Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 17. Mai 2018 - L 7 AS 4682/17

bei uns veröffentlicht am17.05.2018

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 10. November 2017 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist die Versagung des Regelbedarfs nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit von Dezember 2014 bis Mai 2015 streitig.
Der 1964 geborene Kläger lebt zusammen mit seiner Ehefrau und den beiden gemeinsamen 2007 und 2010 geborenen Kindern L. und Y.. Die Ehefrau und die Kinder sind Staatsangehörige der Russischen Föderation. Im Mai 2011 beantragte der Kläger für sich, seine Ehefrau und die gemeinsamen Kinder Leistungen nach dem SGB II. Hierbei legte er seinen am 22. Oktober 2002 durch die Stadt B. ausgestellten, bis 21. Oktober 2012 gültigen deutschen Personalausweis vor. In der Folgezeit bezog der Kläger Leistungen nach dem SGB II. Zuletzt wurden ihm auf den Weiterbewilligungsantrag vom 21. Mai 2014 mit Bewilligungsbescheid vom 26. Mai 2014 und Änderungsbescheid vom 22. August 2014 vorläufige Leistungen für die Zeit vom 1. Juni 2014 bis 30. November 2014 bewilligt.
Mit Schreiben vom 10. November 2014 beantragte der Kläger beim Beklagten die Gewährung von 200,00 EUR als Zusatzbedarf für die Beschaffung von Winterbekleidung für die beiden Kindern L. und Y. oder ersatzweise die Ausstellung entsprechender Gutscheine. Mit Bescheid vom 18. November 2014 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies er mit Widerspruchsbescheid vom 24. November 2014 zurück. Hiergegen hat der Kläger am 4. Dezember 2014 Klage zum Sozialgericht (SG) Konstanz erhoben (S 3 AS 3065/14).
Ab Sommer 2013 führten die Schreiben des Klägers u.a. folgenden Briefkopf:
„A.: a. d. H. K. mit Familiennamen G.
Angehöriger und Souverän des Freistaat Preußen
Staatsangehöriger nach Artikel 116 Abs. 2 Grundgesetz der BRD vom 23.05.1949 (Statusdeutscher)
Für mich gilt das Völkerrecht auf Basis Artikel 25 Grundgesetz der BRD vom 23.05.1949.“
Am 29. Mai 2014 legte der Kläger einen am 8. April 2014 von der „administrativen Regierung Freistaat Preußen“ ausgestellten „Staatsangehörigkeitsausweis“ vor. Am 14. November 2014 stellte der Kläger für sich und die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen beim Beklagten den Antrag auf Weiterbewilligung der Leistungen ab dem 1. Dezember 2014. Mit Schreiben vom 18. November 2014 forderte ihn der Beklagte zur Vorlage von Personalausweisen bzw. Reisepässen aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft auf. Für den Fall, dass die genannten Dokumente nicht bis zum 25. November 2014 vorgelegt würden, seien die Geldleistungen wegen fehlender Mitwirkung zu versagen. Vorgelegt wurden daraufhin die russischen Personenstandsdokumente der Ehefrau und der beiden Kinder; der Kläger legte lediglich eine Kopie seiner Geburtsurkunde vor. Mit Schreiben vom 21. November 2014 erklärte der Kläger, aus Gründen völkerrechtlicher Vereinbarungen nicht der Meldepflicht und auch nicht einer Personalausweispflicht zu unterliegen.
Mit Bescheid vom 25. November 2014 und Änderungsbescheid vom 2. Dezember 2014 bewilligte der Beklagte dem Kläger und den mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen Leistungen für die Zeit vom 1. Dezember 2014 bis zum 31. Mai 2015, wobei für den Kläger lediglich die Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie anteilige Kosten für Unterkunft und Heizung bewilligt wurden, nicht jedoch Leistungen für den Regelbedarf.
Mit weiterem Bescheid vom 25. November 2014 versagte der Beklagte dem Kläger den Regelbedarf für Dezember 2014 bis Mai 2015. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger sei aufgefordert worden, seinen Personalausweis vorzulegen. Dieser Aufforderung sei er nicht nachgekommen, indem er lediglich einen „Staatsangehörigkeitsausweis des Freistaates Preußen“ sowie einen nicht beglaubigten Auszug aus dem Geburtenregister der Stadt W. vorgelegt habe. Die eingereichten Unterlagen stellten nicht den erforderlichen Identitätsnachweis dar. Die Vorlage eines Identitätsnachweises in Form der Vorlage des Personalausweises sei eine stillschweigende Anspruchsvoraussetzung im SGB II. Der Kläger sei seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen und habe die Aufklärung des Sachverhaltes erheblich erschwert. Der Anspruch auf den Regelbedarf bleibe deshalb solange versagt, bis er einen Identitätsnachweis vorlege, der den Anforderungen des Mitwirkungsschreibens vom 18. November 2014 i. V. m. § 1 Satz 2 Personalausweisgesetz (PAuswG) entspreche. Die Entscheidung beruhe auf §§ 60, 66 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I). Das in § 66 Abs. 1 SGB I eingeräumte Ermessen sei dahin ausgeübt worden, dass das öffentliche Interesse an der Rechtmäßigkeit der Verwaltung und einer ordnungsgemäßen Entscheidung höher bewertet werde als die Belastung des Klägers. Es widerspräche dem Gebot der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit der Verwendung und dem Einsatz von Mitteln der Grundsicherung für Erwerbsfähige, wenn dem Kläger Leistungen gewährt würden, ohne dass seine Zugangsvoraussetzungen für einen Leistungsbezug im Sinne des SGB II geprüft werden könnten.
Hiergegen legte der Kläger am 2. Dezember 2014 Widerspruch ein mit der Begründung, eine Personalausweispflicht bestehe nicht. Mit Widerspruchsbescheid vom 3. Dezember 2014 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, die Vorlage eines Identitätsnachweises sei eine vom Gesetzgeber stillschweigend vorausgesetzte Anspruchsvoraussetzung. Die Identität des Widerspruchsführers sei keinesfalls eindeutig nachgewiesen. Insbesondere genüge die Vorlage einer nicht beglaubigten Geburtsurkunde nicht als Identitätsnachweis. Die Erbringung von SGB II-Leistungen an beliebige nicht identifizierbare Personen sei vom Gesetzgeber gerade nicht gewollt. Dadurch, dass kein Identifikationsnachweis vorgelegt worden sei, sei die Existenz des Widerspruchsführers auch nicht eindeutig nachgewiesen. Deutsche Staatsangehörige müssten ab Vollendung des 16. Lebensjahres einen Ausweis zur Feststellung der Identität besitzen. Dies ergebe sich aus § 1 PAuswG. Er diene der Feststellung der Person im Sinne des § 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und der staatsbürgerlichen Pflicht, einen gültigen Identitätsnachweis zu besitzen und einer berechtigten Behörde – hier dem Jobcenter – vorzulegen (§ 1 Abs. 1 Satz 2 PAuswG). Der Kläger habe bislang auch keinen ausreichenden Identitätsnachweis vorgelegt. Einen solchen stelle insbesondere der von der „administrativen Regierung des Freistaates Preußen“ ausgestellte „Staatsangehörigkeitsausweis“ nicht dar. Es reiche zum Nachweis der eigenen Identität nicht aus, dass man von Freunden, Bekannten oder sonstigen Dritten hergestellte Schriftstücke übersende, die die „Staatsangehörigkeit“ zu einem nicht existierenden Land behaupteten.
10 
Hiergegen hat der Kläger mit Schreiben vom 10. Dezember 2014, beim SG Konstanz am 12. Dezember 2014 eingegangen, Klage erhoben (Az. S 3 AS 3177/14). Der Kläger hat ein von ihm verfasstes, an die „Firma Bundesverwaltungsgericht“ adressiertes Schreiben vom 30. Dezember 2014 vorgelegt, in welchem u. a. ausgeführt wird, von den Mitarbeitern der „privaten Firma Bürgermeisteramt B.“ sei die Rückgabe und Vernichtung der Personalausweise gemäß § 27 Abs. 11 PAuswG wegen ungültiger Erklärungen im Sinne von § 28 Abs. 12 i. V. m. § 5 Abs. 2 Nrn. 1 und 10 PAuswG und die unwiderrufliche Löschung der erhobenen personenbezogenen Daten nach §§ 4, 4a, 20 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) gefordert worden. Er hat dort weiter vorgetragen, weder der Personalausweis noch der deutsche Reisepass seien ein Nachweis über den Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit nach Artikel 116 Abs. 1 Grundgesetz (GG) für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 oder der Staatsangehörigkeit zu den Bundesstaaten nach Artikel 116 Abs. 2 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949. Sie begründeten lediglich die Vermutung, dass der Ausweisinhaber die deutsche Staatsangehörigkeit besitze. Tatsächlich sei dies aber rechtlich nur möglich über einen Staatsangehörigkeitsausweis. Da die Bundesrepublik Deutschland als „Verwaltung der Vereinten Wirtschaftsgebiete ausweislich des Firmenregisters mit der Registrierungsnummer X Hauptverantwortlicher J. G. mit der (SIC) Nr. Y Geschäftssitz: Platz der Republik 1 in 11011 Berlin“ eine private Firma sei, gebe sie folgerichtig Personalausweise aus, die nicht den Menschen, sondern die juristische Person titulierten, ohne dass damit eine Staatsangehörigkeit bescheinigt werde. Da er jedoch Mensch und kein Personal einer privaten Firma sei, bestehe er auf seinem Völkerrecht und allen seinen Abstammungsrechten und fordere nach der Rücknahme auch die Vernichtung der ihm unter Täuschung im Rechtsverkehr als behauptete amtliche Dokumente aufgenötigten Dienstausweise der „privaten Firma“ unter Verletzung der genannten Pflicht. Er fordere die unverzügliche Abmeldung der „privaten Firma“, der er fristlos gekündigt habe. Dazu gehöre auch die Information des Einwohnermeldeamts, dass er jetzt nicht mehr deutsch sei und somit entsprechend der Genfer Konventionen, unter deren Schutz stehend, die gleichen Rechte garantiert bekomme wie die Ausländer auch, die nachweisen könnten, dass sie als Staatsangehörige eines Drittstaats unter dem Schutz der Genfer Konvention stünden; dazu gehöre das bedingungslose Grundeinkommen nach der Haager Landkriegsordnung (HLKO), welches die wissenden Ausländer selbstverständlich alle vom Sozialamt gezahlt bekämen, so wie es die „BRD“ im Pakt für bürgerliche und politische Rechte garantiert habe. Weiter vorgelegt wurde eine „Generalanordnung“ der „administrativen Regierung Freistaat Preußen“ vom 13. Dezember 2014, auf die Bezug genommen wird.
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Mit Schreiben vom 16. Januar 2015 hat der Kläger erneut den „Staatsangehörigkeitsausweis“ des „Freistaates Preußen“ vom 8. April 2014, einen unter dem gleichen Datum ausgestellten „Heimatschein“ des „Freistaates Preußen“ für den Aufenthalt im Ausland, sowie erneut eine Geburtsurkunde vorgelegt.
12 
Der Kläger hat weiter ein an die „private Firma Staatsanwaltschaft Abteilung Wirtschaftskriminalität“ K. gerichtetes Schreiben vom 24. Februar 2015 vorgelegt, in welchem er u. a. ausgeführt hat, er sei nach den für ihn gültigen Gesetzen als Staatsangehöriger eines Bundesstaates nach Artikel 116 Abs. 2 GG, und zwar des Bundesstaats „Freistaat Preußen“, ordnungsgemäß bei der für ihn zuständigen Verwaltung des „Freistaats Preußen“ gemeldet. Eine Begründung mit Vorlage der Gesetze, welche den Mitarbeitern des Jobcenters und des Sozialamtes die an ihm angeführten Straftaten, Rechtsübertretungen und Eigenermächtigungen erlaubten, sei nicht nachgewiesen. Mit Schreiben vom 19. Mai 2015 hat der Kläger vorgetragen, der Beklagte vollziehe eine Rechtsbeugung durch Verlangen eines Personalausweises, der rechtlich für Staatsangehörige nach Artikel 116 Abs. 1 GG Anwendung finde. Er sei nachweislich Staatsangehöriger nach Artikel 116 Abs. 2 GG in Verbindung mit Artikel 25 GG Völkerrecht und weder berechtigt noch befugt, den Ausweis zu tragen.
13 
Am 10. August 2015 hat der Kläger eine beglaubigte Kopie seines am 6. Dezember 2006 ausgestellten, bis 5. Dezember 2016 gültigen deutschen Reisepasses vorgelegt. Der Beklagte teilte ihm daraufhin mit, die Kopie des Reisepasses stelle keinen gültigen Identitätsnachweis dar und sei somit auch kein gültiger Nachweis über die Staatsangehörigkeit. Der Kläger wurde aufgefordert, den gültigen Reisepass im Original vorzulegen.
14 
Mit Schreiben vom 14. Februar 2016 hat der Kläger vorgetragen, er habe seinen entgegengesetzten Willen nach Artikel 116 Abs. 2 des „(Militär-)Grundgesetzes“ für die Bundesrepublik Deutschland erklärt, alle invisiblen Verträge gekündigt und seine wahre Staatsangehörigkeit nach Abstammung, gemäß Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz (RuStAG) 1913, hier „Freistaat Preußen“ als Gliedstaat des Deutschen Reiches/Kaiserreich, angenommen. Entsprechend § 5 EGBGB gehe seine Rechtsstellung als Staatsangehöriger des „Freistaats Preußen“ und somit als Deutscher vor.
15 
Im Februar 2017 hat der Kläger einen von der Deutschen Botschaft in Budapest ausgestellten vorläufigen Reisepass mit der Nr. Z vorgelegt. Ausweislich der in den Akten befindlichen Kopie ist dieser am 18. Januar 2017 mit einer Gültigkeit bis 17. Januar 2018 ausgestellt worden. Der Kläger hat hierzu vorgetragen, er habe im Rahmen einer Auslandsreise für seinen Arbeitgeber einen vorläufigen Reisepass beantragen müssen, die Botschaft in Ungarn habe ihm diesen nach kurzer Bestätigung seiner Wohngemeinde am gleichen Tag ausgestellt. Es sei deshalb nicht verständlich, dass es ihn nicht gegeben haben solle. Der Beklagte hat hierzu vorgetragen, an seiner Rechtsauffassung ändere sich durch die Vorlage des vorläufigen Reisepasses nichts, da das anhängige Klageverfahren den Zeitraum vom 1. Dezember 2014 bis 31. Mai 2015 betreffe.
16 
Mit Beschluss vom 9. Mai 2017 hat das SG Konstanz die Rechtsstreitigkeiten S 3 AS 3177/14 und S 3 AS 3065/14 unter dem Aktenzeichen S 3 AS 3065/14 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
17 
Der Beklagte hat vorgetragen (Schriftsätze vom 11. Mai 2017 und 19. Juni 2017), im streitgegenständlichen Zeitraum habe kein gültiges Ausweisdokument vorgelegen, sodass in dieser Zeit weder die Identität noch die Staatsangehörigkeit des Klägers habe geklärt werden können, da dieser ja selbst in seinem Schreiben vom 2. März 2015 angegeben habe, nicht fälschlich die Nationalität bzw. das Adjektiv „deutsch“ zu besitzen, sondern Angehöriger des „Freistaates Preußen“ zu sein. Der Kläger habe selbst angegeben, dass er seinen alten (abgelaufenen) Personalausweis wegen Rechtsungültigkeit bzw. falscher Eintragungen der Gemeindeverwaltung B. zurückgegeben habe. Eine Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II auf der Grundlage eines abgelaufenen bzw. zurückgegebenen Personalausweises sei ausgeschlossen, wenn selbst der Kläger angebe, dass die Eintragungen im Personalausweis fehlerhaft seien. Zur Klärung der Anspruchsberechtigung nach dem SGB II sei es außerdem zwingend erforderlich, dass die Staatsangehörigkeit nachgewiesen sei. Diese sei aber keinesfalls geklärt, nachdem der Kläger selbst angegeben habe, nicht die Nationalität „deutsch“ zu besitzen. Die erforderliche Mitwirkung habe der Kläger erst im Februar 2017 mit der Vorlage des vorläufigen Reisepasses und des dadurch erfolgten Nachweises von Identität und Staatsangehörigkeit nachgeholt. Bei Erlass des angefochtenen Bescheides sei damit weder die Identität noch die Staatsangehörigkeit des Klägers nachgewiesen gewesen.
18 
Mit Gerichtsbescheid vom 10. November 2017 hat das SG Konstanz den Versagungsbescheid vom 25. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Dezember 2014 aufgehoben und im Übrigen die Klagen abgewiesen. Hinsichtlich des Antrags auf Gewährung eines Zuschusses für die Beschaffung von Winterbekleidung für die Kinder des Klägers als Geldzuschuss oder Gutschein sei die Klage jedenfalls unbegründet, da hierfür keine Rechtsgrundlage existiere. Die geltend gemachten Leistungen seien von der Regelleistung umfasst. Gegenstand des Klageverfahrens sei weiter der Versagungsbescheid vom 25. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Dezember 2014. Die Bewilligungsbescheide vom 25. November 2014 und 2. Dezember 2014 seien nicht Klagegegenstand. In zeitlicher Hinsicht sei der Streitgegenstand befristet auf den vom Beklagten verbeschiedenen Zeitraum 1. Dezember 2014 bis 31. Mai 2015. Für den Folgezeitraum habe der Beklagte mit Bescheid vom 18. Mai 2015 die Gewährung der Regelleistung an den Kläger versagt. Dieser Bescheid sei nicht angegriffen und somit bestandskräftig geworden. Die Klage sei unzulässig, soweit mit ihr die Gewährung der Regelleistung nach § 20 SGB II geltend gemacht werde. Der vorliegende Versagungsbescheid könne allein mit der isolierten Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angefochten werden. Die Anfechtungsklage sei zulässig und begründet. Es könne dahinstehen, ob der Kläger durch Vorlage eines gültigen Reisepasses Anfang Februar 2017 seine Mitwirkungspflicht nachgeholt habe, da bereits in der unterlassenen Vorlage eines gültigen Personalausweises im streitigen Zeitraum keine Verletzung der Mitwirkungspflichten nach § 60 SGB I liege. Weder im SGB I noch im SGB II habe der Gesetzgeber die Pflicht eines Antragstellers normiert, einen Nachweis seiner Identität zu erbringen. Dennoch könne der Nachweis der Identität, auch durch entsprechende Vorlage amtlicher Dokumente, eine auf der Grundlage des § 60 SGB I zu fordernde Mitwirkungshandlung sein, wenn die Identität eines Antragstellers der Behörde nicht bekannt sei. Bei dem Erfordernis des Identitätsnachweises eines Antragstellers handle es sich um eine vom Gesetzgeber stillschweigend vorausgesetzte Anspruchsvoraussetzung, die wegen ihrer Selbstverständlichkeit nicht normiert worden sei. Vorliegend sei die Identität des Klägers dem Beklagten jedoch nicht unbekannt gewesen. Durch die Vorlage eines gültigen Personalausweises bei der ersten Antragstellung im Jahr 2011 sei die Identität des Klägers durch den Beklagten festgestellt worden. Die wiederholte Vorlage eines Personalausweises oder eines anderen von einer staatlichen Stelle ausgestellten Legitimationspapieres habe in diesem Fall nicht als Mitwirkungshandlung nach § 60 SGB I gefordert werden dürfen. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass der sich als Kopie in den Verwaltungsakten des Beklagten befindliche Personalausweis des Klägers seine Gültigkeit durch Zeitablauf verloren habe. Die Gültigkeit des Ausweises sei nach § 6 Abs. 1 PAuswG bis zum 31. Oktober 2012 befristet gewesen. Ob der Kläger auch in der Zwischenzeit bis zur Ausstellung des Reisepasses im Januar 2017 über einen gültigen Personalausweis oder Reisepass verfügt habe, sei weder bekannt noch streitentscheidend. Ersichtlich sei die Vorlage des „Staatsangehörigkeitsausweises“, ausgestellt von der „administrativen Regierung des Freistaates Preußen“ nicht geeignet, die Identität des Klägers nachzuweisen. Entgegen der Ansicht des Klägers handle es sich beim „Freistaat Preußen“ nicht um einen völkerrechtlich anerkannten Staat, der zur Ausstellung von Legitimationspapieren berechtigt wäre. Es reiche zum Nachweis der eigenen Identität nicht aus, dass man von Freunden, Bekannten oder sonstigen Dritten hergestellte Schriftstücke übersende, die die „Staatsangehörigkeit“ zu einem nicht existierenden Land behaupteten. Darauf komme es hier aber ebenso wenig an wie darauf, ob der Kläger den Nachweis seiner Identität auch in zulässiger Weise durch die Vorlage einer notariell beglaubigten Kopie des Auszugs aus dem Geburtenregister habe führen können. Denn der Nachweis der Identität sei durch die Vorlage des bis zum 21. Oktober 2012 gültigen Personalausweises erfolgt. Der Gesetzgeber wolle (lediglich) keine Leistungen an beliebige Personen gewähren, sondern die Existenz identifizierbarer Personen sichern. Dafür sei es aber nicht erforderlich, in regelmäßigen Abständen die Legitimation zu wiederholen. Im vorliegenden Falle habe der Beklagte, auch für den streitigen Zeitraum, dem Kläger sowohl einen Zuschuss zur Krankenversicherung wie auch seinen Anteil an den Kosten der Unterkunft und Heizung für die von ihm mit seiner Familie bewohnten Wohnung gewährt. Damit setze sich der Beklagte schon zu seinem eigenen Verhalten in Widerspruch. Auch habe der Beklagte zu keiner Zeit Zweifel an der Identität des Klägers vorgebracht. Die Ansicht des Beklagten führe dazu, dass demjenigen, der einen gültigen Personalausweis nicht besitze oder nicht vorlege, die Regelleistung entzogen werden könne. Hierin liege die Sanktionierung eines Verstoßes gegen das PAuswG, ohne dass dafür eine gesetzliche Grundlage bestehe. Neben einer Geldbuße sehe das PAuswG einen Entzug der Regelleistungen nach dem SGB II als mögliche Rechtsfolge eines Verstoßes gegen die Ausweispflicht aber nicht vor.
19 
Gegen den dem Kläger am 15. November 2017 und dem Beklagten am 17. November 2017 zugestellten Gerichtsbescheid hat allein der Beklagte am 11. Dezember 2017 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Er trägt vor, der Identitätsnachweis als Anspruchsvoraussetzung für die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II könne nur durch die Vorlage eines gültigen Ausweisdokuments geführt werden. Da ein wirksam gestellter Antrag nach Ablauf des Bewilligungszeitraums seine Wirkung verliere, müsse auch bei jedem Folgeantrag ein Identitätsnachweis durch Vorlage eines Ausweisdokuments geführt werden.
20 
Der Beklagte beantragt,
21 
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 10. November 2017 aufzuheben, soweit der Versagungsbescheid vom 25. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Dezember 2014 aufgehoben worden ist, und die Klage auch insoweit abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
22 
Der Kläger beantragt,
23 
die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 10. November 2017 zurückzuweisen.
24 
Er hält die Entscheidung für zutreffend.
25 
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
26 
Die Berufung des Beklagten ist nicht begründet.
27 
1. Die gemäß § 143 SGG statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 und 3 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten ist auch im Übrigen zulässig. Die Berufung bedurfte insbesondere nicht der Zulassung, da die Versagung von Leistungen für die Zeit vom 1. Dezember 2014 bis 31. Mai 2015 in Höhe von mehr als 750,00 Euro streitig ist (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG).
28 
2. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist allein noch der Bescheid vom 25. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Dezember 2014, mit dem der Beklagte die Gewährung der Regelleistung nach dem SGB II an den Kläger für die Zeit vom 1. Dezember 2014 bis 31. Mai 2015 versagt hat. Nachdem der Kläger den Gerichtsbescheid nicht angefochten hat, soweit das SG Konstanz die auf die Gewährung eines Zuschusses für die Beschaffung von Winterbekleidung für die beiden Kinder gerichtete Klage abgewiesen hat, ist der Gerichtsbescheid insoweit rechtskräftig geworden.
29 
Die vorliegende Leistungsversagung ist zeitlich auf den Zeitraum vom 1. Dezember 2014 bis zum 31. Mai 2015 und inhaltlich auf die Versagung der Regelleistung beschränkt. Dies folgt zum einen daraus, dass der Versagungszeitraum im angefochtenen Bescheid ausdrücklich auf diesen Zeitraum beschränkt worden ist, zum anderen auch daraus, dass der Beklagte mit Bescheid vom 18. Mai 2015, der nicht nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden ist, die Gewährung der Regelleistung für den Folgezeitraum erneut versagt hat (vgl. Senatsurteil vom 14. Dezember 2017 - L 7 SO 1138/17 - juris Rdnr. 23). Gleiches gilt für die Bescheide vom 20. Februar 2017 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 13. Juni 2017, mit denen der Beklagte die nachträgliche Erbringung des Regelbedarfs für die Zeit vom 1. Juni 2015 bis 30. November 2015, 1. Dezember 2015 bis 31. Mai 2016, 1. Juni 2016 bis 30. November 2016 und 1. Dezember 2016 bis 31. Januar 2017 abgelehnt hat.
30 
Zutreffende Klageart ist vorliegend die isolierte Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 SGG). Der Beklagte hat den Gerichtsbescheid des SG nur insoweit angefochten, als der Versagungsbescheid vom 25. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Dezember 2014 aufgehoben worden ist. Der Kläger hat die durch das SG erfolgte Klageabweisung seiner Leistungsklage auf Gewährung der Regelleistung für die Zeit vom 1. Dezember 2014 bis zum 31. Mai 2015 nicht mit einer (Anschluss-)Berufung angegriffen.
31 
3. Die Berufung des Beklagten ist nicht begründet.
32 
a) Rechtsgrundlage für die in den angefochtenen Bescheiden ausgesprochene Versagung ist § 66 Abs. 1 SGB I. Die Regelungen der §§ 60 ff. SGB I gelten auch im Anwendungsbereich des SGB II (Bundessozialgericht , Urteil vom 19. September 2008 - B 14 AS 45/07 R - juris Rdnr. 13 f.; BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 10/08 R - juris Rdnrn. 13 f.; BSG, Urteil vom 28. März 2013 - B 4 AS 42/12 R - juris Rdnr. 14). Nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I hat, wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen. Nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I kann der Leistungsträger, wenn derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird, ohne weitere Ermittlungen bis zur Nachholung der Mitwirkung die Leistung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Zu den Mitwirkungspflichten gehört die Pflicht des Antragstellers und Beziehers von Sozialleistungen, die Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen (§ 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I), sowie Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen (§ 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB I). Sozialleistungen dürfen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist (§ 66 Abs. 3 SGB I). Die Mitwirkungspflichten nach § 60 SGB I bestehen gemäß § 65 Abs. 1 SGB I nicht, soweit ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht (Nr. 1) oder ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden (Nr. 2) oder der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann (Nr. 3).
33 
b) Der Beklagte hat mit Schreiben vom 18. November 2014 zwar hinreichend klar die geforderte Mitwirkungshandlung des Klägers, nämlich die Vorlage des Personalausweises, benannt. Auch die hierfür gesetzte Frist bis zum 25. November 2014 war noch ausreichend bemessen, da eine Frist von einer Woche für die Vorlage eines solchen Dokuments ausreichend ist.
34 
c) Die angefochtenen Bescheide sind nicht bereits deshalb rechtswidrig geworden, weil der Kläger zwischenzeitlich im Februar 2017 seinen am 18. Januar 2017 von der Deutschen Botschaft in Budapest ausgestellten vorläufigen Reisepass vorgelegt hat. Denn maßgeblicher Zeitpunkt für die rechtliche Beurteilung der Versagung ist der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, somit der Erlass des Widerspruchsbescheides am 3. Dezember 2014 (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 - B 9 SB 3/13 R - juris Rdnr. 19; Senatsurteil vom 22. September 2016 - L 7 AS 3613/15 - juris Rdnr. 23; Senatsurteil vom 23. Februar 2017 - L 7 SO 2952/16 - n.v.; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 7. März 2012 - L 10 AS 97/09 - juris Rdnr. 45). Die Rechtmäßigkeit der Versagung nach § 66 SGB I ist allein danach zu beurteilen, ob bis zum Erlass des Widerspruchsbescheids die Mitwirkungshandlung vorgenommen worden ist (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 17. Januar 1985 - 5 C 133/81 - BVerwGE 71, 8 - juris Rdnr. 14; Mrozynski, SGB I, 5. Aufl. 2014, § 67 Rdnr. 4 ff.; Rdnr. 15; Voelzke in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB I, 3. Aufl. 2018, Stand 15. März 2018, § 67 Rdnr. 5). Insoweit ist maßgeblich für die nachfolgende Behördenentscheidung über den Leistungsantrag, ob die Versagung zu Recht erfolgt ist. War dies der Fall, so hat die Behörde - nachdem die Mitwirkungshandlung erfolgt ist - gem. § 67 SGB I eine Ermessensentscheidung über die nachträgliche Leistungserbringung zu treffen. War die Versagung hingegen rechtswidrig, so hat sie über den ursprünglichen Leistungsantrag eine gebundene Entscheidung zu treffen.
35 
d) Allerdings hat insoweit keine Mitwirkungspflicht des Klägers bestanden, so dass auch die Voraussetzungen für eine Leistungsversagung nicht vorgelegen haben.
36 
aa) Zu den Mitwirkungspflichten nach § 60 Abs. 1 SGB I gehört zwar auch der Nachweis der Identität einer Person, die Leistungen nach dem SGB II beantragt. Der Gesetzgeber des SGB II wollte nicht die Erbringung von Leistungen an beliebige nicht identifizierbare Personen regeln. Der Zweck der Leistung - die Existenzsicherung - setzt voraus, dass eine solche Existenz überhaupt besteht. Dies setzt den Nachweis voraus, dass bestimmte Existenzbedingungen einer bestimmten konkretisierbaren natürlichen Person im Sinne des § 1 BGB als Subjekt von Rechten und Pflichten zugeordnet werden können (vgl. SG Potsdam, Urteil vom 15. Februar 2017 - S 49 AS 1256/14 - juris Rdnr. 29).
37 
Grundsätzlich ist zum Nachweis der Identität auch die Vorlage des Personalausweises erforderlich. Dieser dient gem. § 1 Satz 2 PAuswG der Feststellung der Person im Sinne des § 1 BGB und der staatsbürgerlichen Pflicht, einen gültigen Identitätsnachweis zu besitzen und einer berechtigten Behörde vorzulegen. Deshalb ist die zuständige Behörde auch berechtigt, vor der Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II die Vorlage von Identitätsnachweisen bzw. Personalausweisen zu verlangen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15. Mai 2014 - L 31 AS 762/14 B ER - juris Rdnr. 26). Dies gilt jedenfalls bei der erstmaligen Beantragung von Leistungen. Der Beklagte führt zutreffend aus, dass Zweck des Identitätsnachweises ist, dass derjenige, der einen Bewilligungsantrag stellt, auch derjenige ist, für den er sich ausgibt, da Leistungen der Existenzsicherung nicht an beliebige, nicht identifizierbare Personen erbracht werden sollen.
38 
bb) Das SG Konstanz hat jedoch zutreffend entschieden, dass die Pflicht zum Nachweis der eigenen Identität einen Antragsteller nicht zur - erneuten - Vorlage von Legitimationspapieren für jeden Bewilligungsabschnitt verpflichtet, wenn keine Zweifel an dessen Identität bestehen.
39 
Eine Verpflichtung, bei jeder erneuten Antragstellung für Folgezeiträume einen gültigen Identitätsnachweis in Form eines Personalausweises oder Reisepasses vorzulegen, besteht nicht, wenn bezüglich der Identität des Antragstellers kein Zweifel besteht (vgl. SG Bremen, Beschluss vom 4. Mai 2009 - S 23 AS 795/09 ER). Soweit in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung die Verpflichtung zur Vorlage eines Personenstandsdokuments bejaht worden ist, hat dies jeweils die erstmalige Beantragung von Leistungen betroffen (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15. Mai 2014 - L 31 AS 762/14 B ER - juris; SG Potsdam, Urteil vom 15. Februar 2017 - S 49 AS 1256/14 - juris) oder der Antragsteller war nicht persönlich bekannt, da er die Leistungen in der Vergangenheit nur schriftlich beantragt und schriftlich mit dem Jobcenter verkehrt hatte (SG Bremen, Beschluss vom 24. Februar 2010 - S 18 AS 286/10 ER - juris Rdnr. 11).
40 
Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass ein wirksam gestellter Antrag nach Ablauf des Bewilligungszeitraums seine Wirkung verliert. Dadurch werden für nachfolgende Bewilligungszeiträume nur jeweils neue Mitwirkungs- bzw. Mitteilungspflichten begründet bezüglich von für die Leistungsgewährung relevanten Umständen, die regelmäßig Veränderungen unterliegen, wie z.B. den Einkommens- und Vermögensverhältnissen, der Zusammensetzung der Bedarfsgemeinschaft oder der örtlichen Zuständigkeit. Die Identität einer Person ist aber von solchen Veränderungen regelmäßig nicht betroffen. Dem entspricht auch die Verwaltungspraxis des Beklagten. Danach sind zwar im Formantrag (dort „Hauptantrag“ genannt) auf - erstmalige - Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II Angaben zur Staatsangehörigkeit zu machen, nicht jedoch im Formularantrag für eine Weiterbewilligung. Dort sind nur unter Ziff. 5 Angaben zu Änderungen zu machen, wobei unter den exemplarisch aufgeführten anzugebenden Änderungen eine Änderung der Staatsangehörigkeit nicht aufgeführt ist.
41 
Solche Zweifel haben vorliegend nicht bestanden. Bei der erstmaligen Antragstellung im Mai 2011 - damals noch bei der Rechtsvorgängerin des Beklagten - hatte der Kläger seinen damals noch bis zum 21. Oktober 2012 gültigen Personalausweis vorgelegt. Ihm waren darauf vom zuständigen Leistungsträger Leistungen bewilligt worden. Mit Schreiben vom 8. März 2012 wurde dem Umzug des Klägers von B. nach ... B., H. ... zugestimmt und der Kläger hat die Anmeldebestätigung der Gemeinde B. vorgelegt. Dem Kläger wurden in der Folgezeit - auch über das Ablaufdatum seines Personalausweises am 22. Oktober 2012 hinaus - Leistungen bewilligt. Am 28. November 2012 hat der Kläger zudem eine Eingliederungsvereinbarung unterzeichnet, die u.a. den Hinweis enthält, diese sei mit ihm besprochen und unklare Punkte seien erläutert worden. Dies setzt voraus, dass auch ein persönlicher Kontakt von Mitarbeitern des Beklagten mit dem Kläger bestanden hat. Die Zahlungen an den Kläger sind regelmäßig auf das Konto seiner Ehefrau bei der H.bank K. erfolgt. Am 2. April 2013 ist zudem eine Barauszahlung an den Kläger erfolgt (vgl. Bl. 189 der Verwaltungsakten). Es hat damit kein Wechsel der Bankverbindung, der Krankenversicherung und der personellen Zusammensetzung der Bedarfsgemeinschaft des Klägers und lediglich ein genehmigter Wechsel des Wohnsitzes vorgelegen. Die Identität des Klägers war dem Beklagten danach bekannt. Hierfür spricht im Übrigen auch, dass der Beklagte Leistungen an den Kläger nicht völlig versagt hat, sondern ihm Leistungen für die anteiligen Kosten der Unterkunft und Heizung sowie die Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung bewilligt hat.
42 
cc) Etwas anderes kann zwar dann gelten, wenn die (erneute) Vorlage des Personalausweises erforderlich ist, etwa weil Zweifel an der Identität des Antragstellers bestehen oder dies zur Feststellung weiterer Tatbestandsvoraussetzungen der beantragten Leistung erforderlich ist. Dies kommt z.B. in Betracht, wenn fraglich ist, ob ein Antragsteller weiterhin die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, da Leistungen an Ausländerinnen und Ausländer nur unter den Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 2 bis 7 SGB II erbracht werden. Der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit ist in § 17 Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) geregelt. In Betracht käme danach allein der Verlust der Staatsangehörigkeit gem. § 17 Abs. 1 Nr. 1 StAG durch Entlassung (§§ 18 bis 24 StAG), gem. § 17 Abs. 1 Nr. 2 StAG durch den Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit (§ 25 StAG) oder gem. § 17 Abs. 1 Nr. 3 StAG durch Verzicht (§ 26 StAG). Nach § 18 StAG wird ein Deutscher auf seinen Antrag aus der Staatsangehörigkeit entlassen, wenn der den Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit beantragt und ihm die zuständige Stelle die Verleihung zugesichert hat. Die Entlassung wird wirksam mit der Aushändigung der von der zuständigen Verwaltungsbehörde ausgefertigten Entlassungsurkunde (§ 23 StAG). Gem. § 25 Abs. 1 StAG verliert ein Deutscher seine Staatsangehörigkeit mit dem Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit, wenn dieser Erwerb auf seinen Antrag erfolgt. Der Verlust nach Satz 1 tritt nicht ein, wenn ein Deutscher die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union, der Schweiz oder eines Staates erwirbt, mit dem die Bundesrepublik Deutschland einen völkerrechtlichen Vertrag nach § 12 Abs. 3 StAG abgeschlossen hat. Gem. § 26 Abs. 1 StAG kann ein Deutscher auf seine Staatsangehörigkeit verzichten, wenn er mehrere Staatsangehörigkeiten besitzt. Der Verzicht ist schriftlich zu erklären. Gem. § 26 Abs. 3 StAG tritt der Verlust der Staatsangehörigkeit mit der Aushändigung der von der Genehmigungsbehörde ausgefertigten Verzichtsurkunde ein.
43 
Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger, der bei der erstmaligen Antragstellung unstreitig die deutsche Staatsangehörigkeit besessen hat, in der Folgezeit aus der deutschen Staatsangehörigkeit entlassen worden ist, auf diese verzichtet oder auf seinen Antrag eine ausländische Staatsangehörigkeit erworben und dadurch die deutsche Staatsangehörigkeit verloren hat, haben jedoch nicht vorgelegen. Dies gilt zunächst, soweit sich der Kläger in seinen Schreiben als „Angehöriger und Souverän des Freistaat Preußen“ bezeichnet und entsprechende „Staatsangehörigkeitsausweise“ vorgelegt hat. Wie das SG Konstanz zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich beim „Freistaat Preußen“ nicht um einen völkerrechtlich anerkannten Staat, der zur Ausstellung von Legitimationspapieren berechtigt wäre. Bei den vom Kläger vorgelegten Papieren handelt hat es sich vielmehr um von Freunden, Bekannten oder sonstigen Dritten ausgestellte Schriftstücke, die keinerlei amtliche Nachweisfunktion haben. Auch soweit der Kläger angegeben hat, er sei „Staatsangehöriger nach Artikel 116 Abs. 2 Grundgesetz der BRD vom 23.05.1949 (Statusdeutscher)“ handelt es sich offensichtlich um eine von ihm in Verkennung der Realität und der tatsächlichen historischen Entwicklung vertretene Fehlvorstellung, die jeglicher verständigen Grundlage entbehrt (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11. April 2016 - L 20 SO 35/15 - juris Rdnr. 46). Es haben auch keine Anhaltspunkte dafür vorgelegen, dass der Kläger die Staatsangehörigkeit eines tatsächlich existierenden Staates - z.B. der Russischen Föderation, deren Staatsangehörige seine Ehefrau und seine Kinder sind - erworben und in diesem Zusammenhang die deutsche Staatsbürgerschaft verloren haben könnte. Schließlich kann allein aus der - im Übrigen zutreffenden - Mitteilung des Klägers vom November 2015, keinen Personalausweis zu besitzen, nicht auf den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit geschlossen werden. Damit haben auch insoweit keine Mitwirkungspflichten des Klägers in Bezug auf den Nachweis seiner deutschen Staatsangehörigkeit bestanden.
44 
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
45 
5. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

Gründe

 
26 
Die Berufung des Beklagten ist nicht begründet.
27 
1. Die gemäß § 143 SGG statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 und 3 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten ist auch im Übrigen zulässig. Die Berufung bedurfte insbesondere nicht der Zulassung, da die Versagung von Leistungen für die Zeit vom 1. Dezember 2014 bis 31. Mai 2015 in Höhe von mehr als 750,00 Euro streitig ist (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG).
28 
2. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist allein noch der Bescheid vom 25. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Dezember 2014, mit dem der Beklagte die Gewährung der Regelleistung nach dem SGB II an den Kläger für die Zeit vom 1. Dezember 2014 bis 31. Mai 2015 versagt hat. Nachdem der Kläger den Gerichtsbescheid nicht angefochten hat, soweit das SG Konstanz die auf die Gewährung eines Zuschusses für die Beschaffung von Winterbekleidung für die beiden Kinder gerichtete Klage abgewiesen hat, ist der Gerichtsbescheid insoweit rechtskräftig geworden.
29 
Die vorliegende Leistungsversagung ist zeitlich auf den Zeitraum vom 1. Dezember 2014 bis zum 31. Mai 2015 und inhaltlich auf die Versagung der Regelleistung beschränkt. Dies folgt zum einen daraus, dass der Versagungszeitraum im angefochtenen Bescheid ausdrücklich auf diesen Zeitraum beschränkt worden ist, zum anderen auch daraus, dass der Beklagte mit Bescheid vom 18. Mai 2015, der nicht nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden ist, die Gewährung der Regelleistung für den Folgezeitraum erneut versagt hat (vgl. Senatsurteil vom 14. Dezember 2017 - L 7 SO 1138/17 - juris Rdnr. 23). Gleiches gilt für die Bescheide vom 20. Februar 2017 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 13. Juni 2017, mit denen der Beklagte die nachträgliche Erbringung des Regelbedarfs für die Zeit vom 1. Juni 2015 bis 30. November 2015, 1. Dezember 2015 bis 31. Mai 2016, 1. Juni 2016 bis 30. November 2016 und 1. Dezember 2016 bis 31. Januar 2017 abgelehnt hat.
30 
Zutreffende Klageart ist vorliegend die isolierte Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 SGG). Der Beklagte hat den Gerichtsbescheid des SG nur insoweit angefochten, als der Versagungsbescheid vom 25. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Dezember 2014 aufgehoben worden ist. Der Kläger hat die durch das SG erfolgte Klageabweisung seiner Leistungsklage auf Gewährung der Regelleistung für die Zeit vom 1. Dezember 2014 bis zum 31. Mai 2015 nicht mit einer (Anschluss-)Berufung angegriffen.
31 
3. Die Berufung des Beklagten ist nicht begründet.
32 
a) Rechtsgrundlage für die in den angefochtenen Bescheiden ausgesprochene Versagung ist § 66 Abs. 1 SGB I. Die Regelungen der §§ 60 ff. SGB I gelten auch im Anwendungsbereich des SGB II (Bundessozialgericht , Urteil vom 19. September 2008 - B 14 AS 45/07 R - juris Rdnr. 13 f.; BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 10/08 R - juris Rdnrn. 13 f.; BSG, Urteil vom 28. März 2013 - B 4 AS 42/12 R - juris Rdnr. 14). Nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I hat, wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen. Nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I kann der Leistungsträger, wenn derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird, ohne weitere Ermittlungen bis zur Nachholung der Mitwirkung die Leistung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Zu den Mitwirkungspflichten gehört die Pflicht des Antragstellers und Beziehers von Sozialleistungen, die Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen (§ 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I), sowie Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen (§ 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB I). Sozialleistungen dürfen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist (§ 66 Abs. 3 SGB I). Die Mitwirkungspflichten nach § 60 SGB I bestehen gemäß § 65 Abs. 1 SGB I nicht, soweit ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht (Nr. 1) oder ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden (Nr. 2) oder der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann (Nr. 3).
33 
b) Der Beklagte hat mit Schreiben vom 18. November 2014 zwar hinreichend klar die geforderte Mitwirkungshandlung des Klägers, nämlich die Vorlage des Personalausweises, benannt. Auch die hierfür gesetzte Frist bis zum 25. November 2014 war noch ausreichend bemessen, da eine Frist von einer Woche für die Vorlage eines solchen Dokuments ausreichend ist.
34 
c) Die angefochtenen Bescheide sind nicht bereits deshalb rechtswidrig geworden, weil der Kläger zwischenzeitlich im Februar 2017 seinen am 18. Januar 2017 von der Deutschen Botschaft in Budapest ausgestellten vorläufigen Reisepass vorgelegt hat. Denn maßgeblicher Zeitpunkt für die rechtliche Beurteilung der Versagung ist der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, somit der Erlass des Widerspruchsbescheides am 3. Dezember 2014 (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 - B 9 SB 3/13 R - juris Rdnr. 19; Senatsurteil vom 22. September 2016 - L 7 AS 3613/15 - juris Rdnr. 23; Senatsurteil vom 23. Februar 2017 - L 7 SO 2952/16 - n.v.; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 7. März 2012 - L 10 AS 97/09 - juris Rdnr. 45). Die Rechtmäßigkeit der Versagung nach § 66 SGB I ist allein danach zu beurteilen, ob bis zum Erlass des Widerspruchsbescheids die Mitwirkungshandlung vorgenommen worden ist (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 17. Januar 1985 - 5 C 133/81 - BVerwGE 71, 8 - juris Rdnr. 14; Mrozynski, SGB I, 5. Aufl. 2014, § 67 Rdnr. 4 ff.; Rdnr. 15; Voelzke in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB I, 3. Aufl. 2018, Stand 15. März 2018, § 67 Rdnr. 5). Insoweit ist maßgeblich für die nachfolgende Behördenentscheidung über den Leistungsantrag, ob die Versagung zu Recht erfolgt ist. War dies der Fall, so hat die Behörde - nachdem die Mitwirkungshandlung erfolgt ist - gem. § 67 SGB I eine Ermessensentscheidung über die nachträgliche Leistungserbringung zu treffen. War die Versagung hingegen rechtswidrig, so hat sie über den ursprünglichen Leistungsantrag eine gebundene Entscheidung zu treffen.
35 
d) Allerdings hat insoweit keine Mitwirkungspflicht des Klägers bestanden, so dass auch die Voraussetzungen für eine Leistungsversagung nicht vorgelegen haben.
36 
aa) Zu den Mitwirkungspflichten nach § 60 Abs. 1 SGB I gehört zwar auch der Nachweis der Identität einer Person, die Leistungen nach dem SGB II beantragt. Der Gesetzgeber des SGB II wollte nicht die Erbringung von Leistungen an beliebige nicht identifizierbare Personen regeln. Der Zweck der Leistung - die Existenzsicherung - setzt voraus, dass eine solche Existenz überhaupt besteht. Dies setzt den Nachweis voraus, dass bestimmte Existenzbedingungen einer bestimmten konkretisierbaren natürlichen Person im Sinne des § 1 BGB als Subjekt von Rechten und Pflichten zugeordnet werden können (vgl. SG Potsdam, Urteil vom 15. Februar 2017 - S 49 AS 1256/14 - juris Rdnr. 29).
37 
Grundsätzlich ist zum Nachweis der Identität auch die Vorlage des Personalausweises erforderlich. Dieser dient gem. § 1 Satz 2 PAuswG der Feststellung der Person im Sinne des § 1 BGB und der staatsbürgerlichen Pflicht, einen gültigen Identitätsnachweis zu besitzen und einer berechtigten Behörde vorzulegen. Deshalb ist die zuständige Behörde auch berechtigt, vor der Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II die Vorlage von Identitätsnachweisen bzw. Personalausweisen zu verlangen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15. Mai 2014 - L 31 AS 762/14 B ER - juris Rdnr. 26). Dies gilt jedenfalls bei der erstmaligen Beantragung von Leistungen. Der Beklagte führt zutreffend aus, dass Zweck des Identitätsnachweises ist, dass derjenige, der einen Bewilligungsantrag stellt, auch derjenige ist, für den er sich ausgibt, da Leistungen der Existenzsicherung nicht an beliebige, nicht identifizierbare Personen erbracht werden sollen.
38 
bb) Das SG Konstanz hat jedoch zutreffend entschieden, dass die Pflicht zum Nachweis der eigenen Identität einen Antragsteller nicht zur - erneuten - Vorlage von Legitimationspapieren für jeden Bewilligungsabschnitt verpflichtet, wenn keine Zweifel an dessen Identität bestehen.
39 
Eine Verpflichtung, bei jeder erneuten Antragstellung für Folgezeiträume einen gültigen Identitätsnachweis in Form eines Personalausweises oder Reisepasses vorzulegen, besteht nicht, wenn bezüglich der Identität des Antragstellers kein Zweifel besteht (vgl. SG Bremen, Beschluss vom 4. Mai 2009 - S 23 AS 795/09 ER). Soweit in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung die Verpflichtung zur Vorlage eines Personenstandsdokuments bejaht worden ist, hat dies jeweils die erstmalige Beantragung von Leistungen betroffen (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15. Mai 2014 - L 31 AS 762/14 B ER - juris; SG Potsdam, Urteil vom 15. Februar 2017 - S 49 AS 1256/14 - juris) oder der Antragsteller war nicht persönlich bekannt, da er die Leistungen in der Vergangenheit nur schriftlich beantragt und schriftlich mit dem Jobcenter verkehrt hatte (SG Bremen, Beschluss vom 24. Februar 2010 - S 18 AS 286/10 ER - juris Rdnr. 11).
40 
Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass ein wirksam gestellter Antrag nach Ablauf des Bewilligungszeitraums seine Wirkung verliert. Dadurch werden für nachfolgende Bewilligungszeiträume nur jeweils neue Mitwirkungs- bzw. Mitteilungspflichten begründet bezüglich von für die Leistungsgewährung relevanten Umständen, die regelmäßig Veränderungen unterliegen, wie z.B. den Einkommens- und Vermögensverhältnissen, der Zusammensetzung der Bedarfsgemeinschaft oder der örtlichen Zuständigkeit. Die Identität einer Person ist aber von solchen Veränderungen regelmäßig nicht betroffen. Dem entspricht auch die Verwaltungspraxis des Beklagten. Danach sind zwar im Formantrag (dort „Hauptantrag“ genannt) auf - erstmalige - Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II Angaben zur Staatsangehörigkeit zu machen, nicht jedoch im Formularantrag für eine Weiterbewilligung. Dort sind nur unter Ziff. 5 Angaben zu Änderungen zu machen, wobei unter den exemplarisch aufgeführten anzugebenden Änderungen eine Änderung der Staatsangehörigkeit nicht aufgeführt ist.
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Solche Zweifel haben vorliegend nicht bestanden. Bei der erstmaligen Antragstellung im Mai 2011 - damals noch bei der Rechtsvorgängerin des Beklagten - hatte der Kläger seinen damals noch bis zum 21. Oktober 2012 gültigen Personalausweis vorgelegt. Ihm waren darauf vom zuständigen Leistungsträger Leistungen bewilligt worden. Mit Schreiben vom 8. März 2012 wurde dem Umzug des Klägers von B. nach ... B., H. ... zugestimmt und der Kläger hat die Anmeldebestätigung der Gemeinde B. vorgelegt. Dem Kläger wurden in der Folgezeit - auch über das Ablaufdatum seines Personalausweises am 22. Oktober 2012 hinaus - Leistungen bewilligt. Am 28. November 2012 hat der Kläger zudem eine Eingliederungsvereinbarung unterzeichnet, die u.a. den Hinweis enthält, diese sei mit ihm besprochen und unklare Punkte seien erläutert worden. Dies setzt voraus, dass auch ein persönlicher Kontakt von Mitarbeitern des Beklagten mit dem Kläger bestanden hat. Die Zahlungen an den Kläger sind regelmäßig auf das Konto seiner Ehefrau bei der H.bank K. erfolgt. Am 2. April 2013 ist zudem eine Barauszahlung an den Kläger erfolgt (vgl. Bl. 189 der Verwaltungsakten). Es hat damit kein Wechsel der Bankverbindung, der Krankenversicherung und der personellen Zusammensetzung der Bedarfsgemeinschaft des Klägers und lediglich ein genehmigter Wechsel des Wohnsitzes vorgelegen. Die Identität des Klägers war dem Beklagten danach bekannt. Hierfür spricht im Übrigen auch, dass der Beklagte Leistungen an den Kläger nicht völlig versagt hat, sondern ihm Leistungen für die anteiligen Kosten der Unterkunft und Heizung sowie die Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung bewilligt hat.
42 
cc) Etwas anderes kann zwar dann gelten, wenn die (erneute) Vorlage des Personalausweises erforderlich ist, etwa weil Zweifel an der Identität des Antragstellers bestehen oder dies zur Feststellung weiterer Tatbestandsvoraussetzungen der beantragten Leistung erforderlich ist. Dies kommt z.B. in Betracht, wenn fraglich ist, ob ein Antragsteller weiterhin die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, da Leistungen an Ausländerinnen und Ausländer nur unter den Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 2 bis 7 SGB II erbracht werden. Der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit ist in § 17 Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) geregelt. In Betracht käme danach allein der Verlust der Staatsangehörigkeit gem. § 17 Abs. 1 Nr. 1 StAG durch Entlassung (§§ 18 bis 24 StAG), gem. § 17 Abs. 1 Nr. 2 StAG durch den Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit (§ 25 StAG) oder gem. § 17 Abs. 1 Nr. 3 StAG durch Verzicht (§ 26 StAG). Nach § 18 StAG wird ein Deutscher auf seinen Antrag aus der Staatsangehörigkeit entlassen, wenn der den Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit beantragt und ihm die zuständige Stelle die Verleihung zugesichert hat. Die Entlassung wird wirksam mit der Aushändigung der von der zuständigen Verwaltungsbehörde ausgefertigten Entlassungsurkunde (§ 23 StAG). Gem. § 25 Abs. 1 StAG verliert ein Deutscher seine Staatsangehörigkeit mit dem Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit, wenn dieser Erwerb auf seinen Antrag erfolgt. Der Verlust nach Satz 1 tritt nicht ein, wenn ein Deutscher die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union, der Schweiz oder eines Staates erwirbt, mit dem die Bundesrepublik Deutschland einen völkerrechtlichen Vertrag nach § 12 Abs. 3 StAG abgeschlossen hat. Gem. § 26 Abs. 1 StAG kann ein Deutscher auf seine Staatsangehörigkeit verzichten, wenn er mehrere Staatsangehörigkeiten besitzt. Der Verzicht ist schriftlich zu erklären. Gem. § 26 Abs. 3 StAG tritt der Verlust der Staatsangehörigkeit mit der Aushändigung der von der Genehmigungsbehörde ausgefertigten Verzichtsurkunde ein.
43 
Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger, der bei der erstmaligen Antragstellung unstreitig die deutsche Staatsangehörigkeit besessen hat, in der Folgezeit aus der deutschen Staatsangehörigkeit entlassen worden ist, auf diese verzichtet oder auf seinen Antrag eine ausländische Staatsangehörigkeit erworben und dadurch die deutsche Staatsangehörigkeit verloren hat, haben jedoch nicht vorgelegen. Dies gilt zunächst, soweit sich der Kläger in seinen Schreiben als „Angehöriger und Souverän des Freistaat Preußen“ bezeichnet und entsprechende „Staatsangehörigkeitsausweise“ vorgelegt hat. Wie das SG Konstanz zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich beim „Freistaat Preußen“ nicht um einen völkerrechtlich anerkannten Staat, der zur Ausstellung von Legitimationspapieren berechtigt wäre. Bei den vom Kläger vorgelegten Papieren handelt hat es sich vielmehr um von Freunden, Bekannten oder sonstigen Dritten ausgestellte Schriftstücke, die keinerlei amtliche Nachweisfunktion haben. Auch soweit der Kläger angegeben hat, er sei „Staatsangehöriger nach Artikel 116 Abs. 2 Grundgesetz der BRD vom 23.05.1949 (Statusdeutscher)“ handelt es sich offensichtlich um eine von ihm in Verkennung der Realität und der tatsächlichen historischen Entwicklung vertretene Fehlvorstellung, die jeglicher verständigen Grundlage entbehrt (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11. April 2016 - L 20 SO 35/15 - juris Rdnr. 46). Es haben auch keine Anhaltspunkte dafür vorgelegen, dass der Kläger die Staatsangehörigkeit eines tatsächlich existierenden Staates - z.B. der Russischen Föderation, deren Staatsangehörige seine Ehefrau und seine Kinder sind - erworben und in diesem Zusammenhang die deutsche Staatsbürgerschaft verloren haben könnte. Schließlich kann allein aus der - im Übrigen zutreffenden - Mitteilung des Klägers vom November 2015, keinen Personalausweis zu besitzen, nicht auf den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit geschlossen werden. Damit haben auch insoweit keine Mitwirkungspflichten des Klägers in Bezug auf den Nachweis seiner deutschen Staatsangehörigkeit bestanden.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
45 
5. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 17. Mai 2018 - L 7 AS 4682/17

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0 Urteilsbesprechungen zu Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 17. Mai 2018 - L 7 AS 4682/17

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Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 17. Mai 2018 - L 7 AS 4682/17 zitiert 30 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

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(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 7 Leistungsberechtigte


(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die1.das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,2.erwerbsfähig sind,3.hilfebedürftig sind und4.ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschla

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(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. (2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerh

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 143


Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

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(1) Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des tägl

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 96


(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. (2) Eine Abschrift des neuen Ver

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(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat 1. alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,2. Änderungen

Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015) - SGB 1 | § 66 Folgen fehlender Mitwirkung


(1) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 nicht nach und wird hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittl

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1 Beginn der Rechtsfähigkeit


Die Rechtsfähigkeit des Menschen beginnt mit der Vollendung der Geburt.

Staatsangehörigkeitsgesetz - RuStAG | § 12


(1) Von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 wird abgesehen, wenn der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit nicht oder nur unter besonders schwierigen Bedingungen aufgeben kann. Das ist anzunehmen, wenn 1. das Recht des ausländische

Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015) - SGB 1 | § 65 Grenzen der Mitwirkung


(1) Die Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 64 bestehen nicht, soweit 1. ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht oder2. ihre Erfüllung dem Betroffenen aus eine

Staatsangehörigkeitsgesetz - RuStAG | § 25


(1) Ein Deutscher verliert seine Staatsangehörigkeit mit dem Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit, wenn dieser Erwerb auf seinen Antrag oder auf den Antrag des gesetzlichen Vertreters erfolgt, der Vertretene jedoch nur, wenn die Voraussetzu

Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015) - SGB 1 | § 67 Nachholung der Mitwirkung


Wird die Mitwirkung nachgeholt und liegen die Leistungsvoraussetzungen vor, kann der Leistungsträger Sozialleistungen, die er nach § 66 versagt oder entzogen hat, nachträglich ganz oder teilweise erbringen.

Personalausweisgesetz - PAuswG | § 6 Gültigkeitsdauer des Ausweises; vorzeitige Beantragung; räumliche Beschränkungen


(1) Personalausweise werden für eine Gültigkeitsdauer von zehn Jahren ausgestellt. (2) Vor Ablauf der Gültigkeit eines Personalausweises kann ein neuer Personalausweis beantragt werden, wenn ein berechtigtes Interesse an der Neuausstellung dargel

Staatsangehörigkeitsgesetz - RuStAG | § 17


(1) Die Staatsangehörigkeit geht verloren 1. durch Entlassung (§§ 18 bis 24),2. durch den Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit (§ 25),3. durch Verzicht (§ 26),4. durch Annahme als Kind durch einen Ausländer (§ 27),5. durch Eintritt in die S

Personalausweisgesetz - PAuswG | § 1 Ausweispflicht; Ausweisrecht


(1) Deutsche im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sind verpflichtet, einen gültigen Ausweis zu besitzen, sobald sie 16 Jahre alt sind und der allgemeinen Meldepflicht unterliegen oder, ohne ihr zu unterliegen, sich überwiegend in Deutsc

Staatsangehörigkeitsgesetz - RuStAG | § 26


(1) Ein Deutscher kann auf seine Staatsangehörigkeit verzichten, wenn er mehrere Staatsangehörigkeiten besitzt. Der Verzicht ist schriftlich zu erklären. (2) Die Verzichtserklärung bedarf der Genehmigung der nach § 23 für die Ausfertigung der Ent

Staatsangehörigkeitsgesetz - RuStAG | § 18


Ein Deutscher wird auf seinen Antrag aus der deutschen Staatsangehörigkeit entlassen, wenn er den Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit beantragt und ihm die zuständige Stelle die Verleihung zugesichert hat.

Staatsangehörigkeitsgesetz - RuStAG | § 23


Die Entlassung wird wirksam mit der Aushändigung der von der zuständigen Verwaltungsbehörde ausgefertigten Entlassungsurkunde.

Personalausweisgesetz - PAuswG | § 27 Pflichten des Ausweisinhabers


(1) Der Ausweisinhaber ist verpflichtet, der Personalausweisbehörde unverzüglich 1. den Ausweis vorzulegen, wenn eine Eintragung unrichtig ist,2. auf Verlangen den alten Ausweis beim Empfang eines neuen Ausweises abzugeben,3. den Verlust des Ausweise

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Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 17. Mai 2018 - L 7 AS 4682/17 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 17. Mai 2018 - L 7 AS 4682/17 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 22. Sept. 2016 - L 7 AS 3613/15

bei uns veröffentlicht am 22.09.2016

Tenor Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. Juli 2015 sowie der Bescheid des Beklagten vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 aufgehoben.Der Beklagte hat die außerg

Bundessozialgericht Urteil, 16. Dez. 2014 - B 9 SB 3/13 R

bei uns veröffentlicht am 16.12.2014

Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 20. Juni 2013 wird zurückgewiesen.

Bundessozialgericht Urteil, 28. März 2013 - B 4 AS 42/12 R

bei uns veröffentlicht am 28.03.2013

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 7. Juli 2011 wird zurückgewiesen.
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 17. Mai 2018 - L 7 AS 4682/17.

Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 05. Dez. 2018 - L 7 AS 977/18 B ER

bei uns veröffentlicht am 05.12.2018

Tenor I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 16. Oktober 2018 wird zurückgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Gründe I. Der Antragsteller und B

Referenzen

(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat

1.
alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,
2.
Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen,
3.
Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.
Satz 1 gilt entsprechend für denjenigen, der Leistungen zu erstatten hat.

(2) Soweit für die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden.

(1) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 nicht nach und wird hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Dies gilt entsprechend, wenn der Antragsteller oder Leistungsberechtigte in anderer Weise absichtlich die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert.

(2) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung wegen Pflegebedürftigkeit, wegen Arbeitsunfähigkeit, wegen Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit, anerkannten Schädigungsfolgen oder wegen Arbeitslosigkeit beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 62 bis 65 nicht nach und ist unter Würdigung aller Umstände mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß deshalb die Fähigkeit zur selbständigen Lebensführung, die Arbeits-, Erwerbs- oder Vermittlungsfähigkeit beeinträchtigt oder nicht verbessert wird, kann der Leistungsträger die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen.

(3) Sozialleistungen dürfen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist.

(1) Deutsche im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sind verpflichtet, einen gültigen Ausweis zu besitzen, sobald sie 16 Jahre alt sind und der allgemeinen Meldepflicht unterliegen oder, ohne ihr zu unterliegen, sich überwiegend in Deutschland aufhalten. Sie müssen ihn auf Verlangen einer zur Feststellung der Identität berechtigten Behörde vorlegen und es ihr ermöglichen, ihr Gesicht mit dem Lichtbild des Ausweises abzugleichen. Vom Ausweisinhaber darf nicht verlangt werden, den Personalausweis zu hinterlegen oder in sonstiger Weise den Gewahrsam aufzugeben. Dies gilt nicht für zur Identitätsfeststellung berechtigte Behörden sowie in den Fällen der Einziehung und Sicherstellung.

(2) Die Ausweispflicht gilt auch für Personen, die als Binnenschiffer oder Seeleute nach dem Bundesmeldegesetz einer besonderen Meldepflicht unterliegen. Sie gilt nicht für Personen, gegen die eine Freiheitsstrafe vollzogen wird, wenn deren Vollzug noch länger als drei Monate andauert. Die Ausweispflicht nach Absatz 1 Satz 1 und 2 erfüllt auch, wer einen gültigen Pass im Sinne des § 1 Absatz 2 des Passgesetzes besitzt, ihn auf Verlangen vorlegt und den Lichtbildabgleich ermöglicht.

(3) Die zuständige Personalausweisbehörde nach § 7 Abs. 1 und 2 kann Personen von der Ausweispflicht befreien,

1.
für die ein Betreuer oder eine Betreuerin nicht nur durch einstweilige Anordnung bestellt ist oder die handlungs- oder einwilligungsunfähig sind und von einem oder von einer mit öffentlich beglaubigter Vollmacht Bevollmächtigten vertreten werden,
2.
die voraussichtlich dauerhaft in einem Krankenhaus, einem Pflegeheim oder einer ähnlichen Einrichtung untergebracht sind oder
3.
die sich wegen einer dauerhaften Behinderung nicht allein in der Öffentlichkeit bewegen können.

(4) Auf Antrag ist ein Ausweis auch auszustellen, wenn Personen

1.
noch nicht 16 Jahre alt sind oder
2.
Deutsche im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sind, die der Meldepflicht deswegen nicht unterliegen, weil sie keine Wohnung in Deutschland haben.

Die Rechtsfähigkeit des Menschen beginnt mit der Vollendung der Geburt.

(1) Deutsche im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sind verpflichtet, einen gültigen Ausweis zu besitzen, sobald sie 16 Jahre alt sind und der allgemeinen Meldepflicht unterliegen oder, ohne ihr zu unterliegen, sich überwiegend in Deutschland aufhalten. Sie müssen ihn auf Verlangen einer zur Feststellung der Identität berechtigten Behörde vorlegen und es ihr ermöglichen, ihr Gesicht mit dem Lichtbild des Ausweises abzugleichen. Vom Ausweisinhaber darf nicht verlangt werden, den Personalausweis zu hinterlegen oder in sonstiger Weise den Gewahrsam aufzugeben. Dies gilt nicht für zur Identitätsfeststellung berechtigte Behörden sowie in den Fällen der Einziehung und Sicherstellung.

(2) Die Ausweispflicht gilt auch für Personen, die als Binnenschiffer oder Seeleute nach dem Bundesmeldegesetz einer besonderen Meldepflicht unterliegen. Sie gilt nicht für Personen, gegen die eine Freiheitsstrafe vollzogen wird, wenn deren Vollzug noch länger als drei Monate andauert. Die Ausweispflicht nach Absatz 1 Satz 1 und 2 erfüllt auch, wer einen gültigen Pass im Sinne des § 1 Absatz 2 des Passgesetzes besitzt, ihn auf Verlangen vorlegt und den Lichtbildabgleich ermöglicht.

(3) Die zuständige Personalausweisbehörde nach § 7 Abs. 1 und 2 kann Personen von der Ausweispflicht befreien,

1.
für die ein Betreuer oder eine Betreuerin nicht nur durch einstweilige Anordnung bestellt ist oder die handlungs- oder einwilligungsunfähig sind und von einem oder von einer mit öffentlich beglaubigter Vollmacht Bevollmächtigten vertreten werden,
2.
die voraussichtlich dauerhaft in einem Krankenhaus, einem Pflegeheim oder einer ähnlichen Einrichtung untergebracht sind oder
3.
die sich wegen einer dauerhaften Behinderung nicht allein in der Öffentlichkeit bewegen können.

(4) Auf Antrag ist ein Ausweis auch auszustellen, wenn Personen

1.
noch nicht 16 Jahre alt sind oder
2.
Deutsche im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sind, die der Meldepflicht deswegen nicht unterliegen, weil sie keine Wohnung in Deutschland haben.

(1) Der Ausweisinhaber ist verpflichtet, der Personalausweisbehörde unverzüglich

1.
den Ausweis vorzulegen, wenn eine Eintragung unrichtig ist,
2.
auf Verlangen den alten Ausweis beim Empfang eines neuen Ausweises abzugeben,
3.
den Verlust des Ausweises und sein Wiederauffinden anzuzeigen und im Falle des Wiederauffindens diesen vorzulegen,
4.
den Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit anzuzeigen und
5.
anzuzeigen, wenn er auf Grund freiwilliger Verpflichtung in die Streitkräfte oder einen vergleichbaren bewaffneten Verband eines ausländischen Staates, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, eingetreten ist.

(2) Der Personalausweisinhaber hat zumutbare Maßnahmen zu treffen, damit keine andere Person Kenntnis von der Geheimnummer erlangt. Die Geheimnummer darf insbesondere nicht auf dem Personalausweis vermerkt oder in anderer Weise zusammen mit diesem aufbewahrt sowie im Fall des elektronischen Identitätsnachweises mit einem mobilen Endgerät nicht auf diesem gespeichert werden. Ist dem Personalausweisinhaber bekannt, dass die Geheimnummer Dritten zur Kenntnis gelangt ist, soll er diese unverzüglich ändern oder die Funktion des elektronischen Identitätsnachweises sperren lassen. Satz 3 gilt entsprechend für den Fall, dass dem Personalausweisinhaber bekannt wird, dass die Geheimnummer eines elektronischen Identitätsnachweises mit einem mobilen Endgerät Dritten zur Kenntnis gelangt ist.

(3) Der Personalausweisinhaber soll durch technische und organisatorische Maßnahmen gewährleisten, dass der elektronische Identitätsnachweis gemäß § 18 nur in einer Umgebung eingesetzt wird, die nach dem jeweiligen Stand der Technik als sicher anzusehen ist. Dabei soll er insbesondere solche technischen Systeme und Bestandteile einsetzen, die vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik als für diesen Einsatzzweck sicher bewertet werden.

(1) Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft. Der Regelbedarf wird als monatlicher Pauschalbetrag berücksichtigt. Über die Verwendung der zur Deckung des Regelbedarfs erbrachten Leistungen entscheiden die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen.

(1a) Der Regelbedarf wird in Höhe der jeweiligen Regelbedarfsstufe entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz und den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches in Verbindung mit der für das jeweilige Jahr geltenden Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung anerkannt. Soweit in diesem Buch auf einen Regelbedarf oder eine Regelbedarfsstufe verwiesen wird, ist auf den Betrag der für den jeweiligen Zeitraum geltenden Neuermittlung entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz abzustellen. In Jahren, in denen keine Neuermittlung nach § 28 des Zwölften Buches erfolgt, ist auf den Betrag abzustellen, der sich für den jeweiligen Zeitraum entsprechend der Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung nach den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches ergibt.

(2) Als Regelbedarf wird bei Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend sind oder deren Partnerin oder Partner minderjährig ist, monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 1 anerkannt. Für sonstige erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft wird als Regelbedarf anerkannt:

1.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 4, sofern sie das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben,
2.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 3 in den übrigen Fällen.

(3) Abweichend von Absatz 2 Satz 1 ist bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und ohne Zusicherung des zuständigen kommunalen Trägers nach § 22 Absatz 5 umziehen, bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres der in Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 genannte Betrag als Regelbedarf anzuerkennen.

(4) Haben zwei Partner der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet, ist als Regelbedarf für jede dieser Personen monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 2 anzuerkennen.

(5) (weggefallen)

(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat

1.
alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,
2.
Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen,
3.
Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.
Satz 1 gilt entsprechend für denjenigen, der Leistungen zu erstatten hat.

(2) Soweit für die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden.

(1) Personalausweise werden für eine Gültigkeitsdauer von zehn Jahren ausgestellt.

(2) Vor Ablauf der Gültigkeit eines Personalausweises kann ein neuer Personalausweis beantragt werden, wenn ein berechtigtes Interesse an der Neuausstellung dargelegt wird.

(3) Bei Personen, die noch nicht 24 Jahre alt sind, beträgt die Gültigkeitsdauer des Personalausweises sechs Jahre.

(4) Die Gültigkeitsdauer eines vorläufigen Personalausweises ist unter Berücksichtigung des Nutzungszwecks festzulegen; sie darf einen Zeitraum von drei Monaten nicht überschreiten.

(4a) Die Gültigkeitsdauer des Ersatz-Personalausweises ist auf den Zeitraum zu beschränken, der für das Erreichen des Zweckes nach § 6a erforderlich ist; sie darf einen Zeitraum von drei Jahren nicht überschreiten.

(5) Eine Verlängerung der Gültigkeitsdauer ist nicht zulässig.

(6) Die Gültigkeitsdauer eines Ausweises darf in den Fällen des § 29 des Staatsangehörigkeitsgesetzes den Zeitpunkt der Vollendung des 23. Lebensjahres des Inhabers so lange nicht überschreiten, bis die zuständige Behörde den Fortbestand der deutschen Staatsangehörigkeit festgestellt hat.

(7) Unter den Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 des Passgesetzes kann die zuständige Behörde im Einzelfall anordnen, dass der Ausweis nicht zum Verlassen Deutschlands berechtigt.

(8) Anordnungen nach Absatz 7 dürfen im polizeilichen Grenzfahndungsbestand gespeichert werden.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt.

(2) Eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts ist dem Gericht mitzuteilen, bei dem das Verfahren anhängig ist.

(1) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 nicht nach und wird hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Dies gilt entsprechend, wenn der Antragsteller oder Leistungsberechtigte in anderer Weise absichtlich die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert.

(2) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung wegen Pflegebedürftigkeit, wegen Arbeitsunfähigkeit, wegen Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit, anerkannten Schädigungsfolgen oder wegen Arbeitslosigkeit beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 62 bis 65 nicht nach und ist unter Würdigung aller Umstände mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß deshalb die Fähigkeit zur selbständigen Lebensführung, die Arbeits-, Erwerbs- oder Vermittlungsfähigkeit beeinträchtigt oder nicht verbessert wird, kann der Leistungsträger die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen.

(3) Sozialleistungen dürfen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 7. Juli 2011 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, in welchem Umfang der Kläger zu Angaben über seine voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben aus selbstständiger Tätigkeit verpflichtet ist.

2

Der Kläger bezieht seit Januar 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Er ist seit Dezember 2005 als Rechtsanwalt selbstständig. Bei der Antragstellung für den Leistungszeitraum ab Februar 2009 wurde ihm aufgegeben, die "Anlage EKS" (Angaben zum Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit, Gewerbebetrieb oder Landwirtschaft im Bewilligungszeitraum) auszufüllen. In dem genannten Vordruck sind von den Antragstellern jeweils monatliche aufzuschlüsselnde Auskünfte mit zahlreichen Unterangaben zu den voraussichtlichen Betriebseinnahmen, Angaben zu den Betriebsausgaben und Angaben zu den Aufwendungen, die nicht Betriebsausgaben sind sowie zu Absetzungsmöglichkeiten abzugeben und entsprechende Nachweise zu erbringen.

3

Der Kläger hat am 30.4.2009 Klage erhoben und neben einem zunächst verfolgten Leistungsbegehren ua die Feststellung begehrt, dass er nicht verpflichtet sei, voraussichtliche Einkommens- und Ausgabenschätzungen laut "EKS" für den Zeitraum eines halben Jahres im Voraus vorzunehmen. Außerdem hat er die Feststellung begehrt, dass der Beklagte verpflichtet sei, bei künftigen Leistungsbewilligungen hinsichtlich des zu berücksichtigenden Einkommens sicherzustellen, dass ihm aus bewilligter Regelleistung und Einkommen monatlich mindestens ein Betrag in Höhe der tatsächlichen Regelleistung zur Verfügung bleibe. Hilfsweise hat der Kläger geltend gemacht, ihm Auskunft darüber zu erteilen, anhand welcher Maßstäbe und mit welchen Mitteln und Methoden Einkommen und Ausgaben (sinnvoll) prognostiziert werden könnten.

4

Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 9.9.2010 abgewiesen. Es hat ausgeführt, die Hauptanträge seien mangels Feststellungsinteresses unzulässig, weil der Kläger ohne Weiteres etwaige ihn belastende Entscheidungen des Beklagten abwarten und hiergegen vorgehen könne. Der Hilfsantrag sei ebenfalls unzulässig, weil der insoweit als Verpflichtungsklage auf Auskunftserteilung zu verstehenden Klage kein Verwaltungs- und auch kein Vorverfahren vorausgegangen sei.

5

Das LSG hat die Berufung des Klägers durch Urteil vom 7.7.2011 zurückgewiesen. Es hat die Berufung für unbegründet gehalten, weil dem Kläger weder ein Anspruch auf die begehrten Feststellungen noch auf Verpflichtung zur Auskunftserteilung zustehe. Bei der Einkommens- und Ausgabenschätzung nach "EKS" handele es sich um eine dem Hilfebedürftigen zumutbare Mitwirkungshandlung. Hinsichtlich des Einkommens aus selbstständiger Arbeit sei eine Einkommensprognose für den Bewilligungszeitraum erforderlich. Diese obliege zunächst dem Leistungsberechtigten im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten nach § 60 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB I. § 65 SGB I stehe dem nicht entgegen, weil die Angaben auf der Grundlage eines Mindestmaßes an betrieblicher Planung gemacht werden könnten. Soweit der Kläger begehre, dass der Beklagte sicherzustellen habe, dass bewilligte Regelleistungen und Einkommen monatlich mindestens einen Betrag in Höhe der Regelleistung ergäben, stehe ihm ein Feststellungsinteresse nicht zur Seite. Zwar könne die von der Alg II-V vorgegebene Vorgehensweise dazu führen, dass aufgrund der Teilung des prognostizierten Gesamteinkommens durch die Anzahl der Monate in einzelnen einkommensschwachen Monaten die Summe aus Einkommen und bewilligter Leistung hinter der Regelleistung zurückbleibe. Soweit die Einkommensschwankungen nicht erheblich seien, sei dies hinnehmbar. Eine Verpflichtung des Leistungsträgers könne es insoweit schon deshalb nicht geben, weil die Leistungen im Voraus erbracht werden sollten. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf die begehrte Auskunft.

6

Der Kläger hat die vom Senat zugelassene Revision eingelegt. Er rügt eine Verletzung des § 60 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB I und weiterer Vorschriften verfassungsrechtlicher, materiellrechtlicher und verfahrensrechtlicher Art. Es handele sich bei der Einkommensschätzung um eine Bewertung von Tatsachen, also um Werturteile. § 60 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB I könne deshalb nicht angewandt werden. Es sei auch die Erheblichkeit der Angaben zu künftigen Einnahmen zu verneinen, weil es an der Erforderlichkeit der Angaben fehle. Hinsichtlich des Hilfsantrags werde eine Verletzung der §§ 14, 15 SGB I gerügt. Zur Begründung des auf Feststellung der Sicherstellung des Existenzminimums gerichteten Begehrens macht der Kläger geltend, das LSG habe zu Unrecht das Feststellungsinteresse verneint.

7

Der Kläger beantragt,

        

1.    

unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Leipzig vom 9. September 2010 und des Urteils des Sächsischen Landessozialgerichts vom 7. Juli 2011 festzustellen, dass der Revisionskläger bei der Beantragung von Leistungen nach dem SGB II nicht nach § 60 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB I mitwirkungsverpflichtet sei, Prognosen oder Schätzungen zu seinen künftigen Einnahmen und Ausgaben aus selbstständiger Tätigkeit für einen Zeitraum von sechs Monaten im Voraus vorzunehmen,

                 

hilfsweise,

                 

den Revisionsbeklagten unter Aufhebung der genannten Urteile zu verurteilen, dem Revisionskläger Auskunft darüber zu geben, ihn dazu zu beraten, anhand welcher Maßstäbe und mit welchen Mitteln und Methoden er Einkommen und Ausgaben aus Anwaltstätigkeit gemäß Formular "EKS" für einen Zeitraum von sechs Monaten im Voraus sinnvoll prognostizieren könne,

        

2.    

unter Aufhebung der genannten Urteile festzustellen, dass der Revisionsbeklagte verpflichtet sei, bei der Berücksichtigung künftiger Einnahmen und Ausgaben im Rahmen vorläufiger Leistungsentscheidungen nach dem SGB II sicherzustellen, dass dem Revisionskläger aus vorläufig zuerkannten Leistungen und berücksichtigtem Einkommen Mittel in Höhe des sozio-kulturellen Existenzminimums, mithin Regelleistungen und Kosten der Unterkunft, in jedem Monat des Entscheidungszeitraums zur tatsächlichen Verfügung bleibe.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er ist der Auffassung, dass vom Kläger nicht mehr gefordert werde, als von jedem anderen einkommenserzielenden Leistungsempfänger auch.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG).

11

Hinsichtlich des zu 1. gestellten Antrags konnte der Kläger sein Begehren zwar zulässig im Wege der Feststellungsklage verfolgen, die Klage ist insoweit jedoch unbegründet. Ferner ist die mit dem Hilfsantrag verfolgte Leistungsklage hinsichtlich des Auskunftsanspruchs mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Unzulässig ist auch der Feststellungsantrag zu 2., weil es an dem erforderlichen Feststellungsinteresse fehlt.

12

1. a) Die Feststellungsklage (§ 55 SGG) mit dem Antrag, der Revisionskläger sei bei der Beantragung von Leistungen nach dem SGB II nicht nach § 60 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB I mitwirkungsverpflichtet, Prognosen oder Schätzungen zu seinen künftigen Einnahmen und Ausgaben aus selbstständiger Tätigkeit für einen Zeitraum von sechs Monaten im Voraus vorzunehmen, ist zulässig. Ihr steht hinsichtlich des fraglichen Feststellungsantrags insbesondere nicht der Grundsatz der Subsidiarität entgegen. Aus dem auch im sozialgerichtlichen Verfahren anwendbaren Grundsatz der Subsidiarität folgt die Nachrangigkeit der Feststellungsklage gegenüber der Leistungs- und Anfechtungsklage (BSG vom 30.10.1980 - 8a RU 96/79 - BSGE 50, 262, 263 = SozR 2200 § 28 Nr 4; BSG vom 20.5.1992 - 14a/6 RKa 29/89 - SozR 3-1500 § 55 Nr 12). Von diesem Grundsatz hat die Rechtsprechung allerdings im Einzelfall insbesondere aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit Ausnahmen zugelassen, wenn durch eine gegen eine Person des öffentlichen Rechts gerichtete Feststellungsklage ein Streit im Ganzen beseitigt werden kann. Die Verhältnisse des vorliegenden Falls rechtfertigen eine derartige Ausnahme. Zwar könnte der Kläger gegen einen wegen einer Verletzung seiner Mitwirkungsobliegenheiten nach § 66 SGB I erteilten Versagensbescheid des Beklagten im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage bzw der reinen Anfechtungsklage vorgehen(vgl zur Abgrenzung der Klagearten BSG vom 1.7.2009 - B 4 AS 78/08 R -, BSGE 104, 26, 29 = SozR 4-1200 § 66 Nr 5), jedoch ist eine Klärung des Umfangs seiner Mitwirkungsobliegenheit auf diesem Wege mit Rücksicht darauf, dass existenzsichernde Leistungen im Streit stehen, für den Kläger nicht zumutbar. Zudem ist bereits durch eine Entscheidung über das Feststellungsbegehren eine Klärung für zukünftige Bewilligungszeiträume zu erwarten.

13

b) Die Feststellungsklage ist jedoch unbegründet. Der Kläger ist im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht nach § 60 Abs 1 S 1 SGB I gehalten, Angaben über seine voraussichtlichen Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit für den Bewilligungszeitraum unter Verwendung des Vordrucks "EKS" in dem durch den Vordruck vorgesehenen Umfang zu machen.

14

aa) Nach § 60 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB I hat derjenige, der Sozialleistungen beantragt oder erhält, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen. Die Mitwirkungsobliegenheiten des SGB I finden auch im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende Anwendung, soweit keine bereichsspezifischen Mitwirkungsobliegenheiten Anwendung finden (BSG vom 19.9.2008 - B 14 AS 45/07 R - BSGE 101, 260 = SozR 4-1200 § 60 Nr 2, RdNr 13).

15

Bei den dem Kläger abverlangten Angaben zu seinen Einkünften im Bewilligungszeitraum handelt es sich um Tatsachen im Sinne der Norm. Dies folgt aus dem Zweck der Regelung und ihrem systematischen Zusammenhang. Soweit demgegenüber in der Literatur die Auffassung vertreten wird, der Begriff der Tatsachen umfasse (nur) konkrete Umstände in der Vergangenheit und Gegenwart (Sichert in Hauck/Noftz, SGB I, § 60 Rz 27, Stand 12/10; zutreffend dagegen Jung in Eichenhofer/Wenner, SGB I/SGB IV/SGB X, 2012, § 60 SGB I Rz 19: … Vorgänge in der Vergangenheit und Zukunft …), wird dies dem dargelegten Konzept der Mitwirkungsobliegenheiten nicht gerecht. Vielmehr ist der Begriff der "Tatsachen" iS von § 60 Abs 1 S 1 SGB I bereichsspezifisch zu konkretisieren.

16

Der Zweck der in § 60 Abs 1 S 1 SGB I geregelten Obliegenheiten ist darauf gerichtet, dem Sozialleistungsträger Kenntnis von denjenigen Tatsachen zu vermitteln, welche die Grundlage für eine Entscheidung über die Bewilligung, Änderung, Entziehung oder Erstattung einer Sozialleistung bilden(Kampe in jurisPK-SGB I, 2. Aufl 2012, § 60 Rz 18; Sichert in Hauck/Noftz, SGB I, § 60 Rz 26, Stand 12/2010). Der Verpflichtung zur Angabe von entscheidungserheblichen Tatsachen kommt hierbei die Funktion zu, den Leistungsträger überhaupt erst in die Lage zu versetzen, seiner Amtsermittlungspflicht nach § 20 SGB X nachzukommen. Insoweit bildet die Erheblichkeit der Tatsachen für die Entscheidung über eine Leistungsgewährung sowohl die sachliche Rechtfertigung als auch die Begrenzung der genannten Mitwirkungsobliegenheiten. Erheblich sind Tatsachen, die die tatbestandlichen Voraussetzungen einer anspruchsbegründenden Norm erfüllen. Hierbei belässt die Norm die Verantwortlichkeit für die Feststellung der maßgebenden Tatsachen ungeachtet der Mitwirkungsobliegenheiten des Leistungsberechtigten - entgegen dem Vorbringen des Klägers - ohne jegliche Einschränkungen dem zuständigen Leistungsträger.

17

Zu den für die Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu klärenden Umständen gehört die Frage, ob dem Antragsteller im Bewilligungszeitraum (voraussichtlich) Einkommen zufließt, denn die Erzielung von Einkommen führt gegebenenfalls zum teilweisen oder vollständigen Wegfall der Anspruchsvoraussetzung der Hilfebedürftigkeit (§ 7 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB II). Dabei ist Einkommen nach der Rechtsprechung beider für das Recht der Grundsicherung zuständigen Senate grundsätzlich alles, was jemand nach Antragstellung dazu erhält, und Vermögen, was er vor Antragstellung bereits hatte. Es ist vom tatsächlichen Zufluss auszugehen, es sei denn, rechtlich wird ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt (BSG vom 22.3.2012 - B 4 AS 139/11 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 55 mwN). Da das BSG die Abgrenzung von Vermögen und Einkommen anhand des Zuflusses der jeweiligen Leistung vornimmt, müssen - modifiziert durch das sog Monatsprinzip - zur Berücksichtigung von Einkommen ab dem Zeitpunkt der Bewilligung zwangsläufig Umstände in die Prüfung einbezogen werden, die in der Zukunft liegen (Bayerisches LSG vom 30.7.2010 - L 7 AS 12/10 - veröffentlicht in juris). Insoweit gilt für andere Umstände - zB die Erwerbsfähigkeit des Leistungsberechtigten -, die im Bewilligungszeitraum einem Wandel unterliegen können, nichts anderes. Der Umstand, ob und in welchem Umfang dem Antragsteller während des Bewilligungszeitraums voraussichtlich Einkommen zufließen wird, ist bereits zum Zeitpunkt der Bewilligungsentscheidung entscheidungserheblich. Dies gilt auch für eine vorläufige Entscheidung über die Leistungsbewilligung nach § 40 Abs 1 S 2 Nr 1a SGB II iVm § 328 Abs 1 SGB III. Denn auch bei einer vorläufigen Entscheidung müssen Leistungen - ohne vorsorglichen Abschlag - regelmäßig in derjenigen Höhe gewährt werden, die bei Bestätigung der wahrscheinlich vorliegenden Voraussetzungen voraussichtlich auch endgültig zu leisten sein werden (BSG vom 6.4.2011 - B 4 AS 119/10 R -, BSGE 108, 86 = SozR 4-1500 § 54 Nr 21, RdNr 34). Es handelt sich bei den Angaben zur finanziellen Situation während des Bewilligungszeitraums folglich um Tatsachen, die für die Geltendmachung des Leistungsanspruchs erheblich sind.

18

Die Obliegenheit zur Angabe von Tatsachen nach Maßgabe des § 60 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB I wird systematisch durch diejenige in § 60 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB I ergänzt, wonach derjenige, der Sozialleistungen beantragt oder erhält, Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen hat. Diese Obliegenheit dient in erster Linie dazu, die Grundlage für die Aufhebung von Verwaltungsakten mit Dauerwirkung durch den Sozialleistungsträger nach § 48 SGB X zu schaffen. Nach § 48 Abs 1 S 1 SGB X ist die Befugnis zur Aufhebung von Dauerverwaltungsakten ua bei einer wesentlichen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse eröffnet. Bei der Anwendung dieser Norm umfasst die Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen jede Änderung des für die getroffene Regelung relevanten Sachverhalts (Merten in Hauck/Noftz, SGB X, § 48 RdNr 18, Stand 12/12). In diesem Zusammenhang ist in der Rechtsprechung des BSG zwar anerkannt, dass - soweit objektiv nur die Möglichkeit einer prospektiven Schätzung etwa der Einkommenssituation besteht - die Voraussetzungen für eine endgültige Bewilligung der Leistungen zu verneinen sind (BSG vom 21.6.2011 - B 4 AS 21/10 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 39, RdNr 16). Hieraus kann jedoch nicht im Umkehrschluss gefolgert werden, dass es sich bei den Angaben zu den voraussichtlichen Einnahmen nicht um die Mitteilung von Tatsachen handele. Folgerichtig bleibt Maßstab der Überprüfung von Aufhebungsentscheidungen bei einer endgültigen Leistungsbewilligung § 45 oder § 48 SGB X(BSG vom 21.6.2011, aaO). Unterlässt der zur Mitwirkung Verpflichtete schuldhaft eine entsprechende Mitteilung nach § 60 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB I, so berechtigt dies den Leistungsträger zur rückwirkenden Aufhebung der Bewilligung nach § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB X.

19

Im Übrigen ergibt sich keine andere Beurteilung daraus, dass die Höhe der Einkünfte selbstständig Tätiger vielfach in größerem Umfang mit Unsicherheiten behaftet sind, als dies zB für Einnahmen aus Kapitalvermögen oder Einkünften aus abhängiger Beschäftigung angenommen werden kann. Insoweit ändert das Ausmaß der Unsicherheit nichts daran, dass der Antragsteller am ehesten zu verlässlichen Angaben über seine voraussichtlichen finanziellen Verhältnisse im Bewilligungszeitraum in der Lage sein wird und eine Verwaltungsentscheidung ohne seine Mitwirkung praktisch nicht vollziehbar ist.

20

bb) Schließlich stehen der hier in Frage stehenden Mitwirkungsobliegenheit nicht die in § 65 SGB I geregelten Grenzen der Mitwirkung entgegen. Insbesondere liegt keine Verletzung der in § 65 Abs 1 Nr 1 SGB I für die Mitwirkungsobliegenheiten niedergelegten spezifischen Maßgaben des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit vor. Hiernach bestehen die Mitwirkungspflichten nach §§ 60 bis 64 SGB I nicht, soweit ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht. Es handelt sich insoweit um eine Konkretisierung des allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Im Rahmen dieser Regelung sind die Grenzen der Mitwirkung im Sinne einer Zweck-Mittel-Relation durch eine Abwägung von Art und Umfang der Sozialleistung einerseits und des für die Erfüllung der Mitwirkungspflicht erforderlichen Aufwands des Mitwirkungsverpflichteten andererseits zu konkretisieren (Joussen in KSW, 2. Aufl 2011, § 54 Rz 4; Kampe in jurisPK-SGB I, 2. Aufl 2011, § 60 Rz 14). In vergleichbarem Zusammenhang hat bereits der 14. Senat des BSG bei der Frage der Zumutbarkeit einer Mitwirkung des Leistungsberechtigten durch Vorlage von Kontoauszügen auf die Besonderheiten der SGB II-Leistungen hingewiesen, da es sich um Anforderungen im Rahmen eines steuerfinanzierten Fürsorgesystems handelt, das strikt an die Hilfebedürftigkeit der Leistungsempfänger als Anspruchsvoraussetzung anknüpft (BSG vom 19.9.2008 - B 14 AS 45/07 R - BSGE 101, 260 = SozR 4-1200 § 60 Nr 2, RdNr 13).

21

Ferner hält sich die hier in Frage stehende Mitwirkungshandlung innerhalb der durch die einschlägigen Regelungen gezogenen Grenzen. Die Berechnung des Einkommens aus selbstständiger Tätigkeit erfolgt nach Maßgabe des § 3 Alg II-V(idF der Sechsten Verordnung zur Änderung der Alg II-V vom 19.12.2011, BGBl I 2833). Hiernach sind Ausgangspunkt für die Berechnung die tatsächlich zufließenden Betriebseinnahmen, die nach Maßgabe des § 3 Abs 2 Alg II-V und des § 11b SGB II in Abkehr der bis 31.12.2007 geltenden steuerrechtlichen Betrachtung zu bereinigen sind (zur Berechnung s Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, § 13 Rz 190 ff, Stand XI/12). Hinsichtlich der berücksichtigungsfähigen Ausgaben sieht § 3 Abs 3 Alg II-V die Abzugsfähigkeit begrenzende zusätzliche Prüfungen vor. Die von selbstständig Tätigen in der Anlage EKS zu tätigenden Angaben entsprechen diesem komplexen normativen Prüfprogramm. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass angesichts des Ziels der ab 1.1.2008 für selbstständig Tätige geltenden Regelungen, höhere Einsparungen bei den passiven Leistungen zu erzielen, der hieraus erwachsende Aufwand diesen Personenkreis, der seinen Lebensunterhalt ergänzend durch eine steuerfinanzierte Sozialleistung sicherstellen will, unverhältnismäßig belasten würde.

22

2. Der Senat lässt dahinstehen, ob die Geltendmachung eines Beratungs- bzw Auskunftsanspruches nach § 14 SGB I(vgl zur Geltendmachung des Beratungsanspruchs Knecht in Hauck/Noftz, SGB I, § 14 RdNr 19, Stand 6/10; Mönch-Kalina, jurisPK-SGB I, 2. Aufl 2011, § 14 RdNr 40), den der Kläger hinsichtlich der Art und Weise der Ausfüllung der Anlage EKS gegen den Beklagten geltend macht, im Falle der Ablehnung einen anfechtbaren Verwaltungsakt darstellt (so zur Auskunft nach § 15 SGB I: BSG vom 12.11.1980 - 1 RA 45/79 - SozR 1200 § 14 Nr 9; zur Auskunft nach § 83 SGB X BSG vom 13.11.2012 - B 1 KR 13/12 R - SozR 4-1500 § 54 Nr 27), sodass nicht die reine Leistungsklage, sondern die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage die richtige Klageart wäre.

23

Unabhängig von der hier einschlägigen Klageart ist für die vom Kläger gegen den Beklagten erhobene Klage, die auf Auskunft hinsichtlich der Ausfüllung der dem Kläger in der Anlage EKS abverlangten Angaben gerichtet ist, jedenfalls ein Rechtsschutzbedürfnis nicht ersichtlich. Das Rechtsschutzbedürfnis ist Zulässigkeitsvoraussetzung einer jeden Klage. Es ist vom Rechtsmittelgericht in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, Vor § 51 RdNr 20); dadurch sollen zweckwidrige Prozesse verhindert und eine unnötige Inanspruchnahme des Rechtsschutzes durch staatliche Gerichte verhindert werden. Das gerichtliche Rechtsschutzinteresse ist grundsätzlich zu verneinen, wenn das angestrebte Ergebnis nicht auf einfachere Weise erreicht werden kann. Am Rechtsschutzverhältnis fehlt es, weil der Kläger vor der Klageerhebung nicht mit einem auf eine konkrete Fragestellung abzielenden Auskunftsbegehren an den Beklagten herangetreten ist. Eine derartige Konkretisierung ist im Übrigen auch bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht erfolgt. Eine vorherige Befassung des Beklagten mit einem konkreten Begehren ist auch nicht entbehrlich, denn es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Beklagte dem Kläger keine Hinweise zur Überwindung von konkreten Schwierigkeiten bei der Ausfüllung des Vordrucks geben würde.

24

3. Das im Wege der Feststellungsklage geltend gemachte Begehren, der Revisionsbeklagte sei verpflichtet, bei der Berücksichtigung künftiger Einnahmen und Ausgaben im Rahmen vorläufiger Leistungsentscheidungen nach dem SGB II sicherzustellen, dass dem Kläger aus vorläufig zuerkannten Leistungen und berücksichtigtem Einkommen Mittel in Höhe des soziokulturellen Existenzminimums, mithin Regelleistung und Kosten der Unterkunft, in jedem Monat des Entscheidungszeitraums zur tatsächlichen Verfügung bleibe, ist unzulässig. Hinsichtlich dieses Begehrens ist der Kläger auf die vorrangige kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zu verweisen.

25

Insoweit obliegt es zunächst wiederum dem Kläger, Änderungen gegenüber der bei Antragstellung getätigten Angaben gemäß § 60 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB I unverzüglich mitzuteilen. In der Folge steht ihm, soweit eine zeitnahe Umsetzung durch den Beklagten nicht erfolgt, die Möglichkeit offen, einstweiligen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen (zur reduzierten Ermessensbetätigung hinsichtlich der Höhe einer vorläufigen Leistung bei selbstständig Tätigen mit Rücksicht auf ihren existenzsichernden Charakter s BSG vom 6.4.2011 - B 4 AS 119/10 R - BSGE 108, 86 = SozR 4-1500 § 54 Nr 21, RdNr 34).

26

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat

1.
alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,
2.
Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen,
3.
Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.
Satz 1 gilt entsprechend für denjenigen, der Leistungen zu erstatten hat.

(2) Soweit für die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden.

(1) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 nicht nach und wird hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Dies gilt entsprechend, wenn der Antragsteller oder Leistungsberechtigte in anderer Weise absichtlich die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert.

(2) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung wegen Pflegebedürftigkeit, wegen Arbeitsunfähigkeit, wegen Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit, anerkannten Schädigungsfolgen oder wegen Arbeitslosigkeit beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 62 bis 65 nicht nach und ist unter Würdigung aller Umstände mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß deshalb die Fähigkeit zur selbständigen Lebensführung, die Arbeits-, Erwerbs- oder Vermittlungsfähigkeit beeinträchtigt oder nicht verbessert wird, kann der Leistungsträger die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen.

(3) Sozialleistungen dürfen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist.

(1) Die Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 64 bestehen nicht, soweit

1.
ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht oder
2.
ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden kann oder
3.
der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann.

(2) Behandlungen und Untersuchungen,

1.
bei denen im Einzelfall ein Schaden für Leben oder Gesundheit nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann,
2.
die mit erheblichen Schmerzen verbunden sind oder
3.
die einen erheblichen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit bedeuten,
können abgelehnt werden.

(3) Angaben, die dem Antragsteller, dem Leistungsberechtigten oder ihnen nahestehende Personen (§ 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 der Zivilprozeßordnung) die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden, können verweigert werden.

(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat

1.
alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,
2.
Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen,
3.
Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.
Satz 1 gilt entsprechend für denjenigen, der Leistungen zu erstatten hat.

(2) Soweit für die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden.

(1) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 nicht nach und wird hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Dies gilt entsprechend, wenn der Antragsteller oder Leistungsberechtigte in anderer Weise absichtlich die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert.

(2) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung wegen Pflegebedürftigkeit, wegen Arbeitsunfähigkeit, wegen Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit, anerkannten Schädigungsfolgen oder wegen Arbeitslosigkeit beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 62 bis 65 nicht nach und ist unter Würdigung aller Umstände mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß deshalb die Fähigkeit zur selbständigen Lebensführung, die Arbeits-, Erwerbs- oder Vermittlungsfähigkeit beeinträchtigt oder nicht verbessert wird, kann der Leistungsträger die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen.

(3) Sozialleistungen dürfen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist.

(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat

1.
alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,
2.
Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen,
3.
Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.
Satz 1 gilt entsprechend für denjenigen, der Leistungen zu erstatten hat.

(2) Soweit für die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden.

(1) Die Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 64 bestehen nicht, soweit

1.
ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht oder
2.
ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden kann oder
3.
der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann.

(2) Behandlungen und Untersuchungen,

1.
bei denen im Einzelfall ein Schaden für Leben oder Gesundheit nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann,
2.
die mit erheblichen Schmerzen verbunden sind oder
3.
die einen erheblichen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit bedeuten,
können abgelehnt werden.

(3) Angaben, die dem Antragsteller, dem Leistungsberechtigten oder ihnen nahestehende Personen (§ 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 der Zivilprozeßordnung) die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden, können verweigert werden.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 20. Juni 2013 wird zurückgewiesen.

Kosten haben sich die Beteiligten nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Anwendung der allgemeinen Vorschriften über die Mitwirkung der Leistungsberechtigten im Feststellungsverfahren nach § 69 SGB IX.

2

Bei der Klägerin war ein Gesamt-Grad der Behinderung (GdB) von 50 festgestellt (Bescheid vom 14.4.2008). Am 7.8.2009 beantragte sie durch ihren Bevollmächtigten eine Überprüfung des Bescheids und eine neue Feststellung des GdB, weil unfallbedingt eine chronifizierte und operativ zu versorgende Meniskusverletzung hinzugetreten sei.

3

Der Bevollmächtigte der Klägerin sandte trotz schriftlicher Aufforderung und anschließender Mahnung des Beklagten weder das ihm übersandte Formular für den Neufeststellungsantrag zurück, noch begründete er den Überprüfungsantrag. Der Beklagte wies ihn deshalb auf die Mitwirkungspflichten aus § 60 Abs 1 SGB I und die Folgen von deren Verletzung aus § 66 SGB I hin; er werde die beantragte Feststellung nach dem SGB IX versagen, wenn die Klägerin ihrer Mitwirkungspflicht weiterhin nicht nachkomme und bis zum 1.3.2010 nicht antworte. Auch darauf reagierte die Klägerin nicht. Der Beklagte lehnte daraufhin die Erteilung eines Rücknahmebescheids nach § 44 SGB X ab(Bescheid vom 10.6.2010) und versagte die beantragte Neufeststellung nach § 66 SGB I iVm § 69 SGB IX(Bescheid vom 11.6.2010). Die Erfüllung der Mitwirkungspflicht der Klägerin stehe in angemessenem Verhältnis zur beantragten Sozialleistung. Die Mitwirkung könne ihr zugemutet werden, zumal alle Möglichkeiten der Sachaufklärung von Amts wegen ausgeschöpft seien. Den ebenfalls nicht begründeten Widerspruch der Klägerin gegen die Ablehnung der Neufeststellung wies der Beklagte als unbegründet zurück (Bescheid vom 26.1.2011).

4

Die dagegen von der Klägerin erhobene Anfechtungsklage blieb ohne Erfolg (SG-Urteil vom 15.3.2012). Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 20.6.2013) und dafür wie vor ihm das SG §§ 60 und 66 SGB I in analoger Anwendung herangezogen. Die Vorschriften seien nach ihrem Wortlaut zwar nicht unmittelbar anzuwenden; bei einer Statusfeststellung der Versorgungsbehörden handele es sich nicht um eine Sozialleistung im Sinne des § 11 SGB I. Indes ergebe sich insoweit aus der Systematik des SGB I eine Regelungslücke des Gesetzes, da auch Statusfeststellungen soziale Rechte verwirklichen könnten. Dies sei übersehen worden. Bei vergleichbarer Interessenlage seien an anderer Stelle Spezialregelungen getroffen worden. Zudem sei die Interessenlage bei der Bewilligung von Sozialleistungen und der Statusfeststellung wesentlich vergleichbar. Schließlich ergebe sich die Mitwirkungspflicht der Klägerin ebenso aus dem allgemeinen, auch im öffentlichen Recht anwendbaren Grundsatz von Treu und Glauben.

5

Mit ihrer Revision weist die Klägerin darauf hin, andere Bundesländer wendeten § 66 SGB I im Unterschied zu Baden-Württemberg im Feststellungsverfahren nicht an. Das stelle eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung dar. Die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft sei nach der Rechtsprechung des BSG keine Sozialleistung. Die analoge Anwendung von § 66 SGB I sei zudem keineswegs eine Verwaltungsvereinfachung, sondern führe zu nichts. Einer fehlenden Mitwirkung des Antragstellers könne durch eine Beweislastentscheidung ausreichend Rechnung getragen werden. Das Bedürfnis einer Analogie bestehe deshalb nicht.

6

Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 20.6.2013 und das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 15.3.2012 sowie den Bescheid vom 11.6.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.1.2011 aufzuheben.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Das LSG habe sich zutreffend auf eine analoge Anwendung der Vorschriften über die Mitwirkungspflichten der Leistungsberechtigten gestützt. Die Versagungsentscheidung nach § 66 SGB I schütze den Antragsteller vor einer materiell bindenden Beweislastentscheidung und könne jederzeit behoben werden, wenn der Antragsteller die Mitwirkungshandlung nachholt. Die Interessen der Klägerin erführen hierdurch einen größeren Schutz.

Entscheidungsgründe

9

Die form- und fristgemäß eingelegte und damit zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet.

10

1. Die isolierte Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 11.6.2010 ist zulässig.

11

a) Der Bescheid vom 11.6.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.1.2011 konnte isoliert angefochten werden. § 54 Abs 4 SGG ist nicht anwendbar, weil der Beklagte die Feststellung eines höheren GdB gemäß § 66 SGB I versagt und damit in der Sache über die begehrte Feststellung nicht entschieden hat(vgl BSG SozR 1200 § 66 Nr 13).

12

b) Die Zulässigkeit der Klage scheitert darüber hinaus nicht an einer eventuell fehlenden Vertretungsbefugnis des Prozessvertreters der Klägerin, eines Rentenberaters, in der Berufungsinstanz. Die Vertretungsbefugnis des in der Berufungsinstanz aufgetretenen Rentenberaters ergibt sich allerdings nicht aus § 73 Abs 2 S 2 Nr 3 SGG.

13

Nach § 73 Abs 2 S 2 Nr 3 SGG sind Rentenberater vor dem SG und LSG nur vertretungsbefugt im Umfang ihrer Befugnisse nach § 10 Abs 1 S 1 Nr 2 des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG), im Schwerbehindertenrecht daher nur mit einem konkreten Bezug zu einer gesetzlichen Rente, wie die Vorschrift ausdrücklich bestimmt(vgl BT-Drucks 16/3655 S 64 sowie iE Köhler, SGb 2009, 441, 444 mwN). Einen solchen Bezug des von der Klägerin geführten Schwerbehindertenverfahrens zu einem gesetzlichen Rentenanspruch hat das LSG nicht festgestellt. Gleichwohl hat es angenommen, der von der Klägerin mit ihrer Prozessvertretung beauftragte Rentenberater sei - aus Gründen des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit - als registrierter Erlaubnisinhaber nach § 3 Abs 2 S 1 Nr 1 Einführungsgesetz zum Rechtsdienstleistungsgesetz (RDGEG) nach dem Umfang seiner bisherigen Erlaubnis auch für isolierte Schwerbehindertenverfahren vor Gericht weiterhin vertretungsbefugt. Er habe ua noch 1983 und 1993 unter der Geltung des Rechtsberatungsgesetzes (RBerG) eine Erlaubnis zum Tätigwerden als Rentenberater erhalten und ausgeübt. Diese habe nach dem Verständnis im Zeitpunkt der Erteilung das Schwerbehindertenrecht stets auch ohne konkreten Bezug zur Rentenberatung eingeschlossen und gelte insoweit fort (vgl Vogts, RV 2012, 205 ff; Hoechstetter, RBeistand 1998, 3 ff; Rennen/Caliebe, RBerG, 3. Aufl 2001, § 1 RdNr 128 mwN; Casselmann, Rentenberatung und mündliches Verhandeln vor den Sozialgerichten, 4. Aufl 1990, S 69: historische Zuständigkeit; aA LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.11.2012 - L 8 SB 2721/12 -, Juris mwN).

14

Die vom LSG zur Begründung seiner Rechtsansicht genannten Argumente überzeugen den Senat nicht vollständig. Dies gilt schon für den argumentativen Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, eine früher erteilte Erlaubnis als Rentenberater nach § 1 Abs 1 S 2 Nr 1 RBerG sei umfassend zu verstehen. Das BSG hat bereits im Einzelnen dargelegt, dass es Wortlaut, Entstehungsgeschichte sowie Schutzzweck des RBerG gebieten, § 1 Abs 1 S 2 Nr 1 RBerG eng auszulegen. Das Tätigwerden des Rentenberaters muss demnach Renten betreffen (vgl BSG SozR 3-1300 § 13 Nr 4 und Nr 7; bestätigt von BVerfG SozR 3-1300 § 13 Nr 6). Diese enge Auslegung der Vorschrift hindert eine fachübergreifende Erstreckung der Erlaubnis des Rentenberaters auf ein Rechtsgebiet außerhalb der Rentenberatung, soweit diese nicht für eine ordnungsgemäße Geschäftsbesorgung auf dem Gebiet der Rentenversicherung unverzichtbar ist (vgl BSG SozR 3-1300 § 13 Nr 4). Zwar beziehen sich die Ausführungen des BSG in den zitierten Urteilen ausdrücklich nur auf eine Vertretung auf dem Gebiet der Arbeitslosenversicherung. Sie sind aber methodisch sinnvoll nicht auf diese Konstellation zu begrenzen, sondern können nur allgemein verstanden werden.

15

Auch die vom LSG angeführte - historisch begründete - Verzahnung des sozialen Entschädigungsrechts mit dem Schwerbehindertenrecht, vgl § 69 Abs 1 S 3 und S 5 SGB IX, zwingt nicht zu einer weiten Auslegung des § 1 Abs 1 S 2 Nr 1 RBerG. Anders als das SchwbG bzw jetzt das SGB IX enthält das BVG selbständige Anspruchsnormen für Rentenzahlungen (vgl Dau in: Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, BVG, vor § 9 RdNr 1 ff). Im Versorgungsrecht sind daher schon lange vor der Entstehung des Rentenberaterberufs Berater außerhalb der Kriegsopferverbände tätig gewesen (Casselmann, RV 1982, 1, 3). Dieser Umstand erklärt, warum das Versorgungsrecht nach dem in den Materialien ausdrücklich geäußerten Willen des Gesetzgebers (vgl BT-Drucks 8/4277) von der Erlaubnis zur Rentenberatung umfasst sein sollte. Für das Schwerbehindertenrecht lässt sich ein solcher gesetzgeberischer Wille beim Erlass des RBerG dagegen ebenso wenig belegen wie für das Recht der Arbeitslosenversicherung (vgl BSG SozR 3-1300 § 13 Nr 7; aA Hoechstetter, RBeistand 1998, 3 ff).

16

Für die lediglich akzessorische Einbeziehung des Schwerbehindertenrechts in die Vertretungsbefugnis von Rentenberatern (allg zur Annexkompetenz vgl BSG SozR 3-1300 § 13 Nr 4) spricht schließlich maßgeblich die Nachfolgeregelung des § 10 Abs 1 S 1 Nr 2 RDG, die laut Gesetzesmaterialien ausdrücklich den Begriff der Rentenberatung aus dem geltenden Recht übernommen hat(vgl BT-Drucks 16/3655 S 63 f; aA Vogt, RV 2012, S 205, 206). Die Vorschrift erlaubt Rentenberatern, im sozialen Entschädigungsrecht einschränkungslos tätig zu werden, im Schwerbehindertenrecht dagegen nur mit Bezug zu einer gesetzlichen Rente.

17

Zugunsten der Ansicht des LSG lässt sich lediglich anführen, dass die Gerichtspraxis die Erlaubnis, als Rentenberater tätig zu werden, in der Vergangenheit offenbar vielfach weiter, im vom LSG angenommenen Sinne, verstanden hat (vgl Vogt, RV 2012, 205 ff; Hoechstetter, RBeistand 1998, 3 ff; Rennen/Caliebe, RBerG, 3. Aufl 2001, § 1 RdNr 128 mwN).

18

Letztlich braucht der Senat nicht endgültig zu entscheiden, ob das LSG dem Umfang der konkreten Alterlaubnis, über die der von der Klägerin beauftragte Rentenberater verfügte, zutreffend bestimmt hat. Dessen Prozesshandlungen sind in der Berufungsinstanz schon wegen § 73 Abs 3 S 2 SGG bzw § 3 Abs 3 S 2 RDGEG wirksam, weil das LSG ihn nicht zurückgewiesen hat. Vor dem BSG hat sich die Klägerin wirksam von einem Rechtsanwalt vertreten lassen.

19

2. Die isolierte Anfechtungsklage auf Aufhebung des angefochtenen Bescheids ist unbegründet, weil dieser Bescheid rechtmäßig war und die Klägerin daher nicht in ihren Rechten verletzt. Der Beklagte hat ihn zu Recht auf §§ 66 Abs 1 S 1 iVm 60 SGB I in entsprechender Anwendung gestützt(a) deren Voraussetzungen bei der Klägerin im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Versagungsbescheids (vgl BSG SozR 1200 § 66 Nr 13) auch vorlagen (b).

20

a) Die Vorschriften der §§ 66 Abs 1 S 1 iVm 60 SGB I waren auf die von der Klägerin verlangte Erhöhung ihres GdB wegen einer Verschlechterung ihres Gesundheitszustands nach § 69 Abs 1 S 1 SGB IX iVm § 48 SGB X entsprechend anwendbar. Nach § 66 Abs 1 S 1 SGB I kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen bis zur Nachholung der Mitwirkung die Leistung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind, wenn derjenige, der Sozialleistung beantragt, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird.

21

aa) Der Wortlaut von § 66 Abs 1 S 1 SGB I lässt es allerdings nicht zu, die Feststellung eines GdB bzw ihre Änderung unter den Begriff der Sozialleistung zu fassen. § 11 S 1 SGB I definiert Sozialleistungen als die im Sozialgesetzbuch vorgesehenen Dienst-, Sach- und Geldleistungen. Demnach hat der Gesetzgeber den Leistungsanspruch in Anlehnung an das allgemeine Schuldrecht in der Art eines Vermögenswerts ausgeformt (vgl Eichenhofer, Interdependenzen in der sozialen Sicherung, S 13). Nach seiner Vorstellung soll Leistung jeder Vorteil sein, der nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuchs zur Verwirklichung sozialer Rechte dem einzelnen zugutekommen soll (Amtliche Begründung, BT-Drucks 7/868 S 24). Allein der Erlass eines Verwaltungsakts nach § 48 SGB X iVm § 69 Abs 1 S 1 SGB IX, der einen höheren GdB des Adressaten feststellt, begründet noch keinen solchen - vermögenswerten oder vergleichbaren - Vorteil für den behinderten Menschen. Der Schwerbehindertenausweis und (für GdB unter 50) der Feststellungsbescheid (nach dem SGB IX) sind vielmehr bewusst als von konkreten Vorteilen unabhängige abstrakte Nachweise konstruiert. Die abstrakte Feststellung der Schwerbehinderung bzw eines bestimmten GdB dient in einem ersten Schritt dazu, getrennt davon in einem zweiten Schritt außerhalb des Schwerbehindertenrechts eine beinahe unübersehbare Vielfalt von konkreten Leistungsansprüchen aus zahlreichen unterschiedlichen Vorschriften zu begründen (vgl BSG SozR 1200 § 66 Nr 13; BSGE 52, 168, 174 = SozR 3870 § 3 Nr 13; vgl BT-Drucks 10/3138 S 13). Zu diesem Zweck bindet sie andere Behörden (vgl BSGE 52, 168, 174 = SozR 3870 § 3 Nr 13), etwa als Grundlagenbescheid bei der Gewährung des Pauschbetrags für behinderte Menschen nach § 33b EStG(vgl BFHE 145, 545). Erst die Erfüllung dieser Leistungsansprüche erfolgt durch Sozialleistungen. Die Feststellung schafft damit zwar die wichtigste tatbestandliche Voraussetzung für die Leistungsgewährung, ohne diese aber selbst bereits zu bewirken.

22

Ebenso wenig ist die formelle Feststellung durch Verwaltungsakt bereits eine Sozialleistung im Sinne von § 11 SGB I. Der Erlass eines solchen feststellenden Verwaltungsakts kann zwar als eine Art atypische Dienstleistung verstanden werden (vgl BSGE 69, 14 = SozR 3-1300 § 44 Nr 3 RdNr 19). Insoweit ist allerdings zwischen dem Anspruch auf abstrakte Feststellung, den die Behörde durch Erlass des Verwaltungsakts erfüllt, und den verschiedenen konkreten Leistungsansprüchen aus der Feststellung zu unterscheiden. Erst die zur Befriedigung dieser Ansprüche gewährten Leistungen sind Sozialleistungen im Sinne des Gesetzes, weil erst sie für den behinderten Menschen konkrete, zumeist vermögenswerte Vorteile begründen.

23

bb) Die Feststellung oder Änderung eines Grades der Behinderung ist zwar keine Sozialleistung (vgl oben aa). Die Vorschriften über die Mitwirkung (§ 66 Abs 1 S 1 iVm § 60 SGB I) sind darauf aber entsprechend anwendbar und wie eine Sozialleistung im Sinne dieser Vorschrift zu behandeln (für eine direkte Anwendung SG Hamburg aaO; OVG Saarlouis Urteil vom 10.1.1980 - I R 119 und 126/79 - FEVS 29, 158; GK SchwbR, 2. Aufl 2000, § 39 RdNr 1 ff; ebenso für § 69 SGB IX Oppermann in: Hauck/Noftz, SGB IX, K § 69 RdNr 16).

24

§ 69 Abs 1 S 3 SGB IX trifft - abgesehen vom hier nicht einschlägigen Sonderfall des § 66 Abs 1 S 2 SGB I - selbst keine Aussagen über das Verfahren zur Feststellung der Schwerbehinderung. Die Vorschrift verweist insoweit lediglich auf das Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOVVfG), soweit nicht das 10. Buch Anwendung findet. Die früher allgemein für das Recht der Kriegsopferversorgung und der Schwerbehinderten anzuwendende KOVVfG regelt in § 18 heute nur noch zwei hier nicht einschlägige Konstellationen der unterlassenen Mitwirkung des Antragstellers - die Verweigerung des Einverständnisses zur Beiziehung von Unterlagen sowie die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung - und die darauf gestützte Ablehnung aufgrund einer Beweislastentscheidung.

25

Das 10. Buch Sozialgesetzbuch, dort § 21 Abs 2 S 3 SGB X, auf das § 69 Abs 1 S 3 SGB IX ebenfalls verweist, lässt Raum für weitergehende Pflichten der Antragsteller, bei der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken, soweit Rechtsvorschriften dies vorsehen. Solche Rechtsvorschriften enthalten ua die §§ 60 ff SGB I, die damit die Mitwirkungspflichten des § 21 Abs 2 SGB X ergänzen und konkretisieren(Seewald in Kasseler Komm, RdNr 3 Vor §§ 60-67 SGB I). Für Statusfeststellungen gelten die §§ 60 ff SGB I, weil es sich insoweit nicht um eine Leistung handelt, nicht unmittelbar, sondern nur analog. Dies ergibt sich aus Folgendem:

26

§§ 60 ff SGB I stehen im 3. Abschnitt des 1. Buches. Dieser enthält die gemeinsamen Vorschriften für alle Sozialleistungsbereiche, die nach den Vorstellungen des Gesetzgebers den einzelnen besonderen Büchern des Sozialgesetzbuches aufgrund der bestehenden Gemeinsamkeiten in Rechten und Pflichten vorangestellt werden können und sollen, weil sie einheitlich in allen besonderen Sozialleistungsbereichen zu gelten bestimmt sind. Einen wesentlichen Bestandteil der besonderen Regelungen zur Teilhabe behinderter Menschen im Zweiten Teil des 9. Buchs Sozialgesetzbuch bildet die Statusfeststellung durch feststellenden Verwaltungsakt nach § 69 SGB IX, die das Fundament für alle einzelnen Teilhabeleistungen behinderter Menschen legt. Dieses Fundament darf daher bei der Beurteilung der Frage, ob die Feststellung nach den allgemeinen Regeln wie eine Sozialleistung zu behandeln ist, nicht außer Acht gelassen werden (Beraus, Behindertenrecht 2002, 148, 150).

27

Der Anspruch auf die genannte Statusfeststellung bzw ihre Änderung nach § 48 SGB X zugunsten des Statusinhabers ist Teil eines verfahrensrechtlichen Sozialrechtsverhältnisses(vgl Seewald in Kasseler Komm, RdNr 11 vor §§ 38-47) zwischen dem antragstellenden Behinderten und der nach § 69 SGB IX für die Feststellung zuständigen Behörde. Es entsteht unmittelbar mit der Erfüllung der anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale von Gesetzes wegen (vgl §§ 38, 40 SGB I sowie Eichenhofer, Sozialrecht, 5. Aufl 2004, RdNr 171; allgemein Remmert in: Ehlers, AllgVerwR, § 18 RdNr 9). Als Rechtsverhältnis, in dem sich der Antragsteller und die Behörde als einander zu bestimmten Leistungen berechtigt und verpflichtet gegenüberstehen, berechtigt es den Antragsteller dazu, die Feststellung der Behinderung zu verlangen und verpflichtet im Gegenzug die Behörde, ihre Leistungspflicht durch feststellenden Verwaltungsakt zu erfüllen. Die Hauptpflicht der nach § 69 SGB IX zuständigen Behörde aus dem Verfahrensrechtsverhältnis zum behinderten Menschen besteht allerdings nicht in Geld-, Sach- oder Dienstleistungen, die vielmehr von anderen Leistungsträgern erbracht werden, sondern allein in der formellen Statusfeststellung per Verwaltungsakt. Trotzdem ist es sachlich geboten, zu dieser rein verfahrensrechtlichen Hauptpflicht dieselben Nebenpflichten treten zu lassen, wie sie der Gesetzgeber in den vor die Klammer gezogenen Normen des dritten Abschnitts des ersten Buchs allgemein für alle Sozialrechtsverhältnisse geregelt hat (vgl Schnapp, DÖV 1985, S 815; Krause, BlStSozArbR 1979, 145). Denn das von § 66 Abs 1 S 1 SGB I der Sache nach geregelte Zurückbehaltungsrecht der Behörde bei fehlender Mitwirkung des Antragstellers fügt sich dabei für das Recht auf Statusfeststellung bzw -änderung bruchlos in die Systematik der Vorschrift und des allgemeinen Teils des Sozialgesetzbuchs ein. Bei der Feststellung des GdB bzw bei seiner Überprüfung ist die Behörde regelmäßig - wie der Fall der Klägerin zeigt - auf Angaben aus dem persönlichen Lebensbereich angewiesen, insbesondere über medizinische Tatsachen. Ohne Mitwirkung des Antragstellers wird zumeist schon die ärztliche Schweigepflicht erfolgreichen Ermittlungen der Behörde über den Gesundheitszustand des Behinderten entgegenstehen, vgl § 21 Abs 3 S 3 SGB X iVm § 383 Abs 1 Nr 6 ZPO. Es ist daher systemgerecht und konsequent, wenn § 60 Abs 1 S 1 SGB I als Ergänzung des Leistungsrechts des Behinderten das von § 69 SGB IX begründete Verfahrensrechtsverhältnis zur Behörde um Mitwirkungspflichten ergänzt und ihr bei deren Verletzung nach § 66 Abs 1 S 1 SGB I ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der von ihr geschuldeten Handlung, der Feststellung eines (höheren) GdB, einräumt. Wie die Tatsachengerichte zutreffend betont haben, dient dies einerseits dazu, die Verwaltung angesichts knapper Ressourcen von aufwendigen Beweislastentscheidungen zu entlasten und schützt andererseits den Antragsteller vor den Bindungswirkungen solcher Entscheidungen. Sie reichen weiter als diejenigen einer Entscheidung nach § 66 SGB I, die gemäß § 67 SGB I leichter rückgängig zu machen ist. Dies verkennt die Klägerin, wenn sie das Bedürfnis nach einer Analogie mit dem Hinweis auf die Möglichkeit einer Beweislastentscheidung verneinen will.

28

Es gibt zudem keine hinreichenden Rechtfertigungsgründe dafür, weshalb Antragsteller, deren Behinderungsgrad festzustellen ist, geringere Mitwirkungspflichten treffen sollten, als wenn sie gestützt auf diese Feststellung Geld- oder Sachleistungen beantragen. Dies gilt umso mehr, als die Änderung der Statusfeststellung Rechtsfolgen in vielen verschiedenen Rechtsgebieten nach sich ziehen kann und damit oft weit bedeutsamer sein wird, als die Beantragung einer einzelnen Sozialleistung.

29

Umgekehrt wäre es schließlich der Verwaltung in Besserungsfällen, in denen sie die objektive Beweislast trägt, nur mit großen Schwierigkeiten oder gar nicht möglich, rechtmäßige Zustände herzustellen, wenn der von einer rechtswidrig gewordenen überhöhten Feststellung des GdB begünstigte behinderte Mensch seine Mitwirkung verweigert und seine Weigerung nicht die Folgen des § 66 SGB I auslösen kann(zutreffend SG Hamburg Urteil vom 21.6.1993 - 29 VS 113/93, das sogar eine direkte Anwendung befürwortet).

30

Die Gesetzgebungsgeschichte spricht ebenfalls für eine Analogie. Mit dem Erlass des SGB I hat der Gesetzgeber eine Reihe weitergehender Mitwirkungspflichten entfallen lassen, wie zB die früher in § 7 Abs 1 S 1 KOVVfG aF geregelte Pflicht zur vollständigen Antragstellung und die von § 16 Abs 1 S 1 Abs 2 KOVVfG aF festgelegte Auskunftspflicht über Familien-, Vermögens- oder Einkommensverhältnisse oder vergleichbare Spezialregelungen in anderen Leistungsbereichen. Er hat im Gegenzug die Mitwirkungsvorschriften im allgemeinen Teil des SGB I in den §§ 60 ff zusammengefasst und neu geregelt(vgl Dickmann, SGb 1975, 168 ff). Gestrichen wurde in diesem Zusammenhang insbesondere auch § 7 Abs 3 KOVVfG aF. Nach dieser Vorschrift konnte trotz Unvollständigkeit des Antrags nach Lage der Akten entschieden werden, wenn der Antragsteller eine Aufforderung der Verwaltungsbehörde, seinen Antrag zu ergänzen oder zu begründen, trotz schriftlicher Fristsetzung und entsprechendem Hinweis nicht beantwortet hatte. Diese Regelung bezweckte - ähnlich wie heute § 66 Abs 1 S 1 SGB I - ein vom Antragsteller eingeleitetes Verfahren, das wegen seines beharrlichen Schweigens trotz Rückfrage nicht weitergeführt werden konnte, zum Abschluss zu bringen(vgl Schönleiter-Hennig, KOVVfG, 2. Aufl 1969, § 7 RdNr 8). Es gibt keinen Anhaltspunkt und keine inhaltliche Begründung dafür, dass der Gesetzgeber bei der Neuregelung der Mitwirkungstatbestände gerade im Schwerbehindertenrecht bewusst darauf verzichten wollte, die entfallende spezielle Mitwirkungsnorm im allgemeinen Teil zu ersetzen. Vielmehr sollte das neu geschaffene SGB I alle auf Dauer angelegten Sozialleistungsbereiche nach einheitlichen Grundsätzen einbeziehen. Dazu zählt das Schwerbehindertengesetz, das zunächst nach Art II § 1 Nr 3 SGB I als besonderes Buch des Sozialgesetzbuchs fortgegolten hat und später im SGB IX aufgegangen ist.

31

b) Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des LSG liegen die Voraussetzungen für eine entsprechende Anwendung des § 66 Abs 1 S 1 SGB I iVm § 48 SGB X vor. Die Klägerin hat ihre Mitwirkungspflichten nach § 60 Abs 1 S 1 Nr 1 und 3 SGB I nicht erfüllt. Danach hat, wer Sozialleistungen beantragt, die Tatsachen anzugeben und die Beweismittel zu bezeichnen, die für die Leistung erheblich sind. Nach den Feststellungen des LSG will die Klägerin ihren Anspruch auf einen höheren GdB auf eine angebliche unfallbedingte Meniskusverletzung stützen; dazu hat sie aber weder auf dem dafür vorgesehenen Antragsformular noch sonst im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren irgendwelche weiteren Angaben gemacht, obwohl der Beklagte sie daran mehrfach erinnert hat. Durch dieses schwer nachvollziehbare Verhalten hat die Klägerin dem Beklagten im Sinne von § 66 Abs 1 S 1 SGB I die erforderliche Aufklärung des Sachverhalts zumindest erheblich erschwert, wenn nicht unmöglich gemacht. Nach den Feststellungen des LSG hat der Beklagte die Klägerin zudem, wie es § 66 Abs 3 SGB I voraussetzt, ohne Erfolg schriftlich unter Fristsetzung auf die mögliche Leistungsversagung hingewiesen.

32

Einen Ermessensfehler des Beklagten beim Erlass des Bescheides vom 11.6.2010 hat das LSG ebenfalls zu Recht verneint, weil der Beklagte das ihm von § 66 Abs 1 S 1 SGB I eingeräumte Ermessen der gesetzlichen Zielrichtung entsprechend ausgeübt und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens nicht überschritten hat, vgl § 39 Abs 1 SGB I. § 66 Abs 1 S 1 SGB I soll dem Leistungsträger eine unkomplizierte, rasche und rechtlich einwandfreie Erledigung seiner Aufgaben erleichtern bzw ermöglichen. Zugleich soll damit erreicht werden, dass die Leistungsberechtigten ihre eigenen, rechtlich verbürgten Interessen auch wirklich wahrnehmen, indem sie den ihnen zumutbaren Beitrag zur Realisierung ihrer Ansprüche leisten (Seewald in: Kasseler Komm, 82. Ergänzungslieferung 2014, § 66 RdNr 2).

33

Ebenfalls zutreffend ist der Beklagte bei der Ausübung seines pflichtgemäßen Ermessens davon ausgegangen, der Klägerin habe im eigenen Interesse zugemutet werden können, ihre Mitwirkungspflichten aus § 60 Abs 1 S 1 Nr 1 und 3 SGB I durch - ohne großen Aufwand mögliche - nähere Angaben zur behaupteten Meniskusverletzung zu erfüllen.

34

Damit erweist sich der Versagungsbescheid insgesamt als rechtmäßig, weshalb der dagegen gerichteten Anfechtungsklage der Erfolg verwehrt bleiben muss.

35

Die Revision war daher mit der Kostenfolge des § 193 SGG zurückzuweisen.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. Juli 2015 sowie der Bescheid des Beklagten vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 aufgehoben.

Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte in der Zeit vom 1. März bis 31. Mai 2015 zu Recht Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) wegen fehlender Mitwirkung versagt hat.
Die 1987 geborene Klägerin, p. Staatsangehörige, beantragte beim Beklagten erstmals am 17. Februar 2014 (Formantrag vom 17. März 2014) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Sie gab dabei u.a. an, mit einer weiteren Person in einer Haushaltsgemeinschaft zu leben. In der dem schriftlichen Antrag beigefügten „Erklärung Wohnsituation ALG II“ (Blatt 25 der Verwaltungsakten) teilte sie u.a. mit, ab März 2014 bei ihrem „Freund“ - dem am 2. Dezember 1989 geborenen S. D. (zukünftig nur S.D.) - als Untermieterin (vgl. den Untermietvertrag vom 1. März 2014 ) zu wohnen. In der Anlage „VE“ zum Leistungsantrag (Blatt 59 der Verwaltungsakten) begründete sie, warum nach ihrer Meinung keine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft mit S.D. vorliege. Beigefügt war auch die Erklärung des S.D. (Blatt 61 der Verwaltungsakten), dass er nicht bereit sei, seine Ausgaben/Einnahmen gegenüber dem Beklagten offenzulegen. Mit Bescheid vom 25. April 2014 bewilligte der Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 1. Februar bis 31. Juli 2014 vorläufig - wegen Einkommen der Klägerin aus selbstständiger Tätigkeit - Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Auf den Weitergewährungsantrag der Klägerin vom 31. Juli 2014, in dem die Klägerin angab, dass sie (weiterhin) in einer Wohngemeinschaft mit S.D. lebe, gewährte ihr der Beklagte mit Bescheid vom 4. August 2014 erneut SGB II-Leistungen (Leistungszeitraum: 1. August 2014 bis 31. Januar 2015). Im September 2014 bekräftigte die Klägerin gegenüber dem Beklagten, dass sie mit ihrem „Lebenspartner“ S.D. zwar zusammenlebe, eine gegenseitige Unterstützung jedoch nicht stattfinde, sondern alles „finanziell getrennt“ sei (vgl. den Aktenvermerk des Beklagten vom 11. September 2014 ). Auf den klägerischen Weiterbewilligungsantrag vom 8. Januar 2015 für die Zeit ab dem 1. Januar 2015 bewilligte ihr der Beklagte zunächst mit Bescheid vom 30. Januar 2015 für den Monat Februar 2015 SGB II-Leistungen. Mit Schreiben vom selben Tag (Blatt 323 der Verwaltungsakten) gab der Beklagte der Klägerin zwecks Anspruchsprüfung für die Zeit ab März 2015 respektive zwecks Prüfung, ob die Klägerin mit S.D. eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft i.S.d. § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II bilde, auf, bis zum 20. Februar 2015 folgende Unterlagen vorzulegen: die vollständig ausgefüllte Anlage „VE“ nach amtlichem Vordruck, den Personalausweis, die „Krankenkassenkarte“, die „Bankkarte“ und eine aktuelle Anmeldebestätigung des S.D., die Anlagen „WEP“, „EK“ und „VM“ nach amtlichem Vordruck „für Herrn D. ausgefüllt und von Ihnen unterschrieben“, den Arbeitsvertrag sowie eine vollständig ausgefüllte Einkommensbescheinigung vom Arbeitgeber des S.D. bzw. - bei Beschäftigungslosigkeit - Nachweise zu dessen aktuellem Einkommen, Lohnabrechnungen der letzten sechs Monate des S.D. sowie sämtliche Nachweise zum Vermögen des S.D., namentlich z.B. lückenlose Kontoauszüge der letzten drei Monate, ein „aktualisiertes“ Sparbuch, den aktuellen Stand des Bausparvertrags usw. Die Mitwirkungsaufforderung schloss u.a. mit dem Passus, dass bei fruchtlosem Fristablauf „Geldleistungen ganz versagt werden können“. Am 9. Februar 2015 legte die Klägerin sodann die von ihr ausgefüllte Anlage „VE“ vom 5. Februar 2015 vor (Blatt 325 der Verwaltungsakten), in der sie angab, mit S.D. seit mehr als einem Jahr in einem gemeinsamen Haushalt zu leben. Sie begründete zudem - zusammen mit S.D. -, warum ihrer Meinung nach keine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft vorliege und legte die „Kostenbeteiligungsvereinbarung“ vom 28. Februar 2014 (Blatt 327 der Verwaltungsakten) vor. Mit Schreiben vom 5. Februar 2015 (Blatt 329 der Verwaltungsakten) - beim Beklagten ebenfalls am 9. Februar 2015 eingegangen - erklärte S.D. unter Angabe seiner Kontaktdaten, dass er „diese Anlagen“ (gemeint: „WEP“, „EK“, „VM“) nicht ausfüllen werde, da er der „Vermutung einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft“ widerspreche. Nach Durchführung eines Hausbesuchs bei der Klägerin durch den Ermittlungsdienst des Beklagten am 27. Februar 2015 - wegen der diesbezüglichen weiteren Einzelheiten wird auf den Ermittlungsbericht des Bediensteten Hornung vom 2. März 2015 (Blatt 351 der Verwaltungsakten) verwiesen - versagte der Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 11. März 2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit ab dem 1. März 2015 ganz. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Klägerin die mit Schreiben vom 30. Januar 2015 angeforderten Unterlagen bezüglich des S.D. nicht eingereicht habe und dadurch ihren Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen sei (Hinweis auf die §§ 60 Abs. 1 und 66 Abs. 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch). Gründe, die im Rahmen der Ermessensentscheidung zu Gunsten der Klägerin hätten berücksichtigt werden können, lägen nicht vor. Der dagegen erhobene Widerspruch der Klägerin vom 24. März 2015, mit der die Klägerin geltend machte, nicht in einer Bedarfsgemeinschaft zu leben, hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 8. April 2015), ebenso wenig wie ihr am 30. März 2015 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) anhängig gemachter Eilantrag (ablehnender Beschluss des SG vom 7. April 2015 , bestätigt mit Senatsbeschluss vom 29. April 2015 ).
Die gegen den Versagungsbescheid vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 beim SG am 14. April 2015 erhobene Klage (S 5 AS 1230/15), die nicht weiter begründet wurde, hat das SG mit Urteil vom 20. Juli 2015 abgewiesen und angeordnet, dass außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten sind. Zur Begründung hat das SG in den Entscheidungsgründen im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klägerin und S.D. seit dem 1. März 2015 eine Bedarfsgemeinschaft bildeten. Die Klägerin sei „als Kopf der Bedarfsgemeinschaft“ verpflichtet gewesen, die Vordrucke „WEP“, „EK“ und „VM“ in Bezug auf S.D. auszufüllen. Es könne dahinstehen, ob der Klägerin tatsächlich alle abgefragten Daten zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen von S.D. ohne weitere „eigene Ermittlungen“ bekannt gewesen seien. Denn sie habe gar nicht erst den Versuch unternommen, die Vordrucke soweit wie möglich auszufüllen. Es stehe dem Jobcenter frei, die Daten sowohl beim Antragsteller als auch beim Partner zu erheben. Mithin seien die Anspruchsvoraussetzungen für Arbeitslosengeld II nicht nachgewiesen worden, da nicht habe beurteilt werden können, ob die Klägerin auch unter Berücksichtigung von etwaigem Einkommen oder Vermögen des S.D. hilfebedürftig sei. Die Rechtsfolgenbelehrung des Beklagten und dessen Ermessenserwägungen seien nicht zu beanstanden.
Noch während des SG-Verfahrens hat der Beklagte der Klägerin auf deren Neuantrag vom 12. Juni 2015 mit Bescheid vom 16. Juli 2015 für die Zeit vom 1. Juni bis 30. November 2015 SGB II-Leistungen bewilligt, nachdem ein weiteres Zusammenleben der Klägerin mit S.D. nicht mehr nachweisbar (s. den Ermittlungsbericht des Bediensteten H. vom 15. Juli 2015 ) und sie zwischenzeitlich zu ihren Eltern gezogen war.
Gegen das der Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 27. Juli 2015 zugestellte Urteil des SG hat die Klägerin am 26. August 2015 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung macht sie weiterhin geltend, dass sie mit S.D. keine Bedarfsgemeinschaft gebildet habe. Deswegen habe Einkommen oder Vermögen des S.D. nicht berücksichtigt werden dürfen, so dass die Vordrucke „WEP“, „EK“ und „VM“ in Bezug auf S.D. entbehrlich gewesen seien. Eine Mitwirkungsverletzung liege daher nicht vor.
Nachdem die Klägerin zunächst (auch) die Verurteilung des Beklagten, ihr „über den 1. März 2015 hinaus“ Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zu gewähren, begehrt hatte, hat sie auf die Hinweisverfügung des Berichterstatters vom 11. November 2015 (Blatt 33 der Senats-Akte) mit Anwaltsschriftsatz vom 16. November 2015 (Blatt 35 der Senats-Akte) mitgeteilt, dass sie daran nicht mehr festhalte.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. Juli 2015 sowie den Bescheid des Beklagten vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
10 
die Berufung zurückzuweisen.
11 
Er verteidigt das Urteil des SG und hält seine angefochtenen Bescheide für zutreffend. Der Senat habe im Eilverfahren das Vorliegen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft zwischen der Klägerin und S.D. bestätigt. Daher sei es nicht relevant, von wem das Jobcenter die erforderlichen Unterlagen verlangt habe. Die Klägerin habe es zudem von Anfang an abgelehnt, die angeforderten Vordrucke überhaupt auszufüllen.
12 
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
13 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge des Hauptsache- (S 5 AS 1230/15 und L 7 AS 3613/15) und Eilverfahrens (S 4 AS 1066/15 ER und L 7 AS 1483/15 ER-B) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

14 
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheidet (§ 124 Abs. 2 und § 153 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes), hat Erfolg.
15 
1. Streitgegenstand des Verfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 (§ 95 SGG), mit dem der Beklagte die Erbringung von SGB II-Leistungen für die Zeit ab dem 1. März 2015 gestützt auf die Regelung des § 66 Abs. 1 SGB I ganz versagt hat. Zeitlich ist die Versagung dabei bis zum 31. Mai 2015 beschränkt, nachdem der Beklagte der Klägerin auf deren neuerlichen Antrag vom 12. Juni 2015 sowie auf Grundlage der zwischenzeitlichen Aufgabe des gemeinsamen Haushalts mit S.D. mit Bescheid vom 16. Juli 2015 für die Zeit ab dem 1. Juni 2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bewilligt und sich die Versagung damit nach § 39 Abs. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) ab dem 1. Juni 2015 erledigt hat (vgl. dazu Bundessozialgericht , Urteil vom 11. Dezember 2007 - B 8/9b SO 12/06 R - ; Bayerisches LSG, Beschluss vom 19. Januar 2016 - L 7 AS 894/15 ER - ; Thüringer LSG, Beschluss vom 24. Mai 2012 - L 4 AS 243/12 B ER - ).
16 
2. Die nach § 143 SGG statthafte - der Berufungsausschlussgrund des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG steht hier nicht entgegen, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes gemessen am dreimonatigen Streitzeitraum einen Betrag von 750 Euro übersteigt (vgl. zur Geltung des § 144 Abs. 1 SGG bei Versagungsbescheiden nur Sommer in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014 § 144 Rdnr. 13 m.w.N.) -, form- und fristgerecht erhobene (§ 151 Abs. 1 SGG) und auch ansonsten zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Das klageabweisende Urteil des SG vom 20. Juli 2015 kann keinen Bestand haben, weil der angefochtene Versagungsbescheid des Beklagten vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 rechtswidrig ist und die Klägerin beschwert (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Das Urteil des SG und die Verwaltungsentscheidung sind daher aufzuheben.
17 
a) Die Klägerin wendet sich gegen den Bescheid vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 statthaft mit der reinen Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 SGG). Gegen die Versagung einer Sozialleistung wegen fehlender Mitwirkung ist grundsätzlich nur die isolierte Anfechtungsklage gegeben, weil es an einer behördlichen Sachentscheidung über den Leistungsanspruch noch fehlt und über die Aufhebung des Versagensbescheids hinaus regelmäßig kein schützenswertes Interesse an einer gerichtlichen Entscheidung besteht. Streitgegenstand eines solchen Rechtsstreits ist nicht der materielle Anspruch, sondern die Auseinandersetzung über Rechte und Pflichten der Beteiligten im Verwaltungsverfahren. Die Verpflichtung der Behörde zur nochmaligen Entscheidung über den ursprünglichen Antrag ergibt sich bei der Aufhebung des Versagensbescheids von selbst. Zusätzlich zu einer Anfechtungsklage gegen den Versagensbescheid ist eine unmittelbare Klage auf Leistungsgewährung nur ausnahmsweise dann zulässig, wenn die anderweitige Klärung der Leistungsvoraussetzungen behauptet wird oder zwischen den Beteiligten unstreitig ist (BSG, Urteil vom 17. Februar 2004 - B 1 KR 4/02 R - m.w.N.; vgl. auch BSG, Beschluss vom 25. Februar 2013 - B 14 AS 133/12 B - ) und sich bei einer Aufhebung der Entscheidung über die Versagung wegen fehlender Mitwirkung das bisherige Verwaltungsverfahren lediglich wiederholen würde (BSG, Beschluss vom 25. Februar 2013, a.a.O.). Eine solche Konstellation ist vorliegend aber nicht gegeben, da die Klägerin bereits die Entscheidungserheblichkeit der vom Beklagten geforderten Informationen (weiterhin) bestreitet (vgl. dazu BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 78/08 R - ; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 25. Februar 2016 - L 8 SO 52/14 - ) und auch die übrigen Voraussetzungen des § 7 SGB II für einen Anspruch auf Arbeitslosgengeld II nicht geklärt sind. Demgemäß hat das SG, nachdem die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren keinen Antrag gestellt hat, rechtsfehlerfrei (vgl. § 123 SGG) alleine die Rechtmäßigkeit des Versagungsbescheids in der Gestalt des Widerspruchsbescheids geprüft und nicht auch, ob der Klägerin für die Zeit ab dem 1. März 2015 materiell-rechtlich SGB II-Leistungen zustehen. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin schließlich zuletzt ausdrücklich klargestellt, dass sie alleine die Aufhebung der Versagungsentscheidung des Beklagten - unter Aufhebung des SG-Urteils - begehrt. Unter Zugrundelegung dessen ist die Klage mithin statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Senat hat im vorliegenden Verfahren nach alledem nicht zu prüfen, ob die Klägerin für den alleine noch streitigen Zeitraum vom 1. März bis 31. Mai 2015 mit Erfolg Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beanspruchen kann.
18 
b) Die Klage ist begründet, denn der Bescheid der Beklagten vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 ist materiell rechtswidrig.
19 
Rechtsgrundlage für die angefochtenen Bescheide ist § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I. Nach dieser Vorschrift kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen bis zur Nachholung der Mitwirkung die Leistung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistungen nicht nachgewiesen sind, wenn derjenige, der eine Sozialleistung beantragt, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird. Gemäß § 66 Abs. 3 SGB I dürfen Sozialleistungen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist.
20 
Die Versagungsentscheidung des Beklagten ist rechtswidrig, weil die Klägerin ihre Mitwirkungspflichten nicht verletzt hat, indem sie keine Angaben über das Einkommen und Vermögen des S.D. gemacht hat, und weil der Beklagte seiner gesetzlichen Hinweispflicht nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist.
21 
aa) Der Umfang der Mitwirkungspflichten eines Antragstellers als Grundlage für eine Leistungsversagung ergibt sich namentlich aus § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 SGB I. Danach hat, wer Sozialleistungen beantragt, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen (Nr. 1) und Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen (Nr. 3); soweit für die genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden (§ 60 Abs. 2 SGB I). Die Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 64 SGB I bestehen indes gemäß § 65 Abs. 1 SGB I dann nicht, soweit ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht (Nr. 1) oder ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden (Nr. 2) oder der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann (Nr. 3).
22 
Zu den Mitwirkungspflichten nach § 60 Abs. 1 SGB I gehören unter Umständen auch Auskünfte bzw. Angaben, die einen Dritten betreffen, soweit dies für die Gewährung der begehrten Leistung von Bedeutung ist (statt vieler nur BSG, Beschluss vom 25. Februar 2013, a.a.O., ; Senatsurteil vom 19. Juli 2007 - L 7 AS 1703/06 - , jeweils m.w.N.). Demgemäß ist bei einem Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II regelmäßig auch das Einkommen bzw. Vermögen einer Person, mit dem der Antragsteller in Bedarfsgemeinschaft lebt, leistungserheblich (Senatsurteil a.a.O.; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 7. März 2012 - L 10 AS 97/09 - ; vgl. auch bereits BSG, Urteil vom 25. Oktober 1988 - 7 RAr 70/87 - zum Recht der Arbeitslosenhilfe). Denn gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II sind bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 3 c) SGB II gehört zur Bedarfsgemeinschaft als Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen auch eine Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Ein derartiger wechselseitiger Wille wird vermutet, wenn Partner länger als ein Jahr zusammenleben (§ 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II).
23 
Unter Zugrundelegung dessen war die Klägerin dem Grunde nach gehalten, dem Beklagten über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des S.D. Auskunft zu erteilen. Denn zur Überzeugung des Senats (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) bestand zum hier alleine maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids des Beklagten (zum maßgeblichen Zeitpunkt der Rechtmäßigkeitsprüfung bei einer Versagungsentscheidung s. nur BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 - B 9 SB 3/13 R - m.w.N.; Bundesverwaltungsgericht , Urteil vom 17. Januar 1985 - 5 C 133/81 - ; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. Februar 2014 - L 19 AS 2395/13 B - ; LSG Mecklenburg-Vorpommern, a.a.O., ; Sichert in Hauck/Noftz, SGB I, § 66 Rdnr. 44, Stand: November 2011) zwischen der Klägerin und S.D. eine Bedarfsgemeinschaft i.S.e. Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 c) SGB II. Der Senat nimmt insoweit auf seine Ausführungen im Eilbeschluss vom 29. April 2015 (L 7 AS 1483/15 ER-B) Bezug und verweist auf diese. Die Klägerin hat weder im Hauptsacheverfahren vor dem SG noch im hiesigen Berufungsverfahren Durchgreifendes vorgebracht, was eine andere Beurteilung rechtfertigen könnte. Soweit sie sich erneut auf die „Kostenbeteiligungsvereinbarung“ vom 28. Februar 2014 berufen hat, hat sich der Senat damit bereits im Eilbeschluss vom 29. April 2015 auseinandergesetzt und im Einzelnen dargelegt, warum diese Vereinbarung nicht geeignet ist, die Vermutensregelung des § 7 Abs. 3a SGB II zu entkräften. Dagegen ist nichts zu erinnern.
24 
Gleichwohl war die Klägerin vorliegend nicht verpflichtet, die vom Beklagten mit Mitwirkungsschreiben vom 30. Januar 2015 angeforderten Unterlagen in Bezug auf S.D. vorzulegen.
25 
Zwar ist - wie bereits oben dargelegt - in der höchst- und instanzgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass der Leistungsantragsteller auch verpflichtet sein kann, leistungserhebliche Angaben, die einen Dritten betreffen, zu tätigen. Indes geht diese Pflicht nicht dahin, dass der Antragsteller verpflichtet wäre, Beweismittel - etwa Nachweise über Einkommensverhältnisse - von dem Partner oder sonstigen Dritten zu beschaffen und vorzulegen (BSG, Urteil vom 10. März 1993 - 14b/4 Reg 1/91 - ; Senatsurteil a.a.O.; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. April 2012 - L 18 AS 2167/11 - ).
26 
Unter Beachtung dieser Maßstäbe entbehrt die Aufforderung des Beklagten im Schreiben vom 30. Januar 2015 jeglicher Grundlage, soweit der Beklagte von der Klägerin verlangt hat, diese solle den Personalausweis des S.D., seine „Krankenkassenkarte“, seine „Bankkarte“, seine Anmeldebestätigung, seinen Arbeitsvertrag sowie eine vollständige ausgefüllte Einkommensbescheinigung seines Arbeitgebers bzw. Nachweise - scil. Unterlagen - zu seinem aktuellen Einkommen und Vermögen beibringen. Der Beklagte wäre vielmehr gehalten gewesen, sich diese Unterlagen - wobei entgegen der Annahme des SG schon zweifelhaft ist, wofür der Beklagte die „Bank- und Krankenkassekarte“ und den Personalausweis des S.D. benötigt, um die Hilfebedürftigkeit der Klägerin zu prüfen - unmittelbar bei S.D. zu verschaffen. Der Beklagte wäre berechtigt gewesen, gegen S.D. auf Grundlage des § 60 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB II einen entsprechenden Verwaltungsakt zu erlassen und bei pflichtwidriger Nichterfüllung der Auskunftspflicht durch S.D. die Rechte und Befugnisse nach den §§ 62 und 63 SGB II in Anspruch zu nehmen bzw. ggf. einen Zwangsgeldbescheid gemäß § 40 Abs. 6 SGB II in der bis zum 31. Dezember 2015 geltenden Fassung (§ 40 Abs. 8 SGB II in der jetzt geltenden Fassung) gegen S.D. zu erlassen (vgl. dazu nur BSG, Urteil vom 25. Juni 2015 - B 14 AS 30/14 R - ).
27 
Die Auffassung des Beklagten, es sei „nicht relevant“, von wem das Jobcenter die erforderlichen Unterlagen verlange, und dass es kein „Rangverhältnis“ zwischen den Aufklärungsmöglichkeiten des Jobcenters gebe, verkennt, dass vorliegend die Klägerin schon überhaupt nicht verpflichtet war, die o.a. Nachweise und Unterlagen zu erbringen. Soweit der Beklagte weiter meint, dass es sich wegen der Weigerung des S.D. erübrigt habe, von ihm selbst die Auskünfte einzuholen, wird auf das gesetzliche Instrumentarium der §§ 62, 63, SGB II und des § 40 Abs. 6 SGB II a.F./Abs. 8 n.F. hingewiesen (vgl. dazu erneut BSG, a.a.O.).
28 
Die Klägerin war schließlich auch nicht verpflichtet, die Anlagen „WEP“, „EK“ und „VM“ nach amtlichem Vordruck - die Anlage „VE“ hat die Klägerin ausgefüllt vorgelegt - „für Herrn D. ausgefüllt“ und von ihr unterschrieben beizubringen. Es bleibt schon vollkommen offen, was der Beklagte mit „für“ S.D. ausgefüllt gemeint hat. Sollte ein Ausfüllen in rechtsgeschäftlicher Vertretung gemeint gewesen sein - was sich für einen verständigen Empfänger im Behördenverkehr aufdrängt -, fehlt auch dafür jegliche Grundlage.
29 
bb) Soweit das SG davon ausgegangen ist, die Klägerin habe „als Kopf der Bedarfsgemeinschaft“ wenigstens den Versuch unternehmen müssen, die Vordrucke in Bezug auf S.D. „soweit wie möglich“ auszufüllen, ergeben sich aus der angefochtenen Versagungsentscheidung an keiner Stelle irgendwelche Feststellungen dazu, über welche Tatsachenkenntnis die Klägerin genau verfügt haben soll (vgl. dazu erneut BSG, Beschluss vom 25. Februar 2013, a.a.O.) und welche Angaben in den Vordrucken von ihr unter Zugrundelegung dessen abverlangt wurden und auch abverlangt werden konnten.
30 
cc) Unabhängig davon kann die Annahme des SG schon deshalb nicht überzeugen, weil die Klägerin gerade nicht dazu aufgefordert worden ist, die Vordrucke „WEP“, „EK“ und „VM“ „soweit möglich“ auf Grundlage ihr bekannter Tatsachen auszufüllen. Sie ist vielmehr ausdrücklich aufgefordert worden, die Anlagen „vollständig für Herrn D.“ auszufüllen. Nur darauf bezog sich die Aufforderung vom 30. Januar 2015. Eine Mitwirkungsaufforderung, die die Pflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I aktualisiert und konkretisiert, muss - insbesondere dann, wenn sie wie vorliegend mit dem Hinweis nach § 66 Abs. 3 SGB I verbunden ist - sowohl nach dem Willen des Sozialleistungsträgers als auch nach dem geäußerten Inhalt des Verlangens klar, unmissverständlich und hinreichend bestimmt sein, damit der Betroffene erkennen kann, was genau von ihm verlangt wird. Aus dem Inhalt des Verlangens muss sich das tatsächlich und rechtlich Gewollte unzweideutig ergeben, weil der zur Mitwirkung Aufgeforderte sich nicht im geringsten im Unklaren darüber befinden darf, was von ihm verlangt wird und welche Folgen ihm bei unterlassener Mitwirkung drohen (statt vieler nur BSG, Urteil vom 20. März 1980 - 7 RAr 21/79 - m.w.N.). Aus der Aufforderung, die Klägerin möge die übersandten Anlagen „vollständig für Herrn D.“ ausfüllen, lässt sich nicht klar und unmissverständlich ableiten, dass sie jedenfalls verpflichtet sein sollte, „wenigstens“ die Teile auszufüllen, die in ihr (eigenes) Wissen gestellt sind. Die Annahme des SG und des Beklagten, aufgrund der „Totalverweigerung“ der Klägerin komme es darauf im Ergebnis nicht an, vermag keine andere Beurteilung zu rechtfertigen. Denn dadurch wird ein unbestimmtes Mitwirkungsverlangen nicht zu einem hinreichend bestimmten.
31 
Hinzukommt, dass es insoweit auch an einem ordnungsgemäßen Hinweis i.S.d. § 66 Abs. 3 SGB I mangelt. Der Beklagte kommt seiner gesetzlichen Hinweispflicht nicht schon dann nach, wenn er den Betroffenen über den wesentlichen Inhalt des Gesetzestextes unterrichtet. Der Hinweis muss vielmehr, soll er seiner Funktion genügen, konkret, d.h. unmissverständlich auf den Fall des Antragstellers bezogen sein. Andernfalls wäre nicht gewährleistet, dass der Betroffene von der Versagung nicht überrascht wird; die Hinweisfunktion ist dabei eine besondere Ausprägung der Gewährung rechtlichen Gehörs (vgl. nur BSG, Urteil vom 22. Februar 1995 - 4 RA 44/94 - ; Urteil vom 25. April 1978 - 5 RJ 66/77 - ; Seewald in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 66 SGB I Rdnr. 12, Stand: Dezember 2010). Der schriftliche Hinweis des Leistungsträgers muss daher Ausführungen darüber enthalten, auf Grund welcher Umstände im Einzelnen er das Tatbestandsmerkmal der Weigerung des Antragstellers ohne triftigen Grund gerade in seinem Fall für gegeben hält (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. Februar 2014, a.a.O. unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 15. März 1978 - 1/5 RJ 144/76 - ; s. auch BSG, Urteil vom 20. März 1980, a.a.O.). Denn er soll dem Betroffenen die Möglichkeit geben, die Konsequenzen seiner bisherigen Weigerung in Anbetracht der drohenden Folgen zu überdenken (BSG, Urteil vom 25. April 1978, a.a.O.; Seewald, a.a.O.). Hat der Leistungsberechtigte bereits Weigerungsgründe genannt, die der Leistungsträger für nicht triftig hält, so hat er dem Berechtigten die Umstände hierfür darzulegen (BSG, Urteil vom 15. März 1978, a.a.O.; Seewald, a.a.O. m.w.N.).
32 
Dem genügt das Schreiben des Beklagten vom 30. Januar 2015 nicht, nachdem die Klägerin darin erstmals - noch vor Ablauf des in § 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II genannten Zeitraums - auf die, freilich widerlegbare, Annahme einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft ab dem 1. März 2015 seitens des Beklagten hingewiesen wurde, darauf mit Schreiben vom 5. Februar 2015 reagierte und die „Kostenbeteiligungsvereinbarung“ vom 28. Februar 2014 vorlegte, die nach ihrer Meinung geeignet sei, die Vermutensregelung zu erschüttern. Dies und der Umstand, dass der Beklagte die Einlassungen der Klägerin ersichtlich zum Anlass genommen hat, zunächst weitere Ermittlungen anzustellen (Hausbesuch bei der Klägerin durch den Ermittlungsdienst am 27. Februar 2015), machten es unter Zugrundelegung der obigen Ausführungen erforderlich, vor Erlass des Versagungsbescheids einen erneuten schriftlichen Hinweis mit Fristsetzung nach § 66 Abs. 3 SGB I zu erteilen und die Umstände zu erläutern, warum die Weigerung der Klägerin für nicht durchgreifend erachtet werde und dass sie jedenfalls verpflichtet sei, die Vordrucke „WEP“, „EK“ und „VM“ soweit möglich auf Grundlage der in ihr Wissen gestellten Tatsachen auszufüllen. Belastbare Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin auch dies zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt vor Erlass des Versagungsbescheids vom 11. März 2015 (vgl. dazu nur BSG, Urteil vom 25. April 1978, a.a.O. ) abgelehnt hätte, liegen nicht vor. Auf ihr Verhalten nach Erlass des Versagungsbescheids kann bereits deshalb nicht abgestellt werden, weil der schriftliche Hinweis nach § 66 Abs. 3 SGB I Rechtmäßigkeitsvoraussetzung des Versagungsbescheids ist.
33 
c) Der Senat lässt offen, ob die angefochtene Entscheidung des Beklagten auch deshalb wegen Verstoßes gegen § 66 Abs. 3 SGB I rechtswidrig ist, weil der Hinweis auf die Folgen im Falle fruchtlosen Fristablaufs im Schreiben vom 30. Januar 2015, der lediglich den Gesetzeswortlaut wiedergibt, nicht den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung an eine ordnungsgemäße Rechtsfolgenbelehrung entspricht (s. dazu BSG, Urteil vom 25. Oktober 1988, a.a.O. m.w.N.; vgl. auch Sächsisches LSG, Urteil vom 23. Mai 2013 - L 7 AS 804/12 - ; demgegenüber a.A. jüngst LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 23. September 2015 - L 13 AS 170/13 - m.w.N., Revision beim BSG anhängig ).
34 
d) Unter Würdigung aller Einzelfallumstände und der individuellen Verhältnisse der Klägerin (vgl. dazu BSG, Urteil vom 22. Februar 1995, a.a.O. ; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. September 2002 - L 3 U 207/10 - ) erweisen sich die angefochtenen Entscheidungen nach alledem als rechtswidrig und sind daher aufzuheben.
35 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
36 
4. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

Gründe

14 
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheidet (§ 124 Abs. 2 und § 153 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes), hat Erfolg.
15 
1. Streitgegenstand des Verfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 (§ 95 SGG), mit dem der Beklagte die Erbringung von SGB II-Leistungen für die Zeit ab dem 1. März 2015 gestützt auf die Regelung des § 66 Abs. 1 SGB I ganz versagt hat. Zeitlich ist die Versagung dabei bis zum 31. Mai 2015 beschränkt, nachdem der Beklagte der Klägerin auf deren neuerlichen Antrag vom 12. Juni 2015 sowie auf Grundlage der zwischenzeitlichen Aufgabe des gemeinsamen Haushalts mit S.D. mit Bescheid vom 16. Juli 2015 für die Zeit ab dem 1. Juni 2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bewilligt und sich die Versagung damit nach § 39 Abs. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) ab dem 1. Juni 2015 erledigt hat (vgl. dazu Bundessozialgericht , Urteil vom 11. Dezember 2007 - B 8/9b SO 12/06 R - ; Bayerisches LSG, Beschluss vom 19. Januar 2016 - L 7 AS 894/15 ER - ; Thüringer LSG, Beschluss vom 24. Mai 2012 - L 4 AS 243/12 B ER - ).
16 
2. Die nach § 143 SGG statthafte - der Berufungsausschlussgrund des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG steht hier nicht entgegen, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes gemessen am dreimonatigen Streitzeitraum einen Betrag von 750 Euro übersteigt (vgl. zur Geltung des § 144 Abs. 1 SGG bei Versagungsbescheiden nur Sommer in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014 § 144 Rdnr. 13 m.w.N.) -, form- und fristgerecht erhobene (§ 151 Abs. 1 SGG) und auch ansonsten zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Das klageabweisende Urteil des SG vom 20. Juli 2015 kann keinen Bestand haben, weil der angefochtene Versagungsbescheid des Beklagten vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 rechtswidrig ist und die Klägerin beschwert (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Das Urteil des SG und die Verwaltungsentscheidung sind daher aufzuheben.
17 
a) Die Klägerin wendet sich gegen den Bescheid vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 statthaft mit der reinen Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 SGG). Gegen die Versagung einer Sozialleistung wegen fehlender Mitwirkung ist grundsätzlich nur die isolierte Anfechtungsklage gegeben, weil es an einer behördlichen Sachentscheidung über den Leistungsanspruch noch fehlt und über die Aufhebung des Versagensbescheids hinaus regelmäßig kein schützenswertes Interesse an einer gerichtlichen Entscheidung besteht. Streitgegenstand eines solchen Rechtsstreits ist nicht der materielle Anspruch, sondern die Auseinandersetzung über Rechte und Pflichten der Beteiligten im Verwaltungsverfahren. Die Verpflichtung der Behörde zur nochmaligen Entscheidung über den ursprünglichen Antrag ergibt sich bei der Aufhebung des Versagensbescheids von selbst. Zusätzlich zu einer Anfechtungsklage gegen den Versagensbescheid ist eine unmittelbare Klage auf Leistungsgewährung nur ausnahmsweise dann zulässig, wenn die anderweitige Klärung der Leistungsvoraussetzungen behauptet wird oder zwischen den Beteiligten unstreitig ist (BSG, Urteil vom 17. Februar 2004 - B 1 KR 4/02 R - m.w.N.; vgl. auch BSG, Beschluss vom 25. Februar 2013 - B 14 AS 133/12 B - ) und sich bei einer Aufhebung der Entscheidung über die Versagung wegen fehlender Mitwirkung das bisherige Verwaltungsverfahren lediglich wiederholen würde (BSG, Beschluss vom 25. Februar 2013, a.a.O.). Eine solche Konstellation ist vorliegend aber nicht gegeben, da die Klägerin bereits die Entscheidungserheblichkeit der vom Beklagten geforderten Informationen (weiterhin) bestreitet (vgl. dazu BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 78/08 R - ; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 25. Februar 2016 - L 8 SO 52/14 - ) und auch die übrigen Voraussetzungen des § 7 SGB II für einen Anspruch auf Arbeitslosgengeld II nicht geklärt sind. Demgemäß hat das SG, nachdem die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren keinen Antrag gestellt hat, rechtsfehlerfrei (vgl. § 123 SGG) alleine die Rechtmäßigkeit des Versagungsbescheids in der Gestalt des Widerspruchsbescheids geprüft und nicht auch, ob der Klägerin für die Zeit ab dem 1. März 2015 materiell-rechtlich SGB II-Leistungen zustehen. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin schließlich zuletzt ausdrücklich klargestellt, dass sie alleine die Aufhebung der Versagungsentscheidung des Beklagten - unter Aufhebung des SG-Urteils - begehrt. Unter Zugrundelegung dessen ist die Klage mithin statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Senat hat im vorliegenden Verfahren nach alledem nicht zu prüfen, ob die Klägerin für den alleine noch streitigen Zeitraum vom 1. März bis 31. Mai 2015 mit Erfolg Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beanspruchen kann.
18 
b) Die Klage ist begründet, denn der Bescheid der Beklagten vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 ist materiell rechtswidrig.
19 
Rechtsgrundlage für die angefochtenen Bescheide ist § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I. Nach dieser Vorschrift kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen bis zur Nachholung der Mitwirkung die Leistung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistungen nicht nachgewiesen sind, wenn derjenige, der eine Sozialleistung beantragt, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird. Gemäß § 66 Abs. 3 SGB I dürfen Sozialleistungen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist.
20 
Die Versagungsentscheidung des Beklagten ist rechtswidrig, weil die Klägerin ihre Mitwirkungspflichten nicht verletzt hat, indem sie keine Angaben über das Einkommen und Vermögen des S.D. gemacht hat, und weil der Beklagte seiner gesetzlichen Hinweispflicht nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist.
21 
aa) Der Umfang der Mitwirkungspflichten eines Antragstellers als Grundlage für eine Leistungsversagung ergibt sich namentlich aus § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 SGB I. Danach hat, wer Sozialleistungen beantragt, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen (Nr. 1) und Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen (Nr. 3); soweit für die genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden (§ 60 Abs. 2 SGB I). Die Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 64 SGB I bestehen indes gemäß § 65 Abs. 1 SGB I dann nicht, soweit ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht (Nr. 1) oder ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden (Nr. 2) oder der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann (Nr. 3).
22 
Zu den Mitwirkungspflichten nach § 60 Abs. 1 SGB I gehören unter Umständen auch Auskünfte bzw. Angaben, die einen Dritten betreffen, soweit dies für die Gewährung der begehrten Leistung von Bedeutung ist (statt vieler nur BSG, Beschluss vom 25. Februar 2013, a.a.O., ; Senatsurteil vom 19. Juli 2007 - L 7 AS 1703/06 - , jeweils m.w.N.). Demgemäß ist bei einem Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II regelmäßig auch das Einkommen bzw. Vermögen einer Person, mit dem der Antragsteller in Bedarfsgemeinschaft lebt, leistungserheblich (Senatsurteil a.a.O.; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 7. März 2012 - L 10 AS 97/09 - ; vgl. auch bereits BSG, Urteil vom 25. Oktober 1988 - 7 RAr 70/87 - zum Recht der Arbeitslosenhilfe). Denn gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II sind bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 3 c) SGB II gehört zur Bedarfsgemeinschaft als Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen auch eine Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Ein derartiger wechselseitiger Wille wird vermutet, wenn Partner länger als ein Jahr zusammenleben (§ 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II).
23 
Unter Zugrundelegung dessen war die Klägerin dem Grunde nach gehalten, dem Beklagten über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des S.D. Auskunft zu erteilen. Denn zur Überzeugung des Senats (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) bestand zum hier alleine maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids des Beklagten (zum maßgeblichen Zeitpunkt der Rechtmäßigkeitsprüfung bei einer Versagungsentscheidung s. nur BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 - B 9 SB 3/13 R - m.w.N.; Bundesverwaltungsgericht , Urteil vom 17. Januar 1985 - 5 C 133/81 - ; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. Februar 2014 - L 19 AS 2395/13 B - ; LSG Mecklenburg-Vorpommern, a.a.O., ; Sichert in Hauck/Noftz, SGB I, § 66 Rdnr. 44, Stand: November 2011) zwischen der Klägerin und S.D. eine Bedarfsgemeinschaft i.S.e. Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 c) SGB II. Der Senat nimmt insoweit auf seine Ausführungen im Eilbeschluss vom 29. April 2015 (L 7 AS 1483/15 ER-B) Bezug und verweist auf diese. Die Klägerin hat weder im Hauptsacheverfahren vor dem SG noch im hiesigen Berufungsverfahren Durchgreifendes vorgebracht, was eine andere Beurteilung rechtfertigen könnte. Soweit sie sich erneut auf die „Kostenbeteiligungsvereinbarung“ vom 28. Februar 2014 berufen hat, hat sich der Senat damit bereits im Eilbeschluss vom 29. April 2015 auseinandergesetzt und im Einzelnen dargelegt, warum diese Vereinbarung nicht geeignet ist, die Vermutensregelung des § 7 Abs. 3a SGB II zu entkräften. Dagegen ist nichts zu erinnern.
24 
Gleichwohl war die Klägerin vorliegend nicht verpflichtet, die vom Beklagten mit Mitwirkungsschreiben vom 30. Januar 2015 angeforderten Unterlagen in Bezug auf S.D. vorzulegen.
25 
Zwar ist - wie bereits oben dargelegt - in der höchst- und instanzgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass der Leistungsantragsteller auch verpflichtet sein kann, leistungserhebliche Angaben, die einen Dritten betreffen, zu tätigen. Indes geht diese Pflicht nicht dahin, dass der Antragsteller verpflichtet wäre, Beweismittel - etwa Nachweise über Einkommensverhältnisse - von dem Partner oder sonstigen Dritten zu beschaffen und vorzulegen (BSG, Urteil vom 10. März 1993 - 14b/4 Reg 1/91 - ; Senatsurteil a.a.O.; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. April 2012 - L 18 AS 2167/11 - ).
26 
Unter Beachtung dieser Maßstäbe entbehrt die Aufforderung des Beklagten im Schreiben vom 30. Januar 2015 jeglicher Grundlage, soweit der Beklagte von der Klägerin verlangt hat, diese solle den Personalausweis des S.D., seine „Krankenkassenkarte“, seine „Bankkarte“, seine Anmeldebestätigung, seinen Arbeitsvertrag sowie eine vollständige ausgefüllte Einkommensbescheinigung seines Arbeitgebers bzw. Nachweise - scil. Unterlagen - zu seinem aktuellen Einkommen und Vermögen beibringen. Der Beklagte wäre vielmehr gehalten gewesen, sich diese Unterlagen - wobei entgegen der Annahme des SG schon zweifelhaft ist, wofür der Beklagte die „Bank- und Krankenkassekarte“ und den Personalausweis des S.D. benötigt, um die Hilfebedürftigkeit der Klägerin zu prüfen - unmittelbar bei S.D. zu verschaffen. Der Beklagte wäre berechtigt gewesen, gegen S.D. auf Grundlage des § 60 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB II einen entsprechenden Verwaltungsakt zu erlassen und bei pflichtwidriger Nichterfüllung der Auskunftspflicht durch S.D. die Rechte und Befugnisse nach den §§ 62 und 63 SGB II in Anspruch zu nehmen bzw. ggf. einen Zwangsgeldbescheid gemäß § 40 Abs. 6 SGB II in der bis zum 31. Dezember 2015 geltenden Fassung (§ 40 Abs. 8 SGB II in der jetzt geltenden Fassung) gegen S.D. zu erlassen (vgl. dazu nur BSG, Urteil vom 25. Juni 2015 - B 14 AS 30/14 R - ).
27 
Die Auffassung des Beklagten, es sei „nicht relevant“, von wem das Jobcenter die erforderlichen Unterlagen verlange, und dass es kein „Rangverhältnis“ zwischen den Aufklärungsmöglichkeiten des Jobcenters gebe, verkennt, dass vorliegend die Klägerin schon überhaupt nicht verpflichtet war, die o.a. Nachweise und Unterlagen zu erbringen. Soweit der Beklagte weiter meint, dass es sich wegen der Weigerung des S.D. erübrigt habe, von ihm selbst die Auskünfte einzuholen, wird auf das gesetzliche Instrumentarium der §§ 62, 63, SGB II und des § 40 Abs. 6 SGB II a.F./Abs. 8 n.F. hingewiesen (vgl. dazu erneut BSG, a.a.O.).
28 
Die Klägerin war schließlich auch nicht verpflichtet, die Anlagen „WEP“, „EK“ und „VM“ nach amtlichem Vordruck - die Anlage „VE“ hat die Klägerin ausgefüllt vorgelegt - „für Herrn D. ausgefüllt“ und von ihr unterschrieben beizubringen. Es bleibt schon vollkommen offen, was der Beklagte mit „für“ S.D. ausgefüllt gemeint hat. Sollte ein Ausfüllen in rechtsgeschäftlicher Vertretung gemeint gewesen sein - was sich für einen verständigen Empfänger im Behördenverkehr aufdrängt -, fehlt auch dafür jegliche Grundlage.
29 
bb) Soweit das SG davon ausgegangen ist, die Klägerin habe „als Kopf der Bedarfsgemeinschaft“ wenigstens den Versuch unternehmen müssen, die Vordrucke in Bezug auf S.D. „soweit wie möglich“ auszufüllen, ergeben sich aus der angefochtenen Versagungsentscheidung an keiner Stelle irgendwelche Feststellungen dazu, über welche Tatsachenkenntnis die Klägerin genau verfügt haben soll (vgl. dazu erneut BSG, Beschluss vom 25. Februar 2013, a.a.O.) und welche Angaben in den Vordrucken von ihr unter Zugrundelegung dessen abverlangt wurden und auch abverlangt werden konnten.
30 
cc) Unabhängig davon kann die Annahme des SG schon deshalb nicht überzeugen, weil die Klägerin gerade nicht dazu aufgefordert worden ist, die Vordrucke „WEP“, „EK“ und „VM“ „soweit möglich“ auf Grundlage ihr bekannter Tatsachen auszufüllen. Sie ist vielmehr ausdrücklich aufgefordert worden, die Anlagen „vollständig für Herrn D.“ auszufüllen. Nur darauf bezog sich die Aufforderung vom 30. Januar 2015. Eine Mitwirkungsaufforderung, die die Pflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I aktualisiert und konkretisiert, muss - insbesondere dann, wenn sie wie vorliegend mit dem Hinweis nach § 66 Abs. 3 SGB I verbunden ist - sowohl nach dem Willen des Sozialleistungsträgers als auch nach dem geäußerten Inhalt des Verlangens klar, unmissverständlich und hinreichend bestimmt sein, damit der Betroffene erkennen kann, was genau von ihm verlangt wird. Aus dem Inhalt des Verlangens muss sich das tatsächlich und rechtlich Gewollte unzweideutig ergeben, weil der zur Mitwirkung Aufgeforderte sich nicht im geringsten im Unklaren darüber befinden darf, was von ihm verlangt wird und welche Folgen ihm bei unterlassener Mitwirkung drohen (statt vieler nur BSG, Urteil vom 20. März 1980 - 7 RAr 21/79 - m.w.N.). Aus der Aufforderung, die Klägerin möge die übersandten Anlagen „vollständig für Herrn D.“ ausfüllen, lässt sich nicht klar und unmissverständlich ableiten, dass sie jedenfalls verpflichtet sein sollte, „wenigstens“ die Teile auszufüllen, die in ihr (eigenes) Wissen gestellt sind. Die Annahme des SG und des Beklagten, aufgrund der „Totalverweigerung“ der Klägerin komme es darauf im Ergebnis nicht an, vermag keine andere Beurteilung zu rechtfertigen. Denn dadurch wird ein unbestimmtes Mitwirkungsverlangen nicht zu einem hinreichend bestimmten.
31 
Hinzukommt, dass es insoweit auch an einem ordnungsgemäßen Hinweis i.S.d. § 66 Abs. 3 SGB I mangelt. Der Beklagte kommt seiner gesetzlichen Hinweispflicht nicht schon dann nach, wenn er den Betroffenen über den wesentlichen Inhalt des Gesetzestextes unterrichtet. Der Hinweis muss vielmehr, soll er seiner Funktion genügen, konkret, d.h. unmissverständlich auf den Fall des Antragstellers bezogen sein. Andernfalls wäre nicht gewährleistet, dass der Betroffene von der Versagung nicht überrascht wird; die Hinweisfunktion ist dabei eine besondere Ausprägung der Gewährung rechtlichen Gehörs (vgl. nur BSG, Urteil vom 22. Februar 1995 - 4 RA 44/94 - ; Urteil vom 25. April 1978 - 5 RJ 66/77 - ; Seewald in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 66 SGB I Rdnr. 12, Stand: Dezember 2010). Der schriftliche Hinweis des Leistungsträgers muss daher Ausführungen darüber enthalten, auf Grund welcher Umstände im Einzelnen er das Tatbestandsmerkmal der Weigerung des Antragstellers ohne triftigen Grund gerade in seinem Fall für gegeben hält (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. Februar 2014, a.a.O. unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 15. März 1978 - 1/5 RJ 144/76 - ; s. auch BSG, Urteil vom 20. März 1980, a.a.O.). Denn er soll dem Betroffenen die Möglichkeit geben, die Konsequenzen seiner bisherigen Weigerung in Anbetracht der drohenden Folgen zu überdenken (BSG, Urteil vom 25. April 1978, a.a.O.; Seewald, a.a.O.). Hat der Leistungsberechtigte bereits Weigerungsgründe genannt, die der Leistungsträger für nicht triftig hält, so hat er dem Berechtigten die Umstände hierfür darzulegen (BSG, Urteil vom 15. März 1978, a.a.O.; Seewald, a.a.O. m.w.N.).
32 
Dem genügt das Schreiben des Beklagten vom 30. Januar 2015 nicht, nachdem die Klägerin darin erstmals - noch vor Ablauf des in § 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II genannten Zeitraums - auf die, freilich widerlegbare, Annahme einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft ab dem 1. März 2015 seitens des Beklagten hingewiesen wurde, darauf mit Schreiben vom 5. Februar 2015 reagierte und die „Kostenbeteiligungsvereinbarung“ vom 28. Februar 2014 vorlegte, die nach ihrer Meinung geeignet sei, die Vermutensregelung zu erschüttern. Dies und der Umstand, dass der Beklagte die Einlassungen der Klägerin ersichtlich zum Anlass genommen hat, zunächst weitere Ermittlungen anzustellen (Hausbesuch bei der Klägerin durch den Ermittlungsdienst am 27. Februar 2015), machten es unter Zugrundelegung der obigen Ausführungen erforderlich, vor Erlass des Versagungsbescheids einen erneuten schriftlichen Hinweis mit Fristsetzung nach § 66 Abs. 3 SGB I zu erteilen und die Umstände zu erläutern, warum die Weigerung der Klägerin für nicht durchgreifend erachtet werde und dass sie jedenfalls verpflichtet sei, die Vordrucke „WEP“, „EK“ und „VM“ soweit möglich auf Grundlage der in ihr Wissen gestellten Tatsachen auszufüllen. Belastbare Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin auch dies zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt vor Erlass des Versagungsbescheids vom 11. März 2015 (vgl. dazu nur BSG, Urteil vom 25. April 1978, a.a.O. ) abgelehnt hätte, liegen nicht vor. Auf ihr Verhalten nach Erlass des Versagungsbescheids kann bereits deshalb nicht abgestellt werden, weil der schriftliche Hinweis nach § 66 Abs. 3 SGB I Rechtmäßigkeitsvoraussetzung des Versagungsbescheids ist.
33 
c) Der Senat lässt offen, ob die angefochtene Entscheidung des Beklagten auch deshalb wegen Verstoßes gegen § 66 Abs. 3 SGB I rechtswidrig ist, weil der Hinweis auf die Folgen im Falle fruchtlosen Fristablaufs im Schreiben vom 30. Januar 2015, der lediglich den Gesetzeswortlaut wiedergibt, nicht den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung an eine ordnungsgemäße Rechtsfolgenbelehrung entspricht (s. dazu BSG, Urteil vom 25. Oktober 1988, a.a.O. m.w.N.; vgl. auch Sächsisches LSG, Urteil vom 23. Mai 2013 - L 7 AS 804/12 - ; demgegenüber a.A. jüngst LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 23. September 2015 - L 13 AS 170/13 - m.w.N., Revision beim BSG anhängig ).
34 
d) Unter Würdigung aller Einzelfallumstände und der individuellen Verhältnisse der Klägerin (vgl. dazu BSG, Urteil vom 22. Februar 1995, a.a.O. ; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. September 2002 - L 3 U 207/10 - ) erweisen sich die angefochtenen Entscheidungen nach alledem als rechtswidrig und sind daher aufzuheben.
35 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
36 
4. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

(1) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 nicht nach und wird hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Dies gilt entsprechend, wenn der Antragsteller oder Leistungsberechtigte in anderer Weise absichtlich die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert.

(2) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung wegen Pflegebedürftigkeit, wegen Arbeitsunfähigkeit, wegen Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit, anerkannten Schädigungsfolgen oder wegen Arbeitslosigkeit beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 62 bis 65 nicht nach und ist unter Würdigung aller Umstände mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß deshalb die Fähigkeit zur selbständigen Lebensführung, die Arbeits-, Erwerbs- oder Vermittlungsfähigkeit beeinträchtigt oder nicht verbessert wird, kann der Leistungsträger die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen.

(3) Sozialleistungen dürfen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist.

Wird die Mitwirkung nachgeholt und liegen die Leistungsvoraussetzungen vor, kann der Leistungsträger Sozialleistungen, die er nach § 66 versagt oder entzogen hat, nachträglich ganz oder teilweise erbringen.

(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat

1.
alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,
2.
Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen,
3.
Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.
Satz 1 gilt entsprechend für denjenigen, der Leistungen zu erstatten hat.

(2) Soweit für die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden.

Die Rechtsfähigkeit des Menschen beginnt mit der Vollendung der Geburt.

(1) Deutsche im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sind verpflichtet, einen gültigen Ausweis zu besitzen, sobald sie 16 Jahre alt sind und der allgemeinen Meldepflicht unterliegen oder, ohne ihr zu unterliegen, sich überwiegend in Deutschland aufhalten. Sie müssen ihn auf Verlangen einer zur Feststellung der Identität berechtigten Behörde vorlegen und es ihr ermöglichen, ihr Gesicht mit dem Lichtbild des Ausweises abzugleichen. Vom Ausweisinhaber darf nicht verlangt werden, den Personalausweis zu hinterlegen oder in sonstiger Weise den Gewahrsam aufzugeben. Dies gilt nicht für zur Identitätsfeststellung berechtigte Behörden sowie in den Fällen der Einziehung und Sicherstellung.

(2) Die Ausweispflicht gilt auch für Personen, die als Binnenschiffer oder Seeleute nach dem Bundesmeldegesetz einer besonderen Meldepflicht unterliegen. Sie gilt nicht für Personen, gegen die eine Freiheitsstrafe vollzogen wird, wenn deren Vollzug noch länger als drei Monate andauert. Die Ausweispflicht nach Absatz 1 Satz 1 und 2 erfüllt auch, wer einen gültigen Pass im Sinne des § 1 Absatz 2 des Passgesetzes besitzt, ihn auf Verlangen vorlegt und den Lichtbildabgleich ermöglicht.

(3) Die zuständige Personalausweisbehörde nach § 7 Abs. 1 und 2 kann Personen von der Ausweispflicht befreien,

1.
für die ein Betreuer oder eine Betreuerin nicht nur durch einstweilige Anordnung bestellt ist oder die handlungs- oder einwilligungsunfähig sind und von einem oder von einer mit öffentlich beglaubigter Vollmacht Bevollmächtigten vertreten werden,
2.
die voraussichtlich dauerhaft in einem Krankenhaus, einem Pflegeheim oder einer ähnlichen Einrichtung untergebracht sind oder
3.
die sich wegen einer dauerhaften Behinderung nicht allein in der Öffentlichkeit bewegen können.

(4) Auf Antrag ist ein Ausweis auch auszustellen, wenn Personen

1.
noch nicht 16 Jahre alt sind oder
2.
Deutsche im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sind, die der Meldepflicht deswegen nicht unterliegen, weil sie keine Wohnung in Deutschland haben.

Die Rechtsfähigkeit des Menschen beginnt mit der Vollendung der Geburt.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

(1) Die Staatsangehörigkeit geht verloren

1.
durch Entlassung (§§ 18 bis 24),
2.
durch den Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit (§ 25),
3.
durch Verzicht (§ 26),
4.
durch Annahme als Kind durch einen Ausländer (§ 27),
5.
durch Eintritt in die Streitkräfte oder einen vergleichbaren bewaffneten Verband eines ausländischen Staates oder durch konkrete Beteiligung an Kampfhandlungen einer terroristischen Vereinigung im Ausland (§ 28),
6.
durch Erklärung (§ 29) oder
7.
durch Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes (§ 35).

(2) Der Verlust nach Absatz 1 Nr. 7 berührt nicht die kraft Gesetzes erworbene deutsche Staatsangehörigkeit Dritter, sofern diese das fünfte Lebensjahr vollendet haben.

(3) Absatz 2 gilt entsprechend bei Entscheidungen nach anderen Gesetzen, die den rückwirkenden Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit Dritter zur Folge hätten, insbesondere bei der Rücknahme der Niederlassungserlaubnis nach § 51 Abs. 1 Nr. 3 des Aufenthaltsgesetzes, bei der Rücknahme einer Bescheinigung nach § 15 des Bundesvertriebenengesetzes und bei der Feststellung des Nichtbestehens der Vaterschaft nach § 1599 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Satz 1 findet keine Anwendung bei Anfechtung der Vaterschaft nach § 1600 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches.

(1) Ein Deutscher verliert seine Staatsangehörigkeit mit dem Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit, wenn dieser Erwerb auf seinen Antrag oder auf den Antrag des gesetzlichen Vertreters erfolgt, der Vertretene jedoch nur, wenn die Voraussetzungen vorliegen, unter denen nach § 19 die Entlassung beantragt werden könnte. Der Verlust nach Satz 1 tritt nicht ein, wenn ein Deutscher die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union, der Schweiz oder eines Staates erwirbt, mit dem die Bundesrepublik Deutschland einen völkerrechtlichen Vertrag nach § 12 Abs. 3 abgeschlossen hat.

(2) Die Staatsangehörigkeit verliert nicht, wer vor dem Erwerb der ausländischen Staatsangehörigkeit auf seinen Antrag die schriftliche Genehmigung der zuständigen Behörde zur Beibehaltung seiner Staatsangehörigkeit erhalten hat. Hat ein Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland, ist die deutsche Auslandsvertretung zu hören. Bei der Entscheidung über einen Antrag nach Satz 1 sind die öffentlichen und privaten Belange abzuwägen. Bei einem Antragsteller, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat, ist insbesondere zu berücksichtigen, ob er fortbestehende Bindungen an Deutschland glaubhaft machen kann.

(3) (weggefallen)

(1) Die Staatsangehörigkeit geht verloren

1.
durch Entlassung (§§ 18 bis 24),
2.
durch den Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit (§ 25),
3.
durch Verzicht (§ 26),
4.
durch Annahme als Kind durch einen Ausländer (§ 27),
5.
durch Eintritt in die Streitkräfte oder einen vergleichbaren bewaffneten Verband eines ausländischen Staates oder durch konkrete Beteiligung an Kampfhandlungen einer terroristischen Vereinigung im Ausland (§ 28),
6.
durch Erklärung (§ 29) oder
7.
durch Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes (§ 35).

(2) Der Verlust nach Absatz 1 Nr. 7 berührt nicht die kraft Gesetzes erworbene deutsche Staatsangehörigkeit Dritter, sofern diese das fünfte Lebensjahr vollendet haben.

(3) Absatz 2 gilt entsprechend bei Entscheidungen nach anderen Gesetzen, die den rückwirkenden Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit Dritter zur Folge hätten, insbesondere bei der Rücknahme der Niederlassungserlaubnis nach § 51 Abs. 1 Nr. 3 des Aufenthaltsgesetzes, bei der Rücknahme einer Bescheinigung nach § 15 des Bundesvertriebenengesetzes und bei der Feststellung des Nichtbestehens der Vaterschaft nach § 1599 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Satz 1 findet keine Anwendung bei Anfechtung der Vaterschaft nach § 1600 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches.

(1) Ein Deutscher kann auf seine Staatsangehörigkeit verzichten, wenn er mehrere Staatsangehörigkeiten besitzt. Der Verzicht ist schriftlich zu erklären.

(2) Die Verzichtserklärung bedarf der Genehmigung der nach § 23 für die Ausfertigung der Entlassungsurkunde zuständigen Behörde. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn eine Entlassung nach § 22 nicht erteilt werden dürfte; dies gilt jedoch nicht, wenn der Verzichtende

1.
seit mindestens zehn Jahren seinen dauernden Aufenthalt im Ausland hat oder
2.
als Wehrpflichtiger im Sinne des § 22 Nr. 2 in einem der Staaten, deren Staatsangehörigkeit er besitzt, Wehrdienst geleistet hat.

(3) Der Verlust der Staatsangehörigkeit tritt ein mit der Aushändigung der von der Genehmigungsbehörde ausgefertigten Verzichtsurkunde.

(4) Für Minderjährige gilt § 19 entsprechend.

Ein Deutscher wird auf seinen Antrag aus der deutschen Staatsangehörigkeit entlassen, wenn er den Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit beantragt und ihm die zuständige Stelle die Verleihung zugesichert hat.

Die Entlassung wird wirksam mit der Aushändigung der von der zuständigen Verwaltungsbehörde ausgefertigten Entlassungsurkunde.

(1) Ein Deutscher verliert seine Staatsangehörigkeit mit dem Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit, wenn dieser Erwerb auf seinen Antrag oder auf den Antrag des gesetzlichen Vertreters erfolgt, der Vertretene jedoch nur, wenn die Voraussetzungen vorliegen, unter denen nach § 19 die Entlassung beantragt werden könnte. Der Verlust nach Satz 1 tritt nicht ein, wenn ein Deutscher die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union, der Schweiz oder eines Staates erwirbt, mit dem die Bundesrepublik Deutschland einen völkerrechtlichen Vertrag nach § 12 Abs. 3 abgeschlossen hat.

(2) Die Staatsangehörigkeit verliert nicht, wer vor dem Erwerb der ausländischen Staatsangehörigkeit auf seinen Antrag die schriftliche Genehmigung der zuständigen Behörde zur Beibehaltung seiner Staatsangehörigkeit erhalten hat. Hat ein Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland, ist die deutsche Auslandsvertretung zu hören. Bei der Entscheidung über einen Antrag nach Satz 1 sind die öffentlichen und privaten Belange abzuwägen. Bei einem Antragsteller, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat, ist insbesondere zu berücksichtigen, ob er fortbestehende Bindungen an Deutschland glaubhaft machen kann.

(3) (weggefallen)

(1) Von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 wird abgesehen, wenn der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit nicht oder nur unter besonders schwierigen Bedingungen aufgeben kann. Das ist anzunehmen, wenn

1.
das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit nicht vorsieht,
2.
der ausländische Staat die Entlassung regelmäßig verweigert,
3.
der ausländische Staat die Entlassung aus der Staatsangehörigkeit aus Gründen versagt hat, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, oder von unzumutbaren Bedingungen abhängig macht oder über den vollständigen und formgerechten Entlassungsantrag nicht in angemessener Zeit entschieden hat,
4.
der Einbürgerung älterer Personen ausschließlich das Hindernis eintretender Mehrstaatigkeit entgegensteht, die Entlassung auf unverhältnismäßige Schwierigkeiten stößt und die Versagung der Einbürgerung eine besondere Härte darstellen würde,
5.
dem Ausländer bei Aufgabe der ausländischen Staatsangehörigkeit erhebliche Nachteile insbesondere wirtschaftlicher oder vermögensrechtlicher Art entstehen würden, die über den Verlust der staatsbürgerlichen Rechte hinausgehen, oder
6.
der Ausländer einen Reiseausweis nach Artikel 28 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt.

(2) Von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 wird ferner abgesehen, wenn der Ausländer die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder der Schweiz besitzt.

(3) Weitere Ausnahmen von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 können nach Maßgabe völkerrechtlicher Verträge vorgesehen werden.

(1) Ein Deutscher kann auf seine Staatsangehörigkeit verzichten, wenn er mehrere Staatsangehörigkeiten besitzt. Der Verzicht ist schriftlich zu erklären.

(2) Die Verzichtserklärung bedarf der Genehmigung der nach § 23 für die Ausfertigung der Entlassungsurkunde zuständigen Behörde. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn eine Entlassung nach § 22 nicht erteilt werden dürfte; dies gilt jedoch nicht, wenn der Verzichtende

1.
seit mindestens zehn Jahren seinen dauernden Aufenthalt im Ausland hat oder
2.
als Wehrpflichtiger im Sinne des § 22 Nr. 2 in einem der Staaten, deren Staatsangehörigkeit er besitzt, Wehrdienst geleistet hat.

(3) Der Verlust der Staatsangehörigkeit tritt ein mit der Aushändigung der von der Genehmigungsbehörde ausgefertigten Verzichtsurkunde.

(4) Für Minderjährige gilt § 19 entsprechend.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt.

(2) Eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts ist dem Gericht mitzuteilen, bei dem das Verfahren anhängig ist.

(1) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 nicht nach und wird hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Dies gilt entsprechend, wenn der Antragsteller oder Leistungsberechtigte in anderer Weise absichtlich die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert.

(2) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung wegen Pflegebedürftigkeit, wegen Arbeitsunfähigkeit, wegen Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit, anerkannten Schädigungsfolgen oder wegen Arbeitslosigkeit beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 62 bis 65 nicht nach und ist unter Würdigung aller Umstände mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß deshalb die Fähigkeit zur selbständigen Lebensführung, die Arbeits-, Erwerbs- oder Vermittlungsfähigkeit beeinträchtigt oder nicht verbessert wird, kann der Leistungsträger die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen.

(3) Sozialleistungen dürfen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 7. Juli 2011 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, in welchem Umfang der Kläger zu Angaben über seine voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben aus selbstständiger Tätigkeit verpflichtet ist.

2

Der Kläger bezieht seit Januar 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Er ist seit Dezember 2005 als Rechtsanwalt selbstständig. Bei der Antragstellung für den Leistungszeitraum ab Februar 2009 wurde ihm aufgegeben, die "Anlage EKS" (Angaben zum Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit, Gewerbebetrieb oder Landwirtschaft im Bewilligungszeitraum) auszufüllen. In dem genannten Vordruck sind von den Antragstellern jeweils monatliche aufzuschlüsselnde Auskünfte mit zahlreichen Unterangaben zu den voraussichtlichen Betriebseinnahmen, Angaben zu den Betriebsausgaben und Angaben zu den Aufwendungen, die nicht Betriebsausgaben sind sowie zu Absetzungsmöglichkeiten abzugeben und entsprechende Nachweise zu erbringen.

3

Der Kläger hat am 30.4.2009 Klage erhoben und neben einem zunächst verfolgten Leistungsbegehren ua die Feststellung begehrt, dass er nicht verpflichtet sei, voraussichtliche Einkommens- und Ausgabenschätzungen laut "EKS" für den Zeitraum eines halben Jahres im Voraus vorzunehmen. Außerdem hat er die Feststellung begehrt, dass der Beklagte verpflichtet sei, bei künftigen Leistungsbewilligungen hinsichtlich des zu berücksichtigenden Einkommens sicherzustellen, dass ihm aus bewilligter Regelleistung und Einkommen monatlich mindestens ein Betrag in Höhe der tatsächlichen Regelleistung zur Verfügung bleibe. Hilfsweise hat der Kläger geltend gemacht, ihm Auskunft darüber zu erteilen, anhand welcher Maßstäbe und mit welchen Mitteln und Methoden Einkommen und Ausgaben (sinnvoll) prognostiziert werden könnten.

4

Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 9.9.2010 abgewiesen. Es hat ausgeführt, die Hauptanträge seien mangels Feststellungsinteresses unzulässig, weil der Kläger ohne Weiteres etwaige ihn belastende Entscheidungen des Beklagten abwarten und hiergegen vorgehen könne. Der Hilfsantrag sei ebenfalls unzulässig, weil der insoweit als Verpflichtungsklage auf Auskunftserteilung zu verstehenden Klage kein Verwaltungs- und auch kein Vorverfahren vorausgegangen sei.

5

Das LSG hat die Berufung des Klägers durch Urteil vom 7.7.2011 zurückgewiesen. Es hat die Berufung für unbegründet gehalten, weil dem Kläger weder ein Anspruch auf die begehrten Feststellungen noch auf Verpflichtung zur Auskunftserteilung zustehe. Bei der Einkommens- und Ausgabenschätzung nach "EKS" handele es sich um eine dem Hilfebedürftigen zumutbare Mitwirkungshandlung. Hinsichtlich des Einkommens aus selbstständiger Arbeit sei eine Einkommensprognose für den Bewilligungszeitraum erforderlich. Diese obliege zunächst dem Leistungsberechtigten im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten nach § 60 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB I. § 65 SGB I stehe dem nicht entgegen, weil die Angaben auf der Grundlage eines Mindestmaßes an betrieblicher Planung gemacht werden könnten. Soweit der Kläger begehre, dass der Beklagte sicherzustellen habe, dass bewilligte Regelleistungen und Einkommen monatlich mindestens einen Betrag in Höhe der Regelleistung ergäben, stehe ihm ein Feststellungsinteresse nicht zur Seite. Zwar könne die von der Alg II-V vorgegebene Vorgehensweise dazu führen, dass aufgrund der Teilung des prognostizierten Gesamteinkommens durch die Anzahl der Monate in einzelnen einkommensschwachen Monaten die Summe aus Einkommen und bewilligter Leistung hinter der Regelleistung zurückbleibe. Soweit die Einkommensschwankungen nicht erheblich seien, sei dies hinnehmbar. Eine Verpflichtung des Leistungsträgers könne es insoweit schon deshalb nicht geben, weil die Leistungen im Voraus erbracht werden sollten. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf die begehrte Auskunft.

6

Der Kläger hat die vom Senat zugelassene Revision eingelegt. Er rügt eine Verletzung des § 60 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB I und weiterer Vorschriften verfassungsrechtlicher, materiellrechtlicher und verfahrensrechtlicher Art. Es handele sich bei der Einkommensschätzung um eine Bewertung von Tatsachen, also um Werturteile. § 60 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB I könne deshalb nicht angewandt werden. Es sei auch die Erheblichkeit der Angaben zu künftigen Einnahmen zu verneinen, weil es an der Erforderlichkeit der Angaben fehle. Hinsichtlich des Hilfsantrags werde eine Verletzung der §§ 14, 15 SGB I gerügt. Zur Begründung des auf Feststellung der Sicherstellung des Existenzminimums gerichteten Begehrens macht der Kläger geltend, das LSG habe zu Unrecht das Feststellungsinteresse verneint.

7

Der Kläger beantragt,

        

1.    

unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Leipzig vom 9. September 2010 und des Urteils des Sächsischen Landessozialgerichts vom 7. Juli 2011 festzustellen, dass der Revisionskläger bei der Beantragung von Leistungen nach dem SGB II nicht nach § 60 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB I mitwirkungsverpflichtet sei, Prognosen oder Schätzungen zu seinen künftigen Einnahmen und Ausgaben aus selbstständiger Tätigkeit für einen Zeitraum von sechs Monaten im Voraus vorzunehmen,

                 

hilfsweise,

                 

den Revisionsbeklagten unter Aufhebung der genannten Urteile zu verurteilen, dem Revisionskläger Auskunft darüber zu geben, ihn dazu zu beraten, anhand welcher Maßstäbe und mit welchen Mitteln und Methoden er Einkommen und Ausgaben aus Anwaltstätigkeit gemäß Formular "EKS" für einen Zeitraum von sechs Monaten im Voraus sinnvoll prognostizieren könne,

        

2.    

unter Aufhebung der genannten Urteile festzustellen, dass der Revisionsbeklagte verpflichtet sei, bei der Berücksichtigung künftiger Einnahmen und Ausgaben im Rahmen vorläufiger Leistungsentscheidungen nach dem SGB II sicherzustellen, dass dem Revisionskläger aus vorläufig zuerkannten Leistungen und berücksichtigtem Einkommen Mittel in Höhe des sozio-kulturellen Existenzminimums, mithin Regelleistungen und Kosten der Unterkunft, in jedem Monat des Entscheidungszeitraums zur tatsächlichen Verfügung bleibe.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er ist der Auffassung, dass vom Kläger nicht mehr gefordert werde, als von jedem anderen einkommenserzielenden Leistungsempfänger auch.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG).

11

Hinsichtlich des zu 1. gestellten Antrags konnte der Kläger sein Begehren zwar zulässig im Wege der Feststellungsklage verfolgen, die Klage ist insoweit jedoch unbegründet. Ferner ist die mit dem Hilfsantrag verfolgte Leistungsklage hinsichtlich des Auskunftsanspruchs mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Unzulässig ist auch der Feststellungsantrag zu 2., weil es an dem erforderlichen Feststellungsinteresse fehlt.

12

1. a) Die Feststellungsklage (§ 55 SGG) mit dem Antrag, der Revisionskläger sei bei der Beantragung von Leistungen nach dem SGB II nicht nach § 60 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB I mitwirkungsverpflichtet, Prognosen oder Schätzungen zu seinen künftigen Einnahmen und Ausgaben aus selbstständiger Tätigkeit für einen Zeitraum von sechs Monaten im Voraus vorzunehmen, ist zulässig. Ihr steht hinsichtlich des fraglichen Feststellungsantrags insbesondere nicht der Grundsatz der Subsidiarität entgegen. Aus dem auch im sozialgerichtlichen Verfahren anwendbaren Grundsatz der Subsidiarität folgt die Nachrangigkeit der Feststellungsklage gegenüber der Leistungs- und Anfechtungsklage (BSG vom 30.10.1980 - 8a RU 96/79 - BSGE 50, 262, 263 = SozR 2200 § 28 Nr 4; BSG vom 20.5.1992 - 14a/6 RKa 29/89 - SozR 3-1500 § 55 Nr 12). Von diesem Grundsatz hat die Rechtsprechung allerdings im Einzelfall insbesondere aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit Ausnahmen zugelassen, wenn durch eine gegen eine Person des öffentlichen Rechts gerichtete Feststellungsklage ein Streit im Ganzen beseitigt werden kann. Die Verhältnisse des vorliegenden Falls rechtfertigen eine derartige Ausnahme. Zwar könnte der Kläger gegen einen wegen einer Verletzung seiner Mitwirkungsobliegenheiten nach § 66 SGB I erteilten Versagensbescheid des Beklagten im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage bzw der reinen Anfechtungsklage vorgehen(vgl zur Abgrenzung der Klagearten BSG vom 1.7.2009 - B 4 AS 78/08 R -, BSGE 104, 26, 29 = SozR 4-1200 § 66 Nr 5), jedoch ist eine Klärung des Umfangs seiner Mitwirkungsobliegenheit auf diesem Wege mit Rücksicht darauf, dass existenzsichernde Leistungen im Streit stehen, für den Kläger nicht zumutbar. Zudem ist bereits durch eine Entscheidung über das Feststellungsbegehren eine Klärung für zukünftige Bewilligungszeiträume zu erwarten.

13

b) Die Feststellungsklage ist jedoch unbegründet. Der Kläger ist im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht nach § 60 Abs 1 S 1 SGB I gehalten, Angaben über seine voraussichtlichen Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit für den Bewilligungszeitraum unter Verwendung des Vordrucks "EKS" in dem durch den Vordruck vorgesehenen Umfang zu machen.

14

aa) Nach § 60 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB I hat derjenige, der Sozialleistungen beantragt oder erhält, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen. Die Mitwirkungsobliegenheiten des SGB I finden auch im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende Anwendung, soweit keine bereichsspezifischen Mitwirkungsobliegenheiten Anwendung finden (BSG vom 19.9.2008 - B 14 AS 45/07 R - BSGE 101, 260 = SozR 4-1200 § 60 Nr 2, RdNr 13).

15

Bei den dem Kläger abverlangten Angaben zu seinen Einkünften im Bewilligungszeitraum handelt es sich um Tatsachen im Sinne der Norm. Dies folgt aus dem Zweck der Regelung und ihrem systematischen Zusammenhang. Soweit demgegenüber in der Literatur die Auffassung vertreten wird, der Begriff der Tatsachen umfasse (nur) konkrete Umstände in der Vergangenheit und Gegenwart (Sichert in Hauck/Noftz, SGB I, § 60 Rz 27, Stand 12/10; zutreffend dagegen Jung in Eichenhofer/Wenner, SGB I/SGB IV/SGB X, 2012, § 60 SGB I Rz 19: … Vorgänge in der Vergangenheit und Zukunft …), wird dies dem dargelegten Konzept der Mitwirkungsobliegenheiten nicht gerecht. Vielmehr ist der Begriff der "Tatsachen" iS von § 60 Abs 1 S 1 SGB I bereichsspezifisch zu konkretisieren.

16

Der Zweck der in § 60 Abs 1 S 1 SGB I geregelten Obliegenheiten ist darauf gerichtet, dem Sozialleistungsträger Kenntnis von denjenigen Tatsachen zu vermitteln, welche die Grundlage für eine Entscheidung über die Bewilligung, Änderung, Entziehung oder Erstattung einer Sozialleistung bilden(Kampe in jurisPK-SGB I, 2. Aufl 2012, § 60 Rz 18; Sichert in Hauck/Noftz, SGB I, § 60 Rz 26, Stand 12/2010). Der Verpflichtung zur Angabe von entscheidungserheblichen Tatsachen kommt hierbei die Funktion zu, den Leistungsträger überhaupt erst in die Lage zu versetzen, seiner Amtsermittlungspflicht nach § 20 SGB X nachzukommen. Insoweit bildet die Erheblichkeit der Tatsachen für die Entscheidung über eine Leistungsgewährung sowohl die sachliche Rechtfertigung als auch die Begrenzung der genannten Mitwirkungsobliegenheiten. Erheblich sind Tatsachen, die die tatbestandlichen Voraussetzungen einer anspruchsbegründenden Norm erfüllen. Hierbei belässt die Norm die Verantwortlichkeit für die Feststellung der maßgebenden Tatsachen ungeachtet der Mitwirkungsobliegenheiten des Leistungsberechtigten - entgegen dem Vorbringen des Klägers - ohne jegliche Einschränkungen dem zuständigen Leistungsträger.

17

Zu den für die Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu klärenden Umständen gehört die Frage, ob dem Antragsteller im Bewilligungszeitraum (voraussichtlich) Einkommen zufließt, denn die Erzielung von Einkommen führt gegebenenfalls zum teilweisen oder vollständigen Wegfall der Anspruchsvoraussetzung der Hilfebedürftigkeit (§ 7 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB II). Dabei ist Einkommen nach der Rechtsprechung beider für das Recht der Grundsicherung zuständigen Senate grundsätzlich alles, was jemand nach Antragstellung dazu erhält, und Vermögen, was er vor Antragstellung bereits hatte. Es ist vom tatsächlichen Zufluss auszugehen, es sei denn, rechtlich wird ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt (BSG vom 22.3.2012 - B 4 AS 139/11 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 55 mwN). Da das BSG die Abgrenzung von Vermögen und Einkommen anhand des Zuflusses der jeweiligen Leistung vornimmt, müssen - modifiziert durch das sog Monatsprinzip - zur Berücksichtigung von Einkommen ab dem Zeitpunkt der Bewilligung zwangsläufig Umstände in die Prüfung einbezogen werden, die in der Zukunft liegen (Bayerisches LSG vom 30.7.2010 - L 7 AS 12/10 - veröffentlicht in juris). Insoweit gilt für andere Umstände - zB die Erwerbsfähigkeit des Leistungsberechtigten -, die im Bewilligungszeitraum einem Wandel unterliegen können, nichts anderes. Der Umstand, ob und in welchem Umfang dem Antragsteller während des Bewilligungszeitraums voraussichtlich Einkommen zufließen wird, ist bereits zum Zeitpunkt der Bewilligungsentscheidung entscheidungserheblich. Dies gilt auch für eine vorläufige Entscheidung über die Leistungsbewilligung nach § 40 Abs 1 S 2 Nr 1a SGB II iVm § 328 Abs 1 SGB III. Denn auch bei einer vorläufigen Entscheidung müssen Leistungen - ohne vorsorglichen Abschlag - regelmäßig in derjenigen Höhe gewährt werden, die bei Bestätigung der wahrscheinlich vorliegenden Voraussetzungen voraussichtlich auch endgültig zu leisten sein werden (BSG vom 6.4.2011 - B 4 AS 119/10 R -, BSGE 108, 86 = SozR 4-1500 § 54 Nr 21, RdNr 34). Es handelt sich bei den Angaben zur finanziellen Situation während des Bewilligungszeitraums folglich um Tatsachen, die für die Geltendmachung des Leistungsanspruchs erheblich sind.

18

Die Obliegenheit zur Angabe von Tatsachen nach Maßgabe des § 60 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB I wird systematisch durch diejenige in § 60 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB I ergänzt, wonach derjenige, der Sozialleistungen beantragt oder erhält, Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen hat. Diese Obliegenheit dient in erster Linie dazu, die Grundlage für die Aufhebung von Verwaltungsakten mit Dauerwirkung durch den Sozialleistungsträger nach § 48 SGB X zu schaffen. Nach § 48 Abs 1 S 1 SGB X ist die Befugnis zur Aufhebung von Dauerverwaltungsakten ua bei einer wesentlichen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse eröffnet. Bei der Anwendung dieser Norm umfasst die Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen jede Änderung des für die getroffene Regelung relevanten Sachverhalts (Merten in Hauck/Noftz, SGB X, § 48 RdNr 18, Stand 12/12). In diesem Zusammenhang ist in der Rechtsprechung des BSG zwar anerkannt, dass - soweit objektiv nur die Möglichkeit einer prospektiven Schätzung etwa der Einkommenssituation besteht - die Voraussetzungen für eine endgültige Bewilligung der Leistungen zu verneinen sind (BSG vom 21.6.2011 - B 4 AS 21/10 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 39, RdNr 16). Hieraus kann jedoch nicht im Umkehrschluss gefolgert werden, dass es sich bei den Angaben zu den voraussichtlichen Einnahmen nicht um die Mitteilung von Tatsachen handele. Folgerichtig bleibt Maßstab der Überprüfung von Aufhebungsentscheidungen bei einer endgültigen Leistungsbewilligung § 45 oder § 48 SGB X(BSG vom 21.6.2011, aaO). Unterlässt der zur Mitwirkung Verpflichtete schuldhaft eine entsprechende Mitteilung nach § 60 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB I, so berechtigt dies den Leistungsträger zur rückwirkenden Aufhebung der Bewilligung nach § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB X.

19

Im Übrigen ergibt sich keine andere Beurteilung daraus, dass die Höhe der Einkünfte selbstständig Tätiger vielfach in größerem Umfang mit Unsicherheiten behaftet sind, als dies zB für Einnahmen aus Kapitalvermögen oder Einkünften aus abhängiger Beschäftigung angenommen werden kann. Insoweit ändert das Ausmaß der Unsicherheit nichts daran, dass der Antragsteller am ehesten zu verlässlichen Angaben über seine voraussichtlichen finanziellen Verhältnisse im Bewilligungszeitraum in der Lage sein wird und eine Verwaltungsentscheidung ohne seine Mitwirkung praktisch nicht vollziehbar ist.

20

bb) Schließlich stehen der hier in Frage stehenden Mitwirkungsobliegenheit nicht die in § 65 SGB I geregelten Grenzen der Mitwirkung entgegen. Insbesondere liegt keine Verletzung der in § 65 Abs 1 Nr 1 SGB I für die Mitwirkungsobliegenheiten niedergelegten spezifischen Maßgaben des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit vor. Hiernach bestehen die Mitwirkungspflichten nach §§ 60 bis 64 SGB I nicht, soweit ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht. Es handelt sich insoweit um eine Konkretisierung des allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Im Rahmen dieser Regelung sind die Grenzen der Mitwirkung im Sinne einer Zweck-Mittel-Relation durch eine Abwägung von Art und Umfang der Sozialleistung einerseits und des für die Erfüllung der Mitwirkungspflicht erforderlichen Aufwands des Mitwirkungsverpflichteten andererseits zu konkretisieren (Joussen in KSW, 2. Aufl 2011, § 54 Rz 4; Kampe in jurisPK-SGB I, 2. Aufl 2011, § 60 Rz 14). In vergleichbarem Zusammenhang hat bereits der 14. Senat des BSG bei der Frage der Zumutbarkeit einer Mitwirkung des Leistungsberechtigten durch Vorlage von Kontoauszügen auf die Besonderheiten der SGB II-Leistungen hingewiesen, da es sich um Anforderungen im Rahmen eines steuerfinanzierten Fürsorgesystems handelt, das strikt an die Hilfebedürftigkeit der Leistungsempfänger als Anspruchsvoraussetzung anknüpft (BSG vom 19.9.2008 - B 14 AS 45/07 R - BSGE 101, 260 = SozR 4-1200 § 60 Nr 2, RdNr 13).

21

Ferner hält sich die hier in Frage stehende Mitwirkungshandlung innerhalb der durch die einschlägigen Regelungen gezogenen Grenzen. Die Berechnung des Einkommens aus selbstständiger Tätigkeit erfolgt nach Maßgabe des § 3 Alg II-V(idF der Sechsten Verordnung zur Änderung der Alg II-V vom 19.12.2011, BGBl I 2833). Hiernach sind Ausgangspunkt für die Berechnung die tatsächlich zufließenden Betriebseinnahmen, die nach Maßgabe des § 3 Abs 2 Alg II-V und des § 11b SGB II in Abkehr der bis 31.12.2007 geltenden steuerrechtlichen Betrachtung zu bereinigen sind (zur Berechnung s Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, § 13 Rz 190 ff, Stand XI/12). Hinsichtlich der berücksichtigungsfähigen Ausgaben sieht § 3 Abs 3 Alg II-V die Abzugsfähigkeit begrenzende zusätzliche Prüfungen vor. Die von selbstständig Tätigen in der Anlage EKS zu tätigenden Angaben entsprechen diesem komplexen normativen Prüfprogramm. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass angesichts des Ziels der ab 1.1.2008 für selbstständig Tätige geltenden Regelungen, höhere Einsparungen bei den passiven Leistungen zu erzielen, der hieraus erwachsende Aufwand diesen Personenkreis, der seinen Lebensunterhalt ergänzend durch eine steuerfinanzierte Sozialleistung sicherstellen will, unverhältnismäßig belasten würde.

22

2. Der Senat lässt dahinstehen, ob die Geltendmachung eines Beratungs- bzw Auskunftsanspruches nach § 14 SGB I(vgl zur Geltendmachung des Beratungsanspruchs Knecht in Hauck/Noftz, SGB I, § 14 RdNr 19, Stand 6/10; Mönch-Kalina, jurisPK-SGB I, 2. Aufl 2011, § 14 RdNr 40), den der Kläger hinsichtlich der Art und Weise der Ausfüllung der Anlage EKS gegen den Beklagten geltend macht, im Falle der Ablehnung einen anfechtbaren Verwaltungsakt darstellt (so zur Auskunft nach § 15 SGB I: BSG vom 12.11.1980 - 1 RA 45/79 - SozR 1200 § 14 Nr 9; zur Auskunft nach § 83 SGB X BSG vom 13.11.2012 - B 1 KR 13/12 R - SozR 4-1500 § 54 Nr 27), sodass nicht die reine Leistungsklage, sondern die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage die richtige Klageart wäre.

23

Unabhängig von der hier einschlägigen Klageart ist für die vom Kläger gegen den Beklagten erhobene Klage, die auf Auskunft hinsichtlich der Ausfüllung der dem Kläger in der Anlage EKS abverlangten Angaben gerichtet ist, jedenfalls ein Rechtsschutzbedürfnis nicht ersichtlich. Das Rechtsschutzbedürfnis ist Zulässigkeitsvoraussetzung einer jeden Klage. Es ist vom Rechtsmittelgericht in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, Vor § 51 RdNr 20); dadurch sollen zweckwidrige Prozesse verhindert und eine unnötige Inanspruchnahme des Rechtsschutzes durch staatliche Gerichte verhindert werden. Das gerichtliche Rechtsschutzinteresse ist grundsätzlich zu verneinen, wenn das angestrebte Ergebnis nicht auf einfachere Weise erreicht werden kann. Am Rechtsschutzverhältnis fehlt es, weil der Kläger vor der Klageerhebung nicht mit einem auf eine konkrete Fragestellung abzielenden Auskunftsbegehren an den Beklagten herangetreten ist. Eine derartige Konkretisierung ist im Übrigen auch bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht erfolgt. Eine vorherige Befassung des Beklagten mit einem konkreten Begehren ist auch nicht entbehrlich, denn es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Beklagte dem Kläger keine Hinweise zur Überwindung von konkreten Schwierigkeiten bei der Ausfüllung des Vordrucks geben würde.

24

3. Das im Wege der Feststellungsklage geltend gemachte Begehren, der Revisionsbeklagte sei verpflichtet, bei der Berücksichtigung künftiger Einnahmen und Ausgaben im Rahmen vorläufiger Leistungsentscheidungen nach dem SGB II sicherzustellen, dass dem Kläger aus vorläufig zuerkannten Leistungen und berücksichtigtem Einkommen Mittel in Höhe des soziokulturellen Existenzminimums, mithin Regelleistung und Kosten der Unterkunft, in jedem Monat des Entscheidungszeitraums zur tatsächlichen Verfügung bleibe, ist unzulässig. Hinsichtlich dieses Begehrens ist der Kläger auf die vorrangige kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zu verweisen.

25

Insoweit obliegt es zunächst wiederum dem Kläger, Änderungen gegenüber der bei Antragstellung getätigten Angaben gemäß § 60 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB I unverzüglich mitzuteilen. In der Folge steht ihm, soweit eine zeitnahe Umsetzung durch den Beklagten nicht erfolgt, die Möglichkeit offen, einstweiligen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen (zur reduzierten Ermessensbetätigung hinsichtlich der Höhe einer vorläufigen Leistung bei selbstständig Tätigen mit Rücksicht auf ihren existenzsichernden Charakter s BSG vom 6.4.2011 - B 4 AS 119/10 R - BSGE 108, 86 = SozR 4-1500 § 54 Nr 21, RdNr 34).

26

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat

1.
alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,
2.
Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen,
3.
Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.
Satz 1 gilt entsprechend für denjenigen, der Leistungen zu erstatten hat.

(2) Soweit für die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden.

(1) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 nicht nach und wird hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Dies gilt entsprechend, wenn der Antragsteller oder Leistungsberechtigte in anderer Weise absichtlich die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert.

(2) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung wegen Pflegebedürftigkeit, wegen Arbeitsunfähigkeit, wegen Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit, anerkannten Schädigungsfolgen oder wegen Arbeitslosigkeit beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 62 bis 65 nicht nach und ist unter Würdigung aller Umstände mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß deshalb die Fähigkeit zur selbständigen Lebensführung, die Arbeits-, Erwerbs- oder Vermittlungsfähigkeit beeinträchtigt oder nicht verbessert wird, kann der Leistungsträger die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen.

(3) Sozialleistungen dürfen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist.

(1) Die Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 64 bestehen nicht, soweit

1.
ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht oder
2.
ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden kann oder
3.
der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann.

(2) Behandlungen und Untersuchungen,

1.
bei denen im Einzelfall ein Schaden für Leben oder Gesundheit nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann,
2.
die mit erheblichen Schmerzen verbunden sind oder
3.
die einen erheblichen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit bedeuten,
können abgelehnt werden.

(3) Angaben, die dem Antragsteller, dem Leistungsberechtigten oder ihnen nahestehende Personen (§ 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 der Zivilprozeßordnung) die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden, können verweigert werden.

(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat

1.
alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,
2.
Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen,
3.
Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.
Satz 1 gilt entsprechend für denjenigen, der Leistungen zu erstatten hat.

(2) Soweit für die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden.

(1) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 nicht nach und wird hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Dies gilt entsprechend, wenn der Antragsteller oder Leistungsberechtigte in anderer Weise absichtlich die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert.

(2) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung wegen Pflegebedürftigkeit, wegen Arbeitsunfähigkeit, wegen Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit, anerkannten Schädigungsfolgen oder wegen Arbeitslosigkeit beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 62 bis 65 nicht nach und ist unter Würdigung aller Umstände mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß deshalb die Fähigkeit zur selbständigen Lebensführung, die Arbeits-, Erwerbs- oder Vermittlungsfähigkeit beeinträchtigt oder nicht verbessert wird, kann der Leistungsträger die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen.

(3) Sozialleistungen dürfen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist.

(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat

1.
alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,
2.
Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen,
3.
Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.
Satz 1 gilt entsprechend für denjenigen, der Leistungen zu erstatten hat.

(2) Soweit für die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden.

(1) Die Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 64 bestehen nicht, soweit

1.
ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht oder
2.
ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden kann oder
3.
der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann.

(2) Behandlungen und Untersuchungen,

1.
bei denen im Einzelfall ein Schaden für Leben oder Gesundheit nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann,
2.
die mit erheblichen Schmerzen verbunden sind oder
3.
die einen erheblichen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit bedeuten,
können abgelehnt werden.

(3) Angaben, die dem Antragsteller, dem Leistungsberechtigten oder ihnen nahestehende Personen (§ 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 der Zivilprozeßordnung) die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden, können verweigert werden.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 20. Juni 2013 wird zurückgewiesen.

Kosten haben sich die Beteiligten nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Anwendung der allgemeinen Vorschriften über die Mitwirkung der Leistungsberechtigten im Feststellungsverfahren nach § 69 SGB IX.

2

Bei der Klägerin war ein Gesamt-Grad der Behinderung (GdB) von 50 festgestellt (Bescheid vom 14.4.2008). Am 7.8.2009 beantragte sie durch ihren Bevollmächtigten eine Überprüfung des Bescheids und eine neue Feststellung des GdB, weil unfallbedingt eine chronifizierte und operativ zu versorgende Meniskusverletzung hinzugetreten sei.

3

Der Bevollmächtigte der Klägerin sandte trotz schriftlicher Aufforderung und anschließender Mahnung des Beklagten weder das ihm übersandte Formular für den Neufeststellungsantrag zurück, noch begründete er den Überprüfungsantrag. Der Beklagte wies ihn deshalb auf die Mitwirkungspflichten aus § 60 Abs 1 SGB I und die Folgen von deren Verletzung aus § 66 SGB I hin; er werde die beantragte Feststellung nach dem SGB IX versagen, wenn die Klägerin ihrer Mitwirkungspflicht weiterhin nicht nachkomme und bis zum 1.3.2010 nicht antworte. Auch darauf reagierte die Klägerin nicht. Der Beklagte lehnte daraufhin die Erteilung eines Rücknahmebescheids nach § 44 SGB X ab(Bescheid vom 10.6.2010) und versagte die beantragte Neufeststellung nach § 66 SGB I iVm § 69 SGB IX(Bescheid vom 11.6.2010). Die Erfüllung der Mitwirkungspflicht der Klägerin stehe in angemessenem Verhältnis zur beantragten Sozialleistung. Die Mitwirkung könne ihr zugemutet werden, zumal alle Möglichkeiten der Sachaufklärung von Amts wegen ausgeschöpft seien. Den ebenfalls nicht begründeten Widerspruch der Klägerin gegen die Ablehnung der Neufeststellung wies der Beklagte als unbegründet zurück (Bescheid vom 26.1.2011).

4

Die dagegen von der Klägerin erhobene Anfechtungsklage blieb ohne Erfolg (SG-Urteil vom 15.3.2012). Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 20.6.2013) und dafür wie vor ihm das SG §§ 60 und 66 SGB I in analoger Anwendung herangezogen. Die Vorschriften seien nach ihrem Wortlaut zwar nicht unmittelbar anzuwenden; bei einer Statusfeststellung der Versorgungsbehörden handele es sich nicht um eine Sozialleistung im Sinne des § 11 SGB I. Indes ergebe sich insoweit aus der Systematik des SGB I eine Regelungslücke des Gesetzes, da auch Statusfeststellungen soziale Rechte verwirklichen könnten. Dies sei übersehen worden. Bei vergleichbarer Interessenlage seien an anderer Stelle Spezialregelungen getroffen worden. Zudem sei die Interessenlage bei der Bewilligung von Sozialleistungen und der Statusfeststellung wesentlich vergleichbar. Schließlich ergebe sich die Mitwirkungspflicht der Klägerin ebenso aus dem allgemeinen, auch im öffentlichen Recht anwendbaren Grundsatz von Treu und Glauben.

5

Mit ihrer Revision weist die Klägerin darauf hin, andere Bundesländer wendeten § 66 SGB I im Unterschied zu Baden-Württemberg im Feststellungsverfahren nicht an. Das stelle eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung dar. Die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft sei nach der Rechtsprechung des BSG keine Sozialleistung. Die analoge Anwendung von § 66 SGB I sei zudem keineswegs eine Verwaltungsvereinfachung, sondern führe zu nichts. Einer fehlenden Mitwirkung des Antragstellers könne durch eine Beweislastentscheidung ausreichend Rechnung getragen werden. Das Bedürfnis einer Analogie bestehe deshalb nicht.

6

Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 20.6.2013 und das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 15.3.2012 sowie den Bescheid vom 11.6.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.1.2011 aufzuheben.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Das LSG habe sich zutreffend auf eine analoge Anwendung der Vorschriften über die Mitwirkungspflichten der Leistungsberechtigten gestützt. Die Versagungsentscheidung nach § 66 SGB I schütze den Antragsteller vor einer materiell bindenden Beweislastentscheidung und könne jederzeit behoben werden, wenn der Antragsteller die Mitwirkungshandlung nachholt. Die Interessen der Klägerin erführen hierdurch einen größeren Schutz.

Entscheidungsgründe

9

Die form- und fristgemäß eingelegte und damit zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet.

10

1. Die isolierte Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 11.6.2010 ist zulässig.

11

a) Der Bescheid vom 11.6.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.1.2011 konnte isoliert angefochten werden. § 54 Abs 4 SGG ist nicht anwendbar, weil der Beklagte die Feststellung eines höheren GdB gemäß § 66 SGB I versagt und damit in der Sache über die begehrte Feststellung nicht entschieden hat(vgl BSG SozR 1200 § 66 Nr 13).

12

b) Die Zulässigkeit der Klage scheitert darüber hinaus nicht an einer eventuell fehlenden Vertretungsbefugnis des Prozessvertreters der Klägerin, eines Rentenberaters, in der Berufungsinstanz. Die Vertretungsbefugnis des in der Berufungsinstanz aufgetretenen Rentenberaters ergibt sich allerdings nicht aus § 73 Abs 2 S 2 Nr 3 SGG.

13

Nach § 73 Abs 2 S 2 Nr 3 SGG sind Rentenberater vor dem SG und LSG nur vertretungsbefugt im Umfang ihrer Befugnisse nach § 10 Abs 1 S 1 Nr 2 des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG), im Schwerbehindertenrecht daher nur mit einem konkreten Bezug zu einer gesetzlichen Rente, wie die Vorschrift ausdrücklich bestimmt(vgl BT-Drucks 16/3655 S 64 sowie iE Köhler, SGb 2009, 441, 444 mwN). Einen solchen Bezug des von der Klägerin geführten Schwerbehindertenverfahrens zu einem gesetzlichen Rentenanspruch hat das LSG nicht festgestellt. Gleichwohl hat es angenommen, der von der Klägerin mit ihrer Prozessvertretung beauftragte Rentenberater sei - aus Gründen des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit - als registrierter Erlaubnisinhaber nach § 3 Abs 2 S 1 Nr 1 Einführungsgesetz zum Rechtsdienstleistungsgesetz (RDGEG) nach dem Umfang seiner bisherigen Erlaubnis auch für isolierte Schwerbehindertenverfahren vor Gericht weiterhin vertretungsbefugt. Er habe ua noch 1983 und 1993 unter der Geltung des Rechtsberatungsgesetzes (RBerG) eine Erlaubnis zum Tätigwerden als Rentenberater erhalten und ausgeübt. Diese habe nach dem Verständnis im Zeitpunkt der Erteilung das Schwerbehindertenrecht stets auch ohne konkreten Bezug zur Rentenberatung eingeschlossen und gelte insoweit fort (vgl Vogts, RV 2012, 205 ff; Hoechstetter, RBeistand 1998, 3 ff; Rennen/Caliebe, RBerG, 3. Aufl 2001, § 1 RdNr 128 mwN; Casselmann, Rentenberatung und mündliches Verhandeln vor den Sozialgerichten, 4. Aufl 1990, S 69: historische Zuständigkeit; aA LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.11.2012 - L 8 SB 2721/12 -, Juris mwN).

14

Die vom LSG zur Begründung seiner Rechtsansicht genannten Argumente überzeugen den Senat nicht vollständig. Dies gilt schon für den argumentativen Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, eine früher erteilte Erlaubnis als Rentenberater nach § 1 Abs 1 S 2 Nr 1 RBerG sei umfassend zu verstehen. Das BSG hat bereits im Einzelnen dargelegt, dass es Wortlaut, Entstehungsgeschichte sowie Schutzzweck des RBerG gebieten, § 1 Abs 1 S 2 Nr 1 RBerG eng auszulegen. Das Tätigwerden des Rentenberaters muss demnach Renten betreffen (vgl BSG SozR 3-1300 § 13 Nr 4 und Nr 7; bestätigt von BVerfG SozR 3-1300 § 13 Nr 6). Diese enge Auslegung der Vorschrift hindert eine fachübergreifende Erstreckung der Erlaubnis des Rentenberaters auf ein Rechtsgebiet außerhalb der Rentenberatung, soweit diese nicht für eine ordnungsgemäße Geschäftsbesorgung auf dem Gebiet der Rentenversicherung unverzichtbar ist (vgl BSG SozR 3-1300 § 13 Nr 4). Zwar beziehen sich die Ausführungen des BSG in den zitierten Urteilen ausdrücklich nur auf eine Vertretung auf dem Gebiet der Arbeitslosenversicherung. Sie sind aber methodisch sinnvoll nicht auf diese Konstellation zu begrenzen, sondern können nur allgemein verstanden werden.

15

Auch die vom LSG angeführte - historisch begründete - Verzahnung des sozialen Entschädigungsrechts mit dem Schwerbehindertenrecht, vgl § 69 Abs 1 S 3 und S 5 SGB IX, zwingt nicht zu einer weiten Auslegung des § 1 Abs 1 S 2 Nr 1 RBerG. Anders als das SchwbG bzw jetzt das SGB IX enthält das BVG selbständige Anspruchsnormen für Rentenzahlungen (vgl Dau in: Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, BVG, vor § 9 RdNr 1 ff). Im Versorgungsrecht sind daher schon lange vor der Entstehung des Rentenberaterberufs Berater außerhalb der Kriegsopferverbände tätig gewesen (Casselmann, RV 1982, 1, 3). Dieser Umstand erklärt, warum das Versorgungsrecht nach dem in den Materialien ausdrücklich geäußerten Willen des Gesetzgebers (vgl BT-Drucks 8/4277) von der Erlaubnis zur Rentenberatung umfasst sein sollte. Für das Schwerbehindertenrecht lässt sich ein solcher gesetzgeberischer Wille beim Erlass des RBerG dagegen ebenso wenig belegen wie für das Recht der Arbeitslosenversicherung (vgl BSG SozR 3-1300 § 13 Nr 7; aA Hoechstetter, RBeistand 1998, 3 ff).

16

Für die lediglich akzessorische Einbeziehung des Schwerbehindertenrechts in die Vertretungsbefugnis von Rentenberatern (allg zur Annexkompetenz vgl BSG SozR 3-1300 § 13 Nr 4) spricht schließlich maßgeblich die Nachfolgeregelung des § 10 Abs 1 S 1 Nr 2 RDG, die laut Gesetzesmaterialien ausdrücklich den Begriff der Rentenberatung aus dem geltenden Recht übernommen hat(vgl BT-Drucks 16/3655 S 63 f; aA Vogt, RV 2012, S 205, 206). Die Vorschrift erlaubt Rentenberatern, im sozialen Entschädigungsrecht einschränkungslos tätig zu werden, im Schwerbehindertenrecht dagegen nur mit Bezug zu einer gesetzlichen Rente.

17

Zugunsten der Ansicht des LSG lässt sich lediglich anführen, dass die Gerichtspraxis die Erlaubnis, als Rentenberater tätig zu werden, in der Vergangenheit offenbar vielfach weiter, im vom LSG angenommenen Sinne, verstanden hat (vgl Vogt, RV 2012, 205 ff; Hoechstetter, RBeistand 1998, 3 ff; Rennen/Caliebe, RBerG, 3. Aufl 2001, § 1 RdNr 128 mwN).

18

Letztlich braucht der Senat nicht endgültig zu entscheiden, ob das LSG dem Umfang der konkreten Alterlaubnis, über die der von der Klägerin beauftragte Rentenberater verfügte, zutreffend bestimmt hat. Dessen Prozesshandlungen sind in der Berufungsinstanz schon wegen § 73 Abs 3 S 2 SGG bzw § 3 Abs 3 S 2 RDGEG wirksam, weil das LSG ihn nicht zurückgewiesen hat. Vor dem BSG hat sich die Klägerin wirksam von einem Rechtsanwalt vertreten lassen.

19

2. Die isolierte Anfechtungsklage auf Aufhebung des angefochtenen Bescheids ist unbegründet, weil dieser Bescheid rechtmäßig war und die Klägerin daher nicht in ihren Rechten verletzt. Der Beklagte hat ihn zu Recht auf §§ 66 Abs 1 S 1 iVm 60 SGB I in entsprechender Anwendung gestützt(a) deren Voraussetzungen bei der Klägerin im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Versagungsbescheids (vgl BSG SozR 1200 § 66 Nr 13) auch vorlagen (b).

20

a) Die Vorschriften der §§ 66 Abs 1 S 1 iVm 60 SGB I waren auf die von der Klägerin verlangte Erhöhung ihres GdB wegen einer Verschlechterung ihres Gesundheitszustands nach § 69 Abs 1 S 1 SGB IX iVm § 48 SGB X entsprechend anwendbar. Nach § 66 Abs 1 S 1 SGB I kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen bis zur Nachholung der Mitwirkung die Leistung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind, wenn derjenige, der Sozialleistung beantragt, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird.

21

aa) Der Wortlaut von § 66 Abs 1 S 1 SGB I lässt es allerdings nicht zu, die Feststellung eines GdB bzw ihre Änderung unter den Begriff der Sozialleistung zu fassen. § 11 S 1 SGB I definiert Sozialleistungen als die im Sozialgesetzbuch vorgesehenen Dienst-, Sach- und Geldleistungen. Demnach hat der Gesetzgeber den Leistungsanspruch in Anlehnung an das allgemeine Schuldrecht in der Art eines Vermögenswerts ausgeformt (vgl Eichenhofer, Interdependenzen in der sozialen Sicherung, S 13). Nach seiner Vorstellung soll Leistung jeder Vorteil sein, der nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuchs zur Verwirklichung sozialer Rechte dem einzelnen zugutekommen soll (Amtliche Begründung, BT-Drucks 7/868 S 24). Allein der Erlass eines Verwaltungsakts nach § 48 SGB X iVm § 69 Abs 1 S 1 SGB IX, der einen höheren GdB des Adressaten feststellt, begründet noch keinen solchen - vermögenswerten oder vergleichbaren - Vorteil für den behinderten Menschen. Der Schwerbehindertenausweis und (für GdB unter 50) der Feststellungsbescheid (nach dem SGB IX) sind vielmehr bewusst als von konkreten Vorteilen unabhängige abstrakte Nachweise konstruiert. Die abstrakte Feststellung der Schwerbehinderung bzw eines bestimmten GdB dient in einem ersten Schritt dazu, getrennt davon in einem zweiten Schritt außerhalb des Schwerbehindertenrechts eine beinahe unübersehbare Vielfalt von konkreten Leistungsansprüchen aus zahlreichen unterschiedlichen Vorschriften zu begründen (vgl BSG SozR 1200 § 66 Nr 13; BSGE 52, 168, 174 = SozR 3870 § 3 Nr 13; vgl BT-Drucks 10/3138 S 13). Zu diesem Zweck bindet sie andere Behörden (vgl BSGE 52, 168, 174 = SozR 3870 § 3 Nr 13), etwa als Grundlagenbescheid bei der Gewährung des Pauschbetrags für behinderte Menschen nach § 33b EStG(vgl BFHE 145, 545). Erst die Erfüllung dieser Leistungsansprüche erfolgt durch Sozialleistungen. Die Feststellung schafft damit zwar die wichtigste tatbestandliche Voraussetzung für die Leistungsgewährung, ohne diese aber selbst bereits zu bewirken.

22

Ebenso wenig ist die formelle Feststellung durch Verwaltungsakt bereits eine Sozialleistung im Sinne von § 11 SGB I. Der Erlass eines solchen feststellenden Verwaltungsakts kann zwar als eine Art atypische Dienstleistung verstanden werden (vgl BSGE 69, 14 = SozR 3-1300 § 44 Nr 3 RdNr 19). Insoweit ist allerdings zwischen dem Anspruch auf abstrakte Feststellung, den die Behörde durch Erlass des Verwaltungsakts erfüllt, und den verschiedenen konkreten Leistungsansprüchen aus der Feststellung zu unterscheiden. Erst die zur Befriedigung dieser Ansprüche gewährten Leistungen sind Sozialleistungen im Sinne des Gesetzes, weil erst sie für den behinderten Menschen konkrete, zumeist vermögenswerte Vorteile begründen.

23

bb) Die Feststellung oder Änderung eines Grades der Behinderung ist zwar keine Sozialleistung (vgl oben aa). Die Vorschriften über die Mitwirkung (§ 66 Abs 1 S 1 iVm § 60 SGB I) sind darauf aber entsprechend anwendbar und wie eine Sozialleistung im Sinne dieser Vorschrift zu behandeln (für eine direkte Anwendung SG Hamburg aaO; OVG Saarlouis Urteil vom 10.1.1980 - I R 119 und 126/79 - FEVS 29, 158; GK SchwbR, 2. Aufl 2000, § 39 RdNr 1 ff; ebenso für § 69 SGB IX Oppermann in: Hauck/Noftz, SGB IX, K § 69 RdNr 16).

24

§ 69 Abs 1 S 3 SGB IX trifft - abgesehen vom hier nicht einschlägigen Sonderfall des § 66 Abs 1 S 2 SGB I - selbst keine Aussagen über das Verfahren zur Feststellung der Schwerbehinderung. Die Vorschrift verweist insoweit lediglich auf das Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOVVfG), soweit nicht das 10. Buch Anwendung findet. Die früher allgemein für das Recht der Kriegsopferversorgung und der Schwerbehinderten anzuwendende KOVVfG regelt in § 18 heute nur noch zwei hier nicht einschlägige Konstellationen der unterlassenen Mitwirkung des Antragstellers - die Verweigerung des Einverständnisses zur Beiziehung von Unterlagen sowie die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung - und die darauf gestützte Ablehnung aufgrund einer Beweislastentscheidung.

25

Das 10. Buch Sozialgesetzbuch, dort § 21 Abs 2 S 3 SGB X, auf das § 69 Abs 1 S 3 SGB IX ebenfalls verweist, lässt Raum für weitergehende Pflichten der Antragsteller, bei der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken, soweit Rechtsvorschriften dies vorsehen. Solche Rechtsvorschriften enthalten ua die §§ 60 ff SGB I, die damit die Mitwirkungspflichten des § 21 Abs 2 SGB X ergänzen und konkretisieren(Seewald in Kasseler Komm, RdNr 3 Vor §§ 60-67 SGB I). Für Statusfeststellungen gelten die §§ 60 ff SGB I, weil es sich insoweit nicht um eine Leistung handelt, nicht unmittelbar, sondern nur analog. Dies ergibt sich aus Folgendem:

26

§§ 60 ff SGB I stehen im 3. Abschnitt des 1. Buches. Dieser enthält die gemeinsamen Vorschriften für alle Sozialleistungsbereiche, die nach den Vorstellungen des Gesetzgebers den einzelnen besonderen Büchern des Sozialgesetzbuches aufgrund der bestehenden Gemeinsamkeiten in Rechten und Pflichten vorangestellt werden können und sollen, weil sie einheitlich in allen besonderen Sozialleistungsbereichen zu gelten bestimmt sind. Einen wesentlichen Bestandteil der besonderen Regelungen zur Teilhabe behinderter Menschen im Zweiten Teil des 9. Buchs Sozialgesetzbuch bildet die Statusfeststellung durch feststellenden Verwaltungsakt nach § 69 SGB IX, die das Fundament für alle einzelnen Teilhabeleistungen behinderter Menschen legt. Dieses Fundament darf daher bei der Beurteilung der Frage, ob die Feststellung nach den allgemeinen Regeln wie eine Sozialleistung zu behandeln ist, nicht außer Acht gelassen werden (Beraus, Behindertenrecht 2002, 148, 150).

27

Der Anspruch auf die genannte Statusfeststellung bzw ihre Änderung nach § 48 SGB X zugunsten des Statusinhabers ist Teil eines verfahrensrechtlichen Sozialrechtsverhältnisses(vgl Seewald in Kasseler Komm, RdNr 11 vor §§ 38-47) zwischen dem antragstellenden Behinderten und der nach § 69 SGB IX für die Feststellung zuständigen Behörde. Es entsteht unmittelbar mit der Erfüllung der anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale von Gesetzes wegen (vgl §§ 38, 40 SGB I sowie Eichenhofer, Sozialrecht, 5. Aufl 2004, RdNr 171; allgemein Remmert in: Ehlers, AllgVerwR, § 18 RdNr 9). Als Rechtsverhältnis, in dem sich der Antragsteller und die Behörde als einander zu bestimmten Leistungen berechtigt und verpflichtet gegenüberstehen, berechtigt es den Antragsteller dazu, die Feststellung der Behinderung zu verlangen und verpflichtet im Gegenzug die Behörde, ihre Leistungspflicht durch feststellenden Verwaltungsakt zu erfüllen. Die Hauptpflicht der nach § 69 SGB IX zuständigen Behörde aus dem Verfahrensrechtsverhältnis zum behinderten Menschen besteht allerdings nicht in Geld-, Sach- oder Dienstleistungen, die vielmehr von anderen Leistungsträgern erbracht werden, sondern allein in der formellen Statusfeststellung per Verwaltungsakt. Trotzdem ist es sachlich geboten, zu dieser rein verfahrensrechtlichen Hauptpflicht dieselben Nebenpflichten treten zu lassen, wie sie der Gesetzgeber in den vor die Klammer gezogenen Normen des dritten Abschnitts des ersten Buchs allgemein für alle Sozialrechtsverhältnisse geregelt hat (vgl Schnapp, DÖV 1985, S 815; Krause, BlStSozArbR 1979, 145). Denn das von § 66 Abs 1 S 1 SGB I der Sache nach geregelte Zurückbehaltungsrecht der Behörde bei fehlender Mitwirkung des Antragstellers fügt sich dabei für das Recht auf Statusfeststellung bzw -änderung bruchlos in die Systematik der Vorschrift und des allgemeinen Teils des Sozialgesetzbuchs ein. Bei der Feststellung des GdB bzw bei seiner Überprüfung ist die Behörde regelmäßig - wie der Fall der Klägerin zeigt - auf Angaben aus dem persönlichen Lebensbereich angewiesen, insbesondere über medizinische Tatsachen. Ohne Mitwirkung des Antragstellers wird zumeist schon die ärztliche Schweigepflicht erfolgreichen Ermittlungen der Behörde über den Gesundheitszustand des Behinderten entgegenstehen, vgl § 21 Abs 3 S 3 SGB X iVm § 383 Abs 1 Nr 6 ZPO. Es ist daher systemgerecht und konsequent, wenn § 60 Abs 1 S 1 SGB I als Ergänzung des Leistungsrechts des Behinderten das von § 69 SGB IX begründete Verfahrensrechtsverhältnis zur Behörde um Mitwirkungspflichten ergänzt und ihr bei deren Verletzung nach § 66 Abs 1 S 1 SGB I ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der von ihr geschuldeten Handlung, der Feststellung eines (höheren) GdB, einräumt. Wie die Tatsachengerichte zutreffend betont haben, dient dies einerseits dazu, die Verwaltung angesichts knapper Ressourcen von aufwendigen Beweislastentscheidungen zu entlasten und schützt andererseits den Antragsteller vor den Bindungswirkungen solcher Entscheidungen. Sie reichen weiter als diejenigen einer Entscheidung nach § 66 SGB I, die gemäß § 67 SGB I leichter rückgängig zu machen ist. Dies verkennt die Klägerin, wenn sie das Bedürfnis nach einer Analogie mit dem Hinweis auf die Möglichkeit einer Beweislastentscheidung verneinen will.

28

Es gibt zudem keine hinreichenden Rechtfertigungsgründe dafür, weshalb Antragsteller, deren Behinderungsgrad festzustellen ist, geringere Mitwirkungspflichten treffen sollten, als wenn sie gestützt auf diese Feststellung Geld- oder Sachleistungen beantragen. Dies gilt umso mehr, als die Änderung der Statusfeststellung Rechtsfolgen in vielen verschiedenen Rechtsgebieten nach sich ziehen kann und damit oft weit bedeutsamer sein wird, als die Beantragung einer einzelnen Sozialleistung.

29

Umgekehrt wäre es schließlich der Verwaltung in Besserungsfällen, in denen sie die objektive Beweislast trägt, nur mit großen Schwierigkeiten oder gar nicht möglich, rechtmäßige Zustände herzustellen, wenn der von einer rechtswidrig gewordenen überhöhten Feststellung des GdB begünstigte behinderte Mensch seine Mitwirkung verweigert und seine Weigerung nicht die Folgen des § 66 SGB I auslösen kann(zutreffend SG Hamburg Urteil vom 21.6.1993 - 29 VS 113/93, das sogar eine direkte Anwendung befürwortet).

30

Die Gesetzgebungsgeschichte spricht ebenfalls für eine Analogie. Mit dem Erlass des SGB I hat der Gesetzgeber eine Reihe weitergehender Mitwirkungspflichten entfallen lassen, wie zB die früher in § 7 Abs 1 S 1 KOVVfG aF geregelte Pflicht zur vollständigen Antragstellung und die von § 16 Abs 1 S 1 Abs 2 KOVVfG aF festgelegte Auskunftspflicht über Familien-, Vermögens- oder Einkommensverhältnisse oder vergleichbare Spezialregelungen in anderen Leistungsbereichen. Er hat im Gegenzug die Mitwirkungsvorschriften im allgemeinen Teil des SGB I in den §§ 60 ff zusammengefasst und neu geregelt(vgl Dickmann, SGb 1975, 168 ff). Gestrichen wurde in diesem Zusammenhang insbesondere auch § 7 Abs 3 KOVVfG aF. Nach dieser Vorschrift konnte trotz Unvollständigkeit des Antrags nach Lage der Akten entschieden werden, wenn der Antragsteller eine Aufforderung der Verwaltungsbehörde, seinen Antrag zu ergänzen oder zu begründen, trotz schriftlicher Fristsetzung und entsprechendem Hinweis nicht beantwortet hatte. Diese Regelung bezweckte - ähnlich wie heute § 66 Abs 1 S 1 SGB I - ein vom Antragsteller eingeleitetes Verfahren, das wegen seines beharrlichen Schweigens trotz Rückfrage nicht weitergeführt werden konnte, zum Abschluss zu bringen(vgl Schönleiter-Hennig, KOVVfG, 2. Aufl 1969, § 7 RdNr 8). Es gibt keinen Anhaltspunkt und keine inhaltliche Begründung dafür, dass der Gesetzgeber bei der Neuregelung der Mitwirkungstatbestände gerade im Schwerbehindertenrecht bewusst darauf verzichten wollte, die entfallende spezielle Mitwirkungsnorm im allgemeinen Teil zu ersetzen. Vielmehr sollte das neu geschaffene SGB I alle auf Dauer angelegten Sozialleistungsbereiche nach einheitlichen Grundsätzen einbeziehen. Dazu zählt das Schwerbehindertengesetz, das zunächst nach Art II § 1 Nr 3 SGB I als besonderes Buch des Sozialgesetzbuchs fortgegolten hat und später im SGB IX aufgegangen ist.

31

b) Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des LSG liegen die Voraussetzungen für eine entsprechende Anwendung des § 66 Abs 1 S 1 SGB I iVm § 48 SGB X vor. Die Klägerin hat ihre Mitwirkungspflichten nach § 60 Abs 1 S 1 Nr 1 und 3 SGB I nicht erfüllt. Danach hat, wer Sozialleistungen beantragt, die Tatsachen anzugeben und die Beweismittel zu bezeichnen, die für die Leistung erheblich sind. Nach den Feststellungen des LSG will die Klägerin ihren Anspruch auf einen höheren GdB auf eine angebliche unfallbedingte Meniskusverletzung stützen; dazu hat sie aber weder auf dem dafür vorgesehenen Antragsformular noch sonst im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren irgendwelche weiteren Angaben gemacht, obwohl der Beklagte sie daran mehrfach erinnert hat. Durch dieses schwer nachvollziehbare Verhalten hat die Klägerin dem Beklagten im Sinne von § 66 Abs 1 S 1 SGB I die erforderliche Aufklärung des Sachverhalts zumindest erheblich erschwert, wenn nicht unmöglich gemacht. Nach den Feststellungen des LSG hat der Beklagte die Klägerin zudem, wie es § 66 Abs 3 SGB I voraussetzt, ohne Erfolg schriftlich unter Fristsetzung auf die mögliche Leistungsversagung hingewiesen.

32

Einen Ermessensfehler des Beklagten beim Erlass des Bescheides vom 11.6.2010 hat das LSG ebenfalls zu Recht verneint, weil der Beklagte das ihm von § 66 Abs 1 S 1 SGB I eingeräumte Ermessen der gesetzlichen Zielrichtung entsprechend ausgeübt und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens nicht überschritten hat, vgl § 39 Abs 1 SGB I. § 66 Abs 1 S 1 SGB I soll dem Leistungsträger eine unkomplizierte, rasche und rechtlich einwandfreie Erledigung seiner Aufgaben erleichtern bzw ermöglichen. Zugleich soll damit erreicht werden, dass die Leistungsberechtigten ihre eigenen, rechtlich verbürgten Interessen auch wirklich wahrnehmen, indem sie den ihnen zumutbaren Beitrag zur Realisierung ihrer Ansprüche leisten (Seewald in: Kasseler Komm, 82. Ergänzungslieferung 2014, § 66 RdNr 2).

33

Ebenfalls zutreffend ist der Beklagte bei der Ausübung seines pflichtgemäßen Ermessens davon ausgegangen, der Klägerin habe im eigenen Interesse zugemutet werden können, ihre Mitwirkungspflichten aus § 60 Abs 1 S 1 Nr 1 und 3 SGB I durch - ohne großen Aufwand mögliche - nähere Angaben zur behaupteten Meniskusverletzung zu erfüllen.

34

Damit erweist sich der Versagungsbescheid insgesamt als rechtmäßig, weshalb der dagegen gerichteten Anfechtungsklage der Erfolg verwehrt bleiben muss.

35

Die Revision war daher mit der Kostenfolge des § 193 SGG zurückzuweisen.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. Juli 2015 sowie der Bescheid des Beklagten vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 aufgehoben.

Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte in der Zeit vom 1. März bis 31. Mai 2015 zu Recht Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) wegen fehlender Mitwirkung versagt hat.
Die 1987 geborene Klägerin, p. Staatsangehörige, beantragte beim Beklagten erstmals am 17. Februar 2014 (Formantrag vom 17. März 2014) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Sie gab dabei u.a. an, mit einer weiteren Person in einer Haushaltsgemeinschaft zu leben. In der dem schriftlichen Antrag beigefügten „Erklärung Wohnsituation ALG II“ (Blatt 25 der Verwaltungsakten) teilte sie u.a. mit, ab März 2014 bei ihrem „Freund“ - dem am 2. Dezember 1989 geborenen S. D. (zukünftig nur S.D.) - als Untermieterin (vgl. den Untermietvertrag vom 1. März 2014 ) zu wohnen. In der Anlage „VE“ zum Leistungsantrag (Blatt 59 der Verwaltungsakten) begründete sie, warum nach ihrer Meinung keine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft mit S.D. vorliege. Beigefügt war auch die Erklärung des S.D. (Blatt 61 der Verwaltungsakten), dass er nicht bereit sei, seine Ausgaben/Einnahmen gegenüber dem Beklagten offenzulegen. Mit Bescheid vom 25. April 2014 bewilligte der Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 1. Februar bis 31. Juli 2014 vorläufig - wegen Einkommen der Klägerin aus selbstständiger Tätigkeit - Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Auf den Weitergewährungsantrag der Klägerin vom 31. Juli 2014, in dem die Klägerin angab, dass sie (weiterhin) in einer Wohngemeinschaft mit S.D. lebe, gewährte ihr der Beklagte mit Bescheid vom 4. August 2014 erneut SGB II-Leistungen (Leistungszeitraum: 1. August 2014 bis 31. Januar 2015). Im September 2014 bekräftigte die Klägerin gegenüber dem Beklagten, dass sie mit ihrem „Lebenspartner“ S.D. zwar zusammenlebe, eine gegenseitige Unterstützung jedoch nicht stattfinde, sondern alles „finanziell getrennt“ sei (vgl. den Aktenvermerk des Beklagten vom 11. September 2014 ). Auf den klägerischen Weiterbewilligungsantrag vom 8. Januar 2015 für die Zeit ab dem 1. Januar 2015 bewilligte ihr der Beklagte zunächst mit Bescheid vom 30. Januar 2015 für den Monat Februar 2015 SGB II-Leistungen. Mit Schreiben vom selben Tag (Blatt 323 der Verwaltungsakten) gab der Beklagte der Klägerin zwecks Anspruchsprüfung für die Zeit ab März 2015 respektive zwecks Prüfung, ob die Klägerin mit S.D. eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft i.S.d. § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II bilde, auf, bis zum 20. Februar 2015 folgende Unterlagen vorzulegen: die vollständig ausgefüllte Anlage „VE“ nach amtlichem Vordruck, den Personalausweis, die „Krankenkassenkarte“, die „Bankkarte“ und eine aktuelle Anmeldebestätigung des S.D., die Anlagen „WEP“, „EK“ und „VM“ nach amtlichem Vordruck „für Herrn D. ausgefüllt und von Ihnen unterschrieben“, den Arbeitsvertrag sowie eine vollständig ausgefüllte Einkommensbescheinigung vom Arbeitgeber des S.D. bzw. - bei Beschäftigungslosigkeit - Nachweise zu dessen aktuellem Einkommen, Lohnabrechnungen der letzten sechs Monate des S.D. sowie sämtliche Nachweise zum Vermögen des S.D., namentlich z.B. lückenlose Kontoauszüge der letzten drei Monate, ein „aktualisiertes“ Sparbuch, den aktuellen Stand des Bausparvertrags usw. Die Mitwirkungsaufforderung schloss u.a. mit dem Passus, dass bei fruchtlosem Fristablauf „Geldleistungen ganz versagt werden können“. Am 9. Februar 2015 legte die Klägerin sodann die von ihr ausgefüllte Anlage „VE“ vom 5. Februar 2015 vor (Blatt 325 der Verwaltungsakten), in der sie angab, mit S.D. seit mehr als einem Jahr in einem gemeinsamen Haushalt zu leben. Sie begründete zudem - zusammen mit S.D. -, warum ihrer Meinung nach keine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft vorliege und legte die „Kostenbeteiligungsvereinbarung“ vom 28. Februar 2014 (Blatt 327 der Verwaltungsakten) vor. Mit Schreiben vom 5. Februar 2015 (Blatt 329 der Verwaltungsakten) - beim Beklagten ebenfalls am 9. Februar 2015 eingegangen - erklärte S.D. unter Angabe seiner Kontaktdaten, dass er „diese Anlagen“ (gemeint: „WEP“, „EK“, „VM“) nicht ausfüllen werde, da er der „Vermutung einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft“ widerspreche. Nach Durchführung eines Hausbesuchs bei der Klägerin durch den Ermittlungsdienst des Beklagten am 27. Februar 2015 - wegen der diesbezüglichen weiteren Einzelheiten wird auf den Ermittlungsbericht des Bediensteten Hornung vom 2. März 2015 (Blatt 351 der Verwaltungsakten) verwiesen - versagte der Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 11. März 2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit ab dem 1. März 2015 ganz. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Klägerin die mit Schreiben vom 30. Januar 2015 angeforderten Unterlagen bezüglich des S.D. nicht eingereicht habe und dadurch ihren Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen sei (Hinweis auf die §§ 60 Abs. 1 und 66 Abs. 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch). Gründe, die im Rahmen der Ermessensentscheidung zu Gunsten der Klägerin hätten berücksichtigt werden können, lägen nicht vor. Der dagegen erhobene Widerspruch der Klägerin vom 24. März 2015, mit der die Klägerin geltend machte, nicht in einer Bedarfsgemeinschaft zu leben, hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 8. April 2015), ebenso wenig wie ihr am 30. März 2015 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) anhängig gemachter Eilantrag (ablehnender Beschluss des SG vom 7. April 2015 , bestätigt mit Senatsbeschluss vom 29. April 2015 ).
Die gegen den Versagungsbescheid vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 beim SG am 14. April 2015 erhobene Klage (S 5 AS 1230/15), die nicht weiter begründet wurde, hat das SG mit Urteil vom 20. Juli 2015 abgewiesen und angeordnet, dass außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten sind. Zur Begründung hat das SG in den Entscheidungsgründen im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klägerin und S.D. seit dem 1. März 2015 eine Bedarfsgemeinschaft bildeten. Die Klägerin sei „als Kopf der Bedarfsgemeinschaft“ verpflichtet gewesen, die Vordrucke „WEP“, „EK“ und „VM“ in Bezug auf S.D. auszufüllen. Es könne dahinstehen, ob der Klägerin tatsächlich alle abgefragten Daten zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen von S.D. ohne weitere „eigene Ermittlungen“ bekannt gewesen seien. Denn sie habe gar nicht erst den Versuch unternommen, die Vordrucke soweit wie möglich auszufüllen. Es stehe dem Jobcenter frei, die Daten sowohl beim Antragsteller als auch beim Partner zu erheben. Mithin seien die Anspruchsvoraussetzungen für Arbeitslosengeld II nicht nachgewiesen worden, da nicht habe beurteilt werden können, ob die Klägerin auch unter Berücksichtigung von etwaigem Einkommen oder Vermögen des S.D. hilfebedürftig sei. Die Rechtsfolgenbelehrung des Beklagten und dessen Ermessenserwägungen seien nicht zu beanstanden.
Noch während des SG-Verfahrens hat der Beklagte der Klägerin auf deren Neuantrag vom 12. Juni 2015 mit Bescheid vom 16. Juli 2015 für die Zeit vom 1. Juni bis 30. November 2015 SGB II-Leistungen bewilligt, nachdem ein weiteres Zusammenleben der Klägerin mit S.D. nicht mehr nachweisbar (s. den Ermittlungsbericht des Bediensteten H. vom 15. Juli 2015 ) und sie zwischenzeitlich zu ihren Eltern gezogen war.
Gegen das der Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 27. Juli 2015 zugestellte Urteil des SG hat die Klägerin am 26. August 2015 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung macht sie weiterhin geltend, dass sie mit S.D. keine Bedarfsgemeinschaft gebildet habe. Deswegen habe Einkommen oder Vermögen des S.D. nicht berücksichtigt werden dürfen, so dass die Vordrucke „WEP“, „EK“ und „VM“ in Bezug auf S.D. entbehrlich gewesen seien. Eine Mitwirkungsverletzung liege daher nicht vor.
Nachdem die Klägerin zunächst (auch) die Verurteilung des Beklagten, ihr „über den 1. März 2015 hinaus“ Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zu gewähren, begehrt hatte, hat sie auf die Hinweisverfügung des Berichterstatters vom 11. November 2015 (Blatt 33 der Senats-Akte) mit Anwaltsschriftsatz vom 16. November 2015 (Blatt 35 der Senats-Akte) mitgeteilt, dass sie daran nicht mehr festhalte.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. Juli 2015 sowie den Bescheid des Beklagten vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
10 
die Berufung zurückzuweisen.
11 
Er verteidigt das Urteil des SG und hält seine angefochtenen Bescheide für zutreffend. Der Senat habe im Eilverfahren das Vorliegen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft zwischen der Klägerin und S.D. bestätigt. Daher sei es nicht relevant, von wem das Jobcenter die erforderlichen Unterlagen verlangt habe. Die Klägerin habe es zudem von Anfang an abgelehnt, die angeforderten Vordrucke überhaupt auszufüllen.
12 
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
13 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge des Hauptsache- (S 5 AS 1230/15 und L 7 AS 3613/15) und Eilverfahrens (S 4 AS 1066/15 ER und L 7 AS 1483/15 ER-B) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

14 
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheidet (§ 124 Abs. 2 und § 153 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes), hat Erfolg.
15 
1. Streitgegenstand des Verfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 (§ 95 SGG), mit dem der Beklagte die Erbringung von SGB II-Leistungen für die Zeit ab dem 1. März 2015 gestützt auf die Regelung des § 66 Abs. 1 SGB I ganz versagt hat. Zeitlich ist die Versagung dabei bis zum 31. Mai 2015 beschränkt, nachdem der Beklagte der Klägerin auf deren neuerlichen Antrag vom 12. Juni 2015 sowie auf Grundlage der zwischenzeitlichen Aufgabe des gemeinsamen Haushalts mit S.D. mit Bescheid vom 16. Juli 2015 für die Zeit ab dem 1. Juni 2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bewilligt und sich die Versagung damit nach § 39 Abs. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) ab dem 1. Juni 2015 erledigt hat (vgl. dazu Bundessozialgericht , Urteil vom 11. Dezember 2007 - B 8/9b SO 12/06 R - ; Bayerisches LSG, Beschluss vom 19. Januar 2016 - L 7 AS 894/15 ER - ; Thüringer LSG, Beschluss vom 24. Mai 2012 - L 4 AS 243/12 B ER - ).
16 
2. Die nach § 143 SGG statthafte - der Berufungsausschlussgrund des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG steht hier nicht entgegen, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes gemessen am dreimonatigen Streitzeitraum einen Betrag von 750 Euro übersteigt (vgl. zur Geltung des § 144 Abs. 1 SGG bei Versagungsbescheiden nur Sommer in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014 § 144 Rdnr. 13 m.w.N.) -, form- und fristgerecht erhobene (§ 151 Abs. 1 SGG) und auch ansonsten zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Das klageabweisende Urteil des SG vom 20. Juli 2015 kann keinen Bestand haben, weil der angefochtene Versagungsbescheid des Beklagten vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 rechtswidrig ist und die Klägerin beschwert (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Das Urteil des SG und die Verwaltungsentscheidung sind daher aufzuheben.
17 
a) Die Klägerin wendet sich gegen den Bescheid vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 statthaft mit der reinen Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 SGG). Gegen die Versagung einer Sozialleistung wegen fehlender Mitwirkung ist grundsätzlich nur die isolierte Anfechtungsklage gegeben, weil es an einer behördlichen Sachentscheidung über den Leistungsanspruch noch fehlt und über die Aufhebung des Versagensbescheids hinaus regelmäßig kein schützenswertes Interesse an einer gerichtlichen Entscheidung besteht. Streitgegenstand eines solchen Rechtsstreits ist nicht der materielle Anspruch, sondern die Auseinandersetzung über Rechte und Pflichten der Beteiligten im Verwaltungsverfahren. Die Verpflichtung der Behörde zur nochmaligen Entscheidung über den ursprünglichen Antrag ergibt sich bei der Aufhebung des Versagensbescheids von selbst. Zusätzlich zu einer Anfechtungsklage gegen den Versagensbescheid ist eine unmittelbare Klage auf Leistungsgewährung nur ausnahmsweise dann zulässig, wenn die anderweitige Klärung der Leistungsvoraussetzungen behauptet wird oder zwischen den Beteiligten unstreitig ist (BSG, Urteil vom 17. Februar 2004 - B 1 KR 4/02 R - m.w.N.; vgl. auch BSG, Beschluss vom 25. Februar 2013 - B 14 AS 133/12 B - ) und sich bei einer Aufhebung der Entscheidung über die Versagung wegen fehlender Mitwirkung das bisherige Verwaltungsverfahren lediglich wiederholen würde (BSG, Beschluss vom 25. Februar 2013, a.a.O.). Eine solche Konstellation ist vorliegend aber nicht gegeben, da die Klägerin bereits die Entscheidungserheblichkeit der vom Beklagten geforderten Informationen (weiterhin) bestreitet (vgl. dazu BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 78/08 R - ; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 25. Februar 2016 - L 8 SO 52/14 - ) und auch die übrigen Voraussetzungen des § 7 SGB II für einen Anspruch auf Arbeitslosgengeld II nicht geklärt sind. Demgemäß hat das SG, nachdem die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren keinen Antrag gestellt hat, rechtsfehlerfrei (vgl. § 123 SGG) alleine die Rechtmäßigkeit des Versagungsbescheids in der Gestalt des Widerspruchsbescheids geprüft und nicht auch, ob der Klägerin für die Zeit ab dem 1. März 2015 materiell-rechtlich SGB II-Leistungen zustehen. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin schließlich zuletzt ausdrücklich klargestellt, dass sie alleine die Aufhebung der Versagungsentscheidung des Beklagten - unter Aufhebung des SG-Urteils - begehrt. Unter Zugrundelegung dessen ist die Klage mithin statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Senat hat im vorliegenden Verfahren nach alledem nicht zu prüfen, ob die Klägerin für den alleine noch streitigen Zeitraum vom 1. März bis 31. Mai 2015 mit Erfolg Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beanspruchen kann.
18 
b) Die Klage ist begründet, denn der Bescheid der Beklagten vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 ist materiell rechtswidrig.
19 
Rechtsgrundlage für die angefochtenen Bescheide ist § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I. Nach dieser Vorschrift kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen bis zur Nachholung der Mitwirkung die Leistung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistungen nicht nachgewiesen sind, wenn derjenige, der eine Sozialleistung beantragt, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird. Gemäß § 66 Abs. 3 SGB I dürfen Sozialleistungen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist.
20 
Die Versagungsentscheidung des Beklagten ist rechtswidrig, weil die Klägerin ihre Mitwirkungspflichten nicht verletzt hat, indem sie keine Angaben über das Einkommen und Vermögen des S.D. gemacht hat, und weil der Beklagte seiner gesetzlichen Hinweispflicht nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist.
21 
aa) Der Umfang der Mitwirkungspflichten eines Antragstellers als Grundlage für eine Leistungsversagung ergibt sich namentlich aus § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 SGB I. Danach hat, wer Sozialleistungen beantragt, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen (Nr. 1) und Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen (Nr. 3); soweit für die genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden (§ 60 Abs. 2 SGB I). Die Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 64 SGB I bestehen indes gemäß § 65 Abs. 1 SGB I dann nicht, soweit ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht (Nr. 1) oder ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden (Nr. 2) oder der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann (Nr. 3).
22 
Zu den Mitwirkungspflichten nach § 60 Abs. 1 SGB I gehören unter Umständen auch Auskünfte bzw. Angaben, die einen Dritten betreffen, soweit dies für die Gewährung der begehrten Leistung von Bedeutung ist (statt vieler nur BSG, Beschluss vom 25. Februar 2013, a.a.O., ; Senatsurteil vom 19. Juli 2007 - L 7 AS 1703/06 - , jeweils m.w.N.). Demgemäß ist bei einem Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II regelmäßig auch das Einkommen bzw. Vermögen einer Person, mit dem der Antragsteller in Bedarfsgemeinschaft lebt, leistungserheblich (Senatsurteil a.a.O.; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 7. März 2012 - L 10 AS 97/09 - ; vgl. auch bereits BSG, Urteil vom 25. Oktober 1988 - 7 RAr 70/87 - zum Recht der Arbeitslosenhilfe). Denn gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II sind bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 3 c) SGB II gehört zur Bedarfsgemeinschaft als Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen auch eine Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Ein derartiger wechselseitiger Wille wird vermutet, wenn Partner länger als ein Jahr zusammenleben (§ 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II).
23 
Unter Zugrundelegung dessen war die Klägerin dem Grunde nach gehalten, dem Beklagten über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des S.D. Auskunft zu erteilen. Denn zur Überzeugung des Senats (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) bestand zum hier alleine maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids des Beklagten (zum maßgeblichen Zeitpunkt der Rechtmäßigkeitsprüfung bei einer Versagungsentscheidung s. nur BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 - B 9 SB 3/13 R - m.w.N.; Bundesverwaltungsgericht , Urteil vom 17. Januar 1985 - 5 C 133/81 - ; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. Februar 2014 - L 19 AS 2395/13 B - ; LSG Mecklenburg-Vorpommern, a.a.O., ; Sichert in Hauck/Noftz, SGB I, § 66 Rdnr. 44, Stand: November 2011) zwischen der Klägerin und S.D. eine Bedarfsgemeinschaft i.S.e. Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 c) SGB II. Der Senat nimmt insoweit auf seine Ausführungen im Eilbeschluss vom 29. April 2015 (L 7 AS 1483/15 ER-B) Bezug und verweist auf diese. Die Klägerin hat weder im Hauptsacheverfahren vor dem SG noch im hiesigen Berufungsverfahren Durchgreifendes vorgebracht, was eine andere Beurteilung rechtfertigen könnte. Soweit sie sich erneut auf die „Kostenbeteiligungsvereinbarung“ vom 28. Februar 2014 berufen hat, hat sich der Senat damit bereits im Eilbeschluss vom 29. April 2015 auseinandergesetzt und im Einzelnen dargelegt, warum diese Vereinbarung nicht geeignet ist, die Vermutensregelung des § 7 Abs. 3a SGB II zu entkräften. Dagegen ist nichts zu erinnern.
24 
Gleichwohl war die Klägerin vorliegend nicht verpflichtet, die vom Beklagten mit Mitwirkungsschreiben vom 30. Januar 2015 angeforderten Unterlagen in Bezug auf S.D. vorzulegen.
25 
Zwar ist - wie bereits oben dargelegt - in der höchst- und instanzgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass der Leistungsantragsteller auch verpflichtet sein kann, leistungserhebliche Angaben, die einen Dritten betreffen, zu tätigen. Indes geht diese Pflicht nicht dahin, dass der Antragsteller verpflichtet wäre, Beweismittel - etwa Nachweise über Einkommensverhältnisse - von dem Partner oder sonstigen Dritten zu beschaffen und vorzulegen (BSG, Urteil vom 10. März 1993 - 14b/4 Reg 1/91 - ; Senatsurteil a.a.O.; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. April 2012 - L 18 AS 2167/11 - ).
26 
Unter Beachtung dieser Maßstäbe entbehrt die Aufforderung des Beklagten im Schreiben vom 30. Januar 2015 jeglicher Grundlage, soweit der Beklagte von der Klägerin verlangt hat, diese solle den Personalausweis des S.D., seine „Krankenkassenkarte“, seine „Bankkarte“, seine Anmeldebestätigung, seinen Arbeitsvertrag sowie eine vollständige ausgefüllte Einkommensbescheinigung seines Arbeitgebers bzw. Nachweise - scil. Unterlagen - zu seinem aktuellen Einkommen und Vermögen beibringen. Der Beklagte wäre vielmehr gehalten gewesen, sich diese Unterlagen - wobei entgegen der Annahme des SG schon zweifelhaft ist, wofür der Beklagte die „Bank- und Krankenkassekarte“ und den Personalausweis des S.D. benötigt, um die Hilfebedürftigkeit der Klägerin zu prüfen - unmittelbar bei S.D. zu verschaffen. Der Beklagte wäre berechtigt gewesen, gegen S.D. auf Grundlage des § 60 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB II einen entsprechenden Verwaltungsakt zu erlassen und bei pflichtwidriger Nichterfüllung der Auskunftspflicht durch S.D. die Rechte und Befugnisse nach den §§ 62 und 63 SGB II in Anspruch zu nehmen bzw. ggf. einen Zwangsgeldbescheid gemäß § 40 Abs. 6 SGB II in der bis zum 31. Dezember 2015 geltenden Fassung (§ 40 Abs. 8 SGB II in der jetzt geltenden Fassung) gegen S.D. zu erlassen (vgl. dazu nur BSG, Urteil vom 25. Juni 2015 - B 14 AS 30/14 R - ).
27 
Die Auffassung des Beklagten, es sei „nicht relevant“, von wem das Jobcenter die erforderlichen Unterlagen verlange, und dass es kein „Rangverhältnis“ zwischen den Aufklärungsmöglichkeiten des Jobcenters gebe, verkennt, dass vorliegend die Klägerin schon überhaupt nicht verpflichtet war, die o.a. Nachweise und Unterlagen zu erbringen. Soweit der Beklagte weiter meint, dass es sich wegen der Weigerung des S.D. erübrigt habe, von ihm selbst die Auskünfte einzuholen, wird auf das gesetzliche Instrumentarium der §§ 62, 63, SGB II und des § 40 Abs. 6 SGB II a.F./Abs. 8 n.F. hingewiesen (vgl. dazu erneut BSG, a.a.O.).
28 
Die Klägerin war schließlich auch nicht verpflichtet, die Anlagen „WEP“, „EK“ und „VM“ nach amtlichem Vordruck - die Anlage „VE“ hat die Klägerin ausgefüllt vorgelegt - „für Herrn D. ausgefüllt“ und von ihr unterschrieben beizubringen. Es bleibt schon vollkommen offen, was der Beklagte mit „für“ S.D. ausgefüllt gemeint hat. Sollte ein Ausfüllen in rechtsgeschäftlicher Vertretung gemeint gewesen sein - was sich für einen verständigen Empfänger im Behördenverkehr aufdrängt -, fehlt auch dafür jegliche Grundlage.
29 
bb) Soweit das SG davon ausgegangen ist, die Klägerin habe „als Kopf der Bedarfsgemeinschaft“ wenigstens den Versuch unternehmen müssen, die Vordrucke in Bezug auf S.D. „soweit wie möglich“ auszufüllen, ergeben sich aus der angefochtenen Versagungsentscheidung an keiner Stelle irgendwelche Feststellungen dazu, über welche Tatsachenkenntnis die Klägerin genau verfügt haben soll (vgl. dazu erneut BSG, Beschluss vom 25. Februar 2013, a.a.O.) und welche Angaben in den Vordrucken von ihr unter Zugrundelegung dessen abverlangt wurden und auch abverlangt werden konnten.
30 
cc) Unabhängig davon kann die Annahme des SG schon deshalb nicht überzeugen, weil die Klägerin gerade nicht dazu aufgefordert worden ist, die Vordrucke „WEP“, „EK“ und „VM“ „soweit möglich“ auf Grundlage ihr bekannter Tatsachen auszufüllen. Sie ist vielmehr ausdrücklich aufgefordert worden, die Anlagen „vollständig für Herrn D.“ auszufüllen. Nur darauf bezog sich die Aufforderung vom 30. Januar 2015. Eine Mitwirkungsaufforderung, die die Pflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I aktualisiert und konkretisiert, muss - insbesondere dann, wenn sie wie vorliegend mit dem Hinweis nach § 66 Abs. 3 SGB I verbunden ist - sowohl nach dem Willen des Sozialleistungsträgers als auch nach dem geäußerten Inhalt des Verlangens klar, unmissverständlich und hinreichend bestimmt sein, damit der Betroffene erkennen kann, was genau von ihm verlangt wird. Aus dem Inhalt des Verlangens muss sich das tatsächlich und rechtlich Gewollte unzweideutig ergeben, weil der zur Mitwirkung Aufgeforderte sich nicht im geringsten im Unklaren darüber befinden darf, was von ihm verlangt wird und welche Folgen ihm bei unterlassener Mitwirkung drohen (statt vieler nur BSG, Urteil vom 20. März 1980 - 7 RAr 21/79 - m.w.N.). Aus der Aufforderung, die Klägerin möge die übersandten Anlagen „vollständig für Herrn D.“ ausfüllen, lässt sich nicht klar und unmissverständlich ableiten, dass sie jedenfalls verpflichtet sein sollte, „wenigstens“ die Teile auszufüllen, die in ihr (eigenes) Wissen gestellt sind. Die Annahme des SG und des Beklagten, aufgrund der „Totalverweigerung“ der Klägerin komme es darauf im Ergebnis nicht an, vermag keine andere Beurteilung zu rechtfertigen. Denn dadurch wird ein unbestimmtes Mitwirkungsverlangen nicht zu einem hinreichend bestimmten.
31 
Hinzukommt, dass es insoweit auch an einem ordnungsgemäßen Hinweis i.S.d. § 66 Abs. 3 SGB I mangelt. Der Beklagte kommt seiner gesetzlichen Hinweispflicht nicht schon dann nach, wenn er den Betroffenen über den wesentlichen Inhalt des Gesetzestextes unterrichtet. Der Hinweis muss vielmehr, soll er seiner Funktion genügen, konkret, d.h. unmissverständlich auf den Fall des Antragstellers bezogen sein. Andernfalls wäre nicht gewährleistet, dass der Betroffene von der Versagung nicht überrascht wird; die Hinweisfunktion ist dabei eine besondere Ausprägung der Gewährung rechtlichen Gehörs (vgl. nur BSG, Urteil vom 22. Februar 1995 - 4 RA 44/94 - ; Urteil vom 25. April 1978 - 5 RJ 66/77 - ; Seewald in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 66 SGB I Rdnr. 12, Stand: Dezember 2010). Der schriftliche Hinweis des Leistungsträgers muss daher Ausführungen darüber enthalten, auf Grund welcher Umstände im Einzelnen er das Tatbestandsmerkmal der Weigerung des Antragstellers ohne triftigen Grund gerade in seinem Fall für gegeben hält (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. Februar 2014, a.a.O. unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 15. März 1978 - 1/5 RJ 144/76 - ; s. auch BSG, Urteil vom 20. März 1980, a.a.O.). Denn er soll dem Betroffenen die Möglichkeit geben, die Konsequenzen seiner bisherigen Weigerung in Anbetracht der drohenden Folgen zu überdenken (BSG, Urteil vom 25. April 1978, a.a.O.; Seewald, a.a.O.). Hat der Leistungsberechtigte bereits Weigerungsgründe genannt, die der Leistungsträger für nicht triftig hält, so hat er dem Berechtigten die Umstände hierfür darzulegen (BSG, Urteil vom 15. März 1978, a.a.O.; Seewald, a.a.O. m.w.N.).
32 
Dem genügt das Schreiben des Beklagten vom 30. Januar 2015 nicht, nachdem die Klägerin darin erstmals - noch vor Ablauf des in § 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II genannten Zeitraums - auf die, freilich widerlegbare, Annahme einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft ab dem 1. März 2015 seitens des Beklagten hingewiesen wurde, darauf mit Schreiben vom 5. Februar 2015 reagierte und die „Kostenbeteiligungsvereinbarung“ vom 28. Februar 2014 vorlegte, die nach ihrer Meinung geeignet sei, die Vermutensregelung zu erschüttern. Dies und der Umstand, dass der Beklagte die Einlassungen der Klägerin ersichtlich zum Anlass genommen hat, zunächst weitere Ermittlungen anzustellen (Hausbesuch bei der Klägerin durch den Ermittlungsdienst am 27. Februar 2015), machten es unter Zugrundelegung der obigen Ausführungen erforderlich, vor Erlass des Versagungsbescheids einen erneuten schriftlichen Hinweis mit Fristsetzung nach § 66 Abs. 3 SGB I zu erteilen und die Umstände zu erläutern, warum die Weigerung der Klägerin für nicht durchgreifend erachtet werde und dass sie jedenfalls verpflichtet sei, die Vordrucke „WEP“, „EK“ und „VM“ soweit möglich auf Grundlage der in ihr Wissen gestellten Tatsachen auszufüllen. Belastbare Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin auch dies zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt vor Erlass des Versagungsbescheids vom 11. März 2015 (vgl. dazu nur BSG, Urteil vom 25. April 1978, a.a.O. ) abgelehnt hätte, liegen nicht vor. Auf ihr Verhalten nach Erlass des Versagungsbescheids kann bereits deshalb nicht abgestellt werden, weil der schriftliche Hinweis nach § 66 Abs. 3 SGB I Rechtmäßigkeitsvoraussetzung des Versagungsbescheids ist.
33 
c) Der Senat lässt offen, ob die angefochtene Entscheidung des Beklagten auch deshalb wegen Verstoßes gegen § 66 Abs. 3 SGB I rechtswidrig ist, weil der Hinweis auf die Folgen im Falle fruchtlosen Fristablaufs im Schreiben vom 30. Januar 2015, der lediglich den Gesetzeswortlaut wiedergibt, nicht den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung an eine ordnungsgemäße Rechtsfolgenbelehrung entspricht (s. dazu BSG, Urteil vom 25. Oktober 1988, a.a.O. m.w.N.; vgl. auch Sächsisches LSG, Urteil vom 23. Mai 2013 - L 7 AS 804/12 - ; demgegenüber a.A. jüngst LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 23. September 2015 - L 13 AS 170/13 - m.w.N., Revision beim BSG anhängig ).
34 
d) Unter Würdigung aller Einzelfallumstände und der individuellen Verhältnisse der Klägerin (vgl. dazu BSG, Urteil vom 22. Februar 1995, a.a.O. ; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. September 2002 - L 3 U 207/10 - ) erweisen sich die angefochtenen Entscheidungen nach alledem als rechtswidrig und sind daher aufzuheben.
35 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
36 
4. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

Gründe

14 
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheidet (§ 124 Abs. 2 und § 153 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes), hat Erfolg.
15 
1. Streitgegenstand des Verfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 (§ 95 SGG), mit dem der Beklagte die Erbringung von SGB II-Leistungen für die Zeit ab dem 1. März 2015 gestützt auf die Regelung des § 66 Abs. 1 SGB I ganz versagt hat. Zeitlich ist die Versagung dabei bis zum 31. Mai 2015 beschränkt, nachdem der Beklagte der Klägerin auf deren neuerlichen Antrag vom 12. Juni 2015 sowie auf Grundlage der zwischenzeitlichen Aufgabe des gemeinsamen Haushalts mit S.D. mit Bescheid vom 16. Juli 2015 für die Zeit ab dem 1. Juni 2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bewilligt und sich die Versagung damit nach § 39 Abs. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) ab dem 1. Juni 2015 erledigt hat (vgl. dazu Bundessozialgericht , Urteil vom 11. Dezember 2007 - B 8/9b SO 12/06 R - ; Bayerisches LSG, Beschluss vom 19. Januar 2016 - L 7 AS 894/15 ER - ; Thüringer LSG, Beschluss vom 24. Mai 2012 - L 4 AS 243/12 B ER - ).
16 
2. Die nach § 143 SGG statthafte - der Berufungsausschlussgrund des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG steht hier nicht entgegen, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes gemessen am dreimonatigen Streitzeitraum einen Betrag von 750 Euro übersteigt (vgl. zur Geltung des § 144 Abs. 1 SGG bei Versagungsbescheiden nur Sommer in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014 § 144 Rdnr. 13 m.w.N.) -, form- und fristgerecht erhobene (§ 151 Abs. 1 SGG) und auch ansonsten zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Das klageabweisende Urteil des SG vom 20. Juli 2015 kann keinen Bestand haben, weil der angefochtene Versagungsbescheid des Beklagten vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 rechtswidrig ist und die Klägerin beschwert (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Das Urteil des SG und die Verwaltungsentscheidung sind daher aufzuheben.
17 
a) Die Klägerin wendet sich gegen den Bescheid vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 statthaft mit der reinen Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 SGG). Gegen die Versagung einer Sozialleistung wegen fehlender Mitwirkung ist grundsätzlich nur die isolierte Anfechtungsklage gegeben, weil es an einer behördlichen Sachentscheidung über den Leistungsanspruch noch fehlt und über die Aufhebung des Versagensbescheids hinaus regelmäßig kein schützenswertes Interesse an einer gerichtlichen Entscheidung besteht. Streitgegenstand eines solchen Rechtsstreits ist nicht der materielle Anspruch, sondern die Auseinandersetzung über Rechte und Pflichten der Beteiligten im Verwaltungsverfahren. Die Verpflichtung der Behörde zur nochmaligen Entscheidung über den ursprünglichen Antrag ergibt sich bei der Aufhebung des Versagensbescheids von selbst. Zusätzlich zu einer Anfechtungsklage gegen den Versagensbescheid ist eine unmittelbare Klage auf Leistungsgewährung nur ausnahmsweise dann zulässig, wenn die anderweitige Klärung der Leistungsvoraussetzungen behauptet wird oder zwischen den Beteiligten unstreitig ist (BSG, Urteil vom 17. Februar 2004 - B 1 KR 4/02 R - m.w.N.; vgl. auch BSG, Beschluss vom 25. Februar 2013 - B 14 AS 133/12 B - ) und sich bei einer Aufhebung der Entscheidung über die Versagung wegen fehlender Mitwirkung das bisherige Verwaltungsverfahren lediglich wiederholen würde (BSG, Beschluss vom 25. Februar 2013, a.a.O.). Eine solche Konstellation ist vorliegend aber nicht gegeben, da die Klägerin bereits die Entscheidungserheblichkeit der vom Beklagten geforderten Informationen (weiterhin) bestreitet (vgl. dazu BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 78/08 R - ; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 25. Februar 2016 - L 8 SO 52/14 - ) und auch die übrigen Voraussetzungen des § 7 SGB II für einen Anspruch auf Arbeitslosgengeld II nicht geklärt sind. Demgemäß hat das SG, nachdem die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren keinen Antrag gestellt hat, rechtsfehlerfrei (vgl. § 123 SGG) alleine die Rechtmäßigkeit des Versagungsbescheids in der Gestalt des Widerspruchsbescheids geprüft und nicht auch, ob der Klägerin für die Zeit ab dem 1. März 2015 materiell-rechtlich SGB II-Leistungen zustehen. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin schließlich zuletzt ausdrücklich klargestellt, dass sie alleine die Aufhebung der Versagungsentscheidung des Beklagten - unter Aufhebung des SG-Urteils - begehrt. Unter Zugrundelegung dessen ist die Klage mithin statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Senat hat im vorliegenden Verfahren nach alledem nicht zu prüfen, ob die Klägerin für den alleine noch streitigen Zeitraum vom 1. März bis 31. Mai 2015 mit Erfolg Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beanspruchen kann.
18 
b) Die Klage ist begründet, denn der Bescheid der Beklagten vom 11. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2015 ist materiell rechtswidrig.
19 
Rechtsgrundlage für die angefochtenen Bescheide ist § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I. Nach dieser Vorschrift kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen bis zur Nachholung der Mitwirkung die Leistung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistungen nicht nachgewiesen sind, wenn derjenige, der eine Sozialleistung beantragt, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird. Gemäß § 66 Abs. 3 SGB I dürfen Sozialleistungen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist.
20 
Die Versagungsentscheidung des Beklagten ist rechtswidrig, weil die Klägerin ihre Mitwirkungspflichten nicht verletzt hat, indem sie keine Angaben über das Einkommen und Vermögen des S.D. gemacht hat, und weil der Beklagte seiner gesetzlichen Hinweispflicht nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist.
21 
aa) Der Umfang der Mitwirkungspflichten eines Antragstellers als Grundlage für eine Leistungsversagung ergibt sich namentlich aus § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 SGB I. Danach hat, wer Sozialleistungen beantragt, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen (Nr. 1) und Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen (Nr. 3); soweit für die genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden (§ 60 Abs. 2 SGB I). Die Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 64 SGB I bestehen indes gemäß § 65 Abs. 1 SGB I dann nicht, soweit ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht (Nr. 1) oder ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden (Nr. 2) oder der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann (Nr. 3).
22 
Zu den Mitwirkungspflichten nach § 60 Abs. 1 SGB I gehören unter Umständen auch Auskünfte bzw. Angaben, die einen Dritten betreffen, soweit dies für die Gewährung der begehrten Leistung von Bedeutung ist (statt vieler nur BSG, Beschluss vom 25. Februar 2013, a.a.O., ; Senatsurteil vom 19. Juli 2007 - L 7 AS 1703/06 - , jeweils m.w.N.). Demgemäß ist bei einem Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II regelmäßig auch das Einkommen bzw. Vermögen einer Person, mit dem der Antragsteller in Bedarfsgemeinschaft lebt, leistungserheblich (Senatsurteil a.a.O.; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 7. März 2012 - L 10 AS 97/09 - ; vgl. auch bereits BSG, Urteil vom 25. Oktober 1988 - 7 RAr 70/87 - zum Recht der Arbeitslosenhilfe). Denn gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II sind bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 3 c) SGB II gehört zur Bedarfsgemeinschaft als Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen auch eine Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Ein derartiger wechselseitiger Wille wird vermutet, wenn Partner länger als ein Jahr zusammenleben (§ 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II).
23 
Unter Zugrundelegung dessen war die Klägerin dem Grunde nach gehalten, dem Beklagten über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des S.D. Auskunft zu erteilen. Denn zur Überzeugung des Senats (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) bestand zum hier alleine maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids des Beklagten (zum maßgeblichen Zeitpunkt der Rechtmäßigkeitsprüfung bei einer Versagungsentscheidung s. nur BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 - B 9 SB 3/13 R - m.w.N.; Bundesverwaltungsgericht , Urteil vom 17. Januar 1985 - 5 C 133/81 - ; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. Februar 2014 - L 19 AS 2395/13 B - ; LSG Mecklenburg-Vorpommern, a.a.O., ; Sichert in Hauck/Noftz, SGB I, § 66 Rdnr. 44, Stand: November 2011) zwischen der Klägerin und S.D. eine Bedarfsgemeinschaft i.S.e. Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 c) SGB II. Der Senat nimmt insoweit auf seine Ausführungen im Eilbeschluss vom 29. April 2015 (L 7 AS 1483/15 ER-B) Bezug und verweist auf diese. Die Klägerin hat weder im Hauptsacheverfahren vor dem SG noch im hiesigen Berufungsverfahren Durchgreifendes vorgebracht, was eine andere Beurteilung rechtfertigen könnte. Soweit sie sich erneut auf die „Kostenbeteiligungsvereinbarung“ vom 28. Februar 2014 berufen hat, hat sich der Senat damit bereits im Eilbeschluss vom 29. April 2015 auseinandergesetzt und im Einzelnen dargelegt, warum diese Vereinbarung nicht geeignet ist, die Vermutensregelung des § 7 Abs. 3a SGB II zu entkräften. Dagegen ist nichts zu erinnern.
24 
Gleichwohl war die Klägerin vorliegend nicht verpflichtet, die vom Beklagten mit Mitwirkungsschreiben vom 30. Januar 2015 angeforderten Unterlagen in Bezug auf S.D. vorzulegen.
25 
Zwar ist - wie bereits oben dargelegt - in der höchst- und instanzgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass der Leistungsantragsteller auch verpflichtet sein kann, leistungserhebliche Angaben, die einen Dritten betreffen, zu tätigen. Indes geht diese Pflicht nicht dahin, dass der Antragsteller verpflichtet wäre, Beweismittel - etwa Nachweise über Einkommensverhältnisse - von dem Partner oder sonstigen Dritten zu beschaffen und vorzulegen (BSG, Urteil vom 10. März 1993 - 14b/4 Reg 1/91 - ; Senatsurteil a.a.O.; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. April 2012 - L 18 AS 2167/11 - ).
26 
Unter Beachtung dieser Maßstäbe entbehrt die Aufforderung des Beklagten im Schreiben vom 30. Januar 2015 jeglicher Grundlage, soweit der Beklagte von der Klägerin verlangt hat, diese solle den Personalausweis des S.D., seine „Krankenkassenkarte“, seine „Bankkarte“, seine Anmeldebestätigung, seinen Arbeitsvertrag sowie eine vollständige ausgefüllte Einkommensbescheinigung seines Arbeitgebers bzw. Nachweise - scil. Unterlagen - zu seinem aktuellen Einkommen und Vermögen beibringen. Der Beklagte wäre vielmehr gehalten gewesen, sich diese Unterlagen - wobei entgegen der Annahme des SG schon zweifelhaft ist, wofür der Beklagte die „Bank- und Krankenkassekarte“ und den Personalausweis des S.D. benötigt, um die Hilfebedürftigkeit der Klägerin zu prüfen - unmittelbar bei S.D. zu verschaffen. Der Beklagte wäre berechtigt gewesen, gegen S.D. auf Grundlage des § 60 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB II einen entsprechenden Verwaltungsakt zu erlassen und bei pflichtwidriger Nichterfüllung der Auskunftspflicht durch S.D. die Rechte und Befugnisse nach den §§ 62 und 63 SGB II in Anspruch zu nehmen bzw. ggf. einen Zwangsgeldbescheid gemäß § 40 Abs. 6 SGB II in der bis zum 31. Dezember 2015 geltenden Fassung (§ 40 Abs. 8 SGB II in der jetzt geltenden Fassung) gegen S.D. zu erlassen (vgl. dazu nur BSG, Urteil vom 25. Juni 2015 - B 14 AS 30/14 R - ).
27 
Die Auffassung des Beklagten, es sei „nicht relevant“, von wem das Jobcenter die erforderlichen Unterlagen verlange, und dass es kein „Rangverhältnis“ zwischen den Aufklärungsmöglichkeiten des Jobcenters gebe, verkennt, dass vorliegend die Klägerin schon überhaupt nicht verpflichtet war, die o.a. Nachweise und Unterlagen zu erbringen. Soweit der Beklagte weiter meint, dass es sich wegen der Weigerung des S.D. erübrigt habe, von ihm selbst die Auskünfte einzuholen, wird auf das gesetzliche Instrumentarium der §§ 62, 63, SGB II und des § 40 Abs. 6 SGB II a.F./Abs. 8 n.F. hingewiesen (vgl. dazu erneut BSG, a.a.O.).
28 
Die Klägerin war schließlich auch nicht verpflichtet, die Anlagen „WEP“, „EK“ und „VM“ nach amtlichem Vordruck - die Anlage „VE“ hat die Klägerin ausgefüllt vorgelegt - „für Herrn D. ausgefüllt“ und von ihr unterschrieben beizubringen. Es bleibt schon vollkommen offen, was der Beklagte mit „für“ S.D. ausgefüllt gemeint hat. Sollte ein Ausfüllen in rechtsgeschäftlicher Vertretung gemeint gewesen sein - was sich für einen verständigen Empfänger im Behördenverkehr aufdrängt -, fehlt auch dafür jegliche Grundlage.
29 
bb) Soweit das SG davon ausgegangen ist, die Klägerin habe „als Kopf der Bedarfsgemeinschaft“ wenigstens den Versuch unternehmen müssen, die Vordrucke in Bezug auf S.D. „soweit wie möglich“ auszufüllen, ergeben sich aus der angefochtenen Versagungsentscheidung an keiner Stelle irgendwelche Feststellungen dazu, über welche Tatsachenkenntnis die Klägerin genau verfügt haben soll (vgl. dazu erneut BSG, Beschluss vom 25. Februar 2013, a.a.O.) und welche Angaben in den Vordrucken von ihr unter Zugrundelegung dessen abverlangt wurden und auch abverlangt werden konnten.
30 
cc) Unabhängig davon kann die Annahme des SG schon deshalb nicht überzeugen, weil die Klägerin gerade nicht dazu aufgefordert worden ist, die Vordrucke „WEP“, „EK“ und „VM“ „soweit möglich“ auf Grundlage ihr bekannter Tatsachen auszufüllen. Sie ist vielmehr ausdrücklich aufgefordert worden, die Anlagen „vollständig für Herrn D.“ auszufüllen. Nur darauf bezog sich die Aufforderung vom 30. Januar 2015. Eine Mitwirkungsaufforderung, die die Pflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I aktualisiert und konkretisiert, muss - insbesondere dann, wenn sie wie vorliegend mit dem Hinweis nach § 66 Abs. 3 SGB I verbunden ist - sowohl nach dem Willen des Sozialleistungsträgers als auch nach dem geäußerten Inhalt des Verlangens klar, unmissverständlich und hinreichend bestimmt sein, damit der Betroffene erkennen kann, was genau von ihm verlangt wird. Aus dem Inhalt des Verlangens muss sich das tatsächlich und rechtlich Gewollte unzweideutig ergeben, weil der zur Mitwirkung Aufgeforderte sich nicht im geringsten im Unklaren darüber befinden darf, was von ihm verlangt wird und welche Folgen ihm bei unterlassener Mitwirkung drohen (statt vieler nur BSG, Urteil vom 20. März 1980 - 7 RAr 21/79 - m.w.N.). Aus der Aufforderung, die Klägerin möge die übersandten Anlagen „vollständig für Herrn D.“ ausfüllen, lässt sich nicht klar und unmissverständlich ableiten, dass sie jedenfalls verpflichtet sein sollte, „wenigstens“ die Teile auszufüllen, die in ihr (eigenes) Wissen gestellt sind. Die Annahme des SG und des Beklagten, aufgrund der „Totalverweigerung“ der Klägerin komme es darauf im Ergebnis nicht an, vermag keine andere Beurteilung zu rechtfertigen. Denn dadurch wird ein unbestimmtes Mitwirkungsverlangen nicht zu einem hinreichend bestimmten.
31 
Hinzukommt, dass es insoweit auch an einem ordnungsgemäßen Hinweis i.S.d. § 66 Abs. 3 SGB I mangelt. Der Beklagte kommt seiner gesetzlichen Hinweispflicht nicht schon dann nach, wenn er den Betroffenen über den wesentlichen Inhalt des Gesetzestextes unterrichtet. Der Hinweis muss vielmehr, soll er seiner Funktion genügen, konkret, d.h. unmissverständlich auf den Fall des Antragstellers bezogen sein. Andernfalls wäre nicht gewährleistet, dass der Betroffene von der Versagung nicht überrascht wird; die Hinweisfunktion ist dabei eine besondere Ausprägung der Gewährung rechtlichen Gehörs (vgl. nur BSG, Urteil vom 22. Februar 1995 - 4 RA 44/94 - ; Urteil vom 25. April 1978 - 5 RJ 66/77 - ; Seewald in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 66 SGB I Rdnr. 12, Stand: Dezember 2010). Der schriftliche Hinweis des Leistungsträgers muss daher Ausführungen darüber enthalten, auf Grund welcher Umstände im Einzelnen er das Tatbestandsmerkmal der Weigerung des Antragstellers ohne triftigen Grund gerade in seinem Fall für gegeben hält (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. Februar 2014, a.a.O. unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 15. März 1978 - 1/5 RJ 144/76 - ; s. auch BSG, Urteil vom 20. März 1980, a.a.O.). Denn er soll dem Betroffenen die Möglichkeit geben, die Konsequenzen seiner bisherigen Weigerung in Anbetracht der drohenden Folgen zu überdenken (BSG, Urteil vom 25. April 1978, a.a.O.; Seewald, a.a.O.). Hat der Leistungsberechtigte bereits Weigerungsgründe genannt, die der Leistungsträger für nicht triftig hält, so hat er dem Berechtigten die Umstände hierfür darzulegen (BSG, Urteil vom 15. März 1978, a.a.O.; Seewald, a.a.O. m.w.N.).
32 
Dem genügt das Schreiben des Beklagten vom 30. Januar 2015 nicht, nachdem die Klägerin darin erstmals - noch vor Ablauf des in § 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II genannten Zeitraums - auf die, freilich widerlegbare, Annahme einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft ab dem 1. März 2015 seitens des Beklagten hingewiesen wurde, darauf mit Schreiben vom 5. Februar 2015 reagierte und die „Kostenbeteiligungsvereinbarung“ vom 28. Februar 2014 vorlegte, die nach ihrer Meinung geeignet sei, die Vermutensregelung zu erschüttern. Dies und der Umstand, dass der Beklagte die Einlassungen der Klägerin ersichtlich zum Anlass genommen hat, zunächst weitere Ermittlungen anzustellen (Hausbesuch bei der Klägerin durch den Ermittlungsdienst am 27. Februar 2015), machten es unter Zugrundelegung der obigen Ausführungen erforderlich, vor Erlass des Versagungsbescheids einen erneuten schriftlichen Hinweis mit Fristsetzung nach § 66 Abs. 3 SGB I zu erteilen und die Umstände zu erläutern, warum die Weigerung der Klägerin für nicht durchgreifend erachtet werde und dass sie jedenfalls verpflichtet sei, die Vordrucke „WEP“, „EK“ und „VM“ soweit möglich auf Grundlage der in ihr Wissen gestellten Tatsachen auszufüllen. Belastbare Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin auch dies zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt vor Erlass des Versagungsbescheids vom 11. März 2015 (vgl. dazu nur BSG, Urteil vom 25. April 1978, a.a.O. ) abgelehnt hätte, liegen nicht vor. Auf ihr Verhalten nach Erlass des Versagungsbescheids kann bereits deshalb nicht abgestellt werden, weil der schriftliche Hinweis nach § 66 Abs. 3 SGB I Rechtmäßigkeitsvoraussetzung des Versagungsbescheids ist.
33 
c) Der Senat lässt offen, ob die angefochtene Entscheidung des Beklagten auch deshalb wegen Verstoßes gegen § 66 Abs. 3 SGB I rechtswidrig ist, weil der Hinweis auf die Folgen im Falle fruchtlosen Fristablaufs im Schreiben vom 30. Januar 2015, der lediglich den Gesetzeswortlaut wiedergibt, nicht den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung an eine ordnungsgemäße Rechtsfolgenbelehrung entspricht (s. dazu BSG, Urteil vom 25. Oktober 1988, a.a.O. m.w.N.; vgl. auch Sächsisches LSG, Urteil vom 23. Mai 2013 - L 7 AS 804/12 - ; demgegenüber a.A. jüngst LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 23. September 2015 - L 13 AS 170/13 - m.w.N., Revision beim BSG anhängig ).
34 
d) Unter Würdigung aller Einzelfallumstände und der individuellen Verhältnisse der Klägerin (vgl. dazu BSG, Urteil vom 22. Februar 1995, a.a.O. ; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. September 2002 - L 3 U 207/10 - ) erweisen sich die angefochtenen Entscheidungen nach alledem als rechtswidrig und sind daher aufzuheben.
35 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
36 
4. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

(1) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 nicht nach und wird hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Dies gilt entsprechend, wenn der Antragsteller oder Leistungsberechtigte in anderer Weise absichtlich die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert.

(2) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung wegen Pflegebedürftigkeit, wegen Arbeitsunfähigkeit, wegen Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit, anerkannten Schädigungsfolgen oder wegen Arbeitslosigkeit beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 62 bis 65 nicht nach und ist unter Würdigung aller Umstände mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß deshalb die Fähigkeit zur selbständigen Lebensführung, die Arbeits-, Erwerbs- oder Vermittlungsfähigkeit beeinträchtigt oder nicht verbessert wird, kann der Leistungsträger die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen.

(3) Sozialleistungen dürfen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist.

Wird die Mitwirkung nachgeholt und liegen die Leistungsvoraussetzungen vor, kann der Leistungsträger Sozialleistungen, die er nach § 66 versagt oder entzogen hat, nachträglich ganz oder teilweise erbringen.

(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat

1.
alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,
2.
Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen,
3.
Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.
Satz 1 gilt entsprechend für denjenigen, der Leistungen zu erstatten hat.

(2) Soweit für die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden.

Die Rechtsfähigkeit des Menschen beginnt mit der Vollendung der Geburt.

(1) Deutsche im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sind verpflichtet, einen gültigen Ausweis zu besitzen, sobald sie 16 Jahre alt sind und der allgemeinen Meldepflicht unterliegen oder, ohne ihr zu unterliegen, sich überwiegend in Deutschland aufhalten. Sie müssen ihn auf Verlangen einer zur Feststellung der Identität berechtigten Behörde vorlegen und es ihr ermöglichen, ihr Gesicht mit dem Lichtbild des Ausweises abzugleichen. Vom Ausweisinhaber darf nicht verlangt werden, den Personalausweis zu hinterlegen oder in sonstiger Weise den Gewahrsam aufzugeben. Dies gilt nicht für zur Identitätsfeststellung berechtigte Behörden sowie in den Fällen der Einziehung und Sicherstellung.

(2) Die Ausweispflicht gilt auch für Personen, die als Binnenschiffer oder Seeleute nach dem Bundesmeldegesetz einer besonderen Meldepflicht unterliegen. Sie gilt nicht für Personen, gegen die eine Freiheitsstrafe vollzogen wird, wenn deren Vollzug noch länger als drei Monate andauert. Die Ausweispflicht nach Absatz 1 Satz 1 und 2 erfüllt auch, wer einen gültigen Pass im Sinne des § 1 Absatz 2 des Passgesetzes besitzt, ihn auf Verlangen vorlegt und den Lichtbildabgleich ermöglicht.

(3) Die zuständige Personalausweisbehörde nach § 7 Abs. 1 und 2 kann Personen von der Ausweispflicht befreien,

1.
für die ein Betreuer oder eine Betreuerin nicht nur durch einstweilige Anordnung bestellt ist oder die handlungs- oder einwilligungsunfähig sind und von einem oder von einer mit öffentlich beglaubigter Vollmacht Bevollmächtigten vertreten werden,
2.
die voraussichtlich dauerhaft in einem Krankenhaus, einem Pflegeheim oder einer ähnlichen Einrichtung untergebracht sind oder
3.
die sich wegen einer dauerhaften Behinderung nicht allein in der Öffentlichkeit bewegen können.

(4) Auf Antrag ist ein Ausweis auch auszustellen, wenn Personen

1.
noch nicht 16 Jahre alt sind oder
2.
Deutsche im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sind, die der Meldepflicht deswegen nicht unterliegen, weil sie keine Wohnung in Deutschland haben.

Die Rechtsfähigkeit des Menschen beginnt mit der Vollendung der Geburt.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

(1) Die Staatsangehörigkeit geht verloren

1.
durch Entlassung (§§ 18 bis 24),
2.
durch den Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit (§ 25),
3.
durch Verzicht (§ 26),
4.
durch Annahme als Kind durch einen Ausländer (§ 27),
5.
durch Eintritt in die Streitkräfte oder einen vergleichbaren bewaffneten Verband eines ausländischen Staates oder durch konkrete Beteiligung an Kampfhandlungen einer terroristischen Vereinigung im Ausland (§ 28),
6.
durch Erklärung (§ 29) oder
7.
durch Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes (§ 35).

(2) Der Verlust nach Absatz 1 Nr. 7 berührt nicht die kraft Gesetzes erworbene deutsche Staatsangehörigkeit Dritter, sofern diese das fünfte Lebensjahr vollendet haben.

(3) Absatz 2 gilt entsprechend bei Entscheidungen nach anderen Gesetzen, die den rückwirkenden Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit Dritter zur Folge hätten, insbesondere bei der Rücknahme der Niederlassungserlaubnis nach § 51 Abs. 1 Nr. 3 des Aufenthaltsgesetzes, bei der Rücknahme einer Bescheinigung nach § 15 des Bundesvertriebenengesetzes und bei der Feststellung des Nichtbestehens der Vaterschaft nach § 1599 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Satz 1 findet keine Anwendung bei Anfechtung der Vaterschaft nach § 1600 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches.

(1) Ein Deutscher verliert seine Staatsangehörigkeit mit dem Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit, wenn dieser Erwerb auf seinen Antrag oder auf den Antrag des gesetzlichen Vertreters erfolgt, der Vertretene jedoch nur, wenn die Voraussetzungen vorliegen, unter denen nach § 19 die Entlassung beantragt werden könnte. Der Verlust nach Satz 1 tritt nicht ein, wenn ein Deutscher die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union, der Schweiz oder eines Staates erwirbt, mit dem die Bundesrepublik Deutschland einen völkerrechtlichen Vertrag nach § 12 Abs. 3 abgeschlossen hat.

(2) Die Staatsangehörigkeit verliert nicht, wer vor dem Erwerb der ausländischen Staatsangehörigkeit auf seinen Antrag die schriftliche Genehmigung der zuständigen Behörde zur Beibehaltung seiner Staatsangehörigkeit erhalten hat. Hat ein Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland, ist die deutsche Auslandsvertretung zu hören. Bei der Entscheidung über einen Antrag nach Satz 1 sind die öffentlichen und privaten Belange abzuwägen. Bei einem Antragsteller, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat, ist insbesondere zu berücksichtigen, ob er fortbestehende Bindungen an Deutschland glaubhaft machen kann.

(3) (weggefallen)

(1) Die Staatsangehörigkeit geht verloren

1.
durch Entlassung (§§ 18 bis 24),
2.
durch den Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit (§ 25),
3.
durch Verzicht (§ 26),
4.
durch Annahme als Kind durch einen Ausländer (§ 27),
5.
durch Eintritt in die Streitkräfte oder einen vergleichbaren bewaffneten Verband eines ausländischen Staates oder durch konkrete Beteiligung an Kampfhandlungen einer terroristischen Vereinigung im Ausland (§ 28),
6.
durch Erklärung (§ 29) oder
7.
durch Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes (§ 35).

(2) Der Verlust nach Absatz 1 Nr. 7 berührt nicht die kraft Gesetzes erworbene deutsche Staatsangehörigkeit Dritter, sofern diese das fünfte Lebensjahr vollendet haben.

(3) Absatz 2 gilt entsprechend bei Entscheidungen nach anderen Gesetzen, die den rückwirkenden Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit Dritter zur Folge hätten, insbesondere bei der Rücknahme der Niederlassungserlaubnis nach § 51 Abs. 1 Nr. 3 des Aufenthaltsgesetzes, bei der Rücknahme einer Bescheinigung nach § 15 des Bundesvertriebenengesetzes und bei der Feststellung des Nichtbestehens der Vaterschaft nach § 1599 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Satz 1 findet keine Anwendung bei Anfechtung der Vaterschaft nach § 1600 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches.

(1) Ein Deutscher kann auf seine Staatsangehörigkeit verzichten, wenn er mehrere Staatsangehörigkeiten besitzt. Der Verzicht ist schriftlich zu erklären.

(2) Die Verzichtserklärung bedarf der Genehmigung der nach § 23 für die Ausfertigung der Entlassungsurkunde zuständigen Behörde. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn eine Entlassung nach § 22 nicht erteilt werden dürfte; dies gilt jedoch nicht, wenn der Verzichtende

1.
seit mindestens zehn Jahren seinen dauernden Aufenthalt im Ausland hat oder
2.
als Wehrpflichtiger im Sinne des § 22 Nr. 2 in einem der Staaten, deren Staatsangehörigkeit er besitzt, Wehrdienst geleistet hat.

(3) Der Verlust der Staatsangehörigkeit tritt ein mit der Aushändigung der von der Genehmigungsbehörde ausgefertigten Verzichtsurkunde.

(4) Für Minderjährige gilt § 19 entsprechend.

Ein Deutscher wird auf seinen Antrag aus der deutschen Staatsangehörigkeit entlassen, wenn er den Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit beantragt und ihm die zuständige Stelle die Verleihung zugesichert hat.

Die Entlassung wird wirksam mit der Aushändigung der von der zuständigen Verwaltungsbehörde ausgefertigten Entlassungsurkunde.

(1) Ein Deutscher verliert seine Staatsangehörigkeit mit dem Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit, wenn dieser Erwerb auf seinen Antrag oder auf den Antrag des gesetzlichen Vertreters erfolgt, der Vertretene jedoch nur, wenn die Voraussetzungen vorliegen, unter denen nach § 19 die Entlassung beantragt werden könnte. Der Verlust nach Satz 1 tritt nicht ein, wenn ein Deutscher die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union, der Schweiz oder eines Staates erwirbt, mit dem die Bundesrepublik Deutschland einen völkerrechtlichen Vertrag nach § 12 Abs. 3 abgeschlossen hat.

(2) Die Staatsangehörigkeit verliert nicht, wer vor dem Erwerb der ausländischen Staatsangehörigkeit auf seinen Antrag die schriftliche Genehmigung der zuständigen Behörde zur Beibehaltung seiner Staatsangehörigkeit erhalten hat. Hat ein Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland, ist die deutsche Auslandsvertretung zu hören. Bei der Entscheidung über einen Antrag nach Satz 1 sind die öffentlichen und privaten Belange abzuwägen. Bei einem Antragsteller, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat, ist insbesondere zu berücksichtigen, ob er fortbestehende Bindungen an Deutschland glaubhaft machen kann.

(3) (weggefallen)

(1) Von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 wird abgesehen, wenn der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit nicht oder nur unter besonders schwierigen Bedingungen aufgeben kann. Das ist anzunehmen, wenn

1.
das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit nicht vorsieht,
2.
der ausländische Staat die Entlassung regelmäßig verweigert,
3.
der ausländische Staat die Entlassung aus der Staatsangehörigkeit aus Gründen versagt hat, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, oder von unzumutbaren Bedingungen abhängig macht oder über den vollständigen und formgerechten Entlassungsantrag nicht in angemessener Zeit entschieden hat,
4.
der Einbürgerung älterer Personen ausschließlich das Hindernis eintretender Mehrstaatigkeit entgegensteht, die Entlassung auf unverhältnismäßige Schwierigkeiten stößt und die Versagung der Einbürgerung eine besondere Härte darstellen würde,
5.
dem Ausländer bei Aufgabe der ausländischen Staatsangehörigkeit erhebliche Nachteile insbesondere wirtschaftlicher oder vermögensrechtlicher Art entstehen würden, die über den Verlust der staatsbürgerlichen Rechte hinausgehen, oder
6.
der Ausländer einen Reiseausweis nach Artikel 28 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt.

(2) Von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 wird ferner abgesehen, wenn der Ausländer die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder der Schweiz besitzt.

(3) Weitere Ausnahmen von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 können nach Maßgabe völkerrechtlicher Verträge vorgesehen werden.

(1) Ein Deutscher kann auf seine Staatsangehörigkeit verzichten, wenn er mehrere Staatsangehörigkeiten besitzt. Der Verzicht ist schriftlich zu erklären.

(2) Die Verzichtserklärung bedarf der Genehmigung der nach § 23 für die Ausfertigung der Entlassungsurkunde zuständigen Behörde. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn eine Entlassung nach § 22 nicht erteilt werden dürfte; dies gilt jedoch nicht, wenn der Verzichtende

1.
seit mindestens zehn Jahren seinen dauernden Aufenthalt im Ausland hat oder
2.
als Wehrpflichtiger im Sinne des § 22 Nr. 2 in einem der Staaten, deren Staatsangehörigkeit er besitzt, Wehrdienst geleistet hat.

(3) Der Verlust der Staatsangehörigkeit tritt ein mit der Aushändigung der von der Genehmigungsbehörde ausgefertigten Verzichtsurkunde.

(4) Für Minderjährige gilt § 19 entsprechend.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.