten Buches zuständigen Träger der Rentenversicherung, die medizinischen Voraussetzungen des § 41 Absatz 3 zu prüfen, wenn es auf Grund der Angaben und Nachweise des Leistungsberechtigten als wahrscheinlich erscheint, dass diese erfüllt sind und das zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen nicht ausreicht, um den Lebensunterhalt vollständig zu decken. Die Entscheidung des Trägers der Rentenversicherung ist bindend für den ersuchenden Träger, der für die Ausführung des Gesetzes nach diesem Kapitel zuständig ist; dies gilt auch für eine Entscheidung des Trägers der Rentenversicherung nach § 109a Absatz 3 des Sechsten Buches. Ein Ersuchen nach Satz 1 erfolgt nicht, wenn

1.
ein Träger der Rentenversicherung bereits die Voraussetzungen des § 41 Absatz 3 im Rahmen eines Antrags auf eine Rente wegen Erwerbsminderung festgestellt hat,
2.
ein Träger der Rentenversicherung bereits nach § 109a Absatz 2 und 3 des Sechsten Buches eine gutachterliche Stellungnahme abgegeben hat,
3.
Personen in einer Werkstatt für behinderte Menschen das Eingangsverfahren oder den Berufsbildungsbereich durchlaufen oder im Arbeitsbereich beschäftigt sind oder
4.
der Fachausschuss einer Werkstatt für behinderte Menschen über die Aufnahme in eine Werkstatt oder Einrichtung eine Stellungnahme nach den §§ 2 und 3 der Werkstättenverordnung abgegeben und dabei festgestellt hat, dass ein Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung nicht vorliegt.
In Fällen des Satzes 3 Nummer 4 wird die Stellungnahme des Fachausschusses bei Durchführung eines Teilhabeplanverfahrens nach den §§ 19 bis 23 des Neunten Buches durch eine entsprechende Feststellung im Teilhabeplanverfahren ersetzt; dies gilt entsprechend, wenn ein Gesamtplanverfahren nach den §§ 117 bis 121 des Neunten Buches durchgeführt wird.

(1) Liegen die Ergebnisse einer bundesweiten neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vor, wird die Höhe der Regelbedarfe in einem Bundesgesetz neu ermittelt.

(2) Bei der Ermittlung der bundesdurchschnittlichen Regelbedarfsstufen nach § 27a Absatz 2 sind Stand und Entwicklung von Nettoeinkommen, Verbraucherverhalten und Lebenshaltungskosten zu berücksichtigen. Grundlage hierfür sind die durch die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe nachgewiesenen tatsächlichen Verbrauchsausgaben unterer Einkommensgruppen.

(3) Für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen beauftragt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales das Statistische Bundesamt mit Sonderauswertungen, die auf der Grundlage einer neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vorzunehmen sind. Sonderauswertungen zu den Verbrauchsausgaben von Haushalten unterer Einkommensgruppen sind zumindest für Haushalte (Referenzhaushalte) vorzunehmen, in denen nur eine erwachsene Person lebt (Einpersonenhaushalte), sowie für Haushalte, in denen Paare mit einem Kind leben (Familienhaushalte). Dabei ist festzulegen, welche Haushalte, die Leistungen nach diesem Buch und dem Zweiten Buch beziehen, nicht als Referenzhaushalte zu berücksichtigen sind. Für die Bestimmung des Anteils der Referenzhaushalte an den jeweiligen Haushalten der Sonderauswertungen ist ein für statistische Zwecke hinreichend großer Stichprobenumfang zu gewährleisten.

(4) Die in Sonderauswertungen nach Absatz 3 ausgewiesenen Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen, soweit sie zur Sicherung des Existenzminimums notwendig sind und eine einfache Lebensweise ermöglichen, wie sie einkommensschwache Haushalte aufweisen, die ihren Lebensunterhalt nicht ausschließlich aus Leistungen nach diesem oder dem Zweiten Buch bestreiten. Nicht als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen sind Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte, wenn sie bei Leistungsberechtigten nach diesem Buch oder dem Zweiten Buch

1.
durch bundes- oder landesgesetzliche Leistungsansprüche, die der Finanzierung einzelner Verbrauchspositionen der Sonderauswertungen dienen, abgedeckt sind und diese Leistungsansprüche kein anrechenbares Einkommen nach § 82 oder § 11 des Zweiten Buches darstellen oder
2.
nicht anfallen, weil bundesweit in einheitlicher Höhe Vergünstigungen gelten.

(5) Die Summen der sich nach Absatz 4 ergebenden regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind Grundlage für die Prüfung der Regelbedarfsstufen, insbesondere für die Altersabgrenzungen bei Kindern und Jugendlichen. Die nach Satz 1 für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen zugrunde zu legenden Summen der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben aus den Sonderauswertungen sind jeweils mit der sich nach § 28a Absatz 2 ergebenden Veränderungsrate entsprechend fortzuschreiben. Die sich durch die Fortschreibung nach Satz 2 ergebenden Summenbeträge sind jeweils bis unter 0,50 Euro abzurunden sowie von 0,50 Euro an aufzurunden und ergeben die Regelbedarfsstufen (Anlage).

Leistungen können auch in sonstigen Lebenslagen erbracht werden, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen. Geldleistungen können als Beihilfe oder als Darlehen erbracht werden.

(1) Ist für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs ein Gutachten erforderlich, beauftragt der leistende Rehabilitationsträger unverzüglich einen geeigneten Sachverständigen. Er benennt den Leistungsberechtigten in der Regel drei möglichst wohnortnahe Sachverständige, soweit nicht gesetzlich die Begutachtung durch einen sozialmedizinischen Dienst vorgesehen ist. Haben sich Leistungsberechtigte für einen benannten Sachverständigen entschieden, wird dem Wunsch Rechnung getragen.

(2) Der Sachverständige nimmt eine umfassende sozialmedizinische, bei Bedarf auch psychologische Begutachtung vor und erstellt das Gutachten innerhalb von zwei Wochen nach Auftragserteilung. Das Gutachten soll den von den Rehabilitationsträgern vereinbarten einheitlichen Grundsätzen zur Durchführung von Begutachtungen nach § 25 Absatz 1 Nummer 4 entsprechen. Die in dem Gutachten getroffenen Feststellungen zum Rehabilitationsbedarf werden den Entscheidungen der Rehabilitationsträger zugrunde gelegt. Die gesetzlichen Aufgaben der Gesundheitsämter, des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung nach § 275 des Fünften Buches und die gutachterliche Beteiligung der Bundesagentur für Arbeit nach § 54 bleiben unberührt.

(3) Hat der leistende Rehabilitationsträger nach § 15 weitere Rehabilitationsträger beteiligt, setzt er sich bei seiner Entscheidung über die Beauftragung eines geeigneten Sachverständigen mit den beteiligten Rehabilitationsträgern über Anlass, Ziel und Umfang der Begutachtung ins Benehmen. Die beteiligten Rehabilitationsträger informieren den leistenden Rehabilitationsträger unverzüglich über die Notwendigkeit der Einholung von Gutachten. Die in dem Gutachten getroffenen Feststellungen zum Rehabilitationsbedarf werden in den Teilhabeplan nach § 19 einbezogen. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Die Rehabilitationsträger stellen sicher, dass sie Sachverständige beauftragen können, bei denen keine Zugangs- und Kommunikationsbarrieren bestehen.

Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen und seinen persönlichen Bindungen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie Kindern und Jugendlichen in einer anderen Familie eine zeitlich befristete Erziehungshilfe oder eine auf Dauer angelegte Lebensform bieten. Für besonders entwicklungsbeeinträchtigte Kinder und Jugendliche sind geeignete Formen der Familienpflege zu schaffen und auszubauen.

(1) Wird Hilfe nach den §§ 32 bis 35 oder nach § 35a Absatz 2 Nummer 2 bis 4 gewährt, so ist auch der notwendige Unterhalt des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses sicherzustellen. Er umfasst die Kosten für den Sachaufwand sowie für die Pflege und Erziehung des Kindes oder Jugendlichen.

(2) Der gesamte regelmäßig wiederkehrende Bedarf soll durch laufende Leistungen gedeckt werden. Sie umfassen außer im Fall des § 32 und des § 35a Absatz 2 Nummer 2 auch einen angemessenen Barbetrag zur persönlichen Verfügung des Kindes oder des Jugendlichen. Die Höhe des Betrages wird in den Fällen der §§ 34, 35, 35a Absatz 2 Nummer 4 von der nach Landesrecht zuständigen Behörde festgesetzt; die Beträge sollen nach Altersgruppen gestaffelt sein. Die laufenden Leistungen im Rahmen der Hilfe in Vollzeitpflege (§ 33) oder bei einer geeigneten Pflegeperson (§ 35a Absatz 2 Nummer 3) sind nach den Absätzen 4 bis 6 zu bemessen.

(3) Einmalige Beihilfen oder Zuschüsse können insbesondere zur Erstausstattung einer Pflegestelle, bei wichtigen persönlichen Anlässen sowie für Urlaubs- und Ferienreisen des Kindes oder des Jugendlichen gewährt werden.

(4) Die laufenden Leistungen sollen auf der Grundlage der tatsächlichen Kosten gewährt werden, sofern sie einen angemessenen Umfang nicht übersteigen. Die laufenden Leistungen umfassen auch die Erstattung nachgewiesener Aufwendungen für Beiträge zu einer Unfallversicherung sowie die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung der Pflegeperson. Sie sollen in einem monatlichen Pauschalbetrag gewährt werden, soweit nicht nach der Besonderheit des Einzelfalls abweichende Leistungen geboten sind. Ist die Pflegeperson in gerader Linie mit dem Kind oder Jugendlichen verwandt und kann sie diesem unter Berücksichtigung ihrer sonstigen Verpflichtungen und ohne Gefährdung ihres angemessenen Unterhalts Unterhalt gewähren, so kann der Teil des monatlichen Pauschalbetrages, der die Kosten für den Sachaufwand des Kindes oder Jugendlichen betrifft, angemessen gekürzt werden. Wird ein Kind oder ein Jugendlicher im Bereich eines anderen Jugendamts untergebracht, so soll sich die Höhe des zu gewährenden Pauschalbetrages nach den Verhältnissen richten, die am Ort der Pflegestelle gelten.

(5) Die Pauschalbeträge für laufende Leistungen zum Unterhalt sollen von den nach Landesrecht zuständigen Behörden festgesetzt werden. Dabei ist dem altersbedingt unterschiedlichen Unterhaltsbedarf von Kindern und Jugendlichen durch eine Staffelung der Beträge nach Altersgruppen Rechnung zu tragen. Das Nähere regelt Landesrecht.

(6) Wird das Kind oder der Jugendliche im Rahmen des Familienleistungsausgleichs nach § 31 des Einkommensteuergesetzes bei der Pflegeperson berücksichtigt, so ist ein Betrag in Höhe der Hälfte des Betrages, der nach § 66 des Einkommensteuergesetzes für ein erstes Kind zu zahlen ist, auf die laufenden Leistungen anzurechnen. Ist das Kind oder der Jugendliche nicht das älteste Kind in der Pflegefamilie, so ermäßigt sich der Anrechnungsbetrag für dieses Kind oder diesen Jugendlichen auf ein Viertel des Betrages, der für ein erstes Kind zu zahlen ist.

(7) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so ist auch der notwendige Unterhalt dieses Kindes sicherzustellen.

Leistungen können auch in sonstigen Lebenslagen erbracht werden, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen. Geldleistungen können als Beihilfe oder als Darlehen erbracht werden.

Eltern, Vormünder, Pfleger und Betreuer, die bei den ihnen anvertrauten Personen Beeinträchtigungen (§ 2 Absatz 1) wahrnehmen oder durch die in § 34 genannten Personen hierauf hingewiesen werden, sollen im Rahmen ihres Erziehungs- oder Betreuungsauftrags diese Personen einer Beratungsstelle nach § 32 oder einer sonstigen Beratungsstelle für Rehabilitation zur Beratung über die geeigneten Leistungen zur Teilhabe vorstellen.

(1) Ziel der Unterstützten Beschäftigung ist es, Leistungsberechtigten mit besonderem Unterstützungsbedarf eine angemessene, geeignete und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu ermöglichen und zu erhalten. Unterstützte Beschäftigung umfasst eine individuelle betriebliche Qualifizierung und bei Bedarf Berufsbegleitung.

(2) Leistungen zur individuellen betrieblichen Qualifizierung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um sie für geeignete betriebliche Tätigkeiten zu erproben, auf ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorzubereiten und bei der Einarbeitung und Qualifizierung auf einem betrieblichen Arbeitsplatz zu unterstützen. Die Leistungen umfassen auch die Vermittlung von berufsübergreifenden Lerninhalten und Schlüsselqualifikationen sowie die Weiterentwicklung der Persönlichkeit der Menschen mit Behinderungen. Die Leistungen werden vom zuständigen Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 für bis zu zwei Jahre erbracht, soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlich sind. Sie können bis zu einer Dauer von weiteren zwölf Monaten verlängert werden, wenn auf Grund der Art oder Schwere der Behinderung der gewünschte nachhaltige Qualifizierungserfolg im Einzelfall nicht anders erreicht werden kann und hinreichend gewährleistet ist, dass eine weitere Qualifizierung zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung führt.

(3) Leistungen der Berufsbegleitung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um nach Begründung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses die zu dessen Stabilisierung erforderliche Unterstützung und Krisenintervention zu gewährleisten. Die Leistungen werden bei Zuständigkeit eines Rehabilitationsträgers nach § 6 Absatz 1 Nummer 3 oder 5 von diesem, im Übrigen von dem Integrationsamt im Rahmen seiner Zuständigkeit erbracht, solange und soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung zur Sicherung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sind.

(4) Stellt der Rehabilitationsträger während der individuellen betrieblichen Qualifizierung fest, dass voraussichtlich eine anschließende Berufsbegleitung erforderlich ist, für die ein anderer Leistungsträger zuständig ist, beteiligt er diesen frühzeitig.

(5) Die Unterstützte Beschäftigung kann von Integrationsfachdiensten oder anderen Trägern durchgeführt werden. Mit der Durchführung kann nur beauftragt werden, wer über die erforderliche Leistungsfähigkeit verfügt, um seine Aufgaben entsprechend den individuellen Bedürfnissen der Menschen mit Behinderungen erfüllen zu können. Insbesondere müssen die Beauftragten

1.
über Fachkräfte verfügen, die eine geeignete Berufsqualifikation, eine psychosoziale oder arbeitspädagogische Zusatzqualifikation und eine ausreichende Berufserfahrung besitzen,
2.
in der Lage sein, den Menschen mit Behinderungen geeignete individuelle betriebliche Qualifizierungsplätze zur Verfügung zu stellen und ihre berufliche Eingliederung zu unterstützen,
3.
über die erforderliche räumliche und sächliche Ausstattung verfügen sowie
4.
ein System des Qualitätsmanagements im Sinne des § 37 Absatz 2 Satz 1 anwenden.

(6) Zur Konkretisierung und Weiterentwicklung der in Absatz 5 genannten Qualitätsanforderungen vereinbaren die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 sowie die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen im Rahmen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation eine gemeinsame Empfehlung. Die gemeinsame Empfehlung kann auch Ausführungen zu möglichen Leistungsinhalten und zur Zusammenarbeit enthalten. § 26 Absatz 4, 6 und 7 sowie § 27 gelten entsprechend.

(1) Bei der Entscheidung über die Leistungen und bei der Ausführung der Leistungen zur Teilhabe wird berechtigten Wünschen der Leistungsberechtigten entsprochen. Dabei wird auch auf die persönliche Lebenssituation, das Alter, das Geschlecht, die Familie sowie die religiösen und weltanschaulichen Bedürfnisse der Leistungsberechtigten Rücksicht genommen; im Übrigen gilt § 33 des Ersten Buches. Den besonderen Bedürfnissen von Müttern und Vätern mit Behinderungen bei der Erfüllung ihres Erziehungsauftrages sowie den besonderen Bedürfnissen von Kindern mit Behinderungen wird Rechnung getragen.

(2) Sachleistungen zur Teilhabe, die nicht in Rehabilitationseinrichtungen auszuführen sind, können auf Antrag der Leistungsberechtigten als Geldleistungen erbracht werden, wenn die Leistungen hierdurch voraussichtlich bei gleicher Wirksamkeit wirtschaftlich zumindest gleichwertig ausgeführt werden können. Für die Beurteilung der Wirksamkeit stellen die Leistungsberechtigten dem Rehabilitationsträger geeignete Unterlagen zur Verfügung. Der Rehabilitationsträger begründet durch Bescheid, wenn er den Wünschen des Leistungsberechtigten nach den Absätzen 1 und 2 nicht entspricht.

(3) Leistungen, Dienste und Einrichtungen lassen den Leistungsberechtigten möglichst viel Raum zu eigenverantwortlicher Gestaltung ihrer Lebensumstände und fördern ihre Selbstbestimmung.

(4) Die Leistungen zur Teilhabe bedürfen der Zustimmung der Leistungsberechtigten.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. Februar 2010 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit ist die Erstattung von Kosten in Höhe von 7934,76 Euro für die Anschaffung und den Einbau eines schwenkbaren Autositzes im Frühjahr 2004.

2

Die 1984 geborene Klägerin ist blind, schwerhörig und teilweise gelähmt (Grad der Behinderung von 100; Merkzeichen "G", "aG", "H", "RF" und "Bl"); sie erhält von der Pflegekasse Leistungen der häuslichen Pflege nach der Pflegestufe III. Die Klägerin wohnte und wohnt in der zum Kreis H gehörenden Stadt Hü und war in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) tätig. Die Kosten des Fahrdienstes für den Weg zwischen Wohnung und WfbM trug der Beklagte; für private Fahrten ist auf Kosten des Kreises H ein Behindertenfahrdienst eingerichtet, den die Klägerin in Anspruch nahm (bis zu vier Fahrten je Monat mit einer Wegstrecke von jeweils bis zu 35 km).

3

Anfang März 2004 wandte sich die Klägerin wegen des behindertengerechten Umbaus eines bereits von ihr bestellten und Ende April 2004 zu einem Preis von 29 815,19 Euro gelieferten Neuwagens an die für sie zuständige gesetzliche Krankenkasse (KK), beantragte aber auch mit einem bei der Stadt Hü abgegebenen, am 22.3.2004 beim Kreis H und nach Weiterleitung (mit Schreiben vom 25.3.2004) beim Beklagten am 26.3.2004 eingegangenem Schreiben die Übernahme der Kosten für den Einbau eines schwenkbaren Autositzes. Zu dieser Zeit bezog die Klägerin neben den Leistungen der sozialen Pflegeversicherung Blindengeld nach dem (nordrhein-westfälischen) Gesetz über Hilfen für Blinde und Gehörlose in Höhe von 441,50 Euro und von der Bundesagentur für Arbeit (bis zum 22.9.2004) ein Ausbildungsgeld in Höhe von 67 Euro monatlich.

4

Ende 2004 wurden ihr rückwirkend ab 1.4.2004 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sowie Hilfe zur Pflege nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) gewährt. Ende April 2004 besaß die Klägerin auf einem Girokonto ein Guthaben von 24 362,17 Euro, auf einem Sparkonto ein solches in Höhe von 86,48 Euro, Wertpapiere mit einem Wert von 3529,56 Euro sowie 10 000 Euro, die sie als Darlehen von ihren Eltern erhalten hatte. Außerdem war sie Eigentümerin eines (älteren) Pkw, den sie Anfang Mai 2004 zu einem Preis von 8500 Euro verkaufte; zur gleichen Zeit beauftragte sie eine Firma mit dem Umbau des neuen Pkw zu einem Preis von 10 051,08 Euro. Nachdem die KK die Übernahme der Kosten des behindertengerechten Umbaus des Pkw bereits abgelehnt hatte (bestandskräftiger Bescheid vom 5.4.2004), lehnte der Beklagte die Leistung ebenfalls ab, weil die Klägerin über ausreichendes Vermögen verfüge und den Bedarf selbst bereits gedeckt habe (Bescheid vom 17.5.2004; Widerspruchsbescheid vom 23.2.2005).

5

Klage und Berufung sind erfolglos geblieben (Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 8.8.2007; Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22.2.2010). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, die Klägerin könne keine Eingliederungshilfe gemäß §§ 39, 40 Abs 1 Satz 1 Nr 2 BSHG für einen behindertengerechten Umbau des Pkw erhalten, weil sie wegen Art und Schwere ihrer Behinderung nicht auf ein Kfz angewiesen gewesen sei(§ 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-Verordnung). Die Fahrten von und zur WfbM seien durch den Fahrdienst des Beklagten, diejenigen zu medizinischen Behandlungsterminen durch das Deutsche Rote Kreuz (DRK) mit einer Fahrkostenerstattung durch die KK sichergestellt gewesen. Soweit die private Krankenversicherung Therapien über das Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung hinaus ermögliche oder der Transport der Klägerin zu den einzelnen Behandlungen durch keine Versicherung abgedeckt sei, könne die Klägerin nicht besser gestellt werden, als bedürftige nichtbehinderte Personen. Wegen privater Fahrten sei die Klägerin ihm Rahmen (nur) einer Grundversorgung auf die Inanspruchnahme des Behindertenfahrdienstes des Kreises H zu verweisen. Ein Anspruch auf Kostenübernahme als medizinische Leistung scheide wegen des Nachrangs der Sozialhilfe (§ 2 BSHG) aus, weil die KK einen entsprechenden Anspruch bereits bestandskräftig abgelehnt habe.

6

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung der §§ 39, 40 Abs 1 Satz 1 Nr 2 BSHG iVm § 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-VO und § 55 Abs 2 Nr 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX). Die Klägerin ist der Ansicht, das LSG habe verkannt, dass bei der Auslegung des Begriffs des "Angewiesenseins" auf den Pkw (§ 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-VO) maßgeblich auf Art und Ziel der Teilhabeleistung abzustellen sei. Die Auslegung habe sich deshalb am Leitgedanken des § 1 SGB IX, dem selbstbestimmten Leben in der Gesellschaft, den Wertungen aus Art 2 Abs 1 Grundgesetz (GG), Art 1 Abs 1 GG und dem Diskriminierungsverbot des Art 3 Abs 3 Satz 2 GG zu orientieren. Sie (die Klägerin) benötige den Pkw nicht nur für ihre Transporte aus der WfbM nach Hause wegen Zuckerentgleisungen sowie zu Therapeuten und Ärzten, sondern auch für die Teilnahme an Veranstaltungen inner- und außerhalb des weitläufigen Kreisgebietes H, zum Aufbau neuer und Erhalt bestehender sozialer Kontakte, für Einkaufsfahrten sowie für den Besuch früherer Schulkameraden, für Vereinstreffen in D, M und A und für Familienausflüge.

7

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des LSG und des SG sowie den Bescheid vom 17.5.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.2.2005 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr 7934,76 Euro zu zahlen.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er hält das Urteil des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Klägerin ist im Sinne der Aufhebung des LSG-Urteils und der Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz), weil das Verfahren an einem von Amts wegen zu beachtenden Verfahrensmangel leidet und tatsächliche Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) für eine abschließende Entscheidung fehlen.

11

Der von Amts wegen zu beachtende Verfahrensmangel besteht darin, dass es im Hinblick auf § 14 SGB IX an einer Beiladung der Stadt Hü (bzw der KK) mangelt. Nach § 75 Abs 2 Satz 1 1. Alt SGG sind nämlich Dritte beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann (echte notwendige Beiladung). Dies ist vorliegend nach Aktenlage für die Stadt H, ggf jedoch auch für die KK, zu bejahen; das LSG wird dies zu prüfen haben. Einer der beiden ist jedenfalls der im Rahmen des § 14 SGB IX zuerst angegangene Rehabilitationsträger, der wegen unterlassener bzw verspäteter Weiterleitung des Antrags nach § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX für die Entscheidung über die Leistung und für die Erbringung der Leistung zuständig geworden und notwendig am Verfahren zu beteiligen ist. Diese Beiladungspflicht betrifft - wie vorliegend - ua den im Außenverhältnis zuständig gewordenen Rehabilitationsträger bei einer Klage gegen den im Innenverhältnis (eigentlich) zuständigen Rehabilitationsträger (vgl nur BSGE 93, 283 ff RdNr 16 f = SozR 4-3250 § 14 Nr 1).

12

Der Beklagte war und ist als überörtlicher Träger der Sozialhilfe für die Erstattung der Kosten des behindertengerechten Umbaus des PKW als Leistung der Eingliederungshilfe (§ 39 Abs 1 Satz 1 und § 40 Abs 1 Satz 1 Nr 2 BSHG iVm § 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-VO) sachlich und örtlich zuständig (§§ 97, 100 BSHG iVm §§ 1, 2 Nr 1 des Gesetzes zur Ausführung des BSHG für das Land Nordrhein-Westfalen iVm § 2 Abs 1 Nr 1 der nordrhein-westfälischen VO zur Ausführung des BSHG bzw § 97 Abs 1 und 2 Satz 1 sowie § 98 Abs 1 iVm § 3 Abs 3 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - und §§ 1, 2 Buchst a Landesausführungsgesetz zum SGB XII für das Land NRW iVm § 2 Abs 1 Nr 4 Ausführungsverordnung zum SGB XII des Landes NRW). Es kann offen bleiben, ob der Senat an die Auslegung des nicht revisiblen Landesrechts (§ 162 SGG) durch das LSG gebunden ist (vgl § 202 SGG iVm § 560 Zivilprozessordnung; dazu allgemein Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 162 RdNr 7 ff mwN), wenn die Feststellungen des Berufungsgerichts von Amts wegen zu prüfende Prozessvoraussetzungen (notwendige echte Beiladung) betreffen; denn das LSG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Beklagte für die Versorgung von behinderten Menschen mit größeren anderen Hilfsmitteln als überörtlicher Träger der Sozialhilfe sachlich zuständig ist. Zwar sah und sieht § 1 Nr 3 Buchst c der Satzungen des Beklagten über die Heranziehung der Städte, Kreise und kreisangehörigen Gemeinden zur Durchführung der Aufgaben des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe iVm § 6 Abs 1 und § 7 Abs 1 Landschaftsverbandsordnung für das Land NRW eine entsprechende Heranziehung der Kreise vor, die dann in eigenem Namen handeln. Allerdings ist der Beklagte in diesem Einzelfall gleichwohl selbstständig tätig geworden, was ihm nach § 3 der Satzung möglich war. Wegen der "eigentlichen" Zuständigkeit des Beklagten zur Leistungserbringung (ohne Berücksichtigung des § 14 SGB IX) bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob bei einer Klage gegen den intern unzuständigen Leistungsträger der zuständig gewordene erstangegangene Leistungsträger ebenfalls im Wege der echten notwendigen Beiladung am Verfahren zu beteiligen ist oder nicht vielmehr ein Fall der notwendigen unechten Beiladung (anderer Sozialhilfeträger) vorliegt; ohne Bedeutung ist damit auch, ob dann zumindest im Rahmen des § 14 SGB IX die Voraussetzungen der notwendigen unechten Beiladung in der Revisionsinstanz auch ohne entsprechende Rüge zu prüfen wären.

13

Die Stadt Hü ist jedenfalls nach Aktenlage der zuerst angegangene Rehabilitationsträger iS des § 14 SGB IX, der wegen nicht rechtzeitiger Weiterleitung des Antrags im Außenverhältnis für die Leistungserbringung nach § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX zuständig geworden ist(zur Fristberechnung Bundessozialgericht SozR 4-2500 § 33 Nr 37 RdNr 11). Nach Aussage der Mutter der Klägerin hat diese den Antrag auf Eingliederungshilfe entweder am 1. oder 2.3.2004 persönlich bei der Stadt Hü abgegeben, die diesen offenbar ungeprüft an den Kreis H weitergeleitet hat (dort eingegangen am 22.3.2004). Diesen realistischen Ablauf unterstellt, hätte die Stadt Hü die Zweiwochenfrist des § 14 Abs 1 Satz 1 und 2 SGB IX keinesfalls eingehalten. Das LSG mag dies nach der Zurückverweisung verifizieren. Dabei wird es zu beachten haben, dass, falls sich dieses Ergebnis nicht bewahrheiten sollte, der Rehabilitationsantrag ggf zuerst bei der KK eingegangen ist; denn die Mutter der Klägerin hat dem Senat in der mündlichen Verhandlung glaubhaft versichert - Unterlagen bei der KK sind nicht mehr vorhanden -, den schriftlichen Antrag an die KK am 2.3.2004 zur Post gegeben zu haben, und die KK hat den Leistungsantrag abgelehnt, ohne ihn an einen anderen Rehabilitationsträger weiterzuleiten.

14

Die Stellung der Stadt Hü als Rehabilitationsträger ergibt sich bereits aus § 69 Abs 1 Sozialgesetzbuch Achtes Buch - Kinder- und Jugendhilfe - (SGB VIII) iVm §§ 1, 2 Satz 1 Erstes Gesetz zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes des Landes NRW und § 1 der nordrhein-westfälischen Verordnung über die Bestimmung Großer kreisangehöriger Städte und Mittlerer kreisangehöriger Städte. Sie beruht aber auch darauf, dass die Stadt Hü vom Kreis H zur Aufgabenwahrnehmung der örtlichen Sozialhilfe durch Delegationssatzungen herangezogen worden ist (§ 96 Abs 1 BSHG iVm § 3 AG-BSHG NRW und der Satzung über die Durchführung der Sozialhilfe im Kreise H vom 7.12.2000, § 99 Abs 1 SGB XII iVm § 3 Abs 1 AG-BSHG NRW und der Satzung über die Durchführung der Aufgaben nach dem SGB XII im Kreis H vom 30.12.2004). Selbst wenn der nicht binnen zwei Wochen an den Beklagten weitergeleitete Antrag auf Leistungen zur Teilhabe iS des § 14 SGB IX im Rahmen dieses auftragsähnlichen Verhältnisses(vgl: BSGE 99, 137 ff RdNr 11 = SozR 4-1300 § 44 Nr 11; BSG SozR 4-5910 § 88 Nr 3 RdNr 13 f) die Zuständigkeit des Kreises H als örtlichen Trägers der Sozialhilfe (wegen Handelns der Stadt für den Kreis) begründet hätte, wäre im Klageverfahren gleichwohl die herangezogene Stadt Hü die richtige Beklagte iS des § 70 Nr 3 SGG und hier als notwendig Beizuladende anzusehen, denn sie entscheidet im Rahmen der Heranziehung im eigenen Namen(§ 1 Abs 1 der Delegationssatzung).

15

Sollte sich die Zuständigkeit der Stadt Hü als erstangegangenen Rehabilitationsträgers bewahrheiten, wäre (unerheblich ob im Wege der notwendigen echten oder der notwendigen unechten Beiladung) weder die KK noch der Kreis zusätzlich notwendig zu beteiligen, weil die streitgegenständliche Teilhabeleistung dieser Leistungsträger nicht in Betracht kommen. Im Hinblick auf die KK ist bereits zweifelhaft, ob das begehrte Hilfsmittel nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuchs Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) überhaupt eine Leistung zur Teilhabe iS der §§ 4, 5 Nr 1, 14 SGB IX darstellt; denn die KKen sind abweichend von den Vorschriften des SGB IX (vgl § 7 SGB IX) nur unter den Voraussetzungen des SGB V (vgl § 11 Abs 2, §§ 40 ff SGB V) zur Erbringung medizinischer Rehabilitationsleistungen verpflichtet (BSGE 98, 277 ff RdNr 18 = SozR 4-2500 § 40 Nr 4). Trotz des Aspektes bzw des Ziels der (Wieder-)Herstellung der Gesundheit haben jedoch nicht alle Maßnahmen des SGB V rehabilitativen Charakter in einem Sinn, der dem Verständnis des SGB V über eine Teilhabeleistung entspricht. Letztlich kann jedoch dahinstehen, ob der Begriff der Teilhabeleistung des § 14 SGB IX eigenständig (weit) oder (nur) nach dem Verständnis des SGB V auszulegen ist. Vorliegend gehörte der schwenkbare Autositz ohnedies nicht zum Leistungskatalog des SGB V, sodass auch nicht entschieden werden muss, ob eine Verurteilung der KK nach deren Beiladung (§ 75 Abs 5 SGG) wegen der bestandskräftigen Ablehnung mit Bescheid vom 5.4.2004 ohnehin ausscheidet. Nichts anderes gilt für eine (zusätzliche) Beiladung des Kreises H, soweit dieser als zuständiger Leistungsträger betreffend einen Anspruch auf Kostenerstattung als Hilfe bei Krankheit nach §§ 36 ff BSHG in Betracht kommt. Diese Hilfen entsprechen den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 38 Abs 1 BSHG), sodass eine Hilfsmittelversorgung durch den Sozialhilfeträger aus den gleichen Gründen wie im SGB V ausgeschlossen ist.

16

Der schwenkbare Autositz ist für die Klägerin kein Hilfsmittel iS des § 33 Abs 1 Satz 1 3. Alt SGB V; das Gebot eines möglichst weitgehenden Behinderungsausgleichs, das sich auch auf den Ausgleich von indirekten Folgen der Behinderung erstreckt (vgl: BSGE 93, 176 ff RdNr 12 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7; BSGE 98, 213 ff RdNr 12 = SozR 4-2500 § 33 Nr 15; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 3 und 29; BSG, Urteil vom 16.9.2004 - B 3 KR 15/04 R), erfordert gleichwohl keine Leistungserbringung. Ein Hilfsmittel ist von der Gesetzlichen Krankenversicherung nur dann zu gewähren, wenn es Grundbedürfnisse des täglichen Lebens betrifft, zu denen das Gehen, Stehen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die (elementare) Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums gehören (BSGE 91, 60 ff RdNr 9 = SozR 4-2500 § 33 Nr 3 S 20 mwN; BSG, Urteil vom 18.5.2011 - B 3 KR 12/10 R - RdNr 13 ff). Allerdings ist das in Betracht kommende Grundbedürfnis des "Erschließens eines gewissen körperlichen Freiraums" krankenversicherungsrechtlich immer nur im Sinne eines Basisausgleichs der Behinderung selbst, nicht im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten des Gesunden zu verstehen (BSG, Urteil vom 18.5.2011, aaO RdNr 15 ff mwN). Es besteht grundsätzlich kein Anspruch darauf, den Radius der selbstständigen Fortbewegung durch das Auto (erheblich) zu erweitern, selbst wenn im Einzelfall die Alltagsgeschäfte nicht im Nahbereich erledigt werden können; es gilt vielmehr ein abstrakter, von den Besonderheiten des jeweiligen Wohnorts unabhängiger Maßstab (BSGE 98, 213 ff RdNr 17 = SozR 4-2500 § 33 Nr 15).

17

Nach diesen Maßgaben kann die Klägerin die Kostenerstattung für den Einbau und die Anschaffung des schwenkbaren Autositzes nicht nach § 13 Abs 3 Satz 2 SGB V iVm § 15 Abs 1 Satz 4 2. Alt SGB IX und § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V beanspruchen. Nach den Feststellungen des LSG diente der schwenkbare Autositz der Erweiterung ihres persönlichen Aktionsradiusses - über den Nahbereich der Wohnung hinaus - und Transporten zu Ärzten und Therapeuten, die allerdings durch das DRK durchgeführt worden sind, soweit die Behandlungen Leistungen nach dem SGB V waren. Damit war dem Grundbedürfnis des täglichen Lebens, bei Krankheit und Behinderung Ärzte und Therapeuten aufzusuchen, bereits Genüge getan, weil im Rahmen der Hilfsmittelgewährung nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V (allein) die notwendige medizinische Versorgung sichergestellt sein muss(BSGE 93, 176 ff RdNr 12 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7). Andere besondere qualitative Elemente, die eine weitergehende Mobilitätshilfe zum mittelbaren Behinderungsausgleich rechtfertigen könnten (vgl dazu BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 36 RdNr 17 mwN), sind hier nicht ersichtlich.

18

Der Senat hat davon abgesehen, die endgültigen Ermittlungen zur Antragstellung bei der Stadt Hü und die notwendige Beiladung der Stadt Hü (bzw ggf der KK) selbst vorzunehmen; insoweit war eine eigene Entscheidung in der Sache untunlich (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Zwar wäre eine Beiladung im Revisionsverfahren mit Zustimmung des Beizuladenden grundsätzlich zulässig (§ 168 Satz 2 SGG). Die genaueren Ermittlungen, wer beizuladen ist, und die Beiladung selbst können jedoch dem LSG überlassen werden, wenn auch ohne den verfahrensrechtlichen Mangel der unterbliebenen Beiladung aus anderen Gründen ohnedies zurückverwiesen werden muss (vgl: BSGE 97, 242 ff RdNr 17 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1; BSGE 103, 39 ff RdNr 14 = SozR 4-2800 § 10 Nr 1). Vor einer Beiladung ist der Senat indes gehindert, über die von der Revision aufgeworfenen materiellrechtlichen Fragen für das LSG bindend (§ 170 Abs 5 SGG) zu entscheiden, weil anderenfalls das rechtliche Gehör (§ 62 SGG; Art 103 Abs 1 GG, Art 6 Abs 1 Europäische Menschenrechtskonvention) des Beizuladenden verletzt würde (vgl: BSGE 97, 242 ff RdNr 17 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1; BSGE 103, 39 ff RdNr 14 = SozR 4-2800 § 10 Nr 1). Die nachfolgenden rechtlichen Ausführungen stellen damit lediglich Entscheidungshilfen für das LSG dar.

19

Rechtsgrundlage des Anspruchs auf Zahlung der Kosten für Anschaffung und Einbau des schwenkbaren Autositzes ist § 28 Abs 1 Satz 1 BSHG iVm §§ 39, 40 Abs 1 Satz 1 BSHG und § 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-VO iVm § 55 Abs 2 Nr 1 SGB IX; ob insoweit auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Entstehung der Kosten (vgl dazu in anderen Konstellationen: BSGE 103, 171 ff RdNr 11 = SozR 4-3500 § 54 Nr 5; BSGE 104, 219 ff RdNr 17 = SozR 4-3500 § 74 Nr 1), also auf den Zeitpunkt der Fälligkeit der mit der Rechnung vom 28.5.2004 gegenüber der Klägerin geltend gemachten Forderung, oder auf den Zeitpunkt der Kenntniserlangung (Antragstellung) abzustellen ist, kann dahinstehen, weil sich an der Vermögenssituation nur dadurch etwas geändert hat, dass sich die Art der Vermögenswerte (Geld-, Sachwerte) verändert hat und daraus - wie noch ausgeführt wird - keine Verwertungs- bzw Berücksichtigungshindernisse ergeben.

20

Nicht anwendbar ist § 15 Abs 1 Satz 4 SGB IX, weil die Leistung nicht als Sach- sondern als Geldleistung zu erbringen ist. Dies trägt den individuellen Besonderheiten bei einem behindertengerechten Ausbau eines Pkw Rechnung und entspricht allgemein den in der Kraftfahrzeughilfe-Verordnung (KfzHV) zum Ausdruck kommenden Grundsatz der Zuschussgewährung (§ 6 Abs 1KfzHV). Ob mit dem ab 1.1.2005 ausdrücklich geregelten Vorrang der Geldleistung nach § 10 Abs 3 SGB XII das Verhältnis zwischen Geld- und Sachleistung auch für die Vergangenheit (nur) klargestellt werden sollte(zu den Motiven des Gesetzgebers: BT-Drucks 15/1514, S 56 § 10), kann deshalb dahingestellt bleiben.

21

Richtet sich aber der Anspruch auf eine Geldleistung, ist es rechtlich unerheblich, dass die Klägerin den Auftrag für den Einbau des Schwenksitzes Anfang Mai 2004 und damit zeitlich vor Erlass des Ablehnungsbescheids vom 17.5.2004 erteilt hat; insbesondere stehen §§ 2, 5 BSHG (Nachrang der Sozialhilfe, Leistung erst ab Kenntnis des Sozialhilfeträgers) einer Leistungsgewährung nicht entgegen. Soweit das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) eine Bedarfsdeckung im Wege der Selbsthilfe nach Kenntniserlangung des Sozialhilfeträgers vom Bedarf, aber noch vor der letzten Behördenentscheidung als anspruchsvernichtend angesehen hat, wenn es dem Hilfesuchenden zuzumuten war, die Entscheidung des Sozialhilfeträgers abzuwarten (vgl BVerwGE 90, 154, 156 mwN), folgt der Senat dieser Rechtsprechung bei einem auf eine Geldleistung gerichteten Primäranspruch nicht. Das Erfordernis einer Eilbedürftigkeit findet keine Stütze im Gesetz; hierfür sprechen auch keine allgemeinen Grundsätze bei nicht rechtzeitiger oder zu Unrecht verweigerter Sachleistung (vgl § 13 Abs 3 SGB V und § 15 Abs 1 Satz 4 SGB IX). Ein von vornherein bestehender Geldleistungsanspruch lässt im Gegenteil keinen Raum für die Umwandlung eines primären Sachleistungsanspruchs in eine sekundäre Geldleistung. Eine Eilbedürftigkeit kann also, abgesehen davon, dass die Selbsthilfe dem Leistungsträger nicht die Möglichkeit nähme, Ermessen nachträglich noch auszuüben, nicht deshalb gefordert werden, weil ein Auswahlermessen des Sozialhilfeträgers über die Leistungserbringung (Sach- oder Geldleistung) beeinträchtigt wäre.

22

Ob ein Anspruch der Klägerin nicht bereits wegen ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse gemäß § 28 Abs 1 Satz 1 BSHG iVm §§ 79 ff BSHG ausgeschlossen ist, kann der Senat anhand der tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht beurteilen. Nach § 28 Abs 1 Satz 1 BSHG wird die Hilfe in besonderen Lebenslagen (nur) gewährt, soweit dem Hilfesuchenden die Aufbringung der Mittel nicht aus dem Einkommen und Vermögen nach den §§ 79 bis 89 BSHG zuzumuten ist. Nach § 88 BSHG ist grundsätzlich das gesamte verwertbare Vermögen zu berücksichtigen(Abs 1); allerdings darf die Sozialhilfe nicht von dem Einsatz oder der Verwertung bestimmter (Abs 2) bzw privilegierter (Abs 3) Vermögensgegenstände abhängig gemacht werden.

23

Eine Berücksichtigung des neuen Pkw, der grundsätzlich nach § 88 Abs 1 BSHG verwertbares Vermögen darstellt(vgl BSGE 100, 139 ff RdNr 15 = SozR 4-3500 § 82 Nr 4)war der Klägerin wohl zumutbar; denn im Falle seiner Veräußerung wäre der Schonbetrag nach § 1 Abs 1 Nr 1 Buchst b der Verordnung zur Durchführung des § 88 Abs 2 Nr 8 BSHG vom 11.2.1988 weit überschritten gewesen und eine Härte iS des § 88 Abs 3 Satz 1 BSHG dürfte nicht vorgelegen haben. Ein Härtefall ist bei der Hilfe in besonderen Lebenslagen vor allem anzunehmen, soweit eine angemessene Lebensführung wesentlich erschwert würde (Satz 2); für das Kfz eines behinderten Menschen ist dies anzunehmen, wenn nach den besonderen Umständen des Einzelfalls die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft erheblich erleichtert wird (vgl: Mecke in juris PraxisKommentar SGB XII, § 90 SGB XII RdNr 102; Schellhorn/Schellhorn, BSHG, 16. Aufl 2002, § 88 BSHG RdNr 75). Dabei muss allerdings auch das Kfz selbst angemessen sein. Für den Pkw der Klägerin dürfte dies zu verneinen sein; denn es ist nicht erkennbar, dass die Klägerin auf einen Neuwagen mit einem Anschaffungswert von etwa 30 000 Euro angewiesen war und ein gebrauchtes Fahrzeug mit erheblich geringerem Wert nicht den Ansprüchen in gleicher Weise genügt hätte. Die Entscheidung für einen Gebrauchtwagen ist auch bei Menschen, die nicht auf Sozialhilfemittel angewiesen sind, weit verbreitet und muss nicht mit einem Verzicht auf ein "zuverlässiges" Auto einhergehen (zB bei einem Jahreswagen).

24

Der Klägerin kann dies selbst dann entgegengehalten werden, wenn sich die Verwertung des Pkw wegen des behindertengerechten Umbaus als unwirtschaftlich darstellen sollte; im Streit um die Beihilfe für die Umrüstung muss gerade dieser Gesichtspunkt außer Betracht bleiben, weil die Klägerin eine eventuelle Bedürftigkeit selbst vorsätzlich herbeigeführt haben dürfte (vgl dazu BSGE 100, 131 ff RdNr 25 ff = SozR 4-3500 § 90 Nr 3). Die Verwertung des Pkw wird auch keine Härte iS des § 88 Abs 3 Satz 1 BSHG darstellen, wenn die Klägerin den Kaufpreis aus Landesblindengeld angespart hätte - hierfür ergibt der Sachverhalt ohnedies keinerlei Anhaltspunkte. Der Senat hat bereits früher ausdrücklich offengelassen, ob Blindengeld nicht als Einkommen und Vermögen bei besonderen Sozialhilfeleistungen, die demselben Zweck dienen wie das Blindengeld, zu berücksichtigen ist (BSG SozR 4-3500 § 90 Nr 1 RdNr 15). Selbst wenn im Erwerb des Pkw und dem behindertengerechten Umbau eine zweckentsprechende Verwendung des Landesblindengelds (Ursachenzusammenhang) zu sehen wäre, die durch die Blindheit, nicht durch andere Behinderungen, bedingten Mehraufwendungen auszugleichen (BSG, aaO, RdNr 16), wäre angespartes Landesblindengeld als Vermögen zu berücksichtigen. Die Klägerin hätte deshalb die zur Verfügung stehenden Mittel vorrangig für die Gesamtkosten des Erwerbs eines angemessenen Pkw einschließlich des behindertengerechten Umbaus einsetzen müssen, bevor sie (einzelne) Umbaumaßnahmen aus Sozialhilfemitteln beanspruchen konnte. Ohne Bedeutung ist, ob Vermögensteile für spätere Anschaffungen (Gangtrainer) vorgesehen waren; insbesondere handelt es sich bei einem Gangtrainer nicht um ein Gerät, dessen Anschaffung das Landesblindengeld dient. Ob und inwieweit er Gegenstand eines gesonderten Leistungsanspruchs sein kann, war nicht zu entscheiden.

25

Ob der Klägerin die Anspruchsvoraussetzungen der §§ 39, 40 Abs 1 Satz 1 BSHG iVm § 55 Abs 2 Nr 1 SGB IX und § 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-VO dem Grunde nach erfüllt, kann nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG ebenfalls nicht beurteilt werden. Nach § 39 Abs 1 BSHG erhalten Personen, die durch eine Behinderung iS von § 2 Abs 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Die Klägerin ist blind, schwerhörig und teilweise gelähmt und damit wesentlich in ihrer Fähigkeit eingeschränkt, an der Gesellschaft teilzuhaben (s § 1 Nr 4 1. Alt Eingliederungshilfe-VO), sodass es sich bei der Eingliederung um eine Pflichtleistung handelt. Die Leistungen der Eingliederungshilfe werden durch § 40 Abs 1 BSHG und die auf Grundlage der Ermächtigung des § 47 BSHG erlassene Eingliederungshilfe-VO konkretisiert. Nach § 40 Abs 1 Satz 1 Nr 2 BSHG gehört zu den Leistungen vor allem die Versorgung mit Körperersatzstücken sowie orthopädischen und anderen Hilfsmitteln. Obwohl eine Hilfsmittelgewährung wegen der Identität des Leistungsinhalts mit dem des SGB V (vgl § 40 Abs 1 Satz 1 BSHG) im Rahmen der medizinischen Rehabilitation ausscheidet, bedeutet dies nicht, dass eine Leistungserbringung nicht unter einer anderen Zielsetzung möglich ist; die Abgrenzung zwischen der Hilfsmittelerbringung als Bestandteil der medizinischen und der sozialen Rehabilitation ist nicht am Begriff des Hilfsmittels selbst vorzunehmen, sondern danach, welche Bedürfnisse mit dem Hilfsmittel befriedigt werden sollen, also welchen Zwecken und Zielen das Hilfsmittel dienen soll (BSGE 103, 171 ff RdNr 17 = SozR 4-3500 § 54 Nr 5 mwN; BSG SozR 4-3500 § 54 Nr 6 RdNr 21). Der schwenkbare Autositz kann deshalb ein Hilfsmittel iS des § 9 Abs 1 Eingliederungshilfe-VO sein, weil er dazu bestimmt ist, zum Ausgleich der durch die Behinderung bedingten Mängel beizutragen. Zu den "anderen Hilfsmitteln" gehören nach § 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-VO auch besondere Bedienungseinrichtungen und Zusatzgeräte für ein Kfz, wenn der behinderte Mensch wegen Art und Schwere seiner Behinderung auf ein Kfz angewiesen ist; soweit die Eingliederungshilfe ein Kfz betrifft, muss der behinderte Mensch das Hilfsmittel jedoch nicht selbst bedienen können (vgl nur BVerwGE 55, 31, 33 f).

26

Ob die Klägerin iS des § 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-VO auf ein Kfz angewiesen ist, kann aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht abschließend entschieden werden. Dies beurteilt sich in erster Linie nach dem Sinn und Zweck der Eingliederungshilfe, eine vorhandene Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern (§ 39 Abs 3 BSHG). Die Formulierung verdeutlicht, dass es insgesamt ausreicht, die Begegnung und den Umgang mit anderen Menschen im Sinne einer angemessenen Lebensführung zu fördern. Maßgeblich sind im Ausgangspunkt die Wünsche des behinderten Menschen (§ 3 Abs 2 BSHG); wie sich aus § 9 Abs 3 Eingliederungshilfe-VO ergibt ("im Einzelfall") gilt mithin ein individueller und personenzentrierter Maßstab, der regelmäßig einer pauschalierenden Betrachtung des Hilfefalls entgegensteht(vgl BSG SozR 4-3500 § 54 Nr 6 RdNr 22).

27

Mit einer solchen am Einzelfall orientierten und die Wünsche des behinderten Menschen berücksichtigenden Auslegung ist die Auffassung des LSG nicht zu vereinbaren, die Hilfsmittelgewährung beschränke sich im Bereich der sozialen Rehabilitation auf eine "sicherzustellende Grundversorgung". Es kann schon nicht beurteilt werden, ob die Besuche der Klägerin bei (ehemaligen) Schulkameraden durch die Inanspruchnahme des Behindertenfahrdienstes des Kreises H in zumutbarer Weise - mit "monatlich vier Fahrten á 35 km" durchgeführt werden konnten bzw hätten durchgeführt werden können. Das LSG hätte die - regelmäßigen - Umstände der Besuche (Häufigkeit, Entfernung, Uhrzeit, Dauer etc) und die Modalitäten des Behindertenfahrdienstes (Erreichbarkeit, Anmeldebedingungen, Fahrzeiten etc) untersuchen müssen. Entsprechendes gilt für die von der Klägerin geltend gemachten Fahrten zu Vereinstreffen in D, M und A, die vom LSG überhaupt nicht berücksichtigt worden sind. Bei der Integration in die Gesellschaft ist darauf zu achten, dass gesellschaftliche Kontakte in ausreichendem Umfang gewährleistet sind. Hier ist vor allem dem besonderen Bedürfnis der Klägerin nach Mitgliedschaft in Vereinen Rechnung zu tragen, die ihre spezifischen Behinderungen berücksichtigen. Vergleichsmaßstab für den Umfang der gesellschaftlichen Kontakte müssen darüber hinaus gleichaltrige nichtbehinderte Personen sein. Die Klägerin (20 Jahre) war in einem Alter, in dem nichtbehinderte Menschen üblicherweise verstärkt gesellschaftliche Aktivitäten entwickeln - nicht selten im Rahmen einer Mitgliedschaft in mehreren Vereinen. Junge Menschen befinden sich in diesem Alter regelmäßig in einer Übergangsphase von der Schulzeit zum Beruf, verbunden mit der Aufrechterhaltung alter und auf der Suche nach neuen dauerhaften Beziehungen. Die Ermöglichung von vier privaten Kontakten im Monat mit Hilfe eines Behindertenfahrdienstes wird diesen Ansprüchen in keiner Weise gerecht. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dies führe zu einer Ungleichbehandlung gegenüber nicht bedürftigen behinderten jungen Menschen. Abgesehen davon, dass Art 3 Abs 3 Satz 2 GG einen besonderen Förderungsauftrag zugunsten behinderter Menschen enthält, lassen die Behinderungen der Klägerin ein Ausweichen auf andere Möglichkeiten der Mobilität, die bedürftige nichtbehinderte junge Menschen besitzen, nicht zu. Inwieweit daneben medizinische Gesichtspunkte von Bedeutung sind bzw angeführt werden können, bedarf zum gegenwärtigen Zeitpunkt keiner Entscheidung.

28

Das LSG wird gegebenenfalls über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

(1) Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Nicht zum Einkommen gehören

1.
Leistungen nach diesem Buch,
2.
die Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen,
3.
Renten oder Beihilfen nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz,
4.
Aufwandsentschädigungen nach § 1835a des Bürgerlichen Gesetzbuchs kalenderjährlich bis zu dem in § 3 Nummer 26 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes genannten Betrag,
5.
Mutterschaftsgeld nach § 19 des Mutterschutzgesetzes,
6.
Einnahmen von Schülerinnen und Schülern allgemein- oder berufsbildender Schulen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, aus Erwerbstätigkeiten, die in den Schulferien ausgeübt werden; dies gilt nicht für Schülerinnen und Schüler, die einen Anspruch auf Ausbildungsvergütung haben,
7.
ein Betrag von insgesamt 520 Euro monatlich bei Leistungsberechtigten, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, und die
a)
eine nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung durchführen,
b)
eine nach § 57 Absatz 1 des Dritten Buches dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung, eine nach § 51 des Dritten Buches dem Grunde nach förderungsfähige berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme oder eine nach § 54a des Dritten Buches geförderte Einstiegsqualifizierung durchführen oder
c)
als Schülerinnen und Schüler allgemein- oder berufsbildender Schulen während der Schulzeit erwerbstätig sind,
8.
Aufwandsentschädigungen oder Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten, die nach § 3 Nummer 12, Nummer 26 oder Nummer 26a des Einkommensteuergesetzes steuerfrei sind, soweit diese einen Betrag in Höhe von 3 000 Euro kalenderjährlich nicht überschreiten und
9.
Erbschaften.
Einkünfte aus Rückerstattungen, die auf Vorauszahlungen beruhen, die Leistungsberechtigte aus dem Regelsatz erbracht haben, sind kein Einkommen. Bei Minderjährigen ist das Kindergeld dem jeweiligen Kind als Einkommen zuzurechnen, soweit es bei diesem zur Deckung des notwendigen Lebensunterhaltes, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 34, benötigt wird.

(2) Von dem Einkommen sind abzusetzen

1.
auf das Einkommen entrichtete Steuern,
2.
Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung,
3.
Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind, sowie geförderte Altersvorsorgebeiträge nach § 82 des Einkommensteuergesetzes, soweit sie den Mindesteigenbeitrag nach § 86 des Einkommensteuergesetzes nicht überschreiten, und
4.
die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben.
Erhält eine leistungsberechtigte Person aus einer Tätigkeit Bezüge oder Einnahmen, die als Taschengeld nach § 2 Nummer 4 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes oder nach § 2 Absatz 1 Nummer 4 des Jugendfreiwilligendienstgesetzes gezahlt werden, ist abweichend von Satz 1 Nummer 2 bis 4 und den Absätzen 3 und 6 ein Betrag von bis zu 250 Euro monatlich nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Soweit ein Betrag nach Satz 2 in Anspruch genommen wird, gelten die Beträge nach Absatz 3 Satz 1 zweiter Halbsatz und nach Absatz 6 Satz 1 zweiter Halbsatz insoweit als ausgeschöpft.

(3) Bei der Hilfe zum Lebensunterhalt und Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist ferner ein Betrag in Höhe von 30 vom Hundert des Einkommens aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit der Leistungsberechtigten abzusetzen, höchstens jedoch 50 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28. Abweichend von Satz 1 ist bei einer Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte Menschen oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches von dem Entgelt ein Achtel der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 zuzüglich 50 vom Hundert des diesen Betrag übersteigenden Entgelts abzusetzen. Im Übrigen kann in begründeten Fällen ein anderer als in Satz 1 festgelegter Betrag vom Einkommen abgesetzt werden.

(4) Bei der Hilfe zum Lebensunterhalt und Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist ferner ein Betrag von 100 Euro monatlich aus einer zusätzlichen Altersvorsorge der Leistungsberechtigten zuzüglich 30 vom Hundert des diesen Betrag übersteigenden Einkommens aus einer zusätzlichen Altersvorsorge der Leistungsberechtigten abzusetzen, höchstens jedoch 50 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28.

(5) Einkommen aus einer zusätzlichen Altersvorsorge im Sinne des Absatzes 4 ist jedes monatlich bis zum Lebensende ausgezahlte Einkommen, auf das der Leistungsberechtigte vor Erreichen der Regelaltersgrenze auf freiwilliger Grundlage Ansprüche erworben hat und das dazu bestimmt und geeignet ist, die Einkommenssituation des Leistungsberechtigten gegenüber möglichen Ansprüchen aus Zeiten einer Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach den §§ 1 bis 4 des Sechsten Buches, nach § 1 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte, aus beamtenrechtlichen Versorgungsansprüchen und aus Ansprüchen aus Zeiten einer Versicherungspflicht in einer Versicherungs- und Versorgungseinrichtung, die für Angehörige bestimmter Berufe errichtet ist, zu verbessern. Als Einkommen aus einer zusätzlichen Altersvorsorge gelten auch laufende Zahlungen aus

1.
einer betrieblichen Altersversorgung im Sinne des Betriebsrentengesetzes,
2.
einem nach § 5 des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes zertifizierten Altersvorsorgevertrag und
3.
einem nach § 5a des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes zertifizierten Basisrentenvertrag.
Werden bis zu zwölf Monatsleistungen aus einer zusätzlichen Altersvorsorge, insbesondere gemäß einer Vereinbarung nach § 10 Absatz 1 Nummer 2 Satz 3 erster Halbsatz des Einkommensteuergesetzes, zusammengefasst, so ist das Einkommen gleichmäßig auf den Zeitraum aufzuteilen, für den die Auszahlung erfolgte.

(6) Für Personen, die Leistungen der Hilfe zur Pflege, der Blindenhilfe oder Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Neunten Buch erhalten, ist ein Betrag in Höhe von 40 Prozent des Einkommens aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit der Leistungsberechtigten abzusetzen, höchstens jedoch 65 Prozent der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28.

(7) Einmalige Einnahmen, bei denen für den Monat des Zuflusses bereits Leistungen ohne Berücksichtigung der Einnahme erbracht worden sind, werden im Folgemonat berücksichtigt. Entfiele der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung in einem Monat, ist die einmalige Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig zu verteilen und mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen. In begründeten Einzelfällen ist der Anrechnungszeitraum nach Satz 2 angemessen zu verkürzen. Die Sätze 1 und 2 sind auch anzuwenden, soweit während des Leistungsbezugs eine Auszahlung zur Abfindung einer Kleinbetragsrente im Sinne des § 93 Absatz 3 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes oder nach § 3 Absatz 2 des Betriebsrentengesetzes erfolgt und durch den ausgezahlten Betrag das Vermögen überschritten wird, welches nach § 90 Absatz 2 Nummer 9 und Absatz 3 nicht einzusetzen ist.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 24. November 2011, soweit es über die Berufung im Verfahren - S 12 SO 33/09 - entschieden hat, aufgehoben und die Sache insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit sind noch die Kosten für die Anschaffung eines Kraftfahrzeugs (Kfz) Opel Vivaro (im April 2008).

2

Der 2003 geborene Kläger leidet an einer Lissenzephalie Typ I (durch eine Genmutation bewirkte, unvollständige Entwicklung des Gehirns). Er ist deshalb in seiner Entwicklung erheblich verzögert, auf den Rollstuhl angewiesen; er leidet zudem unter Epilepsie, verbunden mit Krampfanfällen. Ein Grad der Behinderung von 100 sowie die Merkzeichen "aG", "G", "B" und "H" sind festgestellt. Seit 1.12.2008 erhält er Pflegegeld von der Pflegekasse nach Pflegestufe III und wird zu Hause von seiner Mutter betreut, weil er wegen behinderungsbedingter Überforderung keinen Kindergarten besuchen kann. Der Vater des Klägers arbeitet an zwei bis drei Tagen pro Woche zu Hause, an den übrigen Wochentagen an seinem Dienstort. Für den Weg dorthin nutzte er ein - weiteres - Kfz.

3

Anfang Januar 2008 beantragte der Vater für den Kläger die Übernahme der Kosten für die Anschaffung eines behindertengerechten Kfz, um im Rollstuhl sitzend transportiert werden zu können. Seit der Geburt der Schwester könne der Rollstuhl nicht mehr (zusammen mit deren Kinderwagen) im Kofferraum des der Mutter zur Verfügung stehenden Kfz transportiert werden, ohne zuvor auseinandergenommen zu werden. Man sei auf ein zweites Fahrzeug angewiesen. Dieses werde für den Weg zu Therapien (therapeutisches Reiten, Krankengymnastik), für Arztbesuche, Ausflüge, Urlaube, den Besuch von Kultur- und Sportveranstaltungen sowie des Gottesdienstes und für Einkäufe und sonstige Erledigungen bei einer Gesamtfahrleistung von 1520 km pro Monat benötigt.

4

Im April 2008 erwarb der Kläger, finanziert durch den Vater, einen gebrauchten Opel Vivaro (Opel) zum Preis von 13 350 Euro, nachdem er dem Beklagten im März 2008 mitgeteilt hatte, das bisher von seiner Frau für Fahrten mit dem Kläger genutzte Kfz sei kaputtgegangen. Der Arbeitgeber des Vaters gab hierfür einen Zuschuss von 2500 Euro. Der Beklagte lehnte den Antrag auf Kostenübernahme für die Anschaffung des Opel ab (Bescheid vom 27.10.2008; Widerspruchsbescheid vom 11.2.2009).

5

Während die Klage erstinstanzlich insoweit erfolgreich war, als der Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide verurteilt worden ist, den Antrag des Klägers auf Übernahme von Leistungen der Eingliederungshilfe zur Beschaffung eines Kfz neu zu bescheiden (Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 5.5.2010, - S 12 SO 33/09), wies das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz auf die Berufung des Beklagten die mit dem Verfahren S 12 SO 119/09 (Übernahme von Kosten für Inspektion und Instandhaltung des Opel) verbundene Klage ab (Urteil vom 24.11.2011). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, der Kläger sei nicht zur Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft ständig auf ein Fahrzeug angewiesen. Fahrten zu Ärzten seien ohne Bedeutung, weil entsprechende Aufwendungen von der Krankenkasse zu tragen seien. Dies gelte grundsätzlich auch für Fahrten zum therapeutischen Reiten, selbst wenn die Krankenkasse die Therapiekosten nicht, die Beihilfestelle des Vaters des Klägers die Kosten nur zu 80 % übernehme. Einkaufsfahrten könnten auch ohne den Kläger durchgeführt werden, weil der Vater regelmäßig zu Hause arbeite und seine Betreuung damit sichergestellt sei. Für die Teilhabe im Übrigen genüge das Angebot des Beklagten, den Behindertenfahrdienst in Anspruch nehmen zu können, weil damit soziale Kontakte im näheren Umfeld gepflegt werden könnten. Überörtliche Mobilität sicherzustellen sei nicht das Ziel der Eingliederungshilfe. Auch Personen, die nicht behindert seien, denen aber aus wirtschaftlichen oder familiären Gründen kein Kfz zur Verfügung stehe, könnten am überörtlichen sozialen Leben nicht oder nur bedingt teilhaben. Weitere Aktivitäten über das örtliche Umfeld hinaus seien folglich ggf förderlich, nicht aber notwendig im sozialhilferechtlichen Sinn. Die Grundversorgung des Klägers sei nicht zuletzt durch die wohnumfeldverbessernden Maßnahmen, die der Beklagte gefördert habe, gesichert.

6

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung der § 53 Abs 1 Satz 1, § 54 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII), § 55 Abs 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) iVm § 8 Abs 1 der Verordnung nach § 60 SGB XII (Eingliederungshilfe-Verordnung) sowie der Grundsätze der UN-Behindertenrechtskonvention. Das LSG habe verkannt, dass das Ziel der Eingliederungshilfe nicht die Gleichstellung behinderter und nicht behinderter Sozialhilfeempfänger, sondern behinderter und nicht behinderter Menschen ohne Rücksicht auf ihre Bedürftigkeit sei. An das "Angewiesensein zur Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft" seien keine strengeren Anforderungen zu stellen als an die Teilhabe am Arbeitsleben. Das "Angewiesensein" sei für jeden Einzelfall aufgrund Art und Ausmaß der bestehenden Behinderung in zeitlicher und tatsächlicher Hinsicht zu überprüfen. Erst durch die mithilfe eines Kfz gesicherte Mobilität werde ihm eine menschenwürdige Entwicklung und Persönlichkeitsbildung ermöglicht.

7

Der Kläger beantragt, nachdem er in der mündlichen Verhandlung seine Revision bezogen auf das ursprünglich unter dem Aktenzeichen S 12 SO 119/09 geführte Verfahren zurückgenommen hat,

        

das Urteil des LSG abzuändern und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG - S 12 SO 33/09 - zurückzuweisen.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung des Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz), weil tatsächliche Feststellungen des LSG (§ 163 SGG)für eine abschließende Entscheidung fehlen.

11

Gegenstand des Verfahrens ist, nachdem der Kläger die Revision hinsichtlich der im ursprünglichen Verfahren S 12 SO 119/09 noch streitbefangenen Ansprüche zurückgenommen hat, nur noch der Bescheid vom 27.10.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.2.2009 (§ 95 SGG), mit dem der Beklagte abgelehnt hat, die Kosten für die Anschaffung des Opel zu erstatten. Dagegen hat sich der Kläger bei zutreffender Auslegung seines Begehrens eigentlich mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1, § 56 SGG) gewandt, gerichtet auf Erlass eines Grundurteils (§ 130 Abs 1 Satz 1 SGG). In der mündlichen Verhandlung vor dem SG hatte der Kläger allerdings lediglich den Antrag formuliert, die angefochtenen Bescheide aufzuheben und den Beklagten zur Neubescheidung seines Antrags zu verurteilen (kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsbescheidungsklage, § 54 Abs 1, § 131 Abs 2 Satz 2 iVm Abs 3 SGG), wozu das SG den Beklagten auch verurteilt hat. Da der Kläger nicht in Berufung gegangen ist, ist eine weiter gehende Entscheidung nicht möglich.

12

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Anschaffung des Opel gegen den gemäß § 98 Abs 1, § 97 Abs 1 SGB XII örtlich und sachlich zuständigen Landkreis Neuwied als örtlichen Träger der Sozialhilfe(§ 3 Abs 2 SGB XII, § 1 Landesgesetz zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch SGB XII vom 22.12.2004 - Gesetz- und Verordnungsblatt 571; zur eigenständigen Prüfung des Landesrechts ist der Senat mangels Berücksichtigung durch das LSG befugt - vgl nur BSGE 103, 39 ff RdNr 12 = SozR 4-2800 § 10 Nr 1; ob der Kreis nach § 3 Abs 1 AGSGB XII durch Satzung eine Verbandsgemeinde oder verbandsfreie Gemeinde zur eigenständigen Erledigung der Aufgaben der Sozialhilfe herangezogen hat, wird das LSG allerdings noch zu prüfen haben) ist § 19 Abs 3(idF, die die Norm durch das Gesetz zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 20.4.2007 - BGBl I 554 - erhalten hat) iVm § 53 Abs 1 Satz 1 und § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII(beide idF, die die Normen durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022 - erhalten haben), § 55 SGB IX und § 8 Eingliederungshilfe-VO(idF, die die Norm durch das Gesetz vom 27.12.2003 erhalten hat; zur Unanwendbarkeit des § 15 Abs 1 Satz 4 SGB IX in diesen Fällen vgl: BSGE 103, 171 ff RdNr 12 = SozR 4-3500 § 54 Nr 5; BSG SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 20). Ob der Beklagte allgemein bestimmt hat, dass im Widerspruchsverfahren sozial erfahrene Dritte (§ 116 SGB XII) zu beteiligen sind (vgl § 12 AGSGB XII), mag das LSG hingegen noch verifizieren. Da sich der geltend gemachte Anspruch auf eine Geldleistung richtet, ist es rechtlich unerheblich, dass der Kläger den Opel schon vor Erlass des Ablehnungsbescheids gekauft hat; deshalb stehen §§ 2, 18 SGB XII (Nachrang der Sozialhilfe; Leistung erst ab Kenntnis des Sozialhilfeträgers) einer Leistungsgewährung nicht entgegen (BSG SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 21). Nur für die Frage, ob ein Leistungsanspruch besteht, ist auf die Rechtslage im Zeitpunkt der Entstehung (Fälligkeit) der Kosten (April 2008) abzustellen (BSG, aaO, RdNr 19). Einem Kostenerstattungsanspruch steht nicht entgegen, dass der Vater bzw die Eltern des Klägers die angefallenen Kosten bereits gezahlt hat bzw haben (dazu ausführlich BSGE 112, 67 ff RdNr 25 = SozR 4-3500 § 92 Nr 1).

13

Der Kläger erfüllt die personenbezogenen Voraussetzungen des § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII, wonach Leistungen der Eingliederungshilfe - als gebundene Leistung(BSG SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 25)- (nur) an Personen erbracht werden, die durch eine Behinderung iS des § 2 Abs 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art und Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Denn der Kläger ist durch seine Gehbehinderung in seiner körperlichen (§ 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII iVm § 1 Nr 4 Eingliederungshilfe-VO)und durch die unvollständige Entwicklung seines Gehirns auch in seiner geistigen Funktion wesentlich (zur Wesentlichkeit vgl nur BSGE 112, 196 ff RdNr 14 mwN = SozR 4-3500 § 54 Nr 10) behindert (§ 2 Abs 1 SGB IX, § 2 Eingliederungshilfe-VO).

14

Ob er allerdings iS des § 8 Abs 1 Satz 2 Eingliederungshilfe-VO auf den Opel zur Eingliederung in die Gemeinschaft tatsächlich angewiesen ist, kann der Senat wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen des LSG(§ 163 SGG)nicht abschließend beurteilen. Die Leistungen der Eingliederungshilfe werden durch § 54 Abs 1 SGB XII iVm §§ 26, 33, 41 und 55 SGB IX und durch die auf der Ermächtigungsgrundlage des § 60 SGB XII erlassene Eingliederungshilfe-VO konkretisiert. Die Hilfe zur Beschaffung eines Kfz wird nach § 8 Abs 1 Satz 1 Eingliederungshilfe-VO iVm Satz 2 in angemessenem Umfang gewährt, wenn der behinderte Mensch wegen Art oder Schwere seiner Behinderung insbesondere zur Teilhabe am Arbeitsleben auf die Benutzung des Kfz angewiesen ist.

15

In Hinblick auf das bei jeder Eingliederungsmaßnahme zu prüfende Merkmal der Notwendigkeit (§ 4 Abs 1 SGB IX)ist dies nur zu bejahen, wenn das Kfz als grundsätzlich geeignete Eingliederungsmaßnahme unentbehrlich zum Erreichen der Eingliederungsziele ist (BSGE 112, 67 ff RdNr 14 = SozR 4-3500 § 92 Nr 1), die darin liegen (vgl § 53 Abs 3 Satz 1 SGB XII), eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und den behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Dabei ist dem behinderten Menschen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihm die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder ihn so weit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen (§ 53 Abs 2 Satz 2 SGB XII, § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII iVm § 55 Abs 1 SGB IX). In welchem Maß und durch welche Aktivitäten ein behinderter Mensch am Leben in der Gemeinschaft teilnimmt, ist abhängig von seinen individuellen Bedürfnissen unter Berücksichtigung seiner Wünsche (§ 9 Abs 2 SGB XII), bei behinderten Kindern der Wünsche seiner Eltern, orientiert am Kindeswohl nach den Umständen des Einzelfalls. Es gilt mithin ein individueller und personenzentrierter Maßstab, der regelmäßig einer pauschalierenden Betrachtung des Hilfefalls entgegensteht (BSG SozR 4-3500 § 54 Nr 6 RdNr 22; SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 25 f).

16

Danach war vorliegend die Anschaffung des Kfz zum Erreichen der Eingliederungsziele grundsätzlich geeignet. Denn der Kläger benötigte ein Kfz, um mehrmals die Woche an einem therapeutischen Reiten teilzunehmen, regelmäßig Ausflüge in den Park zu unternehmen und Verwandten- und Bekanntenbesuche durchzuführen, Kultur- und Sportveranstaltungen sowie den Gottesdienst zu besuchen und seine Eltern bei Einkäufen und sonstigen Erledigungen zu begleiten. Ob Fahrten zum Einkaufen auch ohne den Kläger hätten durchgeführt werden können oder die Fahrten in ihrer Häufigkeit nicht denen mit nicht behinderten Kindern entsprachen, ist entgegen der Auffassung des LSG im Hinblick auf den anzulegenden individuellen Maßstab ohne Belang. Insbesondere ist hinsichtlich des Vergleichsmaßstabs für den Umfang der gesellschaftlichen Kontakte hier der Umstand wesentlich zu beachten, dass der Kläger wegen der Schwere seiner Behinderung keinen Kindergarten und keine Schule besuchen konnte, ihm also lediglich Aktivitäten außerhalb dieses gesellschaftlichen Bereichs verblieben, um überhaupt am Leben in der Gemeinschaft teilzuhaben. Deshalb können Einkaufsfahrten oder regelmäßige Besuche von Verwandten und Freunden zur Teilhabe erforderlich gewesen sein, wenn auf andere Art und Weise ein Erleben von üblichen gesellschaftlichen Kontakten mit Menschen außerhalb der Familie und das Erlernen von entsprechenden Umgangsformen und Verhaltensweisen nicht hinreichend möglich waren und die Fahrten gerade deshalb mit dem Kläger unternommen wurden. Insoweit gingen seine zu berücksichtigenden Teilhabebedürfnisse über die eines nicht behinderten nicht sozialhilfebedürftigen Kindes gleichen Alters - das die maßgebliche Vergleichsgruppe darstellt - hinaus. Die Auffassung des LSG, der Kläger hätte sich mit einer Integration in das nähere häusliche Umfeld begnügen müssen, für die kein Kfz benötigt werde, steht mit dem anzulegenden Prüfungsmaßstab nicht in Einklang. Ebenso wenig muss sich der Kläger darauf verweisen lassen, ihm habe zu Hause ein Therapieraum zur Verfügung gestanden, der neben anderen Leistungen sog ambulanter Hilfe (zB Frühförderung, sonstiger Umbaumaßnahmen) eine Förderung seiner Entwicklung zugelassen habe. Ohnedies ist nicht erkennbar, inwieweit diese Hilfen überhaupt auf die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft gerichtet waren. Wie ausgeführt, bestimmen zudem nicht die Vorstellungen des Beklagten die Reichweite und Häufigkeit der Teilhabe des behinderten Menschen, sondern dessen angemessene Wünsche; für eine "Saldierung" von Leistungen existiert keine Rechtsgrundlage. Irrelevant ist außerdem, ob von dritter Seite, zB der Krankenkasse, eine bestimmte Zahl von Fahrten mit dem eigenen Kfz finanziert wurde, weil dies die Regelmäßigkeit der übrigen Fahrten nicht berührt und auf deren Notwendigkeit keinen Einfluss hat. Der Senat setzt sich damit auch nicht in Widerspruch zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, nach der das Angewiesensein auf ein Kfz eine ständige, nicht nur vereinzelte oder nur gelegentliche Nutzung voraussetzen soll (BVerwGE 55, 31, 33; 111, 328, 330 f).

17

Es fehlen jedoch tatsächliche Feststellungen des LSG dazu (§ 163 SGG), ob die Anschaffung des Opel unentbehrlich zum Erreichen der Eingliederungsziele war oder ob andere Möglichkeiten als die Benutzung eines Kfz zur Verwirklichung der Teilhabeziele zumutbar hätten genutzt werden können. Das Angewiesensein auf ein Kfz wäre nämlich dann zu verneinen, wenn die Teilhabeziele mit dem öffentlichen Personennahverkehr und ggf unter ergänzender Inanspruchnahme des Behindertenfahrdienstes zumutbar hätten verwirklicht werden können. Dabei wird neben regelmäßigen Verkehrszeiten zB auch die praktische Möglichkeit der Benutzung des Verkehrsmittels mit einem Rollstuhl zu berücksichtigen sein. Sollten die Ermittlungen ergeben, dass entsprechende Alternativen nicht oder nicht ausreichend bestanden haben, war der Kläger auf ein Kfz angewiesen.

18

In diesem Fall könnte dem Anspruch auf Kostenerstattung allerdings noch entgegenstehen, dass im Zeitpunkt der Anschaffung des Opel bereits ein (Familien-)Fahrzeug vorhanden war, mit dem der Vater zwar seinen Weg zur Arbeit zurücklegte, das aber nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) unter der Woche an zwei bis drei Tagen sowie am Wochenende für Dienstfahrten nicht benötigt wurde. Dass dieses Fahrzeug nicht im Eigentum des Klägers stand, ist unerheblich. Es ist eine Gesamtbetrachtung der Verhältnisse der Einstandsgemeinschaft geboten. Der Kläger war nämlich schon rein tatsächlich auch bei einem aus Sozialhilfemitteln angeschafften Kfz, immer auf die Unterstützung der Eltern zur Erreichung der Teilhabeziele angewiesen, weil er das Fahrzeug selbst gar nicht führen konnte. Dies entspricht dem Regelungskonzept des SGB XII, das ua in § 16 SGB XII mit dem Gebot familiengerechter Leistungen und in § 19 Abs 3 SGB XII zum Ausdruck kommt, wonach bei minderjährigen Kindern auch auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Eltern abzustellen ist(dazu gleich). Das umfassende Prinzip familiärer Solidarität mit der Pflicht zu Beistand und Rücksicht ist auch Grundlage der gesamten Ausgestaltung des Eltern-Kind-Verhältnisses im Bürgerlichen Gesetzbuch - BGB - (vgl § 1618a BGB; dazu Palandt, BGB, 73. Aufl 2014, § 1618a RdNr 1).

19

Sollte das Fahrzeug seiner Größe und Beschaffenheit nach - ggf nach einem behindertengerechten Umbau (§ 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-VO) - geeignet gewesen sein, damit auch den Kläger zu transportieren und durfte es - falls es sich um ein Dienstfahrzeug gehandelt hat - auch privat genutzt werden, wäre der Kläger weiterhin auf ein Kfz, nicht aber auf das Kfz (den Opel) angewiesen gewesen, für dessen Anschaffung er die Erstattung der Kosten begehrt. Denn er hätte wie Familien der maßgeblichen Vergleichsgruppe dann darauf verwiesen werden können, Termine so zu legen, dass das regelmäßig unter der Woche und an den Wochenenden zur Verfügung stehende Kfz für die Verwirklichung seiner Teilhabeziele eingesetzt wird, sollte dies auch behinderungsbedingt möglich gewesen sein und es zB keine Überforderung des Klägers mit sich gebracht haben, wenn verschiedene Termine auf einen Tag hätten gelegt werden müssen.

20

War das Kfz des Vaters hingegen nicht für Fahrten mit dem Kläger geeignet oder - wenn es sich um ein Dienstfahrzeug handelte - die private Nutzung nicht zugelassen, hätte der Beklagte ggf verlangen können, dass das vorhandene, nicht behindertengerechte Fahrzeug verkauft werde, um den Erlös zur Anschaffung eines angemessenen, behindertengerechten Fahrzeugs einzusetzen und damit das Teilhabeziel gleichermaßen zu erreichen. In diesem Fall hätte der Beklagte anstelle des Zuschusses nach § 8 Abs 1 Eingliederungshilfe-VO im Rahmen seines Ermessens gemäß § 8 Abs 2 Eingliederungshilfe-VO, der eine Ausprägung des Nachranggrundsatzes(§ 2 SGB XII) ist, Leistungen (ggf nur teilweise) als Darlehen zu gewähren brauchen. Der Verkauf des Fahrzeugs hätte insoweit eine Art der zumutbaren Selbsthilfe dargestellt.

21

Der Senat kann auch nicht abschließend beurteilen, ob der Kläger bedürftig war. Nach § 19 Abs 3 SGB XII ist Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nur zu leisten, soweit den Leistungsberechtigten und, wenn sie - wie hier der Kläger - minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach dem 11. Kapitel des SGB XII nicht zuzumuten ist, wozu bislang ebenfalls noch keine Feststellungen getroffen worden sind. Diese sind nicht entbehrlich, denn es handelt sich bei den Kosten für die Anschaffung des Opel nicht um eine privilegierte Hilfe zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB XII(zum Verhältnis von § 92 Abs 1 und Abs 2 Senatsurteil vom 22.3.2012 - B 8 SO 30/10 R -, BSGE 110, 301 ff RdNr 28 = SozR 4-3500 § 54 Nr 8). Hierfür wären spezifische, an der Person des behinderten Menschen ansetzende Maßnahmen notwendig, auf die die Hilfen ausgerichtet sein müssten; darüber hinaus müsste der Schwerpunkt der Hilfen bei spezifischen Bildungszielen liegen (ausführlich Senatsurteil vom 20.9.2012 - B 8 SO 15/11 R -, BSGE 112, 67 ff RdNr 20 = SozR 4-3500 § 92 Nr 1). An einem derartigen Personenbezug fehlt es aber bei der Hilfe zur Beschaffung eines Kfz.

22

Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. Februar 2010 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit ist die Erstattung von Kosten in Höhe von 7934,76 Euro für die Anschaffung und den Einbau eines schwenkbaren Autositzes im Frühjahr 2004.

2

Die 1984 geborene Klägerin ist blind, schwerhörig und teilweise gelähmt (Grad der Behinderung von 100; Merkzeichen "G", "aG", "H", "RF" und "Bl"); sie erhält von der Pflegekasse Leistungen der häuslichen Pflege nach der Pflegestufe III. Die Klägerin wohnte und wohnt in der zum Kreis H gehörenden Stadt Hü und war in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) tätig. Die Kosten des Fahrdienstes für den Weg zwischen Wohnung und WfbM trug der Beklagte; für private Fahrten ist auf Kosten des Kreises H ein Behindertenfahrdienst eingerichtet, den die Klägerin in Anspruch nahm (bis zu vier Fahrten je Monat mit einer Wegstrecke von jeweils bis zu 35 km).

3

Anfang März 2004 wandte sich die Klägerin wegen des behindertengerechten Umbaus eines bereits von ihr bestellten und Ende April 2004 zu einem Preis von 29 815,19 Euro gelieferten Neuwagens an die für sie zuständige gesetzliche Krankenkasse (KK), beantragte aber auch mit einem bei der Stadt Hü abgegebenen, am 22.3.2004 beim Kreis H und nach Weiterleitung (mit Schreiben vom 25.3.2004) beim Beklagten am 26.3.2004 eingegangenem Schreiben die Übernahme der Kosten für den Einbau eines schwenkbaren Autositzes. Zu dieser Zeit bezog die Klägerin neben den Leistungen der sozialen Pflegeversicherung Blindengeld nach dem (nordrhein-westfälischen) Gesetz über Hilfen für Blinde und Gehörlose in Höhe von 441,50 Euro und von der Bundesagentur für Arbeit (bis zum 22.9.2004) ein Ausbildungsgeld in Höhe von 67 Euro monatlich.

4

Ende 2004 wurden ihr rückwirkend ab 1.4.2004 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sowie Hilfe zur Pflege nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) gewährt. Ende April 2004 besaß die Klägerin auf einem Girokonto ein Guthaben von 24 362,17 Euro, auf einem Sparkonto ein solches in Höhe von 86,48 Euro, Wertpapiere mit einem Wert von 3529,56 Euro sowie 10 000 Euro, die sie als Darlehen von ihren Eltern erhalten hatte. Außerdem war sie Eigentümerin eines (älteren) Pkw, den sie Anfang Mai 2004 zu einem Preis von 8500 Euro verkaufte; zur gleichen Zeit beauftragte sie eine Firma mit dem Umbau des neuen Pkw zu einem Preis von 10 051,08 Euro. Nachdem die KK die Übernahme der Kosten des behindertengerechten Umbaus des Pkw bereits abgelehnt hatte (bestandskräftiger Bescheid vom 5.4.2004), lehnte der Beklagte die Leistung ebenfalls ab, weil die Klägerin über ausreichendes Vermögen verfüge und den Bedarf selbst bereits gedeckt habe (Bescheid vom 17.5.2004; Widerspruchsbescheid vom 23.2.2005).

5

Klage und Berufung sind erfolglos geblieben (Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 8.8.2007; Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22.2.2010). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, die Klägerin könne keine Eingliederungshilfe gemäß §§ 39, 40 Abs 1 Satz 1 Nr 2 BSHG für einen behindertengerechten Umbau des Pkw erhalten, weil sie wegen Art und Schwere ihrer Behinderung nicht auf ein Kfz angewiesen gewesen sei(§ 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-Verordnung). Die Fahrten von und zur WfbM seien durch den Fahrdienst des Beklagten, diejenigen zu medizinischen Behandlungsterminen durch das Deutsche Rote Kreuz (DRK) mit einer Fahrkostenerstattung durch die KK sichergestellt gewesen. Soweit die private Krankenversicherung Therapien über das Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung hinaus ermögliche oder der Transport der Klägerin zu den einzelnen Behandlungen durch keine Versicherung abgedeckt sei, könne die Klägerin nicht besser gestellt werden, als bedürftige nichtbehinderte Personen. Wegen privater Fahrten sei die Klägerin ihm Rahmen (nur) einer Grundversorgung auf die Inanspruchnahme des Behindertenfahrdienstes des Kreises H zu verweisen. Ein Anspruch auf Kostenübernahme als medizinische Leistung scheide wegen des Nachrangs der Sozialhilfe (§ 2 BSHG) aus, weil die KK einen entsprechenden Anspruch bereits bestandskräftig abgelehnt habe.

6

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung der §§ 39, 40 Abs 1 Satz 1 Nr 2 BSHG iVm § 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-VO und § 55 Abs 2 Nr 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX). Die Klägerin ist der Ansicht, das LSG habe verkannt, dass bei der Auslegung des Begriffs des "Angewiesenseins" auf den Pkw (§ 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-VO) maßgeblich auf Art und Ziel der Teilhabeleistung abzustellen sei. Die Auslegung habe sich deshalb am Leitgedanken des § 1 SGB IX, dem selbstbestimmten Leben in der Gesellschaft, den Wertungen aus Art 2 Abs 1 Grundgesetz (GG), Art 1 Abs 1 GG und dem Diskriminierungsverbot des Art 3 Abs 3 Satz 2 GG zu orientieren. Sie (die Klägerin) benötige den Pkw nicht nur für ihre Transporte aus der WfbM nach Hause wegen Zuckerentgleisungen sowie zu Therapeuten und Ärzten, sondern auch für die Teilnahme an Veranstaltungen inner- und außerhalb des weitläufigen Kreisgebietes H, zum Aufbau neuer und Erhalt bestehender sozialer Kontakte, für Einkaufsfahrten sowie für den Besuch früherer Schulkameraden, für Vereinstreffen in D, M und A und für Familienausflüge.

7

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des LSG und des SG sowie den Bescheid vom 17.5.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.2.2005 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr 7934,76 Euro zu zahlen.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er hält das Urteil des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Klägerin ist im Sinne der Aufhebung des LSG-Urteils und der Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz), weil das Verfahren an einem von Amts wegen zu beachtenden Verfahrensmangel leidet und tatsächliche Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) für eine abschließende Entscheidung fehlen.

11

Der von Amts wegen zu beachtende Verfahrensmangel besteht darin, dass es im Hinblick auf § 14 SGB IX an einer Beiladung der Stadt Hü (bzw der KK) mangelt. Nach § 75 Abs 2 Satz 1 1. Alt SGG sind nämlich Dritte beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann (echte notwendige Beiladung). Dies ist vorliegend nach Aktenlage für die Stadt H, ggf jedoch auch für die KK, zu bejahen; das LSG wird dies zu prüfen haben. Einer der beiden ist jedenfalls der im Rahmen des § 14 SGB IX zuerst angegangene Rehabilitationsträger, der wegen unterlassener bzw verspäteter Weiterleitung des Antrags nach § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX für die Entscheidung über die Leistung und für die Erbringung der Leistung zuständig geworden und notwendig am Verfahren zu beteiligen ist. Diese Beiladungspflicht betrifft - wie vorliegend - ua den im Außenverhältnis zuständig gewordenen Rehabilitationsträger bei einer Klage gegen den im Innenverhältnis (eigentlich) zuständigen Rehabilitationsträger (vgl nur BSGE 93, 283 ff RdNr 16 f = SozR 4-3250 § 14 Nr 1).

12

Der Beklagte war und ist als überörtlicher Träger der Sozialhilfe für die Erstattung der Kosten des behindertengerechten Umbaus des PKW als Leistung der Eingliederungshilfe (§ 39 Abs 1 Satz 1 und § 40 Abs 1 Satz 1 Nr 2 BSHG iVm § 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-VO) sachlich und örtlich zuständig (§§ 97, 100 BSHG iVm §§ 1, 2 Nr 1 des Gesetzes zur Ausführung des BSHG für das Land Nordrhein-Westfalen iVm § 2 Abs 1 Nr 1 der nordrhein-westfälischen VO zur Ausführung des BSHG bzw § 97 Abs 1 und 2 Satz 1 sowie § 98 Abs 1 iVm § 3 Abs 3 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - und §§ 1, 2 Buchst a Landesausführungsgesetz zum SGB XII für das Land NRW iVm § 2 Abs 1 Nr 4 Ausführungsverordnung zum SGB XII des Landes NRW). Es kann offen bleiben, ob der Senat an die Auslegung des nicht revisiblen Landesrechts (§ 162 SGG) durch das LSG gebunden ist (vgl § 202 SGG iVm § 560 Zivilprozessordnung; dazu allgemein Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 162 RdNr 7 ff mwN), wenn die Feststellungen des Berufungsgerichts von Amts wegen zu prüfende Prozessvoraussetzungen (notwendige echte Beiladung) betreffen; denn das LSG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Beklagte für die Versorgung von behinderten Menschen mit größeren anderen Hilfsmitteln als überörtlicher Träger der Sozialhilfe sachlich zuständig ist. Zwar sah und sieht § 1 Nr 3 Buchst c der Satzungen des Beklagten über die Heranziehung der Städte, Kreise und kreisangehörigen Gemeinden zur Durchführung der Aufgaben des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe iVm § 6 Abs 1 und § 7 Abs 1 Landschaftsverbandsordnung für das Land NRW eine entsprechende Heranziehung der Kreise vor, die dann in eigenem Namen handeln. Allerdings ist der Beklagte in diesem Einzelfall gleichwohl selbstständig tätig geworden, was ihm nach § 3 der Satzung möglich war. Wegen der "eigentlichen" Zuständigkeit des Beklagten zur Leistungserbringung (ohne Berücksichtigung des § 14 SGB IX) bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob bei einer Klage gegen den intern unzuständigen Leistungsträger der zuständig gewordene erstangegangene Leistungsträger ebenfalls im Wege der echten notwendigen Beiladung am Verfahren zu beteiligen ist oder nicht vielmehr ein Fall der notwendigen unechten Beiladung (anderer Sozialhilfeträger) vorliegt; ohne Bedeutung ist damit auch, ob dann zumindest im Rahmen des § 14 SGB IX die Voraussetzungen der notwendigen unechten Beiladung in der Revisionsinstanz auch ohne entsprechende Rüge zu prüfen wären.

13

Die Stadt Hü ist jedenfalls nach Aktenlage der zuerst angegangene Rehabilitationsträger iS des § 14 SGB IX, der wegen nicht rechtzeitiger Weiterleitung des Antrags im Außenverhältnis für die Leistungserbringung nach § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX zuständig geworden ist(zur Fristberechnung Bundessozialgericht SozR 4-2500 § 33 Nr 37 RdNr 11). Nach Aussage der Mutter der Klägerin hat diese den Antrag auf Eingliederungshilfe entweder am 1. oder 2.3.2004 persönlich bei der Stadt Hü abgegeben, die diesen offenbar ungeprüft an den Kreis H weitergeleitet hat (dort eingegangen am 22.3.2004). Diesen realistischen Ablauf unterstellt, hätte die Stadt Hü die Zweiwochenfrist des § 14 Abs 1 Satz 1 und 2 SGB IX keinesfalls eingehalten. Das LSG mag dies nach der Zurückverweisung verifizieren. Dabei wird es zu beachten haben, dass, falls sich dieses Ergebnis nicht bewahrheiten sollte, der Rehabilitationsantrag ggf zuerst bei der KK eingegangen ist; denn die Mutter der Klägerin hat dem Senat in der mündlichen Verhandlung glaubhaft versichert - Unterlagen bei der KK sind nicht mehr vorhanden -, den schriftlichen Antrag an die KK am 2.3.2004 zur Post gegeben zu haben, und die KK hat den Leistungsantrag abgelehnt, ohne ihn an einen anderen Rehabilitationsträger weiterzuleiten.

14

Die Stellung der Stadt Hü als Rehabilitationsträger ergibt sich bereits aus § 69 Abs 1 Sozialgesetzbuch Achtes Buch - Kinder- und Jugendhilfe - (SGB VIII) iVm §§ 1, 2 Satz 1 Erstes Gesetz zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes des Landes NRW und § 1 der nordrhein-westfälischen Verordnung über die Bestimmung Großer kreisangehöriger Städte und Mittlerer kreisangehöriger Städte. Sie beruht aber auch darauf, dass die Stadt Hü vom Kreis H zur Aufgabenwahrnehmung der örtlichen Sozialhilfe durch Delegationssatzungen herangezogen worden ist (§ 96 Abs 1 BSHG iVm § 3 AG-BSHG NRW und der Satzung über die Durchführung der Sozialhilfe im Kreise H vom 7.12.2000, § 99 Abs 1 SGB XII iVm § 3 Abs 1 AG-BSHG NRW und der Satzung über die Durchführung der Aufgaben nach dem SGB XII im Kreis H vom 30.12.2004). Selbst wenn der nicht binnen zwei Wochen an den Beklagten weitergeleitete Antrag auf Leistungen zur Teilhabe iS des § 14 SGB IX im Rahmen dieses auftragsähnlichen Verhältnisses(vgl: BSGE 99, 137 ff RdNr 11 = SozR 4-1300 § 44 Nr 11; BSG SozR 4-5910 § 88 Nr 3 RdNr 13 f) die Zuständigkeit des Kreises H als örtlichen Trägers der Sozialhilfe (wegen Handelns der Stadt für den Kreis) begründet hätte, wäre im Klageverfahren gleichwohl die herangezogene Stadt Hü die richtige Beklagte iS des § 70 Nr 3 SGG und hier als notwendig Beizuladende anzusehen, denn sie entscheidet im Rahmen der Heranziehung im eigenen Namen(§ 1 Abs 1 der Delegationssatzung).

15

Sollte sich die Zuständigkeit der Stadt Hü als erstangegangenen Rehabilitationsträgers bewahrheiten, wäre (unerheblich ob im Wege der notwendigen echten oder der notwendigen unechten Beiladung) weder die KK noch der Kreis zusätzlich notwendig zu beteiligen, weil die streitgegenständliche Teilhabeleistung dieser Leistungsträger nicht in Betracht kommen. Im Hinblick auf die KK ist bereits zweifelhaft, ob das begehrte Hilfsmittel nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuchs Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) überhaupt eine Leistung zur Teilhabe iS der §§ 4, 5 Nr 1, 14 SGB IX darstellt; denn die KKen sind abweichend von den Vorschriften des SGB IX (vgl § 7 SGB IX) nur unter den Voraussetzungen des SGB V (vgl § 11 Abs 2, §§ 40 ff SGB V) zur Erbringung medizinischer Rehabilitationsleistungen verpflichtet (BSGE 98, 277 ff RdNr 18 = SozR 4-2500 § 40 Nr 4). Trotz des Aspektes bzw des Ziels der (Wieder-)Herstellung der Gesundheit haben jedoch nicht alle Maßnahmen des SGB V rehabilitativen Charakter in einem Sinn, der dem Verständnis des SGB V über eine Teilhabeleistung entspricht. Letztlich kann jedoch dahinstehen, ob der Begriff der Teilhabeleistung des § 14 SGB IX eigenständig (weit) oder (nur) nach dem Verständnis des SGB V auszulegen ist. Vorliegend gehörte der schwenkbare Autositz ohnedies nicht zum Leistungskatalog des SGB V, sodass auch nicht entschieden werden muss, ob eine Verurteilung der KK nach deren Beiladung (§ 75 Abs 5 SGG) wegen der bestandskräftigen Ablehnung mit Bescheid vom 5.4.2004 ohnehin ausscheidet. Nichts anderes gilt für eine (zusätzliche) Beiladung des Kreises H, soweit dieser als zuständiger Leistungsträger betreffend einen Anspruch auf Kostenerstattung als Hilfe bei Krankheit nach §§ 36 ff BSHG in Betracht kommt. Diese Hilfen entsprechen den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 38 Abs 1 BSHG), sodass eine Hilfsmittelversorgung durch den Sozialhilfeträger aus den gleichen Gründen wie im SGB V ausgeschlossen ist.

16

Der schwenkbare Autositz ist für die Klägerin kein Hilfsmittel iS des § 33 Abs 1 Satz 1 3. Alt SGB V; das Gebot eines möglichst weitgehenden Behinderungsausgleichs, das sich auch auf den Ausgleich von indirekten Folgen der Behinderung erstreckt (vgl: BSGE 93, 176 ff RdNr 12 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7; BSGE 98, 213 ff RdNr 12 = SozR 4-2500 § 33 Nr 15; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 3 und 29; BSG, Urteil vom 16.9.2004 - B 3 KR 15/04 R), erfordert gleichwohl keine Leistungserbringung. Ein Hilfsmittel ist von der Gesetzlichen Krankenversicherung nur dann zu gewähren, wenn es Grundbedürfnisse des täglichen Lebens betrifft, zu denen das Gehen, Stehen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die (elementare) Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums gehören (BSGE 91, 60 ff RdNr 9 = SozR 4-2500 § 33 Nr 3 S 20 mwN; BSG, Urteil vom 18.5.2011 - B 3 KR 12/10 R - RdNr 13 ff). Allerdings ist das in Betracht kommende Grundbedürfnis des "Erschließens eines gewissen körperlichen Freiraums" krankenversicherungsrechtlich immer nur im Sinne eines Basisausgleichs der Behinderung selbst, nicht im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten des Gesunden zu verstehen (BSG, Urteil vom 18.5.2011, aaO RdNr 15 ff mwN). Es besteht grundsätzlich kein Anspruch darauf, den Radius der selbstständigen Fortbewegung durch das Auto (erheblich) zu erweitern, selbst wenn im Einzelfall die Alltagsgeschäfte nicht im Nahbereich erledigt werden können; es gilt vielmehr ein abstrakter, von den Besonderheiten des jeweiligen Wohnorts unabhängiger Maßstab (BSGE 98, 213 ff RdNr 17 = SozR 4-2500 § 33 Nr 15).

17

Nach diesen Maßgaben kann die Klägerin die Kostenerstattung für den Einbau und die Anschaffung des schwenkbaren Autositzes nicht nach § 13 Abs 3 Satz 2 SGB V iVm § 15 Abs 1 Satz 4 2. Alt SGB IX und § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V beanspruchen. Nach den Feststellungen des LSG diente der schwenkbare Autositz der Erweiterung ihres persönlichen Aktionsradiusses - über den Nahbereich der Wohnung hinaus - und Transporten zu Ärzten und Therapeuten, die allerdings durch das DRK durchgeführt worden sind, soweit die Behandlungen Leistungen nach dem SGB V waren. Damit war dem Grundbedürfnis des täglichen Lebens, bei Krankheit und Behinderung Ärzte und Therapeuten aufzusuchen, bereits Genüge getan, weil im Rahmen der Hilfsmittelgewährung nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V (allein) die notwendige medizinische Versorgung sichergestellt sein muss(BSGE 93, 176 ff RdNr 12 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7). Andere besondere qualitative Elemente, die eine weitergehende Mobilitätshilfe zum mittelbaren Behinderungsausgleich rechtfertigen könnten (vgl dazu BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 36 RdNr 17 mwN), sind hier nicht ersichtlich.

18

Der Senat hat davon abgesehen, die endgültigen Ermittlungen zur Antragstellung bei der Stadt Hü und die notwendige Beiladung der Stadt Hü (bzw ggf der KK) selbst vorzunehmen; insoweit war eine eigene Entscheidung in der Sache untunlich (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Zwar wäre eine Beiladung im Revisionsverfahren mit Zustimmung des Beizuladenden grundsätzlich zulässig (§ 168 Satz 2 SGG). Die genaueren Ermittlungen, wer beizuladen ist, und die Beiladung selbst können jedoch dem LSG überlassen werden, wenn auch ohne den verfahrensrechtlichen Mangel der unterbliebenen Beiladung aus anderen Gründen ohnedies zurückverwiesen werden muss (vgl: BSGE 97, 242 ff RdNr 17 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1; BSGE 103, 39 ff RdNr 14 = SozR 4-2800 § 10 Nr 1). Vor einer Beiladung ist der Senat indes gehindert, über die von der Revision aufgeworfenen materiellrechtlichen Fragen für das LSG bindend (§ 170 Abs 5 SGG) zu entscheiden, weil anderenfalls das rechtliche Gehör (§ 62 SGG; Art 103 Abs 1 GG, Art 6 Abs 1 Europäische Menschenrechtskonvention) des Beizuladenden verletzt würde (vgl: BSGE 97, 242 ff RdNr 17 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1; BSGE 103, 39 ff RdNr 14 = SozR 4-2800 § 10 Nr 1). Die nachfolgenden rechtlichen Ausführungen stellen damit lediglich Entscheidungshilfen für das LSG dar.

19

Rechtsgrundlage des Anspruchs auf Zahlung der Kosten für Anschaffung und Einbau des schwenkbaren Autositzes ist § 28 Abs 1 Satz 1 BSHG iVm §§ 39, 40 Abs 1 Satz 1 BSHG und § 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-VO iVm § 55 Abs 2 Nr 1 SGB IX; ob insoweit auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Entstehung der Kosten (vgl dazu in anderen Konstellationen: BSGE 103, 171 ff RdNr 11 = SozR 4-3500 § 54 Nr 5; BSGE 104, 219 ff RdNr 17 = SozR 4-3500 § 74 Nr 1), also auf den Zeitpunkt der Fälligkeit der mit der Rechnung vom 28.5.2004 gegenüber der Klägerin geltend gemachten Forderung, oder auf den Zeitpunkt der Kenntniserlangung (Antragstellung) abzustellen ist, kann dahinstehen, weil sich an der Vermögenssituation nur dadurch etwas geändert hat, dass sich die Art der Vermögenswerte (Geld-, Sachwerte) verändert hat und daraus - wie noch ausgeführt wird - keine Verwertungs- bzw Berücksichtigungshindernisse ergeben.

20

Nicht anwendbar ist § 15 Abs 1 Satz 4 SGB IX, weil die Leistung nicht als Sach- sondern als Geldleistung zu erbringen ist. Dies trägt den individuellen Besonderheiten bei einem behindertengerechten Ausbau eines Pkw Rechnung und entspricht allgemein den in der Kraftfahrzeughilfe-Verordnung (KfzHV) zum Ausdruck kommenden Grundsatz der Zuschussgewährung (§ 6 Abs 1KfzHV). Ob mit dem ab 1.1.2005 ausdrücklich geregelten Vorrang der Geldleistung nach § 10 Abs 3 SGB XII das Verhältnis zwischen Geld- und Sachleistung auch für die Vergangenheit (nur) klargestellt werden sollte(zu den Motiven des Gesetzgebers: BT-Drucks 15/1514, S 56 § 10), kann deshalb dahingestellt bleiben.

21

Richtet sich aber der Anspruch auf eine Geldleistung, ist es rechtlich unerheblich, dass die Klägerin den Auftrag für den Einbau des Schwenksitzes Anfang Mai 2004 und damit zeitlich vor Erlass des Ablehnungsbescheids vom 17.5.2004 erteilt hat; insbesondere stehen §§ 2, 5 BSHG (Nachrang der Sozialhilfe, Leistung erst ab Kenntnis des Sozialhilfeträgers) einer Leistungsgewährung nicht entgegen. Soweit das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) eine Bedarfsdeckung im Wege der Selbsthilfe nach Kenntniserlangung des Sozialhilfeträgers vom Bedarf, aber noch vor der letzten Behördenentscheidung als anspruchsvernichtend angesehen hat, wenn es dem Hilfesuchenden zuzumuten war, die Entscheidung des Sozialhilfeträgers abzuwarten (vgl BVerwGE 90, 154, 156 mwN), folgt der Senat dieser Rechtsprechung bei einem auf eine Geldleistung gerichteten Primäranspruch nicht. Das Erfordernis einer Eilbedürftigkeit findet keine Stütze im Gesetz; hierfür sprechen auch keine allgemeinen Grundsätze bei nicht rechtzeitiger oder zu Unrecht verweigerter Sachleistung (vgl § 13 Abs 3 SGB V und § 15 Abs 1 Satz 4 SGB IX). Ein von vornherein bestehender Geldleistungsanspruch lässt im Gegenteil keinen Raum für die Umwandlung eines primären Sachleistungsanspruchs in eine sekundäre Geldleistung. Eine Eilbedürftigkeit kann also, abgesehen davon, dass die Selbsthilfe dem Leistungsträger nicht die Möglichkeit nähme, Ermessen nachträglich noch auszuüben, nicht deshalb gefordert werden, weil ein Auswahlermessen des Sozialhilfeträgers über die Leistungserbringung (Sach- oder Geldleistung) beeinträchtigt wäre.

22

Ob ein Anspruch der Klägerin nicht bereits wegen ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse gemäß § 28 Abs 1 Satz 1 BSHG iVm §§ 79 ff BSHG ausgeschlossen ist, kann der Senat anhand der tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht beurteilen. Nach § 28 Abs 1 Satz 1 BSHG wird die Hilfe in besonderen Lebenslagen (nur) gewährt, soweit dem Hilfesuchenden die Aufbringung der Mittel nicht aus dem Einkommen und Vermögen nach den §§ 79 bis 89 BSHG zuzumuten ist. Nach § 88 BSHG ist grundsätzlich das gesamte verwertbare Vermögen zu berücksichtigen(Abs 1); allerdings darf die Sozialhilfe nicht von dem Einsatz oder der Verwertung bestimmter (Abs 2) bzw privilegierter (Abs 3) Vermögensgegenstände abhängig gemacht werden.

23

Eine Berücksichtigung des neuen Pkw, der grundsätzlich nach § 88 Abs 1 BSHG verwertbares Vermögen darstellt(vgl BSGE 100, 139 ff RdNr 15 = SozR 4-3500 § 82 Nr 4)war der Klägerin wohl zumutbar; denn im Falle seiner Veräußerung wäre der Schonbetrag nach § 1 Abs 1 Nr 1 Buchst b der Verordnung zur Durchführung des § 88 Abs 2 Nr 8 BSHG vom 11.2.1988 weit überschritten gewesen und eine Härte iS des § 88 Abs 3 Satz 1 BSHG dürfte nicht vorgelegen haben. Ein Härtefall ist bei der Hilfe in besonderen Lebenslagen vor allem anzunehmen, soweit eine angemessene Lebensführung wesentlich erschwert würde (Satz 2); für das Kfz eines behinderten Menschen ist dies anzunehmen, wenn nach den besonderen Umständen des Einzelfalls die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft erheblich erleichtert wird (vgl: Mecke in juris PraxisKommentar SGB XII, § 90 SGB XII RdNr 102; Schellhorn/Schellhorn, BSHG, 16. Aufl 2002, § 88 BSHG RdNr 75). Dabei muss allerdings auch das Kfz selbst angemessen sein. Für den Pkw der Klägerin dürfte dies zu verneinen sein; denn es ist nicht erkennbar, dass die Klägerin auf einen Neuwagen mit einem Anschaffungswert von etwa 30 000 Euro angewiesen war und ein gebrauchtes Fahrzeug mit erheblich geringerem Wert nicht den Ansprüchen in gleicher Weise genügt hätte. Die Entscheidung für einen Gebrauchtwagen ist auch bei Menschen, die nicht auf Sozialhilfemittel angewiesen sind, weit verbreitet und muss nicht mit einem Verzicht auf ein "zuverlässiges" Auto einhergehen (zB bei einem Jahreswagen).

24

Der Klägerin kann dies selbst dann entgegengehalten werden, wenn sich die Verwertung des Pkw wegen des behindertengerechten Umbaus als unwirtschaftlich darstellen sollte; im Streit um die Beihilfe für die Umrüstung muss gerade dieser Gesichtspunkt außer Betracht bleiben, weil die Klägerin eine eventuelle Bedürftigkeit selbst vorsätzlich herbeigeführt haben dürfte (vgl dazu BSGE 100, 131 ff RdNr 25 ff = SozR 4-3500 § 90 Nr 3). Die Verwertung des Pkw wird auch keine Härte iS des § 88 Abs 3 Satz 1 BSHG darstellen, wenn die Klägerin den Kaufpreis aus Landesblindengeld angespart hätte - hierfür ergibt der Sachverhalt ohnedies keinerlei Anhaltspunkte. Der Senat hat bereits früher ausdrücklich offengelassen, ob Blindengeld nicht als Einkommen und Vermögen bei besonderen Sozialhilfeleistungen, die demselben Zweck dienen wie das Blindengeld, zu berücksichtigen ist (BSG SozR 4-3500 § 90 Nr 1 RdNr 15). Selbst wenn im Erwerb des Pkw und dem behindertengerechten Umbau eine zweckentsprechende Verwendung des Landesblindengelds (Ursachenzusammenhang) zu sehen wäre, die durch die Blindheit, nicht durch andere Behinderungen, bedingten Mehraufwendungen auszugleichen (BSG, aaO, RdNr 16), wäre angespartes Landesblindengeld als Vermögen zu berücksichtigen. Die Klägerin hätte deshalb die zur Verfügung stehenden Mittel vorrangig für die Gesamtkosten des Erwerbs eines angemessenen Pkw einschließlich des behindertengerechten Umbaus einsetzen müssen, bevor sie (einzelne) Umbaumaßnahmen aus Sozialhilfemitteln beanspruchen konnte. Ohne Bedeutung ist, ob Vermögensteile für spätere Anschaffungen (Gangtrainer) vorgesehen waren; insbesondere handelt es sich bei einem Gangtrainer nicht um ein Gerät, dessen Anschaffung das Landesblindengeld dient. Ob und inwieweit er Gegenstand eines gesonderten Leistungsanspruchs sein kann, war nicht zu entscheiden.

25

Ob der Klägerin die Anspruchsvoraussetzungen der §§ 39, 40 Abs 1 Satz 1 BSHG iVm § 55 Abs 2 Nr 1 SGB IX und § 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-VO dem Grunde nach erfüllt, kann nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG ebenfalls nicht beurteilt werden. Nach § 39 Abs 1 BSHG erhalten Personen, die durch eine Behinderung iS von § 2 Abs 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Die Klägerin ist blind, schwerhörig und teilweise gelähmt und damit wesentlich in ihrer Fähigkeit eingeschränkt, an der Gesellschaft teilzuhaben (s § 1 Nr 4 1. Alt Eingliederungshilfe-VO), sodass es sich bei der Eingliederung um eine Pflichtleistung handelt. Die Leistungen der Eingliederungshilfe werden durch § 40 Abs 1 BSHG und die auf Grundlage der Ermächtigung des § 47 BSHG erlassene Eingliederungshilfe-VO konkretisiert. Nach § 40 Abs 1 Satz 1 Nr 2 BSHG gehört zu den Leistungen vor allem die Versorgung mit Körperersatzstücken sowie orthopädischen und anderen Hilfsmitteln. Obwohl eine Hilfsmittelgewährung wegen der Identität des Leistungsinhalts mit dem des SGB V (vgl § 40 Abs 1 Satz 1 BSHG) im Rahmen der medizinischen Rehabilitation ausscheidet, bedeutet dies nicht, dass eine Leistungserbringung nicht unter einer anderen Zielsetzung möglich ist; die Abgrenzung zwischen der Hilfsmittelerbringung als Bestandteil der medizinischen und der sozialen Rehabilitation ist nicht am Begriff des Hilfsmittels selbst vorzunehmen, sondern danach, welche Bedürfnisse mit dem Hilfsmittel befriedigt werden sollen, also welchen Zwecken und Zielen das Hilfsmittel dienen soll (BSGE 103, 171 ff RdNr 17 = SozR 4-3500 § 54 Nr 5 mwN; BSG SozR 4-3500 § 54 Nr 6 RdNr 21). Der schwenkbare Autositz kann deshalb ein Hilfsmittel iS des § 9 Abs 1 Eingliederungshilfe-VO sein, weil er dazu bestimmt ist, zum Ausgleich der durch die Behinderung bedingten Mängel beizutragen. Zu den "anderen Hilfsmitteln" gehören nach § 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-VO auch besondere Bedienungseinrichtungen und Zusatzgeräte für ein Kfz, wenn der behinderte Mensch wegen Art und Schwere seiner Behinderung auf ein Kfz angewiesen ist; soweit die Eingliederungshilfe ein Kfz betrifft, muss der behinderte Mensch das Hilfsmittel jedoch nicht selbst bedienen können (vgl nur BVerwGE 55, 31, 33 f).

26

Ob die Klägerin iS des § 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-VO auf ein Kfz angewiesen ist, kann aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht abschließend entschieden werden. Dies beurteilt sich in erster Linie nach dem Sinn und Zweck der Eingliederungshilfe, eine vorhandene Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern (§ 39 Abs 3 BSHG). Die Formulierung verdeutlicht, dass es insgesamt ausreicht, die Begegnung und den Umgang mit anderen Menschen im Sinne einer angemessenen Lebensführung zu fördern. Maßgeblich sind im Ausgangspunkt die Wünsche des behinderten Menschen (§ 3 Abs 2 BSHG); wie sich aus § 9 Abs 3 Eingliederungshilfe-VO ergibt ("im Einzelfall") gilt mithin ein individueller und personenzentrierter Maßstab, der regelmäßig einer pauschalierenden Betrachtung des Hilfefalls entgegensteht(vgl BSG SozR 4-3500 § 54 Nr 6 RdNr 22).

27

Mit einer solchen am Einzelfall orientierten und die Wünsche des behinderten Menschen berücksichtigenden Auslegung ist die Auffassung des LSG nicht zu vereinbaren, die Hilfsmittelgewährung beschränke sich im Bereich der sozialen Rehabilitation auf eine "sicherzustellende Grundversorgung". Es kann schon nicht beurteilt werden, ob die Besuche der Klägerin bei (ehemaligen) Schulkameraden durch die Inanspruchnahme des Behindertenfahrdienstes des Kreises H in zumutbarer Weise - mit "monatlich vier Fahrten á 35 km" durchgeführt werden konnten bzw hätten durchgeführt werden können. Das LSG hätte die - regelmäßigen - Umstände der Besuche (Häufigkeit, Entfernung, Uhrzeit, Dauer etc) und die Modalitäten des Behindertenfahrdienstes (Erreichbarkeit, Anmeldebedingungen, Fahrzeiten etc) untersuchen müssen. Entsprechendes gilt für die von der Klägerin geltend gemachten Fahrten zu Vereinstreffen in D, M und A, die vom LSG überhaupt nicht berücksichtigt worden sind. Bei der Integration in die Gesellschaft ist darauf zu achten, dass gesellschaftliche Kontakte in ausreichendem Umfang gewährleistet sind. Hier ist vor allem dem besonderen Bedürfnis der Klägerin nach Mitgliedschaft in Vereinen Rechnung zu tragen, die ihre spezifischen Behinderungen berücksichtigen. Vergleichsmaßstab für den Umfang der gesellschaftlichen Kontakte müssen darüber hinaus gleichaltrige nichtbehinderte Personen sein. Die Klägerin (20 Jahre) war in einem Alter, in dem nichtbehinderte Menschen üblicherweise verstärkt gesellschaftliche Aktivitäten entwickeln - nicht selten im Rahmen einer Mitgliedschaft in mehreren Vereinen. Junge Menschen befinden sich in diesem Alter regelmäßig in einer Übergangsphase von der Schulzeit zum Beruf, verbunden mit der Aufrechterhaltung alter und auf der Suche nach neuen dauerhaften Beziehungen. Die Ermöglichung von vier privaten Kontakten im Monat mit Hilfe eines Behindertenfahrdienstes wird diesen Ansprüchen in keiner Weise gerecht. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dies führe zu einer Ungleichbehandlung gegenüber nicht bedürftigen behinderten jungen Menschen. Abgesehen davon, dass Art 3 Abs 3 Satz 2 GG einen besonderen Förderungsauftrag zugunsten behinderter Menschen enthält, lassen die Behinderungen der Klägerin ein Ausweichen auf andere Möglichkeiten der Mobilität, die bedürftige nichtbehinderte junge Menschen besitzen, nicht zu. Inwieweit daneben medizinische Gesichtspunkte von Bedeutung sind bzw angeführt werden können, bedarf zum gegenwärtigen Zeitpunkt keiner Entscheidung.

28

Das LSG wird gegebenenfalls über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

(1) Die Leistungen richten sich nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach der Art des Bedarfs, den örtlichen Verhältnissen, den eigenen Kräften und Mitteln der Person oder des Haushalts bei der Hilfe zum Lebensunterhalt.

(2) Wünschen der Leistungsberechtigten, die sich auf die Gestaltung der Leistung richten, soll entsprochen werden, soweit sie angemessen sind. Wünschen der Leistungsberechtigten, den Bedarf stationär oder teilstationär zu decken, soll nur entsprochen werden, wenn dies nach der Besonderheit des Einzelfalles erforderlich ist, weil anders der Bedarf nicht oder nicht ausreichend gedeckt werden kann und wenn mit der Einrichtung Vereinbarungen nach den Vorschriften des Zehnten Kapitels dieses Buches bestehen. Der Träger der Sozialhilfe soll in der Regel Wünschen nicht entsprechen, deren Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wäre.

(3) Auf Wunsch der Leistungsberechtigten sollen sie in einer Einrichtung untergebracht werden, in der sie durch Geistliche ihres Bekenntnisses betreut werden können.

(1) Erwerbsfähig ist, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

(2) Im Sinne von Absatz 1 können Ausländerinnen und Ausländer nur erwerbstätig sein, wenn ihnen die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt ist oder erlaubt werden könnte. Die rechtliche Möglichkeit, eine Beschäftigung vorbehaltlich einer Zustimmung nach § 39 des Aufenthaltsgesetzes aufzunehmen, ist ausreichend.

Wer nicht in der Lage ist, aus eigenen Kräften seinen Lebensunterhalt zu bestreiten oder in besonderen Lebenslagen sich selbst zu helfen, und auch von anderer Seite keine ausreichende Hilfe erhält, hat ein Recht auf persönliche und wirtschaftliche Hilfe, die seinem besonderen Bedarf entspricht, ihn zur Selbsthilfe befähigt, die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft ermöglicht und die Führung eines menschenwürdigen Lebens sichert. Hierbei müssen Leistungsberechtigte nach ihren Kräften mitwirken.

Hat ein Vorverfahren stattgefunden, so ist Gegenstand der Klage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 24. November 2011, soweit es über die Berufung im Verfahren - S 12 SO 33/09 - entschieden hat, aufgehoben und die Sache insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit sind noch die Kosten für die Anschaffung eines Kraftfahrzeugs (Kfz) Opel Vivaro (im April 2008).

2

Der 2003 geborene Kläger leidet an einer Lissenzephalie Typ I (durch eine Genmutation bewirkte, unvollständige Entwicklung des Gehirns). Er ist deshalb in seiner Entwicklung erheblich verzögert, auf den Rollstuhl angewiesen; er leidet zudem unter Epilepsie, verbunden mit Krampfanfällen. Ein Grad der Behinderung von 100 sowie die Merkzeichen "aG", "G", "B" und "H" sind festgestellt. Seit 1.12.2008 erhält er Pflegegeld von der Pflegekasse nach Pflegestufe III und wird zu Hause von seiner Mutter betreut, weil er wegen behinderungsbedingter Überforderung keinen Kindergarten besuchen kann. Der Vater des Klägers arbeitet an zwei bis drei Tagen pro Woche zu Hause, an den übrigen Wochentagen an seinem Dienstort. Für den Weg dorthin nutzte er ein - weiteres - Kfz.

3

Anfang Januar 2008 beantragte der Vater für den Kläger die Übernahme der Kosten für die Anschaffung eines behindertengerechten Kfz, um im Rollstuhl sitzend transportiert werden zu können. Seit der Geburt der Schwester könne der Rollstuhl nicht mehr (zusammen mit deren Kinderwagen) im Kofferraum des der Mutter zur Verfügung stehenden Kfz transportiert werden, ohne zuvor auseinandergenommen zu werden. Man sei auf ein zweites Fahrzeug angewiesen. Dieses werde für den Weg zu Therapien (therapeutisches Reiten, Krankengymnastik), für Arztbesuche, Ausflüge, Urlaube, den Besuch von Kultur- und Sportveranstaltungen sowie des Gottesdienstes und für Einkäufe und sonstige Erledigungen bei einer Gesamtfahrleistung von 1520 km pro Monat benötigt.

4

Im April 2008 erwarb der Kläger, finanziert durch den Vater, einen gebrauchten Opel Vivaro (Opel) zum Preis von 13 350 Euro, nachdem er dem Beklagten im März 2008 mitgeteilt hatte, das bisher von seiner Frau für Fahrten mit dem Kläger genutzte Kfz sei kaputtgegangen. Der Arbeitgeber des Vaters gab hierfür einen Zuschuss von 2500 Euro. Der Beklagte lehnte den Antrag auf Kostenübernahme für die Anschaffung des Opel ab (Bescheid vom 27.10.2008; Widerspruchsbescheid vom 11.2.2009).

5

Während die Klage erstinstanzlich insoweit erfolgreich war, als der Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide verurteilt worden ist, den Antrag des Klägers auf Übernahme von Leistungen der Eingliederungshilfe zur Beschaffung eines Kfz neu zu bescheiden (Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 5.5.2010, - S 12 SO 33/09), wies das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz auf die Berufung des Beklagten die mit dem Verfahren S 12 SO 119/09 (Übernahme von Kosten für Inspektion und Instandhaltung des Opel) verbundene Klage ab (Urteil vom 24.11.2011). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, der Kläger sei nicht zur Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft ständig auf ein Fahrzeug angewiesen. Fahrten zu Ärzten seien ohne Bedeutung, weil entsprechende Aufwendungen von der Krankenkasse zu tragen seien. Dies gelte grundsätzlich auch für Fahrten zum therapeutischen Reiten, selbst wenn die Krankenkasse die Therapiekosten nicht, die Beihilfestelle des Vaters des Klägers die Kosten nur zu 80 % übernehme. Einkaufsfahrten könnten auch ohne den Kläger durchgeführt werden, weil der Vater regelmäßig zu Hause arbeite und seine Betreuung damit sichergestellt sei. Für die Teilhabe im Übrigen genüge das Angebot des Beklagten, den Behindertenfahrdienst in Anspruch nehmen zu können, weil damit soziale Kontakte im näheren Umfeld gepflegt werden könnten. Überörtliche Mobilität sicherzustellen sei nicht das Ziel der Eingliederungshilfe. Auch Personen, die nicht behindert seien, denen aber aus wirtschaftlichen oder familiären Gründen kein Kfz zur Verfügung stehe, könnten am überörtlichen sozialen Leben nicht oder nur bedingt teilhaben. Weitere Aktivitäten über das örtliche Umfeld hinaus seien folglich ggf förderlich, nicht aber notwendig im sozialhilferechtlichen Sinn. Die Grundversorgung des Klägers sei nicht zuletzt durch die wohnumfeldverbessernden Maßnahmen, die der Beklagte gefördert habe, gesichert.

6

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung der § 53 Abs 1 Satz 1, § 54 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII), § 55 Abs 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) iVm § 8 Abs 1 der Verordnung nach § 60 SGB XII (Eingliederungshilfe-Verordnung) sowie der Grundsätze der UN-Behindertenrechtskonvention. Das LSG habe verkannt, dass das Ziel der Eingliederungshilfe nicht die Gleichstellung behinderter und nicht behinderter Sozialhilfeempfänger, sondern behinderter und nicht behinderter Menschen ohne Rücksicht auf ihre Bedürftigkeit sei. An das "Angewiesensein zur Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft" seien keine strengeren Anforderungen zu stellen als an die Teilhabe am Arbeitsleben. Das "Angewiesensein" sei für jeden Einzelfall aufgrund Art und Ausmaß der bestehenden Behinderung in zeitlicher und tatsächlicher Hinsicht zu überprüfen. Erst durch die mithilfe eines Kfz gesicherte Mobilität werde ihm eine menschenwürdige Entwicklung und Persönlichkeitsbildung ermöglicht.

7

Der Kläger beantragt, nachdem er in der mündlichen Verhandlung seine Revision bezogen auf das ursprünglich unter dem Aktenzeichen S 12 SO 119/09 geführte Verfahren zurückgenommen hat,

        

das Urteil des LSG abzuändern und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG - S 12 SO 33/09 - zurückzuweisen.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung des Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz), weil tatsächliche Feststellungen des LSG (§ 163 SGG)für eine abschließende Entscheidung fehlen.

11

Gegenstand des Verfahrens ist, nachdem der Kläger die Revision hinsichtlich der im ursprünglichen Verfahren S 12 SO 119/09 noch streitbefangenen Ansprüche zurückgenommen hat, nur noch der Bescheid vom 27.10.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.2.2009 (§ 95 SGG), mit dem der Beklagte abgelehnt hat, die Kosten für die Anschaffung des Opel zu erstatten. Dagegen hat sich der Kläger bei zutreffender Auslegung seines Begehrens eigentlich mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1, § 56 SGG) gewandt, gerichtet auf Erlass eines Grundurteils (§ 130 Abs 1 Satz 1 SGG). In der mündlichen Verhandlung vor dem SG hatte der Kläger allerdings lediglich den Antrag formuliert, die angefochtenen Bescheide aufzuheben und den Beklagten zur Neubescheidung seines Antrags zu verurteilen (kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsbescheidungsklage, § 54 Abs 1, § 131 Abs 2 Satz 2 iVm Abs 3 SGG), wozu das SG den Beklagten auch verurteilt hat. Da der Kläger nicht in Berufung gegangen ist, ist eine weiter gehende Entscheidung nicht möglich.

12

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Anschaffung des Opel gegen den gemäß § 98 Abs 1, § 97 Abs 1 SGB XII örtlich und sachlich zuständigen Landkreis Neuwied als örtlichen Träger der Sozialhilfe(§ 3 Abs 2 SGB XII, § 1 Landesgesetz zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch SGB XII vom 22.12.2004 - Gesetz- und Verordnungsblatt 571; zur eigenständigen Prüfung des Landesrechts ist der Senat mangels Berücksichtigung durch das LSG befugt - vgl nur BSGE 103, 39 ff RdNr 12 = SozR 4-2800 § 10 Nr 1; ob der Kreis nach § 3 Abs 1 AGSGB XII durch Satzung eine Verbandsgemeinde oder verbandsfreie Gemeinde zur eigenständigen Erledigung der Aufgaben der Sozialhilfe herangezogen hat, wird das LSG allerdings noch zu prüfen haben) ist § 19 Abs 3(idF, die die Norm durch das Gesetz zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 20.4.2007 - BGBl I 554 - erhalten hat) iVm § 53 Abs 1 Satz 1 und § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII(beide idF, die die Normen durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022 - erhalten haben), § 55 SGB IX und § 8 Eingliederungshilfe-VO(idF, die die Norm durch das Gesetz vom 27.12.2003 erhalten hat; zur Unanwendbarkeit des § 15 Abs 1 Satz 4 SGB IX in diesen Fällen vgl: BSGE 103, 171 ff RdNr 12 = SozR 4-3500 § 54 Nr 5; BSG SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 20). Ob der Beklagte allgemein bestimmt hat, dass im Widerspruchsverfahren sozial erfahrene Dritte (§ 116 SGB XII) zu beteiligen sind (vgl § 12 AGSGB XII), mag das LSG hingegen noch verifizieren. Da sich der geltend gemachte Anspruch auf eine Geldleistung richtet, ist es rechtlich unerheblich, dass der Kläger den Opel schon vor Erlass des Ablehnungsbescheids gekauft hat; deshalb stehen §§ 2, 18 SGB XII (Nachrang der Sozialhilfe; Leistung erst ab Kenntnis des Sozialhilfeträgers) einer Leistungsgewährung nicht entgegen (BSG SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 21). Nur für die Frage, ob ein Leistungsanspruch besteht, ist auf die Rechtslage im Zeitpunkt der Entstehung (Fälligkeit) der Kosten (April 2008) abzustellen (BSG, aaO, RdNr 19). Einem Kostenerstattungsanspruch steht nicht entgegen, dass der Vater bzw die Eltern des Klägers die angefallenen Kosten bereits gezahlt hat bzw haben (dazu ausführlich BSGE 112, 67 ff RdNr 25 = SozR 4-3500 § 92 Nr 1).

13

Der Kläger erfüllt die personenbezogenen Voraussetzungen des § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII, wonach Leistungen der Eingliederungshilfe - als gebundene Leistung(BSG SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 25)- (nur) an Personen erbracht werden, die durch eine Behinderung iS des § 2 Abs 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art und Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Denn der Kläger ist durch seine Gehbehinderung in seiner körperlichen (§ 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII iVm § 1 Nr 4 Eingliederungshilfe-VO)und durch die unvollständige Entwicklung seines Gehirns auch in seiner geistigen Funktion wesentlich (zur Wesentlichkeit vgl nur BSGE 112, 196 ff RdNr 14 mwN = SozR 4-3500 § 54 Nr 10) behindert (§ 2 Abs 1 SGB IX, § 2 Eingliederungshilfe-VO).

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Ob er allerdings iS des § 8 Abs 1 Satz 2 Eingliederungshilfe-VO auf den Opel zur Eingliederung in die Gemeinschaft tatsächlich angewiesen ist, kann der Senat wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen des LSG(§ 163 SGG)nicht abschließend beurteilen. Die Leistungen der Eingliederungshilfe werden durch § 54 Abs 1 SGB XII iVm §§ 26, 33, 41 und 55 SGB IX und durch die auf der Ermächtigungsgrundlage des § 60 SGB XII erlassene Eingliederungshilfe-VO konkretisiert. Die Hilfe zur Beschaffung eines Kfz wird nach § 8 Abs 1 Satz 1 Eingliederungshilfe-VO iVm Satz 2 in angemessenem Umfang gewährt, wenn der behinderte Mensch wegen Art oder Schwere seiner Behinderung insbesondere zur Teilhabe am Arbeitsleben auf die Benutzung des Kfz angewiesen ist.

15

In Hinblick auf das bei jeder Eingliederungsmaßnahme zu prüfende Merkmal der Notwendigkeit (§ 4 Abs 1 SGB IX)ist dies nur zu bejahen, wenn das Kfz als grundsätzlich geeignete Eingliederungsmaßnahme unentbehrlich zum Erreichen der Eingliederungsziele ist (BSGE 112, 67 ff RdNr 14 = SozR 4-3500 § 92 Nr 1), die darin liegen (vgl § 53 Abs 3 Satz 1 SGB XII), eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und den behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Dabei ist dem behinderten Menschen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihm die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder ihn so weit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen (§ 53 Abs 2 Satz 2 SGB XII, § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII iVm § 55 Abs 1 SGB IX). In welchem Maß und durch welche Aktivitäten ein behinderter Mensch am Leben in der Gemeinschaft teilnimmt, ist abhängig von seinen individuellen Bedürfnissen unter Berücksichtigung seiner Wünsche (§ 9 Abs 2 SGB XII), bei behinderten Kindern der Wünsche seiner Eltern, orientiert am Kindeswohl nach den Umständen des Einzelfalls. Es gilt mithin ein individueller und personenzentrierter Maßstab, der regelmäßig einer pauschalierenden Betrachtung des Hilfefalls entgegensteht (BSG SozR 4-3500 § 54 Nr 6 RdNr 22; SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 25 f).

16

Danach war vorliegend die Anschaffung des Kfz zum Erreichen der Eingliederungsziele grundsätzlich geeignet. Denn der Kläger benötigte ein Kfz, um mehrmals die Woche an einem therapeutischen Reiten teilzunehmen, regelmäßig Ausflüge in den Park zu unternehmen und Verwandten- und Bekanntenbesuche durchzuführen, Kultur- und Sportveranstaltungen sowie den Gottesdienst zu besuchen und seine Eltern bei Einkäufen und sonstigen Erledigungen zu begleiten. Ob Fahrten zum Einkaufen auch ohne den Kläger hätten durchgeführt werden können oder die Fahrten in ihrer Häufigkeit nicht denen mit nicht behinderten Kindern entsprachen, ist entgegen der Auffassung des LSG im Hinblick auf den anzulegenden individuellen Maßstab ohne Belang. Insbesondere ist hinsichtlich des Vergleichsmaßstabs für den Umfang der gesellschaftlichen Kontakte hier der Umstand wesentlich zu beachten, dass der Kläger wegen der Schwere seiner Behinderung keinen Kindergarten und keine Schule besuchen konnte, ihm also lediglich Aktivitäten außerhalb dieses gesellschaftlichen Bereichs verblieben, um überhaupt am Leben in der Gemeinschaft teilzuhaben. Deshalb können Einkaufsfahrten oder regelmäßige Besuche von Verwandten und Freunden zur Teilhabe erforderlich gewesen sein, wenn auf andere Art und Weise ein Erleben von üblichen gesellschaftlichen Kontakten mit Menschen außerhalb der Familie und das Erlernen von entsprechenden Umgangsformen und Verhaltensweisen nicht hinreichend möglich waren und die Fahrten gerade deshalb mit dem Kläger unternommen wurden. Insoweit gingen seine zu berücksichtigenden Teilhabebedürfnisse über die eines nicht behinderten nicht sozialhilfebedürftigen Kindes gleichen Alters - das die maßgebliche Vergleichsgruppe darstellt - hinaus. Die Auffassung des LSG, der Kläger hätte sich mit einer Integration in das nähere häusliche Umfeld begnügen müssen, für die kein Kfz benötigt werde, steht mit dem anzulegenden Prüfungsmaßstab nicht in Einklang. Ebenso wenig muss sich der Kläger darauf verweisen lassen, ihm habe zu Hause ein Therapieraum zur Verfügung gestanden, der neben anderen Leistungen sog ambulanter Hilfe (zB Frühförderung, sonstiger Umbaumaßnahmen) eine Förderung seiner Entwicklung zugelassen habe. Ohnedies ist nicht erkennbar, inwieweit diese Hilfen überhaupt auf die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft gerichtet waren. Wie ausgeführt, bestimmen zudem nicht die Vorstellungen des Beklagten die Reichweite und Häufigkeit der Teilhabe des behinderten Menschen, sondern dessen angemessene Wünsche; für eine "Saldierung" von Leistungen existiert keine Rechtsgrundlage. Irrelevant ist außerdem, ob von dritter Seite, zB der Krankenkasse, eine bestimmte Zahl von Fahrten mit dem eigenen Kfz finanziert wurde, weil dies die Regelmäßigkeit der übrigen Fahrten nicht berührt und auf deren Notwendigkeit keinen Einfluss hat. Der Senat setzt sich damit auch nicht in Widerspruch zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, nach der das Angewiesensein auf ein Kfz eine ständige, nicht nur vereinzelte oder nur gelegentliche Nutzung voraussetzen soll (BVerwGE 55, 31, 33; 111, 328, 330 f).

17

Es fehlen jedoch tatsächliche Feststellungen des LSG dazu (§ 163 SGG), ob die Anschaffung des Opel unentbehrlich zum Erreichen der Eingliederungsziele war oder ob andere Möglichkeiten als die Benutzung eines Kfz zur Verwirklichung der Teilhabeziele zumutbar hätten genutzt werden können. Das Angewiesensein auf ein Kfz wäre nämlich dann zu verneinen, wenn die Teilhabeziele mit dem öffentlichen Personennahverkehr und ggf unter ergänzender Inanspruchnahme des Behindertenfahrdienstes zumutbar hätten verwirklicht werden können. Dabei wird neben regelmäßigen Verkehrszeiten zB auch die praktische Möglichkeit der Benutzung des Verkehrsmittels mit einem Rollstuhl zu berücksichtigen sein. Sollten die Ermittlungen ergeben, dass entsprechende Alternativen nicht oder nicht ausreichend bestanden haben, war der Kläger auf ein Kfz angewiesen.

18

In diesem Fall könnte dem Anspruch auf Kostenerstattung allerdings noch entgegenstehen, dass im Zeitpunkt der Anschaffung des Opel bereits ein (Familien-)Fahrzeug vorhanden war, mit dem der Vater zwar seinen Weg zur Arbeit zurücklegte, das aber nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) unter der Woche an zwei bis drei Tagen sowie am Wochenende für Dienstfahrten nicht benötigt wurde. Dass dieses Fahrzeug nicht im Eigentum des Klägers stand, ist unerheblich. Es ist eine Gesamtbetrachtung der Verhältnisse der Einstandsgemeinschaft geboten. Der Kläger war nämlich schon rein tatsächlich auch bei einem aus Sozialhilfemitteln angeschafften Kfz, immer auf die Unterstützung der Eltern zur Erreichung der Teilhabeziele angewiesen, weil er das Fahrzeug selbst gar nicht führen konnte. Dies entspricht dem Regelungskonzept des SGB XII, das ua in § 16 SGB XII mit dem Gebot familiengerechter Leistungen und in § 19 Abs 3 SGB XII zum Ausdruck kommt, wonach bei minderjährigen Kindern auch auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Eltern abzustellen ist(dazu gleich). Das umfassende Prinzip familiärer Solidarität mit der Pflicht zu Beistand und Rücksicht ist auch Grundlage der gesamten Ausgestaltung des Eltern-Kind-Verhältnisses im Bürgerlichen Gesetzbuch - BGB - (vgl § 1618a BGB; dazu Palandt, BGB, 73. Aufl 2014, § 1618a RdNr 1).

19

Sollte das Fahrzeug seiner Größe und Beschaffenheit nach - ggf nach einem behindertengerechten Umbau (§ 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-VO) - geeignet gewesen sein, damit auch den Kläger zu transportieren und durfte es - falls es sich um ein Dienstfahrzeug gehandelt hat - auch privat genutzt werden, wäre der Kläger weiterhin auf ein Kfz, nicht aber auf das Kfz (den Opel) angewiesen gewesen, für dessen Anschaffung er die Erstattung der Kosten begehrt. Denn er hätte wie Familien der maßgeblichen Vergleichsgruppe dann darauf verwiesen werden können, Termine so zu legen, dass das regelmäßig unter der Woche und an den Wochenenden zur Verfügung stehende Kfz für die Verwirklichung seiner Teilhabeziele eingesetzt wird, sollte dies auch behinderungsbedingt möglich gewesen sein und es zB keine Überforderung des Klägers mit sich gebracht haben, wenn verschiedene Termine auf einen Tag hätten gelegt werden müssen.

20

War das Kfz des Vaters hingegen nicht für Fahrten mit dem Kläger geeignet oder - wenn es sich um ein Dienstfahrzeug handelte - die private Nutzung nicht zugelassen, hätte der Beklagte ggf verlangen können, dass das vorhandene, nicht behindertengerechte Fahrzeug verkauft werde, um den Erlös zur Anschaffung eines angemessenen, behindertengerechten Fahrzeugs einzusetzen und damit das Teilhabeziel gleichermaßen zu erreichen. In diesem Fall hätte der Beklagte anstelle des Zuschusses nach § 8 Abs 1 Eingliederungshilfe-VO im Rahmen seines Ermessens gemäß § 8 Abs 2 Eingliederungshilfe-VO, der eine Ausprägung des Nachranggrundsatzes(§ 2 SGB XII) ist, Leistungen (ggf nur teilweise) als Darlehen zu gewähren brauchen. Der Verkauf des Fahrzeugs hätte insoweit eine Art der zumutbaren Selbsthilfe dargestellt.

21

Der Senat kann auch nicht abschließend beurteilen, ob der Kläger bedürftig war. Nach § 19 Abs 3 SGB XII ist Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nur zu leisten, soweit den Leistungsberechtigten und, wenn sie - wie hier der Kläger - minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach dem 11. Kapitel des SGB XII nicht zuzumuten ist, wozu bislang ebenfalls noch keine Feststellungen getroffen worden sind. Diese sind nicht entbehrlich, denn es handelt sich bei den Kosten für die Anschaffung des Opel nicht um eine privilegierte Hilfe zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB XII(zum Verhältnis von § 92 Abs 1 und Abs 2 Senatsurteil vom 22.3.2012 - B 8 SO 30/10 R -, BSGE 110, 301 ff RdNr 28 = SozR 4-3500 § 54 Nr 8). Hierfür wären spezifische, an der Person des behinderten Menschen ansetzende Maßnahmen notwendig, auf die die Hilfen ausgerichtet sein müssten; darüber hinaus müsste der Schwerpunkt der Hilfen bei spezifischen Bildungszielen liegen (ausführlich Senatsurteil vom 20.9.2012 - B 8 SO 15/11 R -, BSGE 112, 67 ff RdNr 20 = SozR 4-3500 § 92 Nr 1). An einem derartigen Personenbezug fehlt es aber bei der Hilfe zur Beschaffung eines Kfz.

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Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Ziel der Unterstützten Beschäftigung ist es, Leistungsberechtigten mit besonderem Unterstützungsbedarf eine angemessene, geeignete und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu ermöglichen und zu erhalten. Unterstützte Beschäftigung umfasst eine individuelle betriebliche Qualifizierung und bei Bedarf Berufsbegleitung.

(2) Leistungen zur individuellen betrieblichen Qualifizierung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um sie für geeignete betriebliche Tätigkeiten zu erproben, auf ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorzubereiten und bei der Einarbeitung und Qualifizierung auf einem betrieblichen Arbeitsplatz zu unterstützen. Die Leistungen umfassen auch die Vermittlung von berufsübergreifenden Lerninhalten und Schlüsselqualifikationen sowie die Weiterentwicklung der Persönlichkeit der Menschen mit Behinderungen. Die Leistungen werden vom zuständigen Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 für bis zu zwei Jahre erbracht, soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlich sind. Sie können bis zu einer Dauer von weiteren zwölf Monaten verlängert werden, wenn auf Grund der Art oder Schwere der Behinderung der gewünschte nachhaltige Qualifizierungserfolg im Einzelfall nicht anders erreicht werden kann und hinreichend gewährleistet ist, dass eine weitere Qualifizierung zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung führt.

(3) Leistungen der Berufsbegleitung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um nach Begründung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses die zu dessen Stabilisierung erforderliche Unterstützung und Krisenintervention zu gewährleisten. Die Leistungen werden bei Zuständigkeit eines Rehabilitationsträgers nach § 6 Absatz 1 Nummer 3 oder 5 von diesem, im Übrigen von dem Integrationsamt im Rahmen seiner Zuständigkeit erbracht, solange und soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung zur Sicherung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sind.

(4) Stellt der Rehabilitationsträger während der individuellen betrieblichen Qualifizierung fest, dass voraussichtlich eine anschließende Berufsbegleitung erforderlich ist, für die ein anderer Leistungsträger zuständig ist, beteiligt er diesen frühzeitig.

(5) Die Unterstützte Beschäftigung kann von Integrationsfachdiensten oder anderen Trägern durchgeführt werden. Mit der Durchführung kann nur beauftragt werden, wer über die erforderliche Leistungsfähigkeit verfügt, um seine Aufgaben entsprechend den individuellen Bedürfnissen der Menschen mit Behinderungen erfüllen zu können. Insbesondere müssen die Beauftragten

1.
über Fachkräfte verfügen, die eine geeignete Berufsqualifikation, eine psychosoziale oder arbeitspädagogische Zusatzqualifikation und eine ausreichende Berufserfahrung besitzen,
2.
in der Lage sein, den Menschen mit Behinderungen geeignete individuelle betriebliche Qualifizierungsplätze zur Verfügung zu stellen und ihre berufliche Eingliederung zu unterstützen,
3.
über die erforderliche räumliche und sächliche Ausstattung verfügen sowie
4.
ein System des Qualitätsmanagements im Sinne des § 37 Absatz 2 Satz 1 anwenden.

(6) Zur Konkretisierung und Weiterentwicklung der in Absatz 5 genannten Qualitätsanforderungen vereinbaren die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 sowie die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen im Rahmen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation eine gemeinsame Empfehlung. Die gemeinsame Empfehlung kann auch Ausführungen zu möglichen Leistungsinhalten und zur Zusammenarbeit enthalten. § 26 Absatz 4, 6 und 7 sowie § 27 gelten entsprechend.

(1) Bei der Entscheidung über die Leistungen und bei der Ausführung der Leistungen zur Teilhabe wird berechtigten Wünschen der Leistungsberechtigten entsprochen. Dabei wird auch auf die persönliche Lebenssituation, das Alter, das Geschlecht, die Familie sowie die religiösen und weltanschaulichen Bedürfnisse der Leistungsberechtigten Rücksicht genommen; im Übrigen gilt § 33 des Ersten Buches. Den besonderen Bedürfnissen von Müttern und Vätern mit Behinderungen bei der Erfüllung ihres Erziehungsauftrages sowie den besonderen Bedürfnissen von Kindern mit Behinderungen wird Rechnung getragen.

(2) Sachleistungen zur Teilhabe, die nicht in Rehabilitationseinrichtungen auszuführen sind, können auf Antrag der Leistungsberechtigten als Geldleistungen erbracht werden, wenn die Leistungen hierdurch voraussichtlich bei gleicher Wirksamkeit wirtschaftlich zumindest gleichwertig ausgeführt werden können. Für die Beurteilung der Wirksamkeit stellen die Leistungsberechtigten dem Rehabilitationsträger geeignete Unterlagen zur Verfügung. Der Rehabilitationsträger begründet durch Bescheid, wenn er den Wünschen des Leistungsberechtigten nach den Absätzen 1 und 2 nicht entspricht.

(3) Leistungen, Dienste und Einrichtungen lassen den Leistungsberechtigten möglichst viel Raum zu eigenverantwortlicher Gestaltung ihrer Lebensumstände und fördern ihre Selbstbestimmung.

(4) Die Leistungen zur Teilhabe bedürfen der Zustimmung der Leistungsberechtigten.

(1) Die Leistungen werden erbracht in Form von

1.
Dienstleistungen,
2.
Geldleistungen und
3.
Sachleistungen.

(2) Zur Dienstleistung gehören insbesondere die Beratung in Fragen der Sozialhilfe und die Beratung und Unterstützung in sonstigen sozialen Angelegenheiten.

(3) Geldleistungen haben Vorrang vor Gutscheinen oder Sachleistungen, soweit dieses Buch nicht etwas anderes bestimmt oder mit Gutscheinen oder Sachleistungen das Ziel der Sozialhilfe erheblich besser oder wirtschaftlicher erreicht werden kann oder die Leistungsberechtigten es wünschen.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 28.07.2011 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 04.11.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.02.2010 verurteilt wird, die durch Beauftragung von Gebärdendolmetschern und Mitschreibkräften im Zeitraum vom 20.05.2010 bis zum 22.07.2010 entstandenen und vorläufig übernommenen Kosten nach Maßgabe des am 27.03.2014 abgeschlossenen Vergleichs endgültig zu tragen. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin auch im Berufungsverfahren. Die Revision wird nicht zugelassen.


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Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 23. Februar 2012 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit ist die Übernahme bislang nicht gezahlter Kosten für eine systemische Bewegungstherapie nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) ab 1.1.2008.

2

Der im Landkreis E wohnende Kläger ist 1996 geboren und leidet seit der Geburt am Lowe-Syndrom, einer unheilbaren Stoffwechselerkrankung. Bei ihm besteht eine hochgradige beidseitige Sehbehinderung, eine geistige Behinderung, ein hirnorganisches Anfallsleiden, eine Niereninsuffizienz, eine allgemeine Muskelhypotonie, eine Entwicklungsstörung, eine Sprachentwicklungsstörung sowie ein Zustand nach Linsenentfernung beider Augen bei Katarakt beidseits. Von 2000 bis Mitte 2004 hatte der Beklagte die Kosten von zuletzt 43,35 Euro wöchentlich für eine systemische Bewegungstherapie übernommen. Mit Aufnahme des Klägers in die Freie Waldorfschule zum Schuljahr 2004/2005 - das Schulamt F hatte der Erfüllung der Schulbesuchspflicht dort zugestimmt (bestandskräftiger Bescheid vom 8.7.2004) - machte der Beklagte die Übernahme der Kosten für die systemische Bewegungstherapie von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Eltern des Klägers abhängig (Schreiben vom 16.9.2004); ein "Extra-Schulgeld" für Assistenzdienste im Rahmen der Eingliederungshilfe von monatlich 235,05 Euro zahlte der Beklagte jedoch (Bescheid vom 19.11.2004). Nachdem die Eltern zu ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen keine Angaben gemacht hatten, versagte der Beklagte die Kostenübernahme für die Bewegungstherapie wegen fehlender Mitwirkung (bestandskräftiger Bescheid vom 15.11.2004; Widerspruchsbescheid vom 3.5.2005).

3

Den Antrag des Klägers auf Kostenübernahme ohne Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen der Eltern vom 12.4.2007 lehnte der Beklagte unter Hinweis auf fehlenden schulischen Förderbedarf ab (Bescheid vom 1.10.2007; Widerspruchsbescheid vom 4.12.2007). Die beim Sozialgericht (SG) Freiburg auf die Übernahme dieser Kosten ab Januar 2008 beschränkte Klage - die Forderung ist von der Therapeutin gestundet - war erst- und zweitinstanzlich im Sinne eines Grundurteils erfolgreich (Urteil des SG vom 14.12.2009; Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 23.2.2012). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ua ausgeführt, der Kläger habe Anspruch auf Freistellung von den Kosten für die Zeit vom 1.1.2008 bis 22.2.2012 in Höhe der tatsächlich entstandenen Kosten und ab 23.2.2012 auf Übernahme künftig entstehender Kosten von bis zu zwei Stunden wöchentlich als Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung. Neben den durch die Waldorfschule geleisteten Integrationshilfen bestehe zusätzlicher Bedarf für eine derartige heilpädagogische Maßnahme, um Auffälligkeiten des Klägers im Sozialverhalten, die auf einer Überreizung im Schulalltag beruhen könnten, entgegenzuwirken.

4

Mit seiner Revision rügt der Beklagte eine Verletzung des § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII und des § 2 SGB XII. Er ist der Ansicht, das LSG verkenne, dass Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung im Rahmen der Eingliederungshilfe nur für den Besuch der allgemeinen Schule in Betracht komme; darunter sei die Grundschule und eine auf ihr aufbauende Schule zu verstehen, nicht aber eine Sonderschule. Dieser sei die Freie Waldorfschule im Sinne einer Schule für Geistigbehinderte gleichzusetzen, die der Kläger besucht habe, weil er aufgrund seiner Behinderung nicht in der Lage gewesen sei, dem gemeinsamen Bildungsgang in einer allgemeinen Schule zu folgen. Dies habe das LSG verkannt und habe damit zugleich den Nachrang der Sozialhilfe missachtet. Es hätte zudem die Entscheidung der Schulaufsichtsbehörde zur Beschulung des Klägers auf ihre Richtigkeit hin überprüfen müssen; der Besuch der Freien Waldorfschule sei keine angemessene Schulausbildung. Im Übrigen sei die Therapie nicht geeignet und erforderlich, den Schulbesuch zu ermöglichen.

5

Der Beklagte beantragt,
die Urteile des LSG und des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Er hält die Entscheidungen für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des LSG-Urteils und der Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz); das Verfahren leidet an einem von Amts wegen zu beachtenden Verfahrensmangel.

9

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 1.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4.12.2007 (§ 95 SGG), bei dessen Erlass sozial erfahrene Dritte nicht zu beteiligen waren (§ 116 Abs 2 SGB XII iVm § 9 Gesetz zur Ausführung des SGB XII vom 1.7.2004 - Gesetzblatt 534), inhaltlich begrenzt auf die vom Vermögenseinsatz gänzlich und vom Einkommenseinsatz bis auf die Aufbringung der Kosten des Lebensunterhalts - insoweit hier nicht einschlägig - freigestellte (Eingliederungs-) Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung (dazu später). Zwar könnte die systemische Bewegungstherapie ggf auch als Hilfe zum Erwerb praktischer Fähigkeiten, die geeignet sind, behinderten Menschen die für sie erreichbare Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII iVm § 55 Abs 2 Nr 3 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen -) förderfähig sein bzw eine Hilfe zur Förderung der Verständigung mit der Umwelt (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII iVm § 55 Abs 2 Nr 4 SGB IX)oder eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII iVm § 26 SGB IX) darstellen. Unabhängig davon, dass dem Senat eine Einordnung der systemischen Bewegungstherapie schon mangels tatsächlicher Feststellungen des LSG zum Inhalt der Therapie nicht möglich ist (dazu später), sind derartige Leistungen jedoch nicht nach § 92 Abs 2 SGB XII vom Einkommens- und Vermögenseinsatz des Klägers und seiner Eltern freigestellt, sodass dem Klageziel entsprechend derartige Leistungen nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens sind. Dem stünde auch die Bestandskraft des Versagungsbescheids (wegen fehlender Mitwirkung bei der Einkommens- und Vermögensermittlung) vom 15.11.2004 entgegen (vgl § 77 SGG). Der Beklagte hat mit dem angegriffenen Bescheid gerade keinen neuen Verwaltungsakt erlassen, der den Versagungsbescheid vom 15.11.2004 als sog Zweitbescheid ersetzt hätte, sondern entgegen der früheren Prüfung über einen einkommens- und vermögensunabhängigen Anspruch entschieden.

10

Das Verfahren leidet jedoch an einem von Amts wegen zu beachtenden Verfahrensfehler, weil das LSG nicht die Therapeutin, Frau S, gemäß § 75 Abs 2 1. Alt SGG beigeladen hat. Nach § 75 Abs 2 1. Alt SGG sind Dritte nämlich dann beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann (echte notwendige Beiladung); diese Voraussetzungen sind in Person der Therapeutin erfüllt, weil ein Anspruch auf Kostenübernahme als Sachleistung im weiten Sinne (Schuldbeitritt durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung) im Streit steht, wegen der Stundung der Forderung also nicht ein Anspruch auf Kostenerstattung. Der Schuldbeitritt hat einen unmittelbaren Zahlungsanspruch des Leistungserbringers gegen den Sozialhilfeträger und einen Anspruch des Hilfeempfängers gegen den Sozialhilfeträger auf Zahlung an den Leistungserbringer zur Folge (BSGE 102, 1 ff RdNr 25 = SozR 4-1500 § 75 Nr 9 mwN); folglich kann die Entscheidung über die Verpflichtung des Beklagten zur Kostenübernahme gegenüber dem Kläger und der Therapeutin nur einheitlich ergehen (anders beim Streit um die Erstattung von Kosten als reiner Geldleistung, vgl BSGE 110, 301 ff RdNr 16 = SozR 4-3500 § 54 Nr 8; anders auch bei dem - der späteren Kostenübernahme ggf vorgeschalteten - Streit um die Erteilung einer Zusicherung oder auf Erlass eines Grundlagenbescheids: vgl Jaritz/Eicher in juris PraxisKommentar SGB XII, § 75 SGB XII RdNr 119.5 f). Das Unterlassen einer notwendigen Beiladung nach § 75 Abs 2 1. Alt SGG ist bei einer zulässigen Revision von Amts wegen als Verfahrensfehler zu beachten (vgl nur: BSGE 102, 1 ff RdNr 28 = SozR 4-1500 § 75 Nr 9; BSG SozR 1500 § 75 Nr 21; BSG, Urteil vom 12.2.2003 - B 9 VS 6/01 R -, USK 2003-90; anders bei der unechten notwendigen Beiladung nach § 75 Abs 2 2. Alt SGG: BSG SozR 4-4200 § 7 Nr 4 und BSG, Urteil vom 26.1.2005 - B 12 P 9/03 R -, USK 2005-3 mwN).

11

Zwar kann nach § 168 Satz 2 SGG die Beiladung noch im Revisionsverfahren nachgeholt werden; der Senat ist hierzu allerdings nicht verpflichtet (vgl nur: BSG SozR 4-3500 § 65 Nr 5 RdNr 10; SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 18 mwN) und hat davon abgesehen, weil tatsächliche Feststellungen, insbesondere zum konkreten Inhalt der mit dem Kläger durchgeführten Therapie und ihrer Auswirkungen auf dessen Schulbildung, fehlen (§ 163 SGG); dies stünde einer Sachentscheidung des Senats ohnedies entgegen.

12

SG und LSG haben außerdem verfahrensfehlerhaft ein Grundurteil erlassen. Dem steht § 130 Abs 1 Satz 1 SGG entgegen, der ein Grundurteil nur bei einer Leistung in Geld vorsieht(vgl auch zur Unzulässigkeit des Grundurteils im Zivilprozess bei einem Anspruch auf Schuldbefreiung: BGH, Urteil vom 30.1.1987 - V ZR 7/86 -, NJW-RR 1987, 756 f). Da es sich bei der Kostenübernahme um einen Schuldbeitritt, verbunden mit einem Anspruch auf Befreiung von der Schuld gegenüber dem Leistungserbringer, handelt, lagen die Voraussetzungen des § 130 Abs 1 Satz 1 SGG mithin nicht vor. Dieser in der Revisionsinstanz fortwirkende Verstoß gegen einen verfahrensrechtlichen Grundsatz, der im öffentlichen Interesse zu beachten und dessen Befolgung dem Belieben der Beteiligten entzogen ist und (deshalb) die Grundlagen des weiteren Verfahrens berührt (vgl zur vergleichbaren Situation bei Erlass eines Urteils unter Missachtung der Voraussetzungen des § 131 Abs 5 SGG BSG, Urteil vom 25.4.2013 - B 8 SO 21/11 R - RdNr 10 ff), ist ebenfalls im Revisionsverfahren von Amts wegen als Verfahrensfehler zu beachten.

13

Ohne Verfahrensfehler hat das LSG hingegen von der Beiladung der Krankenkasse (KK) und des Jugendhilfeträgers nach § 75 Abs 2 1. Alt SGG (echte notwendige Beiladung) abgesehen (vgl dazu umfassend BSGE 110, 301 ff RdNr 10 ff = SozR 4-3500 § 54 Nr 8). Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei der systemischen Bewegungstherapie um ein von der KK zu gewährendes Heilmittel iS der §§ 32, 92, 138 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) handelt. Denn als Heilmittel wäre die Therapie wohl keine Leistung zur Teilhabe iS des § 14 SGB IX(zu dieser Problematik BSG SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 15) und schon aus diesem Grund eine Beiladung der KK nach der 1. Alt nicht erforderlich (BSG aaO). Jedenfalls fehlt es an der nach § 73 Abs 2 Satz 1 Nr 7 SGB V erforderlichen ärztlichen Verordnung. Auch der Träger der öffentlichen Jugendhilfe war in diesem Zusammenhang nicht beizuladen, ohne dass darauf einzugehen ist, ob der Beklagte nicht auch als Jugendhilfeträger für die in Betracht kommende Leistung nach § 35a Sozialgesetzbuch Achtes Buch - Kinder- und Jugendhilfe - (SGB VIII) zuständig wäre. Denn ohnedies besteht eine vorrangige Leistungspflicht des beklagten Sozialhilfeträgers (Leistungen der Eingliederungshilfe für ua geistig behinderte junge Menschen) gemäß § 10 Abs 4 SGB VIII(in der seit 1.10.2005 geltenden Fassung; vgl zum Ganzen BSGE 110, 301 ff RdNr 15 mwN = SozR 4-3500 § 54 Nr 8). Da beim Kläger jedenfalls eine wesentliche geistige Behinderung vorliegt, kann dahinstehen, ob sich eine Maßnahmenotwendigkeit auch aufgrund einer seelischen (= psychischen) Behinderung ergeben würde. Anhaltspunkte dafür liegen jedenfalls nicht vor. Ob die KK nach § 75 Abs 2 2. Alt SGG (unechte notwendige Beiladung) als anderer möglicher Leistungsträger hätte beigeladen werden müssen, ist mangels entsprechender Rüge vom Senat nicht zu prüfen (zur Rügepflicht im Revisionsverfahren nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 75 RdNr 13b mwN).

14

Vor einer Beiladung der Therapeutin ist der Senat indes gehindert, über die von der Revision aufgeworfenen materiellrechtlichen Fragen für das LSG bindend (§ 170 Abs 5 SGG) zu entscheiden, weil anderenfalls das rechtliche Gehör (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 Grundgesetz, Art 6 Abs 1 Europäische Menschenrechtskonvention)der Beizuladenden verletzt würde (vgl: BSGE 97, 242 ff RdNr 17 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1; BSGE 103, 39 ff RdNr 14 = SozR 4-2800 § 10 Nr 1). Die nachfolgenden rechtlichen Ausführungen stellen damit lediglich Entscheidungshilfen für das LSG dar.

15

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch auf Kostenübernahme durch den zuständigen (§ 97 Abs 1, § 98 Abs 1 SGB XII iVm § 3 Abs 2 Satz 1 SGB XII und §§ 1, 2 AG-SGB XII)Beklagten - zur eigenständigen Prüfung des Landesrechts ist der Senat mangels Berücksichtigung durch das LSG entgegen § 202 SGG iVm § 560 Zivilprozessordnung (ZPO) befugt(vgl BSGE 103, 39 ff RdNr 12 = SozR 4-2800 § 10 Nr 1) - bilden § 19 Abs 3(in den Normfassungen des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 20.4.2007 - BGBl I 554 - und des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 - BGBl I 453) iVm § 53 Abs 1 Satz 1(in der Normfassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022), § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII(in den Normfassungen des Gesetzes vom 27.12.2003 und des Gesetzes zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs im Krankenhaus vom 30.7.2009 - BGBl I 2495) und § 12 Abs 1 Nr 1 Eingliederungshilfe-Verordnung - Eingliederungshilfe-VO -(in der Fassung, die diese durch das Gesetz vom 27.12.2003 erhalten hat) iVm § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB XII(in den Normfassungen des Gesetzes vom 27.12.2003 und vom 24.3.2011).

16

Ob der Kläger nach diesen Vorschriften für die Zeit ab 1.1.2008 einen Anspruch auf Übernahme der Kosten hat, lässt sich anhand der tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nicht abschließend beurteilen. Der Kläger hätte einen Anspruch auf Kostenübernahme - ohne Berücksichtigung von Vermögen und ohne Berücksichtigung seines Einkommens und des Einkommens seiner Eltern (§ 92 Abs 2 Satz 1 und 2 SGB XII) - nur dann, wenn es sich bei der systemischen Bewegungstherapie um eine privilegierte Maßnahme nach § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB XII handeln würde, also eine Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung. Der Kläger erfüllt die personenbezogenen Voraussetzungen des § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII. Danach werden Leistungen der Eingliederungshilfe - als gebundene Leistung - (nur) an Personen erbracht, die durch eine Behinderung iS des § 2 Abs 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art und Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Diese Voraussetzungen liegen vor, weil der Kläger nach den bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG durch seine Sehbehinderung in seiner körperlichen (§ 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII iVm § 1 Nr 4 Eingliederungshilfe-VO), vor allem aber in seiner geistigen Funktion wesentlich (zur Wesentlichkeit vgl nur BSG SozR 4-3500 § 54 Nr 10 RdNr 14 mwN) beeinträchtigt ist (§ 2 Abs 1 SGB IX, § 2 Eingliederungshilfe-VO).

17

Der geltend gemachte Anspruch bestünde nach § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII iVm § 92 Abs 2 Satz 1 und 2 SGB XII, wenn es sich um eine Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung (im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht) handeln würde. Eine abschließende Beurteilung dazu ist nicht möglich. Die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung umfasst nach § 12 Nr 1 Eingliederungshilfe-VO heilpädagogische sowie sonstige Maßnahmen zugunsten körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher, wenn die Maßnahme erforderlich und geeignet ist, dem behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern.

18

Wie bereits § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII verdeutlicht ("nach der Besonderheit des Einzelfalles"), liegt § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII iVm § 12 Nr 1 Eingliederungshilfe-VO ein individualisiertes Förderverständnis zugrunde(BSG SozR 4-3500 § 54 Nr 6 RdNr 22). Grundsätzlich kommen alle Maßnahmen in Betracht, die im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung geeignet und erforderlich sind, die Behinderungsfolgen zu beseitigen oder zu mildern (BSGE 101, 79 ff RdNr 27 mwN = SozR 4-3500 § 54 Nr 1), soweit es sich nicht um solche handelt, die dem Kernbereich der eigentlichen Schulbildung zuzurechnen sind (vgl zuletzt BSG SozR 4-3500 § 54 Nr 10 RdNr 15 f). Zu diesem Kernbereich gehört die lediglich unterstützende Tätigkeit der Therapeutin außerhalb des Schulbetriebs nicht.

19

Jedoch hat das LSG weder den konkreten Inhalt der mit dem Kläger durchgeführten Therapie festgestellt noch dazu Ausführungen gemacht, wie sich die Therapie im Einzelnen auf seine Lernfähigkeit auswirkt. Das LSG hat nur begründet, weshalb aus seiner Sicht beim Kläger neben den durch die Schule geleisteten Integrationshilfen weiterer Förderbedarf bestehe. Inwieweit die Therapie jedoch die Verbesserung schulischer Fähigkeiten des Klägers zum Ziel hat, kann anhand der Ausführungen des LSG nicht nachvollzogen werden; zumindest genügen allgemein gehaltene Bewertungen der Therapie und ihrer Ziele sowie eine allgemein gehaltene Umschreibung der angewandten Methoden anhand von Internetrecherchen oder anderen Publikationen für die notwendige individuelle Beurteilung nicht (BSGE 110, 301 ff RdNr 23 = SozR 4-3500 § 54 Nr 8); denn daraus lassen sich weder Schlüsse auf konkrete Inhalte noch auf erfolgversprechende Therapieansätze im konkreten Einzelfall ziehen.

20

Anders als der Beklagte meint, kann dem Kläger allerdings nicht entgegengehalten werden, er besuche eine seiner Behinderung nicht angemessene Schule und dieser Bildungsgang vermittele keine angemessene Schulbildung. Dies würde im Ergebnis zu einer unzulässigen inzidenten Prüfung der Entscheidung der Schulbehörde über die Erfüllung der Schulbesuchspflicht durch den Sozialhilfeträger im Rahmen der §§ 53 ff SGB XII führen.

21

Eine allgemeingültige Definition dessen, was unter einer angemessenen Schulbildung zu verstehen ist, findet sich weder im SGB XII noch im SGB IX; auch in § 12 Eingliederungshilfe-VO sind nur beispielhaft ("umfasst auch") Maßnahmen benannt, die Gegenstand der möglichen Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung sein können. Die Entscheidung darüber, was im Einzelfall für das behinderte Kind eine angemessene Schulbildung ist, beurteilt sich, wie der Verweis in § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 2. Halbsatz SGB XII deutlich macht, wonach die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht unberührt bleiben, nach den Schulgesetzen der Länder. Der Sozialhilfeträger ist folglich an die Entscheidung der Schulverwaltung über die Erfüllung der Schulpflicht eines behinderten Kindes in einer Schule bzw über eine bestimmte Schulart gebunden (BVerwGE 123, 316 ff; 130, 1 ff; BVerwG Buchholz 436.0 § 39 BSHG Nr 5; Wehrhahn in jurisPK-SGB XII, § 54 SGB XII RdNr 48; Scheider in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Aufl 2010, § 54 SGB XII RdNr 45 und 55; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 54 RdNr 43 a, Stand Februar 2010; Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl 2012, § 54 SGB XII RdNr 40; Bieritz-Harder in Lehr- und Praxiskommentar SGB XII, 9. Aufl 2012, § 54 SGB XII RdNr 55; vgl zur Letztverantwortlichkeit der Schulbehörde über die Form des Schulbesuchs für förderungsbedürftige Kinder auch BVerfGE 96, 288 ff). Deshalb verfängt auch, solange die Schulbehörde an ihrem Bescheid vom 8.7.2004 festhält, der auf das sog Nachrangprinzip des § 2 SGB XII gestützte weitere Einwand des Beklagten nicht, der Kläger hätte der Schulbesuchspflicht eigentlich in einer Sonderschule genügen müssen, weil er aufgrund seiner Behinderung gar nicht in der Lage sei, dem Schulbetrieb an der Waldorfschule zu folgen. Soweit der Beklagte mit seiner Revision in diesem Zusammenhang eine fehlerhafte Auslegung des Landesschulrechts durch das LSG rügt, kommt es darauf - unabhängig davon, ob der Senat diese Auslegung überhaupt überprüfen dürfte (§ 202 SGG iVm § 560 ZPO) -für die Entscheidung nicht an.

22

Bei seiner Entscheidung wird das LSG zu berücksichtigen haben, dass das SG zu Unrecht nur ein Grundurteil erlassen hat (vgl zu den Konsequenzen BSG, Urteil vom 25.4.2013 - B 8 SO 21/11 R RdNr 18); sollten die Kosten bezahlt werden, wäre die Klage umzustellen (§ 99 Abs 3 Nr 3 SGG). Nur dann wären der Umfang der Maßnahme und die Höhe der Vergütung nicht näher zu prüfen, weil der Kläger dann einen einem Grundurteil zugänglichen Erstattungsanspruch geltend machen würde.

23

Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. Februar 2010 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit ist die Erstattung von Kosten in Höhe von 7934,76 Euro für die Anschaffung und den Einbau eines schwenkbaren Autositzes im Frühjahr 2004.

2

Die 1984 geborene Klägerin ist blind, schwerhörig und teilweise gelähmt (Grad der Behinderung von 100; Merkzeichen "G", "aG", "H", "RF" und "Bl"); sie erhält von der Pflegekasse Leistungen der häuslichen Pflege nach der Pflegestufe III. Die Klägerin wohnte und wohnt in der zum Kreis H gehörenden Stadt Hü und war in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) tätig. Die Kosten des Fahrdienstes für den Weg zwischen Wohnung und WfbM trug der Beklagte; für private Fahrten ist auf Kosten des Kreises H ein Behindertenfahrdienst eingerichtet, den die Klägerin in Anspruch nahm (bis zu vier Fahrten je Monat mit einer Wegstrecke von jeweils bis zu 35 km).

3

Anfang März 2004 wandte sich die Klägerin wegen des behindertengerechten Umbaus eines bereits von ihr bestellten und Ende April 2004 zu einem Preis von 29 815,19 Euro gelieferten Neuwagens an die für sie zuständige gesetzliche Krankenkasse (KK), beantragte aber auch mit einem bei der Stadt Hü abgegebenen, am 22.3.2004 beim Kreis H und nach Weiterleitung (mit Schreiben vom 25.3.2004) beim Beklagten am 26.3.2004 eingegangenem Schreiben die Übernahme der Kosten für den Einbau eines schwenkbaren Autositzes. Zu dieser Zeit bezog die Klägerin neben den Leistungen der sozialen Pflegeversicherung Blindengeld nach dem (nordrhein-westfälischen) Gesetz über Hilfen für Blinde und Gehörlose in Höhe von 441,50 Euro und von der Bundesagentur für Arbeit (bis zum 22.9.2004) ein Ausbildungsgeld in Höhe von 67 Euro monatlich.

4

Ende 2004 wurden ihr rückwirkend ab 1.4.2004 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sowie Hilfe zur Pflege nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) gewährt. Ende April 2004 besaß die Klägerin auf einem Girokonto ein Guthaben von 24 362,17 Euro, auf einem Sparkonto ein solches in Höhe von 86,48 Euro, Wertpapiere mit einem Wert von 3529,56 Euro sowie 10 000 Euro, die sie als Darlehen von ihren Eltern erhalten hatte. Außerdem war sie Eigentümerin eines (älteren) Pkw, den sie Anfang Mai 2004 zu einem Preis von 8500 Euro verkaufte; zur gleichen Zeit beauftragte sie eine Firma mit dem Umbau des neuen Pkw zu einem Preis von 10 051,08 Euro. Nachdem die KK die Übernahme der Kosten des behindertengerechten Umbaus des Pkw bereits abgelehnt hatte (bestandskräftiger Bescheid vom 5.4.2004), lehnte der Beklagte die Leistung ebenfalls ab, weil die Klägerin über ausreichendes Vermögen verfüge und den Bedarf selbst bereits gedeckt habe (Bescheid vom 17.5.2004; Widerspruchsbescheid vom 23.2.2005).

5

Klage und Berufung sind erfolglos geblieben (Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 8.8.2007; Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22.2.2010). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, die Klägerin könne keine Eingliederungshilfe gemäß §§ 39, 40 Abs 1 Satz 1 Nr 2 BSHG für einen behindertengerechten Umbau des Pkw erhalten, weil sie wegen Art und Schwere ihrer Behinderung nicht auf ein Kfz angewiesen gewesen sei(§ 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-Verordnung). Die Fahrten von und zur WfbM seien durch den Fahrdienst des Beklagten, diejenigen zu medizinischen Behandlungsterminen durch das Deutsche Rote Kreuz (DRK) mit einer Fahrkostenerstattung durch die KK sichergestellt gewesen. Soweit die private Krankenversicherung Therapien über das Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung hinaus ermögliche oder der Transport der Klägerin zu den einzelnen Behandlungen durch keine Versicherung abgedeckt sei, könne die Klägerin nicht besser gestellt werden, als bedürftige nichtbehinderte Personen. Wegen privater Fahrten sei die Klägerin ihm Rahmen (nur) einer Grundversorgung auf die Inanspruchnahme des Behindertenfahrdienstes des Kreises H zu verweisen. Ein Anspruch auf Kostenübernahme als medizinische Leistung scheide wegen des Nachrangs der Sozialhilfe (§ 2 BSHG) aus, weil die KK einen entsprechenden Anspruch bereits bestandskräftig abgelehnt habe.

6

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung der §§ 39, 40 Abs 1 Satz 1 Nr 2 BSHG iVm § 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-VO und § 55 Abs 2 Nr 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX). Die Klägerin ist der Ansicht, das LSG habe verkannt, dass bei der Auslegung des Begriffs des "Angewiesenseins" auf den Pkw (§ 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-VO) maßgeblich auf Art und Ziel der Teilhabeleistung abzustellen sei. Die Auslegung habe sich deshalb am Leitgedanken des § 1 SGB IX, dem selbstbestimmten Leben in der Gesellschaft, den Wertungen aus Art 2 Abs 1 Grundgesetz (GG), Art 1 Abs 1 GG und dem Diskriminierungsverbot des Art 3 Abs 3 Satz 2 GG zu orientieren. Sie (die Klägerin) benötige den Pkw nicht nur für ihre Transporte aus der WfbM nach Hause wegen Zuckerentgleisungen sowie zu Therapeuten und Ärzten, sondern auch für die Teilnahme an Veranstaltungen inner- und außerhalb des weitläufigen Kreisgebietes H, zum Aufbau neuer und Erhalt bestehender sozialer Kontakte, für Einkaufsfahrten sowie für den Besuch früherer Schulkameraden, für Vereinstreffen in D, M und A und für Familienausflüge.

7

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des LSG und des SG sowie den Bescheid vom 17.5.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.2.2005 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr 7934,76 Euro zu zahlen.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er hält das Urteil des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Klägerin ist im Sinne der Aufhebung des LSG-Urteils und der Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz), weil das Verfahren an einem von Amts wegen zu beachtenden Verfahrensmangel leidet und tatsächliche Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) für eine abschließende Entscheidung fehlen.

11

Der von Amts wegen zu beachtende Verfahrensmangel besteht darin, dass es im Hinblick auf § 14 SGB IX an einer Beiladung der Stadt Hü (bzw der KK) mangelt. Nach § 75 Abs 2 Satz 1 1. Alt SGG sind nämlich Dritte beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann (echte notwendige Beiladung). Dies ist vorliegend nach Aktenlage für die Stadt H, ggf jedoch auch für die KK, zu bejahen; das LSG wird dies zu prüfen haben. Einer der beiden ist jedenfalls der im Rahmen des § 14 SGB IX zuerst angegangene Rehabilitationsträger, der wegen unterlassener bzw verspäteter Weiterleitung des Antrags nach § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX für die Entscheidung über die Leistung und für die Erbringung der Leistung zuständig geworden und notwendig am Verfahren zu beteiligen ist. Diese Beiladungspflicht betrifft - wie vorliegend - ua den im Außenverhältnis zuständig gewordenen Rehabilitationsträger bei einer Klage gegen den im Innenverhältnis (eigentlich) zuständigen Rehabilitationsträger (vgl nur BSGE 93, 283 ff RdNr 16 f = SozR 4-3250 § 14 Nr 1).

12

Der Beklagte war und ist als überörtlicher Träger der Sozialhilfe für die Erstattung der Kosten des behindertengerechten Umbaus des PKW als Leistung der Eingliederungshilfe (§ 39 Abs 1 Satz 1 und § 40 Abs 1 Satz 1 Nr 2 BSHG iVm § 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-VO) sachlich und örtlich zuständig (§§ 97, 100 BSHG iVm §§ 1, 2 Nr 1 des Gesetzes zur Ausführung des BSHG für das Land Nordrhein-Westfalen iVm § 2 Abs 1 Nr 1 der nordrhein-westfälischen VO zur Ausführung des BSHG bzw § 97 Abs 1 und 2 Satz 1 sowie § 98 Abs 1 iVm § 3 Abs 3 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - und §§ 1, 2 Buchst a Landesausführungsgesetz zum SGB XII für das Land NRW iVm § 2 Abs 1 Nr 4 Ausführungsverordnung zum SGB XII des Landes NRW). Es kann offen bleiben, ob der Senat an die Auslegung des nicht revisiblen Landesrechts (§ 162 SGG) durch das LSG gebunden ist (vgl § 202 SGG iVm § 560 Zivilprozessordnung; dazu allgemein Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 162 RdNr 7 ff mwN), wenn die Feststellungen des Berufungsgerichts von Amts wegen zu prüfende Prozessvoraussetzungen (notwendige echte Beiladung) betreffen; denn das LSG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Beklagte für die Versorgung von behinderten Menschen mit größeren anderen Hilfsmitteln als überörtlicher Träger der Sozialhilfe sachlich zuständig ist. Zwar sah und sieht § 1 Nr 3 Buchst c der Satzungen des Beklagten über die Heranziehung der Städte, Kreise und kreisangehörigen Gemeinden zur Durchführung der Aufgaben des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe iVm § 6 Abs 1 und § 7 Abs 1 Landschaftsverbandsordnung für das Land NRW eine entsprechende Heranziehung der Kreise vor, die dann in eigenem Namen handeln. Allerdings ist der Beklagte in diesem Einzelfall gleichwohl selbstständig tätig geworden, was ihm nach § 3 der Satzung möglich war. Wegen der "eigentlichen" Zuständigkeit des Beklagten zur Leistungserbringung (ohne Berücksichtigung des § 14 SGB IX) bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob bei einer Klage gegen den intern unzuständigen Leistungsträger der zuständig gewordene erstangegangene Leistungsträger ebenfalls im Wege der echten notwendigen Beiladung am Verfahren zu beteiligen ist oder nicht vielmehr ein Fall der notwendigen unechten Beiladung (anderer Sozialhilfeträger) vorliegt; ohne Bedeutung ist damit auch, ob dann zumindest im Rahmen des § 14 SGB IX die Voraussetzungen der notwendigen unechten Beiladung in der Revisionsinstanz auch ohne entsprechende Rüge zu prüfen wären.

13

Die Stadt Hü ist jedenfalls nach Aktenlage der zuerst angegangene Rehabilitationsträger iS des § 14 SGB IX, der wegen nicht rechtzeitiger Weiterleitung des Antrags im Außenverhältnis für die Leistungserbringung nach § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX zuständig geworden ist(zur Fristberechnung Bundessozialgericht SozR 4-2500 § 33 Nr 37 RdNr 11). Nach Aussage der Mutter der Klägerin hat diese den Antrag auf Eingliederungshilfe entweder am 1. oder 2.3.2004 persönlich bei der Stadt Hü abgegeben, die diesen offenbar ungeprüft an den Kreis H weitergeleitet hat (dort eingegangen am 22.3.2004). Diesen realistischen Ablauf unterstellt, hätte die Stadt Hü die Zweiwochenfrist des § 14 Abs 1 Satz 1 und 2 SGB IX keinesfalls eingehalten. Das LSG mag dies nach der Zurückverweisung verifizieren. Dabei wird es zu beachten haben, dass, falls sich dieses Ergebnis nicht bewahrheiten sollte, der Rehabilitationsantrag ggf zuerst bei der KK eingegangen ist; denn die Mutter der Klägerin hat dem Senat in der mündlichen Verhandlung glaubhaft versichert - Unterlagen bei der KK sind nicht mehr vorhanden -, den schriftlichen Antrag an die KK am 2.3.2004 zur Post gegeben zu haben, und die KK hat den Leistungsantrag abgelehnt, ohne ihn an einen anderen Rehabilitationsträger weiterzuleiten.

14

Die Stellung der Stadt Hü als Rehabilitationsträger ergibt sich bereits aus § 69 Abs 1 Sozialgesetzbuch Achtes Buch - Kinder- und Jugendhilfe - (SGB VIII) iVm §§ 1, 2 Satz 1 Erstes Gesetz zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes des Landes NRW und § 1 der nordrhein-westfälischen Verordnung über die Bestimmung Großer kreisangehöriger Städte und Mittlerer kreisangehöriger Städte. Sie beruht aber auch darauf, dass die Stadt Hü vom Kreis H zur Aufgabenwahrnehmung der örtlichen Sozialhilfe durch Delegationssatzungen herangezogen worden ist (§ 96 Abs 1 BSHG iVm § 3 AG-BSHG NRW und der Satzung über die Durchführung der Sozialhilfe im Kreise H vom 7.12.2000, § 99 Abs 1 SGB XII iVm § 3 Abs 1 AG-BSHG NRW und der Satzung über die Durchführung der Aufgaben nach dem SGB XII im Kreis H vom 30.12.2004). Selbst wenn der nicht binnen zwei Wochen an den Beklagten weitergeleitete Antrag auf Leistungen zur Teilhabe iS des § 14 SGB IX im Rahmen dieses auftragsähnlichen Verhältnisses(vgl: BSGE 99, 137 ff RdNr 11 = SozR 4-1300 § 44 Nr 11; BSG SozR 4-5910 § 88 Nr 3 RdNr 13 f) die Zuständigkeit des Kreises H als örtlichen Trägers der Sozialhilfe (wegen Handelns der Stadt für den Kreis) begründet hätte, wäre im Klageverfahren gleichwohl die herangezogene Stadt Hü die richtige Beklagte iS des § 70 Nr 3 SGG und hier als notwendig Beizuladende anzusehen, denn sie entscheidet im Rahmen der Heranziehung im eigenen Namen(§ 1 Abs 1 der Delegationssatzung).

15

Sollte sich die Zuständigkeit der Stadt Hü als erstangegangenen Rehabilitationsträgers bewahrheiten, wäre (unerheblich ob im Wege der notwendigen echten oder der notwendigen unechten Beiladung) weder die KK noch der Kreis zusätzlich notwendig zu beteiligen, weil die streitgegenständliche Teilhabeleistung dieser Leistungsträger nicht in Betracht kommen. Im Hinblick auf die KK ist bereits zweifelhaft, ob das begehrte Hilfsmittel nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuchs Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) überhaupt eine Leistung zur Teilhabe iS der §§ 4, 5 Nr 1, 14 SGB IX darstellt; denn die KKen sind abweichend von den Vorschriften des SGB IX (vgl § 7 SGB IX) nur unter den Voraussetzungen des SGB V (vgl § 11 Abs 2, §§ 40 ff SGB V) zur Erbringung medizinischer Rehabilitationsleistungen verpflichtet (BSGE 98, 277 ff RdNr 18 = SozR 4-2500 § 40 Nr 4). Trotz des Aspektes bzw des Ziels der (Wieder-)Herstellung der Gesundheit haben jedoch nicht alle Maßnahmen des SGB V rehabilitativen Charakter in einem Sinn, der dem Verständnis des SGB V über eine Teilhabeleistung entspricht. Letztlich kann jedoch dahinstehen, ob der Begriff der Teilhabeleistung des § 14 SGB IX eigenständig (weit) oder (nur) nach dem Verständnis des SGB V auszulegen ist. Vorliegend gehörte der schwenkbare Autositz ohnedies nicht zum Leistungskatalog des SGB V, sodass auch nicht entschieden werden muss, ob eine Verurteilung der KK nach deren Beiladung (§ 75 Abs 5 SGG) wegen der bestandskräftigen Ablehnung mit Bescheid vom 5.4.2004 ohnehin ausscheidet. Nichts anderes gilt für eine (zusätzliche) Beiladung des Kreises H, soweit dieser als zuständiger Leistungsträger betreffend einen Anspruch auf Kostenerstattung als Hilfe bei Krankheit nach §§ 36 ff BSHG in Betracht kommt. Diese Hilfen entsprechen den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 38 Abs 1 BSHG), sodass eine Hilfsmittelversorgung durch den Sozialhilfeträger aus den gleichen Gründen wie im SGB V ausgeschlossen ist.

16

Der schwenkbare Autositz ist für die Klägerin kein Hilfsmittel iS des § 33 Abs 1 Satz 1 3. Alt SGB V; das Gebot eines möglichst weitgehenden Behinderungsausgleichs, das sich auch auf den Ausgleich von indirekten Folgen der Behinderung erstreckt (vgl: BSGE 93, 176 ff RdNr 12 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7; BSGE 98, 213 ff RdNr 12 = SozR 4-2500 § 33 Nr 15; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 3 und 29; BSG, Urteil vom 16.9.2004 - B 3 KR 15/04 R), erfordert gleichwohl keine Leistungserbringung. Ein Hilfsmittel ist von der Gesetzlichen Krankenversicherung nur dann zu gewähren, wenn es Grundbedürfnisse des täglichen Lebens betrifft, zu denen das Gehen, Stehen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die (elementare) Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums gehören (BSGE 91, 60 ff RdNr 9 = SozR 4-2500 § 33 Nr 3 S 20 mwN; BSG, Urteil vom 18.5.2011 - B 3 KR 12/10 R - RdNr 13 ff). Allerdings ist das in Betracht kommende Grundbedürfnis des "Erschließens eines gewissen körperlichen Freiraums" krankenversicherungsrechtlich immer nur im Sinne eines Basisausgleichs der Behinderung selbst, nicht im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten des Gesunden zu verstehen (BSG, Urteil vom 18.5.2011, aaO RdNr 15 ff mwN). Es besteht grundsätzlich kein Anspruch darauf, den Radius der selbstständigen Fortbewegung durch das Auto (erheblich) zu erweitern, selbst wenn im Einzelfall die Alltagsgeschäfte nicht im Nahbereich erledigt werden können; es gilt vielmehr ein abstrakter, von den Besonderheiten des jeweiligen Wohnorts unabhängiger Maßstab (BSGE 98, 213 ff RdNr 17 = SozR 4-2500 § 33 Nr 15).

17

Nach diesen Maßgaben kann die Klägerin die Kostenerstattung für den Einbau und die Anschaffung des schwenkbaren Autositzes nicht nach § 13 Abs 3 Satz 2 SGB V iVm § 15 Abs 1 Satz 4 2. Alt SGB IX und § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V beanspruchen. Nach den Feststellungen des LSG diente der schwenkbare Autositz der Erweiterung ihres persönlichen Aktionsradiusses - über den Nahbereich der Wohnung hinaus - und Transporten zu Ärzten und Therapeuten, die allerdings durch das DRK durchgeführt worden sind, soweit die Behandlungen Leistungen nach dem SGB V waren. Damit war dem Grundbedürfnis des täglichen Lebens, bei Krankheit und Behinderung Ärzte und Therapeuten aufzusuchen, bereits Genüge getan, weil im Rahmen der Hilfsmittelgewährung nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V (allein) die notwendige medizinische Versorgung sichergestellt sein muss(BSGE 93, 176 ff RdNr 12 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7). Andere besondere qualitative Elemente, die eine weitergehende Mobilitätshilfe zum mittelbaren Behinderungsausgleich rechtfertigen könnten (vgl dazu BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 36 RdNr 17 mwN), sind hier nicht ersichtlich.

18

Der Senat hat davon abgesehen, die endgültigen Ermittlungen zur Antragstellung bei der Stadt Hü und die notwendige Beiladung der Stadt Hü (bzw ggf der KK) selbst vorzunehmen; insoweit war eine eigene Entscheidung in der Sache untunlich (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Zwar wäre eine Beiladung im Revisionsverfahren mit Zustimmung des Beizuladenden grundsätzlich zulässig (§ 168 Satz 2 SGG). Die genaueren Ermittlungen, wer beizuladen ist, und die Beiladung selbst können jedoch dem LSG überlassen werden, wenn auch ohne den verfahrensrechtlichen Mangel der unterbliebenen Beiladung aus anderen Gründen ohnedies zurückverwiesen werden muss (vgl: BSGE 97, 242 ff RdNr 17 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1; BSGE 103, 39 ff RdNr 14 = SozR 4-2800 § 10 Nr 1). Vor einer Beiladung ist der Senat indes gehindert, über die von der Revision aufgeworfenen materiellrechtlichen Fragen für das LSG bindend (§ 170 Abs 5 SGG) zu entscheiden, weil anderenfalls das rechtliche Gehör (§ 62 SGG; Art 103 Abs 1 GG, Art 6 Abs 1 Europäische Menschenrechtskonvention) des Beizuladenden verletzt würde (vgl: BSGE 97, 242 ff RdNr 17 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1; BSGE 103, 39 ff RdNr 14 = SozR 4-2800 § 10 Nr 1). Die nachfolgenden rechtlichen Ausführungen stellen damit lediglich Entscheidungshilfen für das LSG dar.

19

Rechtsgrundlage des Anspruchs auf Zahlung der Kosten für Anschaffung und Einbau des schwenkbaren Autositzes ist § 28 Abs 1 Satz 1 BSHG iVm §§ 39, 40 Abs 1 Satz 1 BSHG und § 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-VO iVm § 55 Abs 2 Nr 1 SGB IX; ob insoweit auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Entstehung der Kosten (vgl dazu in anderen Konstellationen: BSGE 103, 171 ff RdNr 11 = SozR 4-3500 § 54 Nr 5; BSGE 104, 219 ff RdNr 17 = SozR 4-3500 § 74 Nr 1), also auf den Zeitpunkt der Fälligkeit der mit der Rechnung vom 28.5.2004 gegenüber der Klägerin geltend gemachten Forderung, oder auf den Zeitpunkt der Kenntniserlangung (Antragstellung) abzustellen ist, kann dahinstehen, weil sich an der Vermögenssituation nur dadurch etwas geändert hat, dass sich die Art der Vermögenswerte (Geld-, Sachwerte) verändert hat und daraus - wie noch ausgeführt wird - keine Verwertungs- bzw Berücksichtigungshindernisse ergeben.

20

Nicht anwendbar ist § 15 Abs 1 Satz 4 SGB IX, weil die Leistung nicht als Sach- sondern als Geldleistung zu erbringen ist. Dies trägt den individuellen Besonderheiten bei einem behindertengerechten Ausbau eines Pkw Rechnung und entspricht allgemein den in der Kraftfahrzeughilfe-Verordnung (KfzHV) zum Ausdruck kommenden Grundsatz der Zuschussgewährung (§ 6 Abs 1KfzHV). Ob mit dem ab 1.1.2005 ausdrücklich geregelten Vorrang der Geldleistung nach § 10 Abs 3 SGB XII das Verhältnis zwischen Geld- und Sachleistung auch für die Vergangenheit (nur) klargestellt werden sollte(zu den Motiven des Gesetzgebers: BT-Drucks 15/1514, S 56 § 10), kann deshalb dahingestellt bleiben.

21

Richtet sich aber der Anspruch auf eine Geldleistung, ist es rechtlich unerheblich, dass die Klägerin den Auftrag für den Einbau des Schwenksitzes Anfang Mai 2004 und damit zeitlich vor Erlass des Ablehnungsbescheids vom 17.5.2004 erteilt hat; insbesondere stehen §§ 2, 5 BSHG (Nachrang der Sozialhilfe, Leistung erst ab Kenntnis des Sozialhilfeträgers) einer Leistungsgewährung nicht entgegen. Soweit das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) eine Bedarfsdeckung im Wege der Selbsthilfe nach Kenntniserlangung des Sozialhilfeträgers vom Bedarf, aber noch vor der letzten Behördenentscheidung als anspruchsvernichtend angesehen hat, wenn es dem Hilfesuchenden zuzumuten war, die Entscheidung des Sozialhilfeträgers abzuwarten (vgl BVerwGE 90, 154, 156 mwN), folgt der Senat dieser Rechtsprechung bei einem auf eine Geldleistung gerichteten Primäranspruch nicht. Das Erfordernis einer Eilbedürftigkeit findet keine Stütze im Gesetz; hierfür sprechen auch keine allgemeinen Grundsätze bei nicht rechtzeitiger oder zu Unrecht verweigerter Sachleistung (vgl § 13 Abs 3 SGB V und § 15 Abs 1 Satz 4 SGB IX). Ein von vornherein bestehender Geldleistungsanspruch lässt im Gegenteil keinen Raum für die Umwandlung eines primären Sachleistungsanspruchs in eine sekundäre Geldleistung. Eine Eilbedürftigkeit kann also, abgesehen davon, dass die Selbsthilfe dem Leistungsträger nicht die Möglichkeit nähme, Ermessen nachträglich noch auszuüben, nicht deshalb gefordert werden, weil ein Auswahlermessen des Sozialhilfeträgers über die Leistungserbringung (Sach- oder Geldleistung) beeinträchtigt wäre.

22

Ob ein Anspruch der Klägerin nicht bereits wegen ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse gemäß § 28 Abs 1 Satz 1 BSHG iVm §§ 79 ff BSHG ausgeschlossen ist, kann der Senat anhand der tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht beurteilen. Nach § 28 Abs 1 Satz 1 BSHG wird die Hilfe in besonderen Lebenslagen (nur) gewährt, soweit dem Hilfesuchenden die Aufbringung der Mittel nicht aus dem Einkommen und Vermögen nach den §§ 79 bis 89 BSHG zuzumuten ist. Nach § 88 BSHG ist grundsätzlich das gesamte verwertbare Vermögen zu berücksichtigen(Abs 1); allerdings darf die Sozialhilfe nicht von dem Einsatz oder der Verwertung bestimmter (Abs 2) bzw privilegierter (Abs 3) Vermögensgegenstände abhängig gemacht werden.

23

Eine Berücksichtigung des neuen Pkw, der grundsätzlich nach § 88 Abs 1 BSHG verwertbares Vermögen darstellt(vgl BSGE 100, 139 ff RdNr 15 = SozR 4-3500 § 82 Nr 4)war der Klägerin wohl zumutbar; denn im Falle seiner Veräußerung wäre der Schonbetrag nach § 1 Abs 1 Nr 1 Buchst b der Verordnung zur Durchführung des § 88 Abs 2 Nr 8 BSHG vom 11.2.1988 weit überschritten gewesen und eine Härte iS des § 88 Abs 3 Satz 1 BSHG dürfte nicht vorgelegen haben. Ein Härtefall ist bei der Hilfe in besonderen Lebenslagen vor allem anzunehmen, soweit eine angemessene Lebensführung wesentlich erschwert würde (Satz 2); für das Kfz eines behinderten Menschen ist dies anzunehmen, wenn nach den besonderen Umständen des Einzelfalls die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft erheblich erleichtert wird (vgl: Mecke in juris PraxisKommentar SGB XII, § 90 SGB XII RdNr 102; Schellhorn/Schellhorn, BSHG, 16. Aufl 2002, § 88 BSHG RdNr 75). Dabei muss allerdings auch das Kfz selbst angemessen sein. Für den Pkw der Klägerin dürfte dies zu verneinen sein; denn es ist nicht erkennbar, dass die Klägerin auf einen Neuwagen mit einem Anschaffungswert von etwa 30 000 Euro angewiesen war und ein gebrauchtes Fahrzeug mit erheblich geringerem Wert nicht den Ansprüchen in gleicher Weise genügt hätte. Die Entscheidung für einen Gebrauchtwagen ist auch bei Menschen, die nicht auf Sozialhilfemittel angewiesen sind, weit verbreitet und muss nicht mit einem Verzicht auf ein "zuverlässiges" Auto einhergehen (zB bei einem Jahreswagen).

24

Der Klägerin kann dies selbst dann entgegengehalten werden, wenn sich die Verwertung des Pkw wegen des behindertengerechten Umbaus als unwirtschaftlich darstellen sollte; im Streit um die Beihilfe für die Umrüstung muss gerade dieser Gesichtspunkt außer Betracht bleiben, weil die Klägerin eine eventuelle Bedürftigkeit selbst vorsätzlich herbeigeführt haben dürfte (vgl dazu BSGE 100, 131 ff RdNr 25 ff = SozR 4-3500 § 90 Nr 3). Die Verwertung des Pkw wird auch keine Härte iS des § 88 Abs 3 Satz 1 BSHG darstellen, wenn die Klägerin den Kaufpreis aus Landesblindengeld angespart hätte - hierfür ergibt der Sachverhalt ohnedies keinerlei Anhaltspunkte. Der Senat hat bereits früher ausdrücklich offengelassen, ob Blindengeld nicht als Einkommen und Vermögen bei besonderen Sozialhilfeleistungen, die demselben Zweck dienen wie das Blindengeld, zu berücksichtigen ist (BSG SozR 4-3500 § 90 Nr 1 RdNr 15). Selbst wenn im Erwerb des Pkw und dem behindertengerechten Umbau eine zweckentsprechende Verwendung des Landesblindengelds (Ursachenzusammenhang) zu sehen wäre, die durch die Blindheit, nicht durch andere Behinderungen, bedingten Mehraufwendungen auszugleichen (BSG, aaO, RdNr 16), wäre angespartes Landesblindengeld als Vermögen zu berücksichtigen. Die Klägerin hätte deshalb die zur Verfügung stehenden Mittel vorrangig für die Gesamtkosten des Erwerbs eines angemessenen Pkw einschließlich des behindertengerechten Umbaus einsetzen müssen, bevor sie (einzelne) Umbaumaßnahmen aus Sozialhilfemitteln beanspruchen konnte. Ohne Bedeutung ist, ob Vermögensteile für spätere Anschaffungen (Gangtrainer) vorgesehen waren; insbesondere handelt es sich bei einem Gangtrainer nicht um ein Gerät, dessen Anschaffung das Landesblindengeld dient. Ob und inwieweit er Gegenstand eines gesonderten Leistungsanspruchs sein kann, war nicht zu entscheiden.

25

Ob der Klägerin die Anspruchsvoraussetzungen der §§ 39, 40 Abs 1 Satz 1 BSHG iVm § 55 Abs 2 Nr 1 SGB IX und § 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-VO dem Grunde nach erfüllt, kann nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG ebenfalls nicht beurteilt werden. Nach § 39 Abs 1 BSHG erhalten Personen, die durch eine Behinderung iS von § 2 Abs 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Die Klägerin ist blind, schwerhörig und teilweise gelähmt und damit wesentlich in ihrer Fähigkeit eingeschränkt, an der Gesellschaft teilzuhaben (s § 1 Nr 4 1. Alt Eingliederungshilfe-VO), sodass es sich bei der Eingliederung um eine Pflichtleistung handelt. Die Leistungen der Eingliederungshilfe werden durch § 40 Abs 1 BSHG und die auf Grundlage der Ermächtigung des § 47 BSHG erlassene Eingliederungshilfe-VO konkretisiert. Nach § 40 Abs 1 Satz 1 Nr 2 BSHG gehört zu den Leistungen vor allem die Versorgung mit Körperersatzstücken sowie orthopädischen und anderen Hilfsmitteln. Obwohl eine Hilfsmittelgewährung wegen der Identität des Leistungsinhalts mit dem des SGB V (vgl § 40 Abs 1 Satz 1 BSHG) im Rahmen der medizinischen Rehabilitation ausscheidet, bedeutet dies nicht, dass eine Leistungserbringung nicht unter einer anderen Zielsetzung möglich ist; die Abgrenzung zwischen der Hilfsmittelerbringung als Bestandteil der medizinischen und der sozialen Rehabilitation ist nicht am Begriff des Hilfsmittels selbst vorzunehmen, sondern danach, welche Bedürfnisse mit dem Hilfsmittel befriedigt werden sollen, also welchen Zwecken und Zielen das Hilfsmittel dienen soll (BSGE 103, 171 ff RdNr 17 = SozR 4-3500 § 54 Nr 5 mwN; BSG SozR 4-3500 § 54 Nr 6 RdNr 21). Der schwenkbare Autositz kann deshalb ein Hilfsmittel iS des § 9 Abs 1 Eingliederungshilfe-VO sein, weil er dazu bestimmt ist, zum Ausgleich der durch die Behinderung bedingten Mängel beizutragen. Zu den "anderen Hilfsmitteln" gehören nach § 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-VO auch besondere Bedienungseinrichtungen und Zusatzgeräte für ein Kfz, wenn der behinderte Mensch wegen Art und Schwere seiner Behinderung auf ein Kfz angewiesen ist; soweit die Eingliederungshilfe ein Kfz betrifft, muss der behinderte Mensch das Hilfsmittel jedoch nicht selbst bedienen können (vgl nur BVerwGE 55, 31, 33 f).

26

Ob die Klägerin iS des § 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-VO auf ein Kfz angewiesen ist, kann aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht abschließend entschieden werden. Dies beurteilt sich in erster Linie nach dem Sinn und Zweck der Eingliederungshilfe, eine vorhandene Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern (§ 39 Abs 3 BSHG). Die Formulierung verdeutlicht, dass es insgesamt ausreicht, die Begegnung und den Umgang mit anderen Menschen im Sinne einer angemessenen Lebensführung zu fördern. Maßgeblich sind im Ausgangspunkt die Wünsche des behinderten Menschen (§ 3 Abs 2 BSHG); wie sich aus § 9 Abs 3 Eingliederungshilfe-VO ergibt ("im Einzelfall") gilt mithin ein individueller und personenzentrierter Maßstab, der regelmäßig einer pauschalierenden Betrachtung des Hilfefalls entgegensteht(vgl BSG SozR 4-3500 § 54 Nr 6 RdNr 22).

27

Mit einer solchen am Einzelfall orientierten und die Wünsche des behinderten Menschen berücksichtigenden Auslegung ist die Auffassung des LSG nicht zu vereinbaren, die Hilfsmittelgewährung beschränke sich im Bereich der sozialen Rehabilitation auf eine "sicherzustellende Grundversorgung". Es kann schon nicht beurteilt werden, ob die Besuche der Klägerin bei (ehemaligen) Schulkameraden durch die Inanspruchnahme des Behindertenfahrdienstes des Kreises H in zumutbarer Weise - mit "monatlich vier Fahrten á 35 km" durchgeführt werden konnten bzw hätten durchgeführt werden können. Das LSG hätte die - regelmäßigen - Umstände der Besuche (Häufigkeit, Entfernung, Uhrzeit, Dauer etc) und die Modalitäten des Behindertenfahrdienstes (Erreichbarkeit, Anmeldebedingungen, Fahrzeiten etc) untersuchen müssen. Entsprechendes gilt für die von der Klägerin geltend gemachten Fahrten zu Vereinstreffen in D, M und A, die vom LSG überhaupt nicht berücksichtigt worden sind. Bei der Integration in die Gesellschaft ist darauf zu achten, dass gesellschaftliche Kontakte in ausreichendem Umfang gewährleistet sind. Hier ist vor allem dem besonderen Bedürfnis der Klägerin nach Mitgliedschaft in Vereinen Rechnung zu tragen, die ihre spezifischen Behinderungen berücksichtigen. Vergleichsmaßstab für den Umfang der gesellschaftlichen Kontakte müssen darüber hinaus gleichaltrige nichtbehinderte Personen sein. Die Klägerin (20 Jahre) war in einem Alter, in dem nichtbehinderte Menschen üblicherweise verstärkt gesellschaftliche Aktivitäten entwickeln - nicht selten im Rahmen einer Mitgliedschaft in mehreren Vereinen. Junge Menschen befinden sich in diesem Alter regelmäßig in einer Übergangsphase von der Schulzeit zum Beruf, verbunden mit der Aufrechterhaltung alter und auf der Suche nach neuen dauerhaften Beziehungen. Die Ermöglichung von vier privaten Kontakten im Monat mit Hilfe eines Behindertenfahrdienstes wird diesen Ansprüchen in keiner Weise gerecht. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dies führe zu einer Ungleichbehandlung gegenüber nicht bedürftigen behinderten jungen Menschen. Abgesehen davon, dass Art 3 Abs 3 Satz 2 GG einen besonderen Förderungsauftrag zugunsten behinderter Menschen enthält, lassen die Behinderungen der Klägerin ein Ausweichen auf andere Möglichkeiten der Mobilität, die bedürftige nichtbehinderte junge Menschen besitzen, nicht zu. Inwieweit daneben medizinische Gesichtspunkte von Bedeutung sind bzw angeführt werden können, bedarf zum gegenwärtigen Zeitpunkt keiner Entscheidung.

28

Das LSG wird gegebenenfalls über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 24. November 2011, soweit es über die Berufung im Verfahren - S 12 SO 33/09 - entschieden hat, aufgehoben und die Sache insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit sind noch die Kosten für die Anschaffung eines Kraftfahrzeugs (Kfz) Opel Vivaro (im April 2008).

2

Der 2003 geborene Kläger leidet an einer Lissenzephalie Typ I (durch eine Genmutation bewirkte, unvollständige Entwicklung des Gehirns). Er ist deshalb in seiner Entwicklung erheblich verzögert, auf den Rollstuhl angewiesen; er leidet zudem unter Epilepsie, verbunden mit Krampfanfällen. Ein Grad der Behinderung von 100 sowie die Merkzeichen "aG", "G", "B" und "H" sind festgestellt. Seit 1.12.2008 erhält er Pflegegeld von der Pflegekasse nach Pflegestufe III und wird zu Hause von seiner Mutter betreut, weil er wegen behinderungsbedingter Überforderung keinen Kindergarten besuchen kann. Der Vater des Klägers arbeitet an zwei bis drei Tagen pro Woche zu Hause, an den übrigen Wochentagen an seinem Dienstort. Für den Weg dorthin nutzte er ein - weiteres - Kfz.

3

Anfang Januar 2008 beantragte der Vater für den Kläger die Übernahme der Kosten für die Anschaffung eines behindertengerechten Kfz, um im Rollstuhl sitzend transportiert werden zu können. Seit der Geburt der Schwester könne der Rollstuhl nicht mehr (zusammen mit deren Kinderwagen) im Kofferraum des der Mutter zur Verfügung stehenden Kfz transportiert werden, ohne zuvor auseinandergenommen zu werden. Man sei auf ein zweites Fahrzeug angewiesen. Dieses werde für den Weg zu Therapien (therapeutisches Reiten, Krankengymnastik), für Arztbesuche, Ausflüge, Urlaube, den Besuch von Kultur- und Sportveranstaltungen sowie des Gottesdienstes und für Einkäufe und sonstige Erledigungen bei einer Gesamtfahrleistung von 1520 km pro Monat benötigt.

4

Im April 2008 erwarb der Kläger, finanziert durch den Vater, einen gebrauchten Opel Vivaro (Opel) zum Preis von 13 350 Euro, nachdem er dem Beklagten im März 2008 mitgeteilt hatte, das bisher von seiner Frau für Fahrten mit dem Kläger genutzte Kfz sei kaputtgegangen. Der Arbeitgeber des Vaters gab hierfür einen Zuschuss von 2500 Euro. Der Beklagte lehnte den Antrag auf Kostenübernahme für die Anschaffung des Opel ab (Bescheid vom 27.10.2008; Widerspruchsbescheid vom 11.2.2009).

5

Während die Klage erstinstanzlich insoweit erfolgreich war, als der Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide verurteilt worden ist, den Antrag des Klägers auf Übernahme von Leistungen der Eingliederungshilfe zur Beschaffung eines Kfz neu zu bescheiden (Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 5.5.2010, - S 12 SO 33/09), wies das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz auf die Berufung des Beklagten die mit dem Verfahren S 12 SO 119/09 (Übernahme von Kosten für Inspektion und Instandhaltung des Opel) verbundene Klage ab (Urteil vom 24.11.2011). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, der Kläger sei nicht zur Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft ständig auf ein Fahrzeug angewiesen. Fahrten zu Ärzten seien ohne Bedeutung, weil entsprechende Aufwendungen von der Krankenkasse zu tragen seien. Dies gelte grundsätzlich auch für Fahrten zum therapeutischen Reiten, selbst wenn die Krankenkasse die Therapiekosten nicht, die Beihilfestelle des Vaters des Klägers die Kosten nur zu 80 % übernehme. Einkaufsfahrten könnten auch ohne den Kläger durchgeführt werden, weil der Vater regelmäßig zu Hause arbeite und seine Betreuung damit sichergestellt sei. Für die Teilhabe im Übrigen genüge das Angebot des Beklagten, den Behindertenfahrdienst in Anspruch nehmen zu können, weil damit soziale Kontakte im näheren Umfeld gepflegt werden könnten. Überörtliche Mobilität sicherzustellen sei nicht das Ziel der Eingliederungshilfe. Auch Personen, die nicht behindert seien, denen aber aus wirtschaftlichen oder familiären Gründen kein Kfz zur Verfügung stehe, könnten am überörtlichen sozialen Leben nicht oder nur bedingt teilhaben. Weitere Aktivitäten über das örtliche Umfeld hinaus seien folglich ggf förderlich, nicht aber notwendig im sozialhilferechtlichen Sinn. Die Grundversorgung des Klägers sei nicht zuletzt durch die wohnumfeldverbessernden Maßnahmen, die der Beklagte gefördert habe, gesichert.

6

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung der § 53 Abs 1 Satz 1, § 54 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII), § 55 Abs 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) iVm § 8 Abs 1 der Verordnung nach § 60 SGB XII (Eingliederungshilfe-Verordnung) sowie der Grundsätze der UN-Behindertenrechtskonvention. Das LSG habe verkannt, dass das Ziel der Eingliederungshilfe nicht die Gleichstellung behinderter und nicht behinderter Sozialhilfeempfänger, sondern behinderter und nicht behinderter Menschen ohne Rücksicht auf ihre Bedürftigkeit sei. An das "Angewiesensein zur Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft" seien keine strengeren Anforderungen zu stellen als an die Teilhabe am Arbeitsleben. Das "Angewiesensein" sei für jeden Einzelfall aufgrund Art und Ausmaß der bestehenden Behinderung in zeitlicher und tatsächlicher Hinsicht zu überprüfen. Erst durch die mithilfe eines Kfz gesicherte Mobilität werde ihm eine menschenwürdige Entwicklung und Persönlichkeitsbildung ermöglicht.

7

Der Kläger beantragt, nachdem er in der mündlichen Verhandlung seine Revision bezogen auf das ursprünglich unter dem Aktenzeichen S 12 SO 119/09 geführte Verfahren zurückgenommen hat,

        

das Urteil des LSG abzuändern und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG - S 12 SO 33/09 - zurückzuweisen.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung des Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz), weil tatsächliche Feststellungen des LSG (§ 163 SGG)für eine abschließende Entscheidung fehlen.

11

Gegenstand des Verfahrens ist, nachdem der Kläger die Revision hinsichtlich der im ursprünglichen Verfahren S 12 SO 119/09 noch streitbefangenen Ansprüche zurückgenommen hat, nur noch der Bescheid vom 27.10.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.2.2009 (§ 95 SGG), mit dem der Beklagte abgelehnt hat, die Kosten für die Anschaffung des Opel zu erstatten. Dagegen hat sich der Kläger bei zutreffender Auslegung seines Begehrens eigentlich mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1, § 56 SGG) gewandt, gerichtet auf Erlass eines Grundurteils (§ 130 Abs 1 Satz 1 SGG). In der mündlichen Verhandlung vor dem SG hatte der Kläger allerdings lediglich den Antrag formuliert, die angefochtenen Bescheide aufzuheben und den Beklagten zur Neubescheidung seines Antrags zu verurteilen (kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsbescheidungsklage, § 54 Abs 1, § 131 Abs 2 Satz 2 iVm Abs 3 SGG), wozu das SG den Beklagten auch verurteilt hat. Da der Kläger nicht in Berufung gegangen ist, ist eine weiter gehende Entscheidung nicht möglich.

12

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Anschaffung des Opel gegen den gemäß § 98 Abs 1, § 97 Abs 1 SGB XII örtlich und sachlich zuständigen Landkreis Neuwied als örtlichen Träger der Sozialhilfe(§ 3 Abs 2 SGB XII, § 1 Landesgesetz zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch SGB XII vom 22.12.2004 - Gesetz- und Verordnungsblatt 571; zur eigenständigen Prüfung des Landesrechts ist der Senat mangels Berücksichtigung durch das LSG befugt - vgl nur BSGE 103, 39 ff RdNr 12 = SozR 4-2800 § 10 Nr 1; ob der Kreis nach § 3 Abs 1 AGSGB XII durch Satzung eine Verbandsgemeinde oder verbandsfreie Gemeinde zur eigenständigen Erledigung der Aufgaben der Sozialhilfe herangezogen hat, wird das LSG allerdings noch zu prüfen haben) ist § 19 Abs 3(idF, die die Norm durch das Gesetz zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 20.4.2007 - BGBl I 554 - erhalten hat) iVm § 53 Abs 1 Satz 1 und § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII(beide idF, die die Normen durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022 - erhalten haben), § 55 SGB IX und § 8 Eingliederungshilfe-VO(idF, die die Norm durch das Gesetz vom 27.12.2003 erhalten hat; zur Unanwendbarkeit des § 15 Abs 1 Satz 4 SGB IX in diesen Fällen vgl: BSGE 103, 171 ff RdNr 12 = SozR 4-3500 § 54 Nr 5; BSG SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 20). Ob der Beklagte allgemein bestimmt hat, dass im Widerspruchsverfahren sozial erfahrene Dritte (§ 116 SGB XII) zu beteiligen sind (vgl § 12 AGSGB XII), mag das LSG hingegen noch verifizieren. Da sich der geltend gemachte Anspruch auf eine Geldleistung richtet, ist es rechtlich unerheblich, dass der Kläger den Opel schon vor Erlass des Ablehnungsbescheids gekauft hat; deshalb stehen §§ 2, 18 SGB XII (Nachrang der Sozialhilfe; Leistung erst ab Kenntnis des Sozialhilfeträgers) einer Leistungsgewährung nicht entgegen (BSG SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 21). Nur für die Frage, ob ein Leistungsanspruch besteht, ist auf die Rechtslage im Zeitpunkt der Entstehung (Fälligkeit) der Kosten (April 2008) abzustellen (BSG, aaO, RdNr 19). Einem Kostenerstattungsanspruch steht nicht entgegen, dass der Vater bzw die Eltern des Klägers die angefallenen Kosten bereits gezahlt hat bzw haben (dazu ausführlich BSGE 112, 67 ff RdNr 25 = SozR 4-3500 § 92 Nr 1).

13

Der Kläger erfüllt die personenbezogenen Voraussetzungen des § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII, wonach Leistungen der Eingliederungshilfe - als gebundene Leistung(BSG SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 25)- (nur) an Personen erbracht werden, die durch eine Behinderung iS des § 2 Abs 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art und Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Denn der Kläger ist durch seine Gehbehinderung in seiner körperlichen (§ 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII iVm § 1 Nr 4 Eingliederungshilfe-VO)und durch die unvollständige Entwicklung seines Gehirns auch in seiner geistigen Funktion wesentlich (zur Wesentlichkeit vgl nur BSGE 112, 196 ff RdNr 14 mwN = SozR 4-3500 § 54 Nr 10) behindert (§ 2 Abs 1 SGB IX, § 2 Eingliederungshilfe-VO).

14

Ob er allerdings iS des § 8 Abs 1 Satz 2 Eingliederungshilfe-VO auf den Opel zur Eingliederung in die Gemeinschaft tatsächlich angewiesen ist, kann der Senat wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen des LSG(§ 163 SGG)nicht abschließend beurteilen. Die Leistungen der Eingliederungshilfe werden durch § 54 Abs 1 SGB XII iVm §§ 26, 33, 41 und 55 SGB IX und durch die auf der Ermächtigungsgrundlage des § 60 SGB XII erlassene Eingliederungshilfe-VO konkretisiert. Die Hilfe zur Beschaffung eines Kfz wird nach § 8 Abs 1 Satz 1 Eingliederungshilfe-VO iVm Satz 2 in angemessenem Umfang gewährt, wenn der behinderte Mensch wegen Art oder Schwere seiner Behinderung insbesondere zur Teilhabe am Arbeitsleben auf die Benutzung des Kfz angewiesen ist.

15

In Hinblick auf das bei jeder Eingliederungsmaßnahme zu prüfende Merkmal der Notwendigkeit (§ 4 Abs 1 SGB IX)ist dies nur zu bejahen, wenn das Kfz als grundsätzlich geeignete Eingliederungsmaßnahme unentbehrlich zum Erreichen der Eingliederungsziele ist (BSGE 112, 67 ff RdNr 14 = SozR 4-3500 § 92 Nr 1), die darin liegen (vgl § 53 Abs 3 Satz 1 SGB XII), eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und den behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Dabei ist dem behinderten Menschen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihm die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder ihn so weit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen (§ 53 Abs 2 Satz 2 SGB XII, § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII iVm § 55 Abs 1 SGB IX). In welchem Maß und durch welche Aktivitäten ein behinderter Mensch am Leben in der Gemeinschaft teilnimmt, ist abhängig von seinen individuellen Bedürfnissen unter Berücksichtigung seiner Wünsche (§ 9 Abs 2 SGB XII), bei behinderten Kindern der Wünsche seiner Eltern, orientiert am Kindeswohl nach den Umständen des Einzelfalls. Es gilt mithin ein individueller und personenzentrierter Maßstab, der regelmäßig einer pauschalierenden Betrachtung des Hilfefalls entgegensteht (BSG SozR 4-3500 § 54 Nr 6 RdNr 22; SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 25 f).

16

Danach war vorliegend die Anschaffung des Kfz zum Erreichen der Eingliederungsziele grundsätzlich geeignet. Denn der Kläger benötigte ein Kfz, um mehrmals die Woche an einem therapeutischen Reiten teilzunehmen, regelmäßig Ausflüge in den Park zu unternehmen und Verwandten- und Bekanntenbesuche durchzuführen, Kultur- und Sportveranstaltungen sowie den Gottesdienst zu besuchen und seine Eltern bei Einkäufen und sonstigen Erledigungen zu begleiten. Ob Fahrten zum Einkaufen auch ohne den Kläger hätten durchgeführt werden können oder die Fahrten in ihrer Häufigkeit nicht denen mit nicht behinderten Kindern entsprachen, ist entgegen der Auffassung des LSG im Hinblick auf den anzulegenden individuellen Maßstab ohne Belang. Insbesondere ist hinsichtlich des Vergleichsmaßstabs für den Umfang der gesellschaftlichen Kontakte hier der Umstand wesentlich zu beachten, dass der Kläger wegen der Schwere seiner Behinderung keinen Kindergarten und keine Schule besuchen konnte, ihm also lediglich Aktivitäten außerhalb dieses gesellschaftlichen Bereichs verblieben, um überhaupt am Leben in der Gemeinschaft teilzuhaben. Deshalb können Einkaufsfahrten oder regelmäßige Besuche von Verwandten und Freunden zur Teilhabe erforderlich gewesen sein, wenn auf andere Art und Weise ein Erleben von üblichen gesellschaftlichen Kontakten mit Menschen außerhalb der Familie und das Erlernen von entsprechenden Umgangsformen und Verhaltensweisen nicht hinreichend möglich waren und die Fahrten gerade deshalb mit dem Kläger unternommen wurden. Insoweit gingen seine zu berücksichtigenden Teilhabebedürfnisse über die eines nicht behinderten nicht sozialhilfebedürftigen Kindes gleichen Alters - das die maßgebliche Vergleichsgruppe darstellt - hinaus. Die Auffassung des LSG, der Kläger hätte sich mit einer Integration in das nähere häusliche Umfeld begnügen müssen, für die kein Kfz benötigt werde, steht mit dem anzulegenden Prüfungsmaßstab nicht in Einklang. Ebenso wenig muss sich der Kläger darauf verweisen lassen, ihm habe zu Hause ein Therapieraum zur Verfügung gestanden, der neben anderen Leistungen sog ambulanter Hilfe (zB Frühförderung, sonstiger Umbaumaßnahmen) eine Förderung seiner Entwicklung zugelassen habe. Ohnedies ist nicht erkennbar, inwieweit diese Hilfen überhaupt auf die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft gerichtet waren. Wie ausgeführt, bestimmen zudem nicht die Vorstellungen des Beklagten die Reichweite und Häufigkeit der Teilhabe des behinderten Menschen, sondern dessen angemessene Wünsche; für eine "Saldierung" von Leistungen existiert keine Rechtsgrundlage. Irrelevant ist außerdem, ob von dritter Seite, zB der Krankenkasse, eine bestimmte Zahl von Fahrten mit dem eigenen Kfz finanziert wurde, weil dies die Regelmäßigkeit der übrigen Fahrten nicht berührt und auf deren Notwendigkeit keinen Einfluss hat. Der Senat setzt sich damit auch nicht in Widerspruch zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, nach der das Angewiesensein auf ein Kfz eine ständige, nicht nur vereinzelte oder nur gelegentliche Nutzung voraussetzen soll (BVerwGE 55, 31, 33; 111, 328, 330 f).

17

Es fehlen jedoch tatsächliche Feststellungen des LSG dazu (§ 163 SGG), ob die Anschaffung des Opel unentbehrlich zum Erreichen der Eingliederungsziele war oder ob andere Möglichkeiten als die Benutzung eines Kfz zur Verwirklichung der Teilhabeziele zumutbar hätten genutzt werden können. Das Angewiesensein auf ein Kfz wäre nämlich dann zu verneinen, wenn die Teilhabeziele mit dem öffentlichen Personennahverkehr und ggf unter ergänzender Inanspruchnahme des Behindertenfahrdienstes zumutbar hätten verwirklicht werden können. Dabei wird neben regelmäßigen Verkehrszeiten zB auch die praktische Möglichkeit der Benutzung des Verkehrsmittels mit einem Rollstuhl zu berücksichtigen sein. Sollten die Ermittlungen ergeben, dass entsprechende Alternativen nicht oder nicht ausreichend bestanden haben, war der Kläger auf ein Kfz angewiesen.

18

In diesem Fall könnte dem Anspruch auf Kostenerstattung allerdings noch entgegenstehen, dass im Zeitpunkt der Anschaffung des Opel bereits ein (Familien-)Fahrzeug vorhanden war, mit dem der Vater zwar seinen Weg zur Arbeit zurücklegte, das aber nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) unter der Woche an zwei bis drei Tagen sowie am Wochenende für Dienstfahrten nicht benötigt wurde. Dass dieses Fahrzeug nicht im Eigentum des Klägers stand, ist unerheblich. Es ist eine Gesamtbetrachtung der Verhältnisse der Einstandsgemeinschaft geboten. Der Kläger war nämlich schon rein tatsächlich auch bei einem aus Sozialhilfemitteln angeschafften Kfz, immer auf die Unterstützung der Eltern zur Erreichung der Teilhabeziele angewiesen, weil er das Fahrzeug selbst gar nicht führen konnte. Dies entspricht dem Regelungskonzept des SGB XII, das ua in § 16 SGB XII mit dem Gebot familiengerechter Leistungen und in § 19 Abs 3 SGB XII zum Ausdruck kommt, wonach bei minderjährigen Kindern auch auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Eltern abzustellen ist(dazu gleich). Das umfassende Prinzip familiärer Solidarität mit der Pflicht zu Beistand und Rücksicht ist auch Grundlage der gesamten Ausgestaltung des Eltern-Kind-Verhältnisses im Bürgerlichen Gesetzbuch - BGB - (vgl § 1618a BGB; dazu Palandt, BGB, 73. Aufl 2014, § 1618a RdNr 1).

19

Sollte das Fahrzeug seiner Größe und Beschaffenheit nach - ggf nach einem behindertengerechten Umbau (§ 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-VO) - geeignet gewesen sein, damit auch den Kläger zu transportieren und durfte es - falls es sich um ein Dienstfahrzeug gehandelt hat - auch privat genutzt werden, wäre der Kläger weiterhin auf ein Kfz, nicht aber auf das Kfz (den Opel) angewiesen gewesen, für dessen Anschaffung er die Erstattung der Kosten begehrt. Denn er hätte wie Familien der maßgeblichen Vergleichsgruppe dann darauf verwiesen werden können, Termine so zu legen, dass das regelmäßig unter der Woche und an den Wochenenden zur Verfügung stehende Kfz für die Verwirklichung seiner Teilhabeziele eingesetzt wird, sollte dies auch behinderungsbedingt möglich gewesen sein und es zB keine Überforderung des Klägers mit sich gebracht haben, wenn verschiedene Termine auf einen Tag hätten gelegt werden müssen.

20

War das Kfz des Vaters hingegen nicht für Fahrten mit dem Kläger geeignet oder - wenn es sich um ein Dienstfahrzeug handelte - die private Nutzung nicht zugelassen, hätte der Beklagte ggf verlangen können, dass das vorhandene, nicht behindertengerechte Fahrzeug verkauft werde, um den Erlös zur Anschaffung eines angemessenen, behindertengerechten Fahrzeugs einzusetzen und damit das Teilhabeziel gleichermaßen zu erreichen. In diesem Fall hätte der Beklagte anstelle des Zuschusses nach § 8 Abs 1 Eingliederungshilfe-VO im Rahmen seines Ermessens gemäß § 8 Abs 2 Eingliederungshilfe-VO, der eine Ausprägung des Nachranggrundsatzes(§ 2 SGB XII) ist, Leistungen (ggf nur teilweise) als Darlehen zu gewähren brauchen. Der Verkauf des Fahrzeugs hätte insoweit eine Art der zumutbaren Selbsthilfe dargestellt.

21

Der Senat kann auch nicht abschließend beurteilen, ob der Kläger bedürftig war. Nach § 19 Abs 3 SGB XII ist Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nur zu leisten, soweit den Leistungsberechtigten und, wenn sie - wie hier der Kläger - minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach dem 11. Kapitel des SGB XII nicht zuzumuten ist, wozu bislang ebenfalls noch keine Feststellungen getroffen worden sind. Diese sind nicht entbehrlich, denn es handelt sich bei den Kosten für die Anschaffung des Opel nicht um eine privilegierte Hilfe zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB XII(zum Verhältnis von § 92 Abs 1 und Abs 2 Senatsurteil vom 22.3.2012 - B 8 SO 30/10 R -, BSGE 110, 301 ff RdNr 28 = SozR 4-3500 § 54 Nr 8). Hierfür wären spezifische, an der Person des behinderten Menschen ansetzende Maßnahmen notwendig, auf die die Hilfen ausgerichtet sein müssten; darüber hinaus müsste der Schwerpunkt der Hilfen bei spezifischen Bildungszielen liegen (ausführlich Senatsurteil vom 20.9.2012 - B 8 SO 15/11 R -, BSGE 112, 67 ff RdNr 20 = SozR 4-3500 § 92 Nr 1). An einem derartigen Personenbezug fehlt es aber bei der Hilfe zur Beschaffung eines Kfz.

22

Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 20. April 2011 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit ist die Erstattung der Kosten für den Einbau eines Aufzugs im Haus der Eltern des Klägers im Jahre 2007.

2

Der 2002 geborene Kläger lebt mit seinen Eltern im 1. und 2. Obergeschoss des elterlichen Hauses; er ist erheblich behindert und leidet unter anderem an einer Teilparese beider unterer Extremitäten. Bei ihm sind seit seiner Geburt ein Grad der Behinderung von 100 sowie die Merkzeichen G, aG, B und H anerkannt. Im Februar 2005 beantragten die Eltern des Klägers für diesen die Übernahme der Kosten für den Einbau eines Fahrstuhls zur Verbindung vom Erdgeschoss in das 1. Obergeschoss des Hauses. Die Kosten hierfür beliefen sich nach Angaben des Vaters des Klägers im Gerichtsverfahren auf insgesamt 37 959 Euro (einschließlich Eigenleistungen). Von der Abteilung Wohnungswesen des Beklagten hat der Vater des Klägers für den Fahrstuhleinbau 15 000 Euro als Darlehen ("Reduzierung von Barrieren im Wohnungsbestand") erhalten, und die Pflegekasse hat dem Kläger einen Zuschuss in Höhe von 2557 Euro bewilligt.

3

Der Beklagte lehnte die Gewährung von Eingliederungshilfe ab, weil die Einkommens- und Vermögenssituation der Eltern der Kostenübernahme entgegenstehe (Bescheid vom 5.10.2006; Widerspruchsbescheid vom 25.1.2007). Klage und Berufung hiergegen sind erfolglos geblieben (Urteil des Sozialgerichts Münster vom 23.11.2009; Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 20.4.2011). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, die Aufbringung der Mittel für den Einbau des Aufzugs sei den Eltern zumindest aus dem Vermögen zuzumuten, weil das Vermögen des Vaters die Kosten für den Einbau des Personenaufzugs überstiegen habe. Der Vater des Klägers sei Eigentümer eines Bauernhofs, in dem die Familie wohne, und weiterer Grundstücksflächen; im Verwaltungsverfahren habe er zudem angegeben, über Vermögen von mehr als 37 726 Euro zu verfügen. § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 3 iVm Satz 2 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII), wonach bei der Hilfe, die dem behinderten noch nicht eingeschulten Menschen die für ihn erreichbare Teilnahme in der Gemeinschaft ermöglichen solle, Vermögen unberücksichtigt bleibe, finde keine Anwendung; die in § 55 Abs 2 Nr 5 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) aufgeführte Hilfe ua zum Umbau einer Wohnung werde von der Norm nicht erfasst. Wortlaut, Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der Regelung verlangten eine Förderungsmaßnahme mit unmittelbarer Investition in den behinderten Menschen selbst.

4

Mit der Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 3 iVm Satz 2 SGB XII, der seines Erachtens auch auf allgemeine Maßnahmen der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach § 55 Abs 2 Nr 5 SGB IX (Hilfen bei der Beschaffung, dem Umbau, der Ausstattung und der Erhaltung einer Wohnung), die den besonderen Bedürfnissen des behinderten Menschen entsprechen, anzuwenden sei.

5

Der Kläger beantragt,
die Urteile des LSG und des SG sowie den Bescheid vom 5.10.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.1.2007 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, die Kosten für den Einbau eines Fahrstuhls zu erstatten.

6

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Er hält die angefochtene Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz). Es fehlen ua ausreichende tatsächliche Feststellungen des LSG zu der Einkommens- und Vermögenssituation und zu den Kosten der Umbaumaßnahme.

9

Von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrensmängel liegen nicht vor. Insbesondere war nicht die Pflegekasse notwendig beizuladen. Nach § 75 Abs 2 Satz 1 1. Alt SGG (echte notwendige Beiladung) sind Dritte beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Eine notwendige Beiladung der Pflegekasse unter diesem Gesichtspunkt käme überhaupt nur im Hinblick auf § 14 SGB IX in Betracht, wenn sie, nicht der Beklagte, der eigentlich zuständige Rehabilitationsträger wäre und der Beklagte den bei ihm gestellten Antrag nicht rechtzeitig weitergeleitet hätte(siehe dazu nur grundlegend BSGE 93, 283 ff = SozR 4-3250 § 14 Nr 1) oder sie selbst der erstangegangene Leistungsträger wäre (vgl BSG SozR 4-3500 § 54 Nr 6 RdNr 10 ff). Allerdings ist die Pflegekasse kein Rehabilitationsträger iS des § 6 Abs 1 SGB IX; deshalb wäre sie auch nicht nach § 14 SGB IX für die Eingliederungshilfe mangels Weiterleitung eines zuerst bei ihr gestellten Antrags an den Sozialhilfeträger(§ 14 Abs 6, 1 und 2 SGB IX)zuständig geworden. Ihrer eigenen Leistungspflicht gemäß § 40 Abs 4 Satz 3 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung - (SGB XI) ist die Pflegekasse jedenfalls nachgekommen. Eine notwendige Beiladung der zuständigen Krankenkasse als Rehabilitationsträger (iVm § 14 SGB IX)scheidet schon deshalb aus, weil der Aufzug als fester Einbau in das Wohngebäude kein Hilfsmittel iS des § 33 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) ist(vgl: BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 30; BSG SozR 3-3300 § 40 Nr 1) und andere Leistungen der Krankenkasse nicht in Betracht kommen. Es bedarf deshalb keiner Entscheidung, ob es sich bei einem Hilfsmittel überhaupt um eine Leistung der Teilhabe im Rahmen des § 14 SGB IX handelt(vgl dazu das Senatsurteil vom 2.2.2012 - B 8 SO 9/10 R - RdNr 15). Über die Erforderlichkeit einer unechten notwendigen Beiladung (§ 75 Abs 2 Satz 1 2. Alt SGG) wäre ohnedies mangels Rüge (siehe zu dieser Voraussetzung nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 75 RdNr 13b mwN) im Revisionsverfahren nicht zu entscheiden.

10

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 5.10.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.1.2007 (§ 95 SGG), soweit darin der Antrag auf Übernahme der Kosten für den Einbau eines Fahrstuhls abgelehnt worden ist. Hiergegen wendet sich der Kläger mit einer auf den Erlass eines Grundurteils (§ 130 Abs 1 SGG) gerichteten kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 3, § 56 SGG).

11

Der Beklagte war und ist als örtlicher Träger der Sozialhilfe für die Leistungserbringung sachlich und örtlich zuständig (§ 97 Abs 1 und 2, § 98 Abs 1, § 3 Abs 2 SGB XII iVm § 1 Landesausführungsgesetz zum SGB XII für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16.12.2004 - Gesetz- und Verordnungsblatt 816 - und § 2 Abs 1 Nr 2 Ausführungsverordnung zum SGB XII des Landes Nordrhein-Westfalen - GVBl 816). Zur eigenständigen Prüfung des Landesrechts ist der Senat mangels dessen Berücksichtigung durch das LSG befugt.

12

Der Kläger hat einen Anspruch auf Kostenübernahme für den Einbau eines Fahrstuhls in das elterliche Haus als Maßnahme der Eingliederungshilfe nach § 19 Abs 3 iVm § 53 Abs 1 Satz 1 und § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII(alle idF des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022) iVm § 55 Abs 2 Nr 5 SGB IX allenfalls unter Berücksichtigung des Einkommens und Vermögens, weil es sich nicht um eine privilegierte Maßnahme nach § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB XII(ebenfalls idF des Gesetzes vom 27.12.2003) handelt. Dieser mögliche Anspruch ist gemäß § 10 Abs 3 SGB XII ein originärer Geldleistungsanspruch(vgl zu dieser Problematik das Senatsurteil vom 2.2.2012 - B 8 SO 9/10 R - RdNr 20), sodass § 15 Abs 1 Satz 4 SGB IX (Erstattung bei selbstbeschaffter Sachleistung) nicht anwendbar ist. Auf eine zusätzliche Eilbedürftigkeit bei Bedarfsdeckung auf eigene Rechnung kommt es nicht an (BSG, aaO, RdNr 21).

13

Der Kläger erfüllt die personenbezogenen Voraussetzungen des § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII. Danach werden Leistungen der Eingliederungshilfe - als gebundene Leistung - (nur) an Personen erbracht, die durch eine Behinderung iS des § 2 Abs 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art und Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Diese Voraussetzungen liegen vor, weil der Kläger bereits durch die Teilparese beider unterer Extremitäten in seiner körperlichen Funktion derart beeinträchtigt ist (§ 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII iVm § 1 Nr 1 Verordnung nach § 60 SGB XII idF, die diese durch das Gesetz vom 27.12.2003 erhalten hat), dass er sich nicht ohne fremde Hilfe bewegen kann (s insoweit zum Erfordernis einer wertenden Betrachtung das Senatsurteil vom 22.3.2012 - B 8 SO 30/10 R - RdNr 19).

14

Der Einbau eines Fahrstuhls zählt als Hilfe beim Umbau bzw der Ausstattung der Wohnung zu den Leistungen der Eingliederungshilfe nach § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII, der mit der Eingliederungshilfeverordnung § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII konkretisiert, iVm § 55 Abs 2 Nr 5 SGB IX. Mit dem Einbau eines Fahrstuhls in das elterliche Wohnhaus kann auch ein Ziel der Eingliederungshilfe erreicht werden, nämlich den Kläger in die Gesellschaft einzugliedern, ihm insbesondere die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft erst zu ermöglichen (§ 53 Abs 1 Satz 1 und Abs 3 Satz 2 SGB XII). Ob die Leistungen notwendig iS des § 4 Abs 1 SGB IX sind, ist demgegenüber anhand der tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht beurteilbar. Nach dieser Vorschrift ist im Einzelfall jede geeignete Eingliederungsmaßnahme darauf zu untersuchen, ob sie unentbehrlich zum Erreichen der Leistungsziele ist (vgl nur Luthe in juris Praxiskommentar SGB IX, § 4 RdNr 17 mwN). Es kann nicht abschließend entschieden werden, ob nicht bereits verfügbare Möglichkeiten der Selbsthilfe (Umzug der Familie in das Erdgeschoss) oder kostengünstigere Lösungen (etwa Treppenlifter) hätten gewählt werden können. Darauf käme es jedoch nicht an, wenn die Leistungsgewährung bereits an den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Klägers und/oder seiner Eltern scheitern würde.

15

Zu Recht hat nämlich der Beklagte die Übernahme von Kosten für den Fahrstuhleinbau von der Einkommens- und Vermögenssituation abhängig gemacht, ohne dass der Senat jedoch abschließend beurteilen kann, ob diese tatsächlich einem Kostenerstattungsanspruch entgegenstehen; auch die tatsächlich angefallenen Kosten sind nicht festgestellt. Nach § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB XII, der unabhängig von den Voraussetzungen des Abs 1 anzuwenden ist(Senatsurteil vom 22.3.2012 - B 8 SO 30/10 R - RdNr 28), ist den in § 19 Abs 3 SGB XII genannten Personen - hier dem Kläger selbst und den Eltern - bei der Hilfe, die dem behinderten noch nicht eingeschulten Menschen die für ihn erreichbare Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft ermöglichen soll, die Aufbringung der Mittel durch Einkommen nur für die Kosten des Lebensunterhalts zuzumuten, und Leistungen sind gänzlich ohne Berücksichtigung von vorhandenem Vermögen zu erbringen(zu Letzterem § 92 Abs 2 Satz 2 SGB XII).

16

Für die Auslegung sind Historie und Entstehungsgeschichte der Norm allerdings unergiebig, weil sich der Gesetzgeber in den einzelnen Gesetzesbegründungen nur allgemein mit der notwendigen Gleichstellung behinderter und nicht behinderter Kinder befasst hat, ohne den Katalog der Privilegierungstatbestände selbst näher zu erläutern bzw zu begründen (vgl: zur Einführung des § 43 Abs 2 Bundessozialhilfegesetz BT-Drucks V/4429, S 3 zu Nr 15a unter Verweis auf Abschnitt A 3 Abs 3, S 2; zu Änderungen des § 43 Abs 2 BSHG BT-Drucks 7/308, S 14 zu Nr 17, und 14/5800, S 34 zu Art 15 Nr 9<§ 43> Buchst b; zur Einführung des SGB XII BT-Drucks 15/1514, S 66 zu § 87 des Entwurfs). Demgegenüber erlaubt der Wortlaut durchaus, wenn auch nicht ausschlaggebende, Rückschlüsse für die Auslegung des § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB XII. Es fällt immerhin auf, das diese Norm bis auf die Bezeichnung der betroffenen Personengruppe (im SGB XII: behinderte noch nicht eingeschulte Menschen; im SGB IX: behinderte Menschen) und die im SGB IX enthaltene nähere Umschreibung der Hilfen ("Erwerb praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten") § 55 Abs 2 Nr 3 SGB IX vergleichbar formuliert ist. Ob damit eine völlige Identität verbunden ist (so Behrend in jurisPK-SGB XII, § 92 SGB XII RdNr 29), kann offen bleiben. Jedenfalls verdeutlicht § 55 Abs 2 Nr 5 SGB IX, dass Umbaumaßnahmen, selbst wenn sie - so der Vortrag des Klägers - erst die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft an sich ermöglichen, nicht unter die ansonsten aufgeführten Hilfemaßnahmen des § 55 SGB IX fallen, und zwar selbst dann nicht, wenn sie erst den Besuch einer anderen Fördermaßnahme ermöglichen.

17

Nichts anderes kann für § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB XII gelten(so auch: Luthe in jurisPK-SGB IX § 55 RdNr 42; Lachwitz in Handkommentar zum SGB IX, 3. Aufl 2010, § 55 RdNr 43a; Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, 4. Aufl 2012, § 92 SGB XII RdNr 21; Lücking in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 92 RdNr 14, Stand Dezember 2004). Für dieses Ergebnis ist es ohne Bedeutung, ob der Gesetzgeber mit dem Terminus der "Teilnahme" in § 55 Abs 2 Nr 3 SGB IX und § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB XII ein unreflektiertes Synonym zu dem der "Teilhabe" gewählt hat oder ob es sich um reflektierte unterschiedliche Termini handelt.

18

Dass die vorliegende Umbaumaßnahme nicht von § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB XII erfasst wird, deckt sich mit der Binnensystematik des § 92 Abs 2 Satz 1 SGB XII, der - mit Ausnahme der zu beurteilenden Nr 3 - ausdrücklich eine spezifische Fördermaßnahme voraussetzt, die über das Ermöglichen der reinen Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft hinausgeht (in Nr 1 heilpädagogische Maßnahmen für noch nicht eingeschulte Kinder; in Nr 2 Hilfen zur angemessenen Schulbildung einschließlich der Vorbereitung; in Nr 4 Hilfen zur schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf oder zur Ausbildung für eine sonstige angemessene Tätigkeit; in Nr 5 iVm § 26 SGB IX Leistungen zur medizinischen Rehabilitation; in Nr 6 iVm § 33 SGB IX Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben; in Nr 7 Leistungen in Werkstätten für behinderte Menschen bzw nach § 56 SGB XII vergleichbaren Beschäftigungsstätten; in Nr 8 sonstige Hilfen zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten - wie etwa in Förderstätten nach § 136 Abs 4 SGB IX). All diesen Privilegierungsfällen ist gemeinsam, dass sie einen spezifischen Förderbedarf und eine entsprechende Förderung voraussetzen, zu dem die vermögens- und einkommensprivilegierte Hilfe einen (objektiv) finalen Bezug dergestalt aufweisen muss, dass der Schwerpunkt der zu erbringenden Leistung nicht allein oder vorrangig bei der allgemeinen Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, sondern zumindest gleichwertig bei den von ihnen verfolgten beruflichen, schulischen, ausbildungsbezogenen und medizinischen Zielen liegt.

19

Demgemäß hat das Bundessozialgericht (BSG) bereits zu den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 SGB IX, auf den § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 6 SGB XII expressis verbis verweist, entschieden, dass der Förderrahmen des § 33 Abs 3 Nr 1 und 6 iVm Abs 8 Nr 6 SGB IX (Beschaffung, Ausstattung und Erhaltung einer behindertengerechten Wohnung in angemessenem Umfang) auf die durch die Berufsausübung beschränkte Bedarfslage begrenzt ist, sodass Umbaumaßnahmen, die sich nur mittelbar auf die Berufsausübung auswirken, zur persönlichen Lebensführung zählen und nicht im Rahmen der Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben förderfähig sind(vgl BSGE 93, 283 ff RdNr 14 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1); Umbaumaßnahmen für die von Nr 6 betroffene Personengruppe mögen damit zwar generell nach §§ 53, 54 SGB XII im Rahmen der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft förderfähig sein, sind jedoch nicht einkommens- und vermögensprivilegiert. Hinzu kommt, dass die Nrn 4, 7 und 8 des § 92 Abs 2 Satz 1 SGB XII voraussetzen, dass Leistungen in bestimmten Einrichtungen erbracht werden, und in Nr 5 der Norm für die medizinische Rehabilitation wegen der in § 54 Abs 1 Satz 2 SGB XII angeordneten "Koppelung" an den Leistungskatalog des SGB V Umbaumaßnahmen ausscheiden (siehe dazu oben). Auch für die von diesen gesetzlichen Regelungen betroffenen Personengruppen sind mithin Umbaumaßnahmen nur als nicht einkommens- und vermögensprivilegierte Eingliederungshilfe denkbar.

20

Vor diesem Hintergrund wäre es aus Gleichheitsgründen (Art 3 Abs 1 Grundgesetz ) nicht zu rechtfertigen, dies in den Fällen der Nrn 1 bis 3 anders zu sehen. Insbesondere kann Nr 3 nicht als allgemeine Auffangnorm für alle denkbaren gesellschaftsbezogenen Bedarfe zugunsten nicht eingeschulter behinderter Menschen verstanden werden; Nr 1 hätte dann keine eigenständige Bedeutung mehr. Zusammenfassend verlangt mithin § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB XII aus systematischen und teleologischen Gründen eine einschränkende Auslegung dahin, dass die Regelung spezifische, an der Person des behinderten Menschen ansetzende Maßnahmen voraussetzt, auf die die Hilfen ausgerichtet sein müssen. Dies macht nicht zuletzt die Formulierung "noch nicht eingeschulte Menschen" deutlich. Es sollen also Personen erfasst werden, die (noch) nicht unter Nr 2 fallen, denen aber Maßnahmen angeboten werden können, die ihrem Bildungsstand entsprechen (vgl BT-Drucks 14/5800 S 34 zu Art 15 Nr 9 <§ 43> Buchst b). Darüber hinaus muss der Schwerpunkt der Hilfen bei spezifischen Bildungszielen liegen.

21

Auch das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat - diesem Gedanken Rechnung tragend - die Übernahme von Taxibeförderungskosten für ein behindertes Kind zur Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung (nur deshalb) als Leistung der Eingliederungshilfe gewertet, die unabhängig vom elterlichen Einkommen und Vermögenseinsatz zu gewähren ist, weil die geförderte Leistung unmittelbar mit einer konkreten (Bildungs-)Maßnahme bzw dem Schulbesuch verknüpft war und allein dieser spezifischen Fördermaßnahme diente (BVerwG Buchholz 436.0 § 39 BSHG Nr 8; vgl auch BVerwGE 25, 28 ff zum ärztlich angeordneten Transport eines Behinderten in eine Anstalt zur stationären Behandlung). Diese enge Verknüpfung mit einer spezifischen anderen Maßnahme weist der Fahrstuhl im Elternhaus des Klägers gerade nicht auf; er erfüllt Funktionen der Teilhabe an der Gesellschaft auch ohne solche an der Person des Klägers ansetzende Förderung, und zwar - bei der erforderlichen wertenden Betrachtung - überwiegend. Selbst wenn der Kläger eine Maßnahme besuchen würde, verbliebe es doch objektiv bei der basalen Funktion des Aufzugs, überhaupt die Wohnung verlassen zu können, um am über das (enge) Familienleben hinausgehenden Gesellschaftsleben durch den Kontakt mit anderen teilnehmen zu können.

22

Der Rechtsanspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe läuft bei der gewonnenen Auslegung nicht ins Leere, denn die Begrenzung des Anwendungsbereichs des § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB XII auf spezifische Förderungsmaßnahmen erfolgt ausschließlich auf der Ebene des zumutbaren Einkommens- und Vermögenseinsatzes. Die Norm zieht damit eine Trennlinie zwischen dem Verantwortungsbereich des Staates und dem der von § 19 Abs 3 SGB XII erfassten Person. Umbaumaßnahmen der vorliegenden Art werden mithin nicht generell dem Anwendungsbereich der §§ 53, 54 SGB XII entzogen, sondern es wird lediglich normativ definiert, bei welchen spezifischen Fördermaßnahmen ein erhöhtes gesellschaftliches Allgemeininteresse und damit eine Gesamtverantwortung der Gesellschaft anzunehmen ist, die eine finanzielle Entlastung der Familie rechtfertigt.

23

Ist mithin Einkommen und Vermögen zu berücksichtigen, so fehlen Feststellungen des LSG dazu für eine abschließende Entscheidung. Selbst wenn man dem Gesamtzusammenhang der Ausführungen des Berufungsgerichts noch entnehmen könnte, dass der Kläger selbst weder Einkommen noch Vermögen hat, enthält das angefochtene Urteil zur Situation der Mutter keine und zu der des Vaters nur unzureichende Angaben. Einkommen des Vaters als abhängig Beschäftigten wird "für das Jahr 2004 mit 38 203,08 Euro" und "für das Jahr 2005 voraussichtlich mit 42 069,35 Euro" angegeben. Für "Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von etwa 20 000 Euro jährlich" wird lediglich auf einen Aktenvermerk verwiesen und dabei nicht einmal mitgeteilt, welches Jahr betroffen ist. Abzustellen ist jedoch auf die Einkommenssituation zum Zeitpunkt der Entstehung der einzelnen Kosten (Senatsurteil vom 2.2.2012 - B 8 SO 9/10 R - RdNr 19 mwN). Dazu fehlen indes Feststellungen des LSG; nach den im Gerichtsverfahren vorgelegten Rechnungen war dies erst nach dem Jahr 2005 und nach Ablehnung der Leistung durch den Beklagten der Fall. Es dürfte zwar wahrscheinlich sein, dass die Einkommensgrenze der §§ 85, 86 SGB XII überschritten war und deshalb nicht § 88 SGB XII (Einsatz des Einkommens unter der Einkommensgrenze), sondern § 87 SGB XII (Einsatz des Einkommens über der Einkommensgrenze) zur Anwendung kommt; eine genaue Beurteilung des danach zugrunde zu legenden Kriteriums des angemessenen Umfangs der Berücksichtigung ist jedoch nicht möglich.

24

Nichts anderes gilt im Ergebnis für zu berücksichtigendes Vermögen des Vaters, der bislang eine genaue Auskunft darüber verweigert hat. In diesem Punkt hat das LSG weder eine Beweislastentscheidung - zu Ungunsten des Klägers, weil die Bedürftigkeit zu den Anspruchsvoraussetzungen zählt - getroffen, noch sein Urteil auf fehlende prozessuale Mitwirkung gestützt; vielmehr hat es formuliert, der Vater sei Eigentümer eines Bauernhofes, in dem die Familie wohne, nebst Grundstücksflächen. Außerdem habe er im Verwaltungsverfahren - also wohl vor Entstehung der Kosten - angegeben, Vermögen in Höhe von mehr als 37 726 Euro zu besitzen. Abgesehen davon, dass es sich damit nicht um eine tatsächliche Feststellung zum wirklichen Wert und den vorhandenen Gegenständen des Vermögens zum Zeitpunkt des Bedarfsanfalls handelt, ist in keiner Weise nachvollziehbar, ob bzw inwieweit es sich um nichtprivilegiertes und verwertbares Vermögen handelt, sodass nicht einmal überschlägig angenommen werden kann, dass das einzusetzende Vermögen mit Sicherheit den Bedarf des Klägers überstieg.

25

Einem denkbaren - wenn auch wenig wahrscheinlichen - Kostenerstattungsanspruch würde nicht entgegenstehen, dass oder wenn die Eltern (bzw der Vater) des Klägers die angefallenen Kosten bereits getragen haben. Sozialhilfeleistungen setzen zwar vom Grundgedanken her einen aktuellen Bedarf voraus; dies gilt allerdings aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 GG) nicht bei einer rechtswidrigen Ablehnung der Hilfegewährung und zwischenzeitlicher Bedarfsdeckung im Wege der Selbsthilfe oder Hilfe Dritter, wenn der Hilfesuchende innerhalb der gesetzlichen Fristen einen Rechtsbehelf eingelegt hat und im Rechtsbehelfsverfahren die Hilfegewährung erst erstreiten muss (vgl nur das Senatsurteil vom 22.3.2012 - B 8 SO 30/10 R - RdNr 26 mwN). Ob der Kläger im Falle des Klageerfolgs seinen Eltern (bzw seinem Vater) die Auslagen erstatten müsste, ist bei vorliegender Konstellation ohne Bedeutung (BSG, aaO, RdNr 27); eine Rückerstattung ist bei realitätsnaher Sichtweise ohnedies unüblich und kann bei Selbsthilfe im Rahmen von Einsatzgemeinschaften des § 19 Abs 1, 2 oder 3 SGB XII auch nicht zur Voraussetzung gemacht werden; ansonsten würde die normative Wertung konterkariert (BSG aaO). Allenfalls wäre an eine als Einkommen zu berücksichtigende Zuwendung aus unterhaltsrechtlicher Sicht zu denken, was aber im Hinblick auf den Umfang der Kosten kaum von der Unterhaltspflicht erfasst sein dürfte. Die Annahme einer Zuwendung aus sittlicher Pflicht verbietet sich aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes; aus dem gleichen Grund ist eine besondere Härte iS des § 84 Abs 2 SGB XII (keine Berücksichtigung von Zuwendungen Dritter ohne rechtliche bzw sittliche Pflicht) zu bejahen.

26

Entweder als Einkommen oder als Vermögen (zur Unterscheidung zwischen Einkommen und Vermögen siehe nur Schmidt in jurisPK-SGB XII, § 82 SGB XII RdNr 20 ff mwN)des Klägers (wenn bei Bedarfsanfall noch vorhanden) ist jedoch der von der Pflegekasse gezahlte Zuschuss zu berücksichtigen. Dies gilt nicht in gleicher Weise für das dem Vater gewährte (Bau-)Darlehen in Höhe von 15 000 Euro; dessen Berücksichtigung als Einkommen würde jedenfalls ausscheiden, weil diese Einnahme nicht zur endgültigen Verwendung verbleibt (vgl nur BSG, Urteil vom 6.10.2011 - B 14 AS 66/11 R -, SozR 4-4200 § 11 Nr 52 RdNr 17 mwN). Eine abschließende Entscheidung ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt untunlich (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG), weil nicht absehbar ist, ob es auf die Beurteilung dieser Rechtsfragen überhaupt ankommen wird.

27

Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Soweit Landesrecht nichts Abweichendes bestimmt, sind vor dem Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften sozial erfahrene Dritte zu hören, insbesondere aus Vereinigungen, die Bedürftige betreuen, oder aus Vereinigungen von Sozialleistungsempfängern.

(2) Soweit Landesrecht nichts Abweichendes bestimmt, sind vor dem Erlass des Verwaltungsaktes über einen Widerspruch gegen die Ablehnung der Sozialhilfe oder gegen die Festsetzung ihrer Art und Höhe Dritte, wie sie in Absatz 1 bezeichnet sind, beratend zu beteiligen.

(1) Für die Sozialhilfe sachlich zuständig ist der örtliche Träger der Sozialhilfe, soweit nicht der überörtliche Träger sachlich zuständig ist.

(2) Die sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe wird nach Landesrecht bestimmt. Dabei soll berücksichtigt werden, dass so weit wie möglich für Leistungen im Sinne von § 8 Nr. 1 bis 6 jeweils eine einheitliche sachliche Zuständigkeit gegeben ist.

(3) Soweit Landesrecht keine Bestimmung nach Absatz 2 Satz 1 enthält, ist der überörtliche Träger der Sozialhilfe für

1.
(weggefallen)
2.
Leistungen der Hilfe zur Pflege nach den §§ 61 bis 66,
3.
Leistungen der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach den §§ 67 bis 69,
4.
Leistungen der Blindenhilfe nach § 72
sachlich zuständig.

(4) Die sachliche Zuständigkeit für eine stationäre Leistung umfasst auch die sachliche Zuständigkeit für Leistungen, die gleichzeitig nach anderen Kapiteln zu erbringen sind, sowie für eine Leistung nach § 74.

(5) (weggefallen)

(1) Die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 bis 5 vereinbaren zur Sicherung der Zusammenarbeit nach § 25 Absatz 1 gemeinsame Empfehlungen.

(2) Die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 bis 5 vereinbaren darüber hinaus gemeinsame Empfehlungen,

1.
welche Maßnahmen nach § 3 geeignet sind, um den Eintritt einer Behinderung zu vermeiden,
2.
in welchen Fällen und in welcher Weise rehabilitationsbedürftigen Menschen notwendige Leistungen zur Teilhabe angeboten werden, insbesondere, um eine durch eine Chronifizierung von Erkrankungen bedingte Behinderung zu verhindern,
3.
über die einheitliche Ausgestaltung des Teilhabeplanverfahrens,
4.
in welcher Weise die Bundesagentur für Arbeit nach § 54 zu beteiligen ist,
5.
wie Leistungen zur Teilhabe nach den §§ 14 und 15 koordiniert werden,
6.
in welcher Weise und in welchem Umfang Selbsthilfegruppen, -organisationen und -kontaktstellen, die sich die Prävention, Rehabilitation, Früherkennung und Bewältigung von Krankheiten und Behinderungen zum Ziel gesetzt haben, gefördert werden,
7.
für Grundsätze der Instrumente zur Ermittlung des Rehabilitationsbedarfs nach § 13,
8.
in welchen Fällen und in welcher Weise der behandelnde Hausarzt oder Facharzt und der Betriebs- oder Werksarzt in die Einleitung und Ausführung von Leistungen zur Teilhabe einzubinden sind,
9.
zu einem Informationsaustausch mit Beschäftigten mit Behinderungen, Arbeitgebern und den in § 166 genannten Vertretungen zur möglichst frühzeitigen Erkennung des individuellen Bedarfs voraussichtlich erforderlicher Leistungen zur Teilhabe sowie
10.
über ihre Zusammenarbeit mit Sozialdiensten und vergleichbaren Stellen.

(3) Bestehen für einen Rehabilitationsträger Rahmenempfehlungen auf Grund gesetzlicher Vorschriften und soll bei den gemeinsamen Empfehlungen von diesen abgewichen werden oder sollen die gemeinsamen Empfehlungen Gegenstände betreffen, die nach den gesetzlichen Vorschriften Gegenstand solcher Rahmenempfehlungen werden sollen, stellt der Rehabilitationsträger das Einvernehmen mit den jeweiligen Partnern der Rahmenempfehlungen sicher.

(4) Die Träger der Renten-, Kranken- und Unfallversicherung können sich bei der Vereinbarung der gemeinsamen Empfehlungen durch ihre Spitzenverbände vertreten lassen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen schließt die gemeinsamen Empfehlungen auch als Spitzenverband Bund der Pflegekassen ab, soweit die Aufgaben der Pflegekassen von den gemeinsamen Empfehlungen berührt sind.

(5) An der Vorbereitung der gemeinsamen Empfehlungen werden die Träger der Eingliederungshilfe und der öffentlichen Jugendhilfe über die Bundesvereinigung der Kommunalen Spitzenverbände, die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe, die Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter sowie die Integrationsämter in Bezug auf Leistungen und sonstige Hilfen für schwerbehinderte Menschen nach Teil 3 über die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen beteiligt. Die Träger der Eingliederungshilfe und der öffentlichen Jugendhilfe orientieren sich bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach diesem Buch an den vereinbarten Empfehlungen oder können diesen beitreten.

(6) Die Verbände von Menschen mit Behinderungen einschließlich der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege, der Selbsthilfegruppen und der Interessenvertretungen von Frauen mit Behinderungen sowie die für die Wahrnehmung der Interessen der ambulanten und stationären Rehabilitationseinrichtungen auf Bundesebene maßgeblichen Spitzenverbände werden an der Vorbereitung der gemeinsamen Empfehlungen beteiligt. Ihren Anliegen wird bei der Ausgestaltung der Empfehlungen nach Möglichkeit Rechnung getragen. Die Empfehlungen berücksichtigen auch die besonderen Bedürfnisse von Frauen und Kindern mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohter Frauen und Kinder.

(7) Die beteiligten Rehabilitationsträger vereinbaren die gemeinsamen Empfehlungen im Rahmen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation im Benehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales und den Ländern auf der Grundlage eines von ihnen innerhalb der Bundesarbeitsgemeinschaft vorbereiteten Vorschlags. Der oder die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit wird beteiligt. Hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu einem Vorschlag aufgefordert, legt die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation den Vorschlag innerhalb von sechs Monaten vor. Dem Vorschlag wird gefolgt, wenn ihm berechtigte Interessen eines Rehabilitationsträgers nicht entgegenstehen. Einwände nach Satz 4 sind innerhalb von vier Wochen nach Vorlage des Vorschlags auszuräumen.

(8) Die Rehabilitationsträger teilen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation alle zwei Jahre ihre Erfahrungen mit den gemeinsamen Empfehlungen mit, die Träger der Renten-, Kranken- und Unfallversicherung über ihre Spitzenverbände. Die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation stellt dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales und den Ländern eine Zusammenfassung zur Verfügung.

(9) Die gemeinsamen Empfehlungen können durch die regional zuständigen Rehabilitationsträger konkretisiert werden.

Eltern, Vormünder, Pfleger und Betreuer, die bei den ihnen anvertrauten Personen Beeinträchtigungen (§ 2 Absatz 1) wahrnehmen oder durch die in § 34 genannten Personen hierauf hingewiesen werden, sollen im Rahmen ihres Erziehungs- oder Betreuungsauftrags diese Personen einer Beratungsstelle nach § 32 oder einer sonstigen Beratungsstelle für Rehabilitation zur Beratung über die geeigneten Leistungen zur Teilhabe vorstellen.

(1) Ziel der Unterstützten Beschäftigung ist es, Leistungsberechtigten mit besonderem Unterstützungsbedarf eine angemessene, geeignete und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu ermöglichen und zu erhalten. Unterstützte Beschäftigung umfasst eine individuelle betriebliche Qualifizierung und bei Bedarf Berufsbegleitung.

(2) Leistungen zur individuellen betrieblichen Qualifizierung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um sie für geeignete betriebliche Tätigkeiten zu erproben, auf ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorzubereiten und bei der Einarbeitung und Qualifizierung auf einem betrieblichen Arbeitsplatz zu unterstützen. Die Leistungen umfassen auch die Vermittlung von berufsübergreifenden Lerninhalten und Schlüsselqualifikationen sowie die Weiterentwicklung der Persönlichkeit der Menschen mit Behinderungen. Die Leistungen werden vom zuständigen Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 für bis zu zwei Jahre erbracht, soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlich sind. Sie können bis zu einer Dauer von weiteren zwölf Monaten verlängert werden, wenn auf Grund der Art oder Schwere der Behinderung der gewünschte nachhaltige Qualifizierungserfolg im Einzelfall nicht anders erreicht werden kann und hinreichend gewährleistet ist, dass eine weitere Qualifizierung zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung führt.

(3) Leistungen der Berufsbegleitung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um nach Begründung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses die zu dessen Stabilisierung erforderliche Unterstützung und Krisenintervention zu gewährleisten. Die Leistungen werden bei Zuständigkeit eines Rehabilitationsträgers nach § 6 Absatz 1 Nummer 3 oder 5 von diesem, im Übrigen von dem Integrationsamt im Rahmen seiner Zuständigkeit erbracht, solange und soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung zur Sicherung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sind.

(4) Stellt der Rehabilitationsträger während der individuellen betrieblichen Qualifizierung fest, dass voraussichtlich eine anschließende Berufsbegleitung erforderlich ist, für die ein anderer Leistungsträger zuständig ist, beteiligt er diesen frühzeitig.

(5) Die Unterstützte Beschäftigung kann von Integrationsfachdiensten oder anderen Trägern durchgeführt werden. Mit der Durchführung kann nur beauftragt werden, wer über die erforderliche Leistungsfähigkeit verfügt, um seine Aufgaben entsprechend den individuellen Bedürfnissen der Menschen mit Behinderungen erfüllen zu können. Insbesondere müssen die Beauftragten

1.
über Fachkräfte verfügen, die eine geeignete Berufsqualifikation, eine psychosoziale oder arbeitspädagogische Zusatzqualifikation und eine ausreichende Berufserfahrung besitzen,
2.
in der Lage sein, den Menschen mit Behinderungen geeignete individuelle betriebliche Qualifizierungsplätze zur Verfügung zu stellen und ihre berufliche Eingliederung zu unterstützen,
3.
über die erforderliche räumliche und sächliche Ausstattung verfügen sowie
4.
ein System des Qualitätsmanagements im Sinne des § 37 Absatz 2 Satz 1 anwenden.

(6) Zur Konkretisierung und Weiterentwicklung der in Absatz 5 genannten Qualitätsanforderungen vereinbaren die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 sowie die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen im Rahmen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation eine gemeinsame Empfehlung. Die gemeinsame Empfehlung kann auch Ausführungen zu möglichen Leistungsinhalten und zur Zusammenarbeit enthalten. § 26 Absatz 4, 6 und 7 sowie § 27 gelten entsprechend.

(1) Die Länder können bestimmen, dass und inwieweit die Kreise ihnen zugehörige Gemeinden oder Gemeindeverbände zur Durchführung von Aufgaben nach diesem Buch heranziehen und ihnen dabei Weisungen erteilen können; in diesen Fällen erlassen die Kreise den Widerspruchsbescheid nach dem Sozialgerichtsgesetz.

(2) Die Länder können bestimmen, dass und inwieweit die überörtlichen Träger der Sozialhilfe örtliche Träger der Sozialhilfe sowie diesen zugehörige Gemeinden und Gemeindeverbände zur Durchführung von Aufgaben nach diesem Buch heranziehen und ihnen dabei Weisungen erteilen können; in diesen Fällen erlassen die überörtlichen Träger den Widerspruchsbescheid nach dem Sozialgerichtsgesetz, soweit nicht nach Landesrecht etwas anderes bestimmt wird.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. Februar 2010 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit ist die Erstattung von Kosten in Höhe von 7934,76 Euro für die Anschaffung und den Einbau eines schwenkbaren Autositzes im Frühjahr 2004.

2

Die 1984 geborene Klägerin ist blind, schwerhörig und teilweise gelähmt (Grad der Behinderung von 100; Merkzeichen "G", "aG", "H", "RF" und "Bl"); sie erhält von der Pflegekasse Leistungen der häuslichen Pflege nach der Pflegestufe III. Die Klägerin wohnte und wohnt in der zum Kreis H gehörenden Stadt Hü und war in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) tätig. Die Kosten des Fahrdienstes für den Weg zwischen Wohnung und WfbM trug der Beklagte; für private Fahrten ist auf Kosten des Kreises H ein Behindertenfahrdienst eingerichtet, den die Klägerin in Anspruch nahm (bis zu vier Fahrten je Monat mit einer Wegstrecke von jeweils bis zu 35 km).

3

Anfang März 2004 wandte sich die Klägerin wegen des behindertengerechten Umbaus eines bereits von ihr bestellten und Ende April 2004 zu einem Preis von 29 815,19 Euro gelieferten Neuwagens an die für sie zuständige gesetzliche Krankenkasse (KK), beantragte aber auch mit einem bei der Stadt Hü abgegebenen, am 22.3.2004 beim Kreis H und nach Weiterleitung (mit Schreiben vom 25.3.2004) beim Beklagten am 26.3.2004 eingegangenem Schreiben die Übernahme der Kosten für den Einbau eines schwenkbaren Autositzes. Zu dieser Zeit bezog die Klägerin neben den Leistungen der sozialen Pflegeversicherung Blindengeld nach dem (nordrhein-westfälischen) Gesetz über Hilfen für Blinde und Gehörlose in Höhe von 441,50 Euro und von der Bundesagentur für Arbeit (bis zum 22.9.2004) ein Ausbildungsgeld in Höhe von 67 Euro monatlich.

4

Ende 2004 wurden ihr rückwirkend ab 1.4.2004 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sowie Hilfe zur Pflege nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) gewährt. Ende April 2004 besaß die Klägerin auf einem Girokonto ein Guthaben von 24 362,17 Euro, auf einem Sparkonto ein solches in Höhe von 86,48 Euro, Wertpapiere mit einem Wert von 3529,56 Euro sowie 10 000 Euro, die sie als Darlehen von ihren Eltern erhalten hatte. Außerdem war sie Eigentümerin eines (älteren) Pkw, den sie Anfang Mai 2004 zu einem Preis von 8500 Euro verkaufte; zur gleichen Zeit beauftragte sie eine Firma mit dem Umbau des neuen Pkw zu einem Preis von 10 051,08 Euro. Nachdem die KK die Übernahme der Kosten des behindertengerechten Umbaus des Pkw bereits abgelehnt hatte (bestandskräftiger Bescheid vom 5.4.2004), lehnte der Beklagte die Leistung ebenfalls ab, weil die Klägerin über ausreichendes Vermögen verfüge und den Bedarf selbst bereits gedeckt habe (Bescheid vom 17.5.2004; Widerspruchsbescheid vom 23.2.2005).

5

Klage und Berufung sind erfolglos geblieben (Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 8.8.2007; Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22.2.2010). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, die Klägerin könne keine Eingliederungshilfe gemäß §§ 39, 40 Abs 1 Satz 1 Nr 2 BSHG für einen behindertengerechten Umbau des Pkw erhalten, weil sie wegen Art und Schwere ihrer Behinderung nicht auf ein Kfz angewiesen gewesen sei(§ 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-Verordnung). Die Fahrten von und zur WfbM seien durch den Fahrdienst des Beklagten, diejenigen zu medizinischen Behandlungsterminen durch das Deutsche Rote Kreuz (DRK) mit einer Fahrkostenerstattung durch die KK sichergestellt gewesen. Soweit die private Krankenversicherung Therapien über das Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung hinaus ermögliche oder der Transport der Klägerin zu den einzelnen Behandlungen durch keine Versicherung abgedeckt sei, könne die Klägerin nicht besser gestellt werden, als bedürftige nichtbehinderte Personen. Wegen privater Fahrten sei die Klägerin ihm Rahmen (nur) einer Grundversorgung auf die Inanspruchnahme des Behindertenfahrdienstes des Kreises H zu verweisen. Ein Anspruch auf Kostenübernahme als medizinische Leistung scheide wegen des Nachrangs der Sozialhilfe (§ 2 BSHG) aus, weil die KK einen entsprechenden Anspruch bereits bestandskräftig abgelehnt habe.

6

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung der §§ 39, 40 Abs 1 Satz 1 Nr 2 BSHG iVm § 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-VO und § 55 Abs 2 Nr 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX). Die Klägerin ist der Ansicht, das LSG habe verkannt, dass bei der Auslegung des Begriffs des "Angewiesenseins" auf den Pkw (§ 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-VO) maßgeblich auf Art und Ziel der Teilhabeleistung abzustellen sei. Die Auslegung habe sich deshalb am Leitgedanken des § 1 SGB IX, dem selbstbestimmten Leben in der Gesellschaft, den Wertungen aus Art 2 Abs 1 Grundgesetz (GG), Art 1 Abs 1 GG und dem Diskriminierungsverbot des Art 3 Abs 3 Satz 2 GG zu orientieren. Sie (die Klägerin) benötige den Pkw nicht nur für ihre Transporte aus der WfbM nach Hause wegen Zuckerentgleisungen sowie zu Therapeuten und Ärzten, sondern auch für die Teilnahme an Veranstaltungen inner- und außerhalb des weitläufigen Kreisgebietes H, zum Aufbau neuer und Erhalt bestehender sozialer Kontakte, für Einkaufsfahrten sowie für den Besuch früherer Schulkameraden, für Vereinstreffen in D, M und A und für Familienausflüge.

7

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des LSG und des SG sowie den Bescheid vom 17.5.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.2.2005 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr 7934,76 Euro zu zahlen.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er hält das Urteil des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Klägerin ist im Sinne der Aufhebung des LSG-Urteils und der Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz), weil das Verfahren an einem von Amts wegen zu beachtenden Verfahrensmangel leidet und tatsächliche Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) für eine abschließende Entscheidung fehlen.

11

Der von Amts wegen zu beachtende Verfahrensmangel besteht darin, dass es im Hinblick auf § 14 SGB IX an einer Beiladung der Stadt Hü (bzw der KK) mangelt. Nach § 75 Abs 2 Satz 1 1. Alt SGG sind nämlich Dritte beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann (echte notwendige Beiladung). Dies ist vorliegend nach Aktenlage für die Stadt H, ggf jedoch auch für die KK, zu bejahen; das LSG wird dies zu prüfen haben. Einer der beiden ist jedenfalls der im Rahmen des § 14 SGB IX zuerst angegangene Rehabilitationsträger, der wegen unterlassener bzw verspäteter Weiterleitung des Antrags nach § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX für die Entscheidung über die Leistung und für die Erbringung der Leistung zuständig geworden und notwendig am Verfahren zu beteiligen ist. Diese Beiladungspflicht betrifft - wie vorliegend - ua den im Außenverhältnis zuständig gewordenen Rehabilitationsträger bei einer Klage gegen den im Innenverhältnis (eigentlich) zuständigen Rehabilitationsträger (vgl nur BSGE 93, 283 ff RdNr 16 f = SozR 4-3250 § 14 Nr 1).

12

Der Beklagte war und ist als überörtlicher Träger der Sozialhilfe für die Erstattung der Kosten des behindertengerechten Umbaus des PKW als Leistung der Eingliederungshilfe (§ 39 Abs 1 Satz 1 und § 40 Abs 1 Satz 1 Nr 2 BSHG iVm § 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-VO) sachlich und örtlich zuständig (§§ 97, 100 BSHG iVm §§ 1, 2 Nr 1 des Gesetzes zur Ausführung des BSHG für das Land Nordrhein-Westfalen iVm § 2 Abs 1 Nr 1 der nordrhein-westfälischen VO zur Ausführung des BSHG bzw § 97 Abs 1 und 2 Satz 1 sowie § 98 Abs 1 iVm § 3 Abs 3 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - und §§ 1, 2 Buchst a Landesausführungsgesetz zum SGB XII für das Land NRW iVm § 2 Abs 1 Nr 4 Ausführungsverordnung zum SGB XII des Landes NRW). Es kann offen bleiben, ob der Senat an die Auslegung des nicht revisiblen Landesrechts (§ 162 SGG) durch das LSG gebunden ist (vgl § 202 SGG iVm § 560 Zivilprozessordnung; dazu allgemein Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 162 RdNr 7 ff mwN), wenn die Feststellungen des Berufungsgerichts von Amts wegen zu prüfende Prozessvoraussetzungen (notwendige echte Beiladung) betreffen; denn das LSG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Beklagte für die Versorgung von behinderten Menschen mit größeren anderen Hilfsmitteln als überörtlicher Träger der Sozialhilfe sachlich zuständig ist. Zwar sah und sieht § 1 Nr 3 Buchst c der Satzungen des Beklagten über die Heranziehung der Städte, Kreise und kreisangehörigen Gemeinden zur Durchführung der Aufgaben des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe iVm § 6 Abs 1 und § 7 Abs 1 Landschaftsverbandsordnung für das Land NRW eine entsprechende Heranziehung der Kreise vor, die dann in eigenem Namen handeln. Allerdings ist der Beklagte in diesem Einzelfall gleichwohl selbstständig tätig geworden, was ihm nach § 3 der Satzung möglich war. Wegen der "eigentlichen" Zuständigkeit des Beklagten zur Leistungserbringung (ohne Berücksichtigung des § 14 SGB IX) bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob bei einer Klage gegen den intern unzuständigen Leistungsträger der zuständig gewordene erstangegangene Leistungsträger ebenfalls im Wege der echten notwendigen Beiladung am Verfahren zu beteiligen ist oder nicht vielmehr ein Fall der notwendigen unechten Beiladung (anderer Sozialhilfeträger) vorliegt; ohne Bedeutung ist damit auch, ob dann zumindest im Rahmen des § 14 SGB IX die Voraussetzungen der notwendigen unechten Beiladung in der Revisionsinstanz auch ohne entsprechende Rüge zu prüfen wären.

13

Die Stadt Hü ist jedenfalls nach Aktenlage der zuerst angegangene Rehabilitationsträger iS des § 14 SGB IX, der wegen nicht rechtzeitiger Weiterleitung des Antrags im Außenverhältnis für die Leistungserbringung nach § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX zuständig geworden ist(zur Fristberechnung Bundessozialgericht SozR 4-2500 § 33 Nr 37 RdNr 11). Nach Aussage der Mutter der Klägerin hat diese den Antrag auf Eingliederungshilfe entweder am 1. oder 2.3.2004 persönlich bei der Stadt Hü abgegeben, die diesen offenbar ungeprüft an den Kreis H weitergeleitet hat (dort eingegangen am 22.3.2004). Diesen realistischen Ablauf unterstellt, hätte die Stadt Hü die Zweiwochenfrist des § 14 Abs 1 Satz 1 und 2 SGB IX keinesfalls eingehalten. Das LSG mag dies nach der Zurückverweisung verifizieren. Dabei wird es zu beachten haben, dass, falls sich dieses Ergebnis nicht bewahrheiten sollte, der Rehabilitationsantrag ggf zuerst bei der KK eingegangen ist; denn die Mutter der Klägerin hat dem Senat in der mündlichen Verhandlung glaubhaft versichert - Unterlagen bei der KK sind nicht mehr vorhanden -, den schriftlichen Antrag an die KK am 2.3.2004 zur Post gegeben zu haben, und die KK hat den Leistungsantrag abgelehnt, ohne ihn an einen anderen Rehabilitationsträger weiterzuleiten.

14

Die Stellung der Stadt Hü als Rehabilitationsträger ergibt sich bereits aus § 69 Abs 1 Sozialgesetzbuch Achtes Buch - Kinder- und Jugendhilfe - (SGB VIII) iVm §§ 1, 2 Satz 1 Erstes Gesetz zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes des Landes NRW und § 1 der nordrhein-westfälischen Verordnung über die Bestimmung Großer kreisangehöriger Städte und Mittlerer kreisangehöriger Städte. Sie beruht aber auch darauf, dass die Stadt Hü vom Kreis H zur Aufgabenwahrnehmung der örtlichen Sozialhilfe durch Delegationssatzungen herangezogen worden ist (§ 96 Abs 1 BSHG iVm § 3 AG-BSHG NRW und der Satzung über die Durchführung der Sozialhilfe im Kreise H vom 7.12.2000, § 99 Abs 1 SGB XII iVm § 3 Abs 1 AG-BSHG NRW und der Satzung über die Durchführung der Aufgaben nach dem SGB XII im Kreis H vom 30.12.2004). Selbst wenn der nicht binnen zwei Wochen an den Beklagten weitergeleitete Antrag auf Leistungen zur Teilhabe iS des § 14 SGB IX im Rahmen dieses auftragsähnlichen Verhältnisses(vgl: BSGE 99, 137 ff RdNr 11 = SozR 4-1300 § 44 Nr 11; BSG SozR 4-5910 § 88 Nr 3 RdNr 13 f) die Zuständigkeit des Kreises H als örtlichen Trägers der Sozialhilfe (wegen Handelns der Stadt für den Kreis) begründet hätte, wäre im Klageverfahren gleichwohl die herangezogene Stadt Hü die richtige Beklagte iS des § 70 Nr 3 SGG und hier als notwendig Beizuladende anzusehen, denn sie entscheidet im Rahmen der Heranziehung im eigenen Namen(§ 1 Abs 1 der Delegationssatzung).

15

Sollte sich die Zuständigkeit der Stadt Hü als erstangegangenen Rehabilitationsträgers bewahrheiten, wäre (unerheblich ob im Wege der notwendigen echten oder der notwendigen unechten Beiladung) weder die KK noch der Kreis zusätzlich notwendig zu beteiligen, weil die streitgegenständliche Teilhabeleistung dieser Leistungsträger nicht in Betracht kommen. Im Hinblick auf die KK ist bereits zweifelhaft, ob das begehrte Hilfsmittel nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuchs Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) überhaupt eine Leistung zur Teilhabe iS der §§ 4, 5 Nr 1, 14 SGB IX darstellt; denn die KKen sind abweichend von den Vorschriften des SGB IX (vgl § 7 SGB IX) nur unter den Voraussetzungen des SGB V (vgl § 11 Abs 2, §§ 40 ff SGB V) zur Erbringung medizinischer Rehabilitationsleistungen verpflichtet (BSGE 98, 277 ff RdNr 18 = SozR 4-2500 § 40 Nr 4). Trotz des Aspektes bzw des Ziels der (Wieder-)Herstellung der Gesundheit haben jedoch nicht alle Maßnahmen des SGB V rehabilitativen Charakter in einem Sinn, der dem Verständnis des SGB V über eine Teilhabeleistung entspricht. Letztlich kann jedoch dahinstehen, ob der Begriff der Teilhabeleistung des § 14 SGB IX eigenständig (weit) oder (nur) nach dem Verständnis des SGB V auszulegen ist. Vorliegend gehörte der schwenkbare Autositz ohnedies nicht zum Leistungskatalog des SGB V, sodass auch nicht entschieden werden muss, ob eine Verurteilung der KK nach deren Beiladung (§ 75 Abs 5 SGG) wegen der bestandskräftigen Ablehnung mit Bescheid vom 5.4.2004 ohnehin ausscheidet. Nichts anderes gilt für eine (zusätzliche) Beiladung des Kreises H, soweit dieser als zuständiger Leistungsträger betreffend einen Anspruch auf Kostenerstattung als Hilfe bei Krankheit nach §§ 36 ff BSHG in Betracht kommt. Diese Hilfen entsprechen den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 38 Abs 1 BSHG), sodass eine Hilfsmittelversorgung durch den Sozialhilfeträger aus den gleichen Gründen wie im SGB V ausgeschlossen ist.

16

Der schwenkbare Autositz ist für die Klägerin kein Hilfsmittel iS des § 33 Abs 1 Satz 1 3. Alt SGB V; das Gebot eines möglichst weitgehenden Behinderungsausgleichs, das sich auch auf den Ausgleich von indirekten Folgen der Behinderung erstreckt (vgl: BSGE 93, 176 ff RdNr 12 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7; BSGE 98, 213 ff RdNr 12 = SozR 4-2500 § 33 Nr 15; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 3 und 29; BSG, Urteil vom 16.9.2004 - B 3 KR 15/04 R), erfordert gleichwohl keine Leistungserbringung. Ein Hilfsmittel ist von der Gesetzlichen Krankenversicherung nur dann zu gewähren, wenn es Grundbedürfnisse des täglichen Lebens betrifft, zu denen das Gehen, Stehen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die (elementare) Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums gehören (BSGE 91, 60 ff RdNr 9 = SozR 4-2500 § 33 Nr 3 S 20 mwN; BSG, Urteil vom 18.5.2011 - B 3 KR 12/10 R - RdNr 13 ff). Allerdings ist das in Betracht kommende Grundbedürfnis des "Erschließens eines gewissen körperlichen Freiraums" krankenversicherungsrechtlich immer nur im Sinne eines Basisausgleichs der Behinderung selbst, nicht im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten des Gesunden zu verstehen (BSG, Urteil vom 18.5.2011, aaO RdNr 15 ff mwN). Es besteht grundsätzlich kein Anspruch darauf, den Radius der selbstständigen Fortbewegung durch das Auto (erheblich) zu erweitern, selbst wenn im Einzelfall die Alltagsgeschäfte nicht im Nahbereich erledigt werden können; es gilt vielmehr ein abstrakter, von den Besonderheiten des jeweiligen Wohnorts unabhängiger Maßstab (BSGE 98, 213 ff RdNr 17 = SozR 4-2500 § 33 Nr 15).

17

Nach diesen Maßgaben kann die Klägerin die Kostenerstattung für den Einbau und die Anschaffung des schwenkbaren Autositzes nicht nach § 13 Abs 3 Satz 2 SGB V iVm § 15 Abs 1 Satz 4 2. Alt SGB IX und § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V beanspruchen. Nach den Feststellungen des LSG diente der schwenkbare Autositz der Erweiterung ihres persönlichen Aktionsradiusses - über den Nahbereich der Wohnung hinaus - und Transporten zu Ärzten und Therapeuten, die allerdings durch das DRK durchgeführt worden sind, soweit die Behandlungen Leistungen nach dem SGB V waren. Damit war dem Grundbedürfnis des täglichen Lebens, bei Krankheit und Behinderung Ärzte und Therapeuten aufzusuchen, bereits Genüge getan, weil im Rahmen der Hilfsmittelgewährung nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V (allein) die notwendige medizinische Versorgung sichergestellt sein muss(BSGE 93, 176 ff RdNr 12 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7). Andere besondere qualitative Elemente, die eine weitergehende Mobilitätshilfe zum mittelbaren Behinderungsausgleich rechtfertigen könnten (vgl dazu BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 36 RdNr 17 mwN), sind hier nicht ersichtlich.

18

Der Senat hat davon abgesehen, die endgültigen Ermittlungen zur Antragstellung bei der Stadt Hü und die notwendige Beiladung der Stadt Hü (bzw ggf der KK) selbst vorzunehmen; insoweit war eine eigene Entscheidung in der Sache untunlich (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Zwar wäre eine Beiladung im Revisionsverfahren mit Zustimmung des Beizuladenden grundsätzlich zulässig (§ 168 Satz 2 SGG). Die genaueren Ermittlungen, wer beizuladen ist, und die Beiladung selbst können jedoch dem LSG überlassen werden, wenn auch ohne den verfahrensrechtlichen Mangel der unterbliebenen Beiladung aus anderen Gründen ohnedies zurückverwiesen werden muss (vgl: BSGE 97, 242 ff RdNr 17 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1; BSGE 103, 39 ff RdNr 14 = SozR 4-2800 § 10 Nr 1). Vor einer Beiladung ist der Senat indes gehindert, über die von der Revision aufgeworfenen materiellrechtlichen Fragen für das LSG bindend (§ 170 Abs 5 SGG) zu entscheiden, weil anderenfalls das rechtliche Gehör (§ 62 SGG; Art 103 Abs 1 GG, Art 6 Abs 1 Europäische Menschenrechtskonvention) des Beizuladenden verletzt würde (vgl: BSGE 97, 242 ff RdNr 17 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1; BSGE 103, 39 ff RdNr 14 = SozR 4-2800 § 10 Nr 1). Die nachfolgenden rechtlichen Ausführungen stellen damit lediglich Entscheidungshilfen für das LSG dar.

19

Rechtsgrundlage des Anspruchs auf Zahlung der Kosten für Anschaffung und Einbau des schwenkbaren Autositzes ist § 28 Abs 1 Satz 1 BSHG iVm §§ 39, 40 Abs 1 Satz 1 BSHG und § 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-VO iVm § 55 Abs 2 Nr 1 SGB IX; ob insoweit auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Entstehung der Kosten (vgl dazu in anderen Konstellationen: BSGE 103, 171 ff RdNr 11 = SozR 4-3500 § 54 Nr 5; BSGE 104, 219 ff RdNr 17 = SozR 4-3500 § 74 Nr 1), also auf den Zeitpunkt der Fälligkeit der mit der Rechnung vom 28.5.2004 gegenüber der Klägerin geltend gemachten Forderung, oder auf den Zeitpunkt der Kenntniserlangung (Antragstellung) abzustellen ist, kann dahinstehen, weil sich an der Vermögenssituation nur dadurch etwas geändert hat, dass sich die Art der Vermögenswerte (Geld-, Sachwerte) verändert hat und daraus - wie noch ausgeführt wird - keine Verwertungs- bzw Berücksichtigungshindernisse ergeben.

20

Nicht anwendbar ist § 15 Abs 1 Satz 4 SGB IX, weil die Leistung nicht als Sach- sondern als Geldleistung zu erbringen ist. Dies trägt den individuellen Besonderheiten bei einem behindertengerechten Ausbau eines Pkw Rechnung und entspricht allgemein den in der Kraftfahrzeughilfe-Verordnung (KfzHV) zum Ausdruck kommenden Grundsatz der Zuschussgewährung (§ 6 Abs 1KfzHV). Ob mit dem ab 1.1.2005 ausdrücklich geregelten Vorrang der Geldleistung nach § 10 Abs 3 SGB XII das Verhältnis zwischen Geld- und Sachleistung auch für die Vergangenheit (nur) klargestellt werden sollte(zu den Motiven des Gesetzgebers: BT-Drucks 15/1514, S 56 § 10), kann deshalb dahingestellt bleiben.

21

Richtet sich aber der Anspruch auf eine Geldleistung, ist es rechtlich unerheblich, dass die Klägerin den Auftrag für den Einbau des Schwenksitzes Anfang Mai 2004 und damit zeitlich vor Erlass des Ablehnungsbescheids vom 17.5.2004 erteilt hat; insbesondere stehen §§ 2, 5 BSHG (Nachrang der Sozialhilfe, Leistung erst ab Kenntnis des Sozialhilfeträgers) einer Leistungsgewährung nicht entgegen. Soweit das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) eine Bedarfsdeckung im Wege der Selbsthilfe nach Kenntniserlangung des Sozialhilfeträgers vom Bedarf, aber noch vor der letzten Behördenentscheidung als anspruchsvernichtend angesehen hat, wenn es dem Hilfesuchenden zuzumuten war, die Entscheidung des Sozialhilfeträgers abzuwarten (vgl BVerwGE 90, 154, 156 mwN), folgt der Senat dieser Rechtsprechung bei einem auf eine Geldleistung gerichteten Primäranspruch nicht. Das Erfordernis einer Eilbedürftigkeit findet keine Stütze im Gesetz; hierfür sprechen auch keine allgemeinen Grundsätze bei nicht rechtzeitiger oder zu Unrecht verweigerter Sachleistung (vgl § 13 Abs 3 SGB V und § 15 Abs 1 Satz 4 SGB IX). Ein von vornherein bestehender Geldleistungsanspruch lässt im Gegenteil keinen Raum für die Umwandlung eines primären Sachleistungsanspruchs in eine sekundäre Geldleistung. Eine Eilbedürftigkeit kann also, abgesehen davon, dass die Selbsthilfe dem Leistungsträger nicht die Möglichkeit nähme, Ermessen nachträglich noch auszuüben, nicht deshalb gefordert werden, weil ein Auswahlermessen des Sozialhilfeträgers über die Leistungserbringung (Sach- oder Geldleistung) beeinträchtigt wäre.

22

Ob ein Anspruch der Klägerin nicht bereits wegen ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse gemäß § 28 Abs 1 Satz 1 BSHG iVm §§ 79 ff BSHG ausgeschlossen ist, kann der Senat anhand der tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht beurteilen. Nach § 28 Abs 1 Satz 1 BSHG wird die Hilfe in besonderen Lebenslagen (nur) gewährt, soweit dem Hilfesuchenden die Aufbringung der Mittel nicht aus dem Einkommen und Vermögen nach den §§ 79 bis 89 BSHG zuzumuten ist. Nach § 88 BSHG ist grundsätzlich das gesamte verwertbare Vermögen zu berücksichtigen(Abs 1); allerdings darf die Sozialhilfe nicht von dem Einsatz oder der Verwertung bestimmter (Abs 2) bzw privilegierter (Abs 3) Vermögensgegenstände abhängig gemacht werden.

23

Eine Berücksichtigung des neuen Pkw, der grundsätzlich nach § 88 Abs 1 BSHG verwertbares Vermögen darstellt(vgl BSGE 100, 139 ff RdNr 15 = SozR 4-3500 § 82 Nr 4)war der Klägerin wohl zumutbar; denn im Falle seiner Veräußerung wäre der Schonbetrag nach § 1 Abs 1 Nr 1 Buchst b der Verordnung zur Durchführung des § 88 Abs 2 Nr 8 BSHG vom 11.2.1988 weit überschritten gewesen und eine Härte iS des § 88 Abs 3 Satz 1 BSHG dürfte nicht vorgelegen haben. Ein Härtefall ist bei der Hilfe in besonderen Lebenslagen vor allem anzunehmen, soweit eine angemessene Lebensführung wesentlich erschwert würde (Satz 2); für das Kfz eines behinderten Menschen ist dies anzunehmen, wenn nach den besonderen Umständen des Einzelfalls die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft erheblich erleichtert wird (vgl: Mecke in juris PraxisKommentar SGB XII, § 90 SGB XII RdNr 102; Schellhorn/Schellhorn, BSHG, 16. Aufl 2002, § 88 BSHG RdNr 75). Dabei muss allerdings auch das Kfz selbst angemessen sein. Für den Pkw der Klägerin dürfte dies zu verneinen sein; denn es ist nicht erkennbar, dass die Klägerin auf einen Neuwagen mit einem Anschaffungswert von etwa 30 000 Euro angewiesen war und ein gebrauchtes Fahrzeug mit erheblich geringerem Wert nicht den Ansprüchen in gleicher Weise genügt hätte. Die Entscheidung für einen Gebrauchtwagen ist auch bei Menschen, die nicht auf Sozialhilfemittel angewiesen sind, weit verbreitet und muss nicht mit einem Verzicht auf ein "zuverlässiges" Auto einhergehen (zB bei einem Jahreswagen).

24

Der Klägerin kann dies selbst dann entgegengehalten werden, wenn sich die Verwertung des Pkw wegen des behindertengerechten Umbaus als unwirtschaftlich darstellen sollte; im Streit um die Beihilfe für die Umrüstung muss gerade dieser Gesichtspunkt außer Betracht bleiben, weil die Klägerin eine eventuelle Bedürftigkeit selbst vorsätzlich herbeigeführt haben dürfte (vgl dazu BSGE 100, 131 ff RdNr 25 ff = SozR 4-3500 § 90 Nr 3). Die Verwertung des Pkw wird auch keine Härte iS des § 88 Abs 3 Satz 1 BSHG darstellen, wenn die Klägerin den Kaufpreis aus Landesblindengeld angespart hätte - hierfür ergibt der Sachverhalt ohnedies keinerlei Anhaltspunkte. Der Senat hat bereits früher ausdrücklich offengelassen, ob Blindengeld nicht als Einkommen und Vermögen bei besonderen Sozialhilfeleistungen, die demselben Zweck dienen wie das Blindengeld, zu berücksichtigen ist (BSG SozR 4-3500 § 90 Nr 1 RdNr 15). Selbst wenn im Erwerb des Pkw und dem behindertengerechten Umbau eine zweckentsprechende Verwendung des Landesblindengelds (Ursachenzusammenhang) zu sehen wäre, die durch die Blindheit, nicht durch andere Behinderungen, bedingten Mehraufwendungen auszugleichen (BSG, aaO, RdNr 16), wäre angespartes Landesblindengeld als Vermögen zu berücksichtigen. Die Klägerin hätte deshalb die zur Verfügung stehenden Mittel vorrangig für die Gesamtkosten des Erwerbs eines angemessenen Pkw einschließlich des behindertengerechten Umbaus einsetzen müssen, bevor sie (einzelne) Umbaumaßnahmen aus Sozialhilfemitteln beanspruchen konnte. Ohne Bedeutung ist, ob Vermögensteile für spätere Anschaffungen (Gangtrainer) vorgesehen waren; insbesondere handelt es sich bei einem Gangtrainer nicht um ein Gerät, dessen Anschaffung das Landesblindengeld dient. Ob und inwieweit er Gegenstand eines gesonderten Leistungsanspruchs sein kann, war nicht zu entscheiden.

25

Ob der Klägerin die Anspruchsvoraussetzungen der §§ 39, 40 Abs 1 Satz 1 BSHG iVm § 55 Abs 2 Nr 1 SGB IX und § 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-VO dem Grunde nach erfüllt, kann nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG ebenfalls nicht beurteilt werden. Nach § 39 Abs 1 BSHG erhalten Personen, die durch eine Behinderung iS von § 2 Abs 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Die Klägerin ist blind, schwerhörig und teilweise gelähmt und damit wesentlich in ihrer Fähigkeit eingeschränkt, an der Gesellschaft teilzuhaben (s § 1 Nr 4 1. Alt Eingliederungshilfe-VO), sodass es sich bei der Eingliederung um eine Pflichtleistung handelt. Die Leistungen der Eingliederungshilfe werden durch § 40 Abs 1 BSHG und die auf Grundlage der Ermächtigung des § 47 BSHG erlassene Eingliederungshilfe-VO konkretisiert. Nach § 40 Abs 1 Satz 1 Nr 2 BSHG gehört zu den Leistungen vor allem die Versorgung mit Körperersatzstücken sowie orthopädischen und anderen Hilfsmitteln. Obwohl eine Hilfsmittelgewährung wegen der Identität des Leistungsinhalts mit dem des SGB V (vgl § 40 Abs 1 Satz 1 BSHG) im Rahmen der medizinischen Rehabilitation ausscheidet, bedeutet dies nicht, dass eine Leistungserbringung nicht unter einer anderen Zielsetzung möglich ist; die Abgrenzung zwischen der Hilfsmittelerbringung als Bestandteil der medizinischen und der sozialen Rehabilitation ist nicht am Begriff des Hilfsmittels selbst vorzunehmen, sondern danach, welche Bedürfnisse mit dem Hilfsmittel befriedigt werden sollen, also welchen Zwecken und Zielen das Hilfsmittel dienen soll (BSGE 103, 171 ff RdNr 17 = SozR 4-3500 § 54 Nr 5 mwN; BSG SozR 4-3500 § 54 Nr 6 RdNr 21). Der schwenkbare Autositz kann deshalb ein Hilfsmittel iS des § 9 Abs 1 Eingliederungshilfe-VO sein, weil er dazu bestimmt ist, zum Ausgleich der durch die Behinderung bedingten Mängel beizutragen. Zu den "anderen Hilfsmitteln" gehören nach § 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-VO auch besondere Bedienungseinrichtungen und Zusatzgeräte für ein Kfz, wenn der behinderte Mensch wegen Art und Schwere seiner Behinderung auf ein Kfz angewiesen ist; soweit die Eingliederungshilfe ein Kfz betrifft, muss der behinderte Mensch das Hilfsmittel jedoch nicht selbst bedienen können (vgl nur BVerwGE 55, 31, 33 f).

26

Ob die Klägerin iS des § 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-VO auf ein Kfz angewiesen ist, kann aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht abschließend entschieden werden. Dies beurteilt sich in erster Linie nach dem Sinn und Zweck der Eingliederungshilfe, eine vorhandene Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern (§ 39 Abs 3 BSHG). Die Formulierung verdeutlicht, dass es insgesamt ausreicht, die Begegnung und den Umgang mit anderen Menschen im Sinne einer angemessenen Lebensführung zu fördern. Maßgeblich sind im Ausgangspunkt die Wünsche des behinderten Menschen (§ 3 Abs 2 BSHG); wie sich aus § 9 Abs 3 Eingliederungshilfe-VO ergibt ("im Einzelfall") gilt mithin ein individueller und personenzentrierter Maßstab, der regelmäßig einer pauschalierenden Betrachtung des Hilfefalls entgegensteht(vgl BSG SozR 4-3500 § 54 Nr 6 RdNr 22).

27

Mit einer solchen am Einzelfall orientierten und die Wünsche des behinderten Menschen berücksichtigenden Auslegung ist die Auffassung des LSG nicht zu vereinbaren, die Hilfsmittelgewährung beschränke sich im Bereich der sozialen Rehabilitation auf eine "sicherzustellende Grundversorgung". Es kann schon nicht beurteilt werden, ob die Besuche der Klägerin bei (ehemaligen) Schulkameraden durch die Inanspruchnahme des Behindertenfahrdienstes des Kreises H in zumutbarer Weise - mit "monatlich vier Fahrten á 35 km" durchgeführt werden konnten bzw hätten durchgeführt werden können. Das LSG hätte die - regelmäßigen - Umstände der Besuche (Häufigkeit, Entfernung, Uhrzeit, Dauer etc) und die Modalitäten des Behindertenfahrdienstes (Erreichbarkeit, Anmeldebedingungen, Fahrzeiten etc) untersuchen müssen. Entsprechendes gilt für die von der Klägerin geltend gemachten Fahrten zu Vereinstreffen in D, M und A, die vom LSG überhaupt nicht berücksichtigt worden sind. Bei der Integration in die Gesellschaft ist darauf zu achten, dass gesellschaftliche Kontakte in ausreichendem Umfang gewährleistet sind. Hier ist vor allem dem besonderen Bedürfnis der Klägerin nach Mitgliedschaft in Vereinen Rechnung zu tragen, die ihre spezifischen Behinderungen berücksichtigen. Vergleichsmaßstab für den Umfang der gesellschaftlichen Kontakte müssen darüber hinaus gleichaltrige nichtbehinderte Personen sein. Die Klägerin (20 Jahre) war in einem Alter, in dem nichtbehinderte Menschen üblicherweise verstärkt gesellschaftliche Aktivitäten entwickeln - nicht selten im Rahmen einer Mitgliedschaft in mehreren Vereinen. Junge Menschen befinden sich in diesem Alter regelmäßig in einer Übergangsphase von der Schulzeit zum Beruf, verbunden mit der Aufrechterhaltung alter und auf der Suche nach neuen dauerhaften Beziehungen. Die Ermöglichung von vier privaten Kontakten im Monat mit Hilfe eines Behindertenfahrdienstes wird diesen Ansprüchen in keiner Weise gerecht. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dies führe zu einer Ungleichbehandlung gegenüber nicht bedürftigen behinderten jungen Menschen. Abgesehen davon, dass Art 3 Abs 3 Satz 2 GG einen besonderen Förderungsauftrag zugunsten behinderter Menschen enthält, lassen die Behinderungen der Klägerin ein Ausweichen auf andere Möglichkeiten der Mobilität, die bedürftige nichtbehinderte junge Menschen besitzen, nicht zu. Inwieweit daneben medizinische Gesichtspunkte von Bedeutung sind bzw angeführt werden können, bedarf zum gegenwärtigen Zeitpunkt keiner Entscheidung.

28

Das LSG wird gegebenenfalls über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

(1) Für die Sozialhilfe örtlich zuständig ist der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich sich die Leistungsberechtigten tatsächlich aufhalten. Diese Zuständigkeit bleibt bis zur Beendigung der Leistung auch dann bestehen, wenn die Leistung außerhalb seines Bereichs erbracht wird.

(1a) Abweichend von Absatz 1 ist im Falle der Auszahlung der Leistungen nach § 34 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und bei Anwendung von § 34a Absatz 7 der nach § 34c zuständige Träger der Sozialhilfe zuständig, in dessen örtlichem Zuständigkeitsbereich die Schule liegt. Die Zuständigkeit nach Satz 1 umfasst auch Leistungen an Schülerinnen und Schüler, für die im Übrigen ein anderer Träger der Sozialhilfe nach Absatz 1 örtlich zuständig ist oder wäre.

(2) Für die stationäre Leistung ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich die Leistungsberechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung haben oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hatten. Waren bei Einsetzen der Sozialhilfe die Leistungsberechtigten aus einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 in eine andere Einrichtung oder von dort in weitere Einrichtungen übergetreten oder tritt nach dem Einsetzen der Leistung ein solcher Fall ein, ist der gewöhnliche Aufenthalt, der für die erste Einrichtung maßgebend war, entscheidend. Steht innerhalb von vier Wochen nicht fest, ob und wo der gewöhnliche Aufenthalt nach Satz 1 oder 2 begründet worden ist oder ist ein gewöhnlicher Aufenthaltsort nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln oder liegt ein Eilfall vor, hat der nach Absatz 1 zuständige Träger der Sozialhilfe über die Leistung unverzüglich zu entscheiden und sie vorläufig zu erbringen. Wird ein Kind in einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 geboren, tritt an die Stelle seines gewöhnlichen Aufenthalts der gewöhnliche Aufenthalt der Mutter.

(3) In den Fällen des § 74 ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der bis zum Tod der leistungsberechtigten Person Sozialhilfe leistete, in den anderen Fällen der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich der Sterbeort liegt.

(4) Für Hilfen an Personen, die sich in Einrichtungen zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung aufhalten oder aufgehalten haben, gelten die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 106 und 109 entsprechend.

(5) Für die Leistungen nach diesem Buch an Personen, die Leistungen nach dem Siebten und Achten Kapitel in Formen ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten erhalten, ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der vor Eintritt in diese Wohnform zuletzt zuständig war oder gewesen wäre. Vor Inkrafttreten dieses Buches begründete Zuständigkeiten bleiben hiervon unberührt.

(6) Soweit Leistungen der Eingliederungshilfe nach Teil 2 des Neunten Buches zu erbringen sind, richtet sich die örtliche Zuständigkeit für gleichzeitig zu erbringende Leistungen nach diesem Buch nach § 98 des Neunten Buches, soweit das Landesrecht keine abweichende Regelung trifft.

(1) Die Leistungen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel können entsprechend den Erfordernissen des Einzelfalles für die Deckung des Bedarfs außerhalb von Einrichtungen (ambulante Leistungen), für teilstationäre oder stationäre Einrichtungen (teilstationäre oder stationäre Leistungen) erbracht werden. Vorrang haben ambulante Leistungen vor teilstationären und stationären Leistungen sowie teilstationäre vor stationären Leistungen. Der Vorrang der ambulanten Leistung gilt nicht, wenn eine Leistung für eine geeignete stationäre Einrichtung zumutbar und eine ambulante Leistung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden ist. Bei der Entscheidung ist zunächst die Zumutbarkeit zu prüfen. Dabei sind die persönlichen, familiären und örtlichen Umstände angemessen zu berücksichtigen. Bei Unzumutbarkeit ist ein Kostenvergleich nicht vorzunehmen.

(2) Einrichtungen im Sinne des Absatzes 1 sind alle Einrichtungen, die der Pflege, der Behandlung oder sonstigen nach diesem Buch zu deckenden Bedarfe oder der Erziehung dienen.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 25. Januar 2012 aufgehoben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 26. Januar 2011 zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 64 945,52 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Im Streit ist die Erstattung von Kosten in Höhe von insgesamt 64 945,52 Euro (Eingliederungshilfe und Leistungen für den Lebensunterhalt, die der Kläger in der Zeit vom 29.6.2007 bis 28.2.2009 für M H erbracht hat).

2

Der Beklagte hatte nach den Feststellungen des Landessozialgerichts (LSG) für den 1981 geborenen M.H., der von 1994 bis 31.7.2006 im St. Vinzenzstift A (Hessen) stationär untergebracht war und danach vom 1.8.2006 bis 28.6.2007, getragen vom St. Vinzenzstift, betreut wohnte, die entsprechenden Sozialhilfeleistungen erbracht, weil dieser vor Aufnahme in die Einrichtung im Jahre 1994, als er bei seiner Mutter in M (Rheinland-Pfalz) lebte, dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Seit dem 29.6.2007 ist M.H. in den Heilerziehungs- und Pflegeheimen Sch (Rheinland-Pfalz) wiederum stationär untergebracht.

3

Den beim Beklagten eingereichten Antrag (vom 9.1.2007) auf Leistungen wegen dieser Unterbringung leitete der Beklagte am 16.1.2007 mit der Begründung an den Kläger weiter, er sei für den Leistungsfall nicht mehr zuständig, nachdem M.H. zwischenzeitlich (ab 1.8.2006 wegen des Betreuten-Wohnens) einen gewöhnlichen Aufenthalt in Hessen begründet habe, der die Zuständigkeit des Klägers nach sich ziehe. Dieser bewilligte M.H. Leistungen der Eingliederungshilfe und Leistungen für den Lebensunterhalt nach dem Dritten bzw Vierten Kapitel des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) unter Beteiligung des Hilfeempfängers in Höhe von 12 Euro monatlich an den Kosten (bestandskräftige Bescheide vom 26.6.2007 und 18.7.2007). Gegenüber dem Beklagten machte er erfolglos einen Erstattungsanspruch nach § 14 Abs 4 Satz 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) geltend(Schreiben vom 3.7.2007).

4

Die auf Kostenerstattung in Höhe von 64 945,52 Euro gerichtete Klage blieb beim Sozialgericht (SG) Kassel ohne Erfolg (Urteil vom 26.1.2011), weil der Kläger selbst für die Leistungsgewährung nach § 98 Abs 2 Satz 1 SGB XII zuständig gewesen sei. Während des Ambulant-betreuten-Wohnens habe M.H. seinen gewöhnlichen Aufenthalt in A gehabt; § 98 Abs 2 Satz 2 SGB XII, wonach bei einem Wechsel von einer Einrichtung in eine andere Einrichtung auf den gewöhnlichen Aufenthalt vor dem Eintritt in die erste Einrichtung abzustellen sei, sei auf den Übergang von einer ambulant-betreuten Wohnform in eine stationäre Einrichtung nicht entsprechend anwendbar. Auf die Berufung des Klägers hat das LSG den Beklagten zur Zahlung verurteilt (Urteil vom 25.1.2012), weil dieser für die stationäre Maßnahme und damit auch für die Leistungen zum Lebensunterhalt (§ 97 Abs 4 SGB XII) zuständig sei. Das Ambulant-betreute-Wohnen habe die vor der Aufnahme in das St. Vinzenzstift im Jahre 1994 in Gang gesetzte "Kette" von stationären Maßnahmen nicht unterbrochen. Vielmehr ergebe sich die Zuständigkeit des Beklagten in entsprechender Anwendung des § 98 Abs 2 Satz 2 iVm Abs 5 Satz 1 SGB XII (Kette zwischen Einrichtungen und Ambulant-betreutem-Wohnen) aufgrund des gewöhnlichen Aufenthaltes von M.H. vor der ersten stationären Aufnahme in das St. Vinzenzstift im Jahre 1994. Deshalb habe er gemäß § 14 Abs 4 Satz 1 SGB IX als eigentlich zuständiger Leistungs- und Rehabilitationsträger dem Kläger die gesamten Sozialhilfekosten (unter Einschluss der Leistungen für den Lebensunterhalt) zu erstatten. Selbst wenn man bezüglich der Leistungen für den Lebensunterhalt § 14 Abs 4 Satz 1 SGB IX nicht anwenden würde, ergäbe sich insoweit ein Erstattungsanspruch aus § 102 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X).

5

Mit seiner Revision macht der Beklagte eine Verletzung des § 98 Abs 2 Satz 1 und 2 SGB XII geltend. Es sei kein Raum für eine entsprechende Anwendung des § 98 Abs 2 Satz 2 SGB XII. Durch die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts während des Ambulant-betreuten-Wohnens unmittelbar vor der stationären Aufnahme am 29.6.2007 in die Sch Heime sei die "Einrichtungskette" zwischen der ersten stationären Aufnahme und der zweiten unterbrochen worden, sodass § 98 Abs 2 Satz 1 SGB XII Anwendung finde und der Kläger wegen des gewöhnlichen Aufenthaltes des M.H. in A vor Beginn der zweiten stationären Maßnahme zuständig geworden sei.

6

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Beklagten ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz). Der Kläger hat keinen Erstattungsanspruch gegen den Beklagten, weil er selbst der für die M.H. im streitbefangenen Zeitraum erbrachten Leistungen zuständige Leistungsträger ist.

10

Von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrensfehler liegen nicht vor; eine Beiladung des M.H. gemäß § 75 Abs 2 1. Alt SGG (echte notwendige Beiladung) war nicht erforderlich. Danach sind Dritte beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Bei dem zuvörderst in Betracht kommenden Erstattungsanspruch nach § 14 Abs 4 Satz 1 SGB IX handelt es sich jedoch nicht um einen von der Rechtsposition des Leistungsempfängers abgeleiteten, sondern um einen eigenständigen Anspruch, der nur die Verteilung leistungsrechtlicher Verpflichtungen zwischen Kläger und Beklagtem betrifft; durch die Weiterleitung des Antrags nach § 14 Abs 1 Satz 2 SGB IX wird gegenüber dem Leistungsberechtigten eine eigene gesetzliche Verpflichtung des sog "zweitangegangenen" Leistungs- und Rehabilitationsträgers im Außenverhältnis begründet, und die Leistungsbewilligung bildet für den Leistungsberechtigten den Rechtsgrund zum Behaltendürfen der Leistung(BSGE 98, 267 ff RdNr 19 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4; BSGE 98, 277 ff RdNr 12 = SozR 4-2500 § 40 Nr 4). Die Position des Leistungsberechtigten wird im Rahmen des § 14 SGB IX durch den Erstattungsstreit der Rehabilitationsträger untereinander nicht berührt; insbesondere greift die Erfüllungsfiktion des § 107 SGB X nicht. Bei einem wegen der Leistungen für den Lebensunterhalt ggf nach § 105 SGB X in Betracht kommenden Erstattungsanspruch(dazu später) ist eine Entscheidung des Senats zumindest deshalb ohne Beiladung des M.H. möglich, weil die Klageabweisung diesem zu keinerlei Nachteil gereichen kann (vgl zu dieser Überlegung nur BSG SozR 4-1300 § 104 Nr 5 RdNr 24 mwN). Ob eine Beiladung im Hinblick auf die Erfüllungsfiktion des § 107 SGB X überhaupt erforderlich gewesen wäre(vgl dazu BSG aaO), bedarf deshalb keiner Entscheidung.

11

Als Rechtsgrundlage für den vom Kläger mittels einer allgemeinen Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) geltend gemachten Erstattungsanspruch gegen den Beklagten kommt zunächst § 14 Abs 4 Satz 1 SGB IX in Betracht. Danach erstattet ein Rehabilitationsträger dem anderen dessen Aufwendungen nach den für diesen geltenden Rechtsvorschriften, wenn nach der Bewilligung der Leistungen durch einen Rehabilitationsträger nach Maßgabe von Abs 1 Satz 2 bis 4 festgestellt wird, dass der andere Rehabilitationsträger zuständig ist. Zuständig ist in diesem Sinne ein Träger, der ohne die Regelung des § 14 SGB IX zuständig wäre und von dem der Versicherte die gewährte Leistung hätte beanspruchen können(vgl: BSGE 98, 277 RdNr 10 ff mwN = SozR 4-2500 § 40 Nr 4; BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 12 RdNr 9 mwN). Dies gilt aber nicht in der offenbar hier vorliegenden Konstellation der Heranziehung anderer (juristischer) Personen durch den zuständig bleibenden Sozialhilfeträger nach § 99 SGB XII durch Landesrecht(§ 4 Landesgesetz zur Ausführung des SGB XII vom 22.12.2004 - AGSGB XII Rh-Pf - Gesetz- und Verordnungsblatt 571). Hier richtet sich der Erstattungsanspruch gegen die herangezogene juristische Person; die Beteiligtenfähigkeit des Beklagten ergibt sich insoweit wegen des in Rheinland-Pfalz geltenden Behördenprinzips aus § 70 Nr 3 SGG.

12

Ob vorliegend § 14 Abs 4 Satz 1 SGB IX auch für die Leistungen zum Lebensunterhalt an M.H. nach dem Dritten bzw Vierten Kapitel des SGB XII wegen § 97 Abs 4 SGB XII (sachliche Zuständigkeit für alle Leistungen des SGB XII bei Zuständigkeit für stationäre Leistungen) einschlägig ist oder ob insoweit statt § 14 Abs 4 Satz 1 SGB IX § 105 SGB X zur Anwendung kommt, weil es sich bei diesen Leistungen nicht um Teilhabeleistungen handelt, kann dahinstehen. Der Kläger ist nämlich ohnedies nicht erst aufgrund der innerhalb von zwei Wochen (§ 14 Abs 1 Satz 2 SGB IX) nach Antragseingang beim Beklagten erfolgten Weiterleitung des Antrags auf Kostenübernahme für die Unterbringung in den Heimen Sch (als Leistung der Eingliederungshilfe nach § 19 Abs 3, §§ 53 und 54 Abs 1 SGB XII iVm § 55 Abs 2 Nr 6 SGB IX) gegenüber dem Leistungsempfänger im Außenverhältnis zuständiger Leistungs- und Rehabilitationsträger(§ 6 Abs 1 Nr 7 SGB IX iVm § 5 Nr 4 SGB IX) geworden, sondern er ist für alle erbrachten Leistungen der originär örtlich und sachlich zuständige Leistungs- bzw Rehabilitationsträger (§ 97 Abs 1 und Abs 2 Satz 1, Abs 3 Nr 1 und Abs 4, § 98 SGB XII iVm § 2 Abs 3, § 3 Hessisches Ausführungsgesetz zum SGB XII vom 20.12.2004 - GVBl 488). Der Beklagte ist deshalb unter keinem denkbaren Gesichtspunkt erstattungspflichtig (passiv legitimiert); ebenso wenig kommt - unabhängig von einer Heranziehung nach § 99 Abs 2 SGB XII iVm § 4 AGSGB XII Rh-Pf - die Erstattungspflicht des überörtlichen Sozialhilfeträgers(§ 1 Abs 2 AGSGB XII Rh-Pf) als des sachlich zuständigen Leistungsträgers (§ 97 Abs 2 SGB XII iVm § 2 AGSGB XII Rh-Pf) bzw der entsprechenden Behörde in Betracht.

13

Es kann für die Entscheidung offen bleiben, ob M.H. bis zur Aufnahme in die Einrichtungen Sch, also bis einschließlich 28.6.2007, tatsächlich Leistungen des Ambulant-betreuten-Wohnens erhalten hat (zu der Voraussetzung des Erhaltens von Leistungen siehe OVG Münster, Urteil vom 19.2.2013 - 12 A 1906/12); der Gebrauch dieses Rechtsbegriffs durch das LSG kann jedenfalls die notwendigen tatsächlichen Feststellungen (§ 163 SGG) nicht ersetzen (vgl dazu: BSGE 109, 56 ff RdNr 16 = SozR 4-3500 § 98 Nr 1). Hat M.H. bis einschließlich 28.6.2007 nicht ambulant-betreut gewohnt, ergibt sich die örtliche Zuständigkeit des Klägers - und daraus folgend auch die sachliche - bereits aus § 98 Abs 2 Satz 1 SGB XII, wonach für die stationäre Leistung der Träger der Sozialhilfe zuständig ist, in dessen Bereich die Leistungsberechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung haben oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt hatten. Nach § 30 Abs 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I) hat jemand den gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Gemessen an diesen Kriterien ist nach den vom LSG festgestellten Umständen, die in der Zeit vom 1.8.2006 bis 28.6.2007 jedenfalls einen Aufenthalt des M.H. in einer stationären Einrichtung ausschließen (vgl zur Problematik des gewöhnlichen Aufenthalts bei Unterbringung in einer stationären Einrichtung § 109 SGB XII), von einem gewöhnlichen Aufenthalt in A, im Zuständigkeitsbereich des Klägers, auszugehen. M.H. hatte sich dort unter Umständen aufgehalten, die erkennen ließen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilen wollte. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass er nur weniger als ein Jahr in der Wohngruppe gelebt habe und bereits im Jahr 2007 die Wiederaufnahme in eine stationäre Einrichtung, in der ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht begründet werden kann (§ 109 SGB XII), in die Wege geleitet worden sei; denn er hielt sich nach den Feststellungen des LSG im Sinne eines zukunftsoffenen Verbleibs außerhalb dieser stationären Einrichtung in A auf, was für die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts ausreichend ist (vgl nur BVerwG, Urteil vom 13.12.2012 - 5 C 25/11 - juris RdNr 23 mwN).

14

Aber auch dann, wenn M.H. vom 1.8.2006 bis 28.6.2007 ambulant-betreut gewohnt haben sollte, wäre der Kläger örtlich und sachlich zuständiger Leistungs- bzw Rehabilitationsträger für die in den Heimen Sch gewährten Leistungen. Es könnten dann zwar Gründe dafür sprechen, die M.H. seit 1994 gewährten Leistungen zum selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten - gleichgültig ob stationär, teilstationär oder ambulant - insgesamt als einheitliches Leistungsgeschehen des Betreuten-Wohnens zu werten (vgl zum Wechsel von einer ambulant-betreuten Wohnform zur anderen bereits: BSGE 109, 56 ff RdNr 17 = SozR 4-3500 § 98 Nr 1), und die örtliche - damit vorliegend auch die sachliche - Zuständigkeit des Klägers bei einem mehrfachen Wechsel zwischen stationärer und ambulanter Betreuung in entsprechender Anwendung des § 98 Abs 2 Satz 2 SGB XII(hier in der Fassung, die die Norm durch das Gesetz zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 2.12.2006 - BGBl I 2670 - erhalten hat) zu beurteilen. Nur bei einem einheitlichen Leistungsgeschehen in diesem Sinne wäre eine Analogie zu § 98 Abs 2 Satz 2 SGB XII überhaupt denkbar. Wäre dies der Fall, müsste allerdings § 98 Abs 5 Satz 2 SGB XII beachtet werden(dazu später); bei dessen Anwendung würde ebenso wenig eine Zuständigkeit des Beklagten begründet wie über § 98 Abs 5 Satz 1 SGB XII ohne entsprechende Heranziehung des § 98 Abs 2 Satz 2 SGB XII.

15

Gemäß § 98 Abs 2 Satz 2 SGB XII ist für die stationäre Leistung, wenn die Leistungsberechtigten beim Einsetzen der Sozialhilfe aus einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 in eine andere Einrichtung oder von dort in weitere Einrichtungen übergetreten waren oder nach dem Einsetzen der Leistung ein solcher Fall eingetreten war, der gewöhnliche Aufenthalt, der für die erste Einrichtung maßgebend war, entscheidend. Daneben bestimmt § 98 Abs 5 Satz 1 SGB XII, dass für Leistungen an Personen, die Leistungen nach dem Sechsten bis Achten Kapitel in Formen ambulant-betreuter Wohnmöglichkeiten erhalten, der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig ist, der vor Eintritt in diese Wohnform zuletzt zuständig war oder gewesen wäre. Für eine entsprechende Anwendung des § 98 Abs 2 Satz 2 SGB XII auch auf den Wechsel zwischen ambulant- und stationär-betreuten Wohnformen könnte sprechen, dass der sozialhilferechtlich relevante Bedarf des Betreuten-Wohnens, der durch Leistungen der Sozialhilfe zu decken ist, als Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten(vgl § 55 Abs 2 Nr 6 SGB IX) im Kern unverändert bleibt und lediglich der äußere Rahmen, in dem die Hilfe geleistet wird (ambulant oder stationär), Veränderungen unterworfen ist. Der Schutz des Sozialhilfeträgers am Ort ambulant-betreuter Wohnmöglichkeiten entfiele dann bei unveränderter Bedarfslage (Betreutes-Wohnen) nicht (so auch: Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 98 RdNr 96a, Stand Juni 2012, Josef/Wenzel, NDV 2007, 85, 90 f, und Hammel, ZFSH/SGB 2008, 67, 74; aA Gerlach, ZfF 2008, 5, 9, Söhngen in juris PraxisKommentar SGB XII, § 98 SGB XII RdNr 53, und Schoch in Lehr- und Praxiskommentar SGB XII, 9. Aufl 2012, § 98 SGB XII RdNr 60). § 98 Abs 2 Satz 2 SGB XII könnte indes aus teleologischen Gründen allenfalls bei einem einheitlichen Leistungsgeschehen des Betreuten-Wohnens entsprechend herangezogen werden; denn seine generelle Anwendung bei einem Wechsel zwischen Einrichtungen und Ambulant-betreuten-Wohnformen lässt sich keinesfalls mit Wortlaut und Systematik des § 98 Abs 5 SGB XII vereinbaren, der anders als Abs 4 gerade nicht auf die gesamten Absätze 1 und 2 verweist.

16

Die entsprechende Anwendung des § 98 Abs 2 Satz 2 SGB XII würde unter diesen Voraussetzungen zu einer fortbestehenden Zuständigkeit des Beklagten führen, weil an dem gewöhnlichen Aufenthalt des M.H. vor der erstmaligen Aufnahme in eine Einrichtung im Jahr 1994 (in M, Rheinland-Pfalz) anzuknüpfen wäre. Insoweit hat das LSG jedoch nicht beachtet, dass § 98 Abs 5 Satz 2 SGB XII für das Ambulant-betreute-Wohnen eine Sonderregelung zur Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit trifft, wonach vor Inkrafttreten des SGB XII zum 1.1.2005 begründete Zuständigkeiten von der Regelung des § 98 Abs 5 Satz 1 SGB XII unberührt bleiben. Dieser normative Befehl ist so zu verstehen, dass bei einem Leistungsfall des Betreuten-Wohnens, der vor dem 1.1.2005 begonnen hat, die zur Zeit des Leistungsbeginns geltenden Regelungen des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) über die örtliche Zuständigkeit weitergelten (vgl BSGE 109, 56 ff RdNr 18 = SozR 4-3500 § 98 Nr 1). Geregelt ist zwar unmittelbar nur das Ambulant-betreute-Wohnen; wollte man § 98 Abs 2 Satz 2 SGB XII über seinen Wortlaut hinaus auf Fälle des Ambulant-betreuten-Wohnens nach § 98 Abs 5 Satz 1 SGB XII und auf einen Wechsel zwischen ambulanter und stationärer Betreuung anwenden, wäre zwangsläufig auch die Sonderregelung des § 98 Abs 5 Satz 2 SGB XII für sog Altfälle zu berücksichtigen, die durch die entsprechende Anwendung des § 98 Abs 2 Satz 2 SGB XII nicht unterlaufen werden darf. Da die Analogie zu § 98 Abs 2 Satz 2 SGB XII beim Wechsel zwischen ambulanter und stationärer Betreuung - gleichgültig in welcher Reihenfolge - nur mit dem Argument eines einheitlichen, ununterbrochenen sozialhilferechtlichen Bedarfsfalls des Betreuten-Wohnens überhaupt bejaht werden könnte, würde sich vorliegend die Zuständigkeit weiterhin nach den Vorschriften des BSHG richten; denn nach den Feststellungen des LSG handelte es sich jedenfalls für die Zeit von 1994 bis 28.6.2007 um ein solch einheitliches Leistungsgeschehen. Nach § 97 Abs 2 Satz 1 BSHG wäre dann für die Hilfe in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich der Hilfeempfänger seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme (hier 29.6.2007) hat oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt hatte; dies war - wie oben ausgeführt - A (Hessen). Auf die stationäre Unterbringung vor dem Ambulant-betreuten-Wohnen käme es für die Beurteilung der örtlichen Zuständigkeit mangels einer Kette zwischen stationären Einrichtungen nach § 97 Abs 2 BSHG nicht an; eine § 98 Abs 5 SGB XII vergleichbare Regelung, über die die im Gesetz vorgesehene Einrichtungskette auf Ambulant-betreute-Wohnformen hätte ausgeweitet werden können, kannte das BSHG nicht.

17

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 und 3 SGG iVm § 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung.

18

Die Streitwertentscheidung beruht auf § 197a Abs 3 und Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 47 Abs 1 und 2, § 52 Abs 1, § 63 Abs 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz.

(1) Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Absatz 4 des Fünften Buches. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung insgesamt nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu und unterrichtet hierüber den Antragsteller. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden und ist diese Klärung in der Frist nach Satz 1 nicht möglich, soll der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet werden, der die Leistung ohne Rücksicht auf die Ursache der Behinderung erbringt. Wird der Antrag bei der Bundesagentur für Arbeit gestellt, werden bei der Prüfung nach den Sätzen 1 und 2 keine Feststellungen nach § 11 Absatz 2a Nummer 1 des Sechsten Buches und § 22 Absatz 2 des Dritten Buches getroffen.

(2) Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf anhand der Instrumente zur Bedarfsermittlung nach § 13 unverzüglich und umfassend fest und erbringt die Leistungen (leistender Rehabilitationsträger). Muss für diese Feststellung kein Gutachten eingeholt werden, entscheidet der leistende Rehabilitationsträger innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang. Ist für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs ein Gutachten erforderlich, wird die Entscheidung innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen des Gutachtens getroffen. Wird der Antrag weitergeleitet, gelten die Sätze 1 bis 3 für den Rehabilitationsträger, an den der Antrag weitergeleitet worden ist, entsprechend; die Frist beginnt mit dem Antragseingang bei diesem Rehabilitationsträger. In den Fällen der Anforderung einer gutachterlichen Stellungnahme bei der Bundesagentur für Arbeit nach § 54 gilt Satz 3 entsprechend.

(3) Ist der Rehabilitationsträger, an den der Antrag nach Absatz 1 Satz 2 weitergeleitet worden ist, nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung insgesamt nicht zuständig, kann er den Antrag im Einvernehmen mit dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger an diesen weiterleiten, damit von diesem als leistendem Rehabilitationsträger über den Antrag innerhalb der bereits nach Absatz 2 Satz 4 laufenden Fristen entschieden wird und unterrichtet hierüber den Antragsteller.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten sinngemäß, wenn der Rehabilitationsträger Leistungen von Amts wegen erbringt. Dabei tritt an die Stelle des Tages der Antragstellung der Tag der Kenntnis des voraussichtlichen Rehabilitationsbedarfs.

(5) Für die Weiterleitung des Antrages ist § 16 Absatz 2 Satz 1 des Ersten Buches nicht anzuwenden, wenn und soweit Leistungen zur Teilhabe bei einem Rehabilitationsträger beantragt werden.

(1) Ziel der Unterstützten Beschäftigung ist es, Leistungsberechtigten mit besonderem Unterstützungsbedarf eine angemessene, geeignete und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu ermöglichen und zu erhalten. Unterstützte Beschäftigung umfasst eine individuelle betriebliche Qualifizierung und bei Bedarf Berufsbegleitung.

(2) Leistungen zur individuellen betrieblichen Qualifizierung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um sie für geeignete betriebliche Tätigkeiten zu erproben, auf ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorzubereiten und bei der Einarbeitung und Qualifizierung auf einem betrieblichen Arbeitsplatz zu unterstützen. Die Leistungen umfassen auch die Vermittlung von berufsübergreifenden Lerninhalten und Schlüsselqualifikationen sowie die Weiterentwicklung der Persönlichkeit der Menschen mit Behinderungen. Die Leistungen werden vom zuständigen Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 für bis zu zwei Jahre erbracht, soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlich sind. Sie können bis zu einer Dauer von weiteren zwölf Monaten verlängert werden, wenn auf Grund der Art oder Schwere der Behinderung der gewünschte nachhaltige Qualifizierungserfolg im Einzelfall nicht anders erreicht werden kann und hinreichend gewährleistet ist, dass eine weitere Qualifizierung zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung führt.

(3) Leistungen der Berufsbegleitung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um nach Begründung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses die zu dessen Stabilisierung erforderliche Unterstützung und Krisenintervention zu gewährleisten. Die Leistungen werden bei Zuständigkeit eines Rehabilitationsträgers nach § 6 Absatz 1 Nummer 3 oder 5 von diesem, im Übrigen von dem Integrationsamt im Rahmen seiner Zuständigkeit erbracht, solange und soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung zur Sicherung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sind.

(4) Stellt der Rehabilitationsträger während der individuellen betrieblichen Qualifizierung fest, dass voraussichtlich eine anschließende Berufsbegleitung erforderlich ist, für die ein anderer Leistungsträger zuständig ist, beteiligt er diesen frühzeitig.

(5) Die Unterstützte Beschäftigung kann von Integrationsfachdiensten oder anderen Trägern durchgeführt werden. Mit der Durchführung kann nur beauftragt werden, wer über die erforderliche Leistungsfähigkeit verfügt, um seine Aufgaben entsprechend den individuellen Bedürfnissen der Menschen mit Behinderungen erfüllen zu können. Insbesondere müssen die Beauftragten

1.
über Fachkräfte verfügen, die eine geeignete Berufsqualifikation, eine psychosoziale oder arbeitspädagogische Zusatzqualifikation und eine ausreichende Berufserfahrung besitzen,
2.
in der Lage sein, den Menschen mit Behinderungen geeignete individuelle betriebliche Qualifizierungsplätze zur Verfügung zu stellen und ihre berufliche Eingliederung zu unterstützen,
3.
über die erforderliche räumliche und sächliche Ausstattung verfügen sowie
4.
ein System des Qualitätsmanagements im Sinne des § 37 Absatz 2 Satz 1 anwenden.

(6) Zur Konkretisierung und Weiterentwicklung der in Absatz 5 genannten Qualitätsanforderungen vereinbaren die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 sowie die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen im Rahmen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation eine gemeinsame Empfehlung. Die gemeinsame Empfehlung kann auch Ausführungen zu möglichen Leistungsinhalten und zur Zusammenarbeit enthalten. § 26 Absatz 4, 6 und 7 sowie § 27 gelten entsprechend.

(1) Bei der Entscheidung über die Leistungen und bei der Ausführung der Leistungen zur Teilhabe wird berechtigten Wünschen der Leistungsberechtigten entsprochen. Dabei wird auch auf die persönliche Lebenssituation, das Alter, das Geschlecht, die Familie sowie die religiösen und weltanschaulichen Bedürfnisse der Leistungsberechtigten Rücksicht genommen; im Übrigen gilt § 33 des Ersten Buches. Den besonderen Bedürfnissen von Müttern und Vätern mit Behinderungen bei der Erfüllung ihres Erziehungsauftrages sowie den besonderen Bedürfnissen von Kindern mit Behinderungen wird Rechnung getragen.

(2) Sachleistungen zur Teilhabe, die nicht in Rehabilitationseinrichtungen auszuführen sind, können auf Antrag der Leistungsberechtigten als Geldleistungen erbracht werden, wenn die Leistungen hierdurch voraussichtlich bei gleicher Wirksamkeit wirtschaftlich zumindest gleichwertig ausgeführt werden können. Für die Beurteilung der Wirksamkeit stellen die Leistungsberechtigten dem Rehabilitationsträger geeignete Unterlagen zur Verfügung. Der Rehabilitationsträger begründet durch Bescheid, wenn er den Wünschen des Leistungsberechtigten nach den Absätzen 1 und 2 nicht entspricht.

(3) Leistungen, Dienste und Einrichtungen lassen den Leistungsberechtigten möglichst viel Raum zu eigenverantwortlicher Gestaltung ihrer Lebensumstände und fördern ihre Selbstbestimmung.

(4) Die Leistungen zur Teilhabe bedürfen der Zustimmung der Leistungsberechtigten.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 22. November 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Im Streit ist die Übernahme von Schulgeld in Höhe von 303,92 Euro monatlich für die Zeit vom 1.8.2005 bis 18.10.2009 nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII).

2

Der 1997 geborene Kläger leidet seit seiner Geburt an dem sogenannten Rubinstein-Taybi-Syndrom mit Absence-Epilepsie, verzögerter Entwicklung, Minderwuchs und geistiger Behinderung, verbunden mit Hyperaktivität und teilweiser Aggressivität. Er lebt seit seinem 4. Lebensmonat in einer Pflegefamilie, in die er direkt nach dem Klinikaufenthalt nach seiner Geburt aufgenommen wurde. Das staatliche Schulamt für den Landkreis G. und den V. stellte beim Kläger einen sonderpädagogischen Förderbedarf im Sinne des Besuchs einer Schule für praktisch Bildbare fest und wies ihn zum 1.8.2005 der staatlichen M.-Schule in G. zu. Da die Pflegeeltern die sonderpädagogische Förderung des Klägers an der nach den Grundsätzen der anthroposophischen Heilpädagogik und der Waldorfpädagogik unterrichtenden privaten B.-Schule wünschten, erklärte das staatliche Schulamt gleichzeitig sein Einverständnis, den sonderpädagogischen Förderbedarf dort zu erfüllen, sofern die Frage der Kostenübernahme mit dem Schulverwaltungsamt des Kreisausschusses des Landkreises G. geklärt sei (Bescheid vom 31.5.2005). Nachdem die Pflegeeltern für den Kläger mit dem Träger der B.-Schule einen Schulvertrag ab 1.8.2005 abgeschlossen und dabei ein monatliches Schulgeld in Höhe von 303,92 Euro vereinbart hatten, wurde der Kläger am 5.9.2005 in die B.-Schule eingeschult. Den vom Träger der Schule - nach den Feststellungen des Landessozialgerichts (LSG) - namens und im Auftrag der Pflegeeltern gestellten Antrag auf Übernahme des Schulgelds lehnte der Beklagte ab (Bescheid vom 22.6.2005; Widerspruchsbescheid vom 19.4.2006).

3

Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben (Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 11.11.2008; Urteil des Hessischen LSG vom 22.11.2010). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, der Besuch der B.-Schule sei keine für eine angemessene Schulbildung des Klägers erforderliche Maßnahme. Hieran ändere auch die schulrechtliche Einstufung durch das staatliche Schulamt, an die der Sozialhilfeträger gebunden sei, nichts, weil eine Zuweisung nur an die staatliche M.-Schule erfolgt sei, während der Besuch der B.-Schule ausschließlich als mögliche Beschulungsalternative gestattet worden sei. Beide Schulen seien geeignete Förderschulen zur Erfüllung des besonderen sonderpädagogischen Bedarfs des Klägers. Auch das Elternrecht aus Art 6 Abs 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) biete als Abwehrrecht keinen Anspruch auf Vermittlung pädagogischer Lehrinhalte und Bildungsziele außerhalb öffentlicher Schulen. Ein Anspruch könne auch nicht aus Art 7 Abs 4 Satz 1 GG hergeleitet werden, weil insoweit nur das private Ersatzschulwesen geschützt werde, nicht jedoch auch das Recht der Eltern, eine private Ersatzschule kostenfrei zu wählen.

4

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII und § 12 Eingliederungshilfeverordnung (Eingliederungshilfe-VO) und macht Verfahrensfehler geltend. Zu Unrecht gehe das LSG davon aus, dass der Besuch einer privaten Förderschule und der damit verbundene Schulgeldaufwand bei Bestehen einer gleichwertigen kostenfreien Beschulungsmöglichkeit nicht erforderlich iS von § 12 Eingliederungshilfe-VO sei. Zwar hätte sein schulischer Förderbedarf auch durch den Besuch der M.-Schule sichergestellt werden können; das Berufungsgericht lasse aber unberücksichtigt, dass die Pflegeeltern mit ihrer Auswahlentscheidung den von den staatlichen Schulbehörden eingeräumten Rahmen mit einer für den beklagten Sozialhilfeträger ebenso verbindlichen Weise ausgefüllt hätten, wie dies durch eine förmliche Zuweisung der Schulbehörden geschehen wäre. Folge man der Auffassung des LSG liefen das eingeräumte Wahlrecht und letztlich die Bestimmung des § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII leer, wenn Eltern die mit dem Schulbesuch verbundenen Kosten nicht aufbringen könnten. Sei schulrechtlich eine Wahlfreiheit zwischen öffentlicher Förder- und privater Ersatzschule eröffnet, setze eine generelle Beschränkung der Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung auf den Besuch öffentlicher Schulen nach der Rechtsprechung des 6. Senats des LSG (Urteil vom 18.8.2010 - L 6 SO 5/10) verfassungsrechtlich eine ausdrückliche Entscheidung des Gesetzgebers voraus. Durch den unterlassenen Hinweis, dem 6. Senat nicht folgen zu wollen, habe das LSG das rechtliche Gehör verletzt (Überraschungsentscheidung). Auch habe sich das LSG nicht mit dem Vortrag auseinandergesetzt, dass der Beklagte mit seiner (des Klägers) Beschulung in der B.-Schule einverstanden gewesen sei und sich hieraus die Verpflichtung ableite, auch für die entstehenden Beschulungskosten einzustehen. Unterblieben sei schließlich die Prüfung, ob eine Aufnahme in die M.-Schule nicht an Kapazitäts- oder anderen Gründen gescheitert wäre.

5

Der Kläger beantragt,
die Urteile des LSG und des SG sowie den Bescheid des Beklagten vom 22.6.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.4.2006 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm 303,92 Euro monatlich für die Zeit vom 1.8.2005 bis 18.10.2009 zu zahlen.

6

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Er hält die Auffassung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des Klägers ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung des monatlichen Schulgelds in Höhe von 303,92 Euro bzw in Höhe des für Oktober 2009 maßgeblichen Teils davon für den Besuch der B.-Schule.

9

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist zulässigerweise nur der Bescheid des Beklagten vom 22.6.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.4.2006 (§ 95 SGG) über die Ablehnung der Übernahme des Schulgelds als abgrenzbaren Streitgegenstand im Rahmen der Eingliederungshilfe. Gegen diesen Bescheid wendet sich der Kläger mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 iVm § 56 SGG). Sozial erfahrene Dritte waren vor Erlass des Widerspruchsbescheids nicht zu beteiligen (§ 116 Abs 2 SGB XII in der Normfassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022 iVm § 8 Abs 2 des Hessischen Ausführungsgesetzes zum Zwölften Buch Sozialgesetzbuch vom 20.12.2004 - GVBl 488). Nicht Streitgegenstand sind Leistungen für den Lebensunterhalt, auch nicht im Rahmen des sog Meistbegünstigungsprinzips, wonach zur Sicherstellung einer möglichst weitgehenden Verwirklichung sozialer Rechte (§ 2 Abs 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil -; vgl dazu: Voelzke in juris PraxisKommentar SGB I, 2. Aufl 2011 - online -, § 2 RdNr 26; Steinbach in Hauck/Noftz, SGB I, K § 2 RdNr 44, Stand Dezember 2005), Anträge bzw Rechtsbehelfe ohne Bindung an den Wortlaut nach dem wirklichen Willen des Antragstellers auszulegen sind (BSG SozR 4-3500 § 44 Nr 2 RdNr 13); denn eine abweichende Festlegung des Bedarfs wegen der Verpflichtung zur Zahlung des Schulgelds (§ 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII) kommt ohnedies nicht in Betracht (siehe dazu unten).

10

Nach § 53 Abs 1 Satz 1(in der Normfassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch) iVm § 54 Abs 1 SGB XII(in der Normfassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch; für die Zeit ab 5.8.2009 in der Normfassung des Gesetzes zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs im Krankenhaus vom 30.7.2009 - BGBl I 2495) erhalten Personen, die durch eine Behinderung iS von § 2 Abs 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann.

11

Vorliegend ist es schon fraglich, ob der Beklagte als überörtlicher Träger der Sozialhilfe (§ 3 Abs 1 HAG/SGB XII idF des Gesetzes vom 20.12.2004) für den streitigen Anspruch auf Übernahme des Schulgelds als Leistung der Eingliederungshilfe der sachlich zuständige Sozialhilfeträger ist. Abweichend von § 100 Bundessozialhilfegesetz(BSHG; in der nach Art 68 Abs 2 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch bis 31.12.2006 fortgeltenden Fassung) bzw ab 1.7.2007 § 97 Abs 3 Nr 1 SGB XII (Art 70 Abs 2 S 6 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch) regelt § 97 Abs 2 Satz 1 SGB XII iVm § 2 Abs 1 Nr 1 HAG/SGB XII(bis 31.6.2006 in der nach § 13 Abs 3 HAG/SGB XII bestimmten Fassung) die sachliche Zuständigkeit von örtlichem bzw überörtlichem Sozialhilfeträger. Danach ist der überörtliche Träger der Sozialhilfe für Leistungen nach dem Sechsten Kapitel des SGB XII nur sachlich zuständig, sofern diese in einer Einrichtung zur stationären oder teilstationären Betreuung zu gewähren sind. Eine (teilstationäre) "Einrichtung" im Sinne des SGB XII (§ 13 SGB XII)ist ein in einer besonderen Organisationsform zusammengefasster Bestand von personellen und sächlichen Mitteln unter verantwortlicher Trägerschaft, der auf gewisse Dauer angelegt und für einen wechselnden Personenkreis zugeschnitten ist und Leistungen der Sozialhilfe erbringt (BVerwGE 95, 149, 152; Bundesverwaltungsgericht , Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 42/91 -, FEVS 45, 52 ff; Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 13/91 -, FEVS 45, 183 ff; Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 17/91 -, ZfSH/SGB 1995, 535 ff; BSGE 106, 264 ff RdNr 13 = SozR 4-3500 § 19 Nr 2).

12

Ob eine Schule (anders als etwa die der Schule angegliederte Behinderteneinrichtung) eine teilstationäre Einrichtung in diesem Sinne ist, insbesondere Leistungen der Sozialhilfe erbringt (vgl dazu BVerwGE 48, 228, 231, das zwischen allgemeinen Schulen und Schulen unterscheidet, in denen über die bloße Vermittlung des Lernstoffs hinaus ein besonderes Maß an Betreuung erforderlich ist), ist zweifelhaft, wobei es für die Ablehnung der Leistung wegen Unzuständigkeit genügt, dass Sozialhilfeleistungen geltend gemacht werden. Für die Begründung der sachlichen Zuständigkeit ist es jedenfalls nicht - wie der Beklagte meint - ausreichend, dass er aufgrund langjähriger Praxis bei Pflegefamilienverhältnissen (im Rahmen des § 97 Abs 5 SGB XII) auch die Begleitkosten übernimmt, sofern diese übernahmefähig sind. Eine solche Annex-Kompetenz, wie sie etwa § 2 Abs 2 HAG/SGB XII(in der bis 31.12.2006 geltenden Fassung) vorsieht, setzt nämlich die sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Sozialhilfeträgers für die im Rahmen eines Pflegefamilienverhältnisses zu erbringende Eingliederungshilfe voraus, an der es vorliegend fehlen könnte. Im Ergebnis kann diese Frage aber dahingestellt bleiben, weil der Kläger auch bei unterstellter sachlicher Zuständigkeit des Beklagten keinen Anspruch auf die im Streit stehende Leistung hat.

13

Der Kläger erfüllt die personenbezogenen Voraussetzungen des § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII für eine Pflichtleistung. Die Voraussetzungen für eine Behinderung nach § 2 Abs 1 SGB IX sind erfüllt, wenn die geistige Fähigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Nach den Feststellungen des LSG liegt eine solche Behinderung vor.

14

Die geistige Behinderung ist auch wesentlich. Wann dies der Fall ist, ist § 2 Eingliederungshilfe-VO zu entnehmen, wonach eine wesentliche Behinderung vorliegt, wenn infolge einer Schwäche der geistigen Kräfte in erheblichem Umfang die Fähigkeit zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft eingeschränkt ist. Dies richtet sich nach den Besonderheiten des Einzelfalls und hängt deshalb von sehr unterschiedlichen, durch die individuelle Behinderung geprägten Umständen ab (BVerwG Buchholz 436.0 § 39 BSHG Nr 12 S 2). Insoweit ist wie bei der Prüfung der Behinderung auch ihre Wesentlichkeit wertend auszurichten, insbesondere an den Auswirkungen für die Eingliederung in die Gesellschaft. Entscheidend ist mithin nicht, wie stark die geistigen Kräfte beeinträchtigt sind und in welchem Umfang ein Funktionsdefizit vorliegt, sondern wie sich die Beeinträchtigung auf die Teilhabemöglichkeit auswirkt (vgl BSGE 110, 301 ff RdNr 19 = SozR 4-3500 § 54 Nr 8). Stehen - wie hier - die mit einer Behinderung einhergehenden Beeinträchtigungen der erfolgreichen Teilnahme des Klägers am Unterricht in einer allgemeinen (Grund-)Schule entgegen (vgl auch BVerwG, Beschluss vom 2.9.2003 - 5 B 259/02), weil Lerninhalte ohne zusätzliche Hilfestellung nicht aufgenommen und verarbeitet werden können, und erfordert die geistige Behinderung deshalb einen sonderpädagogischen Förderbedarf, um die mögliche Vermittlung praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten überhaupt erst zu ermöglichen, ist die Behinderung nach den oben aufgezeigten Grundsätzen wesentlich; denn eine Grundschulbildung bildet die essentielle Basis für jegliche weitere Schullaufbahn (vgl: BSGE 110, 301 ff RdNr 19 = SozR 4-3500 § 54 Nr 8; BSGE 109, 199 ff RdNr 22 = SozR 4-2500 § 33 Nr 37).

15

Gehört der Kläger danach zwar zu dem leistungsberechtigten Personenkreis, scheitert ein Anspruch auf die Zahlung des Schulgelds aber daran, dass es sich insoweit nicht um eine Leistung der Eingliederungshilfe handelt. Nach § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII sind Leistungen der Eingliederungshilfe neben den Leistungen nach den §§ 26, 33, 41 und 55 SGB IX auch Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu. Erfasst sind von dem Wortlaut der Vorschrift ("Hilfen") nur Maßnahmen, die im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung geeignet und erforderlich sind, die Behinderungsfolgen zu beseitigen oder zu mildern (BSGE 110, 301 ff RdNr 20 = SozR 4-3500 § 54 Nr 8). Dies bestätigt auch § 12 Eingliederungshilfe-VO, der seinerseits nur von "Hilfe zu einer angemessenen Schulausbildung" spricht. Die von dieser Hilfe nach § 12 Eingliederungshilfe-VO (auch) erfassten Regelbeispiele betreffen dementsprechend nur die Schulbildung begleitende Maßnahmen. Die Schulbildung selbst, also der Kernbereich der pädagogischen Arbeit, der sich nach der Gesetzessystematik nicht unter Auslegung der schulrechtlichen Bestimmungen, sondern der sozialhilferechtlichen Regelungen bestimmt, obliegt hingegen allein den Schulträgern. Art 7 Abs 1 GG überträgt dem Staat einen (außerhalb des Sozialhilferechts liegenden) eigenständigen Unterrichts- und Bildungsauftrag im Schulbereich (BSG, aaO, RdNr 21; BVerfGE 47, 46, 71 f; 98, 218, 241).

16

Dass der Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Schule den Regelungen über die Eingliederungshilfe entzogen ist, bestätigt § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII dadurch, dass die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht(hier: Art 56 ff Hessische Landesverfassung iVm dem Hessischen Schulgesetz idF vom 14.6.2005 - GVBl 441) unberührt bleiben sollen. Die schulrechtlichen Verpflichtungen bestehen also grundsätzlich neben den sozialhilferechtlichen, ohne dass sie sich gegenseitig inhaltlich beeinflussen (BSG aaO). Auch das BVerwG hat in seiner Entscheidung vom 13.8.1992 - 5 C 70/88 - (Buchholz 436.0 § 11 BSHG Nr 16 S 3) ausgeführt, dass der Staat mit der Einrichtung der öffentlichen Grundschulen seinen Bildungs- und Erziehungsauftrag aus Art 7 Abs 1 GG nachkomme und die Schulgeldfreiheit aus übergreifenden bildungs- und sozialpolitischen Gründen eine eigenständige (landesrechtliche) Regelung außerhalb des Sozialhilferechts gefunden habe, sodass für einen Rechtsanspruch gegen den Sozialhilfeträger zur Deckung eines im Grundschulalter angemessenen Bildungsbedarfs Aufnahmebeiträge und monatliches Schulgeld für den Besuch einer privaten Grundschule als Sozialhilfeleistung nicht zu übernehmen seien. Dabei ist das BVerwG in Bezug auf die erforderliche Hilfe nicht von einer nach Maßgabe des Nachranggrundsatzes der Sozialhilfe zu lösenden Anspruchskonkurrenz, sondern von einem Verhältnis der "Spezialität" ausgegangen, wobei es eine Ausnahme von diesem Grundsatz für möglich hielt, wenn der Besuch einer öffentlichen Grundschule aus objektiven Gründen (zB wegen ihrer räumlichen Entfernung vom Wohnort) oder aus schwerwiegenden subjektiven (persönlichen) Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar sei. Diese Rechtsprechung hat das BVerwG auch für Leistungen der Eingliederungshilfe bestätigt (Beschluss vom 2.9.2003 - 5 B 259/02) und ausdrücklich ausgeführt, dass ein nachrangiges Eintreten der Sozialhilfe (nur) für solche Bedarfe nicht ausgeschlossen sei, die nicht in der Deckung des unmittelbaren Ausbildungsbedarfs im Rahmen der Schulpflicht bestünden, sondern damit lediglich - mehr oder weniger eng - zusammenhingen, etwa wie bei der Bereitstellung eines Integrationshelfers für behinderte Kinder an Regelschulen.

17

Nach diesen Maßstäben hat der Kläger keinen Anspruch auf die Zahlung des Schulgelds als Leistung der Eingliederungshilfe. Zu dem Kernbereich der Schule gehören alle schulischen Maßnahmen, die dazu dienen, die staatlichen Lehrziele zu erreichen, in erster Linie also der (unentgeltliche) Unterricht, der die für den erfolgreichen Abschluss notwendigen Kenntnisse vermitteln soll. Damit unterliegt auch das vom Kläger begehrte Schulgeld unmittelbar diesem Kernbereich, weil die Übernahme des Schulgelds die von der Schule selbst zu erbringende Leistung, also den Unterricht, finanziert, mithin den schulischen Bildungsauftrag erfüllt und keine bloß unterstützende Leistung im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung darstellt. Wie die Entscheidung des Schulamts auszulegen ist und inwieweit sie auch für den Beklagten Bindungswirkung entfaltet (vgl dazu BVerwGE 130, 1 ff), ist danach ohne Belang. Ebenso spielt es in diesem Zusammenhang keine Rolle, dass sich der Beklagte mit der Beschulung in die B.-Schule einverstanden erklärt hat. Die Ausübung eines Wahlrechts, welche Schule besucht wird, hat nicht zur Folge, dass der Sozialhilfeträger ein etwaiges Schulgeld zahlen müsste.

18

Schulgeld wäre - abgesehen davon, dass es hier nicht Streitgegenstand ist (siehe oben) - auch nicht nach den Regelungen des Dritten bzw Vierten Kapitels des SGB XII zu erbringen. Entsprechende Leistungen könnten ggf zwar durch eine abweichende Festlegung des Regelsatzes nach § 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII in der bis 31.12.2010 geltenden alten Fassung erbracht werden, dies würde aber voraussetzen, dass der Bedarf unabweisbar seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abwiche. Der auf das Schulgeld gerichtete höhere Bedarf des Klägers wäre aber nicht unabweisbar. Nach den Feststellungen des LSG besteht für den Kläger eine gleichwertige und unentgeltliche Möglichkeit des Schulbesuchs an der Schule für praktisch Bildbare.

19

Die erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs ist nicht schon darin zu sehen, dass das LSG - ohne ausdrücklichen Hinweis - einer Entscheidung eines anderen Senats desselben Gerichts nicht folgt. Da der Kläger unter keinem denkbaren Gesichtspunkt einen Anspruch auf Zahlung des Schulgelds hat, erübrigt sich im Übrigen - weil absolute Revisionsgründe nicht geltend gemacht werden - ein weiteres Eingehen auf den vermeintlichen Verfahrensfehler. Gleiches gilt für die behauptete Gehörsverletzung durch Übergehen des Vortrags, der Beklagte habe sich mit der Beschulung in der B.-Schule einverstanden erklärt (dazu auch oben). Soweit schließlich moniert wird, das LSG habe nicht geprüft, ob die Aufnahme in der M.-Schule an Kapazitäts- oder anderen Gründen gescheitert wäre (Verletzung der Amtsaufklärungspflicht; § 103 SGG), hätte dargelegt werden müssen (§ 164 Abs 2 Satz 3 SGG), warum sich das LSG - trotz Zuweisung des Klägers in die M.-Schule und Streitgegenstandsbegrenzung auf die Eingliederungshilfe - hätte gedrängt fühlen müssen, entsprechende Ermittlungen anzustellen. Für die Eingliederungshilfe wäre jedenfalls eine entsprechende Klärung ohne Bedeutung.

20

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

(1) Ziel der Unterstützten Beschäftigung ist es, Leistungsberechtigten mit besonderem Unterstützungsbedarf eine angemessene, geeignete und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu ermöglichen und zu erhalten. Unterstützte Beschäftigung umfasst eine individuelle betriebliche Qualifizierung und bei Bedarf Berufsbegleitung.

(2) Leistungen zur individuellen betrieblichen Qualifizierung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um sie für geeignete betriebliche Tätigkeiten zu erproben, auf ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorzubereiten und bei der Einarbeitung und Qualifizierung auf einem betrieblichen Arbeitsplatz zu unterstützen. Die Leistungen umfassen auch die Vermittlung von berufsübergreifenden Lerninhalten und Schlüsselqualifikationen sowie die Weiterentwicklung der Persönlichkeit der Menschen mit Behinderungen. Die Leistungen werden vom zuständigen Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 für bis zu zwei Jahre erbracht, soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlich sind. Sie können bis zu einer Dauer von weiteren zwölf Monaten verlängert werden, wenn auf Grund der Art oder Schwere der Behinderung der gewünschte nachhaltige Qualifizierungserfolg im Einzelfall nicht anders erreicht werden kann und hinreichend gewährleistet ist, dass eine weitere Qualifizierung zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung führt.

(3) Leistungen der Berufsbegleitung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um nach Begründung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses die zu dessen Stabilisierung erforderliche Unterstützung und Krisenintervention zu gewährleisten. Die Leistungen werden bei Zuständigkeit eines Rehabilitationsträgers nach § 6 Absatz 1 Nummer 3 oder 5 von diesem, im Übrigen von dem Integrationsamt im Rahmen seiner Zuständigkeit erbracht, solange und soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung zur Sicherung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sind.

(4) Stellt der Rehabilitationsträger während der individuellen betrieblichen Qualifizierung fest, dass voraussichtlich eine anschließende Berufsbegleitung erforderlich ist, für die ein anderer Leistungsträger zuständig ist, beteiligt er diesen frühzeitig.

(5) Die Unterstützte Beschäftigung kann von Integrationsfachdiensten oder anderen Trägern durchgeführt werden. Mit der Durchführung kann nur beauftragt werden, wer über die erforderliche Leistungsfähigkeit verfügt, um seine Aufgaben entsprechend den individuellen Bedürfnissen der Menschen mit Behinderungen erfüllen zu können. Insbesondere müssen die Beauftragten

1.
über Fachkräfte verfügen, die eine geeignete Berufsqualifikation, eine psychosoziale oder arbeitspädagogische Zusatzqualifikation und eine ausreichende Berufserfahrung besitzen,
2.
in der Lage sein, den Menschen mit Behinderungen geeignete individuelle betriebliche Qualifizierungsplätze zur Verfügung zu stellen und ihre berufliche Eingliederung zu unterstützen,
3.
über die erforderliche räumliche und sächliche Ausstattung verfügen sowie
4.
ein System des Qualitätsmanagements im Sinne des § 37 Absatz 2 Satz 1 anwenden.

(6) Zur Konkretisierung und Weiterentwicklung der in Absatz 5 genannten Qualitätsanforderungen vereinbaren die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 sowie die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen im Rahmen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation eine gemeinsame Empfehlung. Die gemeinsame Empfehlung kann auch Ausführungen zu möglichen Leistungsinhalten und zur Zusammenarbeit enthalten. § 26 Absatz 4, 6 und 7 sowie § 27 gelten entsprechend.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 24. November 2011, soweit es über die Berufung im Verfahren - S 12 SO 33/09 - entschieden hat, aufgehoben und die Sache insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit sind noch die Kosten für die Anschaffung eines Kraftfahrzeugs (Kfz) Opel Vivaro (im April 2008).

2

Der 2003 geborene Kläger leidet an einer Lissenzephalie Typ I (durch eine Genmutation bewirkte, unvollständige Entwicklung des Gehirns). Er ist deshalb in seiner Entwicklung erheblich verzögert, auf den Rollstuhl angewiesen; er leidet zudem unter Epilepsie, verbunden mit Krampfanfällen. Ein Grad der Behinderung von 100 sowie die Merkzeichen "aG", "G", "B" und "H" sind festgestellt. Seit 1.12.2008 erhält er Pflegegeld von der Pflegekasse nach Pflegestufe III und wird zu Hause von seiner Mutter betreut, weil er wegen behinderungsbedingter Überforderung keinen Kindergarten besuchen kann. Der Vater des Klägers arbeitet an zwei bis drei Tagen pro Woche zu Hause, an den übrigen Wochentagen an seinem Dienstort. Für den Weg dorthin nutzte er ein - weiteres - Kfz.

3

Anfang Januar 2008 beantragte der Vater für den Kläger die Übernahme der Kosten für die Anschaffung eines behindertengerechten Kfz, um im Rollstuhl sitzend transportiert werden zu können. Seit der Geburt der Schwester könne der Rollstuhl nicht mehr (zusammen mit deren Kinderwagen) im Kofferraum des der Mutter zur Verfügung stehenden Kfz transportiert werden, ohne zuvor auseinandergenommen zu werden. Man sei auf ein zweites Fahrzeug angewiesen. Dieses werde für den Weg zu Therapien (therapeutisches Reiten, Krankengymnastik), für Arztbesuche, Ausflüge, Urlaube, den Besuch von Kultur- und Sportveranstaltungen sowie des Gottesdienstes und für Einkäufe und sonstige Erledigungen bei einer Gesamtfahrleistung von 1520 km pro Monat benötigt.

4

Im April 2008 erwarb der Kläger, finanziert durch den Vater, einen gebrauchten Opel Vivaro (Opel) zum Preis von 13 350 Euro, nachdem er dem Beklagten im März 2008 mitgeteilt hatte, das bisher von seiner Frau für Fahrten mit dem Kläger genutzte Kfz sei kaputtgegangen. Der Arbeitgeber des Vaters gab hierfür einen Zuschuss von 2500 Euro. Der Beklagte lehnte den Antrag auf Kostenübernahme für die Anschaffung des Opel ab (Bescheid vom 27.10.2008; Widerspruchsbescheid vom 11.2.2009).

5

Während die Klage erstinstanzlich insoweit erfolgreich war, als der Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide verurteilt worden ist, den Antrag des Klägers auf Übernahme von Leistungen der Eingliederungshilfe zur Beschaffung eines Kfz neu zu bescheiden (Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 5.5.2010, - S 12 SO 33/09), wies das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz auf die Berufung des Beklagten die mit dem Verfahren S 12 SO 119/09 (Übernahme von Kosten für Inspektion und Instandhaltung des Opel) verbundene Klage ab (Urteil vom 24.11.2011). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, der Kläger sei nicht zur Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft ständig auf ein Fahrzeug angewiesen. Fahrten zu Ärzten seien ohne Bedeutung, weil entsprechende Aufwendungen von der Krankenkasse zu tragen seien. Dies gelte grundsätzlich auch für Fahrten zum therapeutischen Reiten, selbst wenn die Krankenkasse die Therapiekosten nicht, die Beihilfestelle des Vaters des Klägers die Kosten nur zu 80 % übernehme. Einkaufsfahrten könnten auch ohne den Kläger durchgeführt werden, weil der Vater regelmäßig zu Hause arbeite und seine Betreuung damit sichergestellt sei. Für die Teilhabe im Übrigen genüge das Angebot des Beklagten, den Behindertenfahrdienst in Anspruch nehmen zu können, weil damit soziale Kontakte im näheren Umfeld gepflegt werden könnten. Überörtliche Mobilität sicherzustellen sei nicht das Ziel der Eingliederungshilfe. Auch Personen, die nicht behindert seien, denen aber aus wirtschaftlichen oder familiären Gründen kein Kfz zur Verfügung stehe, könnten am überörtlichen sozialen Leben nicht oder nur bedingt teilhaben. Weitere Aktivitäten über das örtliche Umfeld hinaus seien folglich ggf förderlich, nicht aber notwendig im sozialhilferechtlichen Sinn. Die Grundversorgung des Klägers sei nicht zuletzt durch die wohnumfeldverbessernden Maßnahmen, die der Beklagte gefördert habe, gesichert.

6

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung der § 53 Abs 1 Satz 1, § 54 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII), § 55 Abs 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) iVm § 8 Abs 1 der Verordnung nach § 60 SGB XII (Eingliederungshilfe-Verordnung) sowie der Grundsätze der UN-Behindertenrechtskonvention. Das LSG habe verkannt, dass das Ziel der Eingliederungshilfe nicht die Gleichstellung behinderter und nicht behinderter Sozialhilfeempfänger, sondern behinderter und nicht behinderter Menschen ohne Rücksicht auf ihre Bedürftigkeit sei. An das "Angewiesensein zur Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft" seien keine strengeren Anforderungen zu stellen als an die Teilhabe am Arbeitsleben. Das "Angewiesensein" sei für jeden Einzelfall aufgrund Art und Ausmaß der bestehenden Behinderung in zeitlicher und tatsächlicher Hinsicht zu überprüfen. Erst durch die mithilfe eines Kfz gesicherte Mobilität werde ihm eine menschenwürdige Entwicklung und Persönlichkeitsbildung ermöglicht.

7

Der Kläger beantragt, nachdem er in der mündlichen Verhandlung seine Revision bezogen auf das ursprünglich unter dem Aktenzeichen S 12 SO 119/09 geführte Verfahren zurückgenommen hat,

        

das Urteil des LSG abzuändern und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG - S 12 SO 33/09 - zurückzuweisen.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung des Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz), weil tatsächliche Feststellungen des LSG (§ 163 SGG)für eine abschließende Entscheidung fehlen.

11

Gegenstand des Verfahrens ist, nachdem der Kläger die Revision hinsichtlich der im ursprünglichen Verfahren S 12 SO 119/09 noch streitbefangenen Ansprüche zurückgenommen hat, nur noch der Bescheid vom 27.10.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.2.2009 (§ 95 SGG), mit dem der Beklagte abgelehnt hat, die Kosten für die Anschaffung des Opel zu erstatten. Dagegen hat sich der Kläger bei zutreffender Auslegung seines Begehrens eigentlich mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1, § 56 SGG) gewandt, gerichtet auf Erlass eines Grundurteils (§ 130 Abs 1 Satz 1 SGG). In der mündlichen Verhandlung vor dem SG hatte der Kläger allerdings lediglich den Antrag formuliert, die angefochtenen Bescheide aufzuheben und den Beklagten zur Neubescheidung seines Antrags zu verurteilen (kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsbescheidungsklage, § 54 Abs 1, § 131 Abs 2 Satz 2 iVm Abs 3 SGG), wozu das SG den Beklagten auch verurteilt hat. Da der Kläger nicht in Berufung gegangen ist, ist eine weiter gehende Entscheidung nicht möglich.

12

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Anschaffung des Opel gegen den gemäß § 98 Abs 1, § 97 Abs 1 SGB XII örtlich und sachlich zuständigen Landkreis Neuwied als örtlichen Träger der Sozialhilfe(§ 3 Abs 2 SGB XII, § 1 Landesgesetz zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch SGB XII vom 22.12.2004 - Gesetz- und Verordnungsblatt 571; zur eigenständigen Prüfung des Landesrechts ist der Senat mangels Berücksichtigung durch das LSG befugt - vgl nur BSGE 103, 39 ff RdNr 12 = SozR 4-2800 § 10 Nr 1; ob der Kreis nach § 3 Abs 1 AGSGB XII durch Satzung eine Verbandsgemeinde oder verbandsfreie Gemeinde zur eigenständigen Erledigung der Aufgaben der Sozialhilfe herangezogen hat, wird das LSG allerdings noch zu prüfen haben) ist § 19 Abs 3(idF, die die Norm durch das Gesetz zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 20.4.2007 - BGBl I 554 - erhalten hat) iVm § 53 Abs 1 Satz 1 und § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII(beide idF, die die Normen durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022 - erhalten haben), § 55 SGB IX und § 8 Eingliederungshilfe-VO(idF, die die Norm durch das Gesetz vom 27.12.2003 erhalten hat; zur Unanwendbarkeit des § 15 Abs 1 Satz 4 SGB IX in diesen Fällen vgl: BSGE 103, 171 ff RdNr 12 = SozR 4-3500 § 54 Nr 5; BSG SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 20). Ob der Beklagte allgemein bestimmt hat, dass im Widerspruchsverfahren sozial erfahrene Dritte (§ 116 SGB XII) zu beteiligen sind (vgl § 12 AGSGB XII), mag das LSG hingegen noch verifizieren. Da sich der geltend gemachte Anspruch auf eine Geldleistung richtet, ist es rechtlich unerheblich, dass der Kläger den Opel schon vor Erlass des Ablehnungsbescheids gekauft hat; deshalb stehen §§ 2, 18 SGB XII (Nachrang der Sozialhilfe; Leistung erst ab Kenntnis des Sozialhilfeträgers) einer Leistungsgewährung nicht entgegen (BSG SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 21). Nur für die Frage, ob ein Leistungsanspruch besteht, ist auf die Rechtslage im Zeitpunkt der Entstehung (Fälligkeit) der Kosten (April 2008) abzustellen (BSG, aaO, RdNr 19). Einem Kostenerstattungsanspruch steht nicht entgegen, dass der Vater bzw die Eltern des Klägers die angefallenen Kosten bereits gezahlt hat bzw haben (dazu ausführlich BSGE 112, 67 ff RdNr 25 = SozR 4-3500 § 92 Nr 1).

13

Der Kläger erfüllt die personenbezogenen Voraussetzungen des § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII, wonach Leistungen der Eingliederungshilfe - als gebundene Leistung(BSG SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 25)- (nur) an Personen erbracht werden, die durch eine Behinderung iS des § 2 Abs 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art und Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Denn der Kläger ist durch seine Gehbehinderung in seiner körperlichen (§ 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII iVm § 1 Nr 4 Eingliederungshilfe-VO)und durch die unvollständige Entwicklung seines Gehirns auch in seiner geistigen Funktion wesentlich (zur Wesentlichkeit vgl nur BSGE 112, 196 ff RdNr 14 mwN = SozR 4-3500 § 54 Nr 10) behindert (§ 2 Abs 1 SGB IX, § 2 Eingliederungshilfe-VO).

14

Ob er allerdings iS des § 8 Abs 1 Satz 2 Eingliederungshilfe-VO auf den Opel zur Eingliederung in die Gemeinschaft tatsächlich angewiesen ist, kann der Senat wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen des LSG(§ 163 SGG)nicht abschließend beurteilen. Die Leistungen der Eingliederungshilfe werden durch § 54 Abs 1 SGB XII iVm §§ 26, 33, 41 und 55 SGB IX und durch die auf der Ermächtigungsgrundlage des § 60 SGB XII erlassene Eingliederungshilfe-VO konkretisiert. Die Hilfe zur Beschaffung eines Kfz wird nach § 8 Abs 1 Satz 1 Eingliederungshilfe-VO iVm Satz 2 in angemessenem Umfang gewährt, wenn der behinderte Mensch wegen Art oder Schwere seiner Behinderung insbesondere zur Teilhabe am Arbeitsleben auf die Benutzung des Kfz angewiesen ist.

15

In Hinblick auf das bei jeder Eingliederungsmaßnahme zu prüfende Merkmal der Notwendigkeit (§ 4 Abs 1 SGB IX)ist dies nur zu bejahen, wenn das Kfz als grundsätzlich geeignete Eingliederungsmaßnahme unentbehrlich zum Erreichen der Eingliederungsziele ist (BSGE 112, 67 ff RdNr 14 = SozR 4-3500 § 92 Nr 1), die darin liegen (vgl § 53 Abs 3 Satz 1 SGB XII), eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und den behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Dabei ist dem behinderten Menschen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihm die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder ihn so weit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen (§ 53 Abs 2 Satz 2 SGB XII, § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII iVm § 55 Abs 1 SGB IX). In welchem Maß und durch welche Aktivitäten ein behinderter Mensch am Leben in der Gemeinschaft teilnimmt, ist abhängig von seinen individuellen Bedürfnissen unter Berücksichtigung seiner Wünsche (§ 9 Abs 2 SGB XII), bei behinderten Kindern der Wünsche seiner Eltern, orientiert am Kindeswohl nach den Umständen des Einzelfalls. Es gilt mithin ein individueller und personenzentrierter Maßstab, der regelmäßig einer pauschalierenden Betrachtung des Hilfefalls entgegensteht (BSG SozR 4-3500 § 54 Nr 6 RdNr 22; SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 25 f).

16

Danach war vorliegend die Anschaffung des Kfz zum Erreichen der Eingliederungsziele grundsätzlich geeignet. Denn der Kläger benötigte ein Kfz, um mehrmals die Woche an einem therapeutischen Reiten teilzunehmen, regelmäßig Ausflüge in den Park zu unternehmen und Verwandten- und Bekanntenbesuche durchzuführen, Kultur- und Sportveranstaltungen sowie den Gottesdienst zu besuchen und seine Eltern bei Einkäufen und sonstigen Erledigungen zu begleiten. Ob Fahrten zum Einkaufen auch ohne den Kläger hätten durchgeführt werden können oder die Fahrten in ihrer Häufigkeit nicht denen mit nicht behinderten Kindern entsprachen, ist entgegen der Auffassung des LSG im Hinblick auf den anzulegenden individuellen Maßstab ohne Belang. Insbesondere ist hinsichtlich des Vergleichsmaßstabs für den Umfang der gesellschaftlichen Kontakte hier der Umstand wesentlich zu beachten, dass der Kläger wegen der Schwere seiner Behinderung keinen Kindergarten und keine Schule besuchen konnte, ihm also lediglich Aktivitäten außerhalb dieses gesellschaftlichen Bereichs verblieben, um überhaupt am Leben in der Gemeinschaft teilzuhaben. Deshalb können Einkaufsfahrten oder regelmäßige Besuche von Verwandten und Freunden zur Teilhabe erforderlich gewesen sein, wenn auf andere Art und Weise ein Erleben von üblichen gesellschaftlichen Kontakten mit Menschen außerhalb der Familie und das Erlernen von entsprechenden Umgangsformen und Verhaltensweisen nicht hinreichend möglich waren und die Fahrten gerade deshalb mit dem Kläger unternommen wurden. Insoweit gingen seine zu berücksichtigenden Teilhabebedürfnisse über die eines nicht behinderten nicht sozialhilfebedürftigen Kindes gleichen Alters - das die maßgebliche Vergleichsgruppe darstellt - hinaus. Die Auffassung des LSG, der Kläger hätte sich mit einer Integration in das nähere häusliche Umfeld begnügen müssen, für die kein Kfz benötigt werde, steht mit dem anzulegenden Prüfungsmaßstab nicht in Einklang. Ebenso wenig muss sich der Kläger darauf verweisen lassen, ihm habe zu Hause ein Therapieraum zur Verfügung gestanden, der neben anderen Leistungen sog ambulanter Hilfe (zB Frühförderung, sonstiger Umbaumaßnahmen) eine Förderung seiner Entwicklung zugelassen habe. Ohnedies ist nicht erkennbar, inwieweit diese Hilfen überhaupt auf die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft gerichtet waren. Wie ausgeführt, bestimmen zudem nicht die Vorstellungen des Beklagten die Reichweite und Häufigkeit der Teilhabe des behinderten Menschen, sondern dessen angemessene Wünsche; für eine "Saldierung" von Leistungen existiert keine Rechtsgrundlage. Irrelevant ist außerdem, ob von dritter Seite, zB der Krankenkasse, eine bestimmte Zahl von Fahrten mit dem eigenen Kfz finanziert wurde, weil dies die Regelmäßigkeit der übrigen Fahrten nicht berührt und auf deren Notwendigkeit keinen Einfluss hat. Der Senat setzt sich damit auch nicht in Widerspruch zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, nach der das Angewiesensein auf ein Kfz eine ständige, nicht nur vereinzelte oder nur gelegentliche Nutzung voraussetzen soll (BVerwGE 55, 31, 33; 111, 328, 330 f).

17

Es fehlen jedoch tatsächliche Feststellungen des LSG dazu (§ 163 SGG), ob die Anschaffung des Opel unentbehrlich zum Erreichen der Eingliederungsziele war oder ob andere Möglichkeiten als die Benutzung eines Kfz zur Verwirklichung der Teilhabeziele zumutbar hätten genutzt werden können. Das Angewiesensein auf ein Kfz wäre nämlich dann zu verneinen, wenn die Teilhabeziele mit dem öffentlichen Personennahverkehr und ggf unter ergänzender Inanspruchnahme des Behindertenfahrdienstes zumutbar hätten verwirklicht werden können. Dabei wird neben regelmäßigen Verkehrszeiten zB auch die praktische Möglichkeit der Benutzung des Verkehrsmittels mit einem Rollstuhl zu berücksichtigen sein. Sollten die Ermittlungen ergeben, dass entsprechende Alternativen nicht oder nicht ausreichend bestanden haben, war der Kläger auf ein Kfz angewiesen.

18

In diesem Fall könnte dem Anspruch auf Kostenerstattung allerdings noch entgegenstehen, dass im Zeitpunkt der Anschaffung des Opel bereits ein (Familien-)Fahrzeug vorhanden war, mit dem der Vater zwar seinen Weg zur Arbeit zurücklegte, das aber nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) unter der Woche an zwei bis drei Tagen sowie am Wochenende für Dienstfahrten nicht benötigt wurde. Dass dieses Fahrzeug nicht im Eigentum des Klägers stand, ist unerheblich. Es ist eine Gesamtbetrachtung der Verhältnisse der Einstandsgemeinschaft geboten. Der Kläger war nämlich schon rein tatsächlich auch bei einem aus Sozialhilfemitteln angeschafften Kfz, immer auf die Unterstützung der Eltern zur Erreichung der Teilhabeziele angewiesen, weil er das Fahrzeug selbst gar nicht führen konnte. Dies entspricht dem Regelungskonzept des SGB XII, das ua in § 16 SGB XII mit dem Gebot familiengerechter Leistungen und in § 19 Abs 3 SGB XII zum Ausdruck kommt, wonach bei minderjährigen Kindern auch auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Eltern abzustellen ist(dazu gleich). Das umfassende Prinzip familiärer Solidarität mit der Pflicht zu Beistand und Rücksicht ist auch Grundlage der gesamten Ausgestaltung des Eltern-Kind-Verhältnisses im Bürgerlichen Gesetzbuch - BGB - (vgl § 1618a BGB; dazu Palandt, BGB, 73. Aufl 2014, § 1618a RdNr 1).

19

Sollte das Fahrzeug seiner Größe und Beschaffenheit nach - ggf nach einem behindertengerechten Umbau (§ 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-VO) - geeignet gewesen sein, damit auch den Kläger zu transportieren und durfte es - falls es sich um ein Dienstfahrzeug gehandelt hat - auch privat genutzt werden, wäre der Kläger weiterhin auf ein Kfz, nicht aber auf das Kfz (den Opel) angewiesen gewesen, für dessen Anschaffung er die Erstattung der Kosten begehrt. Denn er hätte wie Familien der maßgeblichen Vergleichsgruppe dann darauf verwiesen werden können, Termine so zu legen, dass das regelmäßig unter der Woche und an den Wochenenden zur Verfügung stehende Kfz für die Verwirklichung seiner Teilhabeziele eingesetzt wird, sollte dies auch behinderungsbedingt möglich gewesen sein und es zB keine Überforderung des Klägers mit sich gebracht haben, wenn verschiedene Termine auf einen Tag hätten gelegt werden müssen.

20

War das Kfz des Vaters hingegen nicht für Fahrten mit dem Kläger geeignet oder - wenn es sich um ein Dienstfahrzeug handelte - die private Nutzung nicht zugelassen, hätte der Beklagte ggf verlangen können, dass das vorhandene, nicht behindertengerechte Fahrzeug verkauft werde, um den Erlös zur Anschaffung eines angemessenen, behindertengerechten Fahrzeugs einzusetzen und damit das Teilhabeziel gleichermaßen zu erreichen. In diesem Fall hätte der Beklagte anstelle des Zuschusses nach § 8 Abs 1 Eingliederungshilfe-VO im Rahmen seines Ermessens gemäß § 8 Abs 2 Eingliederungshilfe-VO, der eine Ausprägung des Nachranggrundsatzes(§ 2 SGB XII) ist, Leistungen (ggf nur teilweise) als Darlehen zu gewähren brauchen. Der Verkauf des Fahrzeugs hätte insoweit eine Art der zumutbaren Selbsthilfe dargestellt.

21

Der Senat kann auch nicht abschließend beurteilen, ob der Kläger bedürftig war. Nach § 19 Abs 3 SGB XII ist Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nur zu leisten, soweit den Leistungsberechtigten und, wenn sie - wie hier der Kläger - minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach dem 11. Kapitel des SGB XII nicht zuzumuten ist, wozu bislang ebenfalls noch keine Feststellungen getroffen worden sind. Diese sind nicht entbehrlich, denn es handelt sich bei den Kosten für die Anschaffung des Opel nicht um eine privilegierte Hilfe zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB XII(zum Verhältnis von § 92 Abs 1 und Abs 2 Senatsurteil vom 22.3.2012 - B 8 SO 30/10 R -, BSGE 110, 301 ff RdNr 28 = SozR 4-3500 § 54 Nr 8). Hierfür wären spezifische, an der Person des behinderten Menschen ansetzende Maßnahmen notwendig, auf die die Hilfen ausgerichtet sein müssten; darüber hinaus müsste der Schwerpunkt der Hilfen bei spezifischen Bildungszielen liegen (ausführlich Senatsurteil vom 20.9.2012 - B 8 SO 15/11 R -, BSGE 112, 67 ff RdNr 20 = SozR 4-3500 § 92 Nr 1). An einem derartigen Personenbezug fehlt es aber bei der Hilfe zur Beschaffung eines Kfz.

22

Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Die Leistungen zur Teilhabe umfassen die notwendigen Sozialleistungen, um unabhängig von der Ursache der Behinderung

1.
die Behinderung abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern,
2.
Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit oder Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern oder eine Verschlimmerung zu verhüten sowie den vorzeitigen Bezug anderer Sozialleistungen zu vermeiden oder laufende Sozialleistungen zu mindern,
3.
die Teilhabe am Arbeitsleben entsprechend den Neigungen und Fähigkeiten dauerhaft zu sichern oder
4.
die persönliche Entwicklung ganzheitlich zu fördern und die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft sowie eine möglichst selbständige und selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen oder zu erleichtern.

(2) Die Leistungen zur Teilhabe werden zur Erreichung der in Absatz 1 genannten Ziele nach Maßgabe dieses Buches und der für die zuständigen Leistungsträger geltenden besonderen Vorschriften neben anderen Sozialleistungen erbracht. Die Leistungsträger erbringen die Leistungen im Rahmen der für sie geltenden Rechtsvorschriften nach Lage des Einzelfalles so vollständig, umfassend und in gleicher Qualität, dass Leistungen eines anderen Trägers möglichst nicht erforderlich werden.

(3) Leistungen für Kinder mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohte Kinder werden so geplant und gestaltet, dass nach Möglichkeit Kinder nicht von ihrem sozialen Umfeld getrennt und gemeinsam mit Kindern ohne Behinderungen betreut werden können. Dabei werden Kinder mit Behinderungen alters- und entwicklungsentsprechend an der Planung und Ausgestaltung der einzelnen Hilfen beteiligt und ihre Sorgeberechtigten intensiv in Planung und Gestaltung der Hilfen einbezogen.

(4) Leistungen für Mütter und Väter mit Behinderungen werden gewährt, um diese bei der Versorgung und Betreuung ihrer Kinder zu unterstützen.

(1) Ziel der Unterstützten Beschäftigung ist es, Leistungsberechtigten mit besonderem Unterstützungsbedarf eine angemessene, geeignete und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu ermöglichen und zu erhalten. Unterstützte Beschäftigung umfasst eine individuelle betriebliche Qualifizierung und bei Bedarf Berufsbegleitung.

(2) Leistungen zur individuellen betrieblichen Qualifizierung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um sie für geeignete betriebliche Tätigkeiten zu erproben, auf ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorzubereiten und bei der Einarbeitung und Qualifizierung auf einem betrieblichen Arbeitsplatz zu unterstützen. Die Leistungen umfassen auch die Vermittlung von berufsübergreifenden Lerninhalten und Schlüsselqualifikationen sowie die Weiterentwicklung der Persönlichkeit der Menschen mit Behinderungen. Die Leistungen werden vom zuständigen Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 für bis zu zwei Jahre erbracht, soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlich sind. Sie können bis zu einer Dauer von weiteren zwölf Monaten verlängert werden, wenn auf Grund der Art oder Schwere der Behinderung der gewünschte nachhaltige Qualifizierungserfolg im Einzelfall nicht anders erreicht werden kann und hinreichend gewährleistet ist, dass eine weitere Qualifizierung zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung führt.

(3) Leistungen der Berufsbegleitung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um nach Begründung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses die zu dessen Stabilisierung erforderliche Unterstützung und Krisenintervention zu gewährleisten. Die Leistungen werden bei Zuständigkeit eines Rehabilitationsträgers nach § 6 Absatz 1 Nummer 3 oder 5 von diesem, im Übrigen von dem Integrationsamt im Rahmen seiner Zuständigkeit erbracht, solange und soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung zur Sicherung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sind.

(4) Stellt der Rehabilitationsträger während der individuellen betrieblichen Qualifizierung fest, dass voraussichtlich eine anschließende Berufsbegleitung erforderlich ist, für die ein anderer Leistungsträger zuständig ist, beteiligt er diesen frühzeitig.

(5) Die Unterstützte Beschäftigung kann von Integrationsfachdiensten oder anderen Trägern durchgeführt werden. Mit der Durchführung kann nur beauftragt werden, wer über die erforderliche Leistungsfähigkeit verfügt, um seine Aufgaben entsprechend den individuellen Bedürfnissen der Menschen mit Behinderungen erfüllen zu können. Insbesondere müssen die Beauftragten

1.
über Fachkräfte verfügen, die eine geeignete Berufsqualifikation, eine psychosoziale oder arbeitspädagogische Zusatzqualifikation und eine ausreichende Berufserfahrung besitzen,
2.
in der Lage sein, den Menschen mit Behinderungen geeignete individuelle betriebliche Qualifizierungsplätze zur Verfügung zu stellen und ihre berufliche Eingliederung zu unterstützen,
3.
über die erforderliche räumliche und sächliche Ausstattung verfügen sowie
4.
ein System des Qualitätsmanagements im Sinne des § 37 Absatz 2 Satz 1 anwenden.

(6) Zur Konkretisierung und Weiterentwicklung der in Absatz 5 genannten Qualitätsanforderungen vereinbaren die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 sowie die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen im Rahmen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation eine gemeinsame Empfehlung. Die gemeinsame Empfehlung kann auch Ausführungen zu möglichen Leistungsinhalten und zur Zusammenarbeit enthalten. § 26 Absatz 4, 6 und 7 sowie § 27 gelten entsprechend.

(1) Die Leistungen richten sich nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach der Art des Bedarfs, den örtlichen Verhältnissen, den eigenen Kräften und Mitteln der Person oder des Haushalts bei der Hilfe zum Lebensunterhalt.

(2) Wünschen der Leistungsberechtigten, die sich auf die Gestaltung der Leistung richten, soll entsprochen werden, soweit sie angemessen sind. Wünschen der Leistungsberechtigten, den Bedarf stationär oder teilstationär zu decken, soll nur entsprochen werden, wenn dies nach der Besonderheit des Einzelfalles erforderlich ist, weil anders der Bedarf nicht oder nicht ausreichend gedeckt werden kann und wenn mit der Einrichtung Vereinbarungen nach den Vorschriften des Zehnten Kapitels dieses Buches bestehen. Der Träger der Sozialhilfe soll in der Regel Wünschen nicht entsprechen, deren Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wäre.

(3) Auf Wunsch der Leistungsberechtigten sollen sie in einer Einrichtung untergebracht werden, in der sie durch Geistliche ihres Bekenntnisses betreut werden können.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 24. November 2011, soweit es über die Berufung im Verfahren - S 12 SO 33/09 - entschieden hat, aufgehoben und die Sache insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit sind noch die Kosten für die Anschaffung eines Kraftfahrzeugs (Kfz) Opel Vivaro (im April 2008).

2

Der 2003 geborene Kläger leidet an einer Lissenzephalie Typ I (durch eine Genmutation bewirkte, unvollständige Entwicklung des Gehirns). Er ist deshalb in seiner Entwicklung erheblich verzögert, auf den Rollstuhl angewiesen; er leidet zudem unter Epilepsie, verbunden mit Krampfanfällen. Ein Grad der Behinderung von 100 sowie die Merkzeichen "aG", "G", "B" und "H" sind festgestellt. Seit 1.12.2008 erhält er Pflegegeld von der Pflegekasse nach Pflegestufe III und wird zu Hause von seiner Mutter betreut, weil er wegen behinderungsbedingter Überforderung keinen Kindergarten besuchen kann. Der Vater des Klägers arbeitet an zwei bis drei Tagen pro Woche zu Hause, an den übrigen Wochentagen an seinem Dienstort. Für den Weg dorthin nutzte er ein - weiteres - Kfz.

3

Anfang Januar 2008 beantragte der Vater für den Kläger die Übernahme der Kosten für die Anschaffung eines behindertengerechten Kfz, um im Rollstuhl sitzend transportiert werden zu können. Seit der Geburt der Schwester könne der Rollstuhl nicht mehr (zusammen mit deren Kinderwagen) im Kofferraum des der Mutter zur Verfügung stehenden Kfz transportiert werden, ohne zuvor auseinandergenommen zu werden. Man sei auf ein zweites Fahrzeug angewiesen. Dieses werde für den Weg zu Therapien (therapeutisches Reiten, Krankengymnastik), für Arztbesuche, Ausflüge, Urlaube, den Besuch von Kultur- und Sportveranstaltungen sowie des Gottesdienstes und für Einkäufe und sonstige Erledigungen bei einer Gesamtfahrleistung von 1520 km pro Monat benötigt.

4

Im April 2008 erwarb der Kläger, finanziert durch den Vater, einen gebrauchten Opel Vivaro (Opel) zum Preis von 13 350 Euro, nachdem er dem Beklagten im März 2008 mitgeteilt hatte, das bisher von seiner Frau für Fahrten mit dem Kläger genutzte Kfz sei kaputtgegangen. Der Arbeitgeber des Vaters gab hierfür einen Zuschuss von 2500 Euro. Der Beklagte lehnte den Antrag auf Kostenübernahme für die Anschaffung des Opel ab (Bescheid vom 27.10.2008; Widerspruchsbescheid vom 11.2.2009).

5

Während die Klage erstinstanzlich insoweit erfolgreich war, als der Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide verurteilt worden ist, den Antrag des Klägers auf Übernahme von Leistungen der Eingliederungshilfe zur Beschaffung eines Kfz neu zu bescheiden (Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 5.5.2010, - S 12 SO 33/09), wies das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz auf die Berufung des Beklagten die mit dem Verfahren S 12 SO 119/09 (Übernahme von Kosten für Inspektion und Instandhaltung des Opel) verbundene Klage ab (Urteil vom 24.11.2011). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, der Kläger sei nicht zur Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft ständig auf ein Fahrzeug angewiesen. Fahrten zu Ärzten seien ohne Bedeutung, weil entsprechende Aufwendungen von der Krankenkasse zu tragen seien. Dies gelte grundsätzlich auch für Fahrten zum therapeutischen Reiten, selbst wenn die Krankenkasse die Therapiekosten nicht, die Beihilfestelle des Vaters des Klägers die Kosten nur zu 80 % übernehme. Einkaufsfahrten könnten auch ohne den Kläger durchgeführt werden, weil der Vater regelmäßig zu Hause arbeite und seine Betreuung damit sichergestellt sei. Für die Teilhabe im Übrigen genüge das Angebot des Beklagten, den Behindertenfahrdienst in Anspruch nehmen zu können, weil damit soziale Kontakte im näheren Umfeld gepflegt werden könnten. Überörtliche Mobilität sicherzustellen sei nicht das Ziel der Eingliederungshilfe. Auch Personen, die nicht behindert seien, denen aber aus wirtschaftlichen oder familiären Gründen kein Kfz zur Verfügung stehe, könnten am überörtlichen sozialen Leben nicht oder nur bedingt teilhaben. Weitere Aktivitäten über das örtliche Umfeld hinaus seien folglich ggf förderlich, nicht aber notwendig im sozialhilferechtlichen Sinn. Die Grundversorgung des Klägers sei nicht zuletzt durch die wohnumfeldverbessernden Maßnahmen, die der Beklagte gefördert habe, gesichert.

6

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung der § 53 Abs 1 Satz 1, § 54 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII), § 55 Abs 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) iVm § 8 Abs 1 der Verordnung nach § 60 SGB XII (Eingliederungshilfe-Verordnung) sowie der Grundsätze der UN-Behindertenrechtskonvention. Das LSG habe verkannt, dass das Ziel der Eingliederungshilfe nicht die Gleichstellung behinderter und nicht behinderter Sozialhilfeempfänger, sondern behinderter und nicht behinderter Menschen ohne Rücksicht auf ihre Bedürftigkeit sei. An das "Angewiesensein zur Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft" seien keine strengeren Anforderungen zu stellen als an die Teilhabe am Arbeitsleben. Das "Angewiesensein" sei für jeden Einzelfall aufgrund Art und Ausmaß der bestehenden Behinderung in zeitlicher und tatsächlicher Hinsicht zu überprüfen. Erst durch die mithilfe eines Kfz gesicherte Mobilität werde ihm eine menschenwürdige Entwicklung und Persönlichkeitsbildung ermöglicht.

7

Der Kläger beantragt, nachdem er in der mündlichen Verhandlung seine Revision bezogen auf das ursprünglich unter dem Aktenzeichen S 12 SO 119/09 geführte Verfahren zurückgenommen hat,

        

das Urteil des LSG abzuändern und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG - S 12 SO 33/09 - zurückzuweisen.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung des Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz), weil tatsächliche Feststellungen des LSG (§ 163 SGG)für eine abschließende Entscheidung fehlen.

11

Gegenstand des Verfahrens ist, nachdem der Kläger die Revision hinsichtlich der im ursprünglichen Verfahren S 12 SO 119/09 noch streitbefangenen Ansprüche zurückgenommen hat, nur noch der Bescheid vom 27.10.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.2.2009 (§ 95 SGG), mit dem der Beklagte abgelehnt hat, die Kosten für die Anschaffung des Opel zu erstatten. Dagegen hat sich der Kläger bei zutreffender Auslegung seines Begehrens eigentlich mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1, § 56 SGG) gewandt, gerichtet auf Erlass eines Grundurteils (§ 130 Abs 1 Satz 1 SGG). In der mündlichen Verhandlung vor dem SG hatte der Kläger allerdings lediglich den Antrag formuliert, die angefochtenen Bescheide aufzuheben und den Beklagten zur Neubescheidung seines Antrags zu verurteilen (kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsbescheidungsklage, § 54 Abs 1, § 131 Abs 2 Satz 2 iVm Abs 3 SGG), wozu das SG den Beklagten auch verurteilt hat. Da der Kläger nicht in Berufung gegangen ist, ist eine weiter gehende Entscheidung nicht möglich.

12

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Anschaffung des Opel gegen den gemäß § 98 Abs 1, § 97 Abs 1 SGB XII örtlich und sachlich zuständigen Landkreis Neuwied als örtlichen Träger der Sozialhilfe(§ 3 Abs 2 SGB XII, § 1 Landesgesetz zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch SGB XII vom 22.12.2004 - Gesetz- und Verordnungsblatt 571; zur eigenständigen Prüfung des Landesrechts ist der Senat mangels Berücksichtigung durch das LSG befugt - vgl nur BSGE 103, 39 ff RdNr 12 = SozR 4-2800 § 10 Nr 1; ob der Kreis nach § 3 Abs 1 AGSGB XII durch Satzung eine Verbandsgemeinde oder verbandsfreie Gemeinde zur eigenständigen Erledigung der Aufgaben der Sozialhilfe herangezogen hat, wird das LSG allerdings noch zu prüfen haben) ist § 19 Abs 3(idF, die die Norm durch das Gesetz zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 20.4.2007 - BGBl I 554 - erhalten hat) iVm § 53 Abs 1 Satz 1 und § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII(beide idF, die die Normen durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022 - erhalten haben), § 55 SGB IX und § 8 Eingliederungshilfe-VO(idF, die die Norm durch das Gesetz vom 27.12.2003 erhalten hat; zur Unanwendbarkeit des § 15 Abs 1 Satz 4 SGB IX in diesen Fällen vgl: BSGE 103, 171 ff RdNr 12 = SozR 4-3500 § 54 Nr 5; BSG SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 20). Ob der Beklagte allgemein bestimmt hat, dass im Widerspruchsverfahren sozial erfahrene Dritte (§ 116 SGB XII) zu beteiligen sind (vgl § 12 AGSGB XII), mag das LSG hingegen noch verifizieren. Da sich der geltend gemachte Anspruch auf eine Geldleistung richtet, ist es rechtlich unerheblich, dass der Kläger den Opel schon vor Erlass des Ablehnungsbescheids gekauft hat; deshalb stehen §§ 2, 18 SGB XII (Nachrang der Sozialhilfe; Leistung erst ab Kenntnis des Sozialhilfeträgers) einer Leistungsgewährung nicht entgegen (BSG SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 21). Nur für die Frage, ob ein Leistungsanspruch besteht, ist auf die Rechtslage im Zeitpunkt der Entstehung (Fälligkeit) der Kosten (April 2008) abzustellen (BSG, aaO, RdNr 19). Einem Kostenerstattungsanspruch steht nicht entgegen, dass der Vater bzw die Eltern des Klägers die angefallenen Kosten bereits gezahlt hat bzw haben (dazu ausführlich BSGE 112, 67 ff RdNr 25 = SozR 4-3500 § 92 Nr 1).

13

Der Kläger erfüllt die personenbezogenen Voraussetzungen des § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII, wonach Leistungen der Eingliederungshilfe - als gebundene Leistung(BSG SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 25)- (nur) an Personen erbracht werden, die durch eine Behinderung iS des § 2 Abs 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art und Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Denn der Kläger ist durch seine Gehbehinderung in seiner körperlichen (§ 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII iVm § 1 Nr 4 Eingliederungshilfe-VO)und durch die unvollständige Entwicklung seines Gehirns auch in seiner geistigen Funktion wesentlich (zur Wesentlichkeit vgl nur BSGE 112, 196 ff RdNr 14 mwN = SozR 4-3500 § 54 Nr 10) behindert (§ 2 Abs 1 SGB IX, § 2 Eingliederungshilfe-VO).

14

Ob er allerdings iS des § 8 Abs 1 Satz 2 Eingliederungshilfe-VO auf den Opel zur Eingliederung in die Gemeinschaft tatsächlich angewiesen ist, kann der Senat wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen des LSG(§ 163 SGG)nicht abschließend beurteilen. Die Leistungen der Eingliederungshilfe werden durch § 54 Abs 1 SGB XII iVm §§ 26, 33, 41 und 55 SGB IX und durch die auf der Ermächtigungsgrundlage des § 60 SGB XII erlassene Eingliederungshilfe-VO konkretisiert. Die Hilfe zur Beschaffung eines Kfz wird nach § 8 Abs 1 Satz 1 Eingliederungshilfe-VO iVm Satz 2 in angemessenem Umfang gewährt, wenn der behinderte Mensch wegen Art oder Schwere seiner Behinderung insbesondere zur Teilhabe am Arbeitsleben auf die Benutzung des Kfz angewiesen ist.

15

In Hinblick auf das bei jeder Eingliederungsmaßnahme zu prüfende Merkmal der Notwendigkeit (§ 4 Abs 1 SGB IX)ist dies nur zu bejahen, wenn das Kfz als grundsätzlich geeignete Eingliederungsmaßnahme unentbehrlich zum Erreichen der Eingliederungsziele ist (BSGE 112, 67 ff RdNr 14 = SozR 4-3500 § 92 Nr 1), die darin liegen (vgl § 53 Abs 3 Satz 1 SGB XII), eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und den behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Dabei ist dem behinderten Menschen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihm die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder ihn so weit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen (§ 53 Abs 2 Satz 2 SGB XII, § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII iVm § 55 Abs 1 SGB IX). In welchem Maß und durch welche Aktivitäten ein behinderter Mensch am Leben in der Gemeinschaft teilnimmt, ist abhängig von seinen individuellen Bedürfnissen unter Berücksichtigung seiner Wünsche (§ 9 Abs 2 SGB XII), bei behinderten Kindern der Wünsche seiner Eltern, orientiert am Kindeswohl nach den Umständen des Einzelfalls. Es gilt mithin ein individueller und personenzentrierter Maßstab, der regelmäßig einer pauschalierenden Betrachtung des Hilfefalls entgegensteht (BSG SozR 4-3500 § 54 Nr 6 RdNr 22; SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 25 f).

16

Danach war vorliegend die Anschaffung des Kfz zum Erreichen der Eingliederungsziele grundsätzlich geeignet. Denn der Kläger benötigte ein Kfz, um mehrmals die Woche an einem therapeutischen Reiten teilzunehmen, regelmäßig Ausflüge in den Park zu unternehmen und Verwandten- und Bekanntenbesuche durchzuführen, Kultur- und Sportveranstaltungen sowie den Gottesdienst zu besuchen und seine Eltern bei Einkäufen und sonstigen Erledigungen zu begleiten. Ob Fahrten zum Einkaufen auch ohne den Kläger hätten durchgeführt werden können oder die Fahrten in ihrer Häufigkeit nicht denen mit nicht behinderten Kindern entsprachen, ist entgegen der Auffassung des LSG im Hinblick auf den anzulegenden individuellen Maßstab ohne Belang. Insbesondere ist hinsichtlich des Vergleichsmaßstabs für den Umfang der gesellschaftlichen Kontakte hier der Umstand wesentlich zu beachten, dass der Kläger wegen der Schwere seiner Behinderung keinen Kindergarten und keine Schule besuchen konnte, ihm also lediglich Aktivitäten außerhalb dieses gesellschaftlichen Bereichs verblieben, um überhaupt am Leben in der Gemeinschaft teilzuhaben. Deshalb können Einkaufsfahrten oder regelmäßige Besuche von Verwandten und Freunden zur Teilhabe erforderlich gewesen sein, wenn auf andere Art und Weise ein Erleben von üblichen gesellschaftlichen Kontakten mit Menschen außerhalb der Familie und das Erlernen von entsprechenden Umgangsformen und Verhaltensweisen nicht hinreichend möglich waren und die Fahrten gerade deshalb mit dem Kläger unternommen wurden. Insoweit gingen seine zu berücksichtigenden Teilhabebedürfnisse über die eines nicht behinderten nicht sozialhilfebedürftigen Kindes gleichen Alters - das die maßgebliche Vergleichsgruppe darstellt - hinaus. Die Auffassung des LSG, der Kläger hätte sich mit einer Integration in das nähere häusliche Umfeld begnügen müssen, für die kein Kfz benötigt werde, steht mit dem anzulegenden Prüfungsmaßstab nicht in Einklang. Ebenso wenig muss sich der Kläger darauf verweisen lassen, ihm habe zu Hause ein Therapieraum zur Verfügung gestanden, der neben anderen Leistungen sog ambulanter Hilfe (zB Frühförderung, sonstiger Umbaumaßnahmen) eine Förderung seiner Entwicklung zugelassen habe. Ohnedies ist nicht erkennbar, inwieweit diese Hilfen überhaupt auf die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft gerichtet waren. Wie ausgeführt, bestimmen zudem nicht die Vorstellungen des Beklagten die Reichweite und Häufigkeit der Teilhabe des behinderten Menschen, sondern dessen angemessene Wünsche; für eine "Saldierung" von Leistungen existiert keine Rechtsgrundlage. Irrelevant ist außerdem, ob von dritter Seite, zB der Krankenkasse, eine bestimmte Zahl von Fahrten mit dem eigenen Kfz finanziert wurde, weil dies die Regelmäßigkeit der übrigen Fahrten nicht berührt und auf deren Notwendigkeit keinen Einfluss hat. Der Senat setzt sich damit auch nicht in Widerspruch zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, nach der das Angewiesensein auf ein Kfz eine ständige, nicht nur vereinzelte oder nur gelegentliche Nutzung voraussetzen soll (BVerwGE 55, 31, 33; 111, 328, 330 f).

17

Es fehlen jedoch tatsächliche Feststellungen des LSG dazu (§ 163 SGG), ob die Anschaffung des Opel unentbehrlich zum Erreichen der Eingliederungsziele war oder ob andere Möglichkeiten als die Benutzung eines Kfz zur Verwirklichung der Teilhabeziele zumutbar hätten genutzt werden können. Das Angewiesensein auf ein Kfz wäre nämlich dann zu verneinen, wenn die Teilhabeziele mit dem öffentlichen Personennahverkehr und ggf unter ergänzender Inanspruchnahme des Behindertenfahrdienstes zumutbar hätten verwirklicht werden können. Dabei wird neben regelmäßigen Verkehrszeiten zB auch die praktische Möglichkeit der Benutzung des Verkehrsmittels mit einem Rollstuhl zu berücksichtigen sein. Sollten die Ermittlungen ergeben, dass entsprechende Alternativen nicht oder nicht ausreichend bestanden haben, war der Kläger auf ein Kfz angewiesen.

18

In diesem Fall könnte dem Anspruch auf Kostenerstattung allerdings noch entgegenstehen, dass im Zeitpunkt der Anschaffung des Opel bereits ein (Familien-)Fahrzeug vorhanden war, mit dem der Vater zwar seinen Weg zur Arbeit zurücklegte, das aber nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) unter der Woche an zwei bis drei Tagen sowie am Wochenende für Dienstfahrten nicht benötigt wurde. Dass dieses Fahrzeug nicht im Eigentum des Klägers stand, ist unerheblich. Es ist eine Gesamtbetrachtung der Verhältnisse der Einstandsgemeinschaft geboten. Der Kläger war nämlich schon rein tatsächlich auch bei einem aus Sozialhilfemitteln angeschafften Kfz, immer auf die Unterstützung der Eltern zur Erreichung der Teilhabeziele angewiesen, weil er das Fahrzeug selbst gar nicht führen konnte. Dies entspricht dem Regelungskonzept des SGB XII, das ua in § 16 SGB XII mit dem Gebot familiengerechter Leistungen und in § 19 Abs 3 SGB XII zum Ausdruck kommt, wonach bei minderjährigen Kindern auch auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Eltern abzustellen ist(dazu gleich). Das umfassende Prinzip familiärer Solidarität mit der Pflicht zu Beistand und Rücksicht ist auch Grundlage der gesamten Ausgestaltung des Eltern-Kind-Verhältnisses im Bürgerlichen Gesetzbuch - BGB - (vgl § 1618a BGB; dazu Palandt, BGB, 73. Aufl 2014, § 1618a RdNr 1).

19

Sollte das Fahrzeug seiner Größe und Beschaffenheit nach - ggf nach einem behindertengerechten Umbau (§ 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-VO) - geeignet gewesen sein, damit auch den Kläger zu transportieren und durfte es - falls es sich um ein Dienstfahrzeug gehandelt hat - auch privat genutzt werden, wäre der Kläger weiterhin auf ein Kfz, nicht aber auf das Kfz (den Opel) angewiesen gewesen, für dessen Anschaffung er die Erstattung der Kosten begehrt. Denn er hätte wie Familien der maßgeblichen Vergleichsgruppe dann darauf verwiesen werden können, Termine so zu legen, dass das regelmäßig unter der Woche und an den Wochenenden zur Verfügung stehende Kfz für die Verwirklichung seiner Teilhabeziele eingesetzt wird, sollte dies auch behinderungsbedingt möglich gewesen sein und es zB keine Überforderung des Klägers mit sich gebracht haben, wenn verschiedene Termine auf einen Tag hätten gelegt werden müssen.

20

War das Kfz des Vaters hingegen nicht für Fahrten mit dem Kläger geeignet oder - wenn es sich um ein Dienstfahrzeug handelte - die private Nutzung nicht zugelassen, hätte der Beklagte ggf verlangen können, dass das vorhandene, nicht behindertengerechte Fahrzeug verkauft werde, um den Erlös zur Anschaffung eines angemessenen, behindertengerechten Fahrzeugs einzusetzen und damit das Teilhabeziel gleichermaßen zu erreichen. In diesem Fall hätte der Beklagte anstelle des Zuschusses nach § 8 Abs 1 Eingliederungshilfe-VO im Rahmen seines Ermessens gemäß § 8 Abs 2 Eingliederungshilfe-VO, der eine Ausprägung des Nachranggrundsatzes(§ 2 SGB XII) ist, Leistungen (ggf nur teilweise) als Darlehen zu gewähren brauchen. Der Verkauf des Fahrzeugs hätte insoweit eine Art der zumutbaren Selbsthilfe dargestellt.

21

Der Senat kann auch nicht abschließend beurteilen, ob der Kläger bedürftig war. Nach § 19 Abs 3 SGB XII ist Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nur zu leisten, soweit den Leistungsberechtigten und, wenn sie - wie hier der Kläger - minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach dem 11. Kapitel des SGB XII nicht zuzumuten ist, wozu bislang ebenfalls noch keine Feststellungen getroffen worden sind. Diese sind nicht entbehrlich, denn es handelt sich bei den Kosten für die Anschaffung des Opel nicht um eine privilegierte Hilfe zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB XII(zum Verhältnis von § 92 Abs 1 und Abs 2 Senatsurteil vom 22.3.2012 - B 8 SO 30/10 R -, BSGE 110, 301 ff RdNr 28 = SozR 4-3500 § 54 Nr 8). Hierfür wären spezifische, an der Person des behinderten Menschen ansetzende Maßnahmen notwendig, auf die die Hilfen ausgerichtet sein müssten; darüber hinaus müsste der Schwerpunkt der Hilfen bei spezifischen Bildungszielen liegen (ausführlich Senatsurteil vom 20.9.2012 - B 8 SO 15/11 R -, BSGE 112, 67 ff RdNr 20 = SozR 4-3500 § 92 Nr 1). An einem derartigen Personenbezug fehlt es aber bei der Hilfe zur Beschaffung eines Kfz.

22

Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 28.07.2011 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 04.11.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.02.2010 verurteilt wird, die durch Beauftragung von Gebärdendolmetschern und Mitschreibkräften im Zeitraum vom 20.05.2010 bis zum 22.07.2010 entstandenen und vorläufig übernommenen Kosten nach Maßgabe des am 27.03.2014 abgeschlossenen Vergleichs endgültig zu tragen. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin auch im Berufungsverfahren. Die Revision wird nicht zugelassen.


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Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 24. November 2011, soweit es über die Berufung im Verfahren - S 12 SO 33/09 - entschieden hat, aufgehoben und die Sache insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit sind noch die Kosten für die Anschaffung eines Kraftfahrzeugs (Kfz) Opel Vivaro (im April 2008).

2

Der 2003 geborene Kläger leidet an einer Lissenzephalie Typ I (durch eine Genmutation bewirkte, unvollständige Entwicklung des Gehirns). Er ist deshalb in seiner Entwicklung erheblich verzögert, auf den Rollstuhl angewiesen; er leidet zudem unter Epilepsie, verbunden mit Krampfanfällen. Ein Grad der Behinderung von 100 sowie die Merkzeichen "aG", "G", "B" und "H" sind festgestellt. Seit 1.12.2008 erhält er Pflegegeld von der Pflegekasse nach Pflegestufe III und wird zu Hause von seiner Mutter betreut, weil er wegen behinderungsbedingter Überforderung keinen Kindergarten besuchen kann. Der Vater des Klägers arbeitet an zwei bis drei Tagen pro Woche zu Hause, an den übrigen Wochentagen an seinem Dienstort. Für den Weg dorthin nutzte er ein - weiteres - Kfz.

3

Anfang Januar 2008 beantragte der Vater für den Kläger die Übernahme der Kosten für die Anschaffung eines behindertengerechten Kfz, um im Rollstuhl sitzend transportiert werden zu können. Seit der Geburt der Schwester könne der Rollstuhl nicht mehr (zusammen mit deren Kinderwagen) im Kofferraum des der Mutter zur Verfügung stehenden Kfz transportiert werden, ohne zuvor auseinandergenommen zu werden. Man sei auf ein zweites Fahrzeug angewiesen. Dieses werde für den Weg zu Therapien (therapeutisches Reiten, Krankengymnastik), für Arztbesuche, Ausflüge, Urlaube, den Besuch von Kultur- und Sportveranstaltungen sowie des Gottesdienstes und für Einkäufe und sonstige Erledigungen bei einer Gesamtfahrleistung von 1520 km pro Monat benötigt.

4

Im April 2008 erwarb der Kläger, finanziert durch den Vater, einen gebrauchten Opel Vivaro (Opel) zum Preis von 13 350 Euro, nachdem er dem Beklagten im März 2008 mitgeteilt hatte, das bisher von seiner Frau für Fahrten mit dem Kläger genutzte Kfz sei kaputtgegangen. Der Arbeitgeber des Vaters gab hierfür einen Zuschuss von 2500 Euro. Der Beklagte lehnte den Antrag auf Kostenübernahme für die Anschaffung des Opel ab (Bescheid vom 27.10.2008; Widerspruchsbescheid vom 11.2.2009).

5

Während die Klage erstinstanzlich insoweit erfolgreich war, als der Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide verurteilt worden ist, den Antrag des Klägers auf Übernahme von Leistungen der Eingliederungshilfe zur Beschaffung eines Kfz neu zu bescheiden (Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 5.5.2010, - S 12 SO 33/09), wies das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz auf die Berufung des Beklagten die mit dem Verfahren S 12 SO 119/09 (Übernahme von Kosten für Inspektion und Instandhaltung des Opel) verbundene Klage ab (Urteil vom 24.11.2011). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, der Kläger sei nicht zur Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft ständig auf ein Fahrzeug angewiesen. Fahrten zu Ärzten seien ohne Bedeutung, weil entsprechende Aufwendungen von der Krankenkasse zu tragen seien. Dies gelte grundsätzlich auch für Fahrten zum therapeutischen Reiten, selbst wenn die Krankenkasse die Therapiekosten nicht, die Beihilfestelle des Vaters des Klägers die Kosten nur zu 80 % übernehme. Einkaufsfahrten könnten auch ohne den Kläger durchgeführt werden, weil der Vater regelmäßig zu Hause arbeite und seine Betreuung damit sichergestellt sei. Für die Teilhabe im Übrigen genüge das Angebot des Beklagten, den Behindertenfahrdienst in Anspruch nehmen zu können, weil damit soziale Kontakte im näheren Umfeld gepflegt werden könnten. Überörtliche Mobilität sicherzustellen sei nicht das Ziel der Eingliederungshilfe. Auch Personen, die nicht behindert seien, denen aber aus wirtschaftlichen oder familiären Gründen kein Kfz zur Verfügung stehe, könnten am überörtlichen sozialen Leben nicht oder nur bedingt teilhaben. Weitere Aktivitäten über das örtliche Umfeld hinaus seien folglich ggf förderlich, nicht aber notwendig im sozialhilferechtlichen Sinn. Die Grundversorgung des Klägers sei nicht zuletzt durch die wohnumfeldverbessernden Maßnahmen, die der Beklagte gefördert habe, gesichert.

6

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung der § 53 Abs 1 Satz 1, § 54 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII), § 55 Abs 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) iVm § 8 Abs 1 der Verordnung nach § 60 SGB XII (Eingliederungshilfe-Verordnung) sowie der Grundsätze der UN-Behindertenrechtskonvention. Das LSG habe verkannt, dass das Ziel der Eingliederungshilfe nicht die Gleichstellung behinderter und nicht behinderter Sozialhilfeempfänger, sondern behinderter und nicht behinderter Menschen ohne Rücksicht auf ihre Bedürftigkeit sei. An das "Angewiesensein zur Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft" seien keine strengeren Anforderungen zu stellen als an die Teilhabe am Arbeitsleben. Das "Angewiesensein" sei für jeden Einzelfall aufgrund Art und Ausmaß der bestehenden Behinderung in zeitlicher und tatsächlicher Hinsicht zu überprüfen. Erst durch die mithilfe eines Kfz gesicherte Mobilität werde ihm eine menschenwürdige Entwicklung und Persönlichkeitsbildung ermöglicht.

7

Der Kläger beantragt, nachdem er in der mündlichen Verhandlung seine Revision bezogen auf das ursprünglich unter dem Aktenzeichen S 12 SO 119/09 geführte Verfahren zurückgenommen hat,

        

das Urteil des LSG abzuändern und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG - S 12 SO 33/09 - zurückzuweisen.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung des Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz), weil tatsächliche Feststellungen des LSG (§ 163 SGG)für eine abschließende Entscheidung fehlen.

11

Gegenstand des Verfahrens ist, nachdem der Kläger die Revision hinsichtlich der im ursprünglichen Verfahren S 12 SO 119/09 noch streitbefangenen Ansprüche zurückgenommen hat, nur noch der Bescheid vom 27.10.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.2.2009 (§ 95 SGG), mit dem der Beklagte abgelehnt hat, die Kosten für die Anschaffung des Opel zu erstatten. Dagegen hat sich der Kläger bei zutreffender Auslegung seines Begehrens eigentlich mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1, § 56 SGG) gewandt, gerichtet auf Erlass eines Grundurteils (§ 130 Abs 1 Satz 1 SGG). In der mündlichen Verhandlung vor dem SG hatte der Kläger allerdings lediglich den Antrag formuliert, die angefochtenen Bescheide aufzuheben und den Beklagten zur Neubescheidung seines Antrags zu verurteilen (kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsbescheidungsklage, § 54 Abs 1, § 131 Abs 2 Satz 2 iVm Abs 3 SGG), wozu das SG den Beklagten auch verurteilt hat. Da der Kläger nicht in Berufung gegangen ist, ist eine weiter gehende Entscheidung nicht möglich.

12

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Anschaffung des Opel gegen den gemäß § 98 Abs 1, § 97 Abs 1 SGB XII örtlich und sachlich zuständigen Landkreis Neuwied als örtlichen Träger der Sozialhilfe(§ 3 Abs 2 SGB XII, § 1 Landesgesetz zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch SGB XII vom 22.12.2004 - Gesetz- und Verordnungsblatt 571; zur eigenständigen Prüfung des Landesrechts ist der Senat mangels Berücksichtigung durch das LSG befugt - vgl nur BSGE 103, 39 ff RdNr 12 = SozR 4-2800 § 10 Nr 1; ob der Kreis nach § 3 Abs 1 AGSGB XII durch Satzung eine Verbandsgemeinde oder verbandsfreie Gemeinde zur eigenständigen Erledigung der Aufgaben der Sozialhilfe herangezogen hat, wird das LSG allerdings noch zu prüfen haben) ist § 19 Abs 3(idF, die die Norm durch das Gesetz zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 20.4.2007 - BGBl I 554 - erhalten hat) iVm § 53 Abs 1 Satz 1 und § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII(beide idF, die die Normen durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022 - erhalten haben), § 55 SGB IX und § 8 Eingliederungshilfe-VO(idF, die die Norm durch das Gesetz vom 27.12.2003 erhalten hat; zur Unanwendbarkeit des § 15 Abs 1 Satz 4 SGB IX in diesen Fällen vgl: BSGE 103, 171 ff RdNr 12 = SozR 4-3500 § 54 Nr 5; BSG SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 20). Ob der Beklagte allgemein bestimmt hat, dass im Widerspruchsverfahren sozial erfahrene Dritte (§ 116 SGB XII) zu beteiligen sind (vgl § 12 AGSGB XII), mag das LSG hingegen noch verifizieren. Da sich der geltend gemachte Anspruch auf eine Geldleistung richtet, ist es rechtlich unerheblich, dass der Kläger den Opel schon vor Erlass des Ablehnungsbescheids gekauft hat; deshalb stehen §§ 2, 18 SGB XII (Nachrang der Sozialhilfe; Leistung erst ab Kenntnis des Sozialhilfeträgers) einer Leistungsgewährung nicht entgegen (BSG SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 21). Nur für die Frage, ob ein Leistungsanspruch besteht, ist auf die Rechtslage im Zeitpunkt der Entstehung (Fälligkeit) der Kosten (April 2008) abzustellen (BSG, aaO, RdNr 19). Einem Kostenerstattungsanspruch steht nicht entgegen, dass der Vater bzw die Eltern des Klägers die angefallenen Kosten bereits gezahlt hat bzw haben (dazu ausführlich BSGE 112, 67 ff RdNr 25 = SozR 4-3500 § 92 Nr 1).

13

Der Kläger erfüllt die personenbezogenen Voraussetzungen des § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII, wonach Leistungen der Eingliederungshilfe - als gebundene Leistung(BSG SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 25)- (nur) an Personen erbracht werden, die durch eine Behinderung iS des § 2 Abs 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art und Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Denn der Kläger ist durch seine Gehbehinderung in seiner körperlichen (§ 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII iVm § 1 Nr 4 Eingliederungshilfe-VO)und durch die unvollständige Entwicklung seines Gehirns auch in seiner geistigen Funktion wesentlich (zur Wesentlichkeit vgl nur BSGE 112, 196 ff RdNr 14 mwN = SozR 4-3500 § 54 Nr 10) behindert (§ 2 Abs 1 SGB IX, § 2 Eingliederungshilfe-VO).

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Ob er allerdings iS des § 8 Abs 1 Satz 2 Eingliederungshilfe-VO auf den Opel zur Eingliederung in die Gemeinschaft tatsächlich angewiesen ist, kann der Senat wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen des LSG(§ 163 SGG)nicht abschließend beurteilen. Die Leistungen der Eingliederungshilfe werden durch § 54 Abs 1 SGB XII iVm §§ 26, 33, 41 und 55 SGB IX und durch die auf der Ermächtigungsgrundlage des § 60 SGB XII erlassene Eingliederungshilfe-VO konkretisiert. Die Hilfe zur Beschaffung eines Kfz wird nach § 8 Abs 1 Satz 1 Eingliederungshilfe-VO iVm Satz 2 in angemessenem Umfang gewährt, wenn der behinderte Mensch wegen Art oder Schwere seiner Behinderung insbesondere zur Teilhabe am Arbeitsleben auf die Benutzung des Kfz angewiesen ist.

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In Hinblick auf das bei jeder Eingliederungsmaßnahme zu prüfende Merkmal der Notwendigkeit (§ 4 Abs 1 SGB IX)ist dies nur zu bejahen, wenn das Kfz als grundsätzlich geeignete Eingliederungsmaßnahme unentbehrlich zum Erreichen der Eingliederungsziele ist (BSGE 112, 67 ff RdNr 14 = SozR 4-3500 § 92 Nr 1), die darin liegen (vgl § 53 Abs 3 Satz 1 SGB XII), eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und den behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Dabei ist dem behinderten Menschen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihm die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder ihn so weit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen (§ 53 Abs 2 Satz 2 SGB XII, § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII iVm § 55 Abs 1 SGB IX). In welchem Maß und durch welche Aktivitäten ein behinderter Mensch am Leben in der Gemeinschaft teilnimmt, ist abhängig von seinen individuellen Bedürfnissen unter Berücksichtigung seiner Wünsche (§ 9 Abs 2 SGB XII), bei behinderten Kindern der Wünsche seiner Eltern, orientiert am Kindeswohl nach den Umständen des Einzelfalls. Es gilt mithin ein individueller und personenzentrierter Maßstab, der regelmäßig einer pauschalierenden Betrachtung des Hilfefalls entgegensteht (BSG SozR 4-3500 § 54 Nr 6 RdNr 22; SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 25 f).

16

Danach war vorliegend die Anschaffung des Kfz zum Erreichen der Eingliederungsziele grundsätzlich geeignet. Denn der Kläger benötigte ein Kfz, um mehrmals die Woche an einem therapeutischen Reiten teilzunehmen, regelmäßig Ausflüge in den Park zu unternehmen und Verwandten- und Bekanntenbesuche durchzuführen, Kultur- und Sportveranstaltungen sowie den Gottesdienst zu besuchen und seine Eltern bei Einkäufen und sonstigen Erledigungen zu begleiten. Ob Fahrten zum Einkaufen auch ohne den Kläger hätten durchgeführt werden können oder die Fahrten in ihrer Häufigkeit nicht denen mit nicht behinderten Kindern entsprachen, ist entgegen der Auffassung des LSG im Hinblick auf den anzulegenden individuellen Maßstab ohne Belang. Insbesondere ist hinsichtlich des Vergleichsmaßstabs für den Umfang der gesellschaftlichen Kontakte hier der Umstand wesentlich zu beachten, dass der Kläger wegen der Schwere seiner Behinderung keinen Kindergarten und keine Schule besuchen konnte, ihm also lediglich Aktivitäten außerhalb dieses gesellschaftlichen Bereichs verblieben, um überhaupt am Leben in der Gemeinschaft teilzuhaben. Deshalb können Einkaufsfahrten oder regelmäßige Besuche von Verwandten und Freunden zur Teilhabe erforderlich gewesen sein, wenn auf andere Art und Weise ein Erleben von üblichen gesellschaftlichen Kontakten mit Menschen außerhalb der Familie und das Erlernen von entsprechenden Umgangsformen und Verhaltensweisen nicht hinreichend möglich waren und die Fahrten gerade deshalb mit dem Kläger unternommen wurden. Insoweit gingen seine zu berücksichtigenden Teilhabebedürfnisse über die eines nicht behinderten nicht sozialhilfebedürftigen Kindes gleichen Alters - das die maßgebliche Vergleichsgruppe darstellt - hinaus. Die Auffassung des LSG, der Kläger hätte sich mit einer Integration in das nähere häusliche Umfeld begnügen müssen, für die kein Kfz benötigt werde, steht mit dem anzulegenden Prüfungsmaßstab nicht in Einklang. Ebenso wenig muss sich der Kläger darauf verweisen lassen, ihm habe zu Hause ein Therapieraum zur Verfügung gestanden, der neben anderen Leistungen sog ambulanter Hilfe (zB Frühförderung, sonstiger Umbaumaßnahmen) eine Förderung seiner Entwicklung zugelassen habe. Ohnedies ist nicht erkennbar, inwieweit diese Hilfen überhaupt auf die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft gerichtet waren. Wie ausgeführt, bestimmen zudem nicht die Vorstellungen des Beklagten die Reichweite und Häufigkeit der Teilhabe des behinderten Menschen, sondern dessen angemessene Wünsche; für eine "Saldierung" von Leistungen existiert keine Rechtsgrundlage. Irrelevant ist außerdem, ob von dritter Seite, zB der Krankenkasse, eine bestimmte Zahl von Fahrten mit dem eigenen Kfz finanziert wurde, weil dies die Regelmäßigkeit der übrigen Fahrten nicht berührt und auf deren Notwendigkeit keinen Einfluss hat. Der Senat setzt sich damit auch nicht in Widerspruch zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, nach der das Angewiesensein auf ein Kfz eine ständige, nicht nur vereinzelte oder nur gelegentliche Nutzung voraussetzen soll (BVerwGE 55, 31, 33; 111, 328, 330 f).

17

Es fehlen jedoch tatsächliche Feststellungen des LSG dazu (§ 163 SGG), ob die Anschaffung des Opel unentbehrlich zum Erreichen der Eingliederungsziele war oder ob andere Möglichkeiten als die Benutzung eines Kfz zur Verwirklichung der Teilhabeziele zumutbar hätten genutzt werden können. Das Angewiesensein auf ein Kfz wäre nämlich dann zu verneinen, wenn die Teilhabeziele mit dem öffentlichen Personennahverkehr und ggf unter ergänzender Inanspruchnahme des Behindertenfahrdienstes zumutbar hätten verwirklicht werden können. Dabei wird neben regelmäßigen Verkehrszeiten zB auch die praktische Möglichkeit der Benutzung des Verkehrsmittels mit einem Rollstuhl zu berücksichtigen sein. Sollten die Ermittlungen ergeben, dass entsprechende Alternativen nicht oder nicht ausreichend bestanden haben, war der Kläger auf ein Kfz angewiesen.

18

In diesem Fall könnte dem Anspruch auf Kostenerstattung allerdings noch entgegenstehen, dass im Zeitpunkt der Anschaffung des Opel bereits ein (Familien-)Fahrzeug vorhanden war, mit dem der Vater zwar seinen Weg zur Arbeit zurücklegte, das aber nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) unter der Woche an zwei bis drei Tagen sowie am Wochenende für Dienstfahrten nicht benötigt wurde. Dass dieses Fahrzeug nicht im Eigentum des Klägers stand, ist unerheblich. Es ist eine Gesamtbetrachtung der Verhältnisse der Einstandsgemeinschaft geboten. Der Kläger war nämlich schon rein tatsächlich auch bei einem aus Sozialhilfemitteln angeschafften Kfz, immer auf die Unterstützung der Eltern zur Erreichung der Teilhabeziele angewiesen, weil er das Fahrzeug selbst gar nicht führen konnte. Dies entspricht dem Regelungskonzept des SGB XII, das ua in § 16 SGB XII mit dem Gebot familiengerechter Leistungen und in § 19 Abs 3 SGB XII zum Ausdruck kommt, wonach bei minderjährigen Kindern auch auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Eltern abzustellen ist(dazu gleich). Das umfassende Prinzip familiärer Solidarität mit der Pflicht zu Beistand und Rücksicht ist auch Grundlage der gesamten Ausgestaltung des Eltern-Kind-Verhältnisses im Bürgerlichen Gesetzbuch - BGB - (vgl § 1618a BGB; dazu Palandt, BGB, 73. Aufl 2014, § 1618a RdNr 1).

19

Sollte das Fahrzeug seiner Größe und Beschaffenheit nach - ggf nach einem behindertengerechten Umbau (§ 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-VO) - geeignet gewesen sein, damit auch den Kläger zu transportieren und durfte es - falls es sich um ein Dienstfahrzeug gehandelt hat - auch privat genutzt werden, wäre der Kläger weiterhin auf ein Kfz, nicht aber auf das Kfz (den Opel) angewiesen gewesen, für dessen Anschaffung er die Erstattung der Kosten begehrt. Denn er hätte wie Familien der maßgeblichen Vergleichsgruppe dann darauf verwiesen werden können, Termine so zu legen, dass das regelmäßig unter der Woche und an den Wochenenden zur Verfügung stehende Kfz für die Verwirklichung seiner Teilhabeziele eingesetzt wird, sollte dies auch behinderungsbedingt möglich gewesen sein und es zB keine Überforderung des Klägers mit sich gebracht haben, wenn verschiedene Termine auf einen Tag hätten gelegt werden müssen.

20

War das Kfz des Vaters hingegen nicht für Fahrten mit dem Kläger geeignet oder - wenn es sich um ein Dienstfahrzeug handelte - die private Nutzung nicht zugelassen, hätte der Beklagte ggf verlangen können, dass das vorhandene, nicht behindertengerechte Fahrzeug verkauft werde, um den Erlös zur Anschaffung eines angemessenen, behindertengerechten Fahrzeugs einzusetzen und damit das Teilhabeziel gleichermaßen zu erreichen. In diesem Fall hätte der Beklagte anstelle des Zuschusses nach § 8 Abs 1 Eingliederungshilfe-VO im Rahmen seines Ermessens gemäß § 8 Abs 2 Eingliederungshilfe-VO, der eine Ausprägung des Nachranggrundsatzes(§ 2 SGB XII) ist, Leistungen (ggf nur teilweise) als Darlehen zu gewähren brauchen. Der Verkauf des Fahrzeugs hätte insoweit eine Art der zumutbaren Selbsthilfe dargestellt.

21

Der Senat kann auch nicht abschließend beurteilen, ob der Kläger bedürftig war. Nach § 19 Abs 3 SGB XII ist Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nur zu leisten, soweit den Leistungsberechtigten und, wenn sie - wie hier der Kläger - minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach dem 11. Kapitel des SGB XII nicht zuzumuten ist, wozu bislang ebenfalls noch keine Feststellungen getroffen worden sind. Diese sind nicht entbehrlich, denn es handelt sich bei den Kosten für die Anschaffung des Opel nicht um eine privilegierte Hilfe zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB XII(zum Verhältnis von § 92 Abs 1 und Abs 2 Senatsurteil vom 22.3.2012 - B 8 SO 30/10 R -, BSGE 110, 301 ff RdNr 28 = SozR 4-3500 § 54 Nr 8). Hierfür wären spezifische, an der Person des behinderten Menschen ansetzende Maßnahmen notwendig, auf die die Hilfen ausgerichtet sein müssten; darüber hinaus müsste der Schwerpunkt der Hilfen bei spezifischen Bildungszielen liegen (ausführlich Senatsurteil vom 20.9.2012 - B 8 SO 15/11 R -, BSGE 112, 67 ff RdNr 20 = SozR 4-3500 § 92 Nr 1). An einem derartigen Personenbezug fehlt es aber bei der Hilfe zur Beschaffung eines Kfz.

22

Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Die Leistungen richten sich nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach der Art des Bedarfs, den örtlichen Verhältnissen, den eigenen Kräften und Mitteln der Person oder des Haushalts bei der Hilfe zum Lebensunterhalt.

(2) Wünschen der Leistungsberechtigten, die sich auf die Gestaltung der Leistung richten, soll entsprochen werden, soweit sie angemessen sind. Wünschen der Leistungsberechtigten, den Bedarf stationär oder teilstationär zu decken, soll nur entsprochen werden, wenn dies nach der Besonderheit des Einzelfalles erforderlich ist, weil anders der Bedarf nicht oder nicht ausreichend gedeckt werden kann und wenn mit der Einrichtung Vereinbarungen nach den Vorschriften des Zehnten Kapitels dieses Buches bestehen. Der Träger der Sozialhilfe soll in der Regel Wünschen nicht entsprechen, deren Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wäre.

(3) Auf Wunsch der Leistungsberechtigten sollen sie in einer Einrichtung untergebracht werden, in der sie durch Geistliche ihres Bekenntnisses betreut werden können.

(1) Die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 erfassen

1.
die Anzahl der gestellten Anträge auf Leistungen zur Rehabilitation und Teilhabe differenziert nach Leistungsgruppen im Sinne von § 5 Nummer 1, 2, 4 und 5,
2.
die Anzahl der Weiterleitungen nach § 14 Absatz 1 Satz 2,
3.
in wie vielen Fällen
a)
die Zweiwochenfrist nach § 14 Absatz 1 Satz 1,
b)
die Dreiwochenfrist nach § 14 Absatz 2 Satz 2 sowie
c)
die Zweiwochenfrist nach § 14 Absatz 2 Satz 3
nicht eingehalten wurde,
4.
die durchschnittliche Zeitdauer zwischen Erteilung des Gutachtenauftrages in Fällen des § 14 Absatz 2 Satz 3 und der Vorlage des Gutachtens,
5.
die durchschnittliche Zeitdauer zwischen Antragseingang beim leistenden Rehabilitationsträger und der Entscheidung nach den Merkmalen der Erledigung und der Bewilligung,
6.
die Anzahl der Ablehnungen von Anträgen sowie der nicht vollständigen Bewilligung der beantragten Leistungen,
7.
die durchschnittliche Zeitdauer zwischen dem Datum des Bewilligungsbescheides und dem Beginn der Leistungen mit und ohne Teilhabeplanung nach § 19, wobei in den Fällen, in denen die Leistung von einem Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 erbracht wurde, das Merkmal „mit und ohne Teilhabeplanung nach § 19“ nicht zu erfassen ist,
8.
die Anzahl der trägerübergreifenden Teilhabeplanungen und Teilhabeplankonferenzen,
9.
die Anzahl der nachträglichen Änderungen und Fortschreibungen der Teilhabepläne einschließlich der durchschnittlichen Geltungsdauer des Teilhabeplanes,
10.
die Anzahl der Erstattungsverfahren nach § 16 Absatz 2 Satz 2,
11.
die Anzahl der beantragten und bewilligten Leistungen in Form des Persönlichen Budgets,
12.
die Anzahl der beantragten und bewilligten Leistungen in Form des trägerübergreifenden Persönlichen Budgets,
13.
die Anzahl der Mitteilungen nach § 18 Absatz 1,
14.
die Anzahl der Anträge auf Erstattung nach § 18 nach den Merkmalen „Bewilligung“ oder „Ablehnung“,
15.
die Anzahl der Rechtsbehelfe sowie der erfolgreichen Rechtsbehelfe aus Sicht der Leistungsberechtigten jeweils nach den Merkmalen „Widerspruch“ und „Klage“,
16.
die Anzahl der Leistungsberechtigten, die sechs Monate nach dem Ende der Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen haben, soweit die Maßnahme von einem Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 7 erbracht wurde.

(2) Die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 bis 5 melden jährlich die im Berichtsjahr nach Absatz 1 erfassten Angaben an ihre Spitzenverbände, die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 6 und 7 jeweils über ihre obersten Landesjugend- und Sozialbehörden, zur Weiterleitung an die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation in einem mit ihr technisch abgestimmten Datenformat. Die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation wertet die Angaben unter Beteiligung der Rehabilitationsträger aus und erstellt jährlich eine gemeinsame Übersicht. Die Erfassung der Angaben soll mit dem 1. Januar 2018 beginnen und ein Kalenderjahr umfassen. Der erste Bericht ist 2019 zu veröffentlichen.

(3) Der Bund erstattet der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation die notwendigen Aufwendungen für folgende Tätigkeiten:

1.
die Bereitstellung von Daten,
2.
die Datenaufarbeitung und
3.
die Auswertungen über das Rehabilitationsgeschehen.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 24. November 2011, soweit es über die Berufung im Verfahren - S 12 SO 33/09 - entschieden hat, aufgehoben und die Sache insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit sind noch die Kosten für die Anschaffung eines Kraftfahrzeugs (Kfz) Opel Vivaro (im April 2008).

2

Der 2003 geborene Kläger leidet an einer Lissenzephalie Typ I (durch eine Genmutation bewirkte, unvollständige Entwicklung des Gehirns). Er ist deshalb in seiner Entwicklung erheblich verzögert, auf den Rollstuhl angewiesen; er leidet zudem unter Epilepsie, verbunden mit Krampfanfällen. Ein Grad der Behinderung von 100 sowie die Merkzeichen "aG", "G", "B" und "H" sind festgestellt. Seit 1.12.2008 erhält er Pflegegeld von der Pflegekasse nach Pflegestufe III und wird zu Hause von seiner Mutter betreut, weil er wegen behinderungsbedingter Überforderung keinen Kindergarten besuchen kann. Der Vater des Klägers arbeitet an zwei bis drei Tagen pro Woche zu Hause, an den übrigen Wochentagen an seinem Dienstort. Für den Weg dorthin nutzte er ein - weiteres - Kfz.

3

Anfang Januar 2008 beantragte der Vater für den Kläger die Übernahme der Kosten für die Anschaffung eines behindertengerechten Kfz, um im Rollstuhl sitzend transportiert werden zu können. Seit der Geburt der Schwester könne der Rollstuhl nicht mehr (zusammen mit deren Kinderwagen) im Kofferraum des der Mutter zur Verfügung stehenden Kfz transportiert werden, ohne zuvor auseinandergenommen zu werden. Man sei auf ein zweites Fahrzeug angewiesen. Dieses werde für den Weg zu Therapien (therapeutisches Reiten, Krankengymnastik), für Arztbesuche, Ausflüge, Urlaube, den Besuch von Kultur- und Sportveranstaltungen sowie des Gottesdienstes und für Einkäufe und sonstige Erledigungen bei einer Gesamtfahrleistung von 1520 km pro Monat benötigt.

4

Im April 2008 erwarb der Kläger, finanziert durch den Vater, einen gebrauchten Opel Vivaro (Opel) zum Preis von 13 350 Euro, nachdem er dem Beklagten im März 2008 mitgeteilt hatte, das bisher von seiner Frau für Fahrten mit dem Kläger genutzte Kfz sei kaputtgegangen. Der Arbeitgeber des Vaters gab hierfür einen Zuschuss von 2500 Euro. Der Beklagte lehnte den Antrag auf Kostenübernahme für die Anschaffung des Opel ab (Bescheid vom 27.10.2008; Widerspruchsbescheid vom 11.2.2009).

5

Während die Klage erstinstanzlich insoweit erfolgreich war, als der Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide verurteilt worden ist, den Antrag des Klägers auf Übernahme von Leistungen der Eingliederungshilfe zur Beschaffung eines Kfz neu zu bescheiden (Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 5.5.2010, - S 12 SO 33/09), wies das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz auf die Berufung des Beklagten die mit dem Verfahren S 12 SO 119/09 (Übernahme von Kosten für Inspektion und Instandhaltung des Opel) verbundene Klage ab (Urteil vom 24.11.2011). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, der Kläger sei nicht zur Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft ständig auf ein Fahrzeug angewiesen. Fahrten zu Ärzten seien ohne Bedeutung, weil entsprechende Aufwendungen von der Krankenkasse zu tragen seien. Dies gelte grundsätzlich auch für Fahrten zum therapeutischen Reiten, selbst wenn die Krankenkasse die Therapiekosten nicht, die Beihilfestelle des Vaters des Klägers die Kosten nur zu 80 % übernehme. Einkaufsfahrten könnten auch ohne den Kläger durchgeführt werden, weil der Vater regelmäßig zu Hause arbeite und seine Betreuung damit sichergestellt sei. Für die Teilhabe im Übrigen genüge das Angebot des Beklagten, den Behindertenfahrdienst in Anspruch nehmen zu können, weil damit soziale Kontakte im näheren Umfeld gepflegt werden könnten. Überörtliche Mobilität sicherzustellen sei nicht das Ziel der Eingliederungshilfe. Auch Personen, die nicht behindert seien, denen aber aus wirtschaftlichen oder familiären Gründen kein Kfz zur Verfügung stehe, könnten am überörtlichen sozialen Leben nicht oder nur bedingt teilhaben. Weitere Aktivitäten über das örtliche Umfeld hinaus seien folglich ggf förderlich, nicht aber notwendig im sozialhilferechtlichen Sinn. Die Grundversorgung des Klägers sei nicht zuletzt durch die wohnumfeldverbessernden Maßnahmen, die der Beklagte gefördert habe, gesichert.

6

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung der § 53 Abs 1 Satz 1, § 54 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII), § 55 Abs 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) iVm § 8 Abs 1 der Verordnung nach § 60 SGB XII (Eingliederungshilfe-Verordnung) sowie der Grundsätze der UN-Behindertenrechtskonvention. Das LSG habe verkannt, dass das Ziel der Eingliederungshilfe nicht die Gleichstellung behinderter und nicht behinderter Sozialhilfeempfänger, sondern behinderter und nicht behinderter Menschen ohne Rücksicht auf ihre Bedürftigkeit sei. An das "Angewiesensein zur Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft" seien keine strengeren Anforderungen zu stellen als an die Teilhabe am Arbeitsleben. Das "Angewiesensein" sei für jeden Einzelfall aufgrund Art und Ausmaß der bestehenden Behinderung in zeitlicher und tatsächlicher Hinsicht zu überprüfen. Erst durch die mithilfe eines Kfz gesicherte Mobilität werde ihm eine menschenwürdige Entwicklung und Persönlichkeitsbildung ermöglicht.

7

Der Kläger beantragt, nachdem er in der mündlichen Verhandlung seine Revision bezogen auf das ursprünglich unter dem Aktenzeichen S 12 SO 119/09 geführte Verfahren zurückgenommen hat,

        

das Urteil des LSG abzuändern und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG - S 12 SO 33/09 - zurückzuweisen.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung des Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz), weil tatsächliche Feststellungen des LSG (§ 163 SGG)für eine abschließende Entscheidung fehlen.

11

Gegenstand des Verfahrens ist, nachdem der Kläger die Revision hinsichtlich der im ursprünglichen Verfahren S 12 SO 119/09 noch streitbefangenen Ansprüche zurückgenommen hat, nur noch der Bescheid vom 27.10.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.2.2009 (§ 95 SGG), mit dem der Beklagte abgelehnt hat, die Kosten für die Anschaffung des Opel zu erstatten. Dagegen hat sich der Kläger bei zutreffender Auslegung seines Begehrens eigentlich mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1, § 56 SGG) gewandt, gerichtet auf Erlass eines Grundurteils (§ 130 Abs 1 Satz 1 SGG). In der mündlichen Verhandlung vor dem SG hatte der Kläger allerdings lediglich den Antrag formuliert, die angefochtenen Bescheide aufzuheben und den Beklagten zur Neubescheidung seines Antrags zu verurteilen (kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsbescheidungsklage, § 54 Abs 1, § 131 Abs 2 Satz 2 iVm Abs 3 SGG), wozu das SG den Beklagten auch verurteilt hat. Da der Kläger nicht in Berufung gegangen ist, ist eine weiter gehende Entscheidung nicht möglich.

12

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Anschaffung des Opel gegen den gemäß § 98 Abs 1, § 97 Abs 1 SGB XII örtlich und sachlich zuständigen Landkreis Neuwied als örtlichen Träger der Sozialhilfe(§ 3 Abs 2 SGB XII, § 1 Landesgesetz zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch SGB XII vom 22.12.2004 - Gesetz- und Verordnungsblatt 571; zur eigenständigen Prüfung des Landesrechts ist der Senat mangels Berücksichtigung durch das LSG befugt - vgl nur BSGE 103, 39 ff RdNr 12 = SozR 4-2800 § 10 Nr 1; ob der Kreis nach § 3 Abs 1 AGSGB XII durch Satzung eine Verbandsgemeinde oder verbandsfreie Gemeinde zur eigenständigen Erledigung der Aufgaben der Sozialhilfe herangezogen hat, wird das LSG allerdings noch zu prüfen haben) ist § 19 Abs 3(idF, die die Norm durch das Gesetz zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 20.4.2007 - BGBl I 554 - erhalten hat) iVm § 53 Abs 1 Satz 1 und § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII(beide idF, die die Normen durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022 - erhalten haben), § 55 SGB IX und § 8 Eingliederungshilfe-VO(idF, die die Norm durch das Gesetz vom 27.12.2003 erhalten hat; zur Unanwendbarkeit des § 15 Abs 1 Satz 4 SGB IX in diesen Fällen vgl: BSGE 103, 171 ff RdNr 12 = SozR 4-3500 § 54 Nr 5; BSG SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 20). Ob der Beklagte allgemein bestimmt hat, dass im Widerspruchsverfahren sozial erfahrene Dritte (§ 116 SGB XII) zu beteiligen sind (vgl § 12 AGSGB XII), mag das LSG hingegen noch verifizieren. Da sich der geltend gemachte Anspruch auf eine Geldleistung richtet, ist es rechtlich unerheblich, dass der Kläger den Opel schon vor Erlass des Ablehnungsbescheids gekauft hat; deshalb stehen §§ 2, 18 SGB XII (Nachrang der Sozialhilfe; Leistung erst ab Kenntnis des Sozialhilfeträgers) einer Leistungsgewährung nicht entgegen (BSG SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 21). Nur für die Frage, ob ein Leistungsanspruch besteht, ist auf die Rechtslage im Zeitpunkt der Entstehung (Fälligkeit) der Kosten (April 2008) abzustellen (BSG, aaO, RdNr 19). Einem Kostenerstattungsanspruch steht nicht entgegen, dass der Vater bzw die Eltern des Klägers die angefallenen Kosten bereits gezahlt hat bzw haben (dazu ausführlich BSGE 112, 67 ff RdNr 25 = SozR 4-3500 § 92 Nr 1).

13

Der Kläger erfüllt die personenbezogenen Voraussetzungen des § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII, wonach Leistungen der Eingliederungshilfe - als gebundene Leistung(BSG SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 25)- (nur) an Personen erbracht werden, die durch eine Behinderung iS des § 2 Abs 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art und Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Denn der Kläger ist durch seine Gehbehinderung in seiner körperlichen (§ 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII iVm § 1 Nr 4 Eingliederungshilfe-VO)und durch die unvollständige Entwicklung seines Gehirns auch in seiner geistigen Funktion wesentlich (zur Wesentlichkeit vgl nur BSGE 112, 196 ff RdNr 14 mwN = SozR 4-3500 § 54 Nr 10) behindert (§ 2 Abs 1 SGB IX, § 2 Eingliederungshilfe-VO).

14

Ob er allerdings iS des § 8 Abs 1 Satz 2 Eingliederungshilfe-VO auf den Opel zur Eingliederung in die Gemeinschaft tatsächlich angewiesen ist, kann der Senat wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen des LSG(§ 163 SGG)nicht abschließend beurteilen. Die Leistungen der Eingliederungshilfe werden durch § 54 Abs 1 SGB XII iVm §§ 26, 33, 41 und 55 SGB IX und durch die auf der Ermächtigungsgrundlage des § 60 SGB XII erlassene Eingliederungshilfe-VO konkretisiert. Die Hilfe zur Beschaffung eines Kfz wird nach § 8 Abs 1 Satz 1 Eingliederungshilfe-VO iVm Satz 2 in angemessenem Umfang gewährt, wenn der behinderte Mensch wegen Art oder Schwere seiner Behinderung insbesondere zur Teilhabe am Arbeitsleben auf die Benutzung des Kfz angewiesen ist.

15

In Hinblick auf das bei jeder Eingliederungsmaßnahme zu prüfende Merkmal der Notwendigkeit (§ 4 Abs 1 SGB IX)ist dies nur zu bejahen, wenn das Kfz als grundsätzlich geeignete Eingliederungsmaßnahme unentbehrlich zum Erreichen der Eingliederungsziele ist (BSGE 112, 67 ff RdNr 14 = SozR 4-3500 § 92 Nr 1), die darin liegen (vgl § 53 Abs 3 Satz 1 SGB XII), eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und den behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Dabei ist dem behinderten Menschen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihm die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder ihn so weit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen (§ 53 Abs 2 Satz 2 SGB XII, § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII iVm § 55 Abs 1 SGB IX). In welchem Maß und durch welche Aktivitäten ein behinderter Mensch am Leben in der Gemeinschaft teilnimmt, ist abhängig von seinen individuellen Bedürfnissen unter Berücksichtigung seiner Wünsche (§ 9 Abs 2 SGB XII), bei behinderten Kindern der Wünsche seiner Eltern, orientiert am Kindeswohl nach den Umständen des Einzelfalls. Es gilt mithin ein individueller und personenzentrierter Maßstab, der regelmäßig einer pauschalierenden Betrachtung des Hilfefalls entgegensteht (BSG SozR 4-3500 § 54 Nr 6 RdNr 22; SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 25 f).

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Danach war vorliegend die Anschaffung des Kfz zum Erreichen der Eingliederungsziele grundsätzlich geeignet. Denn der Kläger benötigte ein Kfz, um mehrmals die Woche an einem therapeutischen Reiten teilzunehmen, regelmäßig Ausflüge in den Park zu unternehmen und Verwandten- und Bekanntenbesuche durchzuführen, Kultur- und Sportveranstaltungen sowie den Gottesdienst zu besuchen und seine Eltern bei Einkäufen und sonstigen Erledigungen zu begleiten. Ob Fahrten zum Einkaufen auch ohne den Kläger hätten durchgeführt werden können oder die Fahrten in ihrer Häufigkeit nicht denen mit nicht behinderten Kindern entsprachen, ist entgegen der Auffassung des LSG im Hinblick auf den anzulegenden individuellen Maßstab ohne Belang. Insbesondere ist hinsichtlich des Vergleichsmaßstabs für den Umfang der gesellschaftlichen Kontakte hier der Umstand wesentlich zu beachten, dass der Kläger wegen der Schwere seiner Behinderung keinen Kindergarten und keine Schule besuchen konnte, ihm also lediglich Aktivitäten außerhalb dieses gesellschaftlichen Bereichs verblieben, um überhaupt am Leben in der Gemeinschaft teilzuhaben. Deshalb können Einkaufsfahrten oder regelmäßige Besuche von Verwandten und Freunden zur Teilhabe erforderlich gewesen sein, wenn auf andere Art und Weise ein Erleben von üblichen gesellschaftlichen Kontakten mit Menschen außerhalb der Familie und das Erlernen von entsprechenden Umgangsformen und Verhaltensweisen nicht hinreichend möglich waren und die Fahrten gerade deshalb mit dem Kläger unternommen wurden. Insoweit gingen seine zu berücksichtigenden Teilhabebedürfnisse über die eines nicht behinderten nicht sozialhilfebedürftigen Kindes gleichen Alters - das die maßgebliche Vergleichsgruppe darstellt - hinaus. Die Auffassung des LSG, der Kläger hätte sich mit einer Integration in das nähere häusliche Umfeld begnügen müssen, für die kein Kfz benötigt werde, steht mit dem anzulegenden Prüfungsmaßstab nicht in Einklang. Ebenso wenig muss sich der Kläger darauf verweisen lassen, ihm habe zu Hause ein Therapieraum zur Verfügung gestanden, der neben anderen Leistungen sog ambulanter Hilfe (zB Frühförderung, sonstiger Umbaumaßnahmen) eine Förderung seiner Entwicklung zugelassen habe. Ohnedies ist nicht erkennbar, inwieweit diese Hilfen überhaupt auf die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft gerichtet waren. Wie ausgeführt, bestimmen zudem nicht die Vorstellungen des Beklagten die Reichweite und Häufigkeit der Teilhabe des behinderten Menschen, sondern dessen angemessene Wünsche; für eine "Saldierung" von Leistungen existiert keine Rechtsgrundlage. Irrelevant ist außerdem, ob von dritter Seite, zB der Krankenkasse, eine bestimmte Zahl von Fahrten mit dem eigenen Kfz finanziert wurde, weil dies die Regelmäßigkeit der übrigen Fahrten nicht berührt und auf deren Notwendigkeit keinen Einfluss hat. Der Senat setzt sich damit auch nicht in Widerspruch zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, nach der das Angewiesensein auf ein Kfz eine ständige, nicht nur vereinzelte oder nur gelegentliche Nutzung voraussetzen soll (BVerwGE 55, 31, 33; 111, 328, 330 f).

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Es fehlen jedoch tatsächliche Feststellungen des LSG dazu (§ 163 SGG), ob die Anschaffung des Opel unentbehrlich zum Erreichen der Eingliederungsziele war oder ob andere Möglichkeiten als die Benutzung eines Kfz zur Verwirklichung der Teilhabeziele zumutbar hätten genutzt werden können. Das Angewiesensein auf ein Kfz wäre nämlich dann zu verneinen, wenn die Teilhabeziele mit dem öffentlichen Personennahverkehr und ggf unter ergänzender Inanspruchnahme des Behindertenfahrdienstes zumutbar hätten verwirklicht werden können. Dabei wird neben regelmäßigen Verkehrszeiten zB auch die praktische Möglichkeit der Benutzung des Verkehrsmittels mit einem Rollstuhl zu berücksichtigen sein. Sollten die Ermittlungen ergeben, dass entsprechende Alternativen nicht oder nicht ausreichend bestanden haben, war der Kläger auf ein Kfz angewiesen.

18

In diesem Fall könnte dem Anspruch auf Kostenerstattung allerdings noch entgegenstehen, dass im Zeitpunkt der Anschaffung des Opel bereits ein (Familien-)Fahrzeug vorhanden war, mit dem der Vater zwar seinen Weg zur Arbeit zurücklegte, das aber nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) unter der Woche an zwei bis drei Tagen sowie am Wochenende für Dienstfahrten nicht benötigt wurde. Dass dieses Fahrzeug nicht im Eigentum des Klägers stand, ist unerheblich. Es ist eine Gesamtbetrachtung der Verhältnisse der Einstandsgemeinschaft geboten. Der Kläger war nämlich schon rein tatsächlich auch bei einem aus Sozialhilfemitteln angeschafften Kfz, immer auf die Unterstützung der Eltern zur Erreichung der Teilhabeziele angewiesen, weil er das Fahrzeug selbst gar nicht führen konnte. Dies entspricht dem Regelungskonzept des SGB XII, das ua in § 16 SGB XII mit dem Gebot familiengerechter Leistungen und in § 19 Abs 3 SGB XII zum Ausdruck kommt, wonach bei minderjährigen Kindern auch auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Eltern abzustellen ist(dazu gleich). Das umfassende Prinzip familiärer Solidarität mit der Pflicht zu Beistand und Rücksicht ist auch Grundlage der gesamten Ausgestaltung des Eltern-Kind-Verhältnisses im Bürgerlichen Gesetzbuch - BGB - (vgl § 1618a BGB; dazu Palandt, BGB, 73. Aufl 2014, § 1618a RdNr 1).

19

Sollte das Fahrzeug seiner Größe und Beschaffenheit nach - ggf nach einem behindertengerechten Umbau (§ 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-VO) - geeignet gewesen sein, damit auch den Kläger zu transportieren und durfte es - falls es sich um ein Dienstfahrzeug gehandelt hat - auch privat genutzt werden, wäre der Kläger weiterhin auf ein Kfz, nicht aber auf das Kfz (den Opel) angewiesen gewesen, für dessen Anschaffung er die Erstattung der Kosten begehrt. Denn er hätte wie Familien der maßgeblichen Vergleichsgruppe dann darauf verwiesen werden können, Termine so zu legen, dass das regelmäßig unter der Woche und an den Wochenenden zur Verfügung stehende Kfz für die Verwirklichung seiner Teilhabeziele eingesetzt wird, sollte dies auch behinderungsbedingt möglich gewesen sein und es zB keine Überforderung des Klägers mit sich gebracht haben, wenn verschiedene Termine auf einen Tag hätten gelegt werden müssen.

20

War das Kfz des Vaters hingegen nicht für Fahrten mit dem Kläger geeignet oder - wenn es sich um ein Dienstfahrzeug handelte - die private Nutzung nicht zugelassen, hätte der Beklagte ggf verlangen können, dass das vorhandene, nicht behindertengerechte Fahrzeug verkauft werde, um den Erlös zur Anschaffung eines angemessenen, behindertengerechten Fahrzeugs einzusetzen und damit das Teilhabeziel gleichermaßen zu erreichen. In diesem Fall hätte der Beklagte anstelle des Zuschusses nach § 8 Abs 1 Eingliederungshilfe-VO im Rahmen seines Ermessens gemäß § 8 Abs 2 Eingliederungshilfe-VO, der eine Ausprägung des Nachranggrundsatzes(§ 2 SGB XII) ist, Leistungen (ggf nur teilweise) als Darlehen zu gewähren brauchen. Der Verkauf des Fahrzeugs hätte insoweit eine Art der zumutbaren Selbsthilfe dargestellt.

21

Der Senat kann auch nicht abschließend beurteilen, ob der Kläger bedürftig war. Nach § 19 Abs 3 SGB XII ist Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nur zu leisten, soweit den Leistungsberechtigten und, wenn sie - wie hier der Kläger - minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach dem 11. Kapitel des SGB XII nicht zuzumuten ist, wozu bislang ebenfalls noch keine Feststellungen getroffen worden sind. Diese sind nicht entbehrlich, denn es handelt sich bei den Kosten für die Anschaffung des Opel nicht um eine privilegierte Hilfe zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB XII(zum Verhältnis von § 92 Abs 1 und Abs 2 Senatsurteil vom 22.3.2012 - B 8 SO 30/10 R -, BSGE 110, 301 ff RdNr 28 = SozR 4-3500 § 54 Nr 8). Hierfür wären spezifische, an der Person des behinderten Menschen ansetzende Maßnahmen notwendig, auf die die Hilfen ausgerichtet sein müssten; darüber hinaus müsste der Schwerpunkt der Hilfen bei spezifischen Bildungszielen liegen (ausführlich Senatsurteil vom 20.9.2012 - B 8 SO 15/11 R -, BSGE 112, 67 ff RdNr 20 = SozR 4-3500 § 92 Nr 1). An einem derartigen Personenbezug fehlt es aber bei der Hilfe zur Beschaffung eines Kfz.

22

Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können.

(2) Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel dieses Buches ist Personen zu leisten, die die Altersgrenze nach § 41 Absatz 2 erreicht haben oder das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können. Die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gehen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel vor.

(3) Hilfen zur Gesundheit, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten und Hilfen in anderen Lebenslagen werden nach dem Fünften bis Neunten Kapitel dieses Buches geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels dieses Buches nicht zuzumuten ist.

(4) Lebt eine Person bei ihren Eltern oder einem Elternteil und ist sie schwanger oder betreut ihr leibliches Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres, werden Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils nicht berücksichtigt.

(5) Ist den in den Absätzen 1 bis 3 genannten Personen die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen im Sinne der Absätze 1 und 2 möglich oder im Sinne des Absatzes 3 zuzumuten und sind Leistungen erbracht worden, haben sie dem Träger der Sozialhilfe die Aufwendungen in diesem Umfang zu ersetzen. Mehrere Verpflichtete haften als Gesamtschuldner.

(6) Der Anspruch der Berechtigten auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld steht, soweit die Leistung den Berechtigten erbracht worden wäre, nach ihrem Tode demjenigen zu, der die Leistung erbracht oder die Pflege geleistet hat.

(1) Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Nicht zum Einkommen gehören

1.
Leistungen nach diesem Buch,
2.
die Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen,
3.
Renten oder Beihilfen nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz,
4.
Aufwandsentschädigungen nach § 1835a des Bürgerlichen Gesetzbuchs kalenderjährlich bis zu dem in § 3 Nummer 26 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes genannten Betrag,
5.
Mutterschaftsgeld nach § 19 des Mutterschutzgesetzes,
6.
Einnahmen von Schülerinnen und Schülern allgemein- oder berufsbildender Schulen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, aus Erwerbstätigkeiten, die in den Schulferien ausgeübt werden; dies gilt nicht für Schülerinnen und Schüler, die einen Anspruch auf Ausbildungsvergütung haben,
7.
ein Betrag von insgesamt 520 Euro monatlich bei Leistungsberechtigten, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, und die
a)
eine nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung durchführen,
b)
eine nach § 57 Absatz 1 des Dritten Buches dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung, eine nach § 51 des Dritten Buches dem Grunde nach förderungsfähige berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme oder eine nach § 54a des Dritten Buches geförderte Einstiegsqualifizierung durchführen oder
c)
als Schülerinnen und Schüler allgemein- oder berufsbildender Schulen während der Schulzeit erwerbstätig sind,
8.
Aufwandsentschädigungen oder Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten, die nach § 3 Nummer 12, Nummer 26 oder Nummer 26a des Einkommensteuergesetzes steuerfrei sind, soweit diese einen Betrag in Höhe von 3 000 Euro kalenderjährlich nicht überschreiten und
9.
Erbschaften.
Einkünfte aus Rückerstattungen, die auf Vorauszahlungen beruhen, die Leistungsberechtigte aus dem Regelsatz erbracht haben, sind kein Einkommen. Bei Minderjährigen ist das Kindergeld dem jeweiligen Kind als Einkommen zuzurechnen, soweit es bei diesem zur Deckung des notwendigen Lebensunterhaltes, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 34, benötigt wird.

(2) Von dem Einkommen sind abzusetzen

1.
auf das Einkommen entrichtete Steuern,
2.
Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung,
3.
Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind, sowie geförderte Altersvorsorgebeiträge nach § 82 des Einkommensteuergesetzes, soweit sie den Mindesteigenbeitrag nach § 86 des Einkommensteuergesetzes nicht überschreiten, und
4.
die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben.
Erhält eine leistungsberechtigte Person aus einer Tätigkeit Bezüge oder Einnahmen, die als Taschengeld nach § 2 Nummer 4 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes oder nach § 2 Absatz 1 Nummer 4 des Jugendfreiwilligendienstgesetzes gezahlt werden, ist abweichend von Satz 1 Nummer 2 bis 4 und den Absätzen 3 und 6 ein Betrag von bis zu 250 Euro monatlich nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Soweit ein Betrag nach Satz 2 in Anspruch genommen wird, gelten die Beträge nach Absatz 3 Satz 1 zweiter Halbsatz und nach Absatz 6 Satz 1 zweiter Halbsatz insoweit als ausgeschöpft.

(3) Bei der Hilfe zum Lebensunterhalt und Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist ferner ein Betrag in Höhe von 30 vom Hundert des Einkommens aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit der Leistungsberechtigten abzusetzen, höchstens jedoch 50 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28. Abweichend von Satz 1 ist bei einer Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte Menschen oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches von dem Entgelt ein Achtel der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 zuzüglich 50 vom Hundert des diesen Betrag übersteigenden Entgelts abzusetzen. Im Übrigen kann in begründeten Fällen ein anderer als in Satz 1 festgelegter Betrag vom Einkommen abgesetzt werden.

(4) Bei der Hilfe zum Lebensunterhalt und Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist ferner ein Betrag von 100 Euro monatlich aus einer zusätzlichen Altersvorsorge der Leistungsberechtigten zuzüglich 30 vom Hundert des diesen Betrag übersteigenden Einkommens aus einer zusätzlichen Altersvorsorge der Leistungsberechtigten abzusetzen, höchstens jedoch 50 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28.

(5) Einkommen aus einer zusätzlichen Altersvorsorge im Sinne des Absatzes 4 ist jedes monatlich bis zum Lebensende ausgezahlte Einkommen, auf das der Leistungsberechtigte vor Erreichen der Regelaltersgrenze auf freiwilliger Grundlage Ansprüche erworben hat und das dazu bestimmt und geeignet ist, die Einkommenssituation des Leistungsberechtigten gegenüber möglichen Ansprüchen aus Zeiten einer Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach den §§ 1 bis 4 des Sechsten Buches, nach § 1 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte, aus beamtenrechtlichen Versorgungsansprüchen und aus Ansprüchen aus Zeiten einer Versicherungspflicht in einer Versicherungs- und Versorgungseinrichtung, die für Angehörige bestimmter Berufe errichtet ist, zu verbessern. Als Einkommen aus einer zusätzlichen Altersvorsorge gelten auch laufende Zahlungen aus

1.
einer betrieblichen Altersversorgung im Sinne des Betriebsrentengesetzes,
2.
einem nach § 5 des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes zertifizierten Altersvorsorgevertrag und
3.
einem nach § 5a des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes zertifizierten Basisrentenvertrag.
Werden bis zu zwölf Monatsleistungen aus einer zusätzlichen Altersvorsorge, insbesondere gemäß einer Vereinbarung nach § 10 Absatz 1 Nummer 2 Satz 3 erster Halbsatz des Einkommensteuergesetzes, zusammengefasst, so ist das Einkommen gleichmäßig auf den Zeitraum aufzuteilen, für den die Auszahlung erfolgte.

(6) Für Personen, die Leistungen der Hilfe zur Pflege, der Blindenhilfe oder Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Neunten Buch erhalten, ist ein Betrag in Höhe von 40 Prozent des Einkommens aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit der Leistungsberechtigten abzusetzen, höchstens jedoch 65 Prozent der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28.

(7) Einmalige Einnahmen, bei denen für den Monat des Zuflusses bereits Leistungen ohne Berücksichtigung der Einnahme erbracht worden sind, werden im Folgemonat berücksichtigt. Entfiele der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung in einem Monat, ist die einmalige Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig zu verteilen und mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen. In begründeten Einzelfällen ist der Anrechnungszeitraum nach Satz 2 angemessen zu verkürzen. Die Sätze 1 und 2 sind auch anzuwenden, soweit während des Leistungsbezugs eine Auszahlung zur Abfindung einer Kleinbetragsrente im Sinne des § 93 Absatz 3 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes oder nach § 3 Absatz 2 des Betriebsrentengesetzes erfolgt und durch den ausgezahlten Betrag das Vermögen überschritten wird, welches nach § 90 Absatz 2 Nummer 9 und Absatz 3 nicht einzusetzen ist.

(1) Bei der Hilfe nach dem Fünften bis Neunten Kapitel ist der nachfragenden Person und ihrem nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartner die Aufbringung der Mittel nicht zuzumuten, wenn während der Dauer des Bedarfs ihr monatliches Einkommen zusammen eine Einkommensgrenze nicht übersteigt, die sich ergibt aus

1.
einem Grundbetrag in Höhe des Zweifachen der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28,
2.
den Aufwendungen für die Unterkunft, soweit diese den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang nicht übersteigen und
3.
einem Familienzuschlag in Höhe des auf volle Euro aufgerundeten Betrages von 70 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für den nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartner und für jede Person, die von der nachfragenden Person, ihrem nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartner überwiegend unterhalten worden ist oder für die sie nach der Entscheidung über die Erbringung der Sozialhilfe unterhaltspflichtig werden.

(2) Ist die nachfragende Person minderjährig und unverheiratet, so ist ihr und ihren Eltern die Aufbringung der Mittel nicht zuzumuten, wenn während der Dauer des Bedarfs das monatliche Einkommen der nachfragenden Person und ihrer Eltern zusammen eine Einkommensgrenze nicht übersteigt, die sich ergibt aus

1.
einem Grundbetrag in Höhe des Zweifachen der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28,
2.
den Aufwendungen für die Unterkunft, soweit diese den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang nicht übersteigen und
3.
einem Familienzuschlag in Höhe des auf volle Euro aufgerundeten Betrages von 70 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für einen Elternteil, wenn die Eltern zusammenleben, sowie für die nachfragende Person und für jede Person, die von den Eltern oder der nachfragenden Person überwiegend unterhalten worden ist oder für die sie nach der Entscheidung über die Erbringung der Sozialhilfe unterhaltspflichtig werden.
Leben die Eltern nicht zusammen, richtet sich die Einkommensgrenze nach dem Elternteil, bei dem die nachfragende Person lebt. Lebt sie bei keinem Elternteil, bestimmt sich die Einkommensgrenze nach Absatz 1.

(3) Die Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 bestimmt sich nach dem Ort, an dem der Leistungsberechtigte die Leistung erhält. Bei der Leistung in einer Einrichtung sowie bei Unterbringung in einer anderen Familie oder bei den in § 107 genannten anderen Personen bestimmt er sich nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Leistungsberechtigten oder, wenn im Falle des Absatzes 2 auch das Einkommen seiner Eltern oder eines Elternteils maßgebend ist, nach deren gewöhnlichem Aufenthalt. Ist ein gewöhnlicher Aufenthalt im Inland nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln, ist Satz 1 anzuwenden.

(1) Soweit das zu berücksichtigende Einkommen die Einkommensgrenze übersteigt, ist die Aufbringung der Mittel in angemessenem Umfang zuzumuten. Bei der Prüfung, welcher Umfang angemessen ist, sind insbesondere die Art des Bedarfs, die Art oder Schwere der Behinderung oder der Pflegebedürftigkeit, die Dauer und Höhe der erforderlichen Aufwendungen sowie besondere Belastungen der nachfragenden Person und ihrer unterhaltsberechtigten Angehörigen zu berücksichtigen. Bei Pflegebedürftigen der Pflegegrade 4 und 5 und blinden Menschen nach § 72 ist ein Einsatz des Einkommens über der Einkommensgrenze in Höhe von mindestens 60 vom Hundert nicht zuzumuten.

(2) Verliert die nachfragende Person durch den Eintritt eines Bedarfsfalles ihr Einkommen ganz oder teilweise und ist ihr Bedarf nur von kurzer Dauer, so kann die Aufbringung der Mittel auch aus dem Einkommen verlangt werden, das sie innerhalb eines angemessenen Zeitraumes nach dem Wegfall des Bedarfs erwirbt und das die Einkommensgrenze übersteigt, jedoch nur insoweit, als ihr ohne den Verlust des Einkommens die Aufbringung der Mittel zuzumuten gewesen wäre.

(3) Bei einmaligen Leistungen zur Beschaffung von Bedarfsgegenständen, deren Gebrauch für mindestens ein Jahr bestimmt ist, kann die Aufbringung der Mittel nach Maßgabe des Absatzes 1 auch aus dem Einkommen verlangt werden, das die in § 19 Abs. 3 genannten Personen innerhalb eines Zeitraumes von bis zu drei Monaten nach Ablauf des Monats, in dem über die Leistung entschieden worden ist, erwerben.

(1) Bei der Hilfe nach dem Fünften bis Neunten Kapitel ist der nachfragenden Person und ihrem nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartner die Aufbringung der Mittel nicht zuzumuten, wenn während der Dauer des Bedarfs ihr monatliches Einkommen zusammen eine Einkommensgrenze nicht übersteigt, die sich ergibt aus

1.
einem Grundbetrag in Höhe des Zweifachen der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28,
2.
den Aufwendungen für die Unterkunft, soweit diese den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang nicht übersteigen und
3.
einem Familienzuschlag in Höhe des auf volle Euro aufgerundeten Betrages von 70 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für den nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartner und für jede Person, die von der nachfragenden Person, ihrem nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartner überwiegend unterhalten worden ist oder für die sie nach der Entscheidung über die Erbringung der Sozialhilfe unterhaltspflichtig werden.

(2) Ist die nachfragende Person minderjährig und unverheiratet, so ist ihr und ihren Eltern die Aufbringung der Mittel nicht zuzumuten, wenn während der Dauer des Bedarfs das monatliche Einkommen der nachfragenden Person und ihrer Eltern zusammen eine Einkommensgrenze nicht übersteigt, die sich ergibt aus

1.
einem Grundbetrag in Höhe des Zweifachen der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28,
2.
den Aufwendungen für die Unterkunft, soweit diese den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang nicht übersteigen und
3.
einem Familienzuschlag in Höhe des auf volle Euro aufgerundeten Betrages von 70 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für einen Elternteil, wenn die Eltern zusammenleben, sowie für die nachfragende Person und für jede Person, die von den Eltern oder der nachfragenden Person überwiegend unterhalten worden ist oder für die sie nach der Entscheidung über die Erbringung der Sozialhilfe unterhaltspflichtig werden.
Leben die Eltern nicht zusammen, richtet sich die Einkommensgrenze nach dem Elternteil, bei dem die nachfragende Person lebt. Lebt sie bei keinem Elternteil, bestimmt sich die Einkommensgrenze nach Absatz 1.

(3) Die Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 bestimmt sich nach dem Ort, an dem der Leistungsberechtigte die Leistung erhält. Bei der Leistung in einer Einrichtung sowie bei Unterbringung in einer anderen Familie oder bei den in § 107 genannten anderen Personen bestimmt er sich nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Leistungsberechtigten oder, wenn im Falle des Absatzes 2 auch das Einkommen seiner Eltern oder eines Elternteils maßgebend ist, nach deren gewöhnlichem Aufenthalt. Ist ein gewöhnlicher Aufenthalt im Inland nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln, ist Satz 1 anzuwenden.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 24. November 2011, soweit es über die Berufung im Verfahren - S 12 SO 33/09 - entschieden hat, aufgehoben und die Sache insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit sind noch die Kosten für die Anschaffung eines Kraftfahrzeugs (Kfz) Opel Vivaro (im April 2008).

2

Der 2003 geborene Kläger leidet an einer Lissenzephalie Typ I (durch eine Genmutation bewirkte, unvollständige Entwicklung des Gehirns). Er ist deshalb in seiner Entwicklung erheblich verzögert, auf den Rollstuhl angewiesen; er leidet zudem unter Epilepsie, verbunden mit Krampfanfällen. Ein Grad der Behinderung von 100 sowie die Merkzeichen "aG", "G", "B" und "H" sind festgestellt. Seit 1.12.2008 erhält er Pflegegeld von der Pflegekasse nach Pflegestufe III und wird zu Hause von seiner Mutter betreut, weil er wegen behinderungsbedingter Überforderung keinen Kindergarten besuchen kann. Der Vater des Klägers arbeitet an zwei bis drei Tagen pro Woche zu Hause, an den übrigen Wochentagen an seinem Dienstort. Für den Weg dorthin nutzte er ein - weiteres - Kfz.

3

Anfang Januar 2008 beantragte der Vater für den Kläger die Übernahme der Kosten für die Anschaffung eines behindertengerechten Kfz, um im Rollstuhl sitzend transportiert werden zu können. Seit der Geburt der Schwester könne der Rollstuhl nicht mehr (zusammen mit deren Kinderwagen) im Kofferraum des der Mutter zur Verfügung stehenden Kfz transportiert werden, ohne zuvor auseinandergenommen zu werden. Man sei auf ein zweites Fahrzeug angewiesen. Dieses werde für den Weg zu Therapien (therapeutisches Reiten, Krankengymnastik), für Arztbesuche, Ausflüge, Urlaube, den Besuch von Kultur- und Sportveranstaltungen sowie des Gottesdienstes und für Einkäufe und sonstige Erledigungen bei einer Gesamtfahrleistung von 1520 km pro Monat benötigt.

4

Im April 2008 erwarb der Kläger, finanziert durch den Vater, einen gebrauchten Opel Vivaro (Opel) zum Preis von 13 350 Euro, nachdem er dem Beklagten im März 2008 mitgeteilt hatte, das bisher von seiner Frau für Fahrten mit dem Kläger genutzte Kfz sei kaputtgegangen. Der Arbeitgeber des Vaters gab hierfür einen Zuschuss von 2500 Euro. Der Beklagte lehnte den Antrag auf Kostenübernahme für die Anschaffung des Opel ab (Bescheid vom 27.10.2008; Widerspruchsbescheid vom 11.2.2009).

5

Während die Klage erstinstanzlich insoweit erfolgreich war, als der Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide verurteilt worden ist, den Antrag des Klägers auf Übernahme von Leistungen der Eingliederungshilfe zur Beschaffung eines Kfz neu zu bescheiden (Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 5.5.2010, - S 12 SO 33/09), wies das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz auf die Berufung des Beklagten die mit dem Verfahren S 12 SO 119/09 (Übernahme von Kosten für Inspektion und Instandhaltung des Opel) verbundene Klage ab (Urteil vom 24.11.2011). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, der Kläger sei nicht zur Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft ständig auf ein Fahrzeug angewiesen. Fahrten zu Ärzten seien ohne Bedeutung, weil entsprechende Aufwendungen von der Krankenkasse zu tragen seien. Dies gelte grundsätzlich auch für Fahrten zum therapeutischen Reiten, selbst wenn die Krankenkasse die Therapiekosten nicht, die Beihilfestelle des Vaters des Klägers die Kosten nur zu 80 % übernehme. Einkaufsfahrten könnten auch ohne den Kläger durchgeführt werden, weil der Vater regelmäßig zu Hause arbeite und seine Betreuung damit sichergestellt sei. Für die Teilhabe im Übrigen genüge das Angebot des Beklagten, den Behindertenfahrdienst in Anspruch nehmen zu können, weil damit soziale Kontakte im näheren Umfeld gepflegt werden könnten. Überörtliche Mobilität sicherzustellen sei nicht das Ziel der Eingliederungshilfe. Auch Personen, die nicht behindert seien, denen aber aus wirtschaftlichen oder familiären Gründen kein Kfz zur Verfügung stehe, könnten am überörtlichen sozialen Leben nicht oder nur bedingt teilhaben. Weitere Aktivitäten über das örtliche Umfeld hinaus seien folglich ggf förderlich, nicht aber notwendig im sozialhilferechtlichen Sinn. Die Grundversorgung des Klägers sei nicht zuletzt durch die wohnumfeldverbessernden Maßnahmen, die der Beklagte gefördert habe, gesichert.

6

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung der § 53 Abs 1 Satz 1, § 54 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII), § 55 Abs 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) iVm § 8 Abs 1 der Verordnung nach § 60 SGB XII (Eingliederungshilfe-Verordnung) sowie der Grundsätze der UN-Behindertenrechtskonvention. Das LSG habe verkannt, dass das Ziel der Eingliederungshilfe nicht die Gleichstellung behinderter und nicht behinderter Sozialhilfeempfänger, sondern behinderter und nicht behinderter Menschen ohne Rücksicht auf ihre Bedürftigkeit sei. An das "Angewiesensein zur Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft" seien keine strengeren Anforderungen zu stellen als an die Teilhabe am Arbeitsleben. Das "Angewiesensein" sei für jeden Einzelfall aufgrund Art und Ausmaß der bestehenden Behinderung in zeitlicher und tatsächlicher Hinsicht zu überprüfen. Erst durch die mithilfe eines Kfz gesicherte Mobilität werde ihm eine menschenwürdige Entwicklung und Persönlichkeitsbildung ermöglicht.

7

Der Kläger beantragt, nachdem er in der mündlichen Verhandlung seine Revision bezogen auf das ursprünglich unter dem Aktenzeichen S 12 SO 119/09 geführte Verfahren zurückgenommen hat,

        

das Urteil des LSG abzuändern und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG - S 12 SO 33/09 - zurückzuweisen.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung des Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz), weil tatsächliche Feststellungen des LSG (§ 163 SGG)für eine abschließende Entscheidung fehlen.

11

Gegenstand des Verfahrens ist, nachdem der Kläger die Revision hinsichtlich der im ursprünglichen Verfahren S 12 SO 119/09 noch streitbefangenen Ansprüche zurückgenommen hat, nur noch der Bescheid vom 27.10.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.2.2009 (§ 95 SGG), mit dem der Beklagte abgelehnt hat, die Kosten für die Anschaffung des Opel zu erstatten. Dagegen hat sich der Kläger bei zutreffender Auslegung seines Begehrens eigentlich mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1, § 56 SGG) gewandt, gerichtet auf Erlass eines Grundurteils (§ 130 Abs 1 Satz 1 SGG). In der mündlichen Verhandlung vor dem SG hatte der Kläger allerdings lediglich den Antrag formuliert, die angefochtenen Bescheide aufzuheben und den Beklagten zur Neubescheidung seines Antrags zu verurteilen (kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsbescheidungsklage, § 54 Abs 1, § 131 Abs 2 Satz 2 iVm Abs 3 SGG), wozu das SG den Beklagten auch verurteilt hat. Da der Kläger nicht in Berufung gegangen ist, ist eine weiter gehende Entscheidung nicht möglich.

12

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Anschaffung des Opel gegen den gemäß § 98 Abs 1, § 97 Abs 1 SGB XII örtlich und sachlich zuständigen Landkreis Neuwied als örtlichen Träger der Sozialhilfe(§ 3 Abs 2 SGB XII, § 1 Landesgesetz zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch SGB XII vom 22.12.2004 - Gesetz- und Verordnungsblatt 571; zur eigenständigen Prüfung des Landesrechts ist der Senat mangels Berücksichtigung durch das LSG befugt - vgl nur BSGE 103, 39 ff RdNr 12 = SozR 4-2800 § 10 Nr 1; ob der Kreis nach § 3 Abs 1 AGSGB XII durch Satzung eine Verbandsgemeinde oder verbandsfreie Gemeinde zur eigenständigen Erledigung der Aufgaben der Sozialhilfe herangezogen hat, wird das LSG allerdings noch zu prüfen haben) ist § 19 Abs 3(idF, die die Norm durch das Gesetz zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 20.4.2007 - BGBl I 554 - erhalten hat) iVm § 53 Abs 1 Satz 1 und § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII(beide idF, die die Normen durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022 - erhalten haben), § 55 SGB IX und § 8 Eingliederungshilfe-VO(idF, die die Norm durch das Gesetz vom 27.12.2003 erhalten hat; zur Unanwendbarkeit des § 15 Abs 1 Satz 4 SGB IX in diesen Fällen vgl: BSGE 103, 171 ff RdNr 12 = SozR 4-3500 § 54 Nr 5; BSG SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 20). Ob der Beklagte allgemein bestimmt hat, dass im Widerspruchsverfahren sozial erfahrene Dritte (§ 116 SGB XII) zu beteiligen sind (vgl § 12 AGSGB XII), mag das LSG hingegen noch verifizieren. Da sich der geltend gemachte Anspruch auf eine Geldleistung richtet, ist es rechtlich unerheblich, dass der Kläger den Opel schon vor Erlass des Ablehnungsbescheids gekauft hat; deshalb stehen §§ 2, 18 SGB XII (Nachrang der Sozialhilfe; Leistung erst ab Kenntnis des Sozialhilfeträgers) einer Leistungsgewährung nicht entgegen (BSG SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 21). Nur für die Frage, ob ein Leistungsanspruch besteht, ist auf die Rechtslage im Zeitpunkt der Entstehung (Fälligkeit) der Kosten (April 2008) abzustellen (BSG, aaO, RdNr 19). Einem Kostenerstattungsanspruch steht nicht entgegen, dass der Vater bzw die Eltern des Klägers die angefallenen Kosten bereits gezahlt hat bzw haben (dazu ausführlich BSGE 112, 67 ff RdNr 25 = SozR 4-3500 § 92 Nr 1).

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Der Kläger erfüllt die personenbezogenen Voraussetzungen des § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII, wonach Leistungen der Eingliederungshilfe - als gebundene Leistung(BSG SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 25)- (nur) an Personen erbracht werden, die durch eine Behinderung iS des § 2 Abs 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art und Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Denn der Kläger ist durch seine Gehbehinderung in seiner körperlichen (§ 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII iVm § 1 Nr 4 Eingliederungshilfe-VO)und durch die unvollständige Entwicklung seines Gehirns auch in seiner geistigen Funktion wesentlich (zur Wesentlichkeit vgl nur BSGE 112, 196 ff RdNr 14 mwN = SozR 4-3500 § 54 Nr 10) behindert (§ 2 Abs 1 SGB IX, § 2 Eingliederungshilfe-VO).

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Ob er allerdings iS des § 8 Abs 1 Satz 2 Eingliederungshilfe-VO auf den Opel zur Eingliederung in die Gemeinschaft tatsächlich angewiesen ist, kann der Senat wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen des LSG(§ 163 SGG)nicht abschließend beurteilen. Die Leistungen der Eingliederungshilfe werden durch § 54 Abs 1 SGB XII iVm §§ 26, 33, 41 und 55 SGB IX und durch die auf der Ermächtigungsgrundlage des § 60 SGB XII erlassene Eingliederungshilfe-VO konkretisiert. Die Hilfe zur Beschaffung eines Kfz wird nach § 8 Abs 1 Satz 1 Eingliederungshilfe-VO iVm Satz 2 in angemessenem Umfang gewährt, wenn der behinderte Mensch wegen Art oder Schwere seiner Behinderung insbesondere zur Teilhabe am Arbeitsleben auf die Benutzung des Kfz angewiesen ist.

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In Hinblick auf das bei jeder Eingliederungsmaßnahme zu prüfende Merkmal der Notwendigkeit (§ 4 Abs 1 SGB IX)ist dies nur zu bejahen, wenn das Kfz als grundsätzlich geeignete Eingliederungsmaßnahme unentbehrlich zum Erreichen der Eingliederungsziele ist (BSGE 112, 67 ff RdNr 14 = SozR 4-3500 § 92 Nr 1), die darin liegen (vgl § 53 Abs 3 Satz 1 SGB XII), eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und den behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Dabei ist dem behinderten Menschen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihm die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder ihn so weit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen (§ 53 Abs 2 Satz 2 SGB XII, § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII iVm § 55 Abs 1 SGB IX). In welchem Maß und durch welche Aktivitäten ein behinderter Mensch am Leben in der Gemeinschaft teilnimmt, ist abhängig von seinen individuellen Bedürfnissen unter Berücksichtigung seiner Wünsche (§ 9 Abs 2 SGB XII), bei behinderten Kindern der Wünsche seiner Eltern, orientiert am Kindeswohl nach den Umständen des Einzelfalls. Es gilt mithin ein individueller und personenzentrierter Maßstab, der regelmäßig einer pauschalierenden Betrachtung des Hilfefalls entgegensteht (BSG SozR 4-3500 § 54 Nr 6 RdNr 22; SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 25 f).

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Danach war vorliegend die Anschaffung des Kfz zum Erreichen der Eingliederungsziele grundsätzlich geeignet. Denn der Kläger benötigte ein Kfz, um mehrmals die Woche an einem therapeutischen Reiten teilzunehmen, regelmäßig Ausflüge in den Park zu unternehmen und Verwandten- und Bekanntenbesuche durchzuführen, Kultur- und Sportveranstaltungen sowie den Gottesdienst zu besuchen und seine Eltern bei Einkäufen und sonstigen Erledigungen zu begleiten. Ob Fahrten zum Einkaufen auch ohne den Kläger hätten durchgeführt werden können oder die Fahrten in ihrer Häufigkeit nicht denen mit nicht behinderten Kindern entsprachen, ist entgegen der Auffassung des LSG im Hinblick auf den anzulegenden individuellen Maßstab ohne Belang. Insbesondere ist hinsichtlich des Vergleichsmaßstabs für den Umfang der gesellschaftlichen Kontakte hier der Umstand wesentlich zu beachten, dass der Kläger wegen der Schwere seiner Behinderung keinen Kindergarten und keine Schule besuchen konnte, ihm also lediglich Aktivitäten außerhalb dieses gesellschaftlichen Bereichs verblieben, um überhaupt am Leben in der Gemeinschaft teilzuhaben. Deshalb können Einkaufsfahrten oder regelmäßige Besuche von Verwandten und Freunden zur Teilhabe erforderlich gewesen sein, wenn auf andere Art und Weise ein Erleben von üblichen gesellschaftlichen Kontakten mit Menschen außerhalb der Familie und das Erlernen von entsprechenden Umgangsformen und Verhaltensweisen nicht hinreichend möglich waren und die Fahrten gerade deshalb mit dem Kläger unternommen wurden. Insoweit gingen seine zu berücksichtigenden Teilhabebedürfnisse über die eines nicht behinderten nicht sozialhilfebedürftigen Kindes gleichen Alters - das die maßgebliche Vergleichsgruppe darstellt - hinaus. Die Auffassung des LSG, der Kläger hätte sich mit einer Integration in das nähere häusliche Umfeld begnügen müssen, für die kein Kfz benötigt werde, steht mit dem anzulegenden Prüfungsmaßstab nicht in Einklang. Ebenso wenig muss sich der Kläger darauf verweisen lassen, ihm habe zu Hause ein Therapieraum zur Verfügung gestanden, der neben anderen Leistungen sog ambulanter Hilfe (zB Frühförderung, sonstiger Umbaumaßnahmen) eine Förderung seiner Entwicklung zugelassen habe. Ohnedies ist nicht erkennbar, inwieweit diese Hilfen überhaupt auf die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft gerichtet waren. Wie ausgeführt, bestimmen zudem nicht die Vorstellungen des Beklagten die Reichweite und Häufigkeit der Teilhabe des behinderten Menschen, sondern dessen angemessene Wünsche; für eine "Saldierung" von Leistungen existiert keine Rechtsgrundlage. Irrelevant ist außerdem, ob von dritter Seite, zB der Krankenkasse, eine bestimmte Zahl von Fahrten mit dem eigenen Kfz finanziert wurde, weil dies die Regelmäßigkeit der übrigen Fahrten nicht berührt und auf deren Notwendigkeit keinen Einfluss hat. Der Senat setzt sich damit auch nicht in Widerspruch zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, nach der das Angewiesensein auf ein Kfz eine ständige, nicht nur vereinzelte oder nur gelegentliche Nutzung voraussetzen soll (BVerwGE 55, 31, 33; 111, 328, 330 f).

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Es fehlen jedoch tatsächliche Feststellungen des LSG dazu (§ 163 SGG), ob die Anschaffung des Opel unentbehrlich zum Erreichen der Eingliederungsziele war oder ob andere Möglichkeiten als die Benutzung eines Kfz zur Verwirklichung der Teilhabeziele zumutbar hätten genutzt werden können. Das Angewiesensein auf ein Kfz wäre nämlich dann zu verneinen, wenn die Teilhabeziele mit dem öffentlichen Personennahverkehr und ggf unter ergänzender Inanspruchnahme des Behindertenfahrdienstes zumutbar hätten verwirklicht werden können. Dabei wird neben regelmäßigen Verkehrszeiten zB auch die praktische Möglichkeit der Benutzung des Verkehrsmittels mit einem Rollstuhl zu berücksichtigen sein. Sollten die Ermittlungen ergeben, dass entsprechende Alternativen nicht oder nicht ausreichend bestanden haben, war der Kläger auf ein Kfz angewiesen.

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In diesem Fall könnte dem Anspruch auf Kostenerstattung allerdings noch entgegenstehen, dass im Zeitpunkt der Anschaffung des Opel bereits ein (Familien-)Fahrzeug vorhanden war, mit dem der Vater zwar seinen Weg zur Arbeit zurücklegte, das aber nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) unter der Woche an zwei bis drei Tagen sowie am Wochenende für Dienstfahrten nicht benötigt wurde. Dass dieses Fahrzeug nicht im Eigentum des Klägers stand, ist unerheblich. Es ist eine Gesamtbetrachtung der Verhältnisse der Einstandsgemeinschaft geboten. Der Kläger war nämlich schon rein tatsächlich auch bei einem aus Sozialhilfemitteln angeschafften Kfz, immer auf die Unterstützung der Eltern zur Erreichung der Teilhabeziele angewiesen, weil er das Fahrzeug selbst gar nicht führen konnte. Dies entspricht dem Regelungskonzept des SGB XII, das ua in § 16 SGB XII mit dem Gebot familiengerechter Leistungen und in § 19 Abs 3 SGB XII zum Ausdruck kommt, wonach bei minderjährigen Kindern auch auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Eltern abzustellen ist(dazu gleich). Das umfassende Prinzip familiärer Solidarität mit der Pflicht zu Beistand und Rücksicht ist auch Grundlage der gesamten Ausgestaltung des Eltern-Kind-Verhältnisses im Bürgerlichen Gesetzbuch - BGB - (vgl § 1618a BGB; dazu Palandt, BGB, 73. Aufl 2014, § 1618a RdNr 1).

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Sollte das Fahrzeug seiner Größe und Beschaffenheit nach - ggf nach einem behindertengerechten Umbau (§ 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-VO) - geeignet gewesen sein, damit auch den Kläger zu transportieren und durfte es - falls es sich um ein Dienstfahrzeug gehandelt hat - auch privat genutzt werden, wäre der Kläger weiterhin auf ein Kfz, nicht aber auf das Kfz (den Opel) angewiesen gewesen, für dessen Anschaffung er die Erstattung der Kosten begehrt. Denn er hätte wie Familien der maßgeblichen Vergleichsgruppe dann darauf verwiesen werden können, Termine so zu legen, dass das regelmäßig unter der Woche und an den Wochenenden zur Verfügung stehende Kfz für die Verwirklichung seiner Teilhabeziele eingesetzt wird, sollte dies auch behinderungsbedingt möglich gewesen sein und es zB keine Überforderung des Klägers mit sich gebracht haben, wenn verschiedene Termine auf einen Tag hätten gelegt werden müssen.

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War das Kfz des Vaters hingegen nicht für Fahrten mit dem Kläger geeignet oder - wenn es sich um ein Dienstfahrzeug handelte - die private Nutzung nicht zugelassen, hätte der Beklagte ggf verlangen können, dass das vorhandene, nicht behindertengerechte Fahrzeug verkauft werde, um den Erlös zur Anschaffung eines angemessenen, behindertengerechten Fahrzeugs einzusetzen und damit das Teilhabeziel gleichermaßen zu erreichen. In diesem Fall hätte der Beklagte anstelle des Zuschusses nach § 8 Abs 1 Eingliederungshilfe-VO im Rahmen seines Ermessens gemäß § 8 Abs 2 Eingliederungshilfe-VO, der eine Ausprägung des Nachranggrundsatzes(§ 2 SGB XII) ist, Leistungen (ggf nur teilweise) als Darlehen zu gewähren brauchen. Der Verkauf des Fahrzeugs hätte insoweit eine Art der zumutbaren Selbsthilfe dargestellt.

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Der Senat kann auch nicht abschließend beurteilen, ob der Kläger bedürftig war. Nach § 19 Abs 3 SGB XII ist Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nur zu leisten, soweit den Leistungsberechtigten und, wenn sie - wie hier der Kläger - minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach dem 11. Kapitel des SGB XII nicht zuzumuten ist, wozu bislang ebenfalls noch keine Feststellungen getroffen worden sind. Diese sind nicht entbehrlich, denn es handelt sich bei den Kosten für die Anschaffung des Opel nicht um eine privilegierte Hilfe zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB XII(zum Verhältnis von § 92 Abs 1 und Abs 2 Senatsurteil vom 22.3.2012 - B 8 SO 30/10 R -, BSGE 110, 301 ff RdNr 28 = SozR 4-3500 § 54 Nr 8). Hierfür wären spezifische, an der Person des behinderten Menschen ansetzende Maßnahmen notwendig, auf die die Hilfen ausgerichtet sein müssten; darüber hinaus müsste der Schwerpunkt der Hilfen bei spezifischen Bildungszielen liegen (ausführlich Senatsurteil vom 20.9.2012 - B 8 SO 15/11 R -, BSGE 112, 67 ff RdNr 20 = SozR 4-3500 § 92 Nr 1). An einem derartigen Personenbezug fehlt es aber bei der Hilfe zur Beschaffung eines Kfz.

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Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.